https://de.wikipedia.org/w/api.php?action=feedcontributions&feedformat=atom&user=ModelpracticeWikipedia - Benutzerbeiträge [de]2025-06-14T09:20:57ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.45.0-wmf.5https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Modell_(Wissenschaft)&diff=94728696Modell (Wissenschaft)2011-10-13T13:36:49Z<p>Modelpractice: Definition angepasst an Stachowiak, Allgemeine Modelltheorie, S. 131-133. War vorher ungenau und teilweise schlicht falsch. Erwähnung v. Alternativdefinitionen.</p>
<hr />
<div>{{Dieser Artikel|erläutert Modelle in der Wissenschaft; zu anderen Bedeutungen siehe [[Modell (Begriffsklärung)]].}}<br />
[[Datei:Maikäfer Modell.jpg|thumb|Modell eines Maikäfers, <br />Größe ca. 40 cm,<br /><small>[[Museum für Naturkunde Berlin]]</small>]]<br />
<br />
Ein '''Modell''' ist ein beschränktes Abbild der Wirklichkeit. Nach [[Herbert Stachowiak]] (Allgemeine [[Modelltheorie]], 1973, S. 131-133, s. Lit.) ist es durch mindestens drei Merkmale gekennzeichnet:<br />
<br />
# Abbildung - Ein Modell ist stets ein Modell von etwas, nämlich Abbildung, Repräsentation natürlicher oder eines künstlichen Originals, das selbst wieder Modell sein kann. <br />
# Verkürzung - Ein Modell erfasst im allgemeinen nicht alle Attribute des Originals, sondern nur diejenigen, die dem Modellschaffer bzw. Modellnutzer relevant erscheinen.<br />
# [[Pragmatismus]] - Modelle sind ihren Originalen nicht per se eindeutig zugeordnet. Sie erfüllen ihre Ersetzungsfunktion a) für bestimmte Subjekte (''Für Wen?''), b) innerhalb bestimmter Zeitintervalle (''Wann?'') und c) unter Einschränkung auf bestimmte gedankliche oder tätliche Operationen (''Wozu?'').<br />
<br />
Zudem werden gelegentlich weitere Merkmale diskutiert, wie Extension und Distortion<ref>Thalheim (2010): Towards a Theory of Conceptual Modelling, Journal of Universal Computer Science, vol. 16, no. 20, S. 3120</ref> sowie [[Validität]]<ref>DÖRNER, D. (1998): Thought and Design - Research Strategies, Single-case Approach and Methods of Validation. In: Frankenberger, E., Badke-Schaub, P., Birkhofer, H. (Eds): Designers. The Key to Successful Product Development. Berlin, Heidelberg, New York: Springer-Verlag, S. 3 - 11</ref>.<br />
<br />
== Wortherkunft ==<br />
<br />
Das Wort ''Modell'' entstand im Italien der [[Renaissance]] als [[Italienische Sprache|ital.]] ''modello'', hervorgegangen aus [[Latein|lat.]] ''modulus'', einem Maßstab in der Architektur, und wurde bis ins 18.&nbsp;Jahrhundert in der bildenden Kunst als Fachbegriff verwendet. Um 1800 verdrängte ''Modell'' im Deutschen das ältere, direkt vom [[Latein|lat.]] ''modulus'' (Maß(stab)) entlehnte Wort ''[[Model (Form)|Model]]'' (Muster, Form, z.&nbsp;B. Kuchenform), das noch im Verb ''ummodeln'' und einigen [[Fachsprache]]n und [[Dialekt]]en fortlebt.<br />
<br />
== Modelle in verschiedenen Disziplinen ==<br />
=== Mathematische Modelle in der Wissenschaft ===<br />
<br />
→ ''Hauptartikel: [[Mathematisches Modell]]''<br />
<br />
Mathematische Modelle sind in mathematischen Formeln beschriebene Modelle. Sie versuchen, die wesentlichen Parameter der meist natürlichen Phänomene zu erfassen. Durch die formelle Beschreibung kann ein Modell berechnet und wissenschaftlich geprüft werden. <br />
<br />
Berechenbarkeit bedeutet hier sowohl die analytische Untersuchung als auch die Approximation mittels numerischer Verfahren. In der Regel sind auch die sogenannten physikalischen Modelle mathematische Modelle, sie stützen sich jedoch auf physikalische Gesetzmäßigkeiten.<br />
