„Neutrino“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Ssd63 (Diskussion | Beiträge) |
p-p ist was grundsätzlich anderes als gewöhnliche Kernfusion |
||
(783 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
{{Dieser Artikel| |
{{Dieser Artikel|behandelt das Elementarteilchen. Für weitere Bedeutungen von ''Neutrino'' siehe [[Neutrino (Begriffsklärung)]].}} |
||
{{Infobox Teilchen |
|||
Das '''Neutrino''' ist ein [[Elementarteilchen]]. |
|||
|name = Neutrino (<math>\nu_e, \nu_\mu, \nu_\tau</math>) |
|||
Es gehört zu den [[Lepton]]en und wird nur durch die [[Schwache Wechselwirkung]] und, wie jedes Elementarteilchen, gemäß [[Allgemeine Relativitätstheorie|Allgemeiner Relativitätstheorie]] auch durch die [[Gravitation]] beeinflusst. Das Neutrino besitzt als [[Fermion]] im Standardmodell einen [[Spin]] von <math> \hbar/2 </math> und negative [[Helizität]]. |
|||
|klassifikation = [[Elementarteilchen]]<br />[[Fermion]]<br />[[Lepton]] |
|||
Die Wechselwirkungswahrscheinlichkeit des Neutrinos ist äußerst klein. Sein Nachweis ist nur über den geladenen und neutralen Strom, das [[Z-Boson]] und das [[W-Boson]] als [[Austauschteilchen]] der [[Schwache Wechselwirkung|Schwachen Wechselwirkung]] möglich und daher schwierig. |
|||
|hauptquelle = |
|||
Das Symbol für das Neutrino ist der griechische Buchstabe [[Ny|ν]]. |
|||
|wechselwirkung = [[Schwache Wechselwirkung|schwach]]<br />[[Gravitation]] |
|||
|ladung_e = 0 |
|||
|masse_u = |
|||
|masse_kg = ν<sub>e</sub>: < 0,8 '''·''' 10<sup>−36</sup> |
|||
|masse_me = |
|||
|ruheenergie_ev = ν<sub>e</sub>: < 0,45 |
|||
|ruheenergie_mev = |
|||
|ruheenergie_gev = |
|||
|compton_wellenlaenge_m = |
|||
|magnetisches_moment_jt = |
|||
|magnetisches_moment_mun = |
|||
|g_faktor = |
|||
|gyromagnetisches_verhaeltnis_st = |
|||
|spinzahl = 1/2 |
|||
|paritaet = |
|||
|lebensdauer_s = |
|||
|lebensdauer_a = |
|||
|lebensdauer = |
|||
|bild = |
|||
}} |
|||
'''Neutrinos''' sind [[Elektrische Ladung|elektrisch neutrale]] [[Elementarteilchen]] mit sehr geringer [[Masse (Physik)|Masse]]. Im [[Standardmodell]] der Elementarteilchenphysik existieren drei Arten ([[Generation (Teilchenphysik)|Generationen]]) von Neutrinos: Elektron-, Myon- und Tau-Neutrinos. Jede Neutrino-Generation besteht aus dem Neutrino selbst und seinem [[Antiteilchen|Anti-Neutrino]]. Der Name Neutrino wurde von [[Enrico Fermi]] für das von [[Wolfgang Pauli]] postulierte Teilchen vorgeschlagen und bedeutet (entsprechend der italienischen Verkleinerungsform [[Diminutivaffix#Italienisch|''ino'']]) ''kleines neutrales Teilchen.'' |
|||
Bei Wechselwirkung der Neutrinos mit Materie finden, anders als bei vielen anderen bekannten Elementarteilchen, nur Prozesse der [[Schwache Wechselwirkung|schwachen Wechselwirkung]] statt. Reaktionen erfolgen im Vergleich zur [[Elektromagnetische Wechselwirkung|elektromagnetischen]] und [[Starke Wechselwirkung|starken Wechselwirkung]] also sehr selten. Deshalb geht ein Strahl von Neutrinos auch durch dicke Materieschichten – z. B. durch die ganze Erde – hindurch, wenn auch mit einer gewissen Schwächung.<ref>{{Literatur |Titel=Measurement of the multi-TeV neutrino interaction cross-section with IceCube using Earth absorption |Sammelwerk=[[Nature]] |Band=551 |Nummer=7682 |Datum=2017 |Seiten=596–600 |DOI=10.1038/nature24459}}</ref> Entsprechend aufwendig ist der Nachweis von Neutrinos in Experimenten. |
|||
== Drei Neutrinogenerationen und Antineutrinos == |
|||
[[Datei:Standard Model of Elementary Particles-de.svg|mini|hochkant=1.3|Alle Elementarteilchen des [[Standardmodell]]s:<br />Grün sind die Leptonen, die untere Reihe davon sind die Neutrinos]] |
|||
Nach dem Entstehungsort der in [[Neutrinodetektor]]en beobachteten Neutrinos werden folgende Typen unterschieden: |
|||
Drei Generationen von Leptonen sind bekannt, die jeweils aus einem Paar aus einem elektrisch geladenen Teilchen ([[Elektron]], [[Myon]] und [[Tauon]]) und einem elektrisch neutralen, assoziierten Neutrino bestehen. |
|||
* Kosmische Neutrinos (Weltall) |
|||
Man spricht vom '''Elektron-Neutrino''' (<math>\nu_e</math>), '''Myon-Neutrino''' (<math>\nu_{\mu}</math>) und Tau- oder '''Tauon-Neutrino''' (<math>\nu_{\tau}</math>). |
|||
* Solare Neutrinos (Sonne) |
|||
Alle Leptonen tragen die sogenannte „[[Schwache Ladung]]“ und Spin ½. |
|||
* Atmosphärische Neutrinos (Erdatmosphäre) |
|||
Daneben gibt es zu jedem Neutrino auch ein [[Antiteilchen]], das '''Antineutrino''', also ein '''Elektron-Antineutrino''' (<math>\overline{\nu}_e</math>), '''Myon-Antineutrino''' (<math>\overline{\nu}_{\mu}</math>) und '''Tauon-Antineutrino''' (<math>\overline{\nu}_{\tau}</math>). |
|||
* Geoneutrinos (Erdinneres) |
|||
* Reaktorneutrinos (Kernreaktoren) |
|||
* Neutrinos aus Beschleunigerexperimenten |
|||
== Forschungsgeschichte == |
|||
Die Leptonen unterscheiden sich von Generation zu Generation nur durch die unterschiedlichen Massen der elektrisch geladenen Leptonen während von den Massen der Neutrinos bisher nur obere Grenzen bekannt sind. |
|||
[[Datei:FirstNeutrinoEventAnnotated.jpg|mini|hochkant=1.72|Die erste Aufnahme eines Neutrinos in einer [[Blasenkammer]] gefüllt mit flüssigem Wasserstoff am [[Argonne National Laboratory|Argonne National Labora­tory]] von 1970. Ein Neutrino kollidiert mit einem [[Proton]]. Die Reaktion erfolgte rechts im Bild – dort, wo drei Spuren zusammenlaufen. Der Neutrinostrahl wurde aus zerfallenden positiv geladenen [[Pion]]en gewonnen, die durch Beschuss eines [[Beryllium]]targets mit dem Protonenstrahl erzeugt wurden.<ref>{{Literatur |Titel=Recent happenings in high-energy physics |Sammelwerk=[[New Scientist]] |Verlag=Reed Business Information |Datum=1971-01-21 |Seiten=106 |Sprache=en |Online={{Webarchiv |url=https://books.google.com/books?id=ESji9smYIGIC&pg=PA106&hl=en |text=''books.google.com.'' |wayback=20161003112315}} |Abruf=2025-04-13}}</ref>]] |
|||
[[Datei:Neutrino bubble chamber decay overlay.png|mini|hochkant=1.72|Oberes Bild (gespiegelt und aufgehellt) mit eingezeichneten Spu­ren der Reaktion <math>\nu_\mu + p \rightarrow \pi^+ + \mu^- + p</math>. Ein Myon-Neutrino <math>\nu_\mu</math> (unsichtbar) von unten links kommend kollidiert mit einem Proton <math>p</math> des flüssigen Wasserstoffs. Als Ergebnis der Reaktion entsteht ein positiv geladenes [[Pion]] <math>\pi^+</math> und ein negativ geladenes [[Myon]] <math>\mu^-</math>. Die detaillierte Reaktion des Neutrinos mit den [[Quark (Physik)|Quarks]] des Protons vermittelt über ein [[W-Boson]] ([[Schwache Wechselwirkung]]) ist schematisch rechts unterhalb der Spuren eingezeichnet.]] |
|||
Beim radioaktiven [[Betazerfall|Beta-Minus-Zerfall]] wurde zunächst nur ein ausgesandtes [[Elektron]] beobachtet. Zusammen mit dem verbleibenden Kern schien es sich somit um ein Zweikörperproblem zu handeln (siehe auch [[Kinematik (Teilchenprozesse)#Zerfallsvorgänge|Kinematik (Teilchenprozesse)]]). Damit ließ sich das kontinuierliche Energiespektrum der Beta-Elektronen nur erklären, wenn man eine Verletzung des [[Energieerhaltungssatz]]es annahm. Das führte [[Wolfgang Pauli]] dazu, ein neues Elementarteilchen anzunehmen, das – von den Detektoren unbeobachtet – gleichzeitig mit dem Elektron aus dem Kern ausgesandt wird. Dieses Teilchen trägt einen Teil der beim Zerfall frei werdenden Energie davon. Auf diese Weise können die Elektronen der Betastrahlung unterschiedlich viel kinetische Energie erhalten, ohne dass die Energieerhaltung verletzt ist. |
|||
Die Anzahl der Neutrinoarten mit einer [[Neutrino#Neutrinomasse|Neutrinomasse]], die kleiner als die Masse des [[Z-Boson]]s ist, wurde in Präzisionsexperimenten u. a. am [[L3-Detektor]] am [[CERN]] zu genau drei bestimmt. |
|||
Pauli schlug in einem Brief vom 4. Dezember 1930 dieses hypothetische Teilchen vor, das er zunächst Neutron nannte.<ref name="Briefe">{{Webarchiv |url=http://www.neutrino.uni-hamburg.de/sites/site_neutrino/content/e45939/e48540/e48541/e48544/infoboxContent48545/material-vorlesung1-moessbauer-pauli.pdf |text=''History of Neutrino Physics: Pauli’s Letters.'' |wayback=20140520221117}}. (PDF; 104 kB). In: ''neutrino.uni-hamburg.de.'' Abendvorlesung ''Geschichte der Neutrino-Physik,'' gehalten von [[Rudolf Mößbauer]] an der Technischen Universität München. Abgerufen am 12. Februar 2025.</ref> [[Enrico Fermi]], der eine Theorie über die grundlegenden Eigenschaften und Wechselwirkungen dieses Teilchens ausarbeitete, benannte es um in ''Neutrino'' (italienisch für „kleines Neutron“, „Neutrönchen“), um einen Namenskonflikt mit dem heute bekannten [[Neutron]] zu vermeiden. Erst im Jahr 1933 präsentierte Pauli seine Hypothese einem breiteren Publikum und stellte die Frage nach einem möglichen experimentellen Nachweis. Da das Neutrino in den üblichen Teilchendetektoren kein Signal erzeugte, war klar, dass es nur äußerst schwer nachweisbar sein werde. |
|||
Es gibt Hinweise auf einen sogenannten neutrinolosen [[Doppelter Betazerfall|doppelten Betazerfall]]. Dies würde bedeuten, dass entweder die Erhaltung der [[Leptonenzahl]] verletzt wäre, oder das Neutrino sein eigenes [[Antiteilchen]] wäre. In der [[Quantenfeldtheorie|quantenfeldtheoretischen]] Beschreibung hieße dies, dass das Neutrinofeld kein [[Paul Dirac|Dirac]]-[[Spinor]], sondern ein [[Ettore Majorana|Majorana]]-Spinor wäre, im Widerspruch zum jetzigen Standardmodell. |
|||
Tatsächlich gelang die erste Beobachtung erst 23 Jahre später, 1956, an einem der ersten großen [[Kernreaktor]]en mit dem [[Cowan-Reines-Neutrinoexperiment]].<ref>Claus Grupen, Boris Shwartz: ''Particle Detectors (Cambridge Monographs on Particle Physics, Nuclear Physics and Cosmology).'' Cambridge University Press 2008, ISBN 978-0-521-84006-4.</ref><ref>{{cite journal |author=C. L. Cowan, Jr., F. Reines, F. B. Harrison, H. W. Kruse, A. D. McGuire |date=1956-07-20 |title=Detection of the Free Neutrino: a Confirmation |journal=[[Science]] |volume=124 |pages=103–104 |doi=10.1126/science.124.3212.103 |language=en}}</ref><ref>{{cite journal |vauthors=Frederick Reines, Clyde L. Cowan, Jr. |title=The Neutrino |journal=Nature |volume=178 |issue=4531 |date=1956-09-01 |pages=446 |language=en |url=https://www.nature.com/articles/178446a0}}</ref> Die Forscher sandten am 14. Juni 1956 Wolfgang Pauli ein Telegramm mit der Erfolgsmitteilung nach Zürich.<ref name="Briefe" /> Ein Kernreaktor emittiert durch den [[Betazerfall]] der [[Spaltprodukt]]e Neutrinos (genauer: Elektron-Antineutrinos) mit viel höherer Flussdichte, als mit einem radioaktiven Präparat erreichbar wäre. Reines und Cowan benutzten zur Detektion der Antineutrinos die folgende Teilchenreaktion (den sog. inversen Betazerfall): |
|||
Die Physiker [[Tsung-Dao Lee|Lee]] und [[Chen Ning Yang|Yang]] gaben den Anstoß für ein Experiment zur Untersuchung der Spins von Neutrinos und Antineutrinos. Dieses wurde [[1956]] von Frau [[Chien-Shiung Wu|Wu]] ausgeführt und brachte das Ergebnis, dass die Paritätserhaltung nicht ausnahmslos gilt. Das Neutrino erwies sich als „Linkshänder“, was bedeutet, dass es in Bezug auf seine Bewegungsrichtung gegen den Uhrzeigersinn rotiert. Damit wird eine objektive Erklärung von „links“ und „rechts“ möglich. Im Bereich der schwachen Wechselwirkung muss demnach beim Übergang von einem Teilchen zu seinem Antiteilchen nicht nur die elektrische Ladung, sondern auch die Parität, d. h. der Spin vertauscht werden. Die schwache Wechselwirkung unterscheidet sich also von der elektromagnetischen Wechselwirkung durch die Verknüpfung der sogenannten „schwachen Ladung“ mit der Rechts- oder Linkshändigkeit eines Teilchens. Bei den Leptonen und Quarks haben nur die linkshändigen Teilchen und ihre rechtshändigen Antiteilchen eine schwache Ladung. Dagegen sind die rechtshändigen Teilchen und ihre linkshändigen Antiteilchen gegenüber der schwachen Ladung neutral. Teilchen mit schwacher Ladung können aus dem Vakuum auftauchen und wieder verschwinden. Man bezeichnet dieses Phänomen als „spontane (Spiegel-)Symmetriebrechung“. |
|||
: <math>\bar{\nu}_e + p \ \rightarrow\ e^{+} + n</math> |
|||
Ein Antineutrino trifft auf ein Proton und erzeugt ein Positron und ein Neutron. Diese Reaktionsprodukte sind beide vergleichsweise leicht beobachtbar. Für diese Entdeckung erhielt Reines 1995 den [[Nobelpreis für Physik]]. |
|||
