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„Schlacht um Verdun“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|befasst sich mit der Schlacht des Ersten Weltkrieges von 1916. Zu anderen Bedeutungen siehe [[Belagerung von Verdun]].}}
{{inuse}}{{Schlacht|BILD=Verdun and Vincinity - Map.jpg
{{Infobox Militärischer Konflikt
|BILDBESCHREIBUNG=Karte der Schlacht<br />Situation am 21. Februar 1916
|SCHLACHT_NAME=Schlacht um Verdun
|KONFLIKT = Schlacht um Verdun
|KONFLIKT=[[Erster Weltkrieg]]
|TEILVON = [[Erster Weltkrieg]]
|BILD = La reprise de Douaumont, le 24 octobre 1916.PNG
|DATUM=[[21. Februar]] - [[12. Dezember]] [[1916]]
|BILDBREITE =
|ORT=[[Festung]]sring von [[Verdun]],<br />[[Frankreich]]
|BESCHREIBUNG = Die Rückeroberung von Fort Douaumont am 24. Oktober
|ERGEBNIS=Ohne klares Ergebnis
|DATUM = [[21. Februar]]
|KONTRAHENT1=<div align="center">[[Bild:Entente small.png|30px]]<br />[[Entente]]</div>
|DATUMBIS = [[19. Dezember]] [[1916]]
|KOMMANDEUR1=[[Joseph Joffre]], <br> [[Henri Philippe Pétain]], <br> [[Robert Nivelle]]
|ORT = [[Verdun]],<br />[[Frankreich]]
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|KONTRAHENT2=<div align="center">[[Bild:Flag Germany 1871.png|30px]]<br />[[Deutsches Reich]]</div>
|AUSGANG = Französischer Sieg
|KOMMANDEUR2=[[Erich von Falkenhayn]]
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|BEFEHLSHABER1 = {{FRA-1871|#}} [[Joseph Joffre]]<br />{{FRA-1871|#}} [[Henri Philippe Pétain]]<br />{{FRA-1871|#}} [[Robert Nivelle]]
|BEFEHLSHABER2 = {{DEU-1871|#}} [[Erich von Falkenhayn]]<br />{{DEU-1871|#}} [[Wilhelm von Preußen (1882–1951)|Kronprinz Wilhelm]]<br />{{DEU-1871|#}} [[Konstantin Schmidt von Knobelsdorf|Schmidt von Knobelsdorf]]<br />{{DEU-1871|#}} [[Max von Gallwitz]]
|BEFEHLSHABER3 =
|TRUPPENSTÄRKE1 = insgesamt 75 Divisionen<br />400 Geschütze (zu Beginn der Schlacht, später ca. 1300)
|TRUPPENSTÄRKE2 = insgesamt 50 Divisionen<br />1225 Geschütze
|TRUPPENSTÄRKE3 =
|VERLUSTE1 = ca. 377.000–540.000
|VERLUSTE2 = ca. 337.000–434.000
|VERLUSTE3 =
|NOTIZEN =
}}
}}
[[Bild:1916_march_verdun.jpg|thumb|350px|right|Französische Soldaten im Sturmangriff auf deutsche Stellungen bei Verdun]]


Die '''Schlacht um Verdun''' fand an der [[Westfront (Erster Weltkrieg)|Westfront]] des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] zwischen [[Deutsches Kaiserreich|Deutschland]] und [[Dritte Französische Republik|Frankreich]] statt. Sie begann am 21. Februar 1916 und endete am 19. Dezember 1916. Die von der deutschen Seite beabsichtigte Eroberung der [[Fester Platz Verdun|Festung Verdun]] war damit gescheitert. Nach der [[Schlacht an der Marne (1914)|Marneschlacht]] und dem sich hinziehenden [[Stellungskrieg]] hatte die deutsche [[Oberste Heeresleitung]] erkannt, dass ihr die Möglichkeit zur [[Strategie (Militär)|strategischen]] Initiative allmählich zu entgleiten drohte. Sie entschied sich daher für einen Angriff auf Verdun, um den Krieg an der Westfront wieder [[Bewegungskrieg|in Bewegung]] zu bringen.<br />
Die '''Schlacht um Verdun''' begann am [[21. Februar]] [[1916]] mit einem Angriff [[Deutschland|deutscher]] Truppen auf die [[Frankreich|französischen]] Stellungen bei [[Verdun]] und endete am [[20. Dezember]] desselben Jahres, ohne dass es zu wesentlichen Verschiebungen des Frontverlaufs gekommen war. Über 200.000 Deutsche und Franzosen wurden in der Schlacht getötet, die neben der [[Schlacht an der Somme]] zu den verlustreichsten des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] zählt. Die monatelangen, erbitterten Kämpfe vor Verdun gelten bis heute als Symbol für die Sinnlosigkeit von [[Stellungskrieg]]en, werden aber auch als Mahnung für die Notwendigkeit der deutsch-französischen Aussöhnung betrachtet.
Unter anderem sollte durch den Angriff das auf französischem Boden kämpfende [[British Expeditionary Force|britische Expeditionskorps]] dazu gebracht werden, von seinen [[Triple Entente|Bündnisverpflichtungen]] abzufallen. Als Ziel der Offensive wählte man die Festung Verdun. Die Schlacht markiert einen Höhepunkt der großen [[Materialschlacht]]en des Ersten Weltkrieges. Obwohl die im Juli 1916 begonnene [[Schlacht an der Somme]] mit deutlich höheren Verlusten verbunden war, wurden die monatelangen Kämpfe vor Verdun in Deutschland und Frankreich zum Symbol für die tragische Ergebnislosigkeit des Stellungskriegs. Verdun gilt heute als Mahnmal gegen kriegerische Handlungen und dient der gemeinsamen Erinnerung und vor der Welt als Zeichen der [[Deutsch-französische Beziehungen|deutsch-französischen Aussöhnung]].


== Vorgeschichte ==
Der Generalstabschef des deutschen Heeres, [[Erich von Falkenhayn]], wollte mit einem Großangriff zum entscheidenden Schlag gegen das vermeintlich stark geschwächte Frankreich ausholen, wodurch u.a. das auf französischem Boden kämpfende [[Großbritannien|britische]] Expeditionskorps zu einem Abfall seiner Bündnisverpflichtungen gebracht werden sollten. Als Ziel der Offensive wurde das [[Lothringen|lothringische]] Verdun gewählt, eine an der [[Maas]] gelegene Stadt, die in der ersten Kriegszeit als eher untergeordnete [[Festung]] Frankreichs definiert wurde. Aufgrund ihrer langen Geschichte als Bollwerk gegen Eindringlinge aus dem Osten (seit Ende des römischen Reiches) war ihr Wert in Frankreich, vor allem in der französischen Bevölkerung, von großem symbolischen und von geringem strategischen Wert.
Mit der deutschen Niederlage an der Marne und dem anschließenden [[Wettlauf zum Meer]], der mit der [[erste Flandernschlacht|ersten Flandernschlacht]] endete, kam es zu einem Wendepunkt im Krieg. Da keine der Kriegsparteien in der Lage war, einen Durchbruch zu erzielen, entwickelte sich der Bewegungskrieg zum Stellungskrieg. Auf beiden Seiten wurde ein ausgedehntes Netz von Verteidigungsgräben errichtet, das sich von [[Flandern]] bis zur [[Schweiz]] erstreckte.<ref>Axelrod: ''The Battle of Verdun.'' Lyons Press, Guilford 2016, S. 59f.</ref>


== Zusammenfassung ==
== Auftakt ==
=== Operation Gericht ===
Nachdem der eigentliche Angriffstermin am 12. Februar wegen des eiskalten und nassen Wetters mehrfach verschoben wurde, begann am [[21. Februar]] 1916 der deutsche Angriff. Diese Verzögerung des Angriffs zwischen dem 12. und 21. Februar gab der französischen Aufklärung aber die Zeit, Joffre zu überzeugen, dass ein großangelegter Angriff in Vorbereitung war. Hastig zog er aufgrund der unwiderlegbaren Beweise der deutschen Konzentration an der Front frische Truppe zur Unterstützung der verteidigenden II. französischen Armee zusammen. Am bedrohten Ostufer zogen die Franzosen etwa 200.000 Verteidiger zusammen, die einer deutschen Übermacht von etwa 1.000.000 Soldaten der V. deutschen Armee gegenüberstanden.[[Bild:Generale.jpg|thumb|left|250px|Links:Falkenhayn, Mitte: Kronprinz Wilhelm, Rechts: Pétain]]
Kurz vor Weihnachten 1915 legte Erich von Falkenhayn dem [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Kaiser]] ein Memorandum vor, in dem er seine Pläne für einen Sieg über die [[Triple Entente|Entente]] umriss. In ihr wurden alle strategisch in Frage kommenden Optionen erörtert. Dabei kam er zu dem Schluss, dass Großbritannien als die treibende Kraft der Triple Entente aus dem Krieg gedrängt werden müsse. Aus diesen Überzeugungen heraus wurde ein weiteres Vorgehen sowohl gegen [[Italien]] als auch gegen [[Russland]] ausgeschlossen. Auch andere Kriegsschauplätze im [[Naher Osten|Nahen Osten]], in der [[Osmanisches Reich|Türkei]] oder in [[Griechenland]] schieden wegen ihrer geringen strategischen Bedeutung aus. Somit blieb Frankreich als einziger Ort für eine Offensive übrig.


Falkenhayn argumentierte dabei:
Zuerst machte der Angriff gute Fortschritte. Bereits am 25. Februar gelang die Einnahme des [[Fort Douaumont|Fort de Douaumont]] im Handstreich. Daraufhin wurde [[Henri Philippe Pétain]] zum neuen Oberbefehlshaber des Frontabschnittes befördert. Wie von deutscher Seite erwartet, unternahm er alle Anstrengungen, Verdun zu verteidigen. Das Dorf Douaumont konnte erst nach hartem Kampf am [[4. März]] erobert werden. Um dem flankierenden Feuer zu entgehen, wurde der Angriff jetzt auch auf das linke Ufer der Maas ausgeweitet. Die Höhe "Toter Mann" wechselte unter schlimmsten Verlusten mehrfach den Besitzer. Am rechten Ufer wurde das [[Fort de Vaux]] lange umkämpft und bis zum letzten Tropfen Wasser verteidigt. Am [[7. Juni]] kapitulierte das Fort.


{{Zitat
Infolge der Brussilow-Offensive mussten deutsche Truppen aus dem Kampfgebiet abgezogen werden. Trotzdem startete am [[22. Juni]] eine weitere Großoffensive. Das [[Zwischenwerk Thiaumont]] und das Dorf [[Fleury-devant-Douaumont|Fleury]] konnten eingenommen werden. Die von den Briten gestartete [[Schlacht an der Somme]] führte wie geplant dazu, dass weitere deutsche Truppen von Verdun abgezogen werden mussten. Trotzdem wurde am [[11. Juli]] eine letzte Offensive gestartet, die die deutschen Truppen bis auf das Dach von [[Fort de Souville]] führte. Von dort konnten sie das zerstörte Verdun erstmals sehen. Der Angriff brach dann durch den französischen Gegenangriff zusammen. Nach einer Zeit relativer Ruhe fiel am [[24. Oktober]] das Fort de Douaumont wieder zurück an Frankreich, das Fort Vaux musste am 2. November geräumt werden. Die französische Offensive ging noch weiter bis zum [[20. Dezember]], dann wurde auch sie abgebrochen.
|Text=Frankreich [ist] in seinen Leistungen bis nahe an die Grenze des noch Erträglichen gelangt – übrigens in bewundernswerter Aufopferung. Gelingt es, seinem Volk klar vor Augen zu führen, dass es militärisch nichts mehr zu hoffen hat, dann wird die Grenze überschritten, England sein bestes Schwert aus der Hand geschlagen werden.

|Autor=Erich von Falkenhayn
== Hintergrund ==
|ref=<ref>Afflerbach: ''Falkenhayn.'' Oldenbourg, München 1996, S. 358.</ref><ref group="A">In seinen nach dem Krieg erschienenen Memoiren behauptet Falkenhayn, er habe bereits 1915 von einer Strategie der Zermürbung gesprochen. Dies ist jedoch durch keinerlei Aufzeichnungen außer denen von Falkenhayn selbst belegt. Der ehemalige Leiter des Reicharchivs Wolfgang Förster suchte vergeblich nach einer Kopie dieses Dokuments und kam zu dem Schluss, dass es sich um eine Nachkriegsfälschung handelte, die Falkenhayn verwenden wollte, um das Scheitern des Verdun-Feldzugs zu rechtfertigen. vgl. Afflerbach: S. 364 f., S. 368f; Foerster: ''Falkenhayns Plan für 1916.'' In: ''Militär-Wissenschaftliche Rundschau.'' Jg. 1937, S. 304–330.</ref>
=== Militärische Lage ===
}}
Wenige Monate nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs erstarrte die Front im November [[1914]] in West[[belgien]] und Nord[[frankreich]]. Beide Kriegsparteien errichteten ein komplexes System aus [[Schützengraben|Schützengräben]], das von der [[Nordsee]]küste bis zur [[Schweiz]] reichte. Der massive Einsatz von [[Maschinengewehr]]en, schweren [[Geschütz]]en und ausgedehnten [[Stacheldraht]]hindernissen begünstigte eine defensive Kriegsführung, was zum verlustreichen Scheitern sämtlicher Offensiven führte, ohne dass die Angreifer dabei nennenswerte Geländegewinne erzielen konnten. Im Februar [[1915]] versuchte man auf [[Alliierte|alliierter]] Seite erstmals, die gegnerischen Stellungen durch stundenlanges Geschützfeuer zu zerstören, um danach einen Durchbruch erzielen zu können. Die Gegner wurden jedoch durch das Trommelfeuer vor einem bevorstehenden Angriff gewarnt, und stellten Reserven bereit. Zudem entstanden durch die explodierten Geschosse zahlreiche Granattrichter, welche den Vormarsch der angreifenden Soldaten erschwerten. Die alliierten Offensiven in der [[Champagne]] und im [[Artois]] mussten deshalb nach hohen Verlusten abgebrochen werden.
Falkenhayn hoffte, dass auf den Zusammenbruch des französischen Widerstands der Rückzug der britischen Streitkräfte folgen würde.

Als Angriffsziel zog er die [[Fester Platz Belfort|Befestigungen]] um Belfort und Verdun in Erwägung. Aufgrund der militärisch eher unbedeutenden Lage Belforts in der Nähe der deutsch-französischen Grenze gab Falkenhayn Verdun den Vorzug.<ref>von Falkenhayn: ''General Headquarters and Its Critical Decision. 1914–1916.'' Hutchinson, London 1919, S. 209–218.</ref>
=== Die deutsche Strategie - Operation ''Gericht'' ===
Nachdem die deutsche Offensive nach den [[Grenzschlachten#Erster Weltkrieg|Grenzschlachten]] im September 1914 bei [[Saint-Mihiel]] einen Frontkeil gebildet hatte, stellte dieser eine ständige Bedrohung für die französischen Verteidiger dar. Dadurch konnte die deutsche [[5. Armee (Deutsches Kaiserreich)|5.&nbsp;Armee]] unter [[Wilhelm von Preußen (1882–1951)|Wilhelm von Preußen]] von drei Seiten angreifen, während das französische [[Grand Quartier Général (1914–1919)|Oberkommando]] GQG gezwungen war, von anderen wichtigen Frontabschnitten Truppen abzuziehen und über den schmalen Korridor zwischen [[Bar-le-Duc]] und Verdun an den angegriffenen Abschnitt zu verlegen.<ref>Buckingham: ''Verdun 1916.'' Strout, Amberley 2016, S. 80, S. 85.</ref><br />

Der deutsche Plan sah vor, die Offensive zunächst mit einem Vorstoß der 5.&nbsp;Armee unter Kronprinz Wilhelm vom Ostufer der [[Maas]] zu beginnen. Ein gleichzeitiger Angriff auf ''beiden'' Seiten des Flusses wurde von Falkenhayn ausgeschlossen. Er begründete seine Entscheidung damit, dass die Truppen frontal gegen eine starke, gut ausgebaute Stellung hätten anrennen müssen. Wäre der Angriff dort gescheitert, hätte die Gefahr einer dauerhaften Entblößung der Flanke am Ostufer bestanden, da nicht genügend Truppen vorhanden wären, um den Versuch zu wiederholen. Um die Bedingungen auf der Westseite des Flusses zu verbessern, wurde beschlossen, den Angriff auf der Ostseite abzuwarten. Falkenhayn rechnete mit einem großen Anfangserfolg, worauf die Franzosen wahrscheinlich gezwungen wären, die nächstgelegenen Truppen auf dem Westufer einzusetzen, um ihn aufzuhalten. Die Regelung, die Angriffe zeitversetzt zu starten, hatte den Vorteil, dass die Truppen, die für die Operation westlich des Flusses vorgesehen waren, im Falle einer feindlichen Entlastungsoffensive an einem anderen Teil der Front zur Verfügung standen.<ref>von Falkenhayn: S. 228f.</ref>
Im Winter 1915 begann die [[Oberste Heeresleitung]] (OHL) unter [[Erich von Falkenhayn]] mit der Planung einer Offensive für das kommende Jahr. Es wurden alle strategisch möglichen und gewinnversprechenden Frontabschnitte diskutiert. Die OHL kam zu der Überzeugung, dass England aus dem Krieg getrieben werden musste, da es durch seine exponierte maritime Lage und durch seine industrielle Leistungsfähigkeit der Motor der Entente war. Auf Basis dieser Überlegungen wurde Italien als unwichtiges Angriffsziel verworfen. [[Bild:fALKENHAYN.jpg|thumb|right|250px|Chef der OHL Erich von Falkenhayn (3. v. l.) mit Stab]]Ebenso Russland: Obwohl deutsche und [[Österreich-Ungarn|österreichisch-ungarische]] Truppen im Kampf gegen [[Russland]] von Juli bis September 1915 größere Gebietsgewinne erzielt hatten, war Falkenhayn ebenso davon überzeugt, dass die deutschen Kräfte für einen entscheidenden Vorstoß aufgrund der gewaltigen Größe des russischen Zarenreiches nicht ausreichten. Selbst die Einnahme von St. Petersburg wäre nur symbolischer Natur und würde durch einen Rückzug der russischen Armee in den Raum keine Entscheidung bringen. Die Ukraine wäre aufgrund ihrer Landwirtschaft eine willkommene Frucht einer solchen Strategie, die jedoch nur mit einem eindeutigen Einverständnis Rumäniens gepflückt werden dürfte, denn man wollte den Kriegseintritt an der Seite der Entente verhindern. Weitere Schauplätze in Nahost oder Griechenland wurden als bedeutungslos bezeichnet. So blieb ein Angriff an der Westfront als einzig denkbare Alternative übrig: die Positionen der Briten in Flandern waren mittlerweile jedoch so stark ausgebaut, dass Falkenhayn eindeutig die französische Front als entscheidenden Kriegsschauplatz vorschlug.

Er argumentierte dabei: "''Frankreich [ist] in seinen Leistungen bis nahe an die Grenze des noch Erträglichen gelangt - übrigens in bewundernswerter Aufopferung. Gelingt es, seinem Volk klar vor Augen zu führen, dass es militärisch nichts mehr zu hoffen hat, dann wird die Grenze überschritten, England sein bestes Schwert aus der Hand geschlagen werden.''" Falkenhayn hoffte, dass auf den Zusammenbruch des französischen Widerstands der Rückzug der britischen Streitkräfte folgen würde.

[[Bild:Feldgott.jpg|thumb|left|250px|Französischer Feldgottesdienst vor einem Angriff]]Als Angriffsziel zog er die [[Festung]]sstädte [[Belfort]] und Verdun in Erwägung. Aufgrund der strategisch eher unbedeutenden Lage Belforts in der Nähe der deutsch-französischen Grenze und der möglichen Flankierung der Festung Metz entschied sich die Oberste Heeresleitung für die Festung Verdun.

Die strategische Lage von Verdun im Frontgürtel versprach auf den ersten Blick ein lohnendes Ziel: Nach den Grenzschlachten im September 1914 hatte die deutsche Offensive einen Keil in der Front bei St. Mihiel gebildet, der als ständige Bedrohung vor den französischen Verteidigern hing. Dadurch konnte die deutsche V. Armee unter Kronprinz Wilhelm von drei Seiten angreifen, während das französische Oberkommando (GQG - Grand Quartier Général) gezwungen war, von anderen, wesentlich wichtigeren Frontabschnitten, Truppen abzuziehen und über den schmalen Korridor zwischen Bar-le-Duc und Verdun an den angegriffenen Abschnitt zu verlegen. Andererseits vermittelt ein Blick auf die Geographie ein völlig anderes Bild: die französischen Befestigungsanlagen waren in die Hänge, Wälder und auf den Gipfeln der ''Côtes Lorraines'' eingegraben worden. Befestigte Unterstände, Laufgänge, abris, Infanteriewerke und nicht zuletzt die Forts waren für die angreifende Soldaten fast unmöglich zu nehmende Hindernisse, ganz zu schweigen von den Stacheldrähten, dem Gestrüpp und Unterholz und dem zu überwindenden Höhenunterschied von 100 Metern. Es musste mit großen Verlusten gerechnet werden.

Um diesen Bedingungen zu begegnen, sollte mit einem Geschützfeuer von zuvor nicht gekanntem Ausmaß der Angriff der deutschen Verbände vorbereitet werden. [[Bild:Deutscher_Soldat.jpg|thumb|rechts|Deutscher Infanterist vor Verdun]]Der strategische Plan erhielt den Namen "Chi 45" - nach dem damals gültigen Geheimschlüssel die Bezeichnung für "Gericht". Weihnachten 1915 erteilte Kaiser [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Wilhelm II.]] die Erlaubnis für die Durchführung der Offensive. Den eigentlichen Angriff sollte dabei die deutsche Fünfte Armee unter Kronprinz [[Wilhelm von Preußen]] am Ostufer der Maas durchführen.
Ein groß angelegter Angriff auf beiden Seiten des Flusses wurde von Falkenhayn ausgeschlossen. Dieser augenscheinlich widersinnige Entschluss, der die überlegene Stellung der Deutschen auf beiden Seiten des Flusses nicht berücksichtigte, wurde sowohl von Kronprinz Wilhelm als auch von Konstantin Schmidt von Knobelsdorf, Stabschef der V. Armee und eigentlicher Entscheidungsträger, scharf kritisiert. Trotzdem wurden keine Modifikationen an "Chi 45" vorgenommen.

=== Ausblutung - Ziele Falkenhayns ===

Welche Ziele Falkenhayn mit dem Angriff auf Verdun verfolgte, wurde von ihm niemals offen ausgesprochen. Die Einnahme der Stadt durch deutsche Truppen hätte zwar negative Auswirkungen auf die französische Kriegsmoral gehabt, doch hätte sich Verdun nicht als Ausgangspunkt für einen entscheidenden Angriff auf Frankreich nutzen lassen können. Die Entfernung zur französischen Hauptstadt [[Paris]] beträgt 262 Kilometer, die in einem derartigen [[Stellungskrieg]] nahezu unüberwindbar gewesen wären.

[[Bild:Feldkuch.jpg|thumb|left|250px|Französische Feldküche]]In seinen nach dem Krieg (1919) erschienen Memoiren behauptet Falkenhayn, er hätte bereits im Jahre 1915 von einer Strategie der Zermürbung gesprochen, einer Taktik des "''Herausreissens und Haltens''". Zur Bestätigung dieser Aussage wird dabei häufig die Tatsache genannt, dass Falkenhayn keinen konzertierten Angriff auf beiden Flussufern der Maas gestartet hatte, der wahrscheinlich die schnelle Einnahme von Verdun bedeutet hätte. Eine vielfach vorgenommene Interpretation dieser Entscheidung war, dass die OHL dadurch einen direkten Erfolg vermeiden wollte, um so die französischen Truppen vor Verdun zur Verteidigung zu konzentrieren. Insofern hätte Falkenhayn also tatsächlich nicht die Einnahme Verduns, sondern die Verwicklung der französischen Armee in eine langwierige [[Abnutzungsschlacht]] beabsichtigt, die schließlich zur völligen materiellen und personellen Erschöpfung Frankreichs führen sollte. Dieser Plan ist jedoch durch keine Aufzeichnungen als die von Falkenhayn selbst und viel später geschriebenen zu beweisen und wird heute skeptisch betrachtet.

Wahrscheinlicher und gängige Lesart ist, dass Falkenhayn, als Chef des Heeres ein eher zögernder Stratege, diese Strategie nicht von Anfang verfolgt hat, sondern dass er sie erst im Laufe der Schlacht vom reinen Mittel zum Ziel erklärt hat. Und dies vor allem als Rechtfertigung vor dem Hintergrund der erfolglosen Vorstöße und der hohen eigenen Verluste. Für diese Auslegung sprechen eindeutig die Befehle an die kämpfende Truppe, die auf Geländegewinn ausgelegt sind: Falkenhayn befahl eine Offensive "''im Raum der Meuse in Richtung Verdun''",der Kronprinz erklärte, "''die Festung Verdun schnell zu Fall zu bringen''" und von Knobelsdorf hatten den beiden Angriffskorps die Aufgabe gestellt, "''soweit wie möglich vorzurücken''". Die angreifende V. Armee setzte diese Befehle ohne taktisches, der Ausblutungsstrategie folgendes Abwarten und ohne ausschließlich auf hohe fremde Verluste gezieltes Angreifen in die Tat um. Es ist nur ein einziges deutliches deutsches Ziel bei dem folgenden Angriff zu erkennen: Verdun.


=== Die Festung Verdun ===
=== Die Festung Verdun ===
{{Hauptartikel|Fester Platz Verdun}}
[[Bild:Ring_forti.gif|thumb|350px|left|Befestigungsring um Verdun]]
Obwohl bereits zu [[Gallien|römischen Zeiten]] befestigt, gehen die Verteidigungsanlagen von Verdun auf die Zeit nach dem [[Deutsch-Französischer Krieg|Deutsch-Französischen Krieg]] von 1870/71 zurück. Der französische [[Festung]]sbauer [[Raymond Adolphe Séré de Rivières]] ließ ab 1874 einen Ring aus 40 [[Fort]]s und 20 Werken um die Stadt errichten. Die vordere französische Verteidigungslinie zog sich von [[Brabant-sur-Meuse|Brabant]] durch den Südwestzipfel des Waldes von [[Consenvoye]], durch den Caures-Wald, den Haumont-Wald, den Wald von Ville und Herbebois. Die zweite Stellung, etwa 3 Kilometer hinter der ersten, verlief von [[Samogneux]] über Höhe 344 durch den Chaumeswald, sowie östlich des Caurrièreswalds nach Süden bis zum Dorf [[Bezonvaux]]. Die dritte Stellung verlief über den Côte de Talou, Côte du Poivre, das Dorf Louvemont sowie über die Höhe 378. Die Hauptverteidigungstellung mit dem [[Fort Douaumont]] befand sich 2 Kilometer von der Höhe 378 entfernt. Hinter der Hauptlinie folgte die innere Befestigung, zu denen die Forts Belleville, St. Michel, Souville und Tavannes gehörten.<br />
Vom französischen Standpunkt aus war die Verteidigung Verduns eine patriotische Pflicht, die der modernen militärischen Sichtweise jedoch völlig widerspricht: Ein strategischer Rückzug auf die bewaldeten Höhenrücken westlich von Verdun hätte eine wesentlich einfachere Verteidigungsposition geschaffen, die Ausbuchtung gelöscht und Truppen freigesetzt. Die von Joffre vehement vertretene französische Militärdoktrin von 1910 erlaubte aber lediglich die Offensive ''à l'outrance'', Vormarsch bis zum Rhein. Eine defensive Taktik oder Strategie wurde niemals ernsthaft in Betracht gezogen, mehr noch wurden die Bedenken von einigen Offizieren, unter ihnen General Pétain und Colonel Driant, gegen diese Doktrin als defätistisch abgelehnt. Letzterer hatte als Kommandeur des wichtigen Abschnitts im Caures-Wald und Befehlshaber des 56. und 59. Batallions der ''chasseurs à pied'' mehrfach vergeblich versucht, das GQG zu einer deutlichen Verbesserung des französischen Grabensystems zu bewegen. Auf eigene Faust ließ Driant seine Elitetruppen ihre Stellung gegen der erwarteten Angriff befestigen, trotzdem fiel er im ersten Angriff am 22. Februar. Komplementär zu einer sinnvollen Verteidigung verließ sich das GQG und Joffre auf das System der französischen Verteidigung durch Angriff, deren Rückgrat die Stoßkraft des ''poilu'' (der Bärtige) war, des einfachen Soldaten, der durch sein ''cran'', seine Kampfkraft, den entscheidenden Vorteil bringen sollte.
Anfang 1915 wurden die Verteidigungsanlagen von Verdun durch die deutsche Haubitze [[Dicke Bertha|Dicke Berta]] getestet. Das Ergebnis: Die Befestigungen hielten direkten Treffern stand. Die Truppen im Inneren waren zwar psychisch und physisch erschüttert, aber dennoch kampfbereit. Marschall Joffre, immer noch unter dem Eindruck der Niederlage von [[Schlacht an der Sambre (1914)|Namur]] und [[Eroberung von Lüttich (1914)|Lüttich]], überredete die Regierung in Paris jedoch zu einer Neubewertung von Verdun. In dem Bericht, der dem [[Staatspräsident (Frankreich)|Präsidenten]] zur Genehmigung vorgelegt wurde, wurde zwar festgestellt, dass die Befestigungen durchaus einigen Wert besaßen, dennoch wurde entschieden die Verteidigungsanlagen nach und nach abzubauen. Das GQG unter Joffre erklärte Verdun am 5.&nbsp;August 1915 offiziell zum Zentrum der ''{{lang|fr|Région fortifiée de Verdun – RFV}}'' („Befestigte Region von Verdun“). Die Entscheidung kam für viele Offiziere überraschend und die Unzufriedenheit über den Zustand der Festungsanlagen von Verdun wuchs stetig an. Als General Pétain im Februar 1916 das Kommando über Verdun erhielt, erklärte er: ''Die Erfahrung der letzten Kämpfe hat die Widerstandsfähigkeit der Festungen bewiesen ... die Festungen können und sollten daher überall dort eingesetzt werden, wo sie vorhanden sind.'' Schließlich machte er sich daran, die Verteidigungsanlagen wieder aufzurüsten.<ref>Mallory: ''The Architecture of War.'' Pantheon, New York 1973, S. 17, S. 27ff.</ref><ref name="GoldReymann." />

[[Bild:poilu.jpg|thumb|right|Französischer Infanterist, genannt ''Poilu'', der "Bärtige"]]Nach dem [[Deutsch-Französischer Krieg|Deutsch-Französischen Krieg]] von [[1870]]/[[1871|71]] ging man in Frankreich trotz der Überzeugung, einen Sieg nur durch einen Infanterievormarsch zu erringen, dazu über, die Grenze zum Deutschen Reich durch die Errichtung zeitgemäßer Befestigungsanlagen zu sichern. Zu diesem Zweck wurden mehrere ostfranzösische Städte mit einem Ring aus [[Fort]]s umgeben, darunter auch das an der Maas gelegene Verdun. Verdun galt vor allem als Ersatz für das verloren gegangene [[Metz]], dessen alte Befestigungen durch das Kaiserreich stark ausgebaut wurde. Die Gegend um Metz sollte nach Vorstellungen der Obersten Heeresleitung ein [[Glacis]] bilden, auf dem Frankreich sich im zu erwartenden Revanchekrieg verbluten sollte. Verdun verfügte bei Kriegsbeginn über 40 Befestigungen, darunter 16 Forts und Zwischenwerke, die mit Maschinengewehren, gepanzerten Beobachtungs-, Geschütztürmen und [[Kasematte]]n bestückt waren.

