https://de.wikipedia.org/w/api.php?action=feedcontributions&feedformat=atom&user=ToebsWikipedia - Benutzerbeiträge [de]2025-05-12T05:19:47ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.44.0-wmf.28https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Flagge_Albaniens&diff=254168142Flagge Albaniens2025-03-13T14:02:33Z<p>Toebs: Typo</p>
<hr />
<div>{{Infobox Flagge<br />
| Name= Flagge Albaniens<br />
| Bild= Flag of Albania.svg<br />
| Vexillologisches Symbol= {{FIAV|111000}}{{FIAV|normal}}<br />
| Seitenverhältnis= 5:7<br />
| Offiziell angenommen= 7. April 1992<br />
}}<br />
Die '''Flagge [[Albanien]]s''' ist eine rote Flagge mit einem schwarzen, [[Doppeladler|zweiköpfigen Adler]] in der Mitte. Ihre heutige Form hat sie seit dem 7. April 1992. Der [[Doppeladler]] ist ein altes Symbol, das u. a. bereits vom [[Byzantinisches Reich|Byzantinischen Reich]] (siehe [[Palaiologen]]) und vom [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich]] verwendet wurde.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
[[Datei:Flag of Albania Butrint.jpg|mini|Flagge Albaniens in [[Butrint]]]]<br />
=== Ursprünge ===<br />
Der schwarze Adler auf rotem Grund stammt aus dem [[Wappen]] der [[Kastrioti (Adelsgeschlecht)|Familie Kastrioti]], das wiederum auf byzantinische Vorbilder zurückgeht. Dieser Familie entstammt der albanische Nationalheld [[Skanderbeg]], der die [[Albaner]] in einem Aufstand im 15. Jahrhundert gegen das [[Osmanisches Reich|Osmanische Reich]] anführte und eine kurze Zeit (1443–1478) die Unabhängigkeit brachte. Die 25 Federn des Adlers stehen für die 25 Jahre, während denen Skanderbeg gegen die Türken kämpfte, sowie für die 25 Schlachten, die er ausfocht.<br />
<br />
Der Doppelkopfadler wurde unter den Albanern in Italien, den [[Arbëresh]], in die Neuzeit überliefert. Ein Adler findet sich auch auf dem Grab eines Neffen von Skanderbeg in [[Neapel]]. Die Flagge tauchte zu Ende des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem aufkommenden Nationalbewusstsein der Albaner in albanischen Publikationen wieder auf, die außerhalb des [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reichs]] publiziert worden waren.<ref name="ekrem vlora">{{Literatur |Autor=Ekrem Bey Vlora |Hrsg=Mathias Bernath |Titel=Lebenserinnerungen (1912 bis 1925) |Sammelwerk=Südosteuropäische Arbeiten |Band=II |Verlag=R. Oldenbourg Verlag |Ort=München |Datum=1973 |ISBN=3-486-47571-1}}</ref><br />
<br />
Im April 1911 rief [[Dedë Gjon Luli Dedvukaj|Dedë Gjon Luli]] in [[Deçiq]] bei [[Tuzi]] die Unabhängigkeit des Landes aus, als er mit seinen Mannen, den ''Malesori'', im Zweifrontenkampf gegen [[Slawen]] und [[Türken]] lag. Dies war das erste Mal seit 500 Jahren, dass die Flagge mit dem schwarzen Adler auf rotem Grund wieder gezeigt wurde. Am 28. November 1912 wurde von den Führern der albanischen Nationalbewegung in [[Vlora]] erneut die Unabhängigkeit proklamiert, die dann 1913 auch anerkannt wurde.<br />
<br />
[[Ekrem Bey Vlora]] (1885–1964) stellte in seinen Memoiren das Hissen seiner Fahne im Anschluss an die Unabhängigkeitserklärung ausführlich dar, weil {{"|ganz unrichtige Versionen in Umlauf gebracht}} worden seien:<br />
<br />
{{Zitat<br />
|Text=Man versprach mir, sie in einigen Tagen zurückstellen zu wollen, und zwar sobald Frau [[Marigo Posio]] (eine große, reklametüchtige, demokratische Patriotin aus Korçë) die neue Fahne fertiggenäht und gestickt haben würde. Am 28. November war nämlich mit jener typisch albanisch-orientalischen Sorglosigkeit das Hauptobjekt des Tages, »die Fahne« als Symbol der Souveränität, vergessen worden. Die meisten wußten <!-- sic! --> überhaupt nicht, wie diese Fahne aussah. Kein Mensch hatte sie je gesehen oder gebraucht. Niemand besaß eine in Vlorë. Ratlos blickten einander die großen Staatsgründer an. Da trat mein Freund Hydai Efendi vor und berichtete, daß im Schlafzimmer Ekrem Beys an der Bettwand eine albanische Fahne in einem schönen Rahmen aufgenagelt sei. Er fragte, ob man sie trotz der Abwesenheit des Besitzers nehmen könne. Ismail Bey willigte ein, und so wanderte die mir von Don Aladro Kastriota in Paris feierlich geschenkte Fahne ins Nebenhaus des Konaks in die Hände Ismail Beys, der sie Murat Bey Toptani mit dem Geheiß überreichte, sie zu hissen, während er am Fenster daneben stand.<br />
|Autor=Ekrem Bey Vlora<br />
|Quelle=Lebenserinnerungen<br />
|ref=<ref name="ekrem vlora" />}}<br />
<br />
=== Historische Flaggen ===<br />
Zu Zeiten des Fürstentums unter [[Wilhelm zu Wied (1876–1945)|Prinz zu Wied]] (1914) hatte der Adler goldene Schnäbel und Klauen. Oberhalb von ihm stand ein weißer, fünfzackiger Stern. Der Deutsche Maler [[Emil Doepler]] hatte am 17. Februar 1914 in Berlin den Entwurf von Flaggen und Standarten für Albanien gefertigt: Die National- und die Handelsflagge sowie drei Fürstenstandarten. Bei der Einführung der Republik wurde der Stern entfernt.<br />
<br />
Im Königreich wurde 1928 der Adler abgeändert und mit dem goldenen [[Helm des Skanderbeg]] versehen. 1939 besetzte [[Italien]] das Land und umrahmte den Adler mit zwei [[Fascis|Liktorenbündeln]] und einem Spruchband, auf dem dreimal die Buchstaben „FERT“, der [[Wahlspruch]] des [[Haus Savoyen|Hauses Savoyen]], das damals Italien regierte, geschrieben ist.<br />
<br />
Die Kommunisten entfernten Bündel und Helm und setzten über den Adler einen goldumrandeten [[Roter Stern|roten Stern]].<br />
<br />
<gallery class="center centered" widths="150" perrow="5"><br />
Flag of Albanian Provisional Government (1912-1914).svg|{{FIAV|historical}} Provisorische Regierung von Albanien (1912 bis 1914)<br />
Flag of Albania (1914–1920).svg|{{FIAV|historical}} [[Fürstentum Albanien]] (1914 bis 1920)<br />
Flag of Albania (1920–1926).svg|{{FIAV|historical}} Fürstentum Albanien (1920 bis 1925) und Republik Albanien (1925 bis 1926)<br />
Flag of Albania 1926.svg|{{FIAV|historical}} Republik Albanien (1926 bis 1928)<br />
Flag Kingdom Of Albania.svg|{{FIAV|historical}} [[Königreich Albanien]] (1928 bis 1939)<br />
Flag of Albania (1939).svg|{{FIAV|historical}} Königreich Albanien unter [[Königreich Italien (1861–1946)|italienischer]] Besatzung (1939 bis 1943)<br />
Flag of German occupied Albania.svg|{{FIAV|historical}} Königreich Albanien unter [[Deutsches Reich 1933 bis 1945|deutscher]] Besatzung (1943 bis 1944)<br />
Flag of Albania 1944.svg|{{FIAV|historical}} Volksrepublik Albanien (1944 bis 1946)<br />
Flag of Albania 1946.svg|{{FIAV|111010|1}}{{FIAV|historical}} Volksrepublik Albanien (1946 bis 1991) und Republik Albanien (1991 bis 1992), Seitenverhältnis 5:7<br />
</gallery><br />
<br />
== Andere Flaggen Albaniens ==<br />
Die Dienst- und Kriegsflaggen zu See haben die [[Flagge der Sowjetunion|sowjetische Marineflagge]] als Vorbild. Die verschiedenen Waffengattungen erhielten am 1. Januar 2008 eigene Flaggen.<ref>[https://www.mod.gov.al/images/pdf/albumi_stemave_web-ok.pdf Flaggen und Abzeichen der Waffengattungen der albanischen Streitkräfte] (mit Abbildungen; PDF; 2,8&nbsp;MB).</ref><br />
<br />
<gallery class="center" widths="150"><br />
Civil Ensign of Albania.svg|{{FIAV|000100}} [[Handelsflagge]]<br />
Naval Ensign of Albania.svg|{{FIAV|000001}} [[Kriegsflagge]] zu See<br />
Government Ensign of Albania.svg|{{FIAV|000010}} [[Dienstflagge]] zu See<br />
Flag of the President of Albania.svg|Flagge des Präsidenten<br />
</gallery><br />
<br />
=== Gemeindeflaggen ===<br />
{{Überarbeiten|grund=Aktueller Gebrauch der Flagge unklar. --[[Benutzer:J. Patrick Fischer|JPF]] ''just another user'' 20:00, 10. Feb. 2012 (CET)}}<br />
<br />
2004 wurde das Wappen [[Tirana]]s auf einer Flagge mit hellblauem Grund verwendet. Ob sie noch heute im Gebrauch ist, ist unklar.<ref>{{Webarchiv |url=https://www.fotw.info/flags/al-tiran.html |wayback=20140409102351 |text=Flags of the World – Tirana (Town, Albania)}}</ref><br />
<br />
[[Datei:Flag of Tirana.svg|mini|zentriert|150px|{{center|1=Tirana}}]]<br />
<br />
=== Parteiflaggen ===<br />
<gallery class="center" widths="150"><br />
Flag of the Democratic Party (Albania)-2.png|[[Partia Demokratike e Shqipërisë]]<ref>{{Internetquelle |url=https://www.flickr.com/photos/131632679@N08/18553119204/ |titel=Foto Lulzim Basha |werk=Flickr |datum=2015-06-19 |sprache=en |archiv-url= |archiv-datum= |offline= |abruf=2015-12-01}}</ref><br />
</gallery><br />
<br />
=== Minderheiten ===<br />
Die griechische Minderheit in Südalbanien soll eine Flagge mit blauem Kreuz auf weißem Grund und blauer Umrandung verwenden. Das Zentrum des Kreuzes ist mit dem schwarzen albanischen doppelköpfigen Adler belegt.<ref>{{Webarchiv |url=https://www.fotw.info/flags/al%7Dgk.html#fla |wayback=20131230152852 |text=Flags of the World}} – mit Verweis auf John Edwards;<br />Ralph G. C. Bartlett: ''Flags of Aspirant Peoples'' von der Flag Society of Australia, 1994.</ref><br />
<gallery class="center" widths="150"><br />
Bandera Grecs d'Albània.svg|Griechen in Nordepirus (Status unklar)<br />
</gallery><br />
<br />
== Verwendung in den Nachbarländern ==<br />
Die Flagge Albaniens wird überall, also auch außerhalb Albaniens, von ethnischen [[Albaner]]n als nationales Symbol verwendet. Sie hat dort zwar keinen offiziellen Status, ist aber – gerade im [[Kosovo]] und in [[Nordmazedonien]] – überall zu sehen, wo Albaner leben.<ref>{{Internetquelle |autor=Cyrill Stieger |url=https://www.nzz.ch/meinung/kommentare/die-albaner-ruecken-zusammen-1.18052007 |titel=Nationalismus auf dem Balkan: Die Albaner rücken zusammen |werk=[[Neue Zürcher Zeitung]] |datum=2013-03-23 |zitat=Dabei wird die Nation auch von den Albanern, wie das überall auf dem Balkan üblich ist, meist ethnisch und nicht staatsbürgerlich definiert. Die Flagge Albaniens, der schwarze Doppeladler auf rotem Grund, weht überall dort, wo Albaner leben. Die Identifikation mit der Nation überlagert jene mit dem Staat |abruf=2013-03-26}}</ref> Im [[Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien|sozialistischen Jugoslawien]] gab es für die albanische Bevölkerung eine eigene Flagge.<br />
<br />
<gallery class="center" widths="150"><br />
Flag of SFR Yugoslav Albanian Minority.svg|Flagge der albanischen Bevölkerung im sozialistischen Jugoslawien<br />
</gallery><br />
<br />
{{Siehe auch|Flagge des Kosovo}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Flags of Albania|Flaggen Albaniens}}<br />
* [https://flagspot.net/flags/al.html Flags of the World – Albania]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Flaggen Staaten Europas}}<br />
<br />
[[Kategorie:Nationalflagge|Albanien]]<br />
[[Kategorie:Nationales Symbol (Albanien)]]<br />
[[Kategorie:Flagge nach Staat|Albanien]]</div>Toebshttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Sozialistische_Reichspartei&diff=254128788Sozialistische Reichspartei2025-03-12T08:38:07Z<p>Toebs: Typo</p>
<hr />
<div>{{Infobox Partei<br />
| Partei = Sozialistische Reichspartei<br />Sozialistische Reichspartei Deutschlands<br />
| Parteilogo = [[Datei:SRP logo.svg|250px]]<br />
| Parteivorsitzender = <br />
| Bundesvorstand = <br />
| Bild Parteivorsitz = <br />
| Generalsekretär = <br />
| Stellvertretender Vorsitzender = <br />
| Sprecher = <br />
| Bundesgeschäftsführer = <br />
| Landesgeschäftsführer = <br />
| Hauptgeschäftsführer = <br />
| Bundesschatzmeister = <br />
| Landesschatzmeister = <br />
| Schatzmeister = <br />
| Ehrenvorsitzender = <br />
| Entstehung = Abspaltung der [[Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei|DKP-DRP]]<br />
| Gründung = 2. Oktober 1949<br />
| Gründungsort = [[Hameln]]<br />
| Auflösung = 23. Oktober 1952 (Verbot)<br />
| Hauptsitz = <br />
| Jugendorganisation = [[Reichsjugend]]<br />
| Zeitung = <br />
| Stiftung = <br />
| Ausrichtung = [[Nationalsozialismus]]<br />
| Farben = Schwarz, Rot, Weiß<br />
| Zuschüsse = <br />
| Mitglieder = 10.300 (1951)<br />
| Mindestalter = <br />
| Durchschnittsalter = <br />
| Frauenanteil = <br />
| International = <br />
| EP-Mandate = <br />
| Europa = <br />
| EU-Parlament = <br />
| Website = <br />
}}<br />
[[File:Germany 1 Mark ND (1952) Campaign Token SRP (Sozialistische Reichspartei), obverse.jpg|mini|Spendenmarke der SRP, Vorderseite]]<br />
[[File:Germany 1 Mark ND (1952) Campaign Token SRP (Sozialistische Reichspartei), reverse.jpg|mini|Die Rückseite der Spendenmarke für 1 Mark]]<br />
Die '''Sozialistische Reichspartei''' ('''SRP'''), seltener '''Sozialistische Reichspartei Deutschlands''' ('''SRPD'''), war eine [[Nationalsozialismus|nationalsozialistisch]] ausgerichtete [[politische Partei]] in der [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]], die sich selbst in der Tradition der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] sah. Verankert war die Partei vor allem in [[Nordwestdeutschland]].<br />
<br />
Die SRP war 1952 die erste politische Partei, die in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen eines [[Parteiverbot]]s-Verfahrens durch das [[Bundesverfassungsgericht]] verboten wurde. 1956 folgte mit dem [[KPD-Verbot]] das zweite und bislang letzte Parteiverbot der Bundesrepublik.<br />
<br />
