https://de.wikipedia.org/w/api.php?action=feedcontributions&feedformat=atom&user=ToXiDoc%21Wikipedia - Benutzerbeiträge [de]2025-06-05T11:08:52ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.45.0-wmf.3https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Diskussion:W%C3%BCrzburg&diff=254866977Diskussion:Würzburg2025-04-05T07:47:07Z<p>ToXiDoc!: Neuer Abschnitt /* Herbipolis */</p>
<hr />
<div>{{Redundanzhinweis|3=Airport (Diskothek)|4=Würzburg|Beginn=Juli 2006|Ende=August 2006|Diskussion=Wikipedia:Redundanz/Juli 2006#Airport (Diskothek) - Würzburg}}<br />
{{Autoarchiv|Alter=3000|Ziel='((Lemma))/Archiv/1'|Mindestbeiträge=1|Mindestabschnitte=9|Frequenz=monatlich|Zeigen=Nein}}<br />
<!-- zuerst sollen unbeantwortete Beiträge nach 8 Jahren archiviert werden --><br />
{{Autoarchiv|Alter=1500|Ziel='((Lemma))/Archiv/1'|Mindestbeiträge=2|Mindestabschnitte=5|Frequenz=monatlich|Zeigen=Nein}}<br />
<!-- dann sollen beendete Diskussionen nach 4 Jahren archiviert werden --><br />
{{Autoarchiv| Alter=30|Ziel='((Lemma))/Archiv/1'|Mindestbeiträge=1|Mindestabschnitte=1|Modus=Alter, Erledigt|Frequenz=montags}}<br />
<!-- als "erledigt" gekennzeichnete Beiträge sollen aber schon nach 1 Monat archiviert werden --><br />
{{Archivübersicht|<br />
: [[/Archiv/1|Archiv]]}}<br />
<br />
Unübersichtlich: Kann ich hier etwas eintragen.<br />
<br />
== Fehlende Artikel ==<br />
<br />
{{nicht archivieren|Zeigen=nein|Grund= Einstieg in weitere Artikelarbeit ist immer gut. ;) --[[User:Der&nbsp;Buckesfelder|Der&nbsp;Buckesfelder]]&nbsp;&nbsp;<small><sup>[[User talk:Der Buckesfelder|Disk.]]</sup>&nbsp;&nbsp;<sub>[[User:Der Buckesfelder/Bewertung|bewerten]]</sub>&nbsp;&nbsp;<sup>[[Spezial:E-Mail/Der Buckesfelder|E-Mail]]</sup></small> 11:08, 3. Dez. 2015 (CET)}} <br />
Hallo,<br />
ich wollte mal auf fehlende Artikel in den [[:Kategorie:Würzburg|Würzburger Kategorien]] hinweisen. --[[User:Der&nbsp;Buckesfelder|Der&nbsp;Buckesfelder]]&nbsp;&nbsp;<small><sup>[[User talk:Der Buckesfelder|Disk.]]</sup>&nbsp;&nbsp;<sub>[[User:Der Buckesfelder/Bewertung|bewerten]]</sub>&nbsp;&nbsp;<sup>[[Spezial:E-Mail/Der_Buckesfelder|Email]]</sup></small> 16:05, 2. Mär. 2014 (CET)<br />
<br />
Created Thu, 03 Dec 2015 10:05:11 +0000 by [//tools.wmflabs.org/missingtopics/ the MissingTopics tool] ([//tools.wmflabs.org/missingtopics/?language=de&project=wikipedia&depth=9&category=W%C3%BCrzburg&article=&wikimode=1&limitnum=2&notemplatelinks=0&nosingles=1 run again with these settings])<br />
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{|<br />
!Wanted!!Title<br />
|-<br />
! 25<br />
| [[Liste der Klassischen Philologen an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg]]<br />
|-<br />
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| [[Joannis Karsanidis]]<br />
|-<br />
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| [[Liridon Vocaj]]<br />
|-<br />
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| [[Georg Ignaz Brock]]<br />
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| [[Philipp von Michel]]<br />
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| [[Liste der Althistoriker an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg]]<br />
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| [[Daniel Johann Anton von Gebsattel]]<br />
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| [[Marktheidenfelder Platte]]<br />
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| [[Johann Ertlin]]<br />
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| [[Otto von Lobdeburg]]<br />
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| [[Bundesstraße 475n]]<br />
|-<br />
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| [[Gesellschaft für fränkische Geschichte]]<br />
|-<br />
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| [[Philipp Ritter von Michel]]<br />
|-<br />
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| [[Fränkisches Volksblatt]]<br />
|-<br />
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| [[Max Mengeringhausen]]<br />
|-<br />
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| [[Vinzenz Schöpfer]]<br />
|-<br />
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| [[St. Andreas (Würzburg)]]<br />
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| [[Philipp Ludwig Faust von Stromberg]]<br />
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| [[Karl Zieler]]<br />
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| [[Friedrich Klinger]]<br />
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| [[Curd Lessig]]<br />
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| [[Georg Wunderle]]<br />
|-<br />
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| [[Gerhard Weber (Mediziner, 1898)]]<br />
|-<br />
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| [[Lindelbach (Randersacker)]]<br />
|-<br />
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| [[Josef Nikolaus Köstler]]<br />
|-<br />
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| [[Ludwig Kotter (Tiermediziner)]]<br />
|}<br />
<br />
== Entwicklung von Bevölkerung und Arbeitsplätzen ==<br />
<br />
"Veränderung 2007 bis 2015 in Prozent: Würzburg (Bayern) Bevölkerung -7,6; Arbeitsplätze: + 23,5 %" laut Studie von Bardt vom IW, die jetzt der dpa vorliegt und von der gesamten deutschen Presse zitiert wird [https://www.iwd.de/fileadmin/iwd_Archiv/2018_Archiv/iwd1618.pdf]. Dem IW zufolge ergibt sich die Gefahr einer Abwärtsspirale. Ich denke mal, dass auch die Darstellung solcher Gefahren in einen enzyklopädischen Artikel gehört. Es sollten sich auch evtl. hier anwesende Mitarbeiter des Würzburg-Wiki angesprochen fühlen. --[[Benutzer:Peewit|Peewit]] ([[Benutzer Diskussion:Peewit|Diskussion]]) 09:46, 6. Aug. 2018 (CEST)<br />
<br />
== Highlights der Physik in Würzburg (real und digital) ==<br />
<br />
[https://www.gsi.de/start/aktuelles/detailseite/2021/09/24/gsi-und-fair-bei-highlights-der-physik-2021?fbclid=IwAR35ZoAZK1_6685F1g5oKCoylBeNEh31BulGTAGQ7sbaw5zgzNUprADtgV4 Wissenschaftsfestival vor Ort in Würzburg und digital] in [[Highlights der Physik]], schauts Euch an ... MfG --<span style="font-family:Verdana; font-size:90%;">[[File:Astronaut.svg|14px|verweis=de:Pilot Pirx]][[Benutzer:Commander-pirx|commander-pirx]] <small>([[Benutzer Diskussion:Commander-pirx|disk]] [[Spezial:Beiträge/Commander-pirx|beiträge]])</small></span> 15:53, 29. Sep. 2021 (CEST)<br />
<br />
== Universelles Leben ==<br />
<br />
Das Universelle Leben, so wurde es vom bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) 1991 bestätigt, ist u. a. eine totalitäre Sekte. Um dies zu spezifizieren, habe ich zu "Religionsgemeinschaften" noch "Sekten" hinzugefügt. Zudem ist die Lehre des Universellen Lebens erwiesenermaßen nicht christlich oder sogar antichristlich. Hier ein Video des YouTube-Kanals "Achtung Lichtarbeit" hierzu: [https://www.youtube.com/watch?v=l9p-AST9tGk Edi Maurer widerlegt - Die antichristlichen Lehren von Universelles Leben. Bibel und Apokryphen - YouTube]. Somit sind nicht alle aufgeführten Gemeinschaften und Sekten christlich und die Überschrift "Weitere christliche Religionsgemeinschaften" somit falsch. --[[Spezial:Beiträge/2003:DD:2702:4500:DC55:3608:9BFB:7742|2003:DD:2702:4500:DC55:3608:9BFB:7742]] 18:34, 23. Apr. 2023 (CEST)<br />
<br />
: Wie wäre es, wenn man als Überschrift nimmt: "Weitere christliche Kirchen und Religionsgemeinschaften", Zeugen Jehovas am Ende anhängt, nachdem die eindeutigen Kirchen abgehandelt sind, und das Universelle Leben ganz am Ende? Es bliebe offen, ob die Überschrift nur "Religionsgemeinschaften" meint oder "christliche R."... ;)<br />
: Wenn eine Gemeinschaft sich selbst als christlich bezeichnet, aber die anderen Christen das bestreiten, dann ist es nicht so einfach, die Sache einzuordnen, dann hat man eine Kontroverse (zu der man nicht Stellung beziehen möchte). --[[Benutzer:Alazon|Alazon]] ([[Benutzer Diskussion:Alazon|Diskussion]]) 19:30, 23. Apr. 2023 (CEST)<br />
::Zunächst danke, dass es eine Person gibt, die tatsächlich diskutieren möchte :). Ja, das ist kein schlechter Vorschlag, ich wäre eher dafür, einen eigenen Abschnitt „Sekten“<br />
::zu formen, ohne speziell nach christlich oder nicht zu unterscheiden:: es gibt ja noch mehr Sekten in Würzburg, die sich dort einordnen ließen: bspw. die Neuapostolische Kirche. Meiner Meinung nach haben Reinkarnation und „ewige kosmische Energie aus dem All“ nicht viel mit Christentum zu tun. --[[Spezial:Beiträge/2003:DD:2702:4500:8CB5:BC28:6BA0:BA86|2003:DD:2702:4500:8CB5:BC28:6BA0:BA86]] 19:40, 23. Apr. 2023 (CEST)<br />
:::Das Lemma "Würzburg" ist nicht der Ort, um solche Kontroversen zu berücksichtigen... Es geht hier um eine winzige Formulierung innerhalb eines großen Artikels über was ganz anderes. Das Ziel muss hier sein, dieses ganze Problem mit ein paar Worten geschickt zu umgehen. --[[Benutzer:Alazon|Alazon]] ([[Benutzer Diskussion:Alazon|Diskussion]]) 21:11, 23. Apr. 2023 (CEST)<br />
<br />
== Keltische Fliehburg im Mittelalter-Abschnitt ==<br />
<br />
Ich würde gern folgende zwei Sätze ersatzlos streichen:<br />
<br />
''"Auch wenn Würzburgs vermutlich erste Erwähnung um das Jahr 700 erfolgte, lassen Funde auf eine wesentlich längere Geschichte Würzburgs schließen. Bereits für die Zeit um 1000 v. Chr. ist eine keltische Fliehburg auf dem Marienberg nachgewiesen."''<br />
<br />
1.) 1000 v.Chr. gab es noch keine Kelten.<br />
<br />
2.) Im verlinkten Artikel zur "Festung Marienberg" heißt es, es habe zur Bronzezeit und Hallstattzeit "vermutlich" schon Siedlungen gegeben - Ausgrabungsbelege gebe es aber keine.<br />
<br />
3.) Wenn es Funde gibt, die auf eine frühere Besiedlung hindeuten, dann sind sie weder belegt noch verlinkt.<br />
<br />
4.) Die vorgeschichtliche Zeit liegt definitionsmäßig nicht im Mittelalter.<br />
<br />
--[[Benutzer:Uli sh|uli sh]] ([[Benutzer Diskussion:Uli sh|Diskussion]]) 18:32, 31. Dez. 2023 (CET)<br />
<br />
== Herbipolis ==<br />
<br />
Im Text heißt es latinisiert. Ist „Herbipolis“ nicht eher griechisch? --[[Benutzer:ToXiDoc!|ToXiDoc!]] ([[Benutzer Diskussion:ToXiDoc!|Diskussion]]) 09:47, 5. Apr. 2025 (CEST)</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Diskussion:W%C3%BCrzburg&diff=254866927Diskussion:Würzburg2025-04-05T07:44:29Z<p>ToXiDoc!: Frage zur Bedienung</p>
<hr />
<div>{{Redundanzhinweis|3=Airport (Diskothek)|4=Würzburg|Beginn=Juli 2006|Ende=August 2006|Diskussion=Wikipedia:Redundanz/Juli 2006#Airport (Diskothek) - Würzburg}}<br />
{{Autoarchiv|Alter=3000|Ziel='((Lemma))/Archiv/1'|Mindestbeiträge=1|Mindestabschnitte=9|Frequenz=monatlich|Zeigen=Nein}}<br />
<!-- zuerst sollen unbeantwortete Beiträge nach 8 Jahren archiviert werden --><br />
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<!-- dann sollen beendete Diskussionen nach 4 Jahren archiviert werden --><br />
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<!-- als "erledigt" gekennzeichnete Beiträge sollen aber schon nach 1 Monat archiviert werden --><br />
{{Archivübersicht|<br />
: [[/Archiv/1|Archiv]]}}<br />
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Unübersichtlich: Kann ich hier etwas eintragen.<br />
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== Fehlende Artikel ==<br />
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{{nicht archivieren|Zeigen=nein|Grund= Einstieg in weitere Artikelarbeit ist immer gut. ;) --[[User:Der&nbsp;Buckesfelder|Der&nbsp;Buckesfelder]]&nbsp;&nbsp;<small><sup>[[User talk:Der Buckesfelder|Disk.]]</sup>&nbsp;&nbsp;<sub>[[User:Der Buckesfelder/Bewertung|bewerten]]</sub>&nbsp;&nbsp;<sup>[[Spezial:E-Mail/Der Buckesfelder|E-Mail]]</sup></small> 11:08, 3. Dez. 2015 (CET)}} <br />
Hallo,<br />
ich wollte mal auf fehlende Artikel in den [[:Kategorie:Würzburg|Würzburger Kategorien]] hinweisen. --[[User:Der&nbsp;Buckesfelder|Der&nbsp;Buckesfelder]]&nbsp;&nbsp;<small><sup>[[User talk:Der Buckesfelder|Disk.]]</sup>&nbsp;&nbsp;<sub>[[User:Der Buckesfelder/Bewertung|bewerten]]</sub>&nbsp;&nbsp;<sup>[[Spezial:E-Mail/Der_Buckesfelder|Email]]</sup></small> 16:05, 2. Mär. 2014 (CET)<br />
<br />
Created Thu, 03 Dec 2015 10:05:11 +0000 by [//tools.wmflabs.org/missingtopics/ the MissingTopics tool] ([//tools.wmflabs.org/missingtopics/?language=de&project=wikipedia&depth=9&category=W%C3%BCrzburg&article=&wikimode=1&limitnum=2&notemplatelinks=0&nosingles=1 run again with these settings])<br />
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!Wanted!!Title<br />
|-<br />
! 25<br />
| [[Liste der Klassischen Philologen an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg]]<br />
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! 24<br />
| [[Joannis Karsanidis]]<br />
|-<br />
! 24<br />
| [[Liridon Vocaj]]<br />
|-<br />
! 22<br />
| [[Georg Ignaz Brock]]<br />
|-<br />
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| [[Philipp von Michel]]<br />
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| [[Liste der Althistoriker an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg]]<br />
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| [[Daniel Johann Anton von Gebsattel]]<br />
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| [[Marktheidenfelder Platte]]<br />
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| [[Johann Ertlin]]<br />
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| [[Otto von Lobdeburg]]<br />
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| [[Gesellschaft für fränkische Geschichte]]<br />
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| [[Philipp Ritter von Michel]]<br />
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| [[Fränkisches Volksblatt]]<br />
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| [[Max Mengeringhausen]]<br />
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| [[Vinzenz Schöpfer]]<br />
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| [[Karl Zieler]]<br />
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| [[Friedrich Klinger]]<br />
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| [[Curd Lessig]]<br />
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| [[Gerhard Weber (Mediziner, 1898)]]<br />
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| [[Josef Nikolaus Köstler]]<br />
|-<br />
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| [[Ludwig Kotter (Tiermediziner)]]<br />
|}<br />
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== Entwicklung von Bevölkerung und Arbeitsplätzen ==<br />
<br />
"Veränderung 2007 bis 2015 in Prozent: Würzburg (Bayern) Bevölkerung -7,6; Arbeitsplätze: + 23,5 %" laut Studie von Bardt vom IW, die jetzt der dpa vorliegt und von der gesamten deutschen Presse zitiert wird [https://www.iwd.de/fileadmin/iwd_Archiv/2018_Archiv/iwd1618.pdf]. Dem IW zufolge ergibt sich die Gefahr einer Abwärtsspirale. Ich denke mal, dass auch die Darstellung solcher Gefahren in einen enzyklopädischen Artikel gehört. Es sollten sich auch evtl. hier anwesende Mitarbeiter des Würzburg-Wiki angesprochen fühlen. --[[Benutzer:Peewit|Peewit]] ([[Benutzer Diskussion:Peewit|Diskussion]]) 09:46, 6. Aug. 2018 (CEST)<br />
<br />
== Highlights der Physik in Würzburg (real und digital) ==<br />
<br />
[https://www.gsi.de/start/aktuelles/detailseite/2021/09/24/gsi-und-fair-bei-highlights-der-physik-2021?fbclid=IwAR35ZoAZK1_6685F1g5oKCoylBeNEh31BulGTAGQ7sbaw5zgzNUprADtgV4 Wissenschaftsfestival vor Ort in Würzburg und digital] in [[Highlights der Physik]], schauts Euch an ... MfG --<span style="font-family:Verdana; font-size:90%;">[[File:Astronaut.svg|14px|verweis=de:Pilot Pirx]][[Benutzer:Commander-pirx|commander-pirx]] <small>([[Benutzer Diskussion:Commander-pirx|disk]] [[Spezial:Beiträge/Commander-pirx|beiträge]])</small></span> 15:53, 29. Sep. 2021 (CEST)<br />
<br />
== Universelles Leben ==<br />
<br />
Das Universelle Leben, so wurde es vom bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) 1991 bestätigt, ist u. a. eine totalitäre Sekte. Um dies zu spezifizieren, habe ich zu "Religionsgemeinschaften" noch "Sekten" hinzugefügt. Zudem ist die Lehre des Universellen Lebens erwiesenermaßen nicht christlich oder sogar antichristlich. Hier ein Video des YouTube-Kanals "Achtung Lichtarbeit" hierzu: [https://www.youtube.com/watch?v=l9p-AST9tGk Edi Maurer widerlegt - Die antichristlichen Lehren von Universelles Leben. Bibel und Apokryphen - YouTube]. Somit sind nicht alle aufgeführten Gemeinschaften und Sekten christlich und die Überschrift "Weitere christliche Religionsgemeinschaften" somit falsch. --[[Spezial:Beiträge/2003:DD:2702:4500:DC55:3608:9BFB:7742|2003:DD:2702:4500:DC55:3608:9BFB:7742]] 18:34, 23. Apr. 2023 (CEST)<br />
<br />
: Wie wäre es, wenn man als Überschrift nimmt: "Weitere christliche Kirchen und Religionsgemeinschaften", Zeugen Jehovas am Ende anhängt, nachdem die eindeutigen Kirchen abgehandelt sind, und das Universelle Leben ganz am Ende? Es bliebe offen, ob die Überschrift nur "Religionsgemeinschaften" meint oder "christliche R."... ;)<br />
: Wenn eine Gemeinschaft sich selbst als christlich bezeichnet, aber die anderen Christen das bestreiten, dann ist es nicht so einfach, die Sache einzuordnen, dann hat man eine Kontroverse (zu der man nicht Stellung beziehen möchte). --[[Benutzer:Alazon|Alazon]] ([[Benutzer Diskussion:Alazon|Diskussion]]) 19:30, 23. Apr. 2023 (CEST)<br />
::Zunächst danke, dass es eine Person gibt, die tatsächlich diskutieren möchte :). Ja, das ist kein schlechter Vorschlag, ich wäre eher dafür, einen eigenen Abschnitt „Sekten“<br />
::zu formen, ohne speziell nach christlich oder nicht zu unterscheiden:: es gibt ja noch mehr Sekten in Würzburg, die sich dort einordnen ließen: bspw. die Neuapostolische Kirche. Meiner Meinung nach haben Reinkarnation und „ewige kosmische Energie aus dem All“ nicht viel mit Christentum zu tun. --[[Spezial:Beiträge/2003:DD:2702:4500:8CB5:BC28:6BA0:BA86|2003:DD:2702:4500:8CB5:BC28:6BA0:BA86]] 19:40, 23. Apr. 2023 (CEST)<br />
:::Das Lemma "Würzburg" ist nicht der Ort, um solche Kontroversen zu berücksichtigen... Es geht hier um eine winzige Formulierung innerhalb eines großen Artikels über was ganz anderes. Das Ziel muss hier sein, dieses ganze Problem mit ein paar Worten geschickt zu umgehen. --[[Benutzer:Alazon|Alazon]] ([[Benutzer Diskussion:Alazon|Diskussion]]) 21:11, 23. Apr. 2023 (CEST)<br />
<br />
== Keltische Fliehburg im Mittelalter-Abschnitt ==<br />
<br />
Ich würde gern folgende zwei Sätze ersatzlos streichen:<br />
<br />
''"Auch wenn Würzburgs vermutlich erste Erwähnung um das Jahr 700 erfolgte, lassen Funde auf eine wesentlich längere Geschichte Würzburgs schließen. Bereits für die Zeit um 1000 v. Chr. ist eine keltische Fliehburg auf dem Marienberg nachgewiesen."''<br />
<br />
1.) 1000 v.Chr. gab es noch keine Kelten.<br />
<br />
2.) Im verlinkten Artikel zur "Festung Marienberg" heißt es, es habe zur Bronzezeit und Hallstattzeit "vermutlich" schon Siedlungen gegeben - Ausgrabungsbelege gebe es aber keine.<br />
<br />
3.) Wenn es Funde gibt, die auf eine frühere Besiedlung hindeuten, dann sind sie weder belegt noch verlinkt.<br />
<br />
4.) Die vorgeschichtliche Zeit liegt definitionsmäßig nicht im Mittelalter.<br />
<br />
--[[Benutzer:Uli sh|uli sh]] ([[Benutzer Diskussion:Uli sh|Diskussion]]) 18:32, 31. Dez. 2023 (CET)</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Streckmittel&diff=254613263Streckmittel2025-03-28T06:44:14Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>'''Streckmittel''' in [[Medikament]]en und anderen [[Droge]]n dienen dazu, als ''[[Füllstoff]]'' die Gesamtmasse eines Medikaments zu vergrößern, ohne den Wirkstoffgehalt zu erhöhen. Dadurch wird die Wirkstärke ([[Potenz (Pharmakologie)|Potenz]]) der Droge verringert. Streckmittel (z. B. [[Glucose]], [[Milchzucker]], [[Ascorbinsäure]] o. ä.) werden dabei als Trägermaterial eingesetzt, um die zum Teil minimalen Wirkstoffmengen auf eine handhabbare und dosierbare Menge zu strecken. Der tatsächliche Wirkstoffgehalt ist bei Medikamenten auf der Verpackung angegeben.<br />
<br />
== Verwendung in Lebensmitteln ==<br />
In Lebensmitteln werden Streckmittel (meist Wasser) eingesetzt, um Herstellungskosten zu senken und dem Verbraucher eine höhere Quantität als tatsächlich vorhanden zu suggerieren. So kann beispielsweise die scheinbare Masse an Fleisch durch das zuvorige Einspritzen von Wasser gesteigert werden. Der Verkäufer profitiert, der Verbraucher wird betrogen.<ref>{{Internetquelle |autor=[[Henning Engeln]], Jana Hauschild und Rainer Harf |url=https://www.geo.de/natur/oekologie/3340-rtkl-lebensmittelproduktion-chemie-der-nahrung |titel=Chemie in der Nahrung |werk=Geo Magazin |hrsg=Stern |sprache=de |abruf=17.08.2023}}</ref><br />
<br />
== Stellmittel ==<br />
[[Waschmittel]]n werden Streckmittel als sogenannte ''[[Waschmittel#Allgemeine Inhaltsstoffe von Waschmitteln|Stellmittel]]'' oder ''Rieselsalze'' zugesetzt wie z.&nbsp;B. [[Natriumchlorid]] oder [[Natriumsulfat]]. Damit wird einerseits die von Verbrauchern gewohnte Dosierung ermöglicht und so eine Überdosierung vermieden und andererseits ein Verklumpen des Waschpulvers verhindert und damit die Dosierbarkeit und rasche Löslichkeit des Waschmittels verbessert.<ref name="Philipp">Bertram Philipp, Peter Stevens: ''Grundzüge der Industriellen Chemie'', VCH Verlagsgesellschaft mbH, 1987, S.&nbsp;301, ISBN 3-527-25991-0.</ref> <br />
<br />
Unter anderem empfehlen Verbraucherverbände die Verwendung von Waschmittel-Konzentraten, um die Kosten und Ressourcen für Transport und Verpackung zu minimieren, in diesem Fall muss das Waschmittel entsprechend geringer dosiert werden.<br />
<br />
Die Handelsprodukte von [[Farbstoffe]]n werden mit Stellmittel auf eine definierte Farbstärke eingestellt um die Schwankungen verschiedener Fabrikationspartien auszugleichen. Dadurch kann der Färber in seinem Färberezept eine gleichbleibende Menge Farbstoff einsetzen, um die identische Farbstärke auf dem gefärbten Textil zu erzielen. Als Stellmittel werden indifferente Substanzen wie Natriumsulfat, Natriumchlorid oder [[Dextrin]] verwendet. Die Lagerstabilität der Farbstoffe kann beispielsweise durch den Zusatz von [[Puffer (Chemie)|Puffersubstanzen]], z.&nbsp;B. [[Mononatriumphosphat|Mono-]] und [[Dinatriumphosphat]], verbessert werden.<ref>{{Literatur |Autor=Hermann Rath |Titel=Lehrbuch der Textilchemie |TitelErg= einschl. der textilchemischen Technologie |Auflage=2. |Verlag=Springer-Verlag |Ort=Berlin, Heidelberg |Datum=1963 |ISBN=978-3-662-00065-6 |Seiten=455 |Online={{Google Buch |BuchID=C9WEBwAAQBAJ |Seite=455 }}}}</ref><br />
<br />
== Drogenbereich ==<br />
=== Cannabis ===<br />
<br />
In Leipzig kam es 2007 zu einer Massenvergiftung durch mit Bleiverbindungen gestrecktes [[Cannabis]].<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.aerzteblatt.de/archiv/62150/Bleiintoxikationen-durch-gestrecktes-Marihuana-in-Leipzig |titel=Bleiintoxikationen durch gestrecktes Marihuana in Leipzig |werk= |hrsg= |datum= |sprache= |zugriff=16.06.2018}}</ref> Die Staatsregierung in Bayern berichtete 2018, sie habe in Cannabis-Proben keine Streckmittel gefunden.<ref>[https://www.bayerische-staatszeitung.de/staatszeitung/landtag/detailansicht-landtag/artikel/450-aerzte-in-bayern-verschreiben-cannabis.html ''450 Ärzte in Bayern verschreiben Cannabis.''] Bayerische Staatszeitung, 9. März 2018 (abgerufen am 19. Juni 2018).</ref> Eine Schweizer Studie fand ebenfalls keine Streckmittel, berichtete allerdings, dass nahezu alle Proben mit Pestiziden, Insektiziden und Schwermetallen verunreinigt waren.<ref>{{Internetquelle |url=https://fachverbandsucht.ch/download/380/170503_Studie_BAG_Cannabisverunreinigungen.pdf |titel=Untersuchung von Cannabis auf Streckmittel, Verschnittstoffe, Pestizide, mikrobiologische und anorganische Kontaminationen |zugriff=2018-06-16}}</ref> Weitere häufige Beimengungen bei Cannabis sind [[Zucker]], Brix, [[Haarspray]], [[Sand]] und [[Glas]], [[Blei]], [[Talk (Mineral)|Talkum]] und [[Synthetische Cannabinoide]].<ref>{{Internetquelle |url=https://www.ladr.de/fachgebiete/medizinische-fachgebiete/toxikologie/suchtmedizin/beimengungen-in-cannabis |titel=Beimengungen in Cannabis {{!}} LADR |abruf=2023-08-17}}</ref> <br />
<br />
==== Zucker ====<br />
<br />
Industrie- und Pflanzenzucker sind aufgrund ihrer leichten Verfügbarkeit häufig verwendete Streckmittel. Sie dienen dazu, das Gewicht der Cannabisblüten zu erhöhen und den Geschmack zu verändern. Abgesehen von der oft starken Süße führt der Zusatz von Zucker zu Irritationen der Atemwege und Halsschmerzen. Beim Verbrennen gelangen karamellisierte Partikel in die Lunge, belasten diese und können teilweise krebserregende Wirkungen entfalten. Eine mit Zucker versetzte Blüte brennt ungleichmäßig und hinterlässt harte Asche, was generell ein ungünstiges Zeichen ist. Falls die Produzenten zur Streckung ihrer Cannabisblüten Traubenzucker verwenden, kann dies mittels eines Glukosetests nachgewiesen werden. Andernfalls ist dringend davon abzuraten, solche Produkte zu konsumieren.<ref>{{Internetquelle |autor=Adriana Knupp |url=https://www.wiwo.de/politik/deutschland/cannabis-legalisierung-was-spricht-fuer-die-legalisierung-von-cannabis-und-was-dagegen/27834694.html |titel=Cannabis-Legalisierung : Was spricht für die Legalisierung von Cannabis? Und was dagegen? |datum=2021-11-30 |sprache=de |abruf=2023-08-17}}</ref><br />
<br />
==== Brix ==== <br />
<br />
Die umgangssprachlich Brix genannte Substanz ist eine problematische Substanz, die in Verbindung mit Cannabisblüten verwendet wird. Brix besteht aus einer Mischung aus Zucker, Hormonen und verschiedenen Kunststoffen, die einen zähen Sirup bilden. Dieser Sirup wird auf Cannabisblüten aufgetragen, um mehr Gewicht vorzutäuschen und die Präsentation der Ware ansprechender zu gestalten. Deutliche Anzeichen für die Anwendung von Brix sind ein charakteristische Funkenschlag, der beim Entzünden von mit Brix behandeltem Cannabis entsteht. Dazu hinterlässt Brix beim Zerreiben eine schmierige schwarze Substanz. Das Einatmen von Brix kann zu Atembeschwerden führen und langfristige Gesundheitsrisiken aufgrund der hohen Konzentration von Kunststoffen mit sich bringen. Der Konsum von Brix-behandeltem Cannabis kann zu Lungenschäden führen und ist daher gesundheitlich bedenklich. Insgesamt führt die Verwendung von Brix zu einer Verschlechterung der Cannabisqualität, gekennzeichnet durch schwaches Aroma, ungewöhnliches Brennverhalten, harzige Konsistenz und die Bildung von schmierigem Rückstand. Darüber hinaus stellt der Konsum von Brix eine Gefahr für die Atemwege und die allgemeine Gesundheit dar.<ref>{{Internetquelle |autor=deradmin |url=https://hanfverband.de/inhalte/streckmittel-in-marihuana-wie-man-sie-erkennt-und-welche-risiken-von-ihnen-ausgehen |titel=Streckmittel in Marihuana - Wie man sie erkennt und welche Risiken von ihnen ausgehen |datum=2010-07-25 |sprache=de |abruf=2023-08-17}}</ref> Brix-gestrecktes Gras war vor allem in den Jahren 2009 bis 2012 verbreitet.<br />
<br />
==== Haarspray ====<br />
<br />
Ähnlich wie Brix erzeugt Haarspray ein subjektiv wahrgenommen schönes Äußere, verklebt jedoch die Blüte und hinterlässt einen starken Parfümgeruch. Der Konsum solcher Produkte kann durch die austretenden chemischen Gase Hustenreiz auslösen und Halsschmerzen verursachen. Die darin enthaltenen Lösungsmittel gelten als krebserregend. In den meisten Fällen reicht allein eine Geruchsprüfung aus, um mit Haarspray behandelte Blüten zu erkennen, da sie stark nach Parfum riechen.<ref>{{Internetquelle |url=https://flowzz.com/ratgeber/streckmittel-auf-dem-schwarzmarkt |titel=Verunreinigtes Cannabis auf dem Schwarzmarkt |datum=2023 |sprache=De |abruf=17.08.2023}}</ref><br />
<br />
==== Synthetische Cannabinoide ==== <br />
<br />
Seit dem Erscheinen und Verbot von „Legal Highs“ haben sich synthetische Cannabinoide zu einem anhaltenden Problem auf dem Schwarzmarkt entwickelt. Diese Substanzen sind nicht aus direkter Nachfrage beliebt, sondern werden von Lieferanten und Zwischenhändlern verwendet, um die Blüten zu strecken und vermeintlich stärkere Rauscherfahrungen vorzutäuschen. Die verkauften Cannabisblüten dienen dabei lediglich als Fassade. Sie werden mit THC-ähnlichen Verbindungen (Cannabinoid-Mimetika) besprüht, um die Wirkung drastisch zu steigern. Im Gegensatz zu reinem Marihuana kann der Konsum solcher Produkte zu lebensgefährlichen Überdosierungen führen, Krampfanfälle auslösen sowie Psychosen und Herzinfarkte verursachen.<ref>{{Internetquelle |autor=Tim Geyer |url=https://www.vice.com/de/article/m7a533/chemisch-gestrecktes-cannabis-so-gross-ist-das-problem-in-deutschland |titel=Chemisch gestrecktes Cannabis: So groß ist das Problem in Deutschland |werk=Vice |datum=2021-01-13 |sprache=de |abruf=2023-08-17}}</ref> Viele dieser Mittel verursachen auch starke Übelkeit und allgemeines Unwohlsein.<br />
<br />
=== Andere ===<br />
<br />
Bei Drogen werden nicht nur wirkungslose Substanzen wie z.&nbsp;B. [[Milchzucker]], sondern auch gefährliche Stoffe wie [[Fentanyl]] als Streckmittel benutzt. Die Streckmittel sollen unter Umständen auch eine Wirkung der eigentlichen Droge imitieren, wenn deren berauschende Wirkung durch eine zu starke Streckung nicht mehr ausreichend vorhanden ist.<br />
<br />
Als Dienstleistung zugängliches [[Drug-Checking]] durch staatliche Einrichtungen gibt es in Deutschland erst seit 2023.<br />
<br />
== Trivia ==<br />
<br />
Einem Apotheker aus Bottrop wird (Stand 2018) vorgeworfen, systematisch Krebsmedikamente gestreckt, aber voll abgerechnet zu haben. Der Schaden, der allein den gesetzlichen Krankenkassen entstanden sein soll, beläuft sich angeblich auf über 50 Millionen Euro.<ref>{{Internetquelle |url=https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/fuenf-jahre-urteil-gegen-bottroper-apotheker-100.html |titel=Nervenkrieg im Apothekerskandal: Fünf Jahre nach Urteil kämpfen Patienten weiter |datum=2023-07-06 |sprache=de |abruf=2023-08-17}}</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Pharmakologie]]<br />
[[Kategorie:Drogen und Gesundheit]]<br />
[[Kategorie:Füllstoff]]<br />
<br />
[[en:Diluent]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Irene_Fischer_(Schauspielerin,_1959)&diff=251625542Irene Fischer (Schauspielerin, 1959)2024-12-27T13:33:01Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>'''Irene Fischer''' (* [[24. Dezember]] [[1959]] in [[Frankfurt am Main]]) ist eine deutsche [[Schauspieler]]in und [[Drehbuchautor]]in. Sie wurde als Anna Ziegler in der [[Lindenstraße]] bekannt.<br />
<br />
== Leben ==<br />
Nach dem [[Abitur]] im Jahre 1979 an der Internatsschule [[Birklehof]] absolvierte sie von 1979 bis 1983 eine [[Ausbildung]] zur [[Schauspieler]]in in [[München]] und [[Prag]]. Anschließend stand Fischer am [[Residenztheater (München)|Münchner Residenztheater]] auf der Bühne, wo sie unter anderem mit dem Regisseur [[Ingmar Bergman]] zusammenarbeitete.<ref>[http://www.lindenstrasse.de/Leute/Personen/_F/Irene_Fischer/ ''Irene Fischer''] DasErste.de, abgerufen am 16. Juni 2013.</ref> <br />
<br />
1984 übernahm sie die weibliche Hauptrolle in [[Christoph Schlingensief]]s Experimentalfilm ''Tunguska – Die Kisten sind da''. <br />
<br />
Sie wirkte auch in ''Solaris TV'' mit, einer 6-teiligen Serie (Erstausstrahlung im Dezember 1986), die von einem [[Piratensender]] handelt, der von einer [[Weltraumstation]] aus ein verrücktes Programm sendet. Sie spielte die Rolle der ''Sunny''. ''Solaris TV'' wurde am Sonntagvormittag in der ARD ausgestrahlt. <br />
<br />
Von 1987 (Folge 61) bis 2020 (Folge 1758) spielte Irene Fischer die Rolle der ''Anna Ziegler'' in der Fernsehserie ''[[Lindenstraße]]''. Von 1999 bis 2016 betätigte sie sich auch als Drehbuchautorin für die Serie.<ref>{{Literatur |Autor=Sophie Seitz |Titel=Irene Fischer spielt "Anna Ziegler" |Datum=2010-11-02 |Online=https://www1.wdr.de/daserste/lindenstrasse/personen/schauspieler/schauspieler-irene-fischer-100.html |Abruf=2018-03-19}}</ref> Gemeinsam mit [[Dorothee Schön]] schrieb sie zuvor bereits die Drehbücher für den Kinofilm ''[[Bumerang-Bumerang]]'' (1989, Regie: [[Hans W. Geißendörfer]]) und den Fernsehfilm ''Dr.&nbsp;Mad'' (1997, Regie: [[Jürgen Bretzinger]]).<br />
<br />
1999 veröffentlichte sie das Sachbuch ''Vorsicht, Dreharbeiten'' als Blick hinter die Kulissen der ''Lindenstraße''.<br />
<br />
Fischer, deren Rolle in der ''Lindenstraße'' die Mutter eines Jungen mit [[Down-Syndrom]] war, engagiert sich seit mehreren Jahren gemeinsam mit ihrem früheren ''Lindenstraßen''-Kollegen [[Joachim Hermann Luger]] für Menschen, die von dieser besonderen genetischen Veranlagung betroffen sind.<ref>[https://www.ds-infocenter.de/html/projektepromis.html ''Projekte mit Promis''] Deutsches Down-Syndrom Infocenter, abgerufen am 16. Juni 2013.</ref><ref>{{Webarchiv|url=https://www.lebenshilfe.de/de/buecher-zeitschriften/lhz/ausgabe/2013-1/artikel/Interview-Irene-Fischer.php |wayback=20180320043949 |text=''Interview mit Irene Fischer'' |archiv-bot=2022-11-19 00:29:51 InternetArchiveBot }} Internetseite der Bundesvereinigung Lebenshilfe, abgerufen am 12. August 2016.</ref> 2013 war sie Botschafterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes für Menschen mit Behinderung. <br />
<br />
Fischer ist mit [[Dominikus Probst]], einem Regisseur der ''Lindenstraße'', verheiratet. Das Paar hat drei Kinder und lebt in [[Kirchzarten]] bei [[Freiburg im Breisgau]].<br />
<br />
== Filmografie ==<br />
* 1979: Besuch in der Provinz<br />
* 1983: Phantasus muss anders werden – Phantasus go home (Kurzfilm)<br />
* 1983: Die Ungenierten kommen – What happened to Magdalena Jung? (Kurzfilm)<br />
* 1984: Tunguska – Die Kisten sind da<br />
* 1986: Solaris TV – Der freundliche Sender im All (Miniserie)<br />
* 1986: Se un giorno busserai alla mia porta (Miniserie, 4 Folgen)<br />
* 1986: Annies Waschsalon (Fernsehserie)<br />
* 1987–2020: [[Lindenstraße]] (Fernsehserie, 646 Folgen)<br />
* 1991: Fremde, liebe Fremde (Fernsehfilm)<br />
* 1994: Sportarzt Conny Knipper (Fernsehserie)<br />
* 1995: [[Entführung aus der Lindenstraße]] (Fernsehfilm)<br />
* 1998: Dr. Mad – Halbtot in weiß (Fernsehfilm)<br />
* 1998: [[Aus heiterem Himmel]] (Fernsehserie, 1 Folge)<br />
* 2006: [[Pik & Amadeus – Freunde wider Willen]] (Fernsehfilm)<br />
* 2010: Eines Tages...<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.irene-fischer.de/ Website]<br />
* {{IMDb|nm0278964}}<br />
* {{Filmportal|7f620ae478d0408da0a2757326b8f08c}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=143850245|VIAF=197059068}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Fischer, Irene}}<br />
[[Kategorie:Filmschauspieler]]<br />
[[Kategorie:Theaterschauspieler]]<br />
[[Kategorie:Drehbuchautor]]<br />
[[Kategorie:Person (Kirchzarten)]]<br />
[[Kategorie:Deutscher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1959]]<br />
[[Kategorie:Frau]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Fischer, Irene<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=deutsche Schauspielerin<br />
|GEBURTSDATUM=24. Dezember 1959<br />
|GEBURTSORT=[[Frankfurt am Main]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=KNIME&diff=251495291KNIME2024-12-23T05:35:54Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>{{Infobox Software<br />
|Name = KNIME<br />
|Logo = [[Datei:KNIMELogoTM.svg|250px|KNIME - The Open Analytics Platform]]<br />
|Screenshot = [[Datei:KNIME-analytics-platform.png|300px]]<br />
|Beschreibung = Beispiel [[Arbeitsablauf]]<br />
|Maintainer = KNIME AG<br />
|Hersteller = <br />
|Erscheinungsjahr = <!-- Wikidata --><br />
|AktuelleVersion = <!-- Wikidata --><br />
|Betriebssystem = [[Linux]], [[Macintosh]], [[Microsoft Windows|Windows]]<br />
|Programmiersprache = [[Java (Programmiersprache)|Java ]]<br />
|Kategorie = [[Datenanalyse]]<br />
|Lizenz = [[GNU General Public License|GPL]] ([[Freie Software]])<br />
|Deutsch = nein<br />
|Website = [https://knime.org/ knime.org]<br />
|Dateien = <br />
}}<br />
'''KNIME''', der „Konstanz Information Miner“, ist eine [[freie Software]] für die interaktive [[Datenanalyse]]. Die [[Low-Code-Plattform|Low-Code-Entwicklungsplattform]] KNIME ermöglicht durch das modulare knotenbasierte Konzept die Integration zahlreicher Verfahren des [[maschinelles Lernen|maschinellen Lernens]] und des [[Data-Mining]]. Die graphische Benutzeroberfläche ermöglicht das einfache und schnelle Aneinandersetzen von Modulen für die Datenvorverarbeitung ([[ETL-Prozess|ETL]]: Extraction, Transformation, Loading), der Modellierung und Analyse und der Visualisierung.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
Im Frühjahr 2004 begann eine Gruppe von Software-Entwicklern unter der Leitung von Michael Berthold an der [[Universität Konstanz]] mit der Konzeption der Plattform KNIME. Der Schwerpunkt der Entwicklung lag von vorneherein auf einer professionellen Software-Architektur, die skalierbar und hochgradig modular sein musste. Mitte 2006 erschien die erste öffentliche Version als ''Konstanz Information Miner''.<ref name="Linux Magazin">{{Internetquelle |url=https://www.linux-magazin.de/ausgaben/2018/10/knime-workshop/ |autor=Alexander Fillbrunn, Martin Horn |titel=Maschinelles Lernen mit Knime in der Praxis |werk=[[Linux-Magazin]] 10/2018 |sprache=de-DE |abruf=2023-04-22}}</ref> Seit Juni 2008 ermöglicht eine in Zürich ansässige Firma (KNIME AG) auch die Bereitstellung von professioneller technischer Unterstützung und Beratungsdiensten für die KNIME-Plattform. So stieg 2018 der Eigenkapitalgeber [[Invus]] mit ein.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.s-ge.com/de/article/aktuell/amerikanischer-eigenkapitalgeber-investiert-knime |hrsg=S-GE |titel=Amerikanischer Eigenkapitalgeber investiert in KNIME |sprache=de |datum=30. Jan. 2018 |autor=Szilvana Spett |abruf=2023-04-22}}</ref><br />
<br />
== Anwendung ==<br />
KNIME ist seit etwa 2006 im Bereich der pharmazeutischen Forschung im Einsatz.<ref>Abhishek Tiwaria and Arvind K.T. Sekhar: ''Workflow based framework for life science informatics'', Computational Biology and Chemistry, Volume 31, Issues 5–6, Pages 305–319, {{DOI|10.1016/j.compbiolchem.2007.08.009}}, Elsevier, October 2007.</ref> KNIME wird aber auch in anderen Bereichen wie [[Kundenpflege]] (CRM), [[Business Intelligence]] und Finanzdatenanalyse eingesetzt.<ref>[https://www.heise.de/select/ct/archiv/2006/20/seite-164 Datenbank-Mosaik Data Mining oder die Kunst, sich aus Millionen Datensätzen ein Bild zu machen], [[c’t]] 20/2006, S. 164ff, Heise Verlag.</ref><br />
<br />
== Technologie ==<br />
KNIME wird in [[Java (Programmiersprache)|Java]] unter Verwendung des [[Eclipse RCP]] Frameworks entwickelt und bereitgestellt. Module anderer können leicht als zusätzliche Plugins integriert werden. KNIMEs Core-Version enthält einige hundert Module für die Datenintegration (File I/O, Datenbankoperatoren mit Unterstützung aller gängigen Datenbanken), Datentransformationen (Filter, Konverter, Combiner) sowie die gebräuchlichsten Methoden der Datenanalyse und -visualisierung.<br />
Weitere Eigenschaften von KNIME:<br />
* KNIMEs Core-Architektur erlaubt die Verarbeitung von großen Datenmengen, die nur durch den vorhandenen Festplattenplatz eingeschränkt sind (die meisten anderen quelloffenen Datenanalyse-Projekte arbeiten arbeitsspeicherbasiert und limitieren dadurch die verarbeitbaren Datenmengen erheblich). Beispiele sind die Analyse von 300 Millionen Adressdaten, 20 Millionen Zellbildern und 10 Millionen molekularen Strukturen.<br />
* Zusätzliche Plugins ermöglichen die Einbindung von Methoden für [[Text Mining]]<ref>{{Literatur |Autor=Ricardo A. Dorr, Juan J. Casal, Roxana Toriano |Titel=Text Mining of Biomedical Articles Using the Konstanz Information Miner (KNIME) Platform: Hemolytic Uremic Syndrome as a Case Study |Sammelwerk=Healthcare Informatics Research |Band=28 |Nummer=3 |Verlag= |Ort= |Datum=2022 |Seiten=276–283 |DOI=10.4258/hir.2022.28.3.276}}</ref> und Image Mining sowie die Zeitserienanalyse.<br />
* Einbindungen für zahlreiche andere Open-Source-Verfahren existieren, u.&nbsp;a. die Verfahren von [[Waikato Environment for Knowledge Analysis|WEKA]], das statistische [[R (Programmiersprache)|R-Projekt]] sowie Lib[[Support Vector Machine|SVM]]<ref name="Linux Magazin"/>, [[JFreeChart]], [[Chemistry Development Kit|CDK]]<ref>{{Literatur |Autor=Michael R. Berthold, Nicolas Cebron, Fabian Dill, Thomas R. Gabriel, Tobias Kötter, Thorsten Meinl, Peter Ohl, Kilian Thiel, Bernd Wiswedel |Titel=KNIME - the Konstanz information miner: version 2.0 and beyond |Sammelwerk=ACM SIGKDD Explorations Newsletter |Band=11 |Nummer=1 |Verlag= |Datum=2009 |Seiten=26–31 |ISSN=1931-0145 |DOI=10.1145/1656274.1656280}}</ref> und [[ImageJ]].<ref>{{Literatur |Autor=Christian Dietz, Curtis T. Rueden, Stefan Helfrich, Ellen T. A. Dobson, Martin Horn, Jan Eglinger, Edward L. Evans, Dalton T. McLean, Tatiana Novitskaya, William A. Ricke, Nathan M. Sherer, Andries Zijlstra, Michael R. Berthold, Kevin W. Eliceiri |Titel=Integration of the ImageJ Ecosystem in KNIME Analytics Platform |Sammelwerk=Frontiers in Computer Science |Band=2 |Verlag= |Datum=2020 |Seiten= |ISSN=2624-9898 |DOI=10.3389/fcomp.2020.00008/full}}</ref><br />
<br />
== Rezeption ==<br />
KNIME schneidet in Vergleichen von quelloffenen Data-Mining-Systemen überdurchschnittlich gut ab und hebt sich insbesondere durch seine Benutzerfreundlichkeit heraus.<ref>Xiaojun Chen, Yunming Ye, Graham Williams and Xiaofei Xu: ''A Survey of Open Source Data Mining Systems'', Lecture Notes in Computer Science, vol. 4819, pp. 3–14, {{DOI|10.1007/978-3-540-77018-3_2}}, Springer-Verlag, 2009.</ref><br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* [[Gábor Bakos]]: ''KNIME Essentials''. Birmingham: [[Packt]] 2013.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [https://knime.org/ Offizielle Webpräsenz]<br />
* [https://hub.knime.com/ KNIME Hub] – Offizielle Plattform für Workflows und Nodes<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{SORTIERUNG:Knime}}<br />
[[Kategorie:Data-Mining]]<br />
[[Kategorie:Business Intelligence]]<br />
[[Kategorie:Freie Software]]<br />
[[Kategorie:Software (Künstliche Intelligenz)]]<br />
[[Kategorie:Abkürzung]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Diskussion:Magnesiumhexafluorosilicat&diff=251251910Diskussion:Magnesiumhexafluorosilicat2024-12-14T20:33:51Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>== Kennzeichnung und Infobox ==<br />
<br />
In der Beschreibung steht Feststoff, dies fehlt beim Aggregatzustand in der Infobox allerdings. Zudem hat dieser Stoff eine Harmonisierte C&L Einstufung, siehe hier: [https://echa.europa.eu/information-on-chemicals/cl-inventory-database/-/discli/details/29957]. Gruß--[[Benutzer:ChemWolf|ChemWolf]] ([[Benutzer Diskussion:ChemWolf|Diskussion]]) 16:00, 26. Nov. 2016 (CET)<br />
: Du kannst das gerne ergänzen. [[Benutzer:Rjh|Rjh]] ([[Benutzer Diskussion:Rjh|Diskussion]]) 20:56, 26. Nov. 2016 (CET)<br />
:: {{Antwort|Rjh}} Hab ich gemacht. Aggregatzustand wurde schon nachgetragen. Sollte passen.--[[Benutzer:ChemWolf|ChemWolf]] ([[Benutzer Diskussion:ChemWolf|Diskussion]]) 12:16, 27. Nov. 2016 (CET)<br />
::: Super, damit erledigt. [[Benutzer:Rjh|Rjh]] ([[Benutzer Diskussion:Rjh|Diskussion]]) 18:07, 27. Nov. 2016 (CET)<br />
{{Erledigt|1=--[[Benutzer:Rjh|Rjh]] ([[Benutzer Diskussion:Rjh|Diskussion]]) 18:07, 27. Nov. 2016 (CET)}}<br />
<br />
Es war die CAS-Nummer 12449-55-7 zusätzlich hier eingetragen. Lt. SciFinder-Datenbank steht diese CAS-Nummer für Magnesium-mangan-fluorid (MgMn2F6). Ich habe diese CAS-Nummer daher gelöscht.</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Magnesiumhexafluorosilicat&diff=251251859Magnesiumhexafluorosilicat2024-12-14T20:30:30Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>{{Infobox Chemikalie<br />
| Strukturformel = [[Datei:Mg2+.svg|Magnesiumion]] [[Datei:Hexafluorosilicat-Ion.svg|150px|Strukturformel Hexafluorosilicat-Ion]]<br />
| Strukturhinweis = <br />
| Suchfunktion = F6MgSi MgSiF6<br />
| Andere Namen = {{INCI|Name=MAGNESIUM FLUOROSILICATE |ID=35092 |Abruf=2022-01-19}}<br />
| Summenformel = MgSiF<sub>6</sub><br />
| CAS = * {{CASRN|16949-65-8}}<br />
* {{CASRN|18972-56-0|Q27292549}} (Hexahydrat)<br />
| EG-Nummer = <br />
| ECHA-ID = <br />
| PubChem = 61861<br />
| ChemSpider = <br />
| DrugBank = <br />
| Beschreibung = weißer geruchloser Feststoff (Hexahydrat)<ref name="Alfa" /><br />
| Molare Masse = 166,38 g·[[mol]]<sup>−1</sup><br />
| Aggregat = fest<ref name="Alfa" /><br />
| Dichte = 1,79 g·cm<sup>−3</sup> (Hexahydrat)<ref name="Alfa">{{Alfa|A13189|Name=Magnesium hexafluorosilicate hexahydrate, 98%|Abruf=2016-11-23}}</ref><br />
| Schmelzpunkt = 120 [[Grad Celsius|°C]] (Zersetzung)<ref name="R. Blachnik" /><br />
| Siedepunkt = <!-- °C<ref name="Sigma" /> --><br />
| Dampfdruck = <!-- [[Pascal (Einheit)|hPa]] ( °C)<ref name="Sigma" /> --><br />
| Löslichkeit = * löslich in Wasser (Hexahydrat)<ref name="Alfa" /><br />
* löslich in verdünnten Säuren<ref name="R. Blachnik" /><br />
* nahezu unlöslich in Ethanol<ref name="R. Blachnik" /><br />
| Brechungsindex = <br />
| CLH = {{CLH-ECHA|ID=100.037.278|Name=Magnesiumhexafluorosilicat|Abruf=2016-11-27}}<br />
| Quelle GHS-Kz = <ref name="GESTIS">{{GESTIS|Name=Magnesiumhexafluorosilikat|ZVG=3830|CAS=16949-65-8|Abruf=2022-01-20}}</ref><br />
| GHS-Piktogramme = {{GHS-Piktogramme|06|05}}<br />
| GHS-Signalwort = Gefahr<br />
| H = {{H-Sätze|301|318|332|412}}<br />
| EUH = {{EUH-Sätze|-}}<br />
| P = {{P-Sätze|271|273|280|301+312|304+340|305+351+338|501}}<br />
| Quelle P = <ref name="GESTIS" /><br />
| ToxDaten = {{ToxDaten|Typ=LD50|Organismus=Meerschweinchen|Applikationsart=oral|Wert=200 mg·kg<sup>−1</sup>|Bezeichnung=|Quelle=<ref name="Michael Ash, Irene Ash">{{Literatur| Autor=Michael Ash, Irene Ash | Titel=Handbook of Preservatives | Verlag=Synapse Info Resources | ISBN=978-1-890595-66-1 | Jahr=2004 | Online={{Google Buch | BuchID=XZ2QB7bu5LwC | Seite=843 }} | Seiten=843 }}</ref>}}<br />
}}<br />
<br />
'''Magnesiumhexafluorosilicat''' ist eine anorganische [[chemische Verbindung]] des [[Magnesium]]s aus der Gruppe der [[Hexafluorosilicate]].<br />
<br />
== Gewinnung und Darstellung ==<br />
Magnesiumhexafluorosilicat kann durch Reaktion von [[Magnesium]]verbindungen mit [[Flusssäure]] in Gegenwart von [[Siliciumdioxid]] gewonnen werden.<ref name="umweltbundesamt">Umweltbundesamt: [https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/419/dokumente/bvt_anorganische-grundchemikalien-ammoniak-saeuren-duengemittel_vv.pdf ''Merkblatt über die besten verfügbaren Techniken für die Herstellung Anorganischer Grundchemikalien: Ammoniak, Säuren und Düngemittel''], August 2007.</ref><br />
<br />
:<math>\mathrm{ MgO + SiO_2 + 6 \ HF \longrightarrow Mg[SiF_6] + 3 \ H_2O }</math><br />
<br />
== Eigenschaften ==<br />
Magnesiumhexafluorosilicat ist als Hexahydrat ein kristalliner weißer geruchloser Feststoff, der löslich in Wasser ist.<ref name="Alfa" /> Er besitzt eine [[Monoklines Kristallsystem|monokline]] [[Kristallstruktur]] mit der {{Raumgruppe|P21/a|lang}}.<ref name="R. Blachnik">{{Literatur| Autor=R. Blachnik | Titel=Taschenbuch für Chemiker und Physiker Band 3: Elemente, anorganische Verbindungen und Materialien, Minerale | Verlag=Springer-Verlag | ISBN=978-3-642-58842-6 | Jahr=2013 | Online={{Google Buch | BuchID=qY0iBgAAQBAJ | Seite=562 }} | Seiten=562 }}</ref> Es sind allerdings auch andere Phasen möglich.<ref name="DOI10.1007/s00723-014-0542-6">Peter G. Skrylnik, Albert M. Ziatdinov: ''Incommensurate Phases of the MgSiF6-6H2O Crystals: EPR and Group-Theoretical Studies.'' In: ''Applied Magnetic Resonance.'' 45, 2014, S.&nbsp;623, {{DOI|10.1007/s00723-014-0542-6}}.</ref><ref name="DOI10.1002/pssa.2211420225">R. Hrabański, V. Kapustianik, V. Kardash, S. Sveleba: ''Birefringent and piezooptic properties of (MgSiF6) - 6H2O crystals.'' In: ''Physica Status Solidi.'' 142, 1994, S.&nbsp;509, {{DOI|10.1002/pssa.2211420225}}.</ref><ref name="DOI10.1107/S0567740872006624">S. Syoyama, K. Osaki: ''An X-ray study of the low-temperature form of MgSiF6.6H2O and the relation between the crystal lattices of low- and high-temperature forms.'' In: ''Acta Crystallographica Section B Structural Crystallography and Crystal Chemistry.'' 28, S.&nbsp;2626, {{DOI|10.1107/S0567740872006624}}.</ref><br />
<br />
== Verwendung ==<br />
Magnesiumhexafluorosilicat wird als Härter für [[Beton]] und als Wasserschutzchemikalie verwendet.<ref name="Richard P. Pohanish">{{Literatur| Autor=Richard P. Pohanish | Titel=Sittig's Handbook of Toxic and Hazardous Chemicals and Carcinogens | Verlag=William Andrew | ISBN=978-1-4377-7869-4 | Jahr=2011 | Online={{Google Buch | BuchID=f6HclgoIkjcC | Seite=3039 }} | Seiten=3039 }}</ref> Es dient auch als [[insektizid]]es [[Holzschutzmittel]] im Hochbau.<ref name="Ralf Steudel">{{Literatur| Autor=[[Ralf Steudel]] | Titel=Chemie der Nichtmetalle Von Struktur und Bindung zur Anwendung | Verlag=Walter de Gruyter | ISBN=978-3-11-021128-3 | Jahr=2008 | Online={{Google Buch | BuchID=h6oxzQ8eRKwC | Seite=282 }} | Seiten=282 }}</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Magnesiumverbindung]]<br />
[[Kategorie:Hexafluorosilicat]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Nomenklatur_(Chemie)&diff=250596775Nomenklatur (Chemie)2024-11-23T00:17:08Z<p>ToXiDoc!: /* Literatur */</p>
<hr />
<div>Unter '''Nomenklatur''' versteht man in der [[Chemie]] die möglichst systematische und international möglichst einheitliche Namensgebung für [[Chemischer Stoff|chemische Stoffe]]. Dabei gilt heute als wichtig, dass ein Verbindungsname ''eindeutig'' ist und nur zu einer einzigen [[Strukturformel]] führt. Die Bezeichnung „[[Ethanol]]“ bezeichnet beispielsweise ''nur'' die Verbindung CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–OH und keine andere. Umgekehrt haben [[chemische Verbindung]]en aber keinen eindeutigen Namen, z.&nbsp;B. kann man die Verbindung CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–OH nach verschiedenen Nomenklatursystemen sowohl als „Ethanol“ als auch als „Ethylalkohol“ bezeichnen.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
[[Datei:Lavoisier Nomenclature01.gif|mini|Erste Seite von Lavoisiers ''Chymical Nomenclature'' in Englisch (1787).]]<br />
Bis ins 18. Jahrhundert war die Bezeichnung chemischer Stoffe sehr uneinheitlich. Einen wichtigen Schritt in Richtung Systematisierung stellte 1787 das Buch ''Méthode de nomenclature chimique'' von [[Louis Bernard Guyton de Morveau]], [[Antoine Laurent de Lavoisier]], [[Claude Louis Berthollet]] und [[Antoine François de Fourcroy]] dar. [[Jöns Jakob Berzelius]] führte um 1825 die chemische Zeichensprache mit Buchstaben für chemische Elemente ein. 1860 schlug ein Komitee unter Leitung von [[Friedrich August Kekulé]] ein internationales Bezeichnungssystem für organische Verbindungen vor. 1919 wurde die [[International Union of Pure and Applied Chemistry]] (IUPAC) gegründet. Seitdem betrachtet sie die Festlegung internationaler Standards für die chemische Nomenklatur als ihre Hauptaufgabe.<br />
<br />
== Die IUPAC-Nomenklatur ==<br />
Um die Bezeichnungsweisen für chemische Verbindungen zu vereinheitlichen, gibt es die als international verbindlich vereinbarten Richtlinien der [[International Union of Pure and Applied Chemistry|IUPAC]] (International Union of Pure and Applied Chemistry) und der [[International Union of Biochemistry and Molecular Biology|IUBMB]] (International Union of Biochemistry and Molecular Biology) sowie deren als Ausgleichskommission eingesetzte ''Joint Commission on Biochemical Nomenclature''. Diese regeln den englischen Sprachgebrauch. Die Bezeichnungen in anderen Sprachen werden von den nationalen Chemikerverbänden entsprechend übertragen. So ist im deutschsprachigen Raum der [[Deutscher Zentralausschuss für Chemie|Deutsche Zentralausschuss für Chemie]] unter Geschäftsführung der Gesellschaft Deutscher Chemiker ([[Gesellschaft Deutscher Chemiker|GDCh]]) im Einvernehmen mit den nationalen IUPAC-Mitgliedsgesellschaften der Schweiz und Österreich für die Umsetzung zuständig. Auch die IUPAC selbst verwendet in ihren Elementlisten viele englische Namen statt der den Elementkürzeln zugrunde liegenden (z.&nbsp;B. Potassium, Sodium, Tungsten, Mercury). Die Bedürfnisse verschiedener Sprachen und sogar des Englischen selbst werden von der IUPAC ausdrücklich anerkannt.<ref>[http://www.acdlabs.com/iupac/nomenclature/93/r93_39.htm IUPAC Nomenclature of Organic Chemistry, Introduction, R-0.1 Conventions].</ref> Besonders stringente Nomenklaturregelungen sind insbesondere für Index-Werke für chemische Stoffe wie [[Beilsteins Handbuch der Organischen Chemie]] und [[Chemical Abstracts]] bis vor kurzem notwendig gewesen, da deren System zur Auffindung von Einträgen bis zur Einführung elektronischer Recherche hauptsächlich danach erfolgte.<br />
<br />
Da die systematische Bezeichnung von chemischen Verbindungen nach diesen Regeln oft sehr kompliziert ist, wird von den Chemikern im Alltagsgebrauch bis hin zu wissenschaftlichen Publikationen weiterhin eine große Anzahl von traditionellen Namen oder neu geschaffenen, anerkannten Kurznamen verwendet. Die IUPAC unterscheidet zwischen [[Trivialnamen]], die keinen Bezug zur systematischen Nomenklatur haben (z.&nbsp;B. [[Wasser]], [[Harnstoff]], [[Glycerin]] oder [[Natriumsulfat|Glaubersalz]]), semisystematischen Namen oder Semitrivialnamen, die zumindest einen Teil eines systematischen Namens verwenden (z.&nbsp;B. Kohlendioxid statt Kohlen''stoff''dioxid oder Trityl für die Triphenylmethyl-Gruppe) und den bereits erwähnten systematischen Namen.<ref>[http://www.acdlabs.com/iupac/nomenclature/93/r93_108.htm IUPAC Nomenclature of Organic Chemistry, R-0.2.3 Names.]</ref><br />
Auch für die Erfindung neuer Trivialnamen, z.&nbsp;B. von neu entdeckten [[Naturstoffe]]n, gibt es IUPAC-konforme Regeln.<br />
<br />
Ferner herrschen bei den Elementnamen die nationalen Gewohnheiten vor und selbst der IUPAC-Namensstamm entspricht nicht durchgängig dem für die Formelkürzel maßgebenden Namen (Beispiel Hg = Hydrargyrum, dt. Quecksilber, IUPAC-Wurzel „mercur“ wie engl. mercury und lat. Mercurius).<br />
<br />
=== Elementnamen und -symbole ===<br />
{{Hauptartikel|Liste der chemischen Elemente}}<br />
Die '''Namen der [[Chemisches Element|chemischen Elemente]]''' werden von den Entdeckern festgelegt. Für unbekannte oder neue Elemente, die noch keinen Namen erhalten haben, gibt es [[systematische Elementnamen]], die sich von der [[Kernladungszahl]] ableiten. Eine systematische Anordnung der Elemente nach ihrer [[Elektronenkonfiguration]] bietet das [[Periodensystem]] der Elemente. Für einige Elemente existieren alte deutsche Bezeichnungen, die in mehreren Revisionen von der IUPAC an die im englischsprachigen Raum gebräuchlichen angepasst wurden. Dies betraf vor allem Elementnamen, in denen die Buchstaben ''k'' und ''z'' gegen ''c'' ausgetauscht wurden. Beispiele sind Kalzium – Calcium, Silizium – Silicium oder Kobalt – Cobalt. Aber auch einige andere Schreibweisen wie Jod zu Iod oder Wismut zu Bismut wurden geändert. Während in der Chemie überwiegend die neuen Bezeichnungen verwendet werden, werden in anderen Bereichen und im allgemeinen Sprachbereich vielfach noch die alten Namen genutzt.<br />
<br />
Für jedes Element existiert ein Kürzel aus ein bis drei Buchstaben '''([[Elementsymbol]])'''. Die Elementsymbole sind international gültig, sie werden also beispielsweise auch auf Japanisch durch lateinische Buchstaben wiedergegeben.<br />
<br />
Will man ein bestimmtes '''[[Isotop]]''' eines Elements bezeichnen, so stellt man dessen [[Massenzahl]] hochgestellt vor das Elementsymbol, zum Beispiel <sup>12</sup>C für das Kohlenstoff-12-Isotop, <sup>235</sup>U für Uran-235 etc. Die schweren Isotope des [[Wasserstoff]]s, <sup>2</sup>H ([[Deuterium]]) und <sup>3</sup>H ([[Tritium]]), besitzen mit '''D''' bzw. '''T''' auch ein eigenes Elementsymbol.<br />
<br />
Um Verbindungen von verschiedenen Elementen untereinander zu benennen, werden die Elementnamen teilweise abgewandelt und mit Nachsilben versehen. Dazu verwendet man den [[Liste der chemischen Elemente|Namensstamm]], welcher aus dem lateinischen bzw. griechischen Elementnamen abgeleitet ist. So wird beispielsweise der Sauerstoff in der Verbindung Aluminium''ox''id (Al<sub>2</sub>O<sub>3</sub>) durch seinen Namensstamm ''(ox)'' und die Endung ''-id'' angegeben.<br />
<br />
=== Zahlenpräfixe in chemischen Namen ===<br />
Falls eine Art von Atomen oder Atomgruppen in einem Molekül mehrfach vorkommt, wird die Anzahl durch ein entsprechendes Zahlenpräfix (Vorsilbe) angegeben, das von den griechischen Zahlwörtern abgeleitet ist und dem Namen des entsprechenden Atoms bzw. der entsprechenden Atomgruppe vorangestellt wird.<ref>''[http://www.acdlabs.com/iupac/nomenclature/93/r93_328.htm Table 11 Basic numerical terms (multiplying affixes).]'' IUPAC Nomenclature of Organic Chemistry, Recommendations 1993.</ref> Ausgenommen sind ''nona'' und ''undeca'', welche aus dem Lateinischen abgeleitet sind.<br />
{|<br />
|- style="vertical-align:top"<br />
|<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
!Anzahl !!Vorsilbe (Präfix)<br />
|-<br />
|1 ||mono oder hen<br />
|-<br />
|2 ||di oder do<br />
|-<br />
|3 ||tri<br />
|-<br />
|4 ||tetra<br />
|-<br />
|5 ||penta<br />
|-<br />
|6 ||hexa<br />
|-<br />
|7 ||hepta<br />
|-<br />
|8 ||octa<br />
|-<br />
|9 ||nona<br />
|-<br />
|10 || deca<br />
|-<br />
|11 || undeca<br />
|-<br />
|12 || dodeca<br />
|-<br />
|13 || trideca<br />
|-<br />
|14 || tetradeca<br />
|-<br />
|… ||<br />
|}<br />
|<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
!Anzahl !! Vorsilbe (Präfix)<br />
|-<br />
|20 || icosa<br />
|-<br />
|21 || henicosa<br />
|-<br />
|22 || docosa<br />
|-<br />
|23 || tricosa<br />
|-<br />
|… ||<br />
|-<br />
|30 || triaconta<br />
|-<br />
|31 || hentriaconta<br />
|-<br />
|…<br />
|-<br />
|40 || tetraconta<br />
|-<br />
|50 || pentaconta<br />
|-<br />
|60 || hexaconta<br />
|-<br />
|70 || heptaconta<br />
|-<br />
|80 || octaconta<br />
|-<br />
|90 || nonaconta<br />
|-<br />
|}<br />
|<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
!Anzahl !! Vorsilbe (Präfix)<br />
|-<br />
|100 || hecta<br />
|-<br />
|101 || henhecta<br />
|-<br />
|200 || dicta<br />
|-<br />
|222 || docosadicta<br />
|-<br />
|300 || tricta<br />
|-<br />
|362 || dohexacontatricta<br />
|-<br />
|400 || tetracta<br />
|-<br />
|500 || pentacta<br />
|-<br />
|600 || hexacta<br />
|-<br />
|700 || heptacta<br />
|-<br />
|800 || octacta<br />
|-<br />
|900 || nonacta<br />
|-<br />
|1000 || kilia<br />
|-<br />
|2000 || dilia<br />
|-<br />
|3000 || trilia<br />
|-<br />
|}<br />
|}<br />
Die Präfixe ''mono'' und ''di'' werden nur für Eins und Zwei verwendet. In Verbindung mit anderen Zahlwörtern (21, 101 etc.) werden ''hen'' und ''do'' verwendet. Die Bildung des kompletten Zahlwortes erfolgt dabei ''von hinten nach vorne''.<br />
{| class="wikitable" style="text-align:center"<br />
!Do-!! -nonaconta- !! -tetracta- !! -kilia<br />
|-<br />
|2 || 90 || 400 || 1000<br />
|-<br />
|colspan="4" | 1492 = Dononacontatetractakilia<br />
|}<br />
<br />
Beispiele:<br />
* P<sub>4</sub>S<sub>7</sub> [[Tetraphosphorheptasulfid|''Tetra''phosphor''hepta''sulfid]]<br />
* SO<sub>3</sub> Schwefel''tri''oxid<br />
* CH<sub>2</sub>Cl<sub>2</sub> ''Di''chlormethan<br />
<br />
==== Weglassen von Zahlenpräfixen ====<br />
Bei Metallverbindungen nennt man nur die [[Wertigkeit (Chemie)|Wertigkeit]] bzw. [[Oxidationszahl]], die das Metall in dieser Verbindung ([[Ionenbindung]]) besitzt: z.&nbsp;B.: CrO<sub>3</sub> Chrom(VI)-oxid, gelesen Chrom-''sechs''-oxid, anstatt Chromtrioxid ([[Alfred Stock#Erfindungen (Auswahl)|Stocksche Nomenklatur]]). Die Wertigkeit bzw. Oxidationszahl wird dabei mit römischen Zahlen angegeben.<br />
Falls der Name einer Verbindung dadurch eindeutig bleibt, kann man die Wertigkeit auch weglassen. So gibt es z.&nbsp;B. nur ein einziges Oxid des Aluminiums, nämlich Al<sub>2</sub>O<sub>3</sub>, weshalb man statt Aluminium(III)-oxid auch einfach Aluminiumoxid schreiben kann.<br />
<br />
Sehr oft wird die Vorsilbe ''mono-'' weggelassen, z.&nbsp;B. NaCl = Natriumchlorid und nicht Natrium''mono''chlorid.<br />
<br />
==== Alternative Zahlenpräfixe ====<br />
Falls '''mehrere identische Gruppen''' vorhanden sind, bei denen die Verwendung der obigen Vorsilben missverständlich wäre, werden die folgenden aus dem griechischen hergeleiteten Präfixe verwendet. Ab Vier wird das einfache Zahlenpräfix zusammen mit der endung ''-kis'' verwendet.<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
!Anzahl<br />
!Vorsilbe (Präfix)<br />
|-<br />
|1 ||hen<br />
|-<br />
|2 ||bis<br />
|-<br />
|3 ||tris<br />
|-<br />
|4 ||tetrakis<br />
|-<br />
|5 ||pentakis<br />
|-<br />
|6 ||hexakis<br />
|-<br />
|… ||<br />
|-<br />
| 21 || henikosakis<br />
|}<br />
<br />
Beispiele:<br />
* Ca<sub>5</sub>F(PO<sub>4</sub>)<sub>3</sub> Pentacalciumfluoridtrisphosphat – Durch Verwendung der Vorsilbe ''tris'' ist sofort klar, dass es sich nicht um die [[Triphosphat]]gruppe [P<sub>3</sub>O<sub>10</sub>]<sup>5−</sup> handelt, sondern um drei Phosphatgruppen [PO<sub>4</sub>]<sup>3−</sup>.<br />
* 5,6-Bis(1,1-dimethylpropyl)undecan – die Verwendung der Vorsilbe ''bis'' zeigt sofort, dass es sich hier um zwei identische 1,1-Dimethylpropyl-Substituenten handelt.<br />
<br />
Für die '''direkte Verknüpfung von identischen Einheiten''' verwendet man die folgenden Vorsilben, welche von den lateinischen Zahlwörtern abgeleitet sind:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
!Anzahl<br />
!Vorsilbe (Präfix)<br />
|-<br />
|2 ||bi<br />
|-<br />
|3 ||ter<br />
|-<br />
|4 ||quater<br />
|-<br />
|5 ||quinque<br />
|-<br />
|6 ||sexi<br />
|-<br />
|7 ||septi<br />
|-<br />
|usw. ||<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
Beispiel:<br />
* C<sub>6</sub>H<sub>5</sub>–C<sub>6</sub>H<sub>5</sub> heißt [[Biphenyl|''Bi''phenyl]] (und nicht Diphenyl oder Bisphenyl).<br />
<br />
== Anorganische Chemie ==<br />
{{Hauptartikel|Nomenklatur (Anorganische Chemie)}}<br />
=== Formeln von anorganischen Verbindungen ===<br />
Beim Schreiben von Formeln von [[Chemische Verbindung|chemischen Verbindungen]] folgt man im Wesentlichen der [[Elektronegativität]]sskala der chemischen Elemente. Man beginnt immer mit dem elektropositiveren Verbindungspartner, deshalb schreibt man etwa AgCl, Al<sub>2</sub>O<sub>3</sub>, PCl<sub>5</sub> und nicht umgekehrt. Eine Ausnahme von dieser Regel sind die Wasserstoffverbindungen.<br />
<br />
=== Wasserstoffverbindungen ===<br />
Wasserstoffatome schreibt man in den Formeln ''an letzter Stelle'' (NH<sub>3</sub>, SiH<sub>4</sub> etc.). Handelt es sich jedoch um [[Säure|aciden]] Wasserstoff (d.&nbsp;h. die Verbindung reagiert in wässriger Lösung sauer), so schreibt man den Wasserstoff ''am Anfang der Formel'' (HF, HCl, HBr, HI, H<sub>2</sub>O, H<sub>2</sub>O<sub>2</sub>, H<sub>2</sub>S, H<sub>2</sub>Se, H<sub>2</sub>Te). Bei der Benennung dieser Verbindungen wird beispielsweise neben dem Namen „Hydrogenfluorid“ für HF oder „Hydrogenchlorid“ für HCl auch der insbesondere im Labor wesentlich gebräuchlichere Name [[Fluorwasserstoff]] bzw. [[Chlorwasserstoff]] verwendet. Letztere sind aufgrund der eindeutigeren Bezeichnung insgesamt zu bevorzugen, da es sich bei diesen Verbindungen nicht um Salze mit den entsprechenden Anionen handelt, sondern aufgrund der hohen [[Elektronegativität]]szahlen nur um stark partiell geladene [[Dipolmolekül|Dipolverbindungen]], in denen eine stark polare [[kovalente Bindung]] (Atombindung) vorliegt. Außerdem ist aufgrund der Eindeutigkeit bei der Benennung zu beachten, dass beispielsweise unter „Hydrogenfluorid“ Salze des Typs MHF bzw. MF×HF (mit M = einwertiges Metall) verstanden werden, somit ist Fluorwasserstoff bevorzugt zu verwenden. Auch bei anorganischen Oxosäuren schreibt man den Wasserstoff am Anfang der Formel, obwohl er eigentlich am Sauerstoff gebunden ist, also für Schwefelsäure zum Beispiel H<sub>2</sub>SO<sub>4</sub> statt SO<sub>2</sub>(OH)<sub>2</sub>.<br />
<br />
<!-- ==== Legierungen ====<br />
--><br />
=== Radikale ===<br />
Zur Benennung des Radikals wird dem Stammnamen die Endung -yl angehängt. Dies gilt sowohl in der organischen wie auch in der anorganischen Chemie.<br />
<br />
Beispiele:<br />
HO<sup>•</sup>: Hydroxyl (Stamm: Hydrox-), <sup>•</sup>CH<sub>3</sub>: Methyl (Stamm: Meth-) und R–O<sup>•</sup>: Oxyl (z.&nbsp;B. [[2,2,6,6-Tetramethylpiperidinyloxyl]])<br />
<br />
Einige Radikale haben, besonders bei den Sauerstoffverbindungen, spezielle Namen.<br />
<!-- === Mehrbasige Säuren === --><br />
<!-- === Salzhydrate ===<br />
==== Einteilung nach der Oxidationsstufe des Zentralatoms ====<br />
==== Einteilung nach der Struktur ==== --><br />
<br />
== Organische Chemie ==<br />
Die Empfehlungen der IUPAC für die Benennung organischer Verbindungen werden im sogenannten ''Blue Book'' publiziert.<ref>{{Literatur |Autor=Henri A. Favre, Warren H. Powell |Titel=Nomenclature of Organic Chemistry |Datum=2013-12-17 |ISBN=978-0-85404-182-4 |DOI=10.1039/9781849733069 |Online=[https://iupac.qmul.ac.uk/BlueBook/ Volltext]}}</ref><br />
<br />
Für die Benennung von organischen Verbindungen nach dem IUPAC-System geht man üblicherweise von einem '''Stammsystem''' (auch Stammverbindung, Stammhydrid) aus, das unter Umständen weitere '''[[Substituent]]en''' (Reste) trägt. Ein Substituent ist dabei ein Atom oder eine Atomkombination, welche ein Wasserstoffatom des Stammsystems ersetzt (substituiert). Für die Benennung der Verbindung wird der Name des Stammsystems unverändert übernommen und die Namen der substituierenden Gruppen werden dem Stammsystem in abgewandelter Form angefügt ([[substitutive Nomenklatur]]).<br />
<br />
Als Ergänzung zum Stammsystem wird bei entsprechenden Verbindungen ein [[Deskriptor (Chemie)|Deskriptor]] genanntes Präfix vor dem systematischen Substanznamen ergänzt [z.&nbsp;B. ''cis''-, ''trans''-, (''E'')-, (''Z'')-, ''o''-, ''m''-, ''p''-, ''n''-, ''iso''-, ''neo''-, ''cyclo''-, ''sec''-, ''tert''-, <small>D</small>-, <small>L</small>-, ''meso''-, (±)-, (+)-, (−)-, (''RS'')-, (''R'')-, (''S'')-], das u.&nbsp;a. die [[Konfiguration (Chemie)|Konfiguration]] oder die [[Stereochemie]] des Moleküls beschreibt. Häufig werden Deskriptoren in Kombination mit [[Lokant]]en (z.&nbsp;B. ''O''-, ''N''-, ''S''-, α-, β-, [3.3]) zur genauen Beschreibung bestimmter Positionen von Atomen oder Bindungen verwendet, um eine chemische Struktur eindeutig zu benennen.<br />
<br />
=== Klammerungen ===<br />
Um eindeutige Formeln und Namen zu erhalten, werden in der Nomenklatur Namensteile und spezielle Angaben in Klammern gesetzt. Drei Arten von Klammern werden verwendet: runde ( ), eckige <nowiki>[ ]</nowiki> und geschweifte <nowiki>{ }</nowiki>.<ref name="LiebscherFluck_55">{{Literatur |Autor=Wolfgang Liebscher, Ekkehard Fluck |Titel=Die systematische Nomenklatur der anorganischen Chemie |Verlag=Springer-Verlag |Datum=2013 |ISBN=978-3-642-58368-1 |Seiten=55 |Online={{Google Buch |BuchID=i3ceBgAAQBAJ |Seite=55}}}}</ref> Die Verwendung von eckigen Klammern ist in der Anorganischen und Organischen Chemie allerdings unterschiedlich. Mehrfach vorkommende Einheiten werden in runde Klammern gesetzt, mit Ausnahme von [[Koordinationschemie|Koordinationseinheiten]], welche immer in eckigen Klammern stehen. Im Namen organischer Verbindungen werden von innen nach außen runde, eckige und geschweifte Klammern gesetzt: <nowiki>{[( )]}</nowiki>, <nowiki>{[({[( )]})]}</nowiki> usw.<ref name="acdlabs.com">acdlabs.com: [http://www.acdlabs.com/iupac/nomenclature/93/r93_61.htm R-0.1.5 Enclosing marks], abgerufen am 11. Juni 2017.</ref><ref name="G. J. Leigh">{{Literatur |Autor=G. J. Leigh |Titel=Principles of Chemical Nomenclature A Guide to IUPAC Recommendations |Verlag=Royal Society of Chemistry |Datum=2011 |ISBN=978-1-84973-007-5 |Seiten=55 |Online={{Google Buch |BuchID=qRlB5jeDZPkC |Seite=55}}}}</ref> In Formeln wird die abweichende Reihenfolge <nowiki>[], [( )], [{( )}], [({( )})], [{({( )})}]</nowiki> verwendet.<ref name="iupac">IUPAC: {{Webarchiv |url=https://www.iupac.org/fileadmin/user_upload/publications/recommendations/CompleteDraft.pdf |text=nomenclature of organic compounds |wayback=20170328195736}}</ref><br />
<br />
Bei unvollständig isotop substituierten Verbindungen werden die Positionsziffern und Nuklidsymbole in runde Klammern gesetzt, zum Beispiel bei Dichlor(<sup>2</sup>H<sub>2</sub>)methan. Bei spezifischen, unselektiven, selektiv markierten, isotop defizitären oder angereicherten Verbindungen werden die Nuklidsymbole mit Multiplikationssubskripten in eckige Klammern gesetzt, zum Beispiel bei [<sup>13</sup>C,<sup>2</sup>H<sub>2</sub>]Methan, [''def''<sup>13</sup>C]Chloroform, [<sup>12</sup>C]Chloroform.<ref name="LiebscherFluck_55" /><br />
<br />
Bei polycyclischen Kohlenwasserstoffen werden die Verschmelzungspositionen von Teilstrukturen in eckigen Klammern dazwischengeschoben, zum Beispiel bei [[Benzo(a)anthracen|Benzo[''a'']anthracen]].<ref name="LiebscherFluck_55" /><br />
<br />
Bei verbrückten polycyclischen Kohlenwasserstoffen im [[Von-Baeyer-System]] wird nach dem Begriff cyclo die Anzahl der C-Atome der beiden Zweige des Hauptringes, der Hauptbrücke und eventuell vorhandener Sekundärbrücken in absteigender Reihenfolge in eckigen Klammern angegeben, zum Beispiel [[Decalin|Bicyclo[4.4.0]decan]]. Bei ungesättigten Brücken werden die Lokanten der Mehrfachbindungen in eckigen Klammern innerhalb des Brückenterms angegeben.<ref name="LiebscherFluck_55" /><br />
<br />
Bei Spiro-Kohlenwasserstoffen folgen dem Term Spiro die Summen der an das Spiroatom gebundenen C-Atome in eckigen Klammern, zum Beispiel Spiro[2.4]heptan. Muss man, um überhaupt eine Spiroverknüpfung realisieren zu können, erst eine formale (Di)-Hydrierung durchführen, wird der zusätzliche indizierte Wasserstoff direkt hinter der die Spiroverknüpfung betreffenden Ziffer in runde Klammern gesetzt.<ref name="LiebscherFluck_55" /><br />
<br />
Bei Oligosacchariden mit freier Halbacetal-Gruppe werden die Verknüpfungslokanten in runden Klammern zwischen die einzelnen Komponentennamen gesetzt, zum Beispiel β-<small>D</small>-Galactopyranosyl-(1→4)-α-<small>D</small>-glucopyranose.<ref name="LiebscherFluck_55" /><br />
<br />
=== Leerzeichen und Bindestriche ===<br />
An allen Stellen, wo im Englischen '''Leerzeichen''' zwischen den Worten eines Namens verwendet werden, stehen im Deutschen in der organischen Chemie Bindestriche<ref name="LiebscherFluck_54">{{Literatur |Autor=Wolfgang Liebscher, Ekkehard Fluck |Titel=Die systematische Nomenklatur der anorganischen Chemie |Verlag=Springer-Verlag |Datum=1998 |ISBN=978-3-540-63097-5 |Seiten=54 |Online={{Google Buch |BuchID=i3ceBgAAQBAJ |Seite=54}}}}</ref> oder das Leerzeichen entfällt. Die Verwendung von Bindestrichen ist dabei zuweilen etwas willkürlich. Wenn es der Klarheit dient, sollte man hier etwas großzügig sein.<ref name="Dieter Hellwinkel">{{Literatur |Autor=[[Dieter Hellwinkel]] |Titel=Die systematische Nomenklatur der organischen Chemie – Eine Gebrauchsanweisung |Verlag=Springer-Verlag |Datum=2013 |ISBN=978-3-662-06684-3 |Seiten=3 |Online={{Google Buch |BuchID=dxqyBgAAQBAJ |Seite=3}}}}</ref><br />
<br />
'''Bindestriche''' werden in FORMELN und in NAMEN verwendet:<ref name="LiebscherFluck_63">{{Literatur |Autor=Wolfgang Liebscher, Ekkehard Fluck |Titel=Die systematische Nomenklatur der anorganischen Chemie |Verlag=Springer-Verlag |Datum=1998 |ISBN=978-3-540-63097-5 |Seiten=63–66 |Online={{Google Buch |BuchID=i3ceBgAAQBAJ |Seite=63}}}}</ref><br />
* Um Lokanten von Worten oder Morphemen des Namens zu trennen. Beispiel: [[But-2-en]]<br />
* Um einen Stereodeskriptor von einem Namen zu trennen. Beispiel: (''E'')-But-2-en<br />
* Um Symbole wie µ vom Rest der Formel oder des Namens zu trennen.<br />
* Um Strukturdeskriptoren wie ''cyclo'', ''catena'', ''triangulo'', ''quadro'', ''tetrahedro'', ''octahedro'', ''closo'', ''nido'', ''arachno'', ''cis'' und ''trans'' sowie z.&nbsp;B. Λ und α vom Rest der Formel oder des Namens zu trennen. In den Bezeichnungen von Aggregaten oder Clustern werden Lokanten in gleicher Weise getrennt.<br />
* Um das Symbol des markierenden Nuklids von seinem Lokanten in der Formel einer selektiv-markierten Verbindung zu trennen.<br />
* Um zu verschiedenen Namensteilen gehörende, zusammenstehende Lokanten zu trennen. Klammern sollten jedoch bevorzugt werden.<br />
* Um den Namen eines Brückenliganden vom Rest des Namens zu trennen.<br />
<br />
Nach Klammern erscheint ein Bindestrich nur dann, wenn der schließenden Klammer ein Lokant folgt, z.&nbsp;B. 3-(Bromcarbonyl)-4-(chlorcarbonyl)-2-methyl-benzoesäure. Zahlwörter (z.&nbsp;B. Tetra) werden ohne Bindestrich mit den Namen verknüpft.<ref name="Gerlinde Kruse 3-85">{{Literatur |Autor=Gerlinde Kruse |Titel=Nomenklatur der Organischen Chemie: Eine Einführung |Verlag=Wiley-VCH |Datum=1997 |ISBN=3-527-29327-2 |Seiten=3,85}}</ref><br />
<br />
=== Doppelpunkt und Semikolon ===<br />
Doppelpunkte trennen zusammenhängende Sätze von Lokanten. Falls eine stärkere Trennung erforderlich ist, werden Semikolons verwendet.<ref name="qmul.ac.uk">Blue Book chapter P-2: [https://iupac.qmul.ac.uk/BlueBook/P2.html#25030703 Blue Book chapter P-2], abgerufen am 23. Oktober 2023.</ref><br />
<br />
Beispiele:<br />
* 1,2:5,6-Di-''O''-isopropyliden-α-<small>D</small>-glucofuranose<br />
* [[1,2,3,4-Diepoxybutan|1,2:3,4-Diepoxybutan]]<br />
* Benzo[1′′,2′′:3,4;4′′,5′′:3′,4′]dicyclobuta[1,2-''b'':1′,2′-''c''′]difuran<ref>{{Literatur |Autor=Wolfgang Liebscher, Ekkehard Fluck |Titel=Die systematische Nomenklatur der anorganischen Chemie |Verlag=Springer-Verlag |Ort= |Datum=2013 |ISBN=978-3-642-58368-1 |Seiten=61 |Online= {{ Google Buch | BuchID = i3ceBgAAQBAJ | Seite = 61 }} }}</ref><br />
<br />
=== Komma und Punkt ===<br />
Kommas trennen Lokanten, die zum selben Teil eines Namens gehören (d.&nbsp;h. Lokanten einer Reihe), sowie Buchstaben oder Buchstabenkombinationen, die die [[Anellierung]]sstellen anellierter Ringsysteme bezeichnen.<ref name="Gerlinde Kruse 2">{{Literatur| Autor=Gerlinde Kruse | Titel=Nomenklatur der Organischen Chemie | Verlag=Wiley | Datum=1997 | ISBN=978-3-527-29327-8 | Seiten=2 | Online={{Google Buch | BuchID=TYFQmwEACAAJ | Seite=2 }} }}</ref><br />
<br />
Beispiele:<br />
* [[1,2-Dichlorethan]]<br />
* [[Dibenzo(a,j)anthracen|Dibenzo[''a'',''j'']anthracen]]<br />
* ''N'',''N''-Diethyl-2-furamid<br />
<br />
Punkte trennen numerische Indikatoren der Ringgröße in Namen, die nach dem von-Baeyer-System gebildet wurden, und in einigen Spiro-Namen.<ref name="Gerlinde Kruse 2" /><br />
<br />
Beispiele:<br />
* [[Bicyclo(3.3.0)octan|Bicyclo[3.3.0]octan]]<br />
* [[1,6-Dioxaspiro(4.4)nonan-2,7-dion|1,6-Dioxaspiro[4.4]nonan-2,7-dion]]<br />
<br />
=== Stammsysteme ===<br />
==== Lineare Ketten ====<br />
Die einfachsten Stammsysteme sind [[Acyclische Verbindungen|lineare Ketten]] aus Kohlenstoffatomen, bei denen alle übrigen Bindungen mit Wasserstoffatomen gesättigt sind. Solche [[Gesättigte Verbindungen|gesättigte]] Kohlenwasserstoffe nennt man [[Alkane]], sie erhalten die Endung '''-an'''. Für die vier kleinsten Alkane werden die Namen Methan, Ethan, Propan und Butan beibehalten, für die übrigen Alkane ergibt sich der genaue Name der Verbindung nach der folgenden Tabelle aus der ''Anzahl der Kohlenstoffatome''. Man kombiniert das Zahlwort der ersten Dekade mit den Zahlwörtern für die folgenden Dekaden. Am Ende folgt ein n, sodass man die Alkan-typische Endung ''-an'' erhält.<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|-<br />
|1<br />
|Hen<br />
|<br />
|10<br />
|Deca<br />
|<br />
|100<br />
|Hecta<br />
|<br />
|1000<br />
|Kilia<br />
|-<br />
|2<br />
|Do<br />
|<br />
|20<br />
|Cosa<br />
|<br />
|200<br />
|Dicta<br />
|<br />
|2000<br />
|Dilia<br />
|-<br />
|3<br />
|Tri<br />
|<br />
|30<br />
|Triaconta<br />
|<br />
|300<br />
|Tricta<br />
|<br />
|3000<br />
|Trilia<br />
|-<br />
|4<br />
|Tetra<br />
|<br />
|40<br />
|Tetraconta<br />
|<br />
|400<br />
|Tetracta<br />
|<br />
|4000<br />
|Tetralia<br />
|-<br />
|5<br />
|Penta<br />
|<br />
|50<br />
|Pentaconta<br />
|<br />
|500<br />
|Pentacta<br />
|<br />
|5000<br />
|Pentalia<br />
|-<br />
|6<br />
|Hexa<br />
|<br />
|60<br />
|Hexaconta<br />
|<br />
|600<br />
|Hexacta<br />
|<br />
|6000<br />
|Hexalia<br />
|-<br />
|7<br />
|Hepta<br />
|<br />
|70<br />
|Heptaconta<br />
|<br />
|700<br />
|Heptacta<br />
|<br />
|7000<br />
|Heptalia<br />
|-<br />
|8<br />
|Octa<br />
|<br />
|80<br />
|Octaconta<br />
|<br />
|800<br />
|Octacta<br />
|<br />
|8000<br />
|Octalia<br />
|-<br />
|9<br />
|Nona<br />
|<br />
|90<br />
|Nonaconta<br />
|<br />
|900<br />
|Nonacta<br />
|<br />
|9000<br />
|Nonalia<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
Beispiele:<br />
<br />
* C<sub>32</sub>H<sub>66</sub> = Dotriacontan (Do + Triaconta + n)<br />
* C<sub>99</sub>H<sub>200</sub> = Nonanonacontan (Nona + Nonaconta + n)<br />
* C<sub>403</sub>H<sub>808</sub> = Tritetractan (Tri + Tetracta + n)<br />
* C<sub>4728</sub>H<sub>9458</sub> = Octacosaheptactatetralian (Octa + Cosa + Heptacta + Tetralia + n)<br />
* C<sub>9999</sub>H<sub>20000</sub> = Nonanonacontanonactanonalian (Nona + Nonaconta + Nonacta + nonalia + n)<br />
Ausnahmen von der Benennung nach der obigen Tabelle gibt es bei:<br />
{| class="wikitable"<br />
|-<br />
!Anzahl der C-Atome<br />
!Verbindung<br />
!Name<br />
|-<br />
|1 ||CH<sub>4</sub> ||Methan<br />
|-<br />
|2 ||C<sub>2</sub>H<sub>6</sub> ||Ethan<br />
|-<br />
|3 ||C<sub>3</sub>H<sub>8</sub> ||Propan<br />
|-<br />
|4 ||C<sub>4</sub>H<sub>10</sub> ||Butan<br />
|-<br />
|11 ||C<sub>11</sub>H<sub>24</sub> ||Undecan<br />
|-<br />
|20 ||C<sub>20</sub>H<sub>42</sub> ||Icosan<br />
|-<br />
|21 ||C<sub>21</sub>H<sub>44</sub> ||Henicosan<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
Falls eine [[Doppelbindung]] in der Verbindung vorhanden ist, spricht man von [[Alkene]]n und verwendet statt der Endung ''-an'' die Endung '''-en'''. Die Position der Doppelbindung wird durch eine Nummer angegeben siehe unten bei ''[[#Nummerierung|Nummerierung]]'', z.&nbsp;B.<br />
* CH<sub>2</sub>=CH–CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub> heißt [[Butene|But-1-''en'']] (früher 1-But''en''),<br />
* CH<sub>3</sub>–CH=CH–CH<sub>3</sub> heißt But-2-''en''.<br />
<br />
Bei Ketten, die eine [[Dreifachbindung]] enthalten (= [[Alkine]]n), wird die Endung '''-in''' verwendet, z.&nbsp;B.<br />
* CH≡C–CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub> heißt [[1-Butin|But-1-''in'']] (früher 1-But''in''),<br />
* CH<sub>2</sub>=CH–CH<sub>2</sub>–C≡C–CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub> heißt Hept-''1-en''-''4-in''.<br />
<br />
Falls mehrere Doppel- oder Dreifachbindungen vorkommen, verwendet man die multiplizierenden Vorsilben '''di''', '''tri''', '''tetra''', '''penta''', '''hexa''', '''hepta''', …<br />
* CH<sub>2</sub>=CH–CH=CH<sub>2</sub> heißt also [[1,3-Butadien|Buta-''1,3-dien'']],<br />
* CH≡C–C≡C–C≡C–CH<sub>3</sub> heißt Hepta-''1,3,5-triin.''<br />
<br />
===== Bestimmung der Hauptkette bei verzweigten acyclischen Kohlenwasserstoffen =====<br />
Die Hauptkette (Stammsystem) ist jene Kette, welche<br />
# die größte Zahl an [[Mehrfachbindung]]en enthält<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (1): die größere Zahl von C-Atomen enthält<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (2): die größere Zahl von Doppelbindungen enthält<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (3): den niedrigsten [[Lokant]]ensatz für die Mehrfachbindungen hat.<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (4): den niedrigsten Lokantensatz für die Doppelbindungen hat.<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (5): die größere Zahl von Substituenten hat.<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (6): den niedrigsten Lokantensatz für die Substituenten hat.<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (7): den alphabetisch geordnet ersten Substituenten hat.<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (8): den niedrigsten Lokanten für den alphabetisch ersten Substituenten hat.<br />
<br />
Hinweis zum ''Lokantensatz'': Ein Lokantensatz ist die Aufzählung der Lokanten wie z.&nbsp;B. 2,4 im 2,4-Dimethyl-heptan. Der „niedrigste Lokantensatz“ ''bedeutet nun nicht'' die kleinste Summe der Lokanten, vielmehr vergleicht man die Lokanten der Reihe nach. Der kleinste Lokantensatz ist der, der an der ersten unterscheidbaren Stelle den kleineren Lokanten aufweist.<br />
<br />
==== Cyclische Systeme ohne Heteroatome ====<br />
{{Siehe auch|Heteroatom}}<br />
Bei cyclischen Systemen ist im Allgemeinen ein Cyclus das Stammsystem.<br />
<br />
===== Monocyclische Systeme =====<br />
Falls es sich um eine [[Cyclische Verbindungen|monocyclische Verbindung]] handelt, erfolgt die Benennung wie bei linearen Ketten, und zusätzlich wird die Vorsilbe '''Cyclo-''' vorangestellt, also z.&nbsp;B. [[Cyclohexan|''Cyclo''hexan]]. Für [[Benzol]] wird der Trivialname beibehalten. Monocyclische Verbindungen mit mehr als sechs C-Atomen, die die maximale Anzahl nichtkumulierter Doppelbindungen aufweisen, können als (n)-[[Annulen]]e bezeichnet werden (n = Anzahl der C-Atome).<br />
<br />
''Hetero''cyclische Systeme dagegen werden bevorzugt nach dem [[Hantzsch-Widman-System]] bezeichnet.<br />
<br />
===== Kondensierte polycyclische Systeme =====<br />
Bei ''kondensierten [[Polycyclen|polycyclischen]] Kohlenwasserstoffen'' (d.&nbsp;h. die einzelnen Ringe sind jeweils über genau eine gemeinsame Bindung verknüpft) ist jene Komponente das Basissystem, welche<br />
* die meisten Ringe aufweist<br />
* den größten Ring aufweist<br />
Dabei werden folgende Polycyclen als eigene Systeme aufgefasst (in ansteigender Priorität, in Klammern die Anzahl der Ringe): [[Pentalen]] (2), [[Inden (chemische Verbindung)|Inden]] (2), [[Naphthalin]] (2), [[Azulen]] (2), [[Heptalen]] (2), [[Biphenylen]] (3), as-[[Indacen]] (3), s-Indacen (3), [[Acenaphthylen]] (3), [[Fluoren]] (3), [[Phenalen]] (3), [[Phenanthren]] (3), [[Anthracen]] (3), [[Fluoranthen]] (4), [[Acephenanthrylen]] (4), [[Aceanthrylen]] (4), [[Triphenylen]] (4), [[Pyren]] (4), [[Chrysen]] (4), [[Naphthacen]] (4), [[Pleiaden (Chemie)|Pleiaden]] (4), [[Picen]] (5), [[Perylen]] (5), [[Pentaphen]] (5), [[Pentacen]] (5), [[Tetraphenylen]] (5), [[Hexaphen]] (6), [[Hexacen]] (6), [[Rubicen]] (7), [[Coronen]] (7), [[Trinaphthylen]] (7), [[Heptaphen]] (7), [[Heptacen]] (7), [[Pyranthren]] (8), [[Ovalen]] (10).<br />
<br />
Alle übrigen Ringe werden als Vorsilben vorangestellt, wobei die Endsilbe ''-en'' in '''-eno''' umgewandelt wird (z.&nbsp;B. ''Benzo''cycloocten). Die Art der Verknüpfung wird durch Zahlen und Buchstaben angegeben, was aber hier nicht näher erläutert werden soll.<br />
<br />
Zur Benennung von gesättigten oder teilweise gesättigten Derivaten der oben angeführten Polycyclen gibt es die Möglichkeit, beim Wegfallen einer Doppelbindung die beiden zusätzlichen Wasserstoffatome durch die Positionsnummern und die Vorsilbe '''dihydro-''' anzuzeigen. Analog gibt es '''tetrahydro-''', '''hexahydro-''' usw. Vollständig gesättigte Systeme erhalten die Vorsilbe '''perhydro-'''. Einzelne Wasserstoffatome werden durch das sogenannte '''indizierte H''' angegeben, welches in kursiver Schrift vorangestellt wird (z.&nbsp;B. 4''H''-Pyrazol).<br />
<br />
[[Cyclophan]]e können nach den gleichen Regeln benannt werden, obwohl es für diese auch eine eigene Nomenklatur gibt.<br />
<br />
===== Verbrückte polycyclische Systeme =====<br />
Bei ''[[Polycyclen|verbrückten polycyclischen Kohlenwasserstoffen]]'' (d.&nbsp;h. die einzelnen Ringe sind jeweils über mehr als eine gemeinsame Bindung verknüpft) wird das [[Von-Baeyer-System]] verwendet.<br />
<br />
===== Spiroverbindungen =====<br />
In [[Spiroverbindung]]en sind die Ringe über ein gemeinsames Atom verbunden.<br /><br />
Nomenklatur: ''Substituenten''-spiro[''Anzahl Atome im kleineren Ring'' '''.''' ''Anzahl Atome im größeren Ring'']'''Stammname''' (Ringgröße wird ohne Spiro-Atom angegeben). Beispiel: 1-Brom-3-chlor-spiro[4.5]decan-7-ol.<br />
<br />
===== Kompliziertere Systeme =====<br />
Die Entscheidung, was nun als Stammsystem betrachtet wird, ist bei komplizierteren Verbindungen nicht mehr ganz einfach.<br />
<br />
==== Heterocyclen ====<br />
Sofern keine Trivialnamen vorliegen, benennt man monocyclische [[Heterocyclen]] mit bis zu 10 Ringgliedern meist nach dem [[Hantzsch-Widman-System]].<br />
<br />
Bei kondensierten Polycyclen haben Heterocyclen Vorrang gegenüber Carbocyclen (= Ringen, die nur aus Kohlenstoffatomen bestehen). Auch für Heterocyclen gibt es dabei Systeme mit Trivialnamen, welche als eigene Stammsysteme aufgefasst werden (ohne Reihung und unvollständig):<br />
* O-haltige Verbindungen: [[Furan]], [[Xanthen]], …<br />
* N-haltige Verbindungen: [[Pyrrol]], [[Imidazol]], [[Pyrazol]], …<br />
<br />
Ansonsten folgt die Benennung von Heterocyclen weitgehend den oben angeführten Regeln für cyclische Systeme ohne Heteroatome. Die Art und Position der Heteroatome wird dann mit Hilfe der [[Ersetzungsnomenklatur]] („a“-Nomenklatur) angegeben.<br />
<br />
Viele Einzelverbindungen und Stoffgruppen enthalten die Endung '''[[-idin]]''' (z.&nbsp;B. [[Pyrrolidin]] und [[Anisidine|Anisidin]]). Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um aromatische Verbindungen, die Stickstoff enthalten. Die Namensgebung folgt jedoch keiner durchgehenden Systematik.<br />
<br />
=== Substituenten (Reste) ===<br />
Ein Substituent kann z.&nbsp;B. eine [[funktionelle Gruppe]] sein, oder wiederum ein (kleineres) Stammsystem, etwa eine [[Seitenkette]]. Die Bezeichnungen für Substituenten werden dem Namen des Stammsystems als Vorsilben (Präfixe) oder Endungen (Suffixe) angefügt. Die genaue Position des Substituenten wird durch Ziffern präzisiert (siehe unten bei ''[[#Nummerierung|Nummerierung]]'').<br />
<br />
Falls es mehrere Substituenten als Präfixe gibt, werden diese in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet, [[#multiplizierende Vorsilben|multiplizierende Vorsilben]] ändern die Reihenfolge nicht, Bsp. Di<u>b</u>rom- vor <u>C</u>hlor- (Regel: P-14.5.1). Es gilt dabei immer der erste Buchstabe des Substituenten, Bsp. <u>D</u>imethylamino (Regel P-14.5.2)<ref name="IUPAC_2013_42" /><br />
<br />
==== Stammsysteme als Substituenten ====<br />
Falls es sich beim Rest wiederum um ein Stammsystem handelt, zum Beispiel eine Seitenkette oder einen Ring, so wird an dessen Namen die Silbe '''-yl''' angehängt und das Ergebnis als Vorsilbe (Präfix) vorangestellt. Die Benennung von Seitenketten erfolgt nach den gleichen Regeln wie für die Grundkette, bis auf folgende Ausnahmen:<br />
* bei Alkanen wird die Endung ''-an'' weggelassen<br />
* die Nummerierung der Seitenkette startet immer bei der Verknüpfung mit der Hauptkette<br />
<br />
Beispiele:<br />
* [[Methylgruppe|Methyl]]: –CH<sub>3</sub><br />
* [[Ethylgruppe|Ethyl]]: –CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub><br />
* [[Ethinylgruppe|Ethinyl]]: –C≡CH<br />
* [[Allylgruppe|Prop-2-enyl]] (Allyl): –CH<sub>2</sub>–CH=CH<sub>2</sub><br />
* Cyclohexyl: –C<sub>6</sub>H<sub>11</sub><br />
Die Namen der Element-Wasserstoff-Gruppen werden analog aus der Stammverbindung gebildet:<br />
* Germyl: -GeH<sub>3</sub><br />
* Silyl: -SiH<sub>3</sub><br />
* Trimethylsilyl: -Si(CH<sub>3</sub>)<sub>3</sub><br />
<br />
Wenn man beispielsweise an die Verbindung [[Propan]] (CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub>) in der Mitte noch einen Methanbaustein anhängt, heißt die entstehende Verbindung CH<sub>3</sub>–CH(''CH<sub>3</sub>'')–CH<sub>3</sub> dann ''2-Methyl''propan. Die Verbindung CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–CH(''CH<sub>3</sub>'')–CH<sub>2</sub>–CH(''CH<sub>2</sub>CH<sub>3</sub>'')–CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub> heißt ''3-Ethyl''-''5-methyl''heptan.<br />
<br />
Seitenketten mit Doppelverbindung zur Grundkette erhalten die Endung '''-ylen''' ([[Methylengruppe|Methylen]]: =CH<sub>2</sub>), bei einer Dreifachverbindung '''-ylidin''' <!-- kommt wohl nicht als Bindung an Kohlenstoffatom vor, das Beispiel im Artikel würde wohl -Ethinyl genannt! --> ([[Methingruppe|Methylidin]]: ≡CH).<br />
<br />
==== Funktionelle Gruppen ====<br />
Die ranghöchste [[funktionelle Gruppe]] wird als Endung (Suffix) hinten angestellt, übrige funktionelle Gruppen als Vorsilben (Präfixe) vorangestellt:<br />
<br />
* CH<sub>3</sub>–CH(''OH'')–CH<sub>3</sub> heißt Propan-2-''ol''<br />
* CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–CH<sub>2</sub>–C(''OOH'') heißt Butan''säure''<br />
* CH<sub>3</sub>–CH(''OH'')–CH<sub>2</sub>–CH(''NH<sub>2</sub>'')–CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub> hat zwei funktionelle Gruppen. Der Alkohol hat höhere Priorität, deshalb heißt die Verbindung ''4-Amino''-2-hexan''ol''.<br />
<br />
Für die Bezeichnungen einzelner funktioneller Gruppen und ihre Rangfolge siehe das Stichwort [[Funktionelle Gruppe]].<br />
<br />
==== Trivialnamen ====<br />
Für manche Substituenten gibt es Trivialnamen, welche z.&nbsp;T. auch verbindlich sind, wie z.&nbsp;B.:<br />
* Phenyl: –C<sub>6</sub>H<sub>5</sub><br />
* Benzyl: –CH<sub>2</sub>–C<sub>6</sub>H<sub>5</sub><br />
* Isopropyl: –CH–(CH<sub>3</sub>)<sub>2</sub><br />
* Vinyl: –CH=CH<sub>2</sub><br />
* u.&nbsp;v.&nbsp;m.<br />
<br />
=== Nummerierung ===<br />
Die Nummerierung des Stammsystems erfolgt so, dass die erhaltenen Nummern möglichst klein sind. CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–CH<sub>2</sub>–CH(CH<sub>3</sub>)–CH<sub>3</sub> heißt also [[2-Methylpentan]] und nicht 4-Methylpentan.<br />
<br />
Dabei gilt, wie im Fall der Bestimmung der Hauptkette, dass nicht die Summe der Positionsnummern möglichst klein sein muss, sondern dass die erste unterscheidbare Stelle den kleinsten Wert annimmt. CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–CH(CH<sub>3</sub>)–CH(CH<sub>3</sub>)–CH<sub>2</sub>–CH<sub>2</sub>–CH<sub>2</sub>–CH<sub>2</sub>–CH(CH<sub>3</sub>)–CH<sub>3</sub> heißt daher 2,7,8-Trimethyldecan und nicht 3,4,9-Trimethyldecan. Dies gilt auch, wenn Positionsnummern mehrfach vorkommen wie zum Beispiel bei ClCH<sub>2</sub>–CF<sub>3</sub> ([[2-Chlor-1,1,1-trifluorethan]] statt 1-Chlor-2,2,2-trifluorethan).<br />
<br />
Falls es nur eine mögliche Kombination gibt, können die Nummern weggelassen werden (z.&nbsp;B. 2-Methylpropan = [[Methylpropan]], da es kein anderes Methylpropan gibt).<br />
<br />
Falls Seitenketten nummeriert werden müssen, ist die Verbindungsstelle zur Hauptkette immer die Position 1.<br />
<br />
Für natürlich vorkommende Derivate des [[Glycerin]]s gilt für die Nummerierung der C-Atome nach IUPAC die [[sn-Nomenklatur]].<ref>[[IUPAC]]: [https://www.qmul.ac.uk/sbcs/iupac/lipid/lip1n2.html#112 ''Nomenclature of Lipids: Recommendations Lip-1 and Lip-2.'']</ref><br />
<br />
Bei kondensierten polycyclischen Systemen existieren ggf. verbindliche Nummerierungsschemata, die jeweils nachgeschlagen werden müssen (siehe z.&nbsp;B. [[Sterane|Steran-Grundgerüst]]).<br />
<br />
Die Positionsnummern werden [[Lokant]]en genannt.<br />
<br />
=== Mehrfach vorkommende Substituenten ===<br />
<br />
{{Anker|multiplizierende Vorsilben}}<br />
Für mehrfach vorkommende gleiche Gruppen werden die ''multiplizierenden Vorsilben'' '''di''', '''tri''', '''tetra''', '''penta''', '''hexa''', '''hepta''', … (siehe [[#Zahlenpräfixe in chemischen Namen|oben]]) verwendet:<br />
* ein [[Benzol]]ring mit drei Methylgruppen an den Positionen 1, 3 und 5 heißt [[Mesitylen|1,3,5-''Tri''methylbenzol]],<br />
* ein Methan mit vier Chloratomen heißt [[Tetrachlormethan|''Tetra''chlormethan]].<br />
* ein [[Ether]] mit zwei Ethylgruppen heißt [[Diethylether|''Di''ethylether]] usw.<br />
<br />
Falls die Verwendung von di, tri, tetra usw. missverständlich wäre, etwa bei identischen weitersubstituierten Seitenketten, muss man [[#Alternative Zahlenpräfixe|wie oben beschrieben]] die entsprechenden alternativen Vorsilben bis, tris, tetrakis usw. verwenden. Für direkt verknüpfte identische Einheiten sind die Vorsilben bi, ter, quater usw. in Verwendung.<br />
<br />
=== Beispiel ===<br />
Nach IUPAC-Nomenklatur muss zum Beispiel die Verbindung<br />
<br />
H<sub>2</sub>N–CH<sub>2</sub>–CH<sub>2</sub>–OH<br />
<br />
den Namen 2-Aminoethanol erhalten.<br />
<br />
Auf folgende Weise gelangt man zu diesem Namen:<br />
<br />
# Da die Kohlenstoffatome nur Einfachbindungen aufweisen, erhält die Wurzel als erste Endung „an“.<br />
# Die Grundkette enthält zwei Kohlenstoffatome; damit ergibt sich die Wurzel „eth“. (→ „ethan“).<br />
# Als funktionelle Gruppen sind enthalten eine Alkohol-(OH) und eine Aminogruppe (NH<sub>2</sub>). Die Alkoholgruppe hat die höhere Priorität und erhält Vorrang vor der Aminogruppe. Also wird „ol“ hinten angehängt. (→ „ethanol“).<br />
# Die Aminogruppe befindet sich nicht am selben Kohlenstoffatom wie die Alkoholgruppe (Atom Nr. 1), sondern an dem daneben (Nr. 2). Deshalb wird der Ort angegeben durch „2-Amino“.<br />
# Die Kombination von Vorsilbe, Wurzel und Endungen ergibt den Namen „2-Aminoethanol“.<br />
<br />
== Stereochemie ==<br />
=== Chirale Verbindungen ===<br />
Zur Unterscheidung von [[Chiralität (Chemie)|chiralen Verbindungen]] wird den verschiedenen Formen ein kursiv geschriebenes '''(''R'')-''' oder '''(''S'')-''' vorangestellt. Ihre Verwendung wird durch die [[Cahn-Ingold-Prelog-Konvention|Cahn-Ingold-Prelog-Regel (CIP-Regel)]] und ihre Nebenregeln festgelegt. Wenn eine chirale Verbindung als 1:1-Gemisch der Enantiomere vorliegt – also ein [[Racemat]] ist – wird die Bezeichnung '''(''RS'')-''' vorangestellt. Ist die Konfiguration '''(''R'')-''' ''oder'' '''(''S'')-''' unsicher oder unbekannt, kennzeichnet man dies durch ein '''(ξ)''' bzw. '''(Ξ)-''' (griechischer Buchstabe Xi).<br />
<br />
Bei [[Biochemie|biochemischen]] Substanzen wie [[Kohlenhydrate]]n und [[Aminosäure]]n wird auch noch häufig die [[Fischer-Nomenklatur]] verwendet, welche die Vorsilben '''<small>D</small>-''' und '''<small>L</small>-''' verwendet (wobei <small>D</small> und <small>L</small> als [[Kapitälchen]] geschrieben werden).<br />
<br />
Zur Unterscheidung des Drehsinns bei [[Optische Aktivität|optisch aktiven]] Verbindungen verwendet man ein '''(+)-''' oder '''(−)-''', wobei kein Zusammenhang zwischen der optischen Aktivität (Drehsinn) und der „Richtung“ Chiralität besteht.<br />
<br />
Es sei darauf hingewiesen, dass sich die unterschiedlichen Bezeichnungsweisen (''R'', ''S'' bzw. <small>D</small>, <small>L</small> und +, −) nach den verschiedenen Nomenklaturarten ''nicht'' von den jeweils anderen Bezeichnungen ableiten lassen. Zur systematischen Bezeichnung von Verbindungen mit mehreren [[Chiralitätszentrum|Chiralitätszentren]] eignen sich nur die CIP-Regeln, wobei die Fischer-Nomenklatur beispielsweise für Zucker wesentlich kompakter ist.<br />
<br />
=== ''cis''-''trans''-Isomere ===<br />
Bei der [[Cis-trans-Isomerie|''cis''-''trans''-Isomerie]] unterscheidet man bei der Nomenklatur zwischen Verbindungen, die nur zwei verschiedene Substituenten haben, und Verbindungen mit mehr als zwei. Erstere werden mit den kursiv geschriebenen Vorsilben '''''cis''-''' oder '''''trans''-''' gekennzeichnet. '''''cis''-'''Doppelbindungen werden meist – aber nicht durchgängig – nach IUPAC mit einem vorangestellten, kursiven (''Z'') („Zusammen“) und '''''trans''-'''Doppelbindungen mit einem (''E'') („Entgegengesetzt“) gekennzeichnet. Genau genommen stehen bei einem (''Z'')-Isomer jene zwei Substituenten an benachbarten Atomen einer Doppelbindung auf derselben Seite des Moleküls, die die höchste Priorität im [[Cahn-Ingold-Prelog-System]] haben, beim (''E'')-Isomer stehen die Substituenten mit der höchsten CIP-Priorität also auf entgegengesetzten Seiten des Moleküls.<br />
<br />
[[Datei:Cis-trans.png|250px|Cis-Trans-Unterschied]]<br />
<br />
Links ist das ''trans''-1,2-Dibromethen, rechts die ''cis''-Version dargestellt. Auch kann man hier die (''E'',''Z'')-Nomenklatur anwenden,<br />
* ''trans''-1,2-Dibromethen wird als (''E'')-1,2-Dibromethen,<br />
* ''cis''-1,2-Dibromethen als (''Z'')-1,2-Dibromethen<br />
bezeichnet.<br />
<br />
[[Datei:Cis-trans2.png|250px|Cis-Trans-Unterschied 2]]<br />
<br />
Auch hier am Ring sind die beiden Bromatome in ''trans''- (links) und ''cis''-Stellung („Zusammen“ auf einer Seite) dargestellt.<br />
<br />
[[Datei:Z-ethyldimethylethen.PNG|150px|Z-Darstellung]]<br />
<br />
Das ist ein (''Z'')-3-Methylpent-2-en, da die ranghöheren Substituenten (siehe [[Stereochemie]]) auf einer Seite liegen.<br />
<br />
=== Anomere ===<br />
Bei [[Kohlenhydrate]]n unterscheidet man [[Anomer]]e durch die kursiven Vorsilben [[Ständigkeit|'''''α''-''' bzw. '''''β''-''']].<br />
<br />
== Biochemie ==<br />
Für die Nomenklatur von [[Enzym]]en gibt es gemeinsame Richtlinien der IUPAC und der [[International Union of Biochemistry and Molecular Biology|IUBMB]] (International Union of Biochemistry and Molecular Biology). Nach dieser Nomenklatur enden Enzymnamen mit '''-ase''' und enthalten eine Information über die Funktion des Enzyms. Details [[Enzym#Nomenklatur und Klassifikation nach IUPAC und IUBMB|unter dem Stichwort Enzym]] und auf der Website der IUBMB.<br />
<br />
Außerdem wurde ein Codesystem (''siehe'' [[EC-Nummer]]n) entwickelt, in dem die Enzyme unter einem Zahlencode aus vier Ziffern zu finden sind.<br />
<br />
Für Nukleinsäuren gilt die [[Nukleinsäure-Nomenklatur]].<br />
<br />
== Bezeichnungsstandards außerhalb der IUPAC-Vorschriften ==<br />
Die alternative [[N-X-L-Nomenklatur]] dient der Bezeichnung hypervalenter Verbindungen. Für den praktischen Umgang mit chemischen Stoffen im Alltag gibt es zudem Normen, Nummernsysteme und Stoffdatenbanken unterschiedlicher Ausrichtung:<br />
* Die [[E-Nummer]]n bezeichnen in der Europäischen Union zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe.<br />
* Für Kunststoffe gibt es durch eine [[ISO-Norm]] festgelegte [[Kurzzeichen (Kunststoff)|Kurzzeichen]]. Sie werden in [[Recycling-Code]]s verwendet.<br />
* Die [[CAS-Nummer]]n sind eindeutige [[Identifikator]]en für chemische Stoffe und Gemische in Form von gruppierten Nummern. Stand April 2018 hat die CAS-Datenbank einen Bestand von rund 140 Millionen Einträgen.<ref name="cas-Chemical">{{Internetquelle |url=http://support.cas.org/content/chemical-substances |titel=Chemical Substances – CAS REGISTRY |werk=support.cas.org |abruf=2018-04-02}}</ref><br />
* Die international gültigen [[UN-Nummer]]n werden für [[Gefahrgut|Gefahrgüter]] verwendet. Sie werden einzelnen Substanzen oder Gruppen gleicher Gefahr zugeordnet und sind in der Logistikkette und für Rettungskräfte von Bedeutung.<br />
* Stoffe, die in der [[Europäische Union|EU]] gehandelt werden, haben [[EG-Nummer]]n. Diese sind eine wichtige Ordnungskategorie des Europäischen Chemikalienrechts ([[REACH]]-Verordnung).<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* IUPAC, Gerlinde Kruse (Hrsg.): ''Nomenklatur der Organischen Chemie – Eine Einführung.'' 1. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 1997, ISBN 3-527-29327-2.<br />
* Karl-Heinz Hellwich: ''Chemische Nomenklatur''. GOVI-Verlag, Eschborn 2002, ISBN 3-7741-0815-3.<br />
* D. Hellwinkel: ''Die systematische Nomenklatur der organischen Chemie. Eine Gebrauchsanweisung''. 5., korr., erw. u. erg. Auflage. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-26411-6.<br />
* Martin Negwer, Hans-Georg Scharnow: ''Organic chemical drugs and their synonymes'', Vol. 1, 1–4138, Wiley–VCH–Verlag, Weinheim 2007, ISBN 978-3-527-31939-8<br />
* Wolfgang Holland: ''Die Nomenklatur in der organischen Chemie''. VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1973, {{DNB|730400123}}.<br />
* Philipp Fresenius, Klaus Görlitzer: ''Organisch-chemische Nomenklatur: Grundlagen·Regeln·Beispiele.'' 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1998, ISBN 3-8047-1588-5.<br />
* Ursula Bünzli-Trepp: ''Nomenklatur der Organischen Chemie, Metallorganischen Chemie und Koordinationschemie.'' Logos Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-89722-682-0.<br />
* Wolfgang Liebscher: ''Handbuch zur Anwendung der Nomenklatur organisch-chemischer Verbindungen.'' Akademie-Verlag, Berlin 1979, {{DNB|790313952}}.<br />
* Wolfgang Liebscher, Ekkehard Fluck (Hrsg.): ''Die systematische Nomenklatur der anorganischen Chemie.'' Springer-Verlag, 2013 (E-Book), ISBN 978-3-642-58368-1, [[doi:10.1007/978-3-642-58368-1]], 388 Seiten.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Chemistry nomenclature|Nomenklatur}}<br />
* [https://www.qmul.ac.uk/sbcs/iupac/ IUPAC Recommendations on Organic & Biochemical Nomenclature, Symbols & Terminology etc. (englisch)]<br />
* [http://www.acdlabs.com/iupac/nomenclature/ IUPAC-Regeln zur Nomenklatur in der organischen Chemie (englisch)]<br />
* [https://www.qmul.ac.uk/sbcs/iupac/stereo/ IUPAC-Nomenklatur in der Stereochemie (englisch)]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references><br />
<ref name="IUPAC_2013_42"><br />
{{Internetquelle<br />
|autor=Henri A. Favre, Warren H. Powell<br />
|url=https://pubs.rsc.org/en/content/ebook/9780854041824<br />
|titel=Nomenclature of Organic Chemistry<br />
|werk=pubs.rsc.org<br />
|hrsg=RSC Publishing<br />
|datum=2013-12-17<br />
|seiten=42–43<br />
|abruf=2021-01-03<br />
|sprache=en}}<br />
</ref><br />
</references><br />
<br />
[[Kategorie:Chemische Nomenklatur|!]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Nomenklatur_(Chemie)&diff=250596509Nomenklatur (Chemie)2024-11-22T23:50:42Z<p>ToXiDoc!: /* Organische Chemie */</p>
<hr />
<div>Unter '''Nomenklatur''' versteht man in der [[Chemie]] die möglichst systematische und international möglichst einheitliche Namensgebung für [[Chemischer Stoff|chemische Stoffe]]. Dabei gilt heute als wichtig, dass ein Verbindungsname ''eindeutig'' ist und nur zu einer einzigen [[Strukturformel]] führt. Die Bezeichnung „[[Ethanol]]“ bezeichnet beispielsweise ''nur'' die Verbindung CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–OH und keine andere. Umgekehrt haben [[chemische Verbindung]]en aber keinen eindeutigen Namen, z.&nbsp;B. kann man die Verbindung CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–OH nach verschiedenen Nomenklatursystemen sowohl als „Ethanol“ als auch als „Ethylalkohol“ bezeichnen.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
[[Datei:Lavoisier Nomenclature01.gif|mini|Erste Seite von Lavoisiers ''Chymical Nomenclature'' in Englisch (1787).]]<br />
Bis ins 18. Jahrhundert war die Bezeichnung chemischer Stoffe sehr uneinheitlich. Einen wichtigen Schritt in Richtung Systematisierung stellte 1787 das Buch ''Méthode de nomenclature chimique'' von [[Louis Bernard Guyton de Morveau]], [[Antoine Laurent de Lavoisier]], [[Claude Louis Berthollet]] und [[Antoine François de Fourcroy]] dar. [[Jöns Jakob Berzelius]] führte um 1825 die chemische Zeichensprache mit Buchstaben für chemische Elemente ein. 1860 schlug ein Komitee unter Leitung von [[Friedrich August Kekulé]] ein internationales Bezeichnungssystem für organische Verbindungen vor. 1919 wurde die [[International Union of Pure and Applied Chemistry]] (IUPAC) gegründet. Seitdem betrachtet sie die Festlegung internationaler Standards für die chemische Nomenklatur als ihre Hauptaufgabe.<br />
<br />
== Die IUPAC-Nomenklatur ==<br />
Um die Bezeichnungsweisen für chemische Verbindungen zu vereinheitlichen, gibt es die als international verbindlich vereinbarten Richtlinien der [[International Union of Pure and Applied Chemistry|IUPAC]] (International Union of Pure and Applied Chemistry) und der [[International Union of Biochemistry and Molecular Biology|IUBMB]] (International Union of Biochemistry and Molecular Biology) sowie deren als Ausgleichskommission eingesetzte ''Joint Commission on Biochemical Nomenclature''. Diese regeln den englischen Sprachgebrauch. Die Bezeichnungen in anderen Sprachen werden von den nationalen Chemikerverbänden entsprechend übertragen. So ist im deutschsprachigen Raum der [[Deutscher Zentralausschuss für Chemie|Deutsche Zentralausschuss für Chemie]] unter Geschäftsführung der Gesellschaft Deutscher Chemiker ([[Gesellschaft Deutscher Chemiker|GDCh]]) im Einvernehmen mit den nationalen IUPAC-Mitgliedsgesellschaften der Schweiz und Österreich für die Umsetzung zuständig. Auch die IUPAC selbst verwendet in ihren Elementlisten viele englische Namen statt der den Elementkürzeln zugrunde liegenden (z.&nbsp;B. Potassium, Sodium, Tungsten, Mercury). Die Bedürfnisse verschiedener Sprachen und sogar des Englischen selbst werden von der IUPAC ausdrücklich anerkannt.<ref>[http://www.acdlabs.com/iupac/nomenclature/93/r93_39.htm IUPAC Nomenclature of Organic Chemistry, Introduction, R-0.1 Conventions].</ref> Besonders stringente Nomenklaturregelungen sind insbesondere für Index-Werke für chemische Stoffe wie [[Beilsteins Handbuch der Organischen Chemie]] und [[Chemical Abstracts]] bis vor kurzem notwendig gewesen, da deren System zur Auffindung von Einträgen bis zur Einführung elektronischer Recherche hauptsächlich danach erfolgte.<br />
<br />
Da die systematische Bezeichnung von chemischen Verbindungen nach diesen Regeln oft sehr kompliziert ist, wird von den Chemikern im Alltagsgebrauch bis hin zu wissenschaftlichen Publikationen weiterhin eine große Anzahl von traditionellen Namen oder neu geschaffenen, anerkannten Kurznamen verwendet. Die IUPAC unterscheidet zwischen [[Trivialnamen]], die keinen Bezug zur systematischen Nomenklatur haben (z.&nbsp;B. [[Wasser]], [[Harnstoff]], [[Glycerin]] oder [[Natriumsulfat|Glaubersalz]]), semisystematischen Namen oder Semitrivialnamen, die zumindest einen Teil eines systematischen Namens verwenden (z.&nbsp;B. Kohlendioxid statt Kohlen''stoff''dioxid oder Trityl für die Triphenylmethyl-Gruppe) und den bereits erwähnten systematischen Namen.<ref>[http://www.acdlabs.com/iupac/nomenclature/93/r93_108.htm IUPAC Nomenclature of Organic Chemistry, R-0.2.3 Names.]</ref><br />
Auch für die Erfindung neuer Trivialnamen, z.&nbsp;B. von neu entdeckten [[Naturstoffe]]n, gibt es IUPAC-konforme Regeln.<br />
<br />
Ferner herrschen bei den Elementnamen die nationalen Gewohnheiten vor und selbst der IUPAC-Namensstamm entspricht nicht durchgängig dem für die Formelkürzel maßgebenden Namen (Beispiel Hg = Hydrargyrum, dt. Quecksilber, IUPAC-Wurzel „mercur“ wie engl. mercury und lat. Mercurius).<br />
<br />
=== Elementnamen und -symbole ===<br />
{{Hauptartikel|Liste der chemischen Elemente}}<br />
Die '''Namen der [[Chemisches Element|chemischen Elemente]]''' werden von den Entdeckern festgelegt. Für unbekannte oder neue Elemente, die noch keinen Namen erhalten haben, gibt es [[systematische Elementnamen]], die sich von der [[Kernladungszahl]] ableiten. Eine systematische Anordnung der Elemente nach ihrer [[Elektronenkonfiguration]] bietet das [[Periodensystem]] der Elemente. Für einige Elemente existieren alte deutsche Bezeichnungen, die in mehreren Revisionen von der IUPAC an die im englischsprachigen Raum gebräuchlichen angepasst wurden. Dies betraf vor allem Elementnamen, in denen die Buchstaben ''k'' und ''z'' gegen ''c'' ausgetauscht wurden. Beispiele sind Kalzium – Calcium, Silizium – Silicium oder Kobalt – Cobalt. Aber auch einige andere Schreibweisen wie Jod zu Iod oder Wismut zu Bismut wurden geändert. Während in der Chemie überwiegend die neuen Bezeichnungen verwendet werden, werden in anderen Bereichen und im allgemeinen Sprachbereich vielfach noch die alten Namen genutzt.<br />
<br />
Für jedes Element existiert ein Kürzel aus ein bis drei Buchstaben '''([[Elementsymbol]])'''. Die Elementsymbole sind international gültig, sie werden also beispielsweise auch auf Japanisch durch lateinische Buchstaben wiedergegeben.<br />
<br />
Will man ein bestimmtes '''[[Isotop]]''' eines Elements bezeichnen, so stellt man dessen [[Massenzahl]] hochgestellt vor das Elementsymbol, zum Beispiel <sup>12</sup>C für das Kohlenstoff-12-Isotop, <sup>235</sup>U für Uran-235 etc. Die schweren Isotope des [[Wasserstoff]]s, <sup>2</sup>H ([[Deuterium]]) und <sup>3</sup>H ([[Tritium]]), besitzen mit '''D''' bzw. '''T''' auch ein eigenes Elementsymbol.<br />
<br />
Um Verbindungen von verschiedenen Elementen untereinander zu benennen, werden die Elementnamen teilweise abgewandelt und mit Nachsilben versehen. Dazu verwendet man den [[Liste der chemischen Elemente|Namensstamm]], welcher aus dem lateinischen bzw. griechischen Elementnamen abgeleitet ist. So wird beispielsweise der Sauerstoff in der Verbindung Aluminium''ox''id (Al<sub>2</sub>O<sub>3</sub>) durch seinen Namensstamm ''(ox)'' und die Endung ''-id'' angegeben.<br />
<br />
=== Zahlenpräfixe in chemischen Namen ===<br />
Falls eine Art von Atomen oder Atomgruppen in einem Molekül mehrfach vorkommt, wird die Anzahl durch ein entsprechendes Zahlenpräfix (Vorsilbe) angegeben, das von den griechischen Zahlwörtern abgeleitet ist und dem Namen des entsprechenden Atoms bzw. der entsprechenden Atomgruppe vorangestellt wird.<ref>''[http://www.acdlabs.com/iupac/nomenclature/93/r93_328.htm Table 11 Basic numerical terms (multiplying affixes).]'' IUPAC Nomenclature of Organic Chemistry, Recommendations 1993.</ref> Ausgenommen sind ''nona'' und ''undeca'', welche aus dem Lateinischen abgeleitet sind.<br />
{|<br />
|- style="vertical-align:top"<br />
|<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
!Anzahl !!Vorsilbe (Präfix)<br />
|-<br />
|1 ||mono oder hen<br />
|-<br />
|2 ||di oder do<br />
|-<br />
|3 ||tri<br />
|-<br />
|4 ||tetra<br />
|-<br />
|5 ||penta<br />
|-<br />
|6 ||hexa<br />
|-<br />
|7 ||hepta<br />
|-<br />
|8 ||octa<br />
|-<br />
|9 ||nona<br />
|-<br />
|10 || deca<br />
|-<br />
|11 || undeca<br />
|-<br />
|12 || dodeca<br />
|-<br />
|13 || trideca<br />
|-<br />
|14 || tetradeca<br />
|-<br />
|… ||<br />
|}<br />
|<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
!Anzahl !! Vorsilbe (Präfix)<br />
|-<br />
|20 || icosa<br />
|-<br />
|21 || henicosa<br />
|-<br />
|22 || docosa<br />
|-<br />
|23 || tricosa<br />
|-<br />
|… ||<br />
|-<br />
|30 || triaconta<br />
|-<br />
|31 || hentriaconta<br />
|-<br />
|…<br />
|-<br />
|40 || tetraconta<br />
|-<br />
|50 || pentaconta<br />
|-<br />
|60 || hexaconta<br />
|-<br />
|70 || heptaconta<br />
|-<br />
|80 || octaconta<br />
|-<br />
|90 || nonaconta<br />
|-<br />
|}<br />
|<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
!Anzahl !! Vorsilbe (Präfix)<br />
|-<br />
|100 || hecta<br />
|-<br />
|101 || henhecta<br />
|-<br />
|200 || dicta<br />
|-<br />
|222 || docosadicta<br />
|-<br />
|300 || tricta<br />
|-<br />
|362 || dohexacontatricta<br />
|-<br />
|400 || tetracta<br />
|-<br />
|500 || pentacta<br />
|-<br />
|600 || hexacta<br />
|-<br />
|700 || heptacta<br />
|-<br />
|800 || octacta<br />
|-<br />
|900 || nonacta<br />
|-<br />
|1000 || kilia<br />
|-<br />
|2000 || dilia<br />
|-<br />
|3000 || trilia<br />
|-<br />
|}<br />
|}<br />
Die Präfixe ''mono'' und ''di'' werden nur für Eins und Zwei verwendet. In Verbindung mit anderen Zahlwörtern (21, 101 etc.) werden ''hen'' und ''do'' verwendet. Die Bildung des kompletten Zahlwortes erfolgt dabei ''von hinten nach vorne''.<br />
{| class="wikitable" style="text-align:center"<br />
!Do-!! -nonaconta- !! -tetracta- !! -kilia<br />
|-<br />
|2 || 90 || 400 || 1000<br />
|-<br />
|colspan="4" | 1492 = Dononacontatetractakilia<br />
|}<br />
<br />
Beispiele:<br />
* P<sub>4</sub>S<sub>7</sub> [[Tetraphosphorheptasulfid|''Tetra''phosphor''hepta''sulfid]]<br />
* SO<sub>3</sub> Schwefel''tri''oxid<br />
* CH<sub>2</sub>Cl<sub>2</sub> ''Di''chlormethan<br />
<br />
==== Weglassen von Zahlenpräfixen ====<br />
Bei Metallverbindungen nennt man nur die [[Wertigkeit (Chemie)|Wertigkeit]] bzw. [[Oxidationszahl]], die das Metall in dieser Verbindung ([[Ionenbindung]]) besitzt: z.&nbsp;B.: CrO<sub>3</sub> Chrom(VI)-oxid, gelesen Chrom-''sechs''-oxid, anstatt Chromtrioxid ([[Alfred Stock#Erfindungen (Auswahl)|Stocksche Nomenklatur]]). Die Wertigkeit bzw. Oxidationszahl wird dabei mit römischen Zahlen angegeben.<br />
Falls der Name einer Verbindung dadurch eindeutig bleibt, kann man die Wertigkeit auch weglassen. So gibt es z.&nbsp;B. nur ein einziges Oxid des Aluminiums, nämlich Al<sub>2</sub>O<sub>3</sub>, weshalb man statt Aluminium(III)-oxid auch einfach Aluminiumoxid schreiben kann.<br />
<br />
Sehr oft wird die Vorsilbe ''mono-'' weggelassen, z.&nbsp;B. NaCl = Natriumchlorid und nicht Natrium''mono''chlorid.<br />
<br />
==== Alternative Zahlenpräfixe ====<br />
Falls '''mehrere identische Gruppen''' vorhanden sind, bei denen die Verwendung der obigen Vorsilben missverständlich wäre, werden die folgenden aus dem griechischen hergeleiteten Präfixe verwendet. Ab Vier wird das einfache Zahlenpräfix zusammen mit der endung ''-kis'' verwendet.<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
!Anzahl<br />
!Vorsilbe (Präfix)<br />
|-<br />
|1 ||hen<br />
|-<br />
|2 ||bis<br />
|-<br />
|3 ||tris<br />
|-<br />
|4 ||tetrakis<br />
|-<br />
|5 ||pentakis<br />
|-<br />
|6 ||hexakis<br />
|-<br />
|… ||<br />
|-<br />
| 21 || henikosakis<br />
|}<br />
<br />
Beispiele:<br />
* Ca<sub>5</sub>F(PO<sub>4</sub>)<sub>3</sub> Pentacalciumfluoridtrisphosphat – Durch Verwendung der Vorsilbe ''tris'' ist sofort klar, dass es sich nicht um die [[Triphosphat]]gruppe [P<sub>3</sub>O<sub>10</sub>]<sup>5−</sup> handelt, sondern um drei Phosphatgruppen [PO<sub>4</sub>]<sup>3−</sup>.<br />
* 5,6-Bis(1,1-dimethylpropyl)undecan – die Verwendung der Vorsilbe ''bis'' zeigt sofort, dass es sich hier um zwei identische 1,1-Dimethylpropyl-Substituenten handelt.<br />
<br />
Für die '''direkte Verknüpfung von identischen Einheiten''' verwendet man die folgenden Vorsilben, welche von den lateinischen Zahlwörtern abgeleitet sind:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
!Anzahl<br />
!Vorsilbe (Präfix)<br />
|-<br />
|2 ||bi<br />
|-<br />
|3 ||ter<br />
|-<br />
|4 ||quater<br />
|-<br />
|5 ||quinque<br />
|-<br />
|6 ||sexi<br />
|-<br />
|7 ||septi<br />
|-<br />
|usw. ||<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
Beispiel:<br />
* C<sub>6</sub>H<sub>5</sub>–C<sub>6</sub>H<sub>5</sub> heißt [[Biphenyl|''Bi''phenyl]] (und nicht Diphenyl oder Bisphenyl).<br />
<br />
== Anorganische Chemie ==<br />
{{Hauptartikel|Nomenklatur (Anorganische Chemie)}}<br />
=== Formeln von anorganischen Verbindungen ===<br />
Beim Schreiben von Formeln von [[Chemische Verbindung|chemischen Verbindungen]] folgt man im Wesentlichen der [[Elektronegativität]]sskala der chemischen Elemente. Man beginnt immer mit dem elektropositiveren Verbindungspartner, deshalb schreibt man etwa AgCl, Al<sub>2</sub>O<sub>3</sub>, PCl<sub>5</sub> und nicht umgekehrt. Eine Ausnahme von dieser Regel sind die Wasserstoffverbindungen.<br />
<br />
=== Wasserstoffverbindungen ===<br />
Wasserstoffatome schreibt man in den Formeln ''an letzter Stelle'' (NH<sub>3</sub>, SiH<sub>4</sub> etc.). Handelt es sich jedoch um [[Säure|aciden]] Wasserstoff (d.&nbsp;h. die Verbindung reagiert in wässriger Lösung sauer), so schreibt man den Wasserstoff ''am Anfang der Formel'' (HF, HCl, HBr, HI, H<sub>2</sub>O, H<sub>2</sub>O<sub>2</sub>, H<sub>2</sub>S, H<sub>2</sub>Se, H<sub>2</sub>Te). Bei der Benennung dieser Verbindungen wird beispielsweise neben dem Namen „Hydrogenfluorid“ für HF oder „Hydrogenchlorid“ für HCl auch der insbesondere im Labor wesentlich gebräuchlichere Name [[Fluorwasserstoff]] bzw. [[Chlorwasserstoff]] verwendet. Letztere sind aufgrund der eindeutigeren Bezeichnung insgesamt zu bevorzugen, da es sich bei diesen Verbindungen nicht um Salze mit den entsprechenden Anionen handelt, sondern aufgrund der hohen [[Elektronegativität]]szahlen nur um stark partiell geladene [[Dipolmolekül|Dipolverbindungen]], in denen eine stark polare [[kovalente Bindung]] (Atombindung) vorliegt. Außerdem ist aufgrund der Eindeutigkeit bei der Benennung zu beachten, dass beispielsweise unter „Hydrogenfluorid“ Salze des Typs MHF bzw. MF×HF (mit M = einwertiges Metall) verstanden werden, somit ist Fluorwasserstoff bevorzugt zu verwenden. Auch bei anorganischen Oxosäuren schreibt man den Wasserstoff am Anfang der Formel, obwohl er eigentlich am Sauerstoff gebunden ist, also für Schwefelsäure zum Beispiel H<sub>2</sub>SO<sub>4</sub> statt SO<sub>2</sub>(OH)<sub>2</sub>.<br />
<br />
<!-- ==== Legierungen ====<br />
--><br />
=== Radikale ===<br />
Zur Benennung des Radikals wird dem Stammnamen die Endung -yl angehängt. Dies gilt sowohl in der organischen wie auch in der anorganischen Chemie.<br />
<br />
Beispiele:<br />
HO<sup>•</sup>: Hydroxyl (Stamm: Hydrox-), <sup>•</sup>CH<sub>3</sub>: Methyl (Stamm: Meth-) und R–O<sup>•</sup>: Oxyl (z.&nbsp;B. [[2,2,6,6-Tetramethylpiperidinyloxyl]])<br />
<br />
Einige Radikale haben, besonders bei den Sauerstoffverbindungen, spezielle Namen.<br />
<!-- === Mehrbasige Säuren === --><br />
<!-- === Salzhydrate ===<br />
==== Einteilung nach der Oxidationsstufe des Zentralatoms ====<br />
==== Einteilung nach der Struktur ==== --><br />
<br />
== Organische Chemie ==<br />
Die Empfehlungen der IUPAC für die Benennung organischer Verbindungen werden im sogenannten ''Blue Book'' publiziert.<ref>{{Literatur |Autor=Henri A. Favre, Warren H. Powell |Titel=Nomenclature of Organic Chemistry |Datum=2013-12-17 |ISBN=978-0-85404-182-4 |DOI=10.1039/9781849733069 |Online=[https://iupac.qmul.ac.uk/BlueBook/ Volltext]}}</ref><br />
<br />
Für die Benennung von organischen Verbindungen nach dem IUPAC-System geht man üblicherweise von einem '''Stammsystem''' (auch Stammverbindung, Stammhydrid) aus, das unter Umständen weitere '''[[Substituent]]en''' (Reste) trägt. Ein Substituent ist dabei ein Atom oder eine Atomkombination, welche ein Wasserstoffatom des Stammsystems ersetzt (substituiert). Für die Benennung der Verbindung wird der Name des Stammsystems unverändert übernommen und die Namen der substituierenden Gruppen werden dem Stammsystem in abgewandelter Form angefügt ([[substitutive Nomenklatur]]).<br />
<br />
Als Ergänzung zum Stammsystem wird bei entsprechenden Verbindungen ein [[Deskriptor (Chemie)|Deskriptor]] genanntes Präfix vor dem systematischen Substanznamen ergänzt [z.&nbsp;B. ''cis''-, ''trans''-, (''E'')-, (''Z'')-, ''o''-, ''m''-, ''p''-, ''n''-, ''iso''-, ''neo''-, ''cyclo''-, ''sec''-, ''tert''-, <small>D</small>-, <small>L</small>-, ''meso''-, (±)-, (+)-, (−)-, (''RS'')-, (''R'')-, (''S'')-], das u.&nbsp;a. die [[Konfiguration (Chemie)|Konfiguration]] oder die [[Stereochemie]] des Moleküls beschreibt. Häufig werden Deskriptoren in Kombination mit [[Lokant]]en (z.&nbsp;B. ''O''-, ''N''-, ''S''-, α-, β-, [3.3]) zur genauen Beschreibung bestimmter Positionen von Atomen oder Bindungen verwendet, um eine chemische Struktur eindeutig zu benennen.<br />
<br />
=== Klammerungen ===<br />
Um eindeutige Formeln und Namen zu erhalten, werden in der Nomenklatur Namensteile und spezielle Angaben in Klammern gesetzt. Drei Arten von Klammern werden verwendet: runde ( ), eckige <nowiki>[ ]</nowiki> und geschweifte <nowiki>{ }</nowiki>.<ref name="LiebscherFluck_55">{{Literatur |Autor=Wolfgang Liebscher, Ekkehard Fluck |Titel=Die systematische Nomenklatur der anorganischen Chemie |Verlag=Springer-Verlag |Datum=2013 |ISBN=978-3-642-58368-1 |Seiten=55 |Online={{Google Buch |BuchID=i3ceBgAAQBAJ |Seite=55}}}}</ref> Die Verwendung von eckigen Klammern ist in der Anorganischen und Organischen Chemie allerdings unterschiedlich. Mehrfach vorkommende Einheiten werden in runde Klammern gesetzt, mit Ausnahme von [[Koordinationschemie|Koordinationseinheiten]], welche immer in eckigen Klammern stehen. Im Namen organischer Verbindungen werden von innen nach außen runde, eckige und geschweifte Klammern gesetzt: <nowiki>{[( )]}</nowiki>, <nowiki>{[({[( )]})]}</nowiki> usw.<ref name="acdlabs.com">acdlabs.com: [http://www.acdlabs.com/iupac/nomenclature/93/r93_61.htm R-0.1.5 Enclosing marks], abgerufen am 11. Juni 2017.</ref><ref name="G. J. Leigh">{{Literatur |Autor=G. J. Leigh |Titel=Principles of Chemical Nomenclature A Guide to IUPAC Recommendations |Verlag=Royal Society of Chemistry |Datum=2011 |ISBN=978-1-84973-007-5 |Seiten=55 |Online={{Google Buch |BuchID=qRlB5jeDZPkC |Seite=55}}}}</ref> In Formeln wird die abweichende Reihenfolge <nowiki>[], [( )], [{( )}], [({( )})], [{({( )})}]</nowiki> verwendet.<ref name="iupac">IUPAC: {{Webarchiv |url=https://www.iupac.org/fileadmin/user_upload/publications/recommendations/CompleteDraft.pdf |text=nomenclature of organic compounds |wayback=20170328195736}}</ref><br />
<br />
Bei unvollständig isotop substituierten Verbindungen werden die Positionsziffern und Nuklidsymbole in runde Klammern gesetzt, zum Beispiel bei Dichlor(<sup>2</sup>H<sub>2</sub>)methan. Bei spezifischen, unselektiven, selektiv markierten, isotop defizitären oder angereicherten Verbindungen werden die Nuklidsymbole mit Multiplikationssubskripten in eckige Klammern gesetzt, zum Beispiel bei [<sup>13</sup>C,<sup>2</sup>H<sub>2</sub>]Methan, [''def''<sup>13</sup>C]Chloroform, [<sup>12</sup>C]Chloroform.<ref name="LiebscherFluck_55" /><br />
<br />
Bei polycyclischen Kohlenwasserstoffen werden die Verschmelzungspositionen von Teilstrukturen in eckigen Klammern dazwischengeschoben, zum Beispiel bei [[Benzo(a)anthracen|Benzo[''a'']anthracen]].<ref name="LiebscherFluck_55" /><br />
<br />
Bei verbrückten polycyclischen Kohlenwasserstoffen im [[Von-Baeyer-System]] wird nach dem Begriff cyclo die Anzahl der C-Atome der beiden Zweige des Hauptringes, der Hauptbrücke und eventuell vorhandener Sekundärbrücken in absteigender Reihenfolge in eckigen Klammern angegeben, zum Beispiel [[Decalin|Bicyclo[4.4.0]decan]]. Bei ungesättigten Brücken werden die Lokanten der Mehrfachbindungen in eckigen Klammern innerhalb des Brückenterms angegeben.<ref name="LiebscherFluck_55" /><br />
<br />
Bei Spiro-Kohlenwasserstoffen folgen dem Term Spiro die Summen der an das Spiroatom gebundenen C-Atome in eckigen Klammern, zum Beispiel Spiro[2.4]heptan. Muss man, um überhaupt eine Spiroverknüpfung realisieren zu können, erst eine formale (Di)-Hydrierung durchführen, wird der zusätzliche indizierte Wasserstoff direkt hinter der die Spiroverknüpfung betreffenden Ziffer in runde Klammern gesetzt.<ref name="LiebscherFluck_55" /><br />
<br />
Bei Oligosacchariden mit freier Halbacetal-Gruppe werden die Verknüpfungslokanten in runden Klammern zwischen die einzelnen Komponentennamen gesetzt, zum Beispiel β-<small>D</small>-Galactopyranosyl-(1→4)-α-<small>D</small>-glucopyranose.<ref name="LiebscherFluck_55" /><br />
<br />
=== Leerzeichen und Bindestriche ===<br />