<br />
Ein valides Modell kann zur Prognose eines zukünftigen Verhaltens benutzt werden.<br />
<br />
Bekannte Anwendungsfälle mathematischer Modelle sind etwa Prognosen des Klimawandels, des Wetters oder die Statik eines Gebäudes.<br />
<br />
=== Mathematik und Logik ===<br />
→ ''Hauptartikel: [[Modelltheorie]]''<br />
<br />
In der [[Modelltheorie]] der [[Mathematische Logik|mathematischen Logik]] geht es nicht um eine Abbildung der Wirklichkeit in Mathematik. Hier versteht man unter einem Modell eines [[Axiomensystem]]s eine mit gewissen Strukturen versehene [[Menge (Mathematik)|Menge]], auf die die [[Axiom]]e des Systems zutreffen. Die Existenz eines Modells beweist, dass sich die Axiome nicht widersprechen; existieren sowohl Modelle mit einer gewissen Eigenschaft als auch solche, die diese Eigenschaft nicht haben, so ist damit die logische Unabhängigkeit der Eigenschaft von den Axiomen bewiesen. <br />
<br />
In der [[Logik]] ist das ''Modell einer Formel F'' eine Bewertung, die F den Wahrheitswert w zuordnet. Man spricht auch davon, dass diese Bewertung die Formel erfüllt.<ref>Hoyningen-Huene, Logik (1998), S. 255</ref>. Das Modell eines Satzes (einer Formel) ist daher eine Interpretation, die den Satz (die Formel) erfüllt.<br />
<br />
Entsprechend ist das ''Modell einer Menge wohlgeformter Formeln'' die Interpretation durch Zuordnung von semantischen Werten zu den in den Formeln enthaltenen einfachen Ausdrücken, so dass alle Formeln den Wahrheitswert ‹wahr› erhalten.<ref>Hügli/Lübcke, ''Philosophielexikon'' (1991), ISBN 3-634-22405-3/Modell</ref>, also eine Belegung, die die betreffende Menge verifiziert. Abstrakter kann man formulieren, dass wenn "Σ eine Menge von L-Sätzen [ist]; eine L-Struktur, die jeden Satz in Σ wahr macht, [..] ein Modell von Σ [heißt]."<br />
<ref>Godehard Link/Karl-Georg Niebergall: ''Logik: Von Epimenides zu Gödel.'' In: E. Fischer/W. Vossenkuhl: ''Die Fragen der Philosophie.'' Beck, München 2003, S. 107 (118)</ref>.<br />
<br />
Das ''Modell eines Axiomensystems'' ist ein Gegenstandsbereich und eine Interpretation der undefinierten Grundbegriffe, bei der ein Axiomensystem wahr ist<ref>Essler, Einführung in die Logik, 2. Aufl. (1969), S. 244</ref> oder mit den Worten [[Carnap]]s: <br />
<br />
:„Unter einem Modell (genauer, einem logischen oder mathematischen Modell) für die axiomatischen Grundzeichen eines gegebenen AS [Axiomensystems] in bezug auf einen gegebenen Individuenbereich D versteht man eine Bewertung für diese Zeichen derart, dass sowohl der Bereich D wie auch die Bewertung ohne Gebrauch deskriptiver Konstanten angegeben wird.“<ref>Carnap, Rudolf: ''Einführung in die symbolische Logik.'' Springer, Wien, New York, 3. Aufl. 1968, S. 174</ref>. <br />
<br />
Mit anderen Worten heißt es<br />
im Historischen Wörterbuch der Philosophie: „''Modell'' heißt in der Logik ein System aus Bereichen und Begriffen, insofern es die Axiome einer passend formulierten Theorie erfüllt.“ <br />
<br />
In der [[Modallogik]] besteht ein Modell aus drei Komponenten: <br />
:(1) einer Klasse möglicher Welten;<br />
:(2) einer Zuordnungsfunktion, die jedem Paar aus einer atomaren Aussage und einer möglichen Welt einen Wahrheitswert zuordnet;<br />
:(3) einer Zugänglichkeitsrelation zwischen möglichen Welten.<ref>Nach Glück, Helmut (Hg.): ''Metzler Lexikon Sprache.'' 4. Auflage. Metzler, Stuttgart - Weimar 2010: ''Modell.''<br />
<br />