Bereits vom 22. bis 25. September 1914 war es vor Verdun zu Kämpfen gekommen, welche den deutschen Vormarsch im Maas-Gebiet beendet hatten. Unter dem Eindruck der enormen Zerstörungskraft der deutschen Belagerungsgeschütze vor Namur und Lüttich, sah man die Bedeutung von starken Festungsanlagen bei einem starken Angriff mit Belagerungsgeschützen unter einem anderen Sichtwinkel. Dies und der Umstand, dass sich die Kriegsparteien in der Folgezeit der Grenzschlachten auf andere Frontabschnitte konzentrierten, führte zu einer Neudefinition der Bedeutung von Verdun als von geringerer Wichtigkeit: das GQG unter [[Joseph Joffre]] erklärte Verdun zu einem ruhigen Abschnitt. Am [[5. August]] 1915 wurde die Festung Verdun sogar offiziell zum Zentrum der ''Région Fortifiée de Verdun - RFV'' ("Befestigte Region von Verdun") herabgestuft. In den darauf folgenden Monaten wurden konsequenterweise 43 schwere und 11 leichte Geschützbatterien aus dem Festungsring abgezogen und die meisten Maschinengewehre der Forts an Feldeinheiten übergeben. Es waren jetzt nur noch drei Divisionen des XX. Korps stationiert: die 72. Reservedivision aus der Region Verdun, die 51. Reservedivision aus Lille und die 14. reguläre Division aus Besançon. Die 37. Division aus Algerien lag in Reserve.

== Verlauf der Schlacht ==


=== Vorbereitung der deutschen Offensive ===
=== Vorbereitung der deutschen Offensive ===
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-R34652, Erich von Falkenhayn.jpg|mini|Erich von Falkenhayn (1913)]]
In Vorbereitung auf die folgende Operation wurden von deutschen Militäringenieuren mehrere neue Bahnlinien und Bahnhöfe gebaut. Dutzende kleiner Dörfer in diesem Sektor wurden evakuiert, wobei Gebäude entweder in Beschlag genommen oder abgerissen wurden, um Quartiere und andere Einrichtungen für mehr als 140.000 Soldaten herzurichten. Auf einer Länge von über 13 km wurden 1.220 Geschütze zusammengezogen, die mit einem Vorrat von 2,5 Mio. Granaten ausgestattet waren.<ref>Axelrod: S. 108–111.</ref> Die Luftstreitkräfte bestanden aus den [[Kampfgeschwader der Obersten Heeresleitung|Kampfgeschwadern der Obersten Heeresleitung]] (Kagohl) I. und II., die jeweils mit zwei zusätzlichen Kampfstaffeln (Kastas) und zehn Feldflieger Abteilungen verstärkt wurden.<ref>Chant: ''The illustrated history of the air forces of World War I & World War II.'' Galley Press, Leicester 1979, S. 20.</ref>


Am Ostufer der Maas sollten am ersten Angriffstag sechs Divisionen den ersten Angriff tragen:
Bereits Ende 1915 begannen die Vorbereitungen für den deutschen Angriff. Auf engstem Raum wurden 1.220 Geschütze zusammengezogen, während 1.300 Munitionszüge zweieinhalb Millionen Artilleriegeschosse an die Front transportierten. Um die französischen Gegner nicht auf den Plan aufmerksam zu machen, musste das Einschiessen der Geschütze nach und nach erfolgen, was zu einer sehr langen Vorbereitungszeit führte. [[Bild:Dicke_Bertha.jpg|thumb|left|200px|Deutsche Geschütz vom Typ "Dicke Bertha"]]Nächtelang hob man auf deutscher Seite Angriffsstellungen aus, die man vor Fliegereinsicht tarnte. Zur Bekämpfung der französischen Infanterie stellte das deutsche Heer zahlreiche Geschütze der [[Kaliber]] 7,7 cm und 13 cm bereit, während gegen die französischen Nachschublinien 15 cm-Geschütze mit großer Reichweite eingesetzt werden sollten. Hinzu kamen 21 cm-Geschütze, die aufgrund ihrer hohen Feuerrate und Beweglichkeit besonders schlagkräftig waren. Daneben bot das deutsche Heer 17 [[Škoda]]-[[Mörser (Geschütz)|Mörser]] vom Kaliber 30,5 cm auf. Die schwersten deutschen Geschütze, die in das Angriffsgebiet transportiert wurden, waren zwei 38 cm-[[Schiffsgeschütz]]e ([[Langer Max]]) und 13 Mörser mit einem Kaliber von 42 cm, auch als "[[Dicke Bertha]]" bekannt. Auch die Mannschaftsstärke der V. Armee wurde um 10 zusätzliche Divisionen, darunter sechs reguläre, ebenfalls kräftig erhöht. Insgesamt sollten zwölf Regimenter den ersten Angriff tragen: das VII. Reservekorps (aus Westfalen und Rheinland) im Norden, das XVIII. reguläre Korps (aus Hessen) in der Mitte und das III. reguläre Korps (aus Brandenburg) im Süden.


* Das [[VII. Reserve-Korps (Deutsches Kaiserreich)|VII.&nbsp;Reserve-Korps]] unter General der Infanterie [[Johann von Zwehl|Hans von Zwehl]] mit der [[13. Reserve-Division (Deutsches Kaiserreich)|13.]] und [[14. Reserve-Division (Deutsches Kaiserreich)|14. Reserve-Division]] zwischen Consenvoye bis Flabas.
Trotz mehrfacher Warnung durch den Geheimdienst wurde sich die militärische Führung auf französischer Seite erst am [[10. Februar]] bewusst, dass ein Angriff auf Verdun unmittelbar bevorstand. Dieser war für den [[12. Februar]] geplant, doch musste er aufgrund von Hagelschauern verschoben werden. Joffre befahl, Verstärkungen nach Verdun zu verlegen, währenddessen begann die [[Garnison]] von Verdun auf Befehl des Gouverneurs der Stadt, General Herr, mit der notdürftigen Errichtung von [[Feldbefestigung]]en. Zwar existierte vor den Forts von Verdun ein simples System aus Schützengräben, doch war dieses nicht auf die Abwehr eines groß angelegten Angriffs ausgerichtet. Als am [[20. Februar]] das Wetter aufklarte, setzte der deutsche Generalstab den Angriffsbeginn auf den darauf folgenden Morgen fest.
* Das [[XVIII. Armee-Korps (Deutsches Kaiserreich)|XVIII.&nbsp;Armee-Korps]] unter General der Infanterie [[Dedo von Schenck (General)|Dedo von Schenck]] mit der [[21. Division (Deutsches Kaiserreich)|21.]] und [[Großherzoglich Hessische (25.) Division|25. Division]] in der Mitte.
* Das [[III. Armee-Korps (Deutsches Kaiserreich)|III.&nbsp;Armee-Korps]] unter General der Infanterie [[Ewald von Lochow]] mit der [[5. Division (Deutsches Kaiserreich)|5.]] und [[6. Division (Deutsches Kaiserreich)|6. Division]] zwischen Ville und Gremilly.
=== Die ersten vier Tage ===
Am linken Flügel auf der Woevre-Ebene im Osten sollten sich
[[Bild:Verdun_and_Vincinity_-_Map.jpg|thumb|Schlacht bei Verdun 1916]]
* das [[V. Reserve-Korps (Deutsches Kaiserreich)|V. Reserve-Korps]] unter General der Infanterie [[Erich von Gündell]] mit der [[9. Reserve-Division (Deutsches Kaiserreich)|9.]] und [[10. Reserve-Division (Deutsches Kaiserreich)|10. Reserve-Division]]
Am Morgen des [[21. Februar]] [[1916]] feuerte um 8.12 Uhr deutscher Zeit (7.12 Uhr nach französischer Zeit) ein im Wald von Warphemont stehendes deutsches 38 cm-Schiffsgeschütz eine Granate auf das 13 Kilometer entfernte Verdun ab. Die Granate sollte eine Brücke über die Maas zerstören, verfehlte jedoch ihr Ziel und explodierte entweder neben der Kathedrale der Stadt oder in der Nähe des Klosters. Danach eröffneten die 1.220 deutschen Geschütze aller Kaliber das Feuer auf die französischen Stellungen und auf das Hinterland. Es tat sich die Hölle auf: Feldgeschütze befeuerten die ersten französischen Linien, die schweren Geschütze zielten auf die zweite und dritte Verteidigungsanlage, und die schwersten Kaliber nahmen die Versorgungslinien der Franzosen unter Feuer. [[Bild:Granateblager_Verdun.jpg|thumb|left|Granatenlager]]Durch die nahe gelegenen Versorgungslinien der Frontbahn mit ausreichend Munition versorgt, war auf dem gesamten Frontabschnitt eine Geschossmenge von etwa 100.000 Stück pro Stunde möglich. Um 13.30 Uhr wurde das Geschützfeuer durch 150 [[Minenwerfer]] intensiviert, die auf französischer Seite besonders schwere Verwüstungen anrichteten. Der Höhepunkt des Infernos war um 16:00 Uhr erreicht: die deutsche Artillerie ging zu Trommelfeuer auf die französischen Linien über.
* das [[XV. Armee-Korps (Deutsches Kaiserreich)|XV. Armee-Korps]] unter General der Infanterie [[Berthold von Deimling]] mit der [[30. Division (Deutsches Kaiserreich)|30.]] und [[39. Division (Deutsches Kaiserreich)|39. Division]] an den folgenden Tagen dem Angriff anschließen.
Am Westufer der Maas sollte
* das [[VI. Reserve-Korps (Deutsches Kaiserreich)|VI. Reserve-Korps]] unter General der Infanterie [[Konrad Ernst von Goßler]] mit der [[11. Reserve-Division (Deutsches Kaiserreich)|11.]] und [[12. Reserve-Division (Deutsches Kaiserreich)|12. Reserve-Division]] vorerst den Hauptangriff nur durch ihre Artillerie unterstützen.<ref name="GoldReymann." />


=== Französische Reaktion ===
Währenddessen standen sechs deutsche Infanteriedivisionen zum Angriff bereit. Zunächst wurden kleine Trupps vorgeschickt, die das zerschossene Terrain nach den besten, und nicht mehr widerstandsfähigen Angriffslücken für die angreifenden Spezialkräfte überprüfen sollten. Als spezieller Truppenteil waren diese ''Sturmtruppen'' darauf trainiert gleichzeitig zu laufen und zu feuern, eine Technik, die von Hauptmann Willy Rohr 1915 entwickelt und von Falkenhayn zur allgemeinen Einführung befohlen wurde. Die Sturmtruppen hatten das Bajonett aufgepflanzt und waren ausgerüstet mit Patronengurt (250 Schuss), Handgranaten und [[Gasmaske]]n, einige trugen Flammenwerfer. [[Bild:Flammenwerfer_verdun.jpg|thumb|300px|Deutsche Sturmtruppen beim Angriff mit Flammenwerfern]]Die Spitzen der Pickelhauben waren abmontiert worden, um nicht im Stacheldraht hängen zu bleiben; einige wenige Soldaten trugen bereits einen M1916-[[Stahlhelm]], der hier zum ersten Mal im Gefecht eingesetzt wurde.
Trotz massivster Einwände von General Frédéric Herr, dem Befehlshaber von Verdun, tat Joffre die Bedenken als unbegründet ab.<ref group="A">Die Gründe waren stets: Verdun wird nicht angegriffen, die Deutschen wissen nicht, dass Verdun unbewaffnet ist. vgl. Horne: ''The Price of Glory.'' Penguin, London 1993, S. 51.</ref> Erst als im Januar eine Nachricht von Kronprinz Wilhelm an seine Truppen entdeckt wurde, in der es um ''die Einnahme von Verdun bis Februar ging'', wurde Joffre hellhörig. Das schlechte Wetter verhinderte nicht nur eine sorgfältige deutsche Luftaufklärung, sondern verschaffte den Franzosen Zeit, sich auf einen Angriff vorzubereiten. Als am 17. Januar das Wetter aufklarte, entdeckte die französische Luftaufklärung keine neuen Annäherungsgräben. Das Fehlen dieser Gräben deutete darauf hin, dass kein Angriff bevorstand. Doch statt sichtbarer Gräben hatten die Deutschen unterirdische Stollen angelegt, um sich vor der feindlichen Luftaufklärung zu verstecken. Dennoch ließen sich nicht alle Anzeichen für eine bevorstehende Schlacht verbergen. Berichte des [[Deuxième Bureau]] zeigten, dass die Deutschen begannen, ihre Geschütze [[Einschießen (Kalibrierung)|einzuschießen]]. Deserteure erzählten von der Streichung sämtlichen [[Fronturlaub]]s und äußerten Bedenken, dass „etwas Schreckliches“ bevorstehe. Trotz dieser Alarmzeichen schien Paris kaum besorgt zu sein. Während Joffre [[Douglas Haig, 1. Earl Haig|Douglas Haig]] versicherte, dass die Deutschen einen Angriff im Osten planten, bestand das GQG darauf, dass, wenn es eine Offensive gäbe, diese im [[Artois]] oder in der [[Champagne]] stattfinden würde. Am 24. Januar schickt Joffre, wahrscheinlich aufgrund der Intervention des französischen Kriegsministers [[Joseph Gallieni]], seinen [[Generalstabschef]] General [[Noël de Castelnau|Edouard de Castelnau]] nach Verdun. Dort angekommen, befahl er Herr, die Befestigungsanlagen am Ostufer der Maas zu verstärken und einen Zwischengraben zwischen der ersten und zweiten Linie auszuheben. Am 12. Februar schickte Joffre ihm schließlich das VII. und XXX. Korps sowie die 51. und 72. Infanterie-Reservedivision.<ref>Axelrod: S. 115, S. 120ff.</ref><ref>Buckingham: S. 108f.</ref>


Herr ließ drei Gruppen bilden, die jeweils einen Sektor verteidigen sollten.
Die erste Angriffswelle um 17:00 bestand also aus Aufklärern, Sturmtruppen, aber auch Artilleriebeobachtern und [[Pionier (Militär)|Pionieren]]. Hinter ihnen rückte die breite Masse der restlichen Infanterie vor, die mit Schanzzeug und Arbeitswerkzeugen zum Ausbau der eroberten Stllungen ausgerüstet waren. Die deutschen Truppen hatten ausdrücklichen Befehl, zunächst das Gebiet nur zu erkunden, die vordersten französischen Gräben einzunehmen und sie gegen etwaige Gegenangriffe auszubauen.


* Auf dem linken Ufer der Maas befand sich das VII. Armee-Korps unter Generalmajor Georges de Bazelaire, bestehend aus der 29. Infanterie-Division und der 67. Reserve-Division.
Das VII. Reservekorps unter General von Zwehl stieß unter Missachtung dieser Weisungen zum ''Bois d'Haumont'' vor, den es nach fünfstündigem Kampf einnehmen konnte. Als General Schmidt von Knobelsdorf über die deutschen Anfangserfolge informiert wurde, ordnete er an: ''"Gut, denn man alles heute nehmen!" (Im Sinne von: Dann erobert das restliche Gelände heute auch noch)''.[[Bild:ChasseurAPied.jpg|thumb|left|250px|Elitesoldaten der ''Chasseurs à Pied'' im ''Bois de Caures'']]Sehr schwer hatte es das XVIII. Armeekorps, das den Caureswald angreifen sollte und dort auf die Jägerbatallione unter Oberst Driant stiess, von denen viele dank der ausgebauten Stellungen das Trommelfeuer überlebt hatten und nun als Eliteeinheiten ihren Abschnitt bis zum Letzten verteidigten (von 600 Mann Sollstärke waren am Abend noch 160 einsatzfähig). Das III. Armeekorps lag vor den französischen Stellungen im Herbebois fest.


* Im Norden lag das XXX. Armee-Korps unter Generalmajor Paul Chrétien, bestehend aus der 14. Infanterie-Division sowie der 51. und 72. Reserve-Division.
Als Resultat des ersten Tages musste festgestellt werden, dass trotz des massiven Artilleriebeschusses der französische Widerstand viel zäher war, als man es auf deutscher Seite erwartet hatte. Am ersten Tag der Schlacht wurden etwa 600 deutsche Soldaten getötet oder verwundet. Hätte Wilhelm einen direkten, massiven Infanterieangriff am frühen Vormittag befohlen, so die gängige Meinung der Historiker, wären die verwüsteten Stellungen der Franzosen genommen worden und die Festung Verdun gefallen. So aber ging der völlig sinnlose Kampf noch Monate weiter.


* Im Osten befand sich das II. Armee-Korps unter Generalmajor [[Denis Auguste Duchêne]], bestehend aus der 3., 4. und 132. Infanterie-Division.
Am [[22. Februar]] setzte das deutsche Heer seine Angriffe unbeirrt fort. Die französischen Soldaten verteidigten sich in versprengten Widerstandsnestern, konnten den deutschen Vormarsch aber nicht aufhalten. Zu besonders heftigen Kämpfen kam es im ''Bois des Caures'' mit den noch lebenden Verteidigern der ''chasseurs à pied''. Dem 159. Infanterie-Regiment aus Mühlheim gelang die Einnahme des Dorfes Haumont. Weiter wurde der Bois de Champneuville und der Bois de Brabant genommen


* Als Reserve standen die 16., 37. und 48. Infanterie-Division zur Verfügung.<ref name="GoldReymann." />
[[Bild:Angriff_Caureswald.jpg|thumb|right|300px|''Bois des Caures'' nach der deutschen Erstürmung]] Am [[23. Februar]] folgten heftige Gefechte um die Dörfer Brabant, Herbebois und Wavrille. Vor allem beim Kampf um Samogneux kam es zu einem tragischen Ereignis. Deutsche Truppen hatten Samogneux eingenommen, waren jedoch kurz darauf durch einen französischen Gegenangriff wieder zurückgeschlagen worden. Die französischen Artilleristen nahmen das Dorf unter Feuer, weil sie davon ausgingen, dass es sich noch in deutschen Händen befände. Dabei richteten sie schwere Verluste unter ihren Kameraden an und ebneten den Deutschen den Weg für einen weiteren Angriff, der ihnen endgültig die Kontrolle über Samogneux einbrachte. Es wurden keine größeren Erfolge gemeldet.


== Die Schlacht ==
=== Februar ===
[[Datei:Battle of Verdun map.png|mini|Verdun mit den umliegenden Forts]]
Am Morgen des 21. Februar 1916 eröffneten die 1.220 deutschen Geschütze gleichzeitig das Feuer auf die französischen Stellungen und auf das Hinterland. Der Höhepunkt des Beschusses war um 16&nbsp;Uhr erreicht. Währenddessen standen sechs deutsche Infanteriedivisionen zum Angriff bereit. Die erste Angriffswelle begann um 17&nbsp;Uhr. Die deutschen Truppen hatten ausdrückliche Befehle, zunächst das Gebiet nur zu erkunden, die vordersten französischen Gräben einzunehmen und sie gegen etwaige Gegenangriffe auszubauen. Die deutschen Flieger beherrschten den Luftraum, klärten französische Bereitstellungen auf und bombardierten Batteriestellungen, Flugplätze sowie Versorgungseinrichtungen. Das VII.&nbsp;Reservekorps unter General Johann von Zwehl stieß unter Missachtung dieser Weisungen zum ''{{lang|fr|Bois d'Haumont}}'' vor, den es nach fünfstündigem Kampf einnehmen konnte. Als General Schmidt von Knobelsdorf über die deutschen Anfangserfolge informiert wurde, ordnete er an: ''Gut, denn mal alles heute nehmen!''. Das XVIII.&nbsp;Armeekorps traf im [[Gefecht im Wald von Caures|Wald von Caures]] auf das 56. und 59.&nbsp;Jäger-Reserve-Bataillon unter Oberstleutnant [[Émile Driant]]. Trotz hoher Verluste durch das vorausgehende Sperrfeuer gelang es den Franzosen, den deutschen Vorstoß aufzuhalten.<br />
Am 22.&nbsp;Februar setzte das deutsche Heer seine Angriffe unbeirrt fort. Die französischen Soldaten verteidigten sich in versprengten Widerstandsnestern, konnten den deutschen Vormarsch jedoch nicht aufhalten. Die beiden Jägerbataillone im Wald von Caures wurden nach Samogneux, Beaumont-en-Auge und Ornes zurückgedrängt. Gleichzeitig gelang die Einnahme von [[Haumont-près-Samogneux]]. Am 23.&nbsp;Februar folgten heftige Gefechte um die Dörfer Brabant und Wavrille sowie den Herbebois. Am 24.&nbsp;Februar wurde [[Beaumont-en-Verdunois]] eingenommen, wobei französische MG-Stellungen zahlreiche Angreifer töteten oder verwundeten. Weiterhin wurden die Dörfer Brabant, der Herbebois, die Höhe 344, das Vaux-Kreuz und die Wälder Caures, Chaume und Wavrille erobert. Aufgrund der massiven deutschen Geländegewinne, insbesondere des dritten Korps, befürchtete General Fernand de Cary, dass die Truppen, die den nordöstlichen Sektor über der Woëvre-Ebene verteidigten, zusammenbrechen könnten. Mit der Woëvre-Ebene in deutscher Hand drohte die französische Stellung am Ostufer der Maas in Gefahr zu geraten. Daher ordnete de Cary um 19&nbsp;Uhr einen Rückzug auf die Maashöhen an. Der gleichzeitige Vorschlag von General Herr, die rechte Seite der Maas zu räumen, wurde von General Joffre abgelehnt. Stattdessen entsandte er die 2.&nbsp;Armee unter General Pétain sowie seinen Stabschef de Castelnau nach Verdun.<br />
Am 25.&nbsp;Februar erreichten deutsche Einheiten das Dorf [[Louvemont-Côte-du-Poivre]] und wurden von mehreren MG-Nestern gestoppt. Nach schwerem zweistündigen Kampf konnte es erobert werden. Weiterhin richteten sich die deutschen Angriffe gegen das Dorf [[Bezonvaux]]. Die Franzosen leisteten erbitterten Widerstand, doch konnten die Deutschen das Dorf bis zum Einbruch der Nacht unter ihre Kontrolle bringen. Am selben Tag gelang deutschen Soldaten in einem [[Handstreich]] die Einnahme des [[Fort Douaumont|Forts Douaumont]]. Das [[Infanterie-Regiment „Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin“ (4. Brandenburgisches) Nr. 24|4. brandenburgische Infanterie-Regiment]] erhielt am 25.&nbsp;Februar den Befehl, sich etwa einen Kilometer vor Fort Douaumont zu verschanzen, um das Vorgehen des [[Grenadier-Regiment „Prinz Carl von Preußen“ (2. Brandenburgisches) Nr. 12|2. Brandenburgischen Grenadier-Regiments]] gegen das Dorf Douaumont zu unterstützen. Die Soldaten des Regiments arbeiteten sich jedoch eigenmächtig bis an das Fort heran und warfen die außen verteidigende französische 37.&nbsp;Division zurück. Umzingelt ergaben sich die Franzosen ohne Kampf.<ref name="GoldReymann." /><ref>Buckingham: S. 114–117, S. 128f., S. 132.</ref>


==== Festigung der französischen Front durch General Pétain ====
Am [[24. Februar]] nahm das XVIII. Infanterie-Korps Beaumont ein, wobei französische MG-Stellungen zahlreiche Angreifer töteten oder verwundeten. Weiterhin wurden die Dörfer Samogneux, Brabant, Wavrille und Herbebois, die Höhe 344, das Vaux-Kreuz und die Wälder Caures, Chaume und Wavrille genommen. [[Bild:Besonvaux.jpg|thumb|left|200px|Einnahme von Bezonvaux durch die Deutschen]]Die beiden französischen Divisionen, die den Frontbogen vom Wald Herbebois bis zur Maas halten mussten (51. und 72.) hatten am Abend des 24. Februar eine Verlustrate von etwa 60 %, was in Verbindung mit der fehlenden Artillerieunterstützung zu einer gefährlichen Schwächung der Moral beitrug. Die Geländegewinne der Deutschen waren an diesem Tag die größten seit Beginn der Offensive, deshalb zog General Herr die Räumung des rechten Maas-Ufers in Erwägung, doch befahl General Joffre unter Androhung standrechtlicher Hinrichtungen, dass jede Stellung zu halten sei. Als Verstärkungen wurden jetzt die 37. algerische Division aus ihrer Reservestellung und drei reguläre Infanteriedivisionen an die Front verlegt (16., 39. und 153.). Durch die klare Luftüberlegenheit der Deutschen mit 168 Flugzeugen und einer Vielzahl von Fesselballons waren die französischen Streitkräfte gezwungen, die Vorebene vor den befestigten Erhebungen (die ''plaine de la Woëvre'')zu evakuieren, da die gut geleiteten Geschütze der Deutschen dort klare Ziele beschießen können.
[[Datei:111-SC-38216 - NARA - 55235586 (pétain chaumont) (cropped).jpg|mini|200x200px|Philippe Petain um 1915]]
Nach seiner Ankunft am 25. Februar wurde [[General]] Philippe Pétain einen Tag später zum Oberbefehlshaber von Verdun ernannt. Trotz der katastrophalen Lage, in der sich Pétain befand, war er entschlossen, das Ostufer der Maas um jeden Preis zu verteidigen. Durch ihr weites und schnelles Vorrücken hatten die Deutschen ihre eigene schwere Artillerie weit hinter sich gelassen. Da es viel Zeit in Anspruch nahm, sie wieder in Stellung zu bringen, war die Infanterie der französischen Artillerie auf dem linken Ufer des Flusses ausgesetzt. Anstelle der ''{{lang|fr|offensive á outrance }}'' beschloss er, eine ''{{lang|fr|position de barrage }}'' zu schaffen, einen gut organisierten Verteidigungswall entlang der Linie der Forts von Verdun. Daher befahl er seinen Ingenieuren, die früher vernachlässigten und unbeachteten Forts wiederherzustellen und zu erweitern. Zwischen dem 27.&nbsp;Februar und dem 6.&nbsp;März wurde eine tief gegliederte Verteidigung mit vier verschiedenen Linien errichtet. Im hinteren Teil wurden die Forts des inneren Rings Tavannes, Souville und Belleville durch ein Netz von Schützengräben miteinander verbunden. Zu den weiteren Maßnahmen zählte auch die effektivere Organisation des Nachschubs. Er ließ die [[Voie Sacrée|Straße von Bar-le-Duc nach Verdun]] zweispurig ausbauen, wodurch 3.900 Transportfahrzeuge die Stadt erreichen konnten.<ref>Axelrod: S. 204f.</ref><ref>Horne: S. 145</ref><ref>Buckingham: S. 140.</ref> Zwischen dem 28. Februar und dem 6. März gelang es den französischen Streitkräften mit Hilfe dieses Fuhrparks insgesamt 190.000 Soldaten und etwa 25.000 Tonnen an Nachschubgütern in den bedrohten Frontbereich zu transportieren, was den Franzosen einen Kräfteausgleich ermöglichte.<ref name="Piekałkiewicz352">Janusz Piekałkiewicz: ''Der Erste Weltkrieg''. Weltbild Verlag GmbH. Augsburg 1994, S. 352.</ref> Obgleich der deutschen Luftaufklärung diese Anstrengungen durchaus bekannt waren, gelang es deutschen Fliegerkräften nicht, die Heranführung der französischen Verstärkungen nennenswert zu stören.<ref name="Piekałkiewicz352"></ref> Bis Mitte 1916 wuchs die Zahl der französischerseits eingesetzten Lastkraftwagen auf rund 12.000 an (womit die Zahl der nur im Frontbereich vor Verdun eingesetzten französischen Fahrzeuge die Anzahl aller deutschen Lastwagen an der gesamten Westfront übertraf).<ref name="Piekałkiewicz352"></ref>