An allen Stellen, wo im Englischen '''Leerzeichen''' zwischen den Worten eines Namens verwendet werden, stehen im Deutschen in der organischen Chemie Bindestriche<ref name="LiebscherFluck_54">{{Literatur |Autor=Wolfgang Liebscher, Ekkehard Fluck |Titel=Die systematische Nomenklatur der anorganischen Chemie |Verlag=Springer-Verlag |Datum=1998 |ISBN=978-3-540-63097-5 |Seiten=54 |Online={{Google Buch |BuchID=i3ceBgAAQBAJ |Seite=54}}}}</ref> oder das Leerzeichen entfällt. Die Verwendung von Bindestrichen ist dabei zuweilen etwas willkürlich. Wenn es der Klarheit dient, sollte man hier etwas großzügig sein.<ref name="Dieter Hellwinkel">{{Literatur |Autor=[[Dieter Hellwinkel]] |Titel=Die systematische Nomenklatur der organischen Chemie – Eine Gebrauchsanweisung |Verlag=Springer-Verlag |Datum=2013 |ISBN=978-3-662-06684-3 |Seiten=3 |Online={{Google Buch |BuchID=dxqyBgAAQBAJ |Seite=3}}}}</ref><br />
<br />
'''Bindestriche''' werden in FORMELN und in NAMEN verwendet:<ref name="LiebscherFluck_63">{{Literatur |Autor=Wolfgang Liebscher, Ekkehard Fluck |Titel=Die systematische Nomenklatur der anorganischen Chemie |Verlag=Springer-Verlag |Datum=1998 |ISBN=978-3-540-63097-5 |Seiten=63–66 |Online={{Google Buch |BuchID=i3ceBgAAQBAJ |Seite=63}}}}</ref><br />
* Um Lokanten von Worten oder Morphemen des Namens zu trennen. Beispiel: [[But-2-en]]<br />
* Um einen Stereodeskriptor von einem Namen zu trennen. Beispiel: (''E'')-But-2-en<br />
* Um Symbole wie µ vom Rest der Formel oder des Namens zu trennen.<br />
* Um Strukturdeskriptoren wie ''cyclo'', ''catena'', ''triangulo'', ''quadro'', ''tetrahedro'', ''octahedro'', ''closo'', ''nido'', ''arachno'', ''cis'' und ''trans'' sowie z.&nbsp;B. Λ und α vom Rest der Formel oder des Namens zu trennen. In den Bezeichnungen von Aggregaten oder Clustern werden Lokanten in gleicher Weise getrennt.<br />
* Um das Symbol des markierenden Nuklids von seinem Lokanten in der Formel einer selektiv-markierten Verbindung zu trennen.<br />
* Um zu verschiedenen Namensteilen gehörende, zusammenstehende Lokanten zu trennen. Klammern sollten jedoch bevorzugt werden.<br />
* Um den Namen eines Brückenliganden vom Rest des Namens zu trennen.<br />
<br />
Nach Klammern erscheint ein Bindestrich nur dann, wenn der schließenden Klammer ein Lokant folgt, z.&nbsp;B. 3-(Bromcarbonyl)-4-(chlorcarbonyl)-2-methyl-benzoesäure. Zahlwörter (z.&nbsp;B. Tetra) werden ohne Bindestrich mit den Namen verknüpft.<ref name="Gerlinde Kruse 3-85">{{Literatur |Autor=Gerlinde Kruse |Titel=Nomenklatur der Organischen Chemie: Eine Einführung |Verlag=Wiley-VCH |Datum=1997 |ISBN=3-527-29327-2 |Seiten=3,85}}</ref><br />
<br />
=== Doppelpunkt und Semikolon ===<br />
Doppelpunkte trennen zusammenhängende Sätze von Lokanten. Falls eine stärkere Trennung erforderlich ist, werden Semikolons verwendet.<ref name="qmul.ac.uk">Blue Book chapter P-2: [https://iupac.qmul.ac.uk/BlueBook/P2.html#25030703 Blue Book chapter P-2], abgerufen am 23. Oktober 2023.</ref><br />
<br />
Beispiele:<br />
* 1,2:5,6-Di-''O''-isopropyliden-α-<small>D</small>-glucofuranose<br />
* [[1,2,3,4-Diepoxybutan|1,2:3,4-Diepoxybutan]]<br />
* Benzo[1′′,2′′:3,4;4′′,5′′:3′,4′]dicyclobuta[1,2-''b'':1′,2′-''c''′]difuran<ref>{{Literatur |Autor=Wolfgang Liebscher, Ekkehard Fluck |Titel=Die systematische Nomenklatur der anorganischen Chemie |Verlag=Springer-Verlag |Ort= |Datum=2013 |ISBN=978-3-642-58368-1 |Seiten=61 |Online= {{ Google Buch | BuchID = i3ceBgAAQBAJ | Seite = 61 }} }}</ref><br />
<br />
=== Komma und Punkt ===<br />
Kommas trennen Lokanten, die zum selben Teil eines Namens gehören (d.&nbsp;h. Lokanten einer Reihe), sowie Buchstaben oder Buchstabenkombinationen, die die [[Anellierung]]sstellen anellierter Ringsysteme bezeichnen.<ref name="Gerlinde Kruse 2">{{Literatur| Autor=Gerlinde Kruse | Titel=Nomenklatur der Organischen Chemie | Verlag=Wiley | Datum=1997 | ISBN=978-3-527-29327-8 | Seiten=2 | Online={{Google Buch | BuchID=TYFQmwEACAAJ | Seite=2 }} }}</ref><br />
<br />
Beispiele:<br />
* [[1,2-Dichlorethan]]<br />
* [[Dibenzo(a,j)anthracen|Dibenzo[''a'',''j'']anthracen]]<br />
* ''N'',''N''-Diethyl-2-furamid<br />
<br />
Punkte trennen numerische Indikatoren der Ringgröße in Namen, die nach dem von-Baeyer-System gebildet wurden, und in einigen Spiro-Namen.<ref name="Gerlinde Kruse 2" /><br />
<br />
Beispiele:<br />
* [[Bicyclo(3.3.0)octan|Bicyclo[3.3.0]octan]]<br />
* [[1,6-Dioxaspiro(4.4)nonan-2,7-dion|1,6-Dioxaspiro[4.4]nonan-2,7-dion]]<br />
<br />
=== Stammsysteme ===<br />
==== Lineare Ketten ====<br />
Die einfachsten Stammsysteme sind [[Acyclische Verbindungen|lineare Ketten]] aus Kohlenstoffatomen, bei denen alle übrigen Bindungen mit Wasserstoffatomen gesättigt sind. Solche [[Gesättigte Verbindungen|gesättigte]] Kohlenwasserstoffe nennt man [[Alkane]], sie erhalten die Endung '''-an'''. Für die vier kleinsten Alkane werden die Namen Methan, Ethan, Propan und Butan beibehalten, für die übrigen Alkane ergibt sich der genaue Name der Verbindung nach der folgenden Tabelle aus der ''Anzahl der Kohlenstoffatome''. Man kombiniert das Zahlwort der ersten Dekade mit den Zahlwörtern für die folgenden Dekaden. Am Ende folgt ein n, sodass man die Alkan-typische Endung ''-an'' erhält.<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|-<br />
|1<br />
|Hen<br />
|<br />
|10<br />
|Deca<br />
|<br />
|100<br />
|Hecta<br />
|<br />
|1000<br />
|Kilia<br />
|-<br />
|2<br />
|Do<br />
|<br />
|20<br />
|Cosa<br />
|<br />
|200<br />
|Dicta<br />
|<br />
|2000<br />
|Dilia<br />
|-<br />
|3<br />
|Tri<br />
|<br />
|30<br />
|Triaconta<br />
|<br />
|300<br />
|Tricta<br />
|<br />
|3000<br />
|Trilia<br />
|-<br />
|4<br />
|Tetra<br />
|<br />
|40<br />
|Tetraconta<br />
|<br />
|400<br />
|Tetracta<br />
|<br />
|4000<br />
|Tetralia<br />
|-<br />
|5<br />
|Penta<br />
|<br />
|50<br />
|Pentaconta<br />
|<br />
|500<br />
|Pentacta<br />
|<br />
|5000<br />
|Pentalia<br />
|-<br />
|6<br />
|Hexa<br />
|<br />
|60<br />
|Hexaconta<br />
|<br />
|600<br />
|Hexacta<br />
|<br />
|6000<br />
|Hexalia<br />
|-<br />
|7<br />
|Hepta<br />
|<br />
|70<br />
|Heptaconta<br />
|<br />
|700<br />
|Heptacta<br />
|<br />
|7000<br />
|Heptalia<br />
|-<br />
|8<br />
|Octa<br />
|<br />
|80<br />
|Octaconta<br />
|<br />
|800<br />
|Octacta<br />
|<br />
|8000<br />
|Octalia<br />
|-<br />
|9<br />
|Nona<br />
|<br />
|90<br />
|Nonaconta<br />
|<br />
|900<br />
|Nonacta<br />
|<br />
|9000<br />
|Nonalia<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
Beispiele:<br />
<br />
* C<sub>32</sub>H<sub>66</sub> = Dotriacontan (Do + Triaconta + n)<br />
* C<sub>99</sub>H<sub>200</sub> = Nonanonacontan (Nona + Nonaconta + n)<br />
* C<sub>403</sub>H<sub>808</sub> = Tritetractan (Tri + Tetracta + n)<br />
* C<sub>4728</sub>H<sub>9458</sub> = Octacosaheptactatetralian (Octa + Cosa + Heptacta + Tetralia + n)<br />
* C<sub>9999</sub>H<sub>20000</sub> = Nonanonacontanonactanonalian (Nona + Nonaconta + Nonacta + nonalia + n)<br />
Ausnahmen von der Benennung nach der obigen Tabelle gibt es bei:<br />
{| class="wikitable"<br />
|-<br />
!Anzahl der C-Atome<br />
!Verbindung<br />
!Name<br />
|-<br />
|1 ||CH<sub>4</sub> ||Methan<br />
|-<br />
|2 ||C<sub>2</sub>H<sub>6</sub> ||Ethan<br />
|-<br />
|3 ||C<sub>3</sub>H<sub>8</sub> ||Propan<br />
|-<br />
|4 ||C<sub>4</sub>H<sub>10</sub> ||Butan<br />
|-<br />
|11 ||C<sub>11</sub>H<sub>24</sub> ||Undecan<br />
|-<br />
|20 ||C<sub>20</sub>H<sub>42</sub> ||Icosan<br />
|-<br />
|21 ||C<sub>21</sub>H<sub>44</sub> ||Henicosan<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
Falls eine [[Doppelbindung]] in der Verbindung vorhanden ist, spricht man von [[Alkene]]n und verwendet statt der Endung ''-an'' die Endung '''-en'''. Die Position der Doppelbindung wird durch eine Nummer angegeben siehe unten bei ''[[#Nummerierung|Nummerierung]]'', z.&nbsp;B.<br />
* CH<sub>2</sub>=CH–CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub> heißt [[Butene|But-1-''en'']] (früher 1-But''en''),<br />
* CH<sub>3</sub>–CH=CH–CH<sub>3</sub> heißt But-2-''en''.<br />
<br />
Bei Ketten, die eine [[Dreifachbindung]] enthalten (= [[Alkine]]n), wird die Endung '''-in''' verwendet, z.&nbsp;B.<br />
* CH≡C–CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub> heißt [[1-Butin|But-1-''in'']] (früher 1-But''in''),<br />
* CH<sub>2</sub>=CH–CH<sub>2</sub>–C≡C–CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub> heißt Hept-''1-en''-''4-in''.<br />
<br />
Falls mehrere Doppel- oder Dreifachbindungen vorkommen, verwendet man die multiplizierenden Vorsilben '''di''', '''tri''', '''tetra''', '''penta''', '''hexa''', '''hepta''', …<br />
* CH<sub>2</sub>=CH–CH=CH<sub>2</sub> heißt also [[1,3-Butadien|Buta-''1,3-dien'']],<br />
* CH≡C–C≡C–C≡C–CH<sub>3</sub> heißt Hepta-''1,3,5-triin.''<br />
<br />
===== Bestimmung der Hauptkette bei verzweigten acyclischen Kohlenwasserstoffen =====<br />
Die Hauptkette (Stammsystem) ist jene Kette, welche<br />
# die größte Zahl an [[Mehrfachbindung]]en enthält<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (1): die größere Zahl von C-Atomen enthält<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (2): die größere Zahl von Doppelbindungen enthält<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (3): den niedrigsten [[Lokant]]ensatz für die Mehrfachbindungen hat.<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (4): den niedrigsten Lokantensatz für die Doppelbindungen hat.<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (5): die größere Zahl von Substituenten hat.<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (6): den niedrigsten Lokantensatz für die Substituenten hat.<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (7): den alphabetisch geordnet ersten Substituenten hat.<br />
# bei Mehrdeutigkeit von (8): den niedrigsten Lokanten für den alphabetisch ersten Substituenten hat.<br />
<br />
Hinweis zum ''Lokantensatz'': Ein Lokantensatz ist die Aufzählung der Lokanten wie z.&nbsp;B. 2,4 im 2,4-Dimethyl-heptan. Der „niedrigste Lokantensatz“ ''bedeutet nun nicht'' die kleinste Summe der Lokanten, vielmehr vergleicht man die Lokanten der Reihe nach. Der kleinste Lokantensatz ist der, der an der ersten unterscheidbaren Stelle den kleineren Lokanten aufweist.<br />
<br />
==== Cyclische Systeme ohne Heteroatome ====<br />
{{Siehe auch|Heteroatom}}<br />
Bei cyclischen Systemen ist im Allgemeinen ein Cyclus das Stammsystem.<br />
<br />
===== Monocyclische Systeme =====<br />
Falls es sich um eine [[Cyclische Verbindungen|monocyclische Verbindung]] handelt, erfolgt die Benennung wie bei linearen Ketten, und zusätzlich wird die Vorsilbe '''Cyclo-''' vorangestellt, also z.&nbsp;B. [[Cyclohexan|''Cyclo''hexan]]. Für [[Benzol]] wird der Trivialname beibehalten. Monocyclische Verbindungen mit mehr als sechs C-Atomen, die die maximale Anzahl nichtkumulierter Doppelbindungen aufweisen, können als (n)-[[Annulen]]e bezeichnet werden (n = Anzahl der C-Atome).<br />
<br />
''Hetero''cyclische Systeme dagegen werden bevorzugt nach dem [[Hantzsch-Widman-System]] bezeichnet.<br />
<br />
===== Kondensierte polycyclische Systeme =====<br />
Bei ''kondensierten [[Polycyclen|polycyclischen]] Kohlenwasserstoffen'' (d.&nbsp;h. die einzelnen Ringe sind jeweils über genau eine gemeinsame Bindung verknüpft) ist jene Komponente das Basissystem, welche<br />
* die meisten Ringe aufweist<br />
* den größten Ring aufweist<br />
Dabei werden folgende Polycyclen als eigene Systeme aufgefasst (in ansteigender Priorität, in Klammern die Anzahl der Ringe): [[Pentalen]] (2), [[Inden (chemische Verbindung)|Inden]] (2), [[Naphthalin]] (2), [[Azulen]] (2), [[Heptalen]] (2), [[Biphenylen]] (3), as-[[Indacen]] (3), s-Indacen (3), [[Acenaphthylen]] (3), [[Fluoren]] (3), [[Phenalen]] (3), [[Phenanthren]] (3), [[Anthracen]] (3), [[Fluoranthen]] (4), [[Acephenanthrylen]] (4), [[Aceanthrylen]] (4), [[Triphenylen]] (4), [[Pyren]] (4), [[Chrysen]] (4), [[Naphthacen]] (4), [[Pleiaden (Chemie)|Pleiaden]] (4), [[Picen]] (5), [[Perylen]] (5), [[Pentaphen]] (5), [[Pentacen]] (5), [[Tetraphenylen]] (5), [[Hexaphen]] (6), [[Hexacen]] (6), [[Rubicen]] (7), [[Coronen]] (7), [[Trinaphthylen]] (7), [[Heptaphen]] (7), [[Heptacen]] (7), [[Pyranthren]] (8), [[Ovalen]] (10).<br />
<br />
Alle übrigen Ringe werden als Vorsilben vorangestellt, wobei die Endsilbe ''-en'' in '''-eno''' umgewandelt wird (z.&nbsp;B. ''Benzo''cycloocten). Die Art der Verknüpfung wird durch Zahlen und Buchstaben angegeben, was aber hier nicht näher erläutert werden soll.<br />
<br />
Zur Benennung von gesättigten oder teilweise gesättigten Derivaten der oben angeführten Polycyclen gibt es die Möglichkeit, beim Wegfallen einer Doppelbindung die beiden zusätzlichen Wasserstoffatome durch die Positionsnummern und die Vorsilbe '''dihydro-''' anzuzeigen. Analog gibt es '''tetrahydro-''', '''hexahydro-''' usw. Vollständig gesättigte Systeme erhalten die Vorsilbe '''perhydro-'''. Einzelne Wasserstoffatome werden durch das sogenannte '''indizierte H''' angegeben, welches in kursiver Schrift vorangestellt wird (z.&nbsp;B. 4''H''-Pyrazol).<br />
<br />
[[Cyclophan]]e können nach den gleichen Regeln benannt werden, obwohl es für diese auch eine eigene Nomenklatur gibt.<br />
<br />
===== Verbrückte polycyclische Systeme =====<br />
Bei ''[[Polycyclen|verbrückten polycyclischen Kohlenwasserstoffen]]'' (d.&nbsp;h. die einzelnen Ringe sind jeweils über mehr als eine gemeinsame Bindung verknüpft) wird das [[Von-Baeyer-System]] verwendet.<br />
<br />
===== Spiroverbindungen =====<br />
In [[Spiroverbindung]]en sind die Ringe über ein gemeinsames Atom verbunden.<br /><br />
Nomenklatur: ''Substituenten''-spiro[''Anzahl Atome im kleineren Ring'' '''.''' ''Anzahl Atome im größeren Ring'']'''Stammname''' (Ringgröße wird ohne Spiro-Atom angegeben). Beispiel: 1-Brom-3-chlor-spiro[4.5]decan-7-ol.<br />
<br />
===== Kompliziertere Systeme =====<br />
Die Entscheidung, was nun als Stammsystem betrachtet wird, ist bei komplizierteren Verbindungen nicht mehr ganz einfach.<br />
<br />
==== Heterocyclen ====<br />
Sofern keine Trivialnamen vorliegen, benennt man monocyclische [[Heterocyclen]] mit bis zu 10 Ringgliedern meist nach dem [[Hantzsch-Widman-System]].<br />
<br />
Bei kondensierten Polycyclen haben Heterocyclen Vorrang gegenüber Carbocyclen (= Ringen, die nur aus Kohlenstoffatomen bestehen). Auch für Heterocyclen gibt es dabei Systeme mit Trivialnamen, welche als eigene Stammsysteme aufgefasst werden (ohne Reihung und unvollständig):<br />
* O-haltige Verbindungen: [[Furan]], [[Xanthen]], …<br />
* N-haltige Verbindungen: [[Pyrrol]], [[Imidazol]], [[Pyrazol]], …<br />
<br />
Ansonsten folgt die Benennung von Heterocyclen weitgehend den oben angeführten Regeln für cyclische Systeme ohne Heteroatome. Die Art und Position der Heteroatome wird dann mit Hilfe der [[Ersetzungsnomenklatur]] („a“-Nomenklatur) angegeben.<br />
<br />
Viele Einzelverbindungen und Stoffgruppen enthalten die Endung '''[[-idin]]''' (z.&nbsp;B. [[Pyrrolidin]] und [[Anisidine|Anisidin]]). Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um aromatische Verbindungen, die Stickstoff enthalten. Die Namensgebung folgt jedoch keiner durchgehenden Systematik.<br />
<br />
=== Substituenten (Reste) ===<br />
Ein Substituent kann z.&nbsp;B. eine [[funktionelle Gruppe]] sein, oder wiederum ein (kleineres) Stammsystem, etwa eine [[Seitenkette]]. Die Bezeichnungen für Substituenten werden dem Namen des Stammsystems als Vorsilben (Präfixe) oder Endungen (Suffixe) angefügt. Die genaue Position des Substituenten wird durch Ziffern präzisiert (siehe unten bei ''[[#Nummerierung|Nummerierung]]'').<br />
<br />
Falls es mehrere Substituenten als Präfixe gibt, werden diese in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet, [[#multiplizierende Vorsilben|multiplizierende Vorsilben]] ändern die Reihenfolge nicht, Bsp. Di<u>b</u>rom- vor <u>C</u>hlor- (Regel: P-14.5.1). Es gilt dabei immer der erste Buchstabe des Substituenten, Bsp. <u>D</u>imethylamino (Regel P-14.5.2)<ref name="IUPAC_2013_42" /><br />
<br />
==== Stammsysteme als Substituenten ====<br />
Falls es sich beim Rest wiederum um ein Stammsystem handelt, zum Beispiel eine Seitenkette oder einen Ring, so wird an dessen Namen die Silbe '''-yl''' angehängt und das Ergebnis als Vorsilbe (Präfix) vorangestellt. Die Benennung von Seitenketten erfolgt nach den gleichen Regeln wie für die Grundkette, bis auf folgende Ausnahmen:<br />
* bei Alkanen wird die Endung ''-an'' weggelassen<br />
* die Nummerierung der Seitenkette startet immer bei der Verknüpfung mit der Hauptkette<br />
<br />
Beispiele:<br />
* [[Methylgruppe|Methyl]]: –CH<sub>3</sub><br />
* [[Ethylgruppe|Ethyl]]: –CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub><br />
* [[Ethinylgruppe|Ethinyl]]: –C≡CH<br />
* [[Allylgruppe|Prop-2-enyl]] (Allyl): –CH<sub>2</sub>–CH=CH<sub>2</sub><br />
* Cyclohexyl: –C<sub>6</sub>H<sub>11</sub><br />
Die Namen der Element-Wasserstoff-Gruppen werden analog aus der Stammverbindung gebildet:<br />
* Germyl: -GeH<sub>3</sub><br />
* Silyl: -SiH<sub>3</sub><br />
* Trimethylsilyl: -Si(CH<sub>3</sub>)<sub>3</sub><br />
<br />
Wenn man beispielsweise an die Verbindung [[Propan]] (CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub>) in der Mitte noch einen Methanbaustein anhängt, heißt die entstehende Verbindung CH<sub>3</sub>–CH(''CH<sub>3</sub>'')–CH<sub>3</sub> dann ''2-Methyl''propan. Die Verbindung CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–CH(''CH<sub>3</sub>'')–CH<sub>2</sub>–CH(''CH<sub>2</sub>CH<sub>3</sub>'')–CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub> heißt ''3-Ethyl''-''5-methyl''heptan.<br />
<br />
Seitenketten mit Doppelverbindung zur Grundkette erhalten die Endung '''-ylen''' ([[Methylengruppe|Methylen]]: =CH<sub>2</sub>), bei einer Dreifachverbindung '''-ylidin''' <!-- kommt wohl nicht als Bindung an Kohlenstoffatom vor, das Beispiel im Artikel würde wohl -Ethinyl genannt! --> ([[Methingruppe|Methylidin]]: ≡CH).<br />
<br />
==== Funktionelle Gruppen ====<br />
Die ranghöchste [[funktionelle Gruppe]] wird als Endung (Suffix) hinten angestellt, übrige funktionelle Gruppen als Vorsilben (Präfixe) vorangestellt:<br />
<br />
* CH<sub>3</sub>–CH(''OH'')–CH<sub>3</sub> heißt Propan-2-''ol''<br />
* CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–CH<sub>2</sub>–C(''OOH'') heißt Butan''säure''<br />
* CH<sub>3</sub>–CH(''OH'')–CH<sub>2</sub>–CH(''NH<sub>2</sub>'')–CH<sub>2</sub>–CH<sub>3</sub> hat zwei funktionelle Gruppen. Der Alkohol hat höhere Priorität, deshalb heißt die Verbindung ''4-Amino''-2-hexan''ol''.<br />
<br />
Für die Bezeichnungen einzelner funktioneller Gruppen und ihre Rangfolge siehe das Stichwort [[Funktionelle Gruppe]].<br />
<br />
==== Trivialnamen ====<br />
Für manche Substituenten gibt es Trivialnamen, welche z.&nbsp;T. auch verbindlich sind, wie z.&nbsp;B.:<br />
* Phenyl: –C<sub>6</sub>H<sub>5</sub><br />
* Benzyl: –CH<sub>2</sub>–C<sub>6</sub>H<sub>5</sub><br />
* Isopropyl: –CH–(CH<sub>3</sub>)<sub>2</sub><br />
* Vinyl: –CH=CH<sub>2</sub><br />
* u.&nbsp;v.&nbsp;m.<br />
<br />
=== Nummerierung ===<br />
Die Nummerierung des Stammsystems erfolgt so, dass die erhaltenen Nummern möglichst klein sind. CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–CH<sub>2</sub>–CH(CH<sub>3</sub>)–CH<sub>3</sub> heißt also [[2-Methylpentan]] und nicht 4-Methylpentan.<br />
<br />
Dabei gilt, wie im Fall der Bestimmung der Hauptkette, dass nicht die Summe der Positionsnummern möglichst klein sein muss, sondern dass die erste unterscheidbare Stelle den kleinsten Wert annimmt. CH<sub>3</sub>–CH<sub>2</sub>–CH(CH<sub>3</sub>)–CH(CH<sub>3</sub>)–CH<sub>2</sub>–CH<sub>2</sub>–CH<sub>2</sub>–CH<sub>2</sub>–CH(CH<sub>3</sub>)–CH<sub>3</sub> heißt daher 2,7,8-Trimethyldecan und nicht 3,4,9-Trimethyldecan. Dies gilt auch, wenn Positionsnummern mehrfach vorkommen wie zum Beispiel bei ClCH<sub>2</sub>–CF<sub>3</sub> ([[2-Chlor-1,1,1-trifluorethan]] statt 1-Chlor-2,2,2-trifluorethan).<br />
<br />
Falls es nur eine mögliche Kombination gibt, können die Nummern weggelassen werden (z.&nbsp;B. 2-Methylpropan = [[Methylpropan]], da es kein anderes Methylpropan gibt).<br />
<br />
Falls Seitenketten nummeriert werden müssen, ist die Verbindungsstelle zur Hauptkette immer die Position 1.<br />
<br />
Für natürlich vorkommende Derivate des [[Glycerin]]s gilt für die Nummerierung der C-Atome nach IUPAC die [[sn-Nomenklatur]].<ref>[[IUPAC]]: [https://www.qmul.ac.uk/sbcs/iupac/lipid/lip1n2.html#112 ''Nomenclature of Lipids: Recommendations Lip-1 and Lip-2.'']</ref><br />
<br />
Bei kondensierten polycyclischen Systemen existieren ggf. verbindliche Nummerierungsschemata, die jeweils nachgeschlagen werden müssen (siehe z.&nbsp;B. [[Sterane|Steran-Grundgerüst]]).<br />
<br />
Die Positionsnummern werden [[Lokant]]en genannt.<br />
<br />
=== Mehrfach vorkommende Substituenten ===<br />
<br />
{{Anker|multiplizierende Vorsilben}}<br />
Für mehrfach vorkommende gleiche Gruppen werden die ''multiplizierenden Vorsilben'' '''di''', '''tri''', '''tetra''', '''penta''', '''hexa''', '''hepta''', … (siehe [[#Zahlenpräfixe in chemischen Namen|oben]]) verwendet:<br />
* ein [[Benzol]]ring mit drei Methylgruppen an den Positionen 1, 3 und 5 heißt [[Mesitylen|1,3,5-''Tri''methylbenzol]],<br />
* ein Methan mit vier Chloratomen heißt [[Tetrachlormethan|''Tetra''chlormethan]].<br />
* ein [[Ether]] mit zwei Ethylgruppen heißt [[Diethylether|''Di''ethylether]] usw.<br />
<br />
Falls die Verwendung von di, tri, tetra usw. missverständlich wäre, etwa bei identischen weitersubstituierten Seitenketten, muss man [[#Alternative Zahlenpräfixe|wie oben beschrieben]] die entsprechenden alternativen Vorsilben bis, tris, tetrakis usw. verwenden. Für direkt verknüpfte identische Einheiten sind die Vorsilben bi, ter, quater usw. in Verwendung.<br />
<br />
=== Beispiel ===<br />
Nach IUPAC-Nomenklatur muss zum Beispiel die Verbindung<br />
<br />
H<sub>2</sub>N–CH<sub>2</sub>–CH<sub>2</sub>–OH<br />
<br />
den Namen 2-Aminoethanol erhalten.<br />
<br />
Auf folgende Weise gelangt man zu diesem Namen:<br />
<br />
# Da die Kohlenstoffatome nur Einfachbindungen aufweisen, erhält die Wurzel als erste Endung „an“.<br />
# Die Grundkette enthält zwei Kohlenstoffatome; damit ergibt sich die Wurzel „eth“. (→ „ethan“).<br />
# Als funktionelle Gruppen sind enthalten eine Alkohol-(OH) und eine Aminogruppe (NH<sub>2</sub>). Die Alkoholgruppe hat die höhere Priorität und erhält Vorrang vor der Aminogruppe. Also wird „ol“ hinten angehängt. (→ „ethanol“).<br />
# Die Aminogruppe befindet sich nicht am selben Kohlenstoffatom wie die Alkoholgruppe (Atom Nr. 1), sondern an dem daneben (Nr. 2). Deshalb wird der Ort angegeben durch „2-Amino“.<br />
# Die Kombination von Vorsilbe, Wurzel und Endungen ergibt den Namen „2-Aminoethanol“.<br />
<br />
== Stereochemie ==<br />
=== Chirale Verbindungen ===<br />
Zur Unterscheidung von [[Chiralität (Chemie)|chiralen Verbindungen]] wird den verschiedenen Formen ein kursiv geschriebenes '''(''R'')-''' oder '''(''S'')-''' vorangestellt. Ihre Verwendung wird durch die [[Cahn-Ingold-Prelog-Konvention|Cahn-Ingold-Prelog-Regel (CIP-Regel)]] und ihre Nebenregeln festgelegt. Wenn eine chirale Verbindung als 1:1-Gemisch der Enantiomere vorliegt – also ein [[Racemat]] ist – wird die Bezeichnung '''(''RS'')-''' vorangestellt. Ist die Konfiguration '''(''R'')-''' ''oder'' '''(''S'')-''' unsicher oder unbekannt, kennzeichnet man dies durch ein '''(ξ)''' bzw. '''(Ξ)-''' (griechischer Buchstabe Xi).<br />
<br />
Bei [[Biochemie|biochemischen]] Substanzen wie [[Kohlenhydrate]]n und [[Aminosäure]]n wird auch noch häufig die [[Fischer-Nomenklatur]] verwendet, welche die Vorsilben '''<small>D</small>-''' und '''<small>L</small>-''' verwendet (wobei <small>D</small> und <small>L</small> als [[Kapitälchen]] geschrieben werden).<br />
<br />
Zur Unterscheidung des Drehsinns bei [[Optische Aktivität|optisch aktiven]] Verbindungen verwendet man ein '''(+)-''' oder '''(−)-''', wobei kein Zusammenhang zwischen der optischen Aktivität (Drehsinn) und der „Richtung“ Chiralität besteht.<br />
<br />
Es sei darauf hingewiesen, dass sich die unterschiedlichen Bezeichnungsweisen (''R'', ''S'' bzw. <small>D</small>, <small>L</small> und +, −) nach den verschiedenen Nomenklaturarten ''nicht'' von den jeweils anderen Bezeichnungen ableiten lassen. Zur systematischen Bezeichnung von Verbindungen mit mehreren [[Chiralitätszentrum|Chiralitätszentren]] eignen sich nur die CIP-Regeln, wobei die Fischer-Nomenklatur beispielsweise für Zucker wesentlich kompakter ist.<br />
<br />
=== ''cis''-''trans''-Isomere ===<br />
Bei der [[Cis-trans-Isomerie|''cis''-''trans''-Isomerie]] unterscheidet man bei der Nomenklatur zwischen Verbindungen, die nur zwei verschiedene Substituenten haben, und Verbindungen mit mehr als zwei. Erstere werden mit den kursiv geschriebenen Vorsilben '''''cis''-''' oder '''''trans''-''' gekennzeichnet. '''''cis''-'''Doppelbindungen werden meist – aber nicht durchgängig – nach IUPAC mit einem vorangestellten, kursiven (''Z'') („Zusammen“) und '''''trans''-'''Doppelbindungen mit einem (''E'') („Entgegengesetzt“) gekennzeichnet. Genau genommen stehen bei einem (''Z'')-Isomer jene zwei Substituenten an benachbarten Atomen einer Doppelbindung auf derselben Seite des Moleküls, die die höchste Priorität im [[Cahn-Ingold-Prelog-System]] haben, beim (''E'')-Isomer stehen die Substituenten mit der höchsten CIP-Priorität also auf entgegengesetzten Seiten des Moleküls.<br />
<br />
[[Datei:Cis-trans.png|250px|Cis-Trans-Unterschied]]<br />
<br />
Links ist das ''trans''-1,2-Dibromethen, rechts die ''cis''-Version dargestellt. Auch kann man hier die (''E'',''Z'')-Nomenklatur anwenden,<br />
* ''trans''-1,2-Dibromethen wird als (''E'')-1,2-Dibromethen,<br />
* ''cis''-1,2-Dibromethen als (''Z'')-1,2-Dibromethen<br />
bezeichnet.<br />
<br />
[[Datei:Cis-trans2.png|250px|Cis-Trans-Unterschied 2]]<br />
<br />
Auch hier am Ring sind die beiden Bromatome in ''trans''- (links) und ''cis''-Stellung („Zusammen“ auf einer Seite) dargestellt.<br />
<br />
[[Datei:Z-ethyldimethylethen.PNG|150px|Z-Darstellung]]<br />
<br />
Das ist ein (''Z'')-3-Methylpent-2-en, da die ranghöheren Substituenten (siehe [[Stereochemie]]) auf einer Seite liegen.<br />
<br />
=== Anomere ===<br />
Bei [[Kohlenhydrate]]n unterscheidet man [[Anomer]]e durch die kursiven Vorsilben [[Ständigkeit|'''''α''-''' bzw. '''''β''-''']].<br />
<br />
== Biochemie ==<br />
Für die Nomenklatur von [[Enzym]]en gibt es gemeinsame Richtlinien der IUPAC und der [[International Union of Biochemistry and Molecular Biology|IUBMB]] (International Union of Biochemistry and Molecular Biology). Nach dieser Nomenklatur enden Enzymnamen mit '''-ase''' und enthalten eine Information über die Funktion des Enzyms. Details [[Enzym#Nomenklatur und Klassifikation nach IUPAC und IUBMB|unter dem Stichwort Enzym]] und auf der Website der IUBMB.<br />
<br />
Außerdem wurde ein Codesystem (''siehe'' [[EC-Nummer]]n) entwickelt, in dem die Enzyme unter einem Zahlencode aus vier Ziffern zu finden sind.<br />
<br />
Für Nukleinsäuren gilt die [[Nukleinsäure-Nomenklatur]].<br />
<br />
== Bezeichnungsstandards außerhalb der IUPAC-Vorschriften ==<br />
Die alternative [[N-X-L-Nomenklatur]] dient der Bezeichnung hypervalenter Verbindungen. Für den praktischen Umgang mit chemischen Stoffen im Alltag gibt es zudem Normen, Nummernsysteme und Stoffdatenbanken unterschiedlicher Ausrichtung:<br />
* Die [[E-Nummer]]n bezeichnen in der Europäischen Union zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe.<br />
* Für Kunststoffe gibt es durch eine [[ISO-Norm]] festgelegte [[Kurzzeichen (Kunststoff)|Kurzzeichen]]. Sie werden in [[Recycling-Code]]s verwendet.<br />
* Die [[CAS-Nummer]]n sind eindeutige [[Identifikator]]en für chemische Stoffe und Gemische in Form von gruppierten Nummern. Stand April 2018 hat die CAS-Datenbank einen Bestand von rund 140 Millionen Einträgen.<ref name="cas-Chemical">{{Internetquelle |url=http://support.cas.org/content/chemical-substances |titel=Chemical Substances – CAS REGISTRY |werk=support.cas.org |abruf=2018-04-02}}</ref><br />
* Die international gültigen [[UN-Nummer]]n werden für [[Gefahrgut|Gefahrgüter]] verwendet. Sie werden einzelnen Substanzen oder Gruppen gleicher Gefahr zugeordnet und sind in der Logistikkette und für Rettungskräfte von Bedeutung.<br />
* Stoffe, die in der [[Europäische Union|EU]] gehandelt werden, haben [[EG-Nummer]]n. Diese sind eine wichtige Ordnungskategorie des Europäischen Chemikalienrechts ([[REACH]]-Verordnung).<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* IUPAC, Gerlinde Kruse (Hrsg.): ''Nomenklatur der Organischen Chemie – Eine Einführung.'' 1. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 1997, ISBN 3-527-29327-2.<br />
* Karl-Heinz Hellwich: ''Chemische Nomenklatur''. GOVI-Verlag, Eschborn 2002, ISBN 3-7741-0815-3.<br />
* D. Hellwinkel: ''Die systematische Nomenklatur der organischen Chemie. Eine Gebrauchsanweisung''. 5., korr., erw. u. erg. Auflage. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-26411-6.<br />
* Martin Negwer, Hans-Georg Scharnow: ''Organic chemical drugs and their synonymes'', Vol. 1, 1–4138, Wiley–VCH–Verlag, Weinheim 2007, ISBN 978-3-527-31939-8<br />
* Wolfgang Holland: ''Die Nomenklatur in der organischen Chemie''. VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1973, {{DNB|730400123}}.<br />
* Philipp Fresenius, Klaus Görlitzer: ''Organisch-chemische Nomenklatur: Grundlagen·Regeln·Beispiele.'' 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1998, ISBN 3-8047-1588-5.<br />
* Ursula Bünzli-Trepp: ''Nomenklatur der Organischen Chemie, Metallorganischen Chemie und Koordinationschemie.'' Logos Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-89722-682-0.<br />
* Wolfgang Liebscher: ''Handbuch zur Anwendung der Nomenklatur organisch-chemischer Verbindungen.'' Akademie-Verlag, Berlin 1979, {{DNB|790313952}}.<br />
* Wolfgang Liebscher, Ekkehard Fluck (Hrsg.): ''Die systematische Nomenklatur der anorganischen Chemie.'' Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-58368-1, [[doi:10.1007/978-3-642-58368-1]], 388 Seiten.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Chemistry nomenclature|Nomenklatur}}<br />
* [https://www.qmul.ac.uk/sbcs/iupac/ IUPAC Recommendations on Organic & Biochemical Nomenclature, Symbols & Terminology etc. (englisch)]<br />
* [http://www.acdlabs.com/iupac/nomenclature/ IUPAC-Regeln zur Nomenklatur in der organischen Chemie (englisch)]<br />
* [https://www.qmul.ac.uk/sbcs/iupac/stereo/ IUPAC-Nomenklatur in der Stereochemie (englisch)]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references><br />
<ref name="IUPAC_2013_42"><br />
{{Internetquelle<br />
|autor=Henri A. Favre, Warren H. Powell<br />
|url=https://pubs.rsc.org/en/content/ebook/9780854041824<br />
|titel=Nomenclature of Organic Chemistry<br />
|werk=pubs.rsc.org<br />
|hrsg=RSC Publishing<br />
|datum=2013-12-17<br />
|seiten=42–43<br />
|abruf=2021-01-03<br />
|sprache=en}}<br />
</ref><br />
</references><br />
<br />
[[Kategorie:Chemische Nomenklatur|!]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Global_harmonisiertes_System_zur_Einstufung_und_Kennzeichnung_von_Chemikalien&diff=250102696Global harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien2024-11-06T17:11:24Z<p>ToXiDoc!: /* Änderungen gegenüber der bisherigen Gefahrstoffkennzeichnung */</p>
<hr />
<div>Das '''global harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien''' ('''GHS''', {{enS|Globally Harmonized System of Classification, Labelling and Packaging of Chemicals}}) der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] ist ein weltweit einheitliches System zur Einstufung von [[Chemikalie]]n sowie deren Kennzeichnung auf Verpackungen und in [[Sicherheitsdatenblatt|Sicherheitsdatenblättern]]. Es wird alle zwei Jahre aktualisiert,<ref>{{Internetquelle |url=https://unece.org/about-ghs |titel=About the GHS |hrsg=UNECE |abruf=2021-11-19}}</ref> so dass bei jedem Bezug auf das GHS der aktuelle Stand zu Rate gezogen werden muss.<br />
<br />
Auf der Basis dieses Kennzeichnungssystems wurde nach intensiver Vorbereitung für Europa eine eigene, leicht abgeänderte Umsetzung der UN-Modellvorschriften erarbeitet: Die [[Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP)|Verordnung (EG) Nr. 1272/2008]],<ref>Urfassung der {{EU-Verordnung|2008|1272|titel=vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen …|abruf=2015-08-29}}. In: ABl. L&nbsp;353 vom 31.&nbsp;Dezember 2008, S.&nbsp;1, 1.355 Seiten; aktuelle konsolidierte Fassung mit allen bisherigen Änderungen, siehe unter ''Literatur''.</ref> auch '''CLP'''-Verordnung genannt, trat am 20. Januar 2009 in Kraft und übernahm die Stofflisten zur Einstufung und Kennzeichnung nach der [[Richtlinie 67/548/EWG]]. Seit dem 1.&nbsp;Dezember 2010 konnten [[Chemischer Stoff#Definitionen des Gesetzgebers|Stoffe]] nach CLP-Verordnung eingestuft und gekennzeichnet werden. Seit dem 1.&nbsp;Dezember 2012 ist dies für Stoffe obligatorisch. Restbestände mit Kennzeichnung nach Richtlinie 67/548/EWG durften bis 1. Dezember 2012 abverkauft werden. [[Gemisch#Begriffe in der Gesetzgebung|Gemische]], bislang „Zubereitungen“ genannt, durften ebenfalls seit dem 1.&nbsp;Dezember 2010 nach dem neuen System eingestuft und gekennzeichnet werden, müssen dies aber erst seit dem 1.&nbsp;Juni 2015.<ref>[[Bundesamt für Gesundheit|BAG]]: ''[http://www.cheminfo.ch/fileadmin/cheminfo/dokumente/de/GHS_Chemische_Produkte_nach_GHS_richtig_kennzeichnen_DE.pdf Chemische Produkte nach GHS richtig kennzeichnen] (PDF; 1,7&nbsp;MB)''. April 2012, S. 2.</ref> Gemische, die noch nach [[Richtlinie 1999/45/EG (Zubereitungsrichtlinie)|Richtlinie 1999/45/EG]] gekennzeichnet waren, durften noch bis zum 1. Juni 2017 abverkauft werden.<br />
<br />
== Grundlagen ==<br />
Durch eine global gültige Einstufungsmethode mit einheitlichen ''Gefahren-[[Piktogramm]]en'' und Texten sollen die Gefahren für die menschliche Gesundheit und die Umwelt bei Herstellung, Transport und Verwendung von [[Chemikalie]]n bzw. [[Gefahrstoff]]en weltweit minimiert werden.<br />
<br />
Die bisher in der [[EU]] geltenden Kennzeichnungsmethoden für Gefahrstoffe werden ersetzt; im GHS treten an die Stelle der<br />
* [[Gefahrensymbole]] mit ihren Gefahrenbezeichnungen die ''Gefahrenpiktogramme''; gegebenenfalls mit einem gemeinsamen ''Signalwort'' („Achtung“ oder „Gefahr“),<br />
* [[R- und S-Sätze|R-Sätze]] die ''H-Sätze (Hazard Statements)'' sowie zusätzliche ''EUH-Sätze (besondere Gefährdungen)'',<br />
* [[R- und S-Sätze|S-Sätze]] die ''P-Sätze (Precautionary Statements)'',<br />
Die Texte sind mit dreistelligen Nummern [[kodiert]]. Die Buchstaben stehen für die Art des Hinweises und bei den H- und P-Sätzen geben nach Art der Gefährdung beziehungsweise Typ der Sicherheitsmaßnahme die ersten Stellen der Zahl eine Gruppierung.<br />
: Siehe ''[[H- und P-Sätze]]'' mit der vollständigen Liste.<br />
<br />
=== Änderungen gegenüber der bisherigen Gefahrstoffkennzeichnung ===<br />
Bei den Gefahrenpiktogrammen werden teilweise die im Anhang&nbsp;II der [[Richtlinie 67/548/EWG]]<ref>[http://www.reach-clp-helpdesk.de/de/Downloads/CLP-Kompendium/RL_67_548_EWG_Anhang_II.pdf?__blob=publicationFile&v=2 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Anhang II der Richtlinie 67/548/EWG] (pdf).</ref> verwendeten ''[[Gefahrensymbol]]e'' genutzt. Alle bisherigen Symbole wurden grafisch abgeändert und heben sich durch die rot umrandete Raute mit weißem Hintergrund von den bisherigen quadratischen Symbolen mit orangem Hintergrund ab. Neu hinzugekommen sind der „Gaszylinder“ für komprimierte Substanzen, das „[[Dickes Ausrufezeichensymbol|dicke Ausrufezeichensymbol]]“ und das Symbol für die [[Gesundheitsgefahr]] für Gefahren für die Gesundheit, außer Toxizität ''(giftig)'' und Augen- und Hautreizung ''(Ätzwirkung)''. Das „[[Andreaskreuz]]“ (Symbol mit dem Kennbuchstaben Xn oder Xi) wird nicht mehr verwendet und durch die Gefahrenpiktogramme „Ätzwirkung“, „Gesundheitsgefahr“ oder „dickes Ausrufezeichensymbol“ ersetzt.<ref>[[#Literatur|Lit.]] UBA Leitfaden, 2.2 ''Kennzeichnung'' S.&nbsp;19.</ref><br />
<br />
Da es sich beim GHS um ein zum bisherigen EU-Recht unterschiedliches Konzept<ref>{{Internetquelle |url=http://home.hetnet.nl/~MSDS.SAFETYDOCS/downloads/eughscomparisonclassifications.pdf |titel=<br />
Comparison between EU and GHS Criteria Human Health and EnvironmentS |hrsg=DG ENTR G1 REACH |datum=2005-06-08 |format=PDF |sprache=en |archiv-url=https://web.archive.org/web/20060621041110/http://home.hetnet.nl/~MSDS.SAFETYDOCS/downloads/eughscomparisonclassifications.pdf |archiv-datum=2006-06-21 |kommentar=Vergleich der Konzepte EU/GH; Entwurf: {{" |Text=The comparison is based on the GHS ST/SG/AC.10/30, 2003 as amended by ST/SG/AC.10/32/Add.3, 9 March 2005 |Sprache=en}} |offline=1 |abruf=2009-04-10}}</ref> handelt, ist eine Einbindung in bestehende Systeme oder direkte Übertragung nicht möglich. Die Stoffe werden zum Teil auch nach anderen Regeln gekennzeichnet; so unterliegt z.&nbsp;B. die Einstufung als „giftig“ anderen Kriterien als im bisherigen EU-Recht.<br />
<br />
== Struktur des GHS ==<br />
Die Art der Gefahr wird durch die Gefahrenklassen wiedergegeben. Die Abstufung der Gefahr innerhalb einer Gefahrenklasse erfolgt durch die Unterteilung in Gefahrenkategorien (''hazard category''). So werden beispielsweise entzündbare Flüssigkeiten in Abhängigkeit vom [[Flammpunkt]] in drei Gefahrenkategorien unterteilt. Für jede Gefahrenklasse samt Kategorie, die auf einen Stoff zutrifft, werden ihm ein oder mehrere ''Gefahrenhinweise'' (H-Sätze, ''{{lang|en|Hazard Statements}}'') zugeordnet, die ein bestimmtes Gefahrenpiktogramm und gegebenenfalls auch ein Signalwort – entweder [[Gefahr#Signalwort Gefahr|Gefahr]] (''danger'') oder [[Warnung#Signalwort Achtung|Achtung]] (''warning'') – zur Folge haben sowie eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen (P-Sätze, ''{{lang|en|Precautionary Statements}}'').<br />
<br />
=== Übersicht: EU-Gefahrensymbole, UN/GHS-Gefahrenpiktogramme, UN/ADR-Gefahrensymbole ===<br />
{{Anker|Gefahrenpiktogramm}}{{Anker|Signalwort}}<br />
{{Hauptartikel|Gefahrenklasse}}<br />
<br />
{| class="wikitable" style="text-align:center;"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
<!--! colspan=8 | CLP-Verordnung --><br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! colspan="3"| EU-Kennzeichnung (veraltet)<br /> (Richtlinie 67/548/EWG)<br />
! colspan="5"| GHS-Kennzeichnung / CLP-Verordnung<br />
! [[UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods|UN&nbsp;Rec.Tr.]]&nbsp;/ [[Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße|ADR]]{{FN|(G)}}<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
!Gefahren&shy;symbol<br />
! Gefah&shy;ren&shy;bezeichnung<br />
! Kenn&shy;buch&shy;stabe<br />
! Pikto&shy;gramm<br />
! Beschrei&shy;bung<br />
! Kodie&shy;rung<br />
! Signal&shy;wort<ref>Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 ''Begriffsbestimmungen'' 4., siehe Lit. UBA Leitfaden, S. 20.</ref><br />
! Gefahren&shy;klasse{{FN|(G)}}<br />
! [[Gefahrgutklasse|Gefahr&shy;gut&shy;klasse]]{{FN|(G)}}<br />
|-<br />
| [[Datei:Hazard E.svg|48px]]<br />
| [[Explosionsgefährlich|Explo&shy;sions&shy;gefähr&shy;lich]]<br />
| E<br />
| [[Datei:GHS-pictogram-explos.svg|48px]]<br />
| style="text-align:left;" | Explodierende [[Bombe]]<br />
| GHS01<br />
| style="text-align:left;" | [[Gefahr]]{{FN|(1)}}{{FN|(2)}}<br />
| style="text-align:left;" | Instabile [[Explosion|explosive]] Stoffe, Gemische und Erzeugnisse mit Explosiv&shy;stoff(en), [[selbstzersetzlich]]e Stoffe und Gemische, [[Peroxide#Organische Peroxide|Organische Peroxide]]{{FN|(1)}}{{FN|(3)}}<br />
| style="padding-left:1em; text-align:left;"| [[Datei:Dangclass1.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;1<br />[[Datei:Placard 5.2.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;5.2<br />
|-<br />
| {{Anker|GHS02}}[[Datei:Hazard F.svg|48px]]<br />
| [[Hochentzündlich|Hoch&shy;ent&shy;zünd&shy;lich]]<br />
| F+<br />
|rowspan="3"| [[Datei:GHS-pictogram-flamme.svg|48px]]<br />
| rowspan=3 style="text-align:left;" | Flamme<br />
|rowspan="3"| GHS02<br />
| rowspan=3 style="text-align:left;" | Gefahr / Achtung {{FN|(1)}}{{FN|(2)}}<br />
| rowspan=3 style="text-align:left;" | [[Entzündbar]], [[selbsterhitzungsfähig]], selbstzersetzlich, [[pyrophor]], wasserreaktiv, [[Peroxide#Organische Peroxide|Organische Peroxide]]{{FN|(1)}}{{FN|(3)}}<br />
| rowspan="3" style="padding-left:1em; text-align:left;"| [[Datei:DOT hazmat class 2.1.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;2.1<br />[[Datei:Label for dangerous goods - class 3.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;3<br />[[Datei:DOT hazmat class 4.1.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;4.1<br />[[Datei:DOT hazmat class 4.2.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;4.2<br />[[Datei:Label for dangerous goods - class 4.3.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;4.3<br />[[Datei:Placard 5.2.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;5.2<br />
|-<br />
| [[Datei:Hazard F.svg|48px]]<br />
| [[Leichtentzündlich|Leicht-<br />entzündlich]]<br />
| F<br />
<!--entfällt--><br />
<!--entfällt--><br />
|-<br />
|-<br />
|<br />
| [[Entzündlich]]<br />
|<br />
<!--entfällt--><br />
<!--entfällt--><br />
|-<br />
| [[Datei:Hazard O.svg|48px]]<br />
| [[Brandfördernd]]<br />
| O<br />
| [[Datei:GHS-pictogram-rondflam.svg|48px]]<br />
| style="text-align:left;" | Flamme über einem Kreis{{FN|(1)}}{{FN|(3)}}<br />
| GHS03<br />
| style="text-align:left;" | Gefahr{{FN|(1)}}{{FN|(2)}}<br />
| style="text-align:left;" | Entzündend ([[oxidierend]]) wirkend<br />
| style="padding-left:1em; text-align:left;"|[[Datei:DOT hazmat class 5.1.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;5.1<br />
[[Datei:Placard 5.2.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;5.2<br />
|-<br />
|colspan="3"| keine Entsprechung<br />
| [[Datei:GHS-pictogram-bottle.svg|48px]]<br />
| style="text-align:left;" | [[Gasflasche]]<br />
| GHS04<br />
| style="text-align:left;" | [[Warnung|Achtung]]<br />
| style="text-align:left;" | [[Druckgas|Gase unter Druck]], [[Verdichtetes Gas|verdichtete]], [[Verflüssigtes Gas|verflüssigte]], [[tiefgekühlt]] verfl., [[Gelöstes Gas|gelöste Gase]]<br />
| style="padding-left:1em; text-align:left;"| [[Datei:DOT hazmat class 2.2.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;2.2<br />
|-<br />
| [[Datei:Hazard C.svg|48px]]<br />
| [[Ätzende Stoffe|Ätzend]]{{FN|(5)}}<br />
| C<br />
| [[Datei:GHS-pictogram-acid.svg|48px]]<br />
| style="text-align:left;" | Ätzende Flüssigkeit, die aus [[Reagenzglas|Reagenzgläsern]] auf eine Oberfläche und eine Hand tropft<br />
| GHS05<br />
| style="text-align:left;" | Gefahr&nbsp;/ Achtung{{FN|(5)}}<br />
| style="text-align:left;" | Auf Metalle [[Korrosion|korrosiv]] wirkend, [[hautätzend]], schwere [[Augenschädigung]]{{FN|(5)}}<br />
| style="padding-left:1em; text-align:left;"| [[Datei:Danger-class-8.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;8<br />
|-<br />
| {{Anker|GHS06}}[[Datei:Hazard T.svg|48px]]<br />
| [[Sehr giftig]]{{FN|(7)}}<br />
| T+<br />
|rowspan="2"| [[Datei:GHS-pictogram-skull.svg|48px]]<br />
| rowspan=2 style="text-align:left;" | [[Totenkopf (Symbol)|Totenkopf]] mit gekreuzten Knochen<br />
|rowspan="2"| GHS06<br />
| rowspan=2 style="text-align:left;" |Gefahr<br />
| rowspan=2 style="text-align:left;" | Akute [[Toxizität]]{{FN|(7)}}<br />
| rowspan=2 style="padding-left:1em; text-align:left;"| [[Datei:Dangclass6 1.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;6.1<br />[[Datei:DOT hazmat class 2.3 - (Alt 2).svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;2.3<br />
|-<br />
| [[Datei:Hazard T.svg|48px]]<br />
| [[Gift]]ig{{FN|(7)}}<br />
| T<br />
<!--entfällt--><br />
<!--entfällt--><br />
|-<br />
| style="text-align:center;"|[[Datei:Hazard X.svg|48px]]<br />
| [[Reizende Stoffe|Reizend]]{{FN|(5)}}<br />
| Xi<br />
| [[Datei:GHS-pictogram-exclam.svg|48px]]<br />
| style="text-align:left;" | dickes Ausrufe-<br />zeichensymbol{{FN|(8)}}<br />
| GHS07<br />
| style="text-align:left;" | {{FN|(8)}}{{FN|(4)}}{{FN|(5)}}<br />
| style="text-align:left;" | {{FN|(8)}}<br />
|rowspan="2"| keine direkte Entsprechung<br />
|-<br />
| [[Datei:Hazard X.svg|48px]]<br />
| [[Gesundheitsschädlich|Gesundheits&shy;schädlich]]{{FN|(4)}}<br />
| Xn<br />
| [[Datei:GHS-pictogram-silhouete.svg|48px]]<br />
| style="text-align:left;" | Menschlicher Oberkörper, der durch eine Substanz angegriffen/verletzt wurde<br />
| GHS08<br />
| style="text-align:left;" | Gefahr&nbsp;/ Achtung<br />
| style="text-align:left;" | div. [[Gesundheitsgefahr]]en<br />
|-<br />
| style="text-align:center;"|[[Datei:Hazard N.svg|48px]]<br />
| [[Umweltgefährlich|Umwelt&shy;gefähr&shy;lich]]<br />
| N<br />
| [[Datei:GHS-pictogram-pollu.svg|48px]]<br />
| style="text-align:left;" | Umwelt mit abgestorbenem [[Baum]], totem [[Fische|Fisch]] und [[Gewässer]]{{FN|(1)}}{{FN|(9)}}<br />
| GHS09<br />
| style="text-align:left;" | Achtung&nbsp;/ Gefahr{{FN|(1)}}{{FN|(9)}}<br />
| style="text-align:left;" | [[Wassergefährdungsklasse|Gewässergefährdend]]{{FN|(9)}}<br />
| style="padding-left:1em; text-align:left;"| [[Datei:UN transport pictogram - pollution.svg|48px]] Kenn&shy;zeichen für umwelt&shy;gefähr&shy;dende Stoffe<br />
|-<br />
<!-- | colspan=3| keine Entsprechung --><br />
|colspan="8"| keine direkte Entsprechung<br />
| style="padding-left:1em; text-align:left;"| [[Datei:Dangclass6 2.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;6.2<br />[[Datei:Dangclass7.svg|32px]]&nbsp;Klasse&nbsp;7<br />[[Datei:ADR hot.svg|32px]]&nbsp;Hot<br />
|}<br />
:Quelle: UNECE<ref>[http://www.unece.org/trans/danger/publi/ghs/pictograms.html GHS Gefahrenpiktogramme in verschiedenen Formaten], unece.org</ref>, ''Leitfaden zur Anwendung der GHS-Verordnung'' Umweltbundesamt 2007<ref>Lit. UBA Leitfaden, 2.2 ''Kennzeichnung'' S. 18ff.</ref>, ADR<br />
:{{FNZ|(G)|Die ''Gefahrenklassen'' (Piktogramm) und zusätzlichen ''Gefahrenkategorien'' entsprechen ausdrücklich weitestgehend den ''Gefahrgutklassen'' 1–9 der UN Recommodations und ADR (wie auch [[Regelung zur internationalen Beförderung gefährlicher Güter im Schienenverkehr|RID]], [[International Maritime Dangerous Goods Code|IMDG]], [[Dangerous Goods Regulations|DGR]], [[Europäisches Übereinkommen über die Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen|ADN]] u.&nbsp;a.) – es ist ein wesentliches Ziel des GHS, die bisher getrennten Gefahrstoff- und transportspezifische [[Gefahrgut]]<nowiki />kennzeichnungen auf einheitlicher Rechtsgrundlage zu harmonisieren. In Einzelfällen können sich Abweichungen in Einstufung nach UN-GHS und UN-Rec.Transp./[[Internationalen Seeschifffahrts-Organisation|IMO]]/[[International Civil Aviation Organization|ICAO]]-[[International Air Transport Association|IATA]]/EU-GG ergeben. Auch Systeme wie [[Gefahrendiamant|US NFPA 704]]<ref>{{Internetquelle |url=http://www.osha.gov/dsg/hazcom/global.html |titel=The Globally Harmonized System for Hazard Communication |werk=Hazard Communication |hrsg=Occupational Safety & Health Administration, [[United States Department of Labor]] |datum=2009-06-10 |sprache=en |abruf=2009-10-15}}</ref> und [[Workplace Hazardous Materials Information System|CA WHMIS]]<ref>{{Internetquelle |url=http://www.reptox.csst.qc.ca/SIMDUT.htm |titel=Le SIMDUT |werk=Système d'Information sur les Matières Dangereuses Utilisées au Travail |hrsg=Commission de la santé et de la sécurité du travail Québec |sprache=fr |abruf=2009-10-15}}</ref> werden angeglichen bzw. ersetzt.}}<br />
:{{FNZ|(1)|teilweise Gefahrenkategorien ohne Piktogramm und/oder ohne Signalwort }}<br />
:{{FNZ|(2)|Signalwort ''Achtung'' für mindere Gefahrenkategorien }}<br />
:{{FNZ|(3)|„Flamme“ entfällt im Allgemeinen bei Explosionsgefahr<ref name="Art. 27">Art. 27 Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 ''Rangfolgeregelung für Gefahrenhinweise'', siehe Lit. UBA Leitfaden, Tabelle 2.5, S. 20.</ref>, aber auch zwei Piktogramme für Kategorien besonderer Gefahren ([[Peroxide#Organische Peroxide|organische Peroxide]] Typ B, selbstzersetzliche Stoffe und Gemische Typ B) }}<br />
:{{FNZ|(4)|die als ''gesundheitsschädlich'' (früher als ''mindergiftig'') eingestuften Gefahrenkategorien nur mit dickem Ausrufezeichensymbol}}<br />
:{{FNZ|(5)|''ätzend/reizend für Haut und Augen'' und ''auf Metalle korrosiv wirkend'' werden konsequent unterschiedlich gekennzeichnet: ersteres mit Doppelkennzeichnung als „Ätzwirkung“ und „dickes Ausrufezeichensymbol“, Signalwort ''Gefahr'', letzteres nur dieses Piktogramm mit dem Signalwort ''Achtung''}}<br />
:{{FNZ|(7)|die Kennzeichnung der Unterscheidung ''sehr giftig/giftig'' bzw. ''tödlich'' (akute Toxizität Kategorie 1/2)/''giftig'' (Kategorie 3) wurde prinzipiell aufgegeben}}<br />
:{{FNZ|(8)|Das „dicke Ausrufezeichensymbol“ dient der alleinigen oder zusätzlichen Kennzeichnung diverser Kategorien, entfällt auch unter Umständen<ref name="Art. 27" />, Signalwort je nach Zusammenhang}}<br />
:{{FNZ|(9)|Gewässergefährdend mit Signalwort ''Achtung'', [[Ozonloch|Schädigung der Ozonschicht]] ohne Piktogramm und mit Signalwort ''Gefahr''}}<br />
<br />
=== Aufbau des GHS-Kennzeichnungsetiketts ===<br />
Folgendes Muster gibt die Anforderungen an ein ''Kennzeichnungsetikett'' nach GHS wieder:<ref>Muster nach Lit. UBA Leitfaden, S.&nbsp;66; in Bezug auf GHS&nbsp;1.4.10.5.2 ''Information required on a GHS label'' und Annex&nbsp;6 ''Examples of arrangements of the GHS label elements'' ([http://www.unece.org/trans/danger/publi/ghs/ghs_rev00/English/GHS-ANNEX-6.pdf pdf], [[UNECE]]); Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 TITEL&nbsp;III ''Gefahrenkommunikation durch Kennzeichnung'' Kap.&nbsp;1 ''Inhalt des Kennzeichnungsetiketts'' Art.&nbsp;17&nbsp;ff.</ref><br />
[[Datei:GHS Diethylzink.png|600px]]<br />
<br />
== Entwicklung des GHS ==<br />
Die [[Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung]] (UNCED) hat mit der 1992 verabschiedeten ''[[Agenda 21|Agenda&nbsp;21]]'' den Anstoß für die Entwicklung des GHS gegeben. Im Kapitel&nbsp;19 der Agenda&nbsp;21 wird u.&nbsp;a. eine Harmonisierung der Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen gefordert. Der auf der Nachfolgekonferenz ''Rio+10'' in [[Johannesburg]], [[Südafrika]], im September 2002 verabschiedete Durchführungsplan fordert die Länder auf, das GHS bis zum Jahr 2008 anzuwenden.<br />
<br />
Im Dezember 2002 wurde das GHS von einer UN-Kommission inhaltlich verabschiedet.<br />
<br />
Am 3.&nbsp;September 2008 hat die EU-Kommission beschlossen, GHS in weiten Teilen zu übernehmen und den Entwurf dem Europäischen Rat zur Verabschiedung zugeleitet. Dieser hat am 16.&nbsp;Dezember 2008 die ''[[Verordnung (EG) Nr. 1272/2008]] des Europäischen Parlaments und des Rates'' (CLP-Verordnung) erlassen und am 31.&nbsp;Dezember 2008 im [[Amtsblatt der Europäischen Union]] veröffentlicht, so dass die Verordnung am 20.&nbsp;Januar 2009, nämlich 20 Tage nach Veröffentlichung, in Kraft trat. Sie ist infolge ihrer Veröffentlichung ''als Verordnung'' zum unmittelbar geltenden EU-Recht geworden und bedarf keiner Umsetzung in nationales Recht.<br />
<br />
GHS ist mit Stand Ende 2018 in 79 Staaten implementiert.<ref>UNECE: ''[https://unece.org/sites/default/files/2023-11/GHS%20implementation%20by%20country_2023-11.pdf GHS implementation]'', abgerufen am 18. März 2024</ref><br />
<br />
== GHS und Arbeitsschutz ==<br />
Die Einstufung und Kennzeichnung für Stoffe und Gemische wirken sich auch auf Belange des [[Arbeitsschutz]]es aus. Betroffen davon sind u. a. Gefährdungsbeurteilungen, Gefahrstoffverzeichnisse, Etiketten, [[Sicherheitsdatenblatt|Sicherheitsdatenblätter]], Verpackungen, Betriebsanweisungen, [[Unterweisung]]en, innerbetriebliche Kennzeichnungen und die [[Lagern|Lagerung]] von Chemikalien.<ref>{{Internetquelle |autor=Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.&nbsp;V. (DGUV) |url=https://publikationen.dguv.de/regelwerk/regelwerk-nach-fachbereich/rohstoffe-und-chemische-industrie/gefahrstoffe/867/ghs-global-harmonisiertes-system-zur-einstufung-und-kennzeichnung-von-gefahrstoffen?c=48 |titel=DGUV Information 213-034 – GHS-Global Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen |abruf=2020-02-25}}</ref><br />
<br />
In Deutschland sollen Betriebe laut {{§|7|GefStoffV|buzer}} (3) der [[Gefahrstoffverordnung]] wenn möglich Gefahrstoffe durch Ersatzstoffe mit einem geringeren gesundheitlichen Risiko ersetzen. Als Hilfe bei der Beurteilung, welches Ersatzstoffe ein geringeres Gefahrenpotential haben, hat das [[Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung]] (IFA) das GHS-Spaltenmodell entwickelt. Anhand von [[H- und P-Sätze|H-Sätzen]], [[Wassergefährdungsklasse|WGK]]-Einstufung und der physikalischen Eigenschaften lassen sich mögliche Ersatzstoffe mithilfe einer Tabelle bewerten.<ref>{{Internetquelle |autor=Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) |url=https://www.dguv.de/ifa/praxishilfen/praxishilfen-gefahrstoffe/ghs-spaltenmodell-zur-substitutionspruefung/index.jsp |titel=GHS-Spaltenmodell zur Suche nach Ersatzstoffen |abruf=2020-02-25}}</ref><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Gefahrgut]]: [[Gefahrgutklasse]], [[Gefahrendiamant]]<br />
* [[REACH-System|REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006]]<br />
* [[Gefahrenklasse|Überblick über alle Gefahrenklassen und Gefahrenkategorien unter GHS/CLP]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* {{Literatur<br />
|Hrsg=[[UNECE]] Transport Division<br />
|Titel=Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS)<br />
|Auflage=aktuell 10. revidierte Auflage (2023)<br />
|Datum=<br />
|Sprache=en<br />
|Kommentar=Originaltext des GHS der UN, offizielle Fassung<br />
|Online=[https://unece.org/transport/standards/transport/dangerous-goods/ghs-rev10-2023 Weblink auf PDF]}}<br />
* {{EU-Verordnung|2008|1272|konsolidiert=2022-03-01|titel=des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006}}<br />
* Agenda 21 – Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro – Agenda 21 Kapitel 19.<br />
* [https://www.bmwfw.gv.at/Unternehmen/Documents/wko_ghs_lf_180510.pdf „Das GHS-System in der Praxis – Ein Leitfaden zur Einstufung und Kennzeichnung in der EU“] (PDF)<br />
* [https://www.wko.at/service/umwelt-energie/CLP_Folder.pdf „Das GHS-System in der EU – Neue Regelung für die Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien“] (PDF; 989&nbsp;kB).<br />
* Kai P. Purnhagen: [http://beck-online.beck.de/default.aspx?typ=reference&y=300&z=EUZW&b=2009&s=523&n=1 „Die neuen Einstufungs- und Kennzeichnungsvorschriften im Chemikalienrecht – Europarechtlicher Kosmos und Deutsches Chaos?“], ''Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht'', 2009, S. 523.<br />
* {{Literatur<br />
|Hrsg=[[Umweltbundesamt (Deutschland)|Umweltbundesamt]]<br />
|Titel=Das neue Einstufungs- und Kennzeichnungssystem für Chemikalien nach GHS – kurz erklärt<br />
|Verlag=Leitfaden zur Anwendung der GHS-Verordnung<br />
|Datum=2009<br />
|Online=http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3973.pdf<br />
|Format=PDF}}<br />
* {{Literatur<br />
|Hrsg=[[BAuA]]<br />
|Titel=Das Global Harmonisierte System (GHS) in der EU<br />
|Auflage=<br />
|Ort=Dortmund<br />
|Datum=2022<br />
|Online=https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Fakten/GHS-01.pdf?__blob=publicationFile&v=3<br />
|Format=PDF}}<br />
* [[Gabriele Janssen]]: ''Gefahrstoff-Kennzeichnung nach GHS/CLP'', Wandtafel im Format 70,0 × 100&nbsp;cm. ecomed Sicherheit, Landsberg, 3. Auflage 2012, ISBN 978-3-609-65617-5.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|GHS pictograms|GHS-Piktogramme}}<br />
* [https://www.gischem.de/ghs/konverter/index.htm Kostenloses Tool der BG RCI und BGHM zur Konvertierung der bisherigen Einstufung in die neue GHS-Einstufung]<br />
* [https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/reach-chemikalien-reach Informationen des Umweltbundesamtes zu GHS]<br />
* [https://echa.europa.eu/de/regulations/clp/understanding-clp Informationen der ECHA zu CLP]<br />
* [https://www.reach-clp-biozid-helpdesk.de/DE/Home/Home_node.html REACH-CLP-Biozid Helpdesk der Bundesbehörden]<br />
* [https://ec.europa.eu/growth/sectors/chemicals/classification-labelling_de CLP/GHS – Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen]<br />
* [https://www.cheminfo.ch/home.html ChemInfo – Kampagne der Schweizer Bundesbehörden]: [https://www.youtube.com/watch?v=SrZFWSuswuw Animationsfilm mit Erklärungen zu GHS für Konsumenten]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Gefährliche Stoffe und Güter]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Biochemie&diff=249080792Biochemie2024-10-02T17:50:22Z<p>ToXiDoc!: /* Wichtige Forschungsgebiete der modernen Biochemie */</p>
<hr />
<div>{{Dieser Artikel|behandelt das naturwissenschaftliche Fachgebiet Biochemie; zur gleichnamigen Mineralstofflehre siehe [[Schüßler-Salze]].}}<br />
<br />
Die '''Biochemie''' (zu griechisch {{lang|grc|βίος}} ''bíos'' ‚Leben‘, und zu „[[Chemie]]“) oder '''biologische Chemie''', früher auch '''physiologische Chemie''' genannt, ist die Lehre von chemischen Vorgängen in [[Lebewesen]], dem [[Stoffwechsel]]. Chemie, [[Biologie]] und [[Medizin]] sind in der Biochemie eng miteinander verzahnt.<br />
<br />
== Gegenstand ==<br />
[[Datei:1GZX Haemoglobin.png|miniatur|rechts|Struktur von [[Hämoglobin]] – einem weit verbreiteten Biomolekül]]<br />
<br />
Die Biochemie beschäftigt sich unter anderem mit:<br />
<br />
* der Untersuchung und Veränderung von [[Biomolekül]]en: wie sind die Biomoleküle aufgebaut, wie ist der [[Molekül|molekulare]] Aufbau des [[Organismus]] der Lebewesen, wie werden die molekularen Bausteine bereitgestellt und wie wechselwirken sie miteinander?<br />
* der Untersuchung des Stoffwechsels: welche [[Stoff (Chemie)|Stoffe]] werden von Lebewesen wie umgesetzt, welche [[Bioenergetik (Biologie)|bioenergetischen]] Voraussetzungen sind nötig, welche [[Biokatalysator]]en sind beteiligt, wie verlaufen die jeweiligen [[Reaktionsmechanismus|Mechanismen]] der Stoffumsätze und wie wird der Stoffwechsel gesteuert?<br />
* der Untersuchung des Informationsaustauschs innerhalb eines Organismus ([[Signaltransduktion]]) und zwischen Organismen: wie wird Information gespeichert, abgerufen und weitergeleitet, wie werden verschiedene Systeme innerhalb einer Zelle, zwischen verschiedenen Zellen und zwischen Organismen koordiniert?<br />
<br />
Im Zuge dessen konzentrieren sich die Betrachtungen auf die [[organische Verbindungen|organischen Stoffgruppen]] der [[Nukleinsäure]]n, [[Protein]]e, [[Lipid]]e, [[Kohlenhydrate]], [[Spurenelement]]e und [[Vitamine]], sowie deren [[Derivat (Chemie)|Derivate]], welche im Allgemeinen als Biomoleküle bezeichnet werden. Der überwiegende Teil der biochemisch wichtigen Vorgänge spielt sich in Lebewesen ab. Im Gegensatz zur [[organische Chemie|organischen Chemie]] in chemischen Laboren laufen bio[[chemische Reaktion]]en überwiegend in [[Wasser|wässrigem]] Milieu ab.<br />
<br />
== Methoden ==<br />
In der Biochemie wird eine Vielzahl von Methoden aus verschiedenen Gebieten angewandt. Die klassische Biochemie bedient sich vor allem der [[Analytische Chemie|analytischen Chemie]], [[Organische Chemie|organischen Chemie]], [[Physikalische Chemie|physikalischen Chemie]] und der [[Physik]]. Wichtige Techniken sind dabei (Ultra-)[[Zentrifugation]], [[Ultraschall]]aufschluss, [[SDS-PAGE|SDS-Gelelektrophorese]], [[Chromatographie]], [[Elektrophorese]], [[Spektroskopie]], [[Molekülmarkierung]], [[Isotop]]entechniken, [[Kristallisation]], [[Potentiometrie|potentiometrische]], [[Elektrometrie|elektrometrische]], [[Polarographie|polarographische]] und [[Manometrie|manometrische]] Techniken, verschiedene Methoden zum [[Zellaufschluss]], der [[Proteinreinigung|Reinigung]] und [[Proteincharakterisierung|Charakterisierung]] von Biomolekülen, der [[Informatik]], der [[Genetik]] und [[Molekularbiologie]], der [[Mikrobiologie]] und anderen Fächern. Hinzu kommt in der modernen Biochemie stets die quantitative Auswertung der Ergebnisse mit [[Mathematik|mathematischen]] Methoden und die Bildung von formalen Theorien mit Hilfe der Mathematik.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
[[Datei:Schlosslabor-Nebenraum Arbeitsfoto.jpg|mini|Schlosslabor Hohentübingen, um 1870, eines der frühesten biochemischen Labore, heute aktuelle Dauerausstellung „Schlosslabor Tübingen. Wiege der Biochemie“, [[Museum der Universität Tübingen|Museum der Universität Tübingen MUT]]]]<br />
[[Datei:Justus von Liebigs Labor, 1840.jpg|miniatur|rechts|Justus von Liebig in seinem Labor im Jahre 1840, einer Zeit, in der das Fach Biochemie noch ''Physiologische Chemie'' genannt wurde. Sechs Jahre später entdeckte von Liebig die Aminosäure ''Tyrosin''.]]<br />
[[Datei:Gallstones.jpg|miniatur|rechts|Im 19. Jahrhundert begann man, sich für die chemische Zusammensetzung von Gallensteinen zu interessieren. Auch klinische Bezüge zum Auftreten der Steine, bevorzugt bei Frauen und bei Adipositas, werden hergestellt und systematisch untersucht. Die frühen Biochemiker empfehlen zur Prävention Pflanzenkost.]]<br />
[[Datei:Kone med stor struma.jpg|miniatur|rechts|Die Heilung des Kropfes gelang ab 1820 auf dem Wege biochemischer Forschung. Am Anfang stand die Gabe von [[Jod]]. Erst 1926 erkannte man dann den Zusammenhang mit Hormonen.]]<br />
[[Datei:Eduardbuchner.jpg|miniatur|rechts|[[Eduard Buchner]] erhielt für seine biochemischen Forschungen 1907 den Nobelpreis.]]<br />
[[Datei:Banting and Best.jpg|miniatur|Mehr als zehn Versuchshunde benötigte Frederick Banting, bis Insulin 1921 als Heilmittel bei Diabetes nachgewiesen und entdeckt war.]]<br />
<br />
=== Anfänge ===<br />
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden von organischen Chemikern die stoffliche Zusammensetzung von Tieren und Pflanzen und ab etwa 1840 auch komplexe Stoffwechselvorgänge systematisch untersucht. Es konnte von biologischem Material durch die [[Elementaranalyse]] der Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Stickstoff- und Schwefelgehalt bestimmt werden. Ab 1860 konnten chemische [[Strukturformel]]n von Stoffen aus der elementaren Zusammensetzung durch gedankliche Kombination ermittelt werden, nun begann eine gründliche Suche nach den biologischen Körpern in Organismen. Die Suche war aufgrund der sehr geringen Stoffmenge von Biomolekülen und der mangelhaften Nachweismethoden&nbsp;– selbst die Elementaranalyse benötigte größere Stoffmengen&nbsp;– sehr zeitraubend und nicht immer erfolgreich. Erst mit Verbesserung der analytischen Geräte ab 1950 wurde die Suche und Strukturaufklärung von Biomolekülen einfacher. Eines der weltweit ersten biochemischen&nbsp;– damals physiologisch-chemischen&nbsp;– Labore wurde 1818 in der einstigen Küche des [[Schloss Hohentübingen|Schlosses Hohentübingen]] ([[Eberhard Karls Universität Tübingen]]) von [[Georg Carl Ludwig Sigwart]] und [[Julius Eugen Schlossberger]] eingerichtet. In ihm wurde von [[Felix Hoppe-Seyler]] 1861 das Hämoglobin und von seinem Schüler [[Friedrich Miescher]] 1869 die Nukleinsäure entdeckt.<br />
<br />
Das Fach ''Physiologische Chemie'' spaltete sich 1922 von der ''Physiologie'' ab. Grundsteine für eine physiologische Chemie wurden jedoch schon früher, beispielsweise um 1840 durch [[Johann Joseph von Scherer]], den Begründer der [[Klinische Chemie|Klinischen Chemie]], gelegt.<ref>Martin Sperling: ''Spezialisierung in der Medizin im Spiegel der Würzburger Geschichte.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen.'' Band 3, 1985, S. 153–184, hier: S. 166.</ref><ref>[[Dankwart Ackermann]]: ''Zur Entwicklung der Physiologie in Würzburg.'' In: ''Berichte der Physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Würzburg.'' Band 62, 1939, S. 32–38.</ref><br />
<br />
=== Proteine und Fette ===<br />
{{Hauptartikel|Fette|Protein}}<br />
Fette wurden von [[Eugène Chevreul]]<ref>Chevreul: ''Recherches chimiques sur les corps gras d'origine animale'', Paris 1823.</ref> und später von [[Heinrich Wilhelm Heintz]]<ref>Journ. pr. Chemie, '''68''', 1.</ref> untersucht. [[Gerardus Johannes Mulder]] konnte aus dem [[Fibrin]] des [[Blut]]es einen gelatinösen Niederschlag herstellen und gab ihm den Namen Protein. [[Louis-Nicolas Vauquelin]] untersuchte die Zusammensetzung der Haare und fand dort die chemischen Elemente Kohlenstoff, [[Wasserstoff]], [[Stickstoff]], [[Sauerstoff]] und [[Schwefel]].<br />
<br />
=== Aminosäure ===<br />
{{hauptartikel|Aminosäuren}}<br />
[[Pierre Jean Robiquet]] und [[Louis-Nicolas Vauquelin]] fanden auch die erste Aminosäure, die sie im Jahre 1805 isolierten: [[Asparagin]]. [[Joseph Louis Proust]] entdeckte [[Leucin]] (1818), [[Justus von Liebig]] [[Tyrosin]] (1846). Zwischen 1865 und 1901 wurden weitere 12 Aminosäuren entdeckt, davon entdeckte [[Ernst Schulze (Chemiker)|Ernst Schulze]] drei neue Aminosäuren: [[Glutamin]], [[Phenylalanin]] und [[Arginin]].<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''17''', 1610 (1884)</ref> Erste [[Peptidsynthese]]n wurden von [[Emil Fischer]] ab 1901 unternommen.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''40''', 1755, 1764 (1907)</ref><ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''35''', 3226 (1902).</ref><br />
<br />
[[Justus Liebig]] erkannte, dass in der Hefe ein besonderer Stoff enthalten sein musste, der die Gärung auslöst. Er nannte diesen Stoff ''Bios''. Zum ersten Mal verwendet wurde der Begriff ''Biochemie'', als [[Vinzenz Kletzinsky]] (1826–1882) im Jahre 1858 sein ''Compendium der Biochemie'' in Wien drucken ließ. [[Felix Hoppe-Seyler]] ([[Milchsäure]] aus [[Glykogen]], [[Oxidation]]s- und [[Reduktion (Chemie)|Reduktions]][[ferment]]en, [[Hämoglobin]]), Georg Carl Ludwig Sigwart ([[Analyse]]n von [[Galle]]n- und [[Harnstein]]en), [[Anselme Payen]] (1833: [[Amylase]]), Julius Eugen Schlossberger ([[Kreatin]], [[Hämocyanin]]) erweiterten die biochemischen Kenntnisse.<br />
<br />
=== Enzyme ===<br />
{{Hauptartikel|Enzym}}<br />
Entdeckt wurde [[Amylase]] (damals noch Diastase) 1833 vom französischen Chemiker [[Anselme Payen]] in einer Malzlösung. Damit war Diastase das erste Enzym, das man gefunden hat.<br />
<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts war auch bekannt, dass bei der [[Gärung]] von abgestorbenen Organismen der Sauerstoff aus der Luft nötig ist, ferner Temperatur und Wasser auf diesen Prozess einen Einfluss hatten. Bei toten Tieren und Menschen setzt die Fäulnisbildung zuerst an den Stellen ein, die mit der Luft in Berührung kommen. Auch bei pflanzlichen Stoffen, der Bildung von Alkohol aus einer Traubensaftlösung oder der Versäuerung von Milch erkannten Chemiker, allen voran [[Louis Pasteur]], Gärungsprozesse. Pasteur entdeckte bei der Untersuchung der wirtschaftlich bedeutsamen Zuckervergärung zu Alkohol durch Hefepilze, dass diese nicht wie bis dahin meist angenommen auf Fäulnisprozesse und abgestorbene Lebewesen zurückgehen, sondern ein Prozess in lebenden Organismen ist, die dafür Fermente (Enzyme) einsetzen. Der Körper, der diese Prozesse begünstigte, wurde ''Ferment'' genannt. [[Eduard Buchner]] entdeckte 1896 die zellfreie Gärung. [[James Batcheller Sumner]] isolierte 1926 das Enzym der Schwertbohne und behauptete, dass alle Enzyme Proteine sein müssten.<ref>Lehninger ''Grundkurs Biochemie'', Walter de Gruyter (1983), S. 65.</ref><br />
<br />
[[John Howard Northrop]] isolierte wenige Jahre später [[Pepsin]], [[Trypsin]] und [[Chymotrypsin]] in kristalliner Form und konnte Sumners Hypothese bestätigen.<br />
<br />
=== Nukleinsäure ===<br />
{{Hauptartikel|Nukleinsäuren}}<br />
Der Physiologe [[Friedrich Miescher]] hatte 1869 die Nucleoproteide im Zellkern entdeckt. [[Albrecht Kossel]] entdeckte die Nukleinsäure [[Adenin]] (1885).<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''18''', 79, (1885).</ref> Weitere Nukleinsäuren erhielt er aus tierischem Extrakt, und zwar [[Guanin]], [[Xanthin]] (1893)<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''26''', 2754 (1893).</ref>, [[Thymin]] (1894)<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''27''', 2221, (1894).</ref>, [[Cytosin]] und [[Uracil]] (1903).<ref>Hoppe Seylers Zeitschrift für physiologische Chemie '''38''', 49 (1903).</ref> Emil Fischer gelangen die ersten Synthesen des Adenins, [[Theophyllin]]s,<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''30''', 553, 2226 (1897).</ref> Thymins und Uracils (1897–1903).<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''34''', 3751 (1901).</ref> [[Phoebus Levene]] untersuchte die Verknüpfung von einer Nukleinsäure mit einer Pentose und einem Phosphat zum Mono-[[Nukleotid]]<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''42''', 335, 2469, 2474 (1909).</ref> (1908).<br />
<br />
=== Kohlenhydrate ===<br />
{{Hauptartikel|Kohlenhydrate}}<br />
Kohlenhydrate sind ein wichtiger Bestandteil unserer Nahrung, sie wurden daher zeitig von Biochemikern untersucht. Sowohl Stärke als auch Zucker werden zu [[Glucose]] abgebaut und bei einem Überangebot in der Leber als [[Glykogen]] gespeichert. Ein konstanter Blutzuckergehalt ist für das Gehirn und die Muskeln lebensnotwendig. [[Adolf von Baeyer]] gab 1870 bereits eine erste Formel zur Glucose an.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''3''', 66 (1870).</ref> [[Emil Fischer]] machte ab 1887 umfangreiche Forschungen zur Aufklärung der chemischen Strukturen von Zuckern mit [[Phenylhydrazin]] zu gut kristallisierbaren [[Osazon]]en.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''20''', 821 (1887).</ref> Im Jahr 1893 konnte er durch Umwandlung von Glucose mit Methanol zu Methylglykosid – das die [[Fehlingsche Lösung]] nicht reduzierte – beweisen, dass die Aldehydgruppe im Ring mit einer Hydroxygruppe verknüpft (glycosidisch) ist.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''26''', 2400 (1893).</ref> Später (1922) folgerte [[Burckhardt Helferich]], dass die Glucose in einem Sechsring (1,5-glykosidisch statt 1,4-glykosidisch) vorliegen musste.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''56''', 759 (1923).</ref> Weitere wichtige Arbeiten zur Zuckerchemie und deren strukturelle Darstellung leistete [[Norman Haworth]]; er synthetisierte auch erstmals das [[Vitamin C]] (bei Mangel tritt [[Skorbut]] auf), ein Säurederivat eines Zuckers.<br />
<br />
=== Vitamine ===<br />
{{Hauptartikel|Vitamin}}<br />
Durch mangelhafte Ernährung starben zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch viele Menschen. Im Jahr 1882 untersuchte [[Gustav von Bunge]] Ratten und Mäuse, die er nur mit Eiweiß, Kohlenhydraten und Fetten fütterte, deren Nahrung aber keine weiteren Beimischungen enthielten. Die Tiere starben. Menschen benötigen neben Eiweiß, Kohlenhydraten, Fetten noch Vitamine. Viele Vitamine wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgefunden. Die Strukturaufklärung des [[Cholesterin]]s (und damit der Gruppe der [[Steroid]]e) durch [[Adolf Windaus]] war für die Strukturaufklärung und Bildung von [[Vitamin D]] (bei dessen Mangel [[Rachitis]] auftritt) bedeutsam. Windaus war auch mit der Aufklärung der Summenformel und Struktur von [[Vitamin B1]] befasst. Sir [[Frederick Gowland Hopkins]], ein Pionier der Biochemie in Großbritannien und [[Casimir Funk]], der das Wort ''Vitamin'' prägte, leisteten bedeutende Forschungen zur Entdeckung des Vitamin B1 (bei Mangel tritt [[Beri-Beri]] auf). Hopkins entdeckte auch zwei essentielle [[Aminosäuren]] und wurde dafür 1929 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.<br />
Im Jahre 1926 entdeckte der Physiologe [[Otto Warburg (Biochemiker)|Otto Warburg]] das Atmungsferment [[Cytochromoxidase]], ein Ferment im [[Zitronensäurezyklus]] und für Redoxvorgänge der Zelle, wofür er 1931 den Nobelpreis erhielt.<br />
<br />
=== Hormone ===<br />
{{Hauptartikel|Hormon}}<br />
Stoffgruppen, die in menschlichen Organen produziert werden, nennt man nach [[Ernest Starling]] Hormone. [[Thomas Addison]] entdeckte 1849 eine Krankheit, die ihren Ursprung in den Nebennieren hat. T.&nbsp;B. Aldrich und [[Takamine Jōkichi]] (1901) extrahierten einen Stoff, den sie [[Adrenalin]] nannten, aus tierischen Nieren. Aldrich ermittelte die Summenformel und [[Friedrich Stolz (Chemiker)|Friedrich Stolz]] gelang die [[Synthese (Chemie)|chemische Synthese]] (1904). Damit gelang der Biochemie 1904 erstmals die künstliche Herstellung eines [[Hormon]]s.<br />
<br />
Die [[Struma|Kropfbildung]] ist eine weitere hormonelle Krankheit der [[Schilddrüse]], die seit 1820 nach Jean-Francois Coindet durch [[Iod]]gaben gemildert werden konnte. Erst 1915 glückte [[Edward Calvin Kendall]] die Isolierung einer kristallinischen Substanz der Schilddrüse. Er hielt sie fälschlicherweise für ein Oxindolderivat und nannte sie daher [[Thyroxin]]. Synthetisch wurde Thyroxin seit 1926 von [[Charles Robert Harington]] darstellbar.<br />
<br />
Im Jahre 1935 isolierte [[Ernst Laqueur]] aus [[Stierhoden]] das von ihm so benannte Sexualhormon [[Testosteron]]. Auch von [[Adolf Butenandt]] wurden die Geschlechtshormone untersucht. Im Jahr 1929 isolierte er mit [[Estron]] eines der weiblichen Sexualhormone. Zwei Jahre später isolierte er mit [[Androsteron]] ein männliches Geschlechtshormon. Im Jahr 1934 entdeckte er das Hormon [[Progesteron]]. Durch seine Forschung wurde gezeigt, dass die Geschlechtshormone eng mit [[Steroide]]n verwandt sind. Seine Untersuchungen auf dem Gebiet der Sexualhormone ermöglichte die Synthese von [[Cortison]] sowie andere Steroide. Dies führte schließlich zur Entwicklung von modernen Verhütungsmitteln.<br />
<br />
Der Mangel des Bauchspeichelhormons konnte durch Gabe von Rinder-[[Insulin]] 1920 durch [[Frederick Banting]] und Best gelindert werden. Erst 1953 wurde die Aminosäuresequenz von Insulin durch [[Frederick Sanger]] aufgeklärt.<br />
<br />
== Wichtige Forschungsgebiete der modernen Biochemie ==<br />
{{Belege fehlen}}<br />
In Lehrbüchern der Biochemie werden die Prozesse der [[Gärung]] von Zucker zu [[Ethanol]] und [[Milchsäure]] sowie der Aufbau von Glucose zu [[Glykogen]] ausführlich beschrieben. Diese Umwandlungen werden unter dem Stichwort [[Glykolyse]] zusammengefasst.<br />
<br />
Die Energiegewinnung in lebenden Zellen erfolgt über den Abbau von Fetten, Aminosäuren und Kohlenhydraten über Oxalacetat zu Citrat durch Acetyl-S-CoA unter Freisetzung von Kohlendioxid und Energie. Acetyl-S-CoA enthält ein wasserlösliches Vitamin – die [[Pantothensäure]]. Dieser Prozess wurde von H. Krebs 1937 untersucht und wird [[Citratzyklus]] genannt.<br />
<br />
Oxidationen von Biomolekülen in Zellen verlaufen über mehrere Enzyme, an denen das Vitamin B2 beteiligt ist. Eine für den Energiehaushalt der Körperzellen besonders bedeutsame Oxidation wird in Lehrbüchern als oxidative Phosphorylierung oder [[Atmungskette]] beschrieben.<br />
<br />
Ein weiterer biochemischer Prozess ist die [[Photosynthese]]. Kohlenstoffdioxid aus der Luft und Wasser wird durch Strahlungsenergie durch das Pigment Chlorophyll in Pflanzenzellen und [[Phototrophie|phototrophen]] Mikroorganismen in Kohlenhydrate und Sauerstoff überführt.<br />
<br />
In menschlichen und tierischen Organismen wird überschüssige Energie aus der Nahrung in Form von Fetten gespeichert. Bei Energiemangel der Zellen werden diese Fette wieder abgebaut. Dieser Prozess erfolgt über die Oxidation von Fettsäuren mittels Acetyl-CoA.<br />
<br />
Bei Krankheiten (schwerer Diabetes) oder extremem Nahrungsmangel greifen Zellen auch auf Aminosäuren zur Energiegewinnung zurück. Dabei werden Proteine zu Aminosäuren und diese zu Kohlendioxid abgebaut. Der [[Harnstoffzyklus]] beschreibt die ablaufenden Umwandlungen.<br />
<br />
In pflanzlichen und tierischen Zellen können Kohlenhydrate aus anderen Stoffen – beispielsweise der Milchsäure oder aus Aminosäuren – biochemisch aufgebaut werden. Die Untersuchungen zu den einzelnen biochemischen Schritten werden in [[Gluconeogenese]] untersucht.<br />
Ferner wurden die Biosynthesen von [[Aminosäure]]n, [[Nucleotid]]en, [[Porphyrin]]en, der [[Stickstoffzyklus]] in Pflanzen gründlich untersucht.<br />
<br />
Ein weiterer Teilbereich der biochemischen Forschung ist die [[Resorption]] und der Transport von Stoffwechselprodukten durch das Blutplasma.<br />
<br />
Die Weitergabe der gespeicherten Information im Zellkern auf der [[DNA]] (genauer: bestimmter Abschnitte der DNA, den [[Gen]]en) zur Herstellung von Enzymen verläuft über die [[Replikation]], [[Transkription (Biologie)|Transkription]] und [[Proteinbiosynthese]]. Dies ist ein wichtiges Gebiet der synthetischen Biochemie ([[Biotechnologie]]), da Bakterien auf ihrer zyklischen DNA ([[Plasmid]]en) dazu gebracht werden können, bestimmte Enzyme zu produzieren.<br />
<br />
Einzelne Proteine können mittels Gel-[[Elektrophorese]]<ref>Kurt Schlösser: ''Kurzzeit Elektrophorese'', Chemie in unserer Zeit (Februar 1971), S. 28–29.</ref> nachgewiesen werden. Durch den [[Edman-Abbau]] kann die Aminosäure-Sequenz des Proteins bestimmt werden.<br />
<br />
== Meilensteine der Biochemie ==<br />
[[Datei:Citratcyclus.svg|miniatur|rechts|300px|Der [[Citratzyklus]]&nbsp;– ein biochemischer Stoffwechselweg]]<br />
=== 19. Jahrhundert ===<br />
* 1805 – Entdeckung und Isolierung der ersten [[Aminosäure]] durch [[Pierre Jean Robiquet]] und [[Louis-Nicolas Vauquelin]]<br />
* 1828 – Synthese des organischen [[Harnstoff]]s aus anorganischem Ammoniumcyanat durch [[Friedrich Wöhler]]<br />
* 1833 – Entdeckung des ersten Enzyms (Diastase) durch [[Anselme Payen]]<br />
* 1869 – Entdeckung der Erbsubstanz [[Nuclein]] durch [[Friedrich Miescher]]<br />
* 1896 – Entdeckung der zellfreien [[Gärung]] durch [[Eduard Buchner]]<br />
<br />
=== 20. Jahrhundert ===<br />
* 1904 – Synthese eines Hormons (Testosteron) durch [[Friedrich Stolz (Chemiker)|Friedrich Stolz]]<br />
* 1926 – Entdeckung des Atmungsferments [[Cytochromoxidase]] durch Otto Warburg<br />
* 1927 – Isolierung von Vitamin C aus der Nebenniere, Orangensaft beziehungsweise Weißkohl durch [[Albert von Szent-Györgyi Nagyrápolt]]<br />
* 1929 – Aufklärung des Mechanismus der [[Glykolyse]] durch [[Gustav Embden]] und [[Otto Meyerhof]], sowie [[Jakub Parnas]]<br />
* 1932 – Aufklärung des [[Citratzyklus]] durch [[Hans Adolf Krebs]]<br />
* 1953 – Aufklärung der Struktur der [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]] durch [[James Watson]], [[Francis Crick]] und [[Rosalind Franklin]]<br />
<br />
== Forschungsinstitute im deutschen Sprachraum ==<br />
(Die Listen sind unvollständig)<br />
[[Datei:Ccb innsbruck.JPG|mini|Das Centrum für Chemie und Biomedizin (CCB) am Innrain in [[Innsbruck]]]]<br />
<br />
=== Max-Planck-Institute und Leibniz-Institute ===<br />
Führend in der biochemischen Forschung sind beispielsweise die ''Max-Planck-Institute'' der [[Max-Planck-Gesellschaft]], aber auch die ''Leibniz-Institute'' der [[Leibniz-Gemeinschaft]]:<br />
<br />
* [[Max-Planck-Institut für Biochemie]], [[Martinsried]]<br />
* [[Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie]], [[Berlin]]<br />
* [[Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie]], Halle (Saale)<br />
* [[EMBL|European Molecular Biology Laboratory]], Heidelberg<br />
* [[Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie]], [[Dortmund]]<br />
* [[Max-Planck-Institut für Biologie Tübingen|Max-Planck-Institut für Biologie]], [[Tübingen]]<br />
* [[Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften]], [[Göttingen]]<br />
* [[Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin]], [[Münster]]<br />
* [[Forschungszentrum caesar|Forschungszentrum caesar, Bonn]] (Center of Advanced European Studies and Research)<br />
<br />
=== Universitätsinstitute und Fakultäten ===<br />
Die Biochemie gehört zum festen Bestandteil der hochschulischen Ausbildung in den Naturwissenschaften. Vor allem Mediziner und Biologen, aber auch andere Naturwissenschaftler, widmen sich an den Universitäten dem Fach. So finden sich ''Institute für Biochemie'' an vielen deutschsprachigen Hochschulen:<br />
<br />
In Deutschland:<br />
<br />
* Institut für Biochemie der [[Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg]]<br />
* Institut für physiologische Chemie der [[Philipps-Universität Marburg]]<ref>{{Internetquelle|url=https://www.uni-marburg.de/fb20/physiolchemie|titel=Willkommen – Philipps-Universität Marburg – Institut für Physiologische Chemie |autor=loeffle1 |werk=uni-marburg.de |zugriff=2016-12-23}}</ref><br />
* Institut für Biochemie der [[Charité|Charité – Universitätsmedizin Berlin]]<ref>{{Literatur|Autor=Sylvia Rechel, Daniela Höcke|Titel=Institut für Biochemie|Sammelwerk=Name der Abteilung|Online=https://biochemie.charite.de/|Abruf=2016-12-23}}</ref><br />
* Institut für Biochemie der [[Universität Greifswald]]<ref>{{Internetquelle|url=https://biochemie.uni-greifswald.de/|titel=Biochemie – Universität Greifswald |hrsg=Universität Greifswald |werk=biochemie.uni-greifswald.de |zugriff=2018-06-01}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.uni-bonn.de/de |titel=Universität Bonn |sprache=de |abruf=2024-03-08}}</ref><br />
* Biochemisches Institut der [[Albert-Ludwigs-Universität Freiburg]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Georg-August-Universität Göttingen]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf|Heinrich-Heine Universität Düsseldorf]]<br />
* Zentrum für Biochemie der medizinischen Fakultät an der [[Universität zu Köln]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Ludwig-Maximilians-Universität München]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Universität Münster]]<br />
* Interfakultäres Institut für Biochemie der [[Eberhard Karls Universität Tübingen]]<br />
* Institut für Chemie und Biochemie der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität Berlin]]<br />
* Institut für Biochemie und Biophysik der [[Friedrich-Schiller-Universität Jena]]<br />
* Institut für Chemie und Pharmazie der [[Julius-Maximilians-Universität Würzburg]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main]]<ref>{{Internetquelle |url=http://www.biochem.uni-frankfurt.de/index.php?id=65 |titel=Institut für Biochemie |werk=Institute of Biochemistry - Johann Wolfgang Goethe-University |hrsg= |datum= |abruf=2019-07-07 |sprache=en}}</ref><br />
* Institut für Biochemie und Molekularbiologie der [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn]]<br />
<br />
In Österreich:<br />
<br />
* Institut für BioChemie der [[Universität Graz]]<br />
* Centrum für Chemie und Biomedizin (CCB) der [[Medizinische Universität Innsbruck|Medizinischen Universität Innsbruck]] und der [[Leopold-Franzens-Universität Innsbruck]]<br />
* Institut für Biologische Chemie der [[Universität Wien]]<br />
<br />
In der Schweiz:<br />
<br />
* [[Biozentrum der Universität Basel]]<br />
* Institut für Biotechnologie an der [[ETH Zürich]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Universität Zürich]]<br />
<br />
== Gliederung ==<br />
Je nach Betrachtungswinkel wird die Biochemie in Bezug auf menschliche [[Erkrankung]]en als medizinische Biochemie, in Bezug auf [[Ökosystem]]e ökologische Biochemie, in Bezug auf Pflanzen als Pflanzenbiochemie, in Bezug auf das Immunsystem als [[Immunologie|Immunbiochemie]] und in Bezug auf das Nervensystem als [[Neurochemie]] bezeichnet. Ebenso wird die Biochemie nach Stoffgruppen eingeteilt, z.&nbsp;B. [[Proteinchemie]], [[Nukleinsäure]]biochemie, [[Kohlenhydrat]]biochemie und [[Lipid]]biochemie. [[Small molecule]]s werden von der [[Naturstoffchemie]] behandelt. Die [[Enzymologie]] und die [[Signaltransduktion]] stellen Sonderbereiche der Biochemie dar. Die [[Biophysikalische Chemie]] untersucht [[Biomolekül]]e und [[Lebewesen]] mit Methoden der [[Physikalische Chemie|physikalischen Chemie]].<br />
<br />
== Nobelpreisträger aus dem Fachgebiet ==<br />
In der nachfolgenden Galerie findet sich eine Auswahl wichtiger Nobelpreisträger, die für Forschungen auf dem Gebiet der Biochemie (oder deren unmittelbare Nachbardisziplinen) ausgezeichnet wurden:<br />
<br />
<gallery><br />
Datei:Emil-fischer.jpg|Hermann Emil Fischer erhielt 1902 den [[Nobelpreis für Chemie]] „als Anerkennung des außerordentlichen Verdienstes, das er sich durch seine Arbeiten auf dem Gebiet der [[Zucker]]- und [[Purine|Purin]]-Gruppen erworben hat“.<br />
File:Otto_Fritz_Meyerhof.jpg|Der Biochemiker [[Otto Fritz Meyerhof]] bekam 1922 gemeinsam mit [[Archibald Vivian Hill]] für seine Forschungen über den Stoffwechsel im Muskel den Nobelpreis.<br />
File:Otto_Heinrich_Warburg_(cropped).jpg|Otto Warburg erhielt 1931 für „die Entdeckung der Natur und der Funktion des Atmungsferments“ den Nobelpreis. Die [[Otto-Warburg-Medaille]] ist dagegen eine der wichtigsten Auszeichnungen im Bereich der Biochemie in Deutschland.<br />
File:Gerty_Theresa_Cori.jpg|1947 erhielten [[Gerty Cori|Gerty]] und [[Carl Ferdinand Cori|Carl Cori]] gemeinsam mit [[Bernardo Alberto Houssay]] den Nobelpreis für ihre biochemischen Arbeiten über den Zucker-Stoffwechsel.<br />
File:Hans_Adolf_Krebs.jpg|Auch für die Entdeckung des Citratzyklus von Hans Adolf Krebs gab es 1953 einen Nobelpreis.<br />
File:James_D_Watson.jpg|James D. Watson erhielt 1962 den Nobelpreis für seine Forschungen zur DNA.<br />
</gallery><br />
<br />
== Biochemiker ==<br />
=== Studium ===<br />
2008 gab es in Deutschland Studiengänge der Biochemie mit den Abschlüssen [[Diplom]], [[Bachelor]] und [[Master]]. Die Diplomstudiengänge werden schrittweise durch konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge ersetzt:<br />
* Der Diplomstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 9 bis 10 [[Semester]]n, eine Höchststudiendauer von 13 bis 14 Semestern und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Diplom-Biochemiker/in''.<br />
* Der Bachelorstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 6 bis 8 Semestern und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Bachelor of Science – Biochemie''.<br />
* Der Masterstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 3 bis 4 Semestern nach dem Bachelor und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Master of Science – Biochemie''.<br />
<br />
Neben dem reinen Biochemie-Studium besteht die Möglichkeit, die Fachrichtungen Chemie oder Biologie zu studieren und während des Studiums den Fächerkanon Biochemie zu vertiefen. Eine Spezialisierung erfolgt üblicherweise durch Biochemie als Wahlpflichtfach bzw. Hauptfach sowie die Anfertigung einer Diplom-, [[Bachelorarbeit|Bachelor-]] oder [[Masterarbeit]] im Bereich der Biochemie. Diese Variante bietet den Vorteil, dass sich Studienanfänger nicht direkt für ein reines Biochemie-Studium entscheiden müssen. Vielmehr haben sie die Möglichkeit, im Grundstudium verschiedene Fächer kennenzulernen, um sich dann während des Hauptstudiums zu spezialisieren, z.&nbsp;B. in Biochemie. Die Möglichkeit dazu ist an vielen Universitäten gegeben und die Regelstudienzeiten entsprechen denen der reinen Biochemie-Studiengänge. Bei den Bachelor- und Masterstudiengängen hat sich inzwischen im Bereich der [[Biowissenschaften]] eine Vielfalt von Studiengängen mit unterschiedlichen Namen und Spezialisierungen etabliert. Ihnen ist gemeinsam, dass sie besonderen Wert auf die molekularen Grundlagen legen und einen hohen Praxisanteil in der Ausbildung haben (siehe Weblinks). Außerdem überschneidet sich zumeist ein großer Teil des (Grund-)Studiums mit den Studiengängen der [[Chemiestudium|Chemie]] sowie der [[Biologiestudium|Biologie]], weist aber oft auch entscheidende Unterschiede auf (z.&nbsp;B. weniger Vertiefung im Bereich der [[Botanik]], [[Zoologie]] oder der [[Anorganische Chemie|Anorganischen Chemie]] als im Chemie- bzw. Biologie-Studium). Ein besonderer Wert wird im [[Studienordnung|Curriculum]] der Studiengänge auch auf die Module der [[Organische Chemie]], [[Physikalische Chemie|Physikalischen Chemie]] und der Biochemie gelegt, da diese eine erforderliche Grundkenntnis für die Tätigkeit als Biochemiker darstellen.<br />
<br />
=== Facharzt für Biochemie ===<br />
Es besteht auch die Möglichkeit, nach einem absolvierten [[Medizinstudium]] in Deutschland als ''[[Facharzt]] für Biochemie'' tätig zu werden. Hierfür bedarf es einer vierjährigen Weiterbildungszeit. Auf diese anrechenbar ist<br />
* Ein Jahr [[Innere Medizin]] oder [[Pädiatrie]]<br />
<br />
Am 31. Dezember 2010 waren 102 Fachärzte für Biochemie registriert, von denen einer niedergelassen war. 52 übten keine ärztliche Tätigkeit aus. Die Zahl der ärztlich tätigen registrierten Fachärzte für Biochemie reduzierte sich innerhalb des Jahrzehntes 2000–2010 um fast 50 %.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
{{Portal|Biochemie}}<br />
* [[Assimilation (Biologie)]]<br />
* [[Dissimilation (Biologie)]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
=== Lehrbücher ===<br />
* [[Siegfried Edlbacher]]: ''Kurzgefaßtes Lehrbuch der physiologischen Chemie.'' 3., umgearbeitete Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1936; 8. Auflage ebenda 1942.<br />
* Siegfried Edlbacher: ''Praktikum der physiologischen Chemie.'' 2., umgearbeitete Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1940.<br />
* A. Bertho, [[Wolfgang Grassmann]]: ''Biochemisches Praktikum.'' Walter de Gruyter & Co., Berlin 1936.<br />
* Friedrich August Legahn: ''Physiologische Chemie.'' Teil 1: ''Assimilation'', Teil 2: ''Dissimilation''. 3. Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin (= ''[[Sammlung Göschen]].'' Band 240–241).<br />
* Donald Voet et al.: ''Lehrbuch der Biochemie.'' Wiley-VCH, 2002, ISBN 3-527-30519-X.<br />
* Manfred Schartl, Manfred Gessler, Arnold von Eckardstein: ''Biochemie und Molekularbiologie des Menschen.'' Elsevier, München 2009, ISBN 978-3-437-43690-1.<br />
* Philipp Christen, Rolf Jaussi: ''Biochemie. Eine Einführung mit 40 Lerneinheiten.'' Springer-Verlag, 2005, ISBN 3-540-21164-0.<br />
* David L. Nelson, Michael M. Cox: ''Lehninger Biochemie.'' Springer, 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, korrigierter Nachdruck 2011 (Übersetzung der 5. amerikanischen Auflage), ISBN 978-3-540-68637-8.<br />
* Jeremy M. Berg, Lubert Stryer, John L. Tymoczko und diverse Übersetzer: ''Stryer Biochemie.'' 7. Auflage. Springer Spektrum, 2012, ISBN 978-3-8274-2988-9 ([https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK21154/ Online-Version der 5. Auflage von 2003, Volltextsuche (englisch)]).<br />
* David L. Nelson, Michael M. Cox: ''Lehninger Principles of Biochemistry.'' W. H. Freeman, 6th International Edition 2013, ISBN 978-1-4641-0962-1.<br />
* Peter C. Heinrich [[et al.]]: ''Löffler/Petrides: Biochemie und Pathobiochemie.'' 9., vollständig überarbeitete Auflage. Springer, 2014, ISBN 978-3-642-17971-6 (Print); ISBN 978-3-642-17972-3 (E-Book).<br />
* Florian Horn: ''Biochemie des Menschen – Das Lehrbuch für das Medizinstudium.'' 6., überarbeitete Auflage. Thieme, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-13-130886-3 (Taschenbuch).<br />
* [[Joachim Rassow]], Karin Hauser, Roland Netzker, Rainer Deutzmann: Duale Reihe ''Biochemie.'' 4. Auflage. Thieme, 2016, ISBN 978-3-13-125354-5 (Taschenbuch).<br />
* Jan Koolman, Klaus-Heinrich Röhm: ''Taschenatlas der Biochemie des Menschen.'' 5., überarbeitete Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-13-241740-3.<br />
<br />
=== Geschichte der organischen Chemie und Biochemie ===<br />
* Graeme K. Hunter: ''Vital Forces. The discovery of the molecular basis of life.'' Academic Press, London 2000, ISBN 0-12-361811-8 (englisch)<br />
* [[Paul Walden]]: Geschichte der organischen Chemie seit 1880, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 1972, ISBN 3-540-05267-4<br />
* Uschi Schling-Brodersen: ''Biochemie.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 182–183.<br />
<br />
=== Biochemische Wörterbücher ===<br />
* Peter Reuter: ''Taschenwörterbuch der Biochemie. Deutsch – Englisch / Englisch – Deutsch''. Birkhäuser Verlag, Basel / Boston / Berlin 2000, ISBN 3-7643-6197-2.<br />
<br />
=== Lehrmaterialien im Internet ===<br />
* [http://online-media.uni-marburg.de/chemie/bioorganic/index2.html Online-Grundkurs]<br />
* [http://employees.csbsju.edu/hjakubowski/classes/ch331/bcintro/default.html Biochemistry Online – An Approach Based on Chemical Logic (englisch)] – didaktisch hervorragendes Online-Lehrbuch<br />
* Michael W. King: [http://themedicalbiochemistrypage.org/ King’s Biochemistry]<br />
<br />
=== Biochemische Fachzeitschriften ===<br />
* [http://www.jbc.org/ ''The Journal of Biological Chemistry'' – JBC] (englisch) Zeitschrift der amerikanischen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie {{ISSN|0021-9258}}<br />
* [http://pubs.acs.org/journals/bichaw/ ''Biochemistry''] (englisch) {{ISSN|0006-2960}}<br />
* [http://www.biochemj.org/ ''Biochemical Journal''] (englisch) {{ISSN|0306-3275}}<br />
* [http://www.chembiol.com/ ''Chemistry and Biology''] (englisch) {{ISSN|1074-5521}}<br />
* [http://www.degruyter.com/view/j/bchm?rskey=DEot7B&result=9&q= ''Biological Chemistry''] (englisch) {{ISSN|1431-6730}}<br />
* [http://www.journals.elsevier.com/febs-letters/ ''FEBS Letters''] (englisch) {{ISSN|0014-5793}}<br />
* [http://www.elsevier.com/life-sciences/bba/ ''Biochimica et Biophysica Acta''] (englisch) {{ISSN|0006-3002}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Biochemistry|Biochemie}}<br />
{{Wikibooks|Biochemie und Pathobiochemie}}<br />
{{Wiktionary}}<br />
* [http://www.gbm-online.de/ GBM – Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie e.&nbsp;V.]<br />
* [http://www.gbm-online.de/studium-molekulare-biowissenschaften.html Studiengänge „Molekulare Biowissenschaften“ in Deutschland]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Teilbereiche der Chemie}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4006777-4|LCCN=sh/85/014171}}<br />
<br />
[[Kategorie:Biochemie| ]]<br />
[[Kategorie:Teilgebiet der Chemie]]<br />
[[Kategorie:Medizinisches Fachgebiet]]<br />
[[Kategorie:Biologische Disziplin]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Biochemie&diff=249080779Biochemie2024-10-02T17:49:32Z<p>ToXiDoc!: /* Wichtige Forschungsgebiete der modernen Biochemie */</p>
<hr />
<div>{{Dieser Artikel|behandelt das naturwissenschaftliche Fachgebiet Biochemie; zur gleichnamigen Mineralstofflehre siehe [[Schüßler-Salze]].}}<br />
<br />
Die '''Biochemie''' (zu griechisch {{lang|grc|βίος}} ''bíos'' ‚Leben‘, und zu „[[Chemie]]“) oder '''biologische Chemie''', früher auch '''physiologische Chemie''' genannt, ist die Lehre von chemischen Vorgängen in [[Lebewesen]], dem [[Stoffwechsel]]. Chemie, [[Biologie]] und [[Medizin]] sind in der Biochemie eng miteinander verzahnt.<br />
<br />
== Gegenstand ==<br />
[[Datei:1GZX Haemoglobin.png|miniatur|rechts|Struktur von [[Hämoglobin]] – einem weit verbreiteten Biomolekül]]<br />
<br />
Die Biochemie beschäftigt sich unter anderem mit:<br />
<br />
* der Untersuchung und Veränderung von [[Biomolekül]]en: wie sind die Biomoleküle aufgebaut, wie ist der [[Molekül|molekulare]] Aufbau des [[Organismus]] der Lebewesen, wie werden die molekularen Bausteine bereitgestellt und wie wechselwirken sie miteinander?<br />
* der Untersuchung des Stoffwechsels: welche [[Stoff (Chemie)|Stoffe]] werden von Lebewesen wie umgesetzt, welche [[Bioenergetik (Biologie)|bioenergetischen]] Voraussetzungen sind nötig, welche [[Biokatalysator]]en sind beteiligt, wie verlaufen die jeweiligen [[Reaktionsmechanismus|Mechanismen]] der Stoffumsätze und wie wird der Stoffwechsel gesteuert?<br />
* der Untersuchung des Informationsaustauschs innerhalb eines Organismus ([[Signaltransduktion]]) und zwischen Organismen: wie wird Information gespeichert, abgerufen und weitergeleitet, wie werden verschiedene Systeme innerhalb einer Zelle, zwischen verschiedenen Zellen und zwischen Organismen koordiniert?<br />
<br />
Im Zuge dessen konzentrieren sich die Betrachtungen auf die [[organische Verbindungen|organischen Stoffgruppen]] der [[Nukleinsäure]]n, [[Protein]]e, [[Lipid]]e, [[Kohlenhydrate]], [[Spurenelement]]e und [[Vitamine]], sowie deren [[Derivat (Chemie)|Derivate]], welche im Allgemeinen als Biomoleküle bezeichnet werden. Der überwiegende Teil der biochemisch wichtigen Vorgänge spielt sich in Lebewesen ab. Im Gegensatz zur [[organische Chemie|organischen Chemie]] in chemischen Laboren laufen bio[[chemische Reaktion]]en überwiegend in [[Wasser|wässrigem]] Milieu ab.<br />
<br />
== Methoden ==<br />
In der Biochemie wird eine Vielzahl von Methoden aus verschiedenen Gebieten angewandt. Die klassische Biochemie bedient sich vor allem der [[Analytische Chemie|analytischen Chemie]], [[Organische Chemie|organischen Chemie]], [[Physikalische Chemie|physikalischen Chemie]] und der [[Physik]]. Wichtige Techniken sind dabei (Ultra-)[[Zentrifugation]], [[Ultraschall]]aufschluss, [[SDS-PAGE|SDS-Gelelektrophorese]], [[Chromatographie]], [[Elektrophorese]], [[Spektroskopie]], [[Molekülmarkierung]], [[Isotop]]entechniken, [[Kristallisation]], [[Potentiometrie|potentiometrische]], [[Elektrometrie|elektrometrische]], [[Polarographie|polarographische]] und [[Manometrie|manometrische]] Techniken, verschiedene Methoden zum [[Zellaufschluss]], der [[Proteinreinigung|Reinigung]] und [[Proteincharakterisierung|Charakterisierung]] von Biomolekülen, der [[Informatik]], der [[Genetik]] und [[Molekularbiologie]], der [[Mikrobiologie]] und anderen Fächern. Hinzu kommt in der modernen Biochemie stets die quantitative Auswertung der Ergebnisse mit [[Mathematik|mathematischen]] Methoden und die Bildung von formalen Theorien mit Hilfe der Mathematik.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
[[Datei:Schlosslabor-Nebenraum Arbeitsfoto.jpg|mini|Schlosslabor Hohentübingen, um 1870, eines der frühesten biochemischen Labore, heute aktuelle Dauerausstellung „Schlosslabor Tübingen. Wiege der Biochemie“, [[Museum der Universität Tübingen|Museum der Universität Tübingen MUT]]]]<br />
[[Datei:Justus von Liebigs Labor, 1840.jpg|miniatur|rechts|Justus von Liebig in seinem Labor im Jahre 1840, einer Zeit, in der das Fach Biochemie noch ''Physiologische Chemie'' genannt wurde. Sechs Jahre später entdeckte von Liebig die Aminosäure ''Tyrosin''.]]<br />
[[Datei:Gallstones.jpg|miniatur|rechts|Im 19. Jahrhundert begann man, sich für die chemische Zusammensetzung von Gallensteinen zu interessieren. Auch klinische Bezüge zum Auftreten der Steine, bevorzugt bei Frauen und bei Adipositas, werden hergestellt und systematisch untersucht. Die frühen Biochemiker empfehlen zur Prävention Pflanzenkost.]]<br />
[[Datei:Kone med stor struma.jpg|miniatur|rechts|Die Heilung des Kropfes gelang ab 1820 auf dem Wege biochemischer Forschung. Am Anfang stand die Gabe von [[Jod]]. Erst 1926 erkannte man dann den Zusammenhang mit Hormonen.]]<br />
[[Datei:Eduardbuchner.jpg|miniatur|rechts|[[Eduard Buchner]] erhielt für seine biochemischen Forschungen 1907 den Nobelpreis.]]<br />
[[Datei:Banting and Best.jpg|miniatur|Mehr als zehn Versuchshunde benötigte Frederick Banting, bis Insulin 1921 als Heilmittel bei Diabetes nachgewiesen und entdeckt war.]]<br />
<br />
=== Anfänge ===<br />
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden von organischen Chemikern die stoffliche Zusammensetzung von Tieren und Pflanzen und ab etwa 1840 auch komplexe Stoffwechselvorgänge systematisch untersucht. Es konnte von biologischem Material durch die [[Elementaranalyse]] der Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Stickstoff- und Schwefelgehalt bestimmt werden. Ab 1860 konnten chemische [[Strukturformel]]n von Stoffen aus der elementaren Zusammensetzung durch gedankliche Kombination ermittelt werden, nun begann eine gründliche Suche nach den biologischen Körpern in Organismen. Die Suche war aufgrund der sehr geringen Stoffmenge von Biomolekülen und der mangelhaften Nachweismethoden&nbsp;– selbst die Elementaranalyse benötigte größere Stoffmengen&nbsp;– sehr zeitraubend und nicht immer erfolgreich. Erst mit Verbesserung der analytischen Geräte ab 1950 wurde die Suche und Strukturaufklärung von Biomolekülen einfacher. Eines der weltweit ersten biochemischen&nbsp;– damals physiologisch-chemischen&nbsp;– Labore wurde 1818 in der einstigen Küche des [[Schloss Hohentübingen|Schlosses Hohentübingen]] ([[Eberhard Karls Universität Tübingen]]) von [[Georg Carl Ludwig Sigwart]] und [[Julius Eugen Schlossberger]] eingerichtet. In ihm wurde von [[Felix Hoppe-Seyler]] 1861 das Hämoglobin und von seinem Schüler [[Friedrich Miescher]] 1869 die Nukleinsäure entdeckt.<br />
<br />
Das Fach ''Physiologische Chemie'' spaltete sich 1922 von der ''Physiologie'' ab. Grundsteine für eine physiologische Chemie wurden jedoch schon früher, beispielsweise um 1840 durch [[Johann Joseph von Scherer]], den Begründer der [[Klinische Chemie|Klinischen Chemie]], gelegt.<ref>Martin Sperling: ''Spezialisierung in der Medizin im Spiegel der Würzburger Geschichte.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen.'' Band 3, 1985, S. 153–184, hier: S. 166.</ref><ref>[[Dankwart Ackermann]]: ''Zur Entwicklung der Physiologie in Würzburg.'' In: ''Berichte der Physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Würzburg.'' Band 62, 1939, S. 32–38.</ref><br />
<br />
=== Proteine und Fette ===<br />
{{Hauptartikel|Fette|Protein}}<br />
Fette wurden von [[Eugène Chevreul]]<ref>Chevreul: ''Recherches chimiques sur les corps gras d'origine animale'', Paris 1823.</ref> und später von [[Heinrich Wilhelm Heintz]]<ref>Journ. pr. Chemie, '''68''', 1.</ref> untersucht. [[Gerardus Johannes Mulder]] konnte aus dem [[Fibrin]] des [[Blut]]es einen gelatinösen Niederschlag herstellen und gab ihm den Namen Protein. [[Louis-Nicolas Vauquelin]] untersuchte die Zusammensetzung der Haare und fand dort die chemischen Elemente Kohlenstoff, [[Wasserstoff]], [[Stickstoff]], [[Sauerstoff]] und [[Schwefel]].<br />
<br />
=== Aminosäure ===<br />
{{hauptartikel|Aminosäuren}}<br />
[[Pierre Jean Robiquet]] und [[Louis-Nicolas Vauquelin]] fanden auch die erste Aminosäure, die sie im Jahre 1805 isolierten: [[Asparagin]]. [[Joseph Louis Proust]] entdeckte [[Leucin]] (1818), [[Justus von Liebig]] [[Tyrosin]] (1846). Zwischen 1865 und 1901 wurden weitere 12 Aminosäuren entdeckt, davon entdeckte [[Ernst Schulze (Chemiker)|Ernst Schulze]] drei neue Aminosäuren: [[Glutamin]], [[Phenylalanin]] und [[Arginin]].<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''17''', 1610 (1884)</ref> Erste [[Peptidsynthese]]n wurden von [[Emil Fischer]] ab 1901 unternommen.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''40''', 1755, 1764 (1907)</ref><ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''35''', 3226 (1902).</ref><br />
<br />
[[Justus Liebig]] erkannte, dass in der Hefe ein besonderer Stoff enthalten sein musste, der die Gärung auslöst. Er nannte diesen Stoff ''Bios''. Zum ersten Mal verwendet wurde der Begriff ''Biochemie'', als [[Vinzenz Kletzinsky]] (1826–1882) im Jahre 1858 sein ''Compendium der Biochemie'' in Wien drucken ließ. [[Felix Hoppe-Seyler]] ([[Milchsäure]] aus [[Glykogen]], [[Oxidation]]s- und [[Reduktion (Chemie)|Reduktions]][[ferment]]en, [[Hämoglobin]]), Georg Carl Ludwig Sigwart ([[Analyse]]n von [[Galle]]n- und [[Harnstein]]en), [[Anselme Payen]] (1833: [[Amylase]]), Julius Eugen Schlossberger ([[Kreatin]], [[Hämocyanin]]) erweiterten die biochemischen Kenntnisse.<br />
<br />
=== Enzyme ===<br />
{{Hauptartikel|Enzym}}<br />
Entdeckt wurde [[Amylase]] (damals noch Diastase) 1833 vom französischen Chemiker [[Anselme Payen]] in einer Malzlösung. Damit war Diastase das erste Enzym, das man gefunden hat.<br />
<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts war auch bekannt, dass bei der [[Gärung]] von abgestorbenen Organismen der Sauerstoff aus der Luft nötig ist, ferner Temperatur und Wasser auf diesen Prozess einen Einfluss hatten. Bei toten Tieren und Menschen setzt die Fäulnisbildung zuerst an den Stellen ein, die mit der Luft in Berührung kommen. Auch bei pflanzlichen Stoffen, der Bildung von Alkohol aus einer Traubensaftlösung oder der Versäuerung von Milch erkannten Chemiker, allen voran [[Louis Pasteur]], Gärungsprozesse. Pasteur entdeckte bei der Untersuchung der wirtschaftlich bedeutsamen Zuckervergärung zu Alkohol durch Hefepilze, dass diese nicht wie bis dahin meist angenommen auf Fäulnisprozesse und abgestorbene Lebewesen zurückgehen, sondern ein Prozess in lebenden Organismen ist, die dafür Fermente (Enzyme) einsetzen. Der Körper, der diese Prozesse begünstigte, wurde ''Ferment'' genannt. [[Eduard Buchner]] entdeckte 1896 die zellfreie Gärung. [[James Batcheller Sumner]] isolierte 1926 das Enzym der Schwertbohne und behauptete, dass alle Enzyme Proteine sein müssten.<ref>Lehninger ''Grundkurs Biochemie'', Walter de Gruyter (1983), S. 65.</ref><br />
<br />
[[John Howard Northrop]] isolierte wenige Jahre später [[Pepsin]], [[Trypsin]] und [[Chymotrypsin]] in kristalliner Form und konnte Sumners Hypothese bestätigen.<br />
<br />
=== Nukleinsäure ===<br />
{{Hauptartikel|Nukleinsäuren}}<br />
Der Physiologe [[Friedrich Miescher]] hatte 1869 die Nucleoproteide im Zellkern entdeckt. [[Albrecht Kossel]] entdeckte die Nukleinsäure [[Adenin]] (1885).<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''18''', 79, (1885).</ref> Weitere Nukleinsäuren erhielt er aus tierischem Extrakt, und zwar [[Guanin]], [[Xanthin]] (1893)<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''26''', 2754 (1893).</ref>, [[Thymin]] (1894)<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''27''', 2221, (1894).</ref>, [[Cytosin]] und [[Uracil]] (1903).<ref>Hoppe Seylers Zeitschrift für physiologische Chemie '''38''', 49 (1903).</ref> Emil Fischer gelangen die ersten Synthesen des Adenins, [[Theophyllin]]s,<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''30''', 553, 2226 (1897).</ref> Thymins und Uracils (1897–1903).<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''34''', 3751 (1901).</ref> [[Phoebus Levene]] untersuchte die Verknüpfung von einer Nukleinsäure mit einer Pentose und einem Phosphat zum Mono-[[Nukleotid]]<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''42''', 335, 2469, 2474 (1909).</ref> (1908).<br />
<br />
=== Kohlenhydrate ===<br />
{{Hauptartikel|Kohlenhydrate}}<br />
Kohlenhydrate sind ein wichtiger Bestandteil unserer Nahrung, sie wurden daher zeitig von Biochemikern untersucht. Sowohl Stärke als auch Zucker werden zu [[Glucose]] abgebaut und bei einem Überangebot in der Leber als [[Glykogen]] gespeichert. Ein konstanter Blutzuckergehalt ist für das Gehirn und die Muskeln lebensnotwendig. [[Adolf von Baeyer]] gab 1870 bereits eine erste Formel zur Glucose an.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''3''', 66 (1870).</ref> [[Emil Fischer]] machte ab 1887 umfangreiche Forschungen zur Aufklärung der chemischen Strukturen von Zuckern mit [[Phenylhydrazin]] zu gut kristallisierbaren [[Osazon]]en.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''20''', 821 (1887).</ref> Im Jahr 1893 konnte er durch Umwandlung von Glucose mit Methanol zu Methylglykosid – das die [[Fehlingsche Lösung]] nicht reduzierte – beweisen, dass die Aldehydgruppe im Ring mit einer Hydroxygruppe verknüpft (glycosidisch) ist.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''26''', 2400 (1893).</ref> Später (1922) folgerte [[Burckhardt Helferich]], dass die Glucose in einem Sechsring (1,5-glykosidisch statt 1,4-glykosidisch) vorliegen musste.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''56''', 759 (1923).</ref> Weitere wichtige Arbeiten zur Zuckerchemie und deren strukturelle Darstellung leistete [[Norman Haworth]]; er synthetisierte auch erstmals das [[Vitamin C]] (bei Mangel tritt [[Skorbut]] auf), ein Säurederivat eines Zuckers.<br />
<br />
=== Vitamine ===<br />
{{Hauptartikel|Vitamin}}<br />
Durch mangelhafte Ernährung starben zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch viele Menschen. Im Jahr 1882 untersuchte [[Gustav von Bunge]] Ratten und Mäuse, die er nur mit Eiweiß, Kohlenhydraten und Fetten fütterte, deren Nahrung aber keine weiteren Beimischungen enthielten. Die Tiere starben. Menschen benötigen neben Eiweiß, Kohlenhydraten, Fetten noch Vitamine. Viele Vitamine wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgefunden. Die Strukturaufklärung des [[Cholesterin]]s (und damit der Gruppe der [[Steroid]]e) durch [[Adolf Windaus]] war für die Strukturaufklärung und Bildung von [[Vitamin D]] (bei dessen Mangel [[Rachitis]] auftritt) bedeutsam. Windaus war auch mit der Aufklärung der Summenformel und Struktur von [[Vitamin B1]] befasst. Sir [[Frederick Gowland Hopkins]], ein Pionier der Biochemie in Großbritannien und [[Casimir Funk]], der das Wort ''Vitamin'' prägte, leisteten bedeutende Forschungen zur Entdeckung des Vitamin B1 (bei Mangel tritt [[Beri-Beri]] auf). Hopkins entdeckte auch zwei essentielle [[Aminosäuren]] und wurde dafür 1929 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.<br />
Im Jahre 1926 entdeckte der Physiologe [[Otto Warburg (Biochemiker)|Otto Warburg]] das Atmungsferment [[Cytochromoxidase]], ein Ferment im [[Zitronensäurezyklus]] und für Redoxvorgänge der Zelle, wofür er 1931 den Nobelpreis erhielt.<br />
<br />
=== Hormone ===<br />
{{Hauptartikel|Hormon}}<br />
Stoffgruppen, die in menschlichen Organen produziert werden, nennt man nach [[Ernest Starling]] Hormone. [[Thomas Addison]] entdeckte 1849 eine Krankheit, die ihren Ursprung in den Nebennieren hat. T.&nbsp;B. Aldrich und [[Takamine Jōkichi]] (1901) extrahierten einen Stoff, den sie [[Adrenalin]] nannten, aus tierischen Nieren. Aldrich ermittelte die Summenformel und [[Friedrich Stolz (Chemiker)|Friedrich Stolz]] gelang die [[Synthese (Chemie)|chemische Synthese]] (1904). Damit gelang der Biochemie 1904 erstmals die künstliche Herstellung eines [[Hormon]]s.<br />
<br />
Die [[Struma|Kropfbildung]] ist eine weitere hormonelle Krankheit der [[Schilddrüse]], die seit 1820 nach Jean-Francois Coindet durch [[Iod]]gaben gemildert werden konnte. Erst 1915 glückte [[Edward Calvin Kendall]] die Isolierung einer kristallinischen Substanz der Schilddrüse. Er hielt sie fälschlicherweise für ein Oxindolderivat und nannte sie daher [[Thyroxin]]. Synthetisch wurde Thyroxin seit 1926 von [[Charles Robert Harington]] darstellbar.<br />
<br />
Im Jahre 1935 isolierte [[Ernst Laqueur]] aus [[Stierhoden]] das von ihm so benannte Sexualhormon [[Testosteron]]. Auch von [[Adolf Butenandt]] wurden die Geschlechtshormone untersucht. Im Jahr 1929 isolierte er mit [[Estron]] eines der weiblichen Sexualhormone. Zwei Jahre später isolierte er mit [[Androsteron]] ein männliches Geschlechtshormon. Im Jahr 1934 entdeckte er das Hormon [[Progesteron]]. Durch seine Forschung wurde gezeigt, dass die Geschlechtshormone eng mit [[Steroide]]n verwandt sind. Seine Untersuchungen auf dem Gebiet der Sexualhormone ermöglichte die Synthese von [[Cortison]] sowie andere Steroide. Dies führte schließlich zur Entwicklung von modernen Verhütungsmitteln.<br />
<br />
Der Mangel des Bauchspeichelhormons konnte durch Gabe von Rinder-[[Insulin]] 1920 durch [[Frederick Banting]] und Best gelindert werden. Erst 1953 wurde die Aminosäuresequenz von Insulin durch [[Frederick Sanger]] aufgeklärt.<br />
<br />
== Wichtige Forschungsgebiete der modernen Biochemie ==<br />
{{Belege fehlen}}<br />
In Lehrbüchern der Biochemie werden die Prozesse der [[Gärung]] von Zucker zu [[Ethanol]] und [[Milchsäure]] sowie der Aufbau von Glucose zu [[Glykogen]] ausführlich beschrieben. Diese Umwandlungen werden unter dem Stichwort [[Glykolyse]] zusammengefasst.<br />
<br />
Die Energiegewinnung in lebenden Zellen erfolgt über den Abbau von Fetten, Aminosäuren und Kohlenhydraten über Oxalacetat zu Citrat durch Acetyl-S-CoA unter Freisetzung von Kohlendioxid und Energie. Acetyl-S-CoA enthält ein wasserlösliches Vitamin – die [[Pantothensäure]]. Dieser Prozess wurde von H. Krebs 1937 untersucht und wird [[Citratzyklus]] genannt.<br />
<br />
Oxidationen von Biomolekülen in Zellen verlaufen über mehrere Enzyme, an denen das Vitamin B2 beteiligt ist. Ein für den Energiehaushalt der Körperzellen besonders bedeutsame Oxidation wird in Lehrbüchern als oxidative Phosphorylierung oder [[Atmungskette]] beschrieben.<br />
<br />
Ein weiterer biochemischer Prozess ist die [[Photosynthese]]. Kohlenstoffdioxid aus der Luft und Wasser wird durch Strahlungsenergie durch das Pigment Chlorophyll in Pflanzenzellen und [[Phototrophie|phototrophen]] Mikroorganismen in Kohlenhydrate und Sauerstoff überführt.<br />
<br />
In menschlichen und tierischen Organismen wird überschüssige Energie aus der Nahrung in Form von Fetten gespeichert. Bei Energiemangel der Zellen werden diese Fette wieder abgebaut. Dieser Prozess erfolgt über die Oxidation von Fettsäuren mittels Acetyl-CoA.<br />
<br />
Bei Krankheiten (schwerer Diabetes) oder extremem Nahrungsmangel greifen Zellen auch auf Aminosäuren zur Energiegewinnung zurück. Dabei werden Proteine zu Aminosäuren und diese zu Kohlendioxid abgebaut. Der [[Harnstoffzyklus]] beschreibt die ablaufenden Umwandlungen.<br />
<br />
In pflanzlichen und tierischen Zellen können Kohlenhydrate aus anderen Stoffen – beispielsweise der Milchsäure oder aus Aminosäuren – biochemisch aufgebaut werden. Die Untersuchungen zu den einzelnen biochemischen Schritten werden in [[Gluconeogenese]] untersucht.<br />
Ferner wurden die Biosynthesen von [[Aminosäure]]n, [[Nucleotid]]en, [[Porphyrin]]en, der [[Stickstoffzyklus]] in Pflanzen gründlich untersucht.<br />
<br />
Ein weiterer Teilbereich der biochemischen Forschung ist die [[Resorption]] und der Transport von Stoffwechselprodukten durch das Blutplasma.<br />
<br />
Die Weitergabe der gespeicherten Information im Zellkern auf der [[DNA]] (genauer: bestimmter Abschnitte der DNA, den [[Gen]]en) zur Herstellung von Enzymen verläuft über die [[Replikation]], [[Transkription (Biologie)|Transkription]] und [[Proteinbiosynthese]]. Dies ist ein wichtiges Gebiet der synthetischen Biochemie ([[Biotechnologie]]), da Bakterien auf ihrer zyklischen DNA ([[Plasmid]]en) dazu gebracht werden können, bestimmte Enzyme zu produzieren.<br />
<br />
Einzelne Proteine können mittels Gel-[[Elektrophorese]]<ref>Kurt Schlösser: ''Kurzzeit Elektrophorese'', Chemie in unserer Zeit (Februar 1971), S. 28–29.</ref> nachgewiesen werden. Durch den [[Edman-Abbau]] kann die Aminosäure-Sequenz des Proteins bestimmt werden.<br />
<br />
== Meilensteine der Biochemie ==<br />
[[Datei:Citratcyclus.svg|miniatur|rechts|300px|Der [[Citratzyklus]]&nbsp;– ein biochemischer Stoffwechselweg]]<br />
=== 19. Jahrhundert ===<br />
* 1805 – Entdeckung und Isolierung der ersten [[Aminosäure]] durch [[Pierre Jean Robiquet]] und [[Louis-Nicolas Vauquelin]]<br />
* 1828 – Synthese des organischen [[Harnstoff]]s aus anorganischem Ammoniumcyanat durch [[Friedrich Wöhler]]<br />
* 1833 – Entdeckung des ersten Enzyms (Diastase) durch [[Anselme Payen]]<br />
* 1869 – Entdeckung der Erbsubstanz [[Nuclein]] durch [[Friedrich Miescher]]<br />
* 1896 – Entdeckung der zellfreien [[Gärung]] durch [[Eduard Buchner]]<br />
<br />
=== 20. Jahrhundert ===<br />
* 1904 – Synthese eines Hormons (Testosteron) durch [[Friedrich Stolz (Chemiker)|Friedrich Stolz]]<br />
* 1926 – Entdeckung des Atmungsferments [[Cytochromoxidase]] durch Otto Warburg<br />
* 1927 – Isolierung von Vitamin C aus der Nebenniere, Orangensaft beziehungsweise Weißkohl durch [[Albert von Szent-Györgyi Nagyrápolt]]<br />
* 1929 – Aufklärung des Mechanismus der [[Glykolyse]] durch [[Gustav Embden]] und [[Otto Meyerhof]], sowie [[Jakub Parnas]]<br />
* 1932 – Aufklärung des [[Citratzyklus]] durch [[Hans Adolf Krebs]]<br />
* 1953 – Aufklärung der Struktur der [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]] durch [[James Watson]], [[Francis Crick]] und [[Rosalind Franklin]]<br />
<br />
== Forschungsinstitute im deutschen Sprachraum ==<br />
(Die Listen sind unvollständig)<br />
[[Datei:Ccb innsbruck.JPG|mini|Das Centrum für Chemie und Biomedizin (CCB) am Innrain in [[Innsbruck]]]]<br />
<br />
=== Max-Planck-Institute und Leibniz-Institute ===<br />
Führend in der biochemischen Forschung sind beispielsweise die ''Max-Planck-Institute'' der [[Max-Planck-Gesellschaft]], aber auch die ''Leibniz-Institute'' der [[Leibniz-Gemeinschaft]]:<br />
<br />
* [[Max-Planck-Institut für Biochemie]], [[Martinsried]]<br />
* [[Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie]], [[Berlin]]<br />
* [[Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie]], Halle (Saale)<br />
* [[EMBL|European Molecular Biology Laboratory]], Heidelberg<br />
* [[Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie]], [[Dortmund]]<br />
* [[Max-Planck-Institut für Biologie Tübingen|Max-Planck-Institut für Biologie]], [[Tübingen]]<br />
* [[Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften]], [[Göttingen]]<br />
* [[Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin]], [[Münster]]<br />
* [[Forschungszentrum caesar|Forschungszentrum caesar, Bonn]] (Center of Advanced European Studies and Research)<br />
<br />
=== Universitätsinstitute und Fakultäten ===<br />
Die Biochemie gehört zum festen Bestandteil der hochschulischen Ausbildung in den Naturwissenschaften. Vor allem Mediziner und Biologen, aber auch andere Naturwissenschaftler, widmen sich an den Universitäten dem Fach. So finden sich ''Institute für Biochemie'' an vielen deutschsprachigen Hochschulen:<br />
<br />
In Deutschland:<br />
<br />
* Institut für Biochemie der [[Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg]]<br />
* Institut für physiologische Chemie der [[Philipps-Universität Marburg]]<ref>{{Internetquelle|url=https://www.uni-marburg.de/fb20/physiolchemie|titel=Willkommen – Philipps-Universität Marburg – Institut für Physiologische Chemie |autor=loeffle1 |werk=uni-marburg.de |zugriff=2016-12-23}}</ref><br />
* Institut für Biochemie der [[Charité|Charité – Universitätsmedizin Berlin]]<ref>{{Literatur|Autor=Sylvia Rechel, Daniela Höcke|Titel=Institut für Biochemie|Sammelwerk=Name der Abteilung|Online=https://biochemie.charite.de/|Abruf=2016-12-23}}</ref><br />
* Institut für Biochemie der [[Universität Greifswald]]<ref>{{Internetquelle|url=https://biochemie.uni-greifswald.de/|titel=Biochemie – Universität Greifswald |hrsg=Universität Greifswald |werk=biochemie.uni-greifswald.de |zugriff=2018-06-01}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.uni-bonn.de/de |titel=Universität Bonn |sprache=de |abruf=2024-03-08}}</ref><br />
* Biochemisches Institut der [[Albert-Ludwigs-Universität Freiburg]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Georg-August-Universität Göttingen]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf|Heinrich-Heine Universität Düsseldorf]]<br />
* Zentrum für Biochemie der medizinischen Fakultät an der [[Universität zu Köln]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Ludwig-Maximilians-Universität München]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Universität Münster]]<br />
* Interfakultäres Institut für Biochemie der [[Eberhard Karls Universität Tübingen]]<br />
* Institut für Chemie und Biochemie der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität Berlin]]<br />
* Institut für Biochemie und Biophysik der [[Friedrich-Schiller-Universität Jena]]<br />
* Institut für Chemie und Pharmazie der [[Julius-Maximilians-Universität Würzburg]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main]]<ref>{{Internetquelle |url=http://www.biochem.uni-frankfurt.de/index.php?id=65 |titel=Institut für Biochemie |werk=Institute of Biochemistry - Johann Wolfgang Goethe-University |hrsg= |datum= |abruf=2019-07-07 |sprache=en}}</ref><br />
* Institut für Biochemie und Molekularbiologie der [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn]]<br />
<br />
In Österreich:<br />
<br />
* Institut für BioChemie der [[Universität Graz]]<br />
* Centrum für Chemie und Biomedizin (CCB) der [[Medizinische Universität Innsbruck|Medizinischen Universität Innsbruck]] und der [[Leopold-Franzens-Universität Innsbruck]]<br />
* Institut für Biologische Chemie der [[Universität Wien]]<br />
<br />
In der Schweiz:<br />
<br />
* [[Biozentrum der Universität Basel]]<br />
* Institut für Biotechnologie an der [[ETH Zürich]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Universität Zürich]]<br />
<br />
== Gliederung ==<br />
Je nach Betrachtungswinkel wird die Biochemie in Bezug auf menschliche [[Erkrankung]]en als medizinische Biochemie, in Bezug auf [[Ökosystem]]e ökologische Biochemie, in Bezug auf Pflanzen als Pflanzenbiochemie, in Bezug auf das Immunsystem als [[Immunologie|Immunbiochemie]] und in Bezug auf das Nervensystem als [[Neurochemie]] bezeichnet. Ebenso wird die Biochemie nach Stoffgruppen eingeteilt, z.&nbsp;B. [[Proteinchemie]], [[Nukleinsäure]]biochemie, [[Kohlenhydrat]]biochemie und [[Lipid]]biochemie. [[Small molecule]]s werden von der [[Naturstoffchemie]] behandelt. Die [[Enzymologie]] und die [[Signaltransduktion]] stellen Sonderbereiche der Biochemie dar. Die [[Biophysikalische Chemie]] untersucht [[Biomolekül]]e und [[Lebewesen]] mit Methoden der [[Physikalische Chemie|physikalischen Chemie]].<br />
<br />
== Nobelpreisträger aus dem Fachgebiet ==<br />
In der nachfolgenden Galerie findet sich eine Auswahl wichtiger Nobelpreisträger, die für Forschungen auf dem Gebiet der Biochemie (oder deren unmittelbare Nachbardisziplinen) ausgezeichnet wurden:<br />
<br />
<gallery><br />
Datei:Emil-fischer.jpg|Hermann Emil Fischer erhielt 1902 den [[Nobelpreis für Chemie]] „als Anerkennung des außerordentlichen Verdienstes, das er sich durch seine Arbeiten auf dem Gebiet der [[Zucker]]- und [[Purine|Purin]]-Gruppen erworben hat“.<br />
File:Otto_Fritz_Meyerhof.jpg|Der Biochemiker [[Otto Fritz Meyerhof]] bekam 1922 gemeinsam mit [[Archibald Vivian Hill]] für seine Forschungen über den Stoffwechsel im Muskel den Nobelpreis.<br />
File:Otto_Heinrich_Warburg_(cropped).jpg|Otto Warburg erhielt 1931 für „die Entdeckung der Natur und der Funktion des Atmungsferments“ den Nobelpreis. Die [[Otto-Warburg-Medaille]] ist dagegen eine der wichtigsten Auszeichnungen im Bereich der Biochemie in Deutschland.<br />
File:Gerty_Theresa_Cori.jpg|1947 erhielten [[Gerty Cori|Gerty]] und [[Carl Ferdinand Cori|Carl Cori]] gemeinsam mit [[Bernardo Alberto Houssay]] den Nobelpreis für ihre biochemischen Arbeiten über den Zucker-Stoffwechsel.<br />
File:Hans_Adolf_Krebs.jpg|Auch für die Entdeckung des Citratzyklus von Hans Adolf Krebs gab es 1953 einen Nobelpreis.<br />
File:James_D_Watson.jpg|James D. Watson erhielt 1962 den Nobelpreis für seine Forschungen zur DNA.<br />
</gallery><br />
<br />
== Biochemiker ==<br />