Das Myon-Neutrino wurde 1962 von [[Jack Steinberger]], [[Melvin Schwartz]] und [[Leon Max Lederman]] mit dem ersten an einem Beschleuniger hergestellten Neutrinostrahl entdeckt. Den Neutrinostrahl erzeugten sie, indem sie einen hochenergetischen Pionenstrahl so weit laufen ließen, dass ein Teil der Pionen (etwa 10 %) in Myonen und Neutrinos zerfallen war. Mit Hilfe einer massiven, etwa 12 m dicken Stahlabschirmung, die von dem gemischten Teilchenstrahl aus Pionen, Myonen und Neutrinos alle Teilchen außer den Neutrinos aufhielt, konnten sie dann einen reinen Neutrinostrahl gewinnen.<ref>{{Literatur |Autor=Leon Ledermann, Dick Teresi |Titel=Das schöpferische Teilchen |Auflage=1 |Verlag=C. Bertelsmann Verlag GmbH |Ort=München |Datum=1993 |ISBN=3-570-12037-6 |Kapitel=Die Mord-GmbH und das 2-Neutrino-Experiment |Seiten=391–393 |Originaltitel=The God Particle |Originalsprache=en |Originaljahr=1993 |Originalort=New York |Übersetzer=Heinrich Peitz |VerlagEA=Houghton Mifflin Company}}</ref> Sie erhielten dafür den Physiknobelpreis des Jahres 1988. Mit dem Myon-Neutrino wurde eine zweite Neutrinogeneration bekannt, die das Analogon zum Elektron-Neutrino für [[Myon]]en darstellt. Kurzzeitig war für das Myon-Neutrino die Bezeichnung [[Neutretto]] in Verwendung (''-etto'' ist ebenfalls eine italienische [[Verkleinerungsform]]), die jedoch keine große Verbreitung fand. Als 1975 das [[Tauon]] entdeckt wurde, erwarteten die Physiker auch eine zugehörige Neutrinogeneration, das Tauon-Neutrino. Erste Anzeichen für dessen Existenz gab das kontinuierliche Spektrum im Tauon-Zerfall, ähnlich wie beim Betazerfall. Im Jahr 2000 wurde dann am [[DONUT]]-Experiment das Tau-Neutrino erstmals direkt nachgewiesen. |
|||
== Neutrino- und Antineutrinoreaktionen == |
|||
Das von 1993 bis 1998 laufende [[LSND]]-Experiment in Los Alamos wurde als Hinweis auf die Existenz [[Steriles Neutrino|steriler Neutrinos]] interpretiert, war jedoch umstritten. Nachdem das ''KA''rlsruhe-''R''utherford-''M''ittel-''E''nergie-''N''eutrino-([[KARMEN]])-Experiment unter der Federführung des Forschungszentrums Karlsruhe am britischen Rutherford-Labor die Ergebnisse nicht reproduzieren konnte, gilt diese Interpretation seit 2007 durch erste Ergebnisse von [[MiniBooNE]] (''Mini''ature ''Boo''ster ''N''eutrino ''E''xperiment am [[Fermi National Accelerator Laboratory]]) als offen.<ref>MiniBooNE Collaboration: ''[https://arxiv.org/PS_cache/arxiv/pdf/0704/0704.1500v3.pdf A Search for Electron Neutrino Appearance at the ∆m² ∼ 1 eV² Scale.]'' In: ''[[Physical Review Letters]]'', Band 98, 2007, 231801, (PDF; 194 kB). Abgerufen am 12. Februar 2023.</ref> Eine Neuauswertung von Elektronenreferenzspektren des [[Institut Laue-Langevin|Instituts Laue-Langevin]]<ref> |
|||
Die bekannteste Reaktion, an der ein Neutrino teilnimmt, ist der [[Betazerfall]], in dem ein [[Neutron]] in ein [[Proton]], ein [[Elektron]] und ein Elektron-Antineutrino zerfällt. |
|||
{{cite journal |
|||
|last1=Mueller |first1=Thomas Alexandre |last2=Lhuillier |first2=David |
|||
|last3=Fallot |first3=Muriel |last4=Letourneau |first4=Alain |
|||
|last5=Cormon |first5=Sandrine |last6=Fechner |first6=Maximilien |
|||
|last7=Giot |first7=Lydie |last8=Lasserre |first8=Thierry |
|||
|last9=Martino |first9=J. Rodriguez |last10=Mention |first10=Guillaume |
|||
|last11=Porta |first11=Amanda |last12=Yermia |first12=Frédéric |
|||
|title=Improved predictions of reactor antineutrino spectra |
|||
|journal=Physical Review C |
|||
|volume=83 |issue=5 |year=2011 |pages=054615 |
|||
|doi=10.1103/PhysRevC.83.054615 |arxiv=1101.2663 |
|||
|language=en |
|||
}}</ref> im Jahr 2011 deutet ebenfalls auf die Existenz eines vierten, leichten sterilen Neutrinos hin.<ref> |
|||
{{cite journal |
|||
|last1=Mention |first1=Guillaume |last2=Fechner |first2=Maximilien |
|||
|last3=Lasserre |first3=Thierry |last4=Mueller |first4=Thomas Alexandre |
|||
|last5=Lhuillier |first5=David |last6=Cribier |first6=Michel |
|||
|last7=Letourneau |first7=Alain |
|||
|title=The Reactor antineutrino anomaly |
|||
|journal=Physical Review D |
|||
|volume=83 |issue=7 |year=2011 |pages=073006 |
|||
|doi=10.1103/PhysRevD.83.073006 |arxiv=1101.2755 |
|||
|language=en |
|||
}} |
|||
</ref> Ausgelöst durch die 2011er-Studie suchten mehrere Experimente in sehr kurzen Entfernungen von Kernreaktoren nach sterilen Neutrinos. Während die meisten die Existenz von leichten sterilen Neutrinos ausschließen konnten, sind die Ergebnisse insgesamt nicht eindeutig.<ref> |
|||
{{cite journal |
|||
|last1=Schoppmann |first1=Stefan |
|||
|title=Status of Anomalies and Sterile Neutrino Searches at Nuclear Reactors |
|||
|journal=Universe |
|||
|volume=7 |issue=10 |year=2021 |pages=360 |
|||
|doi=10.3390/universe7100360 |arxiv=2109.13541 |
|||
|language=en |
|||
}} |
|||
</ref> |
|||
In der Neutrinoforschung des 21. Jahrhunderts wurden bisher vier Wissenschaftler mit dem [[Nobelpreis für Physik]] (2002 und 2015) und fünf Wissenschaftler-Teams mit dem [[Breakthrough Prize in Fundamental Physics]] 2016 ausgezeichnet. |
|||
Dabei emittiert eines der beiden down-Quarks des Neutrons das intermediäre Vektorboson W-(beim beta+ Zerfall W+), wobei es sich in ein up-Quark verwandelt. Das emittierte [[W-Boson]] zerfällt schließlich in ein Elektron und ein Antineutrino. |
|||
== Eigenschaften == |
|||
Das kontinuierliche Spektrum des Betazerfalls führte [[Wolfgang Pauli]] dazu, ein bis dahin unbeobachtetes Elementarteilchen zu [[Postulat|postulieren]]. |
|||
Dieses Teilchen sollte einen Teil der beim Zerfall freiwerdenden Energie tragen, und so die Impulserhaltung sicherstellen. |
|||
Pauli nannte sein am [[4. Dezember]] [[1930]] in einem privaten Brief postuliertes hypothetisches Teilchen zuerst Neutron; um einen Konflikt mit dem heute unter gleichem Namen bekannten Teilchen zu vermeiden, benannte [[Enrico Fermi]] es in Neutrino (kleines Neutron, "Neutrönchen") um. |
|||
Erst [[1933]] stellte Pauli seine Hypothese einem breiteren Publikum vor und musste dann noch 23 Jahre auf den experimentellen Nachweis warten. |
|||
=== Drei Generationen von Neutrinos und Antineutrinos === |
|||
Elektron-Neutrinos entstehen auch in großer Zahl in der [[Sonne]] bei der [[Kernfusion|Fusion]] von [[Wasserstoff]] zu [[Helium]] zur Energiegewinnung. |
|||
Die Beobachtung der so genannten Sonnenneutrinos ist wichtig, um die exakten Prozesse im Inneren der Sonne und die [[Die vier Fundamentalkräfte der Physik|fundamentalen Wechselwirkungen der Physik]] zu verstehen. |
|||
Es sind drei [[Generation (Teilchenphysik)|Generationen]] von [[Lepton]]en bekannt. Jede davon besteht aus einem elektrisch geladenen Teilchen – [[Elektron]], [[Myon]] oder [[τ-Lepton|Tauon]] – und jeweils einem elektrisch neutralen Neutrino, ''Elektron-Neutrino'' (<math>\nu_e</math>), ''Myon-Neutrino'' (<math>\nu_{\mu}</math>) bzw. ''Tau-'' oder ''Tauon-Neutrino'' (<math>\nu_{\tau}</math>). Hinzu kommen die entsprechenden drei [[Antiteilchen]]. |
|||
== Neutrinomasse == |
|||
Neutrinos können sich [[Neutrinooszillation|ineinander umwandeln]]. Das führt zu einer Beschreibung der Neutrino-Arten als drei verschiedene Zustände <math>\nu_1</math>, <math>\nu_2</math> und <math>\nu_3</math>, die jeweils eine andere, scharf bestimmte (aber noch unbekannte) Masse haben. Die beobachtbaren Elektron-, Myon- und Tau-Neutrinos – benannt nach dem jeweiligen geladenen Lepton, mit dem zusammen sie auftreten – sind [[quantenmechanisch]]e [[Superposition (Physik)|Überlagerungen]] dieser drei Massen-[[Eigenzustand|Eigenzustände]]. Der Zusammenhang zwischen den Flavour-Eigenzuständen (<math>\nu_e</math>, <math>\nu_{\mu}</math>, <math>\nu_{\tau}</math>) und den Massen-Eigenzuständen (<math>\nu_1</math>, <math>\nu_2</math>, <math>\nu_3</math>) wird durch eine Mischungsmatrix dargestellt, die [[PMNS-Matrix]]. |
|||
Die vollständige Hamilton-Funktion der Quanteneigenzustände in der [[Glashow-Salam-Weinberg-Theorie]] enthält Massenterme für die Neutrinos ohne jedoch einen Hinweis auf die Größe der Masse zu geben. Weil jedoch die experimentellen Obergrenzen der Neutrinomassen mehrere Größenordnungen unterhalb der Massen der assoziierten geladenen [[Lepton]]en liegen, ist es bei vielen Berechnungen zulässig, diese auf Null zu setzen. |
|||
Die Anzahl der Neutrinoarten mit einer [[#Masse|Masse]], die kleiner als die halbe Masse des [[Z-Boson]]s ist, wurde in Präzisionsexperimenten u. a. am [[L3-Detektor]] am [[CERN]] zu genau drei bestimmt. |
|||
Im [[Standardmodell]] der [[Elementarteilchen]] wird bei der Herleitung der Masseneigenzustände der [[Fermion]]en (Leptonen und [[Quark]]s) aus den Quanteneigenzuständen die Neutrinomasse zu Null gesetzt, so dass der Nachweis einer Neutrinomasse eine Vervollständigung dieses Modells erfordert. Es gibt Erweiterungen zu dem heutigen Standardmodell und auch einige interessante [[Große Vereinheitlichte Theorie]]n, welche massive Neutrinos vorhersagen. |
|||
Es gibt derzeit keine Hinweise auf einen [[Doppelter Betazerfall#Neutrinoloser Doppel-Betazerfall|neutrinolosen doppelten Betazerfall]]. Frühere Arbeiten, die dies nahegelegt hatten, wurden durch genauere Messungen widerlegt.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.ph.tum.de/aktuelles/meldungen/2013-07-16 |wayback=20130723112835 |text=''Neutrino-Physik: Neues von den Geisterteilchen.''}}. In: ''ph.tum.de.'' Physik-Department, Technische Universität München, 16. Juli 2013, abgerufen am 12. Februar 2025.</ref> Ein neutrinoloser doppelter Betazerfall würde bedeuten, dass entweder die [[Erhaltungsgröße|Erhaltung]] der [[Leptonenzahl]] verletzt oder das Neutrino sein eigenes [[Antiteilchen]] wäre. In der [[Quantenfeldtheorie|quantenfeldtheoretischen]] Beschreibung hieße dies (im Widerspruch zum jetzigen [[Standardmodell]]), dass das Neutrinofeld kein [[Dirac-Spinor]], sondern ein [[Majorana-Fermion|Majorana-Spinor]] wäre. |
|||
Neueste Messungen belegen, dass Neutrinos tatsächlich eine (im Vergleich zu den assoziierten geladenen Leptonen sehr kleine) von Null verschiedene Ruhemasse besitzen, denn Massenunterschiede zwischen den Neutrinogenerationen sind eine Voraussetzung dafür, dass sie sich von einer Neutrinoart in eine andere umwandeln können ([[Neutrinooszillation]]). Im Jahr 2002 wurden Oszillationen von solaren Neutrinos durch das [[Sudbury Neutrino Observatory|SNO]] nachgewiesen. |
|||
=== Spin und Helizität === |
|||
Für die [[Kosmologie]] sind damit die Neutrinos ein Kandidat für die [[dunkle Materie]]. |
|||
Neutrinos haben, genauso wie die geladenen Leptonen, den Spin ½. |
|||
Als beste Obergrenze für die Elektron-Neutrinomasse gilt derzeit der aus der direkten Bestimmung der Neutrinomasse gewonnene Wert von 2.3 [[Elektronenvolt|eV]], durch Messung des Endpunktes des [[Betaspektrum|Betaspektrums]] von [[Tritium]] des Mainzer Neutrinoexperiments [http://www.physik.uni-mainz.de/exakt/neutrino/de_index.html]. Eine bessere Obergrenze erhofft man sich durch noch genauere Messungen durch das Nachfolgeexperiment [[KATRIN]] am Forschungszentrum Karlsruhe. |
|||
Die Physiker [[Tsung-Dao Lee|Lee]] und [[Chen Ning Yang|Yang]] gaben den Anstoß für ein Experiment zur Untersuchung der Spins von Neutrinos und Antineutrinos. Dieses wurde 1956 von [[Chien-Shiung Wu]] ausgeführt und zeigte, dass die [[Parität (Physik)#Paritätserhaltung|Paritätserhaltung]] nicht ausnahmslos gilt: |
|||
Zum Vergleich: Ein [[Elektron]] besitzt eine Ruheenergie von 511 keV = 511.000 eV |
|||
Das Neutrino erwies sich als „Linkshänder“, sein Spin ist seiner Bewegungsrichtung entgegengesetzt (antiparallel; siehe [[Helizität|Händigkeit]]). Ein Antineutrino ist dagegen rechtshändig. Damit wird eine objektive Erklärung von ''links'' und ''rechts'' möglich. Im Bereich der schwachen Wechselwirkung muss demnach beim Übergang von einem Teilchen zu seinem Antiteilchen nicht nur eventuell vorhandene [[elektrische Ladung]], sondern auch die Parität, also der Spin, vertauscht werden. Die schwache Wechselwirkung unterscheidet sich also von der [[Elektromagnetische Wechselwirkung|elektromagnetischen Wechselwirkung]] durch die Verknüpfung des [[Schwacher Isospin|schwachen Isospins]] mit der Rechts- oder Links-Händigkeit eines Teilchens: |
|||