Nicht zu verwechseln ist die SRP mit der der Sozialdemokratie nahestehenden [[Sozial-Republikanische Partei Deutschlands|Sozialrepublikanischen Partei Deutschlands]], für die ebenfalls die Abkürzung ''SRPD'' gebraucht wird und die in der [[Weimarer Republik]] von 1932 bis 1933 als [[Kleinpartei]] unter ihrem Vorsitzenden [[Otto Hörsing]] zur Wahl stand.<ref>{{Literatur |Autor=Karl Rohe |Hrsg=Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der Politischen Parteien |Titel=Das Reichsbanner Schwarz Rot Gold. Ein Beitrag zur Geschichte und Struktur der politischen Kampfverbände zur Zeit der Weimarer Republik |Sammelwerk=Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien |Band=34 |Nummer= |Verlag=Droste |Ort=Düsseldorf |Datum=1966 |ISBN=3-7700-5050-9 |Seiten=379-391.}}</ref><br />
<br />
== Hintergrund ==<br />
Der [[NS-Staat]] war zwischen 1933 und 1945 als [[Einparteiensystem]] regiert worden, nachdem die anderen politischen Parteien entweder vom Staat aufgelöst oder in die Selbstauflösung gezwungen worden waren.<ref>{{Literatur |Autor=William L. Shirer |Titel=Rise and Fall of the Third Reich |Datum=1960 |Kapitel=The Nazification of Germany: 1933-34 |Seiten=167–204 |Sprache=en}}</ref> Nach dem Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] in Europa im Mai 1945 bildeten sich, zunächst im Rahmen der [[Deutschland 1945 bis 1949|Besatzungszeit]] ([[Berliner Erklärung (Alliierte)|Berliner Erklärung]] (5. Juni 1945), [[Potsdamer Abkommen]] (2. August 1945)), neue politische Organisationen aller ideologischen Bewegungen. Strömungen des [[Rechtsextremismus]] wurden von verschiedenen Parteien bedient, u.&nbsp;a. der [[Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei|DKP-DRP]] (die wiederum aus der [[Deutsche Konservative Partei (1945–1946)|Deutschen Konservativen Partei]] und der [[Deutsche Aufbaupartei|Deutschen Aufbaupartei]] hervorgegangen war), der [[Nationaldemokratische Partei (Hessen, 1945–1950)|NDP]] in Hessen und der von [[Fritz Dorls]] im Frühjahr 1949 gegründeten ''Gemeinschaft unabhängiger Deutscher.'' Dorls’ Gruppierung fusionierte 1949 mit der DRP und schloss mit ihr für die [[Bundestagswahl 1949]] ein Wahlbündnis.<ref name=":1">{{Literatur |Autor=Otto Büsch |Hrsg=Otto Stammer |Titel=Geschichte und Gestalt der SRP |Sammelwerk=Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland |Band=9 |Verlag=Springer Fachmedien |Ort=Wiesbaden |Datum=1957 |ISBN=978-3-663-19663-1 |Kapitel=Zur Ausgangssituation der SRP |Seiten=9–23 |DOI=10.1007/9783663196631}}</ref><br />
<br />
Zwischen 1948 und 1949 wurde das [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland]] ausgearbeitet, auf Grundlage dessen schließlich am 23. Mai 1949 die westdeutsche Bundesrepublik gegründet wurde. [[Artikel 21 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland|Artikel 21 des Grundgesetzes]] definierte das Parteienrecht und unter anderem auch das [[Parteiverbot]], das dann 1952 gegen die SRP ausgesprochen wurde.<ref name=":1" /><br />
<br />
Bei der Bundestagswahl 1949 erzielte die DKP-DRP ein starkes Ergebnis von 273.129 Stimmen (8,1 Prozent) in Niedersachsen und Dorls wurde überregional als starke Stimme des radikalen Nationalkonservatismus bekannt. Dorls gewann ein Bundestagsmandat, ebenso wie [[Fritz Rößler]], der unter dem falschen Namen „Franz Richter“ in den Bundestag einzog. Dorls und Rößler traten später beide zur SRP über.<ref name=":1" /> Rößler wurde 1952 im Zuge des Verbotsverfahrens gegen die SRP enttarnt.<ref name=":2">{{Internetquelle |autor=Peter Maxwill |url=https://www.spiegel.de/geschichte/rechtsradikale-srp-a-947501.html |titel=Rechtsradikale SRP: Geheim ins Reich |datum=2012-03-02 |abruf=2021-04-08 |sprache=de}}</ref><br />
<br />
Die meisten rechtsgerichteten Parteien enthielten in den späten 1940ern sowohl gemäßigt-konservative als auch radikal-ultranationalistische Elemente, und die gemäßigten Flügel überwogen schon bald in der DKP-DRP, der NDP und der [[Deutsche Partei|DP]]. Die radikalen Ultranationalisten aller besagten Parteien waren wegen der politischen Vorgänge ([[Nürnberger Prozesse]], [[Entnazifizierung]]) frustriert und suchten deshalb eine neue explizit radikale politische Heimat. Die radikalen Stimmen innerhalb der DRP bezeichneten die Versuche der Parteiführung, sich nach der Wahl mit dem Wahlsieger [[Konrad Adenauer]] und der Regierungskoalition ([[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]/[[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]]/[[Freie Demokratische Partei|FDP]]/DP) zu arrangieren, als Verrat an den Wahlversprechen.<ref name=":1" /><br />
<br />
Stattdessen erklärte sich die radikale Fraktion als Teil der „sozialistischen Wolfsburger Linie“ das Ziel der „Sammlung aller wahrhaften Deutschen durch kämpferisches Bekenntnis und Verpflichtung auf ein klares sozialistisches und nationales Programm zur Überwindung der deutschen Not“. Die Führung der DKP-DRP distanzierte sich von diesen Äußerungen, insbesondere von sozialistischen Bezügen. Die radikal-nationalistischen Flügel der DKP-DRP, NDP und DP spalteten sich bald, von der DRP ausgehend, von ihren Mutterparteien ab. Dieser Prozess wurde durch die DRP-Parteiausschlüsse (auf Druck der Besatzungsbehörden unter Androhung des Parteiverbots) von Fritz Dorls, [[Gerhard Krüger (NS-Funktionär)|Gerhard Krüger]] und [[Otto Ernst Remer]], einem ehemaligen [[Generalmajor]] der [[Wehrmacht]] und Gegner des [[Attentat vom 20. Juli 1944|Attentats vom 20. Juli 1944]], noch zusätzlich beschleunigt.<ref name=":1" /> Remer war nach dem Zweiten Weltkrieg schnell ins Visier der amerikanischen und britischen Besatzungsbehörden und Geheimdienste geraten, von denen er im April 1946 als „sehr gefährlich“ und als „fanatischer Nazi“ eingeschätzt worden war.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Martin A. Lee |Titel=The Beast Reawakens |Verlag=Little, Brown and Company |Ort=London |Datum=1997 |ISBN=0-316-90942-4 |Kapitel=The Seesaw Strategy |Seiten=46–84 |Sprache=en}}</ref>{{rp|47}}<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
=== Gründung ===<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-15845-0010, Sozialistische Reichspartei, Dorls, Remer, Westarp.jpg|mini|[[Fritz Dorls]], [[Otto Ernst Remer]] und [[Wolf Graf von Westarp]] (1952; v.&nbsp;l.&nbsp;n.&nbsp;r.)]]<br />
Die Sozialistische Reichspartei entstand am 2. Oktober 1949 in [[Hameln]] als Abspaltung des [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] Flügels der DKP-DRP um Otto Ernst Remer und Fritz Dorls.<ref name=":1" /><ref>{{Internetquelle |url=https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=3baa75ff-09fc-c8ee-beb2-b731e16a2108&groupId=252038 |titel=Die Überwindung des Vielparteienstaates |werk=[[Konrad-Adenauer-Stiftung|kas.de]] |abruf=2018-12-04 |zitat=Die am 2. Oktober 1949 in Hameln gegründete Sozialistische Reichspartei}}.</ref> Die weiteren der neun Mitgründer waren [[Wolfgang Falck (Politiker)|Wolfgang Falck]], [[August Finke]], [[Bernhard Gericke]], Gerhard Heinze, [[Helmut Hillebrecht]], [[Gerhard Krüger (NS-Funktionär)|Gerhard Krüger]] und [[Wolf von Westarp|Wolf Graf von Westarp]]. Sie bildeten (außer Remer und von Westarp, die verzichteten) auch den ersten Parteivorstand.<br />
<br />
Prominenter Unterstützer der Partei war auch der ehemalige [[Luftwaffe (Wehrmacht)|Luftwaffenoberst]] [[Hans-Ulrich Rudel]], welcher der Partei gemeinsam mit Remer ein militaristisches Profil verlieh.<ref name=":3">{{Literatur |Autor=Wolfgang Buschfort |Titel=Geheime Hüter der Verfassung: von der Düsseldorfer Informationsstelle zum ersten Verfassungsschutz der Bundesrepublik (1947–1961) |Verlag=Schöningh |Ort=Paderborn |Datum=2004 |ISBN=3-506-71728-6 |Kapitel=Extremismus in der Bundesrepublik |Seiten=128–234}}</ref>{{rp|130}} Auch der ehemalige [[Schutzstaffel|SS]]-General [[Leo von Jena]] trat in der ersten Zeit, zwischen 1949 und 1950, in der SRP als Redner auf. Er unterstützte die Partei anfänglich auch mit großzügigen Geldspenden in der Hoffnung, in den Parteivorstand aufzurücken. Als von Jena 1950 auf dem Parteitag dennoch nicht in den Vorstand gewählt wurde, zog er sich enttäuscht aus jeglicher politischer Tätigkeit zurück.<br />
<br />
=== Stärkezeit ===<br />
Im März 1950 wurde die SRP zum ersten Mal in geheimdienstlichen Unterlagen der Bundesrepublik als politisch extremistische Organisation erfasst.<ref name=":4">{{Literatur |Autor=Wolfgang Buschfort |Titel=Geheime Hüter der Verfassung: von der Düsseldorfer Informationsstelle zum ersten Verfassungsschutz der Bundesrepublik (1947–1961) |Verlag=Schöningh |Ort=Paderborn |Datum=2004 |ISBN=3-506-71728-6 |Kapitel=Leitung und Personal der I-Stelle |Seiten=64–101}}</ref>{{rp|85}} Die Partei wurde schnell zum größten Sammelbecken rechtsextremer Kräfte in der Bundesrepublik und überwand dabei andere Organisationen wie die ''Vaterländische Union'', die ''Deutsche Aktion'', die ''Nationale Union'', die ''Nationale Rechte'' und viele mehr.<ref name=":3" />{{rp|74}}<br />
<br />
Die SRP versprach sich große Wahlerfolge in den Teilen der westdeutschen Bevölkerung, die Ziel der Nachkriegspolitik der Alliierten geworden waren, insbesondere mit ehemaligen Mitgliedern der NSDAP und mit den [[Heimatvertriebener (Bundesvertriebenengesetz)|Heimatvertriebenen]], und stellte diese Bevölkerungsteile in parteiinterner Publizistik als Grundlage einer radikalen nationalen Bewegung dar, konnte jedoch nie an die Wahlerfolge der NSDAP in den frühen 1930ern anknüpfen.<ref name=":1" /><br />
<br />
Während des [[Koreakrieg]]es (1950 bis 1953) lehnte die SRP, wie die [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]] auch, die [[Vereinte Nationen|UN]]-Intervention (unter Führung der [[Vereinigte Staaten|USA]]) ab und machte sich für die [[Sowjetunion|UdSSR]] als potenziellem Bündnispartner gegen die [[Westintegration|westlich gebundene]] Adenauer-Regierung stark. Die SRP erhielt bis 1952 finanzielle Unterstützung durch Geheimdienste der [[Sowjetunion]], was spätestens ab Dezember 1950 auch amerikanischen Behörden bekannt war.<ref name=":0" />{{rp|74}} Die SRP hatte sich früh zu einem Kurs einer „nationalistisch-neutralistischen“ Ablehnung einer Anbindung an entweder die USA oder die UdSSR bekannt, und wurde deswegen Ziel stetiger Überwachung durch amerikanische Geheimdienstbehörden, die bald wöchentliche Berichte über die Arbeit der SRP anfertigten.<ref name=":0" />{{rp|50}}<br />
<br />
Die Partei beteiligte sich auf überregionaler Ebene erstmals 1950 an den Landtagswahlen in [[Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 1950|Nordrhein-Westfalen]] und [[Landtagswahl in Schleswig-Holstein 1950|Schleswig-Holstein]], blieb aber mit 0,2 bzw. 1,6 Prozent ohne Mandat.<br />
<br />
Am 19. September 1950 beschloss die Bundesregierung mit dem sogenannten [[Adenauer-Erlass]], die Mitgliedschaft von Beamten in 13 Organisationen als Verletzung der Treuepflicht einzustufen. Unter diesen Organisationen waren elf linksextreme und zwei rechtsextreme Gruppierungen, und die SRP war eine der beiden rechtsextremen Gruppen (neben der „Strasser-Bewegung“).<ref name=":4" />{{rp|91}}<br />
<br />
Die SRP errang bei der [[Landtagswahl in Niedersachsen 1951|Landtagswahl in Niedersachsen]] im Mai 1951 11,0 Prozent der Stimmen und 16 Sitze, darunter vier Direktmandate in Wahlkreisen. Ihren größten Erfolg erzielte sie mit 21,5 Prozent der Stimmen im damaligen [[Regierungsbezirk Stade]] und in der Stadt [[Holzminden]] mit 30 Prozent. Im [[Wahlkreis Verden]] lag sie mit 27,7 Prozent der Stimmen sogar noch um 6,2 Prozentpunkte über dem Regierungsbezirksdurchschnitt. <!-- Nur sechs Jahre nach dem Ende des NSDAP-Regimes war damit in zwei von drei Dorfgemeinden wieder eine nationalsozialistische Partei stärkste politische Kraft geworden. --><br />
<br />
Im Oktober 1951 konnte die Partei bei der [[Bürgerschaftswahl in Bremen 1951|Bürgerschaftswahl in Bremen]] 7,7 Prozent der Stimmen und damit acht Mandate gewinnen.<br />
<br />
Bei der [[Wahl zur Verfassunggebenden Landesversammlung in Baden-Württemberg 1952]], die später zum ersten Landtag Baden-Württembergs wurde, erreichte die SRP 2,4 %.<br />
<br />
Zum Zeitpunkt ihres Verbots 1952 war die SRP die mit Abstand wichtigste Organisation im Lager der neonazistischen und neofaschistischen Bewegungen in der Bundesrepublik.<ref name=":5">{{Literatur |Autor=Stanley G. Payne |Titel=A History of Fascism: 1914 to 1945 |Verlag=Routledge |Datum=1995 |ISBN=0-203-50132-2 |Kapitel=Neofascism: A Fascism in Our Future? |Seiten=496–522 |Sprache=en}}</ref>{{rp|500}} 1951 hatte die Partei bundesweit 10.300 Mitglieder, davon allein 6.500 in Niedersachsen.<ref name=":3" />{{rp|135}}<br />
<br />
=== Verbot ===<br />
Als scharfer Gegner der SRP profilierte sich Bundesinnenminister [[Robert Lehr]], selbst ein ehemaliger Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime. Nach einer Rede Remers in [[Braunschweig]], bei welcher der SRP-Politiker Widerstandskämpfer als „Landesverräter“ verunglimpft hatte, kündigte Lehr einen „sofortigen Zugriff“ gegen die SRP an, die sich nach seiner Ansicht „durch nichts von der NSDAP unterscheide“.<ref>[https://www.spiegel.de/geschichte/rechtsradikale-srp-a-947501.html ''Rechtsradikale SRP: Geheim ins Reich''], [[Spiegel Online]], 2. März 2012, abgerufen am 20. Februar 2020.</ref> Daraufhin verfügte die Bundesregierung am 4. Mai 1951 ein Verbot der angegliederten Organisationen wie der [[paramilitär]]ischen Ordnergruppe ''Reichsfront'' und beschloss zugleich die Einleitung eines Verbotsverfahrens für die Partei selbst.<br />
<br />