=== Studium ===<br />
2008 gab es in Deutschland Studiengänge der Biochemie mit den Abschlüssen [[Diplom]], [[Bachelor]] und [[Master]]. Die Diplomstudiengänge werden schrittweise durch konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge ersetzt:<br />
* Der Diplomstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 9 bis 10 [[Semester]]n, eine Höchststudiendauer von 13 bis 14 Semestern und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Diplom-Biochemiker/in''.<br />
* Der Bachelorstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 6 bis 8 Semestern und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Bachelor of Science – Biochemie''.<br />
* Der Masterstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 3 bis 4 Semestern nach dem Bachelor und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Master of Science – Biochemie''.<br />
<br />
Neben dem reinen Biochemie-Studium besteht die Möglichkeit, die Fachrichtungen Chemie oder Biologie zu studieren und während des Studiums den Fächerkanon Biochemie zu vertiefen. Eine Spezialisierung erfolgt üblicherweise durch Biochemie als Wahlpflichtfach bzw. Hauptfach sowie die Anfertigung einer Diplom-, [[Bachelorarbeit|Bachelor-]] oder [[Masterarbeit]] im Bereich der Biochemie. Diese Variante bietet den Vorteil, dass sich Studienanfänger nicht direkt für ein reines Biochemie-Studium entscheiden müssen. Vielmehr haben sie die Möglichkeit, im Grundstudium verschiedene Fächer kennenzulernen, um sich dann während des Hauptstudiums zu spezialisieren, z.&nbsp;B. in Biochemie. Die Möglichkeit dazu ist an vielen Universitäten gegeben und die Regelstudienzeiten entsprechen denen der reinen Biochemie-Studiengänge. Bei den Bachelor- und Masterstudiengängen hat sich inzwischen im Bereich der [[Biowissenschaften]] eine Vielfalt von Studiengängen mit unterschiedlichen Namen und Spezialisierungen etabliert. Ihnen ist gemeinsam, dass sie besonderen Wert auf die molekularen Grundlagen legen und einen hohen Praxisanteil in der Ausbildung haben (siehe Weblinks). Außerdem überschneidet sich zumeist ein großer Teil des (Grund-)Studiums mit den Studiengängen der [[Chemiestudium|Chemie]] sowie der [[Biologiestudium|Biologie]], weist aber oft auch entscheidende Unterschiede auf (z.&nbsp;B. weniger Vertiefung im Bereich der [[Botanik]], [[Zoologie]] oder der [[Anorganische Chemie|Anorganischen Chemie]] als im Chemie- bzw. Biologie-Studium). Ein besonderer Wert wird im [[Studienordnung|Curriculum]] der Studiengänge auch auf die Module der [[Organische Chemie]], [[Physikalische Chemie|Physikalischen Chemie]] und der Biochemie gelegt, da diese eine erforderliche Grundkenntnis für die Tätigkeit als Biochemiker darstellen.<br />
<br />
=== Facharzt für Biochemie ===<br />
Es besteht auch die Möglichkeit, nach einem absolvierten [[Medizinstudium]] in Deutschland als ''[[Facharzt]] für Biochemie'' tätig zu werden. Hierfür bedarf es einer vierjährigen Weiterbildungszeit. Auf diese anrechenbar ist<br />
* Ein Jahr [[Innere Medizin]] oder [[Pädiatrie]]<br />
<br />
Am 31. Dezember 2010 waren 102 Fachärzte für Biochemie registriert, von denen einer niedergelassen war. 52 übten keine ärztliche Tätigkeit aus. Die Zahl der ärztlich tätigen registrierten Fachärzte für Biochemie reduzierte sich innerhalb des Jahrzehntes 2000–2010 um fast 50 %.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
{{Portal|Biochemie}}<br />
* [[Assimilation (Biologie)]]<br />
* [[Dissimilation (Biologie)]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
=== Lehrbücher ===<br />
* [[Siegfried Edlbacher]]: ''Kurzgefaßtes Lehrbuch der physiologischen Chemie.'' 3., umgearbeitete Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1936; 8. Auflage ebenda 1942.<br />
* Siegfried Edlbacher: ''Praktikum der physiologischen Chemie.'' 2., umgearbeitete Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1940.<br />
* A. Bertho, [[Wolfgang Grassmann]]: ''Biochemisches Praktikum.'' Walter de Gruyter & Co., Berlin 1936.<br />
* Friedrich August Legahn: ''Physiologische Chemie.'' Teil 1: ''Assimilation'', Teil 2: ''Dissimilation''. 3. Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin (= ''[[Sammlung Göschen]].'' Band 240–241).<br />
* Donald Voet et al.: ''Lehrbuch der Biochemie.'' Wiley-VCH, 2002, ISBN 3-527-30519-X.<br />
* Manfred Schartl, Manfred Gessler, Arnold von Eckardstein: ''Biochemie und Molekularbiologie des Menschen.'' Elsevier, München 2009, ISBN 978-3-437-43690-1.<br />
* Philipp Christen, Rolf Jaussi: ''Biochemie. Eine Einführung mit 40 Lerneinheiten.'' Springer-Verlag, 2005, ISBN 3-540-21164-0.<br />
* David L. Nelson, Michael M. Cox: ''Lehninger Biochemie.'' Springer, 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, korrigierter Nachdruck 2011 (Übersetzung der 5. amerikanischen Auflage), ISBN 978-3-540-68637-8.<br />
* Jeremy M. Berg, Lubert Stryer, John L. Tymoczko und diverse Übersetzer: ''Stryer Biochemie.'' 7. Auflage. Springer Spektrum, 2012, ISBN 978-3-8274-2988-9 ([https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK21154/ Online-Version der 5. Auflage von 2003, Volltextsuche (englisch)]).<br />
* David L. Nelson, Michael M. Cox: ''Lehninger Principles of Biochemistry.'' W. H. Freeman, 6th International Edition 2013, ISBN 978-1-4641-0962-1.<br />
* Peter C. Heinrich [[et al.]]: ''Löffler/Petrides: Biochemie und Pathobiochemie.'' 9., vollständig überarbeitete Auflage. Springer, 2014, ISBN 978-3-642-17971-6 (Print); ISBN 978-3-642-17972-3 (E-Book).<br />
* Florian Horn: ''Biochemie des Menschen – Das Lehrbuch für das Medizinstudium.'' 6., überarbeitete Auflage. Thieme, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-13-130886-3 (Taschenbuch).<br />
* [[Joachim Rassow]], Karin Hauser, Roland Netzker, Rainer Deutzmann: Duale Reihe ''Biochemie.'' 4. Auflage. Thieme, 2016, ISBN 978-3-13-125354-5 (Taschenbuch).<br />
* Jan Koolman, Klaus-Heinrich Röhm: ''Taschenatlas der Biochemie des Menschen.'' 5., überarbeitete Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-13-241740-3.<br />
<br />
=== Geschichte der organischen Chemie und Biochemie ===<br />
* Graeme K. Hunter: ''Vital Forces. The discovery of the molecular basis of life.'' Academic Press, London 2000, ISBN 0-12-361811-8 (englisch)<br />
* [[Paul Walden]]: Geschichte der organischen Chemie seit 1880, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 1972, ISBN 3-540-05267-4<br />
* Uschi Schling-Brodersen: ''Biochemie.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 182–183.<br />
<br />
=== Biochemische Wörterbücher ===<br />
* Peter Reuter: ''Taschenwörterbuch der Biochemie. Deutsch – Englisch / Englisch – Deutsch''. Birkhäuser Verlag, Basel / Boston / Berlin 2000, ISBN 3-7643-6197-2.<br />
<br />
=== Lehrmaterialien im Internet ===<br />
* [http://online-media.uni-marburg.de/chemie/bioorganic/index2.html Online-Grundkurs]<br />
* [http://employees.csbsju.edu/hjakubowski/classes/ch331/bcintro/default.html Biochemistry Online – An Approach Based on Chemical Logic (englisch)] – didaktisch hervorragendes Online-Lehrbuch<br />
* Michael W. King: [http://themedicalbiochemistrypage.org/ King’s Biochemistry]<br />
<br />
=== Biochemische Fachzeitschriften ===<br />
* [http://www.jbc.org/ ''The Journal of Biological Chemistry'' – JBC] (englisch) Zeitschrift der amerikanischen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie {{ISSN|0021-9258}}<br />
* [http://pubs.acs.org/journals/bichaw/ ''Biochemistry''] (englisch) {{ISSN|0006-2960}}<br />
* [http://www.biochemj.org/ ''Biochemical Journal''] (englisch) {{ISSN|0306-3275}}<br />
* [http://www.chembiol.com/ ''Chemistry and Biology''] (englisch) {{ISSN|1074-5521}}<br />
* [http://www.degruyter.com/view/j/bchm?rskey=DEot7B&result=9&q= ''Biological Chemistry''] (englisch) {{ISSN|1431-6730}}<br />
* [http://www.journals.elsevier.com/febs-letters/ ''FEBS Letters''] (englisch) {{ISSN|0014-5793}}<br />
* [http://www.elsevier.com/life-sciences/bba/ ''Biochimica et Biophysica Acta''] (englisch) {{ISSN|0006-3002}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Biochemistry|Biochemie}}<br />
{{Wikibooks|Biochemie und Pathobiochemie}}<br />
{{Wiktionary}}<br />
* [http://www.gbm-online.de/ GBM – Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie e.&nbsp;V.]<br />
* [http://www.gbm-online.de/studium-molekulare-biowissenschaften.html Studiengänge „Molekulare Biowissenschaften“ in Deutschland]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Teilbereiche der Chemie}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4006777-4|LCCN=sh/85/014171}}<br />
<br />
[[Kategorie:Biochemie| ]]<br />
[[Kategorie:Teilgebiet der Chemie]]<br />
[[Kategorie:Medizinisches Fachgebiet]]<br />
[[Kategorie:Biologische Disziplin]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Biochemie&diff=249080657Biochemie2024-10-02T17:43:07Z<p>ToXiDoc!: /* Max-Planck-Institute und Leibniz-Institute */</p>
<hr />
<div>{{Dieser Artikel|behandelt das naturwissenschaftliche Fachgebiet Biochemie; zur gleichnamigen Mineralstofflehre siehe [[Schüßler-Salze]].}}<br />
<br />
Die '''Biochemie''' (zu griechisch {{lang|grc|βίος}} ''bíos'' ‚Leben‘, und zu „[[Chemie]]“) oder '''biologische Chemie''', früher auch '''physiologische Chemie''' genannt, ist die Lehre von chemischen Vorgängen in [[Lebewesen]], dem [[Stoffwechsel]]. Chemie, [[Biologie]] und [[Medizin]] sind in der Biochemie eng miteinander verzahnt.<br />
<br />
== Gegenstand ==<br />
[[Datei:1GZX Haemoglobin.png|miniatur|rechts|Struktur von [[Hämoglobin]] – einem weit verbreiteten Biomolekül]]<br />
<br />
Die Biochemie beschäftigt sich unter anderem mit:<br />
<br />
* der Untersuchung und Veränderung von [[Biomolekül]]en: wie sind die Biomoleküle aufgebaut, wie ist der [[Molekül|molekulare]] Aufbau des [[Organismus]] der Lebewesen, wie werden die molekularen Bausteine bereitgestellt und wie wechselwirken sie miteinander?<br />
* der Untersuchung des Stoffwechsels: welche [[Stoff (Chemie)|Stoffe]] werden von Lebewesen wie umgesetzt, welche [[Bioenergetik (Biologie)|bioenergetischen]] Voraussetzungen sind nötig, welche [[Biokatalysator]]en sind beteiligt, wie verlaufen die jeweiligen [[Reaktionsmechanismus|Mechanismen]] der Stoffumsätze und wie wird der Stoffwechsel gesteuert?<br />
* der Untersuchung des Informationsaustauschs innerhalb eines Organismus ([[Signaltransduktion]]) und zwischen Organismen: wie wird Information gespeichert, abgerufen und weitergeleitet, wie werden verschiedene Systeme innerhalb einer Zelle, zwischen verschiedenen Zellen und zwischen Organismen koordiniert?<br />
<br />
Im Zuge dessen konzentrieren sich die Betrachtungen auf die [[organische Verbindungen|organischen Stoffgruppen]] der [[Nukleinsäure]]n, [[Protein]]e, [[Lipid]]e, [[Kohlenhydrate]], [[Spurenelement]]e und [[Vitamine]], sowie deren [[Derivat (Chemie)|Derivate]], welche im Allgemeinen als Biomoleküle bezeichnet werden. Der überwiegende Teil der biochemisch wichtigen Vorgänge spielt sich in Lebewesen ab. Im Gegensatz zur [[organische Chemie|organischen Chemie]] in chemischen Laboren laufen bio[[chemische Reaktion]]en überwiegend in [[Wasser|wässrigem]] Milieu ab.<br />
<br />
== Methoden ==<br />
In der Biochemie wird eine Vielzahl von Methoden aus verschiedenen Gebieten angewandt. Die klassische Biochemie bedient sich vor allem der [[Analytische Chemie|analytischen Chemie]], [[Organische Chemie|organischen Chemie]], [[Physikalische Chemie|physikalischen Chemie]] und der [[Physik]]. Wichtige Techniken sind dabei (Ultra-)[[Zentrifugation]], [[Ultraschall]]aufschluss, [[SDS-PAGE|SDS-Gelelektrophorese]], [[Chromatographie]], [[Elektrophorese]], [[Spektroskopie]], [[Molekülmarkierung]], [[Isotop]]entechniken, [[Kristallisation]], [[Potentiometrie|potentiometrische]], [[Elektrometrie|elektrometrische]], [[Polarographie|polarographische]] und [[Manometrie|manometrische]] Techniken, verschiedene Methoden zum [[Zellaufschluss]], der [[Proteinreinigung|Reinigung]] und [[Proteincharakterisierung|Charakterisierung]] von Biomolekülen, der [[Informatik]], der [[Genetik]] und [[Molekularbiologie]], der [[Mikrobiologie]] und anderen Fächern. Hinzu kommt in der modernen Biochemie stets die quantitative Auswertung der Ergebnisse mit [[Mathematik|mathematischen]] Methoden und die Bildung von formalen Theorien mit Hilfe der Mathematik.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
[[Datei:Schlosslabor-Nebenraum Arbeitsfoto.jpg|mini|Schlosslabor Hohentübingen, um 1870, eines der frühesten biochemischen Labore, heute aktuelle Dauerausstellung „Schlosslabor Tübingen. Wiege der Biochemie“, [[Museum der Universität Tübingen|Museum der Universität Tübingen MUT]]]]<br />
[[Datei:Justus von Liebigs Labor, 1840.jpg|miniatur|rechts|Justus von Liebig in seinem Labor im Jahre 1840, einer Zeit, in der das Fach Biochemie noch ''Physiologische Chemie'' genannt wurde. Sechs Jahre später entdeckte von Liebig die Aminosäure ''Tyrosin''.]]<br />
[[Datei:Gallstones.jpg|miniatur|rechts|Im 19. Jahrhundert begann man, sich für die chemische Zusammensetzung von Gallensteinen zu interessieren. Auch klinische Bezüge zum Auftreten der Steine, bevorzugt bei Frauen und bei Adipositas, werden hergestellt und systematisch untersucht. Die frühen Biochemiker empfehlen zur Prävention Pflanzenkost.]]<br />
[[Datei:Kone med stor struma.jpg|miniatur|rechts|Die Heilung des Kropfes gelang ab 1820 auf dem Wege biochemischer Forschung. Am Anfang stand die Gabe von [[Jod]]. Erst 1926 erkannte man dann den Zusammenhang mit Hormonen.]]<br />
[[Datei:Eduardbuchner.jpg|miniatur|rechts|[[Eduard Buchner]] erhielt für seine biochemischen Forschungen 1907 den Nobelpreis.]]<br />
[[Datei:Banting and Best.jpg|miniatur|Mehr als zehn Versuchshunde benötigte Frederick Banting, bis Insulin 1921 als Heilmittel bei Diabetes nachgewiesen und entdeckt war.]]<br />
<br />
=== Anfänge ===<br />
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden von organischen Chemikern die stoffliche Zusammensetzung von Tieren und Pflanzen und ab etwa 1840 auch komplexe Stoffwechselvorgänge systematisch untersucht. Es konnte von biologischem Material durch die [[Elementaranalyse]] der Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Stickstoff- und Schwefelgehalt bestimmt werden. Ab 1860 konnten chemische [[Strukturformel]]n von Stoffen aus der elementaren Zusammensetzung durch gedankliche Kombination ermittelt werden, nun begann eine gründliche Suche nach den biologischen Körpern in Organismen. Die Suche war aufgrund der sehr geringen Stoffmenge von Biomolekülen und der mangelhaften Nachweismethoden&nbsp;– selbst die Elementaranalyse benötigte größere Stoffmengen&nbsp;– sehr zeitraubend und nicht immer erfolgreich. Erst mit Verbesserung der analytischen Geräte ab 1950 wurde die Suche und Strukturaufklärung von Biomolekülen einfacher. Eines der weltweit ersten biochemischen&nbsp;– damals physiologisch-chemischen&nbsp;– Labore wurde 1818 in der einstigen Küche des [[Schloss Hohentübingen|Schlosses Hohentübingen]] ([[Eberhard Karls Universität Tübingen]]) von [[Georg Carl Ludwig Sigwart]] und [[Julius Eugen Schlossberger]] eingerichtet. In ihm wurde von [[Felix Hoppe-Seyler]] 1861 das Hämoglobin und von seinem Schüler [[Friedrich Miescher]] 1869 die Nukleinsäure entdeckt.<br />
<br />
Das Fach ''Physiologische Chemie'' spaltete sich 1922 von der ''Physiologie'' ab. Grundsteine für eine physiologische Chemie wurden jedoch schon früher, beispielsweise um 1840 durch [[Johann Joseph von Scherer]], den Begründer der [[Klinische Chemie|Klinischen Chemie]], gelegt.<ref>Martin Sperling: ''Spezialisierung in der Medizin im Spiegel der Würzburger Geschichte.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen.'' Band 3, 1985, S. 153–184, hier: S. 166.</ref><ref>[[Dankwart Ackermann]]: ''Zur Entwicklung der Physiologie in Würzburg.'' In: ''Berichte der Physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Würzburg.'' Band 62, 1939, S. 32–38.</ref><br />
<br />
=== Proteine und Fette ===<br />
{{Hauptartikel|Fette|Protein}}<br />
Fette wurden von [[Eugène Chevreul]]<ref>Chevreul: ''Recherches chimiques sur les corps gras d'origine animale'', Paris 1823.</ref> und später von [[Heinrich Wilhelm Heintz]]<ref>Journ. pr. Chemie, '''68''', 1.</ref> untersucht. [[Gerardus Johannes Mulder]] konnte aus dem [[Fibrin]] des [[Blut]]es einen gelatinösen Niederschlag herstellen und gab ihm den Namen Protein. [[Louis-Nicolas Vauquelin]] untersuchte die Zusammensetzung der Haare und fand dort die chemischen Elemente Kohlenstoff, [[Wasserstoff]], [[Stickstoff]], [[Sauerstoff]] und [[Schwefel]].<br />
<br />
=== Aminosäure ===<br />
{{hauptartikel|Aminosäuren}}<br />
[[Pierre Jean Robiquet]] und [[Louis-Nicolas Vauquelin]] fanden auch die erste Aminosäure, die sie im Jahre 1805 isolierten: [[Asparagin]]. [[Joseph Louis Proust]] entdeckte [[Leucin]] (1818), [[Justus von Liebig]] [[Tyrosin]] (1846). Zwischen 1865 und 1901 wurden weitere 12 Aminosäuren entdeckt, davon entdeckte [[Ernst Schulze (Chemiker)|Ernst Schulze]] drei neue Aminosäuren: [[Glutamin]], [[Phenylalanin]] und [[Arginin]].<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''17''', 1610 (1884)</ref> Erste [[Peptidsynthese]]n wurden von [[Emil Fischer]] ab 1901 unternommen.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''40''', 1755, 1764 (1907)</ref><ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''35''', 3226 (1902).</ref><br />
<br />
[[Justus Liebig]] erkannte, dass in der Hefe ein besonderer Stoff enthalten sein musste, der die Gärung auslöst. Er nannte diesen Stoff ''Bios''. Zum ersten Mal verwendet wurde der Begriff ''Biochemie'', als [[Vinzenz Kletzinsky]] (1826–1882) im Jahre 1858 sein ''Compendium der Biochemie'' in Wien drucken ließ. [[Felix Hoppe-Seyler]] ([[Milchsäure]] aus [[Glykogen]], [[Oxidation]]s- und [[Reduktion (Chemie)|Reduktions]][[ferment]]en, [[Hämoglobin]]), Georg Carl Ludwig Sigwart ([[Analyse]]n von [[Galle]]n- und [[Harnstein]]en), [[Anselme Payen]] (1833: [[Amylase]]), Julius Eugen Schlossberger ([[Kreatin]], [[Hämocyanin]]) erweiterten die biochemischen Kenntnisse.<br />
<br />
=== Enzyme ===<br />
{{Hauptartikel|Enzym}}<br />
Entdeckt wurde [[Amylase]] (damals noch Diastase) 1833 vom französischen Chemiker [[Anselme Payen]] in einer Malzlösung. Damit war Diastase das erste Enzym, das man gefunden hat.<br />
<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts war auch bekannt, dass bei der [[Gärung]] von abgestorbenen Organismen der Sauerstoff aus der Luft nötig ist, ferner Temperatur und Wasser auf diesen Prozess einen Einfluss hatten. Bei toten Tieren und Menschen setzt die Fäulnisbildung zuerst an den Stellen ein, die mit der Luft in Berührung kommen. Auch bei pflanzlichen Stoffen, der Bildung von Alkohol aus einer Traubensaftlösung oder der Versäuerung von Milch erkannten Chemiker, allen voran [[Louis Pasteur]], Gärungsprozesse. Pasteur entdeckte bei der Untersuchung der wirtschaftlich bedeutsamen Zuckervergärung zu Alkohol durch Hefepilze, dass diese nicht wie bis dahin meist angenommen auf Fäulnisprozesse und abgestorbene Lebewesen zurückgehen, sondern ein Prozess in lebenden Organismen ist, die dafür Fermente (Enzyme) einsetzen. Der Körper, der diese Prozesse begünstigte, wurde ''Ferment'' genannt. [[Eduard Buchner]] entdeckte 1896 die zellfreie Gärung. [[James Batcheller Sumner]] isolierte 1926 das Enzym der Schwertbohne und behauptete, dass alle Enzyme Proteine sein müssten.<ref>Lehninger ''Grundkurs Biochemie'', Walter de Gruyter (1983), S. 65.</ref><br />
<br />
[[John Howard Northrop]] isolierte wenige Jahre später [[Pepsin]], [[Trypsin]] und [[Chymotrypsin]] in kristalliner Form und konnte Sumners Hypothese bestätigen.<br />
<br />
=== Nukleinsäure ===<br />
{{Hauptartikel|Nukleinsäuren}}<br />
Der Physiologe [[Friedrich Miescher]] hatte 1869 die Nucleoproteide im Zellkern entdeckt. [[Albrecht Kossel]] entdeckte die Nukleinsäure [[Adenin]] (1885).<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''18''', 79, (1885).</ref> Weitere Nukleinsäuren erhielt er aus tierischem Extrakt, und zwar [[Guanin]], [[Xanthin]] (1893)<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''26''', 2754 (1893).</ref>, [[Thymin]] (1894)<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''27''', 2221, (1894).</ref>, [[Cytosin]] und [[Uracil]] (1903).<ref>Hoppe Seylers Zeitschrift für physiologische Chemie '''38''', 49 (1903).</ref> Emil Fischer gelangen die ersten Synthesen des Adenins, [[Theophyllin]]s,<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''30''', 553, 2226 (1897).</ref> Thymins und Uracils (1897–1903).<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''34''', 3751 (1901).</ref> [[Phoebus Levene]] untersuchte die Verknüpfung von einer Nukleinsäure mit einer Pentose und einem Phosphat zum Mono-[[Nukleotid]]<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''42''', 335, 2469, 2474 (1909).</ref> (1908).<br />
<br />
=== Kohlenhydrate ===<br />
{{Hauptartikel|Kohlenhydrate}}<br />
Kohlenhydrate sind ein wichtiger Bestandteil unserer Nahrung, sie wurden daher zeitig von Biochemikern untersucht. Sowohl Stärke als auch Zucker werden zu [[Glucose]] abgebaut und bei einem Überangebot in der Leber als [[Glykogen]] gespeichert. Ein konstanter Blutzuckergehalt ist für das Gehirn und die Muskeln lebensnotwendig. [[Adolf von Baeyer]] gab 1870 bereits eine erste Formel zur Glucose an.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''3''', 66 (1870).</ref> [[Emil Fischer]] machte ab 1887 umfangreiche Forschungen zur Aufklärung der chemischen Strukturen von Zuckern mit [[Phenylhydrazin]] zu gut kristallisierbaren [[Osazon]]en.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''20''', 821 (1887).</ref> Im Jahr 1893 konnte er durch Umwandlung von Glucose mit Methanol zu Methylglykosid – das die [[Fehlingsche Lösung]] nicht reduzierte – beweisen, dass die Aldehydgruppe im Ring mit einer Hydroxygruppe verknüpft (glycosidisch) ist.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''26''', 2400 (1893).</ref> Später (1922) folgerte [[Burckhardt Helferich]], dass die Glucose in einem Sechsring (1,5-glykosidisch statt 1,4-glykosidisch) vorliegen musste.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''56''', 759 (1923).</ref> Weitere wichtige Arbeiten zur Zuckerchemie und deren strukturelle Darstellung leistete [[Norman Haworth]]; er synthetisierte auch erstmals das [[Vitamin C]] (bei Mangel tritt [[Skorbut]] auf), ein Säurederivat eines Zuckers.<br />
<br />
=== Vitamine ===<br />
{{Hauptartikel|Vitamin}}<br />
Durch mangelhafte Ernährung starben zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch viele Menschen. Im Jahr 1882 untersuchte [[Gustav von Bunge]] Ratten und Mäuse, die er nur mit Eiweiß, Kohlenhydraten und Fetten fütterte, deren Nahrung aber keine weiteren Beimischungen enthielten. Die Tiere starben. Menschen benötigen neben Eiweiß, Kohlenhydraten, Fetten noch Vitamine. Viele Vitamine wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgefunden. Die Strukturaufklärung des [[Cholesterin]]s (und damit der Gruppe der [[Steroid]]e) durch [[Adolf Windaus]] war für die Strukturaufklärung und Bildung von [[Vitamin D]] (bei dessen Mangel [[Rachitis]] auftritt) bedeutsam. Windaus war auch mit der Aufklärung der Summenformel und Struktur von [[Vitamin B1]] befasst. Sir [[Frederick Gowland Hopkins]], ein Pionier der Biochemie in Großbritannien und [[Casimir Funk]], der das Wort ''Vitamin'' prägte, leisteten bedeutende Forschungen zur Entdeckung des Vitamin B1 (bei Mangel tritt [[Beri-Beri]] auf). Hopkins entdeckte auch zwei essentielle [[Aminosäuren]] und wurde dafür 1929 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.<br />
Im Jahre 1926 entdeckte der Physiologe [[Otto Warburg (Biochemiker)|Otto Warburg]] das Atmungsferment [[Cytochromoxidase]], ein Ferment im [[Zitronensäurezyklus]] und für Redoxvorgänge der Zelle, wofür er 1931 den Nobelpreis erhielt.<br />
<br />
=== Hormone ===<br />
{{Hauptartikel|Hormon}}<br />
Stoffgruppen, die in menschlichen Organen produziert werden, nennt man nach [[Ernest Starling]] Hormone. [[Thomas Addison]] entdeckte 1849 eine Krankheit, die ihren Ursprung in den Nebennieren hat. T.&nbsp;B. Aldrich und [[Takamine Jōkichi]] (1901) extrahierten einen Stoff, den sie [[Adrenalin]] nannten, aus tierischen Nieren. Aldrich ermittelte die Summenformel und [[Friedrich Stolz (Chemiker)|Friedrich Stolz]] gelang die [[Synthese (Chemie)|chemische Synthese]] (1904). Damit gelang der Biochemie 1904 erstmals die künstliche Herstellung eines [[Hormon]]s.<br />
<br />
Die [[Struma|Kropfbildung]] ist eine weitere hormonelle Krankheit der [[Schilddrüse]], die seit 1820 nach Jean-Francois Coindet durch [[Iod]]gaben gemildert werden konnte. Erst 1915 glückte [[Edward Calvin Kendall]] die Isolierung einer kristallinischen Substanz der Schilddrüse. Er hielt sie fälschlicherweise für ein Oxindolderivat und nannte sie daher [[Thyroxin]]. Synthetisch wurde Thyroxin seit 1926 von [[Charles Robert Harington]] darstellbar.<br />
<br />
Im Jahre 1935 isolierte [[Ernst Laqueur]] aus [[Stierhoden]] das von ihm so benannte Sexualhormon [[Testosteron]]. Auch von [[Adolf Butenandt]] wurden die Geschlechtshormone untersucht. Im Jahr 1929 isolierte er mit [[Estron]] eines der weiblichen Sexualhormone. Zwei Jahre später isolierte er mit [[Androsteron]] ein männliches Geschlechtshormon. Im Jahr 1934 entdeckte er das Hormon [[Progesteron]]. Durch seine Forschung wurde gezeigt, dass die Geschlechtshormone eng mit [[Steroide]]n verwandt sind. Seine Untersuchungen auf dem Gebiet der Sexualhormone ermöglichte die Synthese von [[Cortison]] sowie andere Steroide. Dies führte schließlich zur Entwicklung von modernen Verhütungsmitteln.<br />
<br />
Der Mangel des Bauchspeichelhormons konnte durch Gabe von Rinder-[[Insulin]] 1920 durch [[Frederick Banting]] und Best gelindert werden. Erst 1953 wurde die Aminosäuresequenz von Insulin durch [[Frederick Sanger]] aufgeklärt.<br />
<br />
== Wichtige Forschungsgebiete der modernen Biochemie ==<br />
{{Belege fehlen}}<br />
In Lehrbüchern der Biochemie werden die Prozesse der [[Gärung]] von Zucker zu [[Ethanol]] und [[Milchsäure]] sowie der Aufbau von Glucose zu [[Glykogen]] ausführlich beschrieben. Diese Umwandlungen werden unter dem Stichwort [[Glykolyse]] zusammengefasst.<br />
<br />
Die Energiegewinnung in lebenden Zellen erfolgt über den Abbau von Fetten, Aminosäuren und Kohlenhydraten über Oxalacetat zu Citrat durch Acetyl-S-CoA unter Freisetzung von Kohlendioxid und Energie. Acetyl-S-CoA enthält ein wasserlösliches Vitamin – die [[Pantothensäure]]. Dieser Prozess wurde von H. Krebs 1937 untersucht und wird [[Citratzyklus]] genannt.<br />
<br />
Oxidationen von Biomolekülen in Zellen verlaufen über mehrere Enzyme, an denen das Vitamin B2 beteiligt ist. Dieser Prozess wird in Lehrbüchern als oxidative Phosphorylierung oder [[Atmungskette]] beschrieben.<br />
<br />
Ein weiterer biochemischer Prozess ist die [[Photosynthese]]. Kohlenstoffdioxid aus der Luft und Wasser wird durch Strahlungsenergie durch das Pigment Chlorophyll in Pflanzenzellen und [[Phototrophie|phototrophen]] Mikroorganismen in Kohlenhydrate und Sauerstoff überführt.<br />
<br />
In menschlichen und tierischen Organismen wird überschüssige Energie aus der Nahrung in Form von Fetten gespeichert. Bei Energiemangel der Zellen werden diese Fette wieder abgebaut. Dieser Prozess erfolgt über die Oxidation von Fettsäuren mittels Acetyl-CoA.<br />
<br />
Bei Krankheiten (schwerer Diabetes) oder extremem Nahrungsmangel greifen Zellen auch auf Aminosäuren zur Energiegewinnung zurück. Dabei werden Proteine zu Aminosäuren und diese zu Kohlendioxid abgebaut. Der [[Harnstoffzyklus]] beschreibt die ablaufenden Umwandlungen.<br />
<br />
In pflanzlichen und tierischen Zellen können Kohlenhydrate aus anderen Stoffen – beispielsweise der Milchsäure oder aus Aminosäuren – biochemisch aufgebaut werden. Die Untersuchungen zu den einzelnen biochemischen Schritten werden in [[Gluconeogenese]] untersucht.<br />
Ferner wurden die Biosynthesen von [[Aminosäure]]n, [[Nucleotid]]en, [[Porphyrin]]en, der [[Stickstoffzyklus]] in Pflanzen gründlich untersucht.<br />
<br />
Ein weiterer Teilbereich der biochemischen Forschung ist die [[Resorption]] und der Transport von Stoffwechselprodukten durch das Blutplasma.<br />
<br />
Die Weitergabe der gespeicherten Information im Zellkern auf der [[DNA]] (genauer: bestimmter Abschnitte der DNA, den [[Gen]]en) zur Herstellung von Enzymen verläuft über die [[Replikation]], [[Transkription (Biologie)|Transkription]] und [[Proteinbiosynthese]]. Dies ist ein wichtiges Gebiet der synthetischen Biochemie ([[Biotechnologie]]), da Bakterien auf ihrer zyklischen DNA ([[Plasmid]]en) dazu gebracht werden können, bestimmte Enzyme zu produzieren.<br />
<br />
Einzelne Proteine können mittels Gel-[[Elektrophorese]]<ref>Kurt Schlösser: ''Kurzzeit Elektrophorese'', Chemie in unserer Zeit (Februar 1971), S. 28–29.</ref> nachgewiesen werden. Durch den [[Edman-Abbau]] kann die Aminosäure-Sequenz des Proteins bestimmt werden.<br />
<br />
== Meilensteine der Biochemie ==<br />
[[Datei:Citratcyclus.svg|miniatur|rechts|300px|Der [[Citratzyklus]]&nbsp;– ein biochemischer Stoffwechselweg]]<br />
=== 19. Jahrhundert ===<br />
* 1805 – Entdeckung und Isolierung der ersten [[Aminosäure]] durch [[Pierre Jean Robiquet]] und [[Louis-Nicolas Vauquelin]]<br />
* 1828 – Synthese des organischen [[Harnstoff]]s aus anorganischem Ammoniumcyanat durch [[Friedrich Wöhler]]<br />
* 1833 – Entdeckung des ersten Enzyms (Diastase) durch [[Anselme Payen]]<br />
* 1869 – Entdeckung der Erbsubstanz [[Nuclein]] durch [[Friedrich Miescher]]<br />
* 1896 – Entdeckung der zellfreien [[Gärung]] durch [[Eduard Buchner]]<br />
<br />
=== 20. Jahrhundert ===<br />
* 1904 – Synthese eines Hormons (Testosteron) durch [[Friedrich Stolz (Chemiker)|Friedrich Stolz]]<br />
* 1926 – Entdeckung des Atmungsferments [[Cytochromoxidase]] durch Otto Warburg<br />
* 1927 – Isolierung von Vitamin C aus der Nebenniere, Orangensaft beziehungsweise Weißkohl durch [[Albert von Szent-Györgyi Nagyrápolt]]<br />
* 1929 – Aufklärung des Mechanismus der [[Glykolyse]] durch [[Gustav Embden]] und [[Otto Meyerhof]], sowie [[Jakub Parnas]]<br />
* 1932 – Aufklärung des [[Citratzyklus]] durch [[Hans Adolf Krebs]]<br />
* 1953 – Aufklärung der Struktur der [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]] durch [[James Watson]], [[Francis Crick]] und [[Rosalind Franklin]]<br />
<br />
== Forschungsinstitute im deutschen Sprachraum ==<br />
(Die Listen sind unvollständig)<br />
[[Datei:Ccb innsbruck.JPG|mini|Das Centrum für Chemie und Biomedizin (CCB) am Innrain in [[Innsbruck]]]]<br />
<br />
=== Max-Planck-Institute und Leibniz-Institute ===<br />
Führend in der biochemischen Forschung sind beispielsweise die ''Max-Planck-Institute'' der [[Max-Planck-Gesellschaft]], aber auch die ''Leibniz-Institute'' der [[Leibniz-Gemeinschaft]]:<br />
<br />
* [[Max-Planck-Institut für Biochemie]], [[Martinsried]]<br />
* [[Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie]], [[Berlin]]<br />
* [[Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie]], Halle (Saale)<br />
* [[EMBL|European Molecular Biology Laboratory]], Heidelberg<br />
* [[Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie]], [[Dortmund]]<br />
* [[Max-Planck-Institut für Biologie Tübingen|Max-Planck-Institut für Biologie]], [[Tübingen]]<br />
* [[Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften]], [[Göttingen]]<br />
* [[Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin]], [[Münster]]<br />
* [[Forschungszentrum caesar|Forschungszentrum caesar, Bonn]] (Center of Advanced European Studies and Research)<br />
<br />
=== Universitätsinstitute und Fakultäten ===<br />
Die Biochemie gehört zum festen Bestandteil der hochschulischen Ausbildung in den Naturwissenschaften. Vor allem Mediziner und Biologen, aber auch andere Naturwissenschaftler, widmen sich an den Universitäten dem Fach. So finden sich ''Institute für Biochemie'' an vielen deutschsprachigen Hochschulen:<br />
<br />
In Deutschland:<br />
<br />
* Institut für Biochemie der [[Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg]]<br />
* Institut für physiologische Chemie der [[Philipps-Universität Marburg]]<ref>{{Internetquelle|url=https://www.uni-marburg.de/fb20/physiolchemie|titel=Willkommen – Philipps-Universität Marburg – Institut für Physiologische Chemie |autor=loeffle1 |werk=uni-marburg.de |zugriff=2016-12-23}}</ref><br />
* Institut für Biochemie der [[Charité|Charité – Universitätsmedizin Berlin]]<ref>{{Literatur|Autor=Sylvia Rechel, Daniela Höcke|Titel=Institut für Biochemie|Sammelwerk=Name der Abteilung|Online=https://biochemie.charite.de/|Abruf=2016-12-23}}</ref><br />
* Institut für Biochemie der [[Universität Greifswald]]<ref>{{Internetquelle|url=https://biochemie.uni-greifswald.de/|titel=Biochemie – Universität Greifswald |hrsg=Universität Greifswald |werk=biochemie.uni-greifswald.de |zugriff=2018-06-01}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.uni-bonn.de/de |titel=Universität Bonn |sprache=de |abruf=2024-03-08}}</ref><br />
* Biochemisches Institut der [[Albert-Ludwigs-Universität Freiburg]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Georg-August-Universität Göttingen]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf|Heinrich-Heine Universität Düsseldorf]]<br />
* Zentrum für Biochemie der medizinischen Fakultät an der [[Universität zu Köln]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Ludwig-Maximilians-Universität München]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Universität Münster]]<br />
* Interfakultäres Institut für Biochemie der [[Eberhard Karls Universität Tübingen]]<br />
* Institut für Chemie und Biochemie der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität Berlin]]<br />
* Institut für Biochemie und Biophysik der [[Friedrich-Schiller-Universität Jena]]<br />
* Institut für Chemie und Pharmazie der [[Julius-Maximilians-Universität Würzburg]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main]]<ref>{{Internetquelle |url=http://www.biochem.uni-frankfurt.de/index.php?id=65 |titel=Institut für Biochemie |werk=Institute of Biochemistry - Johann Wolfgang Goethe-University |hrsg= |datum= |abruf=2019-07-07 |sprache=en}}</ref><br />
* Institut für Biochemie und Molekularbiologie der [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn]]<br />
<br />
In Österreich:<br />
<br />
* Institut für BioChemie der [[Universität Graz]]<br />
* Centrum für Chemie und Biomedizin (CCB) der [[Medizinische Universität Innsbruck|Medizinischen Universität Innsbruck]] und der [[Leopold-Franzens-Universität Innsbruck]]<br />
* Institut für Biologische Chemie der [[Universität Wien]]<br />
<br />
In der Schweiz:<br />
<br />
* [[Biozentrum der Universität Basel]]<br />
* Institut für Biotechnologie an der [[ETH Zürich]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Universität Zürich]]<br />
<br />
== Gliederung ==<br />
Je nach Betrachtungswinkel wird die Biochemie in Bezug auf menschliche [[Erkrankung]]en als medizinische Biochemie, in Bezug auf [[Ökosystem]]e ökologische Biochemie, in Bezug auf Pflanzen als Pflanzenbiochemie, in Bezug auf das Immunsystem als [[Immunologie|Immunbiochemie]] und in Bezug auf das Nervensystem als [[Neurochemie]] bezeichnet. Ebenso wird die Biochemie nach Stoffgruppen eingeteilt, z.&nbsp;B. [[Proteinchemie]], [[Nukleinsäure]]biochemie, [[Kohlenhydrat]]biochemie und [[Lipid]]biochemie. [[Small molecule]]s werden von der [[Naturstoffchemie]] behandelt. Die [[Enzymologie]] und die [[Signaltransduktion]] stellen Sonderbereiche der Biochemie dar. Die [[Biophysikalische Chemie]] untersucht [[Biomolekül]]e und [[Lebewesen]] mit Methoden der [[Physikalische Chemie|physikalischen Chemie]].<br />
<br />
== Nobelpreisträger aus dem Fachgebiet ==<br />
In der nachfolgenden Galerie findet sich eine Auswahl wichtiger Nobelpreisträger, die für Forschungen auf dem Gebiet der Biochemie (oder deren unmittelbare Nachbardisziplinen) ausgezeichnet wurden:<br />
<br />
<gallery><br />
Datei:Emil-fischer.jpg|Hermann Emil Fischer erhielt 1902 den [[Nobelpreis für Chemie]] „als Anerkennung des außerordentlichen Verdienstes, das er sich durch seine Arbeiten auf dem Gebiet der [[Zucker]]- und [[Purine|Purin]]-Gruppen erworben hat“.<br />
File:Otto_Fritz_Meyerhof.jpg|Der Biochemiker [[Otto Fritz Meyerhof]] bekam 1922 gemeinsam mit [[Archibald Vivian Hill]] für seine Forschungen über den Stoffwechsel im Muskel den Nobelpreis.<br />
File:Otto_Heinrich_Warburg_(cropped).jpg|Otto Warburg erhielt 1931 für „die Entdeckung der Natur und der Funktion des Atmungsferments“ den Nobelpreis. Die [[Otto-Warburg-Medaille]] ist dagegen eine der wichtigsten Auszeichnungen im Bereich der Biochemie in Deutschland.<br />
File:Gerty_Theresa_Cori.jpg|1947 erhielten [[Gerty Cori|Gerty]] und [[Carl Ferdinand Cori|Carl Cori]] gemeinsam mit [[Bernardo Alberto Houssay]] den Nobelpreis für ihre biochemischen Arbeiten über den Zucker-Stoffwechsel.<br />
File:Hans_Adolf_Krebs.jpg|Auch für die Entdeckung des Citratzyklus von Hans Adolf Krebs gab es 1953 einen Nobelpreis.<br />
File:James_D_Watson.jpg|James D. Watson erhielt 1962 den Nobelpreis für seine Forschungen zur DNA.<br />
</gallery><br />
<br />
== Biochemiker ==<br />
=== Studium ===<br />
2008 gab es in Deutschland Studiengänge der Biochemie mit den Abschlüssen [[Diplom]], [[Bachelor]] und [[Master]]. Die Diplomstudiengänge werden schrittweise durch konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge ersetzt:<br />
* Der Diplomstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 9 bis 10 [[Semester]]n, eine Höchststudiendauer von 13 bis 14 Semestern und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Diplom-Biochemiker/in''.<br />
* Der Bachelorstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 6 bis 8 Semestern und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Bachelor of Science – Biochemie''.<br />
* Der Masterstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 3 bis 4 Semestern nach dem Bachelor und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Master of Science – Biochemie''.<br />
<br />
Neben dem reinen Biochemie-Studium besteht die Möglichkeit, die Fachrichtungen Chemie oder Biologie zu studieren und während des Studiums den Fächerkanon Biochemie zu vertiefen. Eine Spezialisierung erfolgt üblicherweise durch Biochemie als Wahlpflichtfach bzw. Hauptfach sowie die Anfertigung einer Diplom-, [[Bachelorarbeit|Bachelor-]] oder [[Masterarbeit]] im Bereich der Biochemie. Diese Variante bietet den Vorteil, dass sich Studienanfänger nicht direkt für ein reines Biochemie-Studium entscheiden müssen. Vielmehr haben sie die Möglichkeit, im Grundstudium verschiedene Fächer kennenzulernen, um sich dann während des Hauptstudiums zu spezialisieren, z.&nbsp;B. in Biochemie. Die Möglichkeit dazu ist an vielen Universitäten gegeben und die Regelstudienzeiten entsprechen denen der reinen Biochemie-Studiengänge. Bei den Bachelor- und Masterstudiengängen hat sich inzwischen im Bereich der [[Biowissenschaften]] eine Vielfalt von Studiengängen mit unterschiedlichen Namen und Spezialisierungen etabliert. Ihnen ist gemeinsam, dass sie besonderen Wert auf die molekularen Grundlagen legen und einen hohen Praxisanteil in der Ausbildung haben (siehe Weblinks). Außerdem überschneidet sich zumeist ein großer Teil des (Grund-)Studiums mit den Studiengängen der [[Chemiestudium|Chemie]] sowie der [[Biologiestudium|Biologie]], weist aber oft auch entscheidende Unterschiede auf (z.&nbsp;B. weniger Vertiefung im Bereich der [[Botanik]], [[Zoologie]] oder der [[Anorganische Chemie|Anorganischen Chemie]] als im Chemie- bzw. Biologie-Studium). Ein besonderer Wert wird im [[Studienordnung|Curriculum]] der Studiengänge auch auf die Module der [[Organische Chemie]], [[Physikalische Chemie|Physikalischen Chemie]] und der Biochemie gelegt, da diese eine erforderliche Grundkenntnis für die Tätigkeit als Biochemiker darstellen.<br />
<br />
=== Facharzt für Biochemie ===<br />
Es besteht auch die Möglichkeit, nach einem absolvierten [[Medizinstudium]] in Deutschland als ''[[Facharzt]] für Biochemie'' tätig zu werden. Hierfür bedarf es einer vierjährigen Weiterbildungszeit. Auf diese anrechenbar ist<br />
* Ein Jahr [[Innere Medizin]] oder [[Pädiatrie]]<br />
<br />
Am 31. Dezember 2010 waren 102 Fachärzte für Biochemie registriert, von denen einer niedergelassen war. 52 übten keine ärztliche Tätigkeit aus. Die Zahl der ärztlich tätigen registrierten Fachärzte für Biochemie reduzierte sich innerhalb des Jahrzehntes 2000–2010 um fast 50 %.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
{{Portal|Biochemie}}<br />
* [[Assimilation (Biologie)]]<br />
* [[Dissimilation (Biologie)]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
=== Lehrbücher ===<br />
* [[Siegfried Edlbacher]]: ''Kurzgefaßtes Lehrbuch der physiologischen Chemie.'' 3., umgearbeitete Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1936; 8. Auflage ebenda 1942.<br />
* Siegfried Edlbacher: ''Praktikum der physiologischen Chemie.'' 2., umgearbeitete Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1940.<br />
* A. Bertho, [[Wolfgang Grassmann]]: ''Biochemisches Praktikum.'' Walter de Gruyter & Co., Berlin 1936.<br />
* Friedrich August Legahn: ''Physiologische Chemie.'' Teil 1: ''Assimilation'', Teil 2: ''Dissimilation''. 3. Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin (= ''[[Sammlung Göschen]].'' Band 240–241).<br />
* Donald Voet et al.: ''Lehrbuch der Biochemie.'' Wiley-VCH, 2002, ISBN 3-527-30519-X.<br />
* Manfred Schartl, Manfred Gessler, Arnold von Eckardstein: ''Biochemie und Molekularbiologie des Menschen.'' Elsevier, München 2009, ISBN 978-3-437-43690-1.<br />
* Philipp Christen, Rolf Jaussi: ''Biochemie. Eine Einführung mit 40 Lerneinheiten.'' Springer-Verlag, 2005, ISBN 3-540-21164-0.<br />
* David L. Nelson, Michael M. Cox: ''Lehninger Biochemie.'' Springer, 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, korrigierter Nachdruck 2011 (Übersetzung der 5. amerikanischen Auflage), ISBN 978-3-540-68637-8.<br />
* Jeremy M. Berg, Lubert Stryer, John L. Tymoczko und diverse Übersetzer: ''Stryer Biochemie.'' 7. Auflage. Springer Spektrum, 2012, ISBN 978-3-8274-2988-9 ([https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK21154/ Online-Version der 5. Auflage von 2003, Volltextsuche (englisch)]).<br />
* David L. Nelson, Michael M. Cox: ''Lehninger Principles of Biochemistry.'' W. H. Freeman, 6th International Edition 2013, ISBN 978-1-4641-0962-1.<br />
* Peter C. Heinrich [[et al.]]: ''Löffler/Petrides: Biochemie und Pathobiochemie.'' 9., vollständig überarbeitete Auflage. Springer, 2014, ISBN 978-3-642-17971-6 (Print); ISBN 978-3-642-17972-3 (E-Book).<br />
* Florian Horn: ''Biochemie des Menschen – Das Lehrbuch für das Medizinstudium.'' 6., überarbeitete Auflage. Thieme, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-13-130886-3 (Taschenbuch).<br />
* [[Joachim Rassow]], Karin Hauser, Roland Netzker, Rainer Deutzmann: Duale Reihe ''Biochemie.'' 4. Auflage. Thieme, 2016, ISBN 978-3-13-125354-5 (Taschenbuch).<br />
* Jan Koolman, Klaus-Heinrich Röhm: ''Taschenatlas der Biochemie des Menschen.'' 5., überarbeitete Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-13-241740-3.<br />
<br />
=== Geschichte der organischen Chemie und Biochemie ===<br />
* Graeme K. Hunter: ''Vital Forces. The discovery of the molecular basis of life.'' Academic Press, London 2000, ISBN 0-12-361811-8 (englisch)<br />
* [[Paul Walden]]: Geschichte der organischen Chemie seit 1880, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 1972, ISBN 3-540-05267-4<br />
* Uschi Schling-Brodersen: ''Biochemie.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 182–183.<br />
<br />
=== Biochemische Wörterbücher ===<br />
* Peter Reuter: ''Taschenwörterbuch der Biochemie. Deutsch – Englisch / Englisch – Deutsch''. Birkhäuser Verlag, Basel / Boston / Berlin 2000, ISBN 3-7643-6197-2.<br />
<br />
=== Lehrmaterialien im Internet ===<br />
* [http://online-media.uni-marburg.de/chemie/bioorganic/index2.html Online-Grundkurs]<br />
* [http://employees.csbsju.edu/hjakubowski/classes/ch331/bcintro/default.html Biochemistry Online – An Approach Based on Chemical Logic (englisch)] – didaktisch hervorragendes Online-Lehrbuch<br />
* Michael W. King: [http://themedicalbiochemistrypage.org/ King’s Biochemistry]<br />
<br />
=== Biochemische Fachzeitschriften ===<br />
* [http://www.jbc.org/ ''The Journal of Biological Chemistry'' – JBC] (englisch) Zeitschrift der amerikanischen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie {{ISSN|0021-9258}}<br />
* [http://pubs.acs.org/journals/bichaw/ ''Biochemistry''] (englisch) {{ISSN|0006-2960}}<br />
* [http://www.biochemj.org/ ''Biochemical Journal''] (englisch) {{ISSN|0306-3275}}<br />
* [http://www.chembiol.com/ ''Chemistry and Biology''] (englisch) {{ISSN|1074-5521}}<br />
* [http://www.degruyter.com/view/j/bchm?rskey=DEot7B&result=9&q= ''Biological Chemistry''] (englisch) {{ISSN|1431-6730}}<br />
* [http://www.journals.elsevier.com/febs-letters/ ''FEBS Letters''] (englisch) {{ISSN|0014-5793}}<br />
* [http://www.elsevier.com/life-sciences/bba/ ''Biochimica et Biophysica Acta''] (englisch) {{ISSN|0006-3002}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Biochemistry|Biochemie}}<br />
{{Wikibooks|Biochemie und Pathobiochemie}}<br />
{{Wiktionary}}<br />
* [http://www.gbm-online.de/ GBM – Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie e.&nbsp;V.]<br />
* [http://www.gbm-online.de/studium-molekulare-biowissenschaften.html Studiengänge „Molekulare Biowissenschaften“ in Deutschland]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Teilbereiche der Chemie}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4006777-4|LCCN=sh/85/014171}}<br />
<br />
[[Kategorie:Biochemie| ]]<br />
[[Kategorie:Teilgebiet der Chemie]]<br />
[[Kategorie:Medizinisches Fachgebiet]]<br />
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<hr />
<div>{{Dieser Artikel|behandelt das naturwissenschaftliche Fachgebiet Biochemie; zur gleichnamigen Mineralstofflehre siehe [[Schüßler-Salze]].}}<br />
<br />
Die '''Biochemie''' (zu griechisch {{lang|grc|βίος}} ''bíos'' ‚Leben‘, und zu „[[Chemie]]“) oder '''biologische Chemie''', früher auch '''physiologische Chemie''' genannt, ist die Lehre von chemischen Vorgängen in [[Lebewesen]], dem [[Stoffwechsel]]. Chemie, [[Biologie]] und [[Medizin]] sind in der Biochemie eng miteinander verzahnt.<br />
<br />
== Gegenstand ==<br />
[[Datei:1GZX Haemoglobin.png|miniatur|rechts|Struktur von [[Hämoglobin]] – einem weit verbreiteten Biomolekül]]<br />
<br />
Die Biochemie beschäftigt sich unter anderem mit:<br />
<br />
* der Untersuchung und Veränderung von [[Biomolekül]]en: wie sind die Biomoleküle aufgebaut, wie ist der [[Molekül|molekulare]] Aufbau des [[Organismus]] der Lebewesen, wie werden die molekularen Bausteine bereitgestellt und wie wechselwirken sie miteinander?<br />
* der Untersuchung des Stoffwechsels: welche [[Stoff (Chemie)|Stoffe]] werden von Lebewesen wie umgesetzt, welche [[Bioenergetik (Biologie)|bioenergetischen]] Voraussetzungen sind nötig, welche [[Biokatalysator]]en sind beteiligt, wie verlaufen die jeweiligen [[Reaktionsmechanismus|Mechanismen]] der Stoffumsätze und wie wird der Stoffwechsel gesteuert?<br />
* der Untersuchung des Informationsaustauschs innerhalb eines Organismus ([[Signaltransduktion]]) und zwischen Organismen: wie wird Information gespeichert, abgerufen und weitergeleitet, wie werden verschiedene Systeme innerhalb einer Zelle, zwischen verschiedenen Zellen und zwischen Organismen koordiniert?<br />
<br />
Im Zuge dessen konzentrieren sich die Betrachtungen auf die [[organische Verbindungen|organischen Stoffgruppen]] der [[Nukleinsäure]]n, [[Protein]]e, [[Lipid]]e, [[Kohlenhydrate]], [[Spurenelement]]e und [[Vitamine]], sowie deren [[Derivat (Chemie)|Derivate]], welche im Allgemeinen als Biomoleküle bezeichnet werden. Der überwiegende Teil der biochemisch wichtigen Vorgänge spielt sich in Lebewesen ab. Im Gegensatz zur [[organische Chemie|organischen Chemie]] in chemischen Laboren laufen bio[[chemische Reaktion]]en überwiegend in [[Wasser|wässrigem]] Milieu ab.<br />
<br />
== Methoden ==<br />
In der Biochemie wird eine Vielzahl von Methoden aus verschiedenen Gebieten angewandt. Die klassische Biochemie bedient sich vor allem der [[Analytische Chemie|analytischen Chemie]], [[Organische Chemie|organischen Chemie]], [[Physikalische Chemie|physikalischen Chemie]] und der [[Physik]]. Wichtige Techniken sind dabei (Ultra-)[[Zentrifugation]], [[Ultraschall]]aufschluss, [[SDS-PAGE|SDS-Gelelektrophorese]], [[Chromatographie]], [[Elektrophorese]], [[Spektroskopie]], [[Molekülmarkierung]], [[Isotop]]entechniken, [[Kristallisation]], [[Potentiometrie|potentiometrische]], [[Elektrometrie|elektrometrische]], [[Polarographie|polarographische]] und [[Manometrie|manometrische]] Techniken, verschiedene Methoden zum [[Zellaufschluss]], der [[Proteinreinigung|Reinigung]] und [[Proteincharakterisierung|Charakterisierung]] von Biomolekülen, der [[Informatik]], der [[Genetik]] und [[Molekularbiologie]], der [[Mikrobiologie]] und anderen Fächern. Hinzu kommt in der modernen Biochemie stets die quantitative Auswertung der Ergebnisse mit [[Mathematik|mathematischen]] Methoden und die Bildung von formalen Theorien mit Hilfe der Mathematik.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
[[Datei:Schlosslabor-Nebenraum Arbeitsfoto.jpg|mini|Schlosslabor Hohentübingen, um 1870, eines der frühesten biochemischen Labore, heute aktuelle Dauerausstellung „Schlosslabor Tübingen. Wiege der Biochemie“, [[Museum der Universität Tübingen|Museum der Universität Tübingen MUT]]]]<br />
[[Datei:Justus von Liebigs Labor, 1840.jpg|miniatur|rechts|Justus von Liebig in seinem Labor im Jahre 1840, einer Zeit, in der das Fach Biochemie noch ''Physiologische Chemie'' genannt wurde. Sechs Jahre später entdeckte von Liebig die Aminosäure ''Tyrosin''.]]<br />
[[Datei:Gallstones.jpg|miniatur|rechts|Im 19. Jahrhundert begann man, sich für die chemische Zusammensetzung von Gallensteinen zu interessieren. Auch klinische Bezüge zum Auftreten der Steine, bevorzugt bei Frauen und bei Adipositas, werden hergestellt und systematisch untersucht. Die frühen Biochemiker empfehlen zur Prävention Pflanzenkost.]]<br />
[[Datei:Kone med stor struma.jpg|miniatur|rechts|Die Heilung des Kropfes gelang ab 1820 auf dem Wege biochemischer Forschung. Am Anfang stand die Gabe von [[Jod]]. Erst 1926 erkannte man dann den Zusammenhang mit Hormonen.]]<br />
[[Datei:Eduardbuchner.jpg|miniatur|rechts|[[Eduard Buchner]] erhielt für seine biochemischen Forschungen 1907 den Nobelpreis.]]<br />
[[Datei:Banting and Best.jpg|miniatur|Mehr als zehn Versuchshunde benötigte Frederick Banting, bis Insulin 1921 als Heilmittel bei Diabetes nachgewiesen und entdeckt war.]]<br />
<br />
=== Anfänge ===<br />
Seit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden von organischen Chemikern die stoffliche Zusammensetzung von Tieren und Pflanzen und ab etwa 1840 auch komplexe Stoffwechselvorgänge systematisch untersucht. Es konnte von biologischem Material durch die [[Elementaranalyse]] der Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Stickstoff- und Schwefelgehalt bestimmt werden. Ab 1860 konnten chemische [[Strukturformel]]n von Stoffen aus der elementaren Zusammensetzung durch gedankliche Kombination ermittelt werden, nun begann eine gründliche Suche nach den biologischen Körpern in Organismen. Die Suche war aufgrund der sehr geringen Stoffmenge von Biomolekülen und der mangelhaften Nachweismethoden&nbsp;– selbst die Elementaranalyse benötigte größere Stoffmengen&nbsp;– sehr zeitraubend und nicht immer erfolgreich. Erst mit Verbesserung der analytischen Geräte ab 1950 wurde die Suche und Strukturaufklärung von Biomolekülen einfacher. Eines der weltweit ersten biochemischen&nbsp;– damals physiologisch-chemischen&nbsp;– Labore wurde 1818 in der einstigen Küche des [[Schloss Hohentübingen|Schlosses Hohentübingen]] ([[Eberhard Karls Universität Tübingen]]) von [[Georg Carl Ludwig Sigwart]] und [[Julius Eugen Schlossberger]] eingerichtet. In ihm wurde von [[Felix Hoppe-Seyler]] 1861 das Hämoglobin und von seinem Schüler [[Friedrich Miescher]] 1869 die Nukleinsäure entdeckt.<br />
<br />
Das Fach ''Physiologische Chemie'' spaltete sich 1922 von der ''Physiologie'' ab. Grundsteine für eine physiologische Chemie wurden jedoch schon früher, beispielsweise um 1840 durch [[Johann Joseph von Scherer]], den Begründer der [[Klinische Chemie|Klinischen Chemie]], gelegt.<ref>Martin Sperling: ''Spezialisierung in der Medizin im Spiegel der Würzburger Geschichte.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen.'' Band 3, 1985, S. 153–184, hier: S. 166.</ref><ref>[[Dankwart Ackermann]]: ''Zur Entwicklung der Physiologie in Würzburg.'' In: ''Berichte der Physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Würzburg.'' Band 62, 1939, S. 32–38.</ref><br />
<br />
=== Proteine und Fette ===<br />
{{Hauptartikel|Fette|Protein}}<br />
Fette wurden von [[Eugène Chevreul]]<ref>Chevreul: ''Recherches chimiques sur les corps gras d'origine animale'', Paris 1823.</ref> und später von [[Heinrich Wilhelm Heintz]]<ref>Journ. pr. Chemie, '''68''', 1.</ref> untersucht. [[Gerardus Johannes Mulder]] konnte aus dem [[Fibrin]] des [[Blut]]es einen gelatinösen Niederschlag herstellen und gab ihm den Namen Protein. [[Louis-Nicolas Vauquelin]] untersuchte die Zusammensetzung der Haare und fand dort die chemischen Elemente Kohlenstoff, [[Wasserstoff]], [[Stickstoff]], [[Sauerstoff]] und [[Schwefel]].<br />
<br />
=== Aminosäure ===<br />
{{hauptartikel|Aminosäuren}}<br />
[[Pierre Jean Robiquet]] und [[Louis-Nicolas Vauquelin]] fanden auch die erste Aminosäure, die sie im Jahre 1805 isolierten: [[Asparagin]]. [[Joseph Louis Proust]] entdeckte [[Leucin]] (1818), [[Justus von Liebig]] [[Tyrosin]] (1846). Zwischen 1865 und 1901 wurden weitere 12 Aminosäuren entdeckt, davon entdeckte [[Ernst Schulze (Chemiker)|Ernst Schulze]] drei neue Aminosäuren: [[Glutamin]], [[Phenylalanin]] und [[Arginin]].<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''17''', 1610 (1884)</ref> Erste [[Peptidsynthese]]n wurden von [[Emil Fischer]] ab 1901 unternommen.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''40''', 1755, 1764 (1907)</ref><ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''35''', 3226 (1902).</ref><br />
<br />
[[Justus Liebig]] erkannte, dass in der Hefe ein besonderer Stoff enthalten sein musste, der die Gärung auslöst. Er nannte diesen Stoff ''Bios''. Zum ersten Mal verwendet wurde der Begriff ''Biochemie'', als [[Vinzenz Kletzinsky]] (1826–1882) im Jahre 1858 sein ''Compendium der Biochemie'' in Wien drucken ließ. [[Felix Hoppe-Seyler]] ([[Milchsäure]] aus [[Glykogen]], [[Oxidation]]s- und [[Reduktion (Chemie)|Reduktions]][[ferment]]en, [[Hämoglobin]]), Georg Carl Ludwig Sigwart ([[Analyse]]n von [[Galle]]n- und [[Harnstein]]en), [[Anselme Payen]] (1833: [[Amylase]]), Julius Eugen Schlossberger ([[Kreatin]], [[Hämocyanin]]) erweiterten die biochemischen Kenntnisse.<br />
<br />
=== Enzyme ===<br />
{{Hauptartikel|Enzym}}<br />
Entdeckt wurde [[Amylase]] (damals noch Diastase) 1833 vom französischen Chemiker [[Anselme Payen]] in einer Malzlösung. Damit war Diastase das erste Enzym, das man gefunden hat.<br />
<br />
Anfang des 19. Jahrhunderts war auch bekannt, dass bei der [[Gärung]] von abgestorbenen Organismen der Sauerstoff aus der Luft nötig ist, ferner Temperatur und Wasser auf diesen Prozess einen Einfluss hatten. Bei toten Tieren und Menschen setzt die Fäulnisbildung zuerst an den Stellen ein, die mit der Luft in Berührung kommen. Auch bei pflanzlichen Stoffen, der Bildung von Alkohol aus einer Traubensaftlösung oder der Versäuerung von Milch erkannten Chemiker, allen voran [[Louis Pasteur]], Gärungsprozesse. Pasteur entdeckte bei der Untersuchung der wirtschaftlich bedeutsamen Zuckervergärung zu Alkohol durch Hefepilze, dass diese nicht wie bis dahin meist angenommen auf Fäulnisprozesse und abgestorbene Lebewesen zurückgehen, sondern ein Prozess in lebenden Organismen ist, die dafür Fermente (Enzyme) einsetzen. Der Körper, der diese Prozesse begünstigte, wurde ''Ferment'' genannt. [[Eduard Buchner]] entdeckte 1896 die zellfreie Gärung. [[James Batcheller Sumner]] isolierte 1926 das Enzym der Schwertbohne und behauptete, dass alle Enzyme Proteine sein müssten.<ref>Lehninger ''Grundkurs Biochemie'', Walter de Gruyter (1983), S. 65.</ref><br />
<br />
[[John Howard Northrop]] isolierte wenige Jahre später [[Pepsin]], [[Trypsin]] und [[Chymotrypsin]] in kristalliner Form und konnte Sumners Hypothese bestätigen.<br />
<br />
=== Nukleinsäure ===<br />
{{Hauptartikel|Nukleinsäuren}}<br />
Der Physiologe [[Friedrich Miescher]] hatte 1869 die Nucleoproteide im Zellkern entdeckt. [[Albrecht Kossel]] entdeckte die Nukleinsäure [[Adenin]] (1885).<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''18''', 79, (1885).</ref> Weitere Nukleinsäuren erhielt er aus tierischem Extrakt, und zwar [[Guanin]], [[Xanthin]] (1893)<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''26''', 2754 (1893).</ref>, [[Thymin]] (1894)<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''27''', 2221, (1894).</ref>, [[Cytosin]] und [[Uracil]] (1903).<ref>Hoppe Seylers Zeitschrift für physiologische Chemie '''38''', 49 (1903).</ref> Emil Fischer gelangen die ersten Synthesen des Adenins, [[Theophyllin]]s,<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''30''', 553, 2226 (1897).</ref> Thymins und Uracils (1897–1903).<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''34''', 3751 (1901).</ref> [[Phoebus Levene]] untersuchte die Verknüpfung von einer Nukleinsäure mit einer Pentose und einem Phosphat zum Mono-[[Nukleotid]]<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''42''', 335, 2469, 2474 (1909).</ref> (1908).<br />
<br />
=== Kohlenhydrate ===<br />
{{Hauptartikel|Kohlenhydrate}}<br />
Kohlenhydrate sind ein wichtiger Bestandteil unserer Nahrung, sie wurden daher zeitig von Biochemikern untersucht. Sowohl Stärke als auch Zucker werden zu [[Glucose]] abgebaut und bei einem Überangebot in der Leber als [[Glykogen]] gespeichert. Ein konstanter Blutzuckergehalt ist für das Gehirn und die Muskeln lebensnotwendig. [[Adolf von Baeyer]] gab 1870 bereits eine erste Formel zur Glucose an.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''3''', 66 (1870).</ref> [[Emil Fischer]] machte ab 1887 umfangreiche Forschungen zur Aufklärung der chemischen Strukturen von Zuckern mit [[Phenylhydrazin]] zu gut kristallisierbaren [[Osazon]]en.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''20''', 821 (1887).</ref> Im Jahr 1893 konnte er durch Umwandlung von Glucose mit Methanol zu Methylglykosid – das die [[Fehlingsche Lösung]] nicht reduzierte – beweisen, dass die Aldehydgruppe im Ring mit einer Hydroxygruppe verknüpft (glycosidisch) ist.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''26''', 2400 (1893).</ref> Später (1922) folgerte [[Burckhardt Helferich]], dass die Glucose in einem Sechsring (1,5-glykosidisch statt 1,4-glykosidisch) vorliegen musste.<ref>Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft '''56''', 759 (1923).</ref> Weitere wichtige Arbeiten zur Zuckerchemie und deren strukturelle Darstellung leistete [[Norman Haworth]]; er synthetisierte auch erstmals das [[Vitamin C]] (bei Mangel tritt [[Skorbut]] auf), ein Säurederivat eines Zuckers.<br />
<br />
=== Vitamine ===<br />
{{Hauptartikel|Vitamin}}<br />
Durch mangelhafte Ernährung starben zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch viele Menschen. Im Jahr 1882 untersuchte [[Gustav von Bunge]] Ratten und Mäuse, die er nur mit Eiweiß, Kohlenhydraten und Fetten fütterte, deren Nahrung aber keine weiteren Beimischungen enthielten. Die Tiere starben. Menschen benötigen neben Eiweiß, Kohlenhydraten, Fetten noch Vitamine. Viele Vitamine wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgefunden. Die Strukturaufklärung des [[Cholesterin]]s (und damit der Gruppe der [[Steroid]]e) durch [[Adolf Windaus]] war für die Strukturaufklärung und Bildung von [[Vitamin D]] (bei dessen Mangel [[Rachitis]] auftritt) bedeutsam. Windaus war auch mit der Aufklärung der Summenformel und Struktur von [[Vitamin B1]] befasst. Sir [[Frederick Gowland Hopkins]], ein Pionier der Biochemie in Großbritannien und [[Casimir Funk]], der das Wort ''Vitamin'' prägte, leisteten bedeutende Forschungen zur Entdeckung des Vitamin B1 (bei Mangel tritt [[Beri-Beri]] auf). Hopkins entdeckte auch zwei essentielle [[Aminosäuren]] und wurde dafür 1929 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.<br />
Im Jahre 1926 entdeckte der Physiologe [[Otto Warburg (Biochemiker)|Otto Warburg]] das Atmungsferment [[Cytochromoxidase]], ein Ferment im [[Zitronensäurezyklus]] und für Redoxvorgänge der Zelle, wofür er 1931 den Nobelpreis erhielt.<br />
<br />
=== Hormone ===<br />
{{Hauptartikel|Hormon}}<br />
Stoffgruppen, die in menschlichen Organen produziert werden, nennt man nach [[Ernest Starling]] Hormone. [[Thomas Addison]] entdeckte 1849 eine Krankheit, die ihren Ursprung in den Nebennieren hat. T.&nbsp;B. Aldrich und [[Takamine Jōkichi]] (1901) extrahierten einen Stoff, den sie [[Adrenalin]] nannten, aus tierischen Nieren. Aldrich ermittelte die Summenformel und [[Friedrich Stolz (Chemiker)|Friedrich Stolz]] gelang die [[Synthese (Chemie)|chemische Synthese]] (1904). Damit gelang der Biochemie 1904 erstmals die künstliche Herstellung eines [[Hormon]]s.<br />
<br />
Die [[Struma|Kropfbildung]] ist eine weitere hormonelle Krankheit der [[Schilddrüse]], die seit 1820 nach Jean-Francois Coindet durch [[Iod]]gaben gemildert werden konnte. Erst 1915 glückte [[Edward Calvin Kendall]] die Isolierung einer kristallinischen Substanz der Schilddrüse. Er hielt sie fälschlicherweise für ein Oxindolderivat und nannte sie daher [[Thyroxin]]. Synthetisch wurde Thyroxin seit 1926 von [[Charles Robert Harington]] darstellbar.<br />
<br />
Im Jahre 1935 isolierte [[Ernst Laqueur]] aus [[Stierhoden]] das von ihm so benannte Sexualhormon [[Testosteron]]. Auch von [[Adolf Butenandt]] wurden die Geschlechtshormone untersucht. Im Jahr 1929 isolierte er mit [[Estron]] eines der weiblichen Sexualhormone. Zwei Jahre später isolierte er mit [[Androsteron]] ein männliches Geschlechtshormon. Im Jahr 1934 entdeckte er das Hormon [[Progesteron]]. Durch seine Forschung wurde gezeigt, dass die Geschlechtshormone eng mit [[Steroide]]n verwandt sind. Seine Untersuchungen auf dem Gebiet der Sexualhormone ermöglichte die Synthese von [[Cortison]] sowie andere Steroide. Dies führte schließlich zur Entwicklung von modernen Verhütungsmitteln.<br />
<br />
Der Mangel des Bauchspeichelhormons konnte durch Gabe von Rinder-[[Insulin]] 1920 durch [[Frederick Banting]] und Best gelindert werden. Erst 1953 wurde die Aminosäuresequenz von Insulin durch [[Frederick Sanger]] aufgeklärt.<br />
<br />
== Wichtige Forschungsgebiete der modernen Biochemie ==<br />
{{Belege fehlen}}<br />
In Lehrbüchern der Biochemie werden die Prozesse der [[Gärung]] von Zucker zu [[Ethanol]] und [[Milchsäure]] sowie der Aufbau von Glucose zu [[Glykogen]] ausführlich beschrieben. Diese Umwandlungen werden unter dem Stichwort [[Glykolyse]] zusammengefasst.<br />
<br />
Die Energiegewinnung in lebenden Zellen erfolgt über den Abbau von Fetten, Aminosäuren und Kohlenhydraten über Oxalacetat zu Citrat durch Acetyl-S-CoA unter Freisetzung von Kohlendioxid und Energie. Acetyl-S-CoA enthält ein wasserlösliches Vitamin – die [[Pantothensäure]]. Dieser Prozess wurde von H. Krebs 1937 untersucht und wird [[Citratzyklus]] genannt.<br />
<br />
Oxidationen von Biomolekülen in Zellen verlaufen über mehrere Enzyme, an denen das Vitamin B2 beteiligt ist. Dieser Prozess wird in Lehrbüchern als oxidative Phosphorylierung oder [[Atmungskette]] beschrieben.<br />
<br />
Ein weiterer biochemischer Prozess ist die [[Photosynthese]]. Kohlenstoffdioxid aus der Luft und Wasser wird durch Strahlungsenergie durch das Pigment Chlorophyll in Pflanzenzellen und [[Phototrophie|phototrophen]] Mikroorganismen in Kohlenhydrate und Sauerstoff überführt.<br />
<br />
In menschlichen und tierischen Organismen wird überschüssige Energie aus der Nahrung in Form von Fetten gespeichert. Bei Energiemangel der Zellen werden diese Fette wieder abgebaut. Dieser Prozess erfolgt über die Oxidation von Fettsäuren mittels Acetyl-CoA.<br />
<br />
Bei Krankheiten (schwerer Diabetes) oder extremem Nahrungsmangel greifen Zellen auch auf Aminosäuren zur Energiegewinnung zurück. Dabei werden Proteine zu Aminosäuren und diese zu Kohlendioxid abgebaut. Der [[Harnstoffzyklus]] beschreibt die ablaufenden Umwandlungen.<br />
<br />
In pflanzlichen und tierischen Zellen können Kohlenhydrate aus anderen Stoffen – beispielsweise der Milchsäure oder aus Aminosäuren – biochemisch aufgebaut werden. Die Untersuchungen zu den einzelnen biochemischen Schritten werden in [[Gluconeogenese]] untersucht.<br />
Ferner wurden die Biosynthesen von [[Aminosäure]]n, [[Nucleotid]]en, [[Porphyrin]]en, der [[Stickstoffzyklus]] in Pflanzen gründlich untersucht.<br />
<br />
Ein weiterer Teilbereich der biochemischen Forschung ist die [[Resorption]] und der Transport von Stoffwechselprodukten durch das Blutplasma.<br />
<br />
Die Weitergabe der gespeicherten Information im Zellkern auf der [[DNA]] (genauer: bestimmter Abschnitte der DNA, den [[Gen]]en) zur Herstellung von Enzymen verläuft über die [[Replikation]], [[Transkription (Biologie)|Transkription]] und [[Proteinbiosynthese]]. Dies ist ein wichtiges Gebiet der synthetischen Biochemie ([[Biotechnologie]]), da Bakterien auf ihrer zyklischen DNA ([[Plasmid]]en) dazu gebracht werden können, bestimmte Enzyme zu produzieren.<br />
<br />
Einzelne Proteine können mittels Gel-[[Elektrophorese]]<ref>Kurt Schlösser: ''Kurzzeit Elektrophorese'', Chemie in unserer Zeit (Februar 1971), S. 28–29.</ref> nachgewiesen werden. Durch den [[Edman-Abbau]] kann die Aminosäure-Sequenz des Proteins bestimmt werden.<br />
<br />
== Meilensteine der Biochemie ==<br />
[[Datei:Citratcyclus.svg|miniatur|rechts|300px|Der [[Citratzyklus]]&nbsp;– ein biochemischer Stoffwechselweg]]<br />
=== 19. Jahrhundert ===<br />
* 1805 – Entdeckung und Isolierung der ersten [[Aminosäure]] durch [[Pierre Jean Robiquet]] und [[Louis-Nicolas Vauquelin]]<br />
* 1828 – Synthese des organischen [[Harnstoff]]s aus anorganischem Ammoniumcyanat durch [[Friedrich Wöhler]]<br />
* 1833 – Entdeckung des ersten Enzyms (Diastase) durch [[Anselme Payen]]<br />
* 1869 – Entdeckung der Erbsubstanz [[Nuclein]] durch [[Friedrich Miescher]]<br />
* 1896 – Entdeckung der zellfreien [[Gärung]] durch [[Eduard Buchner]]<br />
<br />
=== 20. Jahrhundert ===<br />
* 1904 – Synthese eines Hormons (Testosteron) durch [[Friedrich Stolz (Chemiker)|Friedrich Stolz]]<br />
* 1926 – Entdeckung des Atmungsferments [[Cytochromoxidase]] durch Otto Warburg<br />
* 1927 – Isolierung von Vitamin C aus der Nebenniere, Orangensaft beziehungsweise Weißkohl durch [[Albert von Szent-Györgyi Nagyrápolt]]<br />
* 1929 – Aufklärung des Mechanismus der [[Glykolyse]] durch [[Gustav Embden]] und [[Otto Meyerhof]], sowie [[Jakub Parnas]]<br />
* 1932 – Aufklärung des [[Citratzyklus]] durch [[Hans Adolf Krebs]]<br />
* 1953 – Aufklärung der Struktur der [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]] durch [[James Watson]], [[Francis Crick]] und [[Rosalind Franklin]]<br />
<br />
== Forschungsinstitute im deutschen Sprachraum ==<br />
(Die Listen sind unvollständig)<br />
[[Datei:Ccb innsbruck.JPG|mini|Das Centrum für Chemie und Biomedizin (CCB) am Innrain in [[Innsbruck]]]]<br />
<br />
=== Max-Planck-Institute und Leibniz-Institute ===<br />
Führend in der biochemischen Forschung sind beispielsweise die ''Max-Planck-Institute'' der [[Max-Planck-Gesellschaft]], aber auch die ''Leibniz-Institute'' der [[Leibniz-Gemeinschaft]]:<br />
<br />
* [[Max-Planck-Institut für Biochemie]], [[Martinsried]]<br />
* [[Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie]], [[Berlin]]<br />
* [[Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie]], Halle (Saale)<br />
* [[EMBL|European Molecular Biology Laboratory]], Heidelberg<br />
* [[Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie]], [[Dortmund]]<br />
* [[Max-Planck-Institut für Biologie Tübingen|Max-Planck-Institut für Biologie]], [[Tübingen]]<br />
* [[Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie]], [[Göttingen]]<br />
* [[Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin]], [[Münster]]<br />
* [[Forschungszentrum caesar|Forschungszentrum caesar, Bonn]] (Center of Advanced European Studies and Research)<br />
<br />
=== Universitätsinstitute und Fakultäten ===<br />
Die Biochemie gehört zum festen Bestandteil der hochschulischen Ausbildung in den Naturwissenschaften. Vor allem Mediziner und Biologen, aber auch andere Naturwissenschaftler, widmen sich an den Universitäten dem Fach. So finden sich ''Institute für Biochemie'' an vielen deutschsprachigen Hochschulen:<br />
<br />
In Deutschland:<br />
<br />
* Institut für Biochemie der [[Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg]]<br />
* Institut für physiologische Chemie der [[Philipps-Universität Marburg]]<ref>{{Internetquelle|url=https://www.uni-marburg.de/fb20/physiolchemie|titel=Willkommen – Philipps-Universität Marburg – Institut für Physiologische Chemie |autor=loeffle1 |werk=uni-marburg.de |zugriff=2016-12-23}}</ref><br />
* Institut für Biochemie der [[Charité|Charité – Universitätsmedizin Berlin]]<ref>{{Literatur|Autor=Sylvia Rechel, Daniela Höcke|Titel=Institut für Biochemie|Sammelwerk=Name der Abteilung|Online=https://biochemie.charite.de/|Abruf=2016-12-23}}</ref><br />
* Institut für Biochemie der [[Universität Greifswald]]<ref>{{Internetquelle|url=https://biochemie.uni-greifswald.de/|titel=Biochemie – Universität Greifswald |hrsg=Universität Greifswald |werk=biochemie.uni-greifswald.de |zugriff=2018-06-01}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.uni-bonn.de/de |titel=Universität Bonn |sprache=de |abruf=2024-03-08}}</ref><br />
* Biochemisches Institut der [[Albert-Ludwigs-Universität Freiburg]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Georg-August-Universität Göttingen]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf|Heinrich-Heine Universität Düsseldorf]]<br />
* Zentrum für Biochemie der medizinischen Fakultät an der [[Universität zu Köln]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Ludwig-Maximilians-Universität München]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Universität Münster]]<br />
* Interfakultäres Institut für Biochemie der [[Eberhard Karls Universität Tübingen]]<br />
* Institut für Chemie und Biochemie der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität Berlin]]<br />
* Institut für Biochemie und Biophysik der [[Friedrich-Schiller-Universität Jena]]<br />
* Institut für Chemie und Pharmazie der [[Julius-Maximilians-Universität Würzburg]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main]]<ref>{{Internetquelle |url=http://www.biochem.uni-frankfurt.de/index.php?id=65 |titel=Institut für Biochemie |werk=Institute of Biochemistry - Johann Wolfgang Goethe-University |hrsg= |datum= |abruf=2019-07-07 |sprache=en}}</ref><br />
* Institut für Biochemie und Molekularbiologie der [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn]]<br />
<br />
In Österreich:<br />
<br />
* Institut für BioChemie der [[Universität Graz]]<br />
* Centrum für Chemie und Biomedizin (CCB) der [[Medizinische Universität Innsbruck|Medizinischen Universität Innsbruck]] und der [[Leopold-Franzens-Universität Innsbruck]]<br />
* Institut für Biologische Chemie der [[Universität Wien]]<br />
<br />
In der Schweiz:<br />
<br />
* [[Biozentrum der Universität Basel]]<br />
* Institut für Biotechnologie an der [[ETH Zürich]]<br />
* Institut für Biochemie der [[Universität Zürich]]<br />
<br />
== Gliederung ==<br />
Je nach Betrachtungswinkel wird die Biochemie in Bezug auf menschliche [[Erkrankung]]en als medizinische Biochemie, in Bezug auf [[Ökosystem]]e ökologische Biochemie, in Bezug auf Pflanzen als Pflanzenbiochemie, in Bezug auf das Immunsystem als [[Immunologie|Immunbiochemie]] und in Bezug auf das Nervensystem als [[Neurochemie]] bezeichnet. Ebenso wird die Biochemie nach Stoffgruppen eingeteilt, z.&nbsp;B. [[Proteinchemie]], [[Nukleinsäure]]biochemie, [[Kohlenhydrat]]biochemie und [[Lipid]]biochemie. [[Small molecule]]s werden von der [[Naturstoffchemie]] behandelt. Die [[Enzymologie]] und die [[Signaltransduktion]] stellen Sonderbereiche der Biochemie dar. Die [[Biophysikalische Chemie]] untersucht [[Biomolekül]]e und [[Lebewesen]] mit Methoden der [[Physikalische Chemie|physikalischen Chemie]].<br />
<br />
== Nobelpreisträger aus dem Fachgebiet ==<br />
In der nachfolgenden Galerie findet sich eine Auswahl wichtiger Nobelpreisträger, die für Forschungen auf dem Gebiet der Biochemie (oder deren unmittelbare Nachbardisziplinen) ausgezeichnet wurden:<br />
<br />
<gallery><br />
Datei:Emil-fischer.jpg|Hermann Emil Fischer erhielt 1902 den [[Nobelpreis für Chemie]] „als Anerkennung des außerordentlichen Verdienstes, das er sich durch seine Arbeiten auf dem Gebiet der [[Zucker]]- und [[Purine|Purin]]-Gruppen erworben hat“.<br />
File:Otto_Fritz_Meyerhof.jpg|Der Biochemiker [[Otto Fritz Meyerhof]] bekam 1922 gemeinsam mit [[Archibald Vivian Hill]] für seine Forschungen über den Stoffwechsel im Muskel den Nobelpreis.<br />
File:Otto_Heinrich_Warburg_(cropped).jpg|Otto Warburg erhielt 1931 für „die Entdeckung der Natur und der Funktion des Atmungsferments“ den Nobelpreis. Die [[Otto-Warburg-Medaille]] ist dagegen eine der wichtigsten Auszeichnungen im Bereich der Biochemie in Deutschland.<br />
File:Gerty_Theresa_Cori.jpg|1947 erhielten [[Gerty Cori|Gerty]] und [[Carl Ferdinand Cori|Carl Cori]] gemeinsam mit [[Bernardo Alberto Houssay]] den Nobelpreis für ihre biochemischen Arbeiten über den Zucker-Stoffwechsel.<br />
File:Hans_Adolf_Krebs.jpg|Auch für die Entdeckung des Citratzyklus von Hans Adolf Krebs gab es 1953 einen Nobelpreis.<br />
File:James_D_Watson.jpg|James D. Watson erhielt 1962 den Nobelpreis für seine Forschungen zur DNA.<br />
</gallery><br />
<br />
== Biochemiker ==<br />
=== Studium ===<br />
2008 gab es in Deutschland Studiengänge der Biochemie mit den Abschlüssen [[Diplom]], [[Bachelor]] und [[Master]]. Die Diplomstudiengänge werden schrittweise durch konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge ersetzt:<br />
* Der Diplomstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 9 bis 10 [[Semester]]n, eine Höchststudiendauer von 13 bis 14 Semestern und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Diplom-Biochemiker/in''.<br />
* Der Bachelorstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 6 bis 8 Semestern und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Bachelor of Science – Biochemie''.<br />
* Der Masterstudiengang Biochemie hat eine Regelstudienzeit von 3 bis 4 Semestern nach dem Bachelor und führt zum berufsqualifizierenden Abschluss ''Master of Science – Biochemie''.<br />
<br />
Neben dem reinen Biochemie-Studium besteht die Möglichkeit, die Fachrichtungen Chemie oder Biologie zu studieren und während des Studiums den Fächerkanon Biochemie zu vertiefen. Eine Spezialisierung erfolgt üblicherweise durch Biochemie als Wahlpflichtfach bzw. Hauptfach sowie die Anfertigung einer Diplom-, [[Bachelorarbeit|Bachelor-]] oder [[Masterarbeit]] im Bereich der Biochemie. Diese Variante bietet den Vorteil, dass sich Studienanfänger nicht direkt für ein reines Biochemie-Studium entscheiden müssen. Vielmehr haben sie die Möglichkeit, im Grundstudium verschiedene Fächer kennenzulernen, um sich dann während des Hauptstudiums zu spezialisieren, z.&nbsp;B. in Biochemie. Die Möglichkeit dazu ist an vielen Universitäten gegeben und die Regelstudienzeiten entsprechen denen der reinen Biochemie-Studiengänge. Bei den Bachelor- und Masterstudiengängen hat sich inzwischen im Bereich der [[Biowissenschaften]] eine Vielfalt von Studiengängen mit unterschiedlichen Namen und Spezialisierungen etabliert. Ihnen ist gemeinsam, dass sie besonderen Wert auf die molekularen Grundlagen legen und einen hohen Praxisanteil in der Ausbildung haben (siehe Weblinks). Außerdem überschneidet sich zumeist ein großer Teil des (Grund-)Studiums mit den Studiengängen der [[Chemiestudium|Chemie]] sowie der [[Biologiestudium|Biologie]], weist aber oft auch entscheidende Unterschiede auf (z.&nbsp;B. weniger Vertiefung im Bereich der [[Botanik]], [[Zoologie]] oder der [[Anorganische Chemie|Anorganischen Chemie]] als im Chemie- bzw. Biologie-Studium). Ein besonderer Wert wird im [[Studienordnung|Curriculum]] der Studiengänge auch auf die Module der [[Organische Chemie]], [[Physikalische Chemie|Physikalischen Chemie]] und der Biochemie gelegt, da diese eine erforderliche Grundkenntnis für die Tätigkeit als Biochemiker darstellen.<br />
<br />
=== Facharzt für Biochemie ===<br />
Es besteht auch die Möglichkeit, nach einem absolvierten [[Medizinstudium]] in Deutschland als ''[[Facharzt]] für Biochemie'' tätig zu werden. Hierfür bedarf es einer vierjährigen Weiterbildungszeit. Auf diese anrechenbar ist<br />
* Ein Jahr [[Innere Medizin]] oder [[Pädiatrie]]<br />
<br />
Am 31. Dezember 2010 waren 102 Fachärzte für Biochemie registriert, von denen einer niedergelassen war. 52 übten keine ärztliche Tätigkeit aus. Die Zahl der ärztlich tätigen registrierten Fachärzte für Biochemie reduzierte sich innerhalb des Jahrzehntes 2000–2010 um fast 50 %.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
{{Portal|Biochemie}}<br />
* [[Assimilation (Biologie)]]<br />
* [[Dissimilation (Biologie)]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
=== Lehrbücher ===<br />
* [[Siegfried Edlbacher]]: ''Kurzgefaßtes Lehrbuch der physiologischen Chemie.'' 3., umgearbeitete Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1936; 8. Auflage ebenda 1942.<br />
* Siegfried Edlbacher: ''Praktikum der physiologischen Chemie.'' 2., umgearbeitete Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1940.<br />
* A. Bertho, [[Wolfgang Grassmann]]: ''Biochemisches Praktikum.'' Walter de Gruyter & Co., Berlin 1936.<br />
* Friedrich August Legahn: ''Physiologische Chemie.'' Teil 1: ''Assimilation'', Teil 2: ''Dissimilation''. 3. Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin (= ''[[Sammlung Göschen]].'' Band 240–241).<br />
* Donald Voet et al.: ''Lehrbuch der Biochemie.'' Wiley-VCH, 2002, ISBN 3-527-30519-X.<br />
* Manfred Schartl, Manfred Gessler, Arnold von Eckardstein: ''Biochemie und Molekularbiologie des Menschen.'' Elsevier, München 2009, ISBN 978-3-437-43690-1.<br />
* Philipp Christen, Rolf Jaussi: ''Biochemie. Eine Einführung mit 40 Lerneinheiten.'' Springer-Verlag, 2005, ISBN 3-540-21164-0.<br />
* David L. Nelson, Michael M. Cox: ''Lehninger Biochemie.'' Springer, 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, korrigierter Nachdruck 2011 (Übersetzung der 5. amerikanischen Auflage), ISBN 978-3-540-68637-8.<br />
* Jeremy M. Berg, Lubert Stryer, John L. Tymoczko und diverse Übersetzer: ''Stryer Biochemie.'' 7. Auflage. Springer Spektrum, 2012, ISBN 978-3-8274-2988-9 ([https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK21154/ Online-Version der 5. Auflage von 2003, Volltextsuche (englisch)]).<br />
* David L. Nelson, Michael M. Cox: ''Lehninger Principles of Biochemistry.'' W. H. Freeman, 6th International Edition 2013, ISBN 978-1-4641-0962-1.<br />
* Peter C. Heinrich [[et al.]]: ''Löffler/Petrides: Biochemie und Pathobiochemie.'' 9., vollständig überarbeitete Auflage. Springer, 2014, ISBN 978-3-642-17971-6 (Print); ISBN 978-3-642-17972-3 (E-Book).<br />
* Florian Horn: ''Biochemie des Menschen – Das Lehrbuch für das Medizinstudium.'' 6., überarbeitete Auflage. Thieme, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-13-130886-3 (Taschenbuch).<br />
* [[Joachim Rassow]], Karin Hauser, Roland Netzker, Rainer Deutzmann: Duale Reihe ''Biochemie.'' 4. Auflage. Thieme, 2016, ISBN 978-3-13-125354-5 (Taschenbuch).<br />
* Jan Koolman, Klaus-Heinrich Röhm: ''Taschenatlas der Biochemie des Menschen.'' 5., überarbeitete Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-13-241740-3.<br />
<br />
=== Geschichte der organischen Chemie und Biochemie ===<br />
* Graeme K. Hunter: ''Vital Forces. The discovery of the molecular basis of life.'' Academic Press, London 2000, ISBN 0-12-361811-8 (englisch)<br />
* [[Paul Walden]]: Geschichte der organischen Chemie seit 1880, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 1972, ISBN 3-540-05267-4<br />
* Uschi Schling-Brodersen: ''Biochemie.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 182–183.<br />
<br />
=== Biochemische Wörterbücher ===<br />
* Peter Reuter: ''Taschenwörterbuch der Biochemie. Deutsch – Englisch / Englisch – Deutsch''. Birkhäuser Verlag, Basel / Boston / Berlin 2000, ISBN 3-7643-6197-2.<br />
<br />
=== Lehrmaterialien im Internet ===<br />
* [http://online-media.uni-marburg.de/chemie/bioorganic/index2.html Online-Grundkurs]<br />
* [http://employees.csbsju.edu/hjakubowski/classes/ch331/bcintro/default.html Biochemistry Online – An Approach Based on Chemical Logic (englisch)] – didaktisch hervorragendes Online-Lehrbuch<br />
* Michael W. King: [http://themedicalbiochemistrypage.org/ King’s Biochemistry]<br />
<br />
=== Biochemische Fachzeitschriften ===<br />
* [http://www.jbc.org/ ''The Journal of Biological Chemistry'' – JBC] (englisch) Zeitschrift der amerikanischen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie {{ISSN|0021-9258}}<br />
* [http://pubs.acs.org/journals/bichaw/ ''Biochemistry''] (englisch) {{ISSN|0006-2960}}<br />
* [http://www.biochemj.org/ ''Biochemical Journal''] (englisch) {{ISSN|0306-3275}}<br />
* [http://www.chembiol.com/ ''Chemistry and Biology''] (englisch) {{ISSN|1074-5521}}<br />
* [http://www.degruyter.com/view/j/bchm?rskey=DEot7B&result=9&q= ''Biological Chemistry''] (englisch) {{ISSN|1431-6730}}<br />
* [http://www.journals.elsevier.com/febs-letters/ ''FEBS Letters''] (englisch) {{ISSN|0014-5793}}<br />
* [http://www.elsevier.com/life-sciences/bba/ ''Biochimica et Biophysica Acta''] (englisch) {{ISSN|0006-3002}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Biochemistry|Biochemie}}<br />
{{Wikibooks|Biochemie und Pathobiochemie}}<br />
{{Wiktionary}}<br />
* [http://www.gbm-online.de/ GBM – Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie e.&nbsp;V.]<br />
* [http://www.gbm-online.de/studium-molekulare-biowissenschaften.html Studiengänge „Molekulare Biowissenschaften“ in Deutschland]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Teilbereiche der Chemie}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4006777-4|LCCN=sh/85/014171}}<br />
<br />
[[Kategorie:Biochemie| ]]<br />
[[Kategorie:Teilgebiet der Chemie]]<br />
[[Kategorie:Medizinisches Fachgebiet]]<br />
[[Kategorie:Biologische Disziplin]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=De_Kuip&diff=248958346De Kuip2024-09-28T04:56:50Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>{{Infobox Stadion<br />
| Name = De Kuip<br />
| Spitzname = <br />
| Stadionlogo = <br />
| Bild = [[Datei:De Kuip bij zonnig daglicht.jpg|300px|Das Stadion Feijenoord im Dezember 2021]]<br />
| Bildbeschreibung = Das Stadion Feijenoord im Dezember 2021<br />
| Frühere Namen = <br />
| Ort = Van Zandvlietplein 1<br />{{NLD|#}} 3077 AA [[Rotterdam]], [[Niederlande]]<br />
| Stadionklassifikation = 4<br />
| Architekt = Brinkman en Van der Vlugt (Stadionbau)<br />Broekbakema (Renovierung)<br />
| Eigentümer = <br />
| Betreiber = <br />
| Baubeginn = 1935<br />
| Eröffnung = 27. März 1937<br />
| Erstes Spiel = 27. März 1937<br />Feyenoord Rotterdam – [[Beerschot VAC]] 5:2<br />
| Kapazität = 51.117 Plätze<br />
| Kapazität international = <br />
| Spielfläche = 105 × 69 m<br />
| Oberfläche = [[Rasen|Naturrasen]]<br />
| Kosten = <br />
| Renovierungen = 1941, 1958, 1994<br />
| Erweiterungen = <br />
| Abriss = <br />
| Verein(e) = * [[Feyenoord Rotterdam]] (seit 1937)<br />
* [[XerxesDZB]] (1945–1946)<br />
* [[Schiedamse Voetbal Vereniging|SVV]] (1990–1991)<br />
| Veranstaltungen = * Niederländische Leichtathletikmeisterschaften 1939<br />
* [[Fußball-Europameisterschaft 2000]] (u.&nbsp;a. das Endspiel)<br />
* Finale im [[Europapokal der Landesmeister 1971/72]]<br />
* Finale im [[Europapokal der Landesmeister 1981/82]]<br />
* Finale im [[Europapokal der Pokalsieger 1962/63]]<br />
* Finale im [[Europapokal der Pokalsieger 1967/68]]<br />
* Finale im [[Europapokal der Pokalsieger 1973/74]]<br />
* Finale im [[Europapokal der Pokalsieger 1984/85]]<br />
* Finale im [[Europapokal der Pokalsieger 1990/91]]<br />
* Finale im [[Europapokal der Pokalsieger 1996/97]]<br />
* Finale im [[UEFA-Pokal 2001/02]]<br />
* [[Konzert (Veranstaltung)|Konzerte]]<br />
| Breitengrad = 51.893867<br />
| Längengrad = 4.523189<br />
| Höhe = <br />
| Region-ISO = NL-ZH<br />
}}<br />
<br />
'''De Kuip''' ({{deS|Die Wanne}}), offiziell '''Stadion Feijenoord''' ({{deS|auch ''Feyenoord-Stadion''}}), ist ein [[Fußballstadion]] in der [[Niederlande|niederländischen]] Stadt [[Rotterdam]]. Nach der [[Johan-Cruyff-Arena]] in Amsterdam mit 55.500 Plätzen ist es mit 51.117 Plätzen das zweitgrößte Stadion der Niederlande.<ref>dekuip.nl: [https://www.dekuip.nl/het-stadion-de-kuip/stadion-feijenoord/over-stadion-feijenoord Over Stadion Feijenoord] (niederländisch)</ref> Vom europäischen Fußballverband [[UEFA]] wurde das 1937 eröffnete Stadion in die [[Stadionklassifikation der UEFA|Stadionkategorie 4]] eingestuft. Der [[Eredivisie|Ehrendivisionär]] [[Feyenoord Rotterdam]] trägt dort seine Heimspiele aus. Die Spielstätte wurde von 1935 bis 1937, nach den Plänen vom Rotterdamer Architekturbüro [[Brinkman en Van der Vlugt]], erbaut und 1994 mit einem Halbdach ausgestattet. Zur [[Fußball-Europameisterschaft 2000]] in [[Belgien]] und den [[Niederlande]]n wurde es auf 52.000 überdachte Sitzplätze erweitert und modernisiert.<br />
<br />
== Besatzungszeit ==<br />
Während der [[Die Niederlande unter deutscher Besatzung (1940–1945)|deutschen Besetzung der Niederlande]] im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurden im Stadion nach einer Razzia am 10. und 11. November 1944 mehrere Zehntausend niederländische Männer festgehalten, bevor sie zur Zwangsarbeit in den Osten der Niederlande und nach Deutschland transportiert wurden.<ref>{{Literatur |Autor=Ben A. Sijes |Hrsg=[[NIOD Instituut voor Oorlogs-, Holocaust- en Genocidestudies|Rijksinstituut voor Oorlogsdocumentatie]] |Titel=De razzia van Rotterdam 10-11 november 1944 |Verlag=Sijthoff |Ort=Amsterdam |Datum=1951 |Seiten=16 |Online=https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ben_Sijes_-_De_Razzia_van_Rotterdam_10-11_november_1944_-_Rijksinstituut_voor_Oorlogsdocumentatie_-_%27s_Gravenhage_1951.pdf |Format=PDF |KBytes=}}</ref><br />
<br />
== Sporthistorische Bedeutung ==<br />
Das Stadion hält den Rekord für die Anzahl der hier ausgetragenen Europapokal-Endspiele, insgesamt neun Endspiele wurden hier absolviert bis zur Einführung der [[UEFA Champions League]]. Hier fand unter anderem auch das EM-Finale 2000 zwischen Frankreich und Italien statt, bei dem sich die „Equipe Tricolore“ nach dem Weltmeistertitel von 1998 im eigenen Land durch den Sieg an dieser Stelle das [[Double (Sport)|Double]] sicherte.<br />
<br />
== Technische Merkmale ==<br />
Ein besonderes Markenzeichen des Stadions ist das zum Spielfeld stark abfallende Dach, das zudem sehr schmal ist, aber trotzdem fast die kompletten Zuschauerränge mit Ober- und Unterrang sowie die Logen überdeckt. Vor der Haupttribüne wurden nach britischem Vorbild alle Zäune entfernt, trotz der Gefahr der besonders militanten niederländischen [[Hooligan]]s. Ausschreitungen konnten jedoch bei den Spielen zumindest in den Stadien verhindert werden. Der Eingang für Gästefans ist komplett von dem der Rotterdamer Fans abgeschirmt. Zusätzlich wurde ein Tunnel errichtet, durch den die gegnerischen Anhänger ins Stadion gelangen. Hierdurch soll vor allem ein Aufeinandertreffen beider Parteien verhindert werden. Das Stadion in Rotterdam ist mit einer modernen [[Flutlicht]]anlage und einer [[Leuchtdiode|LED]]-Anzeige ausgestattet.<br />
<br />
== Zukunft ==<br />
Feyenoord Rotterdam plante über Jahre den Neubau eines Stadions. Die Fußballarena sollte an der [[Nieuwe Maas]], unweit des alten Stadions, entstehen und Teil eines Revitalisierungsprojekts des Stadtgebiets werden. Die Arbeiten für die 400 bis 500 Mio. Euro teure Arena mit 63.000 Plätzen, die auf einer Plattform teilweise über dem Wasser gebaut werden sollten, sollten 2018 starten und bis zur Saison 2022/23 abgeschlossen werden. ''De Kuip'' sollte für die weitere Nutzung umgebaut werden. Der Oberrang und das Dach wären entfernt worden. Dort sollten Wohnungen mit einem Panoramablick entstehen und eine [[Leichtathletikanlage]] sollte wieder im Stadionrund installiert werden. ''De Kuip'' wird weiter als Vereinsmuseum sowie als [[Brauerei]] dienen. Der Entwurf stammte vom [[Office for Metropolitan Architecture]] (O.M.A.) aus Rotterdam.<ref>stadiumdb.com: [http://stadiumdb.com/designs/ned/nieuw_feyenoord_stadion Nieuw Feyenoord-Stadion] (englisch)</ref><br />
<br />
Am 21. April 2022 gab Feyenoord Rotterdam bekannt, dass man die Pläne für einen Stadionneubau wegen gestiegener Kosten fallengelassen hat. Derzeit wird es in der aktuellen Wirtschaftslage auch keine Renovierung des ''Kuip'' geben. Der Club arbeitete über ein Jahrzehnt an den Plänen.<ref>{{Internetquelle |autor=Rob Ridley |url=https://www.thestadiumbusiness.com/2022/04/22/feyenoord-calls-an-end-to-stadium-development-vision/ |titel=Feyenoord calls an end to stadium development vision |werk=thestadiumbusiness.com |datum=2022-04-22 |sprache=en |abruf=2022-04-26}}</ref><br />
<br />
== Galerie ==<br />
<gallery><br />
Stadionfey.jpg|Stadionplan (2005)<br />
De Kuip Rotterdam The Netherlands.jpg|Luftbild von De Kuip (2005)<br />
StadionFeyenoord.jpg|Vorderseite des Stadions<br />
Stadion Feijenoord, P1010529.jpg|Blick vom Trainingsfeld auf das Stadion (2006)<br />
StadionFeyenoord20083.jpg|Blick in das Stadion (2008)<br />
Rotterdam feyenoord stadion 1.jpg|Außenansicht des Stadions (2008)<br />
Rotterdam De Kuip 1.jpg|Der Innenraum von „De Kuip“ im August 2014<br />
Feyenoord Rotterdam's De Kuip stadium in 2022 before a match against FC Emmen.jpg|Das Stadion vor einem Ligaspiel gegen den [[FC Emmen]] (2022)<br />
</gallery><br />
<br />
=== Panorama ===<br />
{{Panorama|Panorama Kuip Bekerfinale PEC Zwolle-Ajax.jpg|750|Panoramablick in ''De Kuip'' beim [[KNVB-Pokal 2013/14#Finale|Pokalfinale 2014]] zwischen dem [[PEC Zwolle]] und [[Ajax Amsterdam]] (5:1)}}<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der größten Fußballstadien der Welt]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Feijenoord Stadion|De Kuip}}<br />
* dekuip.nl: [https://www.dekuip.nl/ Website des Stadions] (niederländisch)<br />
* setlist.fm: [https://www.setlist.fm/search?query=Stadion+Feijenoord Konzertliste des Stadions Feijenoord] (englisch)<br />
* stadiumdb.com: [http://stadiumdb.com/stadiums/ned/de_kuip Stadion Feijenoord (De Kuip)] (englisch)<br />
* stadionwelt.de: [https://www.stadionwelt.de/fotos-guides/stadion?id=1223&venue=de-kuip Stadionführer]<br />
* stadiumguide.com: [http://www.stadiumguide.com/kuip/ De Kuip] (englisch)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{NaviBlock<br />
|Navigationsleiste Stadien der niederländischen Eredivisie<br />
|Navigationsleiste Endspiel-Stadien der UEFA-Fußball-Europameisterschaften<br />
|Navigationsleiste Endspiel-Stadien der UEFA Champions League<br />
|Navigationsleiste Endspiel-Stadien der UEFA Europa League<br />
|Navigationsleiste Endspiel-Stadien des Europapokals der Pokalsieger<br />
}}<br />
<br />
[[Kategorie:Fußballstadion in den Niederlanden]]<br />
[[Kategorie:Fußballstadion in Europa]]<br />
[[Kategorie:Sportstätte in Rotterdam]]<br />
[[Kategorie:Feyenoord Rotterdam]]<br />
[[Kategorie:Erbaut in den 1930er Jahren]]<br />
[[Kategorie:Bauwerk in Rotterdam]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Benutzer_Diskussion:CHALLENGE_WMDE&diff=248943178Benutzer Diskussion:CHALLENGE WMDE2024-09-27T14:21:12Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>Danke für die aktuelle Challenge. Ich bin zwar schon ein paar Jahre sporadisch dabei (und habe seitdem sogar in meinem Arbeitsumfeld einige Wikis eingerichtet) aber vieles kannte ich noch nicht. Ich bin jetzt stärker motiviert, mich einzubringen.<br />
<br />
== Feedback zu Challenge 2024 ==<br />
Eine wunderbare Aktion, die mir die Türen geöffnet hat in die faszinierende Welt des Wikiversums! Muchas Gracias 🙏 – Jetzt weiß ich auch, wie man einen neuen Abschnitt in der Wiki-Syntax formatiert. 😉 --[[Benutzer:Artur Ladebeck|Artur Ladebeck]] ([[Benutzer Diskussion:Artur Ladebeck|Diskussion]]) 21:52, 10. Sep. 2024 (CEST)<br />
<br />
:Vielen Dank @[[Benutzer:Artur Ladebeck|Artur Ladebeck]] zu diesem schönen Feedback :) --[[Benutzerin:Merle von Wittich (WMDE)|Merle von Wittich (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Merle von Wittich (WMDE)|Diskussion]]) 17:34, 12. Sep. 2024 (CEST)<br />
::ich zeige mich nun hier als aktiv --[[Benutzer:Paul987654|Paul987654]] ([[Benutzer Diskussion:Paul987654|Diskussion]]) 19:24, 19. Sep. 2024 (CEST)<br />
::::)<br />
:::--[[Benutzerin:Merle von Wittich (WMDE)|Merle von Wittich (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Merle von Wittich (WMDE)|Diskussion]]) 10:16, 20. Sep. 2024 (CEST)<br />
<br />
Da möchte ich mich gerne anschließen. Ein großes Lob, was das für eine tolle Challenge die Wochen über gewesen ist. Die Mails habe ich gespeichert, damit ich mir das Wissen immer wieder abrufen kann. Ich habe sehr viel gelernt die Tage über. Herzlichen Dank und liebe Grüße 🙋♀️ {{unsigniert|Lejuma|13:14, 16. Sep. 2024 (CEST)}}<br />
<br />
:Auch an dich @[[Benutzer:Lejuma|Lejuma]] ein ganz herzliches Dank für das Lob :) --[[Benutzerin:Merle von Wittich (WMDE)|Merle von Wittich (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Merle von Wittich (WMDE)|Diskussion]]) 18:13, 16. Sep. 2024 (CEST)<br />
<br />
== Neuer Kommentar ==<br />
Hallo, das mit dem Wikimail senden hat bei mir auch am Desktop nicht geklappt, aber Eure Challenge finde ich trotzdem phantastisch. Werde bei Femtett noch eine Weile an den Marburger Professoren herumknobeln und freue mich jeden Tag über Euer Engagement! Vielen Dank!!! <br />
PhiMoFi {{unsigniert|PhiMoFi|14:38, 28. Okt. 2020 (CET)}}<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:PhiMoFi|PhiMoFi]], danke für deine nette Nachricht! Wie schön, dass dir die Challenge gefällt und dass du das Femtett ausprobiert hast :-) Die Option für Wikimail hast du nur, wenn du eine E-Mail-Adresse in deinen Benutzereinstellungen hinterlegt und auch mit Klick auf den Link in der Mail bestätigt hast. Falls das nicht klappt und du dazu noch weitere Fragen hast, melde dich gerne. Und wenn du auf den roten Link mit deinem Namen klickst, kannst du auch deine Benutzerseite erstellen ;-) Viele Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 10:15, 29. Okt. 2020 (CET)<br />
Mir gefällt Eure Challenge sehr gut. Ich lese Sie täglich. Die einzelnen Aufgaben (Missionen) bearbeite ich, je nach Zeit, mal mehr, mal weniger. Vielen Dank für den Einblick in WIKIPEDIA. Ich habe viel gelernt. {{unsigniert|Professore1309|09:26, 29. Okt. 2020 (CET)}}<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:Professore1309|Professore1309]], danke für deine Nachricht und das nette Feedback. Wir freuen uns sehr, dass die Inhalte interessant und auch lehrreich sind :-) Wir wünschen dir weiterhin viel Spaß mit der Challenge. Und wenn du auf den roten Link mit deinem Namen klickst, kannst du auch deine Benutzerseite erstellen ;-) Viele Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 10:15, 29. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
Hi! Tolle Idee von euch sich im Rahmen der 30-Tage Challenge auch einen Kommentar zukommen zu lassen. Ich bin zwar schon seit einiger Zeit dabei und habe hier und da Kleinigkeiten verbessert, aber durch die Challenge noch einiges Neues gelernt. Vielen Dank dafür! Leider wurde ich auf dieses geführte Tour erst vor Kurzem aufmerksam. Vielleicht wäre es eine gute Idee, wenn sie neuen Mitgliedern gleich nach der Anmeldung per E-Mail oder auf der persönlichen Diskussionsseite empfohlen werden würde. --[[Benutzer:Mike de|Mike de]] ([[Benutzer Diskussion:Mike de|Diskussion]]) 12:02, 2. Okt. 2021 (CEST)<br />
<br />
Hallo [[Benutzer:Mike de|Mike de]],<br />
danke für die liebe Nachricht - sowas ließt man sehr gerne. Zu geführten Tour eine andere Info: Die WMF hat die "Newbie" Startseite entwickelt. Das ist ein Beta-Feature, welches du unter Einstellungen einstellen kannst und Neulinge gut abholen soll. Dieses Feature ist noch nicht in der DE-Community besprochen und daher ist es noch nicht "ausgerollt" und muss via dieser Einstellung angeklickt werden. Wir sind aber gespannt, wie es in der Community besprochen wird :) [[Benutzerin:Merle von Wittich (WMDE)|Merle von Wittich (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Merle von Wittich (WMDE)|Diskussion]]) 12:14, 2. Okt. 2021 (CEST)<br />
<br />
Vielen Dank für die spannenden Einblicke ins Wikiversum! Finde eure Texte und Aufgaben sehr anregend.<br />
<br />
Diesem automatisch vorgeschlagenen Text kann ich mich nur anschließen. {{unsigniert|C4k7|08:37, 10. Apr. 2023 (CEST)}}<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:C4k7|C4k7]], vielen Dank für die positive Rückmeldung. Wir freuen uns, dass dir die Challenge Spaß macht und wünschen dir viel Freude beim weiteren Mitmachen. Viele Grüße [[Benutzerin:Hanna Klein (WMDE)|Hanna Klein (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Hanna Klein (WMDE)|Diskussion]]) 08:47, 11. Apr. 2023 (CEST)<br />
<br />
== Kommentar ==<br />
Ich versuche gerade die Mission aus der Wikipedia-Challenge 24 zu erfüllen: hier eine Wikimail zu senden... Ich finde 'Werkzeuge' nicht - ich vermute, das ist - wie leider so oft bei Wikipedia - von mobilen Geräten nicht möglich. Ich bin aber nur mit mobilen Geräten online :( [[Benutzer:Don Sawyer|Don Sawyer]] ([[Benutzer Diskussion:Don Sawyer|Diskussion]]) 07:43, 13. Jul. 2021 (CEST){{unsigniert|Don Sawyer|20:19, 18. Jun. 2020 (CEST)}}<br />
<br />
: Hallo {{ping|Don Sawyer}} leider hast Du Recht und die Funktion ist in der mobilen Ansicht nicht auffindbar. Wir schauen, dass wir die Texte noch besser anpassen. Uns hier aber auf die Benutzerseite zu schreiben, ist eine ziemlich großartige alternative Lösung der Challenge-Aufgabe :) [[Benutzerin:Merle von Wittich (WMDE)|Merle von Wittich (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Merle von Wittich (WMDE)|Diskussion]]) 10:59, 19. Jun. 2020 (CEST)<br />
<br />
Ich arbeite mit einem PC und finde den 'Werkzeuge'-Abschnitt links im Seitenbalken, allerdings enthält er nirgends einen Link zum E-Mail senden. So sieht das bei mir aus:<br />
<br />
<br />
Werkzeuge<br />
<br />
Links auf diese Seite<br />
Änderungen an verlinkten Seiten<br />
Benutzerbeiträge<br />
Logbücher<br />
Stummschaltungs-Einstellungen<br />
Benutzergruppen ansehen<br />
Datei hochladen<br />
Spezialseiten<br />
Druckversion<br />
Permanenter Link<br />
Seiteninformationen<br />
<br />
--[[Benutzer:Amagard|Amagard]] ([[Benutzer Diskussion:Amagard|Diskussion]]) 09:00, 22. Jun. 2020 (CEST)<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:Amagard|Amagard]], vermutlich hast du selber keine E-Mail-Adresse in deinem Konto hinterlegt, kann das sein? Die Wikimail-Funktion steht dir nur zur Verfügung, falls du selbst eine E-Mail-Adresse eingetragen hast. Du kannst sie einfach über den Menüpunkt Einstellungen neben deinem Benutzernamen oben rechts im Browser im Reiter "Benutzerdaten" ergänzen. Viele Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 15:54, 22. Jun. 2020 (CEST)<br />
<br />
:Nein, das ist es nicht: unter "E-Mail-Optionen" ist meine e-Mail Adresse hinterlegt. --[[Benutzer:Amagard|Amagard]] ([[Benutzer Diskussion:Amagard|Diskussion]]) 08:24, 23. Jun. 2020 (CEST)<br />
<br />
::Hallo [[Benutzer:Amagard|Amagard]], dann liegt es vermutlich daran, dass die E-Mail-Adresse noch nicht bestätigt ist. Nach der Anmeldung hast du eine E-Mail von Wikipedia bekommen mit der Bitte deine Mail-Adresse durch Klick auf den Link in der Mail zu bestätigen. Wenn du das noch machst, sollte alles klappen. --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 10:21, 23. Jun. 2020 (CEST)<br />
<br />
::Yep, Christine, das war der Grund ! Danke für Deine Hilfe. --[[Benutzer:Amagard|Amagard]] ([[Benutzer Diskussion:Amagard|Diskussion]]) 08:40, 24. Jun. 2020 (CEST)<br />
<br />
Hallo, noch ein Wikipedia-Challenger hier auf mobilem Gerät. :-) Jetzt nach Hinweis von [[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] noch mit Signatur [[Benutzer:JoaM|JoaM]] ([[Benutzer Diskussion:JoaM|Diskussion]]) 12:43, 24. Jun. 2020 (CEST)<br />
<br />
: Herzlich Willkommen [[Benutzer:JoaM|JoaM]] :-) Wenn du am Ende deiner Beiträge vier geschwungene Striche ~ eingibst, kannst du deine Beiträge auch signieren. Viele Grüße --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 12:18, 24. Jun. 2020 (CEST)<br />
<br />
== Übertrag von der Benutzerseite ==<br />
<br />
Übertragen von [[Benutzer:XenonX3|XenonX3]] – ([[Benutzer Diskussion:XenonX3|☎]]) 20:58, 4. Jul. 2020 (CEST)<br />
"Hallo! Wie genau WikiMails geschrieben werden habe ich noch nicht verstanden, mir aber einen Mentor erbeten. Das wird eien gute Sache sein. Liebe Grüße :)" <small>(''nicht [[Hilfe:Signatur|signierter]] Beitrag von'' [[Benutzer:SteffiMe|SteffiMe]] ([[Benutzer Diskussion:SteffiMe|Diskussion]]&nbsp;&#124;&nbsp;[[Spezial:Beiträge/SteffiMe|Beiträge]]) 19:12, 4. Jul. 2020 (CEST))</small><br />
<br />
: Hallo [[Benutzer:SteffiMe|SteffiMe]], herzlich willkommen und danke für deine Nachricht :-) Damit es mit der Wikimail klappt, musst du selber eine E-Mail-Adresse in deinen Benutzereinstellungen hinterlegen und bestätigen. Auf der Seite [[Hilfe:E-Mail#E-Mail-Funktion_(„Wikimail“)|Hilfe:E-Mail#E-Mail-Funktion_(„Wikimail“)]] findest du noch mehr Hilfe zur Wikimail. Viele Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 09:53, 6. Jul. 2020 (CEST)<br />
<br />
== Wikipedia Challenge Tag 24 ==<br />
<br />
Vielen Dank für die spannende Challenge und die damit verbundenen Einblicke, die zum Ausprobieren teils noch nicht benutzter Features einladen!<br />
Am Wochenende konnte ich die Links aus dem Newsletter aufgrund eines Zeitumstellungs-Bugs nicht öffnen, daher nun endlich eine Nachricht hier.<br />
Bleibt gesund, es lebe die Community! [[Benutzer:Daktylosoph|Daktylosoph]] ([[Benutzer Diskussion:Daktylosoph|Diskussion]]) 20:04, 26. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:Daktylosoph|Daktylosoph]], danke für deine Nachricht, wir freuen uns total über das nette Feedback! Die Links funktionieren inzwischen wieder. Wir wünschen weiterhin viel Spaß beim Ausprobieren :-) Viele Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 13:52, 27. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
Das Wissen der größten Wissenssammlung der Welt so aufbereitet und reduziert an Anfänger*innen weiterzugeben, ist eine großartige Idee! Ich finde die Challenges und die gesamte Aktion einfach nur super. Liebe Grüße an alle, die das im Hintergrund organisiert haben und betreuen :) --[[Benutzer:Wicky Martin|Wicky Martin]] ([[Benutzer Diskussion:Wicky Martin|Diskussion]]) 10:28, 28. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:Wicky Martin|Wicky Martin]], vielen Dank für deine Nachricht und das schöne Feedback! Wir freuen uns wirklich sehr, dass die Idee so gut ankommt und dass die Challenge beim Einstieg in die Wikipedia hilfreich ist :-) Liebe Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 12:29, 2. Nov. 2020 (CET)<br />
Die Challenge hat mir bislang viele Einblicke ermöglicht, die ich ohne sie nie bekommen hätte. Danke dafür! [[Benutzer:Bluejack de|Bluejack de]] ([[Benutzer Diskussion:Bluejack de|Diskussion]]) 07:08, 1. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:Bluejack de|Bluejack de]], danke für deine Rückmeldung! Es ist schön zu hören, dass die Challenge Neues vermitteln konnte :-) Wir wünschen weiterhin viel Spaß mit den Inhalten und senden viele Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 12:29, 2. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
Hi!<br />
Ich bin schon recht lange bei der Wikipedia angemeldet und habe vor einiger Zeit auch ein wenig an Artikeln gearbeitet. Durch die Challenge habe ich aber eine ganze Menge über das Wikiversum dazu gelernt. Zuerst war ich etwas skeptisch. Letztlich machen mir die täglichen 'Aufgaben' aber echt Spaß! Eine echt coole Sache. Ich würde mir wünschen, dass viel mehr Menschen hinter die Kulissen der Wikipedia gucken würden. Habt Ihr einen Überblick, wieviele Leute die Challenge machen/gemacht haben?<br />
Gruß <br />
maxmikrokosmos [[Benutzer:Maxmikrokosmos|Maxmikrokosmos]] ([[Benutzer Diskussion:Maxmikrokosmos|Diskussion]]) 10:31, 4. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:Maxmikrokosmos|Maxmikrokosmos]], danke für deine Nachricht! Wir freuen uns, dass dich die Challenge dann doch überzeugen konnte :-) Ja, wir haben insgesamt ca. 10.000 Anmeldungen für die Challenge gehabt. Von denen haben nicht alle, aber doch die allermeisten auch bis zum Ende durchgehalten. Viele Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 14:01, 4. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
== Super!! ==<br />
<br />
Die Challenge ist wirklich super - und hat viel bei mir ausgelöst. Ob ich den Anforderungen eines Wikipedia-Autors gerecht werden kann muss ich allerdings erst noch herausfinden. Der "eigentliche" Einstieg (für mich: Das Schreiben eines Artikels) fällt mir noch schwer. Aber Rom wurde auch nicht... ;o)<br />
<br><br />
Die Menschen hinter der Wikipedia machen einen riesen Job. Ich wünsche Euch und uns allen, dass das alles noch sehr, sehr lange so weiter geht...<br />
<br><br />
[[Benutzer:Max W. Barth|Max W. Barth]] ([[Benutzer Diskussion:Max W. Barth|Diskussion]]) 08:43, 27. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:Max W. Barth|Max W. Barth]], danke für deine Nachricht! Wir freuen uns, dass dir die Challenge gefällt und dich inspiriert, vielleicht sogar selber aktiv zu werden. Mit der Kommunikation auf der Benutzerseite hier, hast du auf jeden Fall schon eine wesentliche Hürde gemeistert ;-) Wir wünschen dir weiter viel Spaß bei der Challenge und viel Erfolg bei den ersten Schritten in der Wikipedia. Viele Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 13:56, 27. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
== verschoben von Benutzerseite ==<br />
jeder und jede oder besser jede und jeder statt jeder und jeder. MfG Dr. Hartwig Raeder Tel. 05222 7772--[[Benutzer:Dr. Hartwig Raeder|Dr. Hartwig Raeder]] ([[Benutzer Diskussion:Dr. Hartwig Raeder|Diskussion]]) 17:49, 27. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
== weitere Verschiebung von der Benutzerseite ==<br />
Ich halte sehr viel von der Wikipedia 30 Tage challenge sehr viel {{unsigniert|FelixBraeutigam|11:11, 26. Okt. 2020 (CET)}}<br />
:Warum signierst Du nicht? Für dieses Durcheinander auf dieser Diskussionsseite sind wohl andere zuständig. --[[Benutzer:Dr. Hartwig Raeder|Dr. Hartwig Raeder]] ([[Benutzer Diskussion:Dr. Hartwig Raeder|Diskussion]]) 17:55, 27. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
::Lieber [[Benutzer:FelixBraeutigam|FelixBraeutigam]], danke für dein Feedback, wir freuen uns, dass dir die Challenge gefällt! Wenn du deinen Beitrag mit vier Tilden ~ beendest, wird automatisch deine Signatur und ein Zeitstempel eingefügt. So ist in der Kommunikation besser sichtbar, welche Beiträge von wem sind ;-) Viele Grüße und weiterhin viel Spaß, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 10:09, 29. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
Ups sorry hab ich wohl vergessen tut mir leid [[Benutzer:FelixBraeutigam|FelixBraeutigam]] ([[Benutzer Diskussion:FelixBraeutigam|Diskussion]]) 12:33, 29. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:FelixBraeutigam|FelixBraeutigam]], kein Problem :-) Wenn du auf Beiträge antwortest, kannst du übrigens durch Doppelpunkte : Einrückungen machen, je Doppelpunkt wird dein Beitrag eine Ebene weiter eingerückt. Viele Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 15:13, 29. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
== Danke euch ==<br />
<br />
Danke euch für die Challenge so weit, war wirklich interessant und ich freue mich schon darauf mich richtig auszuprobieren! [[Spezial:Beiträge/2.247.248.163|2.247.248.163]] 17:52, 27. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
:Liebe IP, danke für dein nettes Feedback! Wir freuen uns, dass dir die Challenge gefällt und wünschen weiterhin viel Spaß :-) Viele Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 10:05, 29. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
== Challenge ==<br />
<br />
Eine sehr informative und für Anfänger hilfreiche Challenge. Vielen Dank!--[[Benutzer:Benedikthuebel|Benedikthuebel]] ([[Benutzer Diskussion:Benedikthuebel|Diskussion]]) 11:46, 29. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:Benedikthuebel|Benedikthuebel]], danke für deine Nachricht! Wie schön, dass die Challenge für den Anfang in Wikipedia hilfreich ist - oft ist der ja nicht so leicht ;-) Wenn du auf den roten Link mit deinem Namen klickst in diesem Text, kannst du übrigens deine Benutzerseite erstellen. Wir freuen uns, wenn du dabei bleibst! Noch viel Spaß mit der Challenge und viele Grüße --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 15:15, 29. Okt. 2020 (CET)<br />
<br />
== verschoben von Benutzerseite ==<br />
<br />
Hallo!<br />
Ich bin bei Tag 24! Die Herausforderung kostet mir viel Kraft, weil ich durch einen doppelten Schädelbasisbruch fast gestorben wäre! Wissen war immer mein Leben und wenn ich in der Lage kommen sollte, neues zu lernen und weiter zu geben, macht mich das glücklich! {{unsigniert|Zolyika02|14:38, 28. Okt. 2020 (CET)}}<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:Zolyika02|Zolyika02]], danke für deine Nachricht. Wir freuen uns, dass dir die Challenge gefällt und du trotz deiner Situation dabei bleibst. Viele Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 13:56, 2. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
== verschoben von Benutzerseite 2 ==<br />
<br />
Gute Idee mit der Challange, habe schon viel gelernt. Ich suche noch die Möglichkeit, anderen Leuten diese Challange weiter zu leiten. {{unsigniert|Alixdragon|06:33, 2. Nov. 2020 (CET)}}<br />
:Hallo [[Benutzer:Alixdragon|Alixdragon]], danke für deine Nachricht! Wir freuen uns, dass dir die Challenge gefällt und ein paar neue Inhalte vermitteln konnte :-) Für die Challenge können sich alle Interessierten weiterhin und jederzeit unter [https://www.wikimedia.de/wikipedia-challenge/ www.wikimedia.de/wikipedia-challenge] anmelden. Leite diesen Link gerne weiter! Viele Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 14:41, 2. Nov. 2020 (CET)<br />
:: Danke! habs gleich weitergeleitet. [[Benutzer:Alixdragon|Alixdragon]] ([[Benutzer Diskussion:Alixdragon|Diskussion]]) 14:54, 2. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
== ich habe eine Menge gelernt ==<br />
<br />
Und bin sehr gespannt wie ich mich am Ende des Kurses nennen darf ... [[Benutzer:TheBigMG|TheBigMG]] ([[Benutzer Diskussion:TheBigMG|Diskussion]]) 22:09, 4. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:TheBigMG|TheBigMG]], vielen Dank für deine Nachricht! Wir freuen uns, dass du ein paar Neue Dinge entdeckt hast in der Challenge :-) Viele Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 14:59, 5. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
Hallo Christine<br />
Ja, es war schon spannend diese 30 Tage jeden Tag etwas dazu zu lernen. Mir war nicht klar wie umfassend das Wikiversium tatsächlich ist. Umso erstaunter bin ich, dass hier nur zwei handvoll Kommentare stehen. Da habe ich mit mehr gerechnet. Oder haben andere Nutzer andere Seiten?<br />
MG [[Benutzer:TheBigMG|TheBigMG]] ([[Benutzer Diskussion:TheBigMG|Diskussion]]) 20:46, 17. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
: Hallo [[Benutzer:TheBigMG|TheBigMG]],<br />
ich antworte mal :), wir haben tatsächlich auch super viele schöne Mails bekommen – die Aufgabe war ja aufgeteilt, dass man gerne hier auf der Diskussionsseite oder eine Wikimail schreiben kann. Uns freut jedenfalls dieses ganze tollle Feedback auf den unterschiedlichsten Kanälen :) [[Benutzerin:Merle von Wittich (WMDE)|Merle von Wittich (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Merle von Wittich (WMDE)|Diskussion]]) 14:25, 19. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
== Challenge 24 ==<br />
<br />
Hi liebes Wikipedia Team,<br />
<br />
Das senden einer Mail als Aufgabe 24 aus der Challenge hat nicht geklappt. Die Werkzeugleiste taucht leider nicht auf, liegt vermutlich daran das ich gerade mit einem mobile device Aktiv bin. <br />
Auf jeden Fall vielen Dank für diese tolle Aktion. Ich habe viel neues gelernt auch wenn ich nicht immer gleich jede neue Challenge ausprobieren kann. <br />
Echt super und macht weiter so 👍<br />
<br />
LG<br />
Hubert [[Benutzer:Kallu1960|Kallu1960]] ([[Benutzer Diskussion:Kallu1960|Diskussion]]) 12:33, 7. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
: Hallo [[Benutzer:Kallu1960|Kallu1960]], danke für deine Nachricht! Es ist total schön zu lesen, dass dir die Challenge gefällt und auch Neues bringt. Die Werkzeugleiste ist tatsächlich nur sichtbar, wenn man sich über ein Desktop-Gerät einloggt. Liebe Grüße und einen guten Start in die Woche, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 10:18, 9. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
== Super Challenge mit Kommafehlern ;) ==<br />
<br />
Hallo zusammen, ich finde diese Challenge wirklich super! Ich habe viel gelernt und einige Ihnalte werde ich auf jeden Fall auch mit anderen teilen... Die Themen sind immer schön abwechslungsreich gestaltet; ich freue mich jeden Tag über die neueste Mail:). Etwas nervig finde ich allerdings u.a. die vielen Kommafehler, die mir immer wieder aufgefallen sind (vor allem in den verschiedenen Touren). Zum Beispiel habe ich in der Einführungstour zu Wikidata aus E-Mail 17 pro Dialogfenster mindestens einen Rechtschreib- oder Grammatikfehler oder Unstimmigkeiten in der Satzstellung gefunden... Das finde ich schade, denn in dieser Challenge mit all den verknüpften Seiten und Tools steckt bestimmt sehr viel Arbeit. Warum hat am Ende keine*r nochmal korrekturgelesen? Falls es niemand sonst macht, würde ich diese Aufgabe nachträglich auch gerne übernehmen; ich würde dann die einzelnen Mails, dazugehörige Touren, Tools und Links noch einmal durcharbeiten und meine Korrekturen an mitmachen@wikimedia.de senden (könnte aber etwas länger dauern). MfG,--[[Benutzer:Majokee|Majokee]] ([[Benutzer Diskussion:Majokee|Diskussion]]) 18:41, 7. Nov. 2020 (CET)<br />
:Täglich habe ich in der Hoffnung auf Besserung Merle alle Fehler, die mir auffielen, manchmal sogar mit den dazugehörigen Regeln mitgeteilt. Man versprach mir eine sofortige Korrektur. Vielleicht hast Du die Texte noch vor mir gelesen. Ich war nicht immer der Schnellste. Die Interpunktionsregeln halte ich für eines der Hauptprobleme von Wikipedia. Orthographiefehler werden durch Korrekturprogramme und von aka verhindert. Aber für Kommafehler gibt es nur ganz wenige Experten wie Dich. Vermutlich scheuen sich viele Professoren vor einer Mitarbeit bei Wikipedia, weil dann jeder ihre diesbezügliche Inkompetenz sehen kann. Dann könnte man von der Komma-Inkompetenz auf ihre fachliche Inkompetenz schließen. --[[Benutzer:Dr. Hartwig Raeder|Dr. Hartwig Raeder]] ([[Benutzer Diskussion:Dr. Hartwig Raeder|Diskussion]]) 02:14, 8. Nov. 2020 (CET)<br />
:: Die Fehler in den Mailtexten habe ich in der Tat sofort korrigiert. Die Touren habe ich mir aber in der Tat noch nicht angeschaut – ich packe es auf die ToDo-Liste! Viele Grüße [[Benutzerin:Merle von Wittich (WMDE)|Merle von Wittich (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Merle von Wittich (WMDE)|Diskussion]]) 08:57, 9. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
== Challenges ==<br />
<br />
Ich vergesse die Inhalte vorangehender Challenges. {{unsigniert|Kobrabaum|15:21, 4. Mär. 2021 (CET)}}<br />
<br />
== Reise durchs Wikiversum ==<br />
<br />
Guten Morgen ins Headquarter! Vielen Dank für die einzigartige und lehrreiche Reise durch das Wikiversum. Ich bin wirklich nachhaltig beeindruckt, was Menschen miteinander geschaffen haben, eine echte Community im Auftrag des freien Wissens. Und: es gibt so einige Parkplätze für mein Space-Ship zum Andocken {{s}} Eine Frage: habe bis vorgestern jeden Tag die Challenges bis zur 27 erhalten, seitdem keine mehr. Kommen diese noch nach? Freue mich auf die Antwort und bleibe neugierig auf die Herausforderungen, die noch eintreffen. Einen schönen Tag wünscht euch --[[Benutzer:Reloadad|Reloadad]] ([[Benutzer Diskussion:Reloadad|Diskussion]]) 09:49, 10. Mär. 2021 (CET)<br />
: Hallo [[Benutzer:Reloadad|Reloadad]], danke für die lieben Worte. Die Challenge geht bis Mail 30. Wenn die bei dir nicht im Spam gelandet sind, dann schreibe am besten eine Mail an community@wikimedia.de und wir leiten dir die fehlenden Mails weiter :) [[Benutzerin:Merle von Wittich (WMDE)|Merle von Wittich (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Merle von Wittich (WMDE)|Diskussion]]) 10:07, 10. Mär. 2021 (CET)<br />
Super, das mache ich. Mit bestem Dank und schönen Grüßen von --[[Benutzer:Reloadad|Reloadad]] ([[Benutzer Diskussion:Reloadad|Diskussion]]) 11:27, 11. Mär. 2021 (CET)<br />
<br />
== Schließ mich dem Dank an ==<br />
<br />
Guten Ostermontagvormittag!<br />
<br />
Dank der Challenge habe ich viel neues gelernt. Und das, obwohl ich mir manches auch nur oberflächlich angeschaut habe. <br />
<br />
Verbindlichkeit (Respektvoller Umgang miteinander), Transparenz und Offenheit. Grundlagen legen für und leben von Demokratie. Unteilbar. Danke.<br />
<br />
Beste Grüße --[[Benutzer:MdM-Berlin|MdM-Berlin]] ([[Benutzer Diskussion:MdM-Berlin|Diskussion]]) 11:22, 5. Apr. 2021 (CEST)<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:MdM-Berlin|MdM-Berlin]], vielen Dank für deine netten Worte! Es freut uns, dass die Challenge auch über Ostern zu neuen Einblicken geführt hat :) Wir freuen uns, wenn du dabei bleibst. Liebe Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 14:30, 6. Apr. 2021 (CEST)<br />
<br />
<br />
Danke für die vielen spannenden Wikipedia Challenges! {{unsigniert|AStarPathfinder|08:23, 8. Apr. 2021 (CEST)}}<br />
<br />
klasse Challenge! Ich bleibe dran =D {{unsigniert|Goreted|09:54, 9. Sep. 2021 (CEST)}}<br />
<br />
:Hey, lieben Dank für deine Nachricht :) - Das freut uns. Dir weiterhin viel Spaß bei der Challenge und mit Wikipedia. --[[Benutzerin:Merle von Wittich (WMDE)|Merle von Wittich (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Merle von Wittich (WMDE)|Diskussion]]) 10:07, 9. Sep. 2021 (CEST)<br />
<br />
Guten Morgen Wikipedia! 😊<br />
Danke dass es Euch gibt und ich freue mich schon endlich auch mit eigenen Artikeln betragen zu dürfen! {{unsigniert|Jean noir|06:23, 14. Apr. 2021 (CEST)}}<br />
<br />
== Hinweis ==<br />
Hi Wikipedia-ErmöglicherInnen. Toll, dass es euch gibt! {{unsigniert|2003:E4:2F0C:4D00:4D0D:5300:AF67:DF95|06:57, 2. Nov. 2020 (CET)}}<br />
<br />
:Hallo liebe IP, danke für deine Nachricht - wir freuen uns sehr über den positiven Zuspruch :-) liebe Grüße, --[[Benutzerin:Christine Domgörgen (WMDE)|Christine Domgörgen (WMDE)]] ([[Benutzerin Diskussion:Christine Domgörgen (WMDE)|Diskussion]]) 14:42, 2. Nov. 2020 (CET)<br />
<br />
== Vielen Dank für Möglichkeit an der Challenge teilzunehmen ==<br />
<br />
'''''Vielen Dank für die Möglichkeit, an der Challenge teilzunehmen.'''''<br />
<br />
Es gab mir einen Blick hinter die Kulissen von Wikipedia. Für mich hat diese Arbeit begonnen, aber es erfordert viel Zeit und die Eintragswerkstatt ist schwierig. Vielen Dank für die Informationen über die Wikibar in Berlin und die Kontakte zu helfenden Menschen. So werden wir gemeinsam Wikipedia bereichern --[[Benutzer:ArthurandAdrien|ArthurandAdrien]] ([[Benutzer Diskussion:ArthurandAdrien|Diskussion]]) 13:23, 27. Aug. 2023 (CEST)<br />
<br />
:Hallo [[Benutzer:ArthurandAdrien|ArthurandAdrien]]! Danke für deine Nachricht, dass wir dir bei den ersten Schritten unterstützen konnten. Wenn du Schwierigkeiten hat, hilft dir vielleicht ein [[Wikipedia:Mentorenprogramm|Mentor]], die [[Wikipedia:Telefonberatung|Telefonberatung]] oder die Seite [[Wikipedia:Fragen von Neulingen]]. Schöne Grüße --[[Benutzer:Hans-Ludwig Meyer (WMDE)|Hans (WMDE)]] ([[Benutzer Diskussion:Hans-Ludwig Meyer (WMDE)|Diskussion]]) 18:04, 29. Aug. 2023 (CEST)<br />
::Was soll das sein, die WikiBar in Berlin? Gibt es dort auch Mezcal-Cocktails :) --[[Benutzer:Plodan|Plodan]] ([[Benutzer Diskussion:Plodan|Diskussion]]) 14:35, 21. Sep. 2024 (CEST)<br />
<br />
== Danke für die Anleitungen ==<br />
<br />
Ich nutze Wikipedia regelmäßig eher passiv als online Lexikon und bin nur sehr selten nicht fündig geworden. Danke für die profunden Beiträge, die mir fast immer sehr professionell recherchiert und redegiert vorkommen. So hatte ich bisher noch keinen Anlass, zu den hervorragenden Artikeln "meinen Senf dazugeben" zu müssen.<br />
<br />
Weiter so! --[[Benutzer:Wiki-tino45|Wiki-tino45]] ([[Benutzer Diskussion:Wiki-tino45|Diskussion]]) 15:27, 19. Sep. 2024 (CEST)<br />
<br />
== Erfahrungen + / - ==<br />
<br />
'''<big><u>Die Challenge selbst ist spitze.</u></big>''' <br />
<br />
Ich habe viel gelernt und war auch guten Mutes gleich den ersten Artikel zu schreiben.<br />
<br />
Leider bin ich vermutlich in ein Fettnäpfchen getreten und hätte besser abwarten sollen, bis die Callenge zu Ende ist.<br />
<br />
Als abslouter Neuling habe ich einfach die Gemeindechronik hergenommen und den Text daraus kopiert. Ich habe angenommen, dass wenn diese ja öffentlich für Jedermann beim Gemeindeamt aufliegt ja auch so nutzbar ist. Außedem habe ich angenommen, dass die Urheberrechte, wenn sie von der Gemeinde für alle Bürger in Auftrag gegeben wurde, nun bei der Gemeinde liegen und daher auch so verwendet werden dürfen. In Bezug auf die Relevanz war ich auch der Meinung, dass die gesamte Geschichte einer Gemeinde einfach in WIKIPEDIA aufgenommen werden kann, usw......<br />
<br />