Auch das CNGS-Experiment (''CERN Neutrinos to [[Gran Sasso]]''), dessen Beginn für Mai [[2006]] geplant ist, soll weitere Aufklärung über die Physik der Neutrinos bringen. Dabei wird am SPS-Beschleuniger des Forschungszentrums [[CERN]] bei [[Genf]] ein Neutrinostrahl erzeugt, der dann über eine Entfernung von 730 km durch das Erdinnere zum Gran-Sasso-Laboratorium in [[Italien]] gelangen soll und dort detektiert wird. Zur Erzeugung des Strahls werden Protonen mit einer Energie von 400 GeV auf ein [[Graphit]]target in einem [[helium]]gefüllten Behälter geschossen. Die dabei entstehenden positiv geladenen [[Pion]]en und [[Kaon]]en werden dann durch ein [[Magnetische Linse|magnetisches]] Linsensystem zu einem parallelen Strahl fokussiert und zerfallen danach in einer 1 km langen evakuierten Röhre zu Myon-Neutrinos und [[Myon]]en. Die entstehenden Neutrinos behalten ihre Flugrichtung auf das Gran-Sasso-Labor bei, während die restlichen Protonen, Pionen und Kaonen von einem Eisen/Graphit-Schild aufgefangen werden. Der Myonenstrom, der den Schild genauso wie die Neutrinos durchquert, wird anschließend gemessen, um daraus die Anzahl der abgesendeten Neutrinos zu ermitteln. Schließlich werden auch die Myonen vom Gestein absorbiert und nur die Neutrinos setzen ihre einsame Reise fort. Falls die Ruhemasse der Neutrinos ungleich Null ist (was inzwischen als bewiesen gilt), werden sich einige der Myon-Neutrinos unterwegs in andere Neutrinoarten (fast ausschließlich Tau-Neutrinos) umwandeln, welche dann vom OPERA-Detektor nachgewiesen werden sollen. |
|||
* Bei den Leptonen und [[Quark (Physik)|Quarks]] haben nur die linkshändigen Teilchen und ihre rechtshändigen Antiteilchen einen von Null verschiedenen schwachen Isospin. |
|||
* Dagegen sind die rechtshändigen Teilchen und ihre linkshändigen Antiteilchen gegenüber schwachen Wechselwirkungen mit [[W-Boson]]en inert; dieses Phänomen bezeichnet man als ''maximale [[Paritätsverletzung]].'' Gleichzeitig wird auch die Teilchen-Antiteilchen-Symmetrie (C-Symmetrie) verletzt. Lange schien es so, dass die Physik unter der kombinierten CP-Symmetrie invariant ist, bis 1964 auch eine Verletzung der CP-Symmetrie experimentell bestätigt wurde. |
|||
Dadurch wird auch verständlich, dass Neutrinos ihre eigenen Antiteilchen sein könnten, obwohl sich Neutrinos und Antineutrinos im Experiment verschieden verhalten: Die aus dem Experiment als Antineutrinos bekannten Teilchen wären einfach Neutrinos, deren Spin parallel zur Bewegungsrichtung ist. Man kann die Bewegungsrichtung der Neutrinos experimentell nicht einfach umdrehen; auch kann man derzeit keine Experimente durchführen, bei denen ein Neutrino von einem schnelleren Teilchen eingeholt wird und mit diesem wechselwirkt, sodass die Bewegungsrichtung im [[Bezugssystem]] des Wechselwirkungsschwerpunkts der Bewegungsrichtung im Bezugssystem des Labors entgegengesetzt ist. |
|||
== Neutrinoastronomie == |
|||
=== Masse === |
|||
Bekannte [[Neutrinodetektor|Neutrinodetektoren]] sind einerseits die radiochemischen Detektoren (z. B. das Chlorexperiment in der Homestake-Goldmine, USA oder der GALLEX-Detektor im Gran-Sasso-Tunnel (Italien)), andererseits die auf dem Tscherenkov-Prinzip basierenden Detektoren, hier vor allem das [[Sudbury Neutrino Observatory]] (SNO) und [[Super-Kamiokande]]. Sie weisen solare und atmosphärische Neutrinos nach und erlauben u. a. Rückschlüsse auf die Neutrinomasse und Neutrinoart, da die im [[Sonne|Sonneninneren]] ablaufenden Reaktionen bekannt sind. |
|||
[[Datei:Katrin-Verladung.jpg|mini|hochkant=1.2|Transport des Vakuumtanks für das [[KATRIN]]-Experiment zur Bestimmung der Neutrinomasse <small>(Nov. 2006)</small>]] |
|||
Experimente wie [[Chooz]] oder [[Kamland]] sind in der Lage über den inversen Betazerfall [[Geoneutrinos]] und [[Reaktorneutrinos]] nachzuweisen und liefern komplementäre Information aus einem Bereich, der von solaren [[Neutrinodetektor|Neutrinodetektoren]] nicht abgedeckt wird. |
|||
Die Masse der Neutrinos ist extrem klein; alle Experimente geben bislang nur obere Grenzen an. Aber seit der Entdeckung der [[Neutrinooszillation]]en steht fest, dass sie eine von Null verschiedene Masse haben müssen. |
|||
Experimente wie [[Antarctic Muon And Neutrino Detector Array|Amanda]], Antares und Nestor haben den Nachweis kosmogener Neutrinos zum Ziel. |
|||
Methoden zur Bestimmung der Neutrinomasse zerfallen in vier Gruppen: |
|||
Auch die bei [[Supernova|Supernovaexplosionen]] entstehenden Neutrinos lassen sich nachweisen und geben Informationen über die Vorgänge während einer Supernova. So wurden 1987 im [[Kamiokande|Kamiokande-Detektor]] elf Neutrinos nachgewiesen, die von der Supernova SN1987A aus der [[Magellansche Wolke|Großen Magellanschen Wolke]] stammten. Dies sind bis heute die einzigen nachgewiesenen Neutrinos, die sicher aus einer Supernova stammen. |
|||
* Direkte Bestimmung der Masse aus der fehlenden Energie beim [[Betazerfall]] |
|||
* Beobachtung von [[Neutrinooszillation]]en, also Umwandlungen einer Neutrinoart in eine andere |
|||
* Suche nach neutrinolosen [[Doppelter Betazerfall|doppelten Betazerfällen]] |
|||
* Indirekte Folgerungen aus anderen Beobachtungen, insbesondere aus der beobachtenden [[Kosmologie]] |
|||
Alle publizierten Ergebnisse werden von der [[Particle Data Group]] bewertet und fließen in die jährlich veröffentlichten ''Review of Particle Physics'' ein. |
|||
Direkte Messungen des Endpunktes des [[Betaspektrum]]s von [[Tritium]] konnten bis 2006 die mögliche Masse der Elektron-Neutrinos mit 2 [[Elektronenvolt|eV]]/''c''² nach oben einschränken.<ref>W.-M. Yao u. a.: [https://stacks.iop.org/JPhysG/33/1 ''Particle Data Group.''] In: ''Journal of Physics.'' G 33, 1 (2006). Abgerufen am 12. Februar 2025.</ref> Bessere Obergrenzen wurden durch Messungen des [[KATRIN]]-Experiments am [[Karlsruher Institut für Technologie]] erreicht: 2022 wurde die obere Schranke auf 0,8 eV/''c''² verbessert,<ref>{{Internetquelle |url=https://idw-online.de/de/news788244 |titel=Neutrinos sind leichter als 0,8 Elektronenvolt – KATRIN-Experiment mit neuem Weltrekord bei Präzisionsmessungen |werk=idw-online.de |hrsg=Informationsdienst Wissenschaft e. V. |datum=2022-02-14 |abruf=2025-02-12 |sprache=de}}</ref> 2024 wird in einer Publikation von einer neuen oberen Schranke von 0,45 eV/''c''² berichtet.<ref>{{Literatur |Autor=KATRIN Collaboration |Titel=Direct neutrino-mass measurement based on 259 days of KATRIN data |Sammelwerk=Science |Band=338 |Nummer=6743 |Seiten=180–185 |Datum=2025 |DOI=10.1126/science.adq9592 |arXiv=2406.13516}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Joachim Hoffmann (Presseinformation 029/2025) |url=https://www.kit.edu/kit/pi_2025_029_astroteilchenphysik-neutrinos-sind-leichter-als-0-45-elektronenvolt.php |titel=Astroteilchenphysik: Neutrinos sind leichter als 0,45 Elektronenvolt |werk=KIT.edu |hrsg=Karlsruher Institut für Technologie |datum=2025-04-11 |sprache=de |abruf=2025-04-13}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Jan Oliver Löfken |url=https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2025/neutrinowaage-katrin-masse-wie-schwer-ist-ein-neutrino/ |titel=Wie schwer ist ein Neutrino? |werk=weltderphysik.de |datum=2025-04-10 |sprache=de |abruf=2025-04-13}}</ref> |
|||
==Geschichte== |
|||
Die Beobachtung von Neutrinooszillationen ist eine [[indirekte Messung]] von Massendifferenzen zwischen verschiedenen Neutrinos. Sie belegen, dass Neutrinos tatsächlich eine von null verschiedene (aber im Vergleich zu den assoziierten geladenen [[Lepton]]en sehr kleine) Masse besitzen. Da aus Neutrinooszillationen nur Massendifferenzen gemessen werden können, ist die [[Neutrinomassenanordnung|Anordnung der Neutrinomassen]] auf dem Massenspektrum derzeit eine offene Frage, die durch weitere Experimente, wie das [[Deep Underground Neutrino Experiment]], geklärt werden soll. Das NuFIT Projekt erstellt regelmäßig eine globale [[Metaanalyse]] aus der Kombination von Messungen der relevanten Neutrinoexperimente, wie [[IceCube]], [[T2K]] oder [[NOvA]]. Dabei werden Parameter der Neutrinooszillation, wie [[MNS-Matrix|Mischungswinkel]] zwischen Masseneigenzuständen oder auch die Quadrate der Massendifferenzen in einer globalen [[Ausgleichungsrechnung|Ausgleichsrechnung]] (engl. ''Fit'') bestimmt. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des KATRIN-Experimentes ergibt sich laut NuFIT, dass die Masse des Elektronneutrinos eine Masse zwischen 0,85 meV/''c''² und 0,4 eV/''c''² bei „normaler Anordnung“ der Neutrinomassen (engl. ''normal ordering'') und eine Masse zwischen 0,048 eV/''c''² und 0,4 eV/''c''² bei „umgekehrter Anordnung“ der Neutrinomassen (engl. ''inverted ordering'') hat. Die Bestimmung der Massendifferenzen erlaubt es auch, die Massengrenzen für die Summe der Neutrinomassen einzuschränken. Für die normale Anordnung ergibt sich für die Summe der drei Neutrinomassen ein Massenbereich zwischen 0,058 eV/''c''² und 1,2 eV/''c''², für die umgekehrte Anordnung ein Bereich zwischen 0,098 eV/''c''² und 1,2 eV/''c''².<ref>{{Literatur |Autor=Ivan Esteban, M. C. Gonzalez-Garcia, Michele Maltoni, Ivan Martinez-Soler, João Paulo Pinheiro, Thomas Schwetz |Titel=NuFit-6.0: updated global analysis of three-flavor neutrino oscillations |Sammelwerk=Journal of High Energy Physics |Band=2024 |Nummer=12 |Datum=2024-12-30 |ISSN=1029-8479 |Seiten=216 |Online=https://link.springer.com/article/10.1007/JHEP12(2024)216 |Abruf=2025-02-12}}</ref> |
|||
[[Wolfgang Pauli]] postulierte 1930 erstmals das Neutrino, da sich ansonsten (für einen Zwei-Körper-Zerfall) das Spektrum des [[Beta-Zerfall]]s nicht erklären ließ. Das Postulat selbst erfolgte in einem Brief an die Teilnehmer einer Konferenz in Tübingen, beginnend mit den Worten „Liebe Radioaktive Damen und Herren“, in dem er die Frage nach einem möglichen experimentellen Nachweis stellte. Der experimentelle Nachweis des Neutrinos gelang jedoch erst 1956 durch [[Clyde L. Cowan]] und [[Frederick Reines]] anhand des inversen Beta-Zerfalles (<math>\bar{\nu}_e + p \rightarrow e^{+} + n</math>) an einem Kernreaktor, der einen deutlich höheren Neutrino-Fluss als radioaktive Elemente beim Beta-Zerfall verursacht. |
|||
Der hypothetische [[Neutrinoloser doppelter Betazerfall|neutrinolose doppelte Betazerfall]] ist nur dann möglich, wenn die Neutrinos ihre eigenen Antiteilchen ([[Majorana-Fermion]]en) sind. Dann kann es beim gleichzeitigen Beta-Zerfall von zwei Neutronen in einem Atomkern manchmal zur Annihilation von zwei virtuellen Neutrinos anstatt zur Aussendung von zwei (realen) Neutrinos kommen. Die Zerfallsrate hängt nach den gängigen Theorien von der Neutrinomasse ab und könnte so zu deren Bestimmung herangezogen werden. Bislang wurden keine solchen Zerfälle beobachtet. Aus den Messungen ergeben sich obere Schranken für die Masse von Majorana-Neutrinos von 0,036 eV/''c''² bis 0,18 eV/''c''².<ref>{{Literatur |Autor=S. Navas ''et al.'' (Particle Data Group Collaboration) |Titel=Review of Particle Physics |Sammelwerk=Phys. Rev. D |Band=110 |Seiten=030001 |Datum=2024 |Fundstelle=S. 316–317 |DOI=10.1103/PhysRevD.110.030001}}</ref> |
|||
==Weblinks== |
|||
{{Wiktionary|Neutrino}} |
|||
*[http://www.nu.to.infn.it Neutrino Unbound - umfangreichstes Onlinearchiv, alle wichtigen Paper] |
|||
*[http://www.astroteilchenphysik.de/ Astro-Teilchenphysik] |
|||
*[http://cupp.oulu.fi/neutrino/ The Ultimate Neutrino Page - umfangreiches Onlinearchiv] |
|||
*[http://www.sno.phy.queensu.ca/sno/experiments.html Verschiedene Neutrino Experimente, Link Site, auf englisch] |
|||
*[http://www.sno.phy.queensu.ca/ SNO - Sudbury Neutrino Observatory] |
|||
*[http://www-sk.icrr.u-tokyo.ac.jp/doc/sk/index.html Super-Kamiokande] |
|||
*[http://www.awa.tohoku.ac.jp/html/KamLAND/ KamLAND] |
|||
*[http://amanda.uci.edu/ Amanda - Neutrinoexperiment am Südpol] |
|||
*[http://operaweb.web.cern.ch/operaweb/index.shtml OPERA - Neutrinooszillationsexperiment] |
|||
*[http://www-ik.fzk.de/katrin/ KATRIN - Messung der absoluten Neutrinomasse am Tritium-Betazerfall] |
|||
*[http://www.mpi-hd.mpg.de/non_acc/genius.html GENIUS - Neutrinoloser Doppelbetazerfall] |
|||
*[http://www.lngs.infn.it Gran Sasso Underground Laboratory (Standort von u.a. OPERA, GENIUS-TF, BOREXINO)] |
|||
*[http://www.desy.de/user/projects/Physics/ParticleAndNuclear/solar_neutrino.html DESY - The Solar Neutrino Problem (englisch)] |
|||
*[http://antares.in2p3.fr/ ANTARES - Neutrinodedektion im Mittelmeer] |
|||
*[[Real Video]] (Aus der Fernsehsendung [[Alpha_Centauri_(TV)|Alpha Centauri]]): |