:Ähnlich in anderer Formulierung Stuhlmann-Laeisz, Rainer: ''Philosophische Logik.'' mentis, Paderborn, 2002, S. 21:<br />
:""Ein Modell U zu einer Sprache MAL ist ein Gebilde (K, i, R, V) aus vier Bestandteilen: <br />
:(i) K ist eine nicht-leere Klasse oder Menge von Objekten,<br />
:(ii) i ist eines der Objekte in K: i ist Element von K,<br />
:(iii) R ist eine zweistellige Relation auf K: R ist Teilmenge in K x K,<br />
:(iv) V ist eine Zuordnung, die jeder atomaren Aussage von MAL im HInblick auf das Objekt aus K einen Wahrheitswert zuweist; V: At x K → (W,F) (in dieser Notation steht die Bezeichnung "At" für die Klasse der atomaren Aussagen (Aussagebuchstaben) von MAL)."</ref><br />
<br />
Die Modelltheorie der Logik wird auch in der [[modelltheoretische Semantik|modelltheoretischen Semantik]] verwandt.<br />
<br />
''Siehe auch:'' [[Formale Sprache]].<br />
<br />
=== Wissenschaftstheorie ===<br />
In der Methodologie und [[Wissenschaftstheorie]] wird zwischen Modellen unterschieden, die zur Erklärung von bekannten Sachverhalten oder Objekten dienen und solchen, die auf einer hypothetischen Annahme ([[Hypothese]]) beruhen und bei denen der [[DN-Modell|Entdeckungszusammenhang]] beim Test von Theorien im Vordergrund steht. Erklärende Modelle sind häufig Skalenmodelle, die einen maßstäblichen Bezug zur Wirklichkeit haben (Spielzeugauto). Demgegenüber stehen Analogiemodelle, die die Strukturähnlichkeit ([[Homomorphie]]) der abgebildeten Wirklichkeit erzeugen (sollen) wie zum Beispiel das Planetenmodell der Atome. Für Theorien werden oftmals abstrakte oder fiktive Modelle gebildet. Eine weitere Unterscheidung ist, ob Modelle beschreibend sind (deskriptiv) oder ob durch die Modelle ein Sachverhalt festgelegt wird (präskriptiv).<br />
<br />
Dem Modell kommt im wissenschaftlichen [[Erkenntnis]]prozess eine große Bedeutung zu. Unter bestimmten Bedingungen und Zwecksetzungen besitzen Modelle bei der Untersuchung realer Gegenstände und Prozesse in unterschiedlichen Wirklichkeitsbereichen und beim Aufbau wissenschaftlicher Theorien eine wichtige Erkenntnisfunktion. So dienen sie u.a. dazu, komplexe Sachverhalte zu vereinfachen (idealisieren) bzw. unserer Anschauung zugänglich zu machen.<br />
<br />
Fiktive Modelle sind Mittel zur tieferen und umfassenderen Erkenntnis der Wirklichkeit. Im Prozess der [[Abstraktion]] mit Methoden der [[Idealisierung]] bzw. der Konstruktion entstanden, helfen sie, reale Eigenschaften, Beziehungen und Zusammenhänge aufzudecken, bestimmte reale Eigenschaften erfassbar und praktisch beherrschbar werden zu lassen. Sie werden zumeist gebildet, um auf real existierende Objekte die Mittel der theoretischen, besonders der mathematischen Analyse anwenden zu können.<br />
<br />
Beispiele: [[ideales Gas]], absolut [[schwarzer Körper]], [[Massenpunkt]], [[vollkommener Markt]] u. a. (siehe [[ideales Objekt]])<br />
<br />
Die erkenntnistheoretische und logische Möglichkeit und Rechtfertigung der Zulässigkeit von Modellen ist nur eine Seite. Wesentlich ist letztlich die Rechtfertigung der Zulässigkeit der Fiktion durch die tätige Praxis, das heißt der praktische Nachweis, dass die mit Hilfe des Modells aufgebaute Theorie auf reale Objekte effektiv angewendet werden kann.<br />
<br />
Eine gesonderte Diskussion wird in der Wissenschaftstheorie darüber geführt, ob Modelle als Repräsentationen die Realität abbilden ([[Realismus (Philosophie)|Realismus]]), oder ob es sich nur um theoretische Konstruktionen handelt ([[Konstruktivismus (Philosophie)|Konstruktivismus]]).<br />
<br />
=== Sozialwissenschaften ===<br />