=== März ===
Am [[25. Februar]] erreichten die Hessen das Dorf Louvemont und wurden von mehreren MG-Nestern gestoppt. Nach mörderischem, zweistündigem Kampf wurde es genommen, für ein weiteres Vorrücken reichte die Kraft nicht mehr aus. Die großen Verluste waren nicht nur durch direktes Maschinengewehrfeuer, sondern auch durch die französischen Geschütze bedingt, die jetzt auf der anderen Seite der Meuse in ihrem Rücken lagen. Jetzt zeigte sich erstmals in aller Deutlichkeit, dass der Kronprinz Recht behalten hatte mit seiner Forderung, auf beiden Seiten des Flusses anzugreifen. Weiterhin richteten sich die deutschen Angriffe gegen das Dorf Bezonvaux, das vom 44. Französischen Infanterie-Regiment verteidigt wurde. Die Franzosen leisteten erbitterten Widerstand, doch konnten die Deutschen das Dorf bis zum Einbruch der Nacht unter Kontrolle bringen. Von Bezonvaux existierten zu diesem Zeitpunkt nur noch Ruinen. Am selben Tag gelang deutschen Soldaten in einem Handstreich die Einnahme des [[Fort Douaumont|Fort Douaumont]].
Wenige Tage nach der Einnahme des Fort Douaumont unternahmen die deutschen Truppen Angriffe auf das westlich gelegene Dorf Douaumont. Unterstützt durch MG-Schützen, die sich in den Geschütztürmen des Forts verschanzt hatten, griffen die Deutschen die französischen Stellungen im Dorf an, wurden aber unter hohen Verlusten abgewiesen. Der französische Widerstand sollte durch die immer nähere Verlegung der deutschen Artillerie an die Front gebrochen werden. Bis zum 2.&nbsp;März konnten die Deutschen das Dorf Douaumont vollständig besetzen. Die auf dem Westufer befindliche französische Artillerie verhinderte mit ihrem Flankenfeuer einen weiteren Vormarsch östlich der Maas. Um dieses Hindernis auszuschalten, beauftragte Falkenhayn General von Goßler und von Zwehl mit einem Angriff auf {{lang|fr|Côte de l'Oie}} (Gänserücken), {{lang|fr|Côte de Poivre}} (Pfefferrücken), [[Le Mort Homme|Höhe Toter Mann]] sowie Höhe 304. Am 6.&nbsp;März gingen die Deutschen nach starkem, vorbereitenden Artilleriefeuer in zwei Spitzen zum Angriff gegen die französischen Stellungen am linken Maasufer über. Nach heftigen Gefechten stießen die Deutschen zum ''{{lang|fr|Bois des Corbeaux}}'' (Rabenwald) und zum ''{{lang|fr|Bois de [[Cumières-le-Mort-Homme|Cumières]]}}'' vor. Am 7.&nbsp;März gelang die Einnahme der Dörfer Regnéville und Forges sowie der beiden Höhenstellungen Côte de l'Oie und Côte de Poivre. Am Abend des gleichen Tages hatten die deutschen Truppen einen Teil der Höhe&nbsp;304 besetzt, jedoch drängte sie ein entschlossener französischer Gegenangriff wieder zurück.<br />
Am 8.&nbsp;März hatten die Deutschen die Werke im Wald von Hardaumont und Teile des Dorfes Vaux eingenommen. Anschließend waren die Deutschen 250 bis 300 m an das Fort herangekommen. Die Franzosen hielten jedoch ihre Stellung im Inneren des Forts, und ihre Artillerie belegte von nun an die Höhenkuppe zur Seite der angreifenden Deutschen mit konstantem Feuer. Am 9.&nbsp;März wurde die Falschmeldung verbreitet, deutsche Truppen seien eingedrungen und das Fort sei gefallen. Als dem deutschen Generalstab bewusst wurde, dass die Einnahme des Fort de Vaux nicht erfolgt war, befahl er die tatsächliche Einnahme der Befestigung. So unternahmen deutsche Truppen am 10.&nbsp;März 1916 mehrere Sturmangriffe, die unter hohen Verlusten scheiterten. Während des gesamten Monats März zogen sich die zermürbenden und extrem brutalen Kämpfe ohne klaren Ausgang hin. Am 14.&nbsp;März eroberten die Deutschen den Hügel 265, der den westlichen Teil der Stellung von Mort-Homme bildet, aber es gelang ihnen nicht, den östlichen Teil, den Hügel 295, einzunehmen. Am 20.&nbsp;März wurden die Wälder von Avocourt und Malancourt eingenommen, und nach heftigen Kämpfen konnte das Dorf Malancourt am 31.&nbsp;März erobert werden. Die äußerst verlustreich verlaufenden Kämpfe veranlassten das Oberkommando der 5.&nbsp;Armee zu einem Umdenken in seinem Vorgehen. Um die Kämpfe auf beiden Seiten der Maas besser koordinieren zu können, sollten jeweils zwei Verbände geschaffen werden&nbsp;– am Ostufer die Angriffsgruppe Ost unter General [[Bruno von Mudra]] und am Westufer Angriffsgruppe West unter General [[Max von Gallwitz]].<ref name="Der Weltkrieg 1914-1918." /><ref name="Schwencke." /><ref>Buckingham: S. 141–151.</ref>


=== April ===
=== 26. Februar - Eroberung des Forts Douaumont ===
[[Datei:Haucourt Verdun.jpg|mini|Die Überreste des Dorfes Haucourt am Fuße der Höhe 304 nach der Eroberung durch deutsche Truppen|209x209px]]
Das Scheitern der Angriffsgruppe Ost, ihr Ziel, eine Linie von [[Ouvrage de Thiaumont]], bis Fleury, Fort Souville und Fort de Tavannes zu erreichen, veranlasste Falkenhayn Anfang April zur Überlegung, die Offensive zu beenden. Optimistische Nachrichten, dass die Franzosen kurz vor der Erschöpfung stünden und zu einer großen Offensive nicht mehr fähig seien, ließen ihn jedoch wieder davon abrücken. Insgesamt blieb die Frontlinie am Westufer der Maas entlang der Höhenzüge hängen und die Schlacht entwickelte sich im Verlauf der nächsten 30 Tage mehr und mehr zu einem reinen Artilleriegefecht. Als Knobelsdorf von der schlechten Lage an der Front erfuhr, plädierte er für eine Rückkehr zu Angriffen auf breiter Front mit unbegrenzten Zielen. Falkenhayn stimmte zu, und bis Ende April wurden weitere 21 Divisionen nach Verdun entsandt. Am 5.&nbsp;April konnte das Dorf Haucourt und am 8. April Bethincourt erobert werden. Auf dem rechten Ufer erreichten die Deutschen nach massiven Angriffen bei Vaux den Wald von Caillette und die Eisenbahnlinie Vaux-Fleury, wurden aber von der 5.&nbsp;Division zurückgedrängt. Am 9.&nbsp;April griffen die Deutschen auf beiden Seiten des Flusses an. Am linken Ufer konnten sie trotz des heftigen französischen Widerstands an den Nordosthängen des Mort-Homme Fuß fassen. Am rechten Ufer wurde der Côte de Poivre angegriffen, blieb aber in französischer Hand.<br />
Der vom 9. bis zum 14.&nbsp;April am „Toten Mann“ in Stellung liegende französische Hauptmann Augustin Cochin sah in der ganzen Zeit in den ersten Linien keinen einzigen angreifenden deutschen Soldaten:
{{Zitat |Text=Die letzten zwei Tage in eisigem Schlamm, unter furchtbarem Artilleriefeuer, mit keiner anderen Deckung als der Enge des Grabens … Natürlich hat der ''boche'' nicht angegriffen, das wäre auch zu dumm gewesen … Ergebnis: Ich bin hier mit 175 Mann angekommen und mit 34 zurückgekehrt, von denen einige halb verrückt geworden sind … Sie antworteten nicht mehr, wenn ich sie ansprach. |Autor=Augustin Cochin |ref=<ref>Cochin: ''Quelques lettres de guerre.'' Bloud & Gay, Paris 1919, S. 47.</ref> }}
Ab dem 10. April beschränken sich die Operationen auf lokale Aktionen, entweder als Antwort auf die französischen Gegenangriffe vom 11. April zwischen Douaumont und Vaux und am 17. April zwischen der Maas und Douaumont, oder bei dem Versuch, Schlüsselpositionen einzunehmen, wo die Franzosen heftigen Widerstand leisteten.<ref name="Michelin18–25." />


=== Mai ===
[[Bild:Deutsch Granate.jpg|thumb|right|Deutscher Blindgänger vom Typ 420 mm: Gewicht 956 kg, Höhe 1,54 m, Umfang 1,32 m ]]Das Fort Douaumont war 1885 als modernste französische Festungsanlage im Verteidigungsgürtel von Verdun errichtet worden. Mit Aufkommen und Einsatz neuartiger Hohlgeschosse, die ohne weitere Probleme die bis dahin üblichen Stein- und Ziegelfestungen durchschlagen konnten, musste eine Erneuerung der Anlage jedoch bereits 1888 eingeleitet werden. Die Decke der zentralen Kaserne wurde im Laufe des Jahres mit einer Betonschicht von 2,50 m Dicke verstärkt, die östlichen Kasematten erhielten eine Schicht von 1,50 m. Man hoffte durch diese Umbaumaßnahmen die zerstörerische Gewalt selbst der größten deutschen Geschosse Kaliber 380 und 420 mm durch neutralisieren zu können, was sich im Angriffsfeuer von 1916 jedoch als völlig unzureichend heraus stellte. [[Bild:Doaumont_22Mai.jpg|thumb|left|250px|Das Fort Douaumont unter Beschuss, Aufnahme vom 22. Mai 1916]]Weiterhin wurde im Zuge der Herabstufung Verduns zur ''Zone Fortifiée de Verdun'' die Mehrzahl der im Douaumont untergebrachten Geschütze verlegt, so dass während des entscheidenden deutschen Angriffs nur noch ein verteidigendes Geschütz Kaliber 155 mm zur Verfügung stand.
[[Datei:PR29 – Höhe 304 – Toter Mann – Verdun.jpg|mini|Beobachtung der Beschießung von ''Höhe 304'' am 19. Mai 1916.]]
Anfang Mai übernahm General Petain das Kommando über die ''{{lang|fr|Groupe d’Armées du Centre}}'' (zentrale Heeresgruppe) und General Nivelle das Kommando über die Armee von Verdun. Vom 4. bis zum 24.&nbsp;Mai griffen die Deutschen in der Gegend von Mort Homme an. Am 4.&nbsp;Mai eroberten sie den Nordhang des Hügels 304, wo es am 5. und 6.&nbsp;Mai zu schweren Kämpfen kam. Mit einem energischen Angriff am 7.&nbsp;Mai zwangen sie die Franzosen, den Kamm des Hügels&nbsp;304 aufzugeben. Aufgrund des schweren Artilleriebeschusses konnte er jedoch nicht eingenommen werden. Am 24.&nbsp;Mai fielen schließlich Cumieres und Caurettes. In der Wiedereroberung von Fort Douaumont sah Nivelle seine wichtigste Aufgabe. Mit der Durchführung beauftragte er die 5.&nbsp;Division unter General [[Charles Mangin]]. Der erste Schritt von Mangin war die Rückeroberung der von den Deutschen gehaltenen Schluchten von Fausse-Côte und Couleuvre, um die Wege für einen deutschen Gegenangriff zu versperren. Anschließend sollte der Hauptangriff folgen. Ab dem 15.&nbsp;Mai begann die französische Artillerie mit dem Beschuss von Fort Douaumont. Während der Beschießung waren die deutschen Besatzer im Fort massiven Strapazen ausgesetzt. Durchgänge wurden verschüttet, die Wasserversorgung war unzureichend und das Atmen wurde durch Betonstaub, Abgase und Leichengeruch beeinträchtigt. Außerhalb war die Lage sogar noch schlimmer. Der massive Einsatz der französischen Artillerie hatte viele Verteidigungsstellungen zerstört. Die Verbindung zur Nachhut war unterbrochen und die Soldaten litten an Durst. Am Mittag des 22.&nbsp;Mai begannen die Franzosen mit dem Angriff. Die Gräben von Morchée und Bonnet d'Evèque konnten schnell eingenommen werden, jedoch verhinderten schwere Verluste ein weiteres Vordringen. Ungeachtet des deutschen Widerstands erreichten die Franzosen bald das Fort und konnten über die West- und Südseite eindringen. Ohne nachrückende Verstärkung mussten sich die Franzosen nach einem deutschen Gegenangriff zurückziehen. Die Truppen im Inneren waren isoliert und wurden zur Aufgabe gezwungen.<ref name="Michelin18–25." /><ref name="Der Weltkrieg 1914-1918." /><ref name="Schwencke." />


=== Juni ===
Das 24. Brandenburgische Infanterie-Regiment erhielt am 25. Februar den Befehl, sich etwa einen Kilometer vom Fort Douaumont zu verschanzen, um das Vorgehen des 12. Infantrie-Regiments gegen das Dorf Douaumont zu unterstützen. Die Soldaten des Regiments arbeiteten sich jedoch eigenmächtig bis an das Fort heran und warfen die außen verteidigende 37. französische Division zurück. Die Garnison des Forts hatte sich mit Ausnahme der Kanoniere des Geschützes in die untersten Kasematten zurückgezogen, so dass die Deutschen nicht bemerkt wurden. Ein Feldwebel namens Kunze entdeckte einen direkt in das Fort führenden Schacht, den er mit Hilfe einer von seiner Truppe gebildeten Menschenpyramide betreten konnte. Als ihn die Kanoniere erblickten, flohen sie sofort in die unteren Kasematten, um ihre Kameraden zu warnen. Während Kunze das oberste Stockwerk des Forts erkundete, verschafften sich [[Eugen Radtke|Leutnant Radtke]], [[Cordt von Brandis|Leutnant Brandis]], Hauptmann Haupt und einige ihrer Soldaten durch ein weggesprengtes Gitter ebenfalls Zutritt. Die aus 67 Soldaten bestehende französische Garnison wurde von etwa 20 deutschen Eindringlingen ohne einen einzigen Schuss abzugeben überrumpelt und zur Aufgabe gezwungen. Das stärkste Fort im Verteidigungsring war in deutscher Hand, es waren 32 Angreifer gefallen, 63 waren verletzt worden.
Am 2. Juni begann ein erneuter Angriff auf Fort Vaux. Die Deutschen versuchten, das Fort wiederholt zu stürmen, wurden aber stets mit schweren Verlusten abgewiesen. Es dauerte bis zum 8.&nbsp;Juni, bis das Fort erobert werden konnte. Obwohl die Einnahme von Fort Vaux einen weiteren Pfeiler der östlichen Festungsanlagen vor Verdun weggeschlagen hatte und als großer taktischer Erfolg angesehen wurde, hatte sich Anfang Juni der Druck auf das deutsche Heer gewaltig erhöht. Mit dem Beginn der [[Brussilow-Offensive]] am 4.&nbsp;Juni sah sich die OHL gezwungen Truppen von Verdun nach Osten zu verlegen, um einen Zusammenbruch der dortigen Front zu verhindern.<br />
Trotz der nun geringeren Zahl einsatzfähiger Soldaten entschied Falkenhayn, die deutsche Offensive vor Verdun fortzuführen. General Schmidt von Knobelsdorf arbeitete mit seinem Stab die unmittelbare Fortsetzung des Angriffs im Raum Fort Vaux aus, der sich gegen [[Fort de Souville]], das Ouvrage de Thiaumont und das Dorf Fleury-devant-Douaumont richten sollte. Um 5&nbsp;Uhr morgens begann der Angriff. 17 Regimenter wurden gleichzeitig gegen die Front geworfen, was zur Einnahme der Redoute von Thiaumont und zur Verstärkung des Dorfes Fleury führte, aber nicht zur Einnahme von Fort Souville.<ref name="Michelin18–25." /><ref name="Der Weltkrieg 1914-1918." /><ref name="Schwencke." />


=== Juli bis Oktober ===
Die Nachricht von der Eroberung des Douaumont wurde im Deutschen Reich als großer Sieg gefeiert. Zahlreiche Extrablätter erschienen, während man vielerorts die Kirchglocken läuten ließ. Die ''Frankfurter Zeitung'' erklärte in ihrem Extrablatt vom 26. Februar 1916 voller nationaler Gefühle: [[Bild:Eingan_Douaumont.jpg|thumb|right|200px|Eingang zum Fort Douaumont]]
Mit dem Beginn des britischen Vorstoßes an der Somme war die OHL gezwungen, weiter Artillerie und Infanterie von Verdun abzuziehen. Dies schränkte die Offensivmöglichkeiten der Deutschen weiter ein. Dennoch gelang es Schmidt von Knobelsdorf, Falkenhayn ein weiteres Mal davon zu überzeugen, die Schlacht fortzusetzen. Am 9.&nbsp;Juli sollte ein Angriff auf Fort Souville erfolgen. Mit der Eroberung des Forts, das die Stadt Verdun überblickte, erhoffte sich die Armeeführung den endgültigen Durchbruch auf der rechten Seite der Maas. Nach einem zweitägigen Bombardement rückten die Deutschen gegen das Fort vor, fielen aber bald dem schweren französischen Artillerie- und Maschinengewehrfeuer zum Opfer. Einigen deutschen Soldaten gelang es jedoch, die Spitze des Forts zu erreichen, bevor sie durch einen massiven französischen Gegenangriff zurückgedrängt wurden. Die Deutschen hatten ihren weitesten Punkt in Richtung Verdun erreicht. Am 11.&nbsp;Juli befahl Falkenhayn die Einstellung jeglicher Offensivbemühungen. Für den Rest des Monats folgten nur noch kleinere französische Gegenangriffe, die aber alle von den Deutschen abgewehrt werden konnten.<br />
Nach dem Ende der Offensivbemühungen auf deutscher Seite sollten die gewonnenen Positionen weiter gefestigt und ausgebaut werden. Wiederholte französische Gegenangriffe verhinderten jedoch eine effektive Konsolidierung der deutschen Linien. Um ein Einbrechen der Front zu verhindern, war eine rein defensive Taktik nicht ausreichend. Am 1.&nbsp;August begann ein erneuter Angriff auf Fort Souville, bei dem die Deutschen bis auf 900 m vorstießen. Französische Gegenangriffe, die sich bis Mitte August hinzogen, konnten dabei nur einen kleinen Teil des besetzten Geländes zurückerobern. Am 15.&nbsp;August zog Falkenhayn in einem Schreiben an Kronprinz Wilhelm den vollständigen Abbruch der Schlacht in Erwägung, da ''Sparsamkeit in der Ausgabe von Menschen und Munition'' geboten sei. Während der Stabschef der 5.&nbsp;Armee, von Knobelsdorf, auf der Leistungsfähigkeit seiner Truppe und auf einer unentwegten Fortsetzung des Angriffs beharrte, erkannte der Kronprinz, dass dies nicht mehr ohne Weiteres möglich war. Ohne Möglichkeit, sich mit seinem Stabschef zu verständigen, bat er deshalb den Kaiser um die Abberufung Knobelsdorfs. Am 23.&nbsp;August entsprach Wilhelm&nbsp;II. dieser Bitte, sein Nachfolger wurde [[Walther von Lüttwitz]].<ref name="Der Weltkrieg 1914-1918." /><ref>Axelrod: S. 166ff.</ref><br />Lüttwitz stimmte mit dem Kronprinzen darin überein, dass jeder Gedanke an einen Durchbruch eine Illusion sei. In Berlin sah [[Reichskanzler (Deutsches Kaiserreich)|Reichskanzler]] [[Theobald von Bethmann Hollweg|Bethmann-Hollweg]] dies jedoch lediglich als ein Versagen von Falkenhayn. Als am 28. August [[Rumänien]] an der Seite der Entente in den Krieg eintrat wurde Falkenhayn auf Betreiben des Reichskanzlers durch Generalfeldmarschall [[Paul von Hindenburg]] ersetzt. Nach seiner Ankunft an der Westfront ordnete Hindenburg die Beendigung aller Offensivaktionen an.<ref>Axelrod: S. 274f.</ref>


==== Beginn der französischen Offensive ====
''Steil und unnahbar ragt der lange, kahle Rücken des Douaumont über die umliegenden Waldberge empor. Weit über die Bodenwellen der Woëvre-Ebene im Osten und das tiefeingeschnittene Maastal im Westen reicht von hier aus der Blick. Fast vier Kilometer lang zieht sich auf dieser Höhe die Reihe der vierzehn Festungswerke hin mit der Richtung nach Nordwesten gegen Louvemont zu, die stärkste Panzerkette der alten Feste Verdun. Die bewaldeten Steilhänge gegen Osten sind durch wenige vorgeschobene, aber anscheinend vorzüglich eingebaute Befestigungen gesichert. Auf dem Gipfel des Douaumont liegt in 388 Meter Höhe das eroberte Panzerfort. Es ist das stärkste der Sperrforts um Verdun, ganz modern mit betonierten Panzerkuppeln und allen technischen Hilfsmitteln reichlich ausgestattet. Unsere schweren Geschütze haben hier ebenso vernichtend und nervenerschütternd gewirkt, wie sie am Tage vorher unseren wackeren Sturmkolonnen die Wege durch die dichten Waldverhaue des Gegners bahnen halfen. Einzelheiten über die Einnahme fehlen noch.'' [[bild:Douaumont.jpg|thumb|left|300px|Luftaufnahme vom Fort de Douaumont und dem angrenzenden Grabensystem, Sommer 1916]]''Aus der Größe und Schnelligkeit dieses Erfolges, der die voraufgegangenen krönt, kann man wiederum die absolute Sicherheit der Sturmdisziplin ermessen, das unvergleichliche Zusammenarbeiten aller Teile, das peinlich genaue Vorausdenken der Heeresleitung für das Ganze, wie das kraftvolle Eingreifen der Truppe im einzelnen. Die Märker, die mit altpreußischer Wucht den Sturm ausführten, haben eine der schönsten Waffentaten dieses Krieges vollbracht. Wir stürmen heute vielleicht anders als im Anfang des Krieges, aber wir stürmen deshalb wahrlich nicht schlechter, das sind Leistungen und Erfolge, in denen die mühsame und geduldige, die oft so unscheinbare Vorarbeit von tausend Köpfen und abertausend rührigen Händen steckt; es ist technische und militärische Wertarbeit von höchstem Rang. Diese Anspannung aller Kräfte am rechten Ort ist es auch vor allem, die uns Menschenopfer erspart, und die unser Vorgehen fast wie ein unabwendbares Naturereignis wirken läßt. Es lohnt sich da nicht, die "Berge von Leichen" zu widerlegen die uns die hysterischen Berichte des erschreckten Gegnern unablässig zuschreiben, es lohnt sich wirklich nicht!''
Die deutschen Probleme waren den Franzosen nicht verborgen geblieben. Infolgedessen planten Nivelle und Mangin einen Großangriff am rechten Maasufer zwischen den Forts Douaumont und Vaux. Am 19.&nbsp;Oktober begann die Bombardierung von Fort Douaumont. Bis zum 23.&nbsp;Oktober hatte die französische Artillerie, darunter zwei [[Obusier de 400 mm modèle 1915/1916|400-mm]]-[[Schneider-Creusot]]-Eisenbahngeschütze, den größten Teil des Forts zerstört. Nach der Explosion eines Munitionsdepots, dessen Feuer auf andere Depots überzugreifen drohte, sah sich der Kommandeur des Forts Major Rosendahl schließlich gezwungen, sich aus der Festung zurückzuziehen. Am 24.&nbsp;Oktober gegen 11:40&nbsp;Uhr begann der Angriff der Infanterie. Die Franzosen griffen mit drei Divisionen an: Der Angriff war ein voller Erfolg und brachte den Franzosen die Steinbrüche von Haudromont, die Redoute Thiaumont, das Fort Douaumont, den Nordrand des Waldes von Caillette, den Teich von Vaux, den Ostrand des Waldes von Fumin und die Batterie von Damloup. Die Eroberung von Fort Vaux schlug jedoch fehl.<ref name="Michelin18–25." /><ref>Horne: S. 308.</ref>
[[Bild:DeutscheMGSTellung.jpg|right|300px|thumb|Deutsche MG-Stellung vor Verdun]]
Leutnant Brandis und Hauptmann Haupt erhielten den [[Pour le Mérite|Pour-le-Mérite]]-Orden, Leutnant Radtke musste sich mit einer signierten Fotografie des Kronprinzen begnügen. In Frankreich herrschte nach der Einnahme des Fort Douaumont durch die Deutschen Entsetzen, da der Fall Verduns unmittelbar bevorzustehen schien. Als besondere Schande wurde die Tatsache empfunden, dass das Fort ohne nennenswerten Widerstand in deutsche Hände gefallen war. Obwohl das Fort Douaumont vor Beginn der deutschen Offensive stark an Bedeutung verloren hatte und zeitweilig sogar zur Sprengung vorgesehen war, beschloss man auf französischer Seite, dass es um jeden Preis zurückzuerobern sei.


=== November bis Dezember ===
Am [[26. Februar]] wurde noch die Einnahme einiger Infanteriewerke des Fort Hardaumont mitgeteilt, danach war der Angriff zum Stehen gekommen. Aus den Quellen der OHL ist zu entnehmen, dass dieser Tag als erster bezeichnet wurde, an dem man keine Bewegung mehr in der Front melden konnte.
Durch den fortgesetzten Beschuss von Fort Vaux sah sich der Kommandant des Forts, Oberstleutnant Bellmann, am 1. November gezwungen, das Fort zu räumen. Am 5.&nbsp;November hatten die Franzosen die Frontlinie des 24.&nbsp;Februar erreicht. Der durchschlagende und volle Erfolg der Offensive war ermutigend für die Franzosen. Es wurde klar, dass die Deutschen vor Verdun materiell und moralisch geschwächt waren. Um den Raum Verdun östlich der Maas vollständig zu räumen, erhielt General Mangin am Abend des 18.&nbsp;November von Nivelle den Auftrag, bis zum 15.&nbsp;Dezember auf dem rechten Maasufer zur Offensive überzugehen. Am 16.&nbsp;Dezember erfolgte ein letzter französischer Großangriff auf dem rechten Ufer der Maas. Dabei konnte Louvemont und Bezonvaux und die deutschen Verbände bei Douaumont über drei Kilometer zurückdrängt werden. Am 20. Dezember verkündete Nivelle den Sieg.<ref>Madelin: ''Verdun.'' Flammarion, Paris 1920, S. 137f.</ref><ref name="Michelin18–25." />


== Nachwirkungen ==
=== Festigung der französischen Front durch General Pétain ===
Der Sieg über die Deutschen beschränkte sich allerdings nur auf das rechte Maasufer. Auf der westlichen Seite hielten die deutschen Truppen immer noch Hügel&nbsp;304 und Le Mort Homme sowie zahlreiche andere Orte. Die endgültige Räumung dauerte bis zum Ende des Krieges.<ref name="Michelin18–25." /> Über die Frage, wer die Schlacht von Verdun gewonnen hatte, gibt es viele Veröffentlichungen, und die Darstellungen unterscheiden sich stark. Die Bände des Reichsarchivs, die sich mit der Schlacht befassen, tragen den treffenden Titel ''Die Tragödie von Verdun'', während sie für eine ganze Generation französischer Schriftsteller den Höhepunkt von ''La Gloire'' darstellt. Die deutschen Militärkritiker sind sich mehr oder weniger einig darin, Falkenhayn die Schuld an der Niederlage zu geben. Sie bemängeln seine Unfähigkeit, alles auf einen Punkt zu konzentrieren, seine Vorliebe für begrenzte Offensiven, seine stillschweigende Überzeugung von der Philosophie der Zermürbung und seine grenzenlose Unentschlossenheit, nachdem er in Verdun den Angriff gewagt hatte.<ref>Horne: S. 328f.</ref> Auf französischer Seite machten Schriftsteller und Medien Verdun zu einem heiligen Ort. Wenn Verdun bedroht war, war auch Frankreich bedroht. Umgekehrt wurden die Fehler des französischen Militärs durch den Triumph französischer Soldaten wieder gutgemacht, und die französische Nation und ihr Volk wurden gerettet.<ref>Axelrod: S. 293.</ref>
[[Datei:Sieges- und Gefallendenkmal in Verdum (Nachts).jpg|mini|Das Denkmal für den Sieg und die Gefallenen in Verdun im Ersten Weltkrieg. Nachts ist das Denkmal in den französischen Nationalfarben beleuchtet]]


=== Verluste ===
Am [[26. Februar]] um 00h00 wurde [[General]] [[Henri Philippe Pétain|Pétain]], der als Brigadegeneral schon im Kriegsausbruchsjahr vor seiner Pensionierung gestanden hatte, zum neuen Oberbefehlshaber der französischen Zweiten Armee ernannt und übernahm somit die Verteidigung von Verdun. Da Pétain den Deutschen als Frontkommandeur im Grabenkieg gegenüber gestanden hatte, erkannte er, dass es den Deutschen niemals gelingen würde, die "''Stellungen des Gegners nacheinander in einem Anlauf''" zu nehmen. Dementsprechend empfahl er seinem Oberkommando in einer Denkschrift, die Durchführung von sehr begrenzten Offensive, die nur soweit gehen dürften, wie die eigene Artillerie Schutz bieten kann. Ähnlich wie Falkenhayn argumentierte er für einen Abnutzungskrieg, bei dem der Sieg nach der Erschöpfung des Gegeners errungen werden kann.
[[Datei:Brieföffner Verdun.jpg|mini|Brieföffner VOR VERDUN 1917 (W 1914), Bronze, Soldatenandenken ...]]
[[Datei:Beinhaus von Douaumont - Ossuaire de Douaumont.jpg|mini|Beinhaus von Douaumont/ Ossuaire de Douaumont]]
Im Laufe der Offensive wurden insgesamt 125 Divisionen eingesetzt, auf deutscher Seite 50 und auf französischer Seite 75.<ref>{{Internetquelle |autor=Daniel Huber |url=https://www.watson.ch/!774786787 |titel=100 Jahre Schlacht von Verdun: Das Grauen in Zahlen |werk=watson.ch |datum=2016-02-22 |sprache=de |abruf=2024-01-16}}</ref> Bei einer durchschnittlichen Divisionsstärke von 15.000 bis 18.000 Mann waren dies etwa 2 Millionen Soldaten. Die genaue Zahl der bei Verdun Getöteten ist nicht endgültig geklärt. Die meist recht aktuell erstellten Verlustangaben in offiziellen Dokumenten bieten nur eine grobe Orientierung. Die meisten Angaben schwanken zwischen 377.000 bis 540.000 Verlusten auf französischer und 337.000 bis 434.000 auf deutscher Seite.<ref>Clodfelter: ''Warfare and armed Conflicts.'' McFarland, Jefferson 2008, S. 434f.</ref><ref>Buckingham: S. 170.</ref>


=== Die „Hölle von Verdun“ ===
[[Bild:Voie_Sacree.jpg|thumb|left|''La Voie Sacrée'']]
{{Hauptartikel|Zone rouge}}
Mit diesen Überlegungen und der klaren Überzeugung, dass es sich bei der Beschränkung des deutschen Angriffs auf das rechte Maas-Ufer um einen schweren taktischen Fehler gehandelt hatte, befahl Pétain, den inneren Verteidigungsring Verduns zu einer von ihm benannten ''Sperrfeuerstellung'' auszubauen, deren Geschütze die Angriffe der Deutschen jederzeit zum Erliegen bringen sollten. Er ließ zehn Batterien von 155 mm-Geschütze auf dem linken Ufer zusammenziehen, von wo aus sie dem VII. Reservekorps schwere Verluste durch Beschuss der Flanke zufügten. Die französischen Artilleristen hatten dabei freie Hand bekommen, nach eigenem Bedarf und Ziel zu operieren und zudem völlig freie Sicht auf die deutschen Stellungen, so dass ihr Geschützfeuer äußerst zielgenau war.
Zu den weiteren Maßnahmen von General Pétain zählte neben Änderungen der französischen Taktik zur Stärkung der Artillerie auch die effektivere Organisation des Nachschubs. Zur Versorgung von Verdun stand ihm nur die Straße nach [[Bar-le-Duc]] zur Verfügung, die sich als einzige Nachschublinie außerhalb der Reichweite der meisten deutschen Geschütze befand. (Unklar ist, warum nicht ein direkter Beschuss dieses Nachschubweges durch die deutschen Ferngeschütze befohlen wurde: durch die ungeheure Konzentration von Fahrzeugen und Truppen auf dieser einzigen Strasse, wäre eine Panik und damit die direkte Unterbrechung der Versorgung gewährleistet gewesen) Diese Straße sollte in Frankreich als ''La Voie Sacrée'' (''Der Leidensweg'', oft fälschlich übersetzt als ''Heiliger Weg'', ist die Namensgebung von Maurice Barrès, jedoch an dem Passionsweg Christi orientiert und sollte an die menschlichen Leiden erinnern, die auf dem Weg zur Front ertragen werden mussten) bekannt werden.