Aber das war ein Irrtum von mir. Mein erster Beitrag kam sofort in die Löschkandidaten und einer der Kommentare dazu war schlicht, "so einen Blödsinn habe ich noch nie gelesen", Ich habe leider auch irrtümlicher Weise mich als einen der Verantwortlichen für den Text angegeben, worauf man mir vorgeworfen hatte, dass ich mich nur in Scene setzen will und ich dachte in meinem naiven Glauben, dass das der Anstand gebietet.<br />
<br />
Die Frage die ich mir im Moment stelle ist, wie soll ich die Gemeindechronik, die ja fertig ist mit eigenem Text einpflegen? Ich kann ja in Wirklichkeit nichts anders schreiben, als es der Verfasser der Chronik (ein Lehrer) schon gemacht hat.<br />
<br />
Eine weitere Frage ist, wie man Daten und Fakten und /oder Berichte über Begebenheiten, in WIKIPEDIA unterbringen kann, wenn es dazu noch keine Veröffentlichungen, also Zeitung, Internet, staatliche Daten gibt oder sie "nicht mehr" belegt werden können. --[[Benutzer:ERnstLEBEN|ERnstLEBEN]] ([[Benutzer Diskussion:ERnstLEBEN|Diskussion]]) 12:12, 21. Sep. 2024 (CEST)<br />
<br />
:Bei urheberrechtlichen Fragen würde ich mich an die netten Angestellten von Wikimedia Deutschland wenden - da gibt es Spezialisten für das Urheberrecht. Bei einem Text, den man nicht selbst verfasst hat, sollte man sich nicht als Urheber ausgeben, das ist ein absolutes No-go. LG --[[Benutzer:Plodan|Plodan]] ([[Benutzer Diskussion:Plodan|Diskussion]]) 14:33, 21. Sep. 2024 (CEST)<br />
::Selbst als Urheber ausgeben, das ist für mich klar, dass man das nicht macht. <br />
::Ich hatte in dem Text auch den Urheber der Chronik selbst extra hervorgehoben und genau definiert und auch alle Urheberhinweise, die vom Verfasser der Chronik aus anderen Quellen verwendet wurden, vollständig angegeben. --[[Benutzer:ERnstLEBEN|ERnstLEBEN]] ([[Benutzer Diskussion:ERnstLEBEN|Diskussion]]) 17:38, 21. Sep. 2024 (CEST)</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Diethylenglycol&diff=248783318Diethylenglycol2024-09-21T14:55:07Z<p>ToXiDoc!: /* Vergiftungsfälle */</p>
<hr />
<div>{{Infobox Chemikalie<br />
| Strukturformel = [[Datei:2,2'-oxydiethanol 200.svg|alt=|Strukturformel von Diethylenglycol]]<br />
| Suchfunktion = C4H10O3<br />
| Andere Namen = <br />
* 3-Oxapentan-1,5-diol<br />
* 2-(2-Hydroxyethoxy)ethanol ([[IUPAC-Nomenklatur|IUPAC]])<br />
* Dihydroxydiethylether<br />
* 2,2′-Oxydiethanol<br />
* Diethylenglykol<br />
* Diglycol<br />
* Diglykol<br />
| Summenformel = C<sub>4</sub>H<sub>10</sub>O<sub>3</sub><br />
| CAS = {{CASRN|111-46-6}}<br />
| EG-Nummer = 203-872-2<br />
| ECHA-ID = 100.003.521<br />
| PubChem = 8117<br />
| ChemSpider = 13835180<br />
| Beschreibung = farb- und geruchlose, klare Flüssigkeit<ref name="GESTIS" /><br />
| Molare Masse = 106,12 g·[[mol]]<sup>−1</sup><br />
| Aggregat = flüssig<br />
| Dichte = 1,12 g·cm<sup>−3</sup> (20&nbsp;°C)<ref name="GESTIS">{{GESTIS|Name=Diethylenglykol|ZVG=11970|CAS=111-46-6|Abruf=2020-01-08}}</ref><br />
| Schmelzpunkt = −6 [[Grad Celsius|°C]]<ref name="GESTIS" /><br />
| Siedepunkt = 244&nbsp;°C<ref name="GESTIS" /><br />
| Dampfdruck = 0,008 [[Hektopascal|hPa]] (25&nbsp;°C)<ref name="GESTIS" /><br />
| Löslichkeit = vollständig mit Wasser mischbar<ref name="GESTIS" /><br />
| Brechungsindex = 1,4472 (20&nbsp;°C)<ref name="CRC90_3_166">{{CRC Handbook|Auflage=90|Titel=Physical Constants of Organic Compounds|Kapitel=3|Startseite=166}}</ref><br />
| CLH = {{CLH-ECHA|ID=100.003.521|Name=2,2′-oxydiethanol|Abruf=2016-02-01}}<br />
| Quelle GHS-Kz = <ref name="GESTIS" /><br />
| GHS-Piktogramme = {{GHS-Piktogramme|07}}<br />
| GHS-Signalwort = Gefahr<br />
| H = {{H-Sätze|302}}<br />
| EUH = {{EUH-Sätze|-}}<br />
| P = {{P-Sätze|260|301+312+330}}<br />
| Quelle P = <ref name="GESTIS" /><br />
| MAK = [[Deutsche Forschungsgemeinschaft|DFG]]/Schweiz: 10 ml·m<sup>−3</sup> bzw. 44&nbsp;mg·m<sup>−3</sup><ref name="GESTIS" /><ref>{{SUVA-MAK |Name=Diethylenglycol |CAS-Nummer=111-46-6 |Abruf=2015-11-02}}</ref><br />
| ToxDaten = * {{ToxDaten |Typ=LD50 |Organismus=Ratte |Applikationsart=oral |Wert=12.565 mg·kg<sup>−1</sup> |Bezeichnung= |Quelle=<ref name="Roempp">{{RömppOnline |ID=RD-04-01405 |Name=Diethylenglycol |Abruf=2024-01-03}}</ref> }}<br />
* {{ToxDaten |Typ=LDLo |Organismus=Mensch |Applikationsart=oral |Wert=~ 1000 mg·kg<sup>−1</sup> |Bezeichnung= |Quelle=<ref name="bfr_2007" /> }}<br />
}}<br />
<br />
'''Diethylenglycol''' ist ein [[Derivat (Chemie)|Derivat]] des [[Ethylenglycol]]s und gehört zu den Gruppen der [[Alkohole]] (''[[Diole]]'') bzw. genauer der [[Glycolether]].<br />
<br />
== Herstellung ==<br />
Diethylenglycol wird durch [[Ethoxylierung]] von [[Ethylenglycol]] mit [[Ethylenoxid]] synthetisiert. In der Regel fällt es bei der Herstellung von Ethylenglycol als Nebenprodukt an.<br />
<br />
== Eigenschaften ==<br />
Diethylenglycol ist eine klare, farblose, und hygroskopische Flüssigkeit mit schwachem, eigenartigem Geruch. Es ist mit Wasser, sowie vielen Alkoholen wie [[Methanol]], [[Ethanol]], den [[Propanole]] und [[Butanole]]n in jedem Verhältnis mischbar. Im Gegensatz zu [[Ethylenglycol]] trifft das auch für die Essigsäureester der genannten Alkohole zu.<ref name="Roempp" /> Die Verbindung bildet bei erhöhter Temperatur entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen [[Flammpunkt]] von 138&nbsp;°C.<ref name="GESTIS" /><ref name="Brandes">E. Brandes, W. Möller: ''Sicherheitstechnische Kenngrößen – Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase'', Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft, Bremerhaven 2003.</ref> Der [[Explosionsgrenze|Explosionsbereich]] liegt zwischen 1,7&nbsp;Vol.‑% (75&nbsp;g/m<sup>3</sup>) als [[Explosionsgrenze|untere Explosionsgrenze]] (UEG) und 37&nbsp;Vol.‑% (1635&nbsp;g/m<sup>3</sup>) als [[Explosionsgrenze|obere Explosionsgrenze]] (OEG).<ref name="GESTIS" /><ref name="Brandes" /> Die [[Zündtemperatur]] beträgt 355&nbsp;°C.<ref name="GESTIS" /><ref name="Brandes" /> Der Stoff fällt somit in die [[Temperaturklasse]]&nbsp;T2. Die elektrische Leitfähigkeit ist mit 5,86·10<sup>−5</sup> S·m<sup>−1</sup> relativ gut.<ref>Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 727, BG RCI Merkblatt T033 ''Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen'', Stand August 2016, Jedermann-Verlag Heidelberg, ISBN 978-3-86825-103-6.</ref><ref name="GESTIS" /><br />
<br />
== Verwendung ==<br />
Die Hauptmenge des produzierten Diethylenglycols wird als Rohstoff für die Synthese von Polyester-Harzen, [[Morpholin]] und [[1,4-Dioxan]] verwendet. Es dient selten als [[Lösungsmittel]] für [[Nitrozellulose]], [[Kunstharz]]e, [[Farbstoff]]e, [[Öle]] und einige andere organische Substanzen. Außerdem findet Diethylenglycol selten als [[Feuchthaltemittel]] für [[Korken]], [[Tinte]] und [[Klebstoff]] Verwendung; die Verwendung im Kontext von Lebensmitteln oder etwa in Zahncremes soll nach einer Stellungnahme des [[Bundesinstitut für Risikobewertung|Bundesinstituts für Risikobewertung]] (BfR) eingeschränkt erfolgen.<ref name="bfr_2007">[[Bundesinstitut für Risikobewertung|BfR]]: {{Webarchiv |url=http://www.bfr.bund.de/cm/206/diethylenglykol_deg_in_zahnpasta.pdf |text=''Diethylenglykol (DEG) in Zahnpasta''. |format=PDF; 45&nbsp;kB |wayback=20100827050417}} Stellungnahme Nr. 025/2008 des BfR vom 16. Juli 2007.</ref><br />
<br />
Eine Mischung aus Diethylenglycol und Wasser kann als Frostschutzmittel eingesetzt werden, da die Mischung einen niedrigeren Schmelzpunkt als reines Wasser hat. In der Regel wird aber das für diesen Zweck besser geeignete Ethylenglycol – der Hauptbestandteil des Kühlerschutzmittels „[[Glysantin]]“ der [[BASF]] – verwendet. Bei einer Diethylenglycol-Wasser-Mischung wird jedoch nicht nur der [[Schmelzpunktserniedrigung|Schmelzpunkt erniedrigt]], es wird auch der Siedepunkt erhöht und zwar stärker als beim System Wasser-Ethylenglycol. Diethylenglycol kann deswegen auch als Zusatz in [[Hydraulikflüssigkeit|Hydraulik-]] und [[Bremsflüssigkeit]]en Verwendung finden.<br />
<br />
== Vergiftungsfälle ==<br />
Diethylenglycol ist die Ursache für mindestens acht schwere Vergiftungsepidemien, bei denen insgesamt mehrere Hundert Kinder verstarben. In allen Fällen war das sirupartige süßlich schmeckende Diethylenglycol als Hilfsstoff in [[Arzneimittel]]n zur Behandlung akuter Infektionskrankheiten verwendet worden. Bereits 1937 führte die Verwendung eines [[Sulfanilamid]]-Sirups in den USA zur [[Sulfanilamid-Katastrophe]]. In diesem Fall starben mehrere hundert Kinder; als Konsequenz wurde 1938 der ''[[Federal Food, Drug, and Cosmetic Act]]'', der Kern des [[Arzneimittelrecht]]es der USA, verabschiedet. Besonders gut medizinisch dokumentiert ist die drittletzte Epidemie in Haiti. Hauptsymptom der Vergiftungen war immer ein akutes Nierenversagen.<br />
<br />
Im Jahr 1985 wurde die gesundheitsgefährdende Chemikalie Diethylenglycol in gepanschten Weinen aus [[Österreich]] und [[Deutschland]] gefunden. Infolge dieses [[Glykolwein-Skandal]]s mussten Millionen Flaschen Wein vom Markt genommen werden. Als Höchstwert wurden 48&nbsp;g Diethylenglycol in einem Liter Wein gefunden.<ref>G. F. Fuhrmann: ''Toxikologie für Naturwissenschaftler.'' Vieweg+Teubner Verlag, 2006, ISBN 3-8351-0024-6.</ref> In Folge dieses Skandals wurde die in der Presse für Diethylenglycol verwendete Bezeichnung ''Glykol'' zum [[Wort des Jahres]] 1985.<br />
<br />
Im Jahr 1990 erkrankten in [[Bangladesch]] 339 Kinder an – zuerst nicht erklärbarem – [[Akutes Nierenversagen|akutem Nierenversagen]], nachdem sie mit – durch Diethylenglycol vergifteten – [[Paracetamol]]-[[Sirup]] behandelt worden waren. Die meisten Kinder verstarben.<ref>M. Hanif et al.: ''Fatal renal failure caused by diethylene glycol in paracetamol elixir: the Bangladesh epidemic.'' In: ''[[British Medical Journal]].'' 311 (6997), 8.&nbsp;Juli 1995, S.&nbsp;88–91, PMID 7613408, {{PMC|2550149}}.</ref><br />
<br />
Im Jahr 2006 erkrankten in Panama mindestens 174 Personen, von denen 115 verstarben, weil sie einen vom staatlichen Gesundheitsdienst vertriebenen Hustensaft eingenommen hatten, der statt [[Glycerin]]<ref>{{Literatur |Autor=Walt Bogdanich, Jake Hooker |Titel=From China to Panama, a Trail of Poisoned Medicine |Sammelwerk=[[The New York Times]] |Datum=2007-05-06 |Online=https://www.nytimes.com/2007/05/06/world/americas/06poison.html |Abruf=2018-01-14}}</ref> Diethylenglycol enthielt. Die Gesundheitsbehörden hatten den Hilfsstoff über Zwischenhändler von einem chinesischen Hersteller erworben.<ref>[https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/heparin-skandal-gift-aus-china-fuer-die-ganze-welt/1190092.html ''Gift aus China – für die ganze Welt.''] In: ''Tagesspiegel'', 17.&nbsp;März 2008.</ref><br />
<br />
Im Jahr 2007 wurde die giftige Substanz auch in chinesischer Zahnpasta entdeckt, die in einem Discount-Laden in Panama-Stadt verkauft wurde. Daraufhin wurde in den USA und in Kanada die Zahnpasta vom Markt genommen.<br />
<br />
In Frankreich konnten im Jahr 2007 verschiedene Marken der in China produzierten Zahnpasten, welche Diethylenglycol enthalten, identifiziert werden; die Liste ist auf der Internetseite der [[Afssaps]] publiziert. Die betroffenen Produkte wurden in Zahnputz-Kits von Zahnhygiene-Kampagnen gefunden, aber auch in Pflegeheimen, Altersheimen, Hotels und einigen Apotheken.<ref>[https://archive.ansm.sante.fr/S-informer/Communiques-Communiques-Points-presse/Dentifrices-contenant-du-diethylene-glycol-DEG-ou-presentant-une-contamination-bacterienne-importante ''Dentifrices contenant du diéthylène glycol (DEG) ou présentant une contamination bactérienne importante.''] Presseinformation der [[Agence française de sécurité sanitaire des produits de santé]], 24.&nbsp;August 2007.</ref><br />
<br />
Vergiftungen durch Diethylenglycol-kontaminierte Zahnpasta wurden bisher nicht bekannt und sind bei normalem Gebrauch aufgrund der geringen Dosis und der toxikologischen Eigenschaften von Diethylenglycol sehr unwahrscheinlich. Trotzdem empfehlen das Bundesinstitut für Risikobewertung<ref name="bfr_2007" /> und der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der Europäischen Union<ref>Altmann, Grunow, Krönert, Uehlecke: ''Gesundheitliche Beurteilung von Diethylenglykol in Wein''. In: ''[[Bundesgesundheitsblatt]]'', 29, Nr.&nbsp;5, Mai 1986.</ref> eine [[Erlaubte Tagesdosis|maximale tägliche Aufnahme]] von 0,5&nbsp;mg/kg Körpergewicht „für die Summe von Diethylenglykol, Monoethylenglykol und Stearinsäureester des Di-, Mono- und Triethylenglykol“ nicht zu überschreiten.<br />
<br />
In Brasilien kam es in den Jahren 2019 und 2020 zu mehreren Vergiftungsfällen im Zusammenhang mit dem Konsum von kontaminiertem Bier der Brauerei Backer. Dabei wurden auch mehrere Todesfälle untersucht, die im Verdacht stehen, durch Diethylenglycol verursacht worden zu sein. Im Januar 2020 wurden daraufhin alle Produkte dieser Brauerei von den Behörden vom Markt genommen.<ref>[https://latina-press.com/news/270260-brasilien-vier-todesfaelle-durch-kontaminiertes-bier-update/ ''Brasilien: Vier Todesfälle durch kontaminiertes Bier – Update.''] In: ''Lateinamerika › Brasilien.'' Agência Latinapress, 16.&nbsp;Januar 2020; Latina-Press.com; abgerufen am 27.&nbsp;März 2022.</ref><br />
<br />
== Risikobewertung ==<br />
Diethylenglycol wurde 2014 von der EU gemäß der [[Verordnung (EG) Nr. 1907/2006]] (REACH) im Rahmen der [[Stoffbewertung]] in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft ([[CoRAP]]) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des [[Chemischer Stoff#Definitionen des Gesetzgebers|Stoffs]] auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Diethylenglycol waren die Besorgnisse bezüglich [[Verbraucher]]verwendung, hoher (aggregierter) Tonnage, anderer gefahrenbezogener Bedenken und weit verbreiteter Verwendung sowie der Gefahren ausgehend von einer möglichen Zuordnung zur Gruppe der [[CMR-Stoffe]]. Die Neubewertung fand ab 2015 statt und wurde von [[Ungarn]] durchgeführt. Anschließend wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht.<ref>[[Europäische Chemikalienagentur]] (ECHA): [https://echa.europa.eu/documents/10162/ee2dc324-5587-f6b3-1857-15e041120e74 ''Substance Evaluation Conclusion and Evaluation Report''].</ref><ref>{{CoRAP-Status |ID=100.003.521 |Name=2,2'-oxydiethanol |Evaluationsjahr=2015 |Status=Concluded |Abruf=2019-03-26}}</ref><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Günter Lehmann, Jutta Ganz: ''Nachweis von Diethylenglycol in Wein.'' In: ''Zeitschrift für Lebensmitteluntersuchung und -Forschung'', Band&nbsp;181, 1985, S.&nbsp;362, [[doi:10.1007/BF01027398]].<br />
* [https://www.zeit.de/1985/32/saure-trauben-suesse-suenden ''Saure Trauben, süße Sünden.''] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr.&nbsp;32/1985.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* {{ICSC|ID=0619 |Name=Diethylenglycol }}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Wörter des Jahres (Deutschland)}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4359585-6}}<br />
<br />
[[Kategorie:Glycolether]]<br />
[[Kategorie:Diol]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Benutzer:ToXiDoc!/Uebung1&diff=248677655Benutzer:ToXiDoc!/Uebung12024-09-17T14:58:15Z<p>ToXiDoc!: AZ: Die Seite wurde neu angelegt: Dies ist ein '''Übungstest''', wie im Tutorial 2024-09-17 vorgeschlagen.</p>
<hr />
<div>Dies ist ein '''Übungstest''', wie im Tutorial 2024-09-17 vorgeschlagen.</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Benutzer:ToXiDoc!&diff=248622782Benutzer:ToXiDoc!2024-09-15T15:09:09Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>Ich bin beruflich 30 Jahre mit Klinischer Toxikologie befasst und versuche mich hier durch Editieren bestehender Dokumente etwas einzubringen. Dabei beschränke ich mich bisher auf die Korrektur offensichtlicher fachlicher und sprachlicher Fehler und füge da, wo ich meine mich wirklich gut auszukennen, Ergänzungen ein.</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Poppers&diff=248383134Poppers2024-09-07T03:38:18Z<p>ToXiDoc!: /* Verwendung */</p>
<hr />
<div>[[Datei:HOpoppers.jpg|mini|hochkant=1.5|Verschiedene Poppers-Fläschchen]]<br />
'''Poppers''' (Plural, von englisch ''to pop'' „knallen“) ist eine Slang-Sammelbezeichnung für eine Gruppe flüchtiger Substanzen aus der Gruppe der Alkylnitrite. Der Name rührt von dem Geräusch des Öffnens (Knallen) der Glas[[Ampulle (Behälter)|ampullen]] (zur [[Inhalation]] bei [[Angina Pectoris]]) her, in denen die Substanzen früher erhältlich waren. In der [[Männer, die Sex mit Männern haben|MSM]]-Szene wird Poppers in der schriftlichen Konversation und in Profilen auf Sex- und Datingportalen gern mit '''PP''' abgekürzt.<br />
<br />
Poppers bestehen aus [[Amylnitrit]], [[Isopropylnitrit]], [[Cyclohexylnitrit]] (und früher [[Isobutylnitrit]]) oder Mischungen daraus. Sie haben eine stark gefäßerweiternde Wirkung ([[Vasodilatation]]). Poppers haben einen charakteristischen chemischen Geruch, der entfernt an [[Chloroform]] erinnert. Durch Kontakt mit Luftsauerstoff werden Poppers relativ rasch zersetzt, was durch einen intensiven, stechenden Geruch feststellbar ist.<br />
<br />
== Verwendung ==<br />
Alkylnitrite wie etwa Amylnitrit wurden ursprünglich als [[Arzneimittel]] gegen ''[[Angina pectoris]]'' eingesetzt, jedoch wegen der nur kurzanhaltenden Wirkung bald durch andere Medikamente ersetzt. Aufgrund der spontan einsetzenden, kurz andauernden Rauschwirkung in höheren Dosierungen werden Alkylnitrite als Rauschmittel benutzt. Außerdem werden ihnen [[Aphrodisiakum|aphrodisierende]] und schmerzhemmende Wirkungen zugeschrieben, weshalb sie teilweise vor einem [[Analverkehr]] vom penetrierten Partner verwendet werden, um den Schließmuskel zu entspannen und eventuell durch Verkrampfung auftretenden Schmerzen vorzubeugen.<br />
<br />
Die Dämpfe der leicht[[Flüchtigkeit|flüchtigen]] Flüssigkeit werden direkt aus ihrem Gefäß inhaliert. Die psychische Wirkung, bestehend aus einer Intensivierung von Empfindungen, setzt nach 5 bis 15 Sekunden ein und hält, abhängig von der inhalierten Menge, zwischen einer und maximal zehn Minuten an. Sie wird oft als „[[Flash (Drogenkonsum)|Flash]]“ oder „Rush“ beschrieben. Die Wirkung basiert auf einer vorübergehenden Gefäßerweiterung im Gehirn, bei der die chemische Substanz tatsächlich nur gefäßerweiternd und damit durchblutungsfördernd wirkt, jedoch selber keine [[halluzinogen]]en Eigenschaften hat.<br />
<br />
In einer englischen Studie gaben 5 % aller Befragten an, im letzten Jahr mindestens einmal Poppers verwendet zu haben, damit nahmen Poppers den 8.&nbsp;Platz von allen angegebenen Drogen ein.<ref>Doug Bolton: [https://www.independent.co.uk/news/uk/home-news/global-drugs-survey-finds-that-nitrous-oxide-is-the-second-most-popular-drug-in-the-uk-10304708.html Global ''Drugs Survey finds that nitrous oxide is the second most popular drug in the UK'']. 8. Juni 2015. independent.co.uk</ref><br />
In einer australischen Studie, die die Nutzung von Drogen in einer Kohorte von homosexuellen und bisexuellen Männern untersuchte, wurden Amylnitrite in der Kategorie „Party-Drogen“ von der höchsten Anzahl (32,1 %) verwendet.<ref>M. A. Hammoud, F. Jin, L. Degenhardt: ''Following Lives Undergoing Change (Flux) study: Implementation and baseline prevalence of drug use in an online cohort study of gay and bisexual men in Australia.'' 9. Januar 2017. PMID 28081482</ref><br />
Auch in China wurde unter Männern, die Sex mit Männern haben, eine hohe Anzahl gefunden (28,3 % von 576 Befragten), die in den letzten drei Monaten Poppers verwendet hatten.<ref>Z. Wang, D. Li, J. T. Lau: ''Prevalence and associated factors of inhaled nitrites use among men who have sex with men in Beijing, China.'' 28. Januar 2015. PMID 25680516</ref><br />
<br />
== Rechtliche Situation im deutschsprachigen Raum ==<br />
{{Veraltet|dieses Abschnitts|Einstufung als Arzneimittel.|seit=2014-00-00}}<br />
Der [[Besitz]] unterliegt in den deutschsprachigen Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz) keinen [[Betäubungsmittelgesetz|betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften]] und ist damit legal; der [[Kaufvertrag|Kauf]], [[Vertrieb|Verkauf]] oder [[Handel]] von Amylnitrit ohne Erlaubnis verstößt jedoch gegen die [[Arzneimittelgesetz]]e der entsprechenden Länder, auch in den meisten anderen europäischen Ländern sind Poppers nicht legal erhältlich. Gelegentlich werden in [[Sexshop]]s Poppers sichergestellt, die dort illegal angeboten wurden.<ref>[https://www.news.de/reisen-und-leben/855244035/zur-ekstase-geschnueffelt/1/ ''Sexdroge Poppers: Zur Ekstase geschnüffelt.''] news.de</ref><ref>[https://www.welt.de/print-welt/article182967/Poppers-sichergestellt.html ''„Poppers“ sichergestellt. Polizei entdeckt 400 Flaschen des Schnüffelstoffs in Sex-Shop''.] In: ''[[Die Welt]].'' 8. Dezember 2005.</ref> Außerdem kann man sie über Onlineshops beziehen: Dort werden Poppers als „[[Legal Highs]]“ unter Angabe falscher Verwendungszwecke, wie etwa als „Reinigungsmittel“, „Zimmerduft“ oder „Leder-Putzmittel“, angeboten.<br />
<br />
== Unerwünschte Wirkungen ==<br />
Durch den Konsum von Poppers kann es zu Hautrötungen (durch die Vasodilatation), [[Vertigo|Schwindel]] und gelegentlich zu nitritinduziertem [[Kopfschmerz]] kommen. Weitere, kurz anhaltende Nebenwirkungen können [[Herzrasen]], [[Übelkeit]], [[Erbrechen]], [[Sehschärfe|Sehstörungen]] und [[Schweiß|Schwitzen]] sein.<br />
Das Verschlucken oder Einbringen in die Nase oder Nasen-Nebenhöhlen kann zu Verätzungen und Vergiftungen führen; bei Verschlucken sind Todesfälle dokumentiert.<ref>Jacqueline Favez, Simona Marty: {{Webarchiv |url= http://www.20min.ch/news/kreuz_und_quer/story/24279453 |wayback= 20150714223910 |text=''Poppers geschluckt statt inhaliert.'' Drama in französischer Diskothek: Eine 21-jährige Genferin stirbt, weil sie während einer Party Poppers geschluckt anstatt eingeatmet hat}} auf: ''20 Minuten Online.'' 17. Januar 2012.</ref> Beim Verschlucken wird die [[Methämoglobinämie|methämoglobinbildende]] Wirkung schlagend, was bei ausreichender Ausprägung zum Tod durch [[Hypoxämie]] führt.<br />
<br />
Vor allem in Zusammenhang mit der gleichzeitigen Verwendung weiterer blutdrucksenkender Mittel kann es zu einem plötzlichen und lebensgefährlichen Abfall des Blutdrucks mit [[Schock (Medizin)|Schockzuständen]] kommen. Blutdrucksenkende Potenzmittel wie die [[PDE-5-Hemmer]] [[Sildenafil]] (Viagra), [[Tadalafil]], [[Avanafil]] oder [[Vardenafil]] verstärken die Wirkung,<ref>K. M. Smith u. a.: ''Recreational use and misuse of phosphodiesterase 5 inhibitors.'' In: ''[[J Am Pharm Assoc]].'' 45(1), Jan–Feb 2005, S. 63–72. PMID 15730119.</ref> weswegen die gleichzeitige Gabe von PDE-5-Hemmern mit [[Stickstoffmonoxid|NO]]-Donatoren (wie beispielsweise Amylnitrit) oder jeglichen anderen Nitraten kontraindiziert ist.<ref>In den [[Endothelzellen]] von Blutgefäßen wirkt das Stickstoffmonoxid NO durch [[Second Messenger|Second-Messenger]]-Mechanismen [[Muskelrelaxation|muskelrelaxierend]] und somit gefäßerweiternd. Da die [[Vene|venösen]] Blutgefäße durch bessere enzymatische Ausstattung stärker auf NO-Donatoren reagieren, kommt es im normalen Dosisbereich zunächst zu verstärkter Durchblutung und verbesserter Sauerstoffversorgung ([[Rötung]] im Gesichtsbereich, medizinisch „[[Erröten|Flush]]“).</ref><br />
<br />
Die Ausbildung einer [[Methämoglobinämie]] oder hämolytischen [[Anämie]] (Blutarmut) ist möglich.<br />
<br />
Bei hypotonischem Schock wird eine Kochsalzlösung, bei Methämoglobinämie das [[Antidot]] [[Toluidinblau]] oder [[Methylenblau]], [[intravenös]] verabreicht.<ref>F. Staïkowsky, C. Zanker et al.: {{Webarchiv |url=http://pdm.medicine.wisc.edu/Staikowsky6.htm |wayback=20080610075344 |text=''Abuse of Poppers: Four Cases of Methemoglobinemia Observed in an Emergency Room''.}} (In Caen und Paris, Frankreich.)</ref><br />
<br />
Inhalierbare, organische [[Nitrit]]e verändern blutgefäßbildende Gene in Lungen- und Lebertumoren von Mäusen.<ref>D. C. Tran u. a.: ''Effects of repeated in vivo inhalant nitrite exposure on gene expression in mouse liver and lungs.'' In: ''Nitric Oxide.'' 14(4), Jun 2006, S. 279–289. PMID 16288974.</ref> [[Isobutylnitrit]] ist laut [[EU-Richtlinie|EU-Gefahrstoffrichtlinie]] als krebserregend eingestuft und in der Regel als Poppers nicht mehr erhältlich.<ref>{{ICSC|ID=1651 |Name=Isobutyl nitrite |Abruf=2017-12-26 }}</ref><ref>[https://nida.nih.gov/publications/research-reports/inhalants/what-are-unique-risks-associated-nitrite-abuse Inhalant Abuse: What are the unique risks associated with nitrite abuse?] National Institute on Drug Abuse.</ref><br />
<br />
Eine Studie an Mäusen kommt zu dem Schluss, dass Poppers das [[Immunsystem]] schwächen.<ref>J. S. James: ''Poppers: more evidence of suppressed immunity.'' In: ''AIDS Treat News.'' 20. August 1999. PMID 11366577.</ref><br />
<br />
Im Zusammenhang mit Popperskonsum werden Schädigungen der [[Netzhaut]] ([[Makuladegeneration]]) für möglich gehalten und untersucht.<ref>[https://www.medscape.org/viewarticle/771964 Adverse ⁷ Reaction in Poppers Users: Case Series of 'Poppers Maculopathy']</ref><br />
Mittlerweile sind mehrere Fälle bekannt, in denen der chronische Gebrauch von Poppers (3–4 Mal pro Woche) zur [[Makuladegeneration]] führte.<ref>J. García-Bella, J. Donate, R. Gallego-Pinazo: ''«Poppers maculopathy?» in Spain. A new ophthalmological disease.'' In: ''Arch Soc Esp Oftalmol.'' 91(8), August 2016, S. 397–379. PMID 26944208.</ref><ref>M. Pahlitzsch, S. Draghici, B. M. Mehrinfar: ''Poppers-associated maculopathy.'' In: ''Klin Monbl Augenheilkd.'' 230(7), Juli 2013, S. 727–732. PMID 23877825.</ref><br />
<br />
Eine Studie in Vancouver fand einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Poppers und der Gefahr einer [[HIV]]-Infektion, da mit der Nutzung die Bereitschaft für risikoreichere Sexualpraktiken steigt. Die Autoren kamen deshalb zu dem Schluss, dass die Reduzierung der Poppersnutzung, unter [[Männer, die Sex mit Männern haben|MSM]], Priorität haben sollte.<ref>T. M. Lampinen, K. Mattheis, K. Chan: ''Nitrite inhalant use among young gay and bisexual men in Vancouver during a period of increasing HIV incidence.'' In: ''BMC Public Health.'' 7, 15. März 2007, S. 35. PMID 17362516.</ref><br />
<br />
== Behauptungen über karzinogene Wirkung ==<br />
Dem Bereich der [[AIDS-Leugnung|AIDS-Leugner]] zuzuordnen ist die Behauptung, Poppers seien die Ursache für das Entstehen des [[Kaposi-Sarkom]]s, einer Krebsart, die fast ausschließlich bei [[AIDS]]-Kranken auftritt. Dies wird damit begründet, dass die Hauptkonsumenten von Poppers, wie auch viele AIDS-Kranke, [[Homosexuelle]] seien. Seit 1995 ist jedoch bewiesen, dass das Kaposi-Sarkom durch eine Infektion mit dem [[Humanes Herpesvirus 8|Humanen Herpesvirus 8]] (HHV-8) hervorgerufen wird, das bei gesunden Menschen in der Regel keinen Schaden anrichtet, wohl aber bei immungeschwächten Patienten mit einer fortgeschrittenen AIDS-Erkrankung.<ref>M. Schalling u. a.: ''A role for a new herpes virus (KSHV) in different forms of Kaposi’s sarcoma.'' In: ''Nat Med.'' 1(7), Jul 1995, S. 707–708. PMID 7585156.</ref><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* [[Christian Scheuß]], [[Micha Schulze]] (Hrsg.): ''Poppers. Das Handbuch zur schwulen Sexdroge''. Himmelstürmer Verlag, Hamburg 2006, ISBN 3-934825-54-0.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesund-leben/umwelt-und-gesundheit/chemikalien/chemikalien-a-z/poppers.html Poppers] beim [[Bundesamt für Gesundheit]] Schweiz<br />
* [https://www.bag.admin.ch/dam/bag/de/dokumente/chem/themen-a-z/factsheet-poppers.pdf.download.pdf/Poppers%20factsheet%2020230829%20-%20DE.pdf Faktenblatt Alkylnitrite] des Bundesamtes für Gesundheit Schweiz<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Gesundheitshinweis}}<br />
<br />
[[Kategorie:Synthetische psychotrope Substanz]]<br />
[[Kategorie:Sexuelles Hilfsmittel]]<br />
[[Kategorie:Komplexe psychotrope Substanz]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Palast_der_Republik&diff=247935353Palast der Republik2024-08-21T21:12:29Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>{{Begriffsklärungshinweis}}<br />
{{Infobox Bauwerk<br />
| NAME = Palast der Republik<br />
| BILD = Bundesarchiv Bild 183-1986-0424-304, Berlin, Palast der Republik.jpg<br />
| BILDBESCHREIBUNG = Ansicht Palast der Republik 1986 mit dem [[Berliner Fernsehturm|Fernsehturm]] im Hintergrund<br />
| ORT = [[Berlin-Mitte]]<br />
| BAUMEISTER = <br />
| ARCHITEKT = Kollektiv der Bauakademie der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] um [[Heinz Graffunder]]<br />
| BAUHERR = [[Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik|Regierung der DDR]]<br />
| BAUSTIL = <br />
| BAUJAHR = 1973–1976<br />
| ABRISS = 2006–2008<br />
| HÖHE = 32<br />
| GRUNDFLÄCHE = 15.300<br />
| BREITENGRAD = 52/31/3/N<br />
| LÄNGENGRAD = 13/24/8/E<br />
| REGION-ISO = DE-BE<br />
| KARTE = <br />
| BESONDERHEITEN = <br />
}}<br />
<br />
Der '''Palast der Republik''' (kurz: ''PdR'') war ein Gebäude am historischen [[Lustgarten (Berlin)|Lustgarten]] und [[Schloßplatz (Berlin)|Schloßplatz]] (bis 1994: ''Marx-Engels-Platz'') auf der [[Spreeinsel]] im [[Berlin]]er [[Berlin-Mitte|Ortsteil Mitte]]. Er ersetzte eine [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]]-Aufmarschfläche für Militärparaden und wurde zwischen 1973 und 1976 nach Plänen von [[Heinz Graffunder]] und anderen auf einem 15.300&nbsp;m² großen Teil des Geländes des ehemaligen [[Berliner Schloss]]es errichtet, dessen wiederaufbaufähige Ruine die [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]] 1950 unter internationalen Protesten sprengen ließ. Um den Platz für Militäraufmärsche zu erhalten, entstand der kostspielige Palast der Republik nur auf der Ostseite des historischen Schlossareals. Gegenüber befand sich das [[Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR|Außenministerium der DDR]], in der Nachbarschaft sind der [[Berliner Dom]] und das [[Staatsratsgebäude]]. Der Palast der Republik war Sitz der [[Volkskammer]] und beherbergte eine große Zahl von Veranstaltungsräumen eines öffentlichen [[Kulturhaus]]es.<br />
<br />
Der Bau war nur 14 Jahre geöffnet und musste bereits 1990 wegen der [[Asbestose|Emission krebserregender Asbestfasern]] geschlossen werden. Von 1998 bis 2003 wurde der Bau deshalb bis auf den Rohbau abgetragen, vom Innenleben konnte bis auf Einrichtungsgegenstände nichts erhalten werden. Trotz temporären Bespielungen galt ein Erhalt aufgrund von Kostenaufwand, Architekturqualität und ungeklärter Nachnutzungskonzepte sowohl politisch als auch in der Architekturwelt als weitgehend aussichtslos. Nach einem Beschluss des [[Deutscher Bundestag|Deutschen Bundestages]] von 2003 wurde das Bauwerk von Anfang Februar 2006 bis Anfang Dezember 2008 abgerissen. Der Abriss war aus zeitgeschichtlichen, kulturellen und politischen Gründen diskutiert worden. Im März 2013 begann an seiner Stelle der [[Wiederaufbau des Berliner Schlosses]]. Genutzt wird es durch das [[Humboldt Forum]], welches 2020 eröffnet wurde.<br />
<br />
== Entstehung ==<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-R0821-400, Berlin, Palast der Republik cropped.jpg|mini|Rückseite am Abend, 1976]]<br />
[[Datei:19860503400NR Berlin Palast der Republik Marx-Engels-Platz.jpg|mini|Palast der Republik, 1986]]<br />
<br />
Der Palast der Republik wurde am 23.&nbsp;April 1976 nach 32-monatiger Bauzeit eröffnet. Bei der Festveranstaltung zur Eröffnung war die damalige Staats- und Parteispitze der DDR fast vollzählig versammelt, neben Darbietungen von Angehörigen der [[Pionierorganisation Ernst Thälmann]] und der [[Freie Deutsche Jugend|FDJ]] sprach auch [[Hans-Peter Minetti]] einen feierlichen [[Monolog]]. Die als Ersatzbau des [[Zentrales Regierungshochhaus der DDR|Zentralen Regierungshochhauses der DDR]] geplante Anlage war ab dem 25.&nbsp;April für die Öffentlichkeit zugänglich.<ref>{{Internetquelle |autor=Markus Jurziczek |url=http://www.berliner-verkehrsseiten.de/schloss/Palast/palast.html |titel=Palast der Republik |werk=berliner-verkehrsseiten.de |datum=2005-08 |abruf=2020-06-21}}</ref><br />
<br />
Unter dem Chefarchitekten Graffunder und seinem Stellvertreter [[Karl-Ernst Swora]] haben die Bereichsarchitekten [[Wolf-Rüdiger Eisentraut]] ([[Foyer]]), [[Günter Kunert (Architekt)|Günter Kunert]] (Volkskammer), [[Manfred Prasser]] (Großer Saal) und [[Heinz Aust]] (Spreeterrassen) gearbeitet. Offiziell wurden die Baukosten mit 485&nbsp;Millionen [[Mark (DDR)|Mark]] angegeben, nach einer internen Aufstellung des Ministers für Bauwesen, [[Wolfgang Junker]], waren es rund 800&nbsp;Millionen Mark und nach anderen Schätzungen soll es eine Milliarde Mark gewesen sein.<ref>''[https://www.bundestag.de/kulturundgeschichte/geschichte/schauplaetze/palast/index.html Geschichte > Parlamentarische Schauplätze > Palast der Republik.]'' In: ''[[bundestag.de]].'' 29.&nbsp;Juli 2009.</ref><br />
<br />
Bis zu 5000 [[Tonne (Einheit)|Tonnen]] Spritzasbest –&nbsp;dies entspricht rund 720&nbsp;Tonnen Rohasbest&nbsp;– wurden beim Bau aufgebracht. Zum Zeitpunkt der Errichtung war dies ein international übliches Verfahren, um der tragenden [[Stahlskelettbau|Stahlkonstruktion]] des Gebäudes den bautechnisch vorgeschriebenen [[Feuerwiderstand]] zu geben.<ref name="asbestsanierung">{{Webarchiv |url=http://www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/palast_rueckbau/de/asbestsanierung.shtml |text=''Rückbau Palast der Republik – Asbestsanierung.'' |wayback=20080918050719}} Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, 2007.</ref><br />
<br />
Das Baugelände des Palastes war Teil des Grundstücks des im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] ausgebrannten [[Berliner Schloss|Berliner Stadtschlosses]], dessen Ruine 1950 auf Beschluss des [[Parteitag der SED|III.&nbsp;Parteitags]] der [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]] trotz gesamtdeutscher und internationaler Proteste zugunsten eines Aufmarschgeländes gesprengt worden war. Das abgeräumte Schlossareal wurde am 1.&nbsp;Mai 1951 gemeinsam mit dem ehemaligen [[Lustgarten (Berlin)|Lustgarten]] und dem [[Schloßplatz (Berlin)|Schloßplatz]] in ''Marx-Engels-Platz'' umbenannt, mit einer Tribüne versehen und 23&nbsp;Jahre lang als Fest- und Aufmarschplatz (insbesondere Militärparaden am [[Erster Mai|1.&nbsp;Mai]]) sowie als Parkplatz genutzt. Um den Platz für Aufmärsche zu erhalten, entstand der Palast der Republik nur auf der Ostseite des Schlossareals; zwischen Palast und Spreearm ([[Kupfergraben (Spree)|Kupfergraben]]) verblieb eine große Freifläche. Die Erschütterungen der schweren Fahrzeuge bei den Militärparaden gefährdeten allerdings die Glasfassade des Palastes der Republik, weswegen die Organisatoren die Paraden in die [[Karl-Marx-Allee]] verlegten. Die Fläche vor dem Palast der Republik diente dann hauptsächlich als Parkplatz.<br />
<br />
== Lage und Baubeschreibung ==<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-U0810-0024, Berlin, Unter den Linden, "Palast der Republik", Scharnhorst-Denkmal, Fernsehturm, Museum für Deutsche Geschichte, Palais.jpg|mini|Sicht von Westen, 1979]]<br />
[[Datei:Palast der Republik Berlin DDR.jpg|mini|Westfront in den 1980er Jahren]]<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1984-1126-313, Sandmännchen, 25. Geburtstag.jpg|mini|[[Unser Sandmännchen]], die Trickfilmfigur aus dem [[Fernsehen der DDR|DDR-Fernsehen]], begeht seinen 25.&nbsp;Geburtstag im Palast der Republik vor der „gläsernen Blume“, 1984.]]<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1986-0417-414, Berlin, XI. SED-Parteitag, Eröffnung.jpg|mini|Eröffnung des XI.&nbsp;Parteitages der SED, 1986]]<br />
[[Datei:Signet Palast der Republik.jpg|mini|[[Signet]] des Palastes der Republik]]<br />
[[Datei:Palast der Republik Fernsehturm.jpg|mini|Ostseite (von der Panorama&shy;plattform des [[Berliner Fernsehturm|Fernsehturms]]), mit [[Marx-Engels-Forum]], 2003]]<br />
<br />
Der Palast der Republik stand zwischen der [[Karl-Liebknecht-Straße (Berlin)|Karl-Liebknecht-]] und der [[Rathausstraße (Berlin)|Rathausstraße]] neben dem [[Neuer Marstall|Neuen Marstall]], gegenüber dem [[Lustgarten (Berlin)|Lustgarten]] und dem [[Berliner Dom]], direkt am [[Spree]]ufer. Ganz in der Nähe befand sich das [[Staatsratsgebäude]] der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]], in das 2006 die [[European School of Management and Technology]] sowie die [[Hertie School of Governance]] einzogen.<br />
<br />
Hinter dem Palast der Republik befanden sich jenseits der Spree das inzwischen veränderte [[Marx-Engels-Forum]] und der [[Berliner Fernsehturm]]. In der Nähe stand auch das [[Rotes Rathaus|Rote Rathaus]], heute Sitz des [[Senat von Berlin|Berliner Senats]], und das Forum des [[Alexanderplatz]]es.<br />
<br />
Das Gebäude bestand aus zwei massiven Außenblöcken und einem dazwischen eingefügten Mittelstück, die dem Gebäude zusammen die Form eines [[Quader]]s mit einer Länge von 180&nbsp;m, einer Breite von 85&nbsp;m und einer Höhe von 32&nbsp;m gaben. Die Höhe orientierte sich an der des benachbarten Marstalls und des Staatsratsgebäudes. Es stand in der Sichtachse von [[Unter den Linden]] (Abb. rechts) und war der erste freitragende [[Stahlskelettbau]] in der DDR.<ref name="Süddeutsche">[[Moritz Holfelder]]: ''[https://www.sueddeutsche.de/kultur/abriss-palast-der-republik-schwierig-zu-lieben-1.473305 Abriss: Palast der Republik. Schwierig zu lieben.]'' In: ''[[Süddeutsche Zeitung]].'' 17.&nbsp;Mai 2010.</ref><br />
<br />
In der Mitte seiner Hauptfassade war als Schmuck das mehrere Meter hohe, in [[Kupfer]] [[Treiben|getriebene]] [[Staatswappen der Deutschen Demokratischen Republik|DDR-Staatswappen]] angebracht. Es wurde noch vor der [[Deutsche Wiedervereinigung|deutschen Wiedervereinigung]] am 5.&nbsp;Juni 1990 auf Beschluss der frei gewählten Volkskammer demontiert.<ref>''[https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/staatswappen-vom-palast-der-republik-abmontiert-441938 5. Juni 1990: Staatswappen vom Palast der Republik abmontiert.]'' In: ''[[Presse- und Informationsamt der Bundesregierung]]'', abgerufen am 16.&nbsp;Oktober 2020.</ref><br />
<br />
== Volkspalast und seine Einrichtungen ==<br />
<br />
=== Nutzungskonzept ===<br />
Dem Bau des Palastes der Republik lag das Konzept eines ''[[Volksheim (Gebäude)|Volksheimes]]'' oder Volkshauses zugrunde, das im 19.&nbsp;Jahrhundert vor allem von der sozialistischen Arbeiterbewegung verfochten und etwa in [[Belgien]], [[Frankreich]] ([[Centre Georges-Pompidou|Centre Georges Pompidou]]), den [[Niederlande]]n oder [[Schweden]] ([[Kulturhuset (Stockholm)|Kulturhuset]] in [[Stockholm]]) zu umfangreichen Bauten führte. Vor allem in der jungen [[Sowjetunion]] wurden Kulturhäuser zu Symbolen der neuen Staatsmacht. In Deutschland bauten bis 1933 („[[Machtergreifung]]“ der [[Zeit des Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]]) vor allem die Gewerkschaften solche Anlagen. In der DDR wurde die Aufgabe des ''Kulturhauses'' oder ''Kulturpalastes'' zu einer eigenständigen Richtung der Architekturtheorie.<br />
<br />
=== Räume und Kultureinrichtungen ===<br />
* Der ''Kleine Saal des Palastes'' war Sitz der [[Volkskammer]].<br />
* Der ''Große Saal des Palastes'' diente als Veranstaltungsraum für große Kulturveranstaltungen. Er hatte die Form eines symmetrischen [[Sechseck]]s mit 67&nbsp;m Breite und 18&nbsp;m Höhe. Hubeinrichtungen ermöglichten verschiedene Höhen der Bühne für verschiedene Kongress- oder Konzertzwecke. Die Aktionsfläche war somit von 170 bis 1000&nbsp;m² wandelbar. Sechs schwenkbare Parkettteile, absenkbare Deckenplafonds und flexible Trennwände ermöglichten eine äußerst variable Einrichtung und Bestuhlungen zwischen etwa 1000 und 4500 Plätzen. Die Größe des Saals war auf die Delegiertenzahl der 1976, 1981 und 1986 dort stattfindenden [[Parteitag der SED|SED-Parteitage]] abgestimmt. Im großen Saal wurden viele Ausgaben der DDR-Fernsehunterhaltungssendung ''[[Ein Kessel Buntes]]'' aufgezeichnet.<br />
* Das Hauptfoyer lud vor allem an Wochenenden oder Fest- und Feiertagen zu verschiedenen Kulturveranstaltungen wie Auftritte von Musikern (Blasmusik, auch Popmusik), Amateurtanz oder Modenschauen.<ref name="Buch89">Anzeige auf der 3. Umschlagseite des Telefonbuches ''Berlin / Hauptstadt der DDR von 1989''</ref><br />
* In weiteren [[Foyer]]bereichen gab es Familienveranstaltungen (‚Tag der Familie‘, ‚Tag der Solidarität‘).<ref name="Buch89" /><br />
* Im ersten, zweiten und dritten Geschoss gab es folgende [[Restaurant|gastronomische Einrichtungen]]: [[Milchbar]], [[Espresso]]- und [[Mokka (Kaffee)|Moccabar]] (1.&nbsp;Etage), Lindenrestaurant, Spreerestaurant, Palastrestaurant und Foyerbar (2.&nbsp;Etage), Bierstube, [[Weinstube]], Jugendtreff mit [[Diskothek]] und Spreebowling ([[Bowling]]bahn mit Imbissmöglichkeiten; 3.&nbsp;Etage).<ref name="Buch89" /> Gastronomische Höhepunkte waren regelmäßig stattfindende Tage der Gastronomie der Bezirke der DDR und der verbündeten Länder in den drei großen Restaurants.<br />
* Das Hauptfoyer im zweiten und dritten Stockwerk war zugleich die [[Palast-Galerie]] mit 16 [[Monumentalkunst|Monumentalbildern]] bekannter DDR-Künstler, darunter [[Willi Sitte]], [[Walter Womacka]], [[Wolfgang Mattheuer]] und andere. Das von [[Fritz Cremer]] gefundene Motto: „Dürfen Kommunisten träumen?“ stellte sowohl die zur Gestaltung der Galerie eingeladenen Künstler als auch die politisch motivierten Auftraggeber zufrieden.<ref>Ausstellung: {{Internetquelle |url=https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/pdr/traeume.htm |titel=Dürfen Kommunisten träumen? – Die Bilder aus dem Palast der Republik |werk=dhm.de |hrsg=[[Stiftung Deutsches Historisches Museum]] |datum=1996-02-09 |abruf=2020-06-21}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Anja Wiese und Claudia Wasow |url=https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/pdr/homegal.htm |titel=Galerie des Palastes der Republik |werk=dhm.de |hrsg=Stiftung Deutsches Historisches Museum |datum=1996-02-09 |abruf=2020-06-21}}</ref><br />
* Das ''Theater im Palast'' (TiP) bot ab 1976<ref>Hans Gerd Brill: ''II. Internationale Tage der Gitarre in Ostberlin.'' In: ''Gitarre & Laute.'' 8, 1986, Heft&nbsp;3, S.&nbsp;35–38; hier: S.&nbsp;35.</ref> Inszenierungen klassischer Theaterstücke, aber auch Gegenwartsdramatik, musikalisch-literarische Abende, Schriftstellerlesungen oder Kammer- und Gitarrenkonzerte. Das TiP verfügte über eine mobile Studioregieanlage für Ton, Licht und Regie (Design: Jürgen Frenkel).<ref name="Buch89" /><br />
* Bemerkenswert waren ein –&nbsp;auch sonntags geöffnetes&nbsp;– [[Postamt]] sowie die oft gezeigte ''Gläserne Blume'' der [[Magdeburg]]er Künstler [[Reginald Richter]] und [[Richard O. Wilhelm]] sowie aus [[Schweden]] importierter weißer [[Marmor]] im Foyer. Nach Intention der Künstler stellt die ''Gläserne Blume'' allerdings einen ''Gläsernen Baum'' dar. Die Umdeutung in eine Blume geht auf eine Äußerung [[Erich Honecker]]s zurück, die dann allgemein übernommen wurde.<ref>Andreas Conrad: [https://www.tagesspiegel.de/berlin/ddr-geschichte-in-berlin-zieht-die-glasblume-aus-dem-palast-der-republik-ins-stadtschloss/12793832.html ''DDR-Geschichte in Berlin – Zieht die Glasblume aus dem Palast der Republik ins Stadtschloss?''] In: ''[[Der Tagesspiegel]].'' 9.&nbsp;Januar 2016.</ref><br />
<br />
=== Künstlerische Ausstattung ===<br />
Die Räumlichkeiten des Gebäudes waren nach einem einheitlichen künstlerischen Konzept mit in der Regel anspruchsvollen und hochwertigen künstlerischen und kunsthandwerklichen Arbeiten ausgestattet, die speziell dafür in Auftrag gegeben worden waren. Nach dem Abriss des Hauses wurde zumeist nur noch über die großformatigen Gemälde der [[Palast-Galerie]] und die ''Gläserne Blume''<ref>{{Internetquelle |url=https://www.pinterest.jp/pin/153544668529045760/ |titel=ボード「Architect」のピン |sprache=de |abruf=2023-08-01}}</ref> im Foyer gesprochen, während andere gewichtige Werke in Vergessenheit gerieten, darunter u.&nbsp;a. große Gobelins in den Gaststätten<ref>{{Internetquelle |url=https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/pdr/gobeli.htm |titel=Neue Seite 1 |abruf=2023-08-01}}</ref> und viele keramische, metallgestalterische und holzkünstlerische Arbeiten.<br />
<br />
=== Auftritte ===<br />
Die Vielzahl der Veranstaltungen im Palast der Republik ist kaum zu rekonstruieren.<ref>Eine Beilage von Heinz Günter Behnert zu: Thomas Beutelschmidt, Julia M. Novak (Hrsg.): ''Ein Palast und seine Republik. Ort, Architektur, Programm.'' (Verlag Bauwesen, Berlin 2001, ISBN 3-345-00765-7) nennt eine Vielzahl der Veranstaltungen im Großen Saal und im Theater im Palast.</ref> Auftritte von internationalen Künstlern wie beispielsweise [[Carlos Santana|Santana]], [[Harry Belafonte]], [[Mireille Mathieu]], [[Katja Ebstein]], [[Miriam Makeba]], [[Helen Schneider]], [[Herman van Veen]], [[Mikis Theodorakis]], [[Mercedes Sosa]], [[Czesław Niemen]] u.&nbsp;v.&nbsp;a. fanden meist im Großen Saal statt. Etliche wurden (zeitversetzt und oft gekürzt) im [[Deutscher Fernsehfunk|Fernsehen der DDR]] übertragen. Mehr als 170 Rock-Konzerte werden bei ''RockinBerlin''&#8239;<ref>[https://www.rockinberlin.de/index.php?title=Palast_der_Republik#Konzerte_im_Palast_der_Republik ''RockinBerlin''], abgerufen am 29. Juli 2024.</ref> mit verlinkten Hintergrundinfos dargestellt. <br />
<br />
Auch zum ''[[Rock für den Frieden]]'' fanden Konzerte u.&nbsp;a. von den [[Puhdys]], [[Stern-Combo Meißen]], [[Karat (Band)|Karat]], [[Pankow (deutsche Band)|Pankow]], [[Stefan Diestelmann]], [[Bernd Kleinow]], [[Jürgen Kerth]] und [[Engerling (Band)|Engerling]], [[City (Band)|City]], [[Silly (Band)|Silly]], [[Berluc]], [[Express (Band)|Express]] und [[Drei (Band)|Drei]] sowie Amateurbands wie [[Bromm Oss]] statt. 1987 waren es hier 20.000 Zuschauer und 65 Bands. Zu den Bands und Musikern aus Westeuropa gehörten u.&nbsp;a. [[Udo Lindenberg]], [[Latin Quarter]] und [[Tom Robinson]], der mit der DDR-Band [[NO&nbsp;55]] spielte.<br />
Am 31. Januar 1980 traten [[Tangerine Dream]] als vermutlich erste ''West-Berliner'' Band in der DDR auf. Das Konzert fand im Rahmen der [[DT64]]-Jugendkonzerte im Großen Saal statt und erntete internationale Beachtung.<ref>Siehe auch Konzerteintrag bei [https://www.rockinberlin.de/index.php?title=31._Januar_1980_Tangerine_Dream ''RockinBerlin'']</ref><br />
<br />
Am 25. Oktober 1983 wurde überraschend dem [[Westdeutschland|westdeutschen]] Rocksänger [[Udo Lindenberg]] ein 15-minütiger Auftritt im Palast der Republik vor ausgewähltem [[Freie Deutsche Jugend|FDJ]]-Publikum erlaubt,<ref>[https://www.stasi-unterlagen-archiv.de/informationen-zur-stasi/themen/beitrag/udo-lindenberg-ost-berlin-und-die-stasi-akten/ ''Udo Lindenberg, Ost-Berlin und die Stasi-Akten''.] [[Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen]].</ref> nachdem er in seinem Lied ''[[Sonderzug nach Pankow]]'' darüber geklagt hatte, dass ihm Auftritte in der DDR versagt blieben. Der Auftritt mit vier Titeln erfolgte im Rahmen einer Abschlussgala zu einer über 3-wöchigen DDR-Tour mehrerer internationaler Künstler unter dem Motto „Für den Frieden der Welt! Europa darf kein Euroshima werden! Weg mit dem [[NATO-Doppelbeschluss|NATO-Raketenbeschluß]]!“. Udo Lindenberg war nur einer von vielen, deren Prominentester [[Harry Belafonte]] war.<ref>Siehe auch Konzerteintrag bei [https://www.rockinberlin.de/index.php?title=25._Oktober_1983_Udo_Lindenberg ''RockinBerlin'']</ref> Die kurz zuvor in Aussicht gestellte DDR-Tournee wurde Lindenberg dann aber doch nicht genehmigt; auch nicht, als er 1987 eine [[Lederjacke]] an [[Erich Honecker]] verschenkte und im Gegenzug eine [[Martinstrompete|Schalmei]] (die Erich Honecker als Jugendlicher gespielt hatte) erhielt.<br />
<br />
Zu einem [[Eklat]] kam es im Januar 1984, als sich die westdeutsche Band [[BAP]] weigerte, einen speziell für diese Tour geschriebenen Titel ''([[Zwesche Salzjebäck un Bier|Deshalv spill’ mer he]])'' aus dem Programm zu streichen. Sie reiste am Vorabend des geplanten Auftaktkonzerts einer Tournee mit 14 Konzerten ab.<br />
<br />
1987 wurde hingegen dem [[ZDF]] anlässlich des [[Besuch Erich Honeckers in der Bundesrepublik Deutschland 1987|Besuchs Erich Honeckers in der BRD]] gestattet, eine Ausgabe des Polit-Magazins ''[[Kennzeichen D (Fernsehen)|Kennzeichen&nbsp;D]]'' als [[Livesendung]] aus dem Palast der Republik zu übertragen, bei der [[Dirk Sager]] ein Interview mit [[Egon Bahr]] führte. Eine derartige Offenheit der Presseverantwortlichen der DDR gegenüber [[Politikjournalismus|Politikjournalisten]] aus der BRD galt damals als Sensation.<ref>[[Lothar Heinke]]: ''Kultur: Krieg den Bauhütten – Friede dem Palast!'' In: ''[[Tagesspiegel]]'', 15. April 2006; [https://www.tagesspiegel.de/kultur/krieg-den-bauhutten--friede-dem-palast-1323679.html tagesspiegel.de] abgerufen am 5. Mai 2023.</ref><br />
<br />
Im Jahr 2004 fand nach einem Beschluss des [[Senat von Berlin|Berliner Senats]] zum Abriss des Palastes der Republik ein Konzert der Band [[Einstürzende Neubauten]] statt.<br />
<br />
== Entwicklung ab 1990 ==<br />
<br />
=== Schließung und Asbestsanierung ===<br />
Im Jahr 1990 wurde der Palast wegen Asbestverseuchung geschlossen. Wie bereits erwähnt, wurde beim Bau ein damals international übliches Verfahren für Stahlskelettbauten angewendet. Die Ursache für die Asbestverseuchung lag darin, dass nach Abschluss und Austrocknung des Spritzasbestes (ca.&nbsp;1974) die verantwortlichen Statiker eine zusätzliche Verstärkung der Hauptträger der Stahlkonstruktion anordneten. Dies war aufgrund von Änderungen der Lastverhältnisse am Bau dringend erforderlich. Hierzu musste per Handarbeit der ausgetrocknete Spritzasbest örtlich abgeschlagen werden, damit die zusätzlichen Stahlträger [[Flansch|angeflanscht]] werden konnten. Der aufgerissene Asbestmantel wurde nach Anbindung der Zusatzträger zwar wieder mit Spritzasbest verschlossen, dies geschah allerdings nur unzureichend. Bereits zu seiner Bauzeit war davor gewarnt worden, die Stahlkonstruktion mit Spritzasbest gegen Feuer zu isolieren. Als absehbar war, dass nach der [[Deutsche Wiedervereinigung|deutschen Wiedervereinigung]] europäische und bundesdeutsche [[Arbeitsschutz]]- und Gesundheitsnormen auch in Berlin gelten würden, wurde der Palast am 19.&nbsp;September 1990 auf Anweisung der [[Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik|Regierung der DDR]] geschlossen. Eine Sanierung wurde aus verschiedenen Gründen zu diesem Zeitpunkt nicht geplant. Sie sollte 400&nbsp;Millionen DM kosten.<ref>Scheffler: ''Volkskammer sucht Zuflucht in Behelfsdomizil. Asbest-Palast hat zugemacht.'' In: ''[[Neues Deutschland]]'', 20.&nbsp;September 1990, S.&nbsp;1, [https://www.nd-archiv.de/ausgabe/1990-09-20 Artikelanfang.]</ref><br />
<br />
Zwischen 1998 und 2003 entsorgten Spezialfirmen den im Baukörper vorhandenen Asbest. Der Auftrag dafür wurde für eine Pauschalsumme von 35&nbsp;Millionen Euro vergeben. Während der Asbest-Entsorgung musste die gesamte Inneneinrichtung entfernt werden; danach befand sich der Baukörper im Rohbau-Zustand. Die Entsorgung erfolgte so, dass danach sowohl ein Abriss als auch eine Sanierung möglich waren.<ref name="asbestsanierung" /><br />
<br />
Die zahlreichen und häufig einmaligen Ausstattungsstücke des Palastes mit dem Logo „PdR“ wurden zu großen Teilen verkauft oder in Auktionen angeboten.<br />
<br />
=== Totalumbau versus Abriss und Neubau ===<br />
[[Datei:Stoppt den Palastabriss Koenig 140106.JPG|mini|Proteste gegen den Abriss, 2006]]<br />
<br />
Die [[Stadtplanung|stadtplanerische]] Entwicklung des Berliner [[Schloßplatz (Berlin)|Schloßplatzes]] war aufgrund der zentralen Lage des Platzes und der geschichtlichen Bedeutung von Schloss und Palast seit der deutschen Wiedervereinigung Gegenstand intensiver Diskussionen.<br />
<br />
Die gesellschaftliche Diskussion zum Umgang mit dem Palast der Republik wurde eröffnet mit der Denkschrift ''Berlin: Zur Restitution von Stadtraum und Schloß'' von [[Goerd Peschken]] und Frank Augustin u.&nbsp;a.<ref>{{Literatur |Autor=Goerd Peschken und Frank Augustin mit Margarete Peschken, Martina Guddat und Thomas Schriever |Hrsg=Goerd Peschken und Frank Augustin |Titel=Berlin: Zur Restitution von Stadtraum und Schloß |Verlag=Selbstverlag |Ort=Berlin |Datum=1991 |OCLC=631987897}}</ref> Der in der Schrift veröffentlichte und erläuterte Entwurf basierte ausdrücklich auf der Erhaltung des Palasts der Republik mittels Anfügung eines Baukörpers, der das Schloss Berlin darstellt. Der Entwurf wurde in einer Studio-Ausstellung in der Akademie-Galerie im ehemaligen Marstall vom 11. bis 26. Januar 1992 präsentiert und am 25. Januar 1992 dort öffentlich diskutiert.<br />
<br />
Nach diesem Entwurf sollte die Wiedergewinnung der städtebaulich einzigartigen, aber eben auch sehr beschädigten Situation in drei Transformationsstufen realisiert werden. Die erste Transformation wurde in der Studio-Ausstellung im Maßstab 1:20 vorgestellt, sie war Grundlage für die spektakuläre Aktion des Vereins zum Wiederaufbau des Schlosses, die Errichtung einer ''Schloss-Simulation'' im Sommer 1993 am Palast der Republik im Maßstab 1:1. Die „Schloss-Attrappe“ stand bis Herbst 1994 und trug entscheidend zu einem psychologischen Stimmungswandel Pro Wiederaufbau des Schlosses bei. In der verkürzten Diskussion um Pro und Kontra verlor das im Wesentlichen aus einem Kompromiss bestehende Konzept von Goerd Peschken und Frank Augustin politisch an Bedeutung.<br />
<br />
Bei der Entscheidung zwischen Wiederaufbau oder Abriss des Palastes der Republik standen sich im Wesentlichen zwei Gruppen gegenüber: Die Fraktion der Befürworter eines Abrisses sah darin die Chance zur Wiederherstellung der [[Historische Mitte (Berlin)|historischen Mitte Berlins]]. Ein Verlust des Palastes wurde unter Verweis auf Kostenaufwand, Architekturqualität und ein nicht geklärtes Nachnutzungskonzept als hinnehmbar angesehen.<br />
<br />
Als einziges Mitglied der Expertenkommission ''Historische Mitte Berlin'' gab [[Bruno Flierl]] ein Votum gegen den Schlossneubau und für den Erhalt des Palastes der Republik ab. [[Gregor Gysi]] besetzte das Dach des Gebäudes, um gegen den Abriss zu protestieren. Nach mehreren Architekturwettbewerben beschloss der [[Deutscher Bundestag|Bundestag]] 2003 den Abriss des Palastes sowie die zwischenzeitliche Anlage einer Grünfläche bis zur Errichtung des [[Humboldt Forum]]s. Dieses sollte die Museen außereuropäischer Kulturen (bis dahin in [[Berlin-Dahlem]]), die [[Zentral- und Landesbibliothek Berlin]] und die wissenschaftshistorischen Sammlungen der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Humboldt-Universität]] aufnehmen. Die der Spree abgewandten Fassaden sollten nach dem Vorbild der [[barock]]en Fassaden des 1950 gesprengten Berliner Schlosses rekonstruiert werden, was so auch geschah.<br />
<br />
Der Palast der Republik war kein eingetragenes Denkmal. Dennoch war im Berliner Denkmalamt 1991/1992 ein unveröffentlichtes, stark umstrittenes Gutachten entstanden, das seinen Denkmalwert analysierte, ihn als Zeitdokument würdigte, seine Bedeutung für das Stadtbild und ein Interesse der Öffentlichkeit an seiner Erhaltung betonte. In der Diskussion um Erhalt oder Abriss des Palasts spielten Denkmalaspekte keine Rolle, da das Gebäude für die Asbestbeseitigung bis auf den Rohbau abgetragen werden musste.<ref>Hans-Christian Feldmann: {{Webarchiv |url=http://denkmaldebatten.denkmalschutz.de/kontroversen/palast-der-republik/ |text=''Denkmalwert oder Denkmalsturz. Der Palast der Republik in Berlin.'' |wayback=20140808035439}}. In: ''DenkmalDebatten.'' 2011.</ref><br />
<br />
=== Zwischennutzungen vor dem Abriss ===<br />
[[Datei:Palast der Republik Rückbau.JPG|mini|Im Inneren am 9. Oktober 2004]]<br />
[[Datei:Zweifel, Palast der Republik, 2005.jpg|mini|Palast des Zweifels, 2005]]<br />
<br />
Im Frühjahr 2004 begannen [[Zwischennutzung]]en des entkernten Palastes der Republik unter der Bezeichnung ''Volkspalast''. Dazu gehörten Kunstausstellungen und Theateraufführungen, die im Innenraum mit Hilfe provisorischer Zuschauertribünen stattfanden. Bei dem Projekt ''Fassadenrepublik'' konnten die Besucher den teilweise gefluteten Palast im Schlauchboot erkunden.<br />
<br />
Am 26. Januar 2005 installierte der [[Norwegen|norwegische]] Künstler [[Lars Ramberg]] auf dem Dach des Palastes mehr als sechs Meter hohe neonbeleuchtete Buchstaben, die das Wort „ZWEIFEL“ bildeten. Der Schriftzug diente als Logo für das Projekt ''Palast des Zweifels''. Die Aktion lief bis zum 10.&nbsp;Mai 2005. Ramberg wollte mit diesem Projekt die Diskussionen um den Palast fördern und mit dem [[Diskurs]] um verlorengegangene [[Utopie]]n, dem Suchen nach neuen Perspektiven und Identitäten verbinden.<ref>[[Moritz Holfelder]]: ''Palast der Republik: Aufstieg und Fall eines symbolischen Gebäudes.'' S.&nbsp;196f., {{Google Buch |BuchID=JaBQ2FCFBOUC |Hervorhebung=Zweifler Ramberg}}.</ref><br />
<br />
Mit der Ausstellung ''Fraktale'' entstand in der Mitte des Palastes ein großer weißer Raum. Die Ausstellung ''White Cube Berlin'' versuchte, anhand dieses Raumes mit international renommierten Künstlern die neue Nutzung den Abrissplänen entgegenzustellen.<ref>[[Niklas Maak]]: [http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/im-palast-der-republik-das-ausstellungswunder-von-berlin-1280790-p2.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2 ''Das Ausstellungswunder von Berlin''.] [[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ.net]], 22.&nbsp;Dezember 2005.</ref> Diese letzte Zwischennutzung des Baus (bis Dezember 2005) und der Prozess des Aufbaus des White Cube wurden im Dokumentarfilm ''AltlastPalast'' dargestellt.<ref>{{IMDb|tt0790607|Altlastpalast}}</ref><br />
<br />
=== Abriss zwischen 2006 und Ende 2008 ===<br />
Der [[Abriss (Bauwesen)|Abriss]] des Palastes der Republik verschob sich mehrfach. Am 19.&nbsp;Januar 2006 lehnte der [[Deutscher Bundestag|Deutsche Bundestag]] Anträge von [[Bündnis 90/Die Grünen]] und der damaligen Linkspartei [[Partei des Demokratischen Sozialismus|PDS]] zur Verschiebung des Abrisses bzw. zur Erhaltung des Bauwerks ab. Der [[Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages]] behandelte 880 Einwände gegen den Abriss, die allesamt abgelehnt wurden.<ref>''[https://ga.de/aus-dem-petitionsalltag_aid-40394301 Aus dem Petitionsalltag.]'' In: ''[[General-Anzeiger (Bonn)|General-Anzeiger]]'', 14.&nbsp;Mai 2009, S.&nbsp;4.</ref><br />
<br />
Nach Terminen im Frühjahr 2005 und im Oktober 2005 wurde das Gebäude ab dem 6.&nbsp;Februar 2006 mithilfe von fünf Kränen zurückgebaut. Eine Sprengung des Gebäudes kam nicht infrage, weil Beschädigungen umliegender Gebäude durch den Auftrieb der Bodenwanne und das dadurch bedingte Absinken des [[Grundwasserspiegel]]s zu befürchten waren. Stattdessen wurde das abgetragene Material gewogen und das gleiche Gewicht an mit Wasser versetztem Sand in die Bodenwanne geleitet. Die Kellergeschosse des Palastes der Republik blieben vollständig erhalten und sollen bei einer Neubebauung genutzt werden.<br />
<br />
Die Abrissarbeiten sollten ursprünglich Mitte 2007 abgeschlossen sein. Im Laufe der Arbeiten stellten die beauftragten Firmen an mehreren Stellen weiteres [[Asbest#Gesundheitsschädlichkeit|asbesthaltiges]] Material fest. Der Abriss verlangsamte sich dadurch deutlich. Am 2.&nbsp;Dezember 2008 wurde der letzte Gebäudeteil des Palastes abgerissen.<ref>[https://www.welt.de/regionales/berlin/article2816461/Der-Palast-der-Republik-ist-platt.html ''Der Palast der Republik ist platt''.] [[Die Welt|Welt Online]], 2. Dezember 2008.</ref> Die Zusatzkosten in Höhe von bislang 9,9&nbsp;Millionen Euro musste der [[Bundesregierung (Deutschland)|Bund]] übernehmen.<ref>''[https://www.welt.de/print-welt/article701770/Palast-Abriss-dauert-laenger-und-wird-teurer-als-geplant.html Palast-Abriss dauert länger und wird teurer als geplant.]'' In: ''[[Die Welt]]'', 11. Dezember 2006.</ref> Der Abriss erfolgte nach Ausschreibung durch die Arbeitsgemeinschaft ''Rückbau Palast der Republik'', bestehend aus den Unternehmen Ludwig Freytag GmbH &&nbsp;Co. KG, [[Johann Bunte|Bunte Bauunternehmung GmbH &&nbsp;Co.]] und Jaeger Umwelttechnik GmbH &&nbsp;Co. KG.<ref>[https://www.stadtentwicklung.berlin.de/aktuell/pressebox/archiv_volltext.shtml?arch_0601/nachricht2135.html ''Rückbau des Palastes der Republik – Zuschlag erteilt''.] [[Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen]], Pressemitteilung, 6.&nbsp;Januar 2006.</ref><br />
<br />
Nach Abschluss der Abrissarbeiten wurde das Kellerbecken des Palastes mit 20.000&nbsp;m³ Sand aufgefüllt. Die Fläche wurde begrünt, als Zwischenlösung bis zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses als ''[[Humboldtforum]]''. Die Bauarbeiten zum Berliner Stadtschloss begannen im März 2013. Am 12.&nbsp;Juni 2013 legte [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsident]] [[Joachim Gauck]] den [[Grundsteinlegung|Grundstein]].<ref>[https://www.ksta.de/kultur/gigantisches-bauprojekt-gauck-legt-grundstein-fuer-berliner-schloss-4707228 ''Gigantisches Bauprojekt. Gauck legt Grundstein für Berliner Schloss''.] In: ''[[Kölner Stadt-Anzeiger]]'', 2.&nbsp;Juni 2013 ([[Deutsche Presse-Agentur|dpa]], [[Evangelischer Pressedienst|epd]]); abgerufen am 16.&nbsp;Oktober 2020.</ref> Auf dem direkt anschließenden Areal der ehemaligen [[Schloßfreiheit]] war von September 2008 bis August 2010 die „[[Temporäre Kunsthalle Berlin]]“ öffentlich zugänglich.<br />
<br />
Die insgesamt 78.000&nbsp;[[Tonne (Einheit)|t]] abgetragenen Baumaterialien bestanden aus:<br />
* 56.600 t Beton<br />
* 19.300 t Stahl und Eisen<br />
* {{0|00}} 500 t Glas (rund 8.200 m²)<br />
* {{0|00}} 600 t Ziegel und Holz<br />
* {{0}}1.000 t [[Bitumen]]gemische, Kunststoffe und Dämmstoffe<br />
* {{0|00}} 200 t besonders überwachungsbedürftige Stoffe, die wegen der Asbestanteile getrennt entsorgt werden mussten.<ref>Broschüre: ''Palast der Republik – Der Rückbau.'' eine Information der [[Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen|Senatsverwaltung für Stadtentwicklung]].</ref><br />
<br />
Der schwedische Stahl der Grundkonstruktion wurde eingeschmolzen und nach [[Dubai]] für den Bau des [[Burj Khalifa]] verkauft.<ref>Pressemitteilung: ''[https://www.pressebox.de/pressemitteilung/city-tops-verlag-gmbh/Dubai-Berliner-Stahl-fuer-das-Burj-Dubai/boxid/195594 Dubai: Berliner Stahl für das Burj Dubai.]'' In: ''Pressebox.de'', 6.&nbsp;August 2008.</ref> Weiterer Stahl konnte von [[Volkswagen]] für den Bau von Motorenblöcken für den [[Golf&nbsp;VI]] verwendet werden.<ref>hil/[[Ddp Deutscher Depeschendienst|ddp]]: ''[https://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,602950,00.html Recycelte Materialien im VW Golf VI – DDR inside.]'' In: ''[[Spiegel Online]]'', 22.&nbsp;Januar 2009.</ref><ref>{{Webarchiv |url=http://www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/palast_rueckbau/index.shtml |text=Infoseite zum Rückbau des Palastes der Republik. |wayback=20070127173406}}. In: ''Senatsverwaltung für Stadtentwicklung''.</ref><br />
<br />
Die Asbestsanierung und der Rückbau kosteten nach einem Bericht des seinerzeitigen [[Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur|Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung]] rund 119&nbsp;Millionen Euro, davon:<br />
* Asbestsanierung: 80,3 Millionen Euro<br />
* Honorar für Sonderfachleute: 6,5 Millionen Euro<br />
* Abriss: 32 Millionen Euro (veranschlagt waren 12 Millionen Euro)<br />
Hinzu kamen 118.000&nbsp;Euro für die Begrünung (Rasenfläche) und den Bau von Holzstegen für die Übergangszeit bis zum Baubeginn des [[Humboldtforum]]s.<ref>Ulrich Paul: ''[http://www.berliner-zeitung.de/archiv/119-millionen-euro-muessen-bund-und-land-bezahlen-palast-abriss-war-viel-teurer-als-geplant,10810590,10614060.html Palast-Abriss war viel teurer als geplant.]'' In: ''[[Berliner Zeitung]].'' 17.&nbsp;Januar 2009.</ref><ref>Ulrich Paul: ''[http://www.berliner-zeitung.de/archiv/erst-wurde-gesaet-und-nun-wird-gerollt-teurer-rasen-fuer-den-schlossplatz,10810590,10647016.html Teurer Rasen für den Schlossplatz.]'' In: ''[[Berliner Zeitung]].'' 18.&nbsp;Juni 2009.</ref><br />
<br />
<gallery widths="220" heights="160" class="center"><br />
Palast der Republik Abriss.jpg|Abrissarbeiten, 2008<br />
Palastruine.JPG|Graffiti am Fundament des abgerissenen Palasts, Oktober 2008<ref>Der Graffiti-Spruch antwortet auf den Buchtitel des DDR-Kabarettisten [[Peter Ensikat]]: ''Hat es die DDR überhaupt gegeben?'' Eulenspiegel Verlagsgruppe, Berlin 1998, ISBN 3-359-00911-8.</ref><br />
RK 0901 1136 Baugrube Palast der Republik.jpg|Baugrube, 2009<br />
Palast der Republik Flaeche Sept 09.jpg|Freifläche nach Ende der Abrissarbeiten, September 2009<br />
</gallery><br />
<br />
=== Der Palast der Republik in den Medien ===<br />
Der Dokumentarfilm ''Der Hausmeister und sein Palast&nbsp;– ein Berliner Schicksal'' von [[Arpad Bondy]] und Margit Knapp Cazzola aus dem Jahr 1991, begleitet einen Hausmeister des Palastes der Republik nach der Schließung.<br />
<br />
''Altlastpalast'' ist ein Dokumentarfilm aus dem Jahr 2006 von Irina Enders. Er zeigt die letzten sechs Monate der Existenz des Palastes der Republik, die Diskussion um den Abriss in Berlin, die Entstehung der Fraktale-Ausstellung zum Thema „Tod“ im Palast und die Debatte zum Schlosswiederaufbau. Er enthält auch die letzten Innen- und Luftaufnahmen vom Palast vor seinem Abriss.<br />
<br />
Der Palast war Motiv einer Dauerbriefmarkenserie und mehrfach für Sonderausgaben.<br />
<br />
<gallery widths="220" heights="160" class="center"><br />
Stamps of Germany (DDR) 1980, MiNr 2542.jpg|Interparlamentarische Konferenz, Berlin, 1980<br />
</gallery><br />
<br />
== Spitznamen ==<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-R0706-417, Berlin, Palast der Republik, Jugendtanz.jpg|mini|Veranstaltung im Palast, 1976]]<br />
<br />
Für den Palast der Republik gab es im Volksmund verschiedene Bezeichnungen wie „Palazzo Prozzi“<ref>[[Jens Reich]]: {{Webarchiv |url=http://www.zeit.de/1995/08/Die_Illusion_eines_Schlosses |text=''Die Illusion eines Schlosses.'' |wayback=20130524135319}} In: ''[[Die Zeit]]'', Nr.&nbsp;8/1995.</ref> (nach der Wende: „Palazzo Prozzo“<ref name="Ensikat_10.11.1999">[[Peter von Becker (Journalist)|Peter von Becker]] und Nadine Lange: ''[https://www.ariva.de/forum/40-jahre-politischer-witz-in-der-ddr-77047?page=0#jumppos8 Gab es in der DDR was zu lachen, Herr Ensikat?]'' <!-- bei Löschung: ''[https://bo.ariva.de/forum/Will_auch_einen_Witz_dazubeitragen-t77047 Gab es in der DDR was zu lachen, Herr Ensikat?]'' --> In: ''[[Der Tagesspiegel]]''&nbsp;/ ''[[ariva.de]]'', 10.&nbsp;November 1999.</ref>) und „EDK: Erichs Datsche am Kanal“.<ref name="Ensikat_10.11.1999" /> Die beiden Spottnamen „Erichs Lampenladen“ und „Lampenhaus Mitte“ bezogen sich auf die großzügig ausgestattete Beleuchtungsanlage, die das [[Foyer]] und Treppenhaus Tag und Nacht beleuchtete, sowie auf den Staatsrats- und Parteivorsitzenden [[Erich Honecker]].<ref>Birgit Wolf: ''Sprache in der DDR. Ein Wörterbuch''. De Gruyter, Berlin / New York 2000, ISBN 3-11-016427-2, [https://books.google.de/books?id=Fc8hAAAAQBAJ&pg=PR16&dq=Palast+Republik+Lampenhaus+Mitte#v=onepage&q&f=false Vorschau] in der Google-Buchsuche.</ref> Daneben wurde auch auf die Einzelhandelsgeschäfte in [[Ost-Berlin]] angespielt, die nach ihrem Angebot und dem jeweiligen [[Stadtbezirk]] benannt wurden.<ref>Für „Lampenhaus Mitte“, siehe [[Armin Burkhardt]]: ''Palast versus Schloß oder: Wem gehören die Symbole?'' In: Ruth Reiher, Rüdiger Läzer (Hrsg.): ''Von „Buschzulage“ und „Ossinachweis“''. Aufbau Taschenbuch, Berlin 1996, ISBN 3-7466-8025-5, S.&nbsp;137–168, hier S.&nbsp;146, {{Google Buch |BuchID=QdS6AAAAIAAJ |Hervorhebung=Lampen}}.</ref> Aufgrund seiner Kosten wurde er hinter vorgehaltener Hand auch scherzhaft als „Ballast der Republik“ bezeichnet.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<small>– chronologisch –</small><br />
* [[Heinz Graffunder]], Martin Beerbaum, Gerhard Murza (Fotos): ''Der Palast der Republik.'' Seemann Verlag, Leipzig 1977.<br />
* Martin Beerbaum: ''Porzellan- und Glasgestaltung, Gobelins im Palast der Republik.'' In: Bildende Kunst, Berlin, 2/1977, S. 58–62<br />
* Kirsten Heidler, Ingetraud Skirecki: ''Von Erichs Lampenladen zur Asbestruine, alles über den Palast der Republik.'' Argon, Berlin 1998, ISBN 3-87024-389-9.<br />
* Thomas Beutelschmidt, Julia M. Novak (Hrsg.): ''Ein Palast und seine Republik. Ort, Architektur, Programm.'' Verlag Bauwesen, Berlin 2001, ISBN 3-345-00765-7. Mit Beiheft von Heinz Günter Behnert: ''Veranstaltungen im Großen Saal und im Theater im Palast''.<br />
* ZwischenPalastNutzung e.&nbsp;V., Bündnis für den Palast &#91;[[Philipp Oswalt]]&#93; (Hrsg.): ''Zwischennutzung des Palast der Republik. Bilanz einer Transformation 2003ff.'' Urban Catalyst, Berlin 2005, {{DNB|1126993506}} (31 Seiten).<br />
* Philipp Misselwitz, [[Hans Ulrich Obrist]], [[Philipp Oswalt]] (Hrsg.): ''Fun Palace 200X. Der Berliner Schlossplatz. Abriss, Neubau oder grüne Wiese?'' Martin Schmitz Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-927795-35-6.<br />
* [[Amelie Deuflhard]], Sophie Krempl, [[Philipp Oswalt]], [[Matthias Lilienthal]], Harald Müller (Hrsg.): ''Volkspalast.'' Theater der Zeit, Berlin 2005, ISBN 3-934344-72-0.<br />
* [[Andreas Ulrich]]: ''Palast der Republik. Ein Rückblick''. Prestel Verlag, München 2006.<br />
* Anke Kuhrmann: ''Der Palast der Republik. Geschichte und Bedeutung des Ost-Berliner Parlaments- und Kulturhauses'' (=&nbsp;''Studien zur internationalen Architektur- und Kunstgeschichte'', 49). Imhof-Verlag, Petersberg 2006, ISBN 3-86568-143-3 (aktualisierte und überarbeitete [[Dissertation]] November 2003 am Kunsthistorischen Institut der [[Ruhr-Universität Bochum]]).<br />
* [[Alexander Schug]] (Hrsg.): ''Palast der Republik. Politischer Diskurs und private Erinnerung.'' Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-8305-1373-5.<br />
* Tim Birkholz: ''Schloss mit der Debatte? Die Zwischennutzungen im Palast der Republik im Kontext der Schlossplatzdebatte'' (=&nbsp;''[https://www.isr.tu-berlin.de/grauereihe ISR Graue Reihe]'', Heft 14). Hrsg. vom Institut für Stadt- und Regionalplanung, TU Berlin, 2008, ISBN 978-3-7983-2092-5 ([https://opus4.kobv.de/opus4-tuberlin/files/1960/Graue_Reihe_Heft_14_Schloss_mit_der_Debatte.pdf Volltext]; PDF; 2,8&nbsp;MB).<br />
* [[Moritz Holfelder]]: ''Palast der Republik. Aufstieg und Fall eines symbolischen Gebäudes.'' Dokumentation der Palast-Jahre in Berlin-Mitte. Christoph Links Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-86153-491-4 ({{Google Buch |BuchID=JaBQ2FCFBOUC}}).<br />
* Conrad Tenner (Hrsg.): ''Der Palast der Republik. Bilder und Geschichte.'' Das Neue Berlin, Berlin 2009, ISBN 978-3-360-01979-0.<br />
* Thorsten Klapsch: ''Palast der Republik.'' Fotoband mit Aufnahmen von 1993. Verlag Edition Panorama, Mannheim 2010, ISBN 978-3-89823-429-0 ([https://thorstenklapsch.de/palast-der-republik Auszug]; bebilderte [https://www.spiegel.de/geschichte/palast-der-republik-ein-bild-von-einem-klotz-a-946679.html Rezension von Katja Iken] bei ''[[einestages]]'', 2010).<br />
* [[Andreas Venzke]]: ''Portal IV. Eine literarische Beschreibung zur Geschichte von Schloss und Palast der Republik.'' In: Andreas Venzke: ''Berlin Berlin – Geschichte einer Nation''. Arena, Würzburg 2011, ISBN 978-3-401-06143-6, S.&nbsp;155–159.<br />
* Stiftung Humboldt Forum (Hrsg.): ''Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart'', E. A. Seemann, Leipzig, 2024, ISBN 978-3-86502-532-6.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons|Palast der Republik}}<br />
<br />
'''Architektur'''<br />
* {{Webarchiv |url=http://fiedel.dyndns.org/Palast_der_Republik/ |text=Grund- und Seitenrisse vom Palast der Republik. |wayback=20161012051927}}. In: ''Abschlussdokumentation.'' 15.&nbsp;August 1975, und als [https://web.archive.org/web/20130513013441/http://fiedel.dyndns.org/Palast_der_Republik/PdR_400dpi.pdf PDF; 28&nbsp;S.]<br />
* [http://www.ddr-museum.de/de/museum/objektdatenbank/?inventarno=1003154 Fenster des Palastes der Republik.] In: ''[[DDR Museum Berlin|DDR Museum]]''<br />
* [http://pk86.de/berlin/palast-abriss/index.html „Abreißkalender“ des Palastes]<br />
<br />
'''Verschiedenes'''<br />
* [https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/pdr/homegal.htm Bilder aus dem Palast der Republik.] [[Deutsches Historisches Museum]] (DHM).<br />
* [http://www.zwischenpalastnutzung.de/ Zwischennutzung des Palast der Republik / Volkspalast 2004/ 2005]<br />
* [https://www.sueddeutsche.de/kultur/abriss-palast-der-republik-schwierig-zu-lieben-1.473305 ''Schwierig zu lieben.''] In: ''[[Süddeutsche Zeitung]].'' 13. Februar 2009.<br />
* [https://www.stasi-unterlagen-archiv.de/informationen-zur-stasi/themen/beitrag/palast-unter-stasi-schutz/ ''Palast unter Stasi-Schutz''.] [[Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen]].<br />
* [https://www.orte-der-einheit.de/palast-der-republik ''Palast der Republik: Ein neues Parlament am alten Ort''.] Orte der Einheit ([[Haus der Geschichte]]).<br />
<br />
'''Filme'''<br />
* [https://www.youtube.com/watch?v=q_xSPe6t898 Palast der Republik – Willkommen im Palast.] Archivaufnahmen in vier Teilen, 2009<br />
* [https://www.youtube.com/watch?v=IS7Gf_u5Peg Rückbau vom Palast der Republik im Zeitraffer.] April 2006 bis August 2010. cityscopeTV, 1:06&nbsp;min<br />
* [https://vimeo.com/39147237 ''Dismantling, not Demolishing: The Removal of Palast der Republik''.] [[Ethnografie|Ethnografischer]] Film über den Abriss des Palastes, 23:27&nbsp;min<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references responsive /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Berliner Schloßplatz}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=g|GND=4364656-6|VIAF=245386984}}<br />
<br />
[[Kategorie:Palast der Republik| ]]<br />
[[Kategorie:Parlamentsgebäude in Deutschland]]<br />
[[Kategorie:Abgegangenes Bauwerk in Berlin]]<br />
[[Kategorie:Architektur (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Kultur (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Sitzungsort eines Parlaments in Deutschland]]<br />
[[Kategorie:Wikipedia:PuB/Bautyp]]<br />
[[Kategorie:Zerstört in den 2000er Jahren]]<br />
[[Kategorie:Erbaut in den 1970er Jahren]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Richard_Rogler&diff=247662181Richard Rogler2024-08-13T13:06:54Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>[[Datei:rogler1.jpg|mini|Richard Rogler (2001)]]<br />
<br />
'''Richard Rogler''' (* [[19. September]] [[1949]] in [[Selb]], † [[11. August]] [[2024]] in [[Köln]]<ref name="BR Tod">{{Internetquelle |url=https://www.br.de/nachrichten/kultur/kabarettist-richard-rogler-ist-tot,ULKTP36 |titel=Kabarettist Richard Rogler ist tot |werk=[[Bayerischer Rundfunk]] |datum=2024-08-13 |abruf=2024-08-13}}</ref>) war ein [[Deutschland|deutscher]] [[Kabarett]]ist.<br />
<br />
== Werdegang ==<br />
Rogler wuchs in Selb auf und studierte nach Abitur und Grundwehrdienst zunächst die Fächer Französisch und Sport auf Lehramt an der [[Julius-Maximilians-Universität Würzburg|Universität Würzburg]]. Von 1974 bis 1978 war er Mitglied der Kinder- und Jugendtheatergruppe ''[[Comedia Theater|Ömmes & Oimel]]'', zunächst in [[Würzburg]], seit 1977 in Köln. Es folgten Auftritte mit [[Heinrich Pachl]] im Kabarett-Duo ''„Der Wahre Anton“''. Mitte der 1980er Jahre erhielt Rogler zudem ein Engagement am [[Schauspiel Köln|Kölner Schauspielhaus]]. Ab 1986 war er als Solist tätig.<br />
<br />
Rogler erhielt 1982 (zusammen mit Heinrich Pachl), 1987 und 1992 den [[Deutscher Kleinkunstpreis|Deutschen Kleinkunstpreis]], 2000 den [[Deutscher Kabarettpreis|Deutschen Kabarettpreis]] sowie für seine Auftritte und Moderationen im Fernsehen 1987 den [[Telestar (Fernsehpreis)|Telestar]] und [[Adolf-Grimme-Preis 1989|1989 den Adolf-Grimme-Preis]]. 1997 wurde er mit der [[Morenhovener Lupe]] ausgezeichnet. Seit dem Jahr 2000 hielt Rogler als [[Honorarprofessor]] Vorlesungen an der [[Universität der Künste Berlin]] und wurde damit zum ersten Professor für das Fach Kabarett in Deutschland.<br />
<br />
Durch regelmäßige Gastauftritte in der Fernsehsendung ''[[Scheibenwischer (Kabarett)|Scheibenwischer]]'' und zahlreiche weitere Rundfunk- und Fernsehauftritte (''Nachschlag'', ''Roglers Rasendes Kabarett'') wurde Richard Rogler überregional bekannt. Im [[WDR Fernsehen]] moderierte er von 1988 bis 1991 die Kabarett-Sendung ''[[Mitternachtsspitzen (WDR)|Mitternachtsspitzen]]''. Von 2004 bis zum November 2007 war er sechs Mal pro Jahr Gastgeber der Kabarett- und Musiksendung ''[[Gesellschaftsabend]]'' vom [[Saarländischer Rundfunk|Saarländischen Rundfunk]]. In der [[Lindenstraße]] war er unter anderem 1987 und 1998 als betrügerischer [[Makler]] Panowski zu sehen.<br />
<br />
Am 29. Juni 2006 nahm Rogler den Platz des Kabarettisten [[Georg Schramm]] als festes Mitglied im [[Ensemble (Theater)|Ensemble]] des ''Scheibenwischer'' ein, nachdem Schramm den ''Scheibenwischer'' auf eigenen Wunsch verlassen hatte.<ref>{{Internetquelle |autor=Uwe Mantel |url=https://www.dwdl.de/nachrichten/7141/richard_rogler_verstrkt_das_scheibenwischerteam/ |titel=Richard Rogler verstärkt das "Scheibenwischer"-Team |werk=[[DWDL.de]] |datum=2006-06-23 |abruf=2023-01-10}}</ref> Am 11. Februar 2008 gab der [[Rundfunk Berlin-Brandenburg|rbb]] bekannt, dass Rogler den ''Scheibenwischer'' verlasse, da er sich verstärkt auf seine Bühnenauftritte konzentrieren wolle.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.daserste.de/scheibenwischer/ |wayback=2008-02-13 |text=Scheibenwischer}}</ref> Im Dezember 2008 hatte er einen Auftritt am 17. [[Arosa Humor-Festival]]. Rogler war regelmäßiger Gast in der von [[Ludger Stratmann]] moderierten und im WDR ausgestrahlten Sendung „[[Stratmanns]] – Jupps Kneipentheater im Pott“.<br />
<br />
Richard Rogler war mit seiner Frau Dörte verheiratet.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.express.de/koeln/stolzer-papa-gold-fuer-richard-roglers-tochter-marianne-4610896 |titel=Stolzer Papa – Gold für Richard Roglers Tochter Marianne |werk=express.de |hrsg=[[Express (deutsche Zeitung)|Express]] |datum=2010-08-03 |abruf=2021-05-14}}</ref> Sie lebten im [[Köln]]er [[Agnesviertel]].<ref>{{Internetquelle |autor=Peter Berger |url=https://www.ksta.de/mein-viertel-koelns-schoenste-seite-11714490 |titel=Mein Viertel Kölns schönste Seite |werk=ksta.de |hrsg=[[Kölner Stadt-Anzeiger]] |datum=2011-10-25 |abruf=2021-05-14}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.nwzonline.de/kultur/personen/kabarettist-will-trotz-bedrohung-weitermachen_a_22,0,1790487120.html |titel=Kabarettist will trotz Bedrohung weitermachen |werk=nwzonline.de |hrsg=[[Nordwest-Zeitung]] |datum=2015-01-11 |abruf=2021-05-14 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20210307064338/https://www.nwzonline.de/kultur/personen/kabarettist-will-trotz-bedrohung-weitermachen_a_22,0,1790487120.html |archiv-datum=2021-03-07 |offline=ja |archiv-bot=2024-04-26 09:00:45 InternetArchiveBot }}</ref> Seine Tochter Marianne führt eine [[Künstleragentur]] und vertritt u. a. [[Ingolf Lück]], [[Pe Werner]], [[Hans-Jörg Frey]] und [[Markus Maria Profitlich]].<ref>{{Internetquelle |url=https://mariannerogler.de/home.html |titel=Agentur Marianne Rogler |werk=mariannerogler.de |hrsg=Marianne Rogler |abruf=2021-05-14}}</ref><br />
<br />
== Programme ==<br />
* 1986: ''Freiheit aushalten!''<br />
* 1992: ''Finish''<br />
* 1995: ''Wahnsinn''<br />
* 1998: ''Freiheit West''<br />
* 2002: ''Anfang offen''<br />
* 2005: ''Ewiges Leben''<br />
* 2009: ''Stimmung''<br />
* 2013: ''Das müssten Sie mal sagen, Herr Rogler!''<br />
* 2016: ''Tour 2016''<br />
<br />
== Auszeichnungen ==<br />
* 1987: [[Deutscher Kleinkunstpreis]] (Förderpreis)<br />
* 1987: [[Telestar (Fernsehpreis)|Telestar]]<br />
* 1989: [[Adolf-Grimme-Preis 1989|Adolf-Grimme-Preis]] mit Bronze für ''[[Mitternachtsspitzen (WDR)|Mitternachtsspitzen]]'' (zusammen mit [[Gerhard Honal]])<br />
* 1992: [[Deutscher Kleinkunstpreis]] (Kabarett)<br />
* 1997: [[Morenhovener Lupe]]<br />
* 2000: [[Deutscher Kabarettpreis]] (Hauptpreis)<br />
* 2014: [[Bayerischer Kabarettpreis]] (Ehrenpreis)<br />
* 2014: Zeck-Kabarettpreis – Ehrenpreis ''Gold ZECK''<ref>{{Internetquelle |titel ='ZECK' Internet-Kabarettpreis 2014 |url=https://www.kabarettlive.de/internet-kabarettpreis-zeck-2014.htm |zugriff=2021-05-14 |werk=kabarettlive.de}}</ref><br />
* 2015: Goldener Ehrenring der Stadt Selb<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* [[Lutz Backes]]: ''Richard Rogler.'' In: ders.: ''Fränkische Köpfe, von Albrecht Dürer bis Markus Söder''. Verlag PH. C. W. Schmidt, Neustadt a.d. Aisch 2022, ISBN 978-3-87707-256-1, S. 186f.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Richard Rogler}}<br />
* {{DNB-Portal|189420766}}<br />
* {{IMDb|nm0737340}}<br />
* mariannerogler.de: [https://mariannerogler.de/kabarett/richard-rogler/info.html Richard Rogler auf der Website der Agentur Marianne Rogler]<br />
* kabarettlive.de: [https://www.kabarettlive.de/richard-rogler.htm Porträt von Richard Rogler]<br />
* youtube.com: [https://www.youtube.com/watch?v=POW9npDkiqU Hochschul-Video-Talk der HMKW mit Richard Rogler]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=189420766|LCCN=n88239484|VIAF=13244749}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Rogler, Richard}}<br />
[[Kategorie:Kabarettist (Deutschland)]]<br />
[[Kategorie:Person (Saarländischer Rundfunk)]]<br />
[[Kategorie:Grimme-Preisträger]]<br />
[[Kategorie:Deutscher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1949]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Rogler, Richard<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Kabarettist<br />
|GEBURTSDATUM=19. September 1949<br />
|GEBURTSORT=[[Selb]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Narvik&diff=247270468Narvik2024-07-31T17:25:07Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>{{Dieser Artikel|behandelt die Kommune. Für weitere Bedeutungen siehe [[Narvik (Begriffsklärung)]].}}<br />
{{Infobox Kommune in Norwegen<br />
|Wappen = Narvik komm 2020.svg<br />
|lat_deg = 68/26/22<br />
|lon_deg = 17/24/49<br />
|Kommunennummer = 1806<br />
|Fylke = Nordland<br />
|Verwaltungssitz = Narvik<br />
|Sprachform = nb<br />
|Website = <br />
|Bürgermeister = Rune Edvardsen<br />
|Partei = Ap<br />
|Wahl = 2015<br />
|Straßen = [[Europastraße 6]]<br />
|Schienen = [[Bahnstrecke Luleå–Narvik]]<br />
|Flughafen = [[Flughafen Harstad/Narvik]]<br />
}}<br />
'''Narvik''' (nordsamisch: ''Áhkánjárga'') ist eine [[Kommune (Norwegen)|Kommune]] im [[Norwegen|norwegischen]] [[Fylke]] [[Nordland]], nördlich des [[Polarkreis]]es. Die Kommune hat {{EWZ|NO|1806}} Einwohner (Stand: {{EWD|NO}}). Verwaltungssitz ist die gleichnamige [[Narvik (Tettsted)|Stadt Narvik]]. Die Stadt hat {{EWZ|Ort NO|7512}} Einwohner (Stand: {{EWD|Ort NO}}).<br />
<br />
Bedeutung erlangte Narvik durch den [[Hafen von Narvik]], der ein wichtiger Hafen für die Verschiffung von [[Eisenerz]] aus dem schwedischen [[Kiruna]] ist. Aufgrund seiner strategischen Bedeutung wurde die Stadt im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] durch die [[Wehrmacht]] angegriffen.<br />
<br />
== Geografie ==<br />
[[Datei:Fjellheis Narvik 57.JPG|mini|links|Narvik vom Fagernestoppen (1007&nbsp;m) aus]]<br />
[[Datei:Klima narvik.png|mini|links|Klimadiagramm Narvik]]<br />
Die Kommune Narvik liegt in der Landschaft [[Ofoten]] im Norden des Fylkes Nordland. Sie reicht von der norwegischen Westküste im Westen bis zur [[Grenze zwischen Norwegen und Schweden|schwedischen Grenze]] im Osten. Die Küstenlinie der Kommune Narvik erstreckt sich weitgehend um den [[Ofotfjord]] und dessen Seitenarme herum, von denen sich viele in das Land einschneiden. Die Strecke von den inneren Fjord-Enden bis zur schwedischen Grenze beträgt teils nur wenige Kilometer.<br />
<br />
Narvik grenzt in Norwegen im Süden an [[Hamarøy]], im Westen an [[Lødingen]], [[Evenes (Kommune)|Evenes]] und [[Tjeldsund (Kommune)|Tjeldsund]] sowie im Norden [[Gratangen]], [[Lavangen]] und [[Bardu]]. Die Grenze zu Lødingen verläuft vollständig im Meer. Die Nachbarkommunen Tjeldsund, Gratangen, Lavangen und Bardu liegen im angrenzenden Fylke [[Troms]]. Die Stadt Narvik liegt im Norden der Kommune am Ufer des Ofotfjords.<ref name="norgeskart">{{Internetquelle |url=https://norgeskart.no/#!?project=norgeskart&layers=1002&zoom=6&lat=7595385.80&lon=602028.21&markerLat=7593680.874896499&markerLon=599385.0056813236&p=searchOptionsPanel |titel=Narvik kommune |werk=Norgeskart |sprache=no |abruf=2023-02-21}}</ref><br />
<br />
Die Landschaft ist von hohen Bergen geprägt, von denen manche mit [[Gletscher]]n bedeckt sind.<ref name="snl" /> Die Erhebung Storsteinsfjellet ([[Nordsamische Sprache|nordsamisch]] ''Sealggajiekŋa'') stellt mit einer Höhe von {{Höhe|1893.34|NO}} den höchsten Punkt der Kommune Narvik dar.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.kartverket.no/til-lands/fakta-om-norge/hoyeste-fjelltopp-i-kommunen |titel=Høgaste fjelltopp i kvar kommune |hrsg=Kartverket |sprache=nn |abruf=2023-02-21}}</ref> Die Gesamtfläche beträgt {{FL|NO|1806|2}}&nbsp;km², wobei [[Binnengewässer]] zusammen 237,52&nbsp;km² ausmachen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.ssb.no/statbank/sq/10085057 |titel=09280: Areal (km²), etter arealtype, statistikkvariabel, år og region |werk=ssb.no |hrsg=Statistisk sentralbyrå |sprache=no |abruf=2023-02-21}}</ref><br />
<br />
Dank des [[Golfstrom]]s ist der [[Hafen von Narvik]] das ganze Jahr über eisfrei. Der Golfstrom ist auch die Ursache für das relativ milde [[Klima]]. Trotz der Lage auf 68° 25' n.&nbsp;Br. wird es im Januar, dem kältesten Monat, nur −4,5&nbsp;°C kalt; die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 3,7&nbsp;°C.<br />
<br />
== Einwohner ==<br />
Rund zwei Drittel der Einwohner der Kommune Narvik leben in der Stadt Narvik.<ref name="snl" /> In der Gemeinde liegen mehrere sogenannte [[Tettsted]]er, also mehrere Ansiedlungen, die für statistische Zwecke als eine städtische Siedlung gewertet werden. Neben Narvik mit {{EWZ|Ort NO|7512}} Einwohnern sind diese [[Bjerkvik]] mit {{EWZ|Ort NO|7511}}, Beisfjord mit {{EWZ|Ort NO|7513}}, Håkvik mit {{EWZ|Ort NO|7514}}, [[Kjøpsvik]] mit {{EWZ|Ort NO|7721}} und [[Ballangen]] mit {{EWZ|Ort NO|7761}} Einwohnern (Stand: {{EWD|Ort NO}}).<ref>{{Metadaten Einwohnerzahl Ort NO||QUELLE}}</ref><br />
<br />
Die Einwohner der Gemeinde werden ''Narviking'' oder ''Narvikværing'' genannt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.sprakradet.no/sprakhjelp/Skriverad/navn-pa-steder-og-personer/Innbyggjarnamn/ |titel=Innbyggjarnamn |werk=Språkrådet |sprache=nn |abruf=2023-02-21}}</ref> Narvik hat wie viele andere Kommunen der Provinz Nordland weder [[Nynorsk]] noch [[Bokmål]] als offizielle Sprachform, sondern ist in dieser Frage neutral.<ref>{{Internetquelle |url=https://lovdata.no/dokument/SF/forskrift/2019-12-20-2114 |titel=Forskrift om språkvedtak i kommunar og fylkeskommunar (språkvedtaksforskrifta) |werk=Lovdata |sprache=no |abruf=2023-02-21}}</ref><br />
<br />
== Geschichte ==<br />
=== Gründung durch den Bau der Ofotbanen ===<br />
[[Datei:Narvik 1. Bahnhof.jpg|mini|alt=Schwarz-Weiß-Fotografie eines Bahnhofsgebäudes, davor mehrere in Uniform oder Arbeitskleidung gekleidete Personen|Einweihung des [[Bahnhof Narvik|Bahnhofes von Narvik]], 1903]]<br />
[[Datei:Narvik Damals – Ofotenbahn – Narvik – Endstation.png|mini|Die Endstation der Ofotenbahn, 1902]]<br />
Bedeutung erlangte Narvik durch den Bau der [[Erzbahn (Schweden)|Ofotbanen]], die die Bergwerke im schwedischen [[Kiruna]] mit dem eisfreien [[Hafen von Narvik]] verbindet. Der Bau wurde von einer britisch-schwedischen Gesellschaft im Jahr 1883 begonnen und nach deren Konkurs in norwegisch-schwedischer Zusammenarbeit fortgesetzt. Durch den Bau der Strecke wurde der ganzjährige Export von Gütern aus Kiruna sichergestellt. Im Jahr 1901 wurde beschlossen, dass Narvik im Jahr 1902 die Rechte als Handelsstadt ''(kjøpstad)'' erhalten solle. Im Zuge dessen wurde die Kommune Narvik gegründet. Der Export von Eisenerz über den Hafen von Narvik lief im Jahr 1903 an. Lange Zeit waren der Transport und die Lagerung des Eisenerzes die Haupteinnahmequelle von Narvik.<ref name="snl" /><br />
<br />
Durch die [[Deutsches Heer (Deutsches Kaiserreich)#Bewaffnung und Ausrüstung|Rüstung]] während des Ersten Weltkriegs stieg der [[Bedarf]] an schwedischen Erzen erheblich an und konnte nur unzureichend gedeckt werden. Schiffe aus Narvik wurden vermehrt aufgebracht oder torpediert und ein [[Seemine|Minengürtel]] im [[Atlantik]] erschwerte sie zusätzlich. Um den [[Güterverkehr|Verkehr]] ins [[Deutsches Kaiserreich|Deutsche Reich]] aufrechterhalten zu können, wickelte ihn, da die von dort kommenden Schiffe meistens in neutralen schwedischen [[Hoheitsgewässer]]n fuhren, [[Emil Possehl]] stattdessen vollständig über das zu jener Zeit nur sieben Monate im Jahr eisfreie [[Luleå]] ab. Wenn dies nicht möglich war, errichtete man [[Lagerhaltung|Halden]]. Dem Ostseehandel kam die Bedeutung zu, die Possehl immer erhofft hatte und Lübeck spielte für die westdeutsche Industrie erstmals eine wichtige Rolle.<ref>Friedhelm Plücker: ''Der schwedische Eisenerzbergbau und seine Beziehungen zur westdeutschen Eisenhüttenindustrie 1880–1965'', Diss. rer. pol. Köln, Düsseldorf 1969, S. 246, Tab. 26.</ref><ref>{{Literatur |Autor=Jan-Jasper Fast |Titel=Vom Handwerker zum Unternehmer. Die Lübecker Familie Possehl |Verlag=Schmidt-Römhild |Ort=Lübeck |Datum=2000 |ISBN=3-7950-0471-3}}</ref><br />
<br />
=== Narvik im Zweiten Weltkrieg ===<br />
[[Datei:Narvik burning WW2.png|mini|alt=Schwarz-Weiß-Foto einer Ansiedlung, von der starker Rauch aufsteigt|Narvik während der Bombardierung im Juni 1940]]<br />
Im Zuge des deutschen [[Unternehmen Weserübung|Unternehmens Weserübung]] im Frühjahr 1940 wurde Narvik im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] von Einheiten der [[Wehrmacht]] angegriffen, konnte von ihr jedoch erst nach dem Ende der [[Schlacht um Narvik]] Anfang Juni 1940 endgültig eingenommen werden. Für die deutsche Kriegsindustrie war das Eisenerz der schwedischen [[Eisenerzgrube Kiruna|Grube Kiruna]] von strategischer Bedeutung. Von Narvik aus wurde das Eisenerz ins [[Deutsches Reich 1933 bis 1945|Deutsche Reich]] verschifft – meistens in den [[Emder Hafen]], der fast während des gesamten 20. Jahrhunderts der Hauptumschlagplatz von Erz für die [[Eisenwerk|Eisenhütten]] des Ruhrgebiets war.<br />
<br />
Während der [[Norwegen unter deutscher Besatzung|Zeit der deutschen Besetzung Norwegens]] blieben Hafen und Stadt Narvik in deutscher Hand. Bei den Kämpfen zur Eroberung Narviks im Frühjahr 1940 wurde die Stadt weitgehend von deutschen Bombern des Typs [[Heinkel He 111]] zerstört.<br />
<br />
Nach dem Krieg wurde Narvik fast vollständig wieder aufgebaut.<br />
<br />
=== Grenzänderungen ===<br />
Die Kommune Narvik wurde zum 1. Januar 1902 aus der Kommune Ankenes abgespalten. Bei seiner Gründung hatte Narvik 3705 Einwohner, Ankenes verblieb mit 3023 Einwohnern. Ankenes wurde schließlich im Jahr 1974 nach Narvik eingegliedert. Zum Zeitpunkt der Eingliederung hatte Ankenes 7022 und Narvik 12.758 Einwohner.<ref>{{Internetquelle |autor=Dag Juvkam |url=https://www.ssb.no/a/histstat/rapp/rapp_199913.pdf |titel=Historisk oversikt over endringer i kommune- og fylkesinndelingen |werk=Statistisk sentralbyrå |datum=1999 |format=PDF |sprache=no |abruf=2023-02-21}}</ref> Im Zuge der [[Kommunalreform in Norwegen]] wurden [[Ballangen]] und der nordöstliche Teil von [[Tysfjord (Kommune)|Tysfjord]] zum 1. Januar 2020 in Narvik eingegliedert.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.regjeringen.no/no/tema/kommuner-og-regioner/kommunestruktur/nye-kommuner/id2470015/ |titel=Kommunesammenslåinger i kommunereformen |datum=2020-01-03 |abruf=2023-02-21 |sprache=no}}</ref><br />
<br />
== Verkehr ==<br />
Der [[Bahnhof Narvik]] ist Endstation für die Personenzüge der [[Bahnstrecke Luleå–Narvik|Ofotbanen]]. Er wurde im Jahr 1902 eröffnet.<ref name=":0">{{Internetquelle |url=https://www.banenor.no/reisende/stasjonsoversikt/Stasjonssok/-N-/Narvik/ |titel=Narvik stasjon / Áhkánjárga |werk=Bane NOR |sprache=no |abruf=2023-02-22}}</ref> Zwei tägliche Abfahrten der norwegischen Bahngesellschaft [[Vy (Verkehrskonzern)|Vy]] verbinden Narvik mit den schwedischen Städten [[Luleå]], [[Boden (Stadt in Schweden)|Boden]] und [[Stockholm]].<ref>{{Internetquelle |url=https://www.vy.no/globalassets/vy.no/filer-no/rutetabeller-tog/r22-rutetabeller/75-30-pdf-narvik-stockholm-tag30_28945.pdf?date=1650039174427 |titel=Narvik – Kiruna – Boden – Luleå |hrsg=Vy AS |sprache=no |abruf=2022-04-15}}</ref> Die Entfernung zu Stockholm beträgt rund 1580 Kilometer.<ref name=":0" /> Zwischen Narvik und [[Abisko]] in Schweden verkehren zudem mehrfach täglich Touristenzüge unter dem Namen ''Arctic Train''.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.norwaysbest.com/de/the-arctic-train/the-arctic-train/ |titel=The Arctic Train |hrsg=Norways best |sprache=de |abruf=2022-04-15}}</ref><br />
<br />
Der im Zentrum der Stadt Narvik gelegene Busbahnhof ist ein regionales Busdrehkreuz. Neben diversen Nahverkehrsbussen zur Erschließung der Kommune Narvik führen Fernbus-Linien in den Süden nach [[Fauske]]-[[Bodø]], weiter in den Norden nach [[Nordkjosbotn]], [[Tromsø]] und [[Alta (Norwegen)|Alta]], mit Umsteigen auch zum [[Nordkap]] und nach [[Kirkenes]], sowie auf die [[Lofoten]] nach [[Svolvær]].<br />
<br />
Narvik war von 1936 bis 1953 [[Hurtigruten]]hafen.<br />
<br />
Hauptflughafen für die Region ist seit 2017 der [[Flughafen Harstad/Narvik]] in der Nachbarkommune [[Evenes (Kommune)|Evenes]], der knapp 60 Straßenkilometer von Narvik entfernt liegt. Der [[Flughafen Narvik|Regionalflughafen Narvik]], der bei Linienverbindungen jedoch nur von kleineren Verkehrsflugzeugen angeflogen wurde, wurde zum 1. April 2017 stillgelegt. Im Gegenzug wurde im Dezember 2018 die 1533 Meter lange [[Hålogalandsbrua]] eröffnet, die den Reiseweg von Narvik zum Flughafen um etwa 20 Minuten und 18 Kilometer verkürzt.<ref name="snl" /><br />
<br />
<gallery mode="packed"><br />
Narvik Damals – Ofotenbahn – Narvik – Hafen.png|Der Hafen von Narvik, 1902<br />
Hålogalandsbrua april 2018.jpg|alt=Foto einer Brücke|Halogaland-Brücke, April 2018<br />
Narvik Station 3.jpg|alt=Foto eines gelben Bahnhofsgebäudes|Bahnhof Narvik<br />
Narvik harbour 2014.jpg|alt=Foto einer Landspitze, an deren Küstenlinie sich en Hafen befindet|Hafen von Narvik<br />
</gallery><br />
<br />
== Wirtschaft ==<br />
Bevor der Bahnhof von Narvik eröffnet wurde, war in der Region vor allem die [[Fischerei]] eine typische Einnahmequelle für die Bewohner. Die traditionelle Fischerei ist heute kaum mehr vertreten, es werden jedoch [[Aquakultur]]en betrieben. In der [[Landwirtschaft]] ist die [[Milchproduktion]] typisch. In vielen Gegenden in der Kommune wird auch [[Ren]] gehalten. Im Osten der Kommune dürfen auch schwedische [[Samen (Volk)|Samen]] mit ihren Rentierherden umherziehen.<ref name="snl" /><br />
<br />
Nach der Gründung der Kommune war längere Zeit der Erzexport und damit verknüpfte Arbeiten dominierend für die Lokalwirtschaft. Durch zunehmende Automatisierung der Arbeitsschritte fielen Arbeitsplätze in diesem Bereich weg und es wurde ein Diversifikationsprozess der Wirtschaft begonnen. Der [[Transportsektor]] ist jedoch weiterhin ein wichtiger Arbeitgeber. Die [[Industrie]] ist heute von eher geringer Bedeutung, die wichtigsten Industriebranchen sind der [[Maschinenbau]] und die [[Lebensmittelindustrie]]. In [[Kjøpsvik]] befindet sich eine im Jahr 1920 in Betrieb genommene Zementfabrik.<ref name="snl" /> Narvik gehörte 2000 bis 2012 zu den nördlichsten Produktionsstandorten für [[Solarzelle]]n und Wafer.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.iwr.de/news.php?id=19639 |titel=REC will Fabriken in Norwegen endgültig schließen |werk=IWR |datum=2011-09-28 |sprache= |abruf=2023-02-22}}</ref><br />
<br />
In der Kommune befinden sich mehrere [[Wasserkraftwerk]]e. Das größte ist das Wasserkraftwerk ''Skjomen'', das seit 1973 in Betrieb ist. Es hatte zwischen 1991 und 2020 eine mittlere Jahresproduktion von rund 1340 GWh. Am Kraftwerk wird eine Fallhöhe von etwa 600 Metern ausgenutzt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nve.no/energi/energisystem/vannkraft/vannkraftdatabase/vannkraftverk/?id=380 |titel=Skjomen |werk=NVE |sprache=no |abruf=2023-02-22}}</ref> Das zweitgrößte Wasserkraftwerk ist das Kraftwerk ''Sildvik''. Es wurde 1982 in Betrieb genommen und hatte zwischen 1991 und 2020 eine mittlere Jahresproduktion von rund 255 GWh.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nve.no/energi/energisystem/vannkraft/vannkraftdatabase/vannkraftverk/?id=365 |titel=Vannkraftverk |werk=NVE |sprache=no |abruf=2023-02-22}}</ref><br />
<br />
Viele Arbeitsplätze sind im Dienstleistungssektor angesiedelt. Die Stadt Narvik bildet das Zentrum für Handel und weitere Dienstleistungen in der Region Ofoten. Zudem ist auch der [[Tourismus]] von größerer Bedeutung. In Narvik wird die Tageszeitung ''Fremover'' herausgegeben.<ref name="snl" /> Im Jahr 2021 arbeiteten von rund 10.400 Arbeitstätigen etwa 9350 in Narvik selbst, jeweils über 100 Personen pendelten in die Kommunen [[Tromsø]], [[Oslo]] und [[Harstad]].<ref>{{Internetquelle |url=https://statisticsnorway.shinyapps.io/pendling/ |titel=Pendlingsstrømmer |hrsg=Statistics Norway |sprache=no |abruf=2023-02-21}}</ref><br />
<br />
== Bildung ==<br />
Die frühere [[Hochschule Narvik]] fusioniert im Jahr 2016 mit der [[Universität Tromsø – Norwegens Arktische Universität|Universität Tromsø]]. In Narvik sind vor allem technologische Studiengänge angesiedelt. In der Stadt liegt ein [[Universitätsklinikum]]. In Narvik liegen zudem mehrere weiterführende Schulen.<ref name="snl" /><br />
<br />
== Name und Wappen ==<br />
[[Datei:Narvik komm.svg|mini|hochkant|alt=Wappen mit goldenem Anker auf rotem Hintergrund|Früheres Wappen von Narvik]]<br />
<br />
=== Name ===<br />
Narvik trug zunächst den Namen ''Victoriahavn''. Der Name entstand nach einem Besuch des schwedischen [[Gustav V. (Schweden)|Kronprinzen Gustav]] und [[Viktoria von Baden|Kronprinzessin Viktoria]] im Jahr 1887. Beim Beschluss des [[Storting]]s, dass der Ort Handelsrechte erhalten solle, wurde der Name ''Narvik'' gewählt.<ref name="snl" /> Der Hofname wurde erstmals 1567 als ''Narduigh'' und ''Noruigen'' erwähnt. Die genaue Bedeutung dessen ist unsicher und es gibt mehrere Theorien zu seinem Ursprung.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.norskstadnamnleksikon.no/?deeplink=405518185b164f188527ff6155186a50 |titel=Narvik |werk=Norsk stadnamnleksikon |sprache=nn |abruf=2023-02-21}}</ref><br />
<br />
Die Stadt Narvik hat seit 2016 auch den offiziellen nordsamischen Namen ''Áhkánjárga''. Der gleiche Name wird auch für die Kommune verwendet, ist in diesem Zusammenhang aber inoffiziell.<ref name="snl">{{Internetquelle |autor=Geir Thorsnæs |url=https://snl.no/Narvik |titel=Narvik |werk=Store norske leksikon |sprache=no |abruf=2023-02-21}}</ref><br />
<br />
=== Wappen ===<br />
Im Rahmen der [[Regionalreform in Norwegen|Regionalreform]], bei der neue Gebiete in die Kommune eingegliedert wurden, erhielt Narvik ein neues Gemeindewappen. Das neue Wappen zeigt den Berg [[Stetind (Nordland)|Stetind]]. Der Berg gilt als „Nationalberg“ Norwegens und liegt in der früheren Kommune [[Tysfjord (Kommune)|Tysfjord]].<ref name="snl" /><br />
<br />
== Sehenswürdigkeiten ==<br />
In der Kommune Narvik befinden sich mehrere Kirchen. Die ''Narvik kirke'' ist eine Steinkirche aus dem Jahr 1925.<ref>{{Internetquelle |url=https://kirkesok.no/kirke/180500301 |titel=Narvik kirke |werk=Kirkesøk |sprache=no |abruf=2023-02-22}}</ref> Aus dem Jahr 1842 stammt die ''Ankenes kirke''. Die Holzkirche hat einen achteckigen Grundriss.<ref>{{Internetquelle |url=https://kirkesok.no/kirke/180500101 |titel=Ankenes kirke |werk=Kirkesøk |sprache=no |abruf=2023-02-22}}</ref> Die ''Ballangen kirke'' wurde im Jahr 1923 erbaut. Es handelt sich bei dem Gebäude ebenfalls um eine Holzkirche.<ref>{{Internetquelle |url=https://kirkesok.no/kirke/185400101 |titel=Ballangen kirke |werk=Kirkesøk |sprache=no |abruf=2023-02-22}}</ref> In Kjøpsvik wurde 1975 die ''Kjøpsvik kirke'' erbaut.<ref>{{Internetquelle |url=https://kirkesok.no/kirke/185000301 |titel=Kjøpsvik kirke |werk=Kirkesøk |sprache=no |abruf=2023-02-22}}</ref> Weitere Kirchen in der Kommune sind die ''Kjeldebotn kirke'', die ''Bjerkvik kirke'' und die ''Skjomen kirke''.<br />
<br />
Das ''Narvik Museum'' ist ein Museum, das die Geschichte der Ofotbanen und dem darauf stattfindenden Erztransport behandelt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.museumnord.no/en/our-venues/narvik-museum/ |titel=Narvik Museum |werk=Museum Nord |sprache=en |abruf=2023-02-22}}</ref> Das ''[[Narvik Krigsmuseum]]'' befasst sich mit der Geschichte Narviks unter dem Zweiten Weltkrieg.<ref>{{Internetquelle |url=https://krigsmuseet.no/ |titel=Narvik Krigsmuseum |werk=krigsmuseet.no |sprache=no |abruf=2023-02-22}}</ref><br />
<br />
== Persönlichkeiten ==<br />
* [[Ingebrigt Johansson]] (1904–1987), Mathematiker<br />
* [[Arne Flekstad]] (1917–1975), Architekt<br />
* [[Torgils Moe]] (1929–2015), Schauspieler, Sänger und Pianist<br />
* [[Ivar Nordkild]] (* 1941), Biathlet<br />
* [[Thorgeir Stubø]] (1943–1986), Jazzgitarrist und Komponist<br />
* [[Terje Bjørklund]] (* 1945), Komponist<br />
* [[Morten Harry Olsen]] (* 1960), Autor<br />
* [[Stig Riemmbe Gælok]] (* 1961), Schriftsteller und Dichter<br />
* [[Eirik Johan Kristoffersen]] (* 1969), Offizier des norwegischen Heeres <br />
* [[Kjersti Stubø]] (* 1970), Jazzsängerin<br />
* [[Vibeke Larsen (Politikerin, 1971)|Vibeke Larsen]] (* 1971), Politikerin<br />
* [[Kenneth Sivertsen (Skirennläufer)|Kenneth Sivertsen]] (* 1973), Skirennläufer<br />
* [[Lasse Paulsen]] (* 1974), Skirennläufer<br />
* [[Kristian Hammer]] (* 1976), Nordischer Kombinierer<br />
* [[Fritz Aanes]] (* 1978), Ringer<br />
* [[Anna Ljunggren]] (* 1984), Politikerin<br />
* [[Heidi Ruud Ellingsen]] (* 1985), Schauspielerin<br />
* [[Daniel-André Tande]] (* 1994), Skispringer<br />
* [[Marit Røsberg Jacobsen]] (* 1994), Handballspielerin<br />
* [[Håkon Evjen]] (* 2000), Fußballspieler<br />
<br />
== Stolpersteine ==<br />
[[Datei:Stolperstein in Narvik (Narvik).jpg|mini|hochkant|Stolperstein in Narvik]]<br />
{{Hauptartikel|Liste der Stolpersteine in Nordland#Narvik}}<br />
Der deutsche Künstler [[Gunter Demnig]] verlegte am 16. Juni 2014 neun [[Stolpersteine]] an drei Adressen in Narvik. Sie sind jenen Menschen jüdischer Abstammung gewidmet, die aus Narvik verschleppt und im KZ Auschwitz ermordet wurden. Die Stolpersteine finden sich in der Dronningens gate&nbsp;46, in der Kongens gate&nbsp;14 und in der Kongens gate&nbsp;56.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat}}<br />
{{Wikivoyage}}<br />
* [https://snl.no/Narvik Narvik] im [[Store norske leksikon]] (norwegisch)<br />
* [https://www.ssb.no/kommunefakta/narvik Fakten über Narvik] beim [[Statistisk sentralbyrå]] (norwegisch)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Kommunen im Fylke Nordland}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=g|GND=4041246-5|LCCN=n81004410|VIAF=144251167}}<br />
<br />
[[Kategorie:Ort mit Seehafen]]<br />
[[Kategorie:Ort in Nordland]]<br />
[[Kategorie:Gemeindegründung 1902]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Diskussion:Expedition_nach_Lappland&diff=247188809Diskussion:Expedition nach Lappland2024-07-29T05:27:45Z<p>ToXiDoc!: /* „in dem Linnés Gedanken über Nomenklatur und Klassifikation zum ersten Mal praktisch angewandt wurden“ */ Antwort</p>
<hr />
<div>== „in dem Linnés Gedanken über Nomenklatur und Klassifikation zum ersten Mal praktisch angewandt wurden“ ==<br />
<br />
@[[Benutzer:Sebastian Wallroth|Sebastian Wallroth]]: Das sollte belegt und erklärt werden. --[[Benutzer:Succu|Succu]] ([[Benutzer Diskussion:Succu|Diskussion]]) 23:35, 25. Mär. 2022 (CET)<br />
<br />
:In der schwedischen Übersetzung wird auf "Frodin, David 2002. Guide to Standard Floras of the World, 2nd ed. Cambridge University Press: Cambridge. p. 27." verwiesen. Da ich dies nicht überprüfen kann, habe ich die Quelle hier NICHT eingefügt. --[[Benutzer:ToXiDoc!|ToXiDoc!]] ([[Benutzer Diskussion:ToXiDoc!|Diskussion]]) 07:27, 29. Jul. 2024 (CEST)</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Nitrofen&diff=244252553Nitrofen2024-04-21T03:18:36Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>{{Infobox Chemikalie<br />
| Strukturformel = [[Datei:2,4-dichloro-1-(4-nitrophenoxy)benzene 200.svg|Strukturformel von Nitrofen]]<br />
| Suchfunktion = C12H7Cl2NO3<br />
| Andere Namen = * 2,4-Dichlor-1-(4-nitrophenoxy)benzol<br />
* 2,4-Dichlorphenyl-4′-nitrophenylether ([[IUPAC-Nomenklatur|IUPAC]])<br />
| Summenformel = C<sub>12</sub>H<sub>7</sub>Cl<sub>2</sub>NO<sub>3</sub><br />
| CAS = {{CASRN|1836-75-5}}<br />
| EG-Nummer = 217-406-0<br />
| ECHA-ID = 100.015.824<br />
| PubChem = 15787<br />
| ChemSpider = 15010<br />
| Beschreibung = techn. Produkt: braun; Reinstoff: farblose Kristalle<ref name="Perkow">Werner Perkow: ''Wirksubstanzen der Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel'', 2. Auflage, Verlag Paul Parey.</ref><br />
| Molare Masse = 284,10 [[Gramm|g]]·[[mol]]<sup>−1</sup><br />
| Aggregat = fest<br />
| Dichte = 1,8 g·cm<sup>−3</sup><ref name="inchem">{{Inchem |Typ=jmpmono |ID=v83pr32 |Name=Nitrofen |Abruf=2014-12-09}}</ref><br />
| Schmelzpunkt = 70–71 [[Grad Celsius|°C]]<ref name="GESTIS">{{GESTIS|Name=Nitrofen|ZVG=510647|CAS=1836-75-5|Abruf=2016-07-23}}</ref><br />
| Siedepunkt = 180–190 °C (0,33 hPa)<ref name="Perkow"/><br />
| Dampfdruck = 1 m[[Pascal (Einheit)|Pa]] (40 °C)<ref name="Perkow"/><br />
| Löslichkeit = * praktisch unlöslich in Wasser (1 mg·[[Liter|l]]<sup>−1</sup> bei 22 °C)<ref name="GESTIS" /><br />
* löslich in Aceton, Ethylacetat, Methanol, Methylenchlorid und Xylol<ref name="inchem" /><br />
| CLH = {{CLH-ECHA|ID=100.015.824|Name=Nitrofen|Abruf=2016-02-01}}<br />
| Quelle GHS-Kz = <ref name="GESTIS" /><br />
| GHS-Piktogramme = {{GHS-Piktogramme|08|07|09}}<br />
| GHS-Signalwort = Gefahr<br />
| H = {{H-Sätze|302|350|360D|410}}<br />
| EUH = {{EUH-Sätze|-}}<br />
| P = {{P-Sätze|201|273|308+313|501}}<br />
| Quelle P = <ref name="GESTIS" /><br />
| MAK = <br />
| ToxDaten = {{ToxDaten |Typ=LD50 |Organismus=Ratte |Applikationsart=oral |Wert=740 mg·kg<sup>−1</sup> |Bezeichnung= |Quelle=<ref name="GESTIS"/> }}<br />
}}<br />
<br />
'''Nitrofen''' ist ein [[Herbizid]], welches lange Zeit in der [[Landwirtschaft]] verwendet wurde. Es wurde 1964 in den [[Vereinigte Staaten|USA]] als Unkrautvertilgungsmittel entwickelt und weltweit unter dem Handelsnamen ''Trizilin'', ''TOK'' und ''Trazalex'' vertrieben. Nitrofen-Rückstände in Eiern und Geflügel lösten im Sommer 2002 den [[#Nitrofen-Skandal|Nitrofen-Skandal]] aus.<br />
<br />
Nitrofen greift in das [[Hormonsystem]] ein. Es ist ähnlich aufgebaut wie ein [[Schilddrüse]]nhormon und gilt als erbgutverändernd ([[mutagen]]). In Tierversuchen hat sich Nitrofen als [[krebserregend]] und fruchtschädigend erwiesen. Da es vom Körper nicht abgebaut wird, reichert es sich bei der Fütterung von Tieren im Fettgewebe an. Bei Legehennen kann es in die Eier übergehen.<br />
<br />
== Verwendung ==<br />
Die Anwendung von Nitrofen ist seit 1980 in der [[Deutschland|Bundesrepublik Deutschland]] verboten. Seit 1990 gilt das Verbot auch für [[Neue Länder|Ostdeutschland]]. Die [[Europäische Union]] hat Nitrofen 1988 für alle Mitgliedsstaaten verboten. Auch in der Schweiz ist Nitrofen nicht mehr zugelassen.<ref name="PSM">{{PSM-Verz|EU=Nitrofen |CH=DB |A=DB |D=DB |Abruf=2016-02-18}}</ref><br />
<br />
Als selektives Kontakt-Herbizid wurde Nitrofen hauptsächlich im [[Vorauflauf]]-Verfahren eingesetzt. Da es nur bei Lichteinfluss wirksam ist, sollte es nicht in den Boden eingearbeitet werden. Nitrofen wurde vor allem gegen Ungräser beim Getreideanbau verwendet, insbesondere gegen [[Gemeiner Windhalm|Windhalm]] und [[Acker-Fuchsschwanz]]. Daneben wurde es beispielsweise auch beim Anbau von Gemüse, Kartoffeln und Baumwolle gegen Gräser und [[zweikeimblättrige]] Unkräuter eingesetzt.<ref name="Perkow"/><br />
<br />
Es ist ein braunes, kristallines Pulver und wurde als Spritzpulver oder als 25%iges [[Emulsion]]skonzentrat gehandelt.<br />
<br />
== Grenzwerte ==<br />
Nach der Rückstands-Höchstmengenverordnung (RHmV) vom 21. Oktober 1999 liegt die tolerierbare Menge an Nitrofen pro Kilogramm Lebensmittel bei höchstens 0,01 Milligramm. Infolge des Nitrofen-Skandals (s.&nbsp;u.) wurde der Grenzwert für Baby- und Kleinkindnahrung auf 0,005&nbsp;mg gesenkt. Die [[Nachweisgrenze]] für Nitrofen liegt bei 0,004&nbsp;mg/kg.<br />
<br />
== Nitrofen-Skandal ==<br />
Der ''Nitrofen-Skandal'' wurde im Sommer 2002 in Deutschland bekannt. 1988 wurde ein vollständiges Vertriebs- und Anwendungsverbot für den herbiziden Wirkstoff Nitrofen und nitrofenhaltige Substanzen in der damaligen EG (heute [[Europäische Union|EU]]) erlassen, und damit auch in der Bundesrepublik gültig, wo bereits 1980 die Vertriebszulassung für nitrofenhaltige Mittel ausgelaufen war.<br />
<br />
Zu dieser Zeit existierte die [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] noch, in der Nitrofen und andere in der EU verbotene [[Pestizid]]e weiter zugelassen und im Gebrauch waren. Es wurde erst 1990 für die neuen Bundesländer übernommen. Dementsprechend gab es nach der Wiedervereinigung noch eingelagerte Restbestände. So wurde in einer Lagerhalle, die nach der Einlagerung von Pestiziden nicht ausreichend überprüft und gereinigt worden war, Getreide für [[Futtermittel]] eingelagert. Das Getreide war hierdurch mit Nitrofen kontaminiert, als es an Geflügel verfüttert wurde. Da das Getreide als Bio-Futtermittel verkauft wurde, waren vor allem Eier und Geflügel aus Bio-Betrieben betroffen.<br />
<br />
Erstmals aufgefallen waren die erhöhten Nitrofenwerte im November 2001 bei einem Babynahrungshersteller, dessen Labor die Werte nachwies. Zunächst versuchte der Betrieb, seine Lieferanten zur Abhilfe zu bewegen, was aber misslang. Die erhöhten Werte blieben auch deswegen verhältnismäßig lang unentdeckt, da zu dieser Zeit wegen des lange bestehenden Verbots nicht mehr routinemäßig auf Nitrofen getestet wurde. So wurde auch erst im Juni 2002 die [[Europäische Kommission]] über das [[Europäisches Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel|Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel]] von der Kontaminierung in Kenntnis gesetzt. Der [[Lebensmittelskandal]] brachte kurzzeitig die Verbraucherschutzministerin [[Renate Künast]] in Bedrängnis.<br />
<br />
Der durch den Skandal entstandene mittelbare und unmittelbare Schaden wurde vom [[Deutscher Bauernverband|Deutschen Bauernverband]] auf rund 500.000 Euro geschätzt und trug entscheidend zur Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 „über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen“ bei.<ref>{{EUR-Lex-Rechtsakt|reihe=L|jahr=2004|amtsblattnummer=338|anfangsseite=4|endseite=17|format=PDF|titel=VERORDNUNG (EG) Nr. 1935/2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen}} bei [[EUR-Lex]]</ref><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Brennpunkt Nr. 1/2002, Behrs Verlag, Hamburg, ''Der Nitrofen-Skandal''<br />
* Florian Deising: ''Der Nitrofen-Skandal – Zur Notwendigkeit genossenschaftlicher Kommunikationsstrategien'', Münster 2003, [http://www.wiwi.uni-muenster.de/06/nd/fileadmin/documents/workingpapers/AP31.pdf Digitalisat]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.test.de/Nitrofen-Skandal-Auch-konventionelles-Getreide-betroffen-1292622-1292641/ Fragen und Antworten zu Nitrofen] bei der [[Stiftung Warentest]]<br />
* [http://www.gapinfo.de/gesundheitsamt/alle/umwelt/chemie/psm/herb/nitrofen/db.htm Datenblatt der Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft]<br />
* [http://www.bfr.bund.de/cm/218/rueckstandshoechstmengen_fuer_nitrofen.pdf Rückstandshöchstmengen für Nitrofen] (PDF-Datei; 25 kB)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Diphenylether]]<br />
[[Kategorie:Nitrobenzol]]<br />
[[Kategorie:Dichlorbenzol]]<br />
[[Kategorie:Pflanzenschutzmittel (Wirkstoff)]]<br />
[[Kategorie:Herbizid]]<br />
[[Kategorie:Beschränkter Stoff nach REACH-Anhang XVII, Eintrag 30]]<br />
[[Kategorie:Beschränkter Stoff nach REACH-Anhang XVII, Eintrag 28]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gore-Tex&diff=242516678Gore-Tex2024-02-24T12:17:54Z<p>ToXiDoc!: /* Kritik */</p>
<hr />
<div>[[Datei:GORE-TEX® Logo.jpg|mini|GORE-TEX-Logo]]<br />
<br />
'''Gore-Tex''' [{{IPA|'go:ɐ̯tɛks}}] (auf Deutsch verbreitet auch [{{IPA|'go:rɛtɛks}}]) ist der Handelsname der [[W. L. Gore & Associates]] für eine mikroporöse [[Membran (Trennschicht)|Membran]] ([[Nässesperrmembran]]) aus gerecktem (expandiertem) [[Polytetrafluorethylen]] (ePTFE), die winddicht, wasserdicht, aber [[wasserdampf]]<nowiki/>durchlässig und damit atmungsaktiv ist, wobei der Atmungsaktivität bei großen Anstrengungen Grenzen gesetzt sind. Diese Membran hat ca.&nbsp;1,3&nbsp;Milliarden Poren/cm², deren Durchmesser ein 20.000stel eines Wassertropfens ist, aber etwa 770-mal so groß wie ein Wasserdampf[[molekül]]. Dadurch bleibt Regenwasser draußen, aber Dampf kann entweichen. Wegen dieser Eigenschaftsmerkmale eignet sie sich für die Verarbeitung in [[Funktionstextilie]]n wie [[Outdoor-Bekleidung|Outdoor-]], Sport-, Freizeit- und Arbeitsschutzkleidung.<ref>Petra Knecht (Hrsg.): ''Funktionstextilien''. Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-87150-833-0, S.&nbsp;287, 279</ref><br />
<br />
Ähnliche Membranen sind ''[[Sympatex]]'' und ''Hipora''.<br />
<br />
== Herstellung der Membran ==<br />
Nach Angaben der ''W. L. Gore & Associates'' entdeckte [[Robert W. Gore]] im Jahr 1969, dass PTFE bei einer rasch ausgeführten [[Recken (Materialtechnik)|Reckung]] nicht zerstört wurde, sondern das gereckte (expandierte) ePTFE fest und hochporös war. Diese Entdeckung war der Ausgangspunkt für zahlreiche Produktentwicklungen des Unternehmens auf ePTFE-Basis.<ref>Vgl. 1969 auf der [http://www.gore.com/timeline/ Zeittafel des Unternehmens W. L. Gore & Associates]. Abgerufen am 18. November 2014</ref><br />
Die Herstellung der Membran kann nur durch eine Pastenextrusion erfolgen. Dazu ist eine Mischung des PTFE-Granulats mit einem Schmier- oder Gleitmittel (beispielsweise hochsiedende [[aliphatische Kohlenwasserstoffe]]) notwendig. Durch Erhitzen bis höchstens 327&nbsp;°C (Schmelzpunkt des PTFE) wird das Gleitmittel aus dem PTFE-Film entfernt. Anschließend wird der Film uni- oder biaxial gereckt, wodurch die mikroporöse Struktur entsteht.<ref>Klaus Ohlrogge, Katrin Ebert (Hrsg.): ''Membranen – Grundlagen, Verfahren und industrielle Anwendungen''. WILEY-VCH Verlag, Weinheim 2006, ISBN 3-527-30979-9, S.&nbsp;16/17</ref><br />
Die grundlegenden Produkt- und Verfahrensentwicklungen für mikroporöse PTFE-Produkte durch den Erfinder Robert W. Gore wurden bei ''W. L. Gore & Associates'' in den US-Patenten 3953566 und 3962153 niedergelegt.<ref>{{Patent| Land=US| V-Nr=3953566| Code=A| Titel=Process for producing porous products| A-Datum=1973-07-03| V-Datum=1976-04-27| Anmelder=Gore & Associates Inc| Erfinder=Robert W. Gore}}</ref><ref>{{Patent| Land=US| V-Nr=3962153| Code=A| Titel=Very highly strechted polytetrafluoroethylene and process therefor| A-Datum=1973-06-14| V-Datum=1976-06-08| Anmelder=Gore & Associates Inc| Erfinder=Robert Walton Gore}}</ref><br />
<br />
== Funktionsweise ==<br />
[[Datei:Goretex schema-en.png|mini|Schema von Gore-Tex für Outdoor-Bekleidung]][[Datei:Goretex photo.png|mini|[[Rasterelektronenmikroskop|REM]]-Aufnahme von gestrecktem PTFE. Größe der Inseln ca.&nbsp;10µm]]<br />
Um die luftige, gitterartige Struktur zu schaffen, genügt eine kleine Menge des [[Polymer]]s. ePTFE findet in der Gas- und Flüssigkeitsfiltration, der Dichtungstechnik sowie als medizinische Implantate Verwendung. Am bekanntesten sind die Gore-Tex-Funktionstextilien.<br />
<br />
Wassertropfen sind 20.000-mal größer als die Poren in einer Gore-Tex-Membran. Deswegen ist die Membran dicht gegen flüssiges Wasser und Wind. Körperfeuchtigkeit wird jedoch als Wasserdampf durchgelassen. Gore-Tex-Textilien waren bei ihrer Markteinführung 1976 die ersten wasser- und winddichten Textilien, die dampfdurchlässig waren und den für die Temperaturregulierung des Körpers wichtigen Abtransport des verdunsteten [[Schweiß]]es zuließen.<br />
<br />
Bei einem Anwendungsbereich mit höheren Anforderungen hinsichtlich Haltbarkeit und Atmungsaktivität eignet sich Gore-Tex-XCR (extended comfort range), das im Jahre 2000 kommerziell eingeführt wurde. Im Gegensatz zu Gore-Tex Bekleidung kommen hier eine leistungsfähigere Membrantechnik sowie besonders haltbare Textilien zum Einsatz. Mittlerweile wurde ''XCR'' von ''Gore-Tex Pro Shell'' abgelöst.<br />
<br />
Auch die Unterbekleidung muss die Membran unterstützen, indem sie ermöglicht, dass der Schweiß weitertransportiert wird, anstatt aufgesogen zu werden. Baumwolle ist nicht zu empfehlen, besser sind [[Kunstfaser]]n oder feine [[Wolle]] wie [[Merinoschaf|Merino-Wolle]].<br />
<br />
== Herstellung der Laminate ==<br />
Bei der Herstellung der mehrschichtigen Gore-Tex-Textillaminate wird die ePTFE-Membran mit Textilien, meist [[Polyester]] oder [[Polyamid]], dauerhaft und flexibel verklebt („laminiert“). Diese Gore-Tex-[[Laminat]]e werden zu Bekleidungsteilen verarbeitet. Die Nähte werden mit speziellen Schweißbändern abgedichtet. Gore-Tex-Laminate werden nur an zertifizierte Verarbeitungsbetriebe verkauft.<br />
<br />
== Gore-Tex-Produkte und deren Pflege ==<br />
Es werden fünf verschiedene Varianten zur Integration der Membran in das Gewebe angeboten. Bei der Gore-Tex ''Windstopper''-Membran handelt es sich um eine winddichte Schicht, die im Gegensatz zu den folgenden Membranen nicht wasserdicht ist.<br />
<br />
=== Gore-Tex Performance Shell ===<br />
Die Membran und der Oberstoff sind fest miteinander verbunden, das (meist Netz-) Futter hängt lose im Innern. ''Performance Shell'' zeichnet sich durch einen hohen Tragekomfort aus.<br />
<br />
=== Gore-Tex Paclite Shell ===<br />
Statt eines Futters ist die Membran von innen mit einer atmungsaktiven Schutzschicht versehen. Dadurch ist Paclite sehr leicht und klein packbar, dafür ist der Stoff viel weniger abriebfest, wodurch er sich z.&nbsp;B. nicht für schwere Rucksäcke eignet.<br />
<br />
=== Gore-Tex Pro Shell ===<br />
[[Datei:Gore Tex.jpg|mini|Unterseite einer Pro-Shell-Membran]]<br />
Die Membran ist mit dem Außenmaterial und dem Innenfutter zu einer Schicht laminiert. Der Stoff wird dadurch etwas fest, wodurch das typische „Rascheln“ einer Hardshell entsteht.<br />
<br />
=== Gore-Tex Soft Shell ===<br />
Bei ''Soft Shell'' handelt es sich um eine Drei-Lagen-Konstruktion. Das auflaminierte Innenfutter besteht aus einer dünnen Fleece- oder Flanellschicht. Die Hauptvorteile sind ein sehr hoher Tragekomfort durch das weiche Futter sowie das geringere Rascheln gegenüber einer Hardshell. Daneben ist ''Soft Shell'' durch das Futter das einzige Gore-Tex-Laminat, das wirklich wärmt. Dadurch ist es jedoch nur für kalte Jahreszeiten wirklich geeignet. Die Atmungsaktivität ist durch die eher dicke Konstruktion etwas eingeschränkt.<br />
<br />
=== Gore-Tex Active Shell ===<br />
Durch eine Integration des Innenfutters in die Membran wird eine erhöhte Atmungsaktivität erreicht. Die Membran ist dünner, wodurch sich das Gewicht verringert. Ein weiterer Vorteil ist der höhere Tragekomfort, wenn das Kleidungsstück direkt auf der Haut getragen wird („Next-To-Skin-Komfort“).<br />
<br />
=== Pflege ===<br />
Die Poren von Gore-Tex-Bekleidung könnten durch Reste von pulverförmigem [[Waschmittel]] verschlossen werden. Deshalb wird empfohlen, Flüssigwaschmittel zu verwenden. Gore-Tex-Bekleidung kann empfindlich auf [[Wäschetrockner]] reagieren.<ref>Seite zu [http://hauswirtschaft.info/fasern/goretex.php Gore-Tex] in der Hauswirtschaft.</ref><br />
<br />
== Andere Verwendungen ==<br />
In der [[Medizin]] werden Gore-Tex-[[Implantat]]e und Patch-Materialien in der Herz- und Gefäßchirurgie für [[Gefäßprothese]]n, bei Bruchsackbildungen ([[Hernie]]n) und in der [[Augenoperation|Ophthalmochirurgie]] bei tiefen [[Hornhaut]]geschwüren eingesetzt.<br />
<br />
== Kritik ==<br />
Wie für alle Materialien, die [[Halogenide|halogenierte]] Kohlenwasserstoffe enthalten, ist auch bei Gore-Tex die [[Polytetrafluorethylen#Umwelt- und Gesundheitsproblematik|Entsorgung problematisch]].<ref>[http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/greenpeace-studie-outdoor-klamotten-mit-chemie-belastet-a-863450.html ''Belastete Outdoor-Kleidung: Zurück zur Chemie''] – Spiegel Online vom 30. Oktober 2012.</ref><br />
<br />
Die Eigenschaften von Gore-Tex zeigen sich nur, wenn es außen deutlich kälter oder trockener als in der Kleidung ist, wenn also ein ausreichendes [[Osmose#Osmotischer Druck|Dampfdruckgefälle]] besteht. Das ist beispielsweise unter Rucksackgurten oder bei hoher Luftfeuchtigkeit oder -temperatur nicht der Fall.<ref>[http://www.outdoorseiten.net/wiki/Gore-Tex „Outdoorseiten.net“]</ref><br />
<br />
Vor allem die kurz- und langkettigen Fluor-Kohlenstoffverbindungen sind nachweislich umwelt- und gesundheitsschädlich. Diese können [[krebserregend]] und [[erbgutschädigend]] sein. Es sollte nach eigenen Angaben bis Ende 2023 auf die langkettigen [[Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen|per- und polyfluorierten Alkylverbindungen]] (PFAS) verzichtet werden. Dieses Ziel konnte zeitlich nicht eingehalten werden und wurde bis Ende 2025 verschoben.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.gore-tex.com/de/nachhaltigkeit/die-umwelt-schuetzen/chemischen-fussabdruck-reduzieren |titel=Wir reduzieren unseren chemischen Fußabdruck {{!}} GORE-TEX Brand |sprache=de |abruf=2023-11-20}}</ref> In den darauffolgenden Jahren soll auch auf die kurzkettigen Verbindungen verzichtet werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.trekkinglife.de/gore-tex-wundermaterial-oder-chemiekeule/ |titel=Gore-Tex: Wundermaterial oder Chemiekeule? |werk=Trekkinglife |datum=2018-01-25 |abruf=2020-01-18 |sprache=de-DE}}</ref><br />
<br />
== Quellen ==<br />
<references /><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Wiktionary}}<br />
* [http://www.gore-tex.de/ Produktseite]<br />
<br />
[[Kategorie:Textillaminat]]<br />
[[Kategorie:Textilmarke]]<br />