|||
:* [http://www.br-online.de/cgi-bin/ravi?v=alpha/centauri/v/&g2=1&f=030119.rm Wo sind die Neutrinos?] |
|||
:* [http://www.br-online.de/cgi-bin/ravi?v=alpha/centauri/v/&g2=1&f=021013.rm Was sind Neutrinos?] |
|||
*[[ed2k]] Link zu einer [[BBC_Horizon_(TV)|BBC Reportage aus der Horizon-Reihe]]: |
|||
ed2k://|file|Bbc%20Horizon%20-%20Poltergeist%20(Missing%20Neutrinos).avi|736069632|01E05320D3A1613F1E5303CB7459F459|/ |
|||
Der kosmologische Zugang zur Bestimmung der Neutrinomassen basiert auf der Beobachtung der Anisotropie der kosmischen [[Hintergrundstrahlung]] durch [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP]] und anderen Beobachtungen, die die Parameter des [[Lambda-CDM-Modell]]s, des heutigen Standardmodells der Kosmologie, bestimmen. Durch den Einfluss, den Neutrinos auf die Strukturbildung im Universum und auf die [[primordiale Nukleosynthese]] haben, kann (Stand 2007) als Obergrenze für die Summe der drei Neutrinomassen 0,2 eV/''c''² angenommen werden.<ref>U. Seljak, A. Slosar, P. McDonald: ''Cosmological parameters from combining the Lyman-alpha forest with CMB, galaxy clustering and SN constraints.'' In: ''JCAP.'' 0610:014 (2006), [https://arxiv.org/abs/astro-ph/0604335 online.] Abgerufen am 12. Februar 2025.</ref><ref>M. Cirelli und A. Strumia: ''Cosmology of neutrinos and extra light particles after WMAP3.'' In: ''JCAP.'' 0612:013 (2006), [https://arxiv.org/abs/astro-ph/0607086 online.] Abgerufen am 12. Februar 2025.</ref> |
|||
[[Kategorie:Elementarteilchen]] |
|||
[[Kategorie:Teilchenphysik]] |
|||
Für die Entdeckung der Neutrinooszillationen erhielten [[Takaaki Kajita]] und [[Arthur McDonald|Arthur B. McDonald]] 2015 den [[Nobelpreis für Physik]]. |
|||
[[ar:نيترينو]] |
|||
[[bg:Неутрино]] |
|||
=== Geschwindigkeit === |
|||
[[ca:Neutrí]] |
|||
{{Hauptartikel|Messungen der Neutrinogeschwindigkeit}} |
|||
[[cs:Neutrino]] |
|||
[[da:Neutrino]] |
|||
Aufgrund ihrer geringen Masse wird erwartet, dass in teilchenphysikalischen Prozessen erzeugte Neutrinos sich mit nahezu [[Lichtgeschwindigkeit]] bewegen. In mehreren Experimenten wurde die Geschwindigkeit von Neutrinos gemessen und eine Übereinstimmung innerhalb der Messgenauigkeit mit der Lichtgeschwindigkeit beobachtet. |
|||
[[el:Νετρίνο]] |
|||
[[en:Neutrino]] |
|||
Die Messungen der Neutrinomasse, Neutrinogeschwindigkeit und Neutrinooszillationen stellen darüber hinaus Möglichkeiten dar, die Gültigkeit der [[Lorentzinvarianz]] der [[Spezielle Relativitätstheorie|speziellen Relativitätstheorie]] zu überprüfen. Messergebnisse des [[OPERA (Experiment)|OPERA-Experimentes]] im Jahr 2011, nach denen sich Neutrinos mit [[Überlichtgeschwindigkeit]] bewegt haben sollten, konnten auf Messfehler zurückgeführt werden. Eine neue Messung durch [[ICARUS]] und auch eine neue Analyse der OPERA-Daten haben Übereinstimmungen mit der Lichtgeschwindigkeit ergeben. |
|||
[[es:Neutrino]] |
|||
[[fr:Neutrino]] |
|||
=== Durchdringungsfähigkeit === |
|||
[[he:נייטרינו]] |
|||
[[hr:Neutrino]] |
|||
Die Durchdringungsfähigkeit hängt von der Energie der Neutrinos ab. Mit zunehmender Energie nimmt der [[Wirkungsquerschnitt]] der Neutrinos zu und die [[mittlere freie Weglänge]] entsprechend ab. |
|||
[[hu:Neutrínó]] |
|||
[[id:Neutrino]] |
|||
Beispiel:<br />Die mittlere freie Weglänge von Neutrinos mit einer Energie von 10<sup>6</sup> GeV bei Wechselwirkung mit der Erde liegt im Bereich des Erddurchmessers. Das bedeutet, dass beim Flug quer durch die Erde knapp zwei Drittel dieser Neutrinos wechselwirken, während ein gutes Drittel durch die Erde durchfliegt.<ref>Hirotaka Sugawara, Hiroyuki Hagura, Toshiya Sanami: ''[https://arxiv.org/pdf/hep-ph/0305062.pdf Destruction of Nuclear Bombs Using Ultra-High Energy Neutrino Beam.]'' (PDF; 285 kB). In: ''arxiv.org.'' Juni 2003, abgerufen am 12. Februar 2025.</ref> Bei 11 MeV ist die mittlere freie Weglänge in Blei bereits 350 Milliarden Kilometer, und in der Erde würden im Schnitt etwa drei von einer Milliarde Neutrinos eine Wechselwirkung eingehen, während die restlichen ungehindert durchfliegen. |
|||
[[it:Neutrino]] |
|||
[[ja:ニュートリノ]] |
|||
Zum Vergleich:<br />Der größte [[Teilchenbeschleuniger]] der Welt, der [[Large Hadron Collider]], erzeugt Teilchen mit einer Energie von 6500 GeV pro [[Nukleon]], die Sonne produziert hauptsächlich Neutrinos mit Energien unterhalb von 10 MeV. |
|||
[[ko:중성미자]] |
|||
[[nl:Neutrino]] |
|||
Eine Übersicht über den Wirkungsquerschnitt von Neutrinos bei verschiedenen Reaktionen und Energien, veröffentlicht 2013, ist im Internet verfügbar.<ref>Joseph A. Formaggio, G. P. Zeller: [https://arxiv.org/pdf/1305.7513v1.pdf ''From eV to EeV: Neutrino Cross-Sections Across Energy Scales.''] (PDF; 2,8 MB). In: ''arxiv.org.'' 3. Juni 2013, abgerufen am 12. Februar 2025.</ref> |
|||
[[nn:Nøytrino]] |
|||
[[pl:Neutrino]] |
|||
== Wechselwirkungen == |
|||
[[pt:Neutrino]] |
|||
[[ru:Нейтрино]] |
|||
=== Geladener und neutraler Strom === |
|||
[[simple:Neutrino]] |
|||
[[sl:Nevtrino]] |
|||
Prozesse mit Neutrinos laufen über die [[schwache Wechselwirkung]] ab. Neutrinos unterliegen zwar auch der Gravitation; diese ist aber generell in der Teilchenphysik und erst recht bei Neutrinos so klein, dass sie praktisch keinerlei Bedeutung hat. |
|||
[[sr:Неутрино]] |
|||
Alle Prozesse, bei denen Neutrinos entstehen, absorbiert werden oder gestreut werden, werden somit über [[W-Boson|W<sup>±</sup>-Bosonen]] (geladener Strom) oder [[Z-Boson|Z<sup>0</sup>-Bosonen]] (neutraler Strom) vermittelt. |
|||
[[sv:Neutrino]] |
|||
[[zh:中微子]] |
|||
;Geladener Strom: Ein Elementarteilchen koppelt über ein elektrisch geladenes W-Boson an ein Neutrino. Hierbei wandeln sich die beteiligten Teilchen in andere um, wobei sich die elektrische Ladung um ±1 ändert (<math>\nu_\mathrm e \lrarr \mathrm e^-</math>, <math>\nu_\mu \lrarr \mu^-</math>, <math>\nu_\tau \lrarr \tau^-</math>). Alternativ kann auch ein Lepton-Antilepton-Paar entstehen (<math>\nu_\mathrm e \mathrm e^+</math>, <math>\bar\nu_\mathrm e \mathrm e^-</math>, …). |
|||
;Neutraler Strom: Ein Elementarteilchen koppelt über ein elektrisch neutrales Z-Boson an ein Neutrino. Hierbei bleiben die beteiligten Teilchenflavours erhalten (kein [[Flavour changing neutral current|FCNC]]), und die Reaktion ist wie ein elastischer Stoß, der mit beliebigen Leptonen oder Quarks stattfinden kann. Sofern der Energieübertrag groß genug ist, können an getroffenen Atomkernen anschließend Teilchenumwandlungen stattfinden. |
|||
Im Fall der Reaktion <math>\mathrm{\nu_e + e^- \to \nu_e + e^-}</math> sind beide Wege möglich; der Prozess ist daher eine quantenmechanische Mischung aus geladenem und neutralem Strom. |
|||
=== Beispiele === |
|||
==== Beta-Zerfall ==== |
|||
[[Datei:Beta Negative Decay.svg|mini|hochkant=1|[[Feynmandiagramm]] für den Zerfall eines Neutrons <math>n</math> in Proton <math>\mathrm p,</math> Elektron <math>\mathrm e^{-}</math> und Elektron-Antineutrino <math>\overline\nu_\mathrm e</math> vermittelt über ein W-Boson <math>W^{-}.</math> Diese Reaktion ist ein Beispiel für den geladenen Strom.]] |
|||
Ein prominentes Beispiel ist der radioaktive [[Betazerfall]]. Beim β<sup>−</sup>-(Beta-minus)-Zerfall wandelt sich ein [[Neutron]] in ein [[Proton]] um, wobei ein [[Elektron]] und ein Elektron-Antineutrino ausgesandt werden. Dabei emittiert eines der beiden Down-Quarks des Neutrons das [[Intermediäres Teilchen|intermediäre]] Vektorboson W<sup>−</sup> und verwandelt sich dadurch in ein Up-Quark. Das W<sup>−</sup>-Boson zerfällt danach in ein Elektron und ein Elektron-Antineutrino. Es handelt sich also um den „geladenen Strom“. Dieser Zerfall tritt bei Atomkernen mit großem [[Neutronenüberschuss]] auf, aber auch das freie Neutron kann auf diese Weise zerfallen. |
|||
: <math>{}^{A}_{Z} \mathrm{X} \;\to\; {}^{A}_{Z+1} \mathrm{Y}^{+} + \mathrm e^{-} + \overline{\nu}_\mathrm e</math> |
|||
: <small>Ein Nuklid geht unter Aussendung eines Elektrons und eines Elektron-Antineutrinos in einen Tochterkern mit einer um 1 höheren Ordnungszahl über.</small> |
|||
Umgekehrt wandelt sich beim β<sup>+</sup>-(Beta-plus)-Zerfall ein Proton in ein Neutron um, und beim Zerfall des entstandenen W<sup>+</sup>-Bosons werden ein [[Positron]] und ein Elektron-Neutrino emittiert. Der Prozess tritt bei Protonenüberschuss im Kern auf. Ein freies Proton kann auf diese Weise nicht zerfallen, weil die Reaktionsprodukte schwerer wären als das ursprüngliche Proton. |
|||
: <math>{}^{A}_{Z} \mathrm {X} \;\to\; {}^{A}_{Z-1} \mathrm {Y}^{-} + \mathrm e^{+} + {\nu}_\mathrm e</math> |
|||
: <small>Ein Nuklid geht unter Aussendung eines Positrons und eines Elektron-Neutrinos in einen Tochterkern mit um 1 niedrigerer Ordnungszahl über.</small> |
|||
==== Elektroneneinfang ==== |
|||
Während beim Betazerfall ein Lepton-Antilepton-Paar neu entsteht, wandelt sich beim [[Elektroneneinfang]] ein Elektron in ein Neutrino um. |
|||
: <math>{}^{A}_{Z} \mathrm {X} + \mathrm e^- \;\to\; {}^{A}_{Z-1} \mathrm {Y}^{-} + {\nu}_\mathrm e</math> |
|||
==== Inverser Beta-Zerfall ==== |
|||
Reaktionen mit einem Neutrino als ''auslösendem'' Stoßpartner sind als „umgekehrter Betazerfall“ wichtig zur Detektion von Neutrinos, wie beispielsweise im historischen [[Cowan-Reines-Neutrinoexperiment]]: |
|||
: <math>\mathrm{ \bar{\nu}_e + p \rightarrow n + e^+ }</math> |
|||
==== Proton-Proton-Reaktion ==== |
|||
In Sternen der [[Hauptreihe]], zu denen auch die [[Sonne]] gehört, verschmelzen bei der [[Proton-Proton-Reaktion]] zwei Protonen unter extrem hoher Temperatur zu einem [[Deuteron|Deuteriumkern]]; infolge der Umwandlung eines Protons in ein Neutron werden ein Positron und ein Neutrino frei. |
|||
: <math>\mathrm{p + p \to d + e^+ + {\nu}_e}</math> |
|||
Weiterhin entstehen in Sternen durch [[Kernfusion]]sprozesse, zum Beispiel im [[CNO-Zyklus]], protonenreiche Kerne, die beim β<sup>+</sup>-Zerfall Neutrinos emittieren. |
|||
==== Zerfall des Pions ==== |
|||
Der Zerfall des negativ geladenen [[Pion]]s ist ein Beispiel für einen Prozess, bei dem ein (Anti-)Myon-Neutrino entsteht: |
|||
: <math>\pi^- \to \mu^- + \bar\nu_\mu</math> |
|||
==== Reaktionen von Myon-Neutrinos ==== |
|||
In den 1970er Jahren wurden am [[CERN]] mit dem [[Gargamelle]]-Detektor Reaktionen von Myon-Neutrinos mit Materie (Atomkernem oder Elektronen) studiert. In ca. einem Drittel der Fälle fanden Reaktionen statt, ohne dass ein Myon entstand. Dies war der erste experimentelle Nachweis neutraler Ströme (1973). |
|||
== Neutrinoforschung == |
|||
Obwohl die geringe Reaktionsfreudigkeit der Neutrinos deren Nachweis schwierig macht, kann man das Durchdringungsvermögen der Neutrinos in der Forschung auch ausnutzen: Neutrinos aus kosmischen Ereignissen erreichen die [[Erde]], während elektromagnetische Strahlung oder andere Teilchen von [[Interstellare Materie|interstellarer Materie]] abgeschirmt werden. |
|||
=== Astrophysik === |
|||
Zuerst wurden Neutrinos genutzt, um das Innere der [[Sonne]] zu erforschen. Die direkte optische Beobachtung des Kerns ist aufgrund der Diffusion elektromagnetischer Strahlung in den umgebenden Plasmaschichten nicht möglich. Die Neutrinos jedoch, die bei den Fusionsreaktionen im Sonneninneren in großer Zahl entstehen, wechselwirken nur schwach und können das Plasma praktisch ungehindert durchdringen. Ein Photon benötigt typischerweise einige 1000 Jahre, bis es an die Sonnenoberfläche diffundiert; ein Neutrino benötigt dafür nur einige Sekunden. |
|||
Später nutzte man Neutrinos auch zur Beobachtung von kosmischen Objekten und Ereignissen jenseits unseres Sonnensystems. Sie sind die einzigen bekannten Teilchen, die von interstellarer Materie nicht deutlich beeinflusst werden. Elektromagnetische Signale können von Staub- und Gaswolken abgeschirmt werden oder aber bei der Detektion auf der Erde von [[Kosmische Strahlung|kosmischer Strahlung]] überdeckt werden. Die kosmische Strahlung ihrerseits, in Form von superschnellen Protonen und Atomkernen, kann sich aufgrund des [[GZK-Cutoff]] (Wechselwirkung mit Hintergrundstrahlung) nicht weiter als 100 Mega[[parsec]] ausbreiten. Auch das Zentrum unserer Galaxie ist wegen dichten Gases und zahlloser heller Sterne von direkter Beobachtung ausgeschlossen. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass Neutrinos aus dem galaktischen Zentrum in naher Zukunft auf der Erde gemessen werden können. |