{{Hauptartikel|Grabenkrieg im Ersten Weltkrieg}}
[[Bild:voie_sacree.jpg|thumb|right|200px|Nachschub auf der ''Voie Sacrée'']]Sie ist auch heute noch die einzige Straße in Frankreich, die keine Straßennummerierung (z. B. N69, D481...) hat. Über die ''Voie Sacrée'' gelangte ein endloser Strom an Transportfahrzeugen in die Stadt, die in ganz Frankreich requiriert wurden. Blieb ein Wagen mit technischen Defekten stehen, wurde er einfach zur Seite geschoben, um einen Stau zu verhindern. Eine eigene [[Reserve]]-Division hatte die Aufgabe, die Straße instand zu halten. Die Truppen mussten neben der Straße auf den Feldern marschieren, um den Fluss an Transportfahrzeugen nicht zu unterbrechen. Der Nachschub - in der Anfangsphase der Schlacht mussten täglich 1.200 Tonnen Material und Verpflegung auf 3.000 Fahrzeugen an die Front geschaft werden, durch Beschlagnahmungen in ganz Frankreich wuchs der Fahrzeugpark während der Schlacht aber auf über 12.000 Fahrzeuge - über die "Voie Sacrée" sorgte dafür, dass die französische Armee den deutschen Angreifern in Bezug auf Kriegsgerät und Truppenstärke allmählich ebenbürtig wurde.
[[Datei:American forestry (1910-1923) (17522062334).jpg|mini|Überreste eines Waldstücks]]

Das Schlachtfeld bei Verdun hatte sich aufgrund des massiven Einsatzes von Geschützen auf engem Raum innerhalb weniger Wochen in eine [[Explosionskrater|Kraterlandschaft]] verwandelt, in der von Wäldern oftmals nur Baumstümpfe verblieben. Die oft tagelang ununterbrochene Bombardierung erzeugte eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse. Die Einschläge beförderten große Mengen Erde in die Luft, die zahlreiche Soldaten lebendig begruben oder die zuvor beerdigten Leichen wieder freilegten. In den Sommermonaten legte sich ein penetranter Leichengeruch über das Schlachtfeld. Im Winter standen die Soldaten knietief in eisigem Wasser oder Schlamm. Die hygienischen Zustände waren oft katastrophal und Ratten und Läuse machten den Männern zusätzlich das Leben zur Qual.<br />
[[Bild:voie_sacree1.jpg|thumb|left|200px|Fahrzeugkolonnen auf der ''Voie Sacrée'']]Ausschlaggebend für das Halten der französischen Front war weiterhin das von Pétain eingeführte Reservesystem, in dem die kämpfenden Division nach einem kurzen Fronteinsatz in Reservestellungen und andere Frontabschnitte verlegt wurden: Die kurzen Kampfzeiten vor Verdun verringerten spürbar die Ausfallraten der Truppen und stärkten somit die Moral und den Widerstandsgeist. Insgesamt kämpften bis zum Ende des Krieges 259 der 330 Infanteriedivisionen irgendwann mehr oder weniger lange vor Verdun.
Die Soldaten mussten sich häufig mit ihren [[Gasmaske]]n schlafen legen und mehrere Tage ohne Nahrung auskommen. Der Durst trieb viele von ihnen dazu, verseuchtes Regenwasser aus Granattrichtern zu trinken. Sowohl von Deutschen als auch von Franzosen wurde die Schlacht als „Blutpumpe“, „Knochenmühle“ oder schlichtweg „die Hölle“ bezeichnet.

Bei Regen verwandelte sich das Schlachtfeld in eine Schlammlandschaft, wodurch jede Truppenbewegung stark erschwert wurde und die Soldaten in den Granattrichtern zu ertrinken drohten, wenn sie in ihnen Deckung suchten.<ref>{{Internetquelle |autor=Rainer Blasius |url=https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/erster-weltkrieg-die-hoelle-von-verdun-14080286.html |titel=Die Hölle von Verdun|werk=www.faz.net |hrsg=Frankfurter Allgemeine Zeitung |datum=2016-02-21 |abruf=2023-11-17}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Andreas Noll |url=https://www.deutschlandfunk.de/100-jahre-schlacht-um-verdun-von-der-hoelle-zum-100.html |titel=100 Jahre Schlacht um Verdun|werk=www.deutschlandfunk.de |datum=2016-02-21 |abruf=2023-11-17}}</ref>
Pétain war letzlich auch verantwortlich für die neue Taktik der Luftwaffe, die in Staffeln gegen die deutschen Aufklärer eingesetzt wurden und dadurch die Überlegenheit gewinnen konnten. Am 6. März wendete sich Pétain an seine Soldaten und forderte sie zu einem unerbittlichen Durchhalten gegenüber den Deutschen auf. Diese Mitteilung an die gesamte Armee wurde bei der Zustellung an das 33. Regiment von den Deutschen abgefangen und von der OHL - auf deutsch übersetzt - veröffentlicht:
In Verdun gibt es ein Museum, welches sich mit der Schlacht beschäftigt, das ''Memorial de Verdun''.

[[Datei:Memorial de Verdun mit Geschütz im Vordergrund.jpg|mini|Memorial de Verdun, Museum über die Schlacht von Verdun]]
[[Bild:Petain_tisch.jpg|thumb|right|300px|Pétain in seinem Arbeitszimmer]]''Seit dem 21. Februar greift die Armee des Kronprinzen mit äußerster Kraftanstrengung unsere Stellungen um Verdun an. Noch nie hat der Feind so viel Artillerietätigkeit gezeigt, nie so viel Munition aufgewandt. Bereits hat er seine besten Armeekorps, die er seit mehreren Monaten sorgfältig in Ruhe hielt, auf dem Schlachtfelde restlos eingesetzt. Er erneuert seine Infanterieangriffe ohne Rücksicht auf schwere Verluste. Dies alles beweist, welchen Wert Deutschland dieser Offensive beilegt, der ersten großen Stils, welche es seit über einem Jahre auf unserer Front versucht. Es beeilt sich, einen Erfolg herbeizuführen, welcher den Krieg beendet, unter dem seine Bevölkerung mehr und mehr leidet. Die Träume der Ausbreitung im Orient schwinden; das Anwachsen der russischen und englischen Armeen ruft Beunruhigung hervor. Ein Aufruf des Kaisers, den uns ein Überläufer gebracht hat, ist ein Geständnis der wahren Ursachen dieses verzweifelten Angriffs: "Unser Vaterland," hat er gesagt, ,"ist zu diesem Angriffe gezwungen, aber unser eiserner Wille wird den Feind vernichten. Daher befehle ich den Angriff." Ihr eiserner Wille wird sich an unserer Standhaftigkeit brechen, wie in Lothringen, in der Picardie, im Artois, an der Yser und in der Champagne. Schließlich werden wir sie bezwingen, und das Scheitern dieser verzweifelten Kraftanstrengung, bei der sie die besten Truppen, die ihnen noch verblieben sind, vergeblich verbraucht haben werden, wird den Auftakt ihres Zusammenbruches bedeuten. Ganz Frankreich blickt auf uns. Noch einmal erwartet es, daß jeder seine Pflicht bis zum letzten tut.''
''Der Kommandierende General der II. Armee. Petain''

Der kommandierende Befehlshaber des 33. französischen Infanterieregiments hatte unter diesen Befehl von Hand notiert, dass er nur einen Zusatz hinzufügen könne, nämlich den, dass sich das 33. Regiment seines ehemaligen Kommandeurs würdig erweisen wird, dass es, wenn nötig, sterben, aber niemals weichen wird.

=== Die Kämpfe bis Anfang März 1916 ===

Wenige Tage nach der Einnahme des Fort Douaumont unternahmen die deutschen Truppen Angriffe auf das westlich gelegene Dorf Douaumont. Unterstützt durch MG-Schützen, die sich in den Geschütztürmen des Forts verschanzt hatten, griff das 24. Brandenburgische Infanterieregiment die französischen Stellungen im Dorf an und wurde unter hohen Verlusten abgewiesen. [[Bild:Stellung_Douaumont.jpg|thumb|left|320px|Deutsche Stellungen vor dem Fort Douaumont im Raum Fleury]]Ein sächsisches Regiment, das ebenfalls einen Sturmangriff auf Douaumont durchführte, geriet in eigenes Geschützfeuer und musste sich zurückziehen. Besonders schwere Kämpfe tobten zwischen dem [[27. Februar]] und dem [[2. März]]. Am 27. Februar geriet der schwer verwundete französische Hauptmann [[Charles de Gaulle]] in deutsche Gefangenschaft. Der französische Widerstand sollte durch die immer nähere Verlegung der deutschen Artillerie an die Front gebrochen werden. Bis zum [[2. März]] konnten die Deutschen mit dem 52. Infanterie-Regiment aus Cottbus das, was von Dorf Douaumont noch übrig war, vollständig besetzen. Die Eroberung des Dorfes hatte sich für die deutschen Truppen als äußerst verlustreich erwiesen.

Bereits am [[27. Februar]] hatte das schlesische V. Reservekorps den Auftrag erhalten, das Fort Vaux einzunehmen, das zwar kleiner und schwächer war als das Fort Douaumont. Um dem erwarteten Angriff zu begegnen hatte es von Pétain aber eine starke, verteidigungsbereite Besatzung bekommen.[[Bild:TrichterfeldFortVaux.jpg|thumb|250px|Abhang beim Fort Vaux]]Der Angriff gegen Fort Vaux geriet zu einem blutigen Gemetzel, da die deutschen Truppen aus dem höherliegenden Fort Vaux, aus dem Dorf Vaux, aus dem Caillettewald aber auch von der anderen Maasseite unter Feuer genommen wurden. Der Angriff wurde durch französische Gegenschläge zum Stehen gebracht. Am [[8. März]] hatten die Deutschen einen Teil des Dorfes Vaux eingenommen und sich bis auf 250 Meter an das Fort heran gearbeitet. Die Franzosen hielten jedoch ihre Stellung im Inneren des Forts und ihre Artillerie belegte von nun an die Höhenkuppe zur Seite der angreifenden Deutschen mit konstantem Feuer. Am 9. März wurde die Falschmeldung verbreitet, deutsche Truppen seien eingedrungen und das Fort sei gefallen, das OHL liess direkt die folgende Eildepesche verbreiten:

''''''''Dorf und Panzerfeste Vaux genommen''''''''

'''''Großes Hauptquartier, 9. März. - Westlicher Kriegsschauplatz:'''''
''Vielfach steigerte sich die beiderseitige Artillerietätigkeit zu größerer Lebhaftigkeit. Die Franzosen haben den westlichen Teil des Grabens beim Gehöfte Maisons de Champagne, in dem gestern mit Handgranaten gekämpft wurde, wiedergewonnen. Westlich der Maas sind unsere Truppen beschäftigt, die im Rabenwald noch befindlichen Franzosennester auszuräumen.''[[Bild:Vaux15031916.jpg|thumb|left|320px|Angriffsgelände am Fort Vaux, Aufnahme vom 15. März 1916]]''Östlich des Flusses wurde zur Abkürzung der Verbindung unserer Stellung südlich des Douaumont mit den Linien in der Woëvre nach gründlicher Artillerievorbereitung das Dorf und die Panzerfeste Vaux nebst zahlreichen anschließenden Befestigungen des Gegners unter Führung des Kommandeurs der 9. Reservedivision, Generals der Infanterie v. Guretzky-Cornitz, durch die posenschen Reserveregimenter Nr. 6 und 19 in glänzendem nächtlichen Angriff genommen.''

Als dem deutschen Generalstab bewusst wurde, dass die Einnahme des Fort de Vaux nicht geschehen war, befahl er die tatsächliche Einnahme von Fort Vaux. Am 10. März unternahmen die deutschen Truppen mehrere Sturmangriffe, die unter hohen eigenen Verlusten scheiterten. Der Bericht der Obersten Heeresleitung meldete hierzu am 10. März 1916 lediglich:

''Gegen unsere neue Front westlich und südlich des Dorfes sowie bei der Feste Vaux führten die Franzosen kräftige Gegenstöße. In ihrem Verlauf gelang es dem Feinde, in der Panzerfeste selbst wieder Fuß zu fassen; im übrigen wurden die Angreifer unter starken Verlusten abgewiesen.''

=== März 1916: Deutsche Offensive gegen ''Höhe Toter Mann'' und ''Höhe 304''===



[[Bild:Toter_Mann_1.jpg|thumb|left|250px|Die ''Höhe Toter Mann'' kurz vor dem ersten Sturmversuch der Deutschen]]Mit der hervorragenden taktischen Position der französischen Geschütze am westlichen Maasufer und mit der dadurch entstehenden Möglichkeit, die deutschen Angreifer im Osten im Rücken zu treffen, beschloss die OHL eine Ausdehnung der Angriffe auf beiden Seiten des Flusses. Das Gelände auf der Westseite der Maas besaß eine völlig andere Geographie als am Ostufer: kein Wald, keine Schluchten sondern offenes Hügelgelände. [[Bild:French_87th_Regiment_Cote_304_Verdun_1916.jpg|thumb|right|200px|Französische Soldaten auf der zerbombten Höhe 304]]Falkenhayn, Kronprinz Wilhelm und General Schmidt von Knobelsdorf gaben damit dem Drängen des Generals von Zwehl nach, dessen Truppen vom linken Ufer aus permanent unter Beschuss genommen worden waren. Um den unübersichtlichen Kämpfen Rechnung zu tragen und taktische Vorteile zu erlangen, wurden die Gruppenteile zu neuen Angriffsformationen zusammengelegt: auf der Ostseite der Mass am 19. März zur ''Angriffsgruppe Mudra'' unter General von Mudra, das alle Korps in diesem Kampfgebiet umfasste (am 19. April in ''Angriffsgruppe Ost'' umbenannt).

Am [[6. März]] hatte bereits die geplante Großoffensive der ''Angriffsgruppe West'' begonnen. Die 22. Reservedivision aus Schlesiern und Württembergern unter General von Gallwitz ging in zwei Spitzen zum Angriff gegen die französischen Stellungen am linken Maasufer nach starkem, vorbereitendem Artilleriefeuer über, u.a. war ein österreichischer Panzerzug nach Verdun abkommandiert worden. [[Bild:Rabenwald.jpg|thumb|left|250px|Der zerstörte ''Bois des Corbeaux'']]Nach heftigen Gefechten gelang ihnen am 7. März die Einnahme der Dörfer Regnéville und Forges und der strategisch wichtigen Höhenstellungen ''Côte de l'Oie'' (Gänserücken) und ''Côte de Poivre'' (Pfefferrücken). Die französische 67. Infanterie-Division brach unter dem Angriff zusammen, es wurden über 3300 unverletzte Gefangene gemacht.


Am gleichen Tag stießen die Deutschen zum ''Bois des Corbeaux'' (Rabenwald) zum ''Bois de Cumières'' vor, die in ihren nordwestlichen Ausläufern eine strategisch wichtige Anhöhe namens ''Le Mort Homme'' ("''Höhe Toter Mann''") hatten. [[Bild:KircheInForges.jpg|thumb|right|250px|Die zerstörte Kirche im erorberten Dorf Forges]]Dieser Hügel mit zwei Gipfeln (Höhe 265 und Höhe 295) hatte seinen Namen wegen einer dort im 16. Jahrhundert gefundenen, unbekannten Leiche bekommen. Westlich der ''Höhe Toter Mannes befindet'' sich die nach ihrer Höhe über dem [[Normalnull|mittleren Meeresspiegel]] benannte ''Côte 304'' ("''Höhe 304''"), die ebenfalls zum Ziel der deutschen Angriffe wurde. Hinter diesen beiden Hügeln standen die von Pétain stationierten, großen Geschützbatterien, welche den deutschen Stellungen auf dem rechten Maas-Ufer große Verluste beibrachten. Am Abend des [[7. März]] hatten die deutschen Truppen einen Teil der Höhe 304 besetzt, jedoch drängte sie ein entschlossener französischer Gegenangriff unter Oberleutnant Macker bereits am [[8. März]] wieder zurück.
[[Bild:Sturm_auf_Toter_Mann.jpg|thumb|left|250px|Angriff deutscher Sturmtruppen auf die ''Höhe Toter Mann'']]
Bei einem weiteren Angriff der Franzosen am [[10. März]] hatten die Franzosen große Verluste zu beklagen, unter anderem fiel auch Oberleutnant Macker im Artilleriebeschuss. Ihrer Integrations- und Führerfigur beraubt, standen seine Soldaten unter Schock und zogen sich zurück. Die Deutschen konnten den ''Bois des Corbeaux'' nun endgültig einnehmen und sich dem Toten Mann zuwenden.

Am 14. März schließlich gelang den Schlesiern die Eroberung des Gipfels des ''Mort Homme''. Kleine Geländegewinne wurden von der Propaganda beider Seiten als große Etappenziele dargestellt, so z.B. die Einnahme der französischen Stellungen nordöstlich von Avocourt durch bayerische Regimenter und württembergische Landwehrbataillone am 21. März, die Erstürmung des Höhenrückens südwestlich von Haucourt zwei Tage später oder die Einnahme des Dorfes Malancourt am 30. März durch Schlesier. Während des gesamten Monats März zogen sich die zermürbenden und extrem brutalen Kämpfe ohne klaren Ausgang hin.

=== März 1916: Französische Verteidigung auf der Ostseite der Maas ===

Am rechten Ufer der Maas waren die Franzosen aus ihren Stellungen westlich des Dorfs Douaumont nicht zu vertreiben. Ebenso hielten sie immer noch ihre starke Positionen auf dem Thiaumontrücken, im Fort de Souville und auf der Höhe ''Froideterre'', von denen sie den stark gewachsenen Nachschubverkehr ins Fort de Douaumont empfindlich stören konnten. Das Fort de Douaumont war seit seiner Eroberung zu einem Depot für Munition, Medizin und Verpflegung geworden und diente den anmarschierenden Truppen zum Schutz und zur Ruhe vor dem Sturm. [[Bild:Trichterland.jpg|thumb|right|250px|Der Todespfad am Vaux-Kreuz]]Der lange, verlustreiche aber letzlich doch erfolgreiche Vormarsch brandenburgischer und hessischer Regimenter gegen den Caillettewald konnte mittlerweile nicht mehr durch die üblichen Grabensysteme geschützt und stabilisert werden. Aufgrund des starken Gegenfeuers mussten die angreifenden Truppen ihre Stellung in Granattrichtern beziehen. Vor allem die MG-Stellungen auf der gegenüberliegenden Seite der Höhe ''Froideterre'' und des Fort Souville beherrschten das Gelände bei Tag, so dass Ausbau, Nachschub frischer Verbände und Evakuierung nur bei Nacht passieren konnte. Ein ähnliches Bild bot sich vor dem Fort Vaux. Die Reserven zur Aufrechterhaltung des steckengebliebenen Angriffs wurden über einen Anmarschweg am Vauxteich vorbei geführt, dem sogenannten Vaux-Kreuz, den die französische Artilleristen sehr genau kannten, einsehen und einfach beschiessen konnten. Das tägliche Feuer forderte bis Dezember 1916 tausende Gefallene, der Weg zur Front bekam den Namen ''Todespfad''.

=== April 1916: Im Westen nichts Neues ===

Insgesamt blieb die Frontlinie am Westufer der Maas entlang der Höhenzüge hängen und die Schlacht entwickelte sich im Verlauf der nächsten 30 Tage mehr und mehr zu einem reinen Artillerieduell. [[Bild:ToterMann3D.jpg|thumb|right|250px|Landkarte aus einer deutschen Tageszeitung: ''Höhe Toter Mann'']]Die Einnahme des Gipfel des Toten Mannes durch die Deutschen wurde von den Franzosen nicht nur militärisch sondern auch prpoagandistisch beantwortet: sie erklärten den zweiten, südlicheren Gipfel, den sie immer noch hielten, zum Hauptgipfel, um so den Deutschen einen symbolischen Triumph zu rauben. Am 6. April konnte die OHL die Einnahme des Dorfes Haucourt am Fuss der ''Höhe 304'' melden, bei der etwa 540 Gefangene gemacht wurden.

Am 9. April fiel die Entscheidung, eine weitere Offensive mit einem massiven Angriff auf der Gesamtlänge der jetzt insgesamt 30 Km langen Front zu beginnen. Bereits am ersten Tag meinten die deutschen Sturmtruppen doch noch den Gipfel der ''Höhe 304'' eingenommen zu haben, doch der Höhenzug, der erreicht wurde, stellte sich lediglich als ein weiterer Vorkamm heraus. Sowohl die ''Höhe Toter Mann'' als auch die ''Höhe 304'' wurden jetzt quasi ununterbrochen von den Geschützen beider Seiten unter Feuer genommen, um die Angriffe der gleichzeitig anstürmenden französischen und deutschen Infanterie unter höchsten Verlusten zum Erliegen zu bringen und die gegnerischen Geschützstellungen auszuschalten. Dieses Ziel wurde fast immer erreicht.

[[Bild:Scharfschutz.jpg|thumb|left|Französische Scharfschützenstellung, die mit einer falschen, gepanzerten Leiche getarnt ist]]Waren Stellungen eingenommen, mussten sie gegen den unvermeidlichen Gegenangriff ausgebaut und geschützt werden. Unter diesen unmenschlichen Umständen war es für die Infanteristen jedoch äußerst schwierig, einen Graben auszuheben, da neben dem ständigen Granatenbeschuss tagsüber auch zahlreiche feindliche Scharfschützen aktiv waren, während die Erde in dem kalten April 1916 nachts gefror. Der Kampf um die ''Höhe Toter Mann'' und ''Höhe 304'' waren zum Zeichen eines völlig entmenschlichten Krieges geworden: die Soldaten fielen den einschlagenden Granaten zum Opfer, ohne auch nur einen Feind gesehen zu haben. Der vom 9. bis 14. April am Toten Mann in Stellung liegende französische Hauptmann Augustin Cochin vom 146. Infanterieregiment sah in der ganzen Zeit in den ersten Linien keinen einzigen angreifenden deutschen Soldaten. Er beschrieb diese Hölle so: "''Die letzten zwei Tage in eisigem Schlamm, unter furchtbarem Artilleriefeuer, mit keiner anderen Deckung als der Enge des Grabens...Natürlich hat der ''boche'' nicht angegriffen, das wäre auch zu dumm gewesen... Ergebnis: Ich bin hier mit 175 Mann angekommen und mit 34 zurückgekehrt, von denen einige halb verrückt geworden sind.... Sie antworteten nicht mehr, wenn ich sie ansprach.''"[[Bild:Höhe304.jpg|thumb|right|Gefallene deutsche Soldaten auf der ''Höhe 304'']]

Nach nur vier Tagen blieb auch der neueste deutsche Angriff stecken, diesmal auch aufgrund des strömenden Regens, der fast durchgehend bis zum Ende des Monats anhielt und eine Einschränkung der Offensivbemühungen beider Seiten erforderte. Dies hieß unter den Bedingungen der Schlacht um Verdun, dass zwar immer noch Angriff mit Gegenangriff beantwortet wurde, es hieß auch immer noch fortwährender Handgranatenkampf, Nahkampf mit Spaten und Bajonett, Stellungsausbau, aber es hieß auch vor allem Artilleriebeschuss, durchgehend, Tag und Nacht. Die groß angelegten Offensiven zur Einnahme der Höhenzüge wurden eingestellt, aber der Kampf westlich der Maas war bereits nach 30 Tagen zu einem beispielhaften ''Ausbluten'' beider Seiten geworden, ganz nach den jetzigen Vorstellungen Falkenhayns. Die erfolgreiche Gegenwehr gegen die deutschen Versuche die Höhen 304 und Toter Mann zu erobern, veranlasste General Pétain am [[10. April]] eine an die Soldaten der Zweiten Armee gerichtete Mitteilung zu verfassen, in der er seine Truppen zu noch größeren Anstrengungen aufrief:

[[Bild:Artillerie_TM_304.jpg|thumb|left|350px|Artilleriefeuer auf ''Höhe Toter Mann'' und ''Höhe 304'']]''Le 9 avril est une journée glorieuse pour nos armées; les assaut furieux des armées du Kronprinz ont été partout brisés : Fantassins, artilleurs, sapeurs, aviateurs de la IIe Armée ont rivalisé d'héroïsme. Honneur à tous ! Les Allemands attaqueront sans doute encore, que chacun travaille et veille pour obtenir le même succès qu'hier ! Courage !... On les aura !... Ph. Pétain, [ordre du jour N° 94 du 10 avril 1916]''

Diese Zuversicht und unerschütterliche Standhaftigkeit mit der Pétain seinen Soldaten den Sieg ankündigte, trug in der Nachkriegszeit viel zu seiner Aura als Retter Frankreichs bei und machte ihn zu einem Nationalhelden. Während des gesamten Monats April befahl Pétain die heftige Verteidigung gegen die deutschen Versuche am Fort Vaux und an den Höhenzügen 304 und Toter Mann und den gleichzeitigen, unerbittlichen Vorstoß auf sein nunmehr zentrales Ziel der Rückeroberung des Fort Douaumont, dies, um eine neue Flanke gegen die Deutschen zu öffnen. [[Bild:PetainAnDerFront.jpg|thumb|right|200px|Pétain (4. v. L.) bei einem Truppenbesuch vor Verdun]]Den ganzen Monat April stürmten die französischen Truppen am östlichen Maasufer gegen die deutschen Stellungen vor Fort Douaumont immer wieder von neuem an und hatten horrende Verluste, aber sie bekamen die Mondlandschaft vorerst nicht in Ihren Besitz.

Pétain, der bei seinen Soldaten beliebteste General, der weitesgehend verlustreiche und aussichtslose Sturmangriffe vermieden und immer gegen die französische Militärdoktrin ''offensive à l'outrance'' gestanden hatte, wurde am [[19. April]] von seinem posten weggelobt und für den erfolgreichen Abwehrkampf zum Befehlshaber der französischen Heeresgruppe Mitte befördert. Offiziell wurde diese Leistung auch als Grund für seine Beförderung nach nur 2 Monaten im Amt vor Verdun genannt. Inoffiziell kann man andere Beweggründe für die Entfernung von Pétain erkennen: Joffre wollte andere Frontabschnitte stärken und entsprechend den Vereinbarungen mit den Engländern einen gemeinsamen Angriff an der [[Schlacht an der Somme|Somme]] starten. Wollte er diese große Offensive nicht gefährden, musste Joffre das von Pétain eingeführte System des steten und schnellen Austauschs der Divisionen vor Verdun ändern, da es immer mehr Truppen an der Verdunfront band. Entgegen dem eigentlichen Konzept (Angriff von 39 Divisionen auf 40 Km Breite), planten die Franzosen aus diesem Grund bereits am 26. April mit nur noch 30 Divisionen auf einer Länge von 25 Km für die Attacke an der Somme. (Als es zur Schlacht an der Somme kam, konnte das GQG nur noch 12 Divisionen auf 15 Km Breite abstellen.) Eine Änderung des System aber zog eine Versetzung des Systemgründers nach sich.