Auch in den [[Sozialwissenschaften]] wird der Begriff des Modells gern verwendet. Zum Beispiel wird ein Theoriegebäude zur Analyse und Planung von Unterricht als ein „[[Didaktik|didaktisches]] Modell“ bezeichnet. Dieser [[Intellektuelle Mode|modische]] Sprachgebrauch beruht wahrscheinlich auf der Analogie, die darin besteht, dass auch in der Entwicklung einer Handlungsanleitung die methodischen Schritte Formulierung, Erprobung, Validierung aufeinander folgen.<br />
<br />
[[Max Weber]] sprach vom [[Idealtypus]] in der sozialwissenschaftlichen Forschung und meinte damit nichts Anderes als ein abstraktes, idealisiertes Modell der Realität. Ein Idealtypus kann sowohl gesellschaftliche Strukturen (''Demokratie'' oder ''mittelalterliche Stadt'') als auch zeitliche Verläufe (''Revolutionen'' oder ''Konjunkturmodelle'') beschreiben.<br />
<br />
=== Psychologie ===<br />
In der [[Psychologie]] werden verschiedene „Modelle des Menschen“ unterschieden. Es handelt sich hierbei um [[Paradigmen]], die sich in den Grundannahmen und der Methodologie unterscheiden.<br />
<br />
Der Modellbegriff spielt weiterhin in der [[Lerntheorie]] eine zentrale Rolle; auch die [[Pädagogische Psychologie]] thematisiert diese Lernform (siehe [[Lernen]], Beobachtungslernen, Modelllernen, Imitationslernen, Lernen am Vorbild). Die Theorie vom Modelllernen oder vom [[Lernen am Modell]] erläutert, wie Verhalten zustande kommt, nämlich durch die Nachahmung des Verhaltens, das eine Person (das Modell) realisiert hat. Dabei spielt es z. B. eine Rolle, welches Verhältnis der Nachahmende zum Modell (Eltern, Lehrer, Erzieher usw.) hat oder wie erfolgreich ein Modell sein Verhalten (in sozialen Situationen) gestalten kann bzw. welches gesellschaftliche Ansehen ein Modell zeigt. Man kann davon ausgehen, dass insbesondere komplexe (soziale) Verhaltensketten durch Nachahmungslernen zustande kommen.<ref>s. N. Kühne, S. 53 ff</ref><br />
<br />
Grundsätzlich hat die Lernforschung herausgefunden:<br />
* Haben Lernender und Modell ein gutes Verhältnis, werden Verhaltensweisen leichter übernommen. Der Zusammenhang spielt in Erziehungsprozessen eine herausragende Rolle. (Siehe dazu: [[Erziehung]])<br />
* Ist das Modell selbst erfolgreich in diversen sozialen Situationen, wird auch sein Verhalten von Lernenden leichter übernommen.<br />
* Modelle mit höherem Sozialprestige sind in der Regel wirksamer, was die Übernahme von Verhalten angeht.<br />
* Übernommenes [[Verhalten]], das in seiner sozialen Umgebung erfolgreich ist, wird vom Lernenden eher beibehalten (S. auch [[Lernen]]: operantes Konditionieren; Verstärkungslernen).<br />
* Beobachtetes und nachgeahmtes Verhalten von großer Bedeutung (für den Nachahmer) wird eher beibehalten als Verhalten mit minderer Bedeutung.<br />
* Unsichere und ängstliche Personen sind eher bereit, Verhalten von Modellen zu übernehmen.<br />
(s. Reinhard Tausch, Anne-Marie Tausch, Göttingen 1971, S. 49-73)<br />
<br />
[[Feldtheorie]]: Der Psychologe [[Kurt Lewin]] (1890 - 1947) war ein großer Meister im Entwerfen von Modellen für komplexe Sachverhalte in der Psychologie („Feldtheorie in den Sozialwissenschaften“, Bern 1963), etwa in den motivationspsychologischen Arbeiten.<br />
<br />
=== Pädagogik ===<br />