[[Kategorie:Outdoor-Ausrüstung]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Architecton&diff=242366482Architecton2024-02-19T21:40:28Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>{{Infobox Film<br />
| Bild =<br />
| Deutscher Titel = <br />
| Originaltitel = Architecton<br />
| Produktionsland = Deutschland, Frankreich, USA<br />
| Originalsprache = Italienisch, Englisch<br />
| Erscheinungsjahr = 2024<br />
| Länge = 94<br />
| FSK = <br />
| JMK = <br />
| Regie = [[Victor Kossakovsky]]<br />
| Drehbuch = Victor Kossakovsky<br />
| Produzent = [[Heino Deckert]]<br />
| Musik = [[Evgueni Galperine]]<br />
| Kamera = Ben Bernhard<br />
| Schnitt = Victor Kossakovsky,<br />Ainara Vera<br />
| Besetzung = <br />
}}<br />
<br />
'''Architecton''' ist ein [[Dokumentarfilm]] von [[Victor Kossakovsky]] aus dem Jahr [[Filmjahr 2024|2024]]. Das Werk befasst sich mit der [[Architektur]] der Zukunft und wie die Menschen künftig leben wollen. Die internationale Kooperation zwischen [[Deutschland]], [[Frankreich]] und den [[Vereinigte Staaten|USA]] wurde im Februar 2024 im Rahmen der [[Internationale Filmfestspiele Berlin 2024|74.&nbsp;Berlinale]] uraufgeführt.<br />
<br />
== Inhalt ==<br />
In seinem Dokumentarfilm geht der Filmemacher Victor Kossakovsky auf die Baumaterialien [[Beton]] und [[Stein]] ein. Auch geht er der Frage nach, wie die Menschen in der Zukunft leben wollen. Dabei werden Faktoren wie Ressourcenknappheit und eine Weltbevölkerung von neun Milliarden Menschen miteinbezogen. Besucht wird auch ein internationaler Architekturwettbewerb für ein gigantisches Bauprojekt. Dabei zeigen führende Architekten und Nachwuchstalente, wie sie sich die Zukunft vorstellen und was für Chancen diese bietet.<ref name="majade" /><ref name="cu">{{Crew united Titel|266221}} (abgerufen am 23. Januar 2024).</ref><ref>[https://www.filmstarts.de/kritiken/279604.html ''Architecton'']. In: filmstarts.de (abgerufen am 23. Januar 2024).</ref><br />
<br />
== Hintergrund ==<br />
''Architecton'' ist der zwölfte Langfilm des russischen Dokumentarfilmers Victor Kossakovsky. Es waren insgesamt 60 Drehtage angesetzt.<ref name="cu" /> Es handelt sich um eine Produktion des deutschen Unternehmens Ma.ja.de. mit der französischen Point du Jour – Les Films du Balibari in Zusammenarbeit mit [[A24 (Unternehmen)|A24]] und Hailstone Films. Als Koproduzenten waren das [[ZDF]] und [[Arte]] beteiligt.<ref name="majade" /> Das Projekt wurde von der Deutsch-Französischen Förderkommission (Projektentwicklung: 30.000 [[Euro]]), dem [[Deutscher Filmförderfonds|Deutschen Filmförderfonds]] (Produktionsförderung: 203.927 Euro), dem [[Medienboard Berlin-Brandenburg]] (Produktionsförderung: 100.000 Euro) und der [[Mitteldeutsche Medienförderung|Mitteldeutschen Medienförderung]] (Produktionsförderung: 200.000 Euro) finanziell unterstützt.<ref name="cu" /><br />
<br />
== Veröffentlichung ==<br />
Die Weltpremiere von ''Architecton'' fand am 19. Februar 2024 im Rahmen der [[Internationale Filmfestspiele Berlin 2024|Internationalen Filmfestspiele Berlin]] statt. Dort wurde der Film in den Hauptwettbewerb aufgenommen.<ref>[https://www.berlinale.de/de/2024/programm/202402846.html ''Architecton'']. In: berlinale.de (abgerufen am 7. Februar 2024).</ref><br />
<br />
Ein regulärer Kinoverleih in Deutschland soll durch das Unternehmen [[Neue Visionen]] erfolgen.<ref name="majade">[https://majade.de/films/architecton/ ''Architecton'']. In: berlinale.de (abgerufen am 23. Januar 2024).</ref><br />
<br />
== Auszeichnungen ==<br />
''Architecton'' erhielt eine Einladung in den Wettbewerb um den [[Goldener Bär|Goldenen Bären]], den Hauptpreis der Berlinale. Der Film wurde auch in die Nominierungsliste für den [[Berlinale Dokumentarfilmpreis]] aufgenommen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.berlinale.de/de/festival/preise-und-jurys/berlinale-dokumentarfilmpreis.html |titel=Berlinale Dokumentarfilmpreis und Jury |sprache=de |abruf=2024-02-03}}</ref><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [https://majade.de/films/architecton/ Offizielle Website] von der Produktionsfirma Ma.ja.de<br />
* {{Crew united Titel|266221}}<br />
* {{Filmportal|77c881ff22c44e449c2b8c3eb74da2d7}}<br />
* {{IMDb|tt18346498}}<br />
* [https://www.berlinale.de/de/2024/programm/202402846.html Profil] bei berlinale.de<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Filmtitel 2024]]<br />
[[Kategorie:Deutscher Film]]<br />
[[Kategorie:Französischer Film]]<br />
[[Kategorie:US-amerikanischer Film]]<br />
[[Kategorie:Dokumentarfilm]]<br />
[[Kategorie:Architektur im Film]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Architecton&diff=242366443Architecton2024-02-19T21:38:56Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>{{Infobox Film<br />
| Bild =<br />
| Deutscher Titel = <br />
| Originaltitel = Architecton<br />
| Produktionsland = Deutschland, Frankreich, USA<br />
| Originalsprache = Italienisch, Englisch<br />
| Erscheinungsjahr = 2024<br />
| Länge = 94<br />
| FSK = <br />
| JMK = <br />
| Regie = [[Victor Kossakovsky]]<br />
| Drehbuch = Victor Kossakovsky<br />
| Produzent = [[Heino Deckert]]<br />
| Musik = [[Evgueni Galperine]]<br />
| Kamera = Ben Bernhard<br />
| Schnitt = Victor Kossakovsky,<br />Ainara Vera<br />
| Besetzung = <br />
}}<br />
<br />
'''Architecton''' ist ein [[Dokumentarfilm]] von [[Victor Kossakovsky]] aus dem Jahr [[Filmjahr 2024|2024]]. Das Werk befasst sich mit der [[Architektur]] der Zukunft und wie die Menschen künftig leben wollen. Die internationale Kooperation zwischen [[Deutschland]], [[Frankreich]] und den [[Vereinigte Staaten|USA]] wurde am 19. Februar 2024 im Rahmen der [[Internationale Filmfestspiele Berlin 2024|74.&nbsp;Berlinale]] uraufgeführt.<br />
<br />
== Inhalt ==<br />
In seinem Dokumentarfilm geht der Filmemacher Victor Kossakovsky auf die Baumaterialien [[Beton]] und [[Stein]] ein. Auch geht er der Frage nach, wie die Menschen in der Zukunft leben wollen. Dabei werden Faktoren wie Ressourcenknappheit und eine Weltbevölkerung von neun Milliarden Menschen miteinbezogen. Besucht wird auch ein internationaler Architekturwettbewerb für ein gigantisches Bauprojekt. Dabei zeigen führende Architekten und Nachwuchstalente, wie sie sich die Zukunft vorstellen und was für Chancen diese bietet.<ref name="majade" /><ref name="cu">{{Crew united Titel|266221}} (abgerufen am 23. Januar 2024).</ref><ref>[https://www.filmstarts.de/kritiken/279604.html ''Architecton'']. In: filmstarts.de (abgerufen am 23. Januar 2024).</ref><br />
<br />
== Hintergrund ==<br />
''Architecton'' ist der zwölfte Langfilm des russischen Dokumentarfilmers Victor Kossakovsky. Es waren insgesamt 60 Drehtage angesetzt.<ref name="cu" /> Es handelt sich um eine Produktion des deutschen Unternehmens Ma.ja.de. mit der französischen Point du Jour – Les Films du Balibari in Zusammenarbeit mit [[A24 (Unternehmen)|A24]] und Hailstone Films. Als Koproduzenten waren das [[ZDF]] und [[Arte]] beteiligt.<ref name="majade" /> Das Projekt wurde von der Deutsch-Französischen Förderkommission (Projektentwicklung: 30.000 [[Euro]]), dem [[Deutscher Filmförderfonds|Deutschen Filmförderfonds]] (Produktionsförderung: 203.927 Euro), dem [[Medienboard Berlin-Brandenburg]] (Produktionsförderung: 100.000 Euro) und der [[Mitteldeutsche Medienförderung|Mitteldeutschen Medienförderung]] (Produktionsförderung: 200.000 Euro) finanziell unterstützt.<ref name="cu" /><br />
<br />
== Veröffentlichung ==<br />
Die Weltpremiere von ''Architecton'' fand am 19. Februar 2024 im Rahmen der [[Internationale Filmfestspiele Berlin 2024|Internationalen Filmfestspiele Berlin]] statt. Dort wurde der Film in den Hauptwettbewerb aufgenommen.<ref>[https://www.berlinale.de/de/2024/programm/202402846.html ''Architecton'']. In: berlinale.de (abgerufen am 7. Februar 2024).</ref><br />
<br />
Ein regulärer Kinoverleih in Deutschland soll durch das Unternehmen [[Neue Visionen]] erfolgen.<ref name="majade">[https://majade.de/films/architecton/ ''Architecton'']. In: berlinale.de (abgerufen am 23. Januar 2024).</ref><br />
<br />
== Auszeichnungen ==<br />
''Architecton'' erhielt eine Einladung in den Wettbewerb um den [[Goldener Bär|Goldenen Bären]], den Hauptpreis der Berlinale. Der Film wurde auch in die Nominierungsliste für den [[Berlinale Dokumentarfilmpreis]] aufgenommen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.berlinale.de/de/festival/preise-und-jurys/berlinale-dokumentarfilmpreis.html |titel=Berlinale Dokumentarfilmpreis und Jury |sprache=de |abruf=2024-02-03}}</ref><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [https://majade.de/films/architecton/ Offizielle Website] von der Produktionsfirma Ma.ja.de<br />
* {{Crew united Titel|266221}}<br />
* {{Filmportal|77c881ff22c44e449c2b8c3eb74da2d7}}<br />
* {{IMDb|tt18346498}}<br />
* [https://www.berlinale.de/de/2024/programm/202402846.html Profil] bei berlinale.de<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Filmtitel 2024]]<br />
[[Kategorie:Deutscher Film]]<br />
[[Kategorie:Französischer Film]]<br />
[[Kategorie:US-amerikanischer Film]]<br />
[[Kategorie:Dokumentarfilm]]<br />
[[Kategorie:Architektur im Film]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Architecton&diff=242366393Architecton2024-02-19T21:36:35Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>{{Infobox Film<br />
| Bild =<br />
| Deutscher Titel = <br />
| Originaltitel = Architecton<br />
| Produktionsland = Deutschland, Frankreich, USA<br />
| Originalsprache = Italienisch, Englisch<br />
| Erscheinungsjahr = 2024<br />
| Länge = 94<br />
| FSK = <br />
| JMK = <br />
| Regie = [[Victor Kossakovsky]]<br />
| Drehbuch = Victor Kossakovsky<br />
| Produzent = [[Heino Deckert]]<br />
| Musik = [[Evgueni Galperine]]<br />
| Kamera = Ben Bernhard<br />
| Schnitt = Victor Kossakovsky,<br />Ainara Vera<br />
| Besetzung = <br />
}}<br />
<br />
'''Architecton''' ist ein [[Dokumentarfilm]] von [[Victor Kossakovsky]] aus dem Jahr [[Filmjahr 2024|2024]]. Das Werk befasst sich mit der [[Architektur]] der Zukunft und wie die Menschen künftig leben wollen. Die internationale Kooperation zwischen [[Deutschland]], [[Frankreich]] und den [[Vereinigte Staaten|USA]] wurde am 19. Februar 2024 im Rahmen der [[Internationale Filmfestspiele Berlin 2024|74.&nbsp;Berlinale]] uraufgeführt.<br />
<br />
== Inhalt ==<br />
In seinem Dokumentarfilm geht der Filmemacher Victor Kossakovsky auf die Baumaterialien [[Beton]] und [[Stein]] ein. Auch geht er der Frage nach, wie die Menschen in der Zukunft leben wollen. Dabei werden Faktoren wie Ressourcenknappheit und eine Weltbevölkerung von neun Milliarden Menschen miteinbezogen. Besucht wird auch ein internationaler Architekturwettbewerb für ein gigantisches Bauprojekt. Dabei zeigen führende Architekten und Nachwuchstalente, wie sie sich die Zukunft vorstellen und was für Chancen diese bietet.<ref name="majade" /><ref name="cu">{{Crew united Titel|266221}} (abgerufen am 23. Januar 2024).</ref><ref>[https://www.filmstarts.de/kritiken/279604.html ''Architecton'']. In: filmstarts.de (abgerufen am 23. Januar 2024).</ref><br />
<br />
== Hintergrund ==<br />
''Architecton'' ist der zwölfte Langfilm des russischen Dokumentarfilmers Victor Kossakovsky. Es waren insgesamt 60 Drehtage angesetzt.<ref name="cu" /> Es handelt sich um eine Produktion des deutschen Unternehmens Ma.ja.de. mit der französischen Point du Jour – Les Films du Balibari in Zusammenarbeit mit [[A24 (Unternehmen)|A24]] und Hailstone Films. Als Koproduzenten waren das [[ZDF]] und [[Arte]] beteiligt.<ref name="majade" /> Das Projekt wurde von der Deutsch-Französischen Förderkommission (Projektentwicklung: 30.000 [[Euro]]), dem [[Deutscher Filmförderfonds|Deutschen Filmförderfonds]] (Produktionsförderung: 203.927 Euro), dem [[Medienboard Berlin-Brandenburg]] (Produktionsförderung: 100.000 Euro) und der [[Mitteldeutsche Medienförderung|Mitteldeutschen Medienförderung]] (Produktionsförderung: 200.000 Euro) finanziell unterstützt.<ref name="cu" /><br />
<br />
== Veröffentlichung ==<br />
Die Weltpremiere von ''Architecton'' findet am 19. Februar 2024 im Rahmen der [[Internationale Filmfestspiele Berlin 2024|Internationalen Filmfestspiele Berlin]] statt. Dort wurde der Film in den Hauptwettbewerb aufgenommen.<ref>[https://www.berlinale.de/de/2024/programm/202402846.html ''Architecton'']. In: berlinale.de (abgerufen am 7. Februar 2024).</ref><br />
<br />
Ein regulärer Kinoverleih in Deutschland soll durch das Unternehmen [[Neue Visionen]] erfolgen.<ref name="majade">[https://majade.de/films/architecton/ ''Architecton'']. In: berlinale.de (abgerufen am 23. Januar 2024).</ref><br />
<br />
== Auszeichnungen ==<br />
''Architecton'' erhielt eine Einladung in den Wettbewerb um den [[Goldener Bär|Goldenen Bären]], den Hauptpreis der Berlinale. Der Film wurde auch in die Nominierungsliste für den [[Berlinale Dokumentarfilmpreis]] aufgenommen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.berlinale.de/de/festival/preise-und-jurys/berlinale-dokumentarfilmpreis.html |titel=Berlinale Dokumentarfilmpreis und Jury |sprache=de |abruf=2024-02-03}}</ref><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [https://majade.de/films/architecton/ Offizielle Website] von der Produktionsfirma Ma.ja.de<br />
* {{Crew united Titel|266221}}<br />
* {{Filmportal|77c881ff22c44e449c2b8c3eb74da2d7}}<br />
* {{IMDb|tt18346498}}<br />
* [https://www.berlinale.de/de/2024/programm/202402846.html Profil] bei berlinale.de<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Filmtitel 2024]]<br />
[[Kategorie:Deutscher Film]]<br />
[[Kategorie:Französischer Film]]<br />
[[Kategorie:US-amerikanischer Film]]<br />
[[Kategorie:Dokumentarfilm]]<br />
[[Kategorie:Architektur im Film]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Cannabinoid-Rezeptor_2&diff=242326658Cannabinoid-Rezeptor 22024-02-18T16:55:44Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>{{Infobox Protein<br />
| Name = Cannabinoid-Rezeptor 2<br />
| Bild = Protein CNR2 PDB 2KI9.png<br />
| Bild_legende = Helix 6 des humanen CNR2<br />
| PDB = 2KI9<br />
| Groesse = 360 Aminosäuren<br />
| Kofaktor =<br />
| Precursor =<br />
| Struktur =<br />
| Isoformen =<br />
| HGNCid = 2160<br />
| Symbol = CNR2<br />
| AltSymbols = , CB2A, CB2B<br />
| OMIM = 605051<br />
| UniProt = P34972<br />
| MGIid = 104650<br />
| CAS =<br />
| CASergänzend =<br />
| ATC-Code =<br />
| DrugBank =<br />
| Wirkstoffklasse =<br />
| TCDB =<br />
| TranspText =<br />
| EC-Nummer =<br />
| Kategorie =<br />
| Peptidase_fam =<br />
| Inhibitor_fam =<br />
| Reaktionsart =<br />
| Substrat =<br />
| Produkte =<br />
| Homolog_db = HOVERGEN<br />
| Homolog_fam = Cannabinoid receptors<br />
| Taxon =<br />
| Taxon_Ausnahme =<br />
| Orthologe =<br />
}}<br />
Der '''Cannabinoid-Rezeptor 2''' (offiziell kurz: '''CNR2''', alternative abgekürzte Bezeichnungen: ''CB2'', ''CX5'', ''CB-2'') vermittelt die Wirkungen endogener [[Cannabinoide]] wie auch exogen zugeführter Cannabinoide wie z.&nbsp;B. Δ<sup>9</sup>-[[Tetrahydrocannabinol]] aus ''[[Cannabis sativa]]'' in Zellen des Immunsystems und Zellen, die am Knochenauf- ([[Osteoblast]]en) und -abbau ([[Osteoklast]]en) beteiligt sind, und ist damit ein Bestandteil des [[Endocannabinoid-System]]s.<br />
<br />
== Genetik ==<br />
Der Cannabinoid-Rezeptor 2 wird von einem Gen auf [[Chromosom 1 (Mensch)|Chromosom 1p36.11]] codiert und gehört zur an das [[G-Protein|G-Protein-gekoppelten]] Rezeptorfamilie.<ref>{{Internetquelle |url=http://medical-dictionary.thefreedictionary.com/CNR2 |titel=CNR2 |autor= |hrsg=Free Dictionary |datum=2012 |abruf=2015-12-12}}</ref> Er wird in ein 360 Aminosäuren großes [[Protein]] transkribiert.<br />
<br />
== Funktionen ==<br />
<br />
CB2-Rezeptoren wurden im Zentralnervensystem verschiedener Tierarten nachgewiesen und die Tatsache, dass ihre Expression durch entzündliche Stimuli erhöht wird legt nahe, dass sie bei der Pathogenese und der endogenen Reaktion auf neuronale Verletzungen beteiligt sind.<ref name="PMID17934510">C. Benito, R. M. Tolón, M. R. Pazos, E. Núñez, A. I. Castillo, J. Romero: ''Cannabinoid CB2 receptors in human brain inflammation.'' In: ''British journal of pharmacology.'' Band 153, Nummer 2, Januar 2008, S.&nbsp;277–285, [[doi:10.1038/sj.bjp.0707505]], PMID 17934510, {{PMC|2219537}} (Review).</ref><br />
<br />
=== Wirkung bei der Alzheimerschen Krankheit ===<br />
<br />
Eine CB2-Aktivierung könnte durch verschiedene Mechanismen positive Auswirkungen auf den Verlauf der [[Alzheimer-Krankheit]] haben, unter anderem durch die Verringerung lokaler, [[Mikroglia]]-vermittelten Entzündungen und einer erhöhten [[Beta-Amyloid]]-Entfernungsrate.<ref name="PMID17934510" /><br />
<br />
=== Wirkung bei HIV-assoziierter-Enzephalitis ===<br />
<br />
CB2-Rezeptoren können an der Entzündungsantwort auf eine virale Infektion des Gehirns beteiligt sein, indem sie die Produktion von Entzündungsmolekülen und den Eintritt von peripheren Zellen in das Zentralnervensystem modulieren.<ref name="PMID17934510" /><br />
<br />
== Liganden ==<br />
{{Tabellenstile}}<br />
{| class="wikitable sortable tabelle-zeile-aktiv" style="text-align: center; width: auto;"<br />
|-<br />
!style="width:12em"|<br />
! data-sort-type="number"| CB<sub>1</sub>-[[Affinität (Biochemie)|Affinität]] (K<sub>i</sub>)<br />
! CB<sub>1</sub>-Wirkung<br />
! data-sort-type="number"| CB<sub>2</sub>-Affinität (K<sub>i</sub>)<br />
! CB<sub>2</sub>-Wirkung<br />
! Vorkommen / Herkunft<br />
! Quelle<br />
|-<br />
! [[Anandamid]]<br />
|data-sort-value="78000"| 78 nM<br />
| [[Agonist (Pharmakologie)|Vollagonist]]<br />
|data-sort-value="370000"| 370 nM<br />
| [[Agonist (Pharmakologie)|Partialagonist]]<br />
| endogen, vierfach ungesättigten [[Fettsäure]]<br />
|<ref name="pmid7565624">{{cite journal|author=C. C. Felder, K. E. Joyce, E. M. Briley ''et al.'' |title=Comparison of the pharmacology and signal transduction of the human cannabinoid CB1 and CB2 receptors |journal=[[Mol Pharmacol]] |volume=48 |issue=3 |pages=443–50 |year=1995 |month=September |pmid=7565624 |doi= |url=}}</ref><br />
|-<br />
!data-sort-value="Arachidonylglycerol"| [[2-Arachidonylglycerol]] (2-AG)<br />
|data-sort-value="58300"| 58,3 oder 470 nM<br />
| Vollagonist<br />
|data-sort-value="145000"| 145 nM<br />
| Vollagonist<br />
| [[endogen]]<br />
|<ref name="PMID11408610" /><ref name="PMID21079038">{{cite journal|author= R.G. Pertwee ''et al.'' | title = International Union of Basic and Clinical Pharmacology. LXXIX. Cannabinoid receptors and their ligands: beyond CB<sub>1</sub> and CB<sub>2</sub> | journal = [[Pharmacological Reviews]] | volume = 62 | issue = 4 | pages = 588–631 | date = 2010-12 | pmid = 21079038 | doi = 10.1124/pr.110.003004 }}</ref><br />
|-<br />
!data-sort-value="Arachidonylglycerylether"| 2-Arachidonylglycerylether (2-AGE, Noladinäther)<br />
|data-sort-value="21000"| 21 nM<br />
| Vollagonist<br />
|data-sort-value="480000"| 480 nM<br />
| Vollagonist<br />
| endogen<br />
| –<br />
|-<br />
! [[HU-210]]<br />
|data-sort-value="410"| 0,41 nM<br />
| Vollagonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
| [[exogen]], synthetisch<br />
|<ref name="pmid7565624" /><ref name="PMID12065738">F. Mauler, J. Mittendorf, E. Horváth, J. De Vry: ''Characterization of the diarylether sulfonylester (–)-(R)-3-(2-hydroxymethylindanyl-4-oxy)phenyl-4,4,4-trifluoro-1-sulfonate (BAY 38–7271) as a potent cannabinoid receptor agonist with neuroprotective properties.'' In: ''[[Journal of Pharmacology and Experimental Therapeutics]].'' Band 302, Nummer 1, Juli 2002, {{ISSN|0022-3565}}, S.&nbsp;359–368, PMID 12065738.</ref><br />
|-<br />
! AM-1221<br />
|data-sort-value="52300"| 52,3 nM<br />
| [[Agonist (Pharmakologie)|Agonist]]<br />
|data-sort-value="280"| 0,28 nM<br />
| Agonist<br />
| exogen, synthetisch<br />
|<ref name="dude">{{Patent|Erfinder=A. Makriyannis, H. Deng|Titel=Cannabimimetic indole derivatives|Land=WO |V-Nr= 200128557 |V-Datum=2001-7-7}}</ref><br />
|-<br />
! AM-1235<br />
|data-sort-value="1500"| 1,5 nM<br />
| Agonist<br />
|data-sort-value="20400"| 20,4 nM<br />
| Agonist<br />
| exogen, synthetisch<br />
|<ref name="like">{{Patent|Erfinder=A. Makriyannis, H. Deng|Titel=Cannabimimetic indole derivatives|Land= US |V-Nr= 7241799 |V-Datum=2007-10-10}}</ref><br />
|-<br />
! AM-2232<br />
|data-sort-value="280"| 0,28 nM<br />
| Agonist<br />
|data-sort-value="1480"| 1,48 nM<br />
| Agonist<br />
| exogen, synthetisch<br />
|<ref name="like" /><br />
|-<br />
! [[AM-2201]]<br />
|data-sort-value="1000"| 1,0 nM<br />
| Vollagonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
| exogen, synthetisch<br />
|<ref name="dude" /><br />
|-<br />
! JWH-007<br />
|data-sort-value="9000"| 9,0 nM<br />
| Agonist<br />
|data-sort-value="2940"| 2,94 nM<br />
| Agonist<br />
| exogen, synthetisch<br />
|<ref name="PMID10940540">M. M. Aung, G. Griffin, J. W. Huffman, M. Wu, C. Keel, B. Yang, V. M. Showalter, M. E. Abood, B. R. Martin: ''Influence of the N-1 alkyl chain length of cannabimimetic indoles upon CB(1) and CB(2) receptor binding.'' In: ''Drug and alcohol dependence.'' Band 60, Nummer 2, August 2000, {{ISSN|0376-8716}}, S.&nbsp;133–140, PMID 10940540.</ref><br />
|-<br />
! [[JWH-015]]<br />
|data-sort-value="383000"| 383 nM<br />
| Agonist<br />
|data-sort-value="13800"| 13,8 nM<br />
| Agonist<br />
| exogen, synthetisch<br />
|<ref name="PMID10940540" /><br />
|-<br />
! [[JWH-018]]<br />
|data-sort-value="9000"| 9,0 ± 5,0 nM<br />
| Vollagonist<br />
|data-sort-value="2940"| 2,94 ± 2,65 nM<br />
| Vollagonist<br />
| exogen, synthetisch<br />
|<ref name="DOI10.1016/S0376-8716(99)00152-0">Mie Mie Aung, Graeme Griffin u.&nbsp;a.: ''Influence of the N-1 alkyl chain length of cannabimimetic indoles upon CB1 and CB2 receptor binding.'' In: ''Drug and Alcohol Dependence.'' 60, 2000, S.&nbsp;133, [[doi:10.1016/S0376-8716(99)00152-0]].</ref><br />
|-<br />
! [[JWH-019]]<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| Agonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
| exogen, synthetisch<br />
| –<br />
|-<br />
! [[JWH-073]]<br />
|data-sort-value="8900"| 8,9 nM<br />
| Partialagonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
| exogen, synthetisch<br />
|<ref name="PMID11408610">C. S. Breivogel, G. Griffin, V. Di Marzo, B. R. Martin: ''Evidence for a new G protein-coupled cannabinoid receptor in mouse brain.'' In: ''Molecular pharmacology.'' Band 60, Nummer 1, Juli 2001, {{ISSN|0026-895X}}, S.&nbsp;155–163, PMID 11408610.</ref><br />
|-<br />
! [[JWH-122]]<br />
|data-sort-value="690"| 0,69 nM<br />
| Vollagonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
| exogen, synthetisch<br />
|<ref name="PMID15582455">J. W. Huffman, G. Zengin, M. J. Wu, J. Lu, G. Hynd, K. Bushell, A. L. Thompson, S. Bushell, C. Tartal, D. P. Hurst, P. H. Reggio, D. E. Selley, M. P. Cassidy, J. L. Wiley, B. R. Martin: ''Structure-activity relationships for 1-alkyl-3-(1-naphthoyl)indoles at the cannabinoid CB(1) and CB(2) receptors: steric and electronic effects of naphthoyl substituents. New highly selective CB(2) receptor agonists.'' In: ''[[Bioorganic & Medicinal Chemistry]].'' Band 13, Nummer 1, Januar 2005, {{ISSN|0968-0896}}, S.&nbsp;89–112, [[doi:10.1016/j.bmc.2004.09.050]], PMID 15582455.</ref><br />
|-<br />
! [[CP-47,497]]<br />
|data-sort-value="2100"| 2,1 nM<br />
| Agonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
| exogen, synthetisch<br />
|<ref>JY Shim, WJ Welsh, AC Howlett: ''Homology model of the CB1 cannabinoid receptor: sites critical for nonclassical cannabinoid agonist interaction''. In: ''[[Biopolymers]]'', 71, Nr. 2, 2003, S. 169–189; PMID 12767117.</ref><ref>[[Roger Pertwee]]. Cannabinoids. Handbook of Experimental Pharmacology Volume 168. Springer. ISBN 3-540-22565-X.</ref><ref>PJ Little, DR Compton, MR Johnson, LS Melvin, BR Martin: ''Pharmacology and stereoselectivity of structurally novel cannabinoids in mice''. In: ''[[Journal of Pharmacology and Experimental Therapeutics]]'', 1988, ''247'', S. 1046–1051.</ref><br />
|-<br />
! [[CP-55,940]]<br />
|data-sort-value="2600"| 2,6 nM<br />
| Agonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
| exogen, synthetisch<br />
|<ref name="pmid7565624" /><br />
|-<br />
!data-sort-value="Tetrahydrocannabinol"| Δ<sup>9</sup>-[[Tetrahydrocannabinol]]<br />
|data-sort-value="10000"| 10 nM<br />
| [[Partialagonist]]<br />
|data-sort-value="24000"| 24 nM<br />
| Partialagonist<br />
| exogen, [[Hanf]]pflanze (Cannabis)<br />
|<ref name="whoa">{{cite web|title=PDSP Database - UNC|url=http://pdsp.med.unc.edu/pdsp.php?|accessdate=2023-06-04 |offline= |archiveurl=https://web.archive.org/web/20131108013656/http://pdsp.med.unc.edu/pdsp.php|archivedate=2013-11-08|work=pdsp.med.unc.edu |language=en }}</ref><br />
|-<br />
! [[Cannabidiol]]<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| Agonist/[[Antagonist (Pharmakologie)|Antagonist]]<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
| exogen, Hanfpflanze<br />
|<ref name="PMID17245363">A. Thomas, G. L. Baillie, A. M. Phillips, R. K. Razdan, R. A. Ross, R. G. Pertwee: ''Cannabidiol displays unexpectedly high potency as an antagonist of CB1 and CB2 receptor agonists in vitro.'' In: ''[[British Journal of Pharmacology]].'' Band 150, Nummer 5, März 2007, {{ISSN|0007-1188}}, S.&nbsp;613–623, [[doi:10.1038/sj.bjp.0707133]], PMID 17245363, {{PMC|2189767}}.</ref><br />
|-<br />
! [[Yangonin]]<br />
|data-sort-value="720000"| 720 nM<br />
| Agonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
| exogen, [[Kava]]pflanze (Piper methysticum)<br />
|<ref name="PMID22525682">A. Ligresti, R. Villano, M. Allarà, I. Ujváry, V. Di Marzo: ''Kavalactones and the endocannabinoid system: the plant-derived yangonin is a novel CB1 receptor ligand.'' In: ''[[Pharmacological Research]].'' Band 66, Nummer 2, August 2012, {{ISSN|1096-1186}}, S.&nbsp;163–169, [[doi:10.1016/j.phrs.2012.04.003]], PMID 22525682.</ref><br />
|-<br />
!data-sort-value="Epigallocatechin-3-O-gallat"| [[Epigallocatechingallat|(−)-Epigallocatechin-3-O-gallat]] (EGCG)<br />
|data-sort-value="33600000"| 33,6 μM<br />
| Agonist<br />
|data-sort-value="0"| >50 μM<br />
| ?<br />
| exogen, [[Tee (Pflanze)|Teepflanze]] (Camellia sinensis)<br />
|<ref name="PMID19897346">G. Korte, A. Dreiseitel, P. Schreier, A. Oehme, S. Locher, S. Geiger, J. Heilmann, P. G. Sand: ''Tea catechins’ affinity for human cannabinoid receptors.'' In: ''[[Phytomedicine]].'' Band 17, Nummer 1, Januar 2010, {{ISSN|1618-095X}}, S.&nbsp;19–22, [[doi:10.1016/j.phymed.2009.10.001]], PMID 19897346.</ref><br />
|-<br />
!data-sort-value="Epigallocatechin"| (−)-[[Epigallocatechin]] (EGC)<br />
|data-sort-value="35700000"| 35,7 μM<br />
| Agonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
| exogen, Teepflanze<br />
|<ref name="PMID19897346" /><br />
|-<br />
!data-sort-value="Epicatechin-3-O-gallat"| (−)-[[Epicatechingallat|Epicatechin-3-O-gallat]] (ECG)<br />
|data-sort-value="47300000"| 47,3 μM<br />
| Agonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
| exogen, Teepflanze<br />
|<ref name="PMID19897346" /><br />
|-<br />
! [[Rimonabant]]<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| Antagonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
| exogen, synthetisch<br />
|<br />
|-<br />
! Ibipinabant (SLV319, BMS-646,256)<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| Antagonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
|<br />
|<ref name="PMID14736243">J. H. Lange, H. K. Coolen u.&nbsp;a.: ''Synthesis, biological properties, and molecular modeling investigations of novel 3,4-diarylpyrazolines as potent and selective CB(1) cannabinoid receptor antagonists.'' In: ''Journal of medicinal chemistry.'' Band 47, Nummer 3, Januar 2004, {{ISSN|0022-2623}}, S.&nbsp;627–643, [[doi:10.1021/jm031019q]], PMID 14736243.</ref><br />
|-<br />
! [[Otenabant]] (CP-945,598)<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| Antagonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
|<br />
|<ref name="DOI10.1016/j.tet.2008.09.057">Min-ah Kim, Hoseop Yun, HyunJung Kwak, Jeongmin Kim, Jinhwa Lee: ''Design, chemical synthesis, and biological evaluation of novel triazolyl analogues of taranabant (MK-0364), a cannabinoid-1 receptor inverse agonist.'' In: ''Tetrahedron.'' 64, 2008, S.&nbsp;10802–10809, [[doi:10.1016/j.tet.2008.09.057]].</ref><br />
|-<br />
! [[Pregnenolon]]<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| Antagonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
| endogen, [[Prohormon]] von [[Progesteron]]<br />
|<br />
|-<br />
!data-sort-value="Tetrahydrocannabivarin"| Δ8-[[Tetrahydrocannabivarin]]<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| Antagonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
|<br />
|<ref name="DOI10.1038/sj.bjp.0707124">R G Pertwee, A. Thomas, L A Stevenson, R A Ross, S A Varvel, A H Lichtman, B R Martin, R K Razdan: ''The psychoactive plant cannabinoid, Δ9-tetrahydrocannabinol, is antagonized by Δ8- and Δ9-tetrahydrocannabivarin in mice in vivo.'' In: ''British Journal of Pharmacology.'' 150, 2007, S.&nbsp;586–594, [[doi:10.1038/sj.bjp.0707124]].</ref><br />
|-<br />
! [[Cannabigerol]]<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| Antagonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
|<br />
|<ref name="PMID20002104">M. G. Cascio, L. A. Gauson u.&nbsp;a.: ''Evidence that the plant cannabinoid cannabigerol is a highly potent alpha2-adrenoceptor agonist and moderately potent 5HT1A receptor antagonist.'' In: ''British journal of pharmacology.'' Band 159, Nummer 1, Januar 2010, {{ISSN|1476-5381}}, S.&nbsp;129–141, [[doi:10.1111/j.1476-5381.2009.00515.x]], PMID 20002104, {{PMC|2823359}}.</ref><br />
|-<br />
! [[Virodhamin]]<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| Antagonist<br />
|data-sort-value="0"| –<br />
| –<br />
|<br />
|<ref name="PMID12023533">A. C. Porter, J. M. Sauer u.&nbsp;a.: ''Characterization of a novel endocannabinoid, virodhamine, with antagonist activity at the CB1 receptor.'' In: ''The Journal of pharmacology and experimental therapeutics.'' Band 301, Nummer 3, Juni 2002, {{ISSN|0022-3565}}, S.&nbsp;1020–1024, PMID 12023533.</ref><br />
|-<br />
! UR-144<br />
|data-sort-value="150000"| 150 nM<br />
| Vollagonist<br />
|data-sort-value="1800"| 1,8 nM<br />
| Vollagonist<br />
| exogen, synthetisch<br />
|<ref name="myhandsareamazing">{{cite journal|author = J. M. Frost, M. J. Dart, K. R. Tietje, T. R. Garrison, G. K. Grayson, A. V. Daza, O. F. El-Kouhen, B. B. Yao, G. C. Hsieh, M. Pai, C. Z. Zhu, P. Chandran, M. D. Meyer| title = Indol-3-ylcycloalkyl ketones: effects of N1 substituted indole side chain variations on CB(2) cannabinoid receptor activity | journal = Journal of Medicinal Chemistry | volume = 53 | issue = 1 | pages = 295–315 | date = 2010-01 | pmid = 19921781 | doi = 10.1021/jm901214q }}</ref><br />
|-<br />
!data-sort-value="Arachidonoyldopamin"| N-Arachidonoyldopamin (NADA)<br />
|data-sort-value="250000"| 250 nM<br />
| Agonist<br />
|data-sort-value="12000000"| 12 µM<br />
| ?<br />
| endogen<br />
|<ref name="PMID21079038" /><br />
|}<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Cannabinoid-Rezeptor 1]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/gene/1269 ''CNR2''] auf Gene<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references responsive /><br />
<br />
{{Gesundheitshinweis}}<br />
<br />
[[Kategorie:G-Protein-gekoppelter Rezeptor]]<br />
[[Kategorie:Codiert auf Chromosom 1 (Mensch)]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Potenz_(Pharmakologie)&diff=240094218Potenz (Pharmakologie)2023-12-11T16:26:19Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>Der Begriff '''Potenz''' bezeichnet in der [[Pharmakologie]] die '''Wirkstärke''' eines Pharmakons in Abhängigkeit von der Konzentration am Wirkort. <br />
<br />
Bestimmt wird die Konzentration des Pharmakons, bei der eine definierte Wirkung auftritt. Ein stark wirksames Pharmakon, d.h. ein Pharmakon mit hoher Potenz, zeigt bei geringer Konzentration bereits eine große Wirkung. Da der Begriff ''Potenz'' vage ist, werden für eine genaue Charakterisierung weitere Angaben benötigt.<br />
* Bei [[Agonist (Pharmakologie)|Agonisten]] verwendet man meist die [[EC50|EC<sub>50</sub>]], also die ([[mol]]are) Konzentration des Agonisten, bei der 50 % der für diesen Stoff maximal möglichen Wirkung auftreten.<br />
* Bei Antagonisten verwendet man meist die [[IC50|IC<sub>50</sub>]], also die ([[mol]]are) Konzentration des Agonisten, bei der 50 % der für diesen Stoff maximal möglichen Hemmung eines definierten Effektes auftreten.<br />
<br />
In beiden Fällen ist dies die Konzentration eines [[Wirkstoff]]s, bei der die Konzentrations-Wirkungs-Kurve in logarithmischer Darstellung der Abszisse ihren [[Wendepunkt]] hat.<br />
<br />
In der klinischen Medizin wird – behelfsweise – oft die Konzentration im Blut oder die verabreichte Dosis als Ausgangsgröße zur Bestimmung der Potenz gewählt.<br />
<br />
Bei [[Neuroleptika]], einer wichtigen Gruppe von [[Psychopharmaka]], wird unterschieden zwischen niederpotenten Neuroleptika, mittelpotenten Neuroleptika und hochpotenten Neuroleptika. Eine hohe Potenz steht für einen starken [[Psychose|antipsychotischen]] Effekt bei einer schwach ausgeprägten [[Sedativum|sedierenden]] Wirkung. Eine niedrige Potenz gibt hingegen das Gegenteil an; dort ist die sedierende Wirkung stark ausgeprägt und die antipsychotische Wirkung gering. Näheres dazu ist unter [[Neuroleptikum#Hoch- und niederpotente Neuroleptika]] nachzulesen.<br />
<br />
Auch in der Toxikologie ist der Begriff "Potenz" gebräuchlich: ein hochpotenter Stoff verursacht bereits in niedriger Dosis eine unerwünschte Wirkung im Sinne einer Vergiftung. Ein niederpotenter Stoff verursacht eine Vergiftung erst nach Aufnahme in hoher Dosis. Im Gefahrstoffrecht – wie auch in der Umgangssprache – wird ein hochpotenter Stoff als "giftiger Stoff" oder auch als "[[Gift]]" bezeichnet. <br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Eduard Burgis: ''Intensivkurs: Allgemeine und spezielle Pharmakologie''. Elsevier GmbH München 2008. S. 7, 8, Abb. 1.6. ISBN 978-3-437-42613-1<br />
<br />
[[Kategorie:Pharmakologie]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Potenz_(Pharmakologie)&diff=240094052Potenz (Pharmakologie)2023-12-11T16:21:23Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>Der Begriff '''Potenz''' bezeichnet in der [[Pharmakologie]] die Wirkstärke eines Pharmakons in Abhängigkeit von der Konzentration am Wirkort. <br />
<br />
Bestimmt wird die Konzentration des Pharmakons, bei der eine definierte Wirkung auftritt. Ein stark wirksames Pharmakon, d.h. ein Pharmakon mit hoher Potenz, zeigt bei geringer Konzentration bereits eine große Wirkung. Da der Begriff ''Potenz'' vage ist, werden für eine genaue Charakterisierung weitere Angaben benötigt.<br />
* Bei [[Agonist (Pharmakologie)|Agonisten]] verwendet man meist die [[EC50|EC<sub>50</sub>]], also die ([[mol]]are) Konzentration des Agonisten, bei der 50 % der für diesen Stoff maximal möglichen Wirkung auftreten.<br />
* Bei Antagonisten verwendet man meist die [[IC50|IC<sub>50</sub>]], also die ([[mol]]are) Konzentration des Agonisten, bei der 50 % der für diesen Stoff maximal möglichen Hemmung eines definierten Effektes auftreten.<br />
<br />
In beiden Fällen ist dies die Konzentration eines [[Wirkstoff]]s, bei der die Konzentrations-Wirkungs-Kurve in logarithmischer Darstellung der Abszisse ihren [[Wendepunkt]] hat.<br />
<br />
In der klinischen Medizin wird – behelfsweise – oft die Konzentration im Blut oder die verabreichte Dosis als Ausgangsgröße zur Bestimmung der Potenz gewählt.<br />
<br />
Bei [[Neuroleptika]], einer wichtigen Gruppe von [[Psychopharmaka]], wird unterschieden zwischen niederpotenten Neuroleptika, mittelpotenten Neuroleptika und hochpotenten Neuroleptika. Eine hohe Potenz steht für einen starken [[Psychose|antipsychotischen]] Effekt bei einer schwach ausgeprägten [[Sedativum|sedierenden]] Wirkung. Eine niedrige Potenz gibt hingegen das Gegenteil an; dort ist die sedierende Wirkung stark ausgeprägt und die antipsychotische Wirkung gering. Näheres dazu ist unter [[Neuroleptikum#Hoch- und niederpotente Neuroleptika]] nachzulesen.<br />
<br />
Auch in der Toxikologie ist der Begriff "Potenz" gebräuchlich: ein hochpotenter Stoff verursacht bereits in niedriger Dosis eine unerwünschte Wirkung im Sinne einer Vergiftung. Ein niederpotenter Stoff verursacht eine Vergiftung erst nach Aufnahme in hoher Dosis. Im Gefahrstoffrecht – wie auch in der Umgangssprache – wird ein hochpotenter Stoff als "giftiger Stoff" oder auch als "[[Gift]]" bezeichnet. <br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Eduard Burgis: ''Intensivkurs: Allgemeine und spezielle Pharmakologie''. Elsevier GmbH München 2008. S. 7, 8, Abb. 1.6. ISBN 978-3-437-42613-1<br />
<br />
[[Kategorie:Pharmakologie]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Potenz_(Pharmakologie)&diff=240093970Potenz (Pharmakologie)2023-12-11T16:18:51Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>Der Begriff '''Potenz''' bezeichnet in der [[Pharmakologie]] die Wirkstärke eines Pharmakons in Abhängigkeit von der Konzentration am Wirkort. <br />
<br />
Bestimmt wird die Konzentration des Pharmakons, bei der eine definierte Wirkung auftritt. Ein stark wirksames Pharmakon, d.h. ein Pharmakon mit hoher Potenz, zeigt bei geringer Konzentration bereits eine große Wirkung. Da der Begriff ''Potenz'' vage ist, werden für eine genaue Charakterisierung weitere Angaben benötigt.<br />
* Bei [[Agonist (Pharmakologie)|Agonisten]] verwendet man meist die [[EC50|EC<sub>50</sub>]], also die ([[mol]]are) Konzentration des Agonisten, bei der 50 % der für diesen Stoff maximal möglichen Wirkung auftreten.<br />
* Bei Antagonisten verwendet man meist die [[IC50|IC<sub>50</sub>]], also die ([[mol]]are) Konzentration des Agonisten, bei der 50 % der für diesen Stoff maximal möglichen Hemmung eines definierten Effektes auftreten.<br />
<br />
In beiden Fällen ist dies die Konzentration eines [[Wirkstoff]]s, bei der die Konzentrations-Wirkungs-Kurve in logarithmischer Darstellung der Abszisse ihren [[Wendepunkt]] hat.<br />
<br />
In der klinischen Medizin wird – behelfsweise – oft die Konzentration im Blut oder die verabreichte Dosis als Ausgangsgröße zur Bestimmung der Potenz gewählt.<br />
<br />
Bei [[Neuroleptika]], einer wichtigen Gruppe von [[Psychopharmaka]], wird unterschieden zwischen niederpotenten Neuroleptika, mittelpotenten Neuroleptika und hochpotenten Neuroleptika. Eine hohe Potenz steht für einen starken [[Psychose|antipsychotischen]] Effekt bei einer schwach ausgeprägten [[Sedativum|sedierenden]] Wirkung. Eine niedrige Potenz gibt hingegen das Gegenteil an; dort ist die sedierende Wirkung stark ausgeprägt und die antipsychotische Wirkung gering. Näheres dazu ist unter [[Neuroleptikum#Hoch- und niederpotente Neuroleptika]] nachzulesen.<br />
<br />
Auch in der Toxikologie ist der Begriff "Potenz" gebräuchlich: ein hochpotenter Stoff verursacht bereits in niedriger Dosis eine unerwünschte Wirkung im Sinne einer Vergiftung. Ein niederpotenter Stoff verursacht eine Vergiftung erst nach Aufnahme in hoher Dosis. Im Gefahrstoffrecht – wie auch in der Umgangssprache – wird ein hochpotenter Stoff als "giftiger Stoff" oder auch als "Gift" bezeichnet. <br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Eduard Burgis: ''Intensivkurs: Allgemeine und spezielle Pharmakologie''. Elsevier GmbH München 2008. S. 7, 8, Abb. 1.6. ISBN 978-3-437-42613-1<br />
<br />
[[Kategorie:Pharmakologie]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Potenz_(Pharmakologie)&diff=240093743Potenz (Pharmakologie)2023-12-11T16:11:13Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>Der Begriff '''Potenz''' bezeichnet in der [[Pharmakologie]] die Wirkstärke eines Pharmakons in Abhängigkeit von der Konzentration am Wirkort. <br />
<br />
Bestimmt wird die Konzentration des Pharmakons, bei der eine definierte Wirkung auftritt. Ein stark wirksames Pharmakon, d.h. ein Pharmakon mit hoher Potenz, zeigt bei geringer Konzentration bereits eine große Wirkung. Da der Begriff ''Potenz'' vage ist, werden für eine genaue Charakterisierung weitere Angaben benötigt.<br />
* Bei [[Agonist (Pharmakologie)|Agonisten]] verwendet man meist die [[EC50|EC<sub>50</sub>]], also die ([[mol]]are) Konzentration des Agonisten, bei der 50 % der für diesen Stoff maximal möglichen Wirkung auftreten.<br />
* Bei Antagonisten verwendet man meist die [[IC50|IC<sub>50</sub>]], also die ([[mol]]are) Konzentration des Agonisten, bei der 50 % der für diesen Stoff maximal möglichen Hemmung eines definierten Effektes auftreten.<br />
<br />
In beiden Fällen ist dies die Konzentration eines [[Wirkstoff]]s, bei der die Konzentrations-Wirkungs-Kurve in logarithmischer Darstellung der Abszisse ihren [[Wendepunkt]] hat.<br />
<br />
In der klinischen Medizin wird – behelfsweise – oft die Konzentration im Blut oder die verabreichte Dosis als Ausgangsgröße zur Bestimmung der Potenz gewählt.<br />
<br />
Bei [[Neuroleptika]], einer wichtigen Gruppe von [[Psychopharmaka]], wird unterschieden zwischen niederpotenten Neuroleptika, mittelpotenten Neuroleptika und hochpotenten Neuroleptika. Eine hohe Potenz steht für einen starken [[Psychose|antipsychotischen]] Effekt bei einer schwach ausgeprägten [[Sedativum|sedierenden]] Wirkung. Eine niedrige Potenz gibt hingegen das Gegenteil an; dort ist die sedierende Wirkung stark ausgeprägt und die antipsychotische Wirkung gering. Näheres dazu ist unter [[Neuroleptikum#Hoch- und niederpotente Neuroleptika]] nachzulesen.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Eduard Burgis: ''Intensivkurs: Allgemeine und spezielle Pharmakologie''. Elsevier GmbH München 2008. S. 7, 8, Abb. 1.6. ISBN 978-3-437-42613-1<br />
<br />
[[Kategorie:Pharmakologie]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Potenz_(Pharmakologie)&diff=240093430Potenz (Pharmakologie)2023-12-11T16:01:36Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>Der Begriff '''Potenz''' bezeichnet in der [[Pharmakologie]] die Wirkstärke eines Pharmakons in Abhängigkeit von der Konzentration oder am Wirkort. In der klinischen Medizin wird - behelfsweise - oft die Konzentration im Blut oder die Dosis als Ausgangsgröße zur Beschreibung der Potenz gewählt.<br />
<br />
Bestimmt wird die Konzentration des Pharmakons, bei der eine definierte Wirkung auftritt. Ein stark wirksames Pharmakon, d.h. ein Pharamkon mit hoher Potenz, zeigt bei geringer Konzentration (Dosis) bereits eine große Wirkung. Da der Begriff ''Potenz'' vage ist, werden für eine genaue Charakterisierung weitere Angaben benötigt.<br />
Bei [[Agonist (Pharmakologie)|Agonisten]] verwendet man meist die [[EC50|EC<sub>50</sub>]], also die [[mol]]are Konzentration des Agonisten, bei der 50 % der für diesen Stoff maximal möglichen Wirkung auftreten.<br />
Das ist die Konzentration eines [[Wirkstoff]]s, bei der die Konzentrations-Wirkungs-Kurve in logarithmischer Darstellung der Abszisse ihren [[Wendepunkt]] hat.<br />
<br />
Bei [[Neuroleptika]], einer wichtigen Gruppe von [[Psychopharmaka]], wird unterschieden zwischen niederpotenten Neuroleptika, mittelpotenten Neuroleptika und hochpotenten Neuroleptika. Eine hohe Potenz steht für einen starken [[Psychose|antipsychotischen]] Effekt bei einer schwach ausgeprägten [[Sedativum|sedierenden]] Wirkung. Eine niedrige Potenz gibt hingegen das Gegenteil an; dort ist die sedierende Wirkung stark ausgeprägt und die antipsychotische Wirkung gering. Näheres dazu ist unter [[Neuroleptikum#Hoch- und niederpotente Neuroleptika]] nachzulesen.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Eduard Burgis: ''Intensivkurs: Allgemeine und spezielle Pharmakologie''. Elsevier GmbH München 2008. S. 7, 8, Abb. 1.6. ISBN 978-3-437-42613-1<br />
<br />
[[Kategorie:Pharmakologie]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Carbons%C3%A4uren&diff=240049797Carbonsäuren2023-12-10T11:15:48Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>{| class="wikitable float-right" width="20%" style="text-align:center; font-size:90%;"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! Carbonsäuren<br />
|-<br />
| [[Datei:Carboxylic Acid General Structure V.1.svg|100px|Allgemeine Struktur der Carbonsäuren]]<br />
|- align="left"<br />
| Allgemeine Struktur der Monocarbonsäuren mit der <span style="color:blue;">'''blau'''</span> markierten [[Carboxygruppe|Carboxy-Funktion]]. Der Rest '''R''' stellt dabei entweder ein Wasserstoffatom oder eine [[Organylgruppe]] dar.<br />
|}<br />
'''Carbonsäuren''',<ref>[https://www.duden.de/rechtschreibung/Carbonsaeure Carbonsäure] bei Duden.de, abgerufen am 15. Januar 2016.</ref> auch '''Karbonsäuren''',<ref>[https://www.duden.de/rechtschreibung/Karbonsaeure Karbonsäure] bei Duden.de, abgerufen am 15. Januar 2016.</ref> sind [[organische Verbindung]]en, die eine oder mehrere [[Carboxygruppe]]n&nbsp;(–COOH) tragen und damit einen mehr oder weniger ausgeprägten [[Acidität|aciden]] Charakter haben. Die [[Salze]] von Carbonsäuren werden ''Carboxylate'' genannt. Verbindungen, in denen die OH-Gruppe der Carboxygruppe durch eine andere Gruppe – z.&nbsp;B. –OR, –NH<sub>2</sub> oder ein Halogenid – ersetzt ist, werden ''Carbonsäurederivate'' genannt. Zu den Carbonsäurederivaten gehören damit ''[[Carbonsäureester]]'', [[Carbonsäureamide]] und [[Carbonsäurehalogenide]].<ref name="ABC Chemie">''Brockhaus ABC Chemie.'' VEB F.&nbsp;A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1965, S.&nbsp;645–646.</ref><br />
<br />
== Nomenklatur ==<br />
Für die systematische Benennung der Carbonsäuren im Deutschen wird dem Namen des Grundgerüsts der Wortbestandteil „-säure“ angehängt. Viele Carbonsäuren tragen daneben unsystematische Namen ([[Trivialname]]n), die ebenfalls mit „-säure“ enden. Beispiele für Bezeichnungen von Carbonsäuren mit dem Grundgerüst eines Alkans sind Methansäure (Ameisensäure), Ethansäure (Essigsäure) und Butansäure (Buttersäure). Der Trivialname kennzeichnet die jeweilige Carbonsäure zumeist nach einem typischen Vorkommen.<br />
<br />
== Einteilung ==<br />
Nach der chemischen Struktur des Rests '''R''', an welchen die Gruppe –COOH gebunden ist, unterscheidet man zwischen [[aliphat]]ischen, [[Aromaten|aromatischen]] und [[Heterocyclen|heterocyclischen]] Carbonsäuren. Die aliphatischen Carbonsäuren lassen sich weiter in [[Alkansäure]]n, [[Alkensäuren]] und Alkinsäuren unterteilen. Alkansäuren werden auch ''gesättigte Carbonsäuren'' genannt. Alkensäuren, also Carbonsäuren mit mindestens einer [[Doppelbindung]] im Rest (z.&nbsp;B. [[Acrylsäure]]) und [[Alkinsäuren]], mit mindestens einer [[Dreifachbindung]] im Rest, werden dagegen als ''ungesättigte Carbonsäuren'' bezeichnet.<br />
<br />
Weiterhin lassen sich Carbonsäuren nach Anzahl der enthaltenen Carboxygruppen unterscheiden. [[Monocarbonsäuren]] haben eine Carboxygruppe, während ''[[Dicarbonsäuren]]'' (z.&nbsp;B. [[Oxalsäure]]) zwei und [[Tricarbonsäuren]] (z.&nbsp;B. ''[[Citronensäure]]'') drei Carboxygruppen enthalten.<ref name="ABC Chemie"/><br />
<br />
Außerdem gibt es Gruppen von Carbonsäuren, die neben der Carboxygruppe noch weitere funktionelle Gruppen tragen, so die [[Ketosäuren|Ketocarbonsäuren]], die [[Hydroxycarbonsäuren]] (z.&nbsp;B. [[Milchsäure]]) und die [[Aminosäuren]] (eigentlich: ''Aminocarbonsäuren'').<br />
<br />
Unter dem Gesichtspunkt der chemischen Struktur sind die sogenannten [[Fettsäuren]] keine besondere Gruppe der Carbonsäuren, denn es handelt sich bei ihnen um meist unverzweigte, aliphatische, gesättigte oder ungesättigte Monocarbonsäuren, häufig mit 12&nbsp;bis&nbsp;22, manchmal, wie in der Butter, auch mit nur 4 Kohlenstoffatomen. Sie liegen dort verestert mit [[Glycerin]] als sog. [[Triglyceride]] in den tierischen und pflanzlichen Fetten vor (siehe z.&nbsp;B. [[Milchfett#Chemische Zusammensetzung|Milchfett]]). Neuere Erkenntnisse haben ergeben, dass in den fettartigen [[Lipide]]n von Zellmembranen auch kürzerkettige und verzweigte Carbonsäuren vorkommen, so dass heute unter dem Begriff ''Fettsäure'' alle Carbonsäuren mit (kettenförmigen) Organylgruppen zusammengefasst werden können.<br />
<br />
Eine weitere nach dem Vorkommen bezeichnete Gruppe von Carbonsäuren sind die [[Harzsäure]]n, die in Natur[[Harz (Pflanze)|harzen]] vorkommen.<br />
<br />
Unter dem Gesichtspunkt der chemischen Struktur gehören die sog. [[Metallacarbonsäure]]n nicht in die Gruppe der Carbonsäuren. So bezeichnet werden Metall-[[Komplexchemie|Komplex]]e mit Carboxy[[ligand]]en die als Zwischenprodukte in ([[Katalysator|katalysierten]]) Reaktionen mit Kohlenstoffmonoxid (CO) und Kohlenstoffdioxid (CO<sub>2</sub>) auftreten, etwa bei der [[Wassergas-Shift-Reaktion]].<br />
<br />
=== Beispiele ===<br />
{| class="wikitable"<br />
| aliphatische, gesättigte<br/>Monocarbonsäuren || [[Essigsäure]] || [[Datei:Essigsäure Skelett.svg|100px|zentriert|Essigsäure]] || [[Buttersäure]]<br/>(eine [[Fettsäure]]) || [[Datei:Buttersäure Skelett.svg|150px|zentriert|Buttersäure]]<br />
|-<br />
| aliphatische, ungesättigte<br/>Monocarbonsäuren || [[Acrylsäure]] || [[Datei:Acrylsäure.svg|125px|zentriert|Acrylsäure]] || [[Ölsäure]]<br/>(eine [[Fettsäure]]) || [[Datei:Ölsäure.svg|300px|zentriert|Ölsäure]]<br />
|-<br />
| aliphatische, gesättigte<br/>Dicarbonsäuren || [[Oxalsäure]] || [[Datei:Oxalsäure2.svg|115px|zentriert|Oxalsäure]] || [[Bernsteinsäure]] || [[Datei:Bernsteinsäure2.svg|165px|zentriert|Bernsteinsäure]]<br />
|-<br />
| aliphatische, gesättigte<br/>Tricarbonsäuren || [[Citronensäure]] || [[Datei:Zitronensäure - Citric acid.svg|190px|zentriert|Citronensäure]] || [[Agaricinsäure]] || [[Datei:Agaric acid Structural Formula V1.svg|280px|zentriert|Agaricinsäure]]<br />
|-<br />
| aliphatische, ungesättigte<br/>Dicarbonsäuren || [[Fumarsäure]] || [[Datei:Fumarsäure.svg|165px|zentriert|Fumarsäure]] || [[Maleinsäure]] || [[Datei:Maleinsäure.svg|140px|zentriert|Maleinsäure]]<br />
|-<br />
| aromatische<br/>Carbonsäuren || [[Benzoesäure]] || [[Datei:Benzoesäure.svg|80px|zentriert|Benzoesäure]] || [[Salicylsäure]] || [[Datei:Salicylic-acid-skeletal.svg|105px|zentriert|Salicylsäure]]<br />
|-<br />
| heterocyclische<br/>Carbonsäuren || [[Nicotinsäure]] || [[Datei:Niacin structure.svg|120px|zentriert|Nicotinsäure]] || [[Pyrrolidin-2-carbonsäure]]<br/>(eine [[Aminosäure]]) || [[Datei:Prolin - Proline.svg|120px|zentriert|Prolin]]<br />
|-<br />
| aliphatische, ungesättigte,<br/>cyclische Monocarbonsäuren || [[Abietinsäure]]<br/>(eine [[Harzsäuren|Harzsäure]]) || [[Datei:Abietinsäure.svg|230px|zentriert| Abietinsäure]] || [[Gibberellinsäure]] || [[Datei:Gibberelin A3.png|250px|zentriert|Gibberellinsäure]]<br />
|}<br />
<br />
== Eigenschaften ==<br />
Die chemischen Eigenschaften von Carbonsäuren ohne zusätzliche [[funktionelle Gruppe]]n in der Alkylkette werden allein von der Carboxygruppe bestimmt. Das Sauerstoffatom der [[Carbonyl]]gruppe (C=O) hat einen relativ starken elektronenziehenden Effekt, sodass die Bindung zwischen Wasserstoff und dem Sauerstoffatom der [[Hydroxygruppe]] stark polarisiert wird. Das fördert die Freisetzung von H<sup>+</sup>-Ionen aus der Carboxygruppe, hier anhand von Essigsäure dargestellt:<br />
[[Datei:Acetic Acid Dissoziation.svg|zentriert|650px|Essigsäure-Dissoziation]]<br />
[[Datei:Carboxylate-resonance-hybrid.svg|rechts|120px|Carboxylat-Anion]]<br />
Zusätzlich ist der saure Charakter der Carbonsäuren eine Folge der [[Mesomerie]]stabilisierung des Carboxylat-Anions. Sie begünstigt die deprotonierte Form der Carbonsäure und damit die Stabilität des Anions. Ähnlich wie bei der Mesomerie-Stabilisierung des [[Benzol]]s deutet man das delokalisierte Elektron oft mit der folgenden Schreibweise an (Im Beispiel steht R für die Methylgruppe CH<sub>3</sub>).<br />
<br />
Die physikalischen Eigenschaften von Carbonsäuren (Säurestärke, Siedepunkt, bzw. Schmelzpunkt, Löslichkeit in Wasser) werden wesentlich von der Art der Alkylkette und von eventuell vorhandenen [[Substituent]]en in der Alkylgruppe bestimmt.<br />
<br />
Die [[Acidität]] einer Carbonsäure ist umso stärker ausgeprägt, je kürzer die Alkylkette ist. Ein zusätzlich am Alpha-C-Atom vorhandener [[Substituent]] mit einem elektronenziehenden [[Induktiver Effekt|induktivem Effekt]] (−I-Effekt), steigert die Säurestärke erheblich. Der Carboxygruppe wird eine positivere [[Partialladung]] zugeführt, welche die negative Ladung des Anions stärker ausgleichen und damit das Anion stabilisieren kann. Ein Beispiel dafür ist das stabilere [[Trichloracetat]] im Vergleich zum [[Essigsäure|Acetat]]. Ein Maß für die Säurestärke einer Carbonsäure ist die [[Säurekonstante|Säurekonstante bzw. der pK<sub>s</sub>-Wert]].<br />
<br />
Kurzkettige Carbonsäuren mit bis zu sechs C-Atomen sind farblose, stechend ([[Ameisensäure]]) bzw. unangenehm ([[Buttersäure]]) riechende Flüssigkeiten mit relativ hohen Siedepunkten. Carbonsäuren haben durch die Carboxygruppe einen [[Polarität (Chemie)|polaren]] Charakter, was eine gute Löslichkeit in Wasser zur Folge hat, die mit zunehmender Länge der Alkylkette abnimmt. Die gut mögliche räumliche Anordnung von zwei Carboxygruppen begünstigt die Ausbildung von [[intermolekular]]en [[Wasserstoffbrückenbindung]]en und führt damit zu Carbonsäure[[dimer]]en. Die doppelte Masse der Teilchen im Dampfraum über der Flüssigkeit kann die relativ hohen Siedepunkte von Carbonsäuren erklären.<br />
[[Datei:Carboxylic acid dimers.svg|200px|zentriert|Dimere von Carbonsäuren]]<br />
<br />
Mit zunehmender Kettenlänge nimmt der [[Lipophilie|lipophile]] Charakter von Carbonsäuren zu und der [[Hydrophilie|hydrophile]] Charakter ab. Das gilt auch für die [[Salze]] der Carbonsäuren. Die Salze haben aber neben der lipophilen Alkylkette, mit eventuell mehr als sechs Kohlenstoffatomen, mit der Carboxylat-Gruppe auch eine hydrophile Gruppe im gleichen Molekül. Die [[Natrium]]- und [[Kalium]]salze der langkettigen Carbonsäuren sind also [[Amphiphilie|amphiphile]] Substanzen. Sie haben die Eigenschaften von [[Tensid]]en und werden als [[Kernseife]]n und [[Schmierseife]]n verwendet.<br />
<br />
== Herstellung ==<br />
=== Oxidationen ===<br />
Carbonsäuren können immer nur dann durch [[Oxidation]]sreaktionen mit starken [[Oxidationsmittel]]n aus [[Alkane]]n oder aus mit Alkylgruppen substituierten [[Aromatische Kohlenwasserstoffe|aromatischen Kohlenwasserstoffen]] hergestellt werden, wenn keine anderen oxidierbaren [[funktionelle Gruppe|funktionellen Gruppen]] im Molekül vorhanden sind, die auch oxidiert werden können, wie z.&nbsp;B. Hydroxyl- oder Aminogruppen oder C–C-Doppelbindungen, Zwischenstufen der vollständigen Oxidation von Alkylgruppen sind [[Alkohole]], und [[Aldehyd]]e, die deshalb auch selbst als Ausgangssubstanzen für Oxidationsreaktionen eingesetzt werden können. Bekannte geeignete Oxidationsmittel sind [[Sauerstoff]], oder gar [[Ozon]], [[Kaliumpermanganat]], [[Chromtrioxid]], [[Salpetersäure]] oder [[Kaliumdichromat]].<br />
<br />
* Oxidation von Alkanen: Ein ab 1930 in Deutschland industriell betriebenes Verfahren war die sogenannte [[Paraffinoxidation]]. Dabei wurden Gemische von längerkettigen [[Alkane]]n, mit Luftsauerstoff und Permanganaten bei 120&nbsp;°C. behandelt. Durch oxidative Spaltungen der Alkanketten entstanden Gemische verschiedener Carbonsäuren, die aufgetrennt werden mussten. Als Nebenprodukte entstanden Alkohole und Aldehyde.<ref name="wietzel">G. Wietzel: ''Herstellung synthetischer Fettsäuren durch Oxydation von paraffinischen Kohlenwasserstoffen mit molekularem Sauerstoff.'' In: ''Chemical Engineering Science.'' 3, 1954, S.&nbsp;17–IN4, {{DOI|10.1016/S0009-2509(54)80003-0}}.</ref> Die folgende zugehörige Reaktionsgleichung und alle folgenden Reaktionsgleichungen für Oxidationsreaktionen sind schematisch vereinfacht.<br />
:<math>\mathrm{R^1{-}CH_2{-}R^2 + 2 O_2 \longrightarrow R^1{-}COOH + R^2{-}COOH}</math><br />
<br />
* Oxidation von alkylierten [[Aromaten]]:<br />
:<math>\mathrm{Ar{-}CH_2R + KMnO_4 \longrightarrow Ar{-}COOH}</math><br />
<br />
* Oxidation von primären [[Alkohole]]n und [[Aldehyd]]en:<br />
:<math>\mathrm{R{-}CH_2OH + KMnO_4 \longrightarrow R{-}COOH}</math><br />
:<math>\mathrm{R{-}CHO + KMnO_4 \longrightarrow R{-}COOH}</math><br />
* Oxidation von [[Olefin]]en mit basischem Kaliumpermanganat. Unter neutralen Bedingungen führt die Reaktion nur zu [[vicinal]]en [[Diole]]n.<br />
:<math>\mathrm{R{-}CH{=}CH_2 + KMnO_4 \longrightarrow R{-}COOH + CO_2}</math><br />
<br />
=== Reaktionen mit Verlängerung der Alkylkette ===<br />
* Reaktion von [[Grignard-Verbindung]]en, vorher gebildet aus [[Halogenalkane]]n, mit [[Kohlenstoffdioxid]]. Die anschließende Zugabe von Wasser führt zur freien Carbonsäure. (Reaktionsgleichung fasst beide Schritte schematisch zusammen).<br />
:<math>\mathrm{R{-}MgCl + CO_2 + H^+\longrightarrow R{-}COOH + Mg^{2+} + Cl^-}</math><br />
* Wenn in der Alkylkette funktionelle Gruppen vorhanden sind, die die Herstellung einer Grignard-Verbindung verhindern, muss ein Umweg<br />
:über die [[Kolbe-Nitrilsynthese]] und anschließende Hydrolyse des Nitrils gewählt werden. (Reaktionsgleichung zeigt beide Schritte zusammengefasst nur schematisch)<br />
:<math>\mathrm{R{-}Hal + CN^- \longrightarrow R{-}CN + OH^- \longrightarrow R{-}COOH}</math><br />
<br />
=== Hydrolyse von Carbonsäurederivaten ===<br />
* Die Hydrolyse von sog. reaktiven Carbonsäurederivaten, z.&nbsp;B. [[Carbonsäurechloride]]n oder [[Carbonsäureanhydride]]n ergibt keinen Sinn, da reaktive [[Carbonsäurederivate]] zunächst immer erst aus Carbonsäuren hergestellt werden müssen, um dann aus ihnen andere, weniger reaktive Carbonsäurederivate herstellen zu können. Deshalb handelt es sich bei Hydrolysereaktionen von ''reaktiven Carbonsäurederivaten'' meist um unerwünschte Nebenreaktionen, die dadurch vermieden werden können, dass unter Ausschluss von Wasser und Luftfeuchtigkeit gearbeitet wird.<br />
:<math>\mathrm{R{-}COCl +H_2O \longrightarrow R{-}COOH +HCl}</math><br />
<br />
* Dagegen handelt es sich bei der alkalischen Hydrolyse (auch „[[Verseifung]]“ genannt) oder bei der sauer katalysierten Hydrolyse von ''nicht reaktiven'' Carbonsäurederivaten, wie z.&nbsp;B [[Carbonsäureester]]n oder [[Carbonsäureamid]]en um erwünschte bzw. geplante Hydrolysereaktionen:<br />
:<math>\mathrm{R{-}COO{-}R' + OH^- \longrightarrow R{-}COO^- + R'{-}OH}</math><br />
:<math>\mathrm{R{-}COO{-}R' + H_2O \longrightarrow R{-}COOH + R'{-}OH}</math><br />
<br />
* Die saure oder basische Hydrolyse von [[Carbonsäureamide]]n muss sogar wegen der Stabilität der Carbonsäureamide unter energischen Bedingungen erfolgen.<br />
:<math>\mathrm{R{-}CONH_2 + H^+ + H_2O \longrightarrow R{-}COOH + NH_4^+}</math><br />
:<math>\mathrm{R{-}CONH_2 + OH^- \longrightarrow R{-}COO^- + NH_3}</math><br />
<br />
* Auch die saure oder basische Hydrolyse von [[Nitrile]]n muss wegen der Stabilität der Nitrile unter energischen Bedingungen erfolgen.<br />
:<math>\mathrm{R{-}CN + H^+ + 2\ H_2O \longrightarrow R{-}COOH + NH_4^+}</math><br />
:<math>\mathrm{R{-}CN + OH^- + H_2O \longrightarrow R{-}COO^- + NH_3}</math><br />
<br />
=== Sonstige spezielle Reaktionen ===<br />
* [[Kolbe-Schmitt-Reaktion]]: zur Synthese von Hydroxybenzoesäuren (z.&nbsp;B. [[Salicylsäure]]) aus [[Phenolat]]en und Kohlendioxid<br />
:<math>\mathrm{HO{-}Ar{-}H + CO_2 + OH^- \longrightarrow HO{-}Ar{-}COO^- + H_2O}</math><br />
<br />
* [[Benzilsäure-Umlagerung]]: aus [[Ketone|1,2-Diketonen]] werden [[Ständigkeit|α]]-[[Hydroxycarbonsäuren]]<br />
:<math>\mathrm{R{-}C({=}O){-}C({=}O){-}R' + OH^- \longrightarrow R{-}C ({-}OH)({-}COO^-){-}R'}</math><br />
<br />
* [[Koch-Reaktion]] (''Hydroformylierung''): aus verzweigten Alkenen werden durch Anlagerung von Kohlenmonoxid am α-C-Atom stark verzweigte Carbonsäuren<br />
:<math>\mathrm{RR'{-}C{=}CH_2 + CO + H_2O \longrightarrow (RR'{-}C({-}CH_3){-}COOH}</math><br />
<br />
== Spektroskopie von Carbonsäuren ==<br />
Die wichtigsten analytischen Methoden zur Strukturaufklärung von Carbonsäuren sind die [[Infrarotspektroskopie|IR-]] und [[Kernspinresonanz|NMR-Spektroskopie]].<br />
<br />
Im ''IR-Spektrum'' sind die C=O-Valenzschwingung bei etwa 1710–1760&nbsp;cm<sup>−1</sup> und die breite OH-Valenzschwingung um 3000&nbsp;cm<sup>−1</sup> charakteristisch.<br />
<br />
Im ''<sup>1</sup>H-NMR-Spektrum'' sind die aciden Hydroxy-Protonen zu ungewöhnlich niedrigem Feld verschoben, 10–13&nbsp;ppm. Die Protonen der Alkylgruppen am Carbonyl-C haben eine chemische Verschiebung im Bereich von ca. 2,0–2,5&nbsp;ppm; das direkt an die Carbonylgruppe gebundene H-Atom der Ameisensäure erscheint bei 8,08&nbsp;ppm. In einer C-Kette einer nicht konjugierten Carbonsäure sind die Peaks, die weiter von der Carbonylfunktion entfernt sind, mit zunehmendem Maße weniger stark zu tiefem Feld verschoben, weil der Einfluss des induktiven Effekts der Carbonylgruppe abnimmt.<br />
<br />
Im ''<sup>13</sup>C-NMR-Spektrum'' findet man das Carboxy-C-Atom im Bereich von zirka 170 bis 180&nbsp;ppm.<br />
<br />
== Wichtige Reaktionen ==<br />
Wegen der beiden dem C-Atom der Carboxygruppe benachbarten Sauerstoffatome, die elektronenziehend wirken, können [[nucleophile Angriffe]] auf das Kohlenstoffatom der Carboxygruppe stattfinden. Der nucleophile Angriff kann durch Säurekatalyse (Protonierung der Carbonylgruppe) gefördert werden, wenn die angreifenden [[Nukleophilie|Nucleophile]] keine starken [[Basen (Chemie)|Brønsted-Basen]] sind, wie z.&nbsp;B. Alkohole. Wenn die Nucleophile Basen sind, wie z.&nbsp;B. [[Ammoniak]] oder [[Amine]] werden sie durch die Säurekatalyse protoniert und geschwächt. Auch ohne Säurekatalyse werden solche Nucleophile durch die Carbonsäure selbst protoniert und unwirksam. Gleichzeitig entstehen auch die entsprechenden Salze der Carbonsäure, die nicht mehr nucleophil angreifbar sind.<br />
<br />
=== Veresterung ===<br />
Bei der [[säure]]katalysierten [[Veresterung]] reagiert die Carboxyl-Gruppe einer organischen Säure mit der Hydroxygruppe eines Alkohols. Unter Abspaltung von [[Wasser]] entsteht ein [[Ester]]. Im Laufe der Reaktion setzt eine Rückreaktion ein, denn auch die Carboxygruppe im entstandenen Ester kann durch das entstandene Wasser nucleophil angegriffen werden. Nach Abspaltung des Alkohols wird dann die ursprüngliche Säure zurückgebildet. Wenn R<sup>1</sup> der Rest der Säure, und R<sup>2</sup> der Rest des Alkohols ist, stellt sich im Laufe der Reaktion die folgende [[Gleichgewichtsreaktion]] ein:<br />
[[Datei:Veresterung 1.svg|zentriert|600px|Veresterung, Gesamtgleichung]]<br />
Die Lage des Gleichgewichts kann beeinflusst werden. Wenn der gebildete Ester einen niedrigeren Siedepunkt hat als die Säure kann er durch kontinuierliche Abdestillation gewonnen werden. Ein Zusatz von festen [[Trocknungsmittel]]n, die Wasser binden können, lässt die Esterbildung vollständiger verlaufen.<br />
<br />
=== Dehydratisierung ===<br />
Carbonsäuren können theoretisch leicht unter intermolekularer Wasserabspaltung ([[Dehydratisierung (Chemie)|Dehydratisierung]]) bei höheren Temperaturen in organische [[Säureanhydrid|Carbonsäureanhydride]] umgewandelt werden. In der Laborpraxis gelingt diese Reaktion wohl nur selten, denn bei hohen Temperaturen kann auch intramolekulare Wasserabspaltung eintreten, wobei sich [[Ketene]] bilden.<br />
[[Datei:Carbonsäureanhydrid Darstellung.svg|zentriert|500px|Darstellung von Carbonsäureanhydriden]]<br />
<br />
Eine Alternative zur Bildung von Carbonsäureanhydriden aus Carbonsäuren ist der Zusatz von stark wasserentziehenden Substanzen ([[Phosphorpentoxid]]) oder andere Reaktionen, wie die Umsetzung von [[Carbonsäurehalogenide]]n mit den Salzen von Carbonsäuren, oder die Umsetzung von [[Ketene]]n mit Carbonsäuren.<br />
:[[Datei: Ketene Reaktion2 V1.svg|rahmenlos|ohne|450x450px]]<br />
Carbonsäureanhydride können mit Wasser wieder zu den entsprechenden Carbonsäuren zurück reagieren.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Carboxylic acids|Carbonsäuren}}<br />
{{Wiktionary|Carbonsäure}}<br />
{{Wikibooks|Organische Chemie für Schüler/ Carbonsäuren}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4009464-9|LCCN=sh/85/020144|NDL=00565061}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Carbonsaure}}<br />
[[Kategorie:Carbonsäure| ]]<br />
[[Kategorie:Stoffgruppe]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vitamin_K&diff=239361355Vitamin K2023-11-22T11:12:41Z<p>ToXiDoc!: /* Vorkommen */</p>
<hr />
<div>[[Datei:K-Vitamine.svg|mini|Strukturformel der wichtigsten K-Vitamine:<br />'''Vitamin&nbsp;K<sub>1</sub>'''&nbsp;= [[Phyllochinon]].<br />'''Vitamin&nbsp;K<sub>2</sub>'''&nbsp;= [[Menachinon]]-n.<br />'''Vitamin&nbsp;K<sub>3</sub>'''&nbsp;= [[Menadion]]]]<br />
<br />
'''K-Vitamine''' (''K'' für ''[[Blutgerinnung|Koagulation]]'') gehören neben den Vitaminen [[Vitamin A|A]], [[Vitamin D|D]] und [[Vitamin E|E]] zu den fettlöslichen [[Vitamin]]en und werden unter dem Sammelbegriff '''Vitamin&nbsp;K''' zusammengefasst. Das gemeinsame Grundgerüst der K-Vitamine ist eine 2-Methyl-1,4-naphthochinon-Struktur ([[Menadion]]). Sie sind ein [[Coenzym|Kofaktor]] in [[Carboxylierung|Reaktionen]] der [[γ-Glutamylcarboxylase]]. Über diesen Mechanismus werden mehrere [[Gerinnungsfaktor]]en in einen aktivierbaren Zustand versetzt und [[Gerinnungshemmung|gerinnungshemmende Faktoren]] aktiviert und reguliert.<br />
<br />
Ferner spielen K-Vitamine für die Aktivierung von [[Osteocalcin]] (ein Knochenprotein), [[Calbindin]] und der [[Ligand]]en für einige [[Rezeptor-Tyrosinkinase]]n wie zum Beispiel das [[Growth-arrest-specific gene-6]] eine wichtige Rolle für das Zellwachstum.<br />
<br />
In Pflanzen ist Vitamin [[Phyllochinon|K<sub>1</sub>]] für die [[Photosynthese]] unverzichtbar.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
Bei der Entdeckung des Vitamins gehen Beobachtungen von [[Landwirt]]en voraus; nachdem [[Hausrind|Rinder]] mit verdorbenem oder [[Silage|siliertem]] [[Süßklee]] gefüttert wurden, zeigten sich schwere Blutungen mit tödlichen Ausgang (sog. „sweet clover poisoning“).<ref name=":1" /> Dies dokumentierte 1922 der kanadische Tierarzt Frank W. Schofield vom [[Ontario]] Veterinary College und erkannte den Einfluss des im Süßklee enthaltenen [[Cumarin]]s – Cumarin ist ein Vitamin K-[[Antagonist (Pharmakologie)|Antagonist]].<ref>{{Literatur |Autor=F. W. Schofield |Titel=A Brief Account of a Disease in Cattle Simulating Hemorrhagic Septicaemia due to Feeding Sweet Clover |Sammelwerk=The Canadian Veterinary Journal = La Revue Veterinaire Canadienne |Band=25 |Nummer=12 |Datum=1984-12 |PMC=1790685 |PMID=17422488 |Seiten=453–455 |Kommentar=Reprint des 1922 erschienenen Papers}}</ref><br />
<br />
Die Existenz eines „Vitamins K“ (Koagulationsvitamin, antihämorrhagisches Vitamin) wurde durch den dänischen Forscher [[Henrik Dam]] postuliert. Bei Untersuchungen zur [[Cholesterin]]synthese von [[Küken]] war ihm 1929 aufgefallen, dass es bei diesen durch die dabei verabreichte besondere cholesterinfreie Diät nach mehr als zwei bis drei Wochen zu [[Blutung]]en unter der [[Haut]] sowie in Muskeln und anderen Organen kam. Zudem standen diese Symptome mit einem geringen Gehalt des Blutgerinnungsfaktors [[Thrombin|Prothrombin]] (Faktor II) in Verbindung.<ref name=":1">{{Literatur |Autor=Klaus Pietrzik, Ines Golly, Dieter Loew |Titel=Handbuch Vitamine: Für Prophylaxe, Therapie und Beratung |Auflage=1 |Verlag=Urban&Fischer, Elsevier |Ort=München |Datum=2008 |ISBN=978-3-437-55361-5 |Seiten=364}}</ref> Dass diese Erscheinungen durch einen Mangel an den damals bekannten [[Vitamin]]en (z. B. [[Vitamin A|A]], [[Vitamin D|D]] oder [[Thiamin|B<sub>1</sub>]]) selbst entstünden, konnte er mit seinen Arbeiten ausschließen.<br />
<br />
1931 berichteten die kanadischen Forscher William McFarlane, William Graham Jr. und Frederick Richardson<ref>{{Literatur |Autor=W. D. McFarlane, W. R. Graham, F. Richardson |Titel=The fat-soluble vitamin requirements of the chick: The vitamin A and vitamin D content of fish meal and meat meal |Sammelwerk=The Biochemical Journal |Band=25 |Nummer=1 |Datum=1931 |DOI=10.1042/bj0250358 |PMC=1260646 |PMID=16744587 |Seiten=358–366}}</ref> am [[Ontario Agricultural College]] anlässlich von Untersuchungen zum Vitamin-A- und -D-Bedarf von Hühnern über Blutungen und eine verzögerte Blutgerinnung, als sie diese an den Flügeln markierten; sie gingen dieser Beobachtung jedoch nicht weiter nach.<ref name=":3">{{Literatur |Autor=Vivian McAlister |Titel=Control of coagulation: a gift of Canadian agriculture |Sammelwerk=Clinical and Investigative Medicine. Medecine Clinique Et Experimentale |Band=29 |Nummer=6 |Datum=2006-12 |PMID=17330453 |Seiten=373–377}}</ref><ref name=":12">{{Internetquelle |autor=[[Henrik Dam]] |url=https://www.nobelprize.org/uploads/2018/06/dam-lecture.pdf |titel=The Discovery of Vitamin K, Its Biological Functions and Therapeutical Application |hrsg=Nobel Lecture |datum=1946-12-12 |format=PDF |sprache=en |abruf=2023-10-03}}</ref> 1933 fanden die US-amerikanischen Forscher Walther Holst und Everett Halbrook<ref>{{Literatur |Autor=Walther F. Holst, Everett R. Halbrook |Titel=A "Scurvy-Like" Disease in Chicks |Sammelwerk=Science |Band=77 |Nummer=1997 |Datum=1933-04-07 |DOI=10.1126/science.77.1997.354 |PMID=17794290 |Seiten=354–354}}</ref> an der [[University of California]] heraus, dass diese Blutungsneigung bei Küken durch Verfüttern von frischem [[Kohl]] verhindert werden konnte, führten dies aber fälschlicherweise auf einen Mangel an [[Vitamin C]] zurück.<ref name=":3" /><br />
<br />
Nachdem bald darauf auch reines Vitamin C zur Verfügung stand, verabreichte Dam den Hühnern dieses [[parenteral]], um noch auszuschließen, dass eine beeinträchtigte Resorption aus dem [[Verdauungstrakt]] (als Folge einer durch die Diät gestörten Darmfunktion) für die Blutungen verantwortlich gemacht werden könne. Und nachdem die Verfütterung von [[Weizenkeimöl]] keinen Schutz bot, andererseits die Verabreichung von Getreidekörnern und Samen die Gerinnungsstörung verhinderte, fühlte er sich 1934 berechtigt, den Mangel einer bestimmten, wenn auch noch unbekannten Substanz in der Nahrung für die beobachteten Probleme verantwortlich zu machen. Zudem konnte er Hämorrhagien bei Hühnern durch die Gabe eines [[Ether]]extraktes aus [[Luzerne]]n behandeln.<ref name=":1" /><br />
<br />
Weitere Fütterungsversuche folgten und 1935 wurde diese Substanzgruppe schließlich als ein essentielles Vitamin mit lipophilen Eigenschaften erkannt. Der Buchstabe ''K'' wurde ursprünglich der Einfachheit halber gewählt, weil das Fehlen dieser Substanz eine ausreichende '''Ko'''-agulationfähigkeit ([[Hämostase|Gerinnung]]) des [[Blut]]es behinderte.<ref name=":12" /> Zudem waren die vorausgehenden Buchstaben bereits durch anderen Vitamine vergeben. Die Reinigung und chemische Synthese von Vitamin K<sub>1</sub> wurde 1939 durch die Arbeiten von Herman J. Almquist und Klose an der [[University of California, Berkeley|University of California in Berkeley]], [[Louis Frederick Fieser|Louis F. Fieser]] & Kollegen an der [[Harvard University]] sowie insbesondere die [[Strukturaufklärung|Strukturbestimmung]] durch die Arbeitsgruppe um [[Edward Adelbert Doisy]] erreicht.<ref name=":6" /> 1943 erhielten Dam für die Entdeckung sowie Doisy für die Entdeckung der chemischen Natur dieser Vitamingruppe gemeinsam den [[Nobelpreis für Physiologie oder Medizin|Nobelpreis für Medizin]].<ref>{{Nobel-med|1943|Henrik Dam und Edward A. Doisy}}</ref><br />
<br />
Die genaue biochemische Funktion des Vitamin K wurde schließlich Ende der 1970er Jahre aufgeklärt.<ref name=":2">{{Internetquelle |autor=Uwe Gröber und Klaus Kisters |url=https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2014/daz-21-2014/ein-altes-vitamin-in-neuem-licht |titel=Ein altes Vitamin in neuem Licht |werk=[[Deutsche Apotheker Zeitung]] |datum=2014-05-22 |abruf=2022-03-30}}</ref><br />
<br />
== Vertreter ==<br />
Bei Vitamin-K handelt es sich um fettlösliche Substanzen, sogenannte Vitamere. Allen gemeinsam ist das Grundgerüst 2-Methyl-1,4-Naphthochinon ([[Menadion]]), das an der C3-Position unterschiedlich [[Substituent|substituiert]] ist.<ref name=":4" /> Voraussetzungen für die Vitamin-K-Aktivität sind neben dem unsubstituierten, [[Aromaten|aromatischen]] Ring die [[Methylgruppe]]; die [[lipophil]]e Seitenkette (die je nach K-Vitamin unterschiedlich lang sein kann) bestimmt die Fettlöslichkeit und andere Eigenschaften.<ref name="Biesalsky">H.K. Biesalsky (Hrsg.): ''Ernährungsmedizin.'' 2. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-13-100292-1.</ref> Optimal sind natürliche [[Terpene|Terpenketten]] mit 20 Kohlenstoffatomen. Seitenketten unter 8 Kohlenstoffatomen führen außer bei Menadion zur Inaktivität.<br />
<br />
Von Bedeutung im (menschlichen) Stoffwechsel sind nur das [[Phyllochinon|Vitamin&nbsp;K<sub>1</sub>]] und [[Menachinon|K<sub>2</sub>]]. <br />
[[Datei:Phylloquinone is.svg|mini|Strukturformel von Vitamin K<sub>1</sub> (Phylloquinon)]]<br />
* ''Vitamin K<sub>1</sub>'' bzw. [[Phyllochinon]] kommt in unterschiedlichen Konzentrationen in den [[Chloroplast]]en der Grünpflanzen als normaler struktureller und funktioneller Bestandteil des [[Photosynthese]]apparates ([[Photosystem I]]) vor und zum Teil in deren Früchten. Zudem können es auch [[Alge]]n und manche [[Cyanobakterien]] synthetisieren.<ref name=":6">{{Literatur |Autor=Gilles J. Basset et al. |Titel=Phylloquinone (Vitamin K1): Occurrence, Biosynthesis and Functions |Sammelwerk=Mini Reviews in Medicinal Chemistry |Band=17 |Nummer=12 |Datum=2017 |DOI=10.2174/1389557516666160623082714 |PMID=27337968 |Seiten=1028–1038}}</ref> Es ist das wichtigste natürlich vorkommende K-Vitamin und macht 75-90 % des durch die Nahrung aufgenommenen Vitamin K aus.<ref name=":7">{{Literatur |Autor=Přemysl Mladěnka et al. |Titel=Vitamin K - sources, physiological role, kinetics, deficiency, detection, therapeutic use, and toxicity |Sammelwerk=Nutrition Reviews |Band=80 |Nummer=4 |Datum=2022-03-10 |DOI=10.1093/nutrit/nuab061 |PMC=8907489 |PMID=34472618 |Seiten=677–698}}</ref> Jedoch zeigt es eine geringe Bioverfügbarkeit. Vitamin K<sub>1</sub> enthält eine [[Phytol|Phythlykette]] von 20 Kohlenstoffatomen.<br />
[[Datei:Menachinon.svg|mini|Allgemeine Strukturformel von Vitamin K<sub>2</sub> (Menachinon), der Index ''n'' gibt die Anzahl der Isoprenoid-Einheiten an]]<br />
* ''Vitamin K<sub>2</sub>'' bzw. [[Menachinon]] wird von [[Bakterien]] (z.&nbsp;B. von auch im Darm vorkommenden Stämmen wie von ''[[Escherichia coli]]'' oder ''[[Bacteroides fragilis]]'') und einigen [[Archaeen]] produziert.<ref name=":6" /> Vitamin K<sub>2</sub> bildet eine Gruppe von Menchinonen unterschiedlicher Länge ihrer mehrfach ungesättigter Isoprenoid-Seitenkette; sie werden als MK-n bezeichnet. Hierbei steht ''n'' für die Anzahl der Isoprenoid-Einheiten (n=4 bis 13).<ref name=":7" /> Die meisten Bakterien bilden Menchinone mit mittellanger bis langer Seitenketten (MK-6 aufwärts).<ref name=":4" /> Wichtigste Vertreter der Vitamin K<sub>2</sub>-Gruppe sind MK-7 (ehemalige Bezeichnung Vitamin K<sub>35</sub>) sowie MK-4. Letzteres wird aber nicht von Mikroorganismen synthetisiert, stattdessen ist es eine ursprünglich aus Vitamin K<sub>1</sub> metabolisierte Verbindung.<ref name=":6" /><br />
* ''Vitamin K<sub>3</sub>'' bzw. [[Menadion]] ist eine [[Synthese (Chemie)|synthetisch]] hergestellte Substanz ohne [[Seitenkette]] (diese wird vom menschlichen Organismus nach der Aufnahme ergänzt). Das wasserunlösliche [[Menadion|Vitamin&nbsp;K<sub>3</sub>]] wurde früher in Form des wasserlöslichen Hydrogensulfit-Addukts als künstliches „Provitamin&nbsp;K“ angewandt.<br />
* In der Literatur werden ferner noch weitere synthetische K-Vitamine (K<sub>4</sub>, K<sub>5</sub>, K<sub>6</sub>,...) erwähnt. So wird z. B. entweder 2-Methyl-1,4-naphtho''hydro''chinon (Menadiol)<ref>{{Literatur |Autor=Klaus Pietrzik, Ines Golly, Dieter Loew |Titel=Handbuch Vitamine: Für Prophylaxe, Therapie und Beratung |Auflage=1 |Verlag=Urban&Fischer, Elsevier |Ort=München |Datum=2008 |ISBN=978-3-437-55361-5 |Seiten=365}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Louis D. Fiore et al. |Titel=Anaphylactoid reactions to vitamin K |Sammelwerk=Journal of Thrombosis and Thrombolysis |Band=11 |Nummer=2 |Datum=2001-04 |DOI=10.1023/a:1011237019082 |PMID=11406734 |Seiten=175–183}}</ref> oder dessen [[Ester]] wie Menadioldiacetat (Acetomenaphthon) als Vitamin K<sub>4</sub> bezeichnet.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/822 |titel=Vitamin K2 added for nutritional purposes in foods for particular nutritional uses, food supplements and foods intended for the general population and Vitamin K2 as a source of vitamin K added for nutritional purposes to foodstuffs, in the context of Regulation (EC) N° 258/97&#91;1&#93; - |werk=Scientific Opinion of the Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies |hrsg=EFSA |seiten=6 |sprache=en |abruf=2022-03-30}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Robin J. Marles et al. |Titel=US Pharmacopeial Convention safety evaluation of menaquinone-7, a form of vitamin K |Sammelwerk=Nutrition Reviews |Band=75 |Nummer=7 |Datum=2017-07-01 |DOI=10.1093/nutrit/nux022 |PMID=28838081 |Seiten=553–578}}</ref><br />
<br />
== Resorption und Stoffwechsel ==<br />
Aufgrund der Hitzestabilität der Vitamin-K-Gruppe treten beim Zubereiten, insbesondere beim Garen nur wenig Vitaminverluste auf. Der Vitamin K<sub>1</sub>-Gehalt von Lebensmitteln, auch Speiseölen, wird größtenteils weder durch Erhitzen in einer [[Mikrowellenherd|Mikrowelle]], noch durch Kochen beeinträchtigt.<ref name=":7" /> Vitamin&nbsp;K ist auch gegenüber [[Sauerstoff]] stabil.<ref name=":1" /> Unter Einstrahlung von [[Sonnenstrahlung|Sonnen]]- oder [[Ultraviolettstrahlung|UV-Licht]] kommt es zu starken Verlusten an Vitamin K<sub>1</sub> (46 % bzw. 87 % nach zwei Tagen), weswegen eine Lagerung im Dunkeln empfohlen wird.<ref name=":7" /><br />
<br />
Alle natürlich vorkommenden (fettlöslichen) Vitamin K-Formen sind in Alkohol wenig, in Wasser unlöslich.<ref name=":1" /> Das mit der Nahrung aufgenommene Vitamin&nbsp;K wird unter Mitwirkung von [[Gallensäure]] und [[Pankreaslipase]] als [[Emulgator]]en in gemischte [[Mizellen]] überführt, was eine funktionierende [[Bauchspeicheldrüse]] voraussetzt.<ref name=":4" /> Diese werden durch aktiven Transport in die [[Enterozyt]]en des proximalen [[Ileum]]s aufgenommen.<ref name=":5" /> Vitamin&nbsp;K<sub>2</sub> gelangt dagegen durch [[Diffusion]] in das Darmgewebe.<ref name="Biesalsky" /><br />
<br />
Hierbei verbessern die in der Nahrung befindlichen Öle und Fette die Aufnahme. 3 bis 50 % des verzehrten Vitamin K<sub>1</sub> werden aufgenommen, bei MK-7 liegt die Aufnahme höher.<ref name=":5" /> Die Aufnahme von durch Nahrung enthaltenes Vitamin K<sub>2</sub> (gerade längerkettige Menachinone) ist hoch, wenn nicht sogar durch die Anwesenheit anderer Fette vollständig.<ref name=":7" /> Ferner ist die [[Bioverfügbarkeit]] reinen Vitamin K<sub>1</sub> besser als im Vergleich zu reinen MK-4 oder MK-9, aber geringer als bei reinem MK-7. Dies liegt daran, dass in der Nahrung vorkommendes Vitamin K<sub>1</sub> fest im Pflanzengewebe gebunden ist. Es gibt jedoch keinen Unterschied in der Bioverfügbarkeit von Vitamin K<sub>1</sub> verschiedener Nahrungsmittel, auch die Zubereitung wie Kochen verbessert diese nicht. (Pflanzen-)Fette können jedoch diese um den Faktor 3 erhöhen. Außerdem hängt der Grad der Aufnahme vom jeweiligen Individuum ab. Die Aufnahme von Vitamin K wird ferner durch bestimmte Medikamente beeinflusst: [[Colestyramin|Cholestyramin]] und [[Rifampicin]] senken die Absorption.<ref name=":7" /> Bei [[Orlistat]] sollen Patienten den Fettgehalt ihrer Diät reduzieren, um gewissen Nebenwirkungen zu vermeiden, was sich indirekt auf die Vitamin K-Aufnahme negativ auswirkt.<br />
<br />
Von den Enterozyten wird Vitamin&nbsp;K<sub>1</sub>, an [[Chylomikronen]] gebunden, über die [[Lymphe]] in die [[Vena cava inferior]] transferiert und gelangt damit schließlich in die Gewebe, in denen es verwendet wird (insbesondere in Form von Chylomikronenresten in die [[Leber]]).<ref name=":5" /><ref name=":7" /> Hier kann eine Speicherung bis zu 14 Tagen erfolgen. Vitamin K<sub>2</sub> wird in [[Very Low Density Lipoprotein|VLDL]]/[[Low Density Lipoprotein|LDL]]-Partikel transportiert. In allen Fällen wird die zelluläre Aufnahme von Vitamin K durch Lipoprotein-Rezeptoren vermittelt.<br />
<br />
Im Blut hat MK-7 eine [[Halbwertszeit]] von 72 Stunden, MK-9 etwa 60 Stunden, bei Vitamin K<sub>1</sub> beträgt diese 1-2 Stunden, ähnlich kurz ist die von MK-4.<ref name=":7" /> Im Serum ist die Konzentration von Vitamin K<sub>1</sub>, MK-4, MK-5, MK-6 und MK-8 niedrig (nanomolarer Bereich).<ref name=":7" /> Durch den hohen Konsum von Nattō liegt die Serumkonzentration von MK-7 bei Japanern etwa bei 16 nM, während diese bei Europäern unter 1 nM liegt. Im Körper befinden sich etwa 0,55 mg/kg Körpergewicht Vitamin K<sub>1</sub>, bei Vitamin K2 wurde dieser Wert nicht bestimmt.<br />
<br />
Im [[Nabelschnur]]blut findet sich kein Vitamin&nbsp;K, es wird kaum diaplazentar übertragen. Der [[Fötus|fetale]] Vitamin-K-Vorrat in der Leber beträgt ein Fünftel dessen eines älteren Kindes oder eines Erwachsenen.<br />
<br />
Die K-Vitamine werden – nachdem ihre Seitenkette verkürzt wird – glucuronidiert gleichermaßen via [[Galle]] über den Stuhl und über die [[Niere]]n in den Urin wieder ausgeschieden.<ref name=":5" /> Der Abbau wird hierbei durch eine [[ω-Oxidation]] der Seitenkette initiiert, weitere [[Β-Oxidation|β-Oxidationen]] kürzen anschließend die Seitenkette.<br />
<br />
== Funktionen beim Menschen ==<br />
Die wesentliche Bedeutung von Vitamin&nbsp;K liegt in seinem Beitrag zur [[Posttranslationale Modifikation|posttranslationalen]] Einführung einer [[Carboxygruppe]] in die [[γ-Position]] (endständige Position) von [[Glutaminsäure|Glutamylresten]] verschiedener Proteine, wodurch diese aktiviert werden.<ref name=":4" /><ref name=":7" /> Es sind mindestens 19 Proteine mit geringer Masse (5–10 kDa) bekannt, die über eine γ-Carboxy-Glutaminsäure (Gla) verfügen und für deren Synthese daher Vitamin&nbsp;K notwendig ist.<ref name=":5" /> Davon sind u. a. sieben Proteine mit dem Blut-Gerinnungssystem verbunden. Diese Proteine werden auch als Vitamin K-abhängige Proteine (VKDP) bzw. Gla-Proteine bezeichnet.<ref name=":5" /> Allen gemeinsam ist die Fähigkeit, dass die Gla-Reste nach ihrer Carboxylierung Komplexe mit Calciumionen bilden.<br />
<br />
Für Vitamin K<sub>2</sub> ist inzwischen eine essenzielle Funktion als Elektronentransporter in den [[Mitochondrium|Mitochondrien]] nachgewiesen.<ref name="DOI10.1126/science.1218632">M. Vos, G. Esposito u.&nbsp;a.: ''Vitamin K2 Is a Mitochondrial Electron Carrier That Rescues Pink1 Deficiency.'' In: ''[[Science]].'' 336, 2012, S.&nbsp;1306–1310, [[doi:10.1126/science.1218632]].</ref><br />
<br />
=== Vitamin-K-Zyklus ===<br />
[[Datei:Vitamin-k-zyklus.svg|200px|mini|Umwandlungsformen des Vitamin&nbsp;K bei der γ-Carboxylierung der Vorstufen der Gerinnungsfaktoren]]<br />
Im rauen [[Endoplasmatisches Retikulum|endoplasmatischen Retikulum]] wird Vitamin-K (chemisch als [[Chinone|Chinon]] vorliegend) zu seiner biologisch aktiven Form, dem Vitamin-K-[[Hydrochinon]] (auch: Vitamin&nbsp;KH<sub>2</sub>) [[Reduktion (Chemie)|reduziert]]. KH<sub>2</sub> dient bei der γ-Carboxylierungsreaktion als [[Coenzym|Kofaktor]] der [[Gamma-Glutamylcarboxylase|γ-Glutamylcarboxylase]] (GGCX) und wird zu einem Vitamin-K-2,3-[[Epoxid]] umgewandelt, während die [[Glutaminsäure]] (Glu) des Proteins mittels [[Kohlendioxid|CO<sub>2</sub>]] und Energie aus [[Adenosintriphosphat|ATP]] zur γ-Carboxy-Glutaminsäure (Gla) carboxyliert wird.<br />
<br />
γ-Carboxy-Glutaminsäure ist eine [[Aminosäuren#Nichtkanonische Aminosäuren|nicht-kanonische Aminosäure]], sie besitzt als funktionelle Gruppe eine [[Malonsäure]]struktur. Malonsäure ist eine [[Dicarbonsäure]], ihre beiden Carboxylgruppen besitzen gerade den Abstand zueinander, dass sie mit Ca<sup>2+</sup> [[Chelatkomplexe]] bilden können.<ref> https://www.pnas.org/content/pnas/71/7/2730.full.pdf Proc. Nat. Acad. Sci. USA Vol. 71, No. 7, pp. 2730-2733, July 1974 Vitamin K Dependent Modifications of Glutamic Acid Residues in Prothrombin </ref> Diese Chelat-Bildungs-Fähigkeit ist Voraussetzung der [[Blutgerinnung]]. Die beiden endständigen Carboxygruppen von Gla ermöglichen daher die Chelatbildung von Caclicumionen und daher die biologische Funktion jener Proteine.<ref name=":5" /><br />
<br />
Das Epoxid des Vitamin&nbsp;K wird anschließend mittels einer membranständigen [[Vitamin-K-Epoxid-Reduktase]] (VKORC1) zum [[Chinone|Chinon]] des Vitamin&nbsp;K zurückverwandelt und der Zyklus kann von Neuem beginnen. Durch diese Wiederverwertung ist der physiologische Bedarf an Vitamin K vergleichsweise gering.<br />
<br />
Proteine, die durch den Vitamin K-Zyklus carboxyliert werden, besitzen eine 18 aminosäurelange [[Homologie (Genetik)|homologe]] [[Aminosäuresequenz|Sequenz]], die sich unmittelbar [[Upstream und downstream|upstream]] der carboxylierten [[Proteindomäne]] befindet.<ref name=":7" /> Diese Domäne bindet die GGCX. Nach der Carboxylierung werden die Proteine wahrscheinlich durch den [[Sekretion#Zelluläre Sekretion|sekretorischen Weg]] via den [[Golgi-Apparat]] aus der Zelle transportiert. Dabei erfolgt meistens ein Abschneiden der Prosequenz (z. B. bei Prothrombin durch Ca<sup>2+</sup>-abhängige [[Serinproteasen|Serinprotease]]), um das aktive Protein zu erhalten. Bei manchen Proteinen verbleibt aber diese Prosequenz, z. B. beim Matrix-Gla-Protein (MGP). Zudem beeinflusst der Grad der Carboxylierung die anschließende Sekretion – bei den Gerinnungsfaktoren II (Prothrombin) sowie X ([[Stuart-Prower-Faktor]]) kann dies auch im uncarboxylierten Zustand passieren, während dies bei [[Protein C]] und [[Protein Z|Z]] ausschließlich in carboxylierter Form geschieht.<ref name=":7" /><br />
<br />
Die biologische Aktivität von Vitamin&nbsp;K ist also auf seine Fähigkeit zurückzuführen, zwischen seinen oxidierten (Chinon) und reduzierten (Hydrochinon) Formen im Vitamin-K-Zyklus zu wechseln. Die Aktivität der Vitamere unterscheidet sich aber in Bezug auf die Carboxylierung.<ref name=":7" /> Während Vitamin K<sub>3</sub> keine solche aufweist, ist Vitamin K<sub>1</sub> weniger aktiv als MK-4; und je mehr Isoprenoid-Einheiten der Seitenkette vorliegen, desto geringer wird diese. Bei der Vitamin K-abhängigen Synthese von Gerinnungsfaktoren ist MK-7 aktiver als K<sub>1</sub>.<br />
<br />
Die Epoxidreduktase und die Vitamin-K-Reduktase können durch die gerinnungshemmenden Medikamente [[Dicoumarol]], [[Marcumar]] und [[Warfarin]] inhibiert werden. Fehlt Vitamin K oder wird es durch einen Antagonisten blockiert, kann es zwar als Chinon zu KH<sub>2</sub> durch eine cytosolische NAD(P)H-abhängige [[Oxidoreduktasen|Oxidoreduktase]] bzw. [[NAD(P)H-Dehydrogenase]] reduziert werden.<ref name=":7" /> Jedoch gerät der Zyklus danach ins Stocken, da das Epoxid nicht Substrat für dieses Enzym ist.<br />
<br />
Das Allel des Apolipoproteins E2 scheint ein Risikofaktor für die Entwicklung eines Vitamin-K-Mangels zu sein.<ref>A. M. Craciun, C. Vermeer: ''Apolipoprotein E genotype may influence urinary gammacarboxyglutamate (Gla) concentrations in young individuals.'' In: ''General physiology and biophysics.'' ahead of print, 2. Juli 2013, PMID 23817635, {{DOI|10.4149/gpb_2013030}}</ref><br />
<br />
=== Blutgerinnung ===<br />
Vitamin K ist daran beteiligt, die [[Gerinnungsfaktor]]en [[Prothrombin|II]] (Prothrombin), [[Proconvertin|VII]] (Proconvertin), [[Christmas-Faktor|IX]] (Christmas-Faktor) und [[Stuart-Prower-Faktor|X]] (Stuart-Prower-Faktor) in ihre gerinnungswirksamen Formen zu überführen. Dies passiert auch bei den gerinnungshemmenden [[Protein C]], [[Protein S|S]] und [[Protein Z|Z]], die als Vorstufen in der Leber und in den [[Endothel]]zellen synthetisiert werden.<ref name=":4" /> In allen Fällen ermöglicht die Carboxylierung das Binden von [[Calcium]]ionen an den Carboxyglutamatresten (Gla), wodurch es zu einer Konformationsänderung kommt. Dadurch wird die [[Phospholipide|Phospholipid]]-bindende Domäne exponiert, und die Proteine werden an den Phospholipidmembranen von [[Thrombozyt]]en verankert.<ref name=":7" /> Dort formen sie membrangebundene Komplexe mit anderen Gerinnungsfaktoren.<ref name=":4" /> Die Vitamin K-abhängige Carboxylierung ist ein essentieller Schritt für ihre biochemische Aktivität im Gerinnungssystem.<br />
<br />
Hohe Dosierungen von Vitamin&nbsp;K (bis 40&nbsp;mg tgl.) gehen nicht mit pathologisch veränderten Gerinnungswerten (z.&nbsp;B. einer verstärkten Blutgerinnung und [[Thromboseneigung]]) einher, da die erhöhte Gerinnungsneigung und [[Fibrinolyse]] im Gleichgewicht bleiben.<ref name="Plaza">S. M. Plaza, D. W. Lamson: {{Webarchiv |url=http://www.altmedrev.com/publications/10/1/24.pdf |text=''Vitamin K2 in bone metabolism and osteoporosis.'' |wayback=20150910010321 |archiv-bot=2023-02-06 21:26:10 InternetArchiveBot}} (PDF) In: ''Alternative medicine review: a journal of clinical therapeutic'', Band 10, Nummer 1, März 2005, S.&nbsp;24–35, PMID 15771560 (Review).</ref><br />
<br />
Gerinnungshemmende Arzneistoffe der [[4-Hydroxycumarine|Cumarin]]-Gruppe wie [[Phenprocoumon]] oder [[Warfarin]] können durch vergleichsweise kleine Mengen Vitamin&nbsp;K (1&nbsp;mg) in ihrer Wirkung aufgehoben werden; sind sie im Einsatz, darf kein Vitamin&nbsp;K zusätzlich zur normalen Nahrung gegeben werden.<br />
<br />
=== Knochenstoffwechsel ===<br />
Für die Knochenmineralisation ist [[Osteocalcin]] (OC) beteiligt, das größtenteils in [[Osteoblast]]en synthetisiert wird. Durch Vitamin K werden drei Glu-Reste carboxyliert, die [[Signalsequenz]] wird durch Peptidasen abgespalten.<ref name=":7" /> Das prozessierte OC wird dann in die Knochenmatrix ausgeschieden und hat – analog den Gerinnungsfaktoren – eine hohe Affinität zu Calciumionen. Diese kommen im [[Hydroxylapatit]] vor, so dass das Protein daran bindet. Ursprünglich dachte man, dass carboxyliertes Osteocalcin die Bildung von Hydroxyapatit initiieren würde; stattdessen reguliert es dessen Größe und die Anordnung der [[Apatit]]kristalle in den [[Kollagene|Kollagenfasern]]. Dies hat Einfluss auf die [[Knochendichte]] und die Schutzwirkung gegenüber Knochenbrüchen. Während der Knochenresorption fällt der pH-Wert in den Knochen, was in einer Decarboxylierung von Osteocalcin und dessen Freisetzung resultiert. Unter- bzw. decarboxyliertes Osteocalcin (ucOC) gilt als [[Hormon]], es gibt Hinweise darauf, dass es die Freisetzung von [[Insulin]] (was die Knochenresorption stimuliert) bewirkt.<ref name=":7" /> Darüber hinaus dient es als Marker für die Knochenqualität, bei Knochenbrüche sind dessen Werte erhöht. Eine Supplementation von Vitamin K senkt die Serumwerte und beeinflusst das Verhältnis von ucOC zum Gesamtgehalt von OC. Dadurch eignet es sich zur Bestimmung des Vitamin K-Spiegels (vgl. Abschnitt [[Vitamin K#Nachweismethoden und Statusbestimmung|Nachweismethoden und Statusbestimmung]]).<br />
<br />
Während der [[Nurses’ Health Study]], einer Studie mit über 72.000 Probandinnen, wurde gezeigt, dass Vitamin&nbsp;K<sub>1</sub> einen wesentlichen Einfluss auf das Osteoporoserisiko hat.<ref name="PMID9925126">D. Feskanich, P. Weber, W. C. Willett, H. Rockett, S. L. Booth, G. A. Colditz: [https://academic.oup.com/ajcn/article/69/1/74/4694133 ''Vitamin K intake and hip fractures in women: a prospective study.''] In: ''The American journal of clinical nutrition'', Band 69, Nummer 1, Januar 1999, S.&nbsp;74–79, PMID 9925126.</ref> Die Gruppe, die am wenigsten Vitamin&nbsp;K<sub>1</sub> zu sich nahm, hatte ein um ca. 42 % erhöhtes Risiko für Hüftknochenbrüche (verursacht durch Osteoporose). Interessanterweise zeigte sich außerdem, dass Probanden mit höherer [[Cholecalciferol|Vitamin-D]]-Einnahme bei gleichzeitiger geringer Vitamin-K-Einnahme ein erhöhtes Knochenbruch-Risiko aufwiesen. Aufgrund dieser und anderer Studien hat die [[Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit]] (EFSA) ein positives Gutachten erstellt – damit ist eine [[Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 (Health Claims)|gesundheitsbezogene Aussage]] („Vitamin&nbsp;K trägt zur Erhaltung normaler Knochen“) erlaubt.<ref>''Scientific Opinion on the substantiation of health claims related to vitamin K and maintenance of bone''. In: ''[[Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit|EFSA]] Journal'', 2009, 7 (9), S. 1228, [[doi:10.2903/j.efsa.2009.1228]]</ref><ref name="Hinneburg" /> Im Gutachten der EFSA ist eine ausreichende Vitamin-K-Aufnahme durch eine ausgewogene Ernährung gewährleistet.<br />
<br />
Vitamin K<sub>1</sub> und K<sub>2</sub> wurden in verschiedenen klinischen Studien auf ihre Wirksamkeit in der Osteoporoseprophylaxe und -therapie getestet: Frauen nach der [[Menopause]] gelten als wichtige Risikogruppe für eine Osteoporose. Nach Auswertung verschiedener Studien hat eine Vitamin-K-Supplementation keinen Effekt, das Risiko von Wirbelbrüchen zu senken.<ref name="Hinneburg">{{Internetquelle |autor=Iris Hinneburg |url=https://www.medizin-transparent.at/vitamin-k-osteoporose/ |titel=Osteoporose: Schützt Vitamin K vor spröden Knochen? |werk=[[Medizin transparent]] |datum=2020-06-09 |abruf=2020-08-27}}</ref> Bezüglich Brüchen an anderen Knochen zeigte sich allenfalls ein kleiner Nutzen, der aber bei Studien mit guter Qualität nicht mehr zum Vorschein kommt.<ref name="Hinneburg" /> Daher ist wegen fehlender wissenschaftlicher Belege das Bewerben mit einer Schutzwirkung vor Osteoporose nicht zulässig.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.klartext-nahrungsergaenzung.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/vitamin-kprodukte-was-ist-sinnvoll-26574 |titel=Vitamin K-Produkte – was ist sinnvoll? |werk=[[Verbraucherzentrale]] |datum=2021-10-11 |abruf=2022-04-16}}</ref><br />
<br />
=== Zellwachstumsregulierung ===<br />
Es existiert eine Reihe von Vitamin-K-abhängigen Rezeptor-Ligand-Systemen, die am Zellmetabolismus, dem Zellüberleben, ihren Transformationen und ihren Replikationen beteiligt sind. Hierzu gehören das [[Growth-arrest-specific gene-6|Gas6]], ein Vitamin-K-abhängiges Protein, welches als Ligand an verschiedene [[Rezeptor-Tyrosinkinasen]] bindet und diese aktiviert.<ref>{{Literatur |Autor=Sassan Hafizi, Björn Dahlbäck |Titel=Gas6 and protein S. Vitamin K-dependent ligands for the Axl receptor tyrosine kinase subfamily |Sammelwerk=The FEBS journal |Band=273 |Nummer=23 |Datum=2006-12 |DOI=10.1111/j.1742-4658.2006.05529.x |PMID=17064312 |Seiten=5231–5244}}</ref> Eine Überexpression von Gas6 wurden in verschiedenen [[Krebs (Medizin)|Krebszellen]] beobachtet.<ref name=":7" /> Zudem hat man bei Krebszellen von [[Brustkrebs|Brust]]- und [[Hautkrebs|Hauttumoren]] einen veränderten Carboxylierungsgrad Gla-reicher Proteine (''Gla-rich proteins'', GRP) gefunden; der Carboxylierungsgrad wird durch Vitamin K vermittelt.<ref name=":8">{{Internetquelle |autor=Alexandra Schek |url=https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/13-12-2017-vitamin-k-ein-update-teil-2/ |titel=Vitamin K – ein Update, Teil 2 |werk=Ernährungs-Umschau |datum=2017-12-13 |abruf=2022-04-08}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Huiyu Xiao et al. |Titel=Role of emerging vitamin K‑dependent proteins: Growth arrest‑specific protein 6, Gla‑rich protein and periostin (Review) |Sammelwerk=International Journal of Molecular Medicine |Band=47 |Nummer=3 |Datum=2021-03 |DOI=10.3892/ijmm.2020.4835 |PMC=7834955 |PMID=33448308 |Seiten=2}}</ref><br />
<br />
Ob Vitamin K eine Rolle bei der Prävention von Krebserkrankungen hat, ist Gegenstand der Forschung. Die Datenlage aus [[Interventionsstudie]]n ist nicht ausreichend, um daraus Schlüsse zu ziehen.<ref name=PKIN2020VitK>{{cite book |title=Present Knowledge in Nutrition, Eleventh Edition |chapter=Vitamin K |editor=B. P. Marriott, D. F. Birt, V. A. Stallings, A. A. Yates |publisher=Academic Press (Elsevier) |date=2020 |location=London, United Kingdom |pages=137–154 |isbn=978-0-323-66162-1}}</ref><ref name=":8" /> [[Beobachtungsstudie]]n geben ein uneinheitliches Bild.<ref name=":7" /> Eine längerfristige Einnahme von Vitamin K-''Antagonisten'' im Rahmen einer Antikoagulationstherapie war mit einem reduzierten Krebsauftreten assoziiert<ref>{{Literatur |Autor=Mohammed Shurrab et al. |Titel=Long-Term Vitamin K Antagonists and Cancer Risk: A Systematic Review and Meta-Analysis |Sammelwerk=American Journal of Clinical Oncology |Band=42 |Nummer=9 |Datum=2019-09 |DOI=10.1097/COC.0000000000000571 |PMID=31313676 |Seiten=717–724}}</ref>; speziell bei [[Prostatakrebs]] gibt es aber divergierende Reviews.<ref>{{Literatur |Autor=Jin-Dan Luo et al. |Titel=Is use of vitamin K antagonists associated with the risk of prostate cancer?: A meta-analysis |Sammelwerk=Medicine |Band=97 |Nummer=49 |Datum=2018-12 |DOI=10.1097/MD.0000000000013489 |PMC=6310569 |PMID=30544443 |Seiten=e13489}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Kasper Bruun Kristensen et al. |Titel=Use of vitamin K antagonists and risk of prostate cancer: Meta-analysis and nationwide case-control study |Sammelwerk=International Journal of Cancer |Band=144 |Nummer=7 |Datum=2019-04-01 |DOI=10.1002/ijc.31886 |PMID=30246248 |Seiten=1522–1529}}</ref><br />
<br />
=== Gefäßverkalkung ===<br />
Es wird vermutet, dass auch der Prozess der Gefäßverkalkung durch Proteine mit γ-carboxylierten Glutaminsäureresten („Gla-Proteine“) gesteuert ist. Verkalkungen großer [[Arterie]]n kommen vor allem bei älteren Menschen mit [[Osteoporose]] vor, die einen wenig gesättigten Vitamin-K-Status haben. Es wird daher spekuliert, dass Vitamin&nbsp;K vor „Arterienverkalkung“ schützt.<ref name="Schurgers">L. J. Schurgers u.&nbsp;a.: ''Role of vitamin K and vitamin-K-dependent proteins in vascular calcification.'' In: ''[[Zeitschrift für Kardiologie]]'', Band 90, 2001, Nr. 3, S. 57–63. PMID 11374034</ref><br />
<br />
Vitamin K<sub>2</sub> ist wichtig für ein gesundes [[Herz-Kreislauf-System]]: Die Rotterdam-Herz-Studie zeigte, dass Menschen, die sich über einen zehnjährigen Beobachtungszeitraum von Nahrungsmitteln mit hohem Anteil an natürlichem Vitamin&nbsp;K<sub>2</sub> (mindestens 32&nbsp;µg täglich) ernährten, deutlich weniger Calciumablagerungen in den Arterien und eine weit bessere Herz-Kreislauf-Gesundheit aufwiesen als andere. Das Ergebnis der Studie ist, dass Vitamin&nbsp;K<sub>2</sub> das Risiko, eine Gefäßverkalkung zu entwickeln oder an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, um 50 % reduziert.<ref>Geleijnse u.&nbsp;a.: ''Dietary intake of menaquinone is associated with a reduced risk of coronary heart disease: the Rotterdam Study'' In: ''J Nutr.'', 2004 Nov, 134(11), S. 3100–3105, PMID 15514282</ref> Eine weitere Studie zeigte, dass Vitamin&nbsp;K<sub>2</sub> die Kalzifikation nicht nur verhindern, sondern sogar umkehren kann: In der Studie wurde Ratten der Vitamin-K-Antagonist [[Warfarin]] verabreicht, um eine Verkalkung der Arterien herbeizuführen. Ein Teil der Ratten erhielt danach Vitamin-K<sub>2</sub>-haltiges Futter, während die anderen mit normaler Nahrung gefüttert wurden. Das Vitamin&nbsp;K<sub>2</sub> führte bei den Tieren zu einer Reduktion des Calciumgehalts in den Arterien um 50 %.<ref>Schurgers u.&nbsp;a.: ''Regression of warfarin-induced medial elastocalcinosis by high intake of vitamin K in rats'' In: ''[[Blood (Zeitschrift)|Blood]]'', 2007 Apr 1, 109(7), S. 2823–2831, PMID 17138823.</ref><br />
<br />
== Vorkommen ==<br />
{{Siehe auch|Phyllochinon#Vorkommen|titel1=Abschnitt „Vorkommen“ bei Vitamin K<sub>1</sub>}}<br />
{{Siehe auch|Menachinon#Vorkommen|titel1=Abschnitt „Vorkommen“ bei Vitamin K<sub>2</sub>}}<br />
<br />
In Nahrungsmitteln kommt Vitamin K vor allem in Form von [[Phyllochinon]] (Vitamin K<sub>1</sub>) vor; es findet sich in allen grünen und damit photosynthetisch aktiven Pflanzen(teilen), z. B. [[Spinat]], [[Blattsalat]] und andere Salatarten, [[Gemüsekohl]], [[Petersilie]] oder [[Avocado]].<ref name=":4">{{Literatur |Autor=Dominique Turck et al. |Titel=Dietary reference values for vitamin K |Sammelwerk=EFSA Journal |Band=15 |Nummer=5 |Datum=2017-05 |DOI=10.2903/j.efsa.2017.4780 |PMC=7010012 |PMID=32625486}}</ref> Daneben enthalten [[Kernöl]]e und andere Öle Vitamin K<sub>1</sub>.<br />
<br />
Menaquinon (Vitamin K<sub>2</sub>) ist v. a. in tierischen Produkten enthalten, gerade die [[Leber]] enthält viel MK-4, MK-9 und MK-11. In Fleisch ([[Haushuhn|Huhn]]) und Fleischprodukten kommt hauptsächlich MK-4 vor.<ref name=":4" /> Zudem findet es sich in ([[Frischkäse|Frisch-]])[[Käse]] oder [[Quark (Milchprodukt)|Quark]]. Dies liegt daran, dass zur [[Fermentation]] dieser Milchprodukte Bakterien zugegeben werden, die hauptsächlich MK-8 ([[Lactobacillus|Laktobazillen]]) bzw. MK-9 ([[Propionibakterien|Propionibakterien]]) erzeugen.<ref name=":5">{{Internetquelle |autor=Alexandra Schek |url=https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/14-11-2017-vitamin-k-ein-update-teil-1/ |titel=Vitamin K – ein Update, Teil 1 |werk=Ernährungs-Umschau |datum=2017-11-14 |abruf=2022-03-30}}</ref> Die größte Quelle an Vitamin K<sub>2</sub> stellt das japanische [[Nattō]] dar.<ref name=":5" /><ref name=":4" /> Bei Eiern tritt insbesondere MK-4 auf, ferner findet sich Vitamin K<sub>2</sub> in [[Schokolade]], [[Brot]] oder [[Gewürz]]en.<br />
<br />
Zwar vermag das Mikrobiom des Darmes MK-8 ([[Enterobakterien]]), MK-10 und MK-11 (''[[Bacteroides]]'') zu bilden, aber dieses wird kaum aufgenommen.<ref name=":5" /> Dies liegt an den im Darm fehlenden [[Lipasen]] und [[Gallensäuren]].<br />
<br />
Wichtig ist, dass das Vitamin&nbsp;K kaum [[Plazenta|diaplazentar]] übertragen wird und das Neugeborene auch mit der Muttermilch wenig Vitamin&nbsp;K erhält. Entgegen der weitverbreiteten Meinung, dass das [[Kolostrum]] im Vergleich zur Muttermilch viel Vitamin&nbsp;K enthalte, konnte in einer Studie gezeigt werden, dass es praktisch keine Unterschiede im Vitamin-K-Gehalt von Muttermilch und Kolostrum gibt. Der Vitamin-K-Gehalt der Muttermilch hängt von der Nahrungszufuhr der Mutter ab und liegt bei etwa 3&nbsp;µg/l.<ref name="Canfield">LM Canfield et al.: ''Vitamin K in colostrum and mature human milk over the lactation period--a cross-sectional study''. In: ''Am J Clin Nutr.'', 1991 Mar;53(3), S. 730–735.</ref><br />
<br />
== Bedarf ==<br />
Die [[Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit|EFSA]] gibt als empfohlene Tagesdosis (''[[Adequate Intake]]'') für alle Alters- und Geschlechtsgruppen eine Aufnahmemenge von 1 µg/kg Körpergewicht Phyllochinon an.<ref name=":0" /> Sie differenziert hierbei aber nicht weiter zwischen der Aufnahme von [[Vitamin K1|Vitamin K<sub>1</sub>]] und K<sub>2</sub>. Anhand Referenzkörpergewichte empfiehlt die EFSA Säuglingen zwischen 7 und 11 Monaten täglich etwa 10 µg Vitamin K, bei Personen über 18 Jahren etwa 70 µg. Anfang des Jahres 2017 wurde diese bereits im Jahre 1993 formulierte Zufuhrempfehlung erneut bestätigt.<br />
<br />
Das [[Bundesinstitut für Risikobewertung]] (BfR) gibt ähnliche Werte für die [[D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr|D-A-CH-Region]] an. Die tägliche Aufnahme steigert sich mit dem Alter: Kinder unter 7 Jahren sollen 20 µg pro Tag, von 7 bis unter 10 Jahren 30 µg pro Tag, von 10 bis unter 13 Jahren 40 µg pro Tag und von 13 bis unter 15 Jahren 50 µg pro Tag einnehmen. Danach unterscheidet sie bei Jugendlichen und Erwachsenen nach Geschlecht. So werden von 15 bis 51 Jahren 70 µg (Männer) bzw. 60 µg (Frauen) empfohlen. Im Alter erhöht sich weiter der Bedarf: Bei ab 65-Jährigen liegt die Tagesempfehlung bei 80 µg (Männer) bzw. 65 µg (Frauen). [[Schwangerschaft|Schwangere]] und [[Stillen]]de sollen 60 µg täglich einnehmen.<br />
<br />
Eine Tagesverzehrempfehlung von Vitamin K<sub>1</sub> und K<sub>2</sub> in [[Nahrungsergänzungsmittel]]n wird durch das BfR von maximal 80 µg bzw. 25 µg angegeben.<ref name=":0" /> Zudem sollen Personen, die gerinnungshemmende Medikamente (vom Cumarintyp) einnehmen, vor dem Verzehr von Vitamin K-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln ärztlichen Rat einholen.<br />
<br />
Da Neugeborene dem (seltenen) Risiko eines klinisch relevanten Vitamin-K-Mangels mit der Gefahr gefährlicher Hirnblutungen ausgesetzt sind, wird eine Vitamin-K-Prophylaxe in den meisten Ländern der Welt so bald wie möglich nach der Geburt, also noch im Kreißsaal, dringend empfohlen.<ref name=":9" /><br />
<br />
:{{Siehe auch|Vitamin_K#Vitamin-K-Mangelblutung_(VKMB)_des_Neugeborenen|titel1=Abschnitt „Vitamin-K-Mangelblutung (VKMB) des Neugeborenen“}}<br />
<br />
== Nachweismethoden und Statusbestimmung ==<br />
Die genaue Bestimmung des Vitamin K-Status gelingt am besten durch Auswertung verschiedener [[Biomarker]], auch in Kombination von Verzehrshäufigkeitsfragebögen (Abfrage Verzehrshäufigkeiten von Lebensmitteln über einen längeren Zeitraum).<ref name=":5" /><br />
<br />
* [[Urin]]tests (z. B. auf Menadion, Gla, oder 5C/7C-Metabolite der Vitamin K-Vitamere) sind zwar sensitiv, aber schwer zu implementieren, da sie Urinabnahmen über einen Zeitraum von 24 Stunden bedürfen.<br />
<br />
* Die Bestimmung der Serumkonzentration von Phylloquinon eignet sich gut für die Bestimmung von Vitamin K eher größerer Populationsgruppen. Dies liegt daran, dass zwischen Individuen starke Schwankungen auftreten. Allgemein ist die Abnahme im nüchternen Zustand empfohlen, zudem soll der Messwert mit der Triglyceridkonzentration abgeglichen werden. Die Plasmakonzentration von Vitamin K<sub>1</sub> wird je nach Nachweismethode mit 0,3–1 ng/ml Blut angegeben.<ref name="Biesalsky" /><br />
<br />
* Als verlässlicher Marker gilt die Bestimmung dephosphorylierten, untercarboxylierten Matrix-Gla-Proteins (dp-ucMGP) mittels [[Enzyme-linked Immunosorbent Assay|ELISA]]. Ungenügend carboxyliertes Osteocalcin (ucOC) ist ein relativ guter Marker für den Vitamin K-Status, was ebenfalls mittels ELISA bestimmt wird. ucOC wird entweder als Verhältnis von untercarboxylierten Osteocalcin zum Totalwert angegeben (% ucOC), oder als Verhältnis von untercarboxylierten zu carboxyliertem Osteocalcin (ucOC/cOC).<br />
<br />
Nicht geeignet ist die Bestimmung untercarboxylierten bzw. ungenügend carboxylierten Prothrombins, da es stark von der Leberfunktion abhängt. Serumwerte von Menaquinon sind in der Regel zu niedrig für eine verlässliche Bestimmung mittels [[Hochleistungsflüssigkeitschromatographie|HPLC]]. Eine Ausnahme stellen Individuen dar, die viel Nattō konsumieren (z. B. in Japan). Empfohlen wird hier die Abnahme im nüchternen Zustand, zudem soll der Messwert mit der Triglyceridkonzentration abgeglichen werden.<ref name=":5" /><br />
<br />
Mit dem ''Koller-Test'' (Änderung des [[Quickwert]]es nach einmaliger [[Intravenös|intravenöser]] Gabe von Vitamin&nbsp;K) kann festgestellt werden, ob eine Carboxylierungsstörung der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsproteine an einer mangelhaften Resorption von Vitamin&nbsp;K (Vitamin-K-Mangel in der Leber z.&nbsp;B. bei Cholestase) oder an einem Leberzellschaden mit einer Proteinsynthesestörung und daher an einer Verwertungsstörung für Vitamin&nbsp;K liegt.<br />
<br />
Neuere analytische Verfahren ermöglichen die sichere qualitative und quantitative Bestimmung von Vitamin K, auch neben anderen lipophilen Vitaminen, nach angemessener [[Probenvorbereitung]] durch Kopplung der [[HPLC]] mit der [[Massenspektrometrie]].<ref>Fu X, Peterson JW, Hdeib M, Booth SL, Grusak MA, Lichtenstein AH, Dolnikowski GG: ''Measurement of deuterium-labeled phylloquinone in plasma by high-performance liquid chromatography/mass spectrometry.'', Anal Chem. 2009 Jul 1;81(13):5421-5, PMID 19563214.</ref><ref>Kopec RE, Schweiggert RM, Riedl KM, Carle R, Schwartz SJ: ''Comparison of high-performance liquid chromatography/tandem mass spectrometry and high-performance liquid chromatography/photo-diode array detection for the quantitation of carotenoids, retinyl esters, α-tocopherol and phylloquinone in chylomicron-rich fractions of human plasma.'', Rapid Commun Mass Spectrom. 2013 Jun 30;27(12):1393-402, PMID 23681818.</ref><ref>Sim M, Lewis JR, Prince RL, Levinger I, Brennan-Speranza TC, Palmer C, Bondonno CP, Bondonno NP, Devine A, Ward NC, Byrnes E, Schultz CJ, Woodman R, Croft K, Hodgson JM, Blekkenhorst LC: ''The effects of vitamin K-rich green leafy vegetables on bone metabolism: A 4-week randomised controlled trial in middle-aged and older individuals.'', Bone Rep. 2020 Apr 26;12:100274, PMID 32455149.</ref><ref>Meinitzer A, Enko D, Zelzer S, Prüller F, Alonso N, Fritz-Petrin E, Herrmann M: ''Development of a liquid chromatography mass spectrometry method for the determination of vitamin K1, menaquinone-4, menaquinone-7 and vitamin K1-2,3 epoxide in serum of individuals without vitamin K supplements.'', Clin Chem Lab Med. 2022 Apr 18;60(7):1011-1019, PMID 35427444.</ref> Die Verfahren eignen sich auch für die Analytik von Nahrungsmitteln.<ref>Oberson JM, Campos-Giménez E, Rivière J, Martin F: ''Application of supercritical fluid chromatography coupled to mass spectrometry to the determination of fat-soluble vitamins in selected food products.'', J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci. 2018 Jun 1;1086:118-129, PMID 29665470.</ref><ref>Campillo N, Marín J, Viñas P, Garrido I, Fenoll J, Hernández-Córdoba M: ''Microwave Assisted Cloud Point Extraction for the Determination of Vitamin K Homologues in Vegetables by Liquid Chromatography with Tandem Mass Spectrometry.'', J Agric Food Chem. 2019 Jun 12;67(23):6658-6664, PMID 31094511.</ref><ref>Dunlop E, Jakobsen J, Jensen MB, Arcot J, Qiao L, Cunningham J, Black LJ: ''Vitamin K content of cheese, yoghurt and meat products in ralia.'', Food Chem. 2022 Dec 15;397:133772, PMID 35907393.</ref><ref>Wen Lee H, Bi X, Jeyakumar Henry C: ''Carotenoids, tocopherols and phylloquinone content of 26 green leafy vegetables commonly consumed in Southeast Asia.'', Food Chem. 2022 Aug 15;385:132729, PMID 35313196.</ref><br />
<br />
== Mangelerscheinung (Hypovitaminosen) ==<br />
Insgesamt sind bei normaler Ernährung ernstere [[Hypovitaminose]]n und Avitaminosen selten (wenn man den Bedarf nicht nach den Erfordernissen einer Osteoporoseprophylaxe etc. bemisst, die wesentlich höhere Dosen erfordert). Es gibt jedoch einige Situationen, in denen sie sehr wohl auftreten können.<br />
<br />
=== Medikamentöse Antikoagulation ===<br />
[[Cumarin]]-Derivate, die zur oralen Antikoagulation eingesetzt werden, sind [[Antagonist (Pharmakologie)|Gegenspieler]] (Antagonisten) des Vitamin&nbsp;K und können bei [[Überdosierung]] zu lebensgefährlichen Blutungen aufgrund eines relativen Vitamin-K-Mangels führen. Dabei sind die Cumarin-Derivate [[Enzymhemmung|Enzymhemmer]] vor allem der Vitamin-K-Epoxid-Reduktase (VKOR) und führen somit, trotz ausreichenden Vorhandenseins von Vitamin-K-Epoxid, zu einem Mangel an Vitamin-K-Hydrochinon, das für den Carboxylase-Schritt bei der Proteinbildung der Vitamin-K-abhängigen Proteine notwendig ist.<br />
<br />
Da es [[Polymorphismus|Polymorphismen]] im ''VKORC1''-Gen, das das VKOR-Enzym codiert, gibt, die unterschiedlich stark von Cumarin-Derivaten gehemmt werden, gibt es teilweise Schwierigkeiten, die korrekte Cumarin-Dosierung zu finden und Überlegungen, mittels eines Gentests VKOR-Polymorphismen vorab nachzuweisen. Ob dies allerdings tatsächlich zu einer besseren Dosierung und weniger Komplikationen führt, ist trotz dreier großer Studien unklar.<ref name="DOI10.1056/NEJMe1313682">Bruce Furie: ''Do Pharmacogenetics Have a Role in the Dosing of Vitamin K Antagonists?'' In: ''New England Journal of Medicine.'' 369, 2013, S.&nbsp;2345–2346, [[doi:10.1056/NEJMe1313682]]</ref><br />
<br />
=== Vitamin-K-Mangelblutung (VKMB) des Neugeborenen ===<br />
Die Serumkonzentration von Vitamin K<sub>1</sub> ist bei [[Neugeborenes|Neugeborenen]] noch sehr gering, da es kaum [[plazenta]]gängig ist.<ref name=":9" /> Dadurch resultiert eine eingeschränkte Syntheseleistung von Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren bis zum Ende der Schwangerschaft. Im Vergleich zur [[Babynahrung|Säuglingsnahrung]] ist die Vitamin-K<sub>1</sub>-Konzentration in Muttermilch gering (etwa 2,5 µg/l).<ref name=":9" /> Bei Babynahrung wird zusätzlich mittels Vitamin K supplementiert. Daher haben gestillte Neugeborene ohne zusätzliche Vitamin-K-Prophylaxe ein Risiko, an einer Vitamin-K-Mangelblutungen (VKMB, [[Morbus haemorrhagicus neonatorum]]) zu erkranken. Erst ab dem 3. bis 4. Lebenstag erreichen die Serumkonzentrationen an Vitamin K<sub>1</sub> diejenigen im Bereich eines Erwachsenen.<ref name=":9" /><br />
<br />
Eine VKMB wird je nach Zeitpunkt der klinischen Symptomatik klassifiziert.<ref name=":9" /> Eine frühe VKMB tritt innerhalb von 24 Stunden nach Geburt, die klassische VKMB zwischen dem 2. und 7. Lebenstag auf, bei beiden mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:60–1:250 Neugeborenen<ref name=":10">{{Internetquelle |autor= |url=https://www.cdc.gov/ncbddd/vitamink/facts.html |titel=What is Vitamin K Deficiency Bleeding? |werk=CDC |datum=2019-12-19 |sprache=en |abruf=2022-04-14}}</ref> (insbesondere bei Müttern, die bestimmte Medikamente wie enzyminduzierende Antiepileptika, Cumarine oder Tuberkulostatika einnahmen). Die späte VKMB (2. bis zur 12. Lebenswoche) wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:14.000–1:25.000 beobachtet.<ref name=":10" /> In sehr schweren Fällen kann die VKMB zum Tode führen (z.&nbsp;B. durch plötzliche [[Hirnblutung|Hirnblutungen]]).<ref>Vgl. auch Ludwig Weissbecker: ''Vitamin K-Avitaminose (Hypoprothrombinämie).'' In: [[Ludwig Heilmeyer]] (Hrsg.): ''Lehrbuch der Inneren Medizin.'' Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1089 f.</ref> Insbesondere Neugeborene mit einer Leber- oder Gallenkrankheit, [[Frühgeburt|Frühgeborene]] oder fehlernährte Säuglinge haben ein hohes Risiko, da diese das wenige Vitamin&nbsp;K, das angeboten wird, nicht richtig resorbieren und verwerten können. Die Blutungen treten in der Regel in den ersten zwölf Wochen auf.<ref>{{Literatur |Autor=A. H. Sutor et al. |Titel=Vitamin K deficiency bleeding (VKDB) in infancy. ISTH Pediatric/Perinatal Subcommittee. International Society on Thrombosis and Haemostasis |Sammelwerk=Thrombosis and Haemostasis |Band=81 |Nummer=3 |Datum=1999-03 |PMID=10102477 |Seiten=456–461}}</ref><br />
<br />
Zur Vermeidung gerade von lebensbedrohlichen Blutungen durch Vitamin-K-Mangel wird eine Supplementation kurz nach der Geburt empfohlen. Weltweit wird dies unterschiedlich gehandhabt: Entweder dosiert man 1&nbsp;mg Vitamin&nbsp;K intramuskulär (z.&nbsp;B. Australien, USA<ref name=":10" />), 3&nbsp;×&nbsp;2&nbsp;mg Vitamin&nbsp;K<sub>1</sub> oral postnatal (U1), zwischen dem 3. und dem 10. Lebenstag (U2) und zwischen der 4. und der 6. Lebenswoche (U3) (z.&nbsp;B. in Deutschland, Schweiz)<ref name=":9">{{Internetquelle |url=https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/024-022l_S2k_Prophlaxe_Vitamin_K_Mangel_Neugeborene_2016-04-abgelaufen.pdf |titel=S2k-Leitlinie - Prophylaxe von Vitamin-K-Mangel-Blutungen (VKMB) bei Neugeborenen |werk=AWMF |datum=2016-03 |format=PDF |abruf=2022-04-13}}</ref> oder 1&nbsp;mg nach der Geburt oral und anschließend täglich 150&nbsp;µg bis zur 12. Woche (Niederlanden<ref>{{Literatur |Autor=J. Peter de Winter, Koen F. M. Joosten, Marloes M. Ijland, Henkjan J. Verkade, Martin Offringa |Titel=[New Dutch practice guideline for administration of vitamin K to full-term newborns] |Sammelwerk=Nederlands Tijdschrift Voor Geneeskunde |Band=155 |Nummer=18 |Datum=2011-01-01 |Seiten=A936 |PMID=21672291}}</ref>). Das Risiko für eine späte Vitamin-K-Mangelblutung kann so auf 0:100.000 bzw. 0,44:100.000 reduziert werden.<ref name="Cornelissen">M. Cornelissen u.&nbsp;a.: "Prevention of vitamin K deficiency bleeding: efficacy of different multiple oral dose schedules of vitamin K", Eur J Pediatr, Vol. 156 (1997), S. 126.</ref><ref name="3times2mg">R. von Kries, A. Hachmeister, U. Göbel: ''Can 3 oral 2 mg doses of vitamin K effectively prevent late vitamin K deficiency bleeding?'' In: ''Eur J Pediatr.'' Vol. 158 Suppl. 3 (1999), S. 183.</ref> In Deutschland wird eine einmalige [[Intramuskuläre Injektion|i.&nbsp;m.]] Gabe von 1 mg Vitamin K rasch nach der Geburt wirksamer als die orale Gabe betrachtet.<ref name=":9" /><br />
<br />
Eine frühere Assoziation einer intramuskulär verabreichten Vitamin-K-Dosis bei Neugeborenen und einer späteren [[Leukämie]]erkrankung konnte nicht mehr bestätigt werden.<ref name=":9" /><br />
<br />
=== Fehlernährung ===<br />
Auch durch eine Vitamin-K-arme Ernährung (z. B. durch langes [[Fasten]]) kann ein Mangel mit Störungen der [[Hämostase|Blutgerinnung]] auftreten. Dies ist jedoch sehr selten und kommt dann meistens als Mischform mit Mangelzuständen anderer Nährstoffe oder Vitamine vor. Auch können Mangelerscheinungen bei [[Dialyse]]patienten auftreten.<ref name=":5" /><br />
<br />
Eine längere [[Vitamin E|Vitamin-E]]-Überdosierung kann auch zu einem Vitamin K-Mangel führen.<ref name=":5" /><br />
<br />
=== Resorptionsstörungen ===<br />
Ursache eines Vitamin-K Mangels kann eine verminderte Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen, z.&nbsp;B. in Folge einer [[Exokrine Pankreasinsuffizienz|exokrinen Pankreasinsuffizienz]] sein.<ref>Silke Klapdor, Eva Richter, Rainer Klapdor: [https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/14-08-2012-fettloesliche-vitamine-bei-erkrankungen-der-bauchspeicheldruese/ ''Fettlösliche Vitamine bei Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse.''] In: ''[[Deutsche Gesellschaft für Ernährung|Ernährungs-Umschau]]'', Ausgabe 08/12, S. 436–441.</ref> Zudem können [[chronisch-entzündliche Darmerkrankungen]] wie [[Morbus Crohn]] zu einer verringerten Aufnahme ([[Malassimilation|Malabsorption]]) von Vitamin K und damit zu einem Mangel führen.<ref name=":5" /><br />
<br />
== Überdosierungen (Hypervitaminosen) ==<br />
Oral verabreichtes Vitamin K zeigt eine geringe akute und chronische Toxizität, eine tolerierbare obere Einnahmemenge (''[[Tolerable Upper Intake Level]]'') wurde aufgrund unzureichender Daten nicht abgeleitet.<ref name=":0">{{Internetquelle |url=https://www.bfr.bund.de/cm/343/hoechstmengenvorschlaege-fuer-vitamin-k-in-lebensmitteln-inklusive-nahrungsergaenzungsmitteln.pdf |titel=Höchstmengenvorschläge für Vitamin K in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln |werk=[[Bundesinstitut für Risikobewertung]] |datum=2021 |format=PDF |abruf=2022-01-09}}</ref><br />
<br />
Eine [[Hypervitaminose]] ist nicht bekannt, wenn man von der Substitutionsbehandlung beim Neugeborenen absieht: Hier kann Vitamin&nbsp;K in hohen Dosen eine [[Hämolyse]] auslösen, weil beim Neugeborenen der noch wenig entwickelte [[Glucuronsäure|Glucuronidierungsmechanismus]] durch Vitamin&nbsp;K so sehr in Anspruch genommen wird, dass [[Bilirubin]] nicht mehr ausreichend glucuronidiert werden kann und somit eine Ausscheidungsstörung für Bilirubin auftritt ([[Neugeborenenikterus]]), der sich pathologisch ausweiten kann.<ref name="Biesalsky" /> Dies betraf vor allem den Einsatz des [[Menadion]]s in der Vitamin-K-Prophylaxe, welches vorübergehend eingesetzt wurde, weil es als wasserlösliches Provitamin sicherer resorbiert werden sollte. Eine intramuskuläre Gabe von 1&nbsp;mg Vitamin&nbsp;K<sub>1</sub> nach der Geburt führt zu einem 100-fach erhöhten Blutspiegel nach 4 Tagen.<br />
<br />
Vitamin K schwächt aber die therapeutische Wirkung oraler Antikoagulanzien vom Cumarin-Typ (Vitamin-K-Antagonisten) ab.<ref name=":0"/> Daher sollen Personen, die solche gerinnungshemmenden Medikamente einnehmen, ihre Vitamin K-Aufnahme aus Lebensmitteln möglichst konstant halten. Vor dem Verzehr Vitamin K-haltiger [[Nahrungsergänzungsmittel]] sollten sie zudem den Rat eines Arztes einholen.<br />
<br />
== Behandlung von Vergiftungen mit gerinnungshemmenden Rattengiften ==<br />
Zur Bekämpfung von [[Nagetiere]]n greift man mittlerweile auf gerinnungshemmende [[Rodentizid]]e der zweiten Generation zurück.<ref name=":11">{{Internetquelle |autor=S. Buderus, M. Adenäuer |url=https://gizbonn.de/giftzentrale-bonn/archiv/gerinnungshemmendes-rattengift |titel=Gerinnungshemmendes Rattengift |werk=Giftzentrale Bonn |hrsg=[[Universitätsklinikum Bonn]] |sprache=de |abruf=2023-01-28}}</ref> Diese enthalten [[Warfarin]] als Vitamin-K-Antagonisten (speziell die länger wirkenden und potenteren „Superwarfarine“) oder lang wirksame [[Antikoagulation|Antikoagulantien]], z. B. [[Brodifacoum]], [[Bromadiolon]], [[Chlorphacion]], [[Difenacoum]] oder [[Diethalion]]. Frisst das Nagetier den so präparierten Fertigköder, führt dies zu einer verzögerten Blutgerinnung und tödlichen Blutungsneigung.<br />
<br />
Bei Verdacht auf Vergiftungen mit solchen gerinnungshemmenden Rattengiften wird Vitamin K<sub>1</sub><ref>{{Internetquelle |url=https://www.epa.gov/sites/default/files/documents/rmpp_6thed_ch18_rodenticides.pdf |titel=Recognition and Management of Pesticide Poisonings |titelerg=Chapter 18. Rodenticides |werk=[[Environmental Protection Agency]] |seiten=175 |format=PDF |sprache=en |abruf=2023-01-28}}</ref> eingesetzt, es kann oral oder intravenös verabreicht werden.<ref>{{Literatur |Autor=D. Nicholas Bateman, Colin B. Page |Titel=Antidotes to coumarins, isoniazid, methotrexate and thyroxine, toxins that work via metabolic processes |Sammelwerk=British Journal of Clinical Pharmacology |Band=81 |Nummer=3 |Datum=2016-03 |Sprache=en |DOI=10.1111/bcp.12736 |PMC=4767197 |PMID=26255881 |Seiten=437–445}}</ref><ref name=":11" /><br />
== Literatur ==<br />
* C. G. Victora, P. van Haecke: ''Vitamin K prophylaxis in less developed countries: policy issues and relevance to breastfeeding promotion.'' In: ''Am. J. Public. Health'', Band 88, 1998, S.&nbsp;203–209; PMID 9491008; {{PMC|1508196}}.<br />
* Alexandra Schek: ''[https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/14-11-2017-vitamin-k-ein-update-teil-1/ Vitamin K – ein Update, Teil 1]'' ([https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2017/11_17/EU11_2017_Schek_englisch.pdf englische Version, (PDF)]), 14. November 2017, Ernährungs-Umschau.<br />
* Alexandra Schek: ''[https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/13-12-2017-vitamin-k-ein-update-teil-2/ Vitamin K – ein Update, Teil 2]'' ([https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2017/12_17/EU12_2017_WuF_Schek_englisch.pdf englische Version, (PDF)]), 13. Dezember 2017, Ernährungs-Umschau.<br />
* ''[https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.2903/j.efsa.2017.4780 Dietary reference values for vitamin K]'' (PDF, englisch), [[Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit|EFSA]], 22. Mai 2017, {{doi|10.2903/j.efsa.2017.4780}}<br />