=== April - Mai 1916: Versetzung Pétains - Beginn der französischen Offensiven===

[[Bild:RobertNivelle.jpg|thumb|right|250px|Der neue Befehlshaber Robert Nivelle]]Neuer Kommandant der französischen Zweiten Armee wurde General [[Robert Nivelle]], der den Übergang zu einer aggressiveren Taktik anstrebte und seine Divisionen sehr viel länger an ihrer Front einsetzte. Er war ganz nach dem Geschmack von Joffre ein eindeutiger Verfechter des Vorkriegssystems der ''offensive à l'outrance'' und machte direkt Gebrauch von seiner Befehlsgewalt. Immer wieder liess er in den nächsten Monaten seine Soldaten aussichtslos und brutal gegen die deutschen Stellungen anstürmen, ohne damit größere Bewegung in die Linie zu bringen. Die französischen Kommandeure hielten sich an die Befehle des GQG und ließen ihre Truppen gegen die Stellungen der Deutschen anrennen und die eigenen Gräben bis zum Tod verteidigen, auch um die Anwendung des ausgesprochenen Weisung zu verhindern, dass jeder Soldat, Schütze oder General, bei einem Rückzug degradiert und vor ein Kriegsgericht gestellt wird.

Währenddessen machte sich auf der Führungsebene der deutschen Fünften Armee Unmut bemerkbar. Da die Zahl der Todesopfer bis zum Mai gewaltige Ausmaße angenommen hatte, bat Kronprinz Wilhelm die OHL um den Abbruch der Offensive. Falkenhayn lehnte dies zögernd aber strikt ab, da er immer noch von höheren Verlusten auf französischer Seite ausging und somit die Offensive als Erfolg betrachtete. [[Bild:ToterFranzösischerSoldat.jpg|thumb|left|300px|Die Leichen der Gefallenen konnten oft nicht begraben werden]]Man kann allerdings bezweifeln, dass er überhaupt eine alternative Strategie in Betracht gezogen hatte, denn ein Abbruch der Schlacht wäre dem Eingeständnis einer Niederlage gleichzusetzen gewesen. Bis Ende Mai waren in Verdun bereits über 170.000 Soldaten beider Seiten entweder gefallen oder verwundet worden, aber wie schon während der beiden ersten Monate des Kampfes wurden die auch nach den Maßstäben vor Verdun geringen Erfolge beider Seiten zu großen Siegen ausgebaut. Am 8. Mai wurde beispielsweise die Einnahme eines Nordhanges der Höhe 304 durch die 56. Infanteriedivision als großer, strategischer Sieg propagiert, bei dem "''an unverwundeten Gefangenen nur 40 Offiziere, 1280 Mann in unsere Hände fielen''".

Die endgültige Einnahme der Gipfel des ''Mort Homme'' und der ''Cote 304'' gelang Einheiten der deutschen 4. und der 56. Infanteriedivision Anfang bzw. Mitte des Monats Mai. Jetzt lagen ihre Nachschub- und Verstärkungswege mitten im mörderischen feindlichen Feuer, was die Deutschen im späteren Verlauf der Schlacht zum Bau von drei Zugangstunnel veranlassen sollte. Die Franzosen verstärkten ihre Angriffe gegen die Deutschen Höhenstellungen und der Nahkampf im erbarmungslosen Artilleriefeuer ging weiter.

=== 8. Mai 1916: Katastrophe im Fort Douaumont ===

Ebenfalls am [[8. Mai]] kam es im heftig umkämpften Fort Douaumont, das von den Deutschen den Spitznamen "Sargdeckel" erhalten hatte, zu einer Explosionskatastrophe und einem Verlust von 679 Leben. Der Zwischenfall ist in Teilen immer noch ungeklärt und wird ungekl&auml;rt bleiben, da alle möglichen Verursacher bei der Explosion ums Leben gekommen waren. Nach einem weiteren, erfolglosen Angriff am 7. März 1916 Richtung Thiaumont hatten sich Teile des Grenadierregiments 12 und des Infanterieregiments 52 aus Brandenburg ins Fort zurückgezogen, um sich für einen weiteren Angriff am nächsten Morgen ausruhen. Als das zur Unterstützung nach Douaumont verlegte Grenadierregiment 8 am 8. März in Douaumont ankam, erschollen Rufe "''Die Schwarzen kommen!''", da im Treppenaufgang aus dem Untergeschoß schwarze Gesichter aufgetaucht waren. [[Bild:NachDerExplosion.jpg|thumb|left|200px|Aufnahme vom 8. Mai: Nach der Explosion]]Die deutschen Soldaten hatten große Angst vor den französischen Kolonialtruppen aus Senegal und warfen Handgranten die Treppe hinunter. Dies war die erste Explosion, die zu hören war. Durch die umherfliegenden Splitter wurde eine zweite Explosion ausgelöst, ein Handgranatendepot entzündet, dessen gewaltige Schockwelle eine Decke zu Einsturz brachte, die den Großteil der Soldaten unter sich begrub.

Spätere Untersuchungen ergaben, dass die in dem Untergeschoss lagernden Flammenwerfer Öl verloren haben mussten, dass sich in einer Stichflamme entzündet hatte. Warum dieses Ol sich entzündet hatte, konnte nicht geklärt werden. Die mit dem Löschen beschäftigten Soldaten bekamen durch das Schwelfeuer rußige Gesichter, einige versuchten sich durch den dicken Qualm nach oben an die frische Luft zu retten. Als die Wachen im Obergeschoß jedoch diese geschwärzten Gesichter auf sich zu kommen sahen, warfen sie ihnen in Panik Handgranten ins Untergeschoß entgegen, die schließlich ein großes Munitionslager zur Explosion brachten, in dem man alte französische Granaten vom Typ 155 mm, Handgranaten, Flammenwerfer, Leuchtraketen und Artilleriemunition verstaut hatte. Diese gewaltige Detonation sprengte die Decke des Untergeschoss. Mehr als 670 Menschen, Soldaten, Melder und Offiziere, kamen durch die Explosion, die Druckwelle, durch die einstürzende Decke oder durch die nach oben flüchtenden Kameraden ums Leben.

Die Deutschen fingen an die Leichen in Granattrichter ausserhalb des Forts zu sammeln, als es jedoch immer mehr wurde und sie durch die einschiessende französische Artillerie in Gefahr gerieten, entschied man, sie in den Frontwallkasematten I und II unterzubringen und diese dann zuzumauern. Durch den Artilleriebeschuss bis 1918 und durch die Erdbewegungen wurde die Räume verschoben. Dort wo heute die Holzkreuze im Fort Douaumont stehen, ist lediglich ein Ausgang zum Innenhof zugemauert, die Kasematten I und II, als offizielle Massengräber annerkant, liegen 20 Meter dahinter.

=== Mai 1916: Kampf um das Fort Douaumont ===

[[Bild:AngriffFranzosen.jpg|thumb|left|250px|Angreifende französische Infanterie]]Die Franzosen hatten den Fall des Forts Douaumont immer als große Niederlage betrachtet und wollten die stärkste und strategisch wichtigste Festung im Verteidigungsring zurückerobern. Nach der von ihnen beoabachteten Katastrophe entschloss sich Nivelle zu einem noch stärkeren Ausbau des von Pétain gestarteten Angriffs auf Douaumont. Zusammen mit dem Kommandanten der 5. Infanteriedivision, General [[Charles Mangin]], der auch den Angriff leitete, plante er einen Großangriff, um so den geschwächten Zustand des Forts ausnutzen. Ab dem 17. Mai begann die französische Artillerie mit dem einleitenden Artilleriefeuer und schoss konventionelle und Gasgranaten auf die deutschen Stellungen um und auf das Fort selbst.

Als der Angriff am [[22. Mai]] begann, konnte der Kommandant des Douaumont nicht effektiv reagieren, da die Verbindungen zwischen den ersten Linien und dem Fort abgebrochen, die Verteidiger verschüttet, vergast, zerquetscht, zermalmt oder zerissen, das Fort weitesgehend zerstört und von deutschen Pionieren nur notdürftig ausgebessert worden war. Natürlich erwarteten die Deutschen die französischen Strumtruppen, ihr Auftauchen unmittelbar hinter den letzten Granatvorhang war jedoch überraschend. Die Franzosen hatten die ersten Gräben ohne nennenswerten Widerstand übersprungen und besetzen mehrere Teile des Forts. General Mangin teilte Nivelle noch am selben Tag mit, dass der Douaumont vollständig unter französischer Kontrolle sei, obwohl die Deutschen nach anfänglicher Panik jetzt entschlossene Gegenwehr leisteten. Durch das französische und deutsche Sperrfeuer gegen die Nachschubwege des Gegners, war das Fort weitesgehend durch Wände von explodierenden Granaten abgeschlossen. Nach erbittertem und für beide Seiten erfolglosem Nahkampf in den Gängen des Douaumont brachten Deutsche und Franzosen auf unterschiedlichen Dachpartien Maschinengewehre an und feuerten auf alles, was sich bewegte.

[[Bild:ErschöpfungFranzosen.jpg|thumb|right|250px|Völlig erschöpfte französische Soldaten nach einem Angriff, wahrscheinlich in der Region Fleury / Douaumont]]Nach zwei Tagen des blutigen Kampfes, in denen beiden Seiten Verstärkungen erhalten hatten, entschied sich der deutsche Kommandeur des Forts für den Einsatz von Minenwerfern innerhalb des Forts. Soldaten der 2. Infanteriedivision aus Bayern brachten 8 Minen an den Wänden der von den Franzosen gehaltenen ''Zwischenraumstreiche'' an. Diese wurden am Morgen des 24. März zur Detonation gebracht, kurz darauf griffen Strumtruppen die unter Schock stehenden Franzosen mit Handgranaten an. Eine weitere Einheit hatte währenddessen die französischen Gänge umgangen und tauchte in ihrem Rücken auf. Mehr als 500 Franzosen gingen in Gefangenschaft.

Durch diesen Erfolg bestärkt zogen die Deutschen weitere Verstärkungen des I. Armeekorps heran, die die französischen Gräben westlich den Forts Douaumont besetzen sollten. Soldaten kamen nach langem Marsch aus rückwärtigen Zonen im Kampfgebiet an und mussten nun zum ersten Mal das Grauen der Front erleben. Sie mussten gegen die Stellungen am Thiaumontrücken angehen, den sie schließlich auch unter großen Ausfällen erreichten. Mehr und mehr kam es jetzt auf beiden Seiten zu blutigen Verlusten durch ausgeleierte Artillerierohre, die nicht mehr genau schossen, sondern ihre Granaten auf die eigenen Reihen schoss.

=== Juni 1916: Kampf um das Fort Vaux ===

Nachdem die Region um das Fort Vaux seit drei Monaten von den Deutschen bestürmt worden war, gelang am 1. Juni die endgültige Einnahme des Cailletewaldes durch Veteranen der 7. Reservedivision aus Sachsen und Berlin. Weiterhin konnte die 1. Infanteriedivision gegen Stellungen im ''Bois de Fumin'' und am Vauxgrund vorrücken. Da jetzt die Flankierung des Hauptangriffs auf Fort Vaux ausgeschaltet war, nahm man die Gelegenheit wahr, einen neuen Generalangriff auf die Festung zu starten. Bereits am Freitag, dem 2. Juni, sollte dieser beginnen: der folgende Kampf um Fort Vaux war zwar nur eine kleine Episode in der Schlacht, doch wurde er mit einer solchen Härte und Brutalität geführt, dass man selbst in der Hölle von Verdun kaum eine Steigerung finden kann.

[[Bild:PlanFortVaux.jpg|thumb|left|300px|Konstruktionsplan des Fort Vaux]]Das Fort Vaux liegt auf dem Vauxberg zwischem dem Fort Douaumont und dem Fort Tavannes und wurde zwischen 1881 und 1884 in der damals üblichen Steinbaukonstruktion erbaut. Wie bei dem Fort Douaumont wurde die Wölbung der Kaserne im Jahr 1888 durch eine 250 mm dicke Betonschicht verstärkt, die durch eine 1 Meter dicke Sandschicht isoliert wurde. Durch diese Verstärkungen sollte die fürchterliche Wirkung der Hohlgeschosse eingedämmt werden. Das Fort wurde von einer 75 mm Kanone in einer drehbaren Stahlkuppel beschützt, die von zwei stählernen Beobachtungskuppeln flankiert wird. Ausserhalb hatten die französischen Ingenieure einen Sicherheitsgraben angelegt, der durch drei Grabenstreiche gesichert wurde, zwei einfachen von Nord nach Süd und von West nach Ost und einer doppelten in der Nordwestecke des Grabens. Diese Positionen wurden durch Zugangstunnel erreicht und waren mit Maschinengewehren bewaffnet. Neben der oberen Kanone standen noch zwei weitere 75 mm Kanonen in den ''casemates de Bourges'' zur Verfügung, die eine Beschiessung des gesamten Geländes erlaubte: Vom Douaumont, den ''ravins de la Fausse Côte'', dem Caillette- und Baziltal im Nordwesten bis zum Dorf und der Batterie von ''Damloup'' im Südosten. Zwischen 1910 und 1912 wurden Kommunikationstunnel gegraben, die die verschiedenen Verteidigungsstellungen des Fort verband.

[[Bild:BesatzungVaux.jpg|thumb|right|300px|Ausgetauschte Besatzung Vaux in der Etappe]]Nach Ausbruch des Krieges wurde das Fort durch 6 weitere 75 mm Kanonen und 4 Schnellfeuerkanonen (''canons revolvers'') verstärkt, aber im August 1915 begann im Zuge der Herabstufung der Verteidigungszone Verdun die Ausschlachtung: bis auf die Kuppelkanone, deren Ausbau zu komplex gewesen wäre, wurden nach und nach alle Geschütze entfernt. Dies war sein Zustand bei Beginn der deutschen Offensive vor Verdun, im Laufe derer das Fort mehrfach von deutschen Granaten getroffen worden war. Am 24. Februar erhielt es einen Volltreffer einer 420 mm Granate, die das Lager der Minenzünder zerstörte. Am 27. Februar zerschlug eine weitere 420 mm Granate den Stahldrehturm der 75 mm Kanone. Die ''casemates de Bourges'' konnten wegen des ständigen Beschuss und wegen den Zerstörungen nicht mehr mit Kanonen bestückt werden, deshalb baute man zur Verteidigung mehrere Maschinengewehre ein. Notdürftig wurden die größten Schäden durch Pioniere auf Befehl des Fortkommandeurs Major Sylvain-Eugène Raynal, 96. Infanterieregiment, repariert.

[[Bild:UnterhalbVaux.jpg|thumb|left|300px|Blick vom Fort Vaux auf die deutschen Stellungen]]Raynal war erst Ende Mai Kommandant des Fort Vaux geworden, er ist Berufssoldat und war mehrfach im Krieg verwundet worden. Seine letzte Verwundung war so stark, dass er nur noch mit Hilfe eines Krückstocks gehen kann. Er bestand hartnäckig auf eine weitere Verwendung im Fronteinsatz, die ihm schließlich gewährt wurde: man dachte, die Ernennung zum Befehlshaber eines Forts wäre auch für einen verkrüppelten Offizier leicht zu bewerkstelligen. Das Fort hatte in Friedenszeiten eine Besatzung von etwa 250 Mann, Anfang Juni 1916 waren jedoch über 300 Soldaten zusammengepfercht, da nach den deutschen Erfolgen in den Flanken des Forts viele Flüchtlinge, Melder und Verwundete in den vermeindlichen Schutz der Festung geströmt waren. Sie bestehen aus 240 Mann der 3. (Maschinengewehr) und der 6. Kompanie des 142. Infanterieregiments, die zusammen mit dem 2. Batallion die Vorneverteidigung der Anlage aufrecht erhalten sollten, etwa 30 Pionieren, etwa 30 Kolonialsoldaten, die die Ausbesserungsarbeiten durchführten und eine Handvoll Artilleristen, Sanitäter, Krankenträger und Telefonisten. Neben diesen Soldaten fanden vier Brieftauben, die als Melder dienten, und ein Cockerspaniel, Maskottchen einer aufgeriebenen Einheit, im Fort Schutz.

[[Bild:Fort_vaux_abhang.jpg|thumb|right|300px|Anstieg zum Fort Vaux]]Am Abend des 1. Juni setze die Artillerievorbereitung ein, Raynal schätzte später, dass etwa 1.500 bis 2.000 Granaten auf seine Festung pro Stunde niedergingen. Nach den Rückschlägen an den gegenüberliegenden Hängen und des mörderischen Granatenregens lagen nur noch wenige Verteidiger des 2. Batallions des 142. IR im Vorfeld des Forts, das zu einem unentwirrbaren Labyrinth aus Gräben, Stacheldraht, Hindernissen und MG-Stellungen geworden war. Lediglich die Verteidigungsstellung R.1 und R.2 unter Capitaine Delvert deckten noch die Flanken des Forts. Gegen 4 Uhr morgens begannen die Sturmtruppen der Infanterieregimenter 39, 53 und 158 aus Köln und Paderborn ihren Angriff. In der Morgendämmerung konnte Delvert die anstürmenden Truppen beobachten. "''Wie Ameisen, wenn man in einen Ameisenhaufen tritt''", strömten sie aus ihren Gräben. Delvert kann diesen Angriff nicht stören, da seine Maschinengewehre nicht bis zu den deutschen Linien reichen. Innerhalb weniger Stunden hatten diese große Geländegewinne gemacht und tauchten in benachbarten Gräben zur Stellung R.1 auf. Delvert befehligte unmittelbar heftiges Gegenfeuer, das die deutschen Sturmtruppen zunächst stoppte. Gegen 14h30 war allerdings die Stellung R.2 eingenommen, die Stellung R.1 hatte einen Volltreffer bekommen und Delvert stand im Kreuzfeuer und kommandierte nur noch 70 Soldaten. Die Vorverteidigung des Fort Vaux war jetzt größtenteils ausgeschaltet, die Sturmtruppen hatten am 2. Juni etwa 1000 Meter Gelände gewonnen und konnten nachmittags den toten Winkel der Festung erreichen. Sie hatten den immer noch verteidigenden Capitaine Delvert einfach umgangen.

[[Bild:MGInVaux.jpg|thumb|left|300px|Französische MG-Stellung in Fort Vaux]]Nach einer Sammlungspause sprangen die Strumtruppen schließlich in die völlig zerstörte ''Grabenstreichen'' des Forts, die immer noch von den Maschinengewehrstellungen beherrscht werden. Es gab hohe Verluste, doch einige Soldaten krochen an die Stellungen der Franzosen heran und hielten Handgranatenbündel in die Schiessscharten, an einer anderen Stellung versuchten sie das MG durch brennendes Flammenwerferöl auszuschalten. Mittlerweile hatte das Artilleriefeuer beider Seiten wieder eingesetzt und übertönte den Lärm des Nahkampfes im Graben. Gegen 16h00 gelang die Einnahme der Maschinengewehre und die Sturmtruppen konnten auf den Dach der Festung Stellung beziehen. Im Innern zog Majoy Raynal seine auf über 600 Soldaten angewachsene Mannschaft zur Verteidigung zusammen und befahl den sofortigen Ausbau der Hauptgänge mit Sandsäcken, die mit MG bestückt werden. Gleichzeitig sollten einige Soldaten die auf dem Dach liegenden Deutschen angreifen, die jedoch so lange Handgranten in die Leiterlucken warfen, bis diese Attacke abgebrochen werden musste. Die Deutschen entdeckten im zerstörten Dach einen Eingang zum Innenraum des Forts, liessen sich an Seilen hinab und drangen bis zu einer Stahltür vor, hinter der sie die Befehle des Majors hören konnten. Beim Versuch diese Tür durch eine Handgranate zu sprengen kamen einige Deutsche ums Leben, andere wurden verletzt, weil sie in den Gängen keinen Schutz vor der sich ausbreitenden Druckwellen finden konnten. [[Bild:Grabenstreiche.jpg|thumb|right|300px|Zerstörte westliche Grabenstreiche des Fort Vaux]]

Am Morgen des 3. Juni hatten die Deutschen zwei Hauptkorridore eingenommen. Die Nahkämpfe im Innern des Forts wurden mit äusserster Brutalität geführt: Spaten gegen Spaten, Bajonett gegen Bajonett und Handgranten, die sowohl Angreifer als auch Verteidiger in Stücke rissen. Die Stromversorgung und damit das Licht waren ausgefallen, aber die Kämpfe wurden mit nicht nachlassender Heftigkeit und in völliger Dunkelheit weitergeführt, nur ab und zu erhellt durch brennendes Öl und den Einsatz der deutschen Flammenwerfer. In den 1,70 Meter hohen und etwa 1,20 Meter breiten Gängen stapelten sich die zerfetzten Leichen, die man mit Chlorkalk bedeckte, das für die Latrinendesinfektion verwendet werden sollte. Der Boden war glitschig vom Blut der Verwundeten. Immer wieder brachen Soldaten in der verpesteten Luft zusammen, da sie keine Gasmasken getragen hatten.

Sobald eine Verteidigungsstellung von den Deutschen eingenommen war, sammelten sich die Franzosen kurz dahinter und starteten einen Gegenagriff mit allen Waffen, die zur Verfügung standen. Die Sommerhitze setzte mittlerweile sowohl den Deutschen als auch den Franzosen zu, die allerdings nicht mehr mit Nachschub rechnen konnten, da die Zisterne durch Granatentreffer zerstört worden war. Man versuchte das herauslaufende Wasser zu sammeln. In ihrem Krankenquartier, ein 10 Quadratmeter großer Bunkerraum, kann die ständig wachsende Zahl der Verwundeten nicht mehr behandelt werden, da es weder Wasser noch Licht gibt. Normalerweise war dieses Lager für 6 Betten bestimmt, am Abend des 2. Juni lagen bereits über 30 Soldaten mit schwersten Wunden in der Station und warteten auf den Ausgang der Kämpfe.

Die Stellung R.1 im Vorfeld hielt immer noch gegen die Angriffe der Deutschen aus, konnte aber in die Kämpfe innerhalb des Forts nicht eingreife. Um 22h00 wurde Capitaine Delvert, der seit 72 Stunden nicht mehr geschlafen hatte, die Ankunft einer Entsatzkompanie gemeldet, doch statt der angekündigten 170 Mann, waren gerade 18 Soldaten dem deutschen Feuer entkommen. Alle übrigen waren gefallen. Eine weitere Kompanie erreicht mit 25 Überlebenden um 23h00 die Stellung R.1.

[[Bild:OrdenVerdun.jpg|thumb|right|100px|Der Orden der französischen Verdunkämpfer]]Am Sonntag, dem 4. Juni hatten sich die Deutschen weitere 25 Meter des Haupttunnel erobert, Raynal hatte jedoch alle weiteren Angriffe der Flammenwerfer mit MG-Feuer zurückgeworfen. Die Franzosen hatten jedoch ihre Beobachtungsposten verloren und konnten nur noch auf einen kleinen Sehschlitz zurückgreifen, der ihnen den Blick ins Vorfeld erlaubt. Sie sahen die verzweifelten Versuche der Franzosen das Fort zu entsetzen, aber alle 6 Versuche des Tages wurden von den Deutschen zurückgeschlagen. Eine französische Kompanie ging in diesen Kämpfen völlig verloren: 22 Mann wurden gefangen genommen, 150 fielen, keiner kehrte zurück. Am Mittag des 4. Juni schickte Raynal seine letze Brieftaube mit einer letzten, verzweifelten Nachricht hinter die eigenen Linien:

[[Bild:GefangenFranzosen.jpg|thumb|left|300px|Nach der Einnahme von Fort Vaux gefangene Franzosen]]"''Nous tenons toujours mais nous subirons une attaque par les gaz et les fumées très dangereuses. Il y a urgence à nous dégager. Faites-nous donner de suite communication optique par Souville qui ne répond pas à nos appels. C'est mon dernier pigeon. Raynal''"

("Wir halten immer noch, aber wir erleiden eine Attacke durch Gase und sehr gefährlichen Qualm. Es ist unbedingt nötig, uns zu entsetzen. Stellt uns weiterhin optische Kommunikation mit Souville zu Verfügung, das nicht auf unsere Anfragen antwortet. Dies ist meine letzte Brieftaube. Raynal")

Die Taube starb kurz nach Erreichen ihres Zielortes in der Etappe an den Gasen, die sie eingeatmet hatte. Sie wurde ausgestopft und posthum verlieh man ihr den Orden von Verdun. Am Nachmittag erbat ein Unteroffizier ein Gespräch mit Raynal, in dem er ihm berichtete, dass die Garnison kein Wasser mehr hat. Raynal antwortete: "''Mais c'est trahison!''" Am Montag, dem 5. Juni sprengten die Deutschen ein weiteres Loch in die Wände des Hauptkorridors und griffen die Franzosen mit Flammenwerfern an, der Luftzug aus dem Bunker nach aus leitete die Flamme jedoch um und verbrannte viele deutsche Angreifer. Major Raynal hielt seine Stellung immer noch, es lagen jetzt über 90 Schwerverwundete auf der Krankenstation. Er gab Befehl das letzte Wasser unter den Verwundeten zu verteilen. Am Abend des 5. Juni kehrt Capitaine Raynal aus seiner Stellung R.1 nach Verdun zurück, er befehligte noch 37 Männer, alle verwundet, ausser fünf. Am 6. Juni starteten die Franzosen einen letzten Versuch zur Verstärkung, der wie alle anderen von den Deutschen abgeschlagen wird. [[Bild:Verdun_Festung_Vaux.jpg|thumb|right|350px|Das Fort Vaux bei Verdun in seinem heutigen Zustand]]Die Soldaten Major Raynals sind völlig erschöpft, einige leckten das schleimige Kondenswasser von Wänden ab oder tranken ihren eigenen Urin. Bald danach wanden sie sich in Magenkrämpfen, ein verzweifelter junger Leutnant verlor seinen Verstand und drohte ein Granatenlager zu sprengen. Er musste gefesselt werden. Am Morgen des 7. Juni sah Major raynal endlich das gewünschte optische Signal von Fort Souville: "''... ne quittez pas ...''", doch wenige Stunden später um 7h30 deutscher Zeit gab er den Kampf auf und ging mit 250 Mann in Gefangenschaft, alle anderen waren tot oder verwundet. Die Deutschen hatten etwa 2.700 Soldaten bei dem Angriff verloren.

Raynal wurde aufgrund seiner Tapferkeit zu Kronprinz Wilhelm gebeten, der ihm, als er sah, dass der Major seinen Säbel verloren hatte, zunächst ein deutsches Seitengewehr aber dann einen erbeuteten französischen Säbel bringen liess. Mit den Worten: "''Ich habe ihn gefunden. Ich bitte Sie, diese Waffe anzunehmen, die Ihrer würdig ist, im Tausch für jene, die ich Ihnen mangels einer anderen angeboten habe.''" liess der Kronprinz inmitten der völlig industrialiserten und unmenschlichen Schlacht ein ein letztes und völlig antiquiertes Bekenntnis an die "Ritterlichkeit der alten Zeit" erkennen. Nach der Einnahme von Fort Vaux starteten die Franzosen direkten Gegenschläge am 8. und 9. Juni und den vergeblichen Versuch das Fort zurück zu erobern. Die Deutschen bauten ihre Stellung im Fort Vaux aus und stürmten in den kommenden drei Wochen gegen die französischen Stellungen vor Verdun. Es gelang einmal, die Dächer der Stadt zu erblicken, doch wurde sie nie erreicht.

=== Brussilow-Offensive: Schwächung der deutschen Truppen vor Verdun===
[[Bild:Deutsche_Sturmtruppen.jpg|thumb|left|250px|Deutsche Sturmtruppen beim Angriff auf eine französische Stellung]]
Obwohl die Einnahme von Fort Vaux einen weiteren Pfeiler der östlichen Festungsanlagen vor Verdun weggeschlagen hatte und als großer strategischer Erfolg angesehen wurde, hatte sich Anfang Juni der Druck auf das deutsche Heer gewaltig erhöht. Am 15. Mai hatte der neue österreichisch-ungarische Generalstabschef Conrad einen Großangriff auf die italienischen Stellungen nördlich des Gardasees befohlen, eine ''Strafaktion'' als Flankierung der unablässigen Angriffe Cadornas am Isonzo, die nicht mit der Strategie der OHL koordiniert gewesen war. Die Situation, dass Italien bis 1916 seine kampfbereiten Divisionen von 36 auf 65 erhöht und 35 der 65 österreichischen Divisionen an der italienischen Front gebunden waren, war die Basis für die Entscheidung Conrads, Italien als derzeit wichtigsten Kriegsgegner zu betrachten. Er beabsichtigte Italien schnell zu besiegen, um danach alle freigewordene Ressourcen gegen die Russen werfen könnte. Obwohl er seine langfristigen Ziele hinsichtlich Italiens mehrfach klar geäussert und auch versucht hatte, Falkenhayn zu einer gemeinsamen Aktion in den Alpen zu bewegen, kam der Angriffsbefehl überraschend und zwang Deutschland zu einer ungewollten Stabilisierungsmassnahme im Osten.