Am 19. November beantragte die Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht die Feststellung der [[Verfassungswidrigkeit]]. Die Bundesregierung wurde vor dem Bundesverfassungsgericht vom damaligen Staatssekretär im [[Bundesministerium des Innern]], [[Hans Ritter von Lex]], vertreten.<ref name="Saß">{{Internetquelle |autor=Jakob Saß |url=https://ausstellung.geschichte-innenministerien.de/biografien/hans-ritter-von-lex/ |titel=BMI: Hans Ritter von Lex (1893–1970) |werk=ausstellung.geschichte-innenministerien.de |hrsg=Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam |abruf=2022-01-09}}</ref> Die SRP wurde zunächst vom ehemals führenden NS-Juristen [[Erwin Noack (Jurist)|Erwin Noack]] vertreten, der jedoch sein Mandat niederlegte, als die Partei seine Honorare nicht bezahlen konnte und ihr Antrag auf [[Prozesskostenhilfe]] abgelehnt worden war.<ref>[https://www.zeit.de/2012/14/SRP-Verbot/seite-2 ''Nur allerbeste Nazis''], [[Die Zeit]], 29. März 2012, abgerufen am 20. Februar 2020.</ref> Fünf rechtskräftige Urteile wurden bis Juni 1952 ausgesprochen, weitere 25 Redner der SRP waren zu diesem Zeitpunkt in strafrechtliche Verfahren verwickelt. Die SRP wurde am 23. Oktober 1952 schließlich wegen ihrer offenen Bezugnahme auf die NSDAP verboten ([[Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts|BVerfGE]] 2, 1).<ref name="urteil-uni-bern">[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv002001.html Das Urteil] auf der Website des Instituts für öffentliches Recht an der [[Universität Bern]].</ref><br />
<br />
Im Einzelnen stellte das Gericht fest:<br />
# Die Sozialistische Reichspartei ist verfassungswidrig.<br />
# Die Sozialistische Reichspartei wird aufgelöst.<br />
# Es ist verboten, Ersatzorganisationen für die Sozialistische Reichspartei zu schaffen.<br />
<br />
Mit diesem Urteil wurden gleichzeitig sämtliche [[Mandat (Politik)|Mandate]] ersatzlos gestrichen. Die Auflösung der Partei und die Einziehung aller parteilichen [[Vermögen (Wirtschaft)|Vermögen]] wurde angeordnet und gleichzeitig die Bildung von Ersatzorganisationen untersagt.<br />
<br />
In Erwartung dieses Urteils hatte sich die Partei bereits am 12. September selbst aufgelöst, dieser Beschluss wurde vom Bundesverfassungsgericht jedoch nicht akzeptiert. Remer hatte bereits vor dem Verbot die Situation der SRP mit jener der frühen Christen verglichen und erklärt, dass er und seine Parteigenossen im Falle eines Verbotes, wie diese, in die Katakomben hinabsteigen sollten.<ref name=":0" />{{rp|82f.}}<br />
<br />
Mit diesem Urteil zog das Bundesverfassungsgericht einen Schlussstrich unter das knapp dreijährige Wirken der SRP.<ref>Jüngere Veröffentlichungen vertreten jedoch die Auffassung, dass dieses Verbot heute nicht mehr möglich wäre. Siehe dazu: {{Internetquelle |autor=Tobias Betz |url=http://www.spiegel.de/politik/deutschland/parteiverbote-wie-wehrhaft-die-demokratie-vor-50-jahren-war-a-438157.html |titel=Parteiverbote: Wie wehrhaft die Demokratie vor 50 Jahren war |werk=[[Spiegel Online]] |datum=2006-09-22 |abruf=2014-06-19}}</ref><br />
<br />
=== Nach dem Verbot ===<br />
Die Versuche, insbesondere von Fritz Dorls, eine Ersatzorganisation zu schaffen, scheiterten zunächst vollständig, da sie frühzeitig bekannt wurden.<ref name=":6">{{Literatur |Autor=Beate Baldow |Titel=Episode oder Gefahr? - Die Naumann-Affäre |Verlag=Dissertation FU Berlin |Ort=Berlin |Datum=2013 |Online=[http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000013881/Dissertation_Baldow.pdf?hosts= online] |Format=PDF |KBytes= |Abruf=2014-04-05}}</ref>{{rp|176}} Nicht nur im Vorstand der SRP befanden sich V-Leute des Verfassungsschutzes, sondern auch die rechte Hand von Dorls, sein Rechtsanwalt [[Rudolf Aschenauer]], war seit dem Frühjahr 1952 Mitarbeiter des Verfassungsschutzes. Aschenauer war überdies Mitglied des [[Naumann-Kreis]]es, dem die SRP bei dem Versuch, ehemalige Nationalsozialisten wieder in politische Führungspositionen zu bringen, hinderlich war. Erst als der Naumann-Kreis im Frühjahr 1952 durch die britischen Besatzungsbehörden durch Verhaftungen zunächst handlungsunfähig wurde, gelang es Dorls zusammen mit [[Alfred Loritz]], dem Vorsitzenden der [[Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung (Partei)|Wirtschaftlichen Aufbau-Vereinigung]], für die ''Deutsche Aufbauvereinigung'' (DAV) einen zunächst recht erfolgreichen Wahlkampf in Niedersachsen und Hessen durchzuführen. Der Erfolg der DAV verleitete FDP und CDU dazu, selbst Ex-Nazis als Wahlkampfredner anzuheuern. Da sich aber nicht genügend erfolgversprechende Direktkandidaten fanden, nahm die DAV nicht an der Bundestagswahl 1953 teil.<ref name=":6" />{{rp|183f.}}<br />
<br />
Die Anzahl von politischen Splittergruppen, die versuchten, sich als Nachfolger der SRP zu etablieren, oder die zumindest von der Auflösung der Partei profitierten, betrug zunächst 74, reduzierte sich bis 1955 aber auf 11.<ref name=":5" />{{rp|500}} Als wichtigstes Sammelbecken für ehemalige SRP-Mitglieder und somit gleichsam als Nachfolgepartei der SRP wird die [[Deutsche Reichspartei (1950)|Deutsche Reichspartei]] angesehen,<ref>{{Internetquelle |url=http://www.verfassungsschutz.bayern.de/service/mitteilungen/01573/index.php |titel=50 Jahre Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz |titelerg=Abschnitt 2: Aufgabenfeld Rechtsextremismus |hrsg=Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz |datum=2000-06-07 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20070611185222/http://www.verfassungsschutz.bayern.de/service/mitteilungen/01573/index.php |archiv-datum=2007-06-11 |abruf=2014-06-22 |offline=1}}</ref> in die viele SRP-Mitglieder überwechselten.<ref name=":3" /> Diese Partei blieb unbedeutend; Teile schlossen sich der 1964 gegründeten [[Nationaldemokratische Partei Deutschlands|NPD]] an.<ref>{{Literatur |Autor=Eckhard Jesse |Hrsg=Frank Decker, Viola Neu |Titel=Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) |Sammelwerk=Handbuch der deutschen Parteien |Auflage=1 |Verlag=VS Verlag für Sozialwissenschaften |Ort=Wiesbaden |Datum=2007 |ISBN=978-3-531-90460-3 |Seiten=336–344}}</ref><br />
<br />
Gemeinsam mit dem Verbot der KPD etablierte das Verbot der SRP die praktische Auslegung des Parteiverbots durch das Bundesverfassungsgericht.<ref>{{Literatur |Autor=Heike Merten |Hrsg=Frank Decker, Viola Neu |Titel=Rechtliche Grundlagen der Parteiendemokratie |Sammelwerk=Handbuch der deutschen Parteien |Auflage=1 |Verlag=VS Verlag für Sozialwissenschaften |Ort=Wiesbaden |Datum=2007 |ISBN=978-3-531-90460-3 |Seiten=79–113}}</ref>{{rp|103}}<br />
<br />
Durch die beiden Parteiverbote von SRP und KPD wurde außerdem die Koalitionsfähigkeit des Deutschen Bundestages erhöht, da zwei systemoppositionelle Parteien aus dem Wettbewerb ausschieden.<ref>{{Literatur |Autor=Oskar Niedermayer |Hrsg=Frank Decker, Viola Neu |Titel=Die Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems |Sammelwerk=Handbuch der deutschen Parteien |Auflage=1 |Verlag=VS Verlag für Sozialwissenschaften |Ort=Wiesbaden |Datum=2007 |ISBN=978-3-531-90460-3 |Seiten=114–135}}</ref>{{rp|122}}<br />
<br />
== Ideologie und Programm ==<br />
[[Datei:Flag of Socialist Reich Party.svg|mini|Fahne der Sozialistischen Reichspartei]]<br />
Das Parteiprogramm der SRP basierte in wesentlichen Teilen auf dem [[Parteiprogramm der NSDAP]], und die Partei nutzte die Formulierung „nationaler Sozialismus“ für ihre politische Grundhaltung.<ref name=":1" /> Eine andere gängige Selbstbezeichnung für Angehörige der Ideologie der SRP war „Reichssozialisten“. Die Partei verstand sich selbst als eine nationale „Widerstandsbewegung“ und arbeitete entgegen eigenen Behauptungen auf die Auflösung der Bundesrepublik hin.<ref name=":7">{{Literatur |Autor=Otto Büsch |Hrsg=Otto Stammer |Titel=Geschichte und Gestalt der SRP |Sammelwerk=Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland |Band=9 |Verlag=Springer Fachmedien |Ort=Wiesbaden |Datum=1957 |ISBN=978-3-663-19663-1 |Kapitel=Ideologische Grundlagen der SRP |Seiten=24–52 |DOI=10.1007/9783663196631}}</ref><br />
<br />
Durch die offene Glorifizierung der nationalsozialistischen Ideologie isolierte sich die SRP schnell vom übrigen [[Politisches Spektrum|Parteienspektrum]].<ref name=":1" /> Im politischen Wahlkampf positionierte sich die SRP antidemokratisch, antiamerikanisch und nationalsozialistisch. Remer, der schnell zum Gesicht der Partei geworden war, bezeichnete das System der Bundesrepublik als eine amerikanisch erzwungene „Scheißdemokratie“ und glorifizierte die Errungenschaften des Nationalsozialismus, zu dem er sich für die Gegenwart und Zukunft bekannte.<ref name=":0" />{{rp|49}}<br />
<br />
Die SRP nutzte als Parteifahne einen schwarzen Adler auf rotem Grund, manchmal mit weißer Umrandung. Das Farbschema wurde bewusst gewählt, um der [[Hakenkreuzfahne]] zu ähneln.<ref name=":0" />{{rp|49f.}}<br />
<br />
Die SRP unterhielt als Jugendorganisation die [[Reichsjugend]] und als paramilitärische Ordnertruppe die ''Reichsfront''.<br />
<br />
Der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen bezeichnete die Parteiideologie der SRP 1950 in seinem Verfassungsschutzbericht (offizieller Titel ''Extremismus-Berichte des Innenministerium NRW an den Landtag oder Landesbehörden'') wie folgt:<br />
<br />
{{Zitat<br />
|Text=Der Kurs der SRP ist nationalbolschewistisch.<br />
|Autor=Verfassungsschutzbericht NRW 1950, S.&nbsp;7.}}<br />
<br />
=== Antisemitismus und „Judenfrage“ ===<br />
Die SRP übernahm den offenen [[Antisemitismus]] von der NSDAP. Zwar war nach Satzung der Partei die „Rassezugehörigkeit“ für die SRP-Mitgliedschaft nicht entscheidend, sodass auch Juden theoretisch SRP-Mitglieder hätten werden können. Das Bundesverfassungsgericht hielt dieser Satzung allerdings zahlreiche antijüdische Aussagen von SRP-Mitgliedern entgegen und gab an, dass die Partei diese Bestimmung „offenbar um auf die öffentliche Meinung Rücksicht zu nehmen“ festgelegt habe.<ref name="urteil-uni-bern">[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv002001.html Das Urteil] auf der Website des Instituts für öffentliches Recht an der [[Universität Bern]].</ref><br />
<br />
Remer und andere Angehörige der SRP [[Holocaustleugnung|leugneten den Holocaust]] und Remer beschuldigte die Amerikaner, die Krematorien im [[KZ Dachau]] selbst errichtet zu haben, um Deutschland zu verunglimpfen.<ref name=":0" />{{rp|50}}<br />
<br />
Aussöhnungsversuche der Bundesregierung mit der jüdischen Bevölkerung wurden von der SRP abgelehnt. Die „Behandlung der Judenfrage“ ([[Holocaust]]) zur Zeit des Nationalsozialismus wurde als „zwangsläufige Erscheinung eines revolutionären Zeitalters“ entschuldigt und die Judenfrage als solche aufgrund des „zahlenmäßig geringen Judentums in Deutschland“ vertagt, da es „gegenwärtig“ kein „jüdisches Problem“ gebe.<ref name=":7" /> Die Gaskammern der Konzentrationslager wurden von SRP-Mitgliedern u.&nbsp;a. als „revolutionäre Methodik dieser Epoche“ bezeichnet.<ref name=":2" /><br />
<br />
=== Außenpolitik ===<br />
In außenpolitischen Fragen vertrat die SRP einen durchgängigen [[Antiamerikanismus]].<ref name=":0" /><br />
<br />
Innerhalb Europas sah die SRP das Deutsche Reich als „Schutz- und Ordnungsmacht“ im „Kampf gegen den Bolschewismus“. Der Kampf der [[Wehrmacht]] an der [[Deutsch-Sowjetischer Krieg|Ostfront]] wurde als europäischer Kampf gegen Asien dargestellt und Deutschland als logische Führungsmacht für eine blockfreie „Dritte Macht Europa“ zwischen USA und UdSSR präsentiert.<ref name=":7" /> Die SRP bekannte sich zu einer „nationalistisch-neutralistischen“ Außenpolitik.<ref name=":0" />{{rp|50}}<br />
<br />
Obwohl sich die Partei stets antisowjetisch präsentierte, erhielt sie finanzielle Zuwendungen durch Geheimdienste der Sowjetunion.<ref name=":0" />{{rp|74}}<br />
<br />
Der Staat [[Israel]] wurde von der SRP als außenpolitische „Feindmacht“ bezeichnet.<ref name=":7" /><br />
<br />
=== Christentum ===<br />
Die Redner der SRP, insbesondere Remer, nutzten oft [[Christentum|christliche]] Rhetorik. Remer verglich etwa das Ende des Nationalsozialismus 1945 mit dem Tod [[Jesus Christus|Jesu Christi]] und die Fortsetzung des nationalsozialistischen Gedankenguts durch die SRP mit der frühchristlichen Bewegung nach der [[Kreuzigung Christi]]<ref name=":0" />{{rp|50}} und nutzte solche Vergleiche auch nach dem Verbot der Partei.<ref name=":0" />{{rp|82f.}}<br />
<br />
=== Demokratiefeindlichkeit und Ablehnung der Bundesrepublik ===<br />
Nach Auffassung der SRP hatte das Deutsche Reich am 8. Mai 1945 ([[Bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht]]) keineswegs zu existieren aufgehört und [[Karl Dönitz]], von Hitler zum Nachfolger im Amt des Reichspräsidenten ernannt, sei das legitime Staatsoberhaupt geworden und geblieben, das von seiner rechtmäßigen Amtsausübung widerrechtlich abgehalten werde.<ref name=":7" /><br />
<br />
Die bürgerlichen politischen Parteien der Bundesrepublik wurden von der SRP als „Lizenzparteien“ verhöhnt und die Parteiendemokratie abgelehnt.<ref name=":1" /> Obgleich es Bekenntnisse zu einer „demokratische[n] Staatsform“ gab, solange besagte Staatsform „den Willen des Volkes zum Ausdruck bringt“, führte dieses „führungsdemokratische“ System in seiner internen Logik zur unausweichlichen Machtübernahme der Partei, da sich die SRP als die einzige Partei verstand, die den Volkswillen zum Ausdruck brachte.<ref name=":7" /><br />