* {{Literatur |Autor=Přemysl Mladěnka et al. |Titel=Vitamin K - sources, physiological role, kinetics, deficiency, detection, therapeutic use, and toxicity |Sammelwerk=Nutrition Reviews |Band=80 |Nummer=4 |Datum=2022-03-10 |DOI=10.1093/nutrit/nuab061 |PMC=8907489 |PMID=34472618 |Seiten=677–698}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* A. Goldinger: [http://www.staff.uni-mainz.de/goldinge/vitamink.htm ''Vitamin-K-Gehalt verschiedener Lebensmittel''.] Universität Mainz.<br />
* ''[https://www.bfr.bund.de/cm/343/hoechstmengenvorschlaege-fuer-vitamin-k-in-lebensmitteln-inklusive-nahrungsergaenzungsmitteln.pdf Höchstmengenvorschläge für Vitamin K in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln] ''(PDF; 168&nbsp;kB), [[Bundesinstitut für Risikobewertung]], 2021.<br />
* ''[https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/vitamin-kprodukte-was-ist-sinnvoll-26574 Vitamin K-Produkte – was ist sinnvoll?]'', [[Verbraucherzentrale]], 11. Oktober 2021.<br />
* Uwe Gröber und Klaus Kisters: ''[https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2014/daz-21-2014/ein-altes-vitamin-in-neuem-licht Ein altes Vitamin in neuem Licht]'', [[Deutsche Apotheker Zeitung]] 22. Mai 2014.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Gesundheitshinweis}}<br />
<br />
[[Kategorie:Naphthochinon]]<br />
[[Kategorie:Polyen]]<br />
[[Kategorie:Stoffgruppe]]<br />
[[Kategorie:Vitamin|K]]<br />
[[Kategorie:Antidot]]<br />
[[Kategorie:Arzneistoff]]<br />
[[Kategorie:ATC-B02]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Richard_David_Precht&diff=238524872Richard David Precht2023-10-26T15:15:32Z<p>ToXiDoc!: /* Rezeption */</p>
<hr />
<div>[[Datei:Richard David Precht 2015-02-20.jpg|mini|hochkant|Richard David Precht (2015)]]<br />
<br />
'''Richard David Precht''' (* [[8. Dezember]] [[1964]] in [[Solingen]]) ist ein [[Deutschland|deutscher]] [[Schriftsteller]], [[Germanistik|Germanist]], [[Philosoph]], [[Publizist]] und [[Moderator]]. Er ist [[Honorarprofessor]] für Philosophie und [[Ästhetik]] an der [[Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin]]. Von 2011 bis zum 23. Oktober 2023 war er zudem Honorarprofessor für Philosophie an der [[Leuphana Universität Lüneburg]].<ref>{{Internetquelle |url=https://www.leuphana.de/news/meldungen/titelstories/honorarprofessur-precht.html |titel=Richard David Precht zum Honorarprofessor ernannt |werk=leuphana.de |datum=2011 |sprache=en |abruf=2023-08-06}}</ref><ref name=":1">{{Literatur |Autor=Anna-Lena Schlitt, dpa |Titel=Leuphana Universität Lüneburg: Richard David Precht gibt Honorarprofessur auf |Sammelwerk=Die Zeit |Ort=Hamburg |Datum=2023-10-23 |ISSN=0044-2070 |Online=https://www.zeit.de/campus/2023-10/universitaet-lueneburg-schriftsteller-richard-david-precht-honorarprofessur-aufgegeben |Abruf=2023-10-23}}</ref><br />
<br />
Seit dem Erfolg mit ''[[Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?]]'' wurden viele seiner Bücher zu philosophischen oder gesellschaftspolitischen Themen [[Bestseller]]. Precht ist seit 2012 Moderator der gleichnamigen Talkshow ''[[Precht (Talkshow)|Precht]]''. Seit 2021, ebenfalls für das ZDF, ist Precht gemeinsam mit [[Markus Lanz]] im [[Podcast]] ''[[Lanz & Precht]]'' zu hören.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zdf.de/uri/cb28c236-5a00-46ab-bb54-396cc89f570f |titel="Lanz & Precht" Der neue Podcast ab 3. September |werk=zdf.de |datum=2021-09-03 |sprache=de |abruf=2023-02-16}}</ref><br />
<br />
== Leben ==<br />
Precht wuchs in [[Solingen-Mitte]] auf. Sein Vater [[Hans-Jürgen Precht]], ein [[Industriedesigner]], war beim Solinger Unternehmen [[Krups]] tätig; seine Mutter engagierte sich im Kinderhilfswerk [[Terre des hommes]]. Precht hat vier Geschwister; zwei davon sind [[vietnam]]esische Adoptivkinder, die seine Eltern 1969 und 1972 als Zeichen des Protests gegen den [[Vietnamkrieg]] aufgenommen haben.<ref>{{Literatur |Autor=Richard David Precht |Titel=Lenin kam nur bis Lüdenscheid. Meine kleine deutsche Revolution |Auflage=1 |Verlag=List |Ort=Berlin |Datum=2007 |Seiten=21}}</ref> Precht selbst ist der Zweitälteste. Die Kinder wuchsen in einem [[Politische Linke|linksgerichteten]] [[Soziales Milieu|Milieu]] auf.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.youtube.com/watch?v=1xLkloBryGU |titel=Lenin kam nur bis Lüdenscheid - Richard David Precht. |werk=youtube.com |datum=May 1, 2008 |abruf=2023-08-06}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=Interview: "Helmut Schmidt war ein Rechter" |Sammelwerk=Der Tagesspiegel Online |Datum=2009-06-23|ISSN=1865-2263 |Online=https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/helmut-schmidt-war-ein-rechter-4764904.html |Abruf=2023-08-06}}</ref><br />
<br />
Precht machte im Juni 1984 das [[Abitur]] am Solinger [[Gymnasium Schwertstraße Solingen|Gymnasium Schwertstraße]] und leistete bis September 1985 [[Zivildienst]] als [[Gemeindehelfer]]. Er studierte [[Philosophie]], [[Germanistik]] und [[Kunstgeschichte]] an der [[Universität zu Köln]] und wurde 1994 in Germanistik zum ''[[Doktor|Dr. phil.]]'' promoviert. Gegenüber [[Ursula März]] hob Precht hervor, dass er sein Studium in acht Semestern und mit Bestnoten absolviert habe, desgleichen die Promotion.<ref>Ursula März: [https://www.zeit.de/2011/02/Portraet-Precht/komplettansicht ''Unser Bürgerphilosoph.''] In: [[Die Zeit]], 5. Januar 2011; abgerufen am 6. August 2023.</ref> In seiner Dissertation untersuchte er die „gleitende Logik der Seele“ in [[Robert Musil]]s ''[[Der Mann ohne Eigenschaften]]''.<ref>{{Literatur |Autor=Richard David Precht |Titel=Die gleitende Logik der Seele |Sammelwerk=SpringerLink |Datum=1996 |DOI=10.1007/978-3-476-04247-7 |Online=https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-476-04247-7 |Abruf=2023-08-06}}</ref><br />
<br />
1997 war Precht ''[[Arthur F. Burns Fellowship|Arthur F. Burns Fellow]]'' bei der ''[[Chicago Tribune]]''; 1999 erhielt er das [[Heinz-Kühn-Stiftung|Heinz-Kühn-Stipendium]]. 2000/2001 war er [[Fellow]] am Europäischen Journalistenkolleg in Berlin. Als [[Essayist]] schreibt Precht für deutsche Zeitungen und Zeitschriften. Von 2002 bis 2004 war er [[Kolumne|Kolumnist]] der Zeitschrift ''[[Literaturen (Zeitschrift)|Literaturen]]'' und von 2005 bis 2008 freier Moderator der [[Westdeutscher Rundfunk Köln|WDR]]-Hörfunksendung ''Tageszeichen'' (ehemals ''[[Kritisches Tagebuch]]''). Precht ist seit 2013 Schirmherr des Bundesverbandes von ''[[Mentor – Die Leselernhelfer]] Hannover e.&nbsp;V.'' Die Initiative setzt sich für die [[Leseförderung]] von Schülern durch engagierte Bürger ein.<br />
<br />
Seit Dezember 2010 ist Precht Mitherausgeber der Zeitschrift ''[[agora42]]''.<br />
<br />
Das [[ZDF]] strahlt seit 2012 unter dem Titel ''[[Precht (Talkshow)|Precht]]''<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zdf.de/gesellschaft/precht |titel=Precht |werk=zdf.de |sprache=de |abruf=2023-08-06}}</ref> eine Sendereihe mit Gesprächspartnern aus Politik und Gesellschaft aus, bei denen Precht als Gastgeber und Dialogpartner fungiert.<ref>{{Literatur |Autor=Michael Hanfeld |Titel=Fernsehkultur: ZDF stellt „Philosophisches Quartett“ ein |Sammelwerk=FAZ.NET |Datum=2012-03-26 |ISSN=0174-4909 |Online=https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/fernsehkultur-zdf-stellt-philosophisches-quartett-ein-11698107.html |Abruf=2023-08-06}}</ref><ref>[https://www.welt.de/newsticker/news3/article108366808/Precht-will-Alltagsprobleme-der-Menschen-thematisieren.html ''Precht will Alltagsprobleme der Menschen thematisieren.''] In: ''Die Welt,'' 23.&nbsp;Juli 2012, abgerufen am 6. August 2023.</ref> Sie ist sechsmal im Jahr an späten Sonntagabenden zu sehen und dauert je 45 Minuten. Regie führt [[Gero von Boehm]].<br />
<br />
Seit 2021 ist er im ZDF-[[Podcast]] ''[[Lanz & Precht]]'' mit [[Markus Lanz]] zu hören,<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/presse-podcast-lanz-und-precht-100.html |titel=„Lanz & Precht“ |werk=zdf.de |abruf=2023-08-06}}</ref> der im Juni 2023 zu den am meisten gehörten deutschsprachigen Podcasts zählte.<ref>{{Internetquelle |autor=Jens Schröder MEEDIA |url=https://www.meedia.de/analysen/podcast-ma-knackt-die-200-teilnehmer-marke-lanz-und-precht-so-stark-wie-nie-zuvor-d8d19b88bb146a8f094baecc9bbc24cf |titel=Podcast-MA knackt die 200-Teilnehmer-Marke, "Lanz & Precht" so stark wie nie zuvor |sprache=de |abruf=2023-07-27}}</ref><br />
<br />
Seine Ehe mit der [[luxemburg]]ischen Fernsehmoderatorin und stellvertretenden Chefredakteurin von [[RTL Télé Lëtzebuerg]], [[Caroline Mart]] wurde geschieden. Einer früheren Beziehung entstammt ein Sohn.<ref>{{Internetquelle |autor=Jan Dräger |url=https://www.morgenpost.de/berlin/article115993242/Sind-Sie-ein-guter-Vater-Herr-Precht.html |titel=Sind Sie ein guter Vater, Herr Precht? |werk=morgenpost.de |datum=2013-05-08 |sprache=de |abruf=2023-08-06}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.welt.de/print/welt_kompakt/koeln/article135037830/Philosophie-als-Erfolgsmodell.html |titel=Philosophie als Erfolgsmodell |werk=welt.de |datum=2014-12-05 |sprache=de |abruf=2023-08-06}}</ref> Precht lebt in [[Düsseldorf]].<ref>{{Internetquelle |autor=HL1312 |url=https://top-magazin-duesseldorf.de/2017/12/23/der-philosoph-der-in-der-kueche-schreibt/ |titel=Der Philosoph, der in der Küche schreibt |datum=2017-12-22 |sprache=de |abruf=2023-10-15}}</ref><br />
<br />
== Romane und Autobiographisches ==<br />
1999 schrieb Precht mit seinem Bruder Georg Jonathan den detektivischen [[Bildungsroman]] ''Das Schiff im Noor''. Das Buch spielt im Jahr 1985 auf einer fiktionalisierten dänischen Insel.<ref>Die Insel Lilleø im Roman ist nicht identisch mit dem realen [[Lilleø]], sondern trägt die Züge von [[Ærø]].</ref> An der Oberfläche ist das Buch eine Detektivgeschichte um ein versunkenes Schiff und einen lange zurückliegenden Mord und präsentiert ein kompliziertes Gespinst aus Motiven. Tiefer liegend handelt das Buch von der Ordnung der Dinge und beschreibt durch Analogien philosophische Themen, so zwischen Theologie und Polizeiarbeit. In der Gestalt des Restaurators Mikkel Folket lässt Precht [[Michel Foucault]] auftreten. Das Buch erschien 2009 neu unter dem ursprünglich geplanten Titel ''Die Instrumente des Herrn Jörgensen''.<br />
<br />
Der Roman ''Die Kosmonauten'' aus dem Jahr 2002 erzählt die Liebesgeschichte und Identitätsfindung der Endzwanziger Georg und Rosalie, die sich in Köln kennengelernt haben und kurz darauf in das Berlin der Nachwendezeit 1990/91 zusammengezogen sind. Zunächst leben sie das Leben von [[Bohème|Bohemiens]] in [[Berlin-Mitte]], von dem sich Rosalie im Verlauf der Handlung zunehmend distanziert. Sie ändert ihre Einstellungen, verliebt sich in einen anderen Mann und trennt sich schließlich von Georg, um ein bürgerliches Leben zu führen. Am Ende des Romans kommt ihr gemeinsamer Freund Leonhard durch einen tragischen Unfall ums Leben. Parallel dazu erzählt Precht in kurzen Episoden das Schicksal von [[Sergei Konstantinowitsch Krikaljow|Sergej Krikaljow]], dem letzten [[Kosmonaut]]en der [[Sowjetunion]].<br />
<br />
2004 nahm Precht am Wettbewerb zum [[Ingeborg-Bachmann-Preis]] in [[Klagenfurt]] mit dem Text ''Baader braun''<ref>{{Internetquelle |url=http://archiv.bachmannpreis.orf.at/bachmannpreisv2/bachmannpreis/texte/stories/13747/index.html |titel=Richard David Precht - Bachmannpreis |titelerg=Prechts "Baader Braun" |werk=orf.at |datum=24.6.2004 |abruf=2023-08-06}}</ref> teil.<br />
<br />
In dem 2005 erschienenen autobiografischen Buch ''Lenin kam nur bis Lüdenscheid – Meine kleine deutsche Revolution'' erinnert sich Precht aus Kinderperspektive an seine Kindheit in Solingen zurück, als er in den 1970er-Jahren in einer politisch links von der SPD orientierten Familie aufwuchs. Gleichzeitig hält er Rückschau auf die weltpolitischen Ereignisse und gesellschaftspolitischen Entwicklungen in der [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] und der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] der 1960er- und 1970er-Jahre und beschreibt politische Einstellungen, ideologische Haltungen sowie Alltagsdetails der Epoche. Das Buch wurde 2007 mit Unterstützung vom [[Westdeutscher Rundfunk Köln|WDR]], [[Südwestrundfunk|SWR]] und der [[Filmstiftung Nordrhein-Westfalen]] verfilmt.<ref>Der Film lief 2008 in deutschen Programmkinos und erreichte mehr als 20.000 Zuschauer.</ref><br />
<br />
== Schriften zu Philosophie ==<br />
In seinem 1997 erschienenen Buch ''[[Noahs Erbe]]'' befasst sich Precht mit den ethischen Fragen im Verhältnis von Mensch und Tier und deren gesellschaftlichen Konsequenzen. Dabei plädiert er für einen veränderten Umgang mit Tieren auf der Basis einer „Ethik des Nichtwissens“. Das Buch wurde grundlegend überarbeitet und erschien 2016 neu unter dem Titel: ''[[Tiere denken|Tiere denken. Vom Recht der Tiere und den Grenzen des Menschen]]''. In vier Teilen – „Das Menschentier“, „Das Tier im Auge des Menschen“, „Eine neue Tierethik“ und „Was tun?“ – schlägt Precht einen Bogen von der biologisch-anthropologischen Frage über die Kultur-, Religions- und Philosophiegeschichte der Mensch-Tier-Beziehung hin zu einer philosophischen Neubegründung der [[Tierethik]] als „Sensibilisierung“. Der letzte Teil des Buches behandelt praxisbezogene Fragen wie das [[Tierschutzgesetz (Deutschland)|Tierschutzgesetz]], die [[Jagd]], [[Vegetarismus|vegetarische Ernährung]], [[Tierversuch]]e, [[Zoo|zoologische Gärten]] und [[Artenschutz]].<br />
<br />
2007 schrieb Precht eine allgemeinverständliche Einführung in grundlegende philosophische Fragen. ''Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?'' stand viele Jahre auf der Sachbuch-Bestsellerliste. Das Werk wurde im Februar 2008 auf den ersten Platz der [[Der Spiegel|Spiegel]]-[[Bestsellerliste]] genommen und blieb dort bis Oktober 2012. Precht hält damit den Langzeitrekord auf der Spiegel-Bestsellerliste. Laut [[Buchreport]] war es das erfolgreichste deutsche [[Hardcover]]-Sachbuch des Jahres 2008 und belegte in den Bestsellern des Jahrzehnts (2000–2010) den dritten Platz.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.buchreport.de/news/hoehenflug-von-holtzbrinck/ |titel=Jahresbestsellerlisten von Buchreport |werk=buchreport.de |datum=5. Januar 2009 |archiv-url= |abruf=2023-08-06}}</ref><br />
<br />
In seinem 2009 erschienenen Buch ''[[Liebe: Ein unordentliches Gefühl]]'' befasst sich Precht mit der Biologie, der Evolution, der sozialen und der psychologischen Dimension der [[Liebe]].<br />
<br />
2010 erschien ''Die Kunst, kein Egoist zu sein''. Precht geht in dem Buch der Frage nach, „wie Menschen tatsächlich moralisch funktionieren.“ Dazu müsse sich der Philosoph heutzutage auch „in die Skizzen der [[Hirnforscher]], [[Evolutionsbiologie|Evolutionsbiologen]], [[Verhaltensökonomik|Verhaltensökonomen]] und [[Sozialpsychologie|Sozialpsychologen]] vertiefen.“<ref>''Die Kunst, kein Egoist zu sein.'' Taschenbuchausgabe 2012, S. 14 f.</ref> Die Bereitschaft zu persönlicher Verantwortungsübernahme sieht Precht in der modernen Gesellschaft durch die Pluralität der Rollen, in denen das Individuum agiert, geschwächt. „Bereits mein Wikipedia-Eintrag zergliedert mich in lauter verschiedene Kategorien […] Die Zugehörigkeit zu mehreren Rollen erleichtert es mir beträchtlich, für das Große und Ganze dieser Welt nicht verantwortlich zu sein. Verantwortlich – das sind immer die anderen. Die Politiker zum Beispiel oder die Wirtschaftsbosse. Bedauerlicherweise zerfallen auch sie in lauter kleine Rollen.“<ref>''Die Kunst, kein Egoist zu sein.'' Taschenbuchausgabe 2012, S. 307 f.</ref> Im dritten Teil der Untersuchung („Moral und Gesellschaft“) möchte Precht zu Veränderungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik anregen, mit denen sich „unser Engagement für andere fördern lässt – in Zeiten, in denen unsere Gesellschaft auf dem Spiel steht wie seit Jahrzehnten nicht mehr.“<ref>''Die Kunst, kein Egoist zu sein.'' Taschenbuchausgabe 2012, S. 20 f.</ref> Um die langfristigen Probleme lösen zu können, bedürfe es eines Umbaus hin zu mehr Mitbestimmung und mehr direkter Demokratie. Gebraucht werde „mehr Verantwortung von ''oben'' und von ''unten''.“<ref>''Die Kunst, kein Egoist zu sein.'' Taschenbuchausgabe 2012, S. 471 und 488.</ref><br />
<br />
2011 erschien ''[[Warum gibt es alles und nicht nichts?]]'', ein Buch über philosophische Fragen und ihre Antworten unter Einbeziehung seines Sohnes Oskar, mit dem der Vater bei Spaziergängen durch Berlin ein Frage-und-Antwort-Spiel unternimmt.<br />
<br />
2015 erschien ''Erkenne die Welt'', der erste Band einer auf vier Bände angelegten [[Geschichte der Philosophie]]. Precht legt das Vorhaben in begrifflicher Anlehnung an [[Immanuel Kant|Kant]] als eine „philosophierende Philosophiegeschichte“ an<ref>„Fast alle Fragen der antiken Welt sind noch immer die unseren: Was ist ein gutes Leben? Was ist Wahrheit? Gibt es Gerechtigkeit, und wenn ja, wie ist sie möglich? Hat das Leben einen Sinn? Wo steht der Mensch in der Natur und im All? Gibt es Gott? Usw. Wie ein roter Faden ziehen sich diese Fragen durch die Reflexionen der Menschheitsgeschichte. Will man ihnen gerecht werden, kommt man nicht umhin, die Sichtweisen früherer Philosophen aus heutiger Perspektive einzuordnen, zu bewerten und Stärken von Schwächen zu unterscheiden.“ (''Erkenne die Welt'', S. 17)</ref> und will das [[ideengeschichtlich]]e Verständnis der Leserschaft durch Hinweise auf die je zeitgenössische Politik, Sozial- und [[Wirtschaftsgeschichte]] fördern (S. 16 f.). Das explizit auf die [[Abendland|abendländische]] Philosophiegeschichte (S. 11) beschränkte „gesamte Werk versteht sich als eine Art Fortsetzungsroman der immer gleichen großen Fragen in ihren jeweils neuen Zeitgewändern“ (S. 19). Der zweite Band, ''Erkenne dich selbst'', erschien im Herbst 2017. Der dritte Band, ''Sei du selbst'', erschien am 14. Oktober 2019.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.penguin.de/Buch/Sei-du-selbst/Richard-David-Precht/Goldmann/e475933.rhd |titel=Sei du selbst – Geschichte der Philosophie Band 3 |werk=penguin.de |datum=14. Oktober 2019 |sprache=de |abruf=2023-08-06}}</ref><br />
<br />
== Positionen in öffentlichen Debatten ==<br />
[[Datei:Richard-david-precht-2011-ffm-015.jpg|mini|Richard David Precht in [[Frankfurt am Main]] (2011)]]<br />
<br />
Infolge der medialen Aufmerksamkeit in Verbindung mit seinen Fernsehauftritten ist Richard David Precht mit Stellungnahmen in öffentlichen Debatten als Publizist präsent. Politische Gegenwarts- und Zukunftsfragen sind neben philosophischen Themen Bestandteil seiner Vortragstätigkeit und fließen auch in seine Buchveröffentlichungen ein. Im [[Tagesspiegel]]-Interview zurückblickend auf zehn Jahre und 61 Ausgaben der Sendereihe [[Precht (Talkshow)|''Precht'']], beantwortete er die Frage, welche Themen ihn besonders umtrieben, im September 2022 mit dem Hinweis auf die Langzeitfolgen der „ökologischen Katastrophe“, so schrecklich der [[Russischer Überfall auf die Ukraine|Ukrainekrieg]] und seine Auswirkungen auch seien: „Ist der Kapitalismus so umbaufähig, dass wir ihn enkeltauglich machen?“ Die Folgen des [[Klimawandel]]s in Afrika ließen Migrationsströme in nie gekanntem Ausmaß erwarten. „Das wird zu Verheerungen und Auseinandersetzungen führen, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.“<ref>{{Literatur |Autor=Joachim Huber |Titel=Zehn Jahre Talkshow „Precht“: „Ich bin meinem Gewissen verantwortlich“ |Sammelwerk=Der Tagesspiegel Online |Datum=2022-09-11|ISSN=1865-2263 |Seiten=26 |Online=https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/zehn-jahre-talkshow-precht-ich-bin-meinem-gewissen-verantwortlich-8628685.html |Abruf=2023-08-06}}</ref><br />
<br />
=== Neue Bürgergesellschaft und soziale Verantwortung ===<br />
Für Precht ist der „weltgeschichtlich einmalige Ausnahmezustand“ in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Jahrtausendwende, der bei immer weniger individuell zu leistender Arbeit gleichwohl immer mehr Wohlstand hervorgebracht habe, vorbei. Die herkömmliche Wirtschaftsweise sei nun der globalen Konkurrenz ausgesetzt, was den verfügbaren Kuchen kleiner mache und die Zahl der Mitesser vermehre. Die vom „[[Wachstumskritik|Wachstumswahn]]“ angerichteten Schäden verwickelten die nachfolgenden Generationen in einen Kampf um Überlebensstrategien und Reparaturen.<ref>''Die Kunst, kein Egoist zu sein.'' Taschenbuchausgabe 2012, Seiten 435 und 374. (Vergleiche auch: „Tatsächlich fördert das Wirtschaftswachstum schon lange nicht mehr den Wohlstand, sondern es ruiniert ihn. Jede neue Autobahn erhöht die Lärmentwicklung, jedes neue Einkaufscenter enteignet den Mittelstand, und die Abwrackprämie bezahlen der Steuerzahler und die Umwelt.“ Zitiert aus {{Der Spiegel |ID=71123453 |Autor=Richard David Precht |Titel=Die entfremdete Republik. Bei der Präsidentenwahl geht es um mehr als nur um ein Amt oder eine Person |Jahr=2010 |Nr=26 |Seiten=116–117 |Datum=2010-06-28}})</ref> Das notwendige Umdenken hin zu einer nachhaltigeren und verantwortungsvolleren [[Nachhaltiges Wirtschaften|Wirtschaftsweise]] betreffe gleichermaßen Staat, Banken, Bürger und Unternehmer. Gefordert sei ein neues unternehmerisches [[Ethos]]. „Auf allen Ebenen müssen Instrumente wirksam werden, welche die Spielräume für Fahrlässigkeit, Gier und Missbrauch verkleinern und soziale Verantwortung fördern.“<ref>''Die Kunst, kein Egoist zu sein.'' Taschenbuchausgabe 2012, S. 411.</ref><br />
<br />
Die vom Staat in geordneter Form zu erbringenden [[Sozialleistung]]en sieht Precht zurückgehen. „Man sollte die Diskussion über ein mehr oder weniger an Staat nicht weiter so führen, als hätte man es hier mit allzu vielen Optionen zu tun. Ähnlich wie bei der Diskussion um das Wirtschaftswachstum geht es schon lange nicht mehr darum, ob man das will – sondern darum, was in Zukunft überhaupt noch möglich sein wird.“<ref>''Die Kunst, kein Egoist zu sein.'' Taschenbuchausgabe 2012, S. 423 f.</ref> Dem [[Kommunitarismus]] angenähert entwickelt Precht die Vorstellung, dass die bürgerliche Mittelschicht bei jenen Aufgaben einspringen solle, für die dem Staat in Zukunft die Mittel fehlen. An Potenzial dafür sieht er keinen Mangel, da jeder dritte Bundesbürger über 14 Jahren sich [[ehrenamtlich]] betätige, auch wenn ein Großteil davon auf Sportvereine entfalle. Zunächst denkt Precht dabei vor allem an die Rentner und Pensionäre der „goldenen Generation“ mit sicheren Alterseinkünften und hoher Lebenserwartung. „In dieser unglaublich komfortablen Situation, die sie nicht allein aus eigener Leistung geschaffen haben, stehen sie durchaus in einer moralischen Bringschuld.“<ref>Auf lange Sicht müssten allerdings alle Generationen die vom zunehmend überforderten Staat offen gelassenen Lücken füllen. (''Die Kunst, kein Egoist zu sein.'' Taschenbuchausgabe 2012, S. 420 f.)</ref> In diesem Zusammenhang befürwortete er ein [[soziales Pflichtjahr]] sowohl für Junge als auch für Ältere.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.derstandard.at/story/1322872917688/wie-aus-einem-garstigen-rentner-ein-netter-mensch-wird |titel=Wie aus einem „garstigen Rentner ein netter Mensch“ wird – derStandard.at |sprache=de-AT |abruf=2020-01-11}}</ref><br />
<br />
=== Digitalisierung ===<br />
{{Hauptartikel|Jäger, Hirten, Kritiker. Eine Utopie für die digitale Gesellschaft}}<br />
<br />
In zahlreichen Vorträgen, Essays und Interviews beschäftigt sich Precht mit den Folgen der [[Digitalisierung]] für unsere Gesellschaft.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.visionmag.de/2016/08/12/interview-richard-david-precht/ |titel=Richard David Precht: Gedanken zur digitalen Revolution |werk=VISIONMAG |datum=2016-08-12 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20170202043333/https://www.visionmag.de/2016/08/12/interview-richard-david-precht/ |archiv-datum=2017-02-02 |abruf=2017-01-26}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Marc Boos |url=https://www.caritas.de/fuerprofis/caritaskongress/artikel2016/wir-brauchen-eine-positive-utopie |titel=Richard David Precht: Wir brauchen eine positive Utopie |datum=2016-05-03 |abruf=2018-02-11}}</ref><br />
<br />
In seinem 2018 erschienenen Buch ''Jäger, Hirten, Kritiker. Eine Utopie für die digitale Gesellschaft'' beschäftigt sich Precht mit den Auswirkungen der [[Digitale Revolution|digitalen Revolution]] auf die [[Arbeit (Philosophie)#Aufhebung des Arbeitsbegriffs seit Mitte des 20. Jahrhunderts|Arbeitswelt]], die Psyche, die Gesellschaft und die Politik. Er bemängelt das Fehlen einer gesellschaftlichen Utopiefähigkeit, wodurch der [[Fortschritt]] allein der Technik und der Ökonomie überlassen werde, mit gefährlichen Folgen. Precht sagt eine völlige [[Industrie 4.0|Transformation der Arbeitswelt]] voraus, in der deutlich weniger Menschen als bisher von Erwerbsarbeit leben können. Um die Menschen in Zukunft zu befähigen, ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben zu führen, plädiert er für ein [[bedingungsloses Grundeinkommen]], mitfinanziert durch [[Finanztransaktionssteuer]]n.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.unser-luebeck.de/magazin/literatur/buecher-rezensionen/6520-richard-david-precht-jaeger-hirten-kritiker-eine-utopie-fuer-die-digitale-gesellschaft-pessimismus-ist-keine-loesung |titel=Richard David Precht „Jäger, Hirten, Kritiker – Eine Utopie für die digitale Gesellschaft“: Pessimismus ist keine Lösung |werk=unser-luebeck.de |datum=19.07.2018 |abruf=2023-08-06}}</ref><br />
<br />
Er kritisiert, dass die Politik die Digitalisierung nahezu ausschließlich als ein technisches Problem begreife und sich kaum eine andere Frage stelle als die nach der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Für Precht ist die Digitalisierung dagegen eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die dringend der politischen Gestaltung bedarf. Wenn die Politik nicht schnell genug handle, sieht Precht düstere Zukunftsszenarien: eine auf „Effizienzgewinn“ und „Monopolisierung“ ausgerichtete Gesellschaft bei gleichzeitiger Massenarbeitslosigkeit. „Computer und Roboter kosten keine Sozialabgaben, beziehen keine Rente, kein Urlaubs- oder Müttergeld. Sie schlafen nicht, sondern arbeiten ohne Mühen Tag und Nacht.“<ref>''Jäger, Hirten, Kritiker.'' 2018, S. 129.</ref><br />
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Die [[Digitale Revolution]] bringe die radikalste Spielart kapitalistischer Wirtschaft hervor, durch die das Nutzerverhalten „in bunt und hübsch designten Lebenswelten“ [[Manipulation|manipuliert]] und eine bisher ungekannte Macht auf das [[Unterbewußtsein|Unterbewusstsein]] der Menschen ausgeübt werde. „Und sie dringt in alle sozialen Räume vor, ins Auto, in die Wohnung, in Freundschaften und [[Liebesbeziehung]]en.“<ref>''Jäger, Hirten, Kritiker.'' 2018, S. 38.</ref><br />
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Tatsächlich zu verdanken sei der digitalen Technik „eine immer globalere Einheitszivilisation“ mit allem, was sich daran „an Gewinnen bejubeln und an Verlusten betrauern“ lasse: „Der digital Code setzt sich spielend über Länder- und Kulturgrenzen hinweg und ebnet sie ein in einer technischen Universalsprache aus Einsen und Nullen, am Nil so verständlich wie am Rhein und am Amazonas.“<ref>''Jäger, Hirten, Kritiker.'' 2018, S. 35.</ref> Indem digitale Technik meist sehr viel Energie benötige, verstärke sie eine unheilvolle Entwicklung. Allein die Technologie für die [[Kryptowährung]] [[Bitcoin]] verbrauche im Jahr laut [[Manager Magazin]] fast so viel Strom wie ganz Dänemark. „Google, Facebook und Co. können alles – nur nicht den [[Globale Erwärmung|Klimawandel]] stoppen, den [[Welthunger]] bezwingen oder die Bodenschätze und das Trinkwasser vermehren.“ Die Digitalisierung treibe Ressourcenausbeutung und Klimawandel immer weiter voran.<ref>''Jäger, Hirten, Kritiker.'' 2018, S. 248.</ref><br />
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Mit dem Informatiker [[Manfred Broy]] fordert Precht dazu auf, ein „positives Zukunftsszenario“ zu entwickeln: „Warum zeigen wir nicht, wie aufgrund der Möglichkeiten der Digitalisierung eine neue Form der Gesellschaft, Wirtschaft und Lebensführung entstehen kann?“<ref>{{Literatur |Autor=Manfred Broy und Richard David Precht |Titel=Daten essen Seele auf. Die Digitalisierung wird zur vierten industriellen Revolution. Doch es fehlt eine gesellschaftspolitische Antwort |Sammelwerk=[[Die Zeit]] |Nummer=Nr. 5, 2017, S. 8}}</ref> Erbe der [[Aufklärung]] sei es, sich die Zukunft von Menschen gestaltet zu denken, sie nicht in Gottes Hand oder in die Hand „einer eigengesetzlichen Evolution von Technologie“ zu legen. „Holen wir uns unsere Autonomie zurück – nicht nur in unserem Interesse, sondern vor allem im Interesse aller künftigen Generationen!“<ref>''Jäger, Hirten, Kritiker.'' 2018, S. 261.</ref><br />
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=== Künstliche Intelligenz ===<br />
In einem Essay in der [[Die Zeit|Zeit]], der auf seinem im Juni 2020 erschienenen Buch ''Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens'' basiert, wendet Precht sich gegen die verbreitete Vorstellung, dass in absehbarer Zeit eine Superintelligenz dem menschlichen Gehirn in allen Bereichen überlegen sein werde. Die [[Evolution]] habe vom Überlebenswillen vieler zur Intelligenz sehr weniger Lebewesen geführt. Dass jedoch umgekehrt aus Intelligenz ein Wille erwachse, sei nicht möglich. Nicht böser Wille oder Machtstreben drohe also in Zukunft seitens einer entwickelten [[Künstliche Intelligenz|künstlichen Intelligenz]] (KI); das Gefahrenpotential liege vielmehr in ihrem falschen Einsatz. KI ethisch zu programmieren könne nicht gelingen, da die moralische Intuition von Menschen nicht in geregelten Bahnen fließe, sondern „hochgradig situativ, abhängig vom Kontext und aufs Engste verbunden mit unserem Selbstwertgefühl und unserem Selbstkonzept“ sei.<ref>''Roboter können keine Moral. Warum das Gerede von superintelligenten, allmächtigen Maschinen nur ein großes Ablenkungsmanöver ist.'' In: [[Die Zeit]], 18. Juni 2020, S. 32.</ref><br />
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In einer Besprechung seines Buches in [[Deutschlandfunk Kultur]] wird Prechts Kritik an einer möglichen KI im [[Hochfrequenzhandel]] hervorgehoben.<ref>[[Deutschlandfunk Kultur]], 21. Juni 2020. ([https://www.deutschlandfunkkultur.de/richard-david-precht-ueber-kuenstliche-intelligenz-leben.2162.de.html?dram:article_id=478933 ''Richard David Precht über künstliche Intelligenz.''] Abgerufen am 10. Juli 2020.)</ref><br />
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[[Kuno Kirschfeld]], einer der Gründungsdirektoren des [[Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik|Max-Planck-Instituts für biologische Kybernetik]], kritisiert, dass Precht das Thema Künstliche Intelligenz (KI) mangelhaft recherchiert hat und völlig verzerrt darstellt.<ref>{{Internetquelle |autor=Kuno Kirschfeld |url=https://www.cicero.de/kultur/richard-david-precht-buch-kuenstliche-intelligenz |titel=Künstliche Intelligenz: Das schiefe Bild des Richard David Precht |werk=cicero.de |datum=2020-12-06 |abruf=2023-05-27}}</ref><br />
<br />
=== Bedingungsloses Grundeinkommen ===<br />
Im Rahmen seiner Darlegungen zu Themen wie Digitalisierung, [[Bürgergesellschaft]], Bildung und Armut bezieht Richard David Precht Position für ein [[bedingungsloses Grundeinkommen]] (BGE). Als wesentliche Gründe dafür nennt er die durch die Digitalisierung zu erwartende höhere [[Arbeitslosigkeit]], die Verhinderung kollektiver Armut und die Finanzierbarkeit beispielsweise durch eine [[Finanztransaktionssteuer]] bzw. [[Mikrosteuer]].<ref>{{Internetquelle |url=https://www.xing.com/news/klartext/warum-ich-mich-fur-das-grundeinkommen-einsetze-2414 |titel=Warum ich mich für das Grundeinkommen einsetze |werk=xing.com |datum=2018-03-05 |sprache=de |abruf=2023-06-28}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.youtube.com/watch?v=BqajDzY91rg&t=626 |titel=Grundeinkommen für alle - wie gerecht wäre das? |werk=ZDF - Markus Lanz |datum=14. April 2022 |sprache=de |abruf=2023-06-28}}</ref> Bereits jetzt zeige sich angesichts von [[Geringfügige Beschäftigung|Minijobs]], [[Arbeitnehmerüberlassung|Leiharbeit]], [[Scheinselbständigkeit]] und unbezahlten [[Praktikum|Praktika]], dass der [[Sozialstaat]] nicht mehr intakt sei.<br />
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2018 hatten nur noch 53 Prozent der Beschäftigten, so Precht, nach Tarif bezahlte Arbeit. Dementsprechend würden künftig immer weniger Menschen im Alter von ihrer Rente leben können. In solchen Konstellationen könne das BGE für Absicherung sorgen.<ref>''Jäger, Hirten, Kritiker.'' 2018, S. 141 f.</ref> In einer „humanen Gesellschaft der Zukunft“ werde durch das bedingungslose Grundeinkommen ein allein auf [[Erwerbstätigkeit|Erwerbsarbeit]] gegründeter Leistungsbegriff überwunden, der ohnehin blind sei für die sozialen Lebensleistungen vieler Menschen. „Der Zwang, monotone und demoralisierende [[Arbeit (Philosophie)#Aufhebung des Arbeitsbegriffs seit Mitte des 20. Jahrhunderts|Arbeit]] auszuüben, entfällt. Damit sind die materiellen Grundlagen für eine [[Konkrete Utopie|Gesellschaftsutopie]] geschaffen, die den Menschen als freies Individuum begreift.“<ref>''Jäger, Hirten, Kritiker.'' 2018, S. 149.</ref><br />
<br />
=== Migration ===<br />
Zum Thema [[Migration]] meint Precht, dass „der Exodus der Flüchtlinge aus ihren Heimatländern […] gerade erst begonnen“ habe. Er werde „die Geografie des 21. Jahrhunderts umformen. Und er wird die Politik der reichen europäischen Länder verändern müssen im Hinblick auf eine neue völkerübergreifende Solidarität.“<ref>{{Literatur |Autor=Richard Precht |Titel=Moral: Echte Träume, echte Not |Sammelwerk=Die Zeit |Ort=Hamburg |Datum=2016-01-14 |ISSN=0044-2070 |Online=http://www.zeit.de/2016/01/moral-fluechtlinge-deutschland-fluechtlingspolitik-buerokratie |Abruf=2016-12-04}}</ref> In diesem Sinne plädiert er mit [[Rupert Neudeck]] für eine flüchtlingspräventive Außenpolitik und eine gezielte Entwicklungshilfe für wenige ausgewählte Länder, um diese tatsächlich entscheidend voranzubringen.<ref><!--Seriöser Beleg erwünscht!-->{{Internetquelle |autor=<!--„Kosake van Ze“ ist keine Person, sondern ein Account!--> |url=https://www.youtube.com/watch?v=JCUA9Vf2LBg |titel=Richard David Precht und Rupert Neudeck |titelerg=Videoinhalt nicht archiviert, seriöse Quelle gesucht. |datum=2015-09-12 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20161205163208/https://www.youtube.com/watch?v=JCUA9Vf2LBg |archiv-datum=2016-12-05 |abruf=2016-12-04}}</ref><br />
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=== Gendern ===<br />
Zu [[Geschlechtergerechte Sprache|geschlechtergerechter Sprache]] äußerte sich Precht bei verschiedenen Gelegenheiten. So bezeichnete er in einem Interview zu seinem Buch ''Von der Pflicht'' gendergerechte Sprache als eine der „dümmsten Ideen“.<ref>{{Internetquelle |autor=Marie-Luise Goldmann |url=https://www.welt.de/kultur/plus229465083/Richard-David-Precht-Gendergerechte-Sprache-ist-eine-der-duemmsten-Ideen.html |titel=„Gendergerechte Sprache ist eine der dümmsten Ideen“ |werk=Welt |datum=2021-04-21 |sprache=deutsch |abruf=2022-08-22}}</ref> Zum einen sei Sprache eine „kulturelle Heimat für Menschen“ und lebe von Tradition.<ref>{{Internetquelle |autor=Katja Thorwarth |url=https://www.fr.de/meinung/kommentare/richard-david-precht-gendern-philosoph-dieter-nuhr-whataboutism-antifeminismus-91196619.html |titel=Philosoph Precht und Gender: Dem heteronormativen Mainstream nach dem Mund geredet |werk=https://www.fr.de/ |datum=2021-12-24 |sprache=deutsch |abruf=2022-08-18}}</ref> Bemühungen, eine geschlechtergerechte Sprache durchzusetzen, bezeichnete er als [[Whataboutism]] und unterstellte, dass man damit vorgebe, „Probleme zu lösen, die dadurch nicht gelöst werden“.<ref name=":0">{{Internetquelle |url=https://www.youtube.com/watch?v=8xMuTKuCAhk |titel=Philosoph Richard David Precht über die neue Bundesregierung – Jung & Naiv: Folge 537 Minute 8:26-8:42 |werk=YouTube |datum=2021-10-15 |sprache=de |abruf=2022-08-18}}</ref> Obwohl er das [[Gendern]] von Sprache selbst nicht befürworte, sprach er sich aber dafür aus, dass es eine individuelle Entscheidung sei, zu gendern oder nicht.<ref name=":0" /><br />
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=== Europäische Union ===<br />
Spätestens seit dem [[EU-Mitgliedschaftsreferendum im Vereinigten Königreich 2016|Brexit-Referendum]] brauche Europa ein neues [[Narrativ (Sozialwissenschaften)|Narrativ]], meint Precht, das die an den Weltkriegen ausgerichtete Erzählung „vom Lernen der Völker und dem Sieg des Friedens über rücksichtlose Konkurrenz und blutige Barbarei“ ablöst. Die Antwort sei bei [[Alexis de Tocqueville]] in dem Werk über die Demokratie in Amerika zu finden. Dort gehe es um Gleichartiges wie heute in Europa: „uninteressierte Bürger, ein Volk von Händlern, nicht mit dem Gemeinwohl beschäftigt, sondern mit sich selbst.“ Je größer der Wohlstand, umso unpolitischer die Menschen – mit einer am Ende ausgehöhlten Demokratie. Mit dem Blick auf die gegenwärtige Ausrichtung der [[Europäische Union|Europäischen Union]] und ihrer Bürger wendet sich Precht gegen einen „grenzenlosen Kapitalismus“: „Bis in die feine Unterwäsche unseres Bewusstseins hat er unsere Staatsbürgerschaft gelöscht und uns zu Kunden, Konsumenten und Usern gemacht.“ Gewiss gebe es auch hierzulande eine – tendenziell noch abnehmende – Minderheit von Menschen, denen am Gemeinwohl liege und die ihre Freiheit einübten, indem sie sich für das Gemeinwohl engagierten. Man könne aber nicht beides haben, so Precht abschließend in Übereinstimmung mit Tocqueville: „leidenschaftliche Staatsbürger, die sich um das Gemeinwohl kümmern, und leidenschaftliche Konsumenten, die täglich nach ihrem Vorteil gieren.“<ref>''Unsere gereizten Seelen. Europa braucht Staatsbürger und keine Konsumenten. Ein Plädoyer für eine neue europäische Erzählung.'' In: ''[[Die Zeit]]''. 22. September 2016, S. 42.</ref><br />
<br />
=== Mainstream ===<br />
Ein öffentlicher [[Mainstream]] gehört nach Precht zu medial verfassten [[Industriegesellschaft]]en. Er definiert ihn als „Bekenntnis zur Mitte“ und beschreibt ihn so: „Heute gibt es eine Mehr-Parteien-Partei in der Mitte, die aus Grünen, Sozialdemokraten und Liberal-Konservativen besteht, die in kleinen Nuancen voneinander abweichen. Und es gibt einen äusseren linken und rechten Rand, deren Anhänger zu Randfiguren der Gesellschaft werden und als abständig betrachtet werden.“ Je fester der Mainstream in der Mitte, desto extremer seien zugleich die Pole bzw. Ränder. Mit der Mainstreamisierung gehe zugleich eine politische [[Radikalisierung]] einher: „Die Entwicklung ist ambivalent. Es ist schön zu sehen, dass die Mehrheit der Menschen sich über die wesentlichen politischen Fragen einig ist. Zugleich trägt diese Entwicklung zur Radikalisierung der Ränder bei. Dies wiederum halte ich für problematisch.“<ref>https://www.blick.ch/meinung/meinungsmacher/bestseller-philosoph-richard-david-precht-ich-schaue-maximal-mitfuehlend-und-maximal-kuehl-auf-den-krieg-id17311706.html</ref><br />
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=== Bildung ===<br />
{{Hauptartikel|Anna, die Schule und der liebe Gott}}<br />
<br />
2013 veröffentlichte Precht ein Buch zur Bildung und zum deutschen [[Schulsystem in Deutschland|Schulsystem]]. In ''[[Anna, die Schule und der liebe Gott]]: Der Verrat des Bildungssystems an unseren Kindern'' übt er eine grundlegende Kritik am bestehenden [[Bildungssystem]] und fordert eine „[[Bildungsrevolution]]“, weil das bestehende System weder kindgerecht noch effektiv sei.<ref>{{Literatur |Autor=Gerrit Bartels |Titel=Precht fordert Revolution des Bildungssystems |Hrsg= |Sammelwerk= |Datum=2013-04-23 |ISSN=1865-2263 |Online=https://www.tagesspiegel.de/kultur/precht-fordert-revolution-des-bildungssystems-6960463.html |Abruf=2023-08-06}}</ref><br />
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Diese Revolution des Bildungswesen soll – ähnlich wie jene in den 1960er- und 1970er-Jahren – Deutschlands Schulen für eine unter digitalen Vorzeichen völlig veränderte Gesellschaft fit zu machen und wieder mehr [[Bildungsgerechtigkeit]] herzustellen. „Wir brauchen andere Lehrer, andere Methoden und ein ganz anderes Zusammenleben in der Schule.“<ref>{{Internetquelle |url=https://www.cicero.de/kultur/wir-brauchen-eine-bildungsrevolution/51963 |titel=Richard David Precht: - Wir brauchen eine Bildungsrevolution! {{!}} Cicero Online |sprache=de |abruf=2023-10-23}}</ref> Was es an positiven Veränderungen gebe, sei alles nur Stückwerk. Die bestehenden [[Ganztagsschule]]n seien in Wirklichkeit nur [[Halbtagsschule]]n mit [[Nachmittagsbetreuung]]. Die [[Integrierte Gesamtschule|integrierten Gesamtschulen]] ergänzten lediglich das alte [[Dreigliedriges Schulsystem|dreigliedrige Schulsystem]]. „Die Systemfehler – die Selektion, das uniforme Lernen mit Fächern, die Benotung von Leistung mit Ziffern – bestehen weiter. Es reicht nicht mehr, an dieses alte System immer wieder etwas Neues anzuflicken. Wir müssen endlich den Mut haben, das eine durch das andere zu ersetzen.“ Die Schulpolitik aber sei insgesamt mutlos geworden. „Wir müssen wieder utopiefähig werden im Hinblick auf die Schule.“<ref>[https://www.zeit.de/2013/16/richard-david-precht-schulsystem/komplettansicht „Sind Sie der bessere Lehrer, Herr Precht?“] Interview mit [[Thomas Kerstan]] und [[Martin Spiewak]] in: [[Die Zeit]] 16/2013, 11. April 2013; abgerufen am 4. Juni 2020.</ref> Auch die neuere Lernforschung möchte Precht künftig im Schulalltag berücksichtigt sehen, etwa mit dem Hinweis: „Wir versuchen Bildung zu vermitteln durch Fächer, die zusammenhanglos nebeneinander stehen, und davon haben wir dann fünf oder sechs am Tag. Das hat nichts damit zu tun, wie Lernen funktioniert.“<ref>{{Internetquelle|url=https://www.derwesten.de/kultur/keine-noten-keine-klassen-richard-david-precht-will-die-schule-revolutionieren-id7859285.html | titel=„Keine Noten, keine Klassen – Richard David Precht will die Schule revolutionieren.“ |werk= [[derwesten.de]] |datum=2013-04-19 |abruf=2022-10-25 |archiv-url=http://web.archive.org/web/20130425030734/https://www.derwesten.de/kultur/keine-noten-keine-klassen-richard-david-precht-will-die-schule-revolutionieren-id7859285.html |archiv-datum=2013-04-25 |kommentar=Richard David Precht im Interview mit Britta Heidemann}}</ref> Durch eine entsprechende Umgestaltung von Schule seien vor allem die langfristig wirksame [[Motivation#Intrinsische Quellen|intrinsische Lernmotivation]] von Schülerinnen und Schülern sowie die [[Individualisierung]] von Lehr- und [[Lernen|Lernprozessen]] zu fördern.<br />
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=== Tierethik ===<br />
[[Datei:Maischberger - 2016-12-14-7454.jpg|mini|Richard David Precht (2016)]]<br />
{{Hauptartikel|Tiere denken}}<br />
Im Hinblick auf den Umgang mit Tieren in der Gesellschaft erkennt Precht eine [[Schizophrenie]] zwischen [[Haustierhaltung]] und hoher Sensibilität vieler Menschen auf der einen und der alltäglichen Praxis der Tierhaltung auf der anderen Seite. Er fordert eine [[Tierethik|tierethisch]] orientierte Reform des Rechts hinsichtlich der Aufnahme von [[Tierrechte]]n in das [[Tierschutzgesetz (Deutschland)|Tierschutzgesetz]] und lehnt die weithin noch gesellschaftlich akzeptierte [[Jagd]], [[Pelztierfarm]]en, die [[industrie]]lle [[Massentierhaltung]] und -verwertung, [[Tierversuch]]e und besonders die Versuche an [[Primaten]] ab.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.naturefund.de/erde/aktuell/essen_trinken/artikel/article/das-elend-ist-groesser-als-je-zuvor-richard-david-precht-ueber-fleischkonsum-und-tierhaltung.html |titel=„Das Elend ist größer als je zuvor“, Richard David Precht über Fleischkonsum und Tierhaltung: Naturefund |werk=www.naturefund.de |abruf=2016-12-04}}</ref> Precht, der selbst nicht [[vegan]] lebt, hält diese Lebensweise dennoch für „richtig und gut“.<ref>{{Internetquelle |url=https://vegan-ist-zukunft.de/massentierhaltung-ist-das-groesste-oekologische-problem-unserer-zeit/ |titel=„Massentierhaltung ist das größte ökologische Problem unserer Zeit“ |werk=Vegan ist Zukunft |datum=2019-06-28 |abruf=2019-06-28}}</ref><br />
<br />
=== Zukunft des Automobils ===<br />
Precht trat als Kritiker der gesellschaftlichen Fokussierung und politischen Förderung einer batteriegestützten [[Elektromobilität]] auf, da die diesbezügliche Umweltbilanz in Studien über den Lebenszyklus der Fahrzeuge nur wenig besser ausfalle als bei Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor.<ref>So z.&nbsp;B. in diesem Interview von 2019 [https://www.augsburger-allgemeine.de/kultur/Richard-David-Precht-Die-Menschen-lieben-Verbote-id54827366.html Wolfgang Schütz: ''Richard David Precht: „Die Menschen lieben Verbote“''], Augsburger Allgemeine, online vom 9. Juli 2019</ref> Stattdessen sei im Sinne des Klimaschutzes auf [[Brennstoffzellenfahrzeug|Brennstoffzellen]] zu setzen. In einer Kolumne widersprach Martin Seiwert von der ''[[Wirtschaftswoche]]'' in einem Faktencheck den von Precht angeführten Zahlen.<ref>[https://www.wiwo.de/unternehmen/auto/e-auto-kritik-richard-david-precht-im-faktencheck/24667234.html Martin Seiwert: ''Richard David Precht im Faktencheck''], Wirtschaftswoche vom 16. Juli 2019</ref> Precht wiederholte seine Meinung danach bei einem Fernsehauftritt.<ref>[https://www.waz.de/panorama/markus-lanz-e-autos-richard-david-precht-faellt-vernichtendes-urteil-id227386909.html Petra Kohrun: ''„Lanz“: David Precht wettert gegen „Verasozialisierung“''] – waz panorama vom 20. Oktober 2019</ref><br />
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=== Biotechnologie, insbesondere in der Reproduktionsmedizin ===<br />
{{Hauptartikel|Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?}}<br />
<br />
Wie bei der [[Schönheitsoperation|Schönheitschirurgie]] bereits weitgehend praktiziert, könnte laut Precht auch die [[Reproduktionsmedizin]] „zu einem rasant wachsenden Markt werden, der ganz neue Normen in die Welt setzt.“ Mit der Zunahme der technischen Möglichkeiten wüchsen auch „die Begehrlichkeiten ehrgeiziger und unerschrockener Eltern.“ Neben der Vorbestimmung des Geschlechts im Zuge der [[Präimplantationsdiagnostik]] (PID) kämen dann auch Größe und diverse geschmacks- bzw. trendbedingte Schönheitsmerkmale in Betracht.<ref>Precht: ''Wer bin ich...?'' 28. Aufl. 2007, S. 252 und S. 256 f. „Wie viele Kinder werden einst gegen ihre Eltern klagen, weil sie sie nicht frühzeitig ‚optimiert‘ haben? Denn auf die PID werden wohl in absehbarer Zeit die Prä-Implantations-Reparatur (PIR) und die Prä-Implantations-Optimierung (PIO) folgen.“ (Ebenda, S. 257)</ref> Auch wenn es nicht Aufgabe des Staates sei, so Precht, Eltern vor ihren Wünschen und ihrem Geschmack zu bewahren, habe er doch absehbaren Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. „Wenn heute und in Zukunft ausgewählt werden kann, was vorher der Zufall bestimmte, ergeben sich Folgeketten von unabsehbarem Ausmaß.“ Von einer „Konsum-Eugenik“ zu fürchten sei „eine tiefe allgemeine Verunsicherung.“<ref>Precht: ''Wer bin ich…?'' 28. Aufl. 2007, S. 261 f.</ref><br />
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Gegen das [[Klonen]] erbidentischer Menschen spricht nach Precht vor allem die Menschenwürde, die die Einzigartigkeit des menschlichen Individuums einschließt; der Klon aber wäre ein „Dividuum“, ein Geteiltes – mit vorhersehbaren psychischen Risiken. Beim Klonen zu Forschungszwecken ist Precht die getrennte Betrachtung von embryonalen [[Stammzelle]]n („wie Neuschnee, der alle erdenklichen Farben und Formen annehmen kann“) und [[Stammzelle#Adulte Stammzellen|adulten Stammzellen]] mit begrenzteren Wandlungsmöglichkeiten wichtig.<ref>Zwar verstoße die zweckgerichtete Nutzung embryonaler Stammzellen nicht gegen die Menschenwürde (die ein Bewusstsein voraussetze), doch hätten adulte Stammzellen, die zu Therapiezwecken aus eigenen Körperorganen gewonnen werden, den Vorzug, keine Abstoßungsreaktionen auszulösen. Bei Abwägung der aus der embryonalen und adulten Stammzellforschung abgeleiteten Heilsversprechen erscheine vorläufig die Forschung mit adulten Stammzellen als „der viel bessere Weg.“ (Precht: ''Wer bin ich…?'' 28. Aufl. 2007, S. 242–249; Zitate S. 245 und 249.)</ref><br />
<br />
=== Corona-Krise ===<br />
Als ein „großes Erwachen“ aus selbstverständlichen Gewohnheiten und Sichtweisen erwog Precht die [[COVID-19-Pandemie|Corona-Krise]] in einem [[Die Zeit|Zeit]]-Artikel vom 2. April 2020. Menschliche Anpassungsfähigkeit wisse unter diesen Umständen nicht mehr, woran sie sich anpassen solle. [[Viren]] nicht als [[Computervirus|Computerviren]], sondern im biologischen Sinne wahrzunehmen, müsse erst wieder gelernt werden. Die Rückkehr der Biologie im Zeichen des Virus weise in eine andere Richtung als die der bedingungslosen technologischen Expansion.<ref>''Das große Erwachen. Lange hat man so getan, als seien viele politische Entscheidungen alternativlos. Die Pandemie macht Schluss mit diesem Märchen.'' In: ''[[Die Zeit]]''. 2. April 2020, S. 46.</ref><br />
<br />
Im April 2021 befürwortete Precht die meisten Maßnahmen des Staates zur Eindämmung der Pandemie. Es sei die Pflicht des Staates, die Schwachen in der Gesellschaft zu schützen, Rechte und Pflichten gehörten zusammen. Die Zahl der Menschen, die sich „entpflichten“, sei noch gering; es bestehe aber im Blick auf die USA die Gefahr, dass sie stark anwachsen könne. Diejenigen, die sich am stärksten über die Maßnahmen aufregen und dem Staat misstrauen, seien nur selten sozial engagiert. „Corona-Leugner arbeiten selten auf Intensivstationen. Menschen, die viel für andere tun, neigen sehr selten dazu, den Staat abzulehnen.“<ref>{{Internetquelle |autor=Wolfgang Schütz |url=https://www.augsburger-allgemeine.de/kultur/Interview-Philosoph-Precht-zu-Corona-Es-gab-keine-sinnlosen-Massnahmen-id59504886.html |titel=Philosoph Precht zu Corona: „Es gab keine sinnlosen Maßnahmen“ |sprache=de |abruf=2021-11-03}}</ref> Der Staat dürfe aber keine Impfpflicht verhängen. Precht stellte sich auch die Frage, ob nach einer Impfung der Menschen im Alter von fünfzig und mehr Jahren der übrige Impfstoff nicht besser an die Dritte Welt abgegeben werden sollte.<ref>{{Internetquelle |autor=Claudia Haase |url=https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/5969835/ |titel=Richard David Precht im Interview: Richard David Precht: „Zwei freiwillige Jahre Sozialdienst hätten heilsamen Effekt“ |datum=2021-04-25 |sprache=de |abruf=2021-11-03}}</ref><br />
<br />
Im Podcast mit [[Markus Lanz]] vom 29. Oktober 2021 kritisierte Precht die Ausübung von Druck auf Menschen, die in freier Entscheidung eine Corona-Impfung für sich vorläufig oder grundsätzlich ablehnen, und betonte mehrfach, dass er Kinder niemals mit den [[RNA-Impfstoff|neuartigen Corona-Impfstoffen]] impfen lassen würde, weil deren „im Aufbau begriffenes Immunsystem“ nicht „manipuliert“ werden dürfe. Precht sprach sich für einen vorsichtigen Umgang mit den „gentechnischen“ Impfstoffen aus, da Wirkungen, die nach längerer Zeit sichtbar würden, noch nicht bekannt sein könnten.<ref>[https://lanz-precht.podigee.io/10-ausgabe-neun Ausgabe neun des Podcasts Lanz&Precht] (ab 08:00 min); abgerufen am 21. November 2021.</ref> Für diese Äußerungen wurde Precht kritisiert: Precht äußere sich „selbstbewusst zu immunologischen Fragen“, allerdings „ohne über wissenschaftliche Expertise in diesem Bereich zu verfügen“.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zdf.de/uri/ef3a063f-841d-4abe-b0ff-b0f2386a074c |titel=Precht: Kimmichs Impfung geht Regierung nichts an |sprache=de |abruf=2021-11-01}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.fr.de/politik/corona-coronavirus-markus-lanz-richard-david-precht-querdenken-querdenker-impfung-entruestung-twitter-91086557.html |titel=Markus Lanz und Richard David Precht sorgen für Entrüstung – „Querdenkern“ nach dem Mund geredet |datum=2021-11-01 |sprache=de |abruf=2021-11-01}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=WELT |Titel=Richard David Precht würde „Kinder niemals impfen“ |Sammelwerk=DIE WELT |Datum=2021-10-31 |Online=https://www.welt.de/politik/deutschland/article234754900/Richard-David-Precht-wuerde-Kinder-niemals-impfen.html |Abruf=2021-11-01}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Berliner Zeitung |Titel=Richard David Precht: Warum ich Kinder niemals gegen Corona impfen lassen würde |Sammelwerk=Berliner Zeitung |Datum=2021-10-31 |Online=https://www.berliner-zeitung.de/news/richard-david-precht-wuerde-kinder-niemals-gegen-corona-impfen-lassen-li.192137 |Abruf=2021-11-01}}</ref> Im [[Der Spiegel|Spiegel]] warf Marco Evers Precht am 2. November 2021 vor, „intellektuell abgestürzt“ zu sein. Er „[[Schwadronieren|schwadroniere“]] nun beim Coronathema „auf '[[Querdenker-Bewegung|Querdenker]]'-Niveau“.<ref>{{Literatur |Autor=Marco Evers |Titel=Richard David Precht: Krude Thesen von Bestsellerautor – wer ist Dr. Wirrkopf? |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2021-11-02 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/richard-david-precht-krude-thesen-von-bestsellerautor-wer-ist-dr-wirrkopf-a-41842cd8-1824-41b9-93fe-ddd05df4b9ab |Abruf=2021-11-03}}</ref> Im Zürcher „Tagesanzeiger“ wurde Precht vorgeworfen, im Gespräch mit Lanz „den Schritt ins Reich der Corona-Mythen“ getan zu haben.<ref>Alexandra Kedves: [https://www.tagesanzeiger.ch/er-wuerde-keine-12-jaehrigen-impfen-919351859310 Philosoph in der Pandemie: Er würde keine 12-Jährigen impfen], in: Tagesanzeiger, 4. November 2021.</ref> [[Karl Lauterbach]] sagte zu Prechts Aussagen in dem Podcast-Gespräch: „Es waren sehr viele Dinge dabei, die einfach so falsch sind.“<ref>{{Literatur |Autor=Tsp, AFP |Titel=Lauterbach nennt Wagenknechts Impfaussagen gefährlich |Sammelwerk=Der Tagesspiegel Online |Datum=2021-11-04 |ISSN=1865-2263 |Online=https://www.tagesspiegel.de/politik/spd-politiker-hat-dunkle-vermutung-lauterbach-nennt-wagenknechts-impfaussagen-gefaehrlich/27767854.html |Abruf=2021-11-24}}</ref> Im Interview mit der [[Die Zeit|Zeit]] vom 18. November 2021 wies Precht darauf hin, er habe ausdrücklich keine Handlungsempfehlungen zu Kinderimpfungen gegeben, sondern nur die eigene Einstellung betont. Er habe dafür werben wollen, sehr behutsam zu entscheiden. „Sicher habe ich zu laxe Formulierungen benutzt, das räume ich gern ein, ich werde künftig vorsichtiger sein.“ Andererseits sah er die mediale Aufregung über seine Podcast-Äußerungen angesichts seiner mehrfach bekundeten Haltung gegenüber Querdenkern und [[Neue Rechte|neuen Rechten]] als bizarr an.<ref>Interview: Cathrin Gilbert und Martin Machowecz: ''Warum haben Sie das gesagt, Herr Precht?'' In: ''[[Die Zeit]]''. 18. November 2021, S. 14.<br />
<br />
https://www.zeit.de/2021/47/richard-david-precht-corona-impfung-kinder?cid=59333970</ref> Es störe ihn an der Impfdebatte, dass die 50 Schattierungen von Grau nicht thematisiert würden. „Dass wir so tun, als gäbe es nur Schwarz und Weiß.“<ref>{{Literatur |Autor=Joachim Huber |Titel=„Ich habe nie vorgehabt, jemandem Angst zu machen“ |Sammelwerk=Der Tagesspiegel Online |Datum=2021-11-17 |ISSN=1865-2263 |Online=https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/richard-david-precht-ueber-corona-impfung-ich-habe-nie-vorgehabt-jemandem-angst-zu-machen/27808150.html |Abruf=2021-11-24}}</ref><br />
<br />
=== Sterbehilfe ===<br />
Hinsichtlich der Zulässigkeit ärztlicher [[Sterbehilfe]] für unheilbar todgeweihte Patienten unterscheidet Precht deutlich zwischen ''passiver Sterbehilfe'', etwa durch Behandlungsabbruch, ''indirekter Sterbehilfe'' durch Verabreichung lebensverkürzender starker [[Schmerzmittel]], ''Beihilfe zur Selbsttötung'', etwa durch Bereitstellung tödlicher Substanzen, und ''aktiver Sterbehilfe'', zum Beispiel durch Setzen einer Giftspritze. Dabei lässt Precht ein Selbstbestimmungsrecht auf Sterben – als der [[Menschenwürde]] zugehörig – nicht uneingeschränkt gelten. „Die meisten Menschen sind sicher intuitiv der Ansicht, dass eine schmerzlindernde Pflege zum Tode der bessere Weg ist als eine Giftspritze. Dieses intuitive Gefühl ist fest verankert in der Natur des Menschen […].“<ref>Precht: ''Wer bin ich…?'' 28. Auflage. 2007, S. 198 f.; Zitat S. 206.</ref><br />
<br />
Folglich könne aktive Sterbehilfe nur als letztes Mittel geleistet werden, „wenn kein anderer Weg offensteht.“ [[Palliativmedizin]] sei deshalb entsprechend intensiv zu fördern und für Ärzte wie Patienten der humanere Weg. Unter Hinweis auch auf einen möglicherweise zunehmenden sozialen Erwartungsdruck im Falle der Zulassung ärztlicher Sterbehilfe resümiert Precht: „Was heute im Einzelfall in der Grauzone von passiver, indirekter und aktiver Sterbehilfe in deutschen Krankenhäusern tatsächlich geschieht, dürfte allemal besser sein als eine rechts- und moralphilosophisch klare und eindeutige Position für die aktive Sterbehilfe.“<ref>Precht: ''Wer bin ich…?'' 28. Auflage. 2007, S. 207 f.</ref><br />
<br />
=== Ukraine ===<br />
2014 äußerte sich Precht kritisch zu der Revolution des [[Euromaidan]] in der [[Ukraine]] und warf der [[NATO]] sowie der [[Europäische Union|Europäischen Union]] vor, den in der Folge entfachten [[Krieg im Donbas]] und die [[Annexion der Krim 2014|Annexion der Krim durch Russland]] provoziert zu haben.<ref>{{Internetquelle |autor=Ida Metzger |url=https://kurier.at/politik/ausland/interview-mit-dem-philosophen-richard-david-precht-es-wird-gezuendelt-aber-wir-wollen-keinen-krieg/80.550.111 |titel=Precht: Die EU handelt unverantwortlich |werk=Kurier |datum=2014-08-17 |abruf=2022-03-25}}</ref><br />
<br />
In der Folge 28 vom 11. März 2022 seines für das ZDF gemeinsam mit Markus Lanz nach dem [[Russischer Überfall auf die Ukraine|russischen Überfall auf die Ukraine]] produzierten [[Podcast]]s sagte Precht, er gäbe der ukrainischen Regierung keine Handlungsempfehlungen, halte es aber selbst für klug, den Krieg von ukrainischer Seite nicht fortzusetzen, weil er nicht zu gewinnen sei.<ref>[https://lanz-precht.podigee.io/29-ausgabe-achtundzwanzig Podcast Lanz-Precht]; AUSGABE ACHTUNDZWANZIG; 11. März 2022; 48:32 Min.</ref> Er erklärte seine Position in einem Essay im ''[[Stern (Zeitschrift)|Stern]]'': Es sei für die Menschen in der Ukraine wichtig, den schnellstmöglichen Frieden zu erreichen.<ref>https://www.stern.de/p/plus/gesellschaft/richard-david-precht-zum-ukraine-krieg---wir-muessen-endlich-vernuenftig-handeln--31701356.html</ref> Sowohl von Personen des öffentlichen Lebens als auch Zuhörern wurde er daraufhin stark kritisiert.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.rnd.de/politik/richard-david-precht-zu-ukrainischem-widerstand-gegen-putins-krieg-TVDXDEGOUVB53PQYAIYT7XMYPE.html |titel=Richard David Precht stellt Sinn von ukrainischem Widerstand gegen Russland infrage |werk=RND |datum=2022-03-12 |abruf=2022-03-25}}</ref><br />
<br />
Gemeinsam mit anderen prominenten Intellektuellen, darunter [[Svenja Flasspöhler]], [[Alexander Kluge]], [[Harald Welzer]] und [[Juli Zeh]], gehört Precht zu den Unterzeichnern des im Juni 2022 veröffentlichten [[Offener Brief|offenen Briefes]] unter dem Titel ''Waffenstillstand jetzt!'' Darin wurde „eine Strategie zur möglichst schnellen Beendigung des Krieges“ gefordert. Der Fortgang des Krieges verursache „massive humanitäre, ökonomische und ökologische Notlagen auf der ganzen Welt“. Der Westen müsse sich Russlands Aggression zwar geeint entgegenstellen, doch gelte es, Bedingungen zu schaffen, unter denen Verhandlungen überhaupt möglich sind. „Dazu gehört die Bekundung“, heißt es in dem Schreiben, „dass die westlichen Akteure kein Interesse an einer Fortführung des Krieges haben und ihre Strategien entsprechend anpassen werden.“<ref>[https://www.derstandard.de/story/2000137042314/deutsche-intellektuelle-forden-waffenstillstand-jetzt ''Neuer offener Brief: Intellektuelle fordern „Waffenstillstand“ in Ukraine.''] In: [[Der Standard]], 30. Juni 2022; abgerufen am 2. November 2022.</ref> Der Appell wurde verschiedentlich heftig kritisiert. So kommentierte etwa [[Carlo Masala]], Professor für [[Internationale Politik]] an der [[Universität der Bundeswehr München]]: „An keiner Stelle wird das Problem erörtert, dass die Russische Föderation wiederholt gesagt hat, dass dieser Krieg nur zu ihren Bedingungen beendet wird. An keiner Stelle wird eine Lösung dafür angeboten, wie man die territoriale Integrität der Ukraine (und zwar der ganzen) wiederherstellt.“ Auch fehlten jegliche Aussagen dazu, wie die territorialen Fragen gelöst werden und wie Sicherheitsgarantien für die Ukraine aussehen könnten.<ref>[https://www.watson.ch/!369704144 ''Prominente fordern Waffenstillstand in der Ukraine – so kontert ein Wissenschaftler''] In: [[Watson (Nachrichtenportal)|Watson]], 30. Juni 2022; abgerufen am 2. November 2022.</ref><br />
<br />
Im November 2022 korrigierte Precht seine fehlgeleitete Einschätzung der Kriegslage vom Jahresbeginn und gab zu, sich getäuscht zu haben. „Die Ukraine in eine Position der Stärke zu bringen“ sei geglückt. Die Mehrheit der Militärexperten habe damals die Einschätzung geäußert, dass die Ukraine den Krieg innerhalb von Tagen, Wochen oder ein, zwei Monaten verlieren werde. Er sei von einer „Fehlannahme ausgegangen“, dass es sich unter diesen Umständen nicht lohne, sich zu verteidigen. Erst jetzt wisse man, so Precht, „wie unglaublich stark die ukrainische Armee von Anfang an gewesen ist, bevor die Waffenlieferungen kamen“.<ref>[https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-montag-197.html ''Liveblog: UN-Vollversammlung fordert russische Reparationen''] www.tagesschau.de, 15. November 2022</ref><br />
<br />
=== Medien ===<br />
{{Hauptartikel|Die vierte Gewalt. Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist}}<br />
In seinem gemeinsam mit [[Harald Welzer]] 2022 veröffentlichten Buch ''Die vierte Gewalt. Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist'', heißt es im Begleittext des S. Fischer-Verlags, die Massenmedien seien „Vollzugsorgane ihrer eigenen Meinungsmache: mit immer stärkerem Hang zum Einseitigen, [[Einfachheit|Simplifizierenden]], Moralisierenden, Empörenden und [[Diffamierung|Diffamierenden]]. Und sie bilden die ganz eigenen Echokammern einer Szene ab, die stets darauf blickt, was der jeweils andere gerade sagt oder schreibt, ängstlich darauf bedacht, bloß davon nicht abzuweichen.“ Diese Angst sei der bestmögliche Dünger für den Zerfall der Gesellschaft. So werde das demokratische Ringen um gute Lösungen zerstört.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.fischerverlage.de/buch/richard-david-precht-harald-welzer-die-vierte-gewalt-wie-mehrheitsmeinung-gemacht-wird-auch-wenn-sie-keine-ist-9783103975079 |titel=Die vierte Gewalt – Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist |werk=fischerverlage.de |datum=28.09.2022 |sprache=de |abruf=2023-08-06}}</ref> Der bereits kurz nach seinem Erscheinen als [[Bestseller]] gehandelte Titel traf sogleich auf [[Die vierte Gewalt. Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist#Rezeption|vielstimmige Kritik]] aus dem Medienbereich.<br />
<br />
=== Juden und Israel ===<br />
Nach dem [[Terrorangriff der Hamas auf Israel 2023|Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023]] behauptete Precht in seinem [[Podcast]] mit Markus Lanz, [[Orthodoxes Judentum|orthodoxen Juden]] sei aus religiösen Gründen das [[Ultraorthodoxes Judentum#Berufstätigkeit|Arbeiten]] untersagt, „Diamanthandel und ein paar Finanzgeschäfte ausgenommen“. Nach Vorwürfen, ein [[Antisemitismus|antisemitisches]] [[Stereotyp]] verwendet zu haben, so von Seiten der [[Israelische Botschaft in Berlin|israelischen Botschaft]] und dem Vorstand der [[Orthodoxe Rabbinerkonferenz|Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland]], entfernte das [[ZDF]] die Stelle.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.welt.de/politik/deutschland/article248013156/ZDF-Podcast-Umstrittene-Aussage-ueber-Juden-aus-Lanz-Precht-Folge-entfernt.html |titel=ZDF-Podcast: Umstrittene Aussage über Juden aus „Lanz & Precht“-Folge entfernt - WELT |datum=2023-10-15 |sprache=de |abruf=2023-10-15}}</ref><ref>[https://www.t-online.de/unterhaltung/stars/id_100259542/israel-lanz-und-precht-loesen-empoerung-mit-aussagen-ueber-juden-aus.html ''Precht löst mit Aussagen über Juden Empörung aus''] www.t-online.de, 14. Oktober 2023</ref> Nachdem Precht zunächst bedauert hatte, dass die Formulierung Anstoß erregt und Kritik ausgelöst hatte, stellte er drei Tage später klar, dass seine Aussage über das orthodoxe Judentum falsch gewesen sei, und entschuldigte sich dafür in einer vorgezogenen Podcastfolge.<ref>Nils Kottmann: [https://www.juedische-allgemeine.de/politik/zdf-und-precht-bedauern-kritik-an-antisemitischem-satz/ ''ZDF und Precht bedauern Kritik an antisemitischem Satz''] www.juedische-allgemeine.de, 15. Oktober 2023</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Theresa Schäfer |url=https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.lanz-und-precht-podcast-zu-israel-da-sind-ein-paar-saetze-gefallen-die-mindestens-missverstaendlich-waren.148f103a-0761-44c2-9a43-87712a15877d.html |titel=„Lanz und Precht“-Podcast zu Israel: „Da sind Sätze gefallen, die mindestens missverständlich waren“ |hrsg=[[Stuttgarter Zeitung]] |datum=2023-10-18 |sprache=de |abruf=2023-10-18}}</ref> Noch im Oktober verzichtete Precht auf Druck des [[Studierendenparlament]]s auf seine [[Honorarprofessor|Honorarprofessur]] an der [[Leuphana Universität Lüneburg|Universität Lüneburg]].<ref name=":1" /><br />
<br />
== Rezeption ==<br />
''[[Die Zeit]]'' bezeichnete Precht als „Bürgerphilosophen“,<ref>„Precht machte nicht nur im Affenzahn Karriere. Er etablierte nebenbei das Modell des bürgernahen, sichtbaren, engagierten Intellektuellen, den es eher in Frankreich gibt, in der Bundesrepublik nicht.“ {{Literatur |Autor=Ursula März |Titel=Richard David Precht: Unser Bürgerphilosoph |Sammelwerk=Die Zeit |Ort=Hamburg |Datum=2011-01-05 |ISSN=0044-2070 |Online=http://www.zeit.de/2011/02/Portraet-Precht |Abruf=2019-02-01}}</ref> ''[[Der Spiegel]]'' nannte ihn „mediale Allzweckwaffe“,<ref>{{Internetquelle |autor=Thomas Tuma |url=https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-80075378.html |titel=Vielosoph to go |werk=[[Der Spiegel]] 34/2011 |hrsg=[[Spiegel Online]] |abruf=2016-11-21}}</ref> ''[[The European]]'' beschrieb ihn als „Weltbegriffsphilosoph“.<ref>Prechts Ansatz, befindet Krisha Kops, unterscheide sich von dem sonst in der Philosophie und unter den öffentlichen Intellektuellen hierzulande gebräuchlichen, wo man sich oft mehr dem Schul- als dem Weltbegriff verschrieben habe. Eben darum würden „Weltbegriffsphilosophen“ wie Precht für ihre angebliche Popphilosophie angefeindet. „Dabei versucht er genau das, was Schweitzer tat und Cassirer forderte: das thematisieren, was alle betrifft, und zwar mit einem Duktus, der nicht nur für eine Bildungselite zugänglich ist.“{{Literatur |Autor=Krisha Kops |Titel=Richard David Precht contra Peter Sloterdijk |Sammelwerk=TheEuropean |Datum=2017-05-21 |Online=https://www.theeuropean.de/krisha-kops/12192-richard-david-precht-contra-peter-sloterdijk |Abruf=2019-02-01}}</ref> Seine populärphilosophischen Sachbücher der Jahre 2007 bis 2011 vermittelten Themen der gegenwärtigen Philosophie einer breiten Öffentlichkeit. Seit 2013 bereitet Precht die Philosophiegeschichte des Abendlandes als Problemgeschichte auf und positioniert sich in gesellschaftliche Debatten wie Fragen nach einem besseren Bildungssystem, nach einer künftigen Tierethik oder nach den gesellschaftlichen Folgen der Digitalisierung. Seine gesellschaftspolitischen Vorstellungen werden in den Medien häufig und oft stark kontrovers diskutiert.<br />
<br />
In dem Artikel ''Die Precht AG''<ref>„Die Precht AG. Reich durch Philosophie. “ {{Literatur |Autor=Sebastian Balzter |Titel=Die Precht-AG |Sammelwerk=Frankfurter Allgemeine Zeitung |Ort=Frankfurt |Datum=2017-12-30 |ISSN=0174-4909 |Online=https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/richard-david-precht-reich-durch-philosophie-15356603.html |Abruf=2022-03-10}}</ref> kommentiert der Journalist Sebastian Balzter 2017 in der ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]'' polemisch Prechts Erfolg. Seinen Aufstieg verdanke er der [[Literaturkritiker]]in [[Elke Heidenreich]], die 2007 sein Buch ''Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?'' deutlich lobte, worauf es zu einer sehr starken Zunahme der Verkaufszahlen kam. Precht verbreite „nichts, was andere nicht schon vor ihm gedacht und aufgeschrieben hätten. Aber keiner drückt es so verständlich aus, weiß so geschmeidig davon zu erzählen“. Er besetze damit „so perfekt“ eine Marktlücke, als habe [[Bertelsmann]] ihn „aus dem Marketingbaukasten eigens dafür zusammengesetzt“.<ref>[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]: ''[https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/richard-david-precht-reich-durch-philosophie-15356603.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2 Reich durch Philosophie: Die Precht-AG]'', vom 30. Dezember 2017</ref> Dieser Einschätzung von Balzter schließt sich auch der Marketing-Professor Holger J. Schmidt in einem wissenschaftlichen Einführungswerk zum Thema [[Personal Branding]] an.<ref>Holger J. Schmidt, Christopher Spall: ''Personal Branding: Was Menschen zu starken Marken macht''. [[Springer Gabler]] (2019), S. 25–26</ref><br />
<br />
In seinem Essay ''Shooting Stars'' bezeichnet [[Daniel-Pascal Zorn]] Richard David Precht als „Populärphilosophen“, da er keine Beiträge im Bereich der [[Hochschule|akademischen]] Philosophie publiziere. Populärphilosophie sei angelegt als [[Ökonomie der Aufmerksamkeit|Kampf um Aufmerksamkeit]]. Dafür müsse man Themen bedienen, die gerade „heiß“ seien oder die als Dauerbrenner immer wieder neu aufgelegt würden.<ref>[[Daniel-Pascal Zorn]]: ''Shooting Stars. Philosophie zwischen Pop und Akademie.'' [[Verlag Vittorio Klostermann|Klostermann Verlag]], 2019, ISBN 978-3-465-04398-0</ref><br />
<br />
[[Paul Jandl]] sah in der [[Neue Zürcher Zeitung|''NZZ'']], dass sich Precht durch publizistische Unermüdlichkeit in eine Diskurszone hochgearbeitet habe, in der es nicht mehr darum gehe, was er sage, sondern dass er etwas sage.<ref>{{Internetquelle |autor=Paul Jandl |url=https://www.nzz.ch/feuilleton/richard-david-precht-und-markus-lanz-so-tickt-die-welt-ld.1694212 |titel=Der Philosoph Richard David Precht gibt wieder einmal den Ein-Mann-Stammtisch: Er legt die Stirn in Falten und erklärt den Deutschen die Welt |hrsg=Neue Zürcher Zeitung |datum=2022-07-20 |abruf=2022-07-21}}</ref><br />
<br />
In einer Kolumne des ''[[Tagesspiegel]]s'' charakterisierte [[Sebastian Leber]] Precht als „[[Archetyp (Psychologie)|Archetyp]] des Bescheidwissers, der ständig irrt“, und bezog sich dabei u. a. auf Aussagen Prechts, wonach [[Angela Merkel]] von [[Ursula von der Leyen]] abgelöst und [[Donald Trump]] [[Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2020|2020]] wiedergewählt werden würde, sowie auf Prechts Annahme 2022, dass die Ukraine der [[Russischer Überfall auf die Ukraine seit 2022|russischen Invasion]] nur wenige Tage werde Widerstand leisten können.<ref>{{Internetquelle |autor=Sebastian Leber |url=https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/notorische-bescheidwisser-wie-oft-kann-sich-richard-david-precht-noch-irren-9874811.html |titel=Notorische Bescheidwisser: Wie oft kann sich Richard David Precht noch irren? |hrsg=Tagesspiegel |datum=2023-05-27 |abruf=2023-05-27}}</ref> Ähnlich äußert sich auch im Oktober 2023 [[Jürgen Kaube]] in der ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]: Der ewige [[Schwätzen|Schwätzer]]. Precht verplappert sich [[Antisemitismus|antisemitisch]].'' „Gar nicht so selten unterhält er damit mit Unwahrheiten. Oft nicht absichtlich, sondern [[Fahrlässigkeit|fahrlässig]], weil sie ihm in seinem von Meinungsselbstherrlichkeit gestützten Geplapper einfach über die Lippen kommen.“<ref>Jürgen Kaube: ''Der ewige Schwätzer. Precht verplappert sich antisemitisch.'' Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 242, vom 17. Oktober 2023, S. 9</ref><br />
<br />
== Auszeichnungen ==<br />
* 1999: ''[[Publizistikwissenschaft|Publizistik]]-Preis für [[Biomedizin]]''<br />
* 2011: ''[[Deutscher IQ-Preis|IQ-Preis]]'' der [[Hochbegabung|Hochbegabten]]-Organisation ''[[Mensa in Deutschland|MinD Mensa in Deutschland]]''<br />
* 2013: ''AMV Sales Award Sally für Pressefreiheit und Pressevielfalt''<ref>https://www.dnv-online.net/events/detail.php?rubric=Events&nr=80033&PHPSESSID=l78e0bu33jtgt4to2rnnnsg811</ref><br />
* ''[[Deutscher Fernsehpreis 2013]]'' für seine Fernsehsendung ''[[Precht (Talkshow)|Precht]]'' in der Kategorie „Besondere Leistung“.<ref name="DFPWebseite">deutscher-fernsehpreis.de: [https://www.deutscher-fernsehpreis.de/index.php?option=com_content&view=article&id=40&Itemid=152&lang=de Liste der Preisträger 2013] (deutsch, abgerufen am 22. Oktober 2013)</ref><ref>{{Internetquelle |titel = Deutscher Fernsehpreis: Precht erhält Auszeichnung für ZDF-Philosophiesendung |url = https://kress.de/tagesdienst/detail/beitrag/123246-deutscher-fernsehpreis-precht-erhaelt-auszeichnung-fuer-zdf-philosophiesendung.html |autor = Marc Bartl |werk = kress |datum =2013-09-26|zugriff =2013-10-04}}</ref><br />
* 2017: ''[[PETA]] Progress Award'' für „Tiere denken“<ref>{{Internetquelle|url=https://www.peta.de/peta-progress-awards-2017-tierrechtsorganisation-zeichnet-richard-david-precht-aus#.WW-Q84TyjIU|titel=PETA „Progress Awards 2017“: Tierrechtsorganisation zeichnet Richard David Precht aus|autor=PETA Deutschland e.V.|abruf=2017-07-19}}</ref><br />
<br />
== Publikationen ==<br />
[[Datei:Frankfurter Buchmesse 2016 - Precht 2.JPG|mini|Richard David Precht bei der Frankfurter Buchmesse (2016)]]<br />
<br />
=== Bücher ===<br />
* ''Die gleitende Logik der Seele. Ästhetische Selbstreflexivität in Robert Musils „Der Mann ohne Eigenschaften“''. M & P, Verl. für Wiss. und Forschung, Stuttgart 1996 (Zugl.: Köln, Univ., Diss., 1994), ISBN 978-3-476-45151-4.<br />
* {{Literatur<br />
| Titel=[[Noahs Erbe]]. Vom Recht der Tiere und den Grenzen des Menschen<br />
| Verlag=Rowohlt<br />
| Ort=Reinbek bei Hamburg<br />
| Jahr=2000<br />
| ISBN=3-499-60872-3<br />
}}<br />
* {{Literatur<br />
| Titel=Die Kosmonauten. Roman<br />
| Verlag=Kiepenheuer & Witsch<br />
| Ort=München<br />
| Jahr=2003<br />
| ISBN=978-3-462-03216-1<br />
}}<br />
* ''Baader braun.'' In: Iris Radisch (Hrsg.): ''Die Besten 2004. Klagenfurter Texte. Die 28. Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt.'' Piper, München/Zürich 2004, ISBN 3-492-04648-7. (Beitrag zum [[Ingeborg-Bachmann-Preis 2004|Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 2004]], [http://archiv.bachmannpreis.orf.at/bachmannpreisv2/bachmannpreis/texte/stories/13747/ online]).<br />
* {{Literatur<br />
| Titel=[[Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?]] Eine philosophische Reise<br />
| Verlag=Goldmann<br />
| Ort=München<br />
| Jahr=2007<br />
| ISBN=978-3-442-31143-9<br />
}} ([[Liste der meistverkauften Sachbücher in Deutschland#2001 ff.|Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste vom 2. Juni bis zum 21. September 2008]])<br />
* {{Literatur<br />
| Autor=mit Georg Jonathan Precht<br />
| Titel=Die Instrumente des Herrn Jørgensen. Roman<br />
| Verlag=Goldmann<br />
| Ort=München<br />
| Jahr=2009<br />
| ISBN=978-3-442-47115-7<br />
}}<br />
* {{Literatur<br />
| Titel=[[Liebe: Ein unordentliches Gefühl]]<br />
| Verlag=Goldmann<br />
| Ort=München<br />
| Jahr=2010<br />
| ISBN=978-3-442-15554-5<br />
}}<br />
* {{Literatur<br />
| Titel=Die Kunst, kein Egoist zu sein. Warum wir gerne gut sein wollen und was uns davon abhält<br />
| Verlag=Goldmann<br />
| Ort=München<br />
| Jahr=2010<br />
| ISBN=978-3-442-31218-4<br />
}}<br />
* {{Literatur<br />
| Titel=Lenin kam nur bis Lüdenscheid. Meine kleine deutsche Revolution<br />
| Verlag=Ullstein<br />
| Auflage=Erweiterte<br />
| Ort=Berlin<br />
| Jahr=2011<br />
| ISBN=978-3-548-37323-2<br />
}}<br />
* {{Literatur<br />
|Titel= [[Warum gibt es alles und nicht nichts?]] Ein Ausflug in die Philosophie<br />
|Ort = München<br />
|Verlag = Goldmann<br />
|Jahr = 2011<br />
|ISBN = 978-3-442-31238-2<br />
}}<br />
* {{Literatur<br />
|Titel= [[Anna, die Schule und der liebe Gott]]. Der Verrat des Bildungssystems an unseren Kindern<br />
|Ort = München<br />
|Verlag = Goldmann<br />
|Jahr = 2013<br />
|ISBN = 978-3-442-31261-0<br />
}} ([[Liste der meistverkauften Sachbücher in Deutschland#2011 ff.|Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste vom 6. bis zum 19. Mai 2013]])<br />
* {{Literatur<br />
|Titel= Erkenne die Welt, Geschichte der Philosophie 1<br />
|Ort = München<br />
|Verlag = Goldmann<br />
|Jahr = 2015<br />
|ISBN = 978-3-442-31262-7<br />
}}<br />
* ''[[Tiere denken]]. Vom Recht der Tiere und den Grenzen des Menschen'', Goldmann, München 2016, ISBN 978-3-442-31441-6.<br />
* ''Erkenne dich selbst, Geschichte der Philosophie 2''. Goldmann, München 2017, ISBN 978-3-442-31367-9<br />
* ''[[Jäger, Hirten, Kritiker. Eine Utopie für die digitale Gesellschaft]]''. Goldmann, München 2018, ISBN 978-3-442-31501-7.<br />
* {{Literatur<br />
|Titel= Sei du selbst. Eine Geschichte der Philosophie 3<br />
|Ort = München<br />
|Verlag = Goldmann<br />
|Jahr = 2019<br />
|ISBN = 978-3-442-31402-7<br />
}}<br />
* {{Literatur<br />
|Titel= Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens: Ein Essay<br />
|Ort = München<br />
|Verlag = Goldmann<br />
|Jahr = 2020<br />
|ISBN = 978-3-442-31561-1}}<br />
* ''Von der Pflicht – Eine Betrachtung.'' Goldmann, München 2021, ISBN 978-3-442-31639-7.<br />
* {{Literatur<br />
|Titel= Freiheit für alle. Das Ende der Arbeit wie wir sie kannten<br />
|Ort = München<br />
|Verlag = Goldmann<br />
|Jahr = 2022<br />
|ISBN = 978-3-442-31551-2}}<br />
* mit [[Harald Welzer]]: [[Die vierte Gewalt. Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist|''Die vierte Gewalt – Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist''.]] S. Fischer, Frankfurt am Main 2022, ISBN 978-3-10-397507-9.<br />
<br />
=== Aufsätze und Artikel (Auswahl) ===<br />
* ''[http://www.zeit.de/1997/33/precht.txt.19970808.xml/komplettansicht Die Invasion der Bilder].'' ''Niemand stellt Fragen, das Digitalfernsehen antwortet.'' In: ''Die Zeit.'' 8. August 1997<br />
* ''Grüne Sorgen, schwarze Visionen. Ökologie in der angstfreien Gesellschaft.'' In: ''FAZ.'' 20. März 1999<br />
* ''Nach den Spielregeln der Biologie. [[Ernst Haeckel]] und seine heutigen Nachfahren.'' In: ''FAZ.'' 15. Januar 2000<br />
* [http://www.kultiversum.de/Literatur-Literaturen/Peter-Sloterdijk-Sphaeren-Plurale-Sphaerologie.html ''Einstürzende Sandburgen. Warum der Schöpfer der «Sphärologie» ein begnadeter Sprachkünstler und Kritiker, aber kein großer Philosoph ist.''] In: ''Literaturen.'' Juli/August 2004<br />
* {{Der Spiegel|ID=66284736|Titel=Feigheit vor dem Volk. Wider den verlogenen Menschenrechts-Bellizismus|Jahr=2009|Nr=32|Datum=2009-08-03|Seiten=118–119}}<br />
* {{Der Spiegel|ID=67596413|Titel=Zwei Männer und der Mond. Zu einem seltsamen Hickhack hat sich der Streit zwischen Peter Sloterdijk und der Frankfurter Schule entwickelt|Jahr=2009|Nr=45|Datum=2009-11-02|Seiten=150–152}}<br />
* [http://www.zeit.de/2010/24/Bundespraesident-Wahl/komplettansicht ''… und keiner wacht auf. Leben wir noch in einer Demokratie, oder überlassen wir die Politik lieber einer kleinen Führungselite?''] In: ''Die Zeit.'' 24/2010 vom 10. Juni 2010<br />
* {{Der Spiegel|ID=73989843|Titel=Soziale Kriege. Vom Unbehagen der bürgerlichen Mittelschicht|Jahr=2010|Nr=39|Datum=2010-09-27|Seiten=176–177}}<br />
* ''Immer Mehr ist immer Weniger. Wer bestimmt eigentlich über den Fortschritt?'' In: ''Der Spiegel'' Nr.&nbsp;5/2011, 31.&nbsp;Januar 2011 [https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-76659530.html online]<br />
* ''Vom Schlingern der Galeere. Bio-philosophische Betrachtungen über die obskuren „Märkte“.'' In: ''Der Spiegel'' 2/2012, 9. Januar 2012 ([https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-83504590.html online])<br />
* ''Kaltgestellte Frösche. Politik kennt kein Ethos mehr: Sie will die Welt vermessen, statt sie zu gestalten.'' In: ''Der Spiegel'' 37/2013, 9. September 2013 ([https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-111320248.html online])<br />
* ''Wer ist konservativer? Rechte Populisten und der Islam sind sich näher, als sie glauben''. In: ''Der Spiegel'' 6/2015, 31. Januar 2015 ([https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-131578899.html online])<br />
* ''Echte Träume, echte Not. Wohin wir driften, wer Deutschland abschafft und warum die Flüchtlinge nicht hier sind, um uns zu nutzen''. In: ''Die Zeit'' 1/2016, 14. Januar 2016 ([http://www.zeit.de/2016/01/moral-fluechtlinge-deutschland-fluechtlingspolitik-buerokratie online])<br />
* (mit [[Harald Welzer]]): ''Jugend an die Macht! Unsere Debatte über die Flüchtlinge wird von älteren Intellektuellen bestimmt. Sie schüren Ängste, wo Offenheit vorherrscht. Ihre Verzagtheit ist gefährlich''. In: ''Die Zeit'' 13/2016, 17. März 2016 ([http://www.zeit.de/2016/13/migration-debatte-gefluechtete-zuversicht-jugend online])<br />
* [http://www.zeit.de/2016/40/europa-erzaehlung-narrativ-politik-oekonomie-richard-david-precht/komplettansicht ''Unsere gereizten Seelen – Europa braucht Staatsbürger und keine User und Konsumenten. Ein Plädoyer für eine neue europäische Erzählung'']. In: ''Die Zeit'' 40/2016, 22. September 2016<br />
* ''Vom Irrsinn, Maschinen Ethik einzuprogrammieren.'' In: ''Der Spiegel'' 48/2018, 24. November 2018 ([https://www.spiegel.de/plus/richard-david-precht-vom-irrsinn-maschinen-ethik-einzuprogrammieren-a-00000000-0002-0001-0000-000160960485 online])<br />
<br />
== Film ==<br />
* ''Lenin kam nur bis Lüdenscheid.'' Dokumentar- und Spielfilm, Deutschland, 2008, 88 Min., Drehbuch: Richard David Precht, Regie: André Schäfer, Produktion: Florianfilm, im Auftrag von [[Westdeutscher Rundfunk Köln|WDR]], [[Südwestrundfunk|SWR]], Kino-Premiere: 1.&nbsp;Juni 2008 in Solingen,<ref>{{Webarchiv | url=http://www.solinger-tageblatt.de/index.php?redid=247272 | wayback=20090304010658 | text=Precht: ''Die Welt in meinem Kopf''}}, [[Solinger Tageblatt]], 2.&nbsp;Juni 2008.</ref> Film-Besprechung:<ref name="taz_2008-06-05">{{Internetquelle| autor=Barbara Schweizerhof| url=https://taz.de/!5181118/| titel=Lenin kam nur bis Lüdenscheid| titelerg=Film-Besprechung| werk=[[Die Tageszeitung]]| datum=2008-06-05| abruf=2019-06-18}}</ref> Der [[Dokumentarfilm]] wurde für den [[Deutscher Filmpreis 2009|Deutschen Filmpreis 2009]] nominiert.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* [[Gero von Boehm]]: ''Richard David Precht. 18. Februar 2009.'' Interview in: ''Begegnungen. Menschenbilder aus drei Jahrzehnten.'' Collection Rolf Heyne, München 2012, ISBN 978-3-89910-443-1, S.&nbsp;650–660.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|audio=0|video=0}}<br />
{{Wikiquote}}<br />
* {{DNB-Portal|115702318}}<br />
* {{IMDb|nm3005548}}<br />
* {{Munzinger|00000026779|Richard David Precht|16. Oktober 2021}}<br />
* [http://richarddavidprecht.de/ Webpräsenz von Richard David Precht]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references responsive><br />
<br />
<!--ref name="welt_2014-12-05"><br />
{{Internetquelle<br />
| url=https://www.welt.de/print/welt_kompakt/koeln/article135037830/Philosophie-als-Erfolgsmodell.html<br />
| titel=Philosophie als Erfolgsmodell<br />
| titelerg=Richard David Precht wird 50: Kölner musste lange auf Anerkennung warten<br />
| werk=[[Die Welt]]<br />
| datum=2014-12-05<br />
| abruf=2019-06-18<br />
}}<br />
</ref--><br />
<br />
<!--ref name="rh_2019-11-15"><br />
{{Internetquelle<br />
| url=https://www.randomhouse.de/Buch/Sei-du-selbst/Richard-David-Precht/Goldmann/e475933.rhd<br />
| titel=„Sei du selbst – Geschichte der Philosophie Band 3“ auf randomhouse<br />
| abruf=2019-11-15<br />
}}<br />
</ref--><br />
<br />
</references><br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=115702318|LCCN=n96087437|NDL=001093781|VIAF=115547802}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Precht, Richard David}}<br />
[[Kategorie:Richard David Precht| ]]<br />
[[Kategorie:Philosoph (21. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Literatur (21. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Literatur (Deutsch)]]<br />
[[Kategorie:Schriftsteller (Köln)]]<br />
[[Kategorie:Schriftsteller (Düsseldorf)]]<br />
[[Kategorie:Bestsellerautor (Deutschland)]]<br />
[[Kategorie:Philosophiehistoriker]]<br />
[[Kategorie:Germanist]]<br />
[[Kategorie:Roman, Epik]]<br />
[[Kategorie:Autobiografie]]<br />
[[Kategorie:Essay]]<br />
[[Kategorie:Sachliteratur (Philosophie)]]<br />
[[Kategorie:Kolumnist]]<br />
[[Kategorie:Publizist]]<br />
[[Kategorie:Hochschullehrer (Leuphana Universität Lüneburg)]]<br />
[[Kategorie:Hochschullehrer (Hochschule für Musik Berlin)]]<br />
[[Kategorie:Autor]]<br />
[[Kategorie:Absolvent der Universität zu Köln]]<br />
[[Kategorie:Grundeinkommen]]<br />
[[Kategorie:Deutscher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1964]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
[[Kategorie:Talkmaster]]<br />
[[Kategorie:Podcaster]]<br />
[[Kategorie:Person (ZDF)]]<br />
[[Kategorie:Hörfunkmoderator]]<br />
[[Kategorie:Drehbuchautor]]<br />
[[Kategorie:Medienkritiker]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Precht, Richard David<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Philosoph und Publizist<br />
|GEBURTSDATUM=8. Dezember 1964<br />
|GEBURTSORT=[[Solingen]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Acetanilid&diff=233566691Acetanilid2023-05-09T06:30:33Z<p>ToXiDoc!: /* Pharmakologie */</p>
<hr />
<div>{{Infobox Chemikalie<br />
| Strukturformel = [[Datei:Acetanilid.svg|200px|Struktur von N-Phenylacetamid]]<br />
| Suchfunktion = C8H9NO<br />
| Andere Namen = * ''N''-Phenylacetamid<br />
* Antifibrin<br />
* Phenylacetamid<br />
* Acetanilidum<br />
* Essigsäureanilid<br />
* {{INCI|Name=ACETANILID |ID=31571 |Abruf=2021-10-01}}<br />
* Antifebrin (Handelsname)<br />
| Summenformel = C<sub>8</sub>H<sub>9</sub>NO<br />
| CAS = {{CASRN|103-84-4}}<br />
| EG-Nummer = 203-150-7<br />
| ECHA-ID = 100.002.864<br />
| PubChem = 904<br />
| ChemSpider = 880<br />
| Beschreibung = farbloser Feststoff mit charakteristischem Geruch<ref name="GESTIS">{{GESTIS|ZVG=22000|Name=Acetanilid|Abruf=2016-02-01}}</ref><br />
| Molare Masse = 135,17 g·[[mol]]<sup>−1</sup><br />
| Aggregat = fest<br />
| Dichte = 1,21 g·cm<sup>−3</sup> (20 °C)<ref name="GESTIS" /><br />
| Schmelzpunkt = 114 [[Grad Celsius|°C]]<ref name="GESTIS" /><br />
| Siedepunkt = 305 °C<ref name="GESTIS" /><br />
| Dampfdruck = <br />
| Löslichkeit = schlecht in Wasser (6,1 g·l<sup>−1</sup> bei&nbsp;25&nbsp;°C)<ref name="GESTIS" /><br />
| Quelle GHS-Kz = <ref name="GESTIS" /><br />
| GHS-Piktogramme = {{GHS-Piktogramme|07}}<br />
| GHS-Signalwort = Achtung<br />
| H = {{H-Sätze|302}}<br />
| EUH = {{EUH-Sätze|-}}<br />
| P = {{P-Sätze|301+312|330}}<br />
| Quelle P = <ref name="GESTIS" /><br />
| MAK =<br />
| Standardbildungsenthalpie = −209,4 kJ·mol<sup>−1</sup> (Feststoff)<ref name="CRC97_5-3">{{CRC Handbook |Auflage=97 |Titel=Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances |Kapitel=5 |Startseite=3 }}</ref><br />
}}<br />
<br />
'''Acetanilid''' ist ein [[Derivat (Chemie)|Derivat]] sowohl von [[Anilin]] als auch von [[Essigsäure]] und wurde 1843 von [[Charles Frédéric Gerhardt]] durch Einwirkung von Acetylchlorid auf Anilin entdeckt.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
Durch eine zufällige Verwechslung mit [[Naphthalin]] wurde um 1886 im Arbeitskreis von [[Adolf Kußmaul]] an der [[Universität Straßburg]] von den Ärzten [[Arnold Cahn]] und Paul Hepp die fiebersenkende und schmerzstillende Wirkung von Acetanilid festgestellt. Die Verbindung wurde ab 1887 unter dem Namen '''Antifebrin''' als [[Antipyretikum]] und [[Analgetikum]] vermarktet, jedoch wegen der noch vorhandenen Toxizität nach und nach durch bessere Produkte ersetzt.<ref>Royal Chemical Society: [http://www.rsc.org/education/eic/issues/2005july/painrelief.asp ''Pain relief: from coal tar to paracetamol.''] In: Education in Chemistry, 2005 (7), abgerufen am 20. August 2012.</ref><br />
<br />
== Pharmakologie ==<br />
Die pharmakologische Wirkung von Acetanilid kommt tatsächlich durch das daraus im Körper entstehende [[Paracetamol]] zustande, Acetanilid ist also ein [[Prodrug]]. Ein Teil der Substanz wird aber zu [[Anilin]] [[Hydrolyse|hydrolysiert]] und weiter in [[N-Phenylhydroxylamin]] umgewandelt, welches die Bildung von [[Methämoglobin]] [[Katalyse|katalysiert]].<ref name="Römpp">{{RömppOnline|ID=RD-01-00430|Name=Acetanilid|Abruf=2016-09-16}}</ref> Zwei [[Derivat (Chemie)|Derivate]] des Stoffes, das [[Phenacetin]] und später das Paracetamol, wurden bzw. werden erfolgreich als Medikamente eingesetzt.<br />
<br />
== Gewinnung und Darstellung ==<br />
Acetanilid kann durch Erhitzen von Anilin mit [[Essigsäureanhydrid|Acetanhydrid]], bzw. durch Umsetzung mit [[Acetylchlorid]] oder konzentrierter [[Essigsäure]], unter Abspaltung von Wasser hergestellt werden.<ref>Hans Bayer: ''Lehrbuch der Organischen Chemie.'' 18. Auflage. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1978, ISBN 3-7776-0342-2</ref><br />
<br />
== Verwendung ==<br />
Acetanilid wird unter anderem als organisches Zwischenprodukt, als [[Stabilisator (Chemie)|Stabilisator]] für [[Wasserstoffperoxid]] und [[Sprengstoff]]e, als [[Weichmacher]] und als Standardsubstanz für die [[Kryoskopie|Schmelzpunktsbestimmung]] verwendet.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
Quelle: Kommentar zum Deutschen Arzneibuch 6. Ausgabe 1926, Band 1<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4386492-2|LCCN=sh/85/000455}}<br />
<br />
[[Kategorie:Anilid]]<br />
[[Kategorie:Acetamid]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Tannenb%C3%A4rlapp&diff=232915713Tannenbärlapp2023-04-17T15:12:28Z<p>ToXiDoc!: /* Giftigkeit */</p>
<hr />
<div><!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. --><br />
{{Taxobox<br />
| Taxon_Name = Tannenbärlapp<br />
| Taxon_WissName = Huperzia selago<br />
| Taxon_Rang = Art<br />
| Taxon_Autor = ([[Carl von Linné|L.]]) [[Johann Jakob Bernhardi|Bernh.]] ex [[Franz von Paula Schrank|Schrank]] & [[Carl Friedrich Philipp von Martius|Mart.]]<br />
| Taxon2_WissName = Huperzia<br />
| Taxon2_Rang = Gattung<br />
| Taxon3_Name = Bärlappgewächse<br />
| Taxon3_WissName = Lycopodiaceae<br />
| Taxon3_Rang = Familie<br />
| Taxon4_Name = Bärlappartige<br />
| Taxon4_WissName = Lycopodiales<br />
| Taxon4_Rang = Ordnung<br />
| Taxon5_Name = Bärlapppflanzen<br />
| Taxon5_WissName = Lycopodiopsida<br />
| Taxon5_Rang = Klasse<br />
| Taxon6_WissName = Lycopodiophytina<br />
| Taxon6_Rang = Unterabteilung<br />
| Bild = Huperzia selago.jpg<br />
| Bildbeschreibung = Tannenbärlapp (''Huperzia selago'') in Oberösterreich<br />
}}<br />
<br />
Der '''Tannenbärlapp''' (''Huperzia selago'' {{Person|(L.) Bernh. ex Schrank & Mart.}}, [[Synonym (Taxonomie)|Syn.]]: ''Lycopodium selago'' {{Person|L.}}), auch '''Teufelsklaue''' oder '''Tannen-Teufelsklaue''' genannt, ist eine [[Art (Biologie)|Pflanzenart]] aus der Gattung ''[[Huperzia]]'' innerhalb der [[Familie (Biologie)|Familie]] der [[Bärlappgewächse]] (Lycopodiaceae).<ref name="FoC2013" /><br />
<br />
== Merkmale ==<br />
[[Datei:Huperzia selago 240906b.jpg|mini|links|Habitus]]<br />
[[Datei:Huperzia selago MHNT.BOT.2005.0.999.jpg|mini|Illustration]]<br />
[[Datei:Hupertzia selago a3.jpg|mini|Habitus]]<br />
<br />
Der Tannenbärlapp wächst als immergrüne, [[Ausdauernde Pflanze|ausdauernde]] [[krautige Pflanze]]. Die aufgerichteten Sprosse sind 5 bis 30 Zentimeter lang und gabelig verzweigt. Die Äste sind spiralig benadelt, wovon sich der [[Trivialname]] des Tannenbärlapp ableitet.<br />
<br />
Die [[Sporangien]] sind nicht zu Sporenähren vereinigt, sondern stehen hier einzeln in den Achseln von Tragblättern in der Mitte der Jahrestriebe; die Triebe können trotzdem ungehindert weiterwachsen. Danach kann der Ast aber gewöhnlich weiterwachsen. Die Sporenreifezeit dauert von Juli bis Dezember.<br />
<br />
Die [[Chromosomenzahl]] beträgt für ''Huperzia selago'' subsp. ''selago'' 2n = 264 oder ca. 272. Für die Unterart ''Huperzia selago'' subsp. ''appressa'' beträgt sie 2n = 90.<ref name="Oberdorfer2001" /><ref name="FloraEuropaea1993" /><br />
<br />
== Verwechslung mit anderen Arten ==<br />
Der Tannenbärlapp kann mit ''[[Lycopodium]]''-Arten verwechselt werden, die aber einen kriechenden Hauptspross besitzen.<br />
<br />
== Ökologie ==<br />
Der Tannenbärlapp ist ein immergrüner [[Chamaephyt]]. Er bildet eine arbuskuläre Endo-[[Mykorrhiza]] aus; der Vorkeim und junge Stadien der Sporenpflanze leben parasitisch auf dem Wurzelpilz (Mykoheterotrophie), der der Gattung [[Glomus]] angehört. Der Vorkeim, das Prothallium, parasitiert unterirdisch jahrelang auf den Pilzhyphen und wird erst nach 10 bis 12 Jahren geschlechtsreif. Die [[Sporen]] werden als Körnchenflieger durch den Wind ausgebreitet, sie sind zu Tetraden vereinigt.<br />
<br />
[[Vegetative Vermehrung]] erfolgt durch die reichlich an den Sprossenden gebildeten [[Brutknospen]], die an Tieren anhaften bzw. bei Berührung bis 1 m weit abspringen können, sowie durch die Bildung von Tochtersprossen am älteren oder beschädigten Sprossen.<br />
<br />
== Vorkommen ==<br />
Der Tannenbärlapp ist zirkumpolar verbreitet. Er kommt in Europa, Asien (hier zerstreut), Nordamerika und auch in den tropischen Hochgebirgen und auf der Südhalbkugel in Südaustralien, [[Tasmanien]] und [[Neuseeland]] sowie auf den Falklandinseln und [[Tristan da Cunha]] vor. In Europa erstreckt sich sein Verbreitungsgebiet von Norwegen bis zu den Pyrenäen und Nordspanien, auf die [[Apenninhalbinsel|Apennin-]] und die [[Balkan-Halbinsel]], weiter nach Osten kommt er nur noch selten vor. Der Tannenbärlapp dringt im Norden in die Arktis vor, sogar bis zur Nordküste von Grönland und bis Spitzbergen.<br />
<br />
In [[Österreich]] kommt der Tannenbärlapp zerstreut vor außer in den Bundesländern Wien und Burgenland von der montanen bis subalpinen [[Höhenstufe (Ökologie)|Höhenstufe]].<br />
<br />
Als Standort bevorzugt die Pflanze mäßig frische bis trockene, magere, lichte Stellen in bodensauren Wäldern. In [[Mitteleuropa]] ist sie vor allem in den Nadelwäldern der Gebirge, jedoch auch von der Tallage bis über die Waldgrenze verbreitet, aber nicht häufig. Er ist in Mitteleuropa eine Piceetalia-Ordnungscharakterart.<ref name="Oberdorfer2001" /><br />
<br />
In den Alpen kommt er bis fast 3000 m Höhe vor. In den Allgäuer Alpen steigt er am [[Rauhhorn]] und am Vorderen [[Fürschießer]] in Bayern bis zu 2200 m Meereshöhe auf.<ref name="Dörr-Lippert2001" /><br />
<br />
Die ökologischen [[Zeigerwerte]] nach [[Elias Landolt (Botaniker)|Landolt]] et al. 2010 sind in der [[Schweiz]]: Feuchtezahl F = 3 (mäßig feucht), Lichtzahl L = 3 (halbschattig), Reaktionszahl R = 2 (sauer), Temperaturzahl T = 2 (subalpin), Nährstoffzahl N = 1 (sehr nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 3 (rubozeanisch bis subkontinental).<ref name="InfoFlora" /><br />
<br />
[[Datei:Huperzia arctica 07.jpg|mini|''Huperzia selago'' subsp. ''appressa'']]<br />
[[Datei:Huperzia selago upernavik 2007-07-22.jpg|mini|''Huperzia selago'' subsp. ''appressa'' in Grönland]]<br />
== Taxonomie und Systematik ==<br />
Die [[Erstbeschreibung|Erstveröffentlichung]] erfolgte 1753 unter dem Namen ([[Basionym]]) ''Lycopodium selago'' durch [[Carl von Linné]] in ''[[Species Plantarum]]'', Tomus II, S. 1102.<ref name="SpPl" /> Die Neukombination zu ''Huperzia selago'' {{Person|(L.) Schrank & Mart.}} wurde 1829 durch [[Franz von Paula Schrank]] und [[Karl Friedrich Philipp von Martius]] in ''Hortus regius monacensis: ...'', S. 3 veröffentlicht.<ref name="Schrank-Martius1829" /><br />
<br />
Je nach Autor gibt es wenige Unterarten:<ref name="Euro+Med" /><br />
* ''Huperzia selago'' {{Person|(L.) Schrank & Mart.}} subsp. ''selago'': Blätter dunkelgrün.<br />
* ''Huperzia selago'' subsp. ''appressa'' {{Person|(Bach.Pyl. ex Desv.) D.Löve}} (Syn.: ''Huperzia selago'' subsp. ''arctica'' {{Person|(Grossh. ex Tolm.) Á.Löve & D.Löve}}, ''Huperzia arctica'' {{Person|(Grossh. ex Tolm.) Sipliv.}}, ''Huperzia appressa'' {{Person|(Bach.Pyl. ex Desv.) Á.Löve & D.Löve}}): Spross 5 bis 10 Zentimeter hoch. Blätter gelbgrün, mit nur wenigen oder keinen Sporangien in den Blattachseln.<ref name="FloraEuropaea1993" /> Diese Unterart kommt in Europa in Island, Norwegen, Schweden, Finnland, Russland, Spitzbergen, Großbritannien, Dänemark und auf [[Färöer]] vor.<ref name="Euro+Med" /> Es gibt sie auch in Asien, Nordamerika und in Grönland.<ref name="FoC2013" /><br />
<br />
== Giftigkeit ==<br />
Die ganze Pflanze ist durch [[Huperzin|Huperzin A]] (Selagin) und andere [[Alkaloide]] stark giftig. Die Giftwirkung ist stärker als bei ''[[Lycopodium clavatum]]''. Symptome sind u.&thinsp;a. Schwindel, Taumeln und Bewusstlosigkeit; bei Pferden sind Todesfälle aufgetreten.<br />
<br />
== Verwendung ==<br />
[[Huperzin|Huperzin A]] wird zur Behandlung der [[Alzheimer-Krankheit]] eingesetzt.<ref name="Römpp" /> Bei den keltischen [[Druide]]n fand der Tannenbärlapp unter dem Namen ''Selago'' als [[Zauberpflanze|Zauber-]] und Heilpflanze Verwendung.<ref name="Storl" /><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* {{BibISBN|3854741405}}<br />
* {{BibISBN|9783494014241}}<br />
* {{BibISBN|3933203317}}<br />
* {{BibISBN|3800133229}}<br />
* Bernhard Marbach, Christian Kainz: ''BLV Naturführer Moose, Farne und Flechten.'' blv, München 2002, ISBN 3-405-16323-4.<br />
* Li-Bing Zhang, Kunio Iwatsuki: ''Lycopodiaceae.'': In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): ''Flora of China.'' Volume 2–3: ''Lycopodiaceae through Polypodiaceae.'' Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis, 2013, ISBN 978-1-935641-11-7. [http://www.efloras.org/florataxon.aspx?flora_id=2&taxon_id=200002709 ''Huperzia selago (Linnaeus) Bernhardi ex Schrank & Martius.'', S. 17 - textgleich online wie gedrucktes Werk.]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references><br />
<ref name="Römpp"><br />
{{RömppOnline|Name=Huperzin A |Abruf=2014-06-07|ID=RD-08-02036 }}<br />
</ref><br />
<ref name="Storl"><br />
[[Wolf-Dieter Storl]]: ''Pflanzen der Kelten: Heilkunde, Pflanzenzauber, Baumkalender.'' AT Verlag, Aarau (Schweiz) 2000, ISBN 978-3-85502-705-7.<br />
</ref><br />
<ref name="SpPl"><br />
[[Carl von Linné]]: ''Species Plantarum.'' Band 2, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 1102 ({{Digitalisat|1=http://www.biodiversitylibrary.org/openurl?pid=title:669&volume=2&issue=&spage=1102&date=1753}}).<br />
</ref><br />
<ref name="Schrank-Martius1829"><br />
[[Franz von Paula Schrank]], [[Karl Friedrich Philipp von Martius]]: ''Hortus regius monacensis: Verzeichniss der im Königlichen Botanischen Garten zu München wachsenden Pflanzen, nach der natürlichen Methode geordnet, mit Hinweisung auf das Linneische System und summarischer Angabe des Vaterlands, der Cultur und Benützungsweise. Auch als Schlüssel und Übersicht in deutschen Gärten und für Herbarien zu gebrauchen.'' Königlicher Central-Schulbücher-Verlag, München/Leipzig 1829, S. 3 ([https://archive.org/stream/hortusregiusmon00martgoog#page/n24/mode/1up eingescannt]).<br />
</ref><br />
<ref name="Oberdorfer2001"><br />
[[Erich Oberdorfer]]: ''Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete.'' 8. Auflage. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer, 2001, ISBN 3-8001-3131-5.<br />
</ref><br />
<ref name="Dörr-Lippert2001"><br />
Erhard Dörr, [[Wolfgang Lippert (Botaniker)|Wolfgang Lippert]]: ''Flora des Allgäus und seiner Umgebung.'' Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 92.<br />
</ref><br />
<ref name="Euro+Med"><br />
Maarten Christenhusz, E. von Raab-Straube, 2013: ''Lycopodiophytina.'' [http://ww2.bgbm.org/EuroPlusMed/PTaxonDetail.asp?NameId=464&PTRefFk=7500000 Datenblatt ''Huperzia selago'' In: ''Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.'']<br />
</ref><br />
<ref name="FloraEuropaea1993"><br />
W. Rothmaler: ''Huperzia Bernh.'' In: [[Thomas Gaskell Tutin]], V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): ''[[Flora Europaea]].'' Band 1: ''Psilotaceae to Platanaceae.'' 2., überarb. Auflage. 1993, Cambridge University Press 1993, ISBN 0-521-41007-X. {{Google Buch|BuchID=XkI3UttRP6QC|Seite=3}}<br />
</ref><br />
<ref name="FoC2013"><br />
Li-Bing Zhang, Kunio Iwatsuki: ''Lycopodiaceae.'': In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): ''Flora of China.'' Volume 2–3: ''Lycopodiaceae through Polypodiaceae.'' Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis, 2013, ISBN 978-1-935641-11-7. [http://www.efloras.org/florataxon.aspx?flora_id=2&taxon_id=200002709 ''Huperzia selago (Linnaeus) Bernhardi ex Schrank & Martius.'', S. 17 - textgleich online wie gedrucktes Werk.]<br />
</ref><br />
<ref name="InfoFlora"><br />
{{InfoFlora|ID=1023860|WissName=Huperzia selago (L.) Schrank & Mart.|Abruf=2022-02-15}}<br />
</ref><br />
</references><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons|Huperzia selago|Tannenbärlapp (''Huperzia selago'')}}<br />
* {{FloraWeb|2999|Huperzia selago (L.) Bernh. ex Schrank & Mart., Tannen-Teufelsklaue}}<br />
* {{FloraWeb|35141|Huperzia selago subsp. arctica (Grossh. ex Tolm.) Á. Löve & D. Löve }}<br />
* {{BiolFlor|1633}}<br />
* {{BIB|2999}}<br />
* [http://linnaeus.nrm.se/flora/orm/lycopodia/huper/hupeselv.jpg Verbreitung auf der Nordhalbkugel] aus: Eric Hultén, Magnus Fries: ''Atlas of North European vascular plants.'' 1986, ISBN 3-87429-263-0 bei [http://linnaeus.nrm.se/flora/orm/lycopodia/huper/hupesel.html ''Den virtuella floran''].<br />
* Thomas Meyer: [http://www.blumeninschwaben.de/Sporenpflanzen/huperzia.htm#Tannen- Teufelsklaue Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei ''Flora-de: Flora von Deutschland'' (alter Name der Webseite: ''Blumen in Schwaben'')].<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Tannenbarlapp}}<br />
[[Kategorie:Bärlapppflanzen]]<br />
[[Kategorie:FFH-Arten (Anhang V)]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Der_vermessene_Mensch&diff=231206694Der vermessene Mensch2023-02-24T14:27:29Z<p>ToXiDoc!: Zeitform aktualisiert</p>
<hr />
<div>{{Infobox Film<br />
| Bild =<br />
| Deutscher Titel = <br />
| Originaltitel = Der vermessene Mensch<br />
| Produktionsland = Deutschland<br />
| Originalsprache = Deutsch, Otjiherero<br />
| Erscheinungsjahr = 2023<br />
| Länge = 116<ref name="fp" /><br />
| FSK = 12<ref name="fp" /><br />
| JMK =<br />
| Regie = [[Lars Kraume]]<br />
| Drehbuch = Lars Kraume<br />
| Produzent = [[Thomas Kufus]]<br />
| Musik = [[Christoph M. Kaiser]],<br />[[Julian Maas]]<br />
| Kamera = [[Jens Harant]]<br />
| Schnitt = [[Peter R. Adam]]<br />
| Besetzung =<br />
* [[Leonard Scheicher]]: Alexander Hoffmann<br />
* [[Girley Charlene Jazama]]: Kezia Kunouje Kambazembi<br />
* [[Peter Simonischek]]: Professor von Waldstätten<br />
* [[Sven Schelker]]: Oberleutnant Wolf von Crensky<br />
* [[Max Philip Koch|Max Koch]]: Korporal Kramer<br />
* [[Ludger Bökelmann]]: Fähnrich Hartung<br />
* [[Leo Meier]]: Bernd Wendenburg<br />
* [[Anton Paulus]]: Friedrich Maharero<br />
* [[Tilo Werner (Schauspieler, 1969)|Tilo Werner]]: Missionar Kuhlmann<br />
* [[Corinna Kirchhoff]]: Henriette Hoffmann<br />
<!-- <br />
* [[Michael Del Coco]]: Leichenbeschauer<br />
* [[Petrus Jod]]: Pveclidias Witbooi<br />
--><br />
}}<br />
<br />
'''Der vermessene Mensch''' (ursprünglicher Arbeitstitel: ''Ein Platz an der Sonne'') ist ein [[Deutschland|deutscher]] [[Spielfilm]] von [[Lars Kraume]] aus dem Jahr [[Filmjahr 2023|2023]]. Das [[Historienfilm|Historiendrama]] erzählt von einem jungen [[Berlin]]er Ethnologen, der Anfang des 20. Jahrhunderts in der deutschen Kolonie [[Deutsch-Südwestafrika]] Zeuge des [[Völkermord an den Herero und Nama|Völkermords]] an den [[Herero]] und [[Nama (Volk)|Nama]] wird. Dabei übertritt er auch die eigenen moralischen Grenzen. Die Hauptrolle übernahm [[Leonard Scheicher]].<br />
<br />
Die Uraufführung von ''Der vermessene Mensch'' ist im Februar 2023 bei der [[Internationale Filmfestspiele Berlin 2023|Berlinale]] erfolgt. Ein regulärer Kinostart in Deutschland ist ab dem 23. März 2023 geplant.<br />
<br />
== Drehorte ==<br />
Der Film wurde in [[Deutschland]], in [[Namibia]] (vor allem in [[Swakopmund]])<ref>[https://hitradio.com.na/geingob-will-filmindustrie-in-namibia-ausbauen/ ''Geingob will Filmindustrie in Namibia ausbauen.'' Hitradio Namibia, 28. September 2021.]</ref><ref>[https://www.az.com.na/nachrichten/mehr-anreize-fr-filmproduktionen2021-09-20''Für „Ein Platz an der Sonne“ gab es bessere Angebote aus anderen Ländern.'' Allgemeine Zeitung, 20. September 2021.]</ref> und [[Südafrika]] gedreht.<br />
<br />
== Handlung ==<br />
Berlin, Ende des 19. Jahrhunderts: Alexander Hoffmann ist [[Doktorand]] im Fach [[Ethnologie]] bei Professor Josef Ritter von Waldstätten an der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Friedrich-Wilhelms-Universität]]. Der ehrgeizige junge Mann macht im Zuge der ''Deutschen Kolonial-Ausstellung'' die Bekanntschaft mit einer Delegation von Herero und Nama aus Deutsch-Südwestafrika. Unter diesen befindet sich auch Kezia Kambazembi, die als Dolmetscherin für die Gruppe tätig ist. In der Folge entwickelt Hoffmann ein starkes Interesse an den beiden afrikanischen Völkern. Er führt Gespräche mit ihnen und widerspricht der allgemein vertretenen evolutionistischen [[Rassentheorie]]. Kurze Zeit später führt der [[Völkermord an den Herero und Nama#Aufstand der Herero|Aufstand]] der Herero und Nama zum Krieg in Deutsch-Südwestafrika. Hoffmann reist daraufhin selbst nach Afrika. Beschützt von der kaiserlichen Armee, sammelt er zurückgelassene Artefakte und Kunstgegenstände der Herero und Nama. Insgeheim möchte Hoffmann weitere Beweise für seine These finden sowie Kezia wiedersehen. Vor Ort wird er Zeuge der Kriegsgräuel der deutschen Soldaten gegen die einheimische Bevölkerung. Aber auch Hoffmann macht sich moralisch mitschuldig. So willigt er ein, seinem Professor in Berlin Schädel und Skelette von toten Herero zum Zwecke der Forschung zuzusenden.<ref>[https://www.zeroone.de/movies/ein-platz-an-der-sonne/ ''Der vermessene Mensch'']. In: zeroone.de (abgerufen am 13. Januar 2023).</ref><br />
<br />
== Veröffentlichung ==<br />
''Der vermessene Mensch'' wurde in das Programm der [[Internationale Filmfestspiele Berlin 2023|73. Berlinale]] aufgenommen. Dort wurde das Werk am 22. Februar 2023 im Rahmen der Sektion Berlinale Special außerhalb der Konkurrenz uraufgeführt.<ref>[https://www.berlinale.de/de/2023/programm/202305256.html ''Der vermessene Mensch'']. In: berlinale.de (abgerufen am 7. Februar 2023).</ref><br />
<br />
In Deutschland soll der Film ab dem 23. März 2023 regulär in die Kinos kommen.<ref name="fp">[https://www.filmportal.de/film/der-vermessene-mensch_f5086caa9ade433ea1dbc20281195296 ''Der vermessene Mensch'']. In: filmportal.de (abgerufen am 13. Januar 2023).</ref><br />
<br />
== Auszeichnungen ==<br />
In der Vorauswahl zum [[Deutscher Filmpreis 2023|Deutschen Filmpreis 2023]] wurde ''Der vermessene Mensch'' für die Kategorie ''[[Deutscher Filmpreis/Bestes Szenenbild|Bestes Szenenbild]]'' nachberücksichtigt.<ref>[https://www.deutscher-filmpreis.de/vorauswahl/ ''Vorauswahl 2023'']. In: deutscher-filmpreis.de (abgerufen am 7. Februar 2023).</ref><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [https://www.zeroone.de/movies/ein-platz-an-der-sonne/ Offizielle Website] (deutsch)<br />
* [https://www.berlinale.de/de/2023/programm/202305256.html Profil] bei berlinale.de<br />
* {{Filmportal|f5086caa9ade433ea1dbc20281195296}}<br />
* {{Crew united Titel|260120}}<br />
* {{IMDb|tt15420964}}<br />
* {{Themoviedb.org|1012173}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references responsive /><br />
{{SORTIERUNG:vermessene Mensch #Der}}<br />
[[Kategorie:Filmtitel 2023]]<br />
[[Kategorie:Krieg im Film]]<br />
[[Kategorie:Deutscher Film]]<br />
[[Kategorie:Filmdrama]]<br />
[[Kategorie:Historienfilm]]<br />
[[Kategorie:Aufstand der Herero und Nama]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Der_vermessene_Mensch&diff=231206612Der vermessene Mensch2023-02-24T14:24:44Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>{{Infobox Film<br />
| Bild =<br />
| Deutscher Titel = <br />
| Originaltitel = Der vermessene Mensch<br />
| Produktionsland = Deutschland<br />
| Originalsprache = Deutsch, Otjiherero<br />
| Erscheinungsjahr = 2023<br />
| Länge = 116<ref name="fp" /><br />
| FSK = 12<ref name="fp" /><br />
| JMK =<br />
| Regie = [[Lars Kraume]]<br />
| Drehbuch = Lars Kraume<br />
| Produzent = [[Thomas Kufus]]<br />
| Musik = [[Christoph M. Kaiser]],<br />[[Julian Maas]]<br />
| Kamera = [[Jens Harant]]<br />
| Schnitt = [[Peter R. Adam]]<br />
| Besetzung =<br />
* [[Leonard Scheicher]]: Alexander Hoffmann<br />
* [[Girley Charlene Jazama]]: Kezia Kunouje Kambazembi<br />
* [[Peter Simonischek]]: Professor von Waldstätten<br />
* [[Sven Schelker]]: Oberleutnant Wolf von Crensky<br />
* [[Max Philip Koch|Max Koch]]: Korporal Kramer<br />
* [[Ludger Bökelmann]]: Fähnrich Hartung<br />
* [[Leo Meier]]: Bernd Wendenburg<br />
* [[Anton Paulus]]: Friedrich Maharero<br />
* [[Tilo Werner (Schauspieler, 1969)|Tilo Werner]]: Missionar Kuhlmann<br />
* [[Corinna Kirchhoff]]: Henriette Hoffmann<br />
<!-- <br />
* [[Michael Del Coco]]: Leichenbeschauer<br />
* [[Petrus Jod]]: Pveclidias Witbooi<br />
--><br />
}}<br />
<br />
'''Der vermessene Mensch''' (ursprünglicher Arbeitstitel: ''Ein Platz an der Sonne'') ist ein [[Deutschland|deutscher]] [[Spielfilm]] von [[Lars Kraume]] aus dem Jahr [[Filmjahr 2023|2023]]. Das [[Historienfilm|Historiendrama]] erzählt von einem jungen [[Berlin]]er Ethnologen, der Anfang des 20. Jahrhunderts in der deutschen Kolonie [[Deutsch-Südwestafrika]] Zeuge des [[Völkermord an den Herero und Nama|Völkermords]] an den [[Herero]] und [[Nama (Volk)|Nama]] wird. Dabei übertritt er auch die eigenen moralischen Grenzen. Die Hauptrolle übernahm [[Leonard Scheicher]].<br />
<br />
Die Uraufführung von ''Der vermessene Mensch'' ist im Februar 2023 bei der [[Internationale Filmfestspiele Berlin 2023|Berlinale]] erfolgt. Ein regulärer Kinostart in Deutschland ist ab dem 23. März 2023 geplant.<br />
<br />
== Drehorte ==<br />
Der Film wurde in [[Deutschland]], in [[Namibia]] (vor allem in [[Swakopmund]])<ref>[https://hitradio.com.na/geingob-will-filmindustrie-in-namibia-ausbauen/ ''Geingob will Filmindustrie in Namibia ausbauen.'' Hitradio Namibia, 28. September 2021.]</ref><ref>[https://www.az.com.na/nachrichten/mehr-anreize-fr-filmproduktionen2021-09-20''Für „Ein Platz an der Sonne“ gab es bessere Angebote aus anderen Ländern.'' Allgemeine Zeitung, 20. September 2021.]</ref> und [[Südafrika]] gedreht.<br />
<br />
== Handlung ==<br />
Berlin, Ende des 19. Jahrhunderts: Alexander Hoffmann ist [[Doktorand]] im Fach [[Ethnologie]] bei Professor Josef Ritter von Waldstätten an der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Friedrich-Wilhelms-Universität]]. Der ehrgeizige junge Mann macht im Zuge der ''Deutschen Kolonial-Ausstellung'' die Bekanntschaft mit einer Delegation von Herero und Nama aus Deutsch-Südwestafrika. Unter diesen befindet sich auch Kezia Kambazembi, die als Dolmetscherin für die Gruppe tätig ist. In der Folge entwickelt Hoffmann ein starkes Interesse an den beiden afrikanischen Völkern. Er führt Gespräche mit ihnen und widerspricht der allgemein vertretenen evolutionistischen [[Rassentheorie]]. Kurze Zeit später führt der [[Völkermord an den Herero und Nama#Aufstand der Herero|Aufstand]] der Herero und Nama zum Krieg in Deutsch-Südwestafrika. Hoffmann reist daraufhin selbst nach Afrika. Beschützt von der kaiserlichen Armee, sammelt er zurückgelassene Artefakte und Kunstgegenstände der Herero und Nama. Insgeheim möchte Hoffmann weitere Beweise für seine These finden sowie Kezia wiedersehen. Vor Ort wird er Zeuge der Kriegsgräuel der deutschen Soldaten gegen die einheimische Bevölkerung. Aber auch Hoffmann macht sich moralisch mitschuldig. So willigt er ein, seinem Professor in Berlin Schädel und Skelette von toten Herero zum Zwecke der Forschung zuzusenden.<ref>[https://www.zeroone.de/movies/ein-platz-an-der-sonne/ ''Der vermessene Mensch'']. In: zeroone.de (abgerufen am 13. Januar 2023).</ref><br />
<br />
== Veröffentlichung ==<br />
''Der vermessene Mensch'' wurde in das Programm der [[Internationale Filmfestspiele Berlin 2023|73. Berlinale]] aufgenommen. Dort soll das Werk am 22. Februar 2023 im Rahmen der Sektion Berlinale Special außerhalb der Konkurrenz uraufgeführt werden.<ref>[https://www.berlinale.de/de/2023/programm/202305256.html ''Der vermessene Mensch'']. In: berlinale.de (abgerufen am 7. Februar 2023).</ref><br />
<br />
In Deutschland soll der Film ab dem 23. März 2023 regulär in die Kinos kommen.<ref name="fp">[https://www.filmportal.de/film/der-vermessene-mensch_f5086caa9ade433ea1dbc20281195296 ''Der vermessene Mensch'']. In: filmportal.de (abgerufen am 13. Januar 2023).</ref><br />
<br />
== Auszeichnungen ==<br />
In der Vorauswahl zum [[Deutscher Filmpreis 2023|Deutschen Filmpreis 2023]] wurde ''Der vermessene Mensch'' für die Kategorie ''[[Deutscher Filmpreis/Bestes Szenenbild|Bestes Szenenbild]]'' nachberücksichtigt.<ref>[https://www.deutscher-filmpreis.de/vorauswahl/ ''Vorauswahl 2023'']. In: deutscher-filmpreis.de (abgerufen am 7. Februar 2023).</ref><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [https://www.zeroone.de/movies/ein-platz-an-der-sonne/ Offizielle Website] (deutsch)<br />
* [https://www.berlinale.de/de/2023/programm/202305256.html Profil] bei berlinale.de<br />
* {{Filmportal|f5086caa9ade433ea1dbc20281195296}}<br />
* {{Crew united Titel|260120}}<br />
* {{IMDb|tt15420964}}<br />
* {{Themoviedb.org|1012173}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references responsive /><br />
{{SORTIERUNG:vermessene Mensch #Der}}<br />
[[Kategorie:Filmtitel 2023]]<br />
[[Kategorie:Krieg im Film]]<br />
[[Kategorie:Deutscher Film]]<br />
[[Kategorie:Filmdrama]]<br />
[[Kategorie:Historienfilm]]<br />
[[Kategorie:Aufstand der Herero und Nama]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Quedlinburg&diff=227958271Quedlinburg2022-11-14T06:15:59Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>{{Infobox Gemeinde in Deutschland<br />
|Art = Stadt<br />
|Wappen = DE-ST 15-0-85-235 Quedlinburg COA.svg<br />
|Breitengrad = 51/47/34/N<br />
|Längengrad = 11/09/03/E<br />
|Lageplan = Quedlinburg in HZ.png<br />
|Lageplanbeschreibung = Lage der Stadt Quedlinburg im Landkreis Harz<br />
|Bundesland = Sachsen-Anhalt<br />
|Landkreis = Harz<br />
|Höhe = 123<br />
|PLZ = 06484, 06485<br />
|Vorwahl = 03946, 039485<br />
|Gemeindeschlüssel = 15085235<br />
|LOCODE = DE QUE<br />
|Gliederung = 7 Ortsteile<br />
|Adresse = Markt 1<br />06484 Quedlinburg<br />
|Website = [http://www.quedlinburg.de/ www.quedlinburg.de]<br />
|Bürgermeister = [[Frank Ruch]]<br />
|Bürgermeistertitel = Oberbürgermeister<br />
|Partei = CDU<br />
}}<br />
{{Infobox Welterbe<br />
|Name = Stiftskirche, Schloss und<br />Altstadt von Quedlinburg<br />
|Bild = [[Datei:Roofs of Quedlinburg Germany.jpg|250px]]<br />
|Beschriftung = Dächer der Altstadt, vom Burgberg nach Norden<br />
|Staats-Gebiet = {{Deutschland}}<br />
|Typ = Kultur<br />
|Kriterien = (iv)<br />
|Referenz-Nr = 535<br />
|Link = http://whc.unesco.org/en/list/535<br />
|Region = Europa und Nordamerika<br />
|Jahr = 1994<br />
|Sitzung = <br />
|Erweiterung = <br />
|Gefährdung = <br />
}}<br />
<br />
'''Quedlinburg''' ([{{IPA|ˈkveːdlɪnbʊrk}}], [[Niederdeutsche Sprache|plattdeutsch]] ''Queddelnborg'', [[Ortsname#Bei- und Übernamen|offizieller Beiname]] auch ''Welterbestadt Quedlinburg''<ref name="welterbestadt-amtsblatt" /><ref name="welterbestadt-mz" />) ist eine Stadt an der [[Bode]] nördlich des [[Harz (Mittelgebirge)|Harzes]] im [[Landkreis Harz]] ([[Sachsen-Anhalt]]). 922 urkundlich zum ersten Mal erwähnt und 994 mit dem Stadtrecht versehen, war die Stadt vom 10.&nbsp;bis zum 12.&nbsp;Jahrhundert Sitz der zu Ostern besuchten [[Königspfalz]] weltlicher Herrscher und fast 900 Jahre lang eines (zunächst geistlichen, nach der Reformation freiweltlichen) [[Stift Quedlinburg|Damenstifts]].<br />
<br />
Quedlinburgs architektonisches Erbe steht seit 1994 auf der [[UNESCO]]-Liste des [[UNESCO-Welterbe|Weltkulturerbes]] und macht die Stadt zu einem der größten Flächendenkmale in [[Deutschland]].<br />
<br />
In der historischen [[Altstadt]] mit ihren [[Pflaster (Belag)|kopfsteingepflasterten]] Straßen, verwinkelten Gassen und kleinen Plätzen befinden sich über 2100 Fachwerkhäuser aus acht Jahrhunderten. Am Markt liegt das [[Renaissance]]-Rathaus mit der [[Quedlinburger Roland|Roland-Statue]], südlich davon der [[Schlossberg (Quedlinburg)|Schlossberg]] mit der romanischen [[Stiftskirche St. Servatius (Quedlinburg)|Stiftskirche]] und dem [[Domschatzkammer Quedlinburg|Domschatz]] als Zeugnisse des Quedlinburger Damenstifts. Auch der [[Münzenberg (Quedlinburg)|Münzenberg]] mit der romanischen [[St. Marien (Quedlinburg)|Klosterkirche St.&nbsp;Marien]] und im Tal dazwischen die romanische Kirche [[St. Wiperti (Quedlinburg)|St.&nbsp;Wiperti]], der sich anschließende Abteigarten und der [[Brühl (Quedlinburg)|Brühl]]-Park gehören zum Weltkulturerbe.<br />
<div style="clear:left;"></div><br />
<br />
== Geographie ==<br />
=== Lage ===<br />
Die Stadt liegt im nördlichen Harzvorland durchschnittlich {{Höhe|123|DE-NHN|link=1}}, 50&nbsp;km südwestlich der Landeshauptstadt [[Magdeburg]]. Die unmittelbar angrenzenden Höhen erreichen etwa {{Höhe|181|DE-NHN|link=1}}. Die Stadt liegt im [[Flussbett]] der [[Bode]], mit dem größeren Teil westlich des Flusses. Das Stadtgebiet hat eine Fläche von 78,14 Quadratkilometern.<br />
<br />
=== Geologie ===<br />
Quedlinburg liegt inmitten des [[Quedlinburger Sattel]]s, einem [[Schmalsattel]], der das Stadtgebiet von Nordwesten nach Südosten durchquert.<ref>Gerald Patzelt: ''Sammlung geologischer Führer, Band 96, nördliches Harzvorland (Subherzyn), östlicher Teil''. Gebrüder Bornträger, Berlin 2003, ISBN 3-443-15079-9.</ref> Dazu gehört der Quedlinburger Schlossberg mit seiner Verlängerung über den [[Münzenberg (Quedlinburg)|Münzenberg]]-Strohberg, die nördlich gelegene Hamwarte und die südlicher gelegene [[Altenburgwarte|Altenburg]].<ref>S. Siegesmund, C.-H. Friedel, J. Vogel, S. Mosch, D. Naumann, A. Peter, H. Giesen: ''Stability assessment of sandstones from the St. Servatius Church in Quedlinburg (UNESCO’s World Heritage Site, Germany)''. In: Environmental Earth Sciences 63 (2011), S. 641–659. [[doi:10.1007/s12665-010-0736-7]]</ref><br />
<br />
Weiter im Süden liegt die [[Harznordrandverwerfung|Harznordrandstörung]]. Parallel zum Nordrand des herausgehobenen Harzes sind die [[Mesozoikum|mesozoischen]] Gesteinsschichten daran aufgebogen und teilweise abgebrochen. Die wechselnden Lagen von unterschiedlich widerständigen mesozoischen Gesteinen (Jura, Kreide, Muschelkalk) bilden teilweise freipräparierte Schichtrippen, die als markante Höhenzüge von der Bode quer durchschnitten werden. Der markanteste Höhenzug ist die [[Teufelsmauer (Harz)|Teufelsmauer]].<br />
<br />
Während der [[Elster-Kaltzeit|Elster-]] und der [[Weichsel-Kaltzeit]] hatte das Eis den Harzrand erreicht, während die Region in der letzten [[Kaltzeit]] ([[Saale-Kaltzeit]]) nicht mit Eis bedeckt war. Während der [[Eiszeitalter|Hochglazialphasen]] bildeten sich äolische Decken.<ref>Hilmar Schröder: ''Die natürliche Umwelt Sachsen-Anhalts''. In: Eckhard Oelke (Hrsg.): ''Sachsen-Anhalt''. Gotha 1997, ISBN 3-623-00673-4, S. 61.</ref> Diese großflächig aufgewehten [[Löss]]<nowiki />schichten überlagerten die älteren Fest- und Lockergesteine und wurden später zu Schwarzerdeböden hoher Güte umgewandelt. Es sind dies die südlichen Ausläufer der fruchtbaren [[Magdeburger Börde]].<ref>Henry Schroeder, Fritz Dahlgrün: ''Erläuterungen zur Geologischen Karte von Preußen und benachbarten deutschen Ländern.'' Blatt Quedlinburg, Lfg. 240, Nr. 2381. Berlin 1927.</ref><br />
<br />
<gallery mode="packed"><br />
Teufelsmauer-4.jpg|Markanteste Schichtrippe im Harzvorland – die [[Teufelsmauer (Harz)|Teufelsmauer]] südwestlich von Quedlinburg<br />
Auf dem Lehof-Felsen.JPG|Auf dem [[Lehof]]-Felsen, Sandsteinfelsen nördlich von Quedlinburg<br />
</gallery><br />
<br />
=== Klima ===<br />
Die Stadt befindet sich in der [[Gemäßigte Zone|gemäßigten Klimazone]]. Die durchschnittliche Jahrestemperatur in Quedlinburg beträgt 8,8&nbsp;°C. Die wärmsten Monate sind Juli und August mit durchschnittlich 17,8 beziehungsweise 17,2&nbsp;°C und die kältesten Januar und Februar mit 0,1 beziehungsweise 0,4&nbsp;°C im Mittel. Der meiste [[Niederschlag]] fällt im Juni mit durchschnittlich 57 Millimeter, der geringste im Februar mit durchschnittlich 23 Millimeter.<br />
<br />
<gallery mode="packed"><br />
Klimadiagramm-deutsch-Quedlinburg (ST)-Deutschland.png|Klimadiagramm<ref name="Klima">{{Webarchiv |url=http://www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop?_nfpb=true&_pageLabel=_dwdwww_klima_umwelt_klimadaten_deutschland&T82002gsbDocumentPath=Navigation%2FOeffentlichkeit%2FKlima__Umwelt%2FKlimadaten%2Fkldaten__kostenfrei%2Fausgabe__mittelwerte__node.html__nnn%3Dtrue |text=Deutschen Wetterdienst |wayback=20150923221049}}, Normalperiode 1961–1990</ref><br />
Harz Regenschatten.png|Föhnprinzip – Quedlinburg im Regenschatten des [[Harz (Mittelgebirge)|Harzes]]<br />
</gallery><br />
<br />