Dies war notwendig geworden, da das russische Oberkommando Stavka die sich durch den Abzug mehrerer k.u.k.-Divisionen bietende Chance wahrnahm, um seinen in Chantilly vertraglich gefestigten Bündnisverpflichtungen mit einer groß angelegten Offensive nachzukommen. Ab dem [[4. Juni]] begann diese Offensive, die nach dem befehlenden General [[Brussilow-Offensive]] genannt war. Die anstürmenden russischen Einheiten schafften in Galizien eine Vielzahl von Durchbrüchen und der österreichisch-ungarische Widerstand der 4. Armee brach an einer Breite von 75 Km völlig zusammen. Die russischen Truppen drangen 20 Km tief in feindliches Terrain vor und machten über 200.000 Gefangene. Am 15. Juni erklärte Conrad von Hötzendorf den russichen Angriff zur schlimmsten Krise des Krieges. Und obwohl Falkenhayn Conrad bedrängte, de Russen durch Truppenverlegungen aus Italien zu begegnen und auf Truppenverschiebungen von Nordostfront von Hindenburg wartete, sah sich gezwungen, vier Divisionen von Verdun abzuziehen, um das weitere Vorgehen der Russen zu stoppen und, mehr noch, den Zusammenbruch des Bündnispartners zu verhindern.

=== Juni - Oktober 1916: Deutsche Offensive gegen ''Côte Froide Terre''===

[[Bild:Thiaumontq.jpg|thumb|right|150px|Landschaft bei Thiaumont]]Trotz der geringeren Zahl einsatzfähiger Soldaten entschied Falkenhayn, die deutsche Offensive vor Verdun, vor allem unter dem Eindruck des Falls von Fort Vaux, fortzuführen. General Schmidt von Knobelsdorf arbeitete mit seinem Stab die unmittelbare Fortsetzung des Angriffs im Raum Fort Vaux aus, der sich gegen Fort de Souville, das Zwischenwerk [[Thiaumont]] und das Dorf Fleury-sous-Douaumont richten sollte. Kronprinz Wilhelm legte vergeblichen Protest gegen diesen Plan ein, da ihm bewusst war, wie gefährlich ein solcher Angriff die Verteidigungsfähigkeit der geschwächten Truppen ins Wanken bringen konnte. Es war zudem immer klarer geworden, dass die Franzosen immer häufiger und heftiger Gegenwehr leisteten, und dass die französische Artillerie bereits jetzt der deutschen überlegen war. Das französische Heer gewann langsam die nötige Schlagkraft, um die Deutschen, wenn nicht besiegen, so doch immer besser in Schach halten zu können.

Für den Angriff konnte das deutsche Heer 30.000 Mann aufbieten, darunter auch die Soldaten des kurz zuvor an der Westfront eingetroffenen Alpenkorps, das als Elite-Einheit galt. Einen schnellen Durchbruch erhoffte sich Knobelsdorf durch erstmaligen Verwendung von [[Phosgen]]-Granaten, aufgrund der Farbe ihrer Markierung auch als [[Grünkreuz]] bekannt.[[Bild:Gasangriff.jpg|thumb|left|350px|Deutscher Gasangriff im Raum Fleury]]

Auf einer Frontbreite von 3 Kilometern sollte am 23. Juni der deutsche Großangriff beginnen, der wiederum durch die eine heftige Artillerieunterstützung auf die französischen Stellungen beim Fort Souville ab dem 21. Juni vorbereitet worden war. Insgesamt wurden 100.000 Granaten verschossen. Zuletzt feuerten die deutschen Artilleristen Tausende von Grünkreuz-Granaten auf die französischen Geschützbatterien, um die französische Infanterie ihres wichtigsten Schutzes zu berauben. Die aufgeschlagenen Geschosse explodierte nicht direkt und wurden von manchen Franzosen zunächst für Blindgänger gehalten. Innerhalb kurzer Zeit aber entfaltete das Phosgen eine verheerende Wirkung unter den französischen Truppen: die französischen Gasmasken von 1916 schützten ihre Träger nur bedingt vor diesem neuen Kampfstoff. Zahlreiche Franzosen flohen in Panik, während andere unter Qualen die Stellung hielten. Auf den Gasangriff folgte ein weiteres, heftiges Bombardement, das bis in die frühen Morgenstunden des [[23. Juni]] anhielt. [[Bild:Abhang_am_Thiaumont.jpg|thumb|right|300px|Der Anstieg zum Fort Thiaumont]]Als um 7 Uhr das Geschützfeuer eingestellt wurde, verließen die deutschen Infanteristen ihre Gräben und gingen zum Sturmangriff über. Die Soldaten der bayerischen Regimenter erreichten sehr schnell das Dorf Fleury, denn viele französische Gräben waren nicht mehr besetzt und konnten nur geringen Widerstand leisten. Fleury wurde fast ganz genommen, mit Ausnahme eines Teils um den ehemaligen Bahnhofs, doch hatten die deutschen Sturmtruppen hohe Verluste zu beklagen, die durch den Artilleriebeschuss beider Seiten entstanden waren. Am rechten Hang stürmten die Regimenter gegen den Höhenrücken Côte de Froide Terre, auf dem die befestigten Anlagen des Zwischenwerks Thiaumont, eine Vielzahl von Batterien und kleinere Bunker von Einheiten des 121. französischen Bataillons verteidigt wurden.

Nach einem heftigen Kampf, den nur 60 Verteidiger überlebten, wurde Thiaumont eingenommen. Von dort aus rückten vier stark geschwächte bayerische Kompanien weiter bis zur eigentlichen Côte de Froide Terre. Hier befanden sich die Deutschen nun zu ersten Mal auf der gegen Verdun abfallenden Seite der Côtes Lorraines und konnten in die Stadt einsehen. Nach einem blutigen Gefecht mit dem 114. französischen Bataillon mussten sie diese Position aufgeben und wieder nach Thiaumont zurückweichen. Der Angriff gegen das Fort Souville blieb jedoch stecken.

[[Bild:ChapitreWald.jpg|thumb|left|300px|Chapitrewald, bei Fleury]]In diesen unvorteilhaften Stellungen mussten die deutschen Soldaten den Durst der Sommerhitze ertragen, während neben und unter ihnen unzählige Tote verwesten und Verwundete um Hilfe schrieen. Der sehr lange Anmarschweg zum Zwischenwerk Thiaumont war übersät mit Gefallenen, die mitunter als Wegweiser dienten, jeder Spatenstich zum Ausbau der Stellung in der Mondlandschaft, brachte Menschenteile zum Vorschein, der Gestank der über dem Schlachtfeld von war selbst von den Tod und Leid gewohnten Soldaten kaum zu ertragen, es gibt Berichte, dass selbst die unter hohen Verlusten ran geschafften Verpflegungen, Lebensmittel und Wasser, nach Verwesung schmeckten. Nachts mussten die Mannschaften anmarschieren, immer in Angst im Schein einer französischen Leuchtrakete erkannt und von den französischen MG-Schützen erschossen zu werden. Tagsüber waren die Stellungen den Tieffliegerangriffen der jetzt in absoluter Luftüberlegenheit operierenden französischen Luftwaffe ausgesetzt, die zudem das Feuer ihrer Artillerie sehr genau auf das jeweilige Ziel leiteten. Es kam häufig vor, dass Soldaten die Orientierung verloren und stundenlang in dem Gebiet umherirrten, und hatten Glück, wenn sie von den Franzosen gefangen genommen wurden.

Am [[24. Juni]] leiteten britische und französische Truppen mit einem gewaltigen Geschützfeuer die [[Schlacht an der Somme]] ein. Um dieser großen Gefahr für die deutsche Front zu begegnen, musste die OHL deshalb weitere Einheiten aus dem Maas-Gebiet abziehen. Insbesondere schwere und schwerste Geschüzte mußten durch das unwegsame Trichterfeld zurück zur Eisenbahn geschafft werden. [[Bild:AngriffAbgeschlagenFranzosen.jpg|thumb|right|250px|Ein französischer Angriff wird zurückgeschlagen]]Außerdem wurde der Munitionsnachschub zur Somme umgeleitet, so dass weitere Offensiven im Raum Verdun eingestellt werden mußten. Vom 25. bis 30. Juni gingen durch französische Gegenangriffe die vorgeschobenen Stellungen verloren. Am [[3. Juli]] wurde dann ein letztes Mal ein letzter Angriff am 11. Juli genehmigt, allerdings unter der Vorgabe der möglichsten Schonung der Munitionsreserven, auch wenn dafür Menschen fallen müssten.

Ziel dieser letzten großen Aktion war die Einnahme der Forts Souville, St. Michel und Belleville und stellte einen letzten Versuch dar, die Schlacht noch einmal umzuwerfen. Die Artillerievorberietung mit Gasgranaten hatte nicht den gewünschten Effekt hoher Verluste, da die französischen Truppen mittlerweile verbesster Gasmasken trugen. Der Anmarsch der deutschen Sturmtruppen wurde im Morgengrauen von dr französischen Aufklärung erkannt, die daraufhin das Artilleriefeuer zielgenau mitten in die Truppen leitete und fürchterliche Verluste verursachte. Weiterhin wehten Westwinde das verschossene Gas in die deutschen Stellungen, was ebenfalls zu Toten führte. Im Dorfgebiet von Fleury wurde im Nahkampf und mit Flammenwerfer gnadenlos und extrem brutal miteinander gekämpft, bis es den bayerischen Truppen gelang, Fleury ganz zu erobern. Soldaten des 140. Infanterieregiments aus Westpreussen schafften es schließlich sogar auf das Dach des Fort Souville, meldeten große Schäden und zogen sich zurück, da keinerlei Verbindung zu den eigenen Linien bestand. Die Deutschen hatten ihr weitesten Punkt in Richtung Verdun erreicht. Am gleichen Tag, dem 11. Juli 1916, befahl Falkenhayn die Einstellung jeglicher Offensivbemühungen in Verdun, da sich das deutsche Heer auf die Schlacht an der Somme konzentrieren musste. Er hoffte, die Franzosen würde es den Deutschen gleichtun und Verdun zu einer ruhigen Front heradstufen. Diese Erwartung wurde nicht erfüllt, da die Franzosen in den Sommermonaten des Jahres 1916 die Initiative ergriffen und gegen die deutschen Stellungen am Thiaumont und um Fleury vorstiessen. Die Gefahr, die von der Einnahme der ''Côte Froide Terre'' für die Verteidigung Verduns ausgegangen war, war dem GQG schnell bewusst geworden. [[Bild:Franz_Fleury.jpg|thumb|left|400px|Französischer Anfriff auf Fleury]]Um das immer noch geltenden Endziel der Rückeroberung Fort Vaux und Fort Douaumont zu erreichen, war es unbedingt notwendig, die flankierenden Stellungen am ''ouvrage Thiaumont'' wieder zu erringen. Nivelle befahl also den unerbittlichen Gegenangriff, der sich über den heißen Sommer des Jahres bis in den Oktober hinzog aber keinen klaren Ausgang lieferte und ständig hin und herwogte.

So wechselte z.B. das Dorf Fleury und das Zwischenwerk Thiaumont zwischen Juni und Oktober, als beide Stellungen endgültig verloren gingen, jeweils viermal den Besitzer. Oft wird reißerisch von 13, 23 oder sogar 42 Wechseln zwischen Deutschen und Franzosen berichtet, jedoch ist das wahre Geschehen zu schrecklich, dass es solcher unsinnigen Übertreibungen bedürfte. Dies gehört zu den Legenden von Verdun, doch belegt sind folgende Angriffe und Gegenangriffe: Fleury wurde am 23. Juni zum Teil erobert, am 11. Juli war es vollständig in deutscher Hand, am 2. August setzten sich französische Truppen für einen Tag in Fleury fest, die Deutschen hielten es danach bis zum 18. August. Ab diesem Tag lagen die Stellungen am berüchtigten Fleury-Bahndamm. Am 23. Oktober musste das Gelände von den Deutschen vollständig geräumt werden. Ähnlich für Thiaumont: Einnahme durch die Deutschen am 23. Juni, Verlust am 5. Juli, Wiedereinnahme am 8. Juli und endgültiger Verlust am 23. Oktober infolge der Großoffensive der Franzosen.

=== Abberufung Falkenhayns – Beginn der deutschen Defensive ===

Nach diesem letzten Großangriff befahl Falkenhayn den Abbruch der deutschen Offensive vor Verdun, da das militärische Engagement – Gegenwehr gegen die Angriffe and der Somme, Kampf gegen die Russen und Abwehr der Brussilow-Offensive und die unbedingt notwendige Unterstützung des österreichischen Partners – die deutschen Kräfte bei Weitem überstieg. Vor diesem Hintergrund, erachtete er es als unerlässlich, nur noch defensiv tätig zu werden und die gehaltenen Positionen zu verteidigen. Die deutschen Truppen befestigten also so gut es ging ihre Stellungen und erwehrten sich im Juli und August den immer stärker werdenden französischen Attacken. Am [[15. August]] zog Falkenhayn in einem Schreiben an Kronprinz Wilhelm sogar erstmalig den vollständigen Abbruch der Schlacht in Erwägung, da ''Sparsamkeit in der Ausgabe von Menschen und Munition'' geboten sei. Während der Stabschef der V. Armee, Schmidt von Knobelsdorf, auf der Leistungsfähigkeit seiner Truppe und auf einer unentwegten Fortsetzung des Angriffs beharrte, erkannte der Kronprinz, dass dies nicht mehr ohne weiteres möglich war.

[[Bild:FalkenhaynInRumänien.jpg|thumb|right|300px|Falkenhayn mit Erzherzog Friedrich in Hermannstadt, Transilvanische Front, Oktober 1916]]Ohne Möglichkeit sich zu mit seinem Stabschef zu verständigen, bat er deshalb den Kaiser um die Abberufung Knobelsdorfs. Am [[23. August]] entsprach Wilhelm II. dieser Bitte. Am 28. August trat Rumänien an Seite der Entente in den Krieg ein, infolgedessen trat einen Tag später Falkenhayn, der diesen weiteren Gegner nicht auf Seite der Mittelmächte hatte bringen können, als Generalstabschef zurück. Elegant wurde er zum Oberbefehlshaber der IX. deutschen Armee in Rumänien ernannt. Zusammen mit [[Mackensen]] erreichte er bis Weihnachten 1916 einen fast vollständigen Sieg über Rumänien. An Falkenhayns Stelle setzte der Kaiser die Befehlshaber von [[Ober-Ost]], Generalfeldmarschall [[Paul von Hindenburg]] und General [[Erich Ludendorff]]. Nach einem Besuch Ludendorffs an der Westfront, ordnete Hindenburg die Beendigung aller Offensivaktionen und den Ausbau des gewonnen Terrains zu einem festen Stellungssystem an. Die Aufgabe der schwer zu verteidigenden Stellungen vor Verdun wurde zunächst nicht in Betracht gezogen.

Diese Weisung schloss begrenzte Aktionen zur Frontverbesserung ausdrücklich nicht ein, wie zum Beispiel durch das 14. Infanterieregiment aus Bayern im Chapitre-Wald, dies jedoch wie so oft ohne nennenswerten Erfolg. Im Allgemeinen war der starke Regen im September 1916 ein wichtiges beschränkendes Element bei der Planung weiteren Vorgehens: Durch die anhaltenden Regenfälle waren die Trichterstellung beider Kriegsgegner schnell voll Wasser gelaufen und stark versumpft. Neben das tödliche und pausenlose Feuer aus Maschinengewehr und Artillerie trat jetzt die tödliche Gefahr in einen mit Wasser gefüllte Trichter zu rutschen, in denen die Soldaten aufgrund der schwere Ausrüstung ertrinken mussten.

=== Explosionsunglück im Tavannes-Tunnel ===

[[Bild:tavannesTunnelMorts.jpg|thumb|left|Der Unglücksort unmittelbar nach der Katastrophe]]Am [[4. September]] ereignete sich auf französischer Seite, knapp vier Monate nach dem schweren Unglück im Fort de Douaumont, im Tavannes-Tunnel unmittelbar unterhalb des For Tavannes ein vergleichbarer Vorfall. Die französische Armee hatte den ehemaligen Eisenbahntunnel seit Beginn der Schlacht zur Unterbringung von Soldaten und als Munitionslager genutzt, bis es aufgrund des unachtsamen Umgangs mit Geschützgranaten zu einer Reihe von schweren Explosionen kam. Die Deutschen konnten beobachten, wie Rauchwolken aus dem Tunnel emporstiegen, und nahmen das Gebiet daraufhin mit ihren Geschützen unter Feuer. Französische Soldaten, die aus dem Tunnel entkommen konnten, gerieten somit zwischen einschlagende Granaten. Das Feuer im Tavannes-Tunnel konnte erst nach drei Tagen unter Kontrolle gebracht werden. Offizielle Quellen sprachen von 500 Opfern, wie viel wirklich ums Leben gekommen sind, lässt sich nicht mehr klären, wahrscheinlich wurde diese Zahl stark nach unten korrigiert.

=== Oktober 1916 – Beginn der französischen Offensive ===

[[Bild:FranzösischeS_Geschütz.jpg|thumb|right|250px|Französische Geschützstellung bei Fleury]]Die deutschen Probleme des Kampfes an mehreren Fronten waren den Franzosen nicht verborgen geblieben, ebenso wenig wie die Einstellung der deutschen Soldaten zu einem defensiveren Kampf und zum Ausbau der eigenen Stellungen. Infolgedessen und der französischen Offensivstrategie treu bleibend, planten das GQG, Nivelle und Mangin eine Großangriff im Raum der ‚’’roten Zone’’, des zentralen Kampfplatzes am rechten Maasufer zwischen den Forts Douaumont und Vaux, mit dem Ziel der Rückgewinnung dieser beiden zentralen Festungen. Der ehemalige Artilleriegeneral Nivelle widersetzte sich auf Neue dem System Pétains, das eine so gut wie vollständige Zerstörung der feindlichen Befestigungsanlagen vor dem Sturm durch die Infanterie vorgesehen hatte. Dem Entgegen wollte Nivelle das Bewegungs- und Überraschungsmoment nutzen und die Infanterie sehr schnell ins Gefecht werfen. Er ordnete eine konzertiertes Vorgehen von Artillerie und Infanterie an: 150 Meter vor der anrückenden Infanterie sollte das Feuer der schwere Geschütze liegen, 70 Meter vor der Hauptkampflinie das der leichteren Feldkanonen. So wollte Nivelle die gegnerischen Stellungen ausschalten und unmittelbar danach mit Infanterie besetzen lassen. In dem bei [[Bar-le-Duc]] nachgebildeten Angriffsgebiet, mussten sich die französischen Soldaten mit der Geographie vertraut machen und gleichzeitig üben, hinter der vom Nivelle benannten ''[[Feuerwalze]]'' vorzurücken.


Zur Vorbereitung des Großangriffs ließ Nivelle fünf Tage lang etwa 600 Geschütze auf das Angriffsgebiet einschießen, darunter zahlreiche besonders große Kaliber, wie z.B. zwei 40 cm-Mörser. Am [[24. Oktober]] gingen acht französische Divisionen auf einer Breite von sieben Kilometern zum Angriff über. Der gesamte Angriffsbereich war durch die Regenmenge der letzten Tage zu einem einzigen Schlammfeld geworden. Das vorbereitende Artilleriefeuer hatte die meisten Verteidiger verwundet oder getötet, so dass die ersten Gräben ohne Schwierigkeiten genommen werden konnten: die ''Feuerwalze'' arbeitete sehr genau, denn hinter den Einschlägen konnten die Deutschen die Angreifer nicht erkennen, und wenn die Granatwand vorverlegt wurde, waren die Franzosen bereits in den Gräben. Die wenigen einsatzbereiten und bemannten Maschinengewehre richteten große Verluste unter den Franzosen an, wurden jedoch ohne deutsche Reserven nach und nach eingenommen.

=== 24. Oktober: Rückeroberung des Fort Douaumont ===

[[Bild:Verbandsplatz.jpg|thumb|left|250px|Französischer Verbandsplatz]]Die deutsche Front, gehalten von den XII, VII. und XIII. Reservekorps brach im Frontraum Fleury – Thiaumont völlig zusammen, im Chapitre-Wald und an der Strasse Vaux – Tavannes wurde die Verteidigung nach kurzer Verzögerung ebenfalls überwunden. Der französische Angriff kam erst in den Resten des Dorfs Douaumont durch Flankenbeschuss aus dem Fort und aus der Thiaumont-Ferme zum Stehen. Französische Truppen waren bis zum Fort Douaumont vorgedrungen und hatten einige Wälle besetzt. Im einsetzenden deutschen Artillerieabwehrfeuer mussten sie diese vorgeschobenen Positionen jedoch aufgeben.

Im Fort Douaumont hatten die Deutschen unter anderem einen zentralen Verbandsplatz eingerichtet, der während der französischen Attacken immer stärker zu tun bekommen hatte. Durch die dicke Betondecke geschützt wähnte man sich in relativer Sicherheit vor den französischen Geschossen. Am 23. Oktober begann das Unglück in Form eines direkten Treffers eines neuen 40 cm Geschützes in das deutsche Lazarett. Alle Anwesenden waren auf der Stelle tot. Diese Kanone gab alle 10 Minuten einen Schuss mit höchster Präzision ab, die alle auf das Fort Douaumont gezielt waren und alle ihr Ziel erreichten und größte Zerstörungen anrichteten. Der sechste Schuss schließlich schlug in ein Pionierdepot ein, in dem 50 Soldaten verschüttet wurden. Es brach ein großes Feuer aus, das auf die gelagerte Infanterie- und Artilleriemunition (u.a. etwa 7.000 Hangranten) überzugreifen drohte. Die deutschen Verteidiger des Forts versuchten nun mit Mineralwasser und Urintonnen aus den Latrinen das Feuer einzudämmen, was allerdings nicht gelang. Schließlich befahl der Kommandant zur Sicherheit seiner Mannschaften den Rückzug aus dem Fort. Der von den Franzosen verschossene Gasvorhang um das Fort begünstigte den Abzug der deutschen Truppen inklusive der Verwundeten, die mit aufgesetzten Gasmasken abrückten.

[[Bild:DorfDouaumont.jpg|thumb|right|200px|Dorf Douaumont nach der französischen Rückeroberung]]Nur 100 Mann blieben als Restbesatzung zurück, die den Auftrag hatten, so gut wie möglich zu verteidigen und das Feuer zu löschen. Der Gasbeschuss und die Qualmentwicklung waren allerdings so stark geworden, dass beides unmöglicher wurde. Die Restmannschaft war ebenfalls gezwungen, das Fort zu verlassen. Wenig später jedoch kehrten einige Offiziere und Soldaten auf eigenen Wunsch und ohne Befehl in das Fort zurück und erkannten, dass das Feuer nicht mehr lebensbedrohlich war. Sofort schickte der kommandierende Offizier namens Prollius einen Melder zurück, um Verstärkungen anzuforden. "''Schwache Besatzung hält das Fort bis zum Eintreffen von Verstärkungen''", war seine letzte Meldung.

Einige Verwundete und Verprengte berichteten von infernalischen Zuständen an der Front des Fort Doaumont, wo nur noch Verletzte und Tote im Schlamm herumlägen. Nach einem gescheiterten Ausbruchsversuchs der kleinen Truppe um den immer noch lebenden Kommandanten, erreichten die Franzosen schließlich Douaumont und nahmen 28 überlebende Deutsche in Gefangenschaft. Ein geplanter Gegenangriff der Deutschen wurde wegen des immer stärker werdenden Engagements an der Somme verworfen.

=== November 1916: Rückeroberung des Fort Vaux ===

[[Bild:TunnelVaux.jpg|thumb|right|200px|Hauptkorridor im Fort Vaux mit verwundeten Franzosen nach der französischen Rückeroberung]]Nach einem weiteren französischen Vorstoß sah sich die deutsche Besatzung von Fort Vaux am [[2. November]] zum Rückzug gezwungen. Deutsche Pioniere sprengten Teile des Forts. Diese Gebietsgewinne trugen dazu bei, dass Nivelle am [[15. Dezember]] als Nachfolger von General Joffre zum designierten Oberbefehlshaber der französischen Streitkräfte ernannt wurde. Am selben Tag erfolgte ein letzter französischer Großangriff auf dem rechten Ufer der Maas, der die deutschen Verbände bei Douaumont bis zum [[18. Dezember]] um über drei Kilometer zurückdrängte. Am [[20. Dezember]] wurde die französische Offensive eingestellt.

=== Verdun bis zum Kriegsende ===

[[Bild:Vorder_Front.jpg|thumb|right|250px|Vorderster deutscher Graben 1917]][[1917]] konzentrierten sich die Kriegsparteien auf andere Frontabschnitte, doch kam es auch vor Verdun noch mehrfach zu Gefechten, auch wenn diese nicht dieselben Ausmaße wie im Vorjahr annahmen. Insbesondere die Höhe 304 und der Tote Mann wurden seit Juni 1917 wieder heftig umkämpft. Bis zum [[29. Juni]] gelang es deutschen Einheiten, die Höhe 304 vollständig zu besetzen. Im August führten französische Angriffe zur endgültigen Räumung der Höhe 304 und des Toten Mannes durch die Deutschen. Es folgten weitere Aktionen, doch sollte das Maas-Gebiet erst gegen Ende des Kriegs wieder zum Schauplatz von größeren Angriffen werden. Durch einen Vorstoß US-amerikanischer Truppen unter [[John Pershing | General Pershing]] wurde die deutsche Front südöstlich von Verdun am [[30. August]] 1918 um mehrere Kilometer eingedrückt. Am [[25. September]] folgte eine von Verdun ausgehende, amerikanisch-französische Offensive, welche die Deutschen bis Anfang November aus den [[Argonnen]] zurückdrängte. Am [[11. November]] trat der Waffenstillstand in Kraft.

=== Die Hölle von Verdun ===

[[Bild:verdun1.jpg|thumb|right|200px|Abtransport von bei Verdun gefallenen deutschen Soldaten]]

Das Schlachtfeld bei Verdun hatte sich aufgrund des massiven Einsatzes von Geschützen auf engem Raum innerhalb weniger Monate in eine Kraterlandschaft verwandelt, in der von Wäldern oftmals nur Baumstümpfe verblieben. Zeitweilig wurden über 4.000 Geschütze in dem vergleichsweise kleinen Kampfgebiet eingesetzt. Durchschnittlich 10.000 Granaten und Minen gingen stündlich vor Verdun nieder und erzeugten eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse. Beim Explodieren schleuderten sie große Mengen Erde hoch, die zahlreiche Soldaten bei lebendigem Leibe begruben. Nicht alle konnten rechtzeitig aus dem Erdreich befreit werden.
[[Bild:Wassergraben.jpg|thumb|left|Gefüllte Granattrichter]]Aufgrund des allgegenwärtigen Geschützfeuers mussten viele Tote und Verletzte im [[Niemandsland]] zwischen den Fronten liegen gelassen werden, weshalb insbesondere in den Sommermonaten ein schwerer Leichengestank über dem Schlachtfeld hing. Zudem war es im permanenten Geschoßhagel oftmals nicht möglich, die Frontsoldaten ausreichend mit Nachschub zu versorgen oder sie abzulösen. Bereits auf dem Weg zur vordersten Linie verloren zahlreiche Einheiten weit über die Hälfte ihrer Männer. Kaum ein Soldat, der vor Verdun eingesetzt wurde, überstand die Schlacht ohne zumindest leicht verwundet worden zu sein.

Die Soldaten mussten häufig stundenlang ihre Gasmasken tragen und mehrere Tage ohne Nahrung auskommen. Der Durst trieb viele von ihnen dazu, verseuchtes Regenwasser aus Granattrichtern oder sogar ihren Urin zu trinken. Sowohl den französischen als auch den deutschen Soldaten graute es vor dem Fronteinsatz bei Verdun. Das Schlachtfeld wurde von ihnen als "Blutpumpe", "Knochenmühle" oder schlichtweg "die Hölle" bezeichnet. Bei Regen glich das Kampfgebiet einem Schlammfeld, wodurch das Vorrücken von Truppen stark erschwert wurde. Jeder Weg wurde eingeebnet, das ganze Gebiet war ein einziges Trichterfeld. Immer stärkere Pferdegespanne mussten eingesetzt werden, um ein einziges Geschütz bewegen zu können. Diese Gespanne erlitten unter dem Beschuss besonders hohe Verluste: Bis zu 7000 Pferde sollen an einem einzigen Tag umgekommen sein. Eine besondere Bedeutung kam den Forts vor Verdun zu, die den Truppen Schutz boten und zur Erstversorgung von Verwundeten genutzt wurden. Auch dort herrschten katastrophale hygienische Verhältnisse. Der militärischen Führung auf beiden Seiten war durchaus bewusst, was die Soldaten in der Schlacht zu erdulden hatten, doch hatte dies keine Konsequenzen.


== Die Toten ==

[[Bild:Verdun_Gebeine.jpg|thumb|right|180px|Gebeine auf dem Schlachtfeld bei Verdun]]

[[Bild:Soldatengrab.jpg|thumb|left|200px|Deutscher Soldatenfriedhof nach der Schlacht]]Insgesamt geben die deutschen Quellen die Zahl der Gefallenen zwischen Beginn der Offensive und Juni 1916 mit etwas mehr als 41.000 an. Verglichen mit dem ersten Tag an der Somme ([[Schlacht an der Somme]]), an dem allein 20.000 Soldaten gefallen waren, erscheint diese Zahl selbst in den Masstäben des Ersten Weltkrieges als nicht dramatisch. Erschreckend werden die Verluste aber, wenn man den extrem hohen Anteil von über 240.000 Verwundeten im gleichen Zeitraum einrechnet, denn normalerweise wird das Verhältnis Tod/Verwundung von 1/3 angenommen, hier liegt es bei etwa 1/6. Kalkuliert dieses Verhältnis der Zahlen bis zum Ende der Schlacht im Dezember 1916, so kann man annehmen, dass auf beiden Seiten jeweils etwa 100.000 Mann gefallen sind. Diese Zahlen stehen aber für tödliche Direktverluste, also ohne Addition der Soldaten, die im späteren Verlauf und nicht an der Front in Verdun Ihren Verwundungen erlegen sind.