Die Frage nach dem Modell ist in der Pädagogik vor allem die Frage nach dem Selbstverständnis des Erziehenden. (In der Alltagssprache verwendet man eher das Wort Vorbild.) Der agierende Erzieher muss sich die Frage gefallen lassen, ob er exakt das in seinem Verhalten realisiert, was er theoretisch und praktisch in Erziehungssituationen als angemessen bis optimal zu fordern bereit ist, um als Modell (Vorbild) fungieren zu können. Ist er nicht dazu bereit oder nicht in der Lage, mangelt es ihm nach allgemeinem Verständnis an Glaubwürdigkeit. Ein Erziehender, der vom Kind/Jugendlichen z. B. Vertrauen fordert, selbst aber kleinlich auf die Einhaltung von Vorschriften aus ist, die er womöglich selbst formuliert hat, produziert einen Widerspruch zwischen seinen Forderungen und dem konkreten Verhalten. Als Modell wäre er damit zutiefst unglaubwürdig. (Siehe Tausch/Tausch; Göttingen 1971, S. 49-73)<br />
<br />
Erziehende, die viele Widersprüche dieser Art aufweisen, können in ihrer Tätigkeit nicht erfolgreich sein, da sie unweigerlich Konflikte mit den Kindern und Jugendlichen hervorrufen, die sie überdies schwer erklären oder rechtfertigen können. Glaubwürdiges Modell zu sein, erfordert viel Selbstkritik und Reflexion seiner Tätigkeit.<br />
<br />
Das glaubhafte Modell bildet also der Erzieher, der seine Werte, Erziehungsvorstellungen und Lehren nicht nur verbal vertritt, sondern für alle sichtbar lebt - vorerst einmal unabhängig davon, welche pädagogische Ideologie er vertritt. Da man nicht voraussetzen kann, dass ein Erziehender gänzlich ohne Fehl und Tadel wirken kann, müsste man in diesem Sinne einen Erzieher fordern, der seine internen Widersprüche auf ein akzeptables Maß reduziert, um ein glaubhaftes Modell werden zu können. Ein professionell handelnder Erzieher kann nur der sein, der seine Widersprüche zu reflektieren bereit und imstande ist.<br />
<br />
Ein Modell ([[Vorbild]]) von historischem Ausmaß etwa war [[Janusz Korczak]], der mit den Kindern aus seinem Kinderheim im Warschauer Ghetto in die Gaskammer ging, obwohl ihm die Nazis angeboten hatten, er müsse die Waisen nicht begleiten. Er entschied sich aber dafür, die Kinder bei ihrem letzten Gang nicht allein zu lassen.<br />
<br />
=== Informatik ===<br />
In der [[Informatik]] dienen Modelle zum einen zur Abbildung eines Realitätsausschnitts, um eine Aufgabe mit Hilfe der Informationsverarbeitung zu lösen. Derartige Modelle heißen [[Anwendungsdomäne|Domänenmodelle]]. Hierunter fallen z. B. Modelle für zu erstellende Software sowohl für deren Architektur (Architekturmodell) als auch deren Code (in Form von beispielsweise [[Programmablaufplan]]diagrammen) und [[Datenmodell]]e für die Beschreibung der Strukturen von zu verarbeitenden Daten aus betrieblicher/fachlogische Sicht oder aus technischer Datenhaltungssicht.<br />
Zum anderen können Modelle als Vorlage bei der Konzeption eines informatorischen Systems dienen, man spricht dann von [[Systemmodell]]en. Hierunter fallen insbesondere [[Referenzmodell]]e, die allgemein als Entwurfsmuster eingesetzt werden können. Referenzmodelle werden beispielsweise für die Konzeption konkreter [[Computer|Rechenanlagen]], [[Netzwerkprotokoll]]e, [[Data-Warehouse-System]]e und [[Portal (Informatik)|Portale]] herangezogen.<br />
<br />
Neben diesen Modellen, die sich in Hard- und Software sowie in Datenbeständen konkretisieren, gibt es auch Planungs- Steuerungs- und Organisationsmodelle. Typische zu modellierende Objekte sind hierbei die [[Ablaufstruktur]] eines [[Geschäftsprozess]]es, abgebildet in einem [[Geschäftsprozessmodell]], und die Aufbaustruktur einer betrieblichen Organisation, abgebildet in einem [[Organigramm]]. ([[#Literatur|Lit.]]: Broy)<br />
<br />