<br />
Die Bundesrepublik wurde geschichtsvergleichend von der SRP als postrevolutionäre [[Restauration (Frankreich)|Restauration]] bezeichnet, die zum Scheitern verurteilt sei. Stattdessen forderte die SRP auf Basis der „gute[n] Grundidee des Nationalsozialismus“ die Errichtung des „freien Volksstaates“ und der „Volksgemeinschaft“.<ref name=":7" /><br />
<br />
=== Wiederbewaffnung ===<br />
Die [[Wiederbewaffnung]] der Bundesrepublik (spätere Gründung der [[Bundeswehr]]) wurde von der SRP unter der Parole „Soldaten gegen Remilitaristen“ abgelehnt. Die Remilitarisierung des Staates sollte nach Auffassung der SRP erst nach völliger Wiederherstellung der Eigenstaatlichkeit und Sicherstellung der staatlichen Wehrhoheit erfolgen.<ref name=":7" /><br />
<br />
=== Wirtschaft ===<br />
Die Partei positionierte sich politisch sozialistisch, betonte aber ihre Haltung gegen den [[Marxismus]].<ref name=":1" /> Im Zuge des von der SRP geforderten Systems („Deutscher Sozialismus“) versprach die Partei das Recht auf Privateigentum und persönliche Wirtschaftsinitiative, wollte aber eine Beschränkung der Wirtschaftsfreiheit des Einzelnen im Sinne der Verantwortung gegenüber der Volksgemeinschaft. Eigentum war als von der Volksgemeinschaft geliehen zu betrachten und Eigentumsnutzung, die als der Volksgemeinschaft feindlich aufgefasst wurde, musste dementsprechend mit Enteignung bestraft werden. Sozialistische Elemente wurden in die Wirtschaftspolitik integriert, u.&nbsp;a. die Forderung nach „Beteiligung aller Schaffenden am wirtschaftlichen Ertrag der Produktion“. Andererseits forderte die SRP die Ausschaltung der Gewerkschaften.<ref name=":7" /><br />
<br />
Die SRP positionierte sich als gleichzeitig antikommunistisch und antikapitalistisch ([[Dritter Weg]]) und stellte sich sowohl gegen die „marxistische Tendenz, die wirtschaftliche Eigenbetätigung des Staates zu fördern“, als auch gegen kapitalistische „Wirtschaftsmonopole und Machtzusammenballungen, die die Gemeinschaft gefährden“. Eine [[Leistungsgerechtigkeit]] wurde angestrebt.<ref name=":7" /><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* {{Literatur |Autor=Henning Hansen |Hrsg=Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien |Titel=Die Sozialistische Reichspartei (SRP). Aufstieg und Scheitern einer rechtsextremen Partei |Sammelwerk=Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien |Band=148 |Verlag=Droste Verlag |Ort=Düsseldorf |Datum=2007 |ISBN=978-3-7700-5280-6}}<br />
* Otto Büsch, Peter Furth: ''Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland. Studien über die "Sozialistische Reichspartei" (SRP). Schriften des Instituts für Politische Wissenschaft; Band 9.'' Enthält'': Erste Studie: Geschichte und Gestalt der SRP.'' Von Otto Büsch''. Zweite Studie: Ideologie und Propaganda der SRP.'' Von Peter Furth''.'' Verlag Franz Vahlen, Berlin und Frankfurt am Main 1957<br />
* Martin Will: ''Ephorale Verfassung. Das Parteiverbot der rechtsextremen SRP von 1952, Thomas Dehlers Rosenburg und die Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland.'' Mohr Siebeck, Tübingen 2017, ISBN 978-3-16-155893-1.<br />
* Norbert Frei: ''Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit.'' Vom Autor durchgesehene und um ein Nachwort erweiterte Neuausgabe, C.H. Beck, München 2012 (1. Auflage 1996), ISBN 978-3-406-63661-5.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat}}<br />
* [http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv002001.html Verbot, Urteilstext] (PDF; 141&nbsp;kB)<br />
* {{Internetquelle |autor=Peter Maxwill |url=http://www.spiegel.de/einestages/rechtsradikale-srp-a-947501.html |titel=Rechtsradikale SRP: Geheim ins Reich |werk=[[einestages]] auf [[Spiegel Online]] |datum=2012-03-02 |abruf=2012-03-02 |abruf-verborgen=1}}<br />
* {{Internetquelle |autor=[[Michael Lausberg]] |url=http://www.tabularasa-jena.de/artikel/artikel_3968/ |titel=Die Sozialistische Reichspartei (SRP) und ihr Verbot 1952 – ein Rückblick |werk=tabula rasa – Zeitung für Gesellschaft und Kultur |datum=2013-02-06 |abruf=2012-11-29 |abruf-verborgen=1}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{NaviBlock<br />
|Navigationsleiste bundesweit verbotener rechtsextremistischer Organisationen<br />
|Navigationsleiste Parteien in Deutschland}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=k|GND=45523-4|LCCN=nb2007009352|VIAF=261617033}}<br />
<br />
[[Kategorie:Historische Partei (Deutschland)]]<br />
[[Kategorie:Neonazistische Partei]]<br />
[[Kategorie:Völkische Organisation]]<br />
[[Kategorie:Verbotene Partei]]<br />
[[Kategorie:In Deutschland verbotene rechtsextreme Organisation]]<br />
[[Kategorie:Parteigründung 1949]]<br />
[[Kategorie:Aufgelöst 1952]]</div>Toebshttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=OpenETCS&diff=251659084OpenETCS2024-12-28T15:55:22Z<p>Toebs: Grammatik korrigiert</p>
<hr />
<div>{{SEITENTITEL:openETCS}}<br />
'''openETCS''' soll das erfolgreiche Konzept von [[Open Source|Open-Source]]-Programmen für sicherheitskritische Bereiche der Eisenbahn- und Verkehrstechnik nutzbar machen.<ref name="rgz-2012-3-51">{{Literatur |Autor=Klaus-Rüdiger Hase |Titel=An open approach to interoperability |Sammelwerk=[[Railway Gazette International]] |Band=168 |Nummer=3 |Jahr=2012 |ISSN=0373-5346 |Seiten=51–53 |Online=}}</ref> Es wurde als Methode für die Entwicklung von [[European Train Control System|ETCS]]-Fahrzeugausrüstungen der neuen Generation [[ETCS Baseline 3]] betrachtet. Seit 2011 wurde es als Projekt des westeuropäischen Softwareforschungs-Rahmenprogramms [[Information Technology for European Advancement]] (ITEA) geführt. Im Ergebnis wurde es ein wesentlicher Träger der Interoperabilität gemäß [[Technische Spezifikationen für die Interoperabilität|TSI]], bei der die Software der ETCS-Kernfunktionalität unter [[European Union Public License|EUPL]] (Version 1.1) zur Verfügung gestellt wurde. Es wurde eine [[Programmierschnittstelle]] (API) definiert, die openETCS-Software auf geeigneten Rechnersystemen ([[European Vital Computer]]) universell lauffähig macht. Daneben wurde eine komplette Werkzeugumgebung zur Spezifikation, Modellierung, Entwicklung, Verifikation und Validierung (Test) der Software geschaffen. Das stellt die in ETCS-Fahrzeugrechnern gelieferte Software einer breiten Qualitätskontrolle zur Verfügung und macht erreichte Sicherheitsnachweise einer öffentlichen Fachdiskussion zugänglich. Damit sind neben der Software auch sämtliche zur Qualitätssicherung notwendigen Werkzeuge und Dokumentationsmethoden erfasst.<br />
<br />
Nachdem das Projekt zeitlich parallel zu dem Projekt [[Eulynx|NeuPro]] der [[Deutsche Bahn|Deutschen Bahn]] (DB) durchgeführt wurde, gab es doch keine direkte Verknüpfung zwischen Fahrzeug- und Streckentechnik sowie Logistik. Nachdem die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) im Februar 2019 dem ''openETCS e.&#8239;V.'' beigetreten sind, wird eine wesentliche Erweiterung der Tätigkeiten auf die streckenseitige Ausrüstung bewirkt.<ref name=":0">{{Internetquelle |autor= |url=https://www.railwaygazette.com/news/news/europe/single-view/view/sbb-joins-openetcs-foundation.html |titel=SBB joins openETCS Foundation |werk=www.railwaygazette.com |hrsg= |datum=2019-02-25 |zugriff=2019-03-01 |sprache=en}}</ref><br />
<br />
== Begründung ==<br />
<br />
Die Begründung für die Notwendigkeit eines solchen Ansatzes ergibt sich damit, dass die ETCS-Fahrzeugausrüstung wesentlicher Träger der Sicherheitsfunktionen für die Interoperabilität für das zukünftige Europäische Eisenbahnsystem sein wird. Einerseits ist mit Veröffentlichung der SRS ab Baseline 3 bereits die funktionale Spezifikation veröffentlicht und andererseits ist die Garantie der Sicherheit im Eisenbahnwesen eine öffentliche Aufgabe von hohem Rang. Man kann Software im Prinzip als eine Transformation der funktionalen Spezifikation zwecks Abarbeitung durch eine Maschine (hier Mikroprozessor) auffassen. Damit besteht prinzipiell kein Vorteil im Geheimhalten der Software, wenn die Spezifikation bereits als öffentliches Dokument zur Verfügung steht, da in der funktionalen Spezifikation das spezifische Systemwissen enthalten ist, ist die ETCS-Kernsoftware auch nicht als produktdifferenzierendes Merkmal für unterschiedliche Hersteller geeignet. Parallelentwicklungen der gleichen Softwarefunktionalität stellen dann nur noch eine Verschwendung von knappen Entwicklungsressourcen bei gleichzeitig suboptimalen Ergebnissen dar, da erfahrungsgemäß davon ausgegangen werden kann, dass bei einem konsortial angelegten Open-Source-Software-Projekt im Laufe seines Lebenszyklus schneller die Anzahl der verbleibenden Restfehler reduziert werden kann, als dies unterschiedliche parallele Entwicklungsprojekte mit begrenzten Entwicklungsteams leisten können.<br />
<br />
Im Jahr 2009 brachte die Deutsche Bahn ein Projekt auf den Weg, in dem Möglichkeiten zur Minderung der ETCS-Fahrzeugkosten zumindest auf das Niveau konventioneller Zugsicherungssysteme zu senken. Aufbauend auf mehr als zehn Jahren Erfahrung der Deutschen Bahn mit unter freier Lizenz und/oder als Open-Source-Software veröffentlichter Software, entstand die Idee einer entsprechenden ETCS-Lösung.<ref name="rgz-2012-3-51" /> Der Vorschlag für ein openETCS-Projekt wurde erstmals 2009 auf einer Tagung des [[Interdisziplinärer Forschungsverbund Bahntechnik|ifv-Bahntechnik]] in Berlin öffentlich präsentiert.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.ifv-bahntechnik.de/tsi-etcs.pdf |wayback=20091116230514 |text=TAGUNGSINHALTE : TSI & ETCS Bahntechnische Zulassung 2009 |archiv-bot=2019-05-05 07:04:54 InternetArchiveBot }} (PDF; 63&nbsp;kB)</ref> Danach wurde es einem größeren Fachpublikum auf der Signal+Draht-Fachtagung im Oktober 2009 in Fulda vorgestellt und in der Zeitschrift [[Signal + Draht]] 10/2009 veröffentlicht. Die Resonanz in der Bahnbranche war sehr unterschiedlich. Einige Bahnbetreiber begrüßten das Konzept, da langfristig eine Qualitätsverbesserung erwartet und die Abhängigkeit ([[Lock-in-Effekt|Vendor Lock-in]]) von den Originalherstellern bei der Softwarepflege verringert wird. Andererseits zweifelten Teile der Herstellerindustrie an, dass sicherheitskritische Software im Bahnbereich auf der Basis von Open-Source-Projekten verwendet werden kann.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
<br />
In einem Memorandum of Understanding verständigten sich fünf europäische Bahngesellschaften (ATOC (UK), [[DB Fernverkehr]] (D), NS (NL), SNCF (F), Trenitalia (I)) darauf, ein openETCS-Projekt zu definieren und voranzutreiben.<ref name="rgz-2012-3-51" /><br />
<br />
Die DB Fernverkehr AG hatte bei ihrer Anfang 2010 erfolgten Ausschreibung zur Beschaffung von ETCS-Fahrzeugausrüstungen der [[ICE&nbsp;T]] (Baureihen 411, 415) und [[ICE&nbsp;3]] erstmals eine Lizenzierung gemäß [[European Union Public Licence|EUPL]] v.1.1 für die ETCS-Kernsoftware nach UNISIG subset 026 gefordert.<ref name="etr-2014-5-49">{{Literatur | Autor=Jan-Peter Böhm, Werner Geier, Peter Lankes, Jürgen Memke | Titel=Die Ausrüstung der deutschen ICE-Hochgeschwindigkeitszüge mit ETCS | Sammelwerk=[[Eisenbahntechnische Rundschau]] | Band= 63 | Nummer= 5 | Jahr= 2014 | Seiten= 49–57 | ISSN=0013-2845}}</ref> Zwei Bieter boten dabei eine Open-Source-Option an.<ref name="rgz-2012-3-51" /> Der Auftrag wurde an [[Alstom]] vergeben.<br />
<br />
Die Ausrüstungen werden seit Fahrplanwechsel im Dezember 2012 für die Befahrung der ETCS-Strecke St. Pölten – Wien ([[Österreichische Westbahn|Westbahn]]) erstmals eingesetzt und soll später auf ETCS-Strecken in der Schweiz und im gesamten Netz der [[DB Netz]] AG zum Einsatz kommen. Eine Lizenzierung gemäß EUPL und damit Offenlegung der Software war im Jahr 2011 frühestens mit Verfügbarkeit der [[ETCS Baseline 3]] ab 2013 geplant, hätte aber spätestens 2017{{Zukunft|2017}} erfolgen müssen.<ref>Klaus-Rüdiger Hase, Jean Y. Koulischer: [http://www.schienenfahrzeugtagung.at/download/PDF2011/30-Hase_Koulischer.pdf ''openETCS: Open Source Prinzipien für das Europäische Zugsicherungssystem''] (PDF; 3,1&nbsp;MB)</ref> Im Jahr 2013 ging man von einer Veröffentlichung im Jahr 2016{{Zukunft|2016}} aus.<ref name="deine-bahn-2013-1-16">{{Literatur |Autor=Klaus-Rüdiger Hase |Titel=Open Source Software für ETCS |Sammelwerk=[[Deine Bahn]] |Band=41 |Nummer=1 |Datum=2013 |ISSN=0948-7263 |Seiten=16–21}}</ref><br />
<br />
Die Entwicklung von openETCS wurde seit Ende 2011 als ITEA-Projekt mit öffentlichen Mitteln finanziert.<ref name="rgz-2012-3-51" /> An diesem Projekt beteiligten sich 32 Unternehmen und Organisationen.<ref>[https://itea3.org/project/result/download/6441/11025-openETCS-openETCS-profile_oct-12.pdf itea3.org]</ref><br />
<br />
Seit Beendigung des Projektes im Dezember 2015 gab es keine veröffentlichten Aktivitäten mehr. Die Ergebnisse werden auf der aktuellen Webseite von ITEA&#8239;3 präsentiert.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://itea3.org/project/openetcs.html |titel=openETCS - Open Proofs Methodology for the European Train Control Onboard System |werk= |hrsg=[[EUREKA]] |datum= |zugriff=2018-09-21 |sprache=en}}</ref><br />
<br />