[[Bild:bajonettgraben.jpg|thumb|right|Der Bajonettgraben im Jahre 1920]] Rechnet man die Verwundeten im "normalen" Verhältnis von 1 zu 3 hinzu(also 300.000 Verwundete pro Seite), müssten die Gesamtverluste beider Seiten auf etwa 800.000 Soldaten angesetzt werden. Ein Indiz dafür sind die offiziellen Zahlen des französischen ''Service Historique des Armées'' gab für den Zeitraum 21. Februar bis 12. Dezember:

Gefallen: 61.269 (1.925 Höhere Dienstgrade, 59.304 Mannschaften)<br />
Vermisst: 101.151 (1.808 Höhere Dienstgrade, 99.243 Mannschaften) <br />
Verwundet: 216.337 (5.055 Höhere Dienstgrade, 211.282 Mannschaften)<br />
Gesamt: 378.687 Tote, Vermisste oder Verwundete

[[Bild:Tot_verdun.jpg|thumb|left|200px|Toter französischer Soldat in einer Stellung]] Es ist anzunehmen, dass mindestens 50% der Vermissten gefallen sind. Die genauen Zahlen werden sich aber nie klären lassen, da die offizielle Quellen ihre Verluste nicht genau sondern beschönigend darstellten.

Entgegen den Erwartungen von Falkenhayn waren die Verluste auf französischer Seite nur geringfügig höher als auf deutscher. Die französische Armee wurde durch die Schlacht um Verdun stark geschwächt, doch stellte sich die Situation auf deutscher Seite ähnlich dar.

Sowohl die Somme-Schlacht als auch die Schlacht um Verdun offenbarten einen äußerst bedenkenlosen Umgang der militärischen Befehlshaber mit dem Leben ihrer Soldaten. Nicht die Minimierung von eigenen Verlusten, sondern der Verbrauch gegnerischer Ressourcen trat in den Vordergrund. Allein auf deutscher Seite wurden 1.350.000 Tonnen Granaten innerhalb der dreißig Hauptkampfwochen verfeuert. Etwa 50 Tonnen Stahlsplitter liegen heute noch auf jedem Hektar des Schlachtfeldes.

== Verdun als Mythos ==
[[Bild:DenkmalVerdun.jpg|thumb|left|130px|Siegesdenkmal in Verdun]]
In Frankreich wurde die Verteidigung Verduns gegen die scheinbar übermächtigen deutschen Streitkräfte als Heldentat verklärt. Die Festung Verdun wurde als unüberwindbares Bollwerk betrachtet, das den Fortbestand der französischen Nation garantiert hatte. Für das [[Grabmal des unbekannten Soldaten]] beim [[Triumphbogen (Paris)|Arc de Triomphe]] in [[Paris]] exhumierte man die Leiche eines vor Verdun gefallenen Franzosen. General Pétain wurde von den Franzosen als Nationalheld gefeiert und 1918 zum [[Marschall von Frankreich]] ernannt. Ihm zu Ehren wurde nach dem Krieg eine Statue auf dem Schlachtfeld vor Verdun errichtet, auf deren Sockel der zentrale Satz des französischen Verdun-Mythos zu lesen ist: ''Ils ne passeront pas'' ("Sie kommen nicht durch"). Ein Satz der bei Dienstantritt des Generals Pétain in Verdun Anfang März 1916 gefallen sein soll und der zur Durchhalteparole für die Franzosen wurde. Die Verklärung der Verdun-Schlacht zur erfolgreichen Behauptung einer unbezwingbaren Festung sollte im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] verheerende Folgen für Frankreich haben. [[Bild:GrabenVerdun.jpg|thumb|right|180px|Die Gräben heute]]Obwohl die Kriegsjahre 1917 und 1918 gezeigt hatten, dass die zukünftige Kriegsführung eine offensive, auf Schnelligkeit ausgelegte Taktik begünstigen würde, errichteten die Franzosen in den dreißiger Jahren ein aus zahlreichen [[Bunker]]n und [[Feldbefestigung]]en bestehendes Verteidigungssystem, die [[Maginot-Linie]]. Als die deutsche [[Wehrmacht]] [[1940]] in Frankreich einfiel, umging sie jedoch in einer "[[Blitzkrieg]]"-Taktik erfolgreich die Maginot-Linie. Pétain fiel im weiteren Verlauf des Krieges beim französischen Volk in Ungnade, da er als Machthaber des [[Vichy-Regime]]s mit dem [[Zeit des Dritten Reiches|Dritten Reich]] kooperierte. Er wurde im August [[1945]] zum Tode verurteilt, doch hatte er es wahrscheinlich seinen Verdiensten in der Schlacht um Verdun zu verdanken, dass seine Strafe in lebenslängliche Haft umgewandelt wurde.
[[Bild:LoeweSouville.jpg|thumb|left|200px|Denkmal vom sterbenden Löwen]]
Da die Offensive an der Maas weder zur Einnahme Verduns noch zur völligen Abnutzung der französischen Armee geführt hatte, konnte man die Schlacht im Deutschen Reich nicht als Sieg betrachten. Trotzdem handelten die meisten deutschen Kriegsromane, die zu Zeiten der [[Weimarer Republik]] erschienen, von der Schlacht um Verdun. "Verdun" wurde dabei zum Sinnbild des modernen, vollständig industrialisierten Krieges. Dabei ging es nicht mehr um Sieg oder Niederlage, sondern um die Erfahrung der Materialschlacht. Auch die Frage nach dem Sinn der blutigen Stellungskämpfe wurde angesichts der gewaltigen Zerstörungskraft des modernen Kriegsgeräts als nebensächlich eingestuft. Nicht die kritische Nachbetrachtung, sondern das Erleben der Schlacht stand im Mittelpunkt des deutschen Verdun-Mythos. Eine zentrale Rolle übernahm dabei der Verdun-Kämpfer, der als neuer Typus des Soldaten betrachtet wurde. Dieser wurde als charakterlich entleert, kalt und hart beschrieben und verdrängte frühere, romantisch verklärte Idealbilder, wie sie insbesondere im bürgerlichen Milieu vorherrschten.

== Das Schlachtfeld heute ==

[[Bild:SchlachtfeldVerdun.jpg|thumb|left|200px|Schlachtfeld am Fort Thiaumont]]Auf dem umkämpften Gebiet explodierten über 40 Millionen Geschützgranaten und Minen - etwa 2 pro Quadratmeter. Die Landschaft wurde mehrfach durchpflügt, wovon sie sich bis heute nicht vollständig erholt hat. Nach wie vor befinden sich zahlreiche Blindgänger, Gewehre, Helme, Ausrüstungsstücke und menschliche Knochen im Erdreich des Schlachtfelds. Die ehemals umkämpften Forts und Zwischenwerke wie Douaumont und Vaux wurden schwer beschädigt, können jedoch besichtigt werden. Im Umland von Verdun befinden sich zahlreiche Friedhöfe und Beinhäuser. Im [[Beinhaus von Douaumont]] werden die Knochen von etwa 130.000 nicht identifizierten deutschen und französischen Soldaten verwahrt. Bei Fleury befindet sich das Mémorial de Verdun, wo damals verwendetes Kriegsgerät ausgestellt wird.

''Siehe auch:'' [[Liste von Schlachten]], [[Liste von Kriegen]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* {{Literatur

| Autor=[[Holger Afflerbach]]
* German Werth: ''Verdun: Die Schlacht und der Mythos'', Augsburg 1990, ISBN 3-89350-016-2
| Titel=Falkenhayn. Politisches Denken und Handeln im Kaiserreich
* Arnold Zweig: ''Erziehung vor Verdun'', Aufbau Verlag, Taschenbuch, ISBN 3-7466-5211-1
| Auflage=
* Malcolm Brown: ''Verdun 1916'', ISBN 0-7524-2599-4
| Verlag=Oldenbourg
* Kurt Fischer, Stefan Klink: ''Spurensuche bei Verdun'', ISBN 3-7637-6203-5
| Ort=München
* Paul Ettighofer: ''Verdun - Das große Gericht'', Bechtermünz Verlag, ISBN 3-82890-735-0
| Datum=1996
* Holger Afflerbach: ''Die militärische Planung des Deutschen Reiches'', in: ''Der Erste Weltkrieg, Wirkung, Wahrnehmung, Analyse'', Piper, München 1994 ISBN 3-492-11927-1
| ISBN=3-486-56184-7
}}
* {{Literatur
| Autor=Alan Axelrod
| Titel=The Battle of Verdun
| Auflage=
| Verlag=Lyons Press
| Ort=Guilford
| Datum=2016
| ISBN=9781493022106
| Sprache=en
}}
* {{Literatur
| Hrsg=Michelin & Cie
| Titel=Verdun and the Battles for its Possession
| Auflage=
| Verlag=G.H. Smith
| Ort=Easingwold
| Datum=1994
| ISBN=090477564X
| Sprache=en
}}* {{Literatur
| Autor= Micheal Clodfelter
| Titel= Warfare and Armed Conflicts A Statistical Encyclopedia of Casualty and Other Figures, 1492–2015
| Auflage= IV
| Verlag= McFarland, Incorporated, Publishers
| Ort= Jefferson
| Datum=2017
| ISBN=9781476625850
| Sprache= en
}}
* {{Literatur
|Autor=Alistair Horne
|Titel=The Price of Glory : Verdun 1916
|Verlag=Penguin
|Ort=London
|Datum=1993
|ISBN=0140170413
| Sprache=en
}}
* {{Literatur
| Autor=William F. Buckingham
| Titel=Verdun 1916 : the deadliest battle of the First World War
| Auflage=
| Verlag=Amberley
| Ort=Stroud
| Datum=2016
| ISBN=9781445641089
| Sprache=en
}}
* {{Literatur
| Autor=Keith Mallory
| Titel=The Architecture of War
| Auflage=
| Verlag=Pantheon Books
| Ort=New York
| Datum=1973
| ISBN=0394488253
| Sprache=en
}}
* {{Literatur
| Autor=Christopher Chant
| Titel=The Illustrated History of the Air forces of World War I & World War II
| Auflage=
| Verlag=Galley Press
| Ort=Leicester
| Datum=1979
| ISBN=0861367928
| Sprache=en
}}
* {{Literatur
| Autor=John Keegan
| Titel=Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie
| Auflage=
| Verlag=Rowohlt
| Ort=Reinbek bei Hamburg
| Datum=2001
| ISBN=3-499-61194-5
}}
* {{Literatur
| Autor=Louis Madelin
| Titel=Verdun
| Auflage=
| Verlag=Flammarion
| Ort=Paris
| Datum=1920
| OCLC=829217141
| Sprache=fr
}}
* {{Literatur
| Autor=Erich von Falkenhayn
| Titel=General headquarters 1914–1916 and its critical decisions
| Auflage=
| Verlag=Hutchinson
| Ort=London
| Datum=1919
| OCLC=1405090675
| Sprache=en
}}
* {{Literatur
| Autor=Augustin Cochin
| Titel=Quelques lettres de guerre
| Auflage=
| Verlag=Bloud & Gay
| Ort=Paris
| Datum=1919
| OCLC=493099322
| Sprache=fr
}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Battle of Verdun|Schlacht um Verdun|audio=0|video=0}}
* [http://www.geocities.com/bunker1914/verdun.htm Die Schlacht um Verdun - Eine europäische Tragödie] - Detaillierte Informationen und zahlreiche Fotos über die Festungsanlagen von Verdun und die Gefechte, die von 1914-1918 im Maas-Gebiet stattfanden.

* http://www.rkwetterau.de - Viele weitere Infos und Hunderte von aktuellen und historischen Fotos (Link auf der Startseite unter "Militärgeschichte des jeweiligen Kapitels...")
* [http://memorial-verdun.fr/de/ Mémorial de Verdun Champ de Bataille]
* http://www.battleofverdun.nl (Englisch/Niederländisch)
* http://www.verdun14-18.de - Historische Betrachtung der Schlacht um Verdun, Tips zum Besuch auf den Schlachtfeldern


== Anmerkungen ==
<references group="A" />


== Einzelnachweise ==
{{Navigationsleiste 1. Weltkrieg (Westfront)}}
<references responsive>
<ref name="GoldReymann.">{{Internetquelle |autor=Ludwig Gold, Martin Reymann |url=https://digi.landesbibliothek.at/viewer/image/AC06023003/1/ |titel=Schlachten des Weltkrieges Bnd. 13. Die Tragödie von Verdun 1916. 1. Teil. Die deutsche Offensivschlacht |werk=landesbibliothek.at |hrsg=Oberösterreichische Landesbibliothek |abruf=2023-11-11}}</ref>
<ref name="Schwencke.">{{Internetquelle |autor=Alexander Schwencke |url=https://digi.landesbibliothek.at/viewer/image/AC05825508/6/ |titel=Schlachten des Weltkrieges. Bnd. 14. Die Tragödie von Verdun 1916. 2. Teil das Ringen um Fort Vaux|werk=landesbibliothek.at |hrsg=Oberösterreichische Landesbibliothek |abruf=2023-11-13}}</ref>
<ref name="Der Weltkrieg 1914-1918.">{{Internetquelle |url=https://digi.landesbibliothek.at/viewer/image/AC01859962/1/LOG_0003/ |titel=Der Weltkrieg 1914-1918. Die Operationen des Jahres 1916 : bis zum Wechsel in der Obersten Heeresleitung|werk=landesbibliothek.at |hrsg=Oberösterreichische Landesbibliothek |abruf=2023-11-13}}</ref>
<ref name="Michelin18–25.">Michelin & Cie: ''The Battle of Verdun.'' G.H. Smith, Easingwold 1994, S. 18–25.</ref></references>


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Aktuelle Version vom 23. Juni 2025, 08:50 Uhr

Schlacht um Verdun
Teil von: Erster Weltkrieg

Die Rückeroberung von Fort Douaumont am 24. Oktober
Datum 21. Februar bis 19. Dezember 1916
Ort Verdun,
Frankreich
Ausgang Französischer Sieg
Konfliktparteien

Dritte Französische Republik Frankreich

Deutsches Reich Deutsches Reich

Befehlshaber

Dritte Französische Republik Joseph Joffre
Dritte Französische Republik Henri Philippe Pétain
Dritte Französische Republik Robert Nivelle

Deutsches Reich Erich von Falkenhayn
Deutsches Reich Kronprinz Wilhelm
Deutsches Reich Schmidt von Knobelsdorf
Deutsches Reich Max von Gallwitz

Truppenstärke

insgesamt 75 Divisionen
400 Geschütze (zu Beginn der Schlacht, später ca. 1300)

insgesamt 50 Divisionen
1225 Geschütze

Verluste

ca. 377.000–540.000

ca. 337.000–434.000

Die Schlacht um Verdun fand an der Westfront des Ersten Weltkrieges zwischen Deutschland und Frankreich statt. Sie begann am 21. Februar 1916 und endete am 19. Dezember 1916. Die von der deutschen Seite beabsichtigte Eroberung der Festung Verdun war damit gescheitert. Nach der Marneschlacht und dem sich hinziehenden Stellungskrieg hatte die deutsche Oberste Heeresleitung erkannt, dass ihr die Möglichkeit zur strategischen Initiative allmählich zu entgleiten drohte. Sie entschied sich daher für einen Angriff auf Verdun, um den Krieg an der Westfront wieder in Bewegung zu bringen.
Unter anderem sollte durch den Angriff das auf französischem Boden kämpfende britische Expeditionskorps dazu gebracht werden, von seinen Bündnisverpflichtungen abzufallen. Als Ziel der Offensive wählte man die Festung Verdun. Die Schlacht markiert einen Höhepunkt der großen Materialschlachten des Ersten Weltkrieges. Obwohl die im Juli 1916 begonnene Schlacht an der Somme mit deutlich höheren Verlusten verbunden war, wurden die monatelangen Kämpfe vor Verdun in Deutschland und Frankreich zum Symbol für die tragische Ergebnislosigkeit des Stellungskriegs. Verdun gilt heute als Mahnmal gegen kriegerische Handlungen und dient der gemeinsamen Erinnerung und vor der Welt als Zeichen der deutsch-französischen Aussöhnung.

Mit der deutschen Niederlage an der Marne und dem anschließenden Wettlauf zum Meer, der mit der ersten Flandernschlacht endete, kam es zu einem Wendepunkt im Krieg. Da keine der Kriegsparteien in der Lage war, einen Durchbruch zu erzielen, entwickelte sich der Bewegungskrieg zum Stellungskrieg. Auf beiden Seiten wurde ein ausgedehntes Netz von Verteidigungsgräben errichtet, das sich von Flandern bis zur Schweiz erstreckte.[1]

Operation Gericht

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Kurz vor Weihnachten 1915 legte Erich von Falkenhayn dem Kaiser ein Memorandum vor, in dem er seine Pläne für einen Sieg über die Entente umriss. In ihr wurden alle strategisch in Frage kommenden Optionen erörtert. Dabei kam er zu dem Schluss, dass Großbritannien als die treibende Kraft der Triple Entente aus dem Krieg gedrängt werden müsse. Aus diesen Überzeugungen heraus wurde ein weiteres Vorgehen sowohl gegen Italien als auch gegen Russland ausgeschlossen. Auch andere Kriegsschauplätze im Nahen Osten, in der Türkei oder in Griechenland schieden wegen ihrer geringen strategischen Bedeutung aus. Somit blieb Frankreich als einziger Ort für eine Offensive übrig.

Falkenhayn argumentierte dabei:

„Frankreich [ist] in seinen Leistungen bis nahe an die Grenze des noch Erträglichen gelangt – übrigens in bewundernswerter Aufopferung. Gelingt es, seinem Volk klar vor Augen zu führen, dass es militärisch nichts mehr zu hoffen hat, dann wird die Grenze überschritten, England sein bestes Schwert aus der Hand geschlagen werden.“

Erich von Falkenhayn[2][A 1]

Falkenhayn hoffte, dass auf den Zusammenbruch des französischen Widerstands der Rückzug der britischen Streitkräfte folgen würde. Als Angriffsziel zog er die Befestigungen um Belfort und Verdun in Erwägung. Aufgrund der militärisch eher unbedeutenden Lage Belforts in der Nähe der deutsch-französischen Grenze gab Falkenhayn Verdun den Vorzug.[3] Nachdem die deutsche Offensive nach den Grenzschlachten im September 1914 bei Saint-Mihiel einen Frontkeil gebildet hatte, stellte dieser eine ständige Bedrohung für die französischen Verteidiger dar. Dadurch konnte die deutsche 5. Armee unter Wilhelm von Preußen von drei Seiten angreifen, während das französische Oberkommando GQG gezwungen war, von anderen wichtigen Frontabschnitten Truppen abzuziehen und über den schmalen Korridor zwischen Bar-le-Duc und Verdun an den angegriffenen Abschnitt zu verlegen.[4]
Der deutsche Plan sah vor, die Offensive zunächst mit einem Vorstoß der 5. Armee unter Kronprinz Wilhelm vom Ostufer der Maas zu beginnen. Ein gleichzeitiger Angriff auf beiden Seiten des Flusses wurde von Falkenhayn ausgeschlossen. Er begründete seine Entscheidung damit, dass die Truppen frontal gegen eine starke, gut ausgebaute Stellung hätten anrennen müssen. Wäre der Angriff dort gescheitert, hätte die Gefahr einer dauerhaften Entblößung der Flanke am Ostufer bestanden, da nicht genügend Truppen vorhanden wären, um den Versuch zu wiederholen. Um die Bedingungen auf der Westseite des Flusses zu verbessern, wurde beschlossen, den Angriff auf der Ostseite abzuwarten. Falkenhayn rechnete mit einem großen Anfangserfolg, worauf die Franzosen wahrscheinlich gezwungen wären, die nächstgelegenen Truppen auf dem Westufer einzusetzen, um ihn aufzuhalten. Die Regelung, die Angriffe zeitversetzt zu starten, hatte den Vorteil, dass die Truppen, die für die Operation westlich des Flusses vorgesehen waren, im Falle einer feindlichen Entlastungsoffensive an einem anderen Teil der Front zur Verfügung standen.[5]

Die Festung Verdun

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Obwohl bereits zu römischen Zeiten befestigt, gehen die Verteidigungsanlagen von Verdun auf die Zeit nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 zurück. Der französische Festungsbauer Raymond Adolphe Séré de Rivières ließ ab 1874 einen Ring aus 40 Forts und 20 Werken um die Stadt errichten. Die vordere französische Verteidigungslinie zog sich von Brabant durch den Südwestzipfel des Waldes von Consenvoye, durch den Caures-Wald, den Haumont-Wald, den Wald von Ville und Herbebois. Die zweite Stellung, etwa 3 Kilometer hinter der ersten, verlief von Samogneux über Höhe 344 durch den Chaumeswald, sowie östlich des Caurrièreswalds nach Süden bis zum Dorf Bezonvaux. Die dritte Stellung verlief über den Côte de Talou, Côte du Poivre, das Dorf Louvemont sowie über die Höhe 378. Die Hauptverteidigungstellung mit dem Fort Douaumont befand sich 2 Kilometer von der Höhe 378 entfernt. Hinter der Hauptlinie folgte die innere Befestigung, zu denen die Forts Belleville, St. Michel, Souville und Tavannes gehörten.
Anfang 1915 wurden die Verteidigungsanlagen von Verdun durch die deutsche Haubitze Dicke Berta getestet. Das Ergebnis: Die Befestigungen hielten direkten Treffern stand. Die Truppen im Inneren waren zwar psychisch und physisch erschüttert, aber dennoch kampfbereit. Marschall Joffre, immer noch unter dem Eindruck der Niederlage von Namur und Lüttich, überredete die Regierung in Paris jedoch zu einer Neubewertung von Verdun. In dem Bericht, der dem Präsidenten zur Genehmigung vorgelegt wurde, wurde zwar festgestellt, dass die Befestigungen durchaus einigen Wert besaßen, dennoch wurde entschieden die Verteidigungsanlagen nach und nach abzubauen. Das GQG unter Joffre erklärte Verdun am 5. August 1915 offiziell zum Zentrum der Région fortifiée de Verdun – RFV („Befestigte Region von Verdun“). Die Entscheidung kam für viele Offiziere überraschend und die Unzufriedenheit über den Zustand der Festungsanlagen von Verdun wuchs stetig an. Als General Pétain im Februar 1916 das Kommando über Verdun erhielt, erklärte er: Die Erfahrung der letzten Kämpfe hat die Widerstandsfähigkeit der Festungen bewiesen ... die Festungen können und sollten daher überall dort eingesetzt werden, wo sie vorhanden sind. Schließlich machte er sich daran, die Verteidigungsanlagen wieder aufzurüsten.[6][7]

Vorbereitung der deutschen Offensive

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Erich von Falkenhayn (1913)

In Vorbereitung auf die folgende Operation wurden von deutschen Militäringenieuren mehrere neue Bahnlinien und Bahnhöfe gebaut. Dutzende kleiner Dörfer in diesem Sektor wurden evakuiert, wobei Gebäude entweder in Beschlag genommen oder abgerissen wurden, um Quartiere und andere Einrichtungen für mehr als 140.000 Soldaten herzurichten. Auf einer Länge von über 13 km wurden 1.220 Geschütze zusammengezogen, die mit einem Vorrat von 2,5 Mio. Granaten ausgestattet waren.[8] Die Luftstreitkräfte bestanden aus den Kampfgeschwadern der Obersten Heeresleitung (Kagohl) I. und II., die jeweils mit zwei zusätzlichen Kampfstaffeln (Kastas) und zehn Feldflieger Abteilungen verstärkt wurden.[9]

Am Ostufer der Maas sollten am ersten Angriffstag sechs Divisionen den ersten Angriff tragen:

Am linken Flügel auf der Woevre-Ebene im Osten sollten sich

Am Westufer der Maas sollte

Französische Reaktion

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Trotz massivster Einwände von General Frédéric Herr, dem Befehlshaber von Verdun, tat Joffre die Bedenken als unbegründet ab.[A 2] Erst als im Januar eine Nachricht von Kronprinz Wilhelm an seine Truppen entdeckt wurde, in der es um die Einnahme von Verdun bis Februar ging, wurde Joffre hellhörig. Das schlechte Wetter verhinderte nicht nur eine sorgfältige deutsche Luftaufklärung, sondern verschaffte den Franzosen Zeit, sich auf einen Angriff vorzubereiten. Als am 17. Januar das Wetter aufklarte, entdeckte die französische Luftaufklärung keine neuen Annäherungsgräben. Das Fehlen dieser Gräben deutete darauf hin, dass kein Angriff bevorstand. Doch statt sichtbarer Gräben hatten die Deutschen unterirdische Stollen angelegt, um sich vor der feindlichen Luftaufklärung zu verstecken. Dennoch ließen sich nicht alle Anzeichen für eine bevorstehende Schlacht verbergen. Berichte des Deuxième Bureau zeigten, dass die Deutschen begannen, ihre Geschütze einzuschießen. Deserteure erzählten von der Streichung sämtlichen Fronturlaubs und äußerten Bedenken, dass „etwas Schreckliches“ bevorstehe. Trotz dieser Alarmzeichen schien Paris kaum besorgt zu sein. Während Joffre Douglas Haig versicherte, dass die Deutschen einen Angriff im Osten planten, bestand das GQG darauf, dass, wenn es eine Offensive gäbe, diese im Artois oder in der Champagne stattfinden würde. Am 24. Januar schickt Joffre, wahrscheinlich aufgrund der Intervention des französischen Kriegsministers Joseph Gallieni, seinen Generalstabschef General Edouard de Castelnau nach Verdun. Dort angekommen, befahl er Herr, die Befestigungsanlagen am Ostufer der Maas zu verstärken und einen Zwischengraben zwischen der ersten und zweiten Linie auszuheben. Am 12. Februar schickte Joffre ihm schließlich das VII. und XXX. Korps sowie die 51. und 72. Infanterie-Reservedivision.[10][11]

Herr ließ drei Gruppen bilden, die jeweils einen Sektor verteidigen sollten.