In der [[Wirtschaftsinformatik]] (WI) dienen Modelle vorwiegend der Beschreibung realer und soziotechnischer Systeme, siehe [[Modell (Wirtschaftsinformatik)]].<br />
Bei der Modellierung von [[Mensch-Maschine-System]]en – eine Domäne der [[Wirtschaftsinformatik]] – muss die technische wie auch die menschliche Komponente modelliert werden. Für den Menschen stehen unterschiedliche Modelle zur Verfügung, die verschiedene Aspekte menschlichen Verhaltens und menschlicher Fähigkeiten nachbilden und die entsprechend dem Untersuchungsziel ausgewählt werden. ''Fahrermodelle'' oder ''Pilotenmodelle'' modellieren den Menschen in einer ganz bestimmten Arbeitssituation, ''[[Regler-Mensch-Modelle]]'' in seiner allgemeinen Fähigkeit, eine Größe zu regeln. Die Anpassungsfähigkeit des Menschen an kognitiv unterschiedlich anspruchsvolle Aufgaben wird im ''[[Drei-Ebenen-Modell]]'' nach Rasmussen nachgebildet. Ein Gegenstand der Forschung ist unter anderem, [[kognitive Architektur]]en wie [[Adaptive Control of Thought|ACT-R/PM]] oder [[Soar (Kognition)|SOAR]] in der anwendungsorientierten Modellierung und Simulation (MoSi) von [[Mensch-Maschine-Schnittstelle]]n einzusetzen.<br />
<br />
;Spezielle Wortverwendungen<br />
* Ein „Computermodell“ ist ein mathematisches Modell, das aufgrund seiner Komplexität und/oder der schieren Anzahl von Freiheitsgraden nur mit einem Computer ausgewertet werden kann. Siehe dazu [[Computermodell]]<br />
* In der [[Computergrafik]] und verwandten Gebieten werden mit Hilfe der [[Geometrische Modellierung|geometrischen Modellierung]] 3D-Modelle von Körpern erzeugt.<br />
* Ein [[Digitales Geländemodell]] (DGM) bzw. Digitales Höhenmodell (DHM) ist ein digitales, numerisches Modell der Geländehöhen und -formen. Ein DGM bzw. DHM stellt im Gegensatz zum [[Digitales Oberflächenmodell|Digitalen Oberflächenmodell]] (DOM) keine Objekte auf der Erdoberfläche dar (z.&nbsp;B. Bäume oder Häuser).<br />
<br />
=== Wirtschaftswissenschaft ===<br />
In der [[Wirtschaftswissenschaft]] dienen Modelle zur Beschreibung und Untersuchung von ökonomischen Strukturen und Prozessen. Zu den wichtigsten Annahmen für Modelle in der VWL gehören der [[Vollkommener Markt|vollkommene Markt]] und der [[Homo oeconomicus]]. Modelle können unter anderem nach folgenden Gesichtspunkten eingeteilt werden: <br />
<br />
* dem Einsatzzweck (Beschreibungs-, Erklärungs-, Prognose-, Entscheidungs- oder Simulationsmodelle)<br />
* dem Grad der Abstraktion (deterministische oder stochastische Modelle)<br />
* statische und dynamische Modelle (mit diskreter bzw. kontinuierlicher Zeitberücksichtigung)<br />
* Partial- und Totalmodelle (Modulation von realen Systemen in Teilen oder in seiner Gesamtheit)<br />
* Stationäre Modelle und Wachstumsmodelle: Diese Unterscheidung ist zwar der Ersteren ähnlich, bezieht sich aber auf die Modelle der Konjunkturtheorie. Im Gegensatz zu den Wachstumsmodellen kennen die stationären Modelle keine Auf- und Abschwünge<br />
* Mikroökonomische und makroökonomische Modelle: Die Ersteren werden häufig zur Fundierung makroökonomischer Aussagen benutzt<br />
<br />
== Spezielle Ansätze ==<br />
=== Modellplatonismus ===<br />
Der Begriff wurde durch [[Hans Albert]] geprägt. Er kennzeichnet kritisch die Abweichung des neoklassischen Denkstils in der [[Volkswirtschaftslehre]] von der Methodologie einer empirischen Sozialwissenschaft.<ref>Hans Albert: ''Modell-Platonismus. Der neoklassische Stil des ökonomischen Denkens in kritischer Beleuchtung.'' In: Ernst Topitsch, (Hg.): ''Logik der Sozialwissenschaften.'' Kiepenheuer & Witsch : Köln Berlin 1965. S. 406-434 (aus: Friedrich Karrenberg, Hans Albert, (Hg.): ''Sozialwissenschaft und Gesellschaftsgestaltung. Festschrift für Gerhard Weisser.'' Duncker & Humblot: Berlin 1963, S. 45-76)</ref> Als Beispiele dienen das [[Nachfrage]]gesetz, die [[Quantitätstheorie]] sowie die [[Wachstumstheorie]].<br />