Der Harz liegt als Hindernis in der von Südwesten kommenden [[Westwindzone|Westwinddrift]]. Durch die Höhe ([[Brocken]] mit {{Höhe|1141.2|DE-NHN|link=1}}) werden die Luftmassen zum Aufsteigen gezwungen und regnen sich dabei ab. Die nordöstliche Seite liegt im Regenschatten des Harzes. In diesem Gebiet befindet sich Quedlinburg mit einem der geringsten Jahresniederschläge in Deutschland von nur 438 Millimetern (zum Vergleich: [[Köln]] annähernd 798 Millimeter). Da die Monate Dezember, Januar und Februar absolut die niedrigsten Niederschlagswerte besitzen und die stark abnehmende Tendenz bereits im Spätherbst beginnt, kann von einer Quedlinburger „Wintertrockenheit“ gesprochen werden.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.region-braunschweig.de/niederschlag-mw.html |text=Niederschlag: Monatswerte 1951–1980 Region Braunschweig Ostfalen |wayback=20071026081345}}</ref><ref>[[:Datei:Klima-D-QUEDLINBURG.png|Umfangreiches Klimadiagramm: Niederschlag, Temperatur, Sonnenschein, Sonnenstunden, deutsche Mittelwerte]]</ref> Bei der 2010 erstmals durchgeführten Gesamtauswertung der 2100 Messstationen des [[Deutscher Wetterdienst|Deutschen Wetterdienstes]] wurde festgestellt, dass Quedlinburg im August 2010 mit 72,4 Liter je Quadratmeter (=&nbsp;[[Niederschlag#Niederschlagshöhe|mm]]) der trockenste Ort in Deutschland war.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.dwd.de/bvbw/generator/DWDWWW/Content/Oeffentlichkeit/KU/allgemeines/spitzenreiter/2010/bms__201008,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/bms_201008.pdf |text=Deutschlandwetter im August 2010: Die wärmsten, trockensten und sonnigsten Orte in Deutschland |webciteID=6VebF3nOE}} (PDF)</ref> Frostfreie Tage gibt es pro Jahr 177, während an 30 Tagen Dauerfrost herrscht. Eine geschlossene Schneedecke ist an weniger als 50 Tagen vorhanden und die Sonnenscheindauer liegt bei 1422 Stunden jährlich.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.quedlinburg.de/media/pdf/bekanntmachungen/bplan30vorentwtext.pdf |text=C. Senula: ''Erweiterung Industrie- u. Gewerbegebiet Magdeburger Straße''. Quedlinburg 2010, S. 41 |wayback=20121104080733}} (PDF; 842&nbsp;kB)</ref><ref>[https://server.wettermail.de/opendata-dwd/cgi-bin/klima2.pl?action=showStatisticsForStation&stationId=4032 Alle Extremdaten von 1945 bis 2019]</ref><br />
{{NavFrame |class=center}}<br />
<div class="NavHead">Daten der Klimastation Quedlinburg</div><br />
<div class="NavContent"><br />
{{Klimatabelle<br />
| DIAGRAMM TEMPERATUR = deaktiviert<br />
| DIAGRAMM NIEDERSCHLAG = deaktiviert<br />
| QUELLE = Niederschläge: Monatswerte 1951–1980 Region Braunschweig Ostfalen, Temperaturen: Monatswerte 1911–1915<ref>{{Webarchiv |url=http://www.region-braunschweig.de/niederschlag-mw.html |text=Niederschlag: Monatswerte 1951–1980 Region Braunschweig Ostfalen |wayback=20071026081345}}, nach Schroeder/Dahlgrün (1927), S. 101</ref>, Sonnenscheindauer<ref name="Klima" /> Regentage<ref>{{Webarchiv |url=http://www.sonnenlaender.de/deutschland/klima-deutschland/klimatabellen-Quedlinburg/ |text=Klimadaten für Quedlinburg |wayback=20110301182930}}</ref><br />Daten der Klimastation Quedlinburg, gegründet 1887 (51°47′, 11°09′, H&nbsp;= 123&nbsp;m), geschlossen 2000, neugegründet 2006 (51°48′, 11°09′ H&nbsp;=142&nbsp;m)<ref>''Deutsches Meteorologisches Jahrbuch 2006'', Offenbach am Main 2009, S. 31.</ref><br />
| Ort = Quedlinburg<br />
| avjan = −0.4<br />
| avfeb = 0.8<br />
| avmär = 3.3<br />
| avapr = 7.5<br />
| avmai = 12.7<br />
| avjun = 16.0<br />
| avjul = 17.3<br />
| avaug = 16.6<br />
| avsep = 13.4<br />
| avokt = 8.8<br />
| avnov = 3.9<br />
| avdez = 1.0<br />
| nbjan = 24<br />
| nbfeb = 19<br />
| nbmär = 28<br />
| nbapr = 37<br />
| nbmai = 54<br />
| nbjun = 64<br />
| nbjul = 59<br />
| nbaug = 54<br />
| nbsep = 36<br />
| nbokt = 32<br />
| nbnov = 30<br />
| nbdez = 25<br />
| shjan = 1.5<br />
| shfeb = 2.4<br />
| shmär = 3.5<br />
| shapr = 4.6<br />
| shmai = 5.9<br />
| shjun = 5.8<br />
| shjul = 6.0<br />
| shaug = 6.0<br />
| shsep = 4.6<br />
| shokt = 3.4<br />
| shnov = 2.1<br />
| shdez = 1.4<br />
| rdjan = 11<br />
| rdfeb = 9<br />
| rdmär = 10<br />
| rdapr = 10<br />
| rdmai = 10<br />
| rdjun = 11<br />
| rdjul = 10<br />
| rdaug = 10<br />
| rdsep = 9<br />
| rdokt = 9<br />
| rdnov = 11<br />
| rddez = 12<br />
}}</div><br />
{{NavFrame/Ende}}<br />
<br />
=== Stadtgliederung ===<br />
[[Datei:20190419 Gernrode StCyriakus DSC07781 HDRfusion PtrQs.jpg|mini|hochkant|Stiftskirche in Gernrode]]<br />
[[Datei:Kuranlage Bad Suderode2.jpg|mini|links|Bad Suderode, Kuranlage]]<br />
Die historische Kernstadt gliedert sich in den ehemaligen Königsbesitz mit dem Westendorf, dem Burgberg, der St.-Wiperti-Kirche sowie dem Münzenberg. Nördlich davon liegt die 994 gegründete Altstadt und östlich die im 12.&nbsp;Jahrhundert gegründete Neustadt. Dazwischen wurde im 13./14.&nbsp;Jahrhundert die [[Steinbrücke (Quedlinburg)|Steinbrücke]] angelegt und die Word trockengelegt. Nördlich der Altstadt befindet sich das mittelalterliche Vorstadtviertel Gröpern.<br />
<br />
Um diesen mittelalterlichen Kern wurde am Übergang vom 19.&nbsp;zum 20.&nbsp;Jahrhundert ein Gürtel aus Villen im [[Jugendstil]] gebaut. Im Zuge der [[Industrialisierung]] entstanden außerhalb dieses Gürtels neue Ortsteile, so die Kleysiedlung, das Neubaugebiet in der Süderstadt (19./20.&nbsp;Jahrhundert) und das auf dem Kleers (1980er Jahre).<br />
<br />
Neben dieser Kernstadt gehören zu Quedlinburg noch die Ortsteile [[Münchenhof]] (vier Kilometer nördlich), [[Gersdorfer Burg]] (drei Kilometer südöstlich), [[Morgenrot (Quedlinburg)|Morgenrot]] (vier Kilometer östlich) und [[Quarmbeck]] (vier Kilometer südlich) sowie seit dem 1.&nbsp;Januar 2014 wieder [[Bad Suderode]] und [[Stadt Gernrode|Gernrode]] mit den Ortsteilen [[Haferfeld]] und dem [[Sternhaus (Quedlinburg)|Forsthaus Sternhaus]].<br />
<br />
Am 1.&nbsp;Juli 2014 ist das neue Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt in Kraft getreten. In dessen §&nbsp;14 (2) wird den Gemeinden die Möglichkeit gegeben, den Ortsteilen, die vor der Eingemeindung Städte waren, diese Bezeichnung zuzuerkennen.<ref>{{Webarchiv |url=https://mi.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MI/MI/4._Service/Publikationen/3._Abteilung_3/Komm_Verf_und_Komm_Wahl-Gesetz.pdf |text=Kommunalverfassungsgesetz des Landes in der Fassung vom 1. Juli 2014 |wayback=20160915224700}} (PDF)</ref> Die Stadt Quedlinburg hat von dieser Regelung Gebrauch gemacht. Ihre geänderte Hauptsatzung stammt vom 12.&nbsp;März 2015. Im §&nbsp;1 (3) werden die Ortsteile und Ortschaften mit ihren amtlichen Namen aufgeführt.<ref>{{Webarchiv |url=https://www.quedlinburg.de/download/2135/1.01_hauptsatzung_2015.pdf |text=Hauptsatzung in der Fassung vom 12. März 2015 |wayback=20160420033224}} (PDF)</ref><br />
<br />
=== Nachbargemeinden ===<br />
Quedlinburg ist eine Stadt im [[Landkreis Harz]] und grenzt an acht [[Sachsen-Anhalt|sachsen-anhaltische]] [[Stadt|Städte]] und [[Gemeinde (Deutschland)|Gemeinden]] (im Uhrzeigersinn, im Nordosten beginnend): Gemeinde [[Harsleben]], Stadt [[Wegeleben]], Gemeinden [[Ditfurt]] und [[Selke-Aue]], Städte [[Ballenstedt]] und [[Thale]].<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
[[Datei:Quedlinburg 007b.jpg|mini|Quedlinburger Schloss, Luftaufnahme (2015)]]<br />
[[Datei:Quedlinburg 005.JPG|mini|Quedlinburg, Luftaufnahme (2015)]]<br />
{{Hauptartikel|Geschichte Quedlinburgs|titel1=Geschichte der Stadt Quedlinburg}}<br />
<br />
=== Frühe Besiedlungen ===<br />
Die ersten Siedlungsspuren reichen bis in die [[Altsteinzeit]] zurück. Die Gegend war fast durchgehend besiedelt. Die ertragreichen Böden machten die Gegend für Siedler während des [[Jungsteinzeit|Neolithikums]] besonders interessant, was sich durch über 55 Siedlungsreste dieser Epoche allein in der Stadt und der näheren Umgebung nachweisen lässt.<ref>Christa Rienäcker: ''Die neolithische Besiedlung Quedlinburgs''. In: Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte 62 (1978), S. 109–133.</ref> So befinden sich auf den markanten Bergspitzen wie dem Moorberg, der Bockshornschanze oder dem Brüggeberg, die an den Seitenwänden des Bodetals aufgereiht wie auf einer Kette aufragen, neolithische Begräbnishügel. Etwa zwei Kilometer nordwestlich von Quedlinburg, westlich der [[Wüstung]] [[Marsleben]], konnte 2005 eine [[Kreisgrabenanlage]] der [[Stichbandkeramik]] untersucht werden, die der [[Kreisgrabenanlage von Goseck]] in Alter, Ausdehnung und Form nicht nachsteht.<ref>Hanfried Schmidt: ''Das Frühneolithikum''. In: Harald Meller (Hrsg.): ''Archäologie XXL. Archäologie an der B&nbsp;6n im Landkreis Quedlinburg.'' Halle/Saale 2006, S. 65–69.</ref><br />
<br />
Am Ende des 8.&nbsp;Jahrhunderts häufen sich urkundliche Nachrichten über Ortschaften in der Umgebung Quedlinburgs: [[Marsleben]], [[Groß Orden]], Ballersleben (alle wüst), [[Ditfurt]] und [[Weddersleben]]. Die Wipertikirche als Filiale der [[Abtei Hersfeld]] ist wahrscheinlich um 835/863 gegründet worden.<ref name="reuling" /><br />
<br />
{{Siehe auch|Quedlinburger Wüstungen}}<br />
<br />
=== Königliche Osterpfalz vom 10. bis 12. Jahrhundert ===<br />
[[Datei:Quedlinburg Rathaus Heinrich.jpg|mini|links|Krönungsfenster im Rathaus: Die legendäre Königserhebung Heinrichs&nbsp;I. am Quedlinburger Finkenherd fand tatsächlich 919 zu [[Fritzlar]] statt]]<br />
[[Datei:Finkenherd 3 in Quedlinburg.jpg|mini|Fachwerkhaus Finkenherd 3 aus dem späten 18. Jh. (2021)]]<br />
Bedeutung erlangte Quedlinburg, als es im 10.&nbsp;Jahrhundert die [[Königspfalz]] wurde, in der die [[Ottonen|ottonischen]] Herrscher das Osterfest feierten. Erstmals wurde es als ''villa quae dicitur Quitilingaburg'' in einer Urkunde König [[Heinrich I. (Ostfrankenreich)|Heinrichs&nbsp;I.]] vom 22.&nbsp;April 922 erwähnt.<ref>{{MGH|DD|12|41|42}}</ref><br />
<br />
Später bestimmte Heinrich den Ort zu seiner Grablege. Nach seinem Tod im Jahr 936 in [[Pfalz und Kloster Memleben|Memleben]] wurde sein Leichnam nach Quedlinburg überführt und in der Pfalzkapelle auf dem [[Schlossberg (Quedlinburg)|Schlossberg]] bestattet. Seine Witwe Königin [[Mathilde die Heilige|Mathilde]] ließ sich von Heinrichs Sohn und Nachfolger [[Otto I. (HRR)|Otto&nbsp;I.]] die Gründung eines [[Frauenstift|Damenstiftes]] mit der Aufgabe der [[Memorialwesen|Totenmemorie]] bestätigen. Dreißig Jahre lang stand sie ihrer Stiftsgründung selbst als Leiterin vor, ohne Äbtissin geworden zu sein. Otto&nbsp;I. besuchte Quedlinburg in unregelmäßigen Abständen zur Feier des Osterfestes und zu den Gedenktagen seines Vaters. Im Jahr 941 entging er dabei nur knapp einem Mordanschlag durch seinen jüngeren Bruder [[Heinrich I. (Bayern)|Heinrich]]. Auf dem Oster-[[Hoftag]] 966 wurde Ottos Tochter [[Mathilde (Quedlinburg)|Mathilde]] als Äbtissin mit der [[Liste der Äbtissinnen von Quedlinburg|Leitung des Damenstiftes]] betraut. Zwei Jahre später, am 14.&nbsp;März 968, starb ihre Großmutter und wurde an der Seite ihres Gemahls bestattet. Ihr Grab und ihr steinerner Sarkophag sind erhalten geblieben, während Heinrichs Grablege leer ist.<br />
<br />
Der größte und glanzvollste Hoftag Ottos des Großen fand 973 statt. Unter den internationalen Teilnehmern befanden sich [[Boleslav I. (Böhmen)|Boleslav&nbsp;I.]], Herzog von [[Böhmen]], und [[Mieszko I.]], Herzog der [[Polanen]], die dem [[Kaiser]] den Treueeid leisteten. Kurz darauf starb Otto&nbsp;I. Sein Sohn [[Otto II. (HRR)|Otto&nbsp;II.]] besuchte in seiner zehnjährigen Regentschaft nur zweimal Quedlinburg.<br />
<br />
Nach dessen Tod 983 war [[Otto III. (HRR)|Otto III.]] erst drei Jahre alt. Sein Onkel [[Heinrich II. (Bayern)|Heinrich der Zänker]] wollte sich in Quedlinburg selbst zum König erheben und entführte den jungen König. Vor allem das Eingreifen von Ottos Großmutter [[Adelheid von Burgund (931–999)|Adelheid]], der zweiten Gemahlin Ottos&nbsp;I., und seiner Mutter [[Theophanu (HRR)|Theophanu]], der Gemahlin Ottos&nbsp;II., zwang Heinrich zwei Jahre später, dem jungen Otto III. in Quedlinburg zu huldigen.<ref name="reuling">Ulrich Reuling: ''Quedlinburg: Königspfalz – Reichsstift – Markt''. In: Lutz Fenske (Hrsg.): ''Deutsche Königspfalzen. Beiträge zu ihrer historischen und archäologischen Erforschung,''&nbsp;4. Göttingen 1996, S. 184–247.</ref> Otto III. verlieh 994 dem Stift das [[Marktrecht|Markt]]-, Münz- und Zollrecht, noch unter dem Vorstand seiner Tante, der Äbtissin Mathilde.<ref>{{MGH|DD|13|566|567}}</ref> Damit war eine wichtige Bedingung für die weitere städtische Entwicklung Quedlinburgs geschaffen.<ref>Thomas Wozniak: ''Quedlinburg'', in: Residenzstädte im Alten Reich (1300–1800). Ein Hanbuch. Abt. I: Analytisches Verzeichnis der Residenzstädte, Teil 1: Nordosten, hrsg. von Harm von Seggern. Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag 2018, S. 448–453. ISBN 978-3-7995-4535-8.</ref><br />
<br />
Von der weiteren [[Heiliges Römisches Reich|reichspolitischen]] Bedeutung Quedlinburgs im 11.&nbsp;und 12. Jahrhundert zeugen die vor Ort verfassten, später so genannten [[Quedlinburger Annalen]]. Diese verzeichnen im Jahre 1009 erstmals in schriftlichen Quellen ''Litua'', den Namen [[Litauen]]s. Für die Zeit vom 10. bis zum 12.&nbsp;Jahrhundert, als Quedlinburg die Osterpfalz der ostfränkisch/deutschen Herrscherhäuser war, sind 69 urkundlich nachweisbare Aufenthalte eines Königs oder Kaisers gezählt worden.<ref>Hermann Lorenz: ''Werdegang von Stift und Stadt Quedlinburg''. Quedlinburg 1922, S. 381–384.</ref><br />
<br />
In den ersten Jahrzehnten nach seiner Gründung erhielt das [[Stift Quedlinburg|Damenstift]] auch weit entfernte Orte, wie das 170&nbsp;km entfernte [[Soltau]], die Kirche St.&nbsp;Michael des [[Volkmarskeller]]s (956), [[Duderstadt]] (974), [[Potsdam]] (993) und [[Gera]] (999),<ref>Matthias Werner: ''Ottonischer Burgward – Quedlinburgisches Stiftsgut – Stadt der Vögte von Gera: Gera vom 10. bis 13. Jahrhundert und seine Anfänge als Stadt''. In: Geraer Hefte 5 (2017), S. 8–55.</ref> aber auch andere [[Domschatzkammer Quedlinburg|Schätze]]. Zu den 48 von [[Otto I. (HRR)|Otto&nbsp;I.]] geschenkten Orten kamen unter [[Otto II. (HRR)|Otto&nbsp;II.]] elf, unter [[Otto III. (HRR)|Otto III.]] zehn und unter späteren Herrschern noch weitere 150 Orte hinzu.<ref>Vgl. Manfred Mehl: ''Die Münzen des Stiftes Quedlinburg''. Hamburg 2006, S. 42–49.</ref><br />
<br />
=== Aufstrebende Stadt im Spätmittelalter und der Frühneuzeit ===<br />
1326 schloss sich die Stadt mit [[Halberstadt]] und [[Aschersleben]] zum [[Halberstädter Dreistädtebund]] zusammen, der 150&nbsp;Jahre andauerte.<br />
<br />
In den folgenden vier Jahrhunderten nahm Quedlinburg einen wirtschaftlichen Aufschwung. Wie in anderen Städten (Braunschweig, Halberstadt) der Region waren das [[Gewandschneider]]- und das Kaufmannswesen besonders intensiv.<ref>[[Klaus Militzer]], Peter Przybilla: ''Stadtentstehung, Bürgertum und Rat. Halberstadt und Quedlinburg bis zur Mitte des 14.&nbsp;Jahrhunderts''. Göttingen 1980, ISBN 3-525-35380-4, bes. S.&nbsp;141–144.</ref> Um 1330 wurde die Altstadt mit der im 12.&nbsp;Jahrhundert gegründeten Neustadt belehnt; beide agierten fortan immer geschlossen als Stadt Quedlinburg.<br />
<br />
Zum wirtschaftlichen Erfolg gesellte sich 1336 ein politischer, als die Stadt in einem regionalen Konflikt zwischen dem Halberstädter Bischof und dem Grafen von Regenstein letzteren gefangen setzen konnte. Die Stadt erlangte größere Unabhängigkeit von der Stadtherrin, der Äbtissin des Damenstiftes, und durfte in der Folge ihre Verteidigungsanlagen massiv ausbauen. Das neue Selbstbewusstsein wurde in Form von vielen Städtebündnissen nach außen hin demonstriert. Als Krönung dieser Entwicklung trat die Stadt 1384 dem Niedersächsischen Städtebund bei und auf 1426 datiert die erste Erwähnung als Stadt des [[Hanse]]bundes.<br />
<br />
Der Plan des Stadtrates, sich von den Befugnissen der Äbtissin [[Hedwig von Sachsen (1445–1511)|Hedwig von Sachsen]] zu befreien, mündete 1477 in einen gewaltsamen Konflikt. Die Quedlinburger versuchten, Hedwig mit Waffengewalt aus der Stadt zu vertreiben. Daraufhin bat diese ihre Brüder, die Wettiner Herzöge [[Ernst (Sachsen)|Ernst]] und [[Albrecht der Beherzte|Albrecht]], um Hilfe. Die entsandten Truppen stürmten die Stadt ohne eigene Verluste, während 80 Quedlinburger fielen. Die Bürgerschaft unterwarf sich daraufhin und schied aus sämtlichen Bündnissen aus. Der um 1435 vor dem Haus der Gewandschneider auf dem Marktplatz aufgestellte [[Rolandstatue|Roland]]<ref>Bernd Feicke: ''Der Roland von Quedlinburg''. In: Harz-Zs. 63 (2011), S. 125–138.</ref>, Symbol der Marktfreiheit und Zeichen städtischer Unabhängigkeit, wurde gestürzt und zerschlagen. 1569 ließ der Rat diese Rolandsfigur im Hof des Ratskellers wieder neu aufstellen und 1869 wurden die Bruchstücke der Rolandstatue vor dem Rathaus aufgestellt.<ref>Erik Richter: ''Wurde der Roland bereits 1561 wieder aufgestellt?'' In: Quedlinburger Annalen 18 (2018/19), S. 149–155.</ref> 2013 wurde die Figur gesäubert und komplettiert.<ref>Gerd Alpermann: ''Der Quedlinburger Roland ist rundum restauriert''. In: {{Webarchiv |url=http://www.mz-web.de/quedlinburg/enthuellung-am-rathaus-der-quedlinburger-roland-ist-rundum-restauriert,20641064,25613566.html |text=Mitteldeutsche Zeitung vom 13. Dezember 2013 |wayback=20141028001639}}.</ref><br />
<br />
<gallery mode="packed"><br />
Quedlinburg-1647-Merian.jpg|Quedlinburg 1647 von [[Matthäus Merian|Merian]]<br />
Fürstentum Halberstadt-Abtei Quedlinburg.jpg|Abtei Quedlinburg um 1750<br />
Quedlinburg Voigt 1782.jpg|Quedlinburg 1782 von C.&nbsp;C. Voigt (Norden ist links)<br />
</gallery><br />
<br />
Während des [[Bauernkrieg]]s wurden vier Klöster der Stadt, das Prämonstratenserkloster St.&nbsp;Wiperti, das Benediktinerinnenkloster St.&nbsp;Marien, das [[Franziskanerbau (Quedlinburg)|Franziskanerkloster]]<ref>Achim Todenhöfer: ''Die Franziskanerkirche St. Franziskus in Quedlinburg.'' In: ''Kirchen der Bettelorden. Die Baukunst der Dominikaner und Franziskaner in Sachsen-Anhalt.'' Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2010, S. 116–125.</ref> in der Altstadt und das Augustinerkloster in der Neustadt, zerstört. Die Reformation wurde in Quedlinburg im Jahr 1539 durchgesetzt und das Stift in ein evangelisches ''Freies weltliches Stift'' umgewandelt.<br />
<br />
Den größten städtebaulichen Aufschwung nahm die Stadt ab dem [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieg]]. Die meisten der 2159 erhaltenen [[Fachwerkhaus|Fachwerkhäuser]] sind in dieser Zeit entstanden. Zwei Stadtbrände verwüsteten 1676 und 1797 große Teile der Stadt.<ref>Thomas Wozniak: ''Quedlinburgs Sozialtopographie im Spätmittelalter''. In: ''Forum Stadt''. Vierteljahreszeitschrift für Stadtgeschichte, Stadtsoziologie, Denkmalpflege und Stadtentwicklung, 38 (2011), H. 2, S. 181–194.</ref><br />
<br />
1698 besetzten brandenburgische Truppen die Stadt, womit fortan [[Preußen]] Schutzmacht war. 1802 wurde das seit 936 bestehende Damenstift aufgelöst.<ref>Bernd Feicke: ''Zur politischen Vorgeschichte des Reichsdeputationshauptschlusses 1803 und seine Ergebnisse für Kursachsen und Preußen im Ostharz unter besonderer Beachtung … des Reichsstiftes Quedlinburg''. In: Beiträge zur Regional- und Landeskultur Sachsen-Anhalts 29 (2004), S. 4–29, hier: S. 17–22.</ref> Die Stiftsgebäude auf dem Schlossberg gingen in den Besitz des preußischen Staates über.<br />
<div style="clear:left;"></div><br />
<br />
=== Aufstrebendes Pflanzenzuchtzentrum vom 18. bis 20. Jahrhundert ===<br />
[[Datei:Quedlinburg um 1900.jpg|mini|Quedlinburg von Südwesten, um 1900]]<br />
[[Datei:Quedlinburg asv2018-10 img41 Castle.jpg|mini|Schlossberg und Stiftskirche]]<br />
[[Datei:Quedlinburg asv2018-10 img48 Castle.jpg|mini|Schlossberg mit Stiftskirche St. Servatii und Stiftsgebäuden, Blick vom Münzenberg]]<br />
Im Laufe des 18.&nbsp;und besonders des 19.&nbsp;Jahrhunderts entwickelte sich durch die [[Pflanzenzucht]] und Saatgutvermehrung ein beachtlicher Wohlstand, der städtebaulich auch in einer Reihe von [[Jugendstil]]-Villen seinen Ausdruck fand. Als die erste Zuckerfabrik des Regierungsbezirks Magdeburg 1834 von G.&nbsp;Chr. Hanewald in Quedlinburg eingerichtet wurde, führte dies zur raschen Entwicklung landwirtschaftlicher Zuliefer- und Großbetriebe. Die Entwicklung von Zuchtverfahren, der Anschluss an das Eisenbahnnetz und die [[Separation (Flurbereinigung)|Separation]] (1834–1858) sind Stationen zu einer weltwirtschaftlichen Bedeutung im Saatzuchtbereich. Neben der Zucht von Zier- und landwirtschaftlichen Pflanzen wuchs seit Beginn des 20.&nbsp;Jahrhunderts die Bedeutung der Gemüsezucht.<br />
<br />
Von 1815 bis 1938 war Quedlinburg eine Garnisonsstadt.<br />
<br />
Von 1865 bis 1888 wurden Fragmente der ältesten bekannten illustrierten biblischen Handschrift ([[Quedlinburger Itala]]) aus dem 5.&nbsp;Jahrhundert in Quedlinburg gefunden.<br />
<br />
=== 20. Jahrhundert ===<br />
Im beginnenden 20.&nbsp;Jahrhundert waren die [[Saatzucht]]<nowiki />firmen die größten Arbeitgeber. 1907 sprach [[Rosa Luxemburg]] vor 800 Quedlinburger Saatzucht-Arbeitern. 1911 wurde Quedlinburg, das bis dahin Sitz des [[Kreis Quedlinburg|Kreises Quedlinburg]] war, [[kreisfreie Stadt]].<br />
<br />
Während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] wurden bis zu 17.000 [[Kriegsgefangener|Kriegsgefangene]] zur Arbeit in der Landwirtschaft gezwungen und in einem [[Kriegsgefangenenlager Quedlinburg|Kriegsgefangenenlager]] auf dem Ritteranger nordöstlich der Stadt untergebracht. Dieses Lager wurde seit September 1914 eingerichtet und bestand über den Krieg hinaus als Notunterkunft zaristischer Soldaten, bis es im Juni 1922 niedergebrannt wurde.<ref>Thomas Wozniak: ''„…&nbsp;das Lager ist in jeder Beziehung musterhaft&nbsp;…“ Kriegsgefangene des Ersten Weltkriegs in Quedlinburg (1914–1922)''. In: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, Band 57 (2011), S. 125–154.</ref><ref>Thomas Wozniak: ''Das Kriegsgefangenenlager Quedlinburg in den historischen Quellen'', in: Die Kriegsgefangenenlager des Ersten Weltkriegs auf dem Territorium Sachsen-Anhalts, hrsg. von Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt. Magdeburg 2018, S. 16–47.</ref> Im selben Jahr fand in Quedlinburg eine Feier zum tausendsten Jahrestag der ersten urkundlichen Erwähnung (922) statt.<br />
<br />
Ein verheerendes Hochwasser der Bode zerstörte 1926 alle Brücken und legte die Infrastruktur lahm. Immer wieder behinderten spätere Hochwasser die Wiederaufbauarbeiten.<ref>''Das Bode-Hochwasser Silvester 1925 in Quedlinburg: Festschrift zur Einweihung der Bahnhofsbrücke am 27. November 1926.'' Hrsg. v. Magistrat der Stadt Quedlinburg 1926.</ref><br />
<br />
Zur [[Zeit des Nationalsozialismus]] wurde die Tausendjahrfeier (936–1936) des Todestages König Heinrichs&nbsp;I. von den [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|Nationalsozialisten]] in Gestalt der [[Schutzstaffel|SS]] als ein ''propagandistisches Geschenk'' angesehen. [[Heinrich Himmler]] entwickelte ab 1936 einen Kult um den König und wurde selbst als eine [[Reinkarnation]] Heinrichs angesehen, was ihm geschmeichelt haben soll, wie sein Leibarzt [[Felix Kersten]] berichtet. In Quedlinburg wurden die Wipertikrypta und die Kirche St.&nbsp;Servatii beschlagnahmt und zu Weihestätten der SS umfunktioniert. Himmlers persönliches Erscheinen (bis 1939) zu den jährlichen Feierlichkeiten am 2.&nbsp;Juli, die bis 1944 stattfanden, wurde zum Beispiel 1937 propagandistisch mit Nachrichten über das Auffinden der verlorenen Gebeine Heinrichs&nbsp;I. aufgewertet. Nach dem Krieg wurden bei einer Öffnung des (neuen) Sarkophags die von der SS vorgezeigten „Funde“ als plumpe Fälschungen entlarvt.<ref>Jahn-Holger Kirsch: ''„Wir leben im Zeitalter der endgültigen Auseinandersetzung mit dem Christentum.“ Nationalsozialistische Projekte für Kirchenumbauten in Enger, Quedlinburg und Braunschweig.'' In: Stefan Brakensiek (Hrsg.): ''Widukind. Forschungen zu einem Mythos.'' Bielefeld 1997, S. 33–95; Tim Lorentzen: ''Ideologische Usurpation: die nationalsozialistische Umgestaltung der Stiftskirchen zu Braunschweig und Quedlinburg als Zeichenhandlung.'' Wolfenbüttel 2005.</ref><br />
<br />
Am Morgen nach den Zerstörungen der „[[Novemberpogrome 1938|Reichspogromnacht]]“ legte der Ladenbesitzer Sommerfeld seine Eisernen Kreuze aus dem Ersten Weltkrieg (EK 1 und&nbsp;2) in sein zerstörtes Schaufenster und ein Schild: „Der Dank des Vaterlandes ist Dir gewiss.“<ref>Horst Müller: ''Die Judenverfolgung.'' In: Uwe Gerig (Hrsg.): ''Quedlinburg – Geschichten aus dem vergangenen Jahrhundert.'' Quedlinburg 2000, S. 86–88.</ref> Bald darauf begann die Verschleppung jüdischer Bewohner.<ref>Eberhard Brecht, Manfred, Kummer: ''Juden in Quedlinburg'' (=&nbsp;''Geschichte, Ende und Spuren einer ausgelieferten Minderheit'',&nbsp;7). Halberstadt 1996.</ref> Im Stadtgebiet befanden sich drei Außenstellen von Konzentrationslagern: das Kreisgerichtsgefängnis und je ein Gefangenenlager in der Kleersturnhalle und im Fliegerhorst in [[Quarmbeck]].<br />
<br />
Seit 1943/1944 wurden in Quedlinburg über 8000 Verwundete in den Sporthallen und Notlazaretten versorgt. In der Woche, bevor am 19.&nbsp;April 1945 amerikanische Truppenverbände (RCT&nbsp;18) die Stadt fast kampflos einnehmen konnten, gelang es, Teile der [[Aggregat 4|V&nbsp;2]], die auf dem Quedlinburger Bahnhof auf Waggons lagerten, aus der Stadt zu bringen.<ref>Horst Müller: ''Die kampflose Übergabe.'' In: Uwe Gerig (Hrsg.): ''Quedlinburg Geschichten aus dem vergangenen Jahrhundert.'' Quedlinburg 2000, S. 94f.</ref> Dies verhinderte eine Bombardierung; so beschränkten sich die Kriegszerstörungen auf Artillerietreffer.<br />
<br />
[[Datei:Quedlinburg Neuendorf HMBQ.jpg|mini|hochkant|[[Hallesche Monolithbauweise]] Typ Quedlinburg (HMBQ) in der Schmalen Straße]]<br />
Nach sechs Wochen übergaben die amerikanischen Truppen die Stadt an britische. Die nach weiteren zwei Wochen erfolgte Übergabe an die Sowjetarmee, begründet sich nicht, wie vor Ort immer wieder vermutet, mit der Aufteilung Berlins, sondern mit dem erst 2020 bekannt gewordenen [[Gebietstausch 1945 im Harz]], bei dem die Stromversorgung Niedersachsens eine zentrale Rolle spielte. Die Informationen darüber wurden 1945 von englischer wie sowjetischer Seite verheimlicht, um weitere Massenfluchten zu verhindern.<br />
<br />
Nach dem Krieg war Quedlinburg Teil des 1945 gegründeten Landes [[Sachsen-Anhalt]], seit 1952 des [[Bezirk Halle|Bezirkes Halle]] in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]].<br />
<br />
Die Demonstrationen vom [[Aufstand vom 17. Juni 1953|17.&nbsp;Juni 1953]] konnten in Quedlinburg und [[Thale]] nur durch den Einsatz von [[Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland|Streitkräften der Sowjetarmee]] unterbunden werden.<ref>Hans-Dieter Nover: ''In den Städten wird demonstriert: Quedlinburg.'' In: Stefanie Wahl (Hrsg.): ''Die Ereignisse um den 17. Juni 1953 im Bezirk Halle. Schlaglichter.'' Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR in Sachsen-Anhalt. 2. Aufl. 2003.</ref><br />
<br />
Obwohl es kaum nennenswerte Kriegszerstörungen gab, reichten die Bemühungen durch die [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] bei weitem nicht aus, den drohenden natürlichen Verfall der Altstadt zu stoppen. Durch den Einsatz erfahrener polnischer Restauratoren aus [[Toruń]] ''({{lang|de|Thorn}})'' konnten nur punktuell Häuser wiederhergestellt werden. Seit 1957 wurde St.&nbsp;Wiperti restauriert und 1959 neugeweiht. Die ursprünglichen Planungen der DDR in den 1960er Jahren, die historische Altstadt vollständig niederzureißen und durch einen zentralen Platz und sozialistische [[Plattenbau]]ten zu ersetzen, scheiterten an Geldmangel. Versuche, die Plattenbauweise den historischen Verhältnissen anzupassen, sind im Bereich des Marschlinger Hofes, in Neuendorf und in der Schmalen Straße nördlich des Marktes zu sehen. Dafür wurde die sogenannte [[Hallesche Monolithbauweise]] (HMB) modifiziert und als Hallesche Monolithbauweise Typ Quedlinburg (HMBQ) umgesetzt. Erst nach der Wiedervereinigung 1990 wurden zielstrebig Fachwerkbauwerke restauriert.<br />
<br />
[[Datei:Quedlinburg Fachwerkhäuser.JPG|mini|hochkant|links|Fachwerkhaus in der Wordgasse]]<br />
Im Herbst 1989 demonstrierten in kaum einer anderen Stadt, gemessen an der Einwohnerzahl, so viele Menschen wie in Quedlinburg.<ref>Holm Petri: ''Das Wunder der Kerzen: Von der gewaltlosen Revolution bis zur Einheit 1989/90 Quedlinburg.'' Quedlinburg 1999, S. 2.</ref> Gewaltlose Demonstrationen während der „[[Wende und friedliche Revolution in der DDR|Wende]]“ fanden in Quedlinburg immer am Donnerstag statt. Die Demonstration am 2.&nbsp;November 1989 mit 15.000 Teilnehmern war trotz provozierenden Verhaltens der [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED-Größen]] vor Ort ein Beispiel der Gewaltlosigkeit. Die größte Demonstration mit über 30.000 Teilnehmern fand am 9.&nbsp;November 1989 statt.<br />
<br />
Keiner der Teilnehmer ahnte, dass zur gleichen Zeit die [[Berliner Mauer|Mauer]] geöffnet wurde.<ref>Eberhard Brecht, Hans Jaeckel, Eckhardt Sehmsdorf (Hrsg.): ''Vom Mut des Neuanfangs. Quedlinburger erinnern sich an den Herbst ’89.'' Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt, Magdeburg 1999.</ref> Die Kreisdienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit wurde am 12. Dezember 1989 aufgelöst, nachdem die Klarnamendatei und die brisantesten Akten (beispielsweise zu Kirchenangelegenheiten) in den Tagen vorher vernichtet worden waren.<br />
<br />
Am 6.&nbsp;Januar 1990 fand zum Dank für den überwältigenden Empfang beim Überschreiten der Grenze ein großes Stadtfest mit zahlreichen Würdenträgern und 50.000 Gästen statt. Bei einem Spontanbesuch sagte [[Helmut Kohl]] im Januar 1990 der Stadt Hilfsgelder zur Sicherung der extrem gefährdeten Bausubstanz zu, und das Bundesland [[Niedersachsen]] spendete im Frühjahr 100.000 Dachziegel für Sofortmaßnahmen.<br />
<br />
[[Datei:Germany Goldeuro 2003 Quedlinburg Motivseite IMG 2220.jpg|mini|100-[[Euro]]-[[Gold]]-[[Gedenkmünzen der Bundesrepublik Deutschland#100-Euro-Goldmünzen|Gedenkmünze]] (2003)]]<br />
<br />
Ein gesellschaftlicher Tiefpunkt waren im Herbst 1992 [[Ausschreitungen in Quedlinburg 1992|ausländerfeindliche Übergriffe in der Quedlinburger Neustadt]]. Eine Antwort von Quedlinburger Einwohnern war die Gründung der noch aktiven Präventionsmaßnahme „Altstadtprojekt“. Eine geplante [[Nationaldemokratische Partei Deutschlands|NPD-Demonstration]] 15&nbsp;Jahre später wurde durch eine betont bunte Demonstration engagierter Quedlinburger verhindert.<ref>Christiane Kohl: ''{{Webarchiv |url=http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13680816.html |text=„Hier herrscht seit ’33 Diktatur“. Der Umgang mit Rechtsradikalen im ostdeutschen Quedlinburg |wayback=20190407145403}}.'' In: ''Der Spiegel'', 46 (1992), S. 97–110; Uwe Gerig: ''Nachwort.'' In: Uwe Gerig (Hrsg.): ''Quedlinburg Geschichten aus dem vergangenen Jahrhundert.'' Quedlinburg 2000, S. 142f; [https://www.ksta.de/bunter-protest-gegen-rechts-13345256 ''Bunter Protest gegen rechts.''] In: KSTA vom 17. September 2007, [https://www.ksta.de/im-kampf-gegen-den-rechtsextremen-ungeist-13654350 ''Im Kampf gegen den rechtsextremen Ungeist.''] In: KSTA vom 30. September 2007.</ref><br />
<br />
Von den 1945 geraubten zwölf Teilen des [[Kirchenschatz (materielle Güter)|Domschatzes]] kehrten 1993 zehn aus den USA zurück in die [[Domschatzkammer Quedlinburg|Quedlinburger Domschatzkammer]]. Zwei Beutestücke bleiben weiterhin verschollen.<br />
<br />
Zur Tausendjahrfeier der Verleihung des Markt-, Münz- und Zollrechtes wurden große Teile der Quedlinburger Altstadt und der Königshofkomplex am 17.&nbsp;Dezember 1994 auf Antrag Deutschlands auf die Liste der Welterbestätten der UNESCO gesetzt, als ein Ensemble, das die Ansprüche gemäß dem Kriterium&nbsp;IV erfüllt, „ein herausragendes Beispiel eines Typus von Gebäuden oder architektonischen Ensembles oder einer Landschaft, die bedeutsame Abschnitte in der menschlichen Geschichte darstellen“. (IV).<ref>{{Webarchiv |url=http://whc.unesco.org/en/list/535 |text=Unesco Welterbeliste |wayback=20110602054940}}</ref><br />
[[Gerhard Schröder]] besuchte 1999 mit dem französischen Premierminister [[Lionel Jospin]] und 2001 mit dem spanischen Ministerpräsidenten [[José María Aznar]] die Stadt.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.mz-web.de/aschersleben/staatsbesuch-gipfeltreffen-in-quedlinburg-perfekt,20640874,20010466.html |text=Bericht der ''Mitteldeutschen Zeitung'' vom 4. Oktober 2001 |wayback=20141026115251}}</ref><br />
<br />
=== Seit 2000 ===<br />
Das schwedische Königspaar, [[Carl XVI. Gustaf]] und seine Frau [[Silvia von Schweden|Silvia]], besuchte 2005 die Quedlinburger Stiftskirche.<br />
Seit 2006 ist der Bahnhof Quedlinburg an das Netz der Selketalbahn angeschlossen.<ref>{{Webarchiv |url=https://www.quedlinburg.de/de/harzer-schmalspurbahn.html |text=Harzer Schmalspurbahnen |wayback=20171021004951}} (20. Oktober 2017).</ref> Nach mehrjährigen Restaurierungen ist die Krypta der Stiftskirche seit März 2009 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.<br />
<br />
Mit [[Alles Klara]] spielte von 2011 bis 2017 erstmals eine Vorabendserie der [[ARD]] in Quedlinburg und Umgebung. Von 2011 bis 2014 wurden umfassende Neugestaltungsarbeiten am Marktplatz, im Bereich der Breiten Straße und der Steinbrücke vorgenommen. Im Vorfeld dieser Arbeiten wurden bei archäologischen Grabungen Pflasterreste eines Marktes entdeckt, die in das 10.&nbsp;Jahrhundert datiert werden.<ref>Robert Brosch: ''Zu den Grabungsergebnissen in Quedlinburg (Altstadt und Markt) 2011–2013.'' In: Thomas Wozniak, Sebastian Müller und Andreas Meyer (Hrsg.): ''Königswege. Festschrift für Hans K. Schulze.'' Leipzig 2014, S. 145–152.</ref> Im Jahr 2014 wurde seitens des Stadtrates beschlossen, dem einzigartigen Stadtnamen die allgemeine Bezeichnung ''Welterbestadt'' voranzustellen. Nach Genehmigung durch den zuständigen Landkreis und die UNESCO Deutschland gilt seit 29.&nbsp;März 2015 die Bezeichnung ''Welterbestadt Quedlinburg''.<ref name="welterbestadt-amtsblatt">{{Literatur |Hrsg=Stadt Quedlinburg |Titel=Amtsblatt der Stadt Quedlinburg 04/2015 |Ort=Quedlinburg |Datum=2015-03-28 |Seiten=10 |Online=[http://www.quedlinburg.de/media/pdf/amtsblatt/amtsblatt_04_2015__ebook.pdf Online] |Abruf=2015-03-30}} {{Webarchiv |url=http://www.quedlinburg.de/media/pdf/amtsblatt/amtsblatt_04_2015__ebook.pdf |text=Amtsblatt der Stadt Quedlinburg 04/2015 |wayback=20150402145212}}</ref><ref name="welterbestadt-mz">{{Internetquelle |url=http://www.mz-web.de/quedlinburg/namensaenderung-im-harz-quedlinburg-ist-nun-offiziell--welterbestadt-,20641064,30255750.html |titel=Quedlinburg ist nun offiziell „Welterbestadt“. Namensänderung im Harz |hrsg=Mitteldeutsche Zeitung |datum=2015-03-30 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20150402160229/http://www.mz-web.de/quedlinburg/namensaenderung-im-harz-quedlinburg-ist-nun-offiziell--welterbestadt-,20641064,30255750.html |archiv-datum=2015-04-02 |abruf=2021-06-21}}</ref><br />
<br />
Seit dem Frühjahr 2015 ist die ehemalige Krypta der St.-Marien-Kirche auf dem Münzenberg nach fast 500 Jahren wieder zugänglich. Erstmals wurden am 26. Mai 2017 vor dem Haus [[Steinweg 81 (Quedlinburg)|Steinweg 81]] [[Stolpersteine]] für Berta und Bruno Sommerfeld verlegt, die hier zeitweise lebten und nach ihrer Deportierung 1943 ins [[Vernichtungslager Auschwitz]] ermordet wurden. Derzeit sind drei [[Liste der Stolpersteine in Quedlinburg|Stolpersteine in Quedlinburg]] verlegt. Während des Bundestagswahlkampf 2017 sprach [[Angela Merkel]] auf dem Quedlinburger Marktplatz.<ref>[https://www.cdulsa.de/artikel/dr-angela-merkel-quedlinburg Webseite der CDU-Sachsen-Anhalt], eingesehen am 19. Januar 2020.</ref> Im Juni 2018 fand die [[Innenministerkonferenz|Frühjahrskonferenz der Innenminister]] unter [[Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat#Bundesminister seit 1949|Bundesinnenminister]] [[Horst Seehofer]] in Quedlinburg statt.<br />
<br />
=== Einwohnerentwicklung ===<br />
[[Datei:Einwohnerentwicklung von Quedlinburg.svg|mini|hochkant=2|Bevölkerungsentwicklung 1786–2016<ref name="2011_Schwankungen" />]]<br />
Da Quedlinburg lange Zeit nicht über seine mittelalterlichen (Stadtmauer)-Grenzen hinauswuchs, blieb die Einwohnerzahl vom Mittelalter bis in das 19.&nbsp;Jahrhundert bei maximal 8.000 bis 10.000 Personen. Erst mit der Industrialisierung begann die Zahl zu wachsen und erreichte den höchsten Wert 1950 mit 35.426/35.555 Einwohnern.<ref>Die Zahlen zum Jahr 1950 wurden an unterschiedlichen Monaten erhoben und werden mit 35.426 bzw. 35.555 angegeben. Hans-Hartmut Schauer: ''Das städtebauliche Denkmal Quedlinburg und seine Fachwerkbauten''. Berlin 1990, S. 25.</ref> Danach sank sie von 1950 bis 1990 um 21&nbsp;Prozent (7459) kontinuierlich ab und lag bereits 1975 wieder unter 30.000. Seit der gewaltlosen Revolution und der Grenzöffnung 1989/1990 verlor die Stadt wegen hoher Arbeitslosigkeit, des Wegzugs vieler Einwohner in das Umland und des Geburtenrückgangs erneut 20&nbsp;Prozent ihrer Bewohner (5.500 Personen). Am 30.&nbsp;Juni 2006 betrug die [[Einwohnerzahl|amtliche Einwohnerzahl]] für Quedlinburg nach Fortschreibung des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt 22.481 (nur [[Wohnsitz (Deutschland)#Haupt- und Zweitwohnsitz|Hauptwohnsitze]] und nach Abgleich mit den anderen Landesämtern). Zum 1.&nbsp;Januar 2011 vergrößerte sich die Stadt zunächst durch die Eingemeindung der Stadt Gernrode sowie der Gemeinden Bad Suderode und Rieder von 78,14&nbsp;km² auf 141,82&nbsp;km²; die Bevölkerungszahl stieg von etwas über 21.000 auf über 28.000. Diese Eingliederung musste jedoch wegen eines Formfehlers am 19.&nbsp;Februar 2013 aufgrund einer Gerichtsentscheidung wieder rückgängig gemacht werden.<ref>{{Internetquelle |autor=Ingo Kugenbuch |url=http://www.mz-web.de/quedlinburg/gebietsreform-drei-gemeinden-sind-nach-gerichtsurteil-wieder-selbststaendig,20641064,21880012.html |titel=Drei Gemeinden sind nach Gerichtsurteil wieder selbstständig |werk=Mitteldeutsche Zeitung |datum=2013-02-19 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20130222021244/http://www.mz-web.de/quedlinburg/gebietsreform-drei-gemeinden-sind-nach-gerichtsurteil-wieder-selbststaendig,20641064,21880012.html |archiv-datum=2013-02-22 |abruf=2021-06-21}}</ref> Bad Suderode und Gernrode gehören seit dem 1.&nbsp;Januar 2014 wieder zu Quedlinburg.<ref>Thomas Wozniak, Katrin Kanus-Sieber: ''Zur Demographie Quedlinburgs vom 10. bis 21. Jahrhundert''. In: ''Quedlinburger Annalen. Heimatkundliches Jahrbuch für Stadt und Region Quedlinburg,'' 15 (2012/2013), S.&nbsp;101–115.</ref><br />
<br />
{| style="text-align:center"<br />
| style="vertical-align:top;" |<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Jahr !! Einwohner<br />
|-<br />
| 1786 || {{0}}8.382<br />
|-<br />
| 1807 || 10.476<br />
|-<br />
|1810<br />
|10.630<ref name=":0">{{Literatur| Autor=Ulrich Reuling, Daniel Stracke| Hrsg=Wilfried Ehbrecht, Peter Johanek, Jürgen Lafrenz| Titel=Deutscher historischer Städteatlas| Verlag=Institut für vergleichende Städtegeschichte| ISBN=9783870232726}}</ref><br />
|-<br />
| 1820 || 11.507<br />
|-<br />
| 1830 || 12.001<br />
|-<br />
| 1840 || 13.431<br />
|-<br />
| 1852 || 13.886<br />
|-<br />
| 1861 || 14.835<br />
|-<br />
|1864<br />
|15.599<ref name=":0" /><br />
|-<br />
| 1871 || 16.800<br />
|-<br />
| 1880 || 18.437<br />
|-<br />
| 1890 || 20.761<br />
|}<br />
|<br />
|<br />
| style="vertical-align:top;" |<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Jahr<ref>{{Verwaltungsgeschichte.de|pfad=quedlinburg.html}}</ref><br />
! Einwohner<br />
|-<br />
| 1900 || 23.378<br />
|-<br />
| 1910 || 27.233<br />
|-<br />
| 1919 || 28.190<br />
|-<br />
| 1939 || 30.320<br />
|-<br />
| 1946 || 35.142<br />
|-<br />
| 1950 || 35.555<br />
|-<br />
| 1955 || 33.125<br />
|-<br />
| 1960 || 30.965<br />
|-<br />
| 1965 || 30.840<br />
|-<br />
| 1970 || 30.829<br />
|}<br />
|<br />
|<br />
| style="vertical-align:top;" |<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Jahr !! Einwohner<br />
|-<br />
| 1973 || <ref>''Ortslexikon der DDR.'' Zusammengestellt und bearbeitet von Heinz Adomeit. 2., neu bearbeitete Auflage. Staatsverlag der DDR, Berlin 1974, S. 339.</ref> 30.423{{0}}{{0}}{{0}}<br />
|-<br />
| 1975 || 29.711<br />
|-<br />
| 1980 || 28.585<br />
|-<br />
| 1985 || 29.394<br />
|-<br />
| 1988 || 28.790<br />
|-<br />
| 1990 || 28.663<br />
|-<br />
| 1992 || 27.242<br />
|-<br />
| 1993 || 26.853<br />
|-<br />
| 1994 || 26.181<br />
|-<br />
| 1995 || 25.844<br />
|}<br />
|<br />
|<br />
| style="vertical-align:top;" |<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Jahr<ref>Einwohnerzahl jeweils zum 31.&nbsp;Dezember, außer zum 17.&nbsp;Mai 1939, 29.&nbsp;Oktober 1946 und 10.&nbsp;Oktober 1990. Die Zahlen zum Jahr 1950 wurden an unterschiedlichen Monaten erhoben und werden mit 35.426 bzw. 35.555 angegeben.</ref><br />
! Einwohner<br />
|-<br />
| 1998 || 24.776<br />
|-<br />
| 1999 || 24.559<br />
|-<br />
| 2000 || 24.114<br />
|-<br />
| 2001 || 23.901<br />
|-<br />
| 2002 || 23.620<br />
|-<br />
| 2003 || 23.216<br />
|-<br />
| 2004 || 22.842<br />
|-<br />
| 2005 || 22.607<br />
|-<br />
| 2006 || 22.185<br />
|-<br />
| 2007 || 21.909<br />
|}<br />
|<br />
|<br />
| style="vertical-align:top;" |<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Jahr !! Einwohner<br />
|-<br />
| 2008 || 21.500<br />
|-<br />
| 2009 || 21.203<br />
|-<br />
| 2010 || <ref>{{Webarchiv |url=http://www.statistik.sachsen-anhalt.de/download/stat_berichte/6A102_hj_2010_02.pdf |text=Daten von statistik.sachsen-anhalt, 2010 |wayback=20120118091232}} (PDF)</ref> 21.203{{0}}{{0}}{{0}}<br />
|-<br />
| 2011 || <ref name="2011_Schwankungen">Die Schwankungen ab 2011 beruhen auf Eingemeindungen, die zwischenzeitlich rückgängig gemacht wurden, bevor erneut eingemeindet wurde.</ref> 28.137{{0}}{{0}}{{0}}<br />
|-<br />
| 2012 || 25.391<br />
|-<br />
| 2013 || 20.833<br />
|-<br />
| 2014 || 24.742<br />
|-<br />
| 2015 || 24.555<br />
|-<br />
| 2016 || 24.411<br />
|-<br />
| 2017 || 24.216<br />
|}<br />
| style="vertical-align:top;" |<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Jahr<br />
! Einwohner<br />
|-<br />
| 2018 || 23.989<br />
|-<br />
| 2019 || 23.798<br />
|-<br />
| 2020 || 23.604<br />
|}<br />
|}<br />
<br />
==== Bevölkerungsprognose ====<br />
[[Datei:Einwohnerentwicklung von Quedlinburg - Prognosen.svg|mini|hochkant=2|Prognose von 2003 bis 2020 (rot) im Vergl. zur realen Entw. ab 1990 (blau)]]<br />
Die [[Bertelsmann Stiftung|Bertelsmann-Stiftung]], Wegweiser [[Demografie|Demographischer Wandel]], liefert Daten zur Entwicklung der Einwohnerzahl von 2959 Kommunen in Deutschland (Publikation Januar 2006). Für Quedlinburg wird ein Absinken der Bevölkerung zwischen 2003 und 2020 um 14,1 % (3281 Personen) vorausgesagt.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.wegweiserdemographie.de/kartenschrank/suche/jsp/suche_j.jsp?option=0&startgkz=0&java=Sun%20Microsystems%20Inc.&version=1.4.2&os=Windows%20XP |text=Bertelsmann Stiftung |wayback=20071010231026}}</ref><br />
<br />
Prognose der absoluten Bevölkerungsentwicklung von 2003 bis 2020 für Quedlinburg (Hauptwohnsitze):<br />
<br />
{|<br />
| valign="top" |<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Datum<br />
! 2003<br />
! 2005<br />
! 2010<br />
! 2015<br />
! 2020<br />
|-<br />
| Einwohner || 23.216 || 22.631 || 21.447 || 20.627 || 19.935<br />
|}<br />
|}<br />
<br />
Im Rahmen der Fortschreibung des WelterbeManagementPlans<!-- Sic! --> wurde 2011 eine eigene Prognose aufgestellt. Zum Stichtag 31.&nbsp;Dezember 2010 wohnten 21.016 Einwohner mit Hauptwohnsitz in Quedlinburg (mit Gebietsstand zu diesem Stichtag). Im Jahressaldo verlor die Stadt im Laufe 2011 insgesamt 69 Einwohner. Unter Einschluss der Zu- und Abwanderungen wurde damit seit 2001 ein durchschnittlicher Negativsaldo von 150 bis 180 Einwohnern jährlich konstatiert. Die Prognose für 2025 liegt nach dieser Erhebung bei 16.200 bis 17.300 Einwohner (in den Grenzen von 2010).<ref>{{Literatur |Autor=Stephan Westermann |Hrsg=Stadt Quedlinburg |Titel=Befunde und Perspektiven zur Einwohnerentwicklung der Stadt |Sammelwerk=Amtsblatt der Stadt Quedlinburg |Nummer=03/2012 |Ort=Quedlinburg |Datum=2012-02-25 |Seiten=3}}</ref><br />
[[Datei:Einwohnerstruktur Quedlinburg 2010.svg|mini|Altersstruktur Ende 2010 (Gebietsstand 2010) für Quedlinburg in 5-Jahres-Intervallen von 0 bis 104]]<br />
[[Datei:Bevoelkerungspyramide Quedlinburg 2011.png|mini|Bevölkerungspyramide für Quedlinburg (Datenquelle: Zensus 2011<ref>[https://ergebnisse.zensus2011.de/#StaticContent:150850235235,BEG_1_1_1,m,table Zensus 2011.] In: Zensusdatenbank</ref>)]]<br />
<br />
==== Altersstruktur ====<br />
Die folgende Übersicht zeigt die Altersstruktur vom 31.&nbsp;Dezember 2007.<ref>[https://www.stala.sachsen-anhalt.de/bevoelkerung/bewegungen/statistik/gem/bev.15085235.html Stat. Landesamt Sachsen.Anhalt]</ref> Einige Zahlen spiegeln 6, andere über 20 Jahrgänge wider.<br />
<br />
{|<br />
| valign="top" |<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Alter von – bis<br />
! 0–6<br />
! 6–15<br />
! 15–25<br />
! 25–45<br />
! 45–65<br />
! 65–75<br />
! über 75<br />
! Gesamt<br />
|- align="center"<br />
| Einwohnerzahl || 999 || 1.319 || 2.520 || 5.426 || 6.352 || 3.088 || 2.205 || 21.909<br />
|- align="center"<br />
| Anteil in Prozent || 4,6 || 6,0 || 11,5 || 24,8 || 29,0 || 14,1 || 10,0 || 100<br />
|}<br />
|}<br />
<br />
== Religionen ==<br />
=== Christentum ===<br />
{{Siehe auch|Liste der Kirchen in Quedlinburg}}<br />
<br />
Der überwiegende Teil der Quedlinburger Bevölkerung gehört keiner Religionsgemeinschaft an. Die ehemals fünf protestantischen Gemeinden umfassen rund 16 %<ref name="Zensus2011">{{Internetquelle |url=https://ergebnisse.zensus2011.de/#dynTable:statUnit=PERSON;absRel=PROZENT;ags=150850235235;agsAxis=X;yAxis=RELIGION_18;table |titel=Zensus 2011 |werk=Zensusdatenbank |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20130621101339/https://ergebnisse.zensus2011.de/#dynTable:statUnit=PERSON;absRel=PROZENT;ags=150850235235;agsAxis=X;yAxis=RELIGION_18;table |archiv-datum=2013-06-21 |abruf=2013-09-21}}</ref> der Stadtbevölkerung; sie haben sich in der ''Evangelischen Kirchengemeinde Quedlinburg'' zusammengeschlossen, die zur [[Evangelische Kirche in Mitteldeutschland|Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland]] gehört. Etwa vier Prozent<ref name="Zensus2011" /> der Stadtbevölkerung gehören zur katholischen [[St. Mathilde (Quedlinburg)|St.-Mathildis-Gemeinde]], einer Pfarrei im [[Bistum Magdeburg]]. Weitere christliche Gemeinden gehören zu den [[Siebenten-Tags-Adventisten]], der [[Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden|Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde]] ([[Baptisten]]) oder anderen [[Vereinigung Evangelischer Freikirchen|evangelischen Freikirchen]] sowie zur [[Neuapostolische Kirche|Neuapostolischen Kirche]]. Darüber hinaus leben in der Stadt Mitglieder der [[Blankenburg (Harz)|Blankenburger]] Gemeinde der [[Alt-Katholische Kirche in Deutschland|alt-katholischen]] Kirche.<br />
<br />
=== Judentum ===<br />
{{Hauptartikel|Jüdische Gemeinde Quedlinburg}}<br />
<br />
Bereits im 11./12.&nbsp;Jahrhundert sollen sich jüdische Kaufleute in Quedlinburg angesiedelt haben. Seit dem frühen 13.&nbsp;Jahrhundert sind sie urkundlich fassbar. Sie fungierten als unabhängige Kreditgeber der Quedlinburger Äbtissin und anderer lokaler Magnaten. Im Jahr 1514 mussten alle Juden Quedlinburg verlassen. Zwar waren im 18.&nbsp;Jahrhundert drei [[Judenregal|Schutzjuden]] erlaubt, aber erst nach der Auflösung des Stiftes 1802 siedelten sie sich wieder in Quedlinburg an. Von 1933 bis 1945 lebten weniger als 100 „Nichtarier“ in Quedlinburg. Von diesen kamen mindestens 13 gewaltsam zu Tode, 14 gelang die Emigration und 34, überwiegend „[[Nürnberger Gesetze#Reichsbürgergesetz|Halbjuden]]“, überlebten und starben eines natürlichen Todes. Die anderen Schicksale sind unbekannt. Eine jüdische Gemeinde gibt es seit der [[Zeit des Nationalsozialismus|NS-Zeit]] nicht mehr in Quedlinburg.<br />
<br />
== Politik ==<br />
[[Datei:Quedlinburg - Rathaus und Marktplatz.jpg|mini|Quedlinburger Marktplatz mit Rathaus (Mitte, 2013)]]<br />
[[Datei:Quedlinburg - Altes Rathaus bei Nacht.JPG|mini|Rathaus Quedlinburg (2013)]]<br />
=== Liste der (Ober-)Bürgermeister seit 1800 ===<br />
{{Mehrspaltige Liste |liste=<br />
* 1800–1837 Johann August Donndorf, Bürgermeister<br />
* 1838–1848 Wilhelm Ferdinand Schiller, Bürgermeister<br />
* 1848–1859 Georg Drönewolf, Bürgermeister<br />
* 1860–1890 [[Gustav Brecht (Politiker)|Gustav Brecht]], Bürgermeister<br />
* 1890–1895 Gustav Brecht, Oberbürgermeister<br />
* 1891–1917 Wilhelm Severin, 2. Bürgermeister<br />
* 1895–1924 [[Ernst Bansi]], Oberbürgermeister<br />
* 1918–1945 [[Hermann Boisly]], Bürgermeister<br />
* 1924–1933 Rudolf Drache, Oberbürgermeister<br />
* 1933–1934 [[Adolf Sperling]], Oberbürgermeister<br />
* 1934–1945 [[Karl Selig]], Oberbürgermeister<br />
* 1945{{0|–0000}} Robert Dietzel, Bürgermeister<br />
* 1945{{0|–0000}} Falz, Oberbürgermeister<br />
* 1945{{0|–0000}} Hans Simmon, Bürgermeister<br />
* 1945{{0|–0000}} Hermann Boisly, Stadtkämmerer (Bürgermeister a.&nbsp;D.)<br />
* 1945{{0|–0000}} Egon Mahlow, Oberbürgermeister<br />
* 1946{{0|–0000}} Kietz, Fritz, Bürgermeister und Stadtrat<br />
* 1946–1950 Heinz Jäger, Oberbürgermeister<br />
* 1951{{0|–0000}} [[Gerhard Enger]] ([[National-Demokratische Partei Deutschlands|NDPD]]), Bürgermeister<br />
* 1952–1956 Arno Böhme, Bürgermeister<br />
* 1955–1984 Erwin Prezewowski, stellvertr. Bürgermeister<br />
* 1956–1960 Edgar Dietzel, Bürgermeister<br />
* 1960–1963 Walter Großmann, Bürgermeister<br />
* 1963–1982 Edgar Dietzel, Bürgermeister<br />
* 1982–1990 [[Rainhard Lukowitz]] (NDPD), Bürgermeister<br />
* 1990–2001 Rudolf Röhricht, Bürgermeister (ab 1994 Oberbürgermeister)<br />
* seit 2001 Wolfgang Scheller, stellvertr. Bürgermeister<br />
* 2001–2015 [[Eberhard Brecht]] (SPD), Oberbürgermeister<br />
* seit 2015 [[Frank Ruch]] (CDU), Oberbürgermeister<br />
}}<br />
<br />
=== Stadtrat ===<br />
An der Spitze der Stadt stand seit dem 13.&nbsp;Jahrhundert der Rat mit zunächst zwölf, später dreimal zwölf Ratsherren (abwechselnd zwölf pro Jahr). Den Vorsitz hatte ein Bürgermeisterpaar, bestehend aus einem Bürgermeister der Alt- und einem der Neustadt. Bis zum 19.&nbsp;Jahrhundert gab es also drei Altstädter und drei Neustädter Bürgermeister, die sich abwechselten. Dann wurde das Amt auf eine Person beschränkt. Von 1890 bis 2000 trugen die [[Bürgermeister]] den Titel [[Oberbürgermeister]].<br />
<br />
Als Vertretung der Bürger gibt es eine [[Gemeinderat (Deutschland)|Stadtvertretung]], die in Quedlinburg die Bezeichnung ''[[Stadtrat]]'' trägt. Die Mitglieder der Bürgerschaft werden von den Bürgern der Stadt auf fünf Jahre gewählt. Die Mehrheitsverhältnisse in der Quedlinburger Bürgerschaft sind sehr unübersichtlich.<br />
<br />
2009 wurde der Stadtrat noch für die Kernstadt Quedlinburg allein gewählt. Durch die Eingemeindung der Ortschaften Rieder (2011–2013) sowie Gernrode und Bad Suderode (2011–2013 sowie seit 2014) vergrößerte sich der Stadtrat zeitweilig auf bis zu 45 Sitze. Bei der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 wurde der erste Stadtrat gewählt, bei dem Kandidaten auch aus den neuen Ortsteilen direkt antraten. Zusätzlich wurde für Gernrode und Bad Suderode ein Ortschaftsrat gewählt.<br />
<br />
Die [[Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt 2019|'''Kommunalwahl''' am 26. Mai '''2019''']] führte zu folgendem Ergebnis:<ref>[https://wahlergebnisse.sachsen-anhalt.de/wahlen/gw19/fms/fms213li.html Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt: Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt 2019, Gemeinderatswahlen in der Welterbestadt Quedlinburg] und [https://www.quedlinburg.de/de/kommunalwahl-2019.html Website Quedlinburg – Wahlergebnisse 2019], abgerufen am 16. Januar 2020</ref><br />
{| class="wikitable" style="text-align:center; background:#FFFFFF;"<br />
|- style="background:#FFEEAA;"<br />
|style="text-align:left;"| '''Partei / Liste''' || '''Stimmenanteil''' || '''Sitze'''<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| [[Christlich Demokratische Union Deutschlands]] (CDU) || 26,6 % || 10<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| [[Die Linke]] || 12,9 % || 5<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| [[Alternative für Deutschland]] (AfD) || 11,6 % || 4<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands]] (SPD) || 11,1 % || 4<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| [[Bündnis 90/Die Grünen]] || 9,2 % || 3<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| [[Freie Demokratische Partei]] (FDP) || 6,4 % || 2<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| Bürgerforum Quedlinburg (BfQ) || 8,3 % || 3<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| UWG* „Bürger für Gernrode“ (UWG) || 3,7 % || 2<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| Verein Gewerbetreibende und Selbständige (VGS)** || 3,0 % || 1<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| Quedlinburger freie Wählergemeinschaft (QfW) || 2,7 % || 1<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| Parteilos für Quedlinburg (PfQ) || 1,2 % || 1<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| Einzelbewerber || 0,7 % || 0<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| Q Die Wählervereinigung (QDW) || 0,5 % || 0<br />
|- style="background:#F0F0F0"<br />
|colspan="3"| ''Wahlbeteiligung: 48,4 %''<br />
|-<br />
|colspan="3" style="text-align:left;"| <nowiki>*</nowiki> <small>UWG = Unabhängige Wählergemeinschaft</small><br />** <small>Verein der Gewerbetreibenden und Selbständigen Bad Suderode/Harz e.&nbsp;V.</small><br />
|}<br />
<br />
{{Wahldiagramm<br />
| LAND = DE<br />
| PROZENT = ja<br />
| TITEL = Quedlinburg – Stadtratswahl 2019<br />
| JAHRNEU = 2019<br />
| JAHRALT = 2014<br />
| PARTEI1 = CDU<br />
| ERGEBNIS1 = 26.6<br />
| ERGEBNISALT1 = 30.0<br />
| PARTEI2 = Linke<br />
| ERGEBNIS2 = 12.9<br />
| ERGEBNISALT2 = 15.2<br />
| PARTEI3 = AFD<br />
| ERGEBNIS3 = 11.6<br />
| ERGEBNISALT3 = 0<br />
| PARTEI4 = SPD<br />
| ERGEBNIS4 = 11.1<br />
| ERGEBNISALT4 = 17.3<br />
| PARTEI5 = Grüne<br />
| ERGEBNIS5 = 9.2<br />
| ERGEBNISALT5 = 4.2<br />
| PARTEI6 = FDP<br />
| ERGEBNIS6 = 6.4<br />
| ERGEBNISALT6 = 6.3<br />
| PARTEI7 = BfQ<br />
| ERGEBNIS7 = 8.3<br />
| ERGEBNISALT7 = 11.0<br />
| FARBE7 = abc<br />
| FARBEHELL7 = e5e5e5<br />
| PARTEI8 = UWG<br />
| ERGEBNIS8 = 3.7<br />
| ERGEBNISALT8 = 3.8<br />
| PARTEI9 = VGS<br />
| ERGEBNIS9 = 3.0<br />
| ERGEBNISALT9 = 2.7<br />
| FARBE9 = F1AF1A<br />
| FARBEHELL9 = FEDCAB<br />
| PARTEI10 = Sonst.<br />
| ERGEBNIS10 = 5.1<br />
| ERGEBNISALT10 = 7.9<br />
}}<br />
{{Absatz}}<br />
Das Wahlergebnis der vorangegebenen Wahlen war (sortiert nach prozentualer Reihenfolge der letzten Wahl):<br />
{| class="wikitable" style="text-align:center; background:#FFFFFF;"<br />
|-<br />
! rowspan="2" style="background:#CCD2EE;"| Partei / Liste / Fraktion !! colspan="2" style="background:#CCD2EE;"| 2014<ref>Wahlleiter der Stadt Quedlinburg (Scheller): {{Webarchiv |url=http://www.quedlinburg.de/de/wahlen/endgueltige-wahlergebnis-stadtrat-2014-20005775.html |text=Endgültige Wahlergebnis Stadtrat 2014 |wayback=20140531112250}}, vom 28. Mai 2014, abgerufen am 30. Mai 2014</ref> !! style="background:#CCD2EE;"| 2011 !! colspan="2" style="background:#CCD2EE;"| 2009 !! colspan="2" style="background:#CCD2EE;"| 2004 !! style="background:#CCD2EE;"| 1999<br />
|- style="background:#CCD2EE;"<br />
| Sitze || Stimmenanteil || Sitze || Sitze || Stimmenanteil || Sitze || Stimmenanteil || Stimmenanteil<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| [[Christlich Demokratische Union Deutschlands]] (CDU)|| 11 || 30,0 % || 11 || 10 || 27,3 % || 8 || 23,5 % || 27,0 %<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands]] (SPD) || 6 || 17,3 % ||6 || 6 || 17,5 % || 6 || 17,7 % || 19,9 %<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| [[Die Linke]] || 5 || 15,2 % ||5 || 5 || 14,7 % || 7 || 18,8 % || 11,5 %<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| Bürgerforum Quedlinburg (BFQ) || 4 || 11,0 % ||4 || 4 || 11,1 % || – || – || –<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| [[Freie Demokratische Partei]] (FDP) || 2 || 6,3 % ||5 || 5 || 13,1 % || 5 || 13,0 % || 7,7 %<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| [[Bündnis 90/Die Grünen]] || 2 || 4,3 % || 2 || 2 || 5,5 % || 2 || 5,8 % || 1,8 %<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| Quedlinburger Wählergemeinschaft (QfW) || 2 || 4,1 % || 2 || 2 || 6,4 % || 7 || 19,1 % || –<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| Unabhängige Wählergemeinschaft „Bürger für Gernrode“ (UWG) || 1 || 3,8 % || – || – || – || – || – || –<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| Liste Zukunft Quedlinburg (LZQ) || 1 || 3,3 % || – || – || – || – || – || –<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| Verein der Gewerbetreibenden und Selbständigen Bad Suderode/Harz e.&nbsp;V. (VGS) || 1 || 2,7 % || – || – || – || – || – || –<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| [[Nationaldemokratische Partei Deutschlands]] (NPD) || 1 || 1,9 % || 1 || 1 || 2,7 % || 1 || 2,8 % || –<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| Die Alternative – geben || – || – || 1 || 1 || 1,8 % || – || – || –<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| fraktionslos || – || – || 2 || – || – || – || – || –<br />
|-<br />
|style="text-align:left;"| Ortschaftsfraktion || – || – || 7 || – || – || – || – || –<br />
|- style="background:#F5F5F5"<br />
|style="text-align:left;"| '''''Wahlbeteiligung''''' ||colspan="2"| ''40,0 %'' || ||colspan="2"| ''35,7 %'' ||colspan="2"| ''34,7 %'' || ''51,3 %''<br />
|}<br />
<br />
Die [[Wahlbeteiligung]] 2014 von 40,0 % zählt zu den niedrigsten Werten in Deutschland.<br />
<br />
=== Wappen ===<br />
{{Doppeltes Bild|rechts|DE-ST 15-0-85-235 Quedlinburg COA.svg|125|Wappen Quedlinburg.png|125|Offizielle Darstellung des Wappens|Bis 1998 verwendetes Wappen}}<br />
<br />
Quedlinburg führte seit Jahrhunderten ein Wappen, doch liegen keine Zeugnisse dafür vor, dass dieses Hoheitszeichen rechtmäßig verliehen wurde. Das Wappenbuch des Heraldikers [[Johann Siebmacher]] führt im Jahr 1605 die Wappen der Reichstädte und anderer Städte vor; ein Quedlinburger Wappen nennt er nicht. Auch finden sich in den Archiven keine historiografischen Hinweise auf eine Wappenverleihung. Es ist darum anzunehmen, dass Quedlinburg im Laufe seiner Stadtgeschichte aus dem ursprünglichen Siegelbild ein in Gewohnheitsrecht getragenes Wappen entwickelte. Das erklärt auch die Tatsache, dass das Wappenbild im Laufe der Jahrhunderte häufig wechselte und von einem verbindlichen Erscheinungsbild nicht die Rede sein kann.<br />
<br />
Das bis 1998 gebräuchliche Wappenbild fand bei der Landesregierung keine Zustimmung und wurde deshalb in seiner Gestaltung verändert. Diese Änderungen betrafen allerdings lediglich Details und kaum die heraldische Erscheinung. Begründet wurde die gestalterische Modifizierung damit, dass es gerade die veränderten Details seien, die aus einem Bild ein korrektes Wappenbild machen würden.<ref>{{Literatur |Autor=Jörg Mantzsch |Titel=Wappendokumentation im Anhang des Genehmigungsantrags zum Wappen von Quedlinburg |Ort=Magdeburg |Datum=1998}}</ref><br />
<br />
Vorbild des Adlers war das 1882 von [[Adolf Matthias Hildebrandt]] gestaltete Wappenbild aus dem „Urkundenbuch der Stadt Quedlinburg“. Der innere Schild wurde in seiner Grafik den aktuellen heraldischen Gepflogenheiten und überlieferten stilistischen Formen angepasst. Die grafische Ausführung und Dokumentation erfolgte durch den Heraldiker [[Jörg Mantzsch]].<br />
<br />
[[Blasonierung]]: {{" |In Gold einen rotbewehrten schwarzen Adler mit goldkonturiertem roten Brustschild, darin eine silberne Burg mit schwarz gefugter Zinnenmauer und gezinntem Torturm mit offenem Rundbogenfenster im Spitzdach, geöffneten Torflügeln und emporgezogenem Fallgitter, der Torturm flankiert von zwei spitzbedachten Zinnentürmen mit je einem offenen Rundbogenfenster, im Tor ein sitzender silberner Hund mit schwarzem Halsband.}}<br />
<br />
[[Datei:Flagge Quedlinburg.svg|mini|hochkant=0.9|{{FIAV|100000}} Flagge Quedlinburgs<br />Seitenverhältnis: 7:11]]<br />
Die Farben der Stadt sind Schwarz-Gelb.<br />
<br />
=== Flagge ===<br />
Die Flagge der Stadt besteht aus den Farben der Stadt in Streifen mit einem aufgesetzten Stadtwappen.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.quedlinburg.de/media/artikel/medien_1/hauptsatzung_der_stadt_quedlinburg_20070417230447.pdf |text=Hauptsatzung der Stadt Quedlinburg |wayback=20121104080559}} (PDF)</ref><br />
<br />
=== Städtepartnerschaften ===<br />
Quedlinburg hat seit 1961 eine Städtepartnerschaft mit dem kleinen Ort [[Aulnoye-Aymeries]] in Nordostfrankreich und seit 1991 eine Städteunion mit den vier historisch bedeutsamen Städten [[Herford]] in [[Nordrhein-Westfalen]] sowie [[Celle]], [[Hann. Münden]] und [[Hameln]] in [[Niedersachsen]]. Gemeinsam mit diesen wurde ein sogenanntes [[Haus der Städteunion|Städteunionshaus (Hohe Straße&nbsp;8)]] eingerichtet, in dem regelmäßig Treffen stattfinden. Seit 2000 gibt es einen Städtekontakt mit [[Torbay]] in [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]].<ref>{{Webarchiv |url=http://www.rgre.de/rgre-partnerschaften/?dt_orgname=Quedlinburg&dt_plz=&dt_einwohnerzahl_min=&dt_einwohnerzahl_max=&dt_bundesland=&aus_orgname=&aus_plz=&aus_land=&aus_kontinent=&partner_seit_von=&partner_seit_bis=&partner_form=&submit=Suche |text=Webseite Rat der Gemeinden und Regionen Europas |wayback=20140919222703}}</ref><br />
<br />
== Kultur und Sehenswürdigkeiten ==<br />
=== Museen, Galerien und Archive ===<br />
[[Datei:Quedlinburg Schloss.JPG|mini|hochkant|Eingang zum Schlossmuseum (2006)]]<br />
==== Städtische Museen Quedlinburg ====<br />
Die Ausstellung des [[Schlossmuseum (Quedlinburg)|Schlossmuseums]] zeigt die Entwicklung des Burgberges mit dem Damenstift und Facetten der Stadtgeschichte. Herausragende Exponate sind der bronzezeitliche Hortfund vom Lehof, die Goldscheibenfibel aus Groß Orden (wüst), der sogenannte ''[[Raubgrafenkasten]]'' und eine mittelalterliche [[Balliste]].<ref>Christian Müller: ''Untersuchungen zur spätmittelalterlichen Wehrtechnik im Harzgebiet unter besonderer Berücksichtigung der Quedlinburger Balliste.'' In: ''Burgen und Schlösser in Sachsen-Anhalt.'' 21, 2012, {{ISSN|0944-4157}}, S. 235–375.</ref> Seit 2002 wird im sogenannten Ottonenkeller eine Ausstellung zur Rezeption der ottonischen Zeit während des Nationalsozialismus gezeigt.<ref>Christian Mühldorfer-Vogt: ''„Auf den Spuren der Ottonen“ – konzeptionelle Überlegungen zu einem musealen Projekt''. In: ''Quedlinburger Annalen. Heimatkundliches Jahrbuch für Stadt und Region Quedlinburg.'' 7, 2004, {{ISSN|1436-7432}}, S. 108–110.</ref><ref>Christian Mühldorfer-Vogt, Heinrich-Böllstiftung Sachsen-Anhalt (Hgg.): ''Geschichte und Propaganda. Die Ottonen im Schatten des Nationalsozialismus''. Dokumentation einer Tagung der Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt, des Schlossmuseums Quedlinburg und des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt e.&nbsp;V. am 25. September 2003 in Quedlinburg, Quedlinburg 2005.</ref><br />
<br />
Im 1570 erbauten [[Klopstockhaus]] wurde 1724 der Dichter [[Friedrich Gottlieb Klopstock]] geboren. Klopstock wurde durch sein Wirken zu einem Begründer der klassischen deutschen Literatur und war weit über die Grenzen Deutschlands hinaus berühmt. An das Museum im Klopstockhaus angeschlossen sind eine Bibliothek und ein Archiv.<br />
<br />
[[Datei:Quedlinburg Ständerbau.JPG|mini|hochkant|Fachwerkmuseum „Ständerbau“ im Word (2006)]]<br />
Das [[Fachwerkmuseum (Quedlinburg)|Fachwerkmuseum]] ''Ständerbau'' zählt zu den ältesten Fachwerkhäusern in Quedlinburg. Neuere Untersuchungen ergaben eine Datierung von 1346/1347. Älter sind Gebäudeteile von Klink&nbsp;6/7 von 1289 (d), Hölle&nbsp;11 von 1301 (d), Breite Str. 12/13 1330 (d).<ref>Frank Högg: ''Gefügeforschung in Quedlinburg: Fachwerkhäuser des 13.&nbsp;und 14.&nbsp;Jahrhunderts.'' In: ''Historische Bauforschung in Sachsen-Anhalt.'' 2007, S.&nbsp;251–280, hier S.&nbsp;279.</ref> Die Ausstellung zeigt die Geschichte des Ständer- und Fachwerkbaus vom 14. bis zum 20.&nbsp;Jahrhundert und einzelne Stile des Quedlinburger Fachwerkbaus anhand von Modellen.<br />
<br />
==== Andere Museen und Galerien ====<br />
Die 1986 eröffnete [[Lyonel-Feininger-Galerie]] zeigt Werke des [[New York City|New Yorker]] Bauhaus-Künstlers [[Lyonel Feininger]] (1871–1956), die vom Quedlinburger [[Hermann Klumpp]], einem Schüler des [[Bauhaus]]es, vor der Vernichtung durch die Nationalsozialisten bewahrt worden waren. Die Sammlung, eine der umfangreichsten geschlossenen Bestände von Grafiken, Radierungen, Lithographien und Holzschnitten des Künstlers, dokumentiert seine Schaffensperioden von 1906 bis 1937.<br />
<br />
Daneben befinden sich drei weitere Galerien in der Stadt: Galerie ''Weißer Engel'', Galerie im [[Kunsthoken]] und die „Galerie im kleinen Kunsthaus“.<br />
<br />
Im [[Mitteldeutsches Eisenbahn- und Spielzeugmuseum|Mitteldeutschen Eisenbahn- und Spielzeugmuseum]] befinden sich über 3.000 Ausstellungsobjekte zum Thema ''Historisches Spielzeug aus der Zeit um 1900'' und eine Sammlung historischer [[Modelleisenbahn]]en der Spuren [[Nenngröße I|I]], [[Nenngröße 0|0]], [[Nenngröße S|S]] und [[Nenngröße H0|H0]], vor allem von [[Märklin]], aber auch ausländische Modelleisenbahnen.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.eisenbahn-spielzeug-museum.de/ |text=Webseite des Eisenbahnmuseums |wayback=20111007030609}}</ref><br />
<br />
Das „Museum für Glasmalerei und Kunsthandwerk“, untergebracht im restaurierten Wordspeicher, einem Speichergebäude des 17.&nbsp;Jahrhunderts, bietet eine Ausstellung zur Bedeutung und Geschichte der Quedlinburger [[Glasmalerei]] sowie eine Schauwerkstatt und einen interaktiven Erlebnisraum.<ref>P. Stechert, R. Pagel: ''Wordspeicher Quedlinburg.'' Weimar 2000.</ref><br />
<br />
Das „Münzenbergmuseum“ zeigt die Geschichte des mittelalterlichen Marienklosters auf dem Münzenberg und die Siedlungs- und Sozialgeschichte dieses Viertels in der Frühen Neuzeit.<ref name="quedlinb-Mün">{{Internetquelle |url=https://www.quedlinburg.de/de/museen/muenzenbergmuseum.html |titel=Münzenbergmuseum |werk=quedlinburg.de |datum=2003-05-19 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20190323205041/https://www.quedlinburg.de/de/museen/muenzenbergmuseum.html |archiv-datum=2019-03-23 |abruf=2019-03-23}}</ref><br />
<br />
=== Kirchen ===<br />
==== Romanische Kirchen ====<br />
[[Datei:Quedlinburg - Stiftskirche St. Servatius - 2016.jpg|mini|Stiftskirche St. Servatius (2016)]]<br />
Die [[Stiftskirche St. Servatius (Quedlinburg)|Stiftskirche St.&nbsp;Servatii]] thront weithin sichtbar auf dem Schlossberg über der Stadt. Der jetzige, vierte Kirchenbau an gleicher Stelle wurde nach einem Brand im Jahr 1070 begonnen und im Jahr 1129 geweiht. Der romanische Kirchenraum ist durch den niedersächsischen Stützenwechsel und einen imposanten, innen und außen verlaufenden Relieffries gekennzeichnet. Der Hohe Chor wurde unter der [[Abt|Äbtissin]] Jutta von Kranichfeld bis 1320 im gotischen Stil umgebaut. Bei der umfassenden Restaurierung unter [[Ferdinand von Quast]] 1863 bis 1882 erhielt die Kirche zwei romanische Türme mit stilwidrigen [[Rheinischer Helm|rheinischen Helmen]]. In der Zeit von 1936 bis 1945 war die Kirche durch die [[Schutzstaffel|SS]] unter dem Reichsführer SS [[Heinrich Himmler]] besetzt und profaniert.<ref>Andreas Stahl: ''Königshof und Stiftsberg in Quedlinburg: Stätten des Heinrichkults der SS.'' In: Reinhard Schmitt, Uwe Steinecke (Hrsg.): ''Historische Bauforschung in Sachsen-Anhalt.'' II. Halle/S. 2013, S. 471–496.</ref> Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die beschädigten Turmhelme durch stilistisch besser passende [[Pyramidendach|Pyramidendächer]] ersetzt. In den beiden [[Domschatzkammer Quedlinburg|Schatzkammern]] ist der Quedlinburger [[Kirchenschatz (materielle Güter)|Domschatz]] mit den 1945 gestohlenen und 1992 aus [[Texas]] zurückgekehrten Teilen zu sehen. Gezeigt werden unter anderem das Servatiusreliquiar, das Katharinenreliquiar, Fragmente der Quedlinburger [[Vetus Latina|Itala]], der mit Goldblech beschlagene Servatius- oder Äbtissinnenstab und der [[Quedlinburger Knüpffragmente|Knüpfteppich aus dem 12.&nbsp;Jahrhundert]].<br />
<br />
[[Datei:Quedlinburg Wiperti Krypta.jpg|mini|hochkant|links|Wipertikrypta, 10.&nbsp;Jh.]]<br />
Die [[St. Wiperti (Quedlinburg)|St.-Wiperti-Kirche]] wurde als katholische [[Filialkirche]] 1959 neugeweiht. Reste des Altarraums reichen bis zur Mitte des 10.&nbsp;Jahrhunderts zurück. In diesen Bau wurde in der Zeit um das Jahr 1020 die romanische Krypta eingefügt. 1146 wurde der gesamte [[Kanoniker]]<nowiki />konvent (seit 961/964) in einen [[Prämonstratenser]]<nowiki />konvent umgewandelt. Dieses Kloster überstand in vier Jahrhunderten mehrere Zerstörungen (1336, 1525), bevor es im Zuge der [[Reformation]] spätestens 1546 aufgehoben wurde. Die Kirche wurde als evangelische Pfarrkirche der Münzenberg- und Westendorfgemeinde genutzt. Mit der Auflösung des [[Stift Quedlinburg|Damenstiftes]] 1802 wurde die Wipertikirche zunächst verpachtet, später verkauft und als Scheune genutzt. Von 1936 bis 1945 wurde sie ebenfalls als nationalsozialistische Weihestätte profaniert. In den Jahren 1954 bis 1958 wiederhergerichtet, wird sie seit 1959 in den Sommermonaten für das sonntägliche Hochamt genutzt. 1995 wurde ein Förderverein gegründet, der die bauliche und historische Substanz betreut.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.wiperti.de/ |text=Internetpräsenz des Fördervereins St.-Wiperti-Kirche Quedlinburg e.&nbsp;V. |wayback=20110917113554}}</ref><br />
<br />
[[Datei:Münzenberg Quedlinburg.jpg|mini|Münzenberg mit St. Marien (rechts)]]<br />
Die Reste der [[St. Marien (Quedlinburg)|St.-Marien-Kirche]] auf dem Münzenberg werden nicht als Sakralraum genutzt. Sie sind aber durch eine private Initiative von [[Siegfried Behrens (Mediziner)|Siegfried Behrens]] und seiner Ehefrau wieder zugänglich gemacht worden. Die 1525 aufgegebene romanische Kirche ist 986 auf Intervention der Äbtissin Mathilde als Klosterkirche eines Benediktinerinnenklosters gegründet worden. 1017 wurde sie nach einem Brand in Gegenwart [[Heinrich II. (HRR)|Heinrichs&nbsp;II.]] neu geweiht. Nach den Zerstörungen im [[Bauernkrieg]] war das Kloster verlassen worden, und seit den 1550er-Jahren siedelten sich einfache Leute (Musikanten etc.) auf dem Münzenberg an. Diese zersiedelten das ehemalige Klostergelände mit vielen kleinen Häusern, sodass der Kirchenraum in 17 einzelne Gebäude aufgeteilt war. Ein Großteil der Kirche wurde wieder in der ursprünglichen Form zugänglich gemacht und der weiteren Verantwortung der [[Deutsche Stiftung Denkmalschutz|Deutschen Stiftung Denkmalschutz]] übergeben.<br />
<br />
Die Stiftskirche, die Wipertikirche und die Marienkirche sind die Quedlinburger Stationen auf der südlichen Route der [[Straße der Romanik]].<br />
<br />
==== Gotische Kirchen ====<br />
[[St. Aegidii (Quedlinburg)|St.&nbsp;Aegidii]] im Norden der Altstadt, eine spätgotische dreischiffige Kirche mit ihren wuchtigen, festungsartigen Türmen, wurde erstmals 1179 erwähnt. Die evangelische Kirchengemeinde Quedlinburg nutzt sie aus denkmaltechnischen Gründen zurzeit nur selten. Aus dem gleichen Grund sind die Besuchsmöglichkeiten eingeschränkt.<br />
Die Marktkirche [[St. Benedikti (Quedlinburg)|St.&nbsp;Benedikti]] mit der angeschlossenen Kalandskapelle ist auf romanischen Resten errichtet und wurde 1233 erstmals erwähnt. Sie wird von der evangelischen Kirchengemeinde als Pfarrkirche genutzt.<ref>Joachim Wolf: ''Quedlinburg – Marktkirche St.&nbsp;Benedikti: Welterbe der UNESCO'' (Fotos von Gregor Peda; Red. Christina Pfeffer). Passau 2005, ISBN 3-89643-598-1.</ref> Der Bau ist eine Hallenkirche mit achteckigen Pfeilern, einem spätgotischen Chor aus dem 14.&nbsp;Jahrhundert und einem Taufstein aus dem Jahr 1648. Dach und Dachstuhl der Kirche sind als [[Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie)|Fauna-Flora-Habitat]] (FFH) für die [[Großes Mausohr|Große-Mausohr-Fledermäuse]] ausgewiesen.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.quedlinburg.de/media/pdf/bekanntmachungen/bplan30vorentwtext.pdf |text=C. Senula: ''Erweiterung Industrie- u. Gewerbegebiet Magdeburger Straße''. Quedlinburg 2010, S. 44 |wayback=20121104080733}} (PDF; 842&nbsp;kB).</ref><br />
<br />
[[Datei:Quedlinburg asv2018-10 img05 StNikolai.jpg|mini|hochkant|St. Nikolai]]<br />
[[St. Nikolai (Quedlinburg)|St.&nbsp;Nikolai]] in der Neustadt wurde 1222 erstmals erwähnt und ist mit ihren 72 Meter hohen Türmen und ihrem hohen dreischiffigen Bau ein imposantes Beispiel für einen frühgotischen Kirchenraum. Ob der romanische Vorgängerbau auf eingerammten ''Ellernpfählen'' errichtet wurde, um in dem morastigen Untergrund Halt zu finden, konnten archäologische Untersuchungen bisher weder bestätigen noch widerlegen. Nach chronikalischen Nachrichten des 13.&nbsp;Jahrhunderts hüteten zwei Schäfer auf der so genannten Pfannenwiese ihre Herden und fanden dabei einen Schatz, den sie zum Bau der Kirche stifteten. Deshalb sind zwei Ecken des Turmes mit Figuren eines Schäfers und seines Hundes geschmückt. Die [[Hallenkirche]] besitzt verschiedenartig gegliederte Pfeiler, einen einschiffigen [[Chor (Architektur)|Chor]] und Doppeltürme.<br />
<br />
[[St. Blasii (Quedlinburg)|St.&nbsp;Blasii]] in der Altstadt, von der nur noch die gotischen Türme (mit [[Spolie]]n eines romanischen Vorgängerbaus) stehen, während das Kirchenschiff aus dem [[Barock]] stammt, wurde wegen fehlender Nutzung durch eine eigene Kirchengemeinde der Stadt übergeben und wird vor allem als Konzert- und Ausstellungsraum genutzt. Komplett erhalten sind die hölzernen Bankeinbauten des 16./17.&nbsp;Jahrhunderts.<br />
<br />
[[Datei:Quedlinburg Mathildiskirche.jpg|mini|hochkant|St. Mathildis (2006)]]<br />
<br />
==== Neugotische Kirchen ====<br />
[[St. Mathilde (Quedlinburg)|St.&nbsp;Mathilde]] im Neuendorf wurde von 1856 bis 1858 nach Plänen des Mitarbeiters der [[Kölner Dombauhütte]] [[Friedrich von Schmidt]] errichtet. 1858 von Bischof [[Konrad Martin]] ([[Paderborn]]) konsekriert und [[Mathilde die Heilige|Mathilde]], der Ehefrau König [[Heinrich I. (Ostfrankenreich)|Heinrichs&nbsp;I.]] geweiht, ist sie die Pfarrkirche der katholischen Gemeinde.<br />
<br />
In der Süderstadt wurde 1906 [[St. Johannis (Quedlinburg)|St.&nbsp;Johannis]] errichtet, die sich auf dem Gebiet des ehemaligen Hospitals mit der alten [[Johanniskapelle (Quedlinburg)|St.-Johannes-Kapelle]] befindet. Die bereits im 13.&nbsp;Jahrhundert erwähnte St.-Johannis-Kapelle ist in den [[Jakobsweg]] eingebunden. Sie war einst die Kirche eines weit vor der Stadt Quedlinburg gelegenen Hospitals.<br />
<br />
=== Historische Bauwerke und Plätze ===<br />
{{Siehe auch|Liste der Kulturdenkmale in Quedlinburg}}<br />
<br />
==== Quedlinburger Fachwerkbau ====<br />
Der größte Teil des Hausbestandes im [[Liste der Städte mit historischem Stadtkern|historischen Stadtkern]] sind [[Fachwerkhaus|Fachwerkhäuser]], die in besonderer Weise dem städtebaulichen [[Städtebaulicher Denkmalschutz|Denkmalschutz]] unterstehen. Sie wurden aufgrund ihrer Formen in fünf große Bereiche unterteilt.<ref>Hans-Hartmut Schauer: ''Quedlinburg Fachwerkstadt Weltkulturerbe.'' Berlin 1999, S. 49.</ref> Danach wurden mindestens 11 (1&nbsp;Prozent) Fachwerkhäuser vor 1530 errichtet, weitere 70 (5&nbsp;Prozent) zwischen 1531 und 1620, mehr als 439 (33&nbsp;Prozent) zwischen 1621 und 1700, mehr als 552 (42&nbsp;Prozent) zwischen 1700 und 1800 und 255 (19&nbsp;Prozent) im 19. und 20.&nbsp;Jahrhundert erbaut. Insgesamt sind das mehr als 1327 Fachwerkhäuser in Quedlinburg. Zum Vergleich haben sich in [[Wernigerode]] 624, in [[Stadt Stolberg (Harz)|Stolberg]] 354 und in [[Osterwieck]] 353&nbsp;Fachwerkbauten erhalten.<br />
<br />
In den vergangenen Jahren konnte die [[Denkmalpflege|Bauforschung]] mit Hilfe von [[Dendrochronologie]] über zwanzig bisher bauzeitlich unbekannte Häuser und Dachstühle aus der Zeit zwischen dem 13.&nbsp;und 15. Jahrhundert identifizieren.<br />
<br />
Von 1989 bis 2005 gelang durch verschiedene Förderprogramme die [[Sanierung (Bauwesen)|Sanierung]] von etwa 650 der insgesamt 1200 denkmalgeschützten Quedlinburger Fachwerkhäuser. Besonders um die Förderung verdient gemacht hat sich die [[Deutsche Stiftung Denkmalschutz]]. Ein Denkmalpflegeplan, der 2012 veröffentlicht wurde, spricht von 2119 Fachwerkbauten, von denen 1689 als Baudenkmale eingestuft sind. Insgesamt gelten 2050 der 3562 Gebäude als ortsbildprägend.<ref name="denkmalpflegeplan2012-seite90">{{Internetquelle |url=http://www2.quedlinburg.de/bi/pdf/00043420.pdf |titel=Zustandsanalyse der Quartiere / statistisches Auswertungsmodul |werk=Denkmalpflegeplan Quedlinburg 2012 |hrsg=Rittmannsperger + Partner Erfurt in Zusammenarbeit mit der Stadt Quedlinburg |seiten=90–91 |format=PDF (2,9&nbsp;MB) |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20140108174210/http://www2.quedlinburg.de/bi/pdf/00043420.pdf |archiv-datum=2014-01-08 |abruf=2012-10-03}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Günter Kowa |url=https://www.mz.de/kultur/unesco-quedlinburg-will-mit-umbau-und-plan-welterbe-status-erhalten-2198690 |titel=Unesco: Quedlinburg will mit Umbau und Plan Welterbe-Status erhalten |werk=Mitteldeutsche Zeitung |datum=2012-10-03 |abruf=2021-06-21}}</ref><br />
<br />
Von 1990 bis 2010 hat Quedlinburg über 120 Millionen Euro Fördermittel aus Landes-, Bundes- und EU-Töpfen erhalten.<ref>FAZ.net 24. August 2011: {{Webarchiv |url=https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/welterbe-quedlinburg-stoppt-den-verfall-11111727.html |text=Stoppt den Verfall |wayback=20171014051005}}</ref> Die Finanzlage der Stadt gilt als angespannt.<ref>{{Webarchiv |url=https://www.quedlinburg.de/download/4479/amtsblatt_01_2015_ebook.pdf#page=3 |text=Amtsblatt (27. Dezember 2014) |wayback=20161023142959}} (PDF)</ref><br />
<br />
==== Einzeldenkmale ====<br />
{{PanoViewer|De Quedlinburg Stieg 360x180 Panorama 2.jpg|hochkant=1|2=Kreuzung Stieg und Hölle, 2018}}<br />
Das 1989 veröffentlichte [[Liste der Kulturdenkmale in Quedlinburg|Denkmalverzeichnis der Stadt Quedlinburg]] führt über 1200 Einzeldenkmale auf. Bei den folgenden besonders markanten Bauwerken handelt es sich infolgedessen nur um eine geringe Auswahl:<br />
<br />
===== Fachwerkbauten =====<br />
Auf etwa 400 Fachwerkhäusern sind Inschriften angebracht, die meist die Bauherren und – als Quedlinburger Besonderheit – die ausführenden Handwerker nennen.<ref>Thomas Wozniak: ''Hausinschriften in Quedlinburg – eine kurze Übersicht''. In: Quedlinburger Annalen 17 (2016/17), S. 59–75.</ref><br />
* [[Gildehaus zur Rose|Gildehaus ''Zur Rose'']], Breite Straße 39 (farbenreiches Fachwerkhaus von 1612)<br />
* So genannte [[Börse (Quedlinburg)|Börse]], Steinweg 23 (repräsentatives Fachwerkhaus von 1683)<br />
* Ehemaliger Gast- und Kaufmannshof ''[[Weißer Engel]]'', Lange Gasse 33, Eckfachwerkbau von 1623, im Fachwerkoberstock einzigartige Decke mit elf Stuckreliefs (Szenen aus dem Alten Testament)<ref>Paul Schwarz: ''Die Stuckbilder im „Weißen Engel“ in Quedlinburg'', in: Die Denkmalpflege 5 (1903), H. 12, S. 93–96.</ref><br />
* Um 1660 entstand der [[Breite Straße 34 (Quedlinburg)|Kaufmannshof in der Breiten Straße 34]].<br />
* Das [[Lohgerberhaus]] an der Westseite des Markts entstand in der Mitte des 17.&nbsp;Jahrhunderts.<br />
* Im Jahr 1701 entstand das [[Haus Grünhagen]] auf der Ostseite des Marktplatzes.<br />
* Mittelalterliche Fachwerkbauten: Klink 6/7 (1289 d), Breite Straße [[Breite Straße 12 (Quedlinburg)|12]]/[[Breite Straße 13 (Quedlinburg)|13]] (1330 d)<ref>Frank Högg: ''Das historische Haus Breite Straße 11 bis 13 in Quedlinburg: Das älteste Fachwerkwohnhaus in Sachsen-Anhalt''. In: Der Holznagel 41 (2016), H.&nbsp;5, S.&nbsp;5–8.</ref><br />
* Das [[Schmale Straße 47 (Quedlinburg)|Wohnhaus Schmale Straße 47]] entstand im Stil der Spätgotik bereits um 1485, die [[Schmale Straße 33 (Quedlinburg)|Gebäude Schmale Straße 33]] und&nbsp;[[Schmale Straße 7 (Quedlinburg)|7]] entstanden im Barock.<br />
* Die [[Schlossmühle Quedlinburg]] (erster urkundlicher Nachweis 1412, seit 1997 Hotel)<ref>{{Webarchiv |url=http://www.schlossmuehle.de/seiten/geschichte.html |text=Homepage/Geschichte |wayback=20160818130733}}</ref><br />
<br />
===== Steinbauten =====<br />
* [[Rathaus Quedlinburg|Steinerner Rathausbau]] (13./14.&nbsp;Jahrhundert) mit Rolandstatue und weiterem plastischen Schmuck<ref>Bernd Feicke: ''Stadtgeschichte und der Schmuck historischer Rathäuser am Harz als Symbol stadtherrlicher Macht und städtischer Rechte''. In: Harz-Forschungen 23 (2007), S. 227–277, hier 256–257, 270.</ref><br />
* ''Hagensches Freihaus'' – [[Quedlinburger Stadtschloss]], Bockstraße 6 / Klink 11 (Steinbau, erbaut 1564–1566)<br />
* ''Salfeldtsches Palais'', Kornmarkt 5 (im Besitz der Deutschen Stiftung Denkmalschutz)<ref>{{Webarchiv |url=http://www.palaissalfeldt.de/index.php?page=73 |text=Geschichte des Hauses |wayback=20110126194126}}</ref><br />
* ''Höllenhof'', Hölle 11 (Profanbau erbaut 1215/1301 d, 3. [[Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege]] 2008)<ref>{{Internetquelle |url=http://www.denkmalpflege-qlb.de/aktuelles.php?kat=Projekte |titel=Werkstätten für Denkmalpflege GmbH gewinnt Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege 2008 |titelerg=Projekte |hrsg=Werkstätten für Denkmalpflege GmbH Quedlinburg |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20151123063132/http://www.denkmalpflege-qlb.de/aktuelles.php?kat=Projekte |archiv-datum=2015-11-23 |abruf=2015-11-29}}</ref><br />
<br />
===== Jugendstilbauten =====<br />
* Ambitionierter Jugendstilbau Steinbrücke 11 von 1903 vom Architekten [[Max Schneck]]<br />
<br />
<gallery class="center centered" heights="200" mode="packed-hover"><br />
Quedlinburg Marktstr 6.jpg|Marktstraße 6 (1562)<br />
Quedlinburg Börse.jpg|Steinweg 23 (1683)<br />
Quedlinburg Hohe Strasse.jpg|Hohe Straße 28 (18. Jh.)<br />
Quedlinburg Steinbrücke 11.jpg|Detail Steinbrücke 11 (1903)<br />
Die Breite Straße in Quedlinburg.jpg|Breite Straße 1<br />
Quedlinburg asv2018-10 img18 Markt.jpg|Café am Markt (2018)<br />
</gallery><br />
<br />
==== Mittelalterliche Wehrbauten ====<br />
[[Datei:Quedlinburg Schreckensturm 1.jpg|mini|hochkant|Schreckensturm]]<br />
[[Datei:SternkiekerQuedlinburg.jpg|mini|links|hochkant|Lindenbeinturm, auch ''Sternkiekerturm'' genannt]]<br />
Der Ring der mittelalterlichen [[Stadtmauer]] mit seinen Stadttürmen ist in weiten Teilen noch zu sehen. Von den mittelalterlichen [[Stadttor]]en, dem Hohen Tor, dem Gröperntor, dem Öringertor und dem Pölkentor hat sich dagegen keines erhalten, wogegen das ehemalige Kaiser-Tor als Stadtturm erhalten ist.<ref>Thomas Wozniak, Oliver Schlegel: ''Stadttore und Pforten in Quedlinburg'', in: Burgen und Schlösser in Sachsen-Anhalt 28 (2019), S. 49–136.</ref> Der [[Schreckensturm]] ist der größte erhaltene Turm. Der durch sein grünes Dach leicht erkennbare [[Lindenbeinscher Turm|Lindenbeinsche Turm]] ist mit einer Galerie versehen und für Besucher geöffnet. Zwei Türme sind zu Wohnungen ausgebaut, darunter der [[Kaiserturm (Quedlinburg)|Kaiserturm]]. Einige Türme sind in Privathand, zum Teil in schlechtem baulichen Zustand. Dazu zählen unter anderen der [[Gänsehirtenturm]], der [[Kuhhirtenturm (Quedlinburg)|Kuhhirtenturm]], der [[Schweinehirtenturm]], der [[Kruschitzkyturm]], der [[Pulverturm (Quedlinburg)|Pulverturm]], der Mertensturm und der Spiegelsturm.<ref>Christa Rienäcker: ''Die mittelalterlichen Wehranlagen Quedlinburgs: Stadtbefestigung''. Halberstadt 1988.</ref><ref>Thomas Wozniak, Oliver Schlegel: ''Stadtbefestigungen und Türme in Quedlinburg'', in: Burgen und Schlösser in Sachsen-Anhalt 29 (2020), S. 296–401.</ref><br />
<br />
Von den im Felde um die Stadt befindlichen ehemals elf [[Wachturm|Wachtürmen]], die entlang des [[Landwehr|Landgrabens]] oder der [[Landwehr]] an wichtigen strategischen Positionen erbaut waren, sind sechs, hier [[Quedlinburger Landgraben|Feldwarten]] genannte Türme erhalten: die [[Bicklingswarte]], die [[Lethwarte]], die [[Altenburgwarte]], die Gaterslebener Warte, die [[Steinholzwarte]] und die [[Seweckenwarte]]. Durch Steinraub weitgehend verschwunden sind die Warte auf dem Lehof, die Aholzwarte, die Heidbergwarte, die Anamberger Warte und die Sültenwarte.<ref>Thomas Wozniak: ''Feldwarten und Landwehr von Quedlinburg''. In: ''Schlösser und Burgen in Sachsen-Anhalt,'' 24 (2015), S. 247–305.</ref> Sie waren umgeben von befestigten Höfen, die den auf den Feldern arbeitenden Bauern und Hirten als [[Fliehburg]] dienten. Die [[Wartturm|Warttürme]] wurden auf Bergen an der Gemarkungsgrenze als Frühwarnsystem errichtet und meldeten Gefahren mittels Rauch- und Feuerzeichen an den Turm der Marktkirche<ref>Thomas Wozniak: ''Zentrale der Stadtverteidigung – zu Funktionalität, Zugänglichkeit und Graffitibestand der Turmstube der Marktkirche in Quedlinburg'', in: Burgen und Schlösser in Sachsen-Anhalt 30 (2021), S. 295–370.</ref> in der Stadt.<ref>Christa Rienäcker: ''Die mittelalterlichen Wehranlagen Quedlinburgs: Feldwarten''. Halberstadt 1989 und {{Webarchiv |url=http://www.wartenverein.de/ |text=Webseite des Wartenvereins |wayback=20110407084313}}</ref><br />
<br />
{{Siehe auch|Quedlinburger Landgraben}}<br />
<br />
=== Parks und Naturdenkmäler ===<br />
[[Datei:Quedlinburg Brühl Pano.jpg|mini|hochkant=2.5|Brühl vom Abteigarten aus gesehen]]<br />
Der größte Park ist der [[Brühl (Quedlinburg)|Brühl]], ein altes Waldstück, das bereits um 1179 als ''broil'' genannt und im 16./17. Jahrhundert planmäßig angelegt wurde. Der Brühlpark ist Bestandteil des 40 Gartenanlagen umfassenden Projektes [[Gartenträume Sachsen-Anhalt]]. Zwischen Brühl und [[Schlossberg (Quedlinburg)|Schlossberg]] wurde 2006 der [[Abteigarten (Quedlinburg)|Historische Abteigarten]] wieder neu gestaltet und mit einem [[Demeter (Deutschland)|Demeter]]-Garten versehen. Als weiterer Park steht der Worthgarten im unmittelbaren Stadtbereich Spaziergängern offen. In der Süderstadt wurde der ehemalige Johannisfriedhof im 19.&nbsp;Jahrhundert zur Parkanlage [[Johannishain]] umgestaltet. Als Ausflugsziele in der Nähe sind die Altenburg, der Lehof, das Steinholz, der 1913 erworbene Eselstall und die Hamwarte zu nennen. Die dort im 19.&nbsp;Jahrhundert befindlichen Ausflugslokale sind vollständig verschwunden.<ref>Hasso Storbeck: ''Die Geschichten der ehemaligen beliebtesten Ausflugsgaststätten und Schwimmbäder von Quedlinburg, mit Abbildungen.'' Quedlinburg 2005.</ref><br />
<br />
=== Theater und Musik ===<br />
Das Nordharzer Städtebundtheater ist mit je zwei Spielstätten in [[Halberstadt]] und in den Städtischen Bühnen Quedlinburg sowie mit Sommerbespielung im [[Bergtheater Thale]] aktiv.<ref>Rudolf Lehmann: ''Theater in Quedlinburg: eine Chronik aus Anlaß des 50-jährigen Bestehens der Quedlinburger Bühne.'' Quedlinburg 1994.</ref> Weitere Theaterbesuche sind in der Waldbühne [[Altenbrak]], der Seebühne [[Magdeburg]] und der Schlossbühne [[Wolfenbüttel]] möglich.<br />
<br />
Der 1981 von Kirchenmusikdirektor [[Gottfried Biller]] gegründete [[Quedlinburger Musiksommer]] bietet in den Sommermonaten wöchentlich ein Konzert innerhalb einer thematischen Konzertreihe in der Stiftskirche [[Stiftskirche St. Servatius (Quedlinburg)|St.&nbsp;Servatii]] in Quedlinburg an.<br />
<br />
Von den verschiedenen Chören seien genannt: der Fritz-Prieß-Chor, der Quedlinburger Oratorienchor und der Ökumenische Jugendchor.<br />
<br />
=== Regelmäßige Veranstaltungen ===<br />
[[Datei:Quedlinburg Kaiserfruehling1.jpg|mini|hochkant|Das Festival ''Kaiserfrühling'' 2002]]<br />
Mittlerweile weist Quedlinburg ein zunehmend angenommenes Veranstaltungsprogramm auf. Als größtes Ereignis kristallisiert sich zur Zeit der [[Advent in den Höfen]] heraus, bei dem 2006 an jedem Wochenende über 50.000 Besucher und 2007 zum Besuch von [[Gotthilf Fischer]] 75.000 in die Stadt kamen. Traditionell am zweiten und dritten Adventswochenende laden bis zu 24 sonst größtenteils geschlossene Höfe zum Geschenkekaufen, Essen, Glühweintrinken und Verweilen ein.<br />
<br />
Die Reihe der Veranstaltungen beginnt im Frühjahr mit dem sogenannten ''Kaiserfrühling'' zu Ostern und Pfingsten, einem mittelalterlichen Spektakel in der historischen Altstadt. Mitte Mai folgt die in ganz Deutschland verbreitete [[Lange Nacht der Museen]]. Das Programm ''Zauber der Bäume'', eine Kunst- und Musikinstallationen im [[Brühl (Quedlinburg)|Brühlpark]] findet am ersten Samstag des Monats Juli statt. Über den Sommer verteilt, von Juni bis September, finden die verschiedenen Aufführungen des [[Quedlinburger Musiksommer]]s statt. Meist im August findet das ''Gildefest'' der Quedlinburger Kaufmannsschaft statt. Am zweiten Wochenende im September wird der [[Tag des offenen Denkmals]] für Deutschland in Quedlinburg eröffnet. In der Stadt sind über 70 Quedlinburger Denkmäler für Besucher kostenlos geöffnet, die sonst meist verschlossen sind, und es wird eine ''Quedlinburger Blumenmesse'' am Mathildenbrunnen in der Neustadt veranstaltet.<br />
Daneben laden alle drei Monate die Quedlinburger Dixieland- und Swingtage ein, bei denen von einem Konzertort zu nächsten gefahren wird, um die Musik zu hören; weiterhin findet monatlich eine so genannte [[Milonga]], ein Tanzabend mit argentinischem Tango statt, der von [[Braunschweig]]er ''Milongueras'' ausgerichtet wird.<ref>{{Internetquelle |autor=Erwin Bagusch |url=http://www.tango-qlb.de/ |titel=Tango Argentino in Quedlinburg |abruf=2008-10-01}}</ref> Im Sommer 2009 fand erstmals das weltweit ausgetragene kostenlose Musikfestival [[Fête de la Musique]] statt.<br />
<br />
== Infrastruktur ==<br />
=== Verkehr ===<br />
==== Straßenverkehr ====<br />
[[Datei:Region Quedlinburg trafficways.png|mini|Quedlinburg: Übersicht Infrastruktur]]<br />
Die Stadt liegt am Knotenpunkt der Bundesstraßen [[Bundesstraße 79|79]] und [[Bundesstraße 6|6]] sowie an der [[Bundesautobahn 36|A&nbsp;36]] (Braunschweig – Bernburg (Saale)). Der nördliche Anschluss (Quedlinburg-Zentrum) zur A&nbsp;36 über der mittelalterlichen Siedlung [[Marsleben]] (wüst) ist seit 2006 unter Verkehr; der Lückenschluss zwischen Quedlinburg-Zentrum und Quedlinburg-Ost wurde am 1.&nbsp;Dezember 2007 unter Verkehr gestellt. Die Autobahn [[Bundesautobahn 14|A&nbsp;14]] ist 40&nbsp;Kilometer in östlicher, die [[Bundesautobahn 2|A&nbsp;2]] 50&nbsp;Kilometer in nördlicher und die [[Bundesautobahn 7|A&nbsp;7]] 75&nbsp;Kilometer in westlicher Richtung von der Stadt entfernt.<br />
<br />
==== Schienenverkehr ====<br />
{{Hauptartikel|Bahnhof Quedlinburg}}<br />
<br />
Die 1863 als Durchgangsbahnhof gebaute Station Quedlinburg ist seit 2006 Verknüpfungspunkt zwischen der [[Eisenbahnstrecke]] [[Bahnstrecke Magdeburg–Thale|Halberstadt–Thale]] und den [[Harzer Schmalspurbahnen]], die auf der Trasse der [[Spurweite (Eisenbahn)|umgespurten]] [[Bahnstrecke Quedlinburg–Frose]] bis Gernrode und weiter über die [[Selketalbahn]] und [[Harzquerbahn]] zur [[Brockenbahn]] verkehren.<br />
<br />
[[Datei:Verkehrsknoten Quedlinburg.jpg|mini|links|Harzer Schmalspurbahn und Regionalbahn im Bahnhof Quedlinburg]]<br />
Quedlinburg war seit 1863 Durchgangsbahnhof des Nordharzer Eisenbahnnetzes an der Verbindung von Halberstadt zum Harzrand bei Thale. Auf dieser Verbindung verkehrt stündlich der [[Regional-Express]] der [[Abellio Rail Mitteldeutschland]] von Magdeburg über Halberstadt nach Thale. Freitags, samstags und sonntags werden einzelne Züge als [[Harz-Berlin-Express]] nach Berlin verlängert.<br />
<br />
Der frühere Verkehr auf der Nebenstrecke über [[Quarmbeck]], Gernrode, Ballenstedt, [[Ermsleben]] nach Aschersleben, der ältesten regelspurigen Nebenbahn des Harzes, des sogenannten ''Balkans''<ref>Dirk Endisch: ''Der „Balkan“ – Die Nebenbahn Frose–Gernrode–Quedlinburg.'' Leonberg-Höfingen 2004.</ref> wurde 2004 eingestellt. 2006 wurde der Abschnitt Gernrode–Quedlinburg als Schmalspurbahn reaktiviert. Diese Stichstrecke Frose–Ballenstedt war 1868 von den Magdeburg-Halberstädter Eisenbahnen (MHE) auf Drängen des Herzogs von Anhalt errichtet worden, der sein Schloss in Ballenstedt erreichen wollte.<br />
Nachdem die [[Deutsche Bahn]] AG den [[normalspur]]igen Streckenabschnitt nach [[Aschersleben]] über Gernrode stillgelegt hatte, wurde am 18.&nbsp;April 2005 mit den Arbeiten zur Verlängerung der Selketalbahn von Gernrode nach Quedlinburg begonnen. Dafür wurde zunächst der Endbahnhof Gernrode zu einem Durchgangsbahnhof umgebaut. Die [[Selketalbahn]] der [[Harzer Schmalspurbahnen|HSB]] wurde bis Ende Dezember 2005 um 8,5&nbsp;Kilometer von Gernrode nach Quedlinburg verlängert. Am 4.&nbsp;März 2006 fuhr der erste Schmalspurzug der Harzer Schmalspurbahnen in den Bahnhof Quedlinburg ein, und seit dem 26.&nbsp;Juni 2006 gibt es einen planmäßigen Zugbetrieb der Harzer Schmalspurbahnen bis Quedlinburg mit mindestens zwei Dampfzugpaaren am Tag.<br />
<br />
==== Busverkehr ====<br />
Der [[Öffentlicher Personennahverkehr|öffentliche Personennahverkehr]] wird unter anderem durch den [[Landesbedeutsame Buslinie|PlusBus und TaktBus]] des [[Landesnetz Sachsen-Anhalt|Landesnetzes Sachsen-Anhalt]] erbracht. Folgende Verbindungen führen ab Quedlinburg:<br />
* Linie 140: Quedlinburg ↔ [[Stadt Hoym|Hoym]] ↔ [[Reinstedt]] ↔ [[Aschersleben]]<br />
* Linie 230: Quedlinburg ↔ [[Westerhausen (Thale)|Westerhausen]] ↔ [[Blankenburg (Harz)|Blankenburg]] ↔ [[Wernigerode]]<br />
* Linie 240: Quedlinburg ↔ [[Stadt Gernrode|Gernrode]] ↔ [[Ballenstedt]] ↔ [[Meisdorf]] ↔ Aschersleben<br />
<br />
Die [[Harzer Verkehrsbetriebe]] (HVB) betreibt weitere Linien ab Quedlinburg sowie den [[Stadtverkehr]] in Quedlinburg. Der Bahnhofsvorplatz ist die zentrale Haltestelle für Fernbuslinien des Unternehmens [[Flixmobility|Flixbus]].<br />
<br />
==== Flugverkehr ====<br />
In den 1920er Jahren wurde im zwei Kilometer südlich gelegenen [[Quarmbeck]] ein Regionalflughafen eröffnet, der in den 1930er Jahren zum Militärflugplatz ausgebaut und in ''Römergraben'' umbenannt wurde. Während der DDR-Zeit bestand dort ein [[Sowjetunion|sowjetischer]] Truppenstützpunkt. Der Flugbetrieb wurde eingestellt.<br />
<br />
Südwestlich in vier Kilometer Entfernung befindet sich der [[Flugplatz Ballenstedt]], der über eine 800 Meter lange Asphaltbahn verfügt und zum Nachtflugbetrieb zugelassen ist. Als kleiner Sonderlandeplatz (für Flugzeuge bis 5700 Kilogramm zugelassen) befindet sich drei Kilometer nördlich von Aschersleben der [[Flugplatz Aschersleben]]. Etwa 22&nbsp;Kilometer nordöstlich von Quedlinburg befindet sich der seit dem 1.&nbsp;September 2006 wieder aktivierte [[Flughafen Magdeburg-Cochstedt]].<br />
<br />
Die nächstgelegenen internationalen Flughäfen sind 90 Kilometer südöstlich der [[Flughafen Leipzig/Halle]] und 120 Kilometer nordwestlich der [[Flughafen Hannover-Langenhagen|Flughafen Hannover]].<br />
<br />
=== Bildungswesen ===<br />
==== Historische Entwicklung ====<br />
Die ersten Nachweise einer Lateinschule der Benediktikirche und der Nikolaikirche reichen bis 1303 zurück. Seit den 1530er-Jahren sind die Rektoren bekannt. Die Lateinschule der Altstadt führte seit 1623 den Namen ''Gymnasium illustre'' und seit 1776 die Bezeichnung ''Fürstliches Gymnasium''. Daneben gab es bis 1787 auch acht sogenannte ''deutsche Schulen'', die Elementarkenntnisse in Lesen, Schreiben und Rechnen vermittelten. Auch eine Mädchenschule wurde bereits 1539 genannt.<ref>Selmar Kleemann: ''Kulturgeschichtliche Bilder aus Quedlinburgs Vergangenheit''. Quedlinburg 1922, S. 269–275.</ref><br />
<br />
Im 19.&nbsp;Jahrhundert wurden eine katholische Privatschule, mehrere höhere Mädchenschulen<ref>Hans Löhr: ''Geschichte der Städtischen Höheren Mädchenschule zu Quedlinburg: Ein Beitrag zur Geschichte Quedlinburgs und zur Entwicklung des höheren Mädchenschulwesens''. [Quedlinburg] 1899.</ref> und eine jüdische Privatschule gegründet. Neben dem altsprachlichen Gymnasium und der Oberrealschule entwickelte sich ein neusprachliches Lyceum.<br />
<br />
Zu DDR-Zeiten wurden die Schulen zu zehn sogenannten Polytechnischen Oberschulen vereinheitlicht, die in zehn Klassen die mittlere Reife vermittelten. Das Abitur konnte in zwei weiteren Jahren auf der [[Erweiterte Oberschule|Erweiterten Oberschule]] (EOS) im Konvent („GutsMuths-Gymnasium“) erworben werden.<br />
<br />
==== Grundausbildung ====<br />
Im Jahr 2022 gab es in Quedlinburg fünf Grundschulen, zwei Förderschulen (Sine-Cura-Schule für Geistigbehinderte und David-Sachs-Schule für Lernbehinderte), zwei Sekundarschulen (Bosse- und Bansischule), ein Gymnasium und die Kreismusikschule.<br />
<br />
Die ''Kleersgrundschule'' (ab dem Schuljahr 2008/2009: ''Integrationsschule Am Kleers'') ist im Rahmen der Errichtung des Neubaugebietes Kleers in den 1980er-Jahren entstanden und führt seit 1991 ihren Namen. Seit 2004 ist sie eine integrative Schule mit Kooperationsklassen, integrativen Klassen und einer umfangreichen Nachmittagsbetreuung, die bei mehreren Landeswettbewerben in den Bereichen Schülerzeitung und Schülertheater siegte.<br />
<br />
Die ''[[Bosseschule]]'' (von 1983 bis 1991: ''Maxim-Gorki-Oberschule'') liegt als Sekundarschule inmitten der Altstadt und ist seit 1955 nach dem deutschen Politiker [[Robert Bosse]] benannt. Die Schule nimmt seit 2005 an einem Modellversuch ''[[Produktives Lernen]]'' teil, der eine Verknüpfung von Unterricht und betrieblicher Praxis erreichen soll. Durch die Schließung der ''Carl-Ritter-Sekundarschule'' im Jahr 2004 musste die Bosseschule räumlich umgebaut werden, um einen Teil der zusätzlichen Schüler aufnehmen zu können.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.sks-bosse.bildung-lsa.de/ |text=Webseite der Bosseschule |wayback=20090830053111}}</ref> Die Schule nutzt Teile des ehemaligen [[Franziskanerbau (Quedlinburg)|Franziskanerklosters]]. In der [[Sekundarschule Ernst Bansi]] werden vor allem Schüler aus dem südlichen Teil Quedlinburgs und den umliegenden Orten beschult.<br />
<br />
[[Datei:Quedlinburg GM Gymnasium.jpg|mini|Die ehemalige Oberrealschule, jetzt GutsMuths-Gymnasium]]<br />
Das ''[[GutsMuths-Gymnasium]]'' besteht aus zwei Gebäuden: dem 1903 gebauten denkmalgeschützten Hauptgebäude im Konvent und dem ''Erxleben-Haus'' in der Süderstadt, welches von 1991 bis 1998 als ''Süderstadt-Gymnasium'' und bis 2004 als ''Dorothea-Erxleben-Gymnasium'' bezeichnet wurde. Beide Schulen fusionierten im Jahre 2004. In der Süderstadt sind die Klassen 5 bis&nbsp;9 und im Konvent die Oberstufenklassen 10 bis 12 untergebracht. Seit 2006 trägt die Schule den Titel ''Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage''.<ref>[https://hingucken.sachsen-anhalt.de/schule-ohne-rassismus-schule-mit-courage/sor-smc-schulen-in-sachsen-anhalt-im-ueberblick/harz/gutsmuths-gymnasium-quedlinburg/ hingucken.sachsen-anhalt.de]</ref> Seit 2007 ist sie eine Ganztagsreferenzschule in Sachsen-Anhalt.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.gmg.jki.bund.de/projekte/gesunde_schule/Qualitaetsbericht.pdf |text=Qualitätsbericht |wayback=20141217110146}}, abgerufen am 5. Februar 2010, PDF, 80&nbsp;kB</ref><br />
<br />
Die ''Musikschule [[Johann Heinrich Rolle]]'', Außenstelle der Kreismusikschule Harz und Mitglied im [[Verband deutscher Musikschulen]] (VdM)<ref>Mitgliedsschulen im {{Webarchiv |url=http://www.musikschulen-in-sachsen-anhalt.de/site/index.php?id=229&getid=19 |text=Landesverband der Musikschulen Sachsen-Anhalts |wayback=20110919025154}}</ref>, ist 1952 aus dem seit 1945 bestehenden Landeskonservatorium hervorgegangen. Die musikalische Ausbildung von Kindern und Jugendlichen ist ihr Hauptziel. Dafür werden in Quedlinburg und an den betreuten Außenstellen Thale, Ballenstedt und Harzgerode ungefähr 560 Schüler in 30 Fächern instrumental und vokal unterrichtet.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.quedlinburg.de/index.php?id=118057000129 |text=Webseite der Musikschule |wayback=20071009012231}}</ref><br />
<br />
==== Weiterführende Bildungsmöglichkeiten ====<br />
[[Datei:Quedlinburg Gartenbauschule Wiperti.JPG|mini|Ehemalige Landesfachschule für Gartenbau (links), St.&nbsp;Wiperti (rechts) vom Münzenberg nach Süden]]<br />
Weiterführende Bildung ermöglichen die Berufsbildende Schule, die Volkshochschule, die Landesfachschule für Gartenbau, das Deutsche Fachwerkzentrum und eine Reihe von Bildungswerken, wie das Regionale Kompetenzzentrum Harz des ''Europäischen Bildungswerkes für Beruf und Gesellschaft e.&nbsp;V.'', das Bildungszentrum für das ''Hotel- und Gaststättengewerbe Ostharz GmbH'', das ''Bildungswerk der Wirtschaft Sachsen-Anhalt e.&nbsp;V.'' und die Kreishandwerkerschaft Harzland-Staßfurt. Die Berufsbildende Schule führt seit 2007 den Namen des Quedlinburger Firmengründers und Saatzüchters ''Johann Peter Christian Heinrich Mette'' (1735–1806). Die amerikanische [[Texas Tech University]] bietet in Quedlinburg (Deutsch-)Kurse für ihre Studenten an.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.iaff.ttu.edu/home/oia/studyabroad/TTUGermany/TTUGermany_TTUCenter.asp |text=Texas Tech University Center in Quedlinburg |wayback=20070813144547}}</ref><br />
<br />
Die ''Landesfachschule für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, Fachbereich Gartenbau'' des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt befindet sich in Quedlinburg. Sie bietet ein- und zweijährige Fachschulausbildungen (staatlich geprüfter Techniker, Wirtschafter, hauswirtschaftlicher Betriebsleiter) in den Bereichen [[Garten- und Landschaftsbau]] und [[Hauswirtschaft]] sowie Vorbereitungskurse auf die [[Meisterprüfung]] in den genannten Bereichen an. Wegen zu geringer Schülerzahlen wurde sie 2013 geschlossen.<ref>{{Literatur |Autor=Detlef Horenburg |Titel=Aus für die Gartenbaufachschule in Quedlinburg |Sammelwerk=Mitteldeutsche Zeitung |Ort=Quedlinburg |Datum=2012-08-25 |Online=[http://www.mz-web.de/quedlinburg/landwirtschaft-aus-fuer-die-gartenbaufachschule-in-quedlinburg,20641064,21266732.html Online] |Abruf=2013-02-19}}</ref><br />
<br />
Seit 1999 bildet das IBB – Institut für Berufliche Bildung, A. Gesche an der Berufsfachschule für Kosmetik staatlich geprüfte Kosmetiker/-innen aus. Außerdem bietet das IBB pflegerische, kosmetische und kaufmännische Weiterbildungen sowie Berufsausbildungen an der Berufsfachschule Altenpflege und Altenpflegehilfe und der staatlich anerkannten Schule für Podologie (Podologe/Podologin) an.<br />
<br />
Das ''Deutsche Fachwerkzentrum Quedlinburg'' wurde 2002 als Trägerverein der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, des Landes Sachsen-Anhalt und der Stadt Quedlinburg unter Mithilfe der [[Deutsche Bundesstiftung Umwelt|Deutschen Bundesstiftung Umwelt]] gegründet. Das Zentrum betreut ökologische Sanierungen und Bauforschungen und ermöglicht Jugendlichen ein [[Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege]] in einer ''Jugendbauhütte''.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.deutsches-fachwerkzentrum.de/bild.htm |text=Webseite des Deutschen Fachwerkzentrums |wayback=20080525095450}}</ref><br />
<br />
In der Kreisbibliothek Quedlinburg stehen 52.000 Medien zur Ausleihe.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.kreis-hz.de/de/kreisbibliothek-quedlinburg2.html |text=Webseite der Kreisbibliothek |wayback=20131224163124}}</ref><br />
<br />
=== Freizeit- und Sportanlagen ===<br />
In der Stadt gibt es ein 1903 eröffnetes [[Hallenbad]] und eine 2004 eröffnete moderne Dreifelderhalle. Für den Schulsport stehen eine Reihe von Sporthallen zur Verfügung, die zum Teil schon älter sind, so wurde die Kleersturnhalle 1910 erbaut. Die größten öffentlichen Sportplätze befinden sich am Moorberg südlich der Stadt und an der Lindenstraße, nordöstlich der Stadt. Im Jahr 2001 wurde das in den 1950er Jahren gebaute Freibad unweit des letztgenannten Sportplatzes geschlossen und eingeebnet, es wird seit 2021 an gleicher Stelle wieder errichtet.<ref>https://www.quedlinburg.de/de/unsere_stadt/freizeit-sport-und-erholungsareal-fse.html</ref> Die [[Judo]]-Halle auf dem Gelände der [[Polizei]] ist teilweise für den [[Breitensport]] zugänglich.<br />
<br />
=== Gesundheitswesen ===<br />
Das [[Harzklinikum Dorothea Christiane Erxleben]] befindet sich am östlichen Stadtrand. Das 1907 eingeweihte Krankenhaus wurde in den 1990er-Jahren zum Haus der [[Schwerpunktversorgung]] ausgebaut, es ist zudem Lehrkrankenhaus des [[Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg#Medizinische Fakultät|Universitätsklinikums der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg]]. Das Klinikum mit 481 stationären und 50 teilstationären Betten besitzt zwölf stationäre Fachbereiche und drei tagesklinische Einrichtungen. Das Hauttumorzentrum des Klinikums ist neben dem Dessauer das einzige zertifizierte in Sachsen-Anhalt.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.oncomap.de/ |titel=OncoMap |titelerg=Zentrumsuche |hrsg=OnkoZert GmbH |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20151129001734/http://www.oncomap.de/ |archiv-datum=2015-11-29 |abruf=2015-11-29 |kommentar=Verzeichnis aller durch die Deutsche Krebsgesellschaft zertifizierten Zentren}}</ref> Jährlich werden ca. 20.000 stationäre und 20.000 ambulante Patienten betreut.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.klinikum-quedlinburg.de/ |text=Seite des Klinikums |wayback=20070825011414}} und Stefan Wolter: ''Für die Kranken ist das Beste gerade gut genug: Klinikum Dorothea Christiane Erxleben gGmbH 100 Jahre Standort Ditfurter Weg''. Quedlinburg 2007.</ref><br />
<br />
=== Friedhöfe ===<br />
Größter kommunaler Friedhof ist der 1906 eingerichtete [[Zentralfriedhof (Quedlinburg)|Städtische Zentralfriedhof]] am Badeborner Weg. Er befindet sich im Südosten der Stadt und sein Wegenetz ist sternförmig auf die Kapelle ausgerichtet. Während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] wurden hier über 700 verstorbene kriegsgefangene Soldaten und ein Großteil der über 160 gefallenen Quedlinburger begraben. Das Gleiche geschah im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] mit mindestens 110&nbsp;Kriegsgefangenen und einer unbekannten Zahl Quedlinburger. In dieser Zeit wurde das [[Krematorium]] (gebaut 1928) auch zur Verbrennung von mindestens 912&nbsp;Opfern des [[KZ Langenstein-Zwieberge]] benutzt.<ref>Laetitia Rijckevorsel: ''Hemel en hel, Frans von Fisenne (dt.: Himmel und Hölle)''. Den Haag 2010, ISBN 978-90-78256-07-6 (niederländisch).</ref><br />
<br />
Die historischen kirchlichen Friedhöfe befanden sich im unmittelbaren Umfeld der jeweiligen Kirche. Sie lagen innerhalb der Stadtmauern an folgenden Stellen:<br />
* St.-Aegidii-Friedhof nordöstlich der Kirche, er ist bis auf einzelne späte Grabsteine fast vollständig verschwunden<br />
* der St.-Benedikti-Kirchhof liegt unter der neuzeitlichen Pflasterung und wird zum Teil als Parkplatz genutzt (ein Mausoleum ist erhalten)<br />
* der St.-Nikolai-Kirchhof ist eine Grünanlage<br />
* ein weiterer Friedhof der St.-Nikolai-Gemeinde lag zwischen der östlichen Bebauung (im nördlichen Teil) der Ballstraße und der Stadtmauer (diese Grünanlage ist als privates Gartengelände erhalten).<br />
<br />
Alle innerhalb der Stadtmauern gelegenen Friedhöfe wurden zu Beginn des 19.&nbsp;Jahrhunderts aufgelassen. Nach Landrecht legten die aus hygienischen Gründen in der Folge neue Friedhöfe vor den Toren der Stadt an.<br />
* [[Marktfriedhof St. Benedikti|Friedhof der Marktkirchgemeinde]] in der Weststraße (seit 1843, Kapelle 1915)<br />
* [[Blasii-Friedhof|Friedhof der Blasiikirchgemeinde an der Zwergkuhle]] (neuerrichtet 1841 bis 1843)<br />
* [[Ägidiifriedhof|Friedhof der Aegidiigemeinde am Ziegelhohlweg]] (Mitte 19.&nbsp;Jahrhundert)<br />
* Friedhof der Katholischen Gemeinde Weststraße (seit 1868)<br />
* [[Wipertifriedhof|Wiperti-]] und [[Servatii-Friedhof|Servatiikirchhof]] links und rechts der Wipertistraße (Kapelle 1934/1935). An dieser Stelle befindet sich eine Quedlinburger Besonderheit: die in den Felsen des Kapellenberges eingehauene dreistöckige terrassenförmige Gruftanlage mit über zwanzig Grüften auf jeder Etage und Seite des Berges.<br />
<br />
Darüber hinaus wurde der Friedhof der [[Jüdische Gemeinde Quedlinburg|jüdischen Gemeinde Quedlinburgs]] im 19.&nbsp;Jahrhundert von der Straße Weingarten an die Stelle der heutigen Anlage des [[Jüdischer Friedhof Quedlinburg|Jüdischen Friedhof Quedlinburgs]] an der Zwergkuhle verlegt.<br />
<br />
== Wirtschaft ==<br />
=== Ortsansässige Unternehmen ===<br />
[[Datei:Harzweg 12 (Quedlinburg).jpg|mini|Ehemalige Farbenfabrik Wilhelm Brauns]]<br />
Zu Zeiten der [[Industrialisierung]] wuchs auch in Quedlinburg die wirtschaftliche Kraft. Im Süden der Stadt siedelten sich zahlreiche Betriebe, Unternehmen und Firmen an, die besonders in den Bereichen Metallverarbeitung<ref>Kurt Adam: ''Die Metallindustrie der Stadt Quedlinburg und ihre Bedeutung für die dortige Bevölkerung''. Leipzig 1925.</ref> oder landwirtschaftliche Samenzucht<ref>Birgit Reimer: ''Quedlinburger Samenbau und Pflanzenzucht bis 1945 von weltweiter Bedeutung''. Quedlinburg 1991; Hermann Wagner: ''Der Quedlinburger Blumensamenbau. Voraussetzungen, Aufstieg, Blüte und Niedergang''. Oschersleben 1995.</ref> zu Hause waren. Der Zuwachs der Beschäftigten in dieser Zeit kam in dem neu gebauten Wohngebiet der ''Süderstadt'' unter. Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurden alle diese Werke zwangsenteignet und in staatliche Formen wie [[Volkseigener Betrieb]] oder [[Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft]] überführt. Größter Arbeitgeber wurde das Werk ''Mertik'', der Nachfolgebetrieb von ''Hartmann & Söhne'', in dem zwischenzeitlich mehr als 3000 Menschen beschäftigt waren. Als weiterer ehemaliger Betrieb ist der VEB Union<!-- Nachfolgebetrieb von …? --> zu nennen, in dem Schnellkochtöpfe (auch für den Export) und Essgeschirre für die [[Nationale Volksarmee]] hergestellt wurden. Das ehemalige volkseigene Gut<!-- Wer war hier enteignet worden? --> ''[[August Bebel]]'' erzeugte Saatgut für den landwirtschaftlichen Bedarf und Spezial-Kulturen. Die 1874 gegründete [[Farbenfabrik Wilhelm Brauns]], seit 1959 ''VEB Farb-Chemie Quedlinburg'', produzierte bis 2004 Farb- und Klebstoffe. Viele dieser Betriebe, deren Produktion fast ausschließlich auf die Mitgliedsstaaten des sozialistischen [[Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe|Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe]] ausgerichtet war, gingen nach der Wiedervereinigung 1990 in die Insolvenz. Die leeren Betriebs- und Lagerhallen stehen zum Teil noch.<br />
<br />
Am Beginn der Hölle, in der Nähe des Marktplatzes, befindet sich seit einiger Zeit die Pflanzenfärberei ''Rubia'', die auf traditionelle Weise Stoffe aus Naturfasern mit Pflanzenfarbstoffen färbt.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.rubia-pflanzenfaerberei.de/ |text=Webseite der Rubia Pflanzenfärberei Seidlitz |wayback=20190102050840}} (abgerufen am 1. Januar 2019).</ref><br />
<br />
Eines der wenigen Unternehmen, das die Marktanpassung geschafft hat, ist die [[Walzengießerei und Hartgusswerk Quedlinburg|Walzengießerei & Hartgusswerk Quedlinburg GmbH]], die 1865 gegründet wurde und eine der wenigen Gießereien in [[Sachsen-Anhalt]] ist.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.walzengiesserei-quedlinburg.de/walzengiesserei-hartgusswerk.htm |text=Webseite der Walzengiesserei Quedlinburg |wayback=20071011142024}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.mertikmaxitrol.com/De/geschichte.html |titel=Geschichte |titelerg=Über uns |hrsg=Mertik Maxitrol GmbH&nbsp;&&nbsp;Co.&nbsp;KG |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20151120210007/http://www.mertikmaxitrol.com/de/geschichte.html |archiv-datum=2015-11-20 |abruf=2015-11-29}}</ref><br />
<br />
Die Nachfolgeeinrichtungen der 1945 enteigneten Saatzuchtbetriebe wurden nach 1990 zu Teilinstituten der [[Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen]] (BAZ), einer dem [[Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz]] zugeordneten Forschungseinrichtung, umgewandelt. Von den neun Teilinstituten der BAZ befinden sich fünf in Quedlinburg. Es sind dies das Institut für gartenbauliche Kulturen, das Institut für Epidemiologie und Resistenzressourcen, das Institut für Resistenzforschung und Pathogendiagnostik, das Institut für Pflanzenanalytik und das Forschungs- und Koordinierungszentrum für pflanzengenetische Ressourcen. Seit Jahresbeginn 2008 hat das neu gegründete [[Julius Kühn-Institut]] – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI), entstanden aus der Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA), der BAZ und der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), seinen Hauptsitz in Quedlinburg. Neben der Funktion des Hauptsitzes dieser Forschungseinrichtung, sind nun sechs Forschungsschwerpunkte: Epidemiologie und Pathogendiagnostik, Ökologische Chemie, Pflanzenanalytik und Vorratsschutz, Resistenzforschung und Stresstoleranz, Sicherheit [[Biotechnologie|biotechnologischer Verfahren]] bei Pflanzen, Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst und Züchtungsforschung an landwirtschaftlichen Kulturen in Quedlinburg angesiedelt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.julius-kuehn.de/quedlinburg/ |titel=Julius Kühn-Institut |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20190323205023/https://www.julius-kuehn.de/quedlinburg/ |archiv-datum=2019-03-23 |abruf=2019-03-23}}</ref> Auch privatwirtschaftliche Unternehmen wie ''satimex Quedlinburg'', ''Quedlinburger Saatgut'' oder ''International Seeds Processing'' (ISP) konnten sich etablieren.<ref>{{Webarchiv |url=http://satimex.de/ |text=Webseite von satimex Quedlinburg Handelsgesellschaft mbH |wayback=20160904075709}} und {{Webarchiv |url=http://www.quedlinburger-saatgut.de/ |text=Webseite der Quedlinburger Saatgut |wayback=20090218110816}} sowie {{Webarchiv |url=http://www.isp-quedlinburg.de/ |text=Webseite von ISP |wayback=20090307215428}}</ref><br />
<br />
=== Wirtschaftsbereiche ===<br />
Die Wirtschaftsbereiche unterteilen sich in: 2&nbsp;Prozent Landwirtschaft, 19,29&nbsp;Prozent Industrie und 78,71&nbsp;Prozent Dienstleistungsbereich. Die Landwirtschaft ist spezialisiert auf Saatzucht, die Industrie auf Baugewerbe mit Spezialleistungen für Restaurierung und Sanierung, Bauelementefertigung, Holzverarbeitung, Metallverarbeitung und Pharmazie sowie Druckerei, der Dienstleistungssektor vornehmlich auf Tourismus.<br />
<br />
=== Tourismus ===<br />
[[Datei:Quedlinburg Steinweg Boerse.jpg|mini|Ehemalige Gaststätte „Börse“ im Steinweg]]<br />
Der Tourismus stellt für Quedlinburg eine der wichtigsten wirtschaftlichen Größen dar, und so zählt die Schaffung einer modernen touristischen Infrastruktur zu den Hauptvorhaben. An Übernachtungskapazitäten in Quedlinburg stehen den auswärtigen Gästen 62 Beherbungsbetriebe ([[Pension (Unterkunft)|Pensionen]], [[Hotel]]s) mit über 10 Betten und eine Jugendherberge zur Verfügung. Die Anzahl der Übernachtungen ist stark saisonabhängig, mit Spitzenwerten um Ostern, von Mai bis Juli, von September bis Oktober und zum Advent/Jahreswechsel. Größte Schwächezeit ist von Januar bis März. In den Spitzenzeiten sind die Kapazitäten in Quedlinburg und im ganzen Vorharz sehr stark ausgelastet. Insgesamt stehen 3110 Betten zur Verfügung, die für 473.145 Übernachtungen genutzt wurden.<ref>[https://www.hoga-presse.de/urlaub-in-der-welterbestadt-quedlinburg-liegt-weiter-im-trend/ Urlaub in der Welterbestadt Quedlinburg liegt weiter im Trend], in hoga-presse vom 8. März 2019, eingesehen am 26. April 2020.</ref> Die meisten Hotels wurden nach 1994 neu gebaut oder vollständig saniert.<br />
<br />
Seit 1994 ist Quedlinburg Teil der südlichen Route der [[Straße der Romanik]], einer [[Ferienstraße|touristischen Straße]] zu den romanischen Denkmälern Sachsen-Anhalts. Zudem ist es ein Standort der [[Frauenorte]]. Die St.-Johannes-Kapelle ist seit 2003 eine Station der deutschen Verlängerung des [[Jakobsweg]]es. Ganz in der Nähe verlaufen die [[Deutsche Fachwerkstraße]] und die [[Deutsche Alleenstraße]].<br />
<br />
Seit dem 12. November 2008 ist die Stadt staatlich [[Erholungsort|anerkannter Erholungsort]].<ref>{{Webarchiv |url=http://www.quedlinburg.de/index.php?id=118057000201&cid=118057002801 |text=Die Ernennung zum Erholungsort |wayback=20121104080959}}</ref><br />
<br />
Der Reiseführer ''1000 places to see before you die'' nennt Quedlinburg „ein Märchen aus Fachwerk“;<ref>Patricia Schultz: ''1000 places to see before you die''. [Übers.: Anja von Cysewski], Königswinter 2006, S. 32.</ref> der Reiseführer ''[[Lonely Planet]]'' spricht von einem „ungeschliffenen [[Juwel]]“, und die Stadt selbst hat sich 2006 den Leitspruch „Quedlinburg – Wiege Deutschlands“ gegeben (bis 1990 „Blumenstadt Quedlinburg“, bis 2006 „Neugierig auf&nbsp;…?“).<br />
<br />
Um den Tourismus zu fördern, wird seit 2015 in der Stadt ein [[WLAN]] installiert, welches vor allem in den Einkaufsstraßen empfangbar ist. Es wird durch das Projekt Freifunk Harz realisiert.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.mz-web.de/quedlinburg/initiative-freifunk-harz-von-quedlinburg-bald-kostenfrei-ins-internet-22564384 |text=Artikel Mitteldeutsche Zeitung |wayback=20190218181835}}, abgerufen am 13. Oktober 2016</ref><br />
<br />
== Persönlichkeiten ==<br />
{{Hauptartikel|Liste von Persönlichkeiten der Stadt Quedlinburg}}<br />
<br />
{{Siehe auch|Liste der Äbtissinnen von Quedlinburg}}<br />
[[Datei:Quedlinburg Roland.jpg|mini|hochkant|Der [[Roland (Statue)|Roland]] vor dem Rathaus]]<br />
<br />
=== Söhne und Töchter der Stadt ===<br />
Zu den bekannten Persönlichkeiten, die in Quedlinburg geboren wurden, zählen unter anderen [[Dorothea Christiane Erxleben|Dorothea Erxleben]] (1715–1762), die als erste deutsche Frau in Medizin promovierte, [[Friedrich Gottlieb Klopstock]] (1724–1803), der Begründer der Erlebnisdichtung und des deutschen [[Irrationalismus]], [[Johann Christoph Friedrich GutsMuths]] (1759–1839), der als Begründer des modernen Sportunterrichts und Vater der Gymnastik gilt, und auch der Begründer der wissenschaftlichen Erdkunde, [[Carl Ritter]] (1779–1859). Aus neuerer Zeit sind zu nennen: der Dichter und Maler [[Fritz Graßhoff]] (1913–1997), der Schriftsteller [[Volker von Törne]] (1934–1980), die ehemalige Präsidentin des [[Bundesrechnungshof]]es (1993–2001) [[Hedda von Wedel]] (*&nbsp;1942), der Filmregisseur [[Leander Haußmann]] (*&nbsp;1959, u.&nbsp;a. [[Sonnenallee (Film)|Sonnenallee]], [[Herr Lehmann (Film)|Herr Lehmann]]) sowie die deutsch-israelische Übersetzerin [[Ruth Achlama]] (*&nbsp;1945).<br />
<br />
=== Ehrenbürger ===<br />
Zahlreiche Persönlichkeiten wurden zu [[Ehrenbürger]]n der Stadt Quedlinburg ernannt, zum Teil abhängig von den politischen Verhältnissen. So wurden in der Zeit des Nationalsozialismus am 20.&nbsp;April 1933 [[Adolf Hitler]] (1889–1945) und am 1.&nbsp;Juni 1937 [[Heinrich Himmler]] (1900–1945) die Ehrenbürgerwürde verliehen und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sofort wieder aberkannt.<br />
<br />
Zu den bekanntesten Personen, die durch die Stadt Quedlinburg das Ehrenbürgerrecht erhielten, zählen: 1895 [[Otto von Bismarck]] (1815–1898), der erste deutsche [[Bundeskanzler (Norddeutscher Bund)|Kanzler]], 1910 [[Julius Wolff (Schriftsteller)|Julius Wolff]] (1834–1910), ein Dichter und Schriftsteller, und 1998 [[Gottfried Kiesow]] (1931–2011), Vorstandsvorsitzender der [[Deutsche Stiftung Denkmalschutz|Deutschen Stiftung Denkmalschutz]].<br />
<br />
== Medien, Literatur und Filme ==<br />
Die ''[[Mitteldeutsche Zeitung]]'' ist mit einer Lokalredaktion in Quedlinburg vertreten. Weiterhin die lokal erscheinenden Blätter ''SuperSonntag'', ''Wochenspiegel'' und ''Harzer Kreisblatt''.<br />
<br />
Regionalprogramm des [[Öffentlich-rechtlicher Rundfunk|öffentlich-rechtlichen Rundfunks]] ist der [[Mitteldeutscher Rundfunk|Mitteldeutsche Rundfunk (MDR)]] mit Regionalbüro in Halberstadt.<br />
<br />
Der Sender des [[Regionalfernsehen Harz|Regionalfernsehens Harz (RFH)]] kann über das örtliche [[Kabelnetz]] hauptsächlich im Harzkreis empfangen werden.<br />
<br />
Die Handlung einiger Romane ist in Quedlinburg und Umgebung angesiedelt. So handelt [[Wilhelm Raabe]]s ''[[Der Schüdderump]]'' (1869) auf der fruchtbaren Erde des geschichtsträchtigen Quedlinburger Landes. Weiterhin spielt der erste Teil von [[Theodor Fontane]]s Roman ''[[Cécile (Roman)|Cécile]]'' (1887) in Quedlinburg und Thale, ebenso die verschiedenen Romane zu [[Dorothea Christiane Erxleben]] und [[Julius Wolff (Schriftsteller)|Julius Wolffs]] Roman ''Der Raubgraf. Eine Geschichte aus dem Harzgau'' (1884). Weiterhin von Gerhard Beutel ''Der Stadthauptmann von Quedlinburg'' (Berlin 1972), von [[Helga Glaesener]] ''Du süße sanfte Mörderin'' (München 2000) oder zehn Romane von [[Christian Amling]] (''Quitilinga History Land'', 2005 bis 2018) über den fiktiven Privatdetektiv Irenäus Moll.<ref>{{Webarchiv |url=https://www.buechertreff.de/buchreihe/100817-privatdetektiv-irenaeus-moll-christian-amling-reihenfolge/ |text=Eintrag auf buechertreff.de |wayback=20190327135517}}</ref><br />
<br />
Aufgrund der historischen Bausubstanz bietet sich Quedlinburg als Hintergrund für verschiedene Film- und Fernsehprojekte an. Mehrere Folgen (64, 67–70, 76) der Serie ''[[Ärger im Revier]]'' auf [[RTL II]] stammen aus Quedlinburg.<ref>{{Webarchiv |url=https://www.fernsehserien.de/aerger-im-revier/episodenguide/staffel-4/18278 |text=Episodenguide |wayback=20190327131941}}</ref> Von 2012 bis 2017 wurde die [[ARD]]-Vorabendserie ''[[Alles Klara|Heiter bis tödlich: Alles Klara]]'' in der Stadt und ihrer Umgebung gedreht, mit 48 Folgen in drei Staffeln.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.daserste.de/unterhaltung/serie/alles-klara/index.html |text=Webseite zu „Alles Klara“ bei der ARD |wayback=20171126234814}}</ref> Die folgende Liste zeigt eine Auswahl von teilweise in Quedlinburg gedrehten Filmen:<ref>Vgl. die {{Webarchiv |url=http://www.filmstadt-quedlinburg.de/itemlist.php?category=1&type=movie |text=Liste von über 16 DEFA-Filmen |wayback=20130331094648}}, die in Quedlinburg gedreht wurden.</ref><ref>{{Webarchiv |url=http://www.imdb.com/search/text?realm=title&field=locations&q=Quedlinburg |text=30 Filmtitel in der IMDb |wayback=20151220002250}}</ref><br />
{{Mehrspaltige Liste |breite=15em |anzahl=2 |liste=<br />
* 1938: ''Spiel im Sommerwind'', Regie: [[Roger von Norman]]<br />
* 1954: ''[[Pole Poppenspäler]]'' (BRD: ''Dorf in der Heimat''), DDR, Regie: Arthur Pohl<br />
* 1960: ''[[Fünf Patronenhülsen]]'', mit [[Manfred Krug]] und [[Armin Mueller-Stahl]], Regie: [[Frank Beyer]]<br />
* 1964: ''[[Mir nach, Canaillen!]]'', mit [[Manfred Krug]], Regie: [[Ralf Kirsten]]<br />
* 1971: ''[[Polizeiruf 110]]'', vier Folgen<br />