|||
Eine wichtige Rolle spielen Neutrinos auch bei der Beobachtung von [[Supernova]]e, die etwa 99 % ihrer Energie in einem Neutrinoblitz freisetzen. Die entstandenen Neutrinos lassen sich auf der Erde nachweisen und geben Informationen über die Vorgänge während der Supernova. Im Jahr 1987 wurden Neutrinos von der [[Supernova 1987A]] aus der [[Große Magellansche Wolke|Großen Magellanschen Wolke]] nachgewiesen: elf im [[Kamiokande]],<ref name="Hirata1987">K. Hirata u. a.: ''Observation of a Neutrino Burst from the Supernova SN 1987a.'' In: ''[[Physical Review Letters]].'' Band 58, 1987, S. 1490–1493. [[doi:10.1103/PhysRevLett.58.1490]].</ref> acht im [[Irvine Michigan Brookhaven Experiment]],<ref name="Bionta1987">R. M. Bionta u. a.: ''Observation of a Neutrino Burst in Coincidence with Supernova SN 1987a in the Large Magellanic Cloud.'' In: ''[[Physical Review Letters]].'' Band 58, 1987, S. 1494. [[doi:10.1103/PhysRevLett.58.1494]].</ref> fünf im [[Underground Neutrino Observatory|Mont Blanc Underground Neutrino Observatory]]<ref name="Aglietta1987">M. Aglietta u. a.: ''On the Event Observed in the Mont Blanc Underground Neutrino Observatory during the Occurrence of Supernova 1987a.'' In: ''EPL – A letters journal exploring the frontiers of physics.'' Les-Ulis, Band 3, 1987, S. 1315–1320. [[doi:10.1209/0295-5075/3/12/011]].</ref> und möglicherweise fünf im [[Baksan-Neutrinoobservatorium|Baksan]]-Detektor.<ref>E. N. Alexeyev u. a. in: ''Soviet physics.'' (Sov. JETP Lett.). New York, Band 45, 1987, S. 461.</ref><ref name="Zuber2004">Kai Zuber: ''Neutrino Physics.'' Institute of Physics Publishing, Bristol/Philadelphia 2004, ISBN 0-7503-0750-1.</ref> Dies waren die ersten nachgewiesenen Neutrinos, die sicher aus einer Supernova stammten, denn diese wurde wenige Stunden später mit Teleskopen beobachtet. |
|||
Experimente wie [[IceCube]], [[Antarctic Muon And Neutrino Detector Array|Amanda]], [[Antares (Neutrinoteleskop)|Antares]] und Nestor haben den Nachweis kosmogener Neutrinos zum Ziel. IceCube ist das derzeit (2018) größte [[Neutrinoobservatorium]]. |
|||
Neutrinos werden auch zur Erforschung von [[Neutronenstern]]-Kollisionen genutzt.<ref>[https://kaw.wallenberg.org/en/research/how-are-heavy-elements-formed-neutron-star-collisions ''How are heavy elements formed in neutron star collisions?''] In: ''kaw.wallenberg.org.'' Cornell University, abgerufen am 10. Juni 2025.</ref> Solche Verschmelzungen setzen neben Gravitationswellen auch Neutrinos frei, die Aufschluss über die dabei ablaufenden Kernreaktionen geben könnten.<ref>[https://arxiv.org/abs/2210.03171 ''Mega-Hertz Gravitational Waves from Neutron Star Mergers.''] In: ''arxiv.org.'' Knut and Alice Wallenberg Foundation, abgerufen am 10. Juni 2025.</ref> Die Analyse dieser Neutrinos zielt darauf ab, die Herkunft schwerer Elemente wie [[Gold]] und [[Platin]] besser zu verstehen, da deren Entstehen unter solch extremen astrophysikalischen Prozessen vermutet wird.<ref>[https://www.mpg.de/21265245/1214-grav-neutronensterne-auf-vielen-kanaelen-parallel-untersuchen-154155-x ''Die Goldgrube einer Neutronenstern-Kollision.''] In: ''mpg.de.'' Max-Planck-Gesellschaft, abgerufen am 10. Juni 2025.</ref> |
|||
=== Neutrinodetektoren === |
|||
{{Hauptartikel|Neutrinodetektor}} |
|||
[[Datei:CERN Geneva, Neutrino detections chamber at protoDUNE experiment, seen from inside, Dec 2023 (Mark Benecke).jpg|mini|Neutrino-Erkennungs-Kammer im CERN von innen, kurz vor Testbeginn für das DUNE-Experiment <small>(Dez. 2023)</small>]][[Datei:CERN Geneva, Neutrino detections chamber at protoDUNE experiment, seen from outside, Dec 2023 (Mark Benecke).jpg|mini|Neutrino-Erkennungs-Kammer im CERN von außen <small>(Dez. 2023)</small>]] |
|||
Das bereits im vorhergehenden Abschnitt ''[[#Astrophysik|Astrophysik]]'' erwähnte Experiment IceCube ist ein [[Hochenergiephysik|Hochenergie]]-Neutrino-Observatorium mit etwa 260 Mitarbeitern. Es wurde 2010 im Eis des Südpols fertiggestellt und hat ein Volumen von 1 km³. Die Reaktion der Hochenergie-Neutrinos mit den Elementarteilchen des Eises wird mit diesem Detektor beobachtet und ausgewertet. |
|||
Weitere bekannte Neutrinodetektoren sind einerseits die radiochemischen Detektoren (z. B. das Chlorexperiment in der [[Homestake-Experiment|Homestake-Goldmine]], USA oder der [[GALLEX]]-Detektor im Gran-Sasso-Tunnel in Italien), andererseits die auf dem [[Tscherenkow-Effekt]] basierenden Detektoren, hier vor allem das [[Sudbury Neutrino Observatory]] (SNO) und [[Super-Kamiokande]]. Sie weisen solare und atmosphärische Neutrinos nach und erlauben u. a. die Messung von Neutrinooszillationen und damit Rückschlüsse auf die Differenzen der Neutrinomassen, da die im [[Sonne]]ninneren ablaufenden Reaktionen und somit die Neutrinoemission der Sonne gut bekannt sind. Experimente wie das [[Double-Chooz-Experiment]] oder der seit 2002 arbeitende [[KamLAND]]-Detektor<ref>{{Webarchiv |url=http://kamland.stanford.edu/ |wayback=20220418003517 |text=''The Kamioka Liquid-scintillator Anti-Neutrino Detector (KamLAND).''}}. In: ''KamLAND.Stanford.edu.'' [[Stanford University]], abgerufen am 12. Februar 2025.</ref> im [[Kamioka (Gifu)|Kamioka Neutrino Observatory]] sind in der Lage, über den inversen Betazerfall Geoneutrinos und Reaktorneutrinos nachzuweisen, und liefern komplementäre Information aus einem Bereich, der von solaren [[Neutrinodetektor]]en nicht abgedeckt wird. |
|||
Einer der derzeit größten Neutrino-Detektoren namens [[MINOS]] steht unterirdisch in einer Eisenmine in den USA, 750 Kilometer vom Forschungszentrum [[Fermilab]] entfernt. Von diesem Forschungszentrum wird ein Neutrinostrahl in Richtung des Detektors ausgestrahlt, wo dann gezählt wird, wie viele der Neutrinos sich während des unterirdischen Fluges umwandeln. Derzeit wird das [[Deep Underground Neutrino Experiment]] (DUNE)-Projekt entwickelt und erbaut, bei dem vom Fermilab aus ein Neutrino-Strahl über 1.300 km durch die Erde zur [[Sanford Underground Research Facility]] (Sanford Lab) in [[Lead (South Dakota)|Lead]], [[South Dakota]] gesendet wird.<ref>{{cite web |url=https://www.dunescience.org |title=An International Experiment for Neutrino Science |work=dunescience.org |publisher=The Deep Underground Neutrino Experiment (DUNE) |access-date=2025-02-12 |language=en}}</ref> |
|||
Das [[CNGS]]-Experiment ''(CERN Neutrinos to [[Gran Sasso]])'' untersucht seit 2007 die Physik der Neutrinos. Dazu wird ein Neutrinostrahl vom [[CERN]] über eine Entfernung von 732 km durch die [[Erdkruste]] zum [[Laboratori nazionali del Gran Sasso|Gran-Sasso-Laboratorium]] in [[Italien]] geschickt und dort detektiert. Einige der Myon-Neutrinos wandeln sich unterwegs in andere Neutrinoarten (fast ausschließlich Tau-Neutrinos) um, die vom [[OPERA (Experiment)|OPERA]]-Detektor (Oscillation Project with Emulsion-tRacking Apparatus) nachgewiesen werden. Für die damit zusammenhängenden Geschwindigkeitsmessungen siehe den Abschnitt [[#Geschwindigkeit|Geschwindigkeit]]. |
|||
Im März 2023 wurde berichtet, dass am [[FASER (Detektor)]] des [[LHC]] erstmals Neutrinos nachgewiesen wurden, die in einem Teilchenbeschleuniger erzeugt wurden.<ref>[https://nachrichten.idw-online.de/2023/03/20/erstmals-neutrinos-aus-einem-teilchenbeschleuniger-beobachtet ''Erstmals Neutrinos aus einem Teilchenbeschleuniger beobachtet.''] In: ''Nachrichten.idw-online.de.'' Informationsdienst Wissenschaft, 20. März 2023, abgerufen am 12. Februar 2025.</ref> |
|||
== Anwendung == |
|||
Forscher des [[Sandia National Laboratories]] wollen den Nachweis von Antineutrinos dazu nutzen, die Produktion von [[Plutonium]] in [[Kernreaktor]]en zu messen, damit die [[IAEO]] nicht mehr auf Schätzungen angewiesen ist und niemand mehr etwas für den Bau von [[Kernwaffe|Nuklearwaffen]] abzweigen kann. Wegen der hohen Produktionsrate von Antineutrinos in Kernreaktoren würde schon ein Detektor mit 1 [[Kubikmeter|m³]] Detektorflüssigkeit vor dem Kernkraftwerk ausreichen.<ref>Ralf Krauter: [https://www.deutschlandfunk.de/elementarteilchen-entlarven-langfinger-100.html ''Elementarteilchen entlarven Langfinger.''] In: ''[[Deutschlandfunk.de]].'' 24. April 2006, abgerufen am 12. Februar 2025.</ref> |
|||
Forschern der [[University of Rochester]] und [[North Carolina State University]] ist es 2012 zum ersten Mal gelungen, eine Nachricht mit Hilfe von Neutrinos durch feste Materie zu senden. Ein [[Proton]]enbeschleuniger erzeugte einen Neutrinostrahl, der 100 Meter unter der Erde von einem Neutrinodetektor erfasst wurde.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.rochester.edu/news/show.php?id=4022 |wayback=20220927210637 |text=''Researchers Send “Wireless” Message Using Elusive Particles.''}}. In: ''Rochester.edu.'' University of Rochester, 14. März 2012, abgerufen am 12. Februar 2025.</ref> |
|||
== Literatur == |
|||
* Kai Zuber: ''Neutrino Physics.'' Institute of Physics Publishing, Bristol/Philadelphia 2004, ISBN 0-7503-0750-1. |
|||
* [[Konrad Kleinknecht]]: ''Detektoren für Teilchenstrahlung.'' 4. Auflage. Teubner Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-8351-0058-0. |
|||
* Heinrich Päs: ''Die perfekte Welle. Mit Neutrinos an die Grenzen von Raum und Zeit oder warum Teilchenphysik wie Surfen ist.'' Piper, München 2011, ISBN 978-3-492-05412-6. |
|||
* [[Norbert Schmitz (Physiker)|Norbert Schmitz]]: ''Neutrinophysik.'' Teubner Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-519-03236-8, [[doi:10.1007/978-3-322-80114-2]]. |
|||
* Y. Suzuki, M. Nakahata, S. Moriyama (Hrsg.): ''The Fifth International Workshop on Neutrino Oscillations and Their Origin: Proceedings of the Fifth International Workshop.'' World Scientific Publishing, 2005, ISBN 978-981-256-362-0. |
|||
* Jennifer A. Thomas: ''Neutrino oscillations – present status and future plans.'' World Scientific, Singapur 2008, ISBN 978-981-277-196-4. |
|||
* Carlo Giunti u. a.: ''Fundamentals of neutrino physics and astrophysics.'' Oxford University Press, Oxford 2007, ISBN 978-0-19-850871-7. |
|||
* [[Frank Close]]: ''Neutrino.'' Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2012, ISBN 3-8274-2940-4. |
|||
* Pasquale Migliozzi: [https://www-physics.lbl.gov/seminars/old/OPERA_LBNL.pdf ''Measurement of the neutrino velocity with the OPERA detector in the CNGS beam.''] 2. Februar 2012 (PDF; 5,2 MB), abgerufen am 12. Februar 2025. |
|||
== Weblinks == |
|||
{{Wiktionary}} |
|||
* ''[http://www.nu.to.infn.it/ Neutrino Unbound.]'' Umfangreichstes Onlinearchiv, alle wichtigen Paper. |
|||
* ''[http://cupp.oulu.fi/neutrino/ The Ultimate Neutrino Page.]'' Umfangreiches Onlinearchiv. |
|||
* {{Webarchiv |url=http://www.sno.phy.queensu.ca/sno/experiments.html |wayback=20090425152625 |text=''Other Neutrino Experiments.''}}. Links (englisch). |
|||
* ''[https://www.desy.de/user/projects/Physics/ParticleAndNuclear/solar_neutrino.html DESY – The Solar Neutrino Problem.]'' (englisch). |
|||
* ''[http://www.solstice.de/grundl_d_tph/sm_et/sm_et_lep3.html Neutrinos: Erzeugung und Nachweis. Grundlagen der Teilchenphysik.]'' |
|||
=== Videos === |
|||
* {{Webarchiv |url=https://www.youtube.com/watch?v=hbRryPNVU7A |wayback=20111104192841 |text=''Neutrinos – Geheimschrift des Kosmos.''}}. Vortrag von [[Christian Spiering]] ([[Deutsches Elektronen-Synchrotron]], Zeuthen) im April 2010. |
|||
* {{Alpha Centauri|106}} |
|||
* {{Alpha Centauri|113}} |
|||
== Einzelnachweise == |
|||
<references /> |
|||
{{Normdaten|TYP=s|GND=4171614-0|LCCN=sh85091200}} |
|||
[[Kategorie:Lepton]] |
Aktuelle Version vom 21. Juni 2025, 09:11 Uhr
Neutrino () | |
---|---|
Klassifikation | |
Elementarteilchen Fermion Lepton | |
Eigenschaften | |
elektrische Ladung | neutral |
Masse | νe: < 0,8 · 10−36 kg |
Ruheenergie | νe: < 0,45 eV |
Spin | ½ |
Wechselwirkungen | schwach Gravitation |
Neutrinos sind elektrisch neutrale Elementarteilchen mit sehr geringer Masse. Im Standardmodell der Elementarteilchenphysik existieren drei Arten (Generationen) von Neutrinos: Elektron-, Myon- und Tau-Neutrinos. Jede Neutrino-Generation besteht aus dem Neutrino selbst und seinem Anti-Neutrino. Der Name Neutrino wurde von Enrico Fermi für das von Wolfgang Pauli postulierte Teilchen vorgeschlagen und bedeutet (entsprechend der italienischen Verkleinerungsform ino) kleines neutrales Teilchen.