Im Februar 2019 wurde der Beitritt der [[Schweizerische Bundesbahnen|Schweizerischen Bundesbahnen]] (SBB) zum ''openETCS e.&#8239;V.'' bekanntgegeben.<ref name=":0" /> Damit wird eine wesentliche Erweiterung auf die streckenseitige Ausrüstung bewirkt. Die SBB haben mit ihrer nationalen Initiative ''Smartrail&#8239;4.0'' und ''Reference CCS Architecture'' (RCA) bereits Erfahrungen im Bereich von [[Common Components System]]s (CCS)<ref>{{Internetquelle |autor= |url=http://ccs.rne.eu/ |titel=Common Components System |werk=ccs.rne.eu |hrsg=[[RailNetEurope]] |datum= |zugriff=2019-03-01 |sprache=en}}</ref> gesammelt. Man will durch die Zusammenarbeit mit den openETCS-Mitgliedern eine passende CCS-Referenzarchitektur auch auf der Fahrzeugseite erreichen.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* Klaus-Rüdiger Hase: ''„openETCS“ – ein Vorschlag zur Kostensenkung und Beschleunigung der ETCS-Migration.'' In: ''[[Signal + Draht]].'' Heft 10/2009, S.&nbsp;18–25.<br />
* Marc Behrens und andere ([[Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt|DLR]]): ''Testen in der modellbasierten Entwicklung der ETCS-On-Board-Unit''. Signalling and Datacommunication 108, Heft 7+8/2016, S.&nbsp;21–28.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
<br />
*[https://itea3.org/project/openetcs.html Ergebnisseite des Projektes OpenETCS bei ITEA]<br />
* {{GitHub|openETCS}} (seit 2017 keine Entwicklung mehr<ref>{{Internetquelle |url=https://github.com/openETCS/modeling |titel=Commits · openETCS/modeling |werk=github.com/openETCS |sprache=en |abruf=2023-01-21}}</ref>)<br />
* [http://www.openproofs.org/ ''Open Proof''-Webseite]<br />
* Johannes Feuser, Jan Peleska: {{Webarchiv | url=http://opencert.iist.unu.edu/Papers/2010-paper-2-B.pdf | wayback=20101129015634 | text=''Security in Open Model Software with Hardware Virtualization – The Railway Control System Perspective.''}} (PDF; 169&nbsp;kB) Universität Bremen, 2010.<br />
* Klaus-Rüdiger Hase: [http://www.dlr.de/fs/Portaldata/16/Resources/dokumente/vk/Vortrag_Hase_091203.pdf ''Dürfen wir uns zivile Sicherheitssysteme mit Closed Source Software überhaupt noch leisten?''] (PDF; 4,8&nbsp;MB) Braunschweig, 3. Dezember 2009.<br />
* Klaus-Rüdiger Hase: [http://www.forms-2010.de/Media.html?file=tl_files/media/forms2010programme_v4_web.pdf ''"Open Proof" for Railway Safety Software: A Potential Way Out of Vendor Lock-in Advancing to Standardization, Transparency, and Software Security''] (PDF) 8th Symposium on Formal Methods for Automation and Safety in Railway and Automatotive Systems, 2–3 December 2010, Braunschweig (GERMANY).<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:European Train Control System]]</div>Toebshttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Berlin-Neuk%C3%B6lln&diff=248123994Berlin-Neukölln2024-08-28T17:23:43Z<p>Toebs: Tippfehler korrigiert</p>
<hr />
<div>{{Dieser Artikel|erläutert den Ortsteil. Zu anderen Bedeutungen siehe [[Neukölln]].}}<br />
{{Infobox Ortsteil von Berlin<br />
|NAME= Neukölln<br />
|BEZIRK= Neukölln<br />
|ORTSTEILNUMMER= 0801<br />
|EINGEMEINDUNG= 1920-10-01<br />
|FLÄCHE= 11.7<br />
|EINWOHNER= {{Metadaten Einwohnerzahl DE-BE|Ot. Neukölln|ohneTz}}<br />
|EINWOHNER-STAND= {{Metadaten Einwohnerzahl DE-BE|Datum|ISO-Ot.}}<br />
|LAT_DEG= 52<br />
|LAT_MIN= 28<br />
|LAT_SEC= 53<br />
|LON_DEG= 13<br />
|LON_MIN= 26<br />
|LON_SEC= 07<br />
|HÖHE= <br />
|HÖHE-BIS= <br />
|HÖHE-PRÄFIX= <br />
|PLZ1= 12043, 12045, 12047<br />
|PLZ2= 12049, 12051, 12053<br />
|PLZ3= 12055, 12057, 12059<br />
|GLIEDERUNG-LISTE= <br />
* [[Reuterkiez]] („Kreuzkölln“)<br />
* Rixdorf<br />
* [[Böhmisch-Rixdorf]] (Böhmisches Dorf)<br />
}}<br />
'''Neukölln''' ist der nördlichste und am dichtesten bebaute, namensgebende [[Ortsteil]] des [[Berlin]]er [[Bezirk Neukölln|Bezirks Neukölln]], der weithin aus [[Gründerzeitviertel]]n besteht. Bis 1920 war Neukölln eine eigenständige Stadt, die bis 1912 den Namen '''Rixdorf''' trug. Gelegentlich wird der Ortsteil zur Unterscheidung vom Bezirk auch als ''Nord-Neukölln'' bezeichnet.<br />
<br />
Das Gebiet nordöstlich des [[Hermannplatz]]es ([[Reuterkiez]]) gehört zum [[Berolinismus|umgangssprachlichen]] so bezeichneten „Kreuzkölln“ (von [[Berlin-Kreuzberg|Kreuzberg]] und Neukölln).<ref>[https://www.tagesspiegel.de/berlin/namen-fuer-berliner-kieze-sagt-endlich-kreuzkoelln/13422316.html Sagt endlich Kreuzkölln!] Tagesspiegel, 12. April 2016; abgerufen am 20. Juni 2018</ref><br />
<br />
== Ortsteile und Stadtquartiere ==<br />
[[Datei:Berlin-Neukölln Karte.png|mini|hochkant=1.3|Übersichtskarte des Ortsteils Neukölln]]<br />
<br />
Zum Ortsteil Neukölln gehören die [[Ortslage]]n Rixdorf (um den [[Richardplatz]], damals ''Deutsch-Rixdorf'' genannt) und [[Böhmisch-Rixdorf]] (um die [[Kirchgasse (Berlin-Neukölln)|Kirchgasse]]).<br />
<br />
Weitere Stadtquartiere oder Wohnviertel im Ortsteil sind:<br />
* [[Rollbergsiedlung]] (an der Rollbergstraße)<br />
* [[Reuterkiez]]<br />
* [[High-Deck-Siedlung]]<br />
* [[Dammwegsiedlung]]<br />
* [[Weiße Siedlung]]<br />
* die Gebiete um die [[Schillerpromenade]] (Schillerkiez)<br />
* [[Körnerpark]] (Körnerkiez)<br />
* Flughafenstraße<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
<br />
=== Von der Ordenssiedlung im 13.&nbsp;Jahrhundert bis zum Dorf im Spätmittelalter ===<br />
[[Datei:Rixdorf Bethlehemskirche 02.jpg|mini|hochkant|[[Bethlehemskirche (Berlin-Neukölln)|Bethlehemskirche]] in Deutsch-Rixdorf]]<br />
<br />
Das ehemalige Rixdorf wurde um 1200 von den [[Templerorden|Tempelrittern]] gegründet, die in [[Komturei Tempelhof|Tempelhof]] ansässig waren. Archäologische Spuren einer [[Slawen|slawischen]] Vorbesiedlung sind bisher nicht gefunden worden. Durch [[Wüstung|Wüstwerdung]] wurde das Dorf in einen [[Vorwerk (Gutshof)|Wirtschaftshof]] der Tempelritter umgewandelt. 1318 wurden die Besitzungen der [[Mark Brandenburg|brandenburgischen]] Tempelritter dem [[Johanniterorden]] übertragen, weil der Templerorden 1312 aufgelöst worden war. Aus diesem Grund trägt das Wappen des Bezirks das [[Johanniterkreuz]]. Laut der in [[Mittelniederdeutsche Sprache|mittelniederdeutscher Sprache]] abgefassten Gründungsurkunde vom 26.&nbsp;Juni 1360 wurde der bis dato bestehende Hof ''Richarsdorp (Richarstorp/Richardstorff)'' in ein Dorf mit 25&nbsp;[[Hufe]]n umgewandelt.<ref>[http://www.snugu.de/bv/Rixdorf-Gruendung.jpg ''Wortlaut der Gründungsurkunde von Rixdorf vom 26. Juni 1360''] aus: Karl Ernst Rimbach: ''600 Jahre von Richardsdorf bis Neukölln.'' Herausgegeben vom Bezirksamt Neukölln von Berlin, Verlag Heimat und Werk, Berlin 1960.</ref> Diese seit 1945 verschollene Urkunde enthielt nicht nur die erste urkundliche Erwähnung von Rixdorf überhaupt, sondern war darüber hinaus die einzige vorhandene Dorfgründungsurkunde von Brandenburg. Dem Inhalt der Urkunde zufolge hatte Rixdorf Abgaben an den Pfarrer von Tempelhof zu leisten, kann also noch keine eigene Dorfkirche besessen haben. 1375 wurde das Dorf Rixdorf im [[Landbuch Karls&nbsp;IV.]] als ''Richardstorpp'' erwähnt, wiederum mit den bereits in der Gründungsurkunde erwähnten 25&nbsp;Hufen, eine relativ geringe Anzahl (der Durchschnitt lag bei rund 50). Die Komture von Tempelhof besaßen jedoch nicht mehr alle Rechte. Der Ortskern befand sich am [[Richardplatz]]. 1435 verkauften die Johanniter alle ihre Dörfer (Tempelhof, Mariendorf, Marienfelde und Rixdorf) an die Städte [[Alt-Berlin|Berlin]] und [[Alt-Kölln|Kölln]]. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte Rixdorf eine eigene [[Bethlehemskirche (Berlin-Neukölln)|Dorfkirche]]. Im Jahr 1525 wird das Dorf in Urkunden als ''Ricksdorf'' erwähnt.<br />
<br />
Aus Richardsdorf und seinen drei niederdeutschen Schreibweisen Richarsdorp, Richarstorp, Richardstorff aus dem 14.&nbsp;Jahrhundert entwickelte sich im 15.&nbsp;Jahrhundert Reicherstorff, Richerstorp und Rigerstorp. Im nächsten Jahrhundert etablierten sich Reichstorff (1541), Richstorff oder Rigstorff (1542), während im 17. und 18.&nbsp;Jahrhundert die Bezeichnungen Rechsdorff, Risdorf, Riechsdorf, Riecksdorf, Ricksdorf gebräuchlich waren. Rixdorf wurde dann im 19.&nbsp;Jahrhundert mehr und mehr in den amtlichen Ortsverzeichnissen verankert und setzte sich als Ortsbezeichnung durch.<ref>{{LuiseBMS |Autor=Herbert Schwenk |Titel=Alle ding … vorgan mit der tydt. Rixdorf wird Neukölln – Allerlei Schreibweisen |ID=prof |Nr=4 |Jahr=2001 |Seite=43–50}}</ref><br />
<br />
=== Bevölkerungszuwächse durch Immigranten ab dem 18.&nbsp;Jahrhundert ===<br />
[[Datei:Rixdorf 1857.jpg|mini|Böhmisch- und Deutsch-Rixdorf 1857:<br /> [1] heutige [[Richardstraße (Berlin)|Richardstraße]],<br /> [2] heutiger [[Richardplatz]],<br /> [3] heutige [[Karl-Marx-Straße (Berlin)|Karl-Marx-Straße]]]]<br />
[[Datei:Stadt-rixdorf.gif|mini|hochkant=0.5|Rixdorfer Wappen]]<br />
<br />
Im Jahr 1737 gestattete [[Friedrich Wilhelm I. (Preußen)|Friedrich Wilhelm&nbsp;I.]] die Ansiedlung [[Böhmen|böhmischer]] [[Exulanten]] in Ricksdorf, die wegen ihres [[evangelisch]]en Glaubens vertrieben worden waren. Diese Anhänger der [[Herrnhuter Brüdergemeine]] bauten ihre eigene Kirche und siedelten in einem eigenen Bereich abseits des [[Dorfanger]]s, entlang der heutigen [[Richardstraße (Berlin)|Richardstraße]]. Das entstandene ''Böhmische Dorf'' erhielt schließlich im Jahr 1797 als ''Böhmisch-Rixdorf'' eine eigene Verwaltung. Der übrige Siedlungsteil wurde zu diesem Zeitpunkt ''(Deutsch-)Rixdorf'' genannt.<br />
<br />
Die beiden selbstständigen Gemeinden Böhmisch-Rixdorf und Deutsch-Rixdorf wurden durch Erlass vom 11.&nbsp;Juli 1873 zur Gemeinde Rixdorf zusammengeschlossen.<ref>''Amtsblatt der Regierung Potsdam'', 1873, S. 230[https://books.google.de/books?id=iVUNAAAAIAAJ&hl=de&pg=RA3-PA230#v=onepage&q&f=false books.google.de]</ref> Die neue Gemeinde hatte bereits 8.000 Einwohner und wuchs im Folgejahr auf 15.000 Einwohner.<br />
<br />
=== Rixdorf erlangt Stadtrecht und erhält den Namen Neukölln ===<br />
Am 1.&nbsp;Mai 1899 bildete das damals 80.000 Einwohner zählende Rixdorf, bis dahin als größtes Dorf [[Königreich Preußen|Preußens]] zum [[Landkreis Teltow|Kreis Teltow]] gehörig, einen eigenen [[Stadtkreis (Deutschland)|Stadtkreis]] und bekam die Stadtrechte.<ref>[https://www.berlin.de/ba-neukoelln/ueber-den-bezirk/historisches/artikel.285866.php berlin.de] ''Chronik und Geschichte Neuköllns'' bei berlin.de, abgerufen am 12. Januar 2020</ref> 1903 erhielt Rixdorf sein Wappen, mit dem Johanniterkreuz und dem Kelch (für die böhmischen Glaubensflüchtlinge). Die Umbenennung von ''Rixdorf'' zu ''Neukölln'' erfolgte mit Zustimmung von Kaiser [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Wilhelm&nbsp;II.]] an dessen 53.&nbsp;Geburtstag am 27.&nbsp;Januar 1912<ref>{{Internetquelle |autor=Gunda Bartels |url=https://www.tagesspiegel.de/berlin/wie-aus-rixdorf-neukoelln-wurde-der-ruf-war-ruiniert/6112574.html |titel=Der Ruf war ruiniert |titelerg=Wie aus Rixdorf Neukölln wurde |werk=Der Tagesspiegel |datum=2012-01-26 |sprache=de |abruf=2020-09-25}}</ref> und wurde von den Behörden deshalb beschlossen, weil Rixdorf mittlerweile für die Berliner zum Inbegriff frivoler Unterhaltung geworden war, der damalige –&nbsp;und zum Teil noch heute&nbsp;– populäre [[Ohrwurm|Gassenhauer]] ''In Rixdorf ist Musike'' bringt das zum Ausdruck. Das negative Erscheinungsbild für den Ort sollte mit dem Namen abgestreift werden. Der Name ''Neucölln'' leitet sich von den nördlich des alten Rixdorf gelegenen Neucöllner Siedlungen ab, die auf die Lage vor den südlichen Toren des alten [[Alt-Berlin|Berlin]]-[[Cölln]] hinweisen (vgl. [[Neu-Kölln]]).<br />
<br />
=== 1920 Teil von Groß-Berlin ===<br />
[[Datei:Bahnhof Rixdorf 1901 01.jpg|mini|''Bahnhof Rixdorf'' im Jahr 1901, seit 1912 [[Bahnhof Berlin-Neukölln|Bahnhof Neukölln]]]]<br />
<br />
Mit dem im Frühjahr 1920 vom [[Preußischer Landtag|Preußischen Landtag]] verabschiedeten [[Groß-Berlin-Gesetz]] ''(Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin)''<ref>''Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin'' vom 27. April 1920. In: ''[[Preußische Gesetzessammlung]]'', Nr. 19 vom 14. Mai 1920, S. 123ff., [https://jbc.bj.uj.edu.pl/dlibra/publication/531729/edition/506066 Digitalisat].</ref> wurden zahlreiche Umlandorte am 1.&nbsp;Oktober 1920 zu [[Groß-Berlin]] vereinigt und der Stadtkreis Neukölln zusammen mit den Dörfern [[Berlin-Britz|Britz]], [[Berlin-Rudow|Rudow]] und [[Berlin-Buckow|Buckow]] zum [[Berliner Bezirke#Bildung Groß-Berlins am 1. Oktober 1920|14.&nbsp;Verwaltungsbezirk]].<!-- hier fehlen einige Jahrzehnte vor allem des Aufblühens, der Bevölkerungsexplosion, Neubebauung usw. XXX bitte an die "ureinwohner", dies hier nachzutragen--> Mit der Gebietsreform 2001 im Rahmen der [[Verwaltungsreform in Berlin|Berliner Verwaltungsreform]] wurde der [[Bezirk Neukölln]] zum 8. Verwaltungsbezirk Berlins.<br />
<br />
=== Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Fall der Mauer ===<br />
[[Datei:Berlin Neukölln Hermannplatz 2002.jpg|mini|[[Hermannplatz]]]]<br />
[[Datei:Berlin Neukoelln Rathaus asv2021-03 img1.jpg|mini|[[Rathaus Neukölln]]]]<br />
<br />
Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] gehörte Neukölln zum [[Viermächte-Status#Berlin|Amerikanischen Sektor]] von Berlin und war bis 1990 ein Teil von [[West-Berlin]]. Die [[Berliner Mauer]] trennte es vom Nachbarbezirk [[Bezirk Treptow|Treptow]], der zu [[Ost-Berlin]] gehörte.<!-- und hier fehlt auch ordentlich "Fleisch"--> Ebenso wie andere traditionelle Arbeiterviertel Berlins wie [[Berlin-Kreuzberg|Kreuzberg]] und [[Bezirk Wedding|Wedding]]/[[Berlin-Gesundbrunnen|Gesundbrunnen]], die entlang der Sektorengrenze lagen, wurde Neukölln nach dem [[Mauerbau]] im August 1961 für die bessergestellten Bevölkerungsgruppen zunehmend unattraktiv. Vor allem wegen der preisgünstigen Mietwohnungen wurde es zum bevorzugten Wohnort von [[Einwanderer]]n und Personen mit [[Migrationshintergrund]].<br />
<br />
=== Seit 1989 ===<br />
Nach dem [[Mauerfall]] endete die Isolation Neuköllns. Der Ortsteil wurde in den 1990er und 2000er Jahren als ‚Problemkiez‘ und [[sozialer Brennpunkt]] bekannt, zu den zunächst überwiegend aus der [[Türken in Berlin|Türkei]] stammenden [[Gastarbeiter]]n kamen später Menschen aus [[Araber in Berlin|arabischen Ländern]] sowie Flüchtlinge. In den 2010er Jahren waren bereits ca.&nbsp;15 % der Bewohner des Ortsteils türkischer und 10 % arabischer Herkunft. Mitte 2021 betrug der Anteil an Personen mit Migrationshintergrund knapp 50 %, die aus 155 verschiedenen Ländern stammen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.berlin.de/ba-neukoelln/politik-und-verwaltung/beauftragte/integration/artikel.125023.php |titel=Die Bevölkerungstruktur Neuköllns |datum=2021-10-21 |sprache=de |abruf=2023-04-08}}</ref> Der ehemalige Bezirksbürgermeister [[Heinz Buschkowsky]] thematisierte die hohe [[Kriminalität]] ([[Beschaffungskriminalität|Beschaffungs-]] und andere [[Drogenkriminalität]]), [[Problemverhalten]] von [[Schulabbruch|Schulabbrechern]], soziale [[Verwahrlosung]] sowie [[Islamischer Fundamentalismus|islamischen Fundamentalismus]] und ging im Rahmen der Bezirksverwaltung gegen diese Probleme vor.<!--Einzelnachweis fehlt--> [[Werner Schiffauer]] führte die Probleme nicht auf die [[Ethnizität]]en zurück, sondern auf die Asylgesetzgebung: „Die Familien sind zur Arbeitslosigkeit verurteilt, sie dürfen nicht arbeiten und sie dürfen nicht studieren, was zu den bekannten Problemen führt, die die Soziologie der Arbeitslosigkeit beschrieben hat, nämlich zu Depression, Perspektivlosigkeit, Verunsicherung in der geschlechtlichen Rollenverteilung, was sich nicht selten in innerfamilialer<!-- sic --> Gewalt entlädt.“<ref>{{Literatur |Hrsg=Sabine Hess, Jana Binder und Johannes Moser |Titel=Es geht nicht um einen Dialog. Integrationsgipfel, Islamkonferenz und Anti-Islamismus. Werner Schiffauer und [[Manuela Bojadzijev]] im Gespräch |Sammelwerk=No integration?! Kulturwissenschaftliche Beiträge zur Integrationsdebatte in Europa |Verlag=Transcript |Ort=Bielefeld |Datum=2009 |Seiten=171–186 |Fundstelle=hier S.&nbsp;182}}</ref> Parallel dazu wird seit den 2000er Jahren vor allem im Norden Neuköllns der Bezirk [[Gentrifizierung|gentrifiziert]]. Zahlreiche Kneipen, kreative Läden, Cafés und Restaurants wurden eröffnet, machten Neukölln zu einem Szenekiez.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.tagesspiegel.de/berlin/gentrifizierung-in-berlin-hip-hipper-neukoelln/9152496.html |titel=Gentrifizierung in Berlin: Hip, hipper, Neukölln |werk=[[Der Tagesspiegel]] |datum=2013-11-30 |sprache=de |abruf=2020-12-20}}</ref> Seit der Verwaltungsreform am 1.&nbsp;Januar 2001 bildet der Bezirk Neukölln den achten Berliner Bezirk (vorher den vierzehnten). Neukölln, [[Bezirk Spandau|Spandau]] und [[Bezirk Reinickendorf|Reinickendorf]] blieben aufgrund ihrer Größe von mehr als 200.000&nbsp;Einwohnern die einzigen ohne Zusammenlegung mit einem anderen Bezirk.<br />
<br />
Im Jahr 2018 veröffentlichte der [[Senat von Berlin]] einen Generalentwicklungsplan der Stadt. Darin enthalten sind auch Projektideen zur Bebauung einer elf Hektar großen Fläche am Koppelweg, nördlich der Mohriner Allee und des [[Britzer Garten]]s gelegen. Die bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen sollen zu Bauflächen [[Widmung (Recht)|umgewidmet]] werden, auf denen Wohnhäuser unterschiedlicher Haustypen mit insgesamt rund 150 Wohnungen, eine Grundschule und [[Kindergarten|Kitas]] entstehen. Die Flächen befinden sich nur teilweise im kommunalen Besitz, die Privateigentümer sollen aber auch zu entsprechenden Bauprojekten mit einem Anteil an Sozialwohnungen angeregt werden.<ref>Ulrich Paul: ''Auf Feld und Flur. Wo Berlin wächst: Der Senat plant elf neue Wohngebiete. Die Berliner sollen mitreden.'' In: ''[[Berliner Zeitung]]'', 29. Mai 2018, S.&nbsp;14.</ref><br />
<br />
== Bevölkerung ==<br />
{| class="wikitable" style="text-align:center;"<br />
|-<br />
! Jahr<br />
! Deutsch<br /> Rixdorf<br />
! Böhmisch<br /> Rixdorf<br />
! gesamt<ref>''Neukölln, Ein Bezirk von Berlin'', Richard Schneider und Werner Krohn 1993</ref><br />
|-<br />
| 1805 || {{0}}376 || {{0}}319 || {{0}}695<br />
|-<br />
| 1840 || 2.146 || {{0}}520 || 2.666<br />
|-<br />
| 1858 || 3.077 || 1.014 || 4.091<br />
|-<br />
| 1871 || 5.996 || 2.129 || 8.125<br />
|}<br />
Deutsch- und Böhmisch Rixdorf wurden 1873 zur Gemeinde Rixdorf zusammengeschlossen, die 1899 das Stadtrecht erhielt und 1912 in Neukölln umbenannt wurde. Seit 1920 ist Neukölln ein Ortsteil des Berliner Bezirks Neukölln.<br />
{| class="toptextcells"<br />
|<br />
{| class="wikitable" style="text-align:center;"<br />
|-<br />
! Jahr<br />
! Einwohner<ref>1880–1919 ''Gross-Berlin: Geographie der Weltstadt'', [[Friedrich Leyden]] 1933 und Preußische Gemeindelexika</ref><br />
|-<br />
| 1880 || {{0}}18.729<br />
|-<br />
| 1885 || {{0}}22.775<br />
|-<br />
| 1890 || {{0}}35.702<br />
|-<br />
| 1895 || {{0}}59.945<br />
|-<br />
| 1900 || {{0}}90.422<br />
|-<br />
| 1905 || 153.572<br />
|-<br />
| 1910 || 237.289<br />
|-<br />
| 1919 || 262.414<br />
|-<br />
| 1925 || 271.658<br />
|-<br />
| 1930 || 278.208<br />
|}<br />
|<br />
{| class="wikitable" style="text-align:center;"<br />
|-<br />
! Jahr<br />
! Einwohner<ref>1925 bis 1987 Statistisches Jahrbuch von Berlin (jeweilige Jahre)</ref><br />
|-<br />
| 1935 || 248.658<br />
|-<br />
| 1938 || 242.704<br />
|-<br />
| 1946 || 213.486<br />
|-<br />
| 1950 || 222.533<br />
|-<br />
| 1960 || 199.097<br />
|-<br />
| 1970 || 159.362<br />
|-<br />
| 1987 || 139.930<br />
|-<br />
| 1995 || 158.436<br />
|-<br />
| 2000 || 146.522<br />
|}<br />
|<br />
{| class="wikitable" style="text-align:center;"<br />
|-<br />
! Jahr<br />
! Einwohner<ref>ab 2007 [https://www.statistik-berlin-brandenburg.de/a-i-5-hj ''Einwohnerbestand in Berlin – Grunddaten'' Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (jeweilige Jahre)]</ref><br />
|-<br />
| 2007 || 149.466<br />
|-<br />
| 2010 || 154.066<br />
|-<br />
| 2015 || 168.035<br />
|-<br />
| 2020 || 164.636<br />
|-<br />
| 2021 || 163.852<br />
|-<br />
| 2022 || 164.809<br />
|-<br />
| 2023 || 163.735<br />
|}<br />
|}<br />
<br />
== Sehenswürdigkeiten und Kultur ==<br />
<br />
=== Bauwerke ===<br />
<div style="column-width:20em"><br />
* [[Alte Post (Neukölln)|Alte Post]]<br />
* [[Amtsgericht Neukölln]]<br />
* [[Bethlehemskirche (Berlin-Neukölln)|Bethlehemskirche]]<br />
* [[Genezarethkirche (Berlin-Neukölln)|Genezarethkirche]]<br />
* [[Geyer-Werke]]<br />
* [[Johannes-Basilika]]<br />
* [[Magdalenenkirche (Berlin-Neukölln)|Magdalenenkirche]]<br />
* [[Martin-Luther-Kirche (Berlin-Neukölln)|Martin-Luther-Kirche]]<br />
* [[Neue Welt (Berlin)|Neue Welt]] (Veranstaltungssaal)<ref name="Huxleys">{{cite web |url=http://www.huxleysneuewelt.com//|title=Website des Huxleys |accessdate=2010-12-15 |offline=yes |language=de |archiveurl=https://web.archive.org/web/20101209061952/http://www.huxleysneuewelt.com/ |archivedate=2010-12-09}}</ref><br />
* [[Philipp-Melanchthon-Kirche (Berlin-Neukölln)|Philipp-Melanchthon-Kirche]]<br />
* [[Rathaus Neukölln]]<br />
* [[Schmiede am Richardplatz]]<br />
* [[Şehitlik-Moschee]]<br />
* [[Stadtbad Neukölln]]<br />
* [[Sudhaus der Berliner Kindl-Brauerei]] (Kindl-Zentrum für zeitgenössische Kunst)<br />
</div><br />
<br />
=== Parkanlagen, Friedhöfe und Gewässer (Auswahl) ===<br />
<div style="column-width:20em"><br />
* [[Anita-Berber-Park]]<br />
* [[Böhmischer Gottesacker Rixdorf]]<br />
* [[Comenius-Garten]]<br />
* [[Heidekampgraben|Grünzug Heidekampgraben]]<br />
* [[Herbert-Krause-Park]]<br />
* [[Hermannstraße (Berlin-Neukölln)#Kirchhöfe und Zwangsarbeiter|Friedhöfe an der Hermannstraße]]<br />
* [[Körnerpark]]<br />
* [[Lessinghöhe]]<br />
* [[Türkischer Friedhof Berlin]] mit [[Şehitlik-Moschee]]<br />
* [[Volkspark Hasenheide]] (südlich der Straße [[Hasenheide (Straße)|Hasenheide]], die zu [[Berlin-Kreuzberg|Kreuzberg]] gehört) mit dem [[Trümmerfrau-Denkmal (Berlin-Neukölln)|Trümmerfrau-Denkmal]] von [[Katharina Szelinski-Singer]]<br />
* [[Von-der-Schulenburg-Park]] mit [[Märchenbrunnen im Schulenburgpark|Märchenbrunnen]]<br />
* [[Landwehrkanal]]<br />
* [[Neuköllner Schifffahrtskanal]]<br />
* [[Britzer Verbindungskanal]]<br />
</div><br />
<br />
''Siehe auch: ''[[Liste der Straßen und Plätze in Berlin-Neukölln#Parks in Neukölln|Parks in Neukölln]]<br />
<br />
=== Einkaufszentren ===<br />
* Kindl-Boulevard<br />
* [[Neukölln Arcaden]]<br />
* Neucölln Carree<br />
* HermannQuartier am [[Bahnhof Berlin Hermannstraße|S+U-Bahnhof Hermannstraße]]<br />
* Neuköllner Tor am [[Bahnhof Berlin-Neukölln|S+U-Bahnhof Neukölln]]<br />
<br />
=== Kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen ===<br />
<div style="column-width:20em"><br />
* [[48 Stunden Neukölln]]<br />
* Galerie im [[Körnerpark]]<ref name="Körnerpark_Galerie">{{cite web|url=https://www.körnerpark.de/ausstellungen/ |title=Galerie im Körnerpark – Ausstellungen |accessdate=2018-12-26 }}</ref><br />
* [[Heimathafen Neukölln]] im [[Saalbau Neukölln]]<ref>{{cite web|url=http://www.heimathafen-neukoelln.de/|title=Website des Heimatshafens Neukölln| accessdate=2024-03-09}}</ref><br />
* [[Karneval der Kulturen]]<ref name="Karneval">{{cite web|url=http://www.karneval-berlin.de/de/|title=Website des Karnevals der Kulturen|accessdate=2024-03-09|archiveurl=https://web.archive.org/web/20120510183800/http://www.karneval-berlin.de/de/|archivedate=2012-05-10|offline=yes}}</ref><br />
* [[Museum Neukölln]]<ref name="Museum_NK">{{cite web | url=http://museum-neukoelln.de/ | title=Museum Neukölln | accessdate=2018-12-26}}</ref><br />
* [[Neuköllner Oper]]<ref name="neukoellneroper">{{cite web|url=http://www.neukoellneroper.de/|title=Website der Neuköllner Oper| accessdate=2010-12-15}}</ref><br />
* Puppentheater-Museum Neukölln<ref name="Puppen">{{cite web|url=http://www.puppentheater-museum.de/|title=Website des Puppentheater-Museums Neukölln| accessdate=2024-03-09}}</ref><br />
* Theater-Café Sowieso<ref>{{Webarchiv |url=http://www.schillerpromenade-quartier.de/Kleinkunst-im-Schillerkiez-das-Theater-Cafe-Sowieso.883.0.html |text=Kleinkunst im Schillerkiez – das Theater-Café „Sowieso“ |wayback=20080926154440}}.</ref><br />
* [[Werkstatt der Kulturen]]<ref name="Werkstatt">{{cite web|url=http://www.werkstatt-der-kulturen.de/|title=Website der Werkstatt der Kulturen| accessdate=2010-12-15}}</ref><br />
</div><br />
<br />
== Verkehr ==<br />
<br />
=== Öffentlicher Nahverkehr ===<br />
<br />
==== U-Bahn ====<br />
{| class="toptextcells"<br />
|-<br />
|<br />
[[U-Bahn-Linie U7 (Berlin)|Linie U7]]<br />
* [[U-Bahnhof Hermannplatz|Hermannplatz]]<br />
* [[U-Bahnhof Rathaus Neukölln|Rathaus Neukölln]]<br />
* [[U-Bahnhof Karl-Marx-Straße|Karl-Marx-Straße]]<br />
* [[Bahnhof Berlin-Neukölln|Neukölln]]<br />
|<br />
[[U-Bahn-Linie U8 (Berlin)|Linie U8]]<br />
* [[U-Bahnhof Hermannplatz|Hermannplatz]]<br />
* [[U-Bahnhof Boddinstraße|Boddinstraße]]<br />
* [[U-Bahnhof Leinestraße|Leinestraße]]<br />
* [[Bahnhof Berlin Hermannstraße|Hermannstraße]]<br />
|}<br />
<br />
==== S-Bahn ====<br />
{| class="toptextcells"<br />
|-<br />
|<br />
Linien S41, S42, S45, S46, S47<br />
* [[Bahnhof Berlin Hermannstraße|Hermannstraße]]<br />
* [[Bahnhof Berlin-Neukölln|Neukölln]]<br />
|<br />
Linien S41, S42<br />
* [[Bahnhof Berlin Sonnenallee|Sonnenallee]]<br />
|<br />
Linien S45, S46, S47<br />
* [[Bahnhof Berlin Köllnische Heide|Köllnische Heide]]<br />
|}<br />
<br />
==== Buslinien ====<br />
* M29: [[U-Bahnhof Hermannplatz|U Hermannplatz]] / Urbanstraße – [[Berlin-Grunewald|Grunewald]], Roseneck<br />
* M41: [[Sonnenallee]] / [[Baumschulenstraße (Berlin-Baumschulenweg)|Baumschulenstraße]] – [[Berlin Hauptbahnhof|S+U Hauptbahnhof]] über [[Tunnel Tiergarten Spreebogen]]<br />
* M43: [[U-Bahnhof Berliner Straße|U Berliner Straße]] – [[Berlin-Stralau|Stralau]], Tunnelstraße<br />
* M44: Buckow-Süd, Stuthirtenweg – S+U Hermannstraße. Nachts weiter als N8 in Richtung [[Berlin-Wittenau|Wittenau]]<br />
* 166: Neukölln, Weisestraße – [[Bahnhof Berlin-Schöneweide|S Schöneweide]] / [[Sterndamm]]<br />
* 171: U Hermannplatz – [[Bahnhof Flughafen BER – Terminal 5 (Schönefeld)|S Flughafen BER – Terminal 5 (Schönefeld)]]<br />
* 194: U Hermannplatz / Karl-Marx-Straße – [[Berlin-Marzahn|Marzahn]], [[Helene-Weigel-Platz]]<br />
* 246: [[U-Bahnhof Friedrich-Wilhelm-Platz|U Friedrich-Wilhelm-Platz]] – Neukölln, Forsthausallee<br />
* 277: S+U Hermannstraße – [[Berlin-Marienfelde|Marienfelde]], Stadtrandsiedlung<br />
* 377: [[Bahnhof Berlin-Plänterwald|S Plänterwald]] – Neukölln, Kranoldstraße<br />
<br />
=== Individualverkehr ===<br />
Die längsten und am dichtesten bebauten Straßen durch den Ortsteil sind die [[Karl-Marx-Straße (Berlin)|Karl-Marx-Straße]], die [[Hermannstraße (Berlin-Neukölln)|Hermannstraße]] und die [[Sonnenallee]], die als [[Ein- und Ausfallstraße|Ausfallstraßen]] eine große Bedeutung haben.<br />