<br />
Obwohl die [[neoklassische Theorie]] mit ihren Modellbetrachtungen offenkundig auf das wirtschaftliche Handeln von Menschen gerichtet ist, wird die soziale Verursachung des menschlichen Handelns, wie sie etwa die empirische Sozialwissenschaft auf unterschiedliche Weise in Rechnung stellt, größtenteils ausgeschaltet. Einige Theoretiker leugnen gar die Absicht, kausale Erklärungen zu liefern und begnügen sich anstelle von Aussagen, die [[Falsifikationismus#Falsifizierbarkeitsgrade|Informationsgehalt]] besitzen, weil sie an empirischen Daten scheitern können, mit Aussagen, die nichts weiter als einen Realitätsbezug aufweisen (d.h. reale Dinge erwähnen). Verbunden wird diese Vorgehensweise mit der Tendenz, die Aussagen so zu gestalten, dass sie schon aufgrund ihrer logischen Struktur wahr sind. Erreicht wird dies durch [[Tautologie|tautologische]] Formulierungen oder die Anwendung von konventionalistischen Strategien ([[Immunisierungsstrategie]]), wozu zum Beispiel die Verwendung einer expliziten oder impliziten [[ceteris-paribus-Klausel]] rechnet. Dieser von ihren Anhängern in ihren praktischen Konsequenzen für die Anwendbarkeit der analytischen Ergebnisse nicht immer überblickte methodische Stil des Denkens in Modellen, die von jedweder empirischen Überprüfbarkeit bewusst oder unbewusst abgeschottet werden, läuft auf eine neuartige Form des [[Platonismus]] hinaus.<ref>Hans Albert: ''Der logische Charakter der theoretischen Nationalökonomie.'' Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 171, 1959, S. 1 ff.</ref> [[Platon]] war davon überzeugt, dass die Wirklichkeit durch rein logisches Denken erkannt werde; statt die Sterne zu beobachten, sollten wir deren Bewegungsgesetze durch das Denken ergründen.<ref>Hans Reichenbach: ''Der Aufstieg der wissenschaftlichen Philosophie.'' Friedrich Vieweg & Sohn Braunschweig 1968.S. 42</ref><br />
<br />
In der deutschen Nationalökonomie dominierte damals der Schulenstreit zwischen Begriffsrealismus ([[Essentialismus]]) und Modellplatonismus. Diese Frontstellung hält Albert für aus methodologischen Gründen verfehlt; er setzt sich stattdessen ein für Wirtschaftswissenschaft, verstanden als eine empirische Sozialwissenschaft. In diesem Sinne spricht er auch von [[Marktsoziologie]] oder einer „Soziologie der kommerziellen Beziehungen“.<ref>Siehe dazu Hans Albert: ''Marktsoziologie und Entscheidungslogik.'' Tübingen (Mohr Siebeck) 1998, insb. Kapitel IV. Und sein Vortrag [http://www.fgn.unisg.ch/org/fgn/web.nsf/SysWebRessources/Joehr_1995_Albert/$FILE/albert.pdf">Die Idee rationaler Praxis und die ökonomische Tradition]</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Abstraktion]]<br />
* [[Bonini-Paradox]]<br />
* [[Ceteris paribus]]<br />
* [[Deduktiv-nomologisches Modell]]<br />
* [[Gesellschaftsmodell]]<br />
* [[Hodgkin-Huxley-Modell]]<br />
* [[Idealisierung]]<br />
* [[Ideales Objekt]]<br />
* [[Interaktion]]<br />
* [[Konnektivismus]]<br />
* [[Konstruktivismus]]<br />
* [[Lernen]]<br />
* [[Soziologische Systemtheorie]]<br />
* [[Systemtheorie]]<br />
* [[V-Modell]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Wolfgang Balzer: ''Empirische Theorien: Modelle - Strukturen - Beispiele''. Die Grundzüge der modernen Wissenschaftstheorie. Braunschweig: Vieweg 1982.<br />