Bei Wechselwirkung der Neutrinos mit Materie finden, anders als bei vielen anderen bekannten Elementarteilchen, nur Prozesse der schwachen Wechselwirkung statt. Reaktionen erfolgen im Vergleich zur elektromagnetischen und starken Wechselwirkung also sehr selten. Deshalb geht ein Strahl von Neutrinos auch durch dicke Materieschichten – z. B. durch die ganze Erde – hindurch, wenn auch mit einer gewissen Schwächung.[1] Entsprechend aufwendig ist der Nachweis von Neutrinos in Experimenten.

Grün sind die Leptonen, die untere Reihe davon sind die Neutrinos
Nach dem Entstehungsort der in Neutrinodetektoren beobachteten Neutrinos werden folgende Typen unterschieden:
- Kosmische Neutrinos (Weltall)
- Solare Neutrinos (Sonne)
- Atmosphärische Neutrinos (Erdatmosphäre)
- Geoneutrinos (Erdinneres)
- Reaktorneutrinos (Kernreaktoren)
- Neutrinos aus Beschleunigerexperimenten
Forschungsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim radioaktiven Beta-Minus-Zerfall wurde zunächst nur ein ausgesandtes Elektron beobachtet. Zusammen mit dem verbleibenden Kern schien es sich somit um ein Zweikörperproblem zu handeln (siehe auch Kinematik (Teilchenprozesse)). Damit ließ sich das kontinuierliche Energiespektrum der Beta-Elektronen nur erklären, wenn man eine Verletzung des Energieerhaltungssatzes annahm. Das führte Wolfgang Pauli dazu, ein neues Elementarteilchen anzunehmen, das – von den Detektoren unbeobachtet – gleichzeitig mit dem Elektron aus dem Kern ausgesandt wird. Dieses Teilchen trägt einen Teil der beim Zerfall frei werdenden Energie davon. Auf diese Weise können die Elektronen der Betastrahlung unterschiedlich viel kinetische Energie erhalten, ohne dass die Energieerhaltung verletzt ist.
Pauli schlug in einem Brief vom 4. Dezember 1930 dieses hypothetische Teilchen vor, das er zunächst Neutron nannte.[3] Enrico Fermi, der eine Theorie über die grundlegenden Eigenschaften und Wechselwirkungen dieses Teilchens ausarbeitete, benannte es um in Neutrino (italienisch für „kleines Neutron“, „Neutrönchen“), um einen Namenskonflikt mit dem heute bekannten Neutron zu vermeiden. Erst im Jahr 1933 präsentierte Pauli seine Hypothese einem breiteren Publikum und stellte die Frage nach einem möglichen experimentellen Nachweis. Da das Neutrino in den üblichen Teilchendetektoren kein Signal erzeugte, war klar, dass es nur äußerst schwer nachweisbar sein werde.
Tatsächlich gelang die erste Beobachtung erst 23 Jahre später, 1956, an einem der ersten großen Kernreaktoren mit dem Cowan-Reines-Neutrinoexperiment.[4][5][6] Die Forscher sandten am 14. Juni 1956 Wolfgang Pauli ein Telegramm mit der Erfolgsmitteilung nach Zürich.[3] Ein Kernreaktor emittiert durch den Betazerfall der Spaltprodukte Neutrinos (genauer: Elektron-Antineutrinos) mit viel höherer Flussdichte, als mit einem radioaktiven Präparat erreichbar wäre. Reines und Cowan benutzten zur Detektion der Antineutrinos die folgende Teilchenreaktion (den sog. inversen Betazerfall):
Ein Antineutrino trifft auf ein Proton und erzeugt ein Positron und ein Neutron. Diese Reaktionsprodukte sind beide vergleichsweise leicht beobachtbar. Für diese Entdeckung erhielt Reines 1995 den Nobelpreis für Physik.
Das Myon-Neutrino wurde 1962 von Jack Steinberger, Melvin Schwartz und Leon Max Lederman mit dem ersten an einem Beschleuniger hergestellten Neutrinostrahl entdeckt. Den Neutrinostrahl erzeugten sie, indem sie einen hochenergetischen Pionenstrahl so weit laufen ließen, dass ein Teil der Pionen (etwa 10 %) in Myonen und Neutrinos zerfallen war. Mit Hilfe einer massiven, etwa 12 m dicken Stahlabschirmung, die von dem gemischten Teilchenstrahl aus Pionen, Myonen und Neutrinos alle Teilchen außer den Neutrinos aufhielt, konnten sie dann einen reinen Neutrinostrahl gewinnen.[7] Sie erhielten dafür den Physiknobelpreis des Jahres 1988. Mit dem Myon-Neutrino wurde eine zweite Neutrinogeneration bekannt, die das Analogon zum Elektron-Neutrino für Myonen darstellt. Kurzzeitig war für das Myon-Neutrino die Bezeichnung Neutretto in Verwendung (-etto ist ebenfalls eine italienische Verkleinerungsform), die jedoch keine große Verbreitung fand. Als 1975 das Tauon entdeckt wurde, erwarteten die Physiker auch eine zugehörige Neutrinogeneration, das Tauon-Neutrino. Erste Anzeichen für dessen Existenz gab das kontinuierliche Spektrum im Tauon-Zerfall, ähnlich wie beim Betazerfall. Im Jahr 2000 wurde dann am DONUT-Experiment das Tau-Neutrino erstmals direkt nachgewiesen.
Das von 1993 bis 1998 laufende LSND-Experiment in Los Alamos wurde als Hinweis auf die Existenz steriler Neutrinos interpretiert, war jedoch umstritten. Nachdem das KArlsruhe-Rutherford-Mittel-Energie-Neutrino-(KARMEN)-Experiment unter der Federführung des Forschungszentrums Karlsruhe am britischen Rutherford-Labor die Ergebnisse nicht reproduzieren konnte, gilt diese Interpretation seit 2007 durch erste Ergebnisse von MiniBooNE (Miniature Booster Neutrino Experiment am Fermi National Accelerator Laboratory) als offen.[8] Eine Neuauswertung von Elektronenreferenzspektren des Instituts Laue-Langevin[9] im Jahr 2011 deutet ebenfalls auf die Existenz eines vierten, leichten sterilen Neutrinos hin.[10] Ausgelöst durch die 2011er-Studie suchten mehrere Experimente in sehr kurzen Entfernungen von Kernreaktoren nach sterilen Neutrinos. Während die meisten die Existenz von leichten sterilen Neutrinos ausschließen konnten, sind die Ergebnisse insgesamt nicht eindeutig.[11]
In der Neutrinoforschung des 21. Jahrhunderts wurden bisher vier Wissenschaftler mit dem Nobelpreis für Physik (2002 und 2015) und fünf Wissenschaftler-Teams mit dem Breakthrough Prize in Fundamental Physics 2016 ausgezeichnet.
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Drei Generationen von Neutrinos und Antineutrinos
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es sind drei Generationen von Leptonen bekannt. Jede davon besteht aus einem elektrisch geladenen Teilchen – Elektron, Myon oder Tauon – und jeweils einem elektrisch neutralen Neutrino, Elektron-Neutrino (), Myon-Neutrino () bzw. Tau- oder Tauon-Neutrino (). Hinzu kommen die entsprechenden drei Antiteilchen.
Neutrinos können sich ineinander umwandeln. Das führt zu einer Beschreibung der Neutrino-Arten als drei verschiedene Zustände , und , die jeweils eine andere, scharf bestimmte (aber noch unbekannte) Masse haben. Die beobachtbaren Elektron-, Myon- und Tau-Neutrinos – benannt nach dem jeweiligen geladenen Lepton, mit dem zusammen sie auftreten – sind quantenmechanische Überlagerungen dieser drei Massen-Eigenzustände. Der Zusammenhang zwischen den Flavour-Eigenzuständen (, , ) und den Massen-Eigenzuständen (, , ) wird durch eine Mischungsmatrix dargestellt, die PMNS-Matrix.
Die Anzahl der Neutrinoarten mit einer Masse, die kleiner als die halbe Masse des Z-Bosons ist, wurde in Präzisionsexperimenten u. a. am L3-Detektor am CERN zu genau drei bestimmt.
Es gibt derzeit keine Hinweise auf einen neutrinolosen doppelten Betazerfall. Frühere Arbeiten, die dies nahegelegt hatten, wurden durch genauere Messungen widerlegt.[12] Ein neutrinoloser doppelter Betazerfall würde bedeuten, dass entweder die Erhaltung der Leptonenzahl verletzt oder das Neutrino sein eigenes Antiteilchen wäre. In der quantenfeldtheoretischen Beschreibung hieße dies (im Widerspruch zum jetzigen Standardmodell), dass das Neutrinofeld kein Dirac-Spinor, sondern ein Majorana-Spinor wäre.
Spin und Helizität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neutrinos haben, genauso wie die geladenen Leptonen, den Spin ½.
Die Physiker Lee und Yang gaben den Anstoß für ein Experiment zur Untersuchung der Spins von Neutrinos und Antineutrinos. Dieses wurde 1956 von Chien-Shiung Wu ausgeführt und zeigte, dass die Paritätserhaltung nicht ausnahmslos gilt:
Das Neutrino erwies sich als „Linkshänder“, sein Spin ist seiner Bewegungsrichtung entgegengesetzt (antiparallel; siehe Händigkeit). Ein Antineutrino ist dagegen rechtshändig. Damit wird eine objektive Erklärung von links und rechts möglich. Im Bereich der schwachen Wechselwirkung muss demnach beim Übergang von einem Teilchen zu seinem Antiteilchen nicht nur eventuell vorhandene elektrische Ladung, sondern auch die Parität, also der Spin, vertauscht werden. Die schwache Wechselwirkung unterscheidet sich also von der elektromagnetischen Wechselwirkung durch die Verknüpfung des schwachen Isospins mit der Rechts- oder Links-Händigkeit eines Teilchens:
- Bei den Leptonen und Quarks haben nur die linkshändigen Teilchen und ihre rechtshändigen Antiteilchen einen von Null verschiedenen schwachen Isospin.
- Dagegen sind die rechtshändigen Teilchen und ihre linkshändigen Antiteilchen gegenüber schwachen Wechselwirkungen mit W-Bosonen inert; dieses Phänomen bezeichnet man als maximale Paritätsverletzung. Gleichzeitig wird auch die Teilchen-Antiteilchen-Symmetrie (C-Symmetrie) verletzt. Lange schien es so, dass die Physik unter der kombinierten CP-Symmetrie invariant ist, bis 1964 auch eine Verletzung der CP-Symmetrie experimentell bestätigt wurde.
Dadurch wird auch verständlich, dass Neutrinos ihre eigenen Antiteilchen sein könnten, obwohl sich Neutrinos und Antineutrinos im Experiment verschieden verhalten: Die aus dem Experiment als Antineutrinos bekannten Teilchen wären einfach Neutrinos, deren Spin parallel zur Bewegungsrichtung ist. Man kann die Bewegungsrichtung der Neutrinos experimentell nicht einfach umdrehen; auch kann man derzeit keine Experimente durchführen, bei denen ein Neutrino von einem schnelleren Teilchen eingeholt wird und mit diesem wechselwirkt, sodass die Bewegungsrichtung im Bezugssystem des Wechselwirkungsschwerpunkts der Bewegungsrichtung im Bezugssystem des Labors entgegengesetzt ist.
Masse
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Masse der Neutrinos ist extrem klein; alle Experimente geben bislang nur obere Grenzen an. Aber seit der Entdeckung der Neutrinooszillationen steht fest, dass sie eine von Null verschiedene Masse haben müssen.