<br />
=== Radverkehr ===<br />
In Berlin-Neukölln wurde 2017 auf der [[Liste der Straßen und Plätze in Berlin-Neukölln#Weserstraße*|Weserstraße]] auf dem Abschnitt zwischen [[Kottbusser Damm]] und [[Liste der Straßen und Plätze in Berlin-Neukölln#Reuterplatz*|Reuterplatz]] die erste [[Fahrradstraße]] des Bezirks ausgewiesen. 2018 folgte eine zweite Fahrradstraße, die über das [[Weigandufer]] führt. Es existieren Pläne, auch den Abschnitt der Pannierstraße zwischen Weser- und Pflügerstraße als Fahrradstraße umzubauen und damit eine Verbindung mit der Fahrradstraße am Weigandufer herzustellen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.abendblatt-berlin.de/2017/09/27/weserstrasse-ist-jetzt-fahrradstrasse/ |titel=Weserstraße ist jetzt Fahrradstraße |werk=[[Berliner Abendblatt]] |datum=2017-09-27 |sprache=de |abruf=2019-03-17}}</ref><br />
<br />
== Bildung ==<br />
Bereits im 19.&nbsp;Jahrhundert zeigte sich mit dem schnellen Bevölkerungswachstum die Notwendigkeit eines umfangreichen Schulbauprogramms. Gegen Ende des Jahrhunderts waren auf Betreiben des Gemeinderats neben der höheren Bildungsanstalt ''Städtische Realschule mit [[Progymnasium]]'' jeweils sieben Gemeindeschulen und zwar getrennt nach [[Junge|Knaben]] und [[Mädchen]] errichtet worden. Dazu kam noch je eine Schule der katholischen und der evangelischen Kirchengemeinde sowie eine ''Fortbildungsschule''. Ebenfalls zur Verbesserung der Bildung trugen zwei [[Bibliotheksgeschichte#19. Jahrhundert|Volksbibliotheken]] bei.<ref>{{Berliner Adressbuch|1900|3276| Behörden, Anstalten, Vereine |Teil=V, Rixdorf|Seite=158}}</ref><!-- Hier noch auf die existierenden verweisen wie Rütli, A. Schweitzer usw..---><br />
<br />
== Persönlichkeiten ==<br />
<br />
=== Söhne und Töchter Neuköllns ===<br />
* [[Daniel Friedrich Wanzlick]] (1819–1877), Kommunalpolitiker<br />
* [[Walter Moras]] (1856–1925), Maler<br />
* [[Ernst Moritz Geyger]] (1861–1941), Bildhauer, Maler und Radierer<br />
* [[Carl Rungius]] (1869–1959), US-amerikanischer Wildtiermaler deutscher Herkunft<br />
* [[Otto Franke (Politiker)|Otto Franke]] (1877–1953), Politiker (SED)<br />
* [[Alfred Schmitt (Sprachwissenschaftler)|Alfred Schmitt]] (1888–1976), Sprachwissenschaftler, Phonetiker und Schriftforscher<br />
* [[Clara Sahlberg]] (1890–1977), Gewerkschafterin und Widerstandskämpferin<br />
* [[Gerda von Zobeltitz]] (1891–1963), Damenschneiderin, eine der ersten anerkannten Transpersonen im späten Kaiserreich und der Weimarer Republik<br />
* [[Robert Seiler (Maler)|Robert Seiler]] (1891–1971), Maler und Zeichner, Hochschullehrer<br />
* [[Reinhard Sorge]] (1892–1916), Schriftsteller<br />
* [[Max Fechner]] (1892–1973), Politiker ([[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]])<br />
* [[Will Meisel]] (1897–1967), Tänzer, Komponist und Verlagsgründer<br />
* [[Gritta Ley]] (1898–1986), Schauspielerin<br />
* [[Robert Baberske]] (1900–1958), Kameramann<br />
* [[Fritz Bischoff (Widerstandskämpfer)|Fritz Bischoff]] (1900–1945), Kommunist, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus<br />
* [[Bruno Kühn]] (1901–1944), Kommunist und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, Bruder von Lotte Ulbricht<br />
* [[Lotte Ulbricht]] (1903–2002), SED-Funktionärin, Ehefrau von [[Walter Ulbricht]]<br />
* [[Walter Bluhm]] (1904–1976), Schauspieler und Synchronsprecher<br />
* [[Arno Scholz]] (1904–1971), Journalist, Publizist und Verleger<br />
* [[Georg Schröder (Widerstandskämpfer)|Georg Schröder]] (1904–1944) Widerstandskämpfer, Arbeiter, Sozialdemokrat, Mitglied des Reichsbanners<br />
* [[Heinz Riefenstahl]] (1906–1944), Ingenieur<br />
* [[Charles Schmidt (Politiker)|Charles Schmidt]] (1906–1971), Politiker (CDU)<br />
* [[Walter Hübner (SA-Mitglied)|Walter Hübner]] (1906–1969), [[Sturmabteilung|SA]]-Führer<br />
* [[Gerhard Winkler (Komponist)|Gerhard Winkler]] (1906–1977), Komponist<br />
* [[Ernst Wilhelm Borchert]] (1907–1990), Schauspieler sowie Hörspiel- und Synchronsprecher<br />
* [[Wilhelm Haegert]] (1907–1994), Ministerialrat und Leiter der Abteilung Propaganda im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda sowie SA-Sturmbannführer<br />
* [[Martin Lehnert (Anglist)|Martin Lehnert]] (1910–1992), Anglist<br />
* [[Ferdinand Loll]] (1910–1986), Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, Polizeioffizier der DDR<br />
* [[Inge Meysel]] (1910–2004), Schauspielerin<br />
* [[Hermann Ludwig (Filmeditor)|Hermann Ludwig]] (1911–1982), Filmeditor und Produktionsleiter<br />
* [[Klaus Gysi]] (1912–1999), DDR-Politiker und Diplomat; Botschafter in Italien, im Vatikan und Malta (1973–1978)<br />
* [[Friedel Hoffmann]] (1912–1997), Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus und SED-Funktionärin<br />
* [[Grete Walter]] (1913–1935), Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus<br />
* [[Alexander Voelker (Politiker)|Alexander Voelker]] (1913–2001), Politiker, 1980 als Stadtältester von Berlin geehrt<br />
* [[Erika Bergmann]] (1915–1996), Aufseherin im [[KZ Ravensbrück]]<br />
* [[Mady Rahl]] (1915–2009), Schauspielerin<br />
* [[Irene Walther]] (1919–1942), Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus<br />
* [[Hans Joachim Ihle]] (1919–1997), Bildhauer<br />
* [[Friedrich Wolff (Rechtsanwalt)|Friedrich Wolff]] (1922–2024), Rechtsanwalt und Vorsitzender des Berliner Anwaltskollegiums in der DDR<br />
* [[Wolfgang Kieling]] (1924–1985), Schauspieler und Synchronsprecher<br />
* [[Gunnar Möller]] (1928–2017), Schauspieler<br />
* [[Horst Buchholz]] (1933–2003), Schauspieler<br />
* [[Jutta Limbach]] (1934–2016), Juristin und Politikerin<br />
* [[Frank Zander]] (* 1942), Musiker<br />
* [[Walfriede Schmitt]] (* 1943), Schauspielerin<br />
* [[Peter Vogel (Pädagoge)|Peter Vogel]] (* 1947), Pädagoge<br />
* [[Werner Buchholz (Historiker)|Werner Buchholz]] (* 1948), Historiker und Hochschullehrer<br />
* [[Heinz Buschkowsky]] (* 1948), Bezirksbürgermeister<br />
* [[Gesine Cukrowski]] (* 1968), Schauspielerin<br />
* [[Kurt Krömer]] (* 1974), Kabarettist und Entertainer<br />
* [[Güner Yasemin Balcı]] (* 1975), Fernsehjournalistin und Autorin<br />
* [[Daniel Zillmann]] (* 1981), Schauspieler<br />
<br />
=== Mit Neukölln verbundene Persönlichkeiten ===<br />
* [[Bruno Bauer]] (1809–1882), Theologe und Philosoph<br />
* [[Daniel Friedrich Wanzlick]] (1819–1877), Dorfvorsteher von Böhmisch-Rixdorf<br />
* [[Hermann Boddin]] (1844–1907), Bürgermeister von Rixdorf<br />
* [[Gustav Leyke]] (1851–1910), Kommunalpolitiker<br />
* [[Hermann Weigand]] (1854–1926), Stadtbaurat von Rixdorf<br />
* [[Leo Arons]] (1860–1919), Physiker, Kommunalpolitiker in Neukölln<br />
* [[Ernst Moritz Geyger]] (1861–1941), Bildhauer und Maler, wohnte am Karl-Marx-Platz 16–18<br />
* [[Curt Kaiser]] (1865–1940), letzter Oberbürgermeister Rixdorfs, wohnte in der ''Kaiser Friedrichstraße''&nbsp;64 (heute: [[Sonnenallee]]&nbsp;124)<br />
* [[Emil Wutzky]] (1871–1963), Gewerkschafter und Kommunalpolitiker (SPD)<br />
* [[Reinhold Kiehl]] (1874–1913), Stadtbaurat von Rixdorf<br />
* [[Alfred Scholz (Politiker)|Alfred Scholz]] (1876–1944), Bezirksbürgermeister<br />
* [[Wilhelm Wittbrodt]] (1878–1961), Reformpädagoge, Politiker (SPD), Schuldirektor in der Rütlistraße, wohnte in der Anzengruberstraße 3<br />
* [[Kurt Löwenstein]] (1885–1939), SPD-Politiker, Reichstagsabgeordneter und Stadtrat in Berlin-Neukölln, Schulreformer, wohnte in der Geygerstraße 3 [[:Datei:Gedenktafel Geygerstr 3 (Neuk) Kurt Löwenstein.JPG|(Gedenktafel)]]<br />
* [[Fritz Karsen]] (1885–1951), Reformpädagoge, wohnte in der Sonnenallee 79<br />
* [[Erich Raddatz]] (1886–1964), Politiker (SPD)<br />
* [[Lisbeth Glaeser-Wilken|Lisbeth Wirtson]] (1887–1977), Schauspielerin und Lehrerin, arbeitete von 1933 bis 1937 als Lehrerin in Berlin-Neukölln<br />
* [[Franz Künstler (Politiker)|Franz Künstler]] (1888–1942), Politiker (SPD, USPD) und Widerstandskämpfer, wohnte in der Elsenstraße 52<br />
* [[Engelbert Zaschka]] (1895–1955), Erfinder und Hubschrauber-Pionier<br />
* [[Kurt Exner (Politiker)|Kurt Exner]] (1901–1996), Politiker (SPD)<br />
* [[Martin Weise (Widerstandskämpfer)|Martin Weise]] (1903–1943), Politiker (KPD) und Widerstandskämpfer, wohnte in der Jonasstraße 42<br />
* [[Werner Seelenbinder]] (1904–1944), Ringer und Widerstandskämpfer, trainierte in Neukölln und ist dort begraben<br />
* [[Ilse Meudtner]] (1912–1990), Sportlerin und Tänzerin<br />
* [[Heinz Kapelle]] (1913–1941), Politiker (KPD) und Widerstandskämpfer, wohnte in der Weserstraße 168<br />
* [[Ursula Goetze]] (1916–1943), Widerstandskämpferin<br />
* [[Katharina Szelinski-Singer]] (1918–2010), Bildhauerin<br />
* [[Horst Bosetzky]] (1938–2018), Soziologe und Schriftsteller, in Neukölln aufgewachsen<br />
* [[Traugott Giesen]] (* 1940), evangelisch-lutherischer Geistlicher und christlicher Autor, wirkte zehn Jahre als Seelsorger in Neukölln<br />
* [[Ulrich Roski]] (1944–2003), Liedermacher, lebte in der Kirchhofstraße<br />
* [[Frank Bielka]] (* 1947), Politiker (SPD), Bezirksbürgermeister von Neukölln<br />
* [[Joachim Weckmann]] (* 1953), Unternehmer<br />
* [[Michael Wendt (Politiker)|Michael Wendt]] (1955–2011), Politiker (Bündnis 90/Die Grünen)<br />
* [[Stephan Krawczyk]] (* 1955), Liedermacher und Schriftsteller<br />
* [[Paul Alfred Kleinert]] (* 1960), Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber<br />
* [[Anja Tuckermann]] (* 1961), Autorin und Journalistin<br />
* [[Martin Betz]] (* 1964), Kabarettist<br />
* [[Tobias O. Meißner]] (* 1967), Schriftsteller<br />
* [[Jan Wagner (Schriftsteller)|Jan Wagner]] (* 1971), Schriftsteller<br />
* [[Sebastian Blomberg]] (* 1972), Schauspieler<br />
* [[Robin Alexander]] (* 1975), Journalist<br />
* [[Jan Jagla]] (* 1981), Basketballspieler, begann seine Karriere bei TuS Neukölln 1865<br />
* [[Graziella Schazad]] (* 1983), Singer-Songwriterin<br />
* [[Ali Bumaye]] (* 1985), Rapper<br />
* [[Margarete Stokowski]] (* 1986), Autorin<br />
* [[Juju (Rapperin)|Juju]] (* 1992), Rapperin<br />
* [[Antonio Rüdiger]] (* 1993), Fußballspieler<br />
* [[Alice Phoebe Lou]] (* 1993), Singer-Songwriterin<br />
<br />
== Neukölln in der Kultur ==<br />
<br />
=== Literatur ===<br />
* [[Leif Randt]]: ''Allegro Pastell.'' Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2020, ISBN 978-3-462-05358-6.<br />
* [[Behzad Karim Khani]]: ''Hund, Wolf, Schakal''. Roman. Hanser Berlin, Berlin 2022, 288 Seiten, ISBN 978-3-446-27548-5.<br />
* Olga O'Groschen: ''Gebrauchsanweisung für Neukölln''. Nachwort: [[Johannes Groschupf]]. Hirnkost, Berlin 2023, ISBN 978-3-949452-81-9.<br />
<br />
=== Musik ===<br />
* ''In Rixdorf is’ Musike'' von Littke-Carlsen nach der Melodie von Eugen Philippi<ref>[http://www.berlin.de/ba-neukoelln/ueber-den-bezirk/historisches/artikel.285866.php ''In Rixdorf is’ Musike''.] Bezirksamt Neukölln, abgerufen am 23. September 2009.</ref><br />
* ''[[“Heroes” (Album)#Neuköln|Neuköln]]'' von [[David Bowie]] und [[Brian Eno]]<br />
* ''Neuköllner Schluckspechtsymphonie in Suffmoll'' von Freigestirn<ref>[http://kreativkiez.blogspot.com/2010/11/die-neukollner-schluckspechtsymphonie.html Neuköllner Schluckspechtsymphonie in Suffmoll von Freigestirn] Kreativkiez Neukölln, abgerufen am 28. November 2011.</ref><br />
* ''Dit is Neukölln'', Lied von [[Kurt Krömer]] und [[Gabi Decker]] nach der Melodie von ''I Got You babe'' ([[Sonny and Cher]])<br />
* ''Neukölln'', Lied von [[Madeline Juno]] auf ihrem Album ''[[Besser kann ich es nicht erklären]]''<br />
<br />
=== Film und Fernsehen ===<br />
* ''Berlin: Hasenheide'', Dokumentarfilm, 2010, Regie: Nana A.T. Rebhan. [http://www.hasenheidefilm.de/ ''Berlin:Hasenheide''.] hasenheidefilm.de; abgerufen am 28. November 2010.<br />
* ''Berlin-Neukölln'', Fernsehfilm, 2002, Regie: Bernhard Sallmann<ref>{{IMDb|tt0321422}}</ref><br />
* ''[[Straight (Film)|Straight]]'', Spielfilm, 2008, Regie: Nicolas Flessa<br />
* ''[[Knallhart]]'', Spielfilm, 2006, Regie: [[Detlev Buck]]<br />
* ''Mein 1/4 Blues'', Video von [[Malte Ludin]], 38 Minuten<br />
* ''Moruk'', Kurzspielfilm mit [[Oktay Özdemir]] und [[Burak Yiğit]], Regie: Serdal Karaça<ref>[http://www.critic.de/filme/detail/film/kreuzk%E3%B6lln-1889.html Kreuzkölln – Kiez im Double Feature]. Abgerufen am 17. Oktober 2009.</ref><br />
* ''[[Neukölln Unlimited]]'', Dokumentarfilm, 2010, Regie: Agostino Imondi, Dietmar Ratsch<ref>{{Webarchiv |url=http://gmfilms.de/database/filme/film%5B%40id%3D%27fce7e7a164137fd8349cd7dcda67ea28%27%20%20and%20%40kino%3D%27ja%27%5D |text=Info zum Film. |wayback=20100504182237}} Abgerufen am 11. März 2010.</ref><br />
* ''[[Das Ende der Geduld]]'', Fernsehfilm, 2014, Regie: [[Christian Wagner (Filmregisseur)|Christian Wagner]]<br />
* ''[[4 Blocks]]'', Serie, 2017, Regie: [[Marvin Kren]]<br />
* ''[[Sonne und Beton (Film)|Sonne und Beton]]'', 2023, Regie: [[David Wnendt]]<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der Straßen und Plätze in Berlin-Neukölln]]<br />
* [[Liste der Kulturdenkmale in Berlin-Neukölln]]<br />
* [[Liste der Gedenktafeln in Berlin-Neukölln]]<br />