* 1972: ''Nicht schummeln, Liebling!'', mit [[Frank Schöbel]], [[Chris Doerk]], [[Christel Bodenstein]], [[Dorit Gäbler]], [[Rolf Herricht]], Regie: Joachim Hasler<br />
* 1972: ''[[Lützower]]'', mit [[Jürgen Reuter (Schauspieler)|Jürgen Reuter]], Regie: [[Werner W. Wallroth]]<br />
* 1974: ''[[Kasimir III. (Polen)|Kasimir der Große]]'', in der Stiftskirche und im Schlosshof, mit 800 Statisten<br />
* 1974: ''[[Hans Röckle und der Teufel]]'', Regie: [[Hans Kratzert (Regisseur)|Hans Kratzert]]<br />
* 1975: ''[[Till Eulenspiegel (1975)|Till Eulenspiegel]]'', mit [[Winfried Glatzeder]], Regie: [[Rainer Simon (Regisseur)|Rainer Simon]]<br />
* 1979: ''[[Schneeweißchen und Rosenrot (1979)|Schneeweißchen und Rosenrot]]'', Regie: Siegfried Hartmann<br />
* 1981: ''[[Zwei Zeilen, kleingedruckt]]'' ({{lang|ru|Две строчки мелким шрифтом}}), Regie: [[Witali Melnikow]]<br />
* 1982: ''[[Der lange Ritt zur Schule]]'', mit [[Frank Träger (Schauspieler)|Frank Träger]] und [[Iris Riffert]], Regie: [[Rolf Losansky]]<br />
* 1992: ''Wunderjahre'', mit [[Gudrun Landgrebe]] und Christian Müller-Stahl, Regie: [[Arend Agthe]]<br />
* 2000: ''[[Bilderbuch (ARD)|Bilderbuch Deutschland]]'', Folge: ''Von Quedlinburg nach Halberstadt'', Regie: Carla Hicks<br />
* 2003: ''[[Pfarrer Braun]]'' zwei Folgen der deutschen [[Kriminalfilm|Krimiserie]] mit [[Ottfried Fischer]]<br />
* 2003: ''Wenn Weihnachten wahr wird'', Regie: [[Sherry Hormann]]<br />
* 2006: ''[[7 Zwerge – Der Wald ist nicht genug]]'' mit [[Otto Waalkes]], Regie: [[Sven Unterwaldt]]<br />
* 2010: ''[[Goethe!]]'' mit [[Moritz Bleibtreu]] und [[Alexander Fehling]], Regie: [[Philipp Stölzl]]<br />
* 2011: ''[[Der ganz große Traum]]'' mit [[Daniel Brühl]], [[Burghart Klaußner]] und [[Thomas Thieme]], Regie: [[Sebastian Grobler]]<br />
* 2012: ''[[Der Medicus (Film)|Der Medicus]]'', Regie: Philipp Stölzl<br />
* 2013: ''[[Das kleine Gespenst (2013)|Das kleine Gespenst]]'' mit [[Uwe Ochsenknecht]], Regie: [[Alain Gsponer]]<br />
* 2014: ''[[Till Eulenspiegel (2014)|Till Eulenspiegel]]'' mit [[Jacob Matschenz]], Regie: [[Christian Theede]]<br />
* 2015: ''[[Heidi (2015, Film)|Heidi]]'' mit [[Anuk Steffen]], [[Bruno Ganz]] und [[Quirin Agrippi]], Regie: [[Alain Gsponer]]<br />
* 2016: ''[[Frantz (Film)|Frantz]]'' mit [[Pierre Niney]] und [[Paula Beer]], Regie: [[François Ozon]]<br />
* 2016: ''Stadtlandliebe'' mit [[Jessica Schwarz]], [[Tom Beck]] und [[Uwe Ochsenknecht]], Regie: [[Marco Kreuzpaintner]]<ref>{{IMDb|tt5746340|Stadtlandliebe}}</ref><br />
* 2020: [[Army of Thieves]]<br />
}}<br />
<br />
== Sonstiges ==<br />
[[Datei:DBP 1994 1000 Jahre Stadt Quedlinburg.jpg|mini|[[Briefmarken-Jahrgang 1994 der Deutschen Bundespost|Deutsche Sonderbriefmarke 1994]]]]<br />
An lokal produzierten kulinarischen Spezialitäten sind Imkererzeugnisse, wie reiner [[Honig#Blütenhonige|Rapshonig]], [[Senf]]produkte und Edelbrand aus regionalen Früchten, und das einzige noch in Quedlinburg gebraute Bier ''Pubarschknall'' der [[Brauerei Lüdde]] zu nennen.<br />
<br />
Das Hochseeschiff (Typ XD) [[Motorschiff|MS]] ''Quedlinburg'' war im August 1967 auf der Warnow-Werft in [[Rostock]] vom Stapel gelaufen und fuhr bis Februar 1991 für den VEB [[Deutsche Seereederei]] Rostock.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.seefunk-fx-intern.de/seefunkarchiv/db_dsrschiffe/ship_detail_tab.php?shipslist_ID=98&shipstype_ID=4 |titel=MS Quedlinburg |titelerg=Schiffsdaten |hrsg=Seefunk FX Intern e.&nbsp;V. Rostock |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20151208100729/http://www.seefunk-fx-intern.de/seefunkarchiv/db_dsrschiffe/ship_detail_tab.php?shipslist_ID=98&shipstype_ID=4 |archiv-datum=2015-12-08 |abruf=2015-11-29}}</ref><br />
<br />
Am 4. Mai 2004 wurde im [[Magdeburg Hauptbahnhof|Hauptbahnhof Magdeburg]] der [[Intercity-Express|ICE]] Nr. 242 (Baureihe 402/[[ICE 2]]) auf den Namen ''Quedlinburg'' getauft<ref>{{Webarchiv |url=http://www.eisenbahn-kurier.de/service/ice-taufen/ice-taufen_402.html |text=Die Taufen der ICE |wayback=20090509100032}}</ref> und am 24. September 2008 auf dem [[Flughafen Frankfurt Main]] ein Flugzeug ([[Bombardier CRJ700]]) der [[Lufthansa CityLine]].<ref>{{Literatur |Autor=Ingo Kugenbuch |Titel=Fliegender Werbeträger – «Quedlinburg» feiert zehnten Geburtstag in der Luft |Sammelwerk=Mitteldeutsche Zeitung |Verlag=Mediengruppe Mitteldeutsche Zeitung GmbH & Co. KG |Ort=Quedlinburg |Datum=2013-01-30 |Online=[https://www.mz.de/lokal/quedlinburg/fliegender-werbetrager-quedlinburg-feiert-zehnten-geburtstag-in-der-luft-2173717 online] |Abruf=2015-11-29}}</ref><br />
<br />
Eine 126 Tonnen schwere Diesellok (Bauart [[Voith Maxima 40 CC]]) erhielt am 27. Mai 2011 den Namen ''Quedlinburg'', da sie für den Transport vom neugebauten Verladebahnhof bei Quedlinburg aus vorgesehen ist.<ref>{{Literatur |Autor=Frank Ruprecht |Hrsg=Mitteldeutsche Zeitung |Titel=Sekt für die «Quedlinburg» |Verlag=Mitteldeutsche Zeitung |Ort=Quedlinburg / Halle (Saale) |Datum=2001-05-28 |Online=[https://www.mz-web.de/quedlinburg/quedlinburg-sekt-fuer-die--quedlinburg--7520594 Online] |Abruf=2018-05-23}}</ref><br />
<br />
Im Jahr 2018 erschien das von dem österreichischen Spieleautor [[Wolfgang Warsch]] entwickelte Spiel ''[[Die Quacksalber von Quedlinburg]]'' bei Schmidt Spiele, das zum [[Kennerspiel des Jahres]] 2018 gewählt wurde.<br />
<br />
== Panoramen ==<br />
[[Datei:Quedlinburg Pano 070807.jpg|mini|600px|zentriert|180°-Panorama vom Schlossberg in Richtung Norden, links die Altstadt und rechts die Neustadt]]<br />
[[Datei:Panorama Quedlinburg1.jpg|mini|600px|zentriert|Panoramablick vom Schlossberg nach Norden auf die Altstadt]]<br />
[[Datei:Bahnhof Quedlinburg 2.jpg|mini|600px|zentriert|Panoramablick nach Norden auf den Bahnhof mit Dampfzug der Harzer Schmalspurbahn]]<br />
[[Datei:Quedlinburg asv2018-10 img04 pano from Muenzenberg.jpg|mini|600px|zentriert|Panoramablick vom Münzenberg nach Osten auf das Schloss Quedlinburg]]<br />
[[Datei:Quedlinburg-Neustädter-Markt-West-Seite-IMG 9818+17-245Gx60G-PanoZ-03-08-2022.jpg|mini|600px|zentriert|240°-Panorama der Westseite des Neustädter Marktes]]<br />
<br />
== Quellen-, Literatur- und Kartenverzeichnis ==<br />
=== Quelleneditionen ===<br />
* ''Codex diplomaticus Quedlinburgensis,'' bearb. von [[Anton Ulrich von Erath]]. Frankfurt am Main 1764.<br />
* ''Quellen zur städtischen Verwaltungs-, Rechts- und Wirtschaftsgeschichte von Quedlinburg vom 15. Jh. bis zur Zeit Friedrichs d. Grossen, 1. Teil,'' bearb. von Hermann Lorenz (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen; 42). Halle/Saale 1916.<br />
* ''Urkundenbuch der Stadt Quedlinburg,'' bearbeitet von Karl Janicke (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und der angrenzenden Gebiete, Band 2), Abt. 1 und 2, Halle/Saale 1873 und 1882.<br />
* Hermann Lorenz: ''Die urkundlichen Eintragungen in die Ratsrechnungen der Stadt Quedlinburg von 1454 bis 1509''. In: Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde 39 (1906), S. 194–255.<br />
* Karlheinz Wauer: ''Häuserbuch der Stadt Quedlinburg von der Mitte des 16.&nbsp;Jahrhunderts bis zum Jahre 1950'' (Schriftenreihe der Stiftung Stoye; 57–59), Marburg 2014.<br />
<br />
=== Literatur ===<br />
Zu einer ausführlichen Bibliographie vgl. Brigitte Schröder, Heinz Stoob: ''Bibliografie zur deutschen historischen Städteforschung Band 1.'' Köln 1986, S. 352–354, Nr. 4359–4381.<br />
<br />
* [[Adolf Brinkmann]]: ''Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Stadt Quedlinburg'', Band 1 und 2, Berlin 1922 und 1923.<br />
* Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt Band 7.1.: ''Landkreis Quedlinburg Stadt Quedlinburg'', erarbeitet von Falko Grubitzsch et al., Halle/Saale 1998, ISBN 3-910147-67-4.<br />
* [[Johann Heinrich Fritsch]]: ''Geschichte des vormaligen Reichsstifts und der Stadt Quedlinburg'', Band 1 und 2, Quedlinburg 1828.<br />
* Selmar Kleemann: ''Kulturgeschichtliche Bilder aus Quedlinburgs Vergangenheit.'' Quedlinburg 1922.<br />
* [[Hermann Lorenz (Heimatforscher)|Hermann Lorenz]]: ''Werdegang von Stift und Stadt Quedlinburg.'' Quedlinburg 1922.<br />
* Angela Pfotenhauer, Elmar Lixenfeld: ''Quedlinburg. Welterbe.'' Monumente-Edition, Monumente-Publikation der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2004, ISBN 3-936942-45-5 oder ISBN 3-936942-46-3<br />
* Hans-Hartmut Schauer: ''Das städtebauliche Denkmal Quedlinburg und seine Fachwerkbauten''. Berlin 1990, ISBN 3-345-00233-7.<br />
* Hans-Hartmut Schauer: ''Quedlinburg Fachwerkstadt Weltkulturerbe.'' Berlin 1999, ISBN 3-345-00676-6.<br />
* [[Thomas Wozniak]]: ''Quedlinburg im 14.&nbsp;und 16.&nbsp;Jahrhundert – Ein sozialtopographischer Vergleich'' (=&nbsp;''Hallische Beiträge zur Geschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit.'' Bd. 11). Akademie-Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-05-006049-1.<br />
* Thomas Wozniak: ''Quedlinburg. Kleine Stadtgeschichte.'' Pustet, Regensburg 2014, ISBN 3-7917-2605-6.<br />
* Förderverein Historische Sammlungen Quedlinburg e.&nbsp;V. (Hrsg.): ''Quedlinburger Annalen. Heimatkundliches Jahrbuch für Stadt und Region Quedlinburg'', 1. Jahrgang (1998) ff.<ref>''{{Webarchiv |url=http://www.historische-sammlungen.de/quedlinburger-annalen.htm |text=Gesamtinhaltsverzeichnis der Jahrgänge 1 bis 10 |wayback=20101105124301}}''. In: Jahrgang 11 (2008), S. 132–143.</ref> {{ISSN|1436-7432}}<br />
* Peter Kasper: ''Das Reichsstift Quedlinburg (936-1810) Konzept-Zeitbezug-Systemwechsel;'' V&R unipress, Göttingen, 2014; ISBN 978-3-8471-0209-0<br />
<br />
=== Karten ===<br />
* [[Gustav Brecht (Politiker)|Gustav Brecht]]: ''Das Gebiet des vormaligen Reichsstiftes Quedlinburg mit Angabe der Wüstungen, des Landgrabens und der wichtigsten Flurnamen'', Beilage ''UB Stadt Quedlinburg'', Band 2, Halle 1882, S.&nbsp;XCIX.<br />
* [[Ulrich Reuling]], Daniel Stracke: ''Deutscher Historischer Städteatlas (DHStA) Nr. 1 Quedlinburg'' (Veröffentlichungen des Instituts für vergleichende Städtegeschichte – Münster). Hrsg. von Wilfried Ehbrecht, Peter Johanek, Jürgen Lafrenz. Kartographie von Thomas Kaling, Dieter Overhageböck. Münster 2006, ISBN 3-87023-272-2.<br />
* [[Topografische Karte]]n des Landesamtes für Landesvermessung und Datenverarbeitung Sachsen-Anhalt, TK 25 Blätter 4132 (Halberstadt), 4232 (Quedlinburg), 4133 (Wegeleben) und 4233 (Ballenstedt), 2.&nbsp;Auflage, 1997; TK 50 Blätter L&nbsp;4332 (Quedlinburg) und 4132 (Halberstadt), 2.&nbsp;Auflage, 1998.<br />
* [[Geologische Karte]] der [[Preußische Geologische Landesanstalt|Preußischen Geologischen Landesanstalt]], Lieferung 240 Blatt 2307 (Halberstadt) Berlin 1928 und Blatt 2381 (Quedlinburg), Berlin 1927.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Schwesterprojekte |commonscat=Quedlinburg |wikt=Quedlinburg |s=Quedlinburg |q=|n=Kategorie:Quedlinburg |d=Q40623 |voy=Quedlinburg}}<br />
{{Wikisource|Topographia Superioris Saxoniae: Quedlinburg}}<br />
* [http://www.quedlinburg.de/ Offizielle Website der Stadt]<br />
* [http://www.quedlinburg-online.de/ Welterbestadt Quedlinburg]<br />
* {{DNB-Portal|4048035-5}}<br />
* {{dmoz|World/Deutsch/Regional/Europa/Deutschland/Sachsen-Anhalt/Landkreise/Harz/St%c3%a4dte_und_Gemeinden/Quedlinburg/|Quedlinburg}}<br />
* {{Weblink Welterbe |Nummer=535}}<br />
'''Video-Weblinks'''<br />
* {{Internetquelle<br />
|url=http://www.swr.de/schaetze-der-welt/die-altstadt-von-quedlinburg-deutschland-folge-99/-/id=5355190/did=7196408/nid=5355190/f64e26/index.html<br />
|titel=Unesco-Weltkulturerbe<br />
|abruf=2014-12-17}} (RealVideo, 14&nbsp;Min.).<br />
* {{YouTube |id=Qn2z7g1X2MQ |titel=Quedlinburg hoch hinaus – eine einzigartige Entdeckungsreise |abruf=2021-07-16 |upload=2020-09-13 |kommentar=Realvideo der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, 9,35&nbsp;Min.}}<br />
* {{YouTube |id=aBH5KsgSzDA |titel=Quedlinburg (1957) |abruf=2021-07-16 |upload=2018-02-23 |kommentar=Historischer Dokumentarfilm von 1957, Regie: Lothar Devaal, 15,44&nbsp;Min.}}<ref>[https://www.defa-stiftung.de/filme/filme-suchen/quedlinburg/ Eintrag bei der] Stiftung DEFA-Filme, aufgerufen am 16. Juli 2021.</ref><br />
{{Absatz}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references responsive /><br />
<br />
{{NaviBlock<br />
|Navigationsleiste Welterbe Deutschland<br />
|Navigationsleiste Städte und Gemeinden im Landkreis Harz<br />
|Navigationsleiste Ortsteile von Quedlinburg<br />
}}<br />
<br />
{{Exzellent|6. Oktober 2007|37525446}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=g|GND=4048035-5|LCCN=n83059759|VIAF=131386261}}<br />
<br />
[[Kategorie:Quedlinburg| ]]<br />
[[Kategorie:Ort im Landkreis Harz]]<br />
[[Kategorie:Ort an der Bode]]<br />
[[Kategorie:Hansestadt]]<br />
[[Kategorie:Ehemalige kreisfreie Stadt in Sachsen-Anhalt]]<br />
[[Kategorie:Staatlich anerkannter Erholungsort in Sachsen-Anhalt]]<br />
[[Kategorie:Ehemaliger Residenzort in Sachsen-Anhalt]]<br />
[[Kategorie:Ehemalige Kreisstadt in Sachsen-Anhalt]]<br />
[[Kategorie:Welterbestätte in Europa]]<br />
[[Kategorie:Welterbestätte in Deutschland]]<br />
[[Kategorie:Weltkulturerbestätte]]<br />
[[Kategorie:Archäologischer Fundplatz in Sachsen-Anhalt]]<br />
[[Kategorie:Ersterwähnung 922]]<br />
[[Kategorie:Stadt in Sachsen-Anhalt]]<br />
[[Kategorie:Stadtrechtsverleihung 994]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Teltow-Werft&diff=227486844Teltow-Werft2022-10-30T13:19:13Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>Die '''Teltow-Werft''' (auch: Teltowwerft) ist eine ehemalige [[Werft]] am knapp 38&nbsp;Kilometer langen [[Teltowkanal]] in [[Schönow (Zehlendorf)|Schönow]] im [[Berlin]]er Ortsteil [[Berlin-Zehlendorf|Zehlendorf]]. Zur Werft gehörten ein [[Hafen#Unterscheidung nach Nutzung|Bauhafen]] und eine „Elektrische Centrale“, das spätere '''Kraftwerk Schönow'''.<br />
<br />
Der Kanal wurde zwischen 1900 und 1906 zur Verbindung der [[Untere Havel-Wasserstraße|Unteren Havel-Wasserstraße]] mit der [[Dahme (Fluss)|Dahme]] ([[Spree-Oder-Wasserstraße]]) angelegt. Die Werft ging 1924 aus dem 1906 zur Unterhaltung des Kanals errichteten [[Bauhof]] hervor. Der Bauhof und das [[Elektrizitätswerk]] dienten ursprünglich vor allem der Wartung und Stromversorgung des [[Treideln|Treidelbetriebs]]. Der Bauhof gehörte zum [[brandenburg]]ischen [[Landkreis Teltow]] und blieb auch nach der Eingemeindung Zehlendorfs nach [[Groß-Berlin]] im Jahr 1920, obwohl nun auf Berliner Gebiet gelegen, im Eigentum des brandenburgischen Landkreises. Die Werft leistete technische Pionierarbeit im elektrischen [[Lichtbogen]]schweißen, das sie innovativ im [[Schiffbau]] anwendete. 1927 lief hier mit der ''[[Zehlendorf (Schiff)|Zehlendorf]]'' das erste rundum verschweißte Fahrgastschiff in Deutschland vom Stapel. 1962 stellte die Werft ihre Tätigkeit ein. Das [[Bauensemble|Ensemble]] des Bauhafens und zahlreiche Gebäude stehen unter [[Denkmalschutz]]. In letzter Zeit teilgewerblich und als Lager genutzt, soll auf dem Gelände laut [[Bebauungsplan (Deutschland)|Bebauungsplan]] aus dem Jahr 2009 ein Wohngebiet entstehen, das die geschützten Werftgebäude als Kanalbau-Zeugnisse von besonderer geschichtlicher Bedeutung integriert.<br />
<br />
== Lage und Umgebung ==<br />
[[Datei:Teltow-Werft 1 Teltowkanal.JPG|mini|Teltow-Werft, Bauhafen und Kraftwerk Schönow (rechts)]]<br />
[[Datei:Karte der Berliner Wasserstraßen.png|mini|hochkant=1.5|Karte der Berliner Wasserstraßen; siehe Eintrag „Bauhafen“, darunter „Teltowwerft“ am Teltowkanal]]<br />
<br />
Die Teltow-Werft liegt am südlichen Berliner Stadtrand zwischen den Kilometern 11,35 und 11,54 des Teltowkanals an der Grenze zum brandenburgischen [[Landkreis Potsdam-Mittelmark]]. Sie befindet sich in der südwestlichen Ecke der Zehlendorfer Ortslage Schönow, einem ehemaligen, bereits 1299 urkundlich erwähnten Dorf, das 1872 in die damalige Landgemeinde Zehlendorf eingegliedert wurde. Der Teltowkanal, der hier die Grenze zwischen Berlin und der [[Mittelstadt]] [[Teltow]] bildet, begrenzt das Werftgelände nach Süden. Westlich schließt sich die Gemeinde [[Kleinmachnow]] mit dem 1997 eröffneten Wohnstift [[Augustinum Gruppe|Augustinum]] an. Nach Osten begrenzt die Sachtlebenstraße, an der das Haupttor der öffentlich nicht zugänglichen Werft liegt, das Gelände. Von einem Fußweg getrennt, reichen im Norden der [[Schulgarten]] der [[Emil-Molt-Schule]] ([[Waldorfschule|Freie Waldorfschule]])<ref>{{Webarchiv|text=Schulgarten der Emil-Molt-Schule |url=http://www.emil-molt-schule.de/schule/schulgarten.html |wayback=20090120184651 }}</ref> und das [[Landschaftsschutzgebiet]] [[Buschgraben (Landschaftsschutzgebiet)|Buschgraben]] an das Areal heran. Der Buschgraben, eine [[Weichsel-Kaltzeit|eiszeitliche]] [[Glaziale Rinne|glaziale Abflussrinne]] der [[Teltow (Landschaft)|Teltow-Platte]], mündete hier ursprünglich in die [[Bäke (Telte)|Bäke]], die weitgehend im Kanal aufgegangen ist.<br />
<br />
Der [[Berliner Mauerweg]] am Gelände erinnert daran, dass während der [[Deutsche Teilung|deutschen Teilung]] westlich und südlich der Werft die Grenze zwischen [[West-Berlin]] und der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] verlief. Im [[Öffentlicher Personennahverkehr|öffentlichen Personennahverkehr]] ist die Werft durch die [[Busverkehr in Berlin|Buslinie 101]] angebunden, deren südliche Endhaltestelle sich an der Sachtlebenstraße nördlich der Werft befindet. Das Werft- und Kraftwerksgelände umfasst heute rund 34.600&nbsp;m².<ref name="PlanBA3">[http://www.berlin.de/imperia/md/content/basteglitzzehlendorf/abteilungen/bau/stadtplanung/bebauungsplaene/6-21ve/zb_begr_07.pdf?start&ts=1244196576&file=zb_begr_07.pdf ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'']{{Toter Link|date=2018-03-25 |url=http://www.berlin.de/imperia/md/content/basteglitzzehlendorf/abteilungen/bau/stadtplanung/bebauungsplaene/6-21ve/zb_begr_07.pdf?start&ts=1244196576&file=zb_begr_07.pdf }} (PDF) S.&nbsp;3; Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin</ref><br />
<br />
{{Siehe auch|Teltow (Landschaft)#Namensgeber Teltefließ (Bäke)|titel1=Zur Namensgebung und Etymologie des Namensbestandteils „Teltow“}}<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
Bis zur Eingliederung Zehlendorfs nach Groß-Berlin im Jahr 1920 gehörte das Gelände, wie der gesamte Teltowkanal, zum Brandenburger Landkreis Teltow. Zum Unterstellen der 20 elektrischen [[Treidellokomotive]]n standen am Kanal fünf und ab 1914 sechs Schuppen bereit. Zur Behebung kleinerer Schäden waren diese Schuppen mit Werkzeug, einer [[Werkbank]] und einer Revisionsgrube ausgestattet. Für die Grundüberholung der Lokomotiven, die alle drei Jahre erfolgte, und für größere Reparaturen wurde 1906 am Nordufer der Bauhof eingerichtet.<ref name="Feustel57">Jan Feustel, Horst Köhler: ''Lebensader durch Sumpf und Sand'', … S.&nbsp;57.</ref> Damit die Lokomotiven vom Südufer in den Bauhof gelangen konnten, wurde eine Kanalbrücke errichtet, die spätere Teltow-Werft-Brücke.<br />
<br />
=== Bauhof und Bauhafen ===<br />
Der Bauhof und der gleichfalls 1906 eröffnete Bauhafen wurden für „die Betriebs- und Unterhaltszwecke des Kanals“ eingerichtet. Dazu gehörten neben der Lokomotivreparatur Ausbesserungen an sämtlichen Betriebsmitteln im Eigentum des Kreises Teltow, darunter der Schiffe, der schwimmenden Arbeitsgeräte und der Bahnanlagen. Da am Kanal keine Werft bestand, wurden die Aufgaben auf die Reparatur fremder, zum Beispiel havarierter Schiffe ausgedehnt.<ref name="Bauhof">''Der Bau des Teltowkanals'', Abschnitt: ''Der Bauhof''. In: Zeitschrift ….</ref><br />
<br />
Das zweigeschossige, 50&nbsp;m lange und im Mittel 20&nbsp;m breite Hauptwerkstattgebäude enthielt im Erdgeschoss acht Revisionsgruben für die Lokomotiven, eine Schmiede, Dreherei, Schlosserei und Holzbearbeitungswerkstatt. Im Obergeschoss lagerten Schiffsinventar und leichtere Vorratsstücke. Für die Ausführung von Bootsanstrichen und zur Lagerung von Eisen, Holz und weiteren [[Baustoff]]en wurden Schiffsschuppen errichtet. Ein direkt am Kanal im [[Landhaus (Architektur)|Landhausstil]] erbautes zweigeschossiges Gebäude enthielt im Erdgeschoss die Büroräume und im Obergeschoss die Wohnung des Bauhofverwalters. Im Pförtnerhaus war ein Aufenthaltsraum für die Bauarbeiter untergebracht.<ref name="Bauhof" /><br />
<br />
[[Datei:1906 Teltowkanal Bauhhof.jpg|mini|Plan des Bauhofs und Bauhafens 1906. Das „Kraftwerk Schönow“ wird hier noch als „Elektrische Centrale“ bezeichnet.]]<br />
[[Datei:1908 EKuB Teltowkanal Bauhof.jpg|mini|Verwaltungshaus des Bauhofs und Kraftwerk Schönow, 1907]]<br />
[[Datei:1906 ETZ Kraftwerk Teltowkanal Maschinenhalle.jpg|mini|Kraftwerk Schönow, Maschinenhalle, 1906]]<br />
<br />
Der Bauhafen und die Schiffsschleppen waren so bemessen, dass im Winter nahezu sämtliche Betriebsmittel des Kanals untergebracht werden konnten. Die Einfahrt zum Hafen erfolgte über einen in der [[Gewässerbett|Sohle]] zehn Meter breiten Stichkanal, der durch eine&nbsp;– nicht mehr vorhandene&nbsp;– [[Leinpfad]]brücke überspannt wurde. Das Hafenbecken wurde mit einer Länge von 65 und in der Breite von 25&nbsp;Metern in der Sohle angelegt. Die achträdrigen Aufzugswagen der Schiffsschleppen in der Quer[[slipanlage]] liefen auf einem Gleis mit einer fünf Meter breiten Spur. Die Bedienung ihrer elektrischen [[Seilwinde|Winden]] erfolgte vom Windenhaus aus, das wie das anschließende Ölhaus in roten Backsteinen errichtet wurde. Das kleine Ölhaus ist im Bebauungsplan 2009 als Café oder Teehaus vorgesehen. ([[#Weitere denkmalgeschützte Gebäude und ihre geplante Nutzung|siehe unten]]). Die Queraufschleppen sollten im Notfall die damals größten Kanalkähne von 65&nbsp;m Länge aufschleppen können.<ref name="Bauhof" /> Zum Löschen wurde ein einfacher elektrisch betriebener [[Kran|Drehkran]] von 1000&nbsp;kg Tragkraft aufgestellt.<ref name="Block">Erich Block: ''Die Betriebseinrichtungen des Teltowkanals''. Abschnitt IV: ''Die Erzeugung und Verteilung der elektrischen Energie am Teltowkanal.'' In: ''Elektrotechnische Zeitschrift'' (Organ des [[Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik|VDE]]), Jg.&nbsp;27, Heft&nbsp;24, 14. Juni 1906, S.&nbsp;565–573.</ref><br />
<br />
Bauherr der Gebäude und Anlagen war die Teltowkanal-Bauverwaltung des Landkreises Teltow. Die Bauleitung lag wie bei allen Kanalbauten bei dem Ingenieurbüro [[Havestadt & Contag]], das die Gebäude überwiegend im [[Backstein]]stil der Fabrikbauten der 1900er Jahre ausführen ließ. Der [[Baurat]] Christian Havestadt, Partner von Max Contag in dieser Sozietät, war zudem Vorsitzender der Teltowkanal-Bauverwaltung.<ref>Jan Feustel, Horst Köhler: ''Lebensader durch Sumpf und Sand'', … S.&nbsp;13.</ref><br />
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=== Kraftwerk Schönow {{Anker|Kraftwerk}} ===<br />
Auf der Ostseite des Geländes errichtete die Teltowkanal-Bauverwaltung 1904/1905, gleichfalls nach einem Entwurf von Havestadt & Contag, das „Kraftwerk Schönow“, das den Bauhof und die Anlagen der Treidelbahn mit Strom versorgte.<ref>Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;4. [http://www.berlin.de/imperia/md/content/basteglitzzehlendorf/abteilungen/bau/stadtplanung/bebauungsplaene/6-21ve/zb_begr_07.pdf?start&ts=1244196576&file=zb_begr_07.pdf berlin.de]{{Toter Link|date=2018-03-25 |url=http://www.berlin.de/imperia/md/content/basteglitzzehlendorf/abteilungen/bau/stadtplanung/bebauungsplaene/6-21ve/zb_begr_07.pdf?start&ts=1244196576&file=zb_begr_07.pdf}} (PDF)</ref> Grund für den Bau war nicht nur das Ziel, bei der Energieversorgung autark zu bleiben. Vielmehr sollte der eigene, billig erzeugte Strom weitere Industriebetriebe in die Kanalregion ziehen und damit die Region wirtschaftlich aufwerten und das Verkehrsaufkommen auf der Wasserstraße erhöhen.<ref>''Ueber den Teltowkanal''. Vortrag, gehalten von Christian Havestadt am 8. Januar 1907 beim Verein für Eisenbahnkunde zu Berlin. Abgedruckt in: ''[[Glasers Annalen|Glasers Annalen für Gewerbe und Bauwesen]]'', Nr.&nbsp;714, 15. März 1907, S.&nbsp;101–115.</ref> Das kohlebetriebene [[Elektrizitätswerk]] bestand aus einem zweischiffigen Hallenbau von je 13&nbsp;m lichter Weite. Ein Teil enthielt die Maschinen, der andere Teil die Kessel. „Die Architektur ist einfach gehalten. Die Umfassungswände sind mit Ausnahme der hinteren voll im Ziegelbau ausgeführt und geputzt, während letztere zum Zwecke des bequemen Versetzens bei baulicher Erweiterung, sowie die Zwischenwand zwischen Maschinen- und Kesselhaus als Eisen-Fachwerkswand ausgebildet sind.“<ref name="Block" /><br />
<br />
Die Maschinenhalle war mit einer Kolben[[dampfmaschine]] von 300&nbsp;PS und zwei [[Dampfturbine]]n von je 1000&nbsp;PS Leistung ausgestattet. In der anderen Halle erzeugten vier [[Wasserrohrkessel]] [[Wasserdampf|Dampf]] von 300&#8239;°C und einem Druck von 12&nbsp;[[Physikalische Atmosphäre|atm]]. Eine [[Gleichstrommaschine]] versorgte die Treidellokomotiven und die [[Laufkatze]]n der [[Schleuse Kleinmachnow]]. Über landeinwärts verlegte [[Kabel|Hochspannungskabel]] belieferte zudem eine [[Drehstrommaschine]] externe Kunden mit Strom,<ref>Jan Feustel, Horst Köhler: ''Lebensader durch Sumpf und Sand'', … S.&nbsp;60.</ref> darunter ab 1908 die Teltower Altstadt mit Landratsgebäude, Rathaus und besonderen Kunden, ab 1910 Teltow-Seehof, die [[Kleinmachnow]]er Villenkolonie und Grundstücke [[Bäke (Telte)#Hake’scher Gutshof mit Burg und Schloss|derer von Hake]] und seit 1912 den Dorfplatz in [[Stahnsdorf]].<ref name="Edis">[http://www.industriemuseum-regionteltow.de/edis.htm Industriemuseum Region Teltow e.&#8239;V., e.dis] ''100 Jahre Strom für die Region Teltow''.</ref> Die maschinellen Anlagen wurden von der [[Siemens-Schuckertwerke]] GmbH als Hauptunternehmen hergestellt.<ref name="Block" /> Bereits 1910 pachteten die ''Berliner Vororts-Elektrizitätswerke'' (BVEW), eine Tochtergesellschaft der [[AEG]], das Kraftwerk Schönow. 1938 ging das Werk in das Eigentum der ''Teltower Kreiswerke GmbH'' (TKW) über, denen es auch zu Beginn der 2010er Jahre gehört.<ref name="Edis" /> Das Kraftwerksgebäude ist weitgehend erhalten, während der 45&nbsp;Meter hoch aufragende Schornstein abgetragen wurde.<br />
<br />
=== Werftbetrieb und Schiffbau ===<br />
{{Siehe auch|Liste von Schiffbauten der Teltow-Werft|Zu weiteren Schiffbauten}}<br />
<br />
1921 ging der Bauhof in die Teltow-Werft und 1924 die Kreis-Kanalkommission in die Teltowkanal AG über. Der erste Direktor der AG, Cantignon, „wandelte den Bauhof in eine leistungsfähige [[Binnenschiffswerft]] um“,<ref name="Feustel57" /> die über ihre ursprünglichen Aufgaben hinaus kleinere [[Binnenschiff]]e und Ausflugsdampfer produzierte. An der AG waren das [[Deutsches Reich|Deutsche Reich]] und der Landkreis Teltow zu gleichen Teilen beteiligt. Die Personenschifffahrt, der Treidelbetrieb und die Werft verblieben im Alleineigentum des Brandenburger Kreises, auch wenn Zehlendorf seit 1920 zu Berlin gehörte.<ref>''100 Jahre Teltowkanal 1906–2006 – Festschrift der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung …'', S.&nbsp;58</ref><br />
<br />
==== Innovative Schweißtechnik und Fahrgastschiff ''Zehlendorf'' ====<br />
[[Datei:Teltow-Werft 6 Teltowkanal.JPG|mini|Zweites Verwaltungsgebäude von 1926/1927 und Maschine der „Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik“ für den Schiffbau]]<br />
<br />
Für den [[Schiffbau]] setzte die Werft unter anderem Maschinen der 1848 von [[Johann von Zimmermann]] gegründeten „Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik“ ein. Mit einer Maschinenseite wurden Eisenplatten für die Schiffe [[Schneidwerkzeug|zugeschnitten]], die andere Seite diente dem [[Stanzen (Verfahren)|Stanzen]] von [[Niet]]löchern. Eine dieser Maschinen ist an der Zufahrt zur Werft aufgestellt. Nach Darstellung von [[Jan-Michael Feustel|Jan Feustel]] leistete die Werft Mitte der 1920er Jahre technische Pionierarbeit im elektrischen [[Lichtbogen]]schweißen, das sie innovativ im Schiffbau anwendete.<ref name="Feustel57ff">Jan Feustel, Horst Köhler: ''Lebensader durch Sumpf und Sand'', … S.&nbsp;57&nbsp;ff</ref> Mit dieser neuen Technologie baute die Werft trotz fehlender offizieller Genehmigungen und zahlreicher Skeptiker, die laut Firmenchronik ohne Vertrauen in die neue Technik „vieles hineinbauen wollten, was nicht nötig war“, das erste rundum verschweißte Fahrgastschiff in Deutschland, die ''Zehlendorf'', die 1927 vom Stapel lief. Ursprünglich für 500&nbsp;Passagiere ausgelegt, wurde das Schiff später um acht Meter verlängert und für 730&nbsp;Personen ausgebaut. Die ''Zehlendorf'', im Volksmund „Kaffee Vaterland“ getauft, war jahrelang das beliebteste und größte Ausflugsschiff auf den Berliner und Brandenburger Gewässern.<ref name="Feustel57ff" /><br />
<br />
Nach mehrjähriger störungsfreier Fahrt der ''Zehlendorf'' waren auch die Skeptiker von den Vorteilen der neuen Schweißtechnik&nbsp;– geringere Herstellungskosten, weniger Gewicht, höhere Tragfähigkeit und ein um 20 % festerer Schiffskörper&nbsp;– überzeugt. Das Verfahren wandte die Werft nun auch bei anderen Schiffstypen an. So entstanden als Laboratoriumsschiff zur Überwachung von Betonbauten der [[Eisbrecher]] ''Eisbär'' und für den Dienst auf dem [[Griebnitzsee]] der 225&nbsp;PS [[Schlepper (Schiffstyp)|Schlepper]] ''Havel''. Ferner konstruierte die Teltow-Werft den Schlepper ''Machnow'', ein dank seiner patentierten [[Kortdüse]] trotz seiner lediglich 55&nbsp;PS besonders leistungsfähiges Schiff. Anschließend übertrug die Werft das Schweißverfahren auf die Herstellung von zwei Kränen mit 6&nbsp;t Hubkraft und 16 beziehungsweise 21&nbsp;Metern Auslegerhöhe für die Kanalhäfen [[Berlin-Lankwitz|Lankwitz]] und [[Berlin-Steglitz|Steglitz]]. Die Werft expandierte, baute im neuen Schweißverfahren eine weitere Lagerhalle, einen Kohlebunker und eine große Schiffbauhalle und überstand dank ihrer kostengünstigen Technologie die [[Weltwirtschaftskrise]] vergleichsweise gut.<ref name="Feustel57ff" /><br />
<br />
==== Kriegsauswirkungen und deutsche Teilung ====<br />
Bis 1943 hatte der [[Zweiter Weltkrieg|Zweite Weltkrieg]] nur geringe Auswirkungen auf den Kanalverkehr und den Betrieb der Werft. Zwischen 1943 und 1945 wurde der Treidelbetrieb durch Bombenschäden stark beeinträchtigt und im Mai 1945 war die Wasserstraße für die Schifffahrt nicht mehr nutzbar, da die [[Wehrmacht]] bei Rückzugsgefechten vor der [[Rote Armee|Roten Armee]] fast sämtliche [[Liste der Brücken über den Teltowkanal|Teltowkanalbrücken]] gesprengt hatte. 1949 wurde der Treidelbetrieb endgültig aufgegeben, die Anlagen wurden zwischen 1949 und 1952 abgerissen und größtenteils verschrottet. Auch die Leinpfadbrücke über der Hafeneinfahrt wurde demontiert. In der [[Nachkriegszeit in Deutschland|Nachkriegszeit]] blieb der Kanalverkehr stark eingeschränkt, denn im Juli 1950 sperrte die DDR die Wasserstraße an der [[Innerdeutsche Grenze|Innerdeutschen Grenze]] in [[Berlin-Rudow|Rudow]] und Kleinmachnow, sodass der Kanal von und nach Westen unzugänglich war.<ref name="Festschrift59">''100 Jahre Teltowkanal 1906–2006 – Festschrift der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung …'', S.&nbsp;59</ref><br />
<br />
==== Schiffbauten in den 1950er Jahren ====<br />
[[Datei:WP Kaisertor Lübeck 1900.jpg|mini|Die ''Oberbürgermeister Zelle'' als ''[[Lubeca]]'' vor dem [[Kaisertor]] bei der Eröffnung des [[Elbe-Lübeck-Kanal]]s 1900]]<br />
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Trotz der Beeinträchtigungen baute die Werft in den 1950er Jahren weiter Schiffe. Dabei fertigte sie unter anderem Fahrgastschiffe für die [[Stern und Kreisschiffahrt]] an, seit 1934 ein 100 %iges Tochterunternehmen der Teltowkanal AG, die wiederum seit Mai 1952 im Besitz [[West-Berlin]]s und der Bundesrepublik war. 1954 lief das Motorschiff ''[[Havelfee|Kohlhase]]'' vom Stapel, benannt nach [[Hans Kohlhase]], dem Namensgeber für [[Berlin-Kohlhasenbrück|Kohlhasenbrück]], westlich der Werft am Kanal gelegen. 1965/1966 erfolgte ein Umbau und eine Verlängerung um sechs Meter. Das Fahrgastschiff verfügt über eine Leistung von 137&nbsp;[[Pferdestärke|PS]]/118&nbsp;[[Watt (Einheit)|kW]], eine Länge von 24,22&nbsp;m, eine Breite von 4,81&nbsp;m und einen Tiefgang von 1,30&nbsp;m.<ref>[https://berliner-verkehr.de/html_neu/hauptstrasse83f.de/nahverkehr/fahren-schifffahrt/schiffe-schiffstypen/index.html Berliner Verkehr, Schiffe, Schiffstypen]</ref> Das für 230&nbsp;Personen ausgelegte Schiff der Stern- und Kreisschiffahrt wurde im [[Fährverkehr in Berlin|Fährbetrieb]] der [[Berliner Verkehrsbetriebe|BVG]] (jetzt als Linie&nbsp;[[Fährlinie F10|F10]] bezeichnet) auf der [[Havel]] vom [[Bahnhof Berlin-Wannsee|S-Bahnhof Wannsee]] nach [[Berlin-Kladow|Kladow]] eingesetzt. 1957 wurden auf der Teltow-Werft die ''[[Ernst Reuter (Schiff, 1957)|Ernst Reuter]]'' und die ''[[Jupiter (Schiff, 1957)|Jupiter]]'' für die Stern und Kreisschiffahrt gebaut.<br />
<br />
Neben den Neubauten führte die Teltow-Werft Instandsetzungen und Umbauten sowie Totalneuaufbauten von [[Wrack]]s durch, darunter der 1896 in den [[Stettiner Oderwerke|Oderwerken in Stettin]] als Dampfer gebauten ''Oberbürgermeister Zelle'' (nach dem Berliner Oberbürgermeister [[Robert Zelle]] benannt). Der Rumpf des 1945 versenkten Schiffs wurde nach seiner Auffindung 1959/1960 für einen Totalneuaufbau verwendet. Das nunmehr zum Motorschiff umgerüstete und unter dem Namen ''[[Lichterfelde (Schiff, 1896)|Lichterfelde]]'' fahrende Schiff wurde bis 2014 gleichfalls auf der Fährlinie nach Kladow eingesetzt.<br />
<br />
==== Das Ende der Werft 1962 ====<br />
Das Ende der Teltow-Werft kam ein Jahr nach dem Bau der [[Berliner Mauer]]. Aufgrund der abgeriegelten Lage war sie dem Konkurrenzdruck nicht mehr gewachsen und stellte am 31. Dezember 1962 den Betrieb ein. Allerdings nutzte die Stern und Kreisschiffahrt den Hafen sporadisch weiter und kleinere Reparaturarbeiten wurden auf dem Gelände auch in der Folgezeit durchgeführt.<ref name="Festschrift59" /> Die Kesselhalle des Kraftwerks Schönow wurde bis in die 2000er Jahre als Lager genutzt.<ref>Kirsten Graulich: [http://www.pnn.de/pm/189327/ ''Auf den Spuren der Teltow-Werft''.] In: ''[[Potsdamer Neueste Nachrichten]]'', 22. Juni 2009.</ref> Die in den 1950er Jahren gebauten oder umgebauten Schiffe werden teilweise noch heute (Stand&nbsp;2010) von der Stern und Kreisschiffahrt, seit 1992 im Besitz der [[Hegemann-Gruppe]], und von weiteren Unternehmen eingesetzt. Dazu zählt die 1954 auf der Werft umgebaute ''[[Mocambo]]'' von 1872, die zu den ältesten noch in Fahrt befindlichen Fahrgastschiffen in Deutschland gehört.<br />
<br />
{{Anker|Denkmalschutz}}<br />
<br />
== Denkmalschutz und Bebauungsplan 2009 ==<br />
Da das Gelände für den Betrieb des Kanals nicht mehr benötigt wird, „soll das gesamte Areal einer Wohnnutzung mit eingebundenen Einzelhandels-, Gastronomie- und Dienstleistungseinrichtungen zugeführt werden.“<ref name="PlanBA3" /> Auf Antrag eines Vorhabenträgers entwarf das Bezirksamt [[Bezirk Steglitz-Zehlendorf|Steglitz-Zehlendorf]] 2009 einen [[Bebauungsplan (Deutschland)|Bebauungsplan]] unter dem Konzept des [[Mehrgenerationenhaus |generationenübergreifenden Wohnens]]. „Im Ergebnis soll […] ein kleines eigenständiges Wohngebiet entstehen, das sowohl eine ausgeprägte eigene Identität aufweisen wird, gleichzeitig jedoch als Teil des übergeordneten Siedlungs- und Landschaftsraums erfahrbar werden soll.“<ref>Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;15,&nbsp;18</ref><br />
<br />
=== Eigentumsverteilung und Erhaltungsgebot ===<br />
Die Teltowkanal AG und damit auch die Teltow-Werft gingen 2007 in der neugegründeten „B&nbsp;Plus&nbsp;Planungs-AG“ auf, einer 100 %igen Tochtergesellschaft der [[BEHALA]].<ref>{{Webarchiv|text=Homepage B&nbsp;Plus&nbsp;Planungs-AG, ''Wir über uns''. |url=http://www.b-plus-ag.de/6.0.html |wayback=20080528211352 }}</ref> Das Areal der Werft und des ehemaligen Kraftwerks Schönow umfasst eine Fläche von rund 34.600&nbsp;m². Der größte Teil, 29.000&nbsp;m² (Werft; Vorhabenbereich im Bebauungsplan&nbsp;2009), befindet sich im Eigentum der B&nbsp;Plus. Der Rest von 5.600&nbsp;m² (Kraftwerk; Ergänzungsbereich im Bebauungsplan) gehört der „Teltower Kreiswerke&nbsp;GmbH“, an der verschiedene brandenburgische [[Gebietskörperschaft (Deutschland)|Gebietskörperschaften]] beteiligt sind. Eigentümerin der südlich angrenzenden Uferbereiche des Teltowkanals ist die [[Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes]].<ref>Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;8&nbsp;f.</ref> Während die Uferzone aus landschaftsplanerischen Gründen im Bundesbesitz bleiben soll, bemüht sich insbesondere die B&nbsp;Plus seit Jahren um einen Verkauf des Grundstücks. Da das Gesamtensemble der Werft unter dem Namen Bauhafen<ref>{{LDLBerlin|09075893}} Gesamtensemble, Bauhafen</ref> und das ehemalige Kraftwerk<ref>{{LDLBerlin|09075894}} Kraftwerk Schönow</ref> als [[Kulturdenkmal|Bau- und Kulturdenkmal]] unter Schutz stehen, müssen Investoren den [[Denkmalschutz]]es berücksichtigen. Im Bebauungsplan betonte das Bezirksamt das generelle Erhaltungsgebot für die [[konstitutiv]]en Bestandteile der Gesamtanlage:<br />
<br />
{{Zitat|In der Denkmalbegründung wird betont, dass diese baulichen Anlagen als Zeugnisse des Kanalbaus von besonderer geschichtlicher Bedeutung sind. Der Kanal ist als besondere Errungenschaft der Industrie-, Verkehrs- und Technikgeschichte des damaligen Deutschen Reichs anzusehen. Weiterhin wird die baukünstlerische Qualität der Bauten hervorgehoben. Als Zeugnis der fortschreitenden Technisierung des Schiffsbaus sowie der Entwicklung der Treideltechnik wird dem Werftensemble darüber hinaus eine wissenschaftliche Bedeutung bescheinigt. Der Hafen und seine Bebauung prägen die Landschaft am Teltowkanal. Die Gesamtanlage erhält dadurch auch eine besondere städtebauliche Bedeutung. […] Bauliche Ergänzungen stehen mit dem Denkmalinteresse nicht in Widerspruch, sie müssen aber auf die Wirkung der Gesamtanlage Bezug nehmen. Sie sollen genügenden Abstand zu den Baudenkmalen wahren. Die prägenden Hauptachsen innerhalb der Anlage (Kanalufer mit Treidelweg, Hauptschienentrasse und die ehemalige Landstraße von Schönow nach Kleinmachnow) sollen erkennbar bleiben und in die Freiflächengestaltung einbezogen werden.|Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, Bebauungsplan&nbsp;2009<ref>Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;12&nbsp;f.</ref>}}<br />
<br />
Allerdings soll die denkmalgeschützte nördliche Lagerhalle, 1930 von der Teltowkanal AG erbaut,<ref>{{LDLBerlin|09075900}} Nördliche Lagerhalle</ref> abgerissen werden, da laut Bebauungsplan das bauliche und städteplanerische Gesamtkonzept anders nicht umgesetzt werden kann.<ref name="PlanBA16ff">Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;16&nbsp;ff.</ref><br />
<br />
=== Lokschuppen im Zentrum der städtebaulichen Neuordnung ===<br />
[[Datei:Teltow-Werft 4 Teltowkanal.JPG|mini|Ehemaliges Pförtnerhaus und Lokschuppen von 1905/1907]]<br />
[[Datei:Teltow-Werft 5 Teltowkanal.jpg|mini|Lokschuppen, im Bebauungsplan als Zentrum der Siedlung vorgesehen, beispielsweise als Markthalle]]<br />
[[Datei:Teltow-Werft 3 Teltowkanal.JPG|mini|Windenhaus der Slipanlage von 1906/1907 (vorne) und Ölhaus von 1905, vorgesehen als Café oder Teehaus]]<br />
[[Datei:1906 ETZ Kraftwerk Teltowkanal Querschnitt.jpg|mini|Querschnitt der Kraftwerkshallen, als Lofts angedacht]]<br />
<br />
Die [[Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme|städtebauliche Neuordnung]] sieht vor, den [[Lokschuppen]] mit einer Grundfläche von rund 1350&nbsp;m² zum Zentrum des neuen Wohngebiets umzunutzen. Der Schuppen wurde 1905–1907 nach einem Entwurf der Sozietät Havestadt & Contag von der Teltowkanal-Bauverwaltung errichtet<ref>{{LDLBerlin|09075895}} Lokschuppen</ref> und weist heute eine [[Dachfirst|Firsthöhe]] von rund 10&nbsp;Metern auf. Die in der Spitze 15&nbsp;Meter hohe [[Laterne (Architektur)|Laterne]] über dem östlichen Bauteil ist nicht mehr vorhanden. Eine von den sonstigen Höhen abweichende textliche Festsetzung im Bebauungsplan soll die Möglichkeit eröffnen, die Laterne wiederherzustellen.<ref>Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;23.</ref> Der Lokschuppen soll ähnlich einer [[Markthalle]] offen gestaltet werden. Das vorgesehene Nutzungsspektrum reicht von kleinteiligem Einzelhandel über die Gastronomie bis zu ergänzenden Dienstleistungen. Die weite Fläche zwischen dem Schuppen und dem Hafenbecken soll mit Wohnhäusern bebaut werden, die die historische Bebauung mit den bereits vor längerer Zeit abgerissenen Werkstätten in veränderter Form erfahrbar machen. Die Anordnung der Gebäude soll so erfolgen, dass der Raum vor der Lokomotivhalle geöffnet bleibt und den Charakter eines offenen, urbanen Platzes annimmt. „Eine exponierte Zentralität im Sinne eines Platzes war zwar historisch nicht intendiert gewesen, in der Gestaltung der Südfassade des Lokschuppens sind allerdings Elemente erkennbar, die diese besondere Raumbeziehung zumindest andeuten.“<ref name="PlanBA16ff" /><br />
<br />
Die weitere ergänzende Neubebauung aus einzelstehenden Mehrfamilienwohnhäusern und Stadtvillen soll hinsichtlich baulicher Dichte und Gebäudehöhe gestaffelt von Nord nach Süd erfolgen und die historischen [[Sichtachse]]n des Werftgeländes erhalten.<ref name="PlanBA16ff" /><br />
<br />
=== Weitere denkmalgeschützte Gebäude und ihre geplante Nutzung ===<br />
Auch die weiteren erhaltenen Altbauten werden denkmalgerecht instand gesetzt und modernisiert. Dabei soll ihr äußeres Erscheinungsbild weitgehend unverändert und das Innere den neuen Nutzungen angepasst werden.<ref name="PlanBA16ff" /> Die Altbauten sind&nbsp;– über das geschützte Gesamtensemble hinaus&nbsp;– in der Berliner [[Denkmalliste]] unter der Adresse Sachtlebenstraße 60 und 66 unter je gesonderten Denkmal-Nummern auch einzeln angeführt.<br />
<br />
Das unmittelbar am Kanal und Bauhafen gelegene erste Verwaltungsgebäude im Landhausstil aus den Jahren 1905/1907 ist bereits seit langem zu einem Wohnhaus umgebaut und soll diese Funktion behalten. Auch das Pförtnerhaus, das ehemalige Betriebsbüro und Meisterwohnhaus aus den Jahren 1905/1907<ref>{{LDLBerlin|09075895}} Verwaltungsgebäude, Pförtnerhaus, Werkstatt</ref>, soll wie bereits zurzeit ein Wohn- und Bürohaus bleiben. Das gleichfalls denkmalgeschützte Ölhaus<ref>{{LDLBerlin|09075896}} Ölhaus</ref> von 1905 mit einer [[Nutzfläche]] von 27&nbsp;m² schlägt der Bebauungsplan für eine gastronomische Nutzung als [[Teehaus]] oder Eiscafé vor. Über die Verwendung des mit 12&nbsp;m² Nutzfläche noch kleineren Windenhauses<ref>{{LDLBerlin|09075897}} Windenhaus mit Slipanlage</ref> der [[Slipanlage]] aus den Jahren&nbsp;1906/1907&nbsp;– wie das Ölhaus in relativ gutem baulichen Zustand&nbsp;– ist noch nicht entschieden.<ref name="PlanBA4f,17">Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;4&nbsp;f, 17.</ref> Sämtliche vorstehenden Gebäude wurden nach Plänen von Havestadt & Contag durch den [[Bauherr]]n Teltowkanal-Bauverwaltung errichtet.<br />
<br />
Das 1926/1927 von der Teltowkanal AG durch Ernst Eichelkraut Nachf. errichtete und 1938/1939 umgebaute zweite Verwaltungsgebäude<ref>{{LDLBerlin|09075899}} Zweites Verwaltungsgebäude von 1926/1927</ref> ist ebenfalls für Wohnzwecke vorgesehen. Sein prägendes Gestaltungselement, ein steiles [[Walmdach]] mit [[Erker]]n, wurde nach seiner Kriegszerstörung durch ein flaches Walmdach ersetzt und kann laut Festsetzung wiederhergestellt werden.<ref>Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;13&nbsp;f.</ref> Das denkmalgeschützte und zurzeit überwiegend als Lager genutzte [[Umspannwerk]] soll ein an sozialen und gesundheitlichen Themen orientiertes Profil, beispielsweise mit Arztpraxen oder [[Physiotherapie]], erhalten. In einem kleinen Teil des Gebäudes, das über eine Nutzfläche von rund 300&nbsp;m² verfügt, befindet sich auch heute noch eine [[Transformatorenstation|Trafostation]].<ref name="PlanBA4f,17" /> Die ursprüngliche Umformerstation stammt aus dem Jahr 1910 und wurde im Auftrag der Teltowkanal-Bauverwaltung von dem Architekten/Baugeschäft [[Adolf Born (Architekt)|Adolf Born]] entworfen. 1919/20 wurde sie auf die heutige Größe erweitert.<ref>{{LDLBerlin|09075898}} Umformerstation (Umspannwerk)</ref><br />
<br />
Das Kraftwerk Schönow<ref>{{LDLBerlin|09075894}} Elektrizitätswerk (Kraftwerk Schönow)</ref> von 1904/1905 und sein später angebautes Verwaltungs- und Wohngebäude gehören mangels eines Vorhabenträgers nicht zum Vorhabenbereich des Bebauungsplans, sind aber als Ergänzungsbereich ausgewiesen. Sie sollen in einem zweiten Bauabschnitt gleichfalls saniert und als Wohngebäude genutzt werden. Dabei ist für die beiden rund 14 bis 17&nbsp;m hohen Kraftwerkshallen an [[Loftwohnung|Lofts]] gedacht, soweit die denkmalrechtlichen Auflagen diese Nutzung erlauben.<ref>Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;17&nbsp;f.</ref><br />
<br />
{{Anker|Brücken}}<br />
=== Hafenbecken und Brücken ===<br />
Das Hafenbecken soll als weiteres wesentliches Element erlebbar gestaltet und mit Liegeplätzen ausgestattet werden. Allerdings kommt dem Hafen laut Bebauungsplan als [[Marina (Hafen)|Marina]] keine strategische Schlüsselfunktion in der Planung zu, da die Berliner Segelgewässer rund zwei Stunden entfernt liegen, die [[Segeln|Segler]] die Schleuse Kleinmachnow überwinden müssten und der Teltowkanal zudem seit seiner Öffnung und Sanierung nach der [[Deutsche Wiedervereinigung|deutschen Wiedervereinigung]] wieder intensiv durch die [[Binnenschifffahrt|Berufsschifffahrt]] genutzt wird.<ref name="PlanBA16ff" /> Da die aus dem Jahr 1907 stammende Uferbefestigung abgesackt war, wurde das Kanalufer an der Werft bereits 2002/2003 auf einer Länge von rund 60&nbsp;m instand gesetzt. Dabei wurde die alte Ufersicherung aus [[Spundwand|Holzspundbohlen]] und [[Stahlbeton]]platten durch eingepresste Stahlspundbohlen ersetzt. Zudem wurde eine nicht mehr standsichere 96&nbsp;m lange, mit [[Klinker]] verkleidete und aus einzelnen [[Gewölbe]]segmenten bestehende [[Gewichtsstaumauer|Schwergewichtsmauer]] auf einer Länge von 80&nbsp;m abgebrochen. Die restlichen 16&nbsp;m wurden in Abstimmung mit der [[Denkmalbehörde|Denkmalschutzbehörde]] gesichert.<ref>[http://www.wsa-b.de/archiv/projekte_archiv/2003/uferinstands_teltowwerft/index.html Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin]{{Toter Link|date=2018-03-25 |url=http://www.wsa-b.de/archiv/projekte_archiv/2003/uferinstands_teltowwerft/index.html }} ''Uferinstandsetzung Teltowwerft.''</ref><br />
<br />
Wie das Gesamtgelände soll auch der Treidelweg am Kanal für Fußgänger und Radfahrer geöffnet werden. Dazu soll ein neuer Steg die abgerissene Leinpfadbrücke über der Hafeneinfahrt ersetzen.<ref name="PlanBA19f">Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;19&nbsp;f.</ref> Der [[Teltowkanalweg]], [[Wanderweg]]&nbsp;17<ref>[http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/berlin_move/de/hauptwege/weg17.shtml Senatsverwaltung für Stadtentwicklung] Teltowkanalweg</ref> der [[20 grüne Hauptwege|20&nbsp;grünen Hauptwege<sup>®</sup>]] Berlins,<ref>[http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/berlin_move/de/hauptwege/index.shtml Senatsverwaltung für Stadtentwicklung] 20&nbsp;grüne Hauptwege<sup>®</sup> Berlins.</ref> wird durch diese Maßnahme im ehemaligen Werftbereich an den Kanal herangeführt. Bislang muss das eingezäunte Gelände umgangen werden. Allerdings bleibt die Umgehung des westlich direkt anschließenden [[Augustinum Gruppe|Augustinums Kleinmachnow]] nach wie vor erforderlich. Auch die 1945 von der Wehrmacht gesprengte Teltow-Werft-Brücke am Ende der Sachtlebenstraße soll möglicherweise wiedererrichtet werden. Die Stahlkonstruktion aus dem Jahr 1906 führte nicht nur die Treidelbahnen über den Kanal, sondern war auch für Fußgänger passierbar. Für den Wiederaufbau dieser Verbindung zwischen Berlin und Brandenburg setzen sich seit längerem verschiedene Bürgerinitiativen wie die Interessengemeinschaft Teltowkanalaue<ref>[http://www.teltowkanalaue.de/index.php Interessengemeinschaft Teltowkanalaue]</ref> und Politiker wie der brandenburgische Landtagsabgeordnete [[Jens Klocksin]] ein.<ref> [http://www.pnn.de/pm/148230/ ''Klocksin will Teltow-Werft-Brücke''.] In: ''[[Potsdamer Neueste Nachrichten]]'', 21. April 2005</ref> Auf Antrag der [[SPD Berlin|SPD]] und der [[Bündnis 90/Die Grünen Berlin|Grünen]] beschloss die [[Bezirk von Berlin#Bezirksverordnetenversammlung|Bezirksverordnetenversammlung]] Steglitz-Zehlendorf im Juni&nbsp;2003 einen Antrag an das Bezirksamt, die Kosten zum Wiederaufbau der Brücke für Fußgänger und Radfahrer zu prüfen.<ref>{{Webarchiv|text=Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin, Drucksache Nr. 632/II (neu) |url=http://www.berlin.de/imperia/md/content/basteglitzzehlendorf/bvv/2wahlperiode/vorlagen_zur_kenntnisnahme/0407.pdf?start&ts=1242986466&file=0407.pdf |wayback=20140110172451 }} (PDF; 1,4&nbsp;MB) Beschluss Nr.&nbsp;407 der 17. ordentlichen, öffentlichen Sitzung am 18. Juni 2003.</ref><br />
<br />
[[Datei:Stumpf ehemalige Teltow-Werft-Brücke Teltowkanal.JPG|mini|Brückenkopf der ehemaligen Teltow-Werft-Brücke mit Schienen der Treidelbahn]]<br />
<br />
Ende Juni 2003 teilte das Bezirksamt mit, dass das Brückenvorhaben über die länderübergreifende [[Bundeswasserstraße]] in das Planverfahren [[Verkehrsprojekte Deutsche Einheit#Wasserwege|Verkehrsprojekt „Deutsche Einheit“&nbsp;17]] (VDE Nr.&nbsp;17) einbezogen werden muss und damit in die Zuständigkeit der Verwaltungen der Landesregierungen fällt. Die Projektkonzeption für den Wiederaufbau läge vor und laut Senatsverwaltung für Stadtentwicklung seien zwei geeignete Brücken vorhanden beziehungsweise eingelagert. Das Projekt sei beim [[Senat von Berlin|Senat]] bekannt und im Entwurf der Berliner [[Lokale Agenda 21|Lokalen Agenda&nbsp;21]] im Abschnitt&nbsp;2.2.1 Verkehr / Mobilität aufgeführt. Zur Teltower Lokalen Agenda&nbsp;21 bestünde Kontakt.<ref>{{Webarchiv|text=Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, Abt. Jugend, Gesundheit und Umwelt |url=http://demo4.aim-site.de/fileadmin/PDF/Kongress2002/protokoll.pdf |wayback=20160304030541 }} (PDF) Protokoll vom 30. Juni 2003 über das Treffen zur ersten Auswertung der Ergebnisse (nach dem Zukunftskongress vom 26. Oktober 2002) im Rathaus Zehlendorf am 24. Juni 2003. Siehe 2.&nbsp;AG: Vernetzung mit dem Umland – Radwege, Lücken aus Grenzzeit schließen.</ref><br />
<br />
Zudem sind der Brückenkopf und die Gleistrasse der Treidelbahn, die vom Lokschuppen zur Brücke führte, als historische Zeugnisse erhalten. Zwar kann die Wiederherstellung der Brücke im Rahmen der vorgesehenen Grundstücksentwicklung nur begrenzt gefördert werden, allerdings setzt der Bebauungsplan den Bereich als [[Flächenverbrauch#Siedlungs- und Verkehrsfläche|öffentliche Verkehrsfläche]] fest, um „die Anlage einer Zuwegung (Radweg/Gehweg) zum Brückenkopf der ehemaligen Brücke nach Teltow [zu] ermöglichen“ und um die Attraktivität und Vernetzung der bereits bestehenden Radwege zu steigern.<ref>Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;17, 20, 24, 28.</ref><br />
<br />
=== Ökologische Aspekte ===<br />
Im [[Landschaftsprogramm]] ist das Areal im Teilplan [[Naturhaushalt]]/[[Umweltschutz]] zwar als Industrie- und Gewerbegebiet ausgewiesen, doch kommen durch die Nutzungsänderung zum Wohngebiet die Anforderungen dieses Teilplans nicht mehr zum Tragen. Der Teilplan [[Erholung]] und [[Freiraumplanung|Freiraumnutzung]] stuft das Gebiet als sonstige Fläche außerhalb von Wohngebieten ein, sodass Konzepte für die Erholungsnutzung und die Wegeverbindung entwickelt werden müssen. Durch die Umnutzung sind zudem die umliegenden Grünflächen und Kleingärten in das Entwicklungskonzept einzubeziehen. Der Teilplan [[Biotopschutz|Biotop-]] und [[Artenschutz]] ordnet das Gelände räumlich dem Teltowkanal zu und betrachtet es als überformte [[Niederung]].<br />
<br />
{{Zitat|Zielsetzung für diesen Bereich ist die Berücksichtigung des naturräumlichen Zusammenhangs. Angestrebt werden der Erhalt von Freiflächen in Niederungs- und Hangbereichen mit ihren typischen Vegetationsbeständen und die Anlage von gewässerbegleitenden Grün- und Freiflächen, insbesondere für feuchteliebende Arten. Östlich des Plangebietes sind am Teltowkanal Artenreservoire / Verbindungsbiotope für die vorrangige Entwicklung von Arten feuchter und nasser Standorte dargestellt. Darüber hinaus wird nach Norden hin eine [[Biotopverbund|Biotopverbindung]] vom Hafenbecken zum Buschgraben vorgesehen.|Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, Bebauungsplan&nbsp;2009<ref>Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;11.</ref>}}<br />
<br />
[[Datei:Teltow-Werft 7 Teltowkanal.JPG|mini|Bauhafen, erstes Verwaltungsgebäude von 1905/1907 im Landhausstil und Baumreihe vor dem [[Augustinum Gruppe|Augustinum]] Kleinmachnow]]<br />
<br />
Hinsichtlich des Artenschutzes kommt dem Areal keine Bedeutung zu. Faunistisch ist laut Bebauungsplan allenfalls mit [[Fledermäuse|Fledermausvorkommen]] und mit Lebensstätten gebäudebrütender [[Vögel|Vogelarten]] zu rechnen. Die Vegetation kennzeichnen [[Holz|Gehölzbestände]] zur Eingrünung der Gewerbeflächen oder [[Ruderalvegetation|Ruderalfluren]] auf den ungenutzten Flächen. In den Anpflanzungen kommen [[Pappeln]] und in deren [[Stratifikation (Ökologie)|Strauchschicht]] Ziergehölze wie [[Schneebeeren|Schneebeere]] und [[Europäischer Pfeifenstrauch|Pfeifenstrauch]] vor. Im Böschungsbereich zwischen Hafenbecken und Grundstücksgrenze befinden sich überwiegend Altbäume wie [[Eichen]]. Entlang des Hafenbeckens zieht sich ein [[Robinien]]-[[Vorwald]] und an der Slipanlage sowie vor einer Lagerhalle an der Sachtlebenstraße liegen zwei Teilflächen mit [[Ahorne|Ahorn-]]Aufwuchs. Hinzu kommen einzeln stehende Gehölze wie [[Birken]], [[Koniferen|Nadelgehölze]], zwei große Ahorne, eine [[Buchen|Buche]] und ein [[Silber-Ahorn]]. Am Nordrand wurde eine aufgrund ihres Alters und Pflegezustandes inzwischen lückige Baumreihe aus [[Pyramidenpappel]]n gepflanzt. Die Grünstrukturen der näheren Umgebung kennzeichnen Kleingärten, der Grünzug am Buschgraben und die stark durchgrünten Außenanlagen des Wohnstifts Augustinum, das als fünf-geschossiger, rund 250&nbsp;m langer Gebäudekomplex das Areal westlich des Bauhafens scharfkantig begrenzt. Die unbefestigte Sachtlebenstraße wird von Bäumen und Gehölzen gesäumt.<ref>Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;5&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Zum [[Eingriffsregelung in Deutschland|Ausgleich der Beeinträchtigungen in Natur und Umwelt]], die das Bauvorhaben mit sich bringt, soll das neue Siedlungsgebiet stark durchgrünt, den Wohnhäusern Gärten zugeordnet und die ökologische Funktion des Kanalufers gewährleistet werden. Textlich festgesetzt ist unter anderem, dass der vorhandene Baumbestand erhalten und gepflegt wird und dass insbesondere an den Gebietsgrenzen großkronige Bäume wie [[Stieleiche]]n mit einem Mindeststammumfang von 16–18&nbsp;cm nachgepflanzt werden.<ref>Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;10, 18, 25, 27; siehe auch „Pflanzliste“ S. 34&nbsp;f.</ref> Die teils sumpfig-moorigen, teils sandigen [[Boden (Bodenkunde)|Böden]] der ehemaligen [[Flur (Gelände)|Feldflur]] in der [[Bäke (Telte)|Bäkeniederung]] sind auf dem Werftgelände durch Aufschüttungen stark [[anthropogen]] überformt und zu rund 40 % [[Flächenversiegelung|versiegelt]]. In einigen Bereichen wurden erhöhte [[Mineralölkohlenwasserstoffe|MKW]]-Werte und [[Schadstoff|Verunreinigungen]] durch [[Schwermetalle|Schwermetall-]], [[Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe|PAK-]] und [[Polychlorierte Biphenyle|PCB]]-Einträge festgestellt. Die Böden sollen saniert und zum Teil ausgetauscht werden.<ref>Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin: ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke …'', S.&nbsp;8&nbsp;f, 14.</ref><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* ''100 Jahre Teltowkanal 1906–2006 – Festschrift der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes.'' Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost, Magdeburg 2006.<!-- ohne ISBN --><br />
* ''Bebauungsplan&nbsp;6-21&nbsp;VE für die Grundstücke Sachtlebenstasse&nbsp;60, 64/66 und die Flurstücke 1328/3 und 3535/3 in Flur&nbsp;11 im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, Ortsteil Zehlendorf. Vorläufige Begründung. Für die frühzeitige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gem. §&nbsp;4&nbsp;(1)&nbsp;BauGB und für die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gem. §&nbsp;3 &nbsp;(1)&nbsp;BauGB.'' Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin, Entwurf mit Stand 14. Mai 2009. [http://www.berlin.de/imperia/md/content/basteglitzzehlendorf/abteilungen/bau/stadtplanung/bebauungsplaene/6-21ve/zb_begr_07.pdf?start&ts=1244196576&file=zb_begr_07.pdf berlin.de] (PDF)<br />
* ''Der Bau des Teltowkanals'', Abschnitt: ''Der Bauhof''. In: ''[[Zeitschrift für Bauwesen]]'', 56.&nbsp;Jg., 1906, Sp. 663/664.<br />
* [[Jan-Michael Feustel|Jan Feustel]], Horst Köhler: ''Lebensader durch Sumpf und Sand, 100&nbsp;Jahre Teltowkanal''. 1. Auflage. Hendrik Bäßler Verlag, 2006, ISBN 3-930388-36-7.<br />
* Kurt Groggert: ''Personenschiffahrt auf Havel und Spree''. Berliner Beiträge zur Technikgeschichte und Industriekultur, Band&nbsp;10. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 1988, ISBN 3-7759-0153-1.<br />
* Horst Köhler: ''Der Teltowkanal. Eine Lebensader im Süden Berlins''. Stapp Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-87776-036-8.<br />
* Karola Paepke, H.-J. Rook (Hrsg.): ''Segler und Dampfer auf Havel und Spree''. 1. Auflage. Brandenburgisches Verlagshaus, 1993, ISBN 3-89488-032-5.<br />
* Dieter und Helga Schubert: ''Fahrgastschifffahrt in Berlin''. Reihe: ''Bilder der Schifffahrt''. Sutton-Verlag, Erfurt 2007 ISBN 978-3-86680-120-2.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat}}<br />
{{Commonscat|Kraftwerk Schönow|Kraftwerk Schönow}}<br />
* [http://www.wsa-berlin.wsv.de/wasserstrassen/bundeswasserstrassen/teltowkanal/geschichte/index.html#Teltowwerft Die Teltowwerft] Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin<br />
* [http://www.berlin.de/imperia/md/content/basteglitzzehlendorf/abteilungen/bau/stadtplanung/bebauungsplaene/6-21ve/zb_projektplan_01_model__1__a3.pdf?start&ts=1244196576&file=zb_projektplan_01_model__1__a3.pdf Karte des Bebauungsplans 2009] (PDF)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Coordinate|article=/|NS=52.40598|EW=13.250241|type=landmark|region=DE-BE}}<br />
<br />
{{Lesenswert|15. Februar 2010|70649314}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=k|GND=1062971922|VIAF=311734631}}<br />
<br />
[[Kategorie:Teltowkanal]]<br />
[[Kategorie:Ehemalige Werft (Deutschland)]]<br />
[[Kategorie:Baudenkmal in Berlin]]<br />
[[Kategorie:Hafen in Berlin]]<br />
[[Kategorie:Binnenschifffahrt (Berlin)]]<br />
[[Kategorie:Berlin-Zehlendorf]]<br />
[[Kategorie:Ehemaliges Unternehmen (Berlin)]]<br />
[[Kategorie:Ehemaliges Unternehmen (Landkreis Teltow-Fläming)]]<br />
[[Kategorie:Industriedenkmal in Berlin]]<br />
[[Kategorie:Erbaut in den 1900er Jahren]]<br />
[[Kategorie:Technisches Denkmal in Berlin]]<br />
[[Kategorie:Geschichte der Binnenschifffahrt]]<br />
[[Kategorie:Produzierendes Unternehmen (Berlin)]]<br />
[[Kategorie:Produzierendes Unternehmen (Landkreis Teltow-Fläming)]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Nitrilotriessigs%C3%A4ure&diff=226887510Nitrilotriessigsäure2022-10-09T09:35:45Z<p>ToXiDoc!: /* Verwendung in der Forschung */</p>
<hr />
<div>{{Infobox Chemikalie<br />
| Strukturformel = [[Datei:Nitrilotriacetic acid 200.svg|200px|Strukturformel von Nitrilotriessigsäure]]<br />
| Name = Nitrilotriessigsäure (NTA)<br />
| Suchfunktion = C6H9NO6<br />
| Andere Namen = * Tris(carboxymethyl)amin<br />
* ''N'',''N''-Bis(carboxymethyl)glycin<br />
* Komplexon I<br />
* Titriplex I<br />
* Chelaplex I<br />
| Summenformel = C<sub>6</sub>H<sub>9</sub>NO<sub>6</sub><br />
| CAS = *{{CASRN|139-13-9}}<br />
*{{CASRN|18662-53-8|Q27281002}} (Nitrilotriessigsäure-Trinatriumsalzmonohydrat)<br />
| EG-Nummer = 205-355-7<br />
| ECHA-ID = 100.004.869<br />
| PubChem = 8758<br />
| ChemSpider = 8428<br />
| DrugBank = DB03040<br />
| Beschreibung = farblose Kristalle<ref name="Römpp">{{RömppOnline|ID=RD-14-01336|Name=Nitrilotriessigsäure|Abruf=2014-04-07}}</ref><br />
| Molare Masse = 191,14 g·[[mol]]<sup>−1</sup><br />
| Aggregat = fest<br />
| Dichte = <br />
| Schmelzpunkt = 241,5 [[Grad Celsius|°C]] <small>(Zersetzung)</small> <ref name="Römpp"/><br />
| Siedepunkt = <br />
| Dampfdruck = <br />
| pKs = *pK<sub>S<sub>1</sub></sub>: 1,9<ref name="Römpp"/><br />
* pK<sub>S<sub>2</sub></sub>: 2,5<ref name="Römpp"/><br />
* pK<sub>S<sub>3</sub></sub>: 9,7<ref name="Römpp"/><br />
| Löslichkeit = schwer in Wasser (1,28 g·l<sup>−1</sup> bei 20 °C)<ref name="Römpp"/><br />
| Quelle GHS-Kz = <ref name="GESTIS">{{GESTIS|Name=Nitrilotriessigsäure|ZVG=29200|CAS=139-13-9|Abruf=2018-01-08}}</ref><br />
| GHS-Piktogramme = {{GHS-Piktogramme|08|07}}<br />
| GHS-Signalwort = Achtung<br />
| H = {{H-Sätze|351|319}}<br />
| EUH = {{EUH-Sätze|-}}<br />
| P = {{P-Sätze|280|305+351+338|308+313}}<br />
| Quelle P = <ref name="GESTIS" /><br />
| ToxDaten = {{ToxDaten |Typ=LD50 |Organismus=Ratte |Applikationsart=oral |Wert=1100 mg·kg<sup>−1</sup> |Quelle=<ref name="ChemIDplus">{{ChemID|CAS=139-13-9|Name=Nitrilotriacetic acid|Abruf=}}</ref> }}<br />
}}<br />
<br />
'''Nitrilotriessigsäure''' oder kurz '''NTA''' ist ein [[Komplexbildner]]. In wässriger Lösung bildet NTA stabile [[Komplexchemie|Komplexverbindungen]] mit Metall[[ion]]en.<br />
<br />
== Eigenschaften ==<br />
NTA bildet mit Metallionen wie [[Calcium|Ca<sup>2+</sup>]], [[Kupfer|Cu<sup>2+</sup>]], [[Nickel|Ni<sup>2+</sup>]] oder [[Eisen|Fe<sup>3+</sup>]] stabile Komplexe.<br />
<br />
== Verwendung ==<br />
[[Datei:Calcium complex of NTA trianion.svg|miniatur|links|Struktur des Calcium-NTA-Komplex-Anions]]<br />
NTA wird teilweise zur [[Wasserenthärtung]] eingesetzt. Die Verwendung als enthärtender Zusatz in [[Waschmittel]]n ist trotz der biologischen Abbaubarkeit von NTA in [[Kläranlage]]n in den letzten Jahren zurückgegangen, da man das Lösungsvermögen von [[Schwermetalle]]n als problematisch ansieht. In der [[Analytische Chemie|analytischen Chemie]] ist es bekannt als Komplexon I und wird in der [[Chelatometrie|Komplexometrie]] zur Bestimmung von Metallionen benutzt. Im Jahr 1999 wurden in Europa 20.000 Tonnen NTA verbraucht.<br />
<br />
=== Verwendung in der Forschung ===<br />
Ferner wird es in der [[Affinitätschromatografie]] als [[Chelatkomplexe|Chelatligand]] (meist mit Ni<sup>2+</sup> als Zentralion) zur Reinigung von poly-[[Histidin]]-[[Protein-Tag|getaggten]] Proteinen eingesetzt. Der Aufreinigungseffekt kommt dadurch zustande, dass das [[Polyhistidin-Tag|Polyhistidin]] an die Metallatome der Metall-[[Chelatkomplexe|Chelator]]-Komplexe bindet. Als Metalle eignen sich beispielsweise Nickel, Kupfer oder Zink. Früher wurde vor allem [[Iminodiessigsäure]] (IDA) als Chelator verwendet. Dieser wurde allerdings im Laufe der Zeit von NTA abgelöst.<ref>{{Literatur |Autor=Sabine A. Lauer, John P. Nolan |Titel=Development and characterization of Ni-NTA-bearing microspheres |Sammelwerk=Cytometry |Band=48 |Nummer=3 |Datum=2002 |ISSN=1097-0320 |DOI=10.1002/cyto.10124 |Seiten=136–145 }}</ref> Für die biologische Forschung koppelte Ernst Hochuli 1987 den NTA-Liganden an [[Agarose]] Kügelchen.<ref>E. Hochuli, H. Döbeli, A. Schacher: ''New metal chelate adsorbent selective for proteins and peptides containing neighbouring histidine residues.'' In: ''Journal of Chromatography A''. Band 411, 1987, S.&nbsp;177–184, {{DOI|10.1016/S0021-9673(00)93969-4}}.</ref> Diese Ni-NTA Agarose<ref>[https://cube-biotech.com/products/purification-resins/his-affinity-resins/ni-nta-agarose/ Ni-NTA Agarose]</ref> ist das mit Abstand am häufigsten verwendete Werkzeug um His-Tag Proteine via Affinitätschromatografie aufzureinigen.<br />
<br />
== Biologische Bedeutung ==<br />
Es wurde vermutet, dass NTA in [[Gewässer]]n Schwermetalle aus dem [[Sedimentation|Sediment]] mobilisieren kann. In der Praxis ist dies nicht der Fall, da NTA in natürlichen Gewässern als stabiler Calciumkomplex vorliegt. Es besteht der Verdacht, dass dieser Stoff [[Karzinogen|krebserzeugend]] wirkt.<br />
<br />
== Nachweis ==<br />
NTA kann mit [[Kupfersulfat]]lösung und Komplexindikator nachgewiesen werden.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4134030-9|LCCN=sh/85/092055}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Nitrilotriessigsaure}}<br />
[[Kategorie:Alpha-Aminoethansäure]]<br />
[[Kategorie:Chelatligand]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Walter_Neupert&diff=225864475Walter Neupert2022-09-03T10:13:47Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>'''Walter Neupert''' (* [[24. Oktober]] [[1939]] in [[München]]; † [[22. Juni]] [[2019]])<ref>{{Internetquelle |url=http://trauer.sueddeutsche.de/traueranzeige/walter-neupert |titel=Traueranzeige Walter Neupert |werk=[[Süddeutsche Zeitung]] |hrsg=[[Süddeutscher Verlag]] |datum=2019-06-29 |abruf=2019-06-29}} </ref> war ein deutscher [[Biochemiker]], [[Mediziner]] und [[Zellbiologe]].<ref name="Chemistry">{{Literatur |Autor=G. Schatz |Titel=Walter Neupert: Spellbound by Mitochondria |Sammelwerk=[[Biological Chemistry]] |Band=380 |Nummer=10 |Datum=1999-10 |Seiten=1141–1142 |DOI=10.1515/BC.1999.144}}</ref><br />
<br />
== Leben ==<br />
Nach dem Studium in München promovierte er 1968 an der [[Ludwig-Maximilians-Universität München]] im Fach Biochemie und 1970 in Medizin. Danach arbeitete er dort bis zu seiner [[Habilitation]] 1972 als Wissenschaftlicher Assistent und dann als Privatdozent. Einem Ruf des Institutes für Biochemie der [[Georg-August-Universität Göttingen|Universität Göttingen]] folgte er 1977.<ref name="Gelehrten-Kalender" /> Seit 1983 war er Inhaber des Lehrstuhls für Physiologische Chemie der Medizinischen Fakultät am [[Adolf-Butenandt-Institut]] der Ludwig-Maximilians-Universität München als Nachfolger von [[Theodor Bücher]]. Neupert war Fellow der [[Max-Planck-Gesellschaft]] am [[Max-Planck-Institut für Biochemie]] in Martinsried. Weiterhin war er ordentliches Mitglied der [[Bayerische Akademie der Wissenschaften|Bayerischen Akademie der Wissenschaften]] und seit 1994 korrespondierendes Mitglied der [[Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste|Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften]]. Zudem war er seit 1990 ordentliches Mitglied der [[Academia Europaea]]<ref>[https://www.ae-info.org/ae/Member/Neupert_Walter Eintrag] auf der Internetseite der Academia Europaea</ref> und seit 1993 Mitglied der [[Leopoldina]],<ref>[https://www.leopoldina.org/mitgliederverzeichnis/mitglieder/member/Member/show/walter-neupert/ Walter Neupert] im Mitgliederverzeichnis der Leopoldina</ref> mit deren [[Schleiden-Medaille]] er 1999 ausgezeichnet wurde. Seit 2005 war er korrespondierendes Mitglied der [[Österreichische Akademie der Wissenschaften|Österreichischen Akademie der Wissenschaften]].<ref>{{Internetquelle| url=https://www.oeaw.ac.at/m/neupert-walter| titel=Verstorbene Mitglieder: Walter Neupert| hrsg=Österreichische Akademie der Wissenschaften| zugriff=2022-04-03}}</ref><br />
<br />
== Werk ==<br />
Neuperts Forschungsgebiet waren [[Mitochondrien]].<ref name="Chemistry" /> Er zeigte zum ersten Mal, dass Mitochondrien Proteine post-translational importieren können. Neupert und Mitarbeiter charakterisierten den Importapparat in ihren molekularen Details, einschließlich der mitochondrialen ''processing peptidase'' (MPP) in der Matrix, welche die Pro-Sequenzen von importierten Proteinen entfernt.<ref> {{Literatur |Autor=F. Ulrich Hartl, Richard Zimmermann, Nikolaus Pfanner |Titel=Walter Neupert (1939–2019) |Sammelwerk=Cell |Band=178 |Nummer=5 |Datum=2019-08-22 |Seiten=1031–1033 |ISSN=0092-8674 |DOI=10.1016/j.cell.2019.07.041}} </ref><br />
<br />
Zu seinen Schülern zählen [[Franz-Ulrich Hartl]] (MPI für Biochemie), [[Roland Lill]] (Professor in [[Marburg]]), [[Nikolaus Pfanner]] (Professor in [[Freiburg im Breisgau|Freiburg]]) und Richard Zimmermann (Professor in Homburg/Saar). Neupert lebte zuletzt in [[Germering]].<br />
<br />
== Werke ==<br />
* ''Zur Biosynthese der Proteine der mitochondrialen Außen- und Innenmembranen in Neurospora crassa''. München 1970, Dissertation, {{DNB|482119691}}<br />
* ''Zur Biogenese von Mitochondrien: Über d. Einbau v. Aminosäuren in isolierte Mitochondrien d. Flugmuskels d. Wanderheuschrecke <Locusta migratoria> u. d. Rattenleber''. München 1968, {{DNB|481612815}}<br />
<br />
== Auszeichnungen ==<br />
* 1998: [[Gairdner Foundation International Award]]<br />
* 1999: [[Schleiden-Medaille]]<ref>[http://www.verwaltung.uni-halle.de/DEZERN1/PRESSE/Zeit4-99.pdf uni-halle.de] (PDF; 692&nbsp;kB)</ref><br />
* 2000: [[Otto-Warburg-Medaille]]<br />
* 2000: [[E. B. Wilson Medal]]<br />
* 2000: [[Bundesverdienstkreuz]] 1. Klasse<br />
* 2003: [[Bayerischer Verdienstorden]]<br />
* 2003: [[Felix-Wankel-Tierschutz-Forschungspreis]]<br />
* 2008: [[Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst]]<br />
* 2015: [[Ernst-Jung-Preis|Ernst-Jung-Medaille für Medizin in Gold]]<br />
* 2019: [[Cothenius-Medaille]] der [[Leopoldina]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* {{DNB-Portal|104537217X}}<br />
* [http://neurotree.org/neurotree/tree.php?pid=9844 neurotree.org]<br />
* {{Webarchiv |url=http://physiolchem.web.med.uni-muenchen.de/neupert/neupert_neupert_vita.html |text=Vita |wayback=20080916234747}} auf uni-muenchen.de<br />
* [https://web.archive.org/web/20050129143318/http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/26494/ Felix-Wankel-Tierschutz-Forschungspreis 2003] uni-protokolle.de<br />
* [http://www.ae-info.org/ae/User/Neupert_Walter Seite über Neupert bei der Academia Europaea, mit Foto]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references><br />
<ref name="Gelehrten-Kalender"><br />
{{Literatur |Autor=Bettina Bartz (Red.) |Titel=Kürschners deutscher Gelehrten-Kalender |Auflage=19. |Verlag=K G Saur |Ort=München |Datum=2003 |ISBN=3-598-23607-7}}<br />
</ref><br />
</references><br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=104537217X|LCCN=n/92/66635|VIAF=14859362}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Neupert, Walter}}<br />
[[Kategorie:Biochemiker]]<br />
[[Kategorie:Hochschullehrer (Ludwig-Maximilians-Universität München)]]<br />
[[Kategorie:Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse]]<br />
[[Kategorie:Träger des Bayerischen Maximiliansordens für Wissenschaft und Kunst]]<br />
[[Kategorie:Träger des Bayerischen Verdienstordens]]<br />
[[Kategorie:Träger des Canada Gairdner International Award]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Leopoldina (20. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Academia Europaea]]<br />
[[Kategorie:Korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften]]<br />
[[Kategorie:Person (Germering)]]<br />
[[Kategorie:Deutscher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1939]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 2019]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Neupert, Walter<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Biochemiker, Mediziner und Zellbiologe<br />
|GEBURTSDATUM=24. Oktober 1939<br />
|GEBURTSORT=[[München]]<br />
|STERBEDATUM=22. Juni 2019<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Walter_Neupert&diff=225864424Walter Neupert2022-09-03T10:12:56Z<p>ToXiDoc!: </p>
<hr />
<div>'''Walter Neupert''' (* [[24. Oktober]] [[1939]] in [[München]]; † [[22. Juni]] [[2019]])<ref>{{Internetquelle |url=http://trauer.sueddeutsche.de/traueranzeige/walter-neupert |titel=Traueranzeige Walter Neupert |werk=[[Süddeutsche Zeitung]] |hrsg=[[Süddeutscher Verlag]] |datum=2019-06-29 |abruf=2019-06-29}} </ref> war ein deutscher [[Biochemiker]], [[Mediziner]] und [[Zellbiologe]].<ref name="Chemistry">{{Literatur |Autor=G. Schatz |Titel=Walter Neupert: Spellbound by Mitochondria |Sammelwerk=[[Biological Chemistry]] |Band=380 |Nummer=10 |Datum=1999-10 |Seiten=1141–1142 |DOI=10.1515/BC.1999.144}}</ref><br />
<br />
== Leben ==<br />
Nach dem Studium in München promovierte er 1968 an der [[Ludwig-Maximilians-Universität München]] im Fach Biochemie und 1970 in Medizin. Danach arbeitete er dort bis zu seiner [[Habilitation]] 1972 als Wissenschaftlicher Assistent und dann als Privatdozent. Einem Ruf des Institutes für Biochemie der [[Georg-August-Universität Göttingen|Universität Göttingen]] folgte er 1977.<ref name="Gelehrten-Kalender" /> Seit 1983 war er Inhaber des Lehrstuhls für Physiologische Chemie der Medizinischen Fakultät am [[Adolf-Butenandt-Institut]] der Ludwig-Maximilians-Universität München als Nachfolger von [[Theodor Bücher]]. Neupert war Fellow der [[Max-Planck-Gesellschaft]] am [[Max-Planck-Institut für Biochemie]] in Martinsried. Weiterhin war er ordentliches Mitglied der [[Bayerische Akademie der Wissenschaften|Bayerischen Akademie der Wissenschaften]] und seit 1994 korrespondierendes Mitglied der [[Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste|Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften]]. Zudem war er seit 1990 ordentliches Mitglied der [[Academia Europaea]]<ref>[https://www.ae-info.org/ae/Member/Neupert_Walter Eintrag] auf der Internetseite der Academia Europaea</ref> und seit 1993 Mitglied der [[Leopoldina]],<ref>[https://www.leopoldina.org/mitgliederverzeichnis/mitglieder/member/Member/show/walter-neupert/ Walter Neupert] im Mitgliederverzeichnis der Leopoldina</ref> mit deren [[Schleiden-Medaille]] er 1999 ausgezeichnet wurde. Seit 2005 war er korrespondierendes Mitglied der [[Österreichische Akademie der Wissenschaften|Österreichischen Akademie der Wissenschaften]].<ref>{{Internetquelle| url=https://www.oeaw.ac.at/m/neupert-walter| titel=Verstorbene Mitglieder: Walter Neupert| hrsg=Österreichische Akademie der Wissenschaften| zugriff=2022-04-03}}</ref><br />
<br />
== Werk ==<br />
Neuperts Forschungsgebiet waren [[Mitochondrien]].<ref name="Chemistry" /> Er zeigte zum ersten Mal, dass Mitochondrien Proteine post-translational importieren können. Neupert und Mitarbeiter charakterisierten den Importapparat in ihren molekularen Details, einschließlich der mitochondrialen ''processing peptidase'' (MPP) in der Matrix, welche die Pro-Sequenzen von importierten Proteinen entfernt.<ref> {{Literatur |Autor=F. Ulrich Hartl, Richard Zimmermann, Nikolaus Pfanner |Titel=Walter Neupert (1939–2019) |Sammelwerk=Cell |Band=178 |Nummer=5 |Datum=2019-08-22 |Seiten=1031–1033 |ISSN=0092-8674 |DOI=10.1016/j.cell.2019.07.041}} </ref><br />
<br />
Zu seinen Schülern zählen [[Franz-Ulrich Hartl]] (MPI für Biochemie), [[Roland Lill]] (Professor in [[Marburg]]), [[Nikolaus Pfanner]] (Professor in [[Freiburg im Breisgau|Freiburg]]) und Richard Zimmermann. Neupert lebte zuletzt in [[Germering]].<br />
<br />
== Werke ==<br />
* ''Zur Biosynthese der Proteine der mitochondrialen Außen- und Innenmembranen in Neurospora crassa''. München 1970, Dissertation, {{DNB|482119691}}<br />
* ''Zur Biogenese von Mitochondrien: Über d. Einbau v. Aminosäuren in isolierte Mitochondrien d. Flugmuskels d. Wanderheuschrecke <Locusta migratoria> u. d. Rattenleber''. München 1968, {{DNB|481612815}}<br />
<br />
== Auszeichnungen ==<br />
* 1998: [[Gairdner Foundation International Award]]<br />
* 1999: [[Schleiden-Medaille]]<ref>[http://www.verwaltung.uni-halle.de/DEZERN1/PRESSE/Zeit4-99.pdf uni-halle.de] (PDF; 692&nbsp;kB)</ref><br />
* 2000: [[Otto-Warburg-Medaille]]<br />
* 2000: [[E. B. Wilson Medal]]<br />
* 2000: [[Bundesverdienstkreuz]] 1. Klasse<br />
* 2003: [[Bayerischer Verdienstorden]]<br />
* 2003: [[Felix-Wankel-Tierschutz-Forschungspreis]]<br />
* 2008: [[Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst]]<br />
* 2015: [[Ernst-Jung-Preis|Ernst-Jung-Medaille für Medizin in Gold]]<br />
* 2019: [[Cothenius-Medaille]] der [[Leopoldina]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* {{DNB-Portal|104537217X}}<br />
* [http://neurotree.org/neurotree/tree.php?pid=9844 neurotree.org]<br />
* {{Webarchiv |url=http://physiolchem.web.med.uni-muenchen.de/neupert/neupert_neupert_vita.html |text=Vita |wayback=20080916234747}} auf uni-muenchen.de<br />
* [https://web.archive.org/web/20050129143318/http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/26494/ Felix-Wankel-Tierschutz-Forschungspreis 2003] uni-protokolle.de<br />
* [http://www.ae-info.org/ae/User/Neupert_Walter Seite über Neupert bei der Academia Europaea, mit Foto]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references><br />
<ref name="Gelehrten-Kalender"><br />
{{Literatur |Autor=Bettina Bartz (Red.) |Titel=Kürschners deutscher Gelehrten-Kalender |Auflage=19. |Verlag=K G Saur |Ort=München |Datum=2003 |ISBN=3-598-23607-7}}<br />
</ref><br />
</references><br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=104537217X|LCCN=n/92/66635|VIAF=14859362}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Neupert, Walter}}<br />
[[Kategorie:Biochemiker]]<br />
[[Kategorie:Hochschullehrer (Ludwig-Maximilians-Universität München)]]<br />
[[Kategorie:Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse]]<br />
[[Kategorie:Träger des Bayerischen Maximiliansordens für Wissenschaft und Kunst]]<br />
[[Kategorie:Träger des Bayerischen Verdienstordens]]<br />
[[Kategorie:Träger des Canada Gairdner International Award]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Leopoldina (20. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Academia Europaea]]<br />
[[Kategorie:Korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften]]<br />
[[Kategorie:Person (Germering)]]<br />
[[Kategorie:Deutscher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1939]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 2019]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Neupert, Walter<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Biochemiker, Mediziner und Zellbiologe<br />
|GEBURTSDATUM=24. Oktober 1939<br />
|GEBURTSORT=[[München]]<br />
|STERBEDATUM=22. Juni 2019<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fischvergiftung&diff=219858396Fischvergiftung2022-02-04T12:32:05Z<p>ToXiDoc!: /* Scombroid-Vergiftung */</p>
<hr />
<div>{{Infobox ICD<br />
|01-CODE= T61.0<br />
|01-BEZEICHNUNG= Ciguatera-Fischvergiftung<br />
|02-CODE= T61.1<br />
|02-BEZEICHNUNG= Scombroid-Fischvergiftung<br />
|03-CODE= T61.8<br />
|03-BEZEICHNUNG= Sonstige Vergiftung durch Fische und Schalentiere<br />
}}<br />
<br />
'''Fischvergiftung''' ist eine [[Lebensmittelvergiftung]], die durch verschiedene [[Toxin]]e hervorgerufen werden kann,<ref>R. F. Clark, S. R. Williams, S. P. Nordt, A. S. Manoguerra: ''A review of selected seafood poisonings.'' In: ''Undersea & Hyperbaric Medicine.'' Band 26, Nummer 3, 1999, S.&nbsp;175–184, {{ISSN|1066-2936}}. PMID 10485519.</ref> z.&nbsp;B. durch [[Histamin]],<ref>P. Visciano, M. Schirone, R. Tofalo, G. Suzzi: ''Histamine poisoning and control measures in fish and fishery products.'' In: ''Frontiers in Microbiology'', Band 5, 2014, S.&nbsp;500, {{ISSN|1664-302X}}. [[doi:10.3389/fmicb.2014.00500]]. PMID 25295035. {{PMC|4172148}}.</ref> [[Azaspiracid]], [[Botulinumtoxin]] und [[Okadasäure]].<br />
<br />
Bestimmte Toxine kommen auch oder ausschließlich bei [[Muschelvergiftung]]en vor und können über den Umweg über muschelfressende Tiere wie [[Fische]] und [[Krebstiere|Krebse]] auch zur Fischvergiftung führen.<br />
<br />
Die Ursache der [[Ciguatera]], einer speziellen Form der Fischvergiftung, liegt in einem von einer [[Alge|Meeresalge]] ([[Dinoflagellaten]]) gebildeten [[Nervengift]], das über die [[Nahrungskette]] in die Fische gelangt, bei diesen jedoch nicht wirkt. Ein [[Antidot|Gegengift]] existiert nicht.<br />
<br />
[[Tetrodotoxin]] oder [[Fugu]]-Gift (Gift des [[Igelfische|Igel-]] oder [[Kugelfische|Kugelfischs]]) gilt als eines der wirksamsten bekannten Gifte und kommt in verschiedenen Lebewesen vor, unter anderem auch in [[Blaugeringelte Kraken|Blaugeringelten Kraken]].<ref name="ABC Chemie">''Brockhaus ABC Chemie.'' VEB F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1965, S.&nbsp;416.</ref><br />
<br />
== Histamin-Vergiftung ==<br />
=== Sekundäre Kontamination ===<br />
Fischkonserven sind üblicherweise fast keimfrei.<ref>Petra Tichaczek-Dischinger: [https://www.cvuas.de/pub/beitrag_printversion.asp?subid=1&Thema_ID=2&ID=1547&Pdf=No&lang=DE Bildung von Histamin in Thunfisch durch Enterobacter aerogenes.] Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA), Stuttgart, 19. April 2012</ref><br />
Werden eiweißhaltige Lebensmittel jedoch nach dem Öffnen der Verpackung etwa mit [[Enterobacteriaceae]] kontaminiert, so bilden die Bakterien [[Amine]].<br />
<br />
In verdorbenem Thunfisch werden öfter [[Enterobacter aerogenes]] angetroffen, die bei ungekühlter Lagerung innerhalb eines Tages eine ausreichende Menge [[Histamin]] produzieren, um nach dem Verzehr eine Histaminvergiftung mit typischen Symptomen wie Kopf- und Bauchschmerzen, Erbrechen, Kreislaufprobleme, Juckreiz und Rötung der Haut zu verursachen.<ref>CVUA Stuttgart, K. Schreihans, S. Horlacher und Dr. Petra Tichaczek-Dischinger: [https://www.cvuas.de/userfiles/file//MT_Bildung_Histamin_in_Thunfisch_2012(1).pdf ''Bildung von Histamin in Thunfisch durch Enterobacter aerogenes''.] (PDF; 129&nbsp;kB) 28. März 2012</ref><br />
<br />
=== Scombroid-Vergiftung ===<br />
Die in der Regel gutartig verlaufende Scombroid-Vergiftung ist nach den [[Makrelenartige]]n ''(Scombroidae)'' benannt, deren eher dunkles Fleisch gewisse Mengen [[Histidin]] enthält, welches durch [[Decarboxylase]] in [[Histamin]] umgesetzt wird. Das [[Enzym]] Decarboxylase wird von gramnegativen Bakterien wie [[Proteus (Bakterien)|Proteus]] und [[Escherichia coli]] erzeugt. Die Vermehrung der Bakterien findet insbesondere bei Temperaturen ab 16&nbsp;°C statt.<ref name="Christ">Michael Christ: [https://www.dgina.de/blog/2012/05/06/scombroid-poisoning-hatten-sie-es-gewusst/ ''Scombroid Poisoning – Hätten Sie es gewusst?''] dgina.de/blog, 6. Mai 2012</ref><br />
Ursache der Vergiftung ist häufig der Verzehr von [[Tunfisch]], [[Makrele]]n, [[Goldmakrelen]], [[Sardine]]n, [[Anchovis]], [[Heringe]]n, [[Blaubarsch]], (Japanischer) [[Seriola]] und [[Speerfische]]n.<br />
<br />
=== Lebensmittelsicherheit ===<br />
Ein erhöhter Histamingehalt ist geschmacklich nicht feststellbar. Histamin wird durch Kochen und Einfrieren nicht reduziert. Der Fisch wird nicht als verdorben wahrgenommen.<ref name="Christ" /> Vorsorge ist alleine durch eine durchgehende Kühlung des Fischs möglich.<ref name="Ärzteblatt">[https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=91838 Scombroid-Fischvergiftung.] In: ''[[Deutsches Ärzteblatt]]'' 90, Heft 27, 9. Juli 1993, S. A1-1946 (42); als Quellen werden genannt: R. Maire, K. Dreiding, P. A. Wyss: ''Inzidenz und Klinik der Scombroid-Fischvergiftung''. In: ''Schweiz. Med. Wochenschrift'', 1992, 122, S. 1933-1935.</ref><br />
<br />
Nach dem Recht der [[Europäische Union|EU]] gelten für Lebensmittelunternehmer, die Fischereierzeugnisse aus Fischarten herstellen, verarbeiten oder [[Inverkehrbringen|in Verkehr bringen]], bei denen ein hoher Gehalt an Histamin vorkommt, besondere Anforderungen an ihre Hygienemaßnahmen zur Sicherstellung akzeptabler Erzeugnisse.<ref>dazu und zu folgendem: Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 der [https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02005R2073-20190228&qid=1586179065949&from=DE Verordnung (EG) Nr. 2073/2005] (PDF; 496&nbsp;KB) der Kommission vom 15. November 2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel (konsolidierte Fassung vom 28. Februar 2019), in ihrem Anhang 1 Ziff.1.26 und 1.27 mit Fußnote 17 zu Histamin</ref> Als ''Lebensmittelsicherheitskriterium'' und zugleich Grenzwert für die [[Verkehrsfähigkeit]] des Lebensmittels ist dabei ein Messwert von höchstens 200&nbsp;mg Histamin/kg Fischfleisch bestimmt, der während der gesamten angegebenen Haltbarkeitsdauer bzw. zu erwartenden Zeit bis zum Verzehr zu gewährleisten ist. Für Fischereierzeugnisse, die einer enzymatischen Reifung in Salzlösung unterzogen wurden (z.&nbsp;B. [[Anchose]]n, [[Matjes]]), und für durch [[Fermentierung]] hergestellte [[Fischsauce|Fischsoße]] gilt der höhere Grenzwert von 400&nbsp;mg/kg. Als mikrobiologisch bedenklich sind beispielhaft Arten der Fischfamilien [[Scombridae]], [[Clupeidae]], [[Engraulidae]], Coryfenidae ([[Coryphaenidae]]), [[Pomatomidae]] und Scombraesosidae (vermutlich gemeint: [[Scomberesocidae]]) aufgeführt.<br />
Wer solche Lebensmittel dennoch herstellt oder in Verkehr bringt, macht sich in Deutschland auch bei Fahrlässigkeit und ohne konkret nachweisbare Vergiftungs- oder Verletzungsfolgen strafbar.<ref>[http://www.gesetze-im-internet.de/lfgb/__58.html §58] Abs. 2 und [http://www.gesetze-im-internet.de/lfgb/__5.html §5] Abs. 1 [[Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch|LFGB]] in Verbindung mit Art. 14 [[Verordnung (EG) Nr. 178/2002|VO (EG) Nr. 178/2002]]</ref> Die EU-Grenzwerte und die Wertung als Straftat entsprechen denen der deutschen Fischhygiene-Verordnung von 1994 und der bis 2007 gültigen von 2000, die Liste der Fischarten änderte sich jedoch.<ref>[https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/text.xav?SID=&tf=xaver.component.Text_0&tocf=&qmf=&hlf=xaver.component.Hitlist_0&bk=bgbl&start=%2F%2F*%5B%40node_id%3D'560433'%5D&skin=pdf&tlevel=-2&nohist=1 § 16 Abs. 1 Ziff. 2 der Fassung vom 31. März 1994] (PDF) bloß Herings- und Markelenfische bzw. für den höheren Grenzwert in Salz gereifte Sardellen, [https://www.buzer.de/gesetz/1697/a24263.htm §&nbsp;16 Abs. 1 Ziff. 2 der Fassung vom 8. Juni 2000] zusätzlich für den niedrigeren Grenzwert Sardellen, Coryphaenidae und [[Istiophoridae]] (Segelfische).</ref><br />
<br />
=== Symptome und ihre Behandlung ===<br />
Die Reaktion ähnelt einer akuten allergischen Reaktion und kann je nach betroffener Person sehr unterschiedlich ausfallen. Innerhalb kurzer Zeit kann sich ein Brennen der Lippen bemerkbar machen. Innerhalb von bis zu drei Stunden tritt fast immer eine [[Hautrötung]] ein. Auch kommt es häufig zu Kopfschmerzen, [[Übelkeit]], [[Durchfall]], Magenkrämpfen sowie [[Nesselsucht]] oder [[Angioödem]]en, die bis zu zwei Tagen andauern.<ref>[https://www.enzyklopaedie-dermatologie.de/dermatologie/scombroid-vergiftung-3674 ''Scombroid-Vergiftung''.] Dermatologie.de; abgerufen im März 2020</ref> In schlimmen Fällen kann Atemnot, eine Schwellung der Zunge sowie eine Beeinträchtigung des Sehens auftreten.<br />
<br />
Zur Behandlung können wie bei anderen [[Nahrungsmittelunverträglichkeit]]en [[Antihistaminika]] (H1 und H2 Rezeptorblocker) und in schlimmeren Fällen [[Epinephrin]] eingenommen werden.<ref name="Ärzteblatt" /><br />
<!-- [[Willy Semmelrogge]] starb 1984 an einer Fischvergiftung<ref>https://www.imdb.com/name/nm0783848/bio?ref_=nm_ov_bio_sm</ref>. << Ohne weitere Informationen finde ich diesen Hinweis weniger hilfreich. Ich fand auch keine Quellen, die nähere Angaben machen. Es ist also schwer nachvollziehbar, ob die Fischvergiftung tatsächlich ursächlich für den Tod war. --><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Wiktionary}}<br />
* Schaper u.&nbsp;a.: [http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=31356.de ''Fischvergiftung''.] In: ''Dtsch Arztebl.'' 2002; 99(17), S. A-1151 / B-958 / C-901.<br />
* M. Möllers: [https://www.ua-bw.de/pub/beitrag_printversion.asp?subid=2&Thema_ID=2&ID=2006&Pdf=No&lang=DE Überwachung gesundheitsschädlicher Histamine in Thunfisch aus der Gastronomie.] (PDF) Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA), Karlsruhe, 17. April 2014<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Gesundheitshinweis}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4259645-2}}<br />
<br />
[[Kategorie:Lebensmittelvergiftung]]<br />
[[Kategorie:Fisch als Thema]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Thallium&diff=217884819Thallium2021-12-04T16:37:20Z<p>ToXiDoc!: /* Vorkommen, Grenzwerte */</p>
<hr />
<div>{{Infobox Chemisches Element<br />
<!--- Periodensystem ---><br />
| Name = Thallium<br />
| Symbol = Tl<br />
| Ordnungszahl = 81<br />
| Serie = Me<br />
| Gruppe = 13<br />
| Periode = 6<br />
| Block = p<br />
<!--- Allgemein ---><br />
| Aussehen = silbrig weiß<br />
| CAS = {{CASRN|7440-28-0}}<br />
| EG-Nummer = 231-138-1<br />
| ECHA-ID = 100.028.307<br />
| Massenanteil = 0,29&nbsp;ppm<ref name="Harry H. Binder">Harry H. Binder: ''Lexikon der chemischen Elemente.'' S. Hirzel, Stuttgart 1999, ISBN 3-7776-0736-3.</ref><br />
<!--- Atomar ---><br />
| Hauptquelle =<ref>Die Werte für die Eigenschaften (Infobox) sind, wenn nicht anders angegeben, aus [http://www.webelements.com/thallium/ www.webelements.com (Thallium)] entnommen.</ref><br />
| Atommasse = 204,38 (204,382 – 204,385)<ref>Angegeben ist der von der IUPAC empfohlene Standardwert, da die Isotopenzusammensetzung dieses Elements örtlich schwanken kann, ergibt sich für das mittlere Atomgewicht der in Klammern angegebene Massenbereich. Siehe: Michael E. Wieser, Tyler B. Coplen: ''Atomic weights of the elements 2009 (IUPAC Technical Report).'' In: ''Pure and Applied Chemistry.'' 2010, S.&nbsp;1, [[doi:10.1351/PAC-REP-10-09-14]].</ref><ref name="CIAAW">[http://www.ciaaw.org/atomic-weights.htm CIAAW, Standard Atomic Weights Revised 2013].</ref><br />
| Atomradius = 190<br />
| AtomradiusBerechnet = 156<br />
| KovalenterRadius = 145<br />
| VanDerWaalsRadius = 196<br />
| Elektronenkonfiguration = &#91;[[Xenon|Xe]]&#93; 4[[F-Orbital|f]]<sup>14</sup>5[[D-Orbital|d]]<sup>10</sup>6[[S-Orbital|s]]<sup>2</sup>6p<sup>1</sup><br />
| Austrittsarbeit =<br />
| Ionisierungsenergie_1 = {{ZahlExp|6,1082873|suffix=(12)|post=[[Elektronenvolt|eV]]<ref name="NIST-ASD-thallium">{{NIST-ASD|thallium|Abruf=2020-06-13}}</ref>}} ≈ {{ZahlExp|589,36|post=[[Joule|kJ]]/[[mol]]<ref name="Webelements-thallium">{{Webelements|thallium|atoms|Abruf=2020-06-13}}</ref>}}<br />
| Ionisierungsenergie_2 = {{ZahlExp|20,4283|suffix=(6)|post=eV<ref name="NIST-ASD-thallium" />}} ≈ {{ZahlExp|1971,03|post=kJ/mol<ref name="Webelements-thallium" />}}<br />
| Ionisierungsenergie_3 = {{ZahlExp|29,8520|suffix=(6)|post=eV<ref name="NIST-ASD-thallium" />}} ≈ {{ZahlExp|2880,28|post=kJ/mol<ref name="Webelements-thallium" />}}<br />
| Ionisierungsenergie_4 = {{ZahlExp|51,14|suffix=(4)|post=eV<ref name="NIST-ASD-thallium" />}} ≈ {{ZahlExp|4934|post=kJ/mol<ref name="Webelements-thallium" />}}<br />
| Ionisierungsenergie_5 = {{ZahlExp|62,6|suffix=(4)|post=eV<ref name="NIST-ASD-thallium" />}} ≈ {{ZahlExp|6040|post=kJ/mol<ref name="Webelements-thallium" />}}<br />
<!--- Physikalisch ---><br />
| Aggregatzustand = fest<br />
| Modifikationen =<br />
| Kristallstruktur = hexagonal<br />
| Dichte = 11,85 g/cm<sup>3</sup><br />
| RefTempDichte_K =<br />
| Mohshärte = 1,2<br />
| Magnetismus = [[Diamagnetismus|diamagnetisch]] ([[Magnetische Suszeptibilität|''χ<sub>m</sub>'']] = −3,7 · 10<sup>−5</sup>)<ref>Robert C. Weast (Hrsg.): ''CRC Handbook of Chemistry and Physics''. CRC (Chemical Rubber Publishing Company), Boca Raton 1990, ISBN 0-8493-0470-9, S. E-129 bis E-145. Werte dort sind auf g/mol bezogen und in cgs-Einheiten angegeben. Der hier angegebene Wert ist der daraus berechnete maßeinheitslose SI-Wert.</ref><br />
| Schmelzpunkt_K = 577<br />
| Schmelzpunkt_C = 304<br />
| Siedepunkt_K = 1733 K<ref name="Zhang">Yiming Zhang, Julian R. G. Evans, Shoufeng Yang: ''Corrected Values for Boiling Points and Enthalpies of Vaporization of Elements in Handbooks.'' In: ''[[Journal of Chemical & Engineering Data]].'' 56, 2011, S.&nbsp;328–337, [[doi:10.1021/je1011086]].</ref><br />
| Siedepunkt_C = 1460<br />
| MolaresVolumen = 17,22 · 10<sup>−6</sup><br />
| Verdampfungswärme = 162 kJ/mol<ref name="Zhang" /><br />
| Schmelzwärme = 4,2<br />
| Dampfdruck = <br />
| RefTempDampfdruck_K =<br />
| Schallgeschwindigkeit = 818<br />
| RefTempSchallgeschwindigkeit_K = 293,15<br />
| SpezifischeWärmekapazität = 129<br />
| RefTempSpezifischeWärmekapazität_K =<br />
| ElektrischeLeitfähigkeit = 6,67 · 10<sup>6</sup><br />
| RefTempElektrischeLeitfähigkeit_K =<br />
| Wärmeleitfähigkeit = 46<br />
| RefTempWärmeleitfähigkeit_K =<br />
<!--- Chemisch ---><br />
| Oxidationszustände = '''1''', 3<br />
| Normalpotential = −0,3363 [[Volt|V]] (Tl<sup>+</sup> + e<sup>−</sup> → Tl)<br />
| Elektronegativität = 1,62<br />
| CLH = {{CLH-ECHA|ID=100.028.307|Name=Thallium|Abruf=2016-08-01}}<br />
| Quelle GHS-Kz = <ref name="GESTIS">{{GESTIS|Name=Thallium|CAS=7440-28-0|ZVG=7810|Abruf=2016-08-09}}</ref><br />
| GHS-Piktogramme = {{GHS-Piktogramme|06|08}}<br />
| GHS-Signalwort = Gefahr<br />
| H = {{H-Sätze|330|300|373|413}}<br />
| EUH = {{EUH-Sätze|-}}<br />
| P = {{P-Sätze|260|264|284|301+310}}<br />
| Quelle P = <ref name="GESTIS" /><br />
| Radioaktiv =<br />
<!--- Isotope ---><br />
| Isotope =<br />
{{Infobox Chemisches Element/Isotop<br />
| AnzahlZerfallstypen = 1<br />
| Symbol = Tl<br />
| Massenzahl = 199<br />
| NH = 0<br />
| Halbwertszeit = 7,42 [[Stunde|h]]<br />
| Zerfallstyp1ZM = [[Elektronen-Einfang|ε]]<br />
| Zerfallstyp1ZE = 1,440<br />
| Zerfallstyp1ZP = [[Quecksilber|<sup>199</sup>Hg]]<br />
}}<br />
{{Infobox Chemisches Element/Isotop<br />
| AnzahlZerfallstypen = 1<br />
| Symbol = Tl<br />
| Massenzahl = 200<br />
| NH = 0<br />
| Halbwertszeit = 26,1 [[Stunde|h]]<br />
| Zerfallstyp1ZM = [[Elektronen-Einfang|ε]]<br />
| Zerfallstyp1ZE = 2,456<br />
| Zerfallstyp1ZP = [[Quecksilber|<sup>200</sup>Hg]]<br />
}}<br />
{{Infobox Chemisches Element/Isotop<br />
| AnzahlZerfallstypen = 1<br />
| Symbol = Tl<br />
| Massenzahl = 201<br />
| NH = 0<br />
| Halbwertszeit = 72,912 [[Stunde|h]]<br />
| Zerfallstyp1ZM = [[Elektronen-Einfang|ε]]<br />
| Zerfallstyp1ZE = 0,493<br />
| Zerfallstyp1ZP = [[Quecksilber|<sup>201</sup>Hg]]<br />
}}<br />
{{Infobox Chemisches Element/Isotop<br />
| AnzahlZerfallstypen = 1<br />
| Symbol = Tl<br />
| Massenzahl = 202<br />
| NH = 0<br />
| Halbwertszeit = 12,23 [[Tag|d]]<br />
| Zerfallstyp1ZM = [[Elektronen-Einfang|ε]]<br />
| Zerfallstyp1ZE = 1,364<br />
| Zerfallstyp1ZP = [[Quecksilber|<sup>202</sup>Hg]]<br />
}}<br />
{{Infobox Chemisches Element/Isotop<br />
| AnzahlZerfallstypen = 0<br />
| Symbol = Tl<br />
| Massenzahl = 203<br />
| NH = 29,524<br />
}}<br />
{{Infobox Chemisches Element/Isotop<br />
| AnzahlZerfallstypen = 2<br />
| Symbol = Tl<br />
| Massenzahl = 204<br />
| NH = 0<br />
| Halbwertszeit = 3,78 [[Jahr|a]]<br />
| Zerfallstyp1ZM = [[Betastrahlung|β<sup>−</sup>]]<br />
| Zerfallstyp1ZE = 0,764<br />
| Zerfallstyp1ZP = [[Blei|<sup>204</sup>Pb]]<br />
| Zerfallstyp2ZM = [[Elektronen-Einfang|ε]]<br />
| Zerfallstyp2ZE = 0,347<br />
| Zerfallstyp2ZP = [[Quecksilber|<sup>204</sup>Hg]]<br />
}}<br />
{{Infobox Chemisches Element/Isotop<br />
| AnzahlZerfallstypen = 0<br />
| Symbol = Tl<br />
| Massenzahl = 205<br />
| NH = '''70,476'''<br />
}}<br />
{{Infobox Chemisches Element/Isotop<br />
| AnzahlZerfallstypen = 1<br />
| Symbol = Tl<br />
| Massenzahl = 206<br />
| NH = -1<br />
| Halbwertszeit = 4,199 [[Minute|min]]<br />
| Zerfallstyp1ZM = [[Betastrahlung|β<sup>−</sup>]]<br />
| Zerfallstyp1ZE = 1,533<br />
| Zerfallstyp1ZP = [[Blei|<sup>206</sup>Pb]]<br />
}}<br />
{{Infobox Chemisches Element/Isotop<br />
| AnzahlZerfallstypen = 1<br />
| Symbol = Tl<br />
| Massenzahl = 207<br />
| NH = -1<br />
| Halbwertszeit = 4,77 [[Minute|min]]<br />
| Zerfallstyp1ZM = [[Betastrahlung|β<sup>−</sup>]]<br />
| Zerfallstyp1ZE = 1,423<br />
| Zerfallstyp1ZP = [[Blei|<sup>207</sup>Pb]]<br />
}}<br />
{{Infobox Chemisches Element/Isotop<br />
| AnzahlZerfallstypen = 1<br />
| Symbol = Tl<br />
| Massenzahl = 208<br />
| NH = -1<br />
| Halbwertszeit = 3,053 [[Minute|min]]<br />
| Zerfallstyp1ZM = [[Betastrahlung|β<sup>−</sup>]]<br />
| Zerfallstyp1ZE = 5,001<br />
| Zerfallstyp1ZP = [[Blei|<sup>208</sup>Pb]]<br />
}}<br />
{{Infobox Chemisches Element/Isotop<br />
| AnzahlZerfallstypen= -1 <!-- Leerzeile --><br />
}}<br />
{{Infobox Chemisches Element/Isotop<br />
| AnzahlZerfallstypen = 2<br />
| Symbol = Tl<br />
| Massenzahl = 210<br />
| NH = -1<br />
| Halbwertszeit = 1,30 [[Minute|min]]<br />
| Zerfallstyp1ZM = [[Betastrahlung|β<sup>−</sup>]] (≈ 100 %)<br />
| Zerfallstyp1ZE = 5,484<br />
| Zerfallstyp1ZP = [[Blei|<sup>210</sup>Pb]]<br />
| Zerfallstyp2ZM = [[Betastrahlung|β<sup>−</sup>]][[Neutronenemission|n]] (0,0070 %)<br />
| Zerfallstyp2ZE = 0,299<br />
| Zerfallstyp2ZP = [[Blei|<sup>209</sup>Pb]]<br />
}}<br />
| NMREigenschaften =<br />
<!---<br />
{{Infobox Chemisches Element/NMR<br />
| Symbol = Tl<br />
| Massenzahl_1 =<br />
| Kernspin_1 =<br />
| Gamma_1 =<br />
| Empfindlichkeit_1 =<br />
| Larmorfrequenz_1 =<br />
}}<br />
---><br />
}}<br />
<br />
'''Thallium''' ist ein [[chemisches Element]] mit dem [[Elementsymbol]] Tl und der [[Ordnungszahl]] 81. Im [[Periodensystem]] steht es in der 3. [[Hauptgruppe]], bzw. der 13.&nbsp;[[Gruppe des Periodensystems|IUPAC-Gruppe]], der [[Borgruppe]]. Das weiche, graue und dem [[Blei]] sehr ähnliche [[Metalle|Metall]] ist äußerst giftig.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
Thallium (von [[Altgriechische Sprache|altgriechisch]] {{lang|grc|θαλλός}} ''thallós'' ‚grüner Zweig‘;<ref>{{Literatur |Autor=[[Wilhelm Gemoll]] |Titel=Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch |Ort=München/Wien |Datum=1965}}</ref> wegen seiner grünen Spektrallinie bei 535&nbsp;nm) wurde 1861 in England von Sir [[William Crookes]] [[Spektroskopie|spektroskopisch]] im [[Bleikammerverfahren|Bleikammerschlamm]] einer Schwefelsäurefabrik anhand der charakteristischen grünen Spektrallinie entdeckt. Zur gleichen Zeit gelang dem Franzosen [[Auguste Lamy]] die Darstellung des Metalls auf [[Elektrolyse|elektrolytischem Wege]].<br />
<br />
== Vorkommen, Grenzwerte ==<br />
Thallium ist kein seltenes Element, aber es gibt sehr wenige [[Mineral]]ien mit hohem Thalliumgehalt: so den [[Crookesit]] (Schweden und Russland), den [[Avicennit]], den [[Lorandit]] (Allchar, Mazedonien; USA) und den [[Hutchinsonit]]. Die überwiegende Menge ist als Begleitelement in [[kalium]]haltigen [[Tonmineral|Tonen]], Böden und [[Granit]]en enthalten. Der natürliche Gehalt liegt dabei zwischen 0,4 und 6,5&nbsp;mg/kg.<ref name="mm BZ 20-12-011">mm: ''Geologischer Einzelfall.'' In: [http://www.badische-zeitung.de/kandern/geologischer-einzelfall--53689104.html badische-zeitung.de ''Lokales, Kandern.''] 20. Dezember 2011. (4. Dezember 2011).</ref> Zur Bedarfsdeckung ist die aus der Verhüttung von [[Kupfer]], [[Blei]], [[Zink]] und anderen [[sulfid]]ischen [[Erze]]n anfallende Menge ausreichend.<br />
<br />
Für [[Trinkwasser]] geht das [[Bundesinstitut für Risikobewertung]] von einem Toleranzwert bis zu 5&nbsp;µg/L aus.<ref name="mm BZ 20-12-011" /><br />
<br />
Das Isotop <sup>205</sup>Tl ist das Endnuklid des radioaktiven Zerfalls von [[Bismut|<sup>209</sup>Bi]] (Halbwertszeit 1,9&nbsp;·&nbsp;10<sup>19</sup> Jahren) aus der [[Neptunium-Reihe]].<br />
<br />
== Gewinnung und Darstellung ==<br />
[[Datei:Thallium pieces in ampoule.jpg|mini|links|Thallium wird wegen seiner Luftempfindlichkeit unter Argon aufbewahrt]]<br />
<br />
Metallisches Thallium wird meist durch Ausfällen mit Zink gewonnen. Die Weltproduktion von Thallium beträgt 5&nbsp;[[Tonne (Einheit)|Tonnen]] pro Jahr.<br />
<br />
== Eigenschaften ==<br />
Frische Schnittflächen des weichen und hämmerbaren Metalls sind hochglänzend, nach kurzer Zeit überziehen sie sich mit einem blaugrauen [[Oxide|Oxidfilm]]. In feuchter [[Luft]] und [[Wasser]] bildet sich [[Thallium(I)-hydroxid]], das eine sehr starke Base ist. In Alkalilaugen ist es unlöslich.<br />
<br />
Im Gegensatz zu den leichteren Gruppenmitgliedern kommt Thallium überwiegend in der [[Oxidationsstufe]] +I vor. Dies ist auf den thermodynamischen [[Effekt des inerten Elektronenpaares|6s-Inertpaar-Effekt]] zurückzuführen, da die Ionisierungsenergie der 6s-Elektronen anormal hoch ist. Die Oxidationsstufen +II und +III sind auch möglich, jedoch wesentlich seltener vorzufinden. Daher kann Thallium als Begleiter in vielen verschiedenen Mineralien vorkommen.<br />
<br />
In vielen Eigenschaften ähnelt Thallium in der Oxidationsstufe +I stark dem wesentlich leichteren Kalium, was nicht zuletzt auf sehr ähnliche Ionenradien zurückzuführen ist. So ist Thalliumcarbonat das einzige leicht wasserlösliche Schwermetallcarbonat. Andererseits existieren auch Parallelen zur entsprechenden Oxidationsstufe des Silbers (Thalliumhalogenide sind schwerlöslich und lichtempfindlich).<br />
<br />
Thalliumverbindungen zeigen eine intensiv grüne Flammenfärbung, im Spektroskop ist eine scharfe Emissionslinie bei 535&nbsp;nm charakteristisch (wichtig in der Forensik).<br />
<br />
Mit [[Halogene]]n reagiert Thallium schon bei Zimmertemperatur. Die sich bildenden Thalliumhalogenide (mit Ausnahme der Fluoride) werden durch Aufnahme geringer Spuren von Wasser bei –180&nbsp;°C fluoreszenzfähig.<ref>H. Gobrecht, F. Becker: ''Über die Lumineszenz der Thallium (I)- und Blei(II)halogenide bei tiefen Temperaturen.'' In: ''Zeitschrift für Physik.'' 135, 1953, S.&nbsp;553–557, [[doi:10.1007/BF01338819]].</ref><br />
<br />
== Verwendung ==<br />
* niedrigschmelzende [[Glas|Gläser]] (zwischen 125 und 150&nbsp;°C)<br />
* infrarotdurchlässige Gläser<br />
* Gläser mit hohem [[Brechungsindex]] für Optik von [[Fotokopierer]]n und [[Faxgerät]]en<br />
* hoch IR-brechende Medien für die [[ATR-Spektroskopie]] (aus Thalliumbromoiodid, sog. KRS-5)<br />
* [[Thallium(I)-sulfat]] als [[Rattengift]] (''Zeliokörner'') (inzwischen wegen der Giftigkeit in vielen Ländern verboten)<br />
* Blei-Thallium-Legierungen für Stromrollen zum kontinuierlichen elektrolytischen Verzinken von Stahlblech<br />
*[[Thallium(I)-sulfid|Thalliumsulfid]] zur Herstellung von [[Fotozelle]]n<br />
* Detektoren für [[Gammastrahlung]]<br />
* bei [[Nuklearmedizin|nuklearmedizinischen]] Untersuchungen wie [[Myokardszintigrafie]] und [[Nebenschilddrüsenszintigrafie]]<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nuklearmedizin.de/leistungen/leitlinien/html/neben_schild.php?navId=53 |titel=Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V. |abruf=2021-11-02}}</ref><br />
* [[Thalliumnitrat]] als grüner Leuchtstoff in Seenotraketen (problematisch wegen Giftigkeit)<br />
* als Quecksilberlegierung ([[Amalgam]]) in [[Thermometer]]n für niedrige Temperaturen (bis −58&nbsp;°C)<br />
* als [[Hochtemperatursupraleiter]] in Hg<sub>0,8</sub>Tl<sub>0,2</sub>Ba<sub>2</sub>Ca<sub>2</sub>Cu<sub>2</sub>O<sub>8</sub><br />
* Zugabe in [[Bleitellurid]]en zur Effizienzsteigerung thermoelektrischer Materialien<ref name="Technology Review">TR: [https://www.heise.de/tr/artikel/Strom-aus-Abgas-Abwaerme-275440.html ''Strom aus Abgas-Abwärme.''] 30. Juli 2008.</ref><br />
<br />
== Physiologie ==<br />
Thallium wird gut vom Körper aufgenommen, vor allem über den Magen-Darm-Trakt oder die Lunge. Dreiwertiges Thallium (Tl<sup>3+</sup>) wird im Körper rasch zu einwertigem Thallium (Tl<sup>+</sup>) [[Reduktion (Chemie)|reduziert]] und elementares zu Tl<sup>+</sup> oxidiert, das sich sehr schnell verteilt und über die [[Kaliumkanal|Na<sup>+</sup>/K<sup>+</sup>-Pumpe]] aus dem Blutkreislauf ins Zellgewebe und in die Organe transportiert wird. Aufgrund des Ionenradius des Tl<sup>+</sup> wird es vom Körper wie [[Kalium]]-[[Ion]]en K<sup>+</sup> angesehen und transportiert. Hohe Konzentrationen von Tl<sup>+</sup> finden sich in Niere und Leber sowie im Dickdarmgewebe und in bestimmten Knochen. Nach einer überstandenen Vergiftung ist Tl<sup>+</sup> noch lange in Nägeln und Haaren zu finden. Weiterhin ist Tl<sup>+</sup> bei der Ausscheidung aus dem Körper bedenklich. Ähnlich wie die [[Amatoxine]] bei einer [[Knollenblätterpilz]]vergiftung unterliegt auch Tl<sup>+</sup> dem sogenannten [[Enterohepatischer Kreislauf|enterohepatischen Kreislauf]]. Die versuchte Entgiftung über Leber und schließlich mit dem Gallensekret wird durch die Rückresorption der Tl<sup>+</sup>-Ionen im Darm verhindert. Zwar ist dieser Ausscheidungsweg mengenmäßig kleiner als der über die Niere, diese ist aber ganz besonders von der Schädigung durch Tl<sup>+</sup> betroffen. Deswegen setzt bei der Ausscheidung über die Galle und den Darm (biliäres System) die medizinisch induzierte Entgiftung mit Eisen(III)hexacyanoferrat(II) (landläufig als [[Berliner Blau]] bekannt) an. Die über die Gallensekrete in den Zwölffingerdarm abgegebenen Tl<sup>+</sup> werden dort bzw. im Darm von „Berliner Blau“ chemisch gebunden und schließlich über den Kot ausgeschieden.<br />
<br />
Für Thallium wurde noch keine biologische Funktion bestätigt.<br />
<br />
== Sicherheitshinweise ==<br />
=== Toxizität ===<br />
Thallium und thalliumhaltige Verbindungen wie [[Thallium(I)-sulfat|Thalliumsulfat]] sind hochgiftig und müssen mit größter Vorsicht gehandhabt werden. Seit der allgemeinen Verfügbarkeit des thalliumsulfathaltigen Ratten- und Mäusegiftes „[[Rodentizid#Altgifte|Zelio]]“ hat es eine zunehmende Zahl an Mord- und Selbstmordfällen mit Thalliumpräparaten gegeben.<ref>Helmut Schubothe: ''Vergiftungen.'' In: [[Ludwig Heilmeyer]] (Hrsg.): ''Lehrbuch der Inneren Medizin.'' Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1195–1217, hier: S. 1205 f. (''Thalliumvergiftung'').</ref><br />
[[Datei:Thallium rod corroded.jpg|mini|links|Korrodierter Thallium-Metallstab]]<br />
Die [[Letale Dosis|tödliche]] Dosis für erwachsene Menschen beträgt zirka 800&nbsp;mg. Die akute Thalliumvergiftung verläuft in vier Phasen, deren erste relativ allgemeinsymptomatisch mit sich abwechselnden [[Durchfall|Durchfällen]] und [[Verstopfung]]en verläuft. In dieser Phase sind bereits Veränderungen der [[Haar]]wurzeln zu erkennen, die dann meist mit dem 13. Tag in den für eine Thalliumvergiftung typischen [[Haarausfall]] an bestimmten Körperstellen in unterschiedlicher Ausprägung übergeht. In der zweiten Phase stellen sich [[Neurologie|neurologische]] und [[Psyche|psychische]] Veränderungen ein, die sich als übermäßige [[Schmerz]]wahrnehmung an peripheren Körperteilen bemerkbar machen. Die Vergiftung kulminiert dann in der dritten Phase nach dem 10. Tag der Aufnahme. Es stellen sich schwere [[Sehstörung]]en ein, die durch die Lähmung der entsprechenden [[Hirnnerv]]en bewirkt werden. Die erhöhte [[Puls|Herzaktivität]] ([[Tachykardie]]) erklärt sich durch Einwirkung des Thalliums auf die Erregungsbildung des [[Sinusknoten]]s und auf die Erregungsweiterleitung, die durch die daraus resultierenden [[Herzrhythmusstörung]]en in die [[Letalität|letal]] verlaufende Tl-Vergiftung mündet. Mit der dritten Woche der Vergiftung erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines letalen Ausganges und die Spätphase (u.&nbsp;a. Darmperforation)<ref>P. Reuther, J. Epping, P. Krauseneck, H. G. Mertens, K. Ricker: ''Thallium-Intoxikation — Besonderheiten in der Phänomenologie der Würzburger Vergiftungsfälle.'' In: H. Gänshirt, P. Berlit, G. Haack (Hrsg.): ''Kardiovaskuläre Erkrankungen und Nervensystem Neurotoxikologie Probleme des Hirntodes'' (= ''Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. 58. Tagung, 1984 in Heidelberg.'' Band 3). Springer, Berlin/Heidelberg 1985, ISBN 978-3-642-46521-5 [[doi:10.1007/978-3-642-46521-5_80|DOI:10.1007/978-3-642-46521-5_80]] ({{Google Buch |BuchID=uiLKBgAAQBAJ |Seite=380}})</ref> stellt sich ein. Hier zeigen sich meist irreversible Schäden an Nervenfortleitungen der unteren Körperteile, gestörte [[Reflex]]e und [[Muskelschwund]]. Es kann eine dauerhaft herabgesetzte geistige Leistungsfähigkeit zurückbleiben, wobei sehr schwere Vergiftungen zu schwersten irreversiblen Gehirnschäden führen können.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.dailydot.com/society/zhu-ling-sun-wei-petition-case/ | wayback=20161023011521 | text=The heartbreaking saga of Zhu Ling}}.</ref><ref>C. Thompson, J. Dent, P. Saxby: ''Effects of thallium poisoning on intellectual function.'' In: ''The British journal of psychiatry.'' Band 153, 1988, S.&nbsp;396–399. PMID 3250680.</ref> Die Körperbehaarung entwickelt sich nach wenigen Monaten wieder neu. Geringere Mengen führen zu einer [[Chronische Vergiftung|chronischen Vergiftung]], die längere Zeit unerkannt bleiben kann (eventuell sind [[Mees-Nagelbänder]] zu beobachten), dies weist dann allerdings meist auf eine beabsichtigte Vergiftung hin, da eine natürliche Aufnahme [[Toxizität|toxischer]] Mengen kaum möglich ist.<br />
<br />
=== Anreicherungen ===<br />
Bei der [[Zement]]herstellung kann sich Thallium in Form seiner flüchtigen Halogenide im Abgasreinigungssystem anreichern.<ref>W. Weisweiler, E. Mallonn: ''Thalliumiodid – Bildung, Verflüchtigung, Anreicherung''. Iod und Thallium im Zementproduktionsprozeß. Staub.<!-- wo findet sich dieser Artikel? --></ref><br />
<br />
Tierische und pflanzliche Nahrungsmittel enthalten in der Regel nicht mehr als 0,1&nbsp;mg/kg Tl. Dennoch können zum Beispiel Pilze und einige Kohlsorten Thallium bis zu 1&nbsp;mg/kg [[Bioakkumulation|akkumulieren]].<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Wiktionary}}<br />
{{Commons}}<br />
* [http://www.pse-mendelejew.de/bilder/tl.jpg Bild einer oxidfreien Thalliumprobe]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Periodensystem}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4059684-9|LCCN=sh85134473|NDL=00572717}}<br />
<br />
[[Kategorie:Hexagonales Kristallsystem]]</div>ToXiDoc!https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Grimmwelt_Kassel&diff=215086104Grimmwelt Kassel2021-08-27T05:03:46Z<p>ToXiDoc!: /* Besucher */</p>
<hr />
<div>[[Datei: Grimmwelt Logo.svg|mini|]]<br />
[[Datei:Grimm.jpg|mini|Die Brüder Grimm 1855]]<br />
Die '''Grimmwelt Kassel''' (Eigenschreibweise: GRIMMWELT Kassel) ist ein Ausstellungshaus zu den Werken, zum Wirken und zum Leben der [[Brüder Grimm]].<ref> {{Webarchiv|text=Archivlink |url=http://www.grimmwelt.de/aktuell/willkommen-in-der-grimmwelt-kassel/ |wayback=20160109191415 |archiv-bot=2018-04-12 23:54:22 InternetArchiveBot }}</ref><br />
Das Ausstellungshaus bietet interaktive Präsentationen zum [[Deutsches Wörterbuch|''Deutschen Wörterbuch'']], zu den [[Grimms Märchen|''Kinder- und Hausmärchen'']] sowie zum Leben von [[Jacob Grimm|Jacob]] und [[Wilhelm Grimm]]. Es ist in 25 Bereiche aufgeteilt, die mit Wörtern aus dem Deutschen Wörterbuch benannt sind.<ref> {{Webarchiv|text=Archivlink |url=http://www.grimmwelt.de/aktuell/erlebnisraum-grimmwelt/ |wayback=20160109191418 |archiv-bot=2018-04-12 23:54:22 InternetArchiveBot }}</ref> Zusätzlich zeigt die Grimmwelt wechselnde Sonderausstellungen.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
=== Palais Bellevue ===<br />
Das alte [[Brüder Grimm-Museum Kassel|Brüder Grimm-Museum]] befand sich bis zum 31. Oktober 2014 im [[Palais Bellevue (Kassel)|Palais Bellevue]] in [[Kassel]]. Verwaltungstechnisch war das Palais nicht als Museumsgebäude definiert. Um die an verschiedenen Standorten eingelagerten Exponate dem Publikum zugänglich zu machen, wäre ein grundsätzlicher Um- und Ausbau des Palais notwendig gewesen. Dies hätte die vorausgehende Festlegung des Nutzungszwecks als Museum erfordert. Vielfältige Auflagen wären die Folge gewesen, zum Beispiel der Ein- oder Anbau eines zweiten Treppenhauses mit Fahrstuhl und behindertengerechtem Zugang sowie weitere Eingriffe in die historische Bausubstanz des einzigen auch im Innern noch weitgehend erhaltenen ehemaligen Stadtschlosses des landgräflichen/kurfürstlichen [[Haus Hessen|Hauses Hessen-Kassel]]. Aus diesen Gründen beschloss die Stadt Kassel einen Neubau auf dem oberen [[Weinberg (Kassel)|Weinberg]], nahe dem [[Hessisches Landesmuseum (Kassel)|Hessischen Landesmuseum]] und dem [[Museum für Sepulkralkultur]].<br />
<br />
=== Vorplanung ===<br />
2011 schrieb die Stadt Kassel einen Architektenwettbewerb aus, den das Aachener Architektenbüro Kadawittfeldarchitektur gewann.<ref>http://www.stadt-kassel.de/imperia/md/content/cms01/projekte/grimmwelt/pm_grimmwelt_kadawittfeldarchitektur.pdf</ref> Somit wurde im Januar 2012 das Gebäudedesign des Neubaus festgelegt und das [[Baugenehmigung]]sverfahren eingeleitet. Der erste Spatenstich erfolgte am 21. August 2013. Am 3. September 2013 begann man mit den Bauarbeiten.<br />
<br />
=== Namensfindung ===<br />
Kurz darauf rief Kassels Oberbürgermeister [[Bertram Hilgen]] die Bürger der Stadt auf, Namensvorschläge für das neue Grimm-Museum zu machen. Es wurden 270 Vorschläge eingereicht, über die im Oktober 2013 abgestimmt wurde. Die Jury gab am 22. Oktober bekannt, dass der Neubau "Grimm-Welt Kassel" heißen soll,<ref> [http://www.hna.de/lokales/kassel/wettbewerb-grimm-welt-soll-neue-haus-heissen-3095129.html Aus HNA.de vom 22. Oktober 2013: Grimmmuseum auf Kasseler Weinberg: Haus soll "Grimm-Welt" heißen]</ref> woraufhin der Logo-Entwurf des Frankfurter Büros Heine/Lenz/Zizka mit der Aufschrift: GRIMM WELT KASSEL am 26. Februar 2014 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.<ref>[http://www.hna.de/lokales/kassel/grimmwelt-neues-design-logo-spiegelt-architektur-wider-3385113.html Aus HNA.de vom 26. Februar 2014: Grimmwelt hat neues Design]</ref><br />
<br />
=== Bodenfunde ===<br />
Während der laufenden Bauarbeiten wurden im Frühjahr 2014 [[Archäologie|archäologische]] Funde gemacht. 450 einzelne Teile wurden ausgegraben und zu insgesamt rund 180 Ausstellungsstücken zusammengesetzt. Unter den Funden waren beispielsweise eine Geflügelschere, Schalen und vergoldete Gläser. Nach einer Untersuchung stellte sich heraus, dass es sich um Stücke aus dem Besitz der Familie [[Henschel & Sohn|Henschel]] handelt. Die Haushaltsutensilien stammen aus der Zeit um 1945 aus der kleinen Henschel-Villa auf dem Weinberg, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.<ref>http://www.hna.de/lokales/kassel/funde-grimmwelt-bauarbeiten-schale-liefert-hinweise-bombenangriff-3423972.html Aus HNA.de vom 19. März 2014: Funde bei Grimmwelt-Bauarbeiten: Schale liefert Hinweise auf Bombenangriff</ref><br />
<br />
=== Fertigstellung ===<br />
Zum [[Richtfest]] im Juni 2014 nahm die Grimmwelt noch als Baustelle an der Kasseler Museumsnacht teil.<br />
[[Datei:Grimmwelt Jan 2016.jpg|mini|Außenansicht der Grimmwelt]]<br />
[[Datei:Grimmwelt Kassel, Eingang.jpg|mini|Eingang der Grimmwelt]]<br />
Noch während der Außenbaumaßnahmen des Gebäudes 2014 gestaltete die Firma [[Holzer Kobler Architekturen]] die Museumsräume nach der Ausstellungskonzeption des Schweizer Büros hürlimann + lepp Ausstellungen.<ref>http://www.stadt-kassel.de/imperia/md/content/cms01/projekte/grimmwelt/150907_hka_pm_grimmwelt_de__2_.pdf</ref><br />
Die mit 20 Millionen Euro Baukosten veranschlagte und auch mit dieser Summe realisierte Grimmwelt wurde am 4. September 2015 nach zwei Jahren Bauzeit eröffnet.<ref>http://www.stadt-kassel.de/projekte/grimm-welt/</ref> Geschäftsführerin wurde die aus [[Dresden]] stammende Museumsmanagerin Susanne Völker, die auch die gesamte Entwicklungs- und Bauzeit maßgeblich begleitet hatte.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.hr-online.de/website/fernsehen/sendungen/index.jsp?rubrik=56465&key=standard_document_57495712 |wayback=20161018232115 |text=Archivierte Kopie |archiv-bot=2019-04-14 17:47:49 InternetArchiveBot }} Hessischer Rundfunk online 22. Oktober 2015</ref><br />
<br />
=== Besucher ===<br />
[[Datei:Museum GrimmWelt Kassel Foyer.jpg|mini|Foyer und Café]]<br />
Am Eröffnungswochenende (Freitag, 4. bis Sonntag, 6. September 2015) besuchten 15.000 Menschen das Ausstellungshaus Grimmwelt. Damit war bereits ein knappes Fünftel der Besucherzahl erreicht, die im Vorfeld von Oberbürgermeister Bertram Hilgen mit 80.000 Besuchern pro Jahr anvisiert worden war. Rund ein Jahr nach der Eröffnung hatten bereits über 150.000 Menschen die Grimmwelt besucht. Etwa die Hälfte der Gäste kam aus Kassel und der Region, rund ein Viertel aus dem restlichen Bundesgebiet und ein weiteres Viertel aus dem Ausland. 2017 war die Grimmwelt einer der Spielorte der [[documenta 14]].<ref>{{Literatur |Titel=Grimmwelt Kassel und Weinberg-Terrassen |Online=http://www.documenta14.de/de/venues/21719/grimmwelt-kassel-und-weinberg-terrassen |Abruf=2018-05-10}}</ref><br />
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== Ausstellungshaus ==<br />
Das Gebäude, das ausdrücklich nicht als Museum, sondern als Ausstellungshaus bezeichnet wird, beinhaltet eine Gesamtnutzfläche von rund 4.000 m², die sich auf fünf Geschosse verteilen. Die Ausstellungsfläche umfasst 1.600 m². Für das Foyer, den Shop und den Servicebereich stehen 250 m² zur Verfügung, für die Ausstellungspädagogik 65 m². Das frei begehbare Dach hat eine Fläche von 2.000 m².<ref> http://www.stadt-kassel.de/projekte/grimm-welt/ Stadt Kassel Projekte</ref> Dem Foyer angeschlossen und ebenfalls frei zugänglich befindet sich auf 175 m² Fläche das Café-Restaurant Falada,<ref> {{Webarchiv|text=Archivlink |url=http://www.grimmwelt.de/besuch/gastronomie/ |wayback=20160109191451 |archiv-bot=2018-04-12 23:54:22 InternetArchiveBot }} Bistro Falada</ref> das nach einer Figur des Grimmschen Märchens [[Die Gänsemagd]] benannt ist.<br />
Die Grimmwelt-Ausstellungsflächen befinden sich in den beiden Untergeschossen. Foyer, Shop, Restaurant und Funktionsräume liegen im Erdgeschoss und die Sonderausstellung mit wechselnden Themen im Obergeschoss. Die Dachterrasse ist über zwei Freitreppen auf der Vorder- und Rückseite des Gebäudes oder mit einem Fahrstuhl vom Foyer aus zu erreichen.<br />
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== Erlebnisraum Grimmwelt ==<br />
[[Datei:Museum GrimmWelt Kassel Themengang.jpg|mini|Themengang]]<br />
Durch den Erlebnisraum Grimmwelt werden die Besucher von Themengängen zu Themenräumen geleitet, die mit großen Leuchtbuchstaben gekennzeichnet sind, wobei die Wege durch die Ausstellung keinesfalls strikt vorgegeben werden. So gelangt man, auch manchmal auf Umwegen, von Ä (wie Ärschlein) bis Z (wie Zettel) und durchquert folgende Bereiche:<br />
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=== Die Welt der Sprache und der Wörter ===<br />
*FROTEUFEL: Die Geschichte des [[Deutsches Wörterbuch|Deutschen Wörterbuchs]]<br />
*WORTARBEIT: Die unendliche Kombinatorik der Sprache<br />
*SPRACHBAUWERK: Die ganze Vielfalt des Deutschen Wörterbuchs<br />
Auf 330 m² stehen das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm und die deutsche Sprache im Mittelpunkt dieser Abteilung. Sie ist mit den angrenzenden Abteilungen Kosmos und Labor durch ein Modul mit einer Inszenierung des Deutschen Wörterbuchs verbunden. Dafür wird ein differenziertes Angebot mit Spielen, Wissens- und Experimentierstationen angeboten, wobei die Besucher selbst in Aktion treten sollen, um zu erfahren, mit welchen Techniken die Brüder Grimm der Wortfülle der deutschen Sprache Herr wurden.<br />
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=== Kosmos und Labor ===<br />
Hier werden die Brüder Grimm als Wissenschaftler für Sprache und Literatur, Recht und Politik dargestellt, auch ihre Wirkung bis heute wird dem Besucher vermittelt.<br />
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=== Die Welt der Imagination und der Bilder – Märchenwelt ===<br />
[[Datei:Museum GrimmWelt Kassel Multivision.jpg|mini|Multivision]]<br />
Hier werden vier je 125 m² große, von Künstlern und Designern gestaltete Märchenräume inszeniert. Dazu gehört ein [[Multivision]]skino, in dem auf zwei Projektionsflächen nebeneinander Ausschnitte von Verfilmungen der Grimm’schen Märchen in einer Endlosschleife gezeigt werden.<br />
*DORNENHECKE: Durch die Dornenhecke in die Welt der Märchen<br />
*ERZÄHLENHÖREN: Der Klang der Grimmschen Märchen in aller Welt<br />
*HOLZWURZEL: Die Wurzeln des Künstlers [[Ai Weiwei]]<br />
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=== Die Welt der Brüder Grimm ===<br />
*LEBENSLÄUFER: Die Biografie der Brüder Grimm in ihren eigenen Worten<br />
*NACHLASZ: Ein Teil des Grimm‘schen Hausrats, Möbel, Geschirr und anderes<br />
*QUITTE: Die bürgerliche Küche der Brüder Grimm in Wort und Bild<br />
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=== Schatzkammer ===<br />
[[Datei:Museum GrimmWelt Kassel Ausstellung 02.jpg|mini|Aufbau »Banquet Table Tales« Antoni Miralda]]<br />
Im Vordergrund dieser Abteilung steht das [[Weltdokumentenerbe|UNESCO-Weltdokumentenerbe]] – die Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen<ref> [http://www.stadt-kassel.de/imperia/md/content/cms02/kultur/2011-09_kurzkonzept_grimm-welt1.pdf Gesamtkonzept Brüder Grimm]</ref> – sowie die komplette Sammlung aller fremdsprachlichen Erscheinungen in Buchform.<br />
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== Auszeichnungen ==<br />
Für die Architektur des Gebäudes gab es mehrere Auszeichnungen:<br />
* ''Bau des Jahres 2015'' des Architekturmagazins ''German Architects''<ref>[http://www.hna.de/kassel/mitte-kassel-ort248256/grimmwelt-kassel-bau-jahres-2015-6092531.html Aus HNA.de vom 3. Februar 2016: Grimmwelt in Kassel ist „Bau des Jahres 2015“]</ref><br />
* ''polis Award 2016'' für Stadt- und Immobilienentwicklung des Fachmagazins polis. Gewinner im Bereich "Lebenswerter Freiraum"<br />
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== Rezeption ==<br />
* Die britische Zeitung ''[[The Guardian]]'' setzte die Grimmwelt Kassel 2015 auf ihre Liste der zehn besten neuen Museen weltweit<ref>https://www.theguardian.com/travel/2015/dec/21/10-best-new-museums-new-york-venice-germany</ref><br />
* Gewinner Marketing Preis 2016 "german brand award" in der Kategorie Kultur und NGO (Nicht Regierungsorganisationen)<br />
* Belobigung für Weinberg Areal mit GRIMMWELT beim Deutschen Städtebaupreis 2016<br />
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== Literatur ==<br />
* ''Die Grimmwelt: Von Ärschlein bis Zettel'', hrsg. von der Stadt Kassel, in Zusammenarbeit mit Annemarie Hürlimann und Nicole Lepp, Sieveking, München/Berlin 2015, ISBN 978-3-944874-23-4.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat}}<br />
* [http://www.grimmwelt.de/ Website der Grimmwelt Kassel]<br />
* [http://www.stadt-kassel.de/projekte/grimm-welt/ Informationen der Stadt Kassel zum Projekt Grimmwelt]<br />
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== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
{{Coordinate |NS=51.30920 |EW=9.48927 |type=landmark |region=DE-HE}}<br />
{{Normdaten|TYP=k|GND=1078003866|LCCN=no/2016/033588|VIAF=174144782958228571775}}<br />
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[[Kategorie:Museum in Kassel]]<br />
[[Kategorie:Brüder Grimm]]</div>ToXiDoc!