Methoden zur Bestimmung der Neutrinomasse zerfallen in vier Gruppen:
- Direkte Bestimmung der Masse aus der fehlenden Energie beim Betazerfall
- Beobachtung von Neutrinooszillationen, also Umwandlungen einer Neutrinoart in eine andere
- Suche nach neutrinolosen doppelten Betazerfällen
- Indirekte Folgerungen aus anderen Beobachtungen, insbesondere aus der beobachtenden Kosmologie
Alle publizierten Ergebnisse werden von der Particle Data Group bewertet und fließen in die jährlich veröffentlichten Review of Particle Physics ein.
Direkte Messungen des Endpunktes des Betaspektrums von Tritium konnten bis 2006 die mögliche Masse der Elektron-Neutrinos mit 2 eV/c² nach oben einschränken.[13] Bessere Obergrenzen wurden durch Messungen des KATRIN-Experiments am Karlsruher Institut für Technologie erreicht: 2022 wurde die obere Schranke auf 0,8 eV/c² verbessert,[14] 2024 wird in einer Publikation von einer neuen oberen Schranke von 0,45 eV/c² berichtet.[15][16][17]
Die Beobachtung von Neutrinooszillationen ist eine indirekte Messung von Massendifferenzen zwischen verschiedenen Neutrinos. Sie belegen, dass Neutrinos tatsächlich eine von null verschiedene (aber im Vergleich zu den assoziierten geladenen Leptonen sehr kleine) Masse besitzen. Da aus Neutrinooszillationen nur Massendifferenzen gemessen werden können, ist die Anordnung der Neutrinomassen auf dem Massenspektrum derzeit eine offene Frage, die durch weitere Experimente, wie das Deep Underground Neutrino Experiment, geklärt werden soll. Das NuFIT Projekt erstellt regelmäßig eine globale Metaanalyse aus der Kombination von Messungen der relevanten Neutrinoexperimente, wie IceCube, T2K oder NOvA. Dabei werden Parameter der Neutrinooszillation, wie Mischungswinkel zwischen Masseneigenzuständen oder auch die Quadrate der Massendifferenzen in einer globalen Ausgleichsrechnung (engl. Fit) bestimmt. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des KATRIN-Experimentes ergibt sich laut NuFIT, dass die Masse des Elektronneutrinos eine Masse zwischen 0,85 meV/c² und 0,4 eV/c² bei „normaler Anordnung“ der Neutrinomassen (engl. normal ordering) und eine Masse zwischen 0,048 eV/c² und 0,4 eV/c² bei „umgekehrter Anordnung“ der Neutrinomassen (engl. inverted ordering) hat. Die Bestimmung der Massendifferenzen erlaubt es auch, die Massengrenzen für die Summe der Neutrinomassen einzuschränken. Für die normale Anordnung ergibt sich für die Summe der drei Neutrinomassen ein Massenbereich zwischen 0,058 eV/c² und 1,2 eV/c², für die umgekehrte Anordnung ein Bereich zwischen 0,098 eV/c² und 1,2 eV/c².[18]
Der hypothetische neutrinolose doppelte Betazerfall ist nur dann möglich, wenn die Neutrinos ihre eigenen Antiteilchen (Majorana-Fermionen) sind. Dann kann es beim gleichzeitigen Beta-Zerfall von zwei Neutronen in einem Atomkern manchmal zur Annihilation von zwei virtuellen Neutrinos anstatt zur Aussendung von zwei (realen) Neutrinos kommen. Die Zerfallsrate hängt nach den gängigen Theorien von der Neutrinomasse ab und könnte so zu deren Bestimmung herangezogen werden. Bislang wurden keine solchen Zerfälle beobachtet. Aus den Messungen ergeben sich obere Schranken für die Masse von Majorana-Neutrinos von 0,036 eV/c² bis 0,18 eV/c².[19]
Der kosmologische Zugang zur Bestimmung der Neutrinomassen basiert auf der Beobachtung der Anisotropie der kosmischen Hintergrundstrahlung durch WMAP und anderen Beobachtungen, die die Parameter des Lambda-CDM-Modells, des heutigen Standardmodells der Kosmologie, bestimmen. Durch den Einfluss, den Neutrinos auf die Strukturbildung im Universum und auf die primordiale Nukleosynthese haben, kann (Stand 2007) als Obergrenze für die Summe der drei Neutrinomassen 0,2 eV/c² angenommen werden.[20][21]
Für die Entdeckung der Neutrinooszillationen erhielten Takaaki Kajita und Arthur B. McDonald 2015 den Nobelpreis für Physik.
Geschwindigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aufgrund ihrer geringen Masse wird erwartet, dass in teilchenphysikalischen Prozessen erzeugte Neutrinos sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit bewegen. In mehreren Experimenten wurde die Geschwindigkeit von Neutrinos gemessen und eine Übereinstimmung innerhalb der Messgenauigkeit mit der Lichtgeschwindigkeit beobachtet.
Die Messungen der Neutrinomasse, Neutrinogeschwindigkeit und Neutrinooszillationen stellen darüber hinaus Möglichkeiten dar, die Gültigkeit der Lorentzinvarianz der speziellen Relativitätstheorie zu überprüfen. Messergebnisse des OPERA-Experimentes im Jahr 2011, nach denen sich Neutrinos mit Überlichtgeschwindigkeit bewegt haben sollten, konnten auf Messfehler zurückgeführt werden. Eine neue Messung durch ICARUS und auch eine neue Analyse der OPERA-Daten haben Übereinstimmungen mit der Lichtgeschwindigkeit ergeben.
Durchdringungsfähigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Durchdringungsfähigkeit hängt von der Energie der Neutrinos ab. Mit zunehmender Energie nimmt der Wirkungsquerschnitt der Neutrinos zu und die mittlere freie Weglänge entsprechend ab.
Beispiel:
Die mittlere freie Weglänge von Neutrinos mit einer Energie von 106 GeV bei Wechselwirkung mit der Erde liegt im Bereich des Erddurchmessers. Das bedeutet, dass beim Flug quer durch die Erde knapp zwei Drittel dieser Neutrinos wechselwirken, während ein gutes Drittel durch die Erde durchfliegt.[22] Bei 11 MeV ist die mittlere freie Weglänge in Blei bereits 350 Milliarden Kilometer, und in der Erde würden im Schnitt etwa drei von einer Milliarde Neutrinos eine Wechselwirkung eingehen, während die restlichen ungehindert durchfliegen.
Zum Vergleich:
Der größte Teilchenbeschleuniger der Welt, der Large Hadron Collider, erzeugt Teilchen mit einer Energie von 6500 GeV pro Nukleon, die Sonne produziert hauptsächlich Neutrinos mit Energien unterhalb von 10 MeV.
Eine Übersicht über den Wirkungsquerschnitt von Neutrinos bei verschiedenen Reaktionen und Energien, veröffentlicht 2013, ist im Internet verfügbar.[23]
Wechselwirkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Geladener und neutraler Strom
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Prozesse mit Neutrinos laufen über die schwache Wechselwirkung ab. Neutrinos unterliegen zwar auch der Gravitation; diese ist aber generell in der Teilchenphysik und erst recht bei Neutrinos so klein, dass sie praktisch keinerlei Bedeutung hat. Alle Prozesse, bei denen Neutrinos entstehen, absorbiert werden oder gestreut werden, werden somit über W±-Bosonen (geladener Strom) oder Z0-Bosonen (neutraler Strom) vermittelt.
- Geladener Strom
- Ein Elementarteilchen koppelt über ein elektrisch geladenes W-Boson an ein Neutrino. Hierbei wandeln sich die beteiligten Teilchen in andere um, wobei sich die elektrische Ladung um ±1 ändert (, , ). Alternativ kann auch ein Lepton-Antilepton-Paar entstehen (, , …).
- Neutraler Strom
- Ein Elementarteilchen koppelt über ein elektrisch neutrales Z-Boson an ein Neutrino. Hierbei bleiben die beteiligten Teilchenflavours erhalten (kein FCNC), und die Reaktion ist wie ein elastischer Stoß, der mit beliebigen Leptonen oder Quarks stattfinden kann. Sofern der Energieübertrag groß genug ist, können an getroffenen Atomkernen anschließend Teilchenumwandlungen stattfinden.
Im Fall der Reaktion sind beide Wege möglich; der Prozess ist daher eine quantenmechanische Mischung aus geladenem und neutralem Strom.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beta-Zerfall
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Ein prominentes Beispiel ist der radioaktive Betazerfall. Beim β−-(Beta-minus)-Zerfall wandelt sich ein Neutron in ein Proton um, wobei ein Elektron und ein Elektron-Antineutrino ausgesandt werden. Dabei emittiert eines der beiden Down-Quarks des Neutrons das intermediäre Vektorboson W− und verwandelt sich dadurch in ein Up-Quark. Das W−-Boson zerfällt danach in ein Elektron und ein Elektron-Antineutrino. Es handelt sich also um den „geladenen Strom“. Dieser Zerfall tritt bei Atomkernen mit großem Neutronenüberschuss auf, aber auch das freie Neutron kann auf diese Weise zerfallen.
- Ein Nuklid geht unter Aussendung eines Elektrons und eines Elektron-Antineutrinos in einen Tochterkern mit einer um 1 höheren Ordnungszahl über.
Umgekehrt wandelt sich beim β+-(Beta-plus)-Zerfall ein Proton in ein Neutron um, und beim Zerfall des entstandenen W+-Bosons werden ein Positron und ein Elektron-Neutrino emittiert. Der Prozess tritt bei Protonenüberschuss im Kern auf. Ein freies Proton kann auf diese Weise nicht zerfallen, weil die Reaktionsprodukte schwerer wären als das ursprüngliche Proton.
- Ein Nuklid geht unter Aussendung eines Positrons und eines Elektron-Neutrinos in einen Tochterkern mit um 1 niedrigerer Ordnungszahl über.
Elektroneneinfang
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während beim Betazerfall ein Lepton-Antilepton-Paar neu entsteht, wandelt sich beim Elektroneneinfang ein Elektron in ein Neutrino um.
Inverser Beta-Zerfall
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Reaktionen mit einem Neutrino als auslösendem Stoßpartner sind als „umgekehrter Betazerfall“ wichtig zur Detektion von Neutrinos, wie beispielsweise im historischen Cowan-Reines-Neutrinoexperiment:
Proton-Proton-Reaktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Sternen der Hauptreihe, zu denen auch die Sonne gehört, verschmelzen bei der Proton-Proton-Reaktion zwei Protonen unter extrem hoher Temperatur zu einem Deuteriumkern; infolge der Umwandlung eines Protons in ein Neutron werden ein Positron und ein Neutrino frei.
Weiterhin entstehen in Sternen durch Kernfusionsprozesse, zum Beispiel im CNO-Zyklus, protonenreiche Kerne, die beim β+-Zerfall Neutrinos emittieren.
Zerfall des Pions
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Zerfall des negativ geladenen Pions ist ein Beispiel für einen Prozess, bei dem ein (Anti-)Myon-Neutrino entsteht:
Reaktionen von Myon-Neutrinos
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In den 1970er Jahren wurden am CERN mit dem Gargamelle-Detektor Reaktionen von Myon-Neutrinos mit Materie (Atomkernem oder Elektronen) studiert. In ca. einem Drittel der Fälle fanden Reaktionen statt, ohne dass ein Myon entstand. Dies war der erste experimentelle Nachweis neutraler Ströme (1973).
Neutrinoforschung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Obwohl die geringe Reaktionsfreudigkeit der Neutrinos deren Nachweis schwierig macht, kann man das Durchdringungsvermögen der Neutrinos in der Forschung auch ausnutzen: Neutrinos aus kosmischen Ereignissen erreichen die Erde, während elektromagnetische Strahlung oder andere Teilchen von interstellarer Materie abgeschirmt werden.
Astrophysik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zuerst wurden Neutrinos genutzt, um das Innere der Sonne zu erforschen. Die direkte optische Beobachtung des Kerns ist aufgrund der Diffusion elektromagnetischer Strahlung in den umgebenden Plasmaschichten nicht möglich. Die Neutrinos jedoch, die bei den Fusionsreaktionen im Sonneninneren in großer Zahl entstehen, wechselwirken nur schwach und können das Plasma praktisch ungehindert durchdringen. Ein Photon benötigt typischerweise einige 1000 Jahre, bis es an die Sonnenoberfläche diffundiert; ein Neutrino benötigt dafür nur einige Sekunden.
Später nutzte man Neutrinos auch zur Beobachtung von kosmischen Objekten und Ereignissen jenseits unseres Sonnensystems. Sie sind die einzigen bekannten Teilchen, die von interstellarer Materie nicht deutlich beeinflusst werden. Elektromagnetische Signale können von Staub- und Gaswolken abgeschirmt werden oder aber bei der Detektion auf der Erde von kosmischer Strahlung überdeckt werden. Die kosmische Strahlung ihrerseits, in Form von superschnellen Protonen und Atomkernen, kann sich aufgrund des GZK-Cutoff (Wechselwirkung mit Hintergrundstrahlung) nicht weiter als 100 Megaparsec ausbreiten. Auch das Zentrum unserer Galaxie ist wegen dichten Gases und zahlloser heller Sterne von direkter Beobachtung ausgeschlossen. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass Neutrinos aus dem galaktischen Zentrum in naher Zukunft auf der Erde gemessen werden können.
Eine wichtige Rolle spielen Neutrinos auch bei der Beobachtung von Supernovae, die etwa 99 % ihrer Energie in einem Neutrinoblitz freisetzen. Die entstandenen Neutrinos lassen sich auf der Erde nachweisen und geben Informationen über die Vorgänge während der Supernova. Im Jahr 1987 wurden Neutrinos von der Supernova 1987A aus der Großen Magellanschen Wolke nachgewiesen: elf im Kamiokande,[24] acht im Irvine Michigan Brookhaven Experiment,[25] fünf im Mont Blanc Underground Neutrino Observatory[26] und möglicherweise fünf im Baksan-Detektor.[27][28] Dies waren die ersten nachgewiesenen Neutrinos, die sicher aus einer Supernova stammten, denn diese wurde wenige Stunden später mit Teleskopen beobachtet.
Experimente wie IceCube, Amanda, Antares und Nestor haben den Nachweis kosmogener Neutrinos zum Ziel. IceCube ist das derzeit (2018) größte Neutrinoobservatorium.
Neutrinos werden auch zur Erforschung von Neutronenstern-Kollisionen genutzt.[29] Solche Verschmelzungen setzen neben Gravitationswellen auch Neutrinos frei, die Aufschluss über die dabei ablaufenden Kernreaktionen geben könnten.[30] Die Analyse dieser Neutrinos zielt darauf ab, die Herkunft schwerer Elemente wie Gold und Platin besser zu verstehen, da deren Entstehen unter solch extremen astrophysikalischen Prozessen vermutet wird.[31]
Neutrinodetektoren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das bereits im vorhergehenden Abschnitt Astrophysik erwähnte Experiment IceCube ist ein Hochenergie-Neutrino-Observatorium mit etwa 260 Mitarbeitern. Es wurde 2010 im Eis des Südpols fertiggestellt und hat ein Volumen von 1 km³. Die Reaktion der Hochenergie-Neutrinos mit den Elementarteilchen des Eises wird mit diesem Detektor beobachtet und ausgewertet.