* [[Liste der Stolpersteine in Berlin-Neukölln]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Dieter Althans, Robert Dupuis, Cornelia Hüge, Rainer Pomp, Jan Sonnenberg: ''Rathaus Rixdorf – Rathaus Neukölln, Veröffentlichung anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Neuköllner Rathauses.'' Bezirksamt Neukölln von Berlin, Berlin 2008, ISBN 978-3-00-026396-5.<br />
* Eugen Brode: ''Geschichte Rixdorfs.'' Mier & Glasemann, Rixdorf 1899; [https://digital.zlb.de/viewer/image/34722928/ zlb.de]<br />
* [[Heinz Buschkowsky]]: ''[[Neukölln ist überall]]''. Ullstein Buchverlage, Berlin 2012, ISBN 978-3-550-08011-1.<br />
* Bezirksamt Neukölln von Berlin, Abt. Bauwesen (Hrsg.): ''100&nbsp;Jahre Bauen für Neukölln – Eine kommunale Baugeschichte.'' Berlin 2005, ISBN 3-00-015848-0.<br />
* Christiane Borgelt, Regina Jost: ''Architekturführer Berlin-Neukölln.'' Stadtwandel Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-933743-91-5.<br />
* Wolfgang Borowski, Bezirksamt Neukölln von Berlin (Hrsg.): ''Berlin-Neukölln – Seine Geschichte und Denkmale Rixdorf.'' Berlin 1999.<br />
* Verena S. Diehl, Jörg Sundermeier, Werner Labisch (Hrsg.): ''Neuköllnbuch.'' Verbrecher-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-935843-28-3.<br />
* Bernd Kessinger: ''Neukölln. Die Geschichte eines Berliner Stadtbezirks.'' Vergangenheitsverlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-86408-064-7.<br />
* Neuköllner Kulturverein (Hrsg.): ''Nahaufnahme Neukölln. Kinos, Kameras, Kopierwerk.'' Argon Verlag, Berlin 1989, ISBN 3-87024-153-5.<br />
* [[Thomas Lindemann (Autor)|Thomas Lindemann]]: ''Keine Angst, hier gibt’s auch Deutsche''. Berlin-Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-8270-1312-5.<br />
* Falk-Rüdiger Wünsch: ''Neukölln – Alte Bilder erzählen.'' Sutton Verlag, Erfurt 1998, ISBN 3-89702-096-3.<br />
* Dorothea Kolland (Hrsg.): ''„Zehn Brüder waren wir gewesen …“ Spuren jüdischen Lebens in Neukölln''. Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-942271-29-5.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat}}<br />
* [http://www.berlin.de/ba-neukoelln/ Bezirk Neukölln.] offizielle Berlin-Seite.<br />
* [http://www.neukoelln-online.de/denkmale/rixdorf/inhalt.htm Berlin-Neukölln: seine Geschichte und Denkmale – Rixdorf] (private Website)<br />
* [http://bilder.inberlin.de/neukoelln/neukoelln.htm Bildergalerie von Neuköllner Orten/Plätzen.] inberlin.de<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references responsive /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Ortsteile Berlins im Bezirk Neukölln}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=g|GND=4087334-1|LCCN=n84049705|VIAF=244097559}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Berlin Neukolln}}<br />
[[Kategorie:Ortsteil von Berlin|Neukolln]]<br />
[[Kategorie:Berlin-Neukölln| ]]<br />
[[Kategorie:Gemeindeauflösung 1920]]<br />
[[Kategorie:Berliner Kämmereidorf]]</div>Toebshttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bossenwerk&diff=245451068Bossenwerk2024-05-29T17:44:35Z<p>Toebs: Leerzeichen hinzugefügt #article-section-source-editor</p>
<hr />
<div>[[Datei:Bossenwerk.jpg|mini|hochkant=1.2| Fassade mit Bossenwerk des [[Palazzo Medici Riccardi|Palazzo Medici-Riccardi]] in Florenz, um 1440]]<br />
'''Bossenwerk''' bzw. '''Bossenmauerwerk''' besteht aus Werksteinen mit Bossen. Der Baufachbegriff '''Bosse''' (von {{gmhS|bozen|de=schlagen}}<ref>[[Hans Koepf]], [[Günther Binding]]: ''Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar'' (= ''Kröners Taschenausgabe.'' Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X ([https://moodle.unifr.ch/pluginfile.php/975203/mod_resource/content/0/KOEPF%2C%20BINDING%2C%202005%2C%20Bildwoerterbuch%20der%20Architektur.pdf Digitalisat auf moodle.unifr.ch], abgerufen am 27. Dezember 2023), S. 82.</ref>) steht im [[Bauwesen]] für die nur roh zugerichtete und daher buckelige Vorderseite bzw. Ansichtsfläche eines [[Werkstein]]s oder [[Quaderstein|Quaders]].<br />
<br />
Die handwerklich-steinmetzmäßige Herstellung der Quader erfolgt in mehreren Arbeitsschritten und beginnt mit dem groben Bossieren. Bei den meisten Natursteinmauern lässt man die Bossen stehen. Hiervon rührt die Bezeichnung '''Rustika''' (lateinisch ''rustica'': ''bäuerlich'', ''ländlich'').<br />
<br />
Mauerwerksbossen können auch als kunstvolle Zierform, bzw. Zierrustika aufgefasst sein. Hierfür bekannt sind die sogenannten [[Buckelquader]] beim [[hochmittelalter]]lichen [[Burg]]enbau, deren hochpräzise Herstellung man an den dünnen [[Mauerfuge]]n und dem sauberen [[Randschlag (Architektur)|Randschlag]] erkennt.<br />
<br />
== Bossenwerk/Bossenmauerwerk ==<br />
Man unterscheidet verschiedene Arten von Bossenwerk. Bei Buckelquadern wird ein glatter Rand um die Bosse geschlagen. Wird die Bosse geglättet, spricht man von [[Kissenquader]]n oder [[Polsterquader]]n. Eine facettenartige, pyramidenförmige Stirnseite haben [[Diamantquader]]. In anderen Fällen schlägt man an der fertigen Mauer gezielt die Bossen ab und erhält so ein Facettenmauerwerk.<br />
<br />
<gallery perrow="6" class="center" caption="Bossen des Buckelquadermauerwerks"><br />
Bossage.png|Bosse an Natursteinquader<br />
Bossage.demie.sphere.png|Halbkugelförmige Bossen als Verzierung des Mauerwerkes<br />
Tur Südostecke.jpg|Mauerecke eines Buckelquadermauer&shy;werks ([[Burg La Tur]])<br />
Cagliatscha SWecke.jpg|Mauerecke<br />[[Burg Cagliatscha]]<br />
</gallery><br />
<br />
Bossenwerk wurde in der Baukunst der Antike sowie im [[mittelalter]]lichen Burgenbau benutzt, häufig findet man Bossenmauerwerk an Burgen der [[Staufer]]zeit. Als Stilmittel kam es von der [[Florenz|florentiner]] [[Renaissance|Frührenaissance]]<ref>Anja Eckert: ''Das Bossenmauerwerk der Florentiner Stadtpaläste''. In: [[Burgen und Schlösser]], Heft 3/2002, S. 151–161. [https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/bus/article/view/93576/88271 Online auf journals.ub.uni-heidelberg.de], abgerufen am 10. Januar 2024.</ref> bis zum [[Barock]] wieder zu breiter Anwendung, vor allem zur repräsentativ-wehrhaften Gestaltung der Erdgeschoss-Fassaden von [[Palast|Palästen]] und [[Schloss (Architektur)|Schlössern]].<br />
<br />
Besonderer Beliebtheit erfreute sich das Bossenwerk im [[Manierismus]] mit betont derb behauenen, großen Quadern und teilweise auch bossierten [[Säule]]n. Bei einigen Palazzi des Manierismus wurde die Rustika auch durch unregelmäßig verputztes [[Mauerziegel|Ziegelmauerwerk]] vorgetäuscht. Diese Art Wandgliederung wird als [[Rustizierung (Architektur)|Rustizierung]] bezeichnet.<br />
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<gallery perrow="6" class="center" caption="Bossenmauerwerk an Palastfassaden"><br />
Palazzo Strozzi 03.JPG|Polsterrustika. Florenz, [[Palazzo Strozzi]]<br />
Catane Université.jpg|Kolossal&shy;pilaster mit Diamant&shy;stein&shy;quaderung. [[Catania]], Universität<br />
Pitti-Fassade.jpg|Bossen&shy;mauer&shy;werk am [[Palazzo Pitti]] in Florenz<br />
Wiehlův dům Slaný z Divadelní ulice 02.JPG|Bossenwerk an Mauer&shy;ecken und zur Fassaden&shy;glie&shy;derung. [[Wiehlhaus]], [[Slaný]] (Schlan), [[Mittelböhmische Region|Mittel&shy;böh&shy;mi&shy;sche Region]], [[Tschechien]]<br />
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Alle Formen treten an historischen Fassaden seit dem 18. Jahrhundert auch in [[Putz (Bauteil)|Putz]] und [[Stuck]] als nachgebildetes Mauerwerk auf. Wiederaufgegriffen wurde die Bossierung insbesondere im [[Historismus]] der [[Gründerzeit]], etwa beim Wiener [[Ringstraßenstil]].<br />
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== Varianten der Mauerwerksbosse ==<br />
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=== Bossierung als Arbeitsschritt der Steinbearbeitung ===<br />
[[Datei:Reichstag Steinmetze.jpg|mini|Steinmetze arbeiten 1890 an einem [[Kapitell]] des Berliner [[Reichstagsgebäude]]s, im oberen Teil ist der Werkstein noch bossiert]]<br />
Die handwerkliche Herstellung der Quader oder Rohsteine durch [[Steinmetz]]e erfolgt in mehreren Arbeitsschritten und beginnt mit dem Brechen eines Rohblocks im [[Steinbruch]] aus dem anstehenden [[Gestein]]. Dieser Rohblock kann in weitere Quader aufgespalten werden, die den späteren Ausmaßen des Werksteins in etwa entsprechen. Dabei wird im Steinbruch großer Überstand gebrochener Steinflächen entweder mit dem Bossierhammer (heute [[Vorschlaghammer]]) oder [[Setzhammer]] abgeschlagen oder durch den händischen oder maschinellen Einsatz von [[Steinspaltwerkzeuge]]n oder mit [[Steinbearbeitung]]stechnik auf ein überstehendes Maß der späterer [[Werkstein]]e hin bearbeitet. Dieser Überstand wurde „Bruchzoll“ genannt und mit dem [[Spitzeisen|Bossiereisen]] hergestellt; er betrug etwa drei Zentimeter und wurde von Steinmetzen auch „Bossen“ genannt.<ref>Otto Mucha: ''Arbeitskunde für Steinmetzen und Steinbildhauer''. Verlag Handwerk und Technik. Hamburg 1949, S. 60.</ref><br />
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Die beschriebene handwerkliche Technik des Steinmetzen mit eisernen Schlagwerkzeugen und [[Fäustel]] wird heute zumeist von [[Drucklufthammer|Drucklufthämmern]] übernommen sowie durch den Einsatz von Maschinentechnik wie „[[Schrämen]]“ oder [[Gattersäge#Naturstein|Gattersägen]] ersetzt. In der DIN 18332 (Natursteinarbeiten) aber ist „gebosst“ immer noch eine der vielen verschiedenen Arten der Bearbeitung von [[Werksteinoberfläche]]n.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.kohler-natursteinarbeiten.com/vorschriften---richtlinien/naturstein/din-18-332.html |titel=Naturwerksteinarbeiten — DIN 18332 |hrsg=kohler-natursteinarbeiten.com |abruf=2024-01-09}}</ref><br />
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=== Bosse als Schutz für künftige Reliefspartien ===<br />
Ein Sonderfall ist der ungeplante Verbleib einzelner Bossen innerhalb einer ansonsten bearbeiteten Natursteinfassade: [[Ornament]]e und [[Relief]]s wurden oft erst nach dem Versetzen der Steinquader ausgearbeitet, weshalb man an entsprechender Stelle ausreichend große, nur grob behauene Quader einsetzte. Manchmal unterblieb dann aber die Fertigstellung, beispielsweise weil die Bauarbeiten insgesamt eingestellt wurden oder der beauftragte Künstler nicht mehr zur Verfügung stand.<gallery><br />
Datei:Totenkirche Trysa, Kapitelle, 2016).jpg|Frühgotische Knospenkapitelle, rechts nicht fertiggestellt und noch in Bosse ([[Totenkirche (Treysa)|Totenkirche Treysa]])<br />
Datei:Bossierung (Göttingen, Bürgerstraße 64, 2024).jpg|Bossierte Fläche eines nicht fertiggestellten Wappenreliefs (Göttingen, Bürgerstraße 64, Verbindungshaus [[Cheruscia]])<br />
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=== Hebebossen ===<br />
In der [[Antike|antiken]] und [[Altamerika|altamerikanischen]] Bautechnik wurden vielfach unfertige, noch bossierte Steinbauteile an die Baustelle geliefert, um deren empfindliche Oberflächen zu schonen.<ref>[[Wolfgang Müller-Wiener]]: ''Giechisches Bauwesen in der Antike''. Verlag C. H. Beck, München 1988, ISBN 3-406-32993-4, S. 91 (Abb. 46).</ref> Erst im eingebauten Zustand an Ort und Stelle erfolgte die steinmetzmäige Schlussbearbeitung der Steinbauteile. Eine Besonderheit sind sogenannte [[Hebebosse]]n als weit vorstehende Steinbuckel. Sie dienten bei großen und schweren Steinbauteilen als Transporthilfe zum Einsatz für Hebelstangen und Hebetaue.<ref>[[Wolfgang Müller-Wiener]]: ''Giechisches Bauwesen in der Antike''. Verlag C. H. Beck, München 1988, ISBN 3-406-32993-4, S. 76 (Abb. 36), S. 79 (Abb. 38), S. 81 (Abb. 39).</ref><br />
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Naxos Νάξος Chora 2020-08-20 34 Portara Πορτάρα Blues Star Ferry Delos.jpg|Hebebossen am monumentalen Tempeltor der [[Portara von Naxos]]<br />
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== Siehe auch ==<br />
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* [[Rustizierung (Architektur)]]<br />
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== Literatur ==<br />
* Fritz Viktor Ahrens: ''Bosse, Bossenkapitell'', in: [[Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte]], Bd. II, 1942, Sp. 1062–1066. ([https://www.rdklabor.de/wiki/Bosse,_Bossenkapitell Online auf rdklabor.de], abgerufen am 9. Januar 2024)<br />
* Thanassis E. Kalpaxis: ''Hemiteles. Akzidentelle Unfertigkeit und „Bossen-Stil“ in der griechischen Baukunst.'' Mainz 1986.<br />
* [[Hans Koepf]], [[Günther Binding]]: ''Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar'' (= ''Kröners Taschenausgabe.'' Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X ([https://moodle.unifr.ch/pluginfile.php/975203/mod_resource/content/0/KOEPF%2C%20BINDING%2C%202005%2C%20Bildwoerterbuch%20der%20Architektur.pdf Digitalisat auf moodle.unifr.ch], abgerufen am 10. Januar 2024), S. 82 f., Stichworte ''Bosse, Bossenkapiell, Bossenmauerwerk/Bossenwerk, Bossenquader, Bossieren.''<br />
* ''Lexikon der Kunst, Bd. 1: A–Cim,'' VEB E. A. Seemann Verlag, Leipzig 1987, S. 620: Bosse(n)''; Bd. 4: R–Stadt'', E. A. Seemann Verlag, Leipzig 1994, S. 315: Rustika.<br />
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== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Bossage|Bossierung}}<br />
{{Commonscat|Rustication (architecture)|Bossenwerk}}<br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4389894-4}}<br />
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[[Kategorie:Mauerwerksbau]]<br />
[[Kategorie:Mauerstein]]</div>Toebs