  • Auf dem linken Ufer der Maas befand sich das VII. Armee-Korps unter Generalmajor Georges de Bazelaire, bestehend aus der 29. Infanterie-Division und der 67. Reserve-Division.
  • Im Norden lag das XXX. Armee-Korps unter Generalmajor Paul Chrétien, bestehend aus der 14. Infanterie-Division sowie der 51. und 72. Reserve-Division.
  • Im Osten befand sich das II. Armee-Korps unter Generalmajor Denis Auguste Duchêne, bestehend aus der 3., 4. und 132. Infanterie-Division.
  • Als Reserve standen die 16., 37. und 48. Infanterie-Division zur Verfügung.[7]
Verdun mit den umliegenden Forts

Am Morgen des 21. Februar 1916 eröffneten die 1.220 deutschen Geschütze gleichzeitig das Feuer auf die französischen Stellungen und auf das Hinterland. Der Höhepunkt des Beschusses war um 16 Uhr erreicht. Währenddessen standen sechs deutsche Infanteriedivisionen zum Angriff bereit. Die erste Angriffswelle begann um 17 Uhr. Die deutschen Truppen hatten ausdrückliche Befehle, zunächst das Gebiet nur zu erkunden, die vordersten französischen Gräben einzunehmen und sie gegen etwaige Gegenangriffe auszubauen. Die deutschen Flieger beherrschten den Luftraum, klärten französische Bereitstellungen auf und bombardierten Batteriestellungen, Flugplätze sowie Versorgungseinrichtungen. Das VII. Reservekorps unter General Johann von Zwehl stieß unter Missachtung dieser Weisungen zum Bois d'Haumont vor, den es nach fünfstündigem Kampf einnehmen konnte. Als General Schmidt von Knobelsdorf über die deutschen Anfangserfolge informiert wurde, ordnete er an: Gut, denn mal alles heute nehmen!. Das XVIII. Armeekorps traf im Wald von Caures auf das 56. und 59. Jäger-Reserve-Bataillon unter Oberstleutnant Émile Driant. Trotz hoher Verluste durch das vorausgehende Sperrfeuer gelang es den Franzosen, den deutschen Vorstoß aufzuhalten.
Am 22. Februar setzte das deutsche Heer seine Angriffe unbeirrt fort. Die französischen Soldaten verteidigten sich in versprengten Widerstandsnestern, konnten den deutschen Vormarsch jedoch nicht aufhalten. Die beiden Jägerbataillone im Wald von Caures wurden nach Samogneux, Beaumont-en-Auge und Ornes zurückgedrängt. Gleichzeitig gelang die Einnahme von Haumont-près-Samogneux. Am 23. Februar folgten heftige Gefechte um die Dörfer Brabant und Wavrille sowie den Herbebois. Am 24. Februar wurde Beaumont-en-Verdunois eingenommen, wobei französische MG-Stellungen zahlreiche Angreifer töteten oder verwundeten. Weiterhin wurden die Dörfer Brabant, der Herbebois, die Höhe 344, das Vaux-Kreuz und die Wälder Caures, Chaume und Wavrille erobert. Aufgrund der massiven deutschen Geländegewinne, insbesondere des dritten Korps, befürchtete General Fernand de Cary, dass die Truppen, die den nordöstlichen Sektor über der Woëvre-Ebene verteidigten, zusammenbrechen könnten. Mit der Woëvre-Ebene in deutscher Hand drohte die französische Stellung am Ostufer der Maas in Gefahr zu geraten. Daher ordnete de Cary um 19 Uhr einen Rückzug auf die Maashöhen an. Der gleichzeitige Vorschlag von General Herr, die rechte Seite der Maas zu räumen, wurde von General Joffre abgelehnt. Stattdessen entsandte er die 2. Armee unter General Pétain sowie seinen Stabschef de Castelnau nach Verdun.
Am 25. Februar erreichten deutsche Einheiten das Dorf Louvemont-Côte-du-Poivre und wurden von mehreren MG-Nestern gestoppt. Nach schwerem zweistündigen Kampf konnte es erobert werden. Weiterhin richteten sich die deutschen Angriffe gegen das Dorf Bezonvaux. Die Franzosen leisteten erbitterten Widerstand, doch konnten die Deutschen das Dorf bis zum Einbruch der Nacht unter ihre Kontrolle bringen. Am selben Tag gelang deutschen Soldaten in einem Handstreich die Einnahme des Forts Douaumont. Das 4. brandenburgische Infanterie-Regiment erhielt am 25. Februar den Befehl, sich etwa einen Kilometer vor Fort Douaumont zu verschanzen, um das Vorgehen des 2. Brandenburgischen Grenadier-Regiments gegen das Dorf Douaumont zu unterstützen. Die Soldaten des Regiments arbeiteten sich jedoch eigenmächtig bis an das Fort heran und warfen die außen verteidigende französische 37. Division zurück. Umzingelt ergaben sich die Franzosen ohne Kampf.[7][12]

Festigung der französischen Front durch General Pétain

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Philippe Petain um 1915

Nach seiner Ankunft am 25. Februar wurde General Philippe Pétain einen Tag später zum Oberbefehlshaber von Verdun ernannt. Trotz der katastrophalen Lage, in der sich Pétain befand, war er entschlossen, das Ostufer der Maas um jeden Preis zu verteidigen. Durch ihr weites und schnelles Vorrücken hatten die Deutschen ihre eigene schwere Artillerie weit hinter sich gelassen. Da es viel Zeit in Anspruch nahm, sie wieder in Stellung zu bringen, war die Infanterie der französischen Artillerie auf dem linken Ufer des Flusses ausgesetzt. Anstelle der offensive á outrance beschloss er, eine position de barrage zu schaffen, einen gut organisierten Verteidigungswall entlang der Linie der Forts von Verdun. Daher befahl er seinen Ingenieuren, die früher vernachlässigten und unbeachteten Forts wiederherzustellen und zu erweitern. Zwischen dem 27. Februar und dem 6. März wurde eine tief gegliederte Verteidigung mit vier verschiedenen Linien errichtet. Im hinteren Teil wurden die Forts des inneren Rings Tavannes, Souville und Belleville durch ein Netz von Schützengräben miteinander verbunden. Zu den weiteren Maßnahmen zählte auch die effektivere Organisation des Nachschubs. Er ließ die Straße von Bar-le-Duc nach Verdun zweispurig ausbauen, wodurch 3.900 Transportfahrzeuge die Stadt erreichen konnten.[13][14][15] Zwischen dem 28. Februar und dem 6. März gelang es den französischen Streitkräften mit Hilfe dieses Fuhrparks insgesamt 190.000 Soldaten und etwa 25.000 Tonnen an Nachschubgütern in den bedrohten Frontbereich zu transportieren, was den Franzosen einen Kräfteausgleich ermöglichte.[16] Obgleich der deutschen Luftaufklärung diese Anstrengungen durchaus bekannt waren, gelang es deutschen Fliegerkräften nicht, die Heranführung der französischen Verstärkungen nennenswert zu stören.[16] Bis Mitte 1916 wuchs die Zahl der französischerseits eingesetzten Lastkraftwagen auf rund 12.000 an (womit die Zahl der nur im Frontbereich vor Verdun eingesetzten französischen Fahrzeuge die Anzahl aller deutschen Lastwagen an der gesamten Westfront übertraf).[16]

Wenige Tage nach der Einnahme des Fort Douaumont unternahmen die deutschen Truppen Angriffe auf das westlich gelegene Dorf Douaumont. Unterstützt durch MG-Schützen, die sich in den Geschütztürmen des Forts verschanzt hatten, griffen die Deutschen die französischen Stellungen im Dorf an, wurden aber unter hohen Verlusten abgewiesen. Der französische Widerstand sollte durch die immer nähere Verlegung der deutschen Artillerie an die Front gebrochen werden. Bis zum 2. März konnten die Deutschen das Dorf Douaumont vollständig besetzen. Die auf dem Westufer befindliche französische Artillerie verhinderte mit ihrem Flankenfeuer einen weiteren Vormarsch östlich der Maas. Um dieses Hindernis auszuschalten, beauftragte Falkenhayn General von Goßler und von Zwehl mit einem Angriff auf Côte de l'Oie (Gänserücken), Côte de Poivre (Pfefferrücken), Höhe Toter Mann sowie Höhe 304. Am 6. März gingen die Deutschen nach starkem, vorbereitenden Artilleriefeuer in zwei Spitzen zum Angriff gegen die französischen Stellungen am linken Maasufer über. Nach heftigen Gefechten stießen die Deutschen zum Bois des Corbeaux (Rabenwald) und zum Bois de Cumières vor. Am 7. März gelang die Einnahme der Dörfer Regnéville und Forges sowie der beiden Höhenstellungen Côte de l'Oie und Côte de Poivre. Am Abend des gleichen Tages hatten die deutschen Truppen einen Teil der Höhe 304 besetzt, jedoch drängte sie ein entschlossener französischer Gegenangriff wieder zurück.
Am 8. März hatten die Deutschen die Werke im Wald von Hardaumont und Teile des Dorfes Vaux eingenommen. Anschließend waren die Deutschen 250 bis 300 m an das Fort herangekommen. Die Franzosen hielten jedoch ihre Stellung im Inneren des Forts, und ihre Artillerie belegte von nun an die Höhenkuppe zur Seite der angreifenden Deutschen mit konstantem Feuer. Am 9. März wurde die Falschmeldung verbreitet, deutsche Truppen seien eingedrungen und das Fort sei gefallen. Als dem deutschen Generalstab bewusst wurde, dass die Einnahme des Fort de Vaux nicht erfolgt war, befahl er die tatsächliche Einnahme der Befestigung. So unternahmen deutsche Truppen am 10. März 1916 mehrere Sturmangriffe, die unter hohen Verlusten scheiterten. Während des gesamten Monats März zogen sich die zermürbenden und extrem brutalen Kämpfe ohne klaren Ausgang hin. Am 14. März eroberten die Deutschen den Hügel 265, der den westlichen Teil der Stellung von Mort-Homme bildet, aber es gelang ihnen nicht, den östlichen Teil, den Hügel 295, einzunehmen. Am 20. März wurden die Wälder von Avocourt und Malancourt eingenommen, und nach heftigen Kämpfen konnte das Dorf Malancourt am 31. März erobert werden. Die äußerst verlustreich verlaufenden Kämpfe veranlassten das Oberkommando der 5. Armee zu einem Umdenken in seinem Vorgehen. Um die Kämpfe auf beiden Seiten der Maas besser koordinieren zu können, sollten jeweils zwei Verbände geschaffen werden – am Ostufer die Angriffsgruppe Ost unter General Bruno von Mudra und am Westufer Angriffsgruppe West unter General Max von Gallwitz.[17][18][19]

Die Überreste des Dorfes Haucourt am Fuße der Höhe 304 nach der Eroberung durch deutsche Truppen

Das Scheitern der Angriffsgruppe Ost, ihr Ziel, eine Linie von Ouvrage de Thiaumont, bis Fleury, Fort Souville und Fort de Tavannes zu erreichen, veranlasste Falkenhayn Anfang April zur Überlegung, die Offensive zu beenden. Optimistische Nachrichten, dass die Franzosen kurz vor der Erschöpfung stünden und zu einer großen Offensive nicht mehr fähig seien, ließen ihn jedoch wieder davon abrücken. Insgesamt blieb die Frontlinie am Westufer der Maas entlang der Höhenzüge hängen und die Schlacht entwickelte sich im Verlauf der nächsten 30 Tage mehr und mehr zu einem reinen Artilleriegefecht. Als Knobelsdorf von der schlechten Lage an der Front erfuhr, plädierte er für eine Rückkehr zu Angriffen auf breiter Front mit unbegrenzten Zielen. Falkenhayn stimmte zu, und bis Ende April wurden weitere 21 Divisionen nach Verdun entsandt. Am 5. April konnte das Dorf Haucourt und am 8. April Bethincourt erobert werden. Auf dem rechten Ufer erreichten die Deutschen nach massiven Angriffen bei Vaux den Wald von Caillette und die Eisenbahnlinie Vaux-Fleury, wurden aber von der 5. Division zurückgedrängt. Am 9. April griffen die Deutschen auf beiden Seiten des Flusses an. Am linken Ufer konnten sie trotz des heftigen französischen Widerstands an den Nordosthängen des Mort-Homme Fuß fassen. Am rechten Ufer wurde der Côte de Poivre angegriffen, blieb aber in französischer Hand.
Der vom 9. bis zum 14. April am „Toten Mann“ in Stellung liegende französische Hauptmann Augustin Cochin sah in der ganzen Zeit in den ersten Linien keinen einzigen angreifenden deutschen Soldaten:

„Die letzten zwei Tage in eisigem Schlamm, unter furchtbarem Artilleriefeuer, mit keiner anderen Deckung als der Enge des Grabens … Natürlich hat der boche nicht angegriffen, das wäre auch zu dumm gewesen … Ergebnis: Ich bin hier mit 175 Mann angekommen und mit 34 zurückgekehrt, von denen einige halb verrückt geworden sind … Sie antworteten nicht mehr, wenn ich sie ansprach.“

Augustin Cochin[20]

Ab dem 10. April beschränken sich die Operationen auf lokale Aktionen, entweder als Antwort auf die französischen Gegenangriffe vom 11. April zwischen Douaumont und Vaux und am 17. April zwischen der Maas und Douaumont, oder bei dem Versuch, Schlüsselpositionen einzunehmen, wo die Franzosen heftigen Widerstand leisteten.[21]

Beobachtung der Beschießung von Höhe 304 am 19. Mai 1916.

Anfang Mai übernahm General Petain das Kommando über die Groupe d’Armées du Centre (zentrale Heeresgruppe) und General Nivelle das Kommando über die Armee von Verdun. Vom 4. bis zum 24. Mai griffen die Deutschen in der Gegend von Mort Homme an. Am 4. Mai eroberten sie den Nordhang des Hügels 304, wo es am 5. und 6. Mai zu schweren Kämpfen kam. Mit einem energischen Angriff am 7. Mai zwangen sie die Franzosen, den Kamm des Hügels 304 aufzugeben. Aufgrund des schweren Artilleriebeschusses konnte er jedoch nicht eingenommen werden. Am 24. Mai fielen schließlich Cumieres und Caurettes. In der Wiedereroberung von Fort Douaumont sah Nivelle seine wichtigste Aufgabe. Mit der Durchführung beauftragte er die 5. Division unter General Charles Mangin. Der erste Schritt von Mangin war die Rückeroberung der von den Deutschen gehaltenen Schluchten von Fausse-Côte und Couleuvre, um die Wege für einen deutschen Gegenangriff zu versperren. Anschließend sollte der Hauptangriff folgen. Ab dem 15. Mai begann die französische Artillerie mit dem Beschuss von Fort Douaumont. Während der Beschießung waren die deutschen Besatzer im Fort massiven Strapazen ausgesetzt. Durchgänge wurden verschüttet, die Wasserversorgung war unzureichend und das Atmen wurde durch Betonstaub, Abgase und Leichengeruch beeinträchtigt. Außerhalb war die Lage sogar noch schlimmer. Der massive Einsatz der französischen Artillerie hatte viele Verteidigungsstellungen zerstört. Die Verbindung zur Nachhut war unterbrochen und die Soldaten litten an Durst. Am Mittag des 22. Mai begannen die Franzosen mit dem Angriff. Die Gräben von Morchée und Bonnet d'Evèque konnten schnell eingenommen werden, jedoch verhinderten schwere Verluste ein weiteres Vordringen. Ungeachtet des deutschen Widerstands erreichten die Franzosen bald das Fort und konnten über die West- und Südseite eindringen. Ohne nachrückende Verstärkung mussten sich die Franzosen nach einem deutschen Gegenangriff zurückziehen. Die Truppen im Inneren waren isoliert und wurden zur Aufgabe gezwungen.[21][17][18]

Am 2. Juni begann ein erneuter Angriff auf Fort Vaux. Die Deutschen versuchten, das Fort wiederholt zu stürmen, wurden aber stets mit schweren Verlusten abgewiesen. Es dauerte bis zum 8. Juni, bis das Fort erobert werden konnte. Obwohl die Einnahme von Fort Vaux einen weiteren Pfeiler der östlichen Festungsanlagen vor Verdun weggeschlagen hatte und als großer taktischer Erfolg angesehen wurde, hatte sich Anfang Juni der Druck auf das deutsche Heer gewaltig erhöht. Mit dem Beginn der Brussilow-Offensive am 4. Juni sah sich die OHL gezwungen Truppen von Verdun nach Osten zu verlegen, um einen Zusammenbruch der dortigen Front zu verhindern.
Trotz der nun geringeren Zahl einsatzfähiger Soldaten entschied Falkenhayn, die deutsche Offensive vor Verdun fortzuführen. General Schmidt von Knobelsdorf arbeitete mit seinem Stab die unmittelbare Fortsetzung des Angriffs im Raum Fort Vaux aus, der sich gegen Fort de Souville, das Ouvrage de Thiaumont und das Dorf Fleury-devant-Douaumont richten sollte. Um 5 Uhr morgens begann der Angriff. 17 Regimenter wurden gleichzeitig gegen die Front geworfen, was zur Einnahme der Redoute von Thiaumont und zur Verstärkung des Dorfes Fleury führte, aber nicht zur Einnahme von Fort Souville.[21][17][18]

Juli bis Oktober

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Mit dem Beginn des britischen Vorstoßes an der Somme war die OHL gezwungen, weiter Artillerie und Infanterie von Verdun abzuziehen. Dies schränkte die Offensivmöglichkeiten der Deutschen weiter ein. Dennoch gelang es Schmidt von Knobelsdorf, Falkenhayn ein weiteres Mal davon zu überzeugen, die Schlacht fortzusetzen. Am 9. Juli sollte ein Angriff auf Fort Souville erfolgen. Mit der Eroberung des Forts, das die Stadt Verdun überblickte, erhoffte sich die Armeeführung den endgültigen Durchbruch auf der rechten Seite der Maas. Nach einem zweitägigen Bombardement rückten die Deutschen gegen das Fort vor, fielen aber bald dem schweren französischen Artillerie- und Maschinengewehrfeuer zum Opfer. Einigen deutschen Soldaten gelang es jedoch, die Spitze des Forts zu erreichen, bevor sie durch einen massiven französischen Gegenangriff zurückgedrängt wurden. Die Deutschen hatten ihren weitesten Punkt in Richtung Verdun erreicht. Am 11. Juli befahl Falkenhayn die Einstellung jeglicher Offensivbemühungen. Für den Rest des Monats folgten nur noch kleinere französische Gegenangriffe, die aber alle von den Deutschen abgewehrt werden konnten.
Nach dem Ende der Offensivbemühungen auf deutscher Seite sollten die gewonnenen Positionen weiter gefestigt und ausgebaut werden. Wiederholte französische Gegenangriffe verhinderten jedoch eine effektive Konsolidierung der deutschen Linien. Um ein Einbrechen der Front zu verhindern, war eine rein defensive Taktik nicht ausreichend. Am 1. August begann ein erneuter Angriff auf Fort Souville, bei dem die Deutschen bis auf 900 m vorstießen. Französische Gegenangriffe, die sich bis Mitte August hinzogen, konnten dabei nur einen kleinen Teil des besetzten Geländes zurückerobern. Am 15. August zog Falkenhayn in einem Schreiben an Kronprinz Wilhelm den vollständigen Abbruch der Schlacht in Erwägung, da Sparsamkeit in der Ausgabe von Menschen und Munition geboten sei. Während der Stabschef der 5. Armee, von Knobelsdorf, auf der Leistungsfähigkeit seiner Truppe und auf einer unentwegten Fortsetzung des Angriffs beharrte, erkannte der Kronprinz, dass dies nicht mehr ohne Weiteres möglich war. Ohne Möglichkeit, sich mit seinem Stabschef zu verständigen, bat er deshalb den Kaiser um die Abberufung Knobelsdorfs. Am 23. August entsprach Wilhelm II. dieser Bitte, sein Nachfolger wurde Walther von Lüttwitz.[17][22]
Lüttwitz stimmte mit dem Kronprinzen darin überein, dass jeder Gedanke an einen Durchbruch eine Illusion sei. In Berlin sah Reichskanzler Bethmann-Hollweg dies jedoch lediglich als ein Versagen von Falkenhayn. Als am 28. August Rumänien an der Seite der Entente in den Krieg eintrat wurde Falkenhayn auf Betreiben des Reichskanzlers durch Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg ersetzt. Nach seiner Ankunft an der Westfront ordnete Hindenburg die Beendigung aller Offensivaktionen an.[23]

Beginn der französischen Offensive

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Die deutschen Probleme waren den Franzosen nicht verborgen geblieben. Infolgedessen planten Nivelle und Mangin einen Großangriff am rechten Maasufer zwischen den Forts Douaumont und Vaux. Am 19. Oktober begann die Bombardierung von Fort Douaumont. Bis zum 23. Oktober hatte die französische Artillerie, darunter zwei 400-mm-Schneider-Creusot-Eisenbahngeschütze, den größten Teil des Forts zerstört. Nach der Explosion eines Munitionsdepots, dessen Feuer auf andere Depots überzugreifen drohte, sah sich der Kommandeur des Forts Major Rosendahl schließlich gezwungen, sich aus der Festung zurückzuziehen. Am 24. Oktober gegen 11:40 Uhr begann der Angriff der Infanterie. Die Franzosen griffen mit drei Divisionen an: Der Angriff war ein voller Erfolg und brachte den Franzosen die Steinbrüche von Haudromont, die Redoute Thiaumont, das Fort Douaumont, den Nordrand des Waldes von Caillette, den Teich von Vaux, den Ostrand des Waldes von Fumin und die Batterie von Damloup. Die Eroberung von Fort Vaux schlug jedoch fehl.[21][24]

November bis Dezember

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Durch den fortgesetzten Beschuss von Fort Vaux sah sich der Kommandant des Forts, Oberstleutnant Bellmann, am 1. November gezwungen, das Fort zu räumen. Am 5. November hatten die Franzosen die Frontlinie des 24. Februar erreicht. Der durchschlagende und volle Erfolg der Offensive war ermutigend für die Franzosen. Es wurde klar, dass die Deutschen vor Verdun materiell und moralisch geschwächt waren. Um den Raum Verdun östlich der Maas vollständig zu räumen, erhielt General Mangin am Abend des 18. November von Nivelle den Auftrag, bis zum 15. Dezember auf dem rechten Maasufer zur Offensive überzugehen. Am 16. Dezember erfolgte ein letzter französischer Großangriff auf dem rechten Ufer der Maas. Dabei konnte Louvemont und Bezonvaux und die deutschen Verbände bei Douaumont über drei Kilometer zurückdrängt werden. Am 20. Dezember verkündete Nivelle den Sieg.[25][21]

Der Sieg über die Deutschen beschränkte sich allerdings nur auf das rechte Maasufer. Auf der westlichen Seite hielten die deutschen Truppen immer noch Hügel 304 und Le Mort Homme sowie zahlreiche andere Orte. Die endgültige Räumung dauerte bis zum Ende des Krieges.[21] Über die Frage, wer die Schlacht von Verdun gewonnen hatte, gibt es viele Veröffentlichungen, und die Darstellungen unterscheiden sich stark. Die Bände des Reichsarchivs, die sich mit der Schlacht befassen, tragen den treffenden Titel Die Tragödie von Verdun, während sie für eine ganze Generation französischer Schriftsteller den Höhepunkt von La Gloire darstellt. Die deutschen Militärkritiker sind sich mehr oder weniger einig darin, Falkenhayn die Schuld an der Niederlage zu geben. Sie bemängeln seine Unfähigkeit, alles auf einen Punkt zu konzentrieren, seine Vorliebe für begrenzte Offensiven, seine stillschweigende Überzeugung von der Philosophie der Zermürbung und seine grenzenlose Unentschlossenheit, nachdem er in Verdun den Angriff gewagt hatte.[26] Auf französischer Seite machten Schriftsteller und Medien Verdun zu einem heiligen Ort. Wenn Verdun bedroht war, war auch Frankreich bedroht. Umgekehrt wurden die Fehler des französischen Militärs durch den Triumph französischer Soldaten wieder gutgemacht, und die französische Nation und ihr Volk wurden gerettet.[27]

Das Denkmal für den Sieg und die Gefallenen in Verdun im Ersten Weltkrieg. Nachts ist das Denkmal in den französischen Nationalfarben beleuchtet
Brieföffner VOR VERDUN 1917 (W 1914), Bronze, Soldatenandenken ...
Beinhaus von Douaumont/ Ossuaire de Douaumont

Im Laufe der Offensive wurden insgesamt 125 Divisionen eingesetzt, auf deutscher Seite 50 und auf französischer Seite 75.[28] Bei einer durchschnittlichen Divisionsstärke von 15.000 bis 18.000 Mann waren dies etwa 2 Millionen Soldaten. Die genaue Zahl der bei Verdun Getöteten ist nicht endgültig geklärt. Die meist recht aktuell erstellten Verlustangaben in offiziellen Dokumenten bieten nur eine grobe Orientierung. Die meisten Angaben schwanken zwischen 377.000 bis 540.000 Verlusten auf französischer und 337.000 bis 434.000 auf deutscher Seite.[29][30]

Die „Hölle von Verdun“

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Überreste eines Waldstücks

Das Schlachtfeld bei Verdun hatte sich aufgrund des massiven Einsatzes von Geschützen auf engem Raum innerhalb weniger Wochen in eine Kraterlandschaft verwandelt, in der von Wäldern oftmals nur Baumstümpfe verblieben. Die oft tagelang ununterbrochene Bombardierung erzeugte eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse. Die Einschläge beförderten große Mengen Erde in die Luft, die zahlreiche Soldaten lebendig begruben oder die zuvor beerdigten Leichen wieder freilegten. In den Sommermonaten legte sich ein penetranter Leichengeruch über das Schlachtfeld. Im Winter standen die Soldaten knietief in eisigem Wasser oder Schlamm. Die hygienischen Zustände waren oft katastrophal und Ratten und Läuse machten den Männern zusätzlich das Leben zur Qual.
Die Soldaten mussten sich häufig mit ihren Gasmasken schlafen legen und mehrere Tage ohne Nahrung auskommen. Der Durst trieb viele von ihnen dazu, verseuchtes Regenwasser aus Granattrichtern zu trinken. Sowohl von Deutschen als auch von Franzosen wurde die Schlacht als „Blutpumpe“, „Knochenmühle“ oder schlichtweg „die Hölle“ bezeichnet. Bei Regen verwandelte sich das Schlachtfeld in eine Schlammlandschaft, wodurch jede Truppenbewegung stark erschwert wurde und die Soldaten in den Granattrichtern zu ertrinken drohten, wenn sie in ihnen Deckung suchten.[31][32] In Verdun gibt es ein Museum, welches sich mit der Schlacht beschäftigt, das Memorial de Verdun.

Memorial de Verdun, Museum über die Schlacht von Verdun
  • Holger Afflerbach: Falkenhayn. Politisches Denken und Handeln im Kaiserreich. Oldenbourg, München 1996, ISBN 3-486-56184-7.
  • Alan Axelrod: The Battle of Verdun. Lyons Press, Guilford 2016, ISBN 978-1-4930-2210-6 (englisch).
  • Michelin & Cie (Hrsg.): Verdun and the Battles for its Possession. G.H. Smith, Easingwold 1994, ISBN 0-904775-64-X (englisch).* Micheal Clodfelter: Warfare and Armed Conflicts A Statistical Encyclopedia of Casualty and Other Figures, 1492–2015. IV Auflage. McFarland, Incorporated, Publishers, Jefferson 2017, ISBN 978-1-4766-2585-0 (englisch).
  • Alistair Horne: The Price of Glory : Verdun 1916. Penguin, London 1993, ISBN 0-14-017041-3 (englisch).
  • William F. Buckingham: Verdun 1916 : the deadliest battle of the First World War. Amberley, Stroud 2016, ISBN 978-1-4456-4108-9 (englisch).
  • Keith Mallory: The Architecture of War. Pantheon Books, New York 1973, ISBN 0-394-48825-3 (englisch).
  • Christopher Chant: The Illustrated History of the Air forces of World War I & World War II. Galley Press, Leicester 1979, ISBN 0-86136-792-8 (englisch).
  • John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-61194-5.
  • Louis Madelin: Verdun. Flammarion, Paris 1920, OCLC 829217141 (französisch).
  • Erich von Falkenhayn: General headquarters 1914–1916 and its critical decisions. Hutchinson, London 1919, OCLC 1405090675 (englisch).
  • Augustin Cochin: Quelques lettres de guerre. Bloud & Gay, Paris 1919, OCLC 493099322 (französisch).
Commons: Schlacht um Verdun – Sammlung von Bildern
  1. In seinen nach dem Krieg erschienenen Memoiren behauptet Falkenhayn, er habe bereits 1915 von einer Strategie der Zermürbung gesprochen. Dies ist jedoch durch keinerlei Aufzeichnungen außer denen von Falkenhayn selbst belegt. Der ehemalige Leiter des Reicharchivs Wolfgang Förster suchte vergeblich nach einer Kopie dieses Dokuments und kam zu dem Schluss, dass es sich um eine Nachkriegsfälschung handelte, die Falkenhayn verwenden wollte, um das Scheitern des Verdun-Feldzugs zu rechtfertigen. vgl. Afflerbach: S. 364 f., S. 368f; Foerster: Falkenhayns Plan für 1916. In: Militär-Wissenschaftliche Rundschau. Jg. 1937, S. 304–330.
  2. Die Gründe waren stets: Verdun wird nicht angegriffen, die Deutschen wissen nicht, dass Verdun unbewaffnet ist. vgl. Horne: The Price of Glory. Penguin, London 1993, S. 51.

Einzelnachweise

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  1. Axelrod: The Battle of Verdun. Lyons Press, Guilford 2016, S. 59f.
  2. Afflerbach: Falkenhayn. Oldenbourg, München 1996, S. 358.
  3. von Falkenhayn: General Headquarters and Its Critical Decision. 1914–1916. Hutchinson, London 1919, S. 209–218.
  4. Buckingham: Verdun 1916. Strout, Amberley 2016, S. 80, S. 85.
  5. von Falkenhayn: S. 228f.
  6. Mallory: The Architecture of War. Pantheon, New York 1973, S. 17, S. 27ff.
  7. a b c d Ludwig Gold, Martin Reymann: Schlachten des Weltkrieges Bnd. 13. Die Tragödie von Verdun 1916. 1. Teil. Die deutsche Offensivschlacht. In: landesbibliothek.at. Oberösterreichische Landesbibliothek, abgerufen am 11. November 2023.
  8. Axelrod: S. 108–111.
  9. Chant: The illustrated history of the air forces of World War I & World War II. Galley Press, Leicester 1979, S. 20.
  10. Axelrod: S. 115, S. 120ff.
  11. Buckingham: S. 108f.
  12. Buckingham: S. 114–117, S. 128f., S. 132.
  13. Axelrod: S. 204f.
  14. Horne: S. 145
  15. Buckingham: S. 140.
  16. a b c Janusz Piekałkiewicz: Der Erste Weltkrieg. Weltbild Verlag GmbH. Augsburg 1994, S. 352.
  17. a b c d Der Weltkrieg 1914-1918. Die Operationen des Jahres 1916 : bis zum Wechsel in der Obersten Heeresleitung. In: landesbibliothek.at. Oberösterreichische Landesbibliothek, abgerufen am 13. November 2023.
  18. a b c Alexander Schwencke: Schlachten des Weltkrieges. Bnd. 14. Die Tragödie von Verdun 1916. 2. Teil das Ringen um Fort Vaux. In: landesbibliothek.at. Oberösterreichische Landesbibliothek, abgerufen am 13. November 2023.
  19. Buckingham: S. 141–151.
  20. Cochin: Quelques lettres de guerre. Bloud & Gay, Paris 1919, S. 47.
  21. a b c d e f Michelin & Cie: The Battle of Verdun. G.H. Smith, Easingwold 1994, S. 18–25.
  22. Axelrod: S. 166ff.
  23. Axelrod: S. 274f.
  24. Horne: S. 308.
  25. Madelin: Verdun. Flammarion, Paris 1920, S. 137f.
  26. Horne: S. 328f.
  27. Axelrod: S. 293.
  28. Daniel Huber: 100 Jahre Schlacht von Verdun: Das Grauen in Zahlen. In: watson.ch. 22. Februar 2016, abgerufen am 16. Januar 2024.
  29. Clodfelter: Warfare and armed Conflicts. McFarland, Jefferson 2008, S. 434f.
  30. Buckingham: S. 170.
  31. Rainer Blasius: Die Hölle von Verdun. In: www.faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. Februar 2016, abgerufen am 17. November 2023.
  32. Andreas Noll: 100 Jahre Schlacht um Verdun. In: www.deutschlandfunk.de. 21. Februar 2016, abgerufen am 17. November 2023.