Weitere bekannte Neutrinodetektoren sind einerseits die radiochemischen Detektoren (z. B. das Chlorexperiment in der Homestake-Goldmine, USA oder der GALLEX-Detektor im Gran-Sasso-Tunnel in Italien), andererseits die auf dem Tscherenkow-Effekt basierenden Detektoren, hier vor allem das Sudbury Neutrino Observatory (SNO) und Super-Kamiokande. Sie weisen solare und atmosphärische Neutrinos nach und erlauben u. a. die Messung von Neutrinooszillationen und damit Rückschlüsse auf die Differenzen der Neutrinomassen, da die im Sonneninneren ablaufenden Reaktionen und somit die Neutrinoemission der Sonne gut bekannt sind. Experimente wie das Double-Chooz-Experiment oder der seit 2002 arbeitende KamLAND-Detektor[32] im Kamioka Neutrino Observatory sind in der Lage, über den inversen Betazerfall Geoneutrinos und Reaktorneutrinos nachzuweisen, und liefern komplementäre Information aus einem Bereich, der von solaren Neutrinodetektoren nicht abgedeckt wird.
Einer der derzeit größten Neutrino-Detektoren namens MINOS steht unterirdisch in einer Eisenmine in den USA, 750 Kilometer vom Forschungszentrum Fermilab entfernt. Von diesem Forschungszentrum wird ein Neutrinostrahl in Richtung des Detektors ausgestrahlt, wo dann gezählt wird, wie viele der Neutrinos sich während des unterirdischen Fluges umwandeln. Derzeit wird das Deep Underground Neutrino Experiment (DUNE)-Projekt entwickelt und erbaut, bei dem vom Fermilab aus ein Neutrino-Strahl über 1.300 km durch die Erde zur Sanford Underground Research Facility (Sanford Lab) in Lead, South Dakota gesendet wird.[33]
Das CNGS-Experiment (CERN Neutrinos to Gran Sasso) untersucht seit 2007 die Physik der Neutrinos. Dazu wird ein Neutrinostrahl vom CERN über eine Entfernung von 732 km durch die Erdkruste zum Gran-Sasso-Laboratorium in Italien geschickt und dort detektiert. Einige der Myon-Neutrinos wandeln sich unterwegs in andere Neutrinoarten (fast ausschließlich Tau-Neutrinos) um, die vom OPERA-Detektor (Oscillation Project with Emulsion-tRacking Apparatus) nachgewiesen werden. Für die damit zusammenhängenden Geschwindigkeitsmessungen siehe den Abschnitt Geschwindigkeit.
Im März 2023 wurde berichtet, dass am FASER (Detektor) des LHC erstmals Neutrinos nachgewiesen wurden, die in einem Teilchenbeschleuniger erzeugt wurden.[34]
Anwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Forscher des Sandia National Laboratories wollen den Nachweis von Antineutrinos dazu nutzen, die Produktion von Plutonium in Kernreaktoren zu messen, damit die IAEO nicht mehr auf Schätzungen angewiesen ist und niemand mehr etwas für den Bau von Nuklearwaffen abzweigen kann. Wegen der hohen Produktionsrate von Antineutrinos in Kernreaktoren würde schon ein Detektor mit 1 m³ Detektorflüssigkeit vor dem Kernkraftwerk ausreichen.[35]
Forschern der University of Rochester und North Carolina State University ist es 2012 zum ersten Mal gelungen, eine Nachricht mit Hilfe von Neutrinos durch feste Materie zu senden. Ein Protonenbeschleuniger erzeugte einen Neutrinostrahl, der 100 Meter unter der Erde von einem Neutrinodetektor erfasst wurde.[36]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kai Zuber: Neutrino Physics. Institute of Physics Publishing, Bristol/Philadelphia 2004, ISBN 0-7503-0750-1.
- Konrad Kleinknecht: Detektoren für Teilchenstrahlung. 4. Auflage. Teubner Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-8351-0058-0.
- Heinrich Päs: Die perfekte Welle. Mit Neutrinos an die Grenzen von Raum und Zeit oder warum Teilchenphysik wie Surfen ist. Piper, München 2011, ISBN 978-3-492-05412-6.
- Norbert Schmitz: Neutrinophysik. Teubner Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-519-03236-8, doi:10.1007/978-3-322-80114-2.
- Y. Suzuki, M. Nakahata, S. Moriyama (Hrsg.): The Fifth International Workshop on Neutrino Oscillations and Their Origin: Proceedings of the Fifth International Workshop. World Scientific Publishing, 2005, ISBN 978-981-256-362-0.
- Jennifer A. Thomas: Neutrino oscillations – present status and future plans. World Scientific, Singapur 2008, ISBN 978-981-277-196-4.
- Carlo Giunti u. a.: Fundamentals of neutrino physics and astrophysics. Oxford University Press, Oxford 2007, ISBN 978-0-19-850871-7.
- Frank Close: Neutrino. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2012, ISBN 3-8274-2940-4.
- Pasquale Migliozzi: Measurement of the neutrino velocity with the OPERA detector in the CNGS beam. 2. Februar 2012 (PDF; 5,2 MB), abgerufen am 12. Februar 2025.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Neutrino Unbound. Umfangreichstes Onlinearchiv, alle wichtigen Paper.
- The Ultimate Neutrino Page. Umfangreiches Onlinearchiv.
- Other Neutrino Experiments. ( vom 25. April 2009 im Internet Archive). Links (englisch).
- DESY – The Solar Neutrino Problem. (englisch).
- Neutrinos: Erzeugung und Nachweis. Grundlagen der Teilchenphysik.
Videos
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Neutrinos – Geheimschrift des Kosmos. ( vom 4. November 2011 im Internet Archive). Vortrag von Christian Spiering (Deutsches Elektronen-Synchrotron, Zeuthen) im April 2010.
- Was sind Neutrinos? aus der Fernseh-Sendereihe alpha-Centauri (ca. 15 Minuten). Erstmals ausgestrahlt am 13. Okt. 2002.
- Wo sind die Neutrinos? aus der Fernseh-Sendereihe alpha-Centauri (ca. 15 Minuten). Erstmals ausgestrahlt am 19. Jan. 2003.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Measurement of the multi-TeV neutrino interaction cross-section with IceCube using Earth absorption. In: Nature. Band 551, Nr. 7682, 2017, S. 596–600, doi:10.1038/nature24459.
- ↑ Recent happenings in high-energy physics. In: New Scientist. Reed Business Information, 21. Januar 1971, S. 106 (englisch, books.google.com. ( vom 3. Oktober 2016 im Internet Archive) [abgerufen am 13. April 2025]).
- ↑ a b History of Neutrino Physics: Pauli’s Letters. ( vom 20. Mai 2014 im Internet Archive). (PDF; 104 kB). In: neutrino.uni-hamburg.de. Abendvorlesung Geschichte der Neutrino-Physik, gehalten von Rudolf Mößbauer an der Technischen Universität München. Abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ Claus Grupen, Boris Shwartz: Particle Detectors (Cambridge Monographs on Particle Physics, Nuclear Physics and Cosmology). Cambridge University Press 2008, ISBN 978-0-521-84006-4.
- ↑ C. L. Cowan, Jr., F. Reines, F. B. Harrison, H. W. Kruse, A. D. McGuire: Detection of the Free Neutrino: a Confirmation. In: Science. 124. Jahrgang, 20. Juli 1956, S. 103–104, doi:10.1126/science.124.3212.103 (englisch).
- ↑ Frederick Reines, Clyde L. Cowan, Jr.: The Neutrino. In: Nature. 178. Jahrgang, Nr. 4531, 1. September 1956, S. 446 (englisch, nature.com).
- ↑ Leon Ledermann, Dick Teresi: Das schöpferische Teilchen. 1. Auflage. C. Bertelsmann Verlag GmbH, München 1993, ISBN 3-570-12037-6, Die Mord-GmbH und das 2-Neutrino-Experiment, S. 391–393 (englisch: The God Particle. New York 1993. Übersetzt von Heinrich Peitz, Erstausgabe: Houghton Mifflin Company).
- ↑ MiniBooNE Collaboration: A Search for Electron Neutrino Appearance at the ∆m² ∼ 1 eV² Scale. In: Physical Review Letters, Band 98, 2007, 231801, (PDF; 194 kB). Abgerufen am 12. Februar 2023.
- ↑ Thomas Alexandre Mueller, David Lhuillier, Muriel Fallot, Alain Letourneau, Sandrine Cormon, Maximilien Fechner, Lydie Giot, Thierry Lasserre, J. Rodriguez Martino, Guillaume Mention, Amanda Porta, Frédéric Yermia: Improved predictions of reactor antineutrino spectra. In: Physical Review C. 83. Jahrgang, Nr. 5, 2011, S. 054615, doi:10.1103/PhysRevC.83.054615, arxiv:1101.2663 (englisch).
- ↑ Guillaume Mention, Maximilien Fechner, Thierry Lasserre, Thomas Alexandre Mueller, David Lhuillier, Michel Cribier, Alain Letourneau: The Reactor antineutrino anomaly. In: Physical Review D. 83. Jahrgang, Nr. 7, 2011, S. 073006, doi:10.1103/PhysRevD.83.073006, arxiv:1101.2755 (englisch).
- ↑ Stefan Schoppmann: Status of Anomalies and Sterile Neutrino Searches at Nuclear Reactors. In: Universe. 7. Jahrgang, Nr. 10, 2021, S. 360, doi:10.3390/universe7100360, arxiv:2109.13541 (englisch).
- ↑ Neutrino-Physik: Neues von den Geisterteilchen. ( vom 23. Juli 2013 im Internet Archive). In: ph.tum.de. Physik-Department, Technische Universität München, 16. Juli 2013, abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ W.-M. Yao u. a.: Particle Data Group. In: Journal of Physics. G 33, 1 (2006). Abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ Neutrinos sind leichter als 0,8 Elektronenvolt – KATRIN-Experiment mit neuem Weltrekord bei Präzisionsmessungen. In: idw-online.de. Informationsdienst Wissenschaft e. V., 14. Februar 2022, abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ KATRIN Collaboration: Direct neutrino-mass measurement based on 259 days of KATRIN data. In: Science. Band 338, Nr. 6743, 2025, S. 180–185, doi:10.1126/science.adq9592, arxiv:2406.13516.
- ↑ Joachim Hoffmann (Presseinformation 029/2025): Astroteilchenphysik: Neutrinos sind leichter als 0,45 Elektronenvolt. In: KIT.edu. Karlsruher Institut für Technologie, 11. April 2025, abgerufen am 13. April 2025.
- ↑ Jan Oliver Löfken: Wie schwer ist ein Neutrino? In: weltderphysik.de. 10. April 2025, abgerufen am 13. April 2025.
- ↑ Ivan Esteban, M. C. Gonzalez-Garcia, Michele Maltoni, Ivan Martinez-Soler, João Paulo Pinheiro, Thomas Schwetz: NuFit-6.0: updated global analysis of three-flavor neutrino oscillations. In: Journal of High Energy Physics. Band 2024, Nr. 12, 30. Dezember 2024, ISSN 1029-8479, S. 216 (springer.com [abgerufen am 12. Februar 2025]).
- ↑ S. Navas et al. (Particle Data Group Collaboration): Review of Particle Physics. In: Phys. Rev. D. Band 110, 2024, S. 030001, S. 316–317, doi:10.1103/PhysRevD.110.030001.
- ↑ U. Seljak, A. Slosar, P. McDonald: Cosmological parameters from combining the Lyman-alpha forest with CMB, galaxy clustering and SN constraints. In: JCAP. 0610:014 (2006), online. Abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ M. Cirelli und A. Strumia: Cosmology of neutrinos and extra light particles after WMAP3. In: JCAP. 0612:013 (2006), online. Abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ Hirotaka Sugawara, Hiroyuki Hagura, Toshiya Sanami: Destruction of Nuclear Bombs Using Ultra-High Energy Neutrino Beam. (PDF; 285 kB). In: arxiv.org. Juni 2003, abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ Joseph A. Formaggio, G. P. Zeller: From eV to EeV: Neutrino Cross-Sections Across Energy Scales. (PDF; 2,8 MB). In: arxiv.org. 3. Juni 2013, abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ K. Hirata u. a.: Observation of a Neutrino Burst from the Supernova SN 1987a. In: Physical Review Letters. Band 58, 1987, S. 1490–1493. doi:10.1103/PhysRevLett.58.1490.
- ↑ R. M. Bionta u. a.: Observation of a Neutrino Burst in Coincidence with Supernova SN 1987a in the Large Magellanic Cloud. In: Physical Review Letters. Band 58, 1987, S. 1494. doi:10.1103/PhysRevLett.58.1494.
- ↑ M. Aglietta u. a.: On the Event Observed in the Mont Blanc Underground Neutrino Observatory during the Occurrence of Supernova 1987a. In: EPL – A letters journal exploring the frontiers of physics. Les-Ulis, Band 3, 1987, S. 1315–1320. doi:10.1209/0295-5075/3/12/011.
- ↑ E. N. Alexeyev u. a. in: Soviet physics. (Sov. JETP Lett.). New York, Band 45, 1987, S. 461.
- ↑ Kai Zuber: Neutrino Physics. Institute of Physics Publishing, Bristol/Philadelphia 2004, ISBN 0-7503-0750-1.
- ↑ How are heavy elements formed in neutron star collisions? In: kaw.wallenberg.org. Cornell University, abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Mega-Hertz Gravitational Waves from Neutron Star Mergers. In: arxiv.org. Knut and Alice Wallenberg Foundation, abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Die Goldgrube einer Neutronenstern-Kollision. In: mpg.de. Max-Planck-Gesellschaft, abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ The Kamioka Liquid-scintillator Anti-Neutrino Detector (KamLAND). ( vom 18. April 2022 im Internet Archive). In: KamLAND.Stanford.edu. Stanford University, abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ An International Experiment for Neutrino Science. In: dunescience.org. The Deep Underground Neutrino Experiment (DUNE), abgerufen am 12. Februar 2025 (englisch).
- ↑ Erstmals Neutrinos aus einem Teilchenbeschleuniger beobachtet. In: Nachrichten.idw-online.de. Informationsdienst Wissenschaft, 20. März 2023, abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ Ralf Krauter: Elementarteilchen entlarven Langfinger. In: Deutschlandfunk.de. 24. April 2006, abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ Researchers Send “Wireless” Message Using Elusive Particles. ( vom 27. September 2022 im Internet Archive). In: Rochester.edu. University of Rochester, 14. März 2012, abgerufen am 12. Februar 2025.