* [[Manfred Broy]], Ralf Steinbrüggen: ''Modellbildung in der Informatik''. Springer, Berlin Heidelberg 2004, ISBN 3-540-44292-8<br />
* Hans Kleine Büning, Uwe Kastens: ''Modellierung''. Hanser, 2005, ISBN 3-446-40460-0<br />
* D. Dörner: ''Modellbildung und Simulation'', in: E. Roth (Hg.): Sozialwissenschaftliche Methoden. München: Oldenbourg 1984, S. 337-350.<br />
* [[Norbert Kühne]] u. a.: ''Psychologie für Fachschulen und Fachoberschulen''. [[Bildungsverlag EINS]], Troisdorf 2006, 8. Auflage, ISBN 3-427-04150-6<br />
* [[Kurt Lewin]]: Feldtheorie in den Sozialwissenschaften, Verlag Hans Huber, Bern 1963<br />
* R. Mayntz: ''Modellkonstruktion'': Ansatz, Typen und Zweck, in: R. Mayntz (Hg.): Formalisierte Modelle in der Soziologie. Neuwied/Berlin: Luchterhand 1967.<br />
* Ingeborg Reichle, Steffen Siegel, Achim Spelten (Hrsg.): ''Visuelle Modelle'', München (Wilhelm Fink) 2008. ISBN 978-3-7705-4632-9<br />
* Magnus Richter: ''Zur Güte von Beschreibungsmodellen - eine erkenntnistheoretische Untersuchung'', Ilmenau 2009.<br />
* Reinhard Schütte: ''Grundsätze ordnungsmäßiger Referenzmodellierung''. Dr. Th. Gabler Verlag, 1998, ISBN 3-409-12843-3<br />
* Herbert Stachowiak: ''Allgemeine Modelltheorie''. Wien 1973, ISBN 3-211-81106-0<br />
* Herbert Stachowiak (Hrg.): ''Modelle - Konstruktion der Wirklichkeit''. Wilhelm Fink Verlag, München 1983, 17-86<br />
* [[Wolfgang Stegmüller]]: ''Carnap II: Normative Theorie des induktiven Räsonierens''. (Probleme und Resultate ... Bd. 4, C), Springer 1973, ISBN 3-540-05991-1, 417ff.<br />
* [[Patrick Suppes]]: ''The Desirability of Formalization in Science'', in: Journal of Philosophy 65 (1968), S.651-664; dt. ''Warum Formalisierung in der Wissenschaft erwünscht ist'', in: W.Balzer / M. Heidelberger (Hgg.): Zur Logik empirischer Theorien, Berlin 1983, S.24-39.<br />
* Reinhard Tausch, Anne-Marie Tausch: Erziehungspsychologie, 6. Auflage, Verlag für Psychologie Hogrefe, Göttingen 1971<br />
* K. Troitzsch: ''Modellbildung und Simulation in den Sozialwissenschaften''. Opladen: Westdeutscher Verlag 1990.<br />
* R. Ziegler: ''Theorie und Modell''. Der Beitrag der Formalisierung zur soziologischen Theoriebildung. München: Oldenbourg 1972.</small><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Wiktionary|Modell}}<br />
{{Commonscat|Models|Modell}}<br />
* Roland Müller: [http://www.muellerscience.com/MODELL/Begriffsgeschichte/ModellgeschichteistKulturgeschichte.htm Modellgeschichte ist Kulturgeschichte], Eine Chronik von Modellgebrauch und Modellbegriff, 2000. (und weitere Materialien zum Gebrauch von Modellen als Veranschaulichungen seit der frühen Neuzeit)<br />
* [http://www.math.tu-dresden.de/modellsammlung/files/modelle.php Sammlung mathematisch-geometrischer Modelle der Technischen Universität Dresden]<br />
*[http://www.universitaetssammlungen.de/modelle Objektdatenbank von materiellen Modellen in Forschung und Lehre am Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität zu Berlin]<br />
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/models-science/|Models in Science|Roman Frigg und Stephan Hartmann}}<br />
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/scientific-explanation/|Scientific Explanation|James Woodward}}<br />
* {{IEP|http://www.iep.utm.edu/m/models.htm|Models|Jeffrey Koperski}}<br />
<br />
[[Kategorie:Wissenschaftstheorie]]<br />
<br />
[[ar:نموذج علمي]]<br />
[[az:Model]]<br />
[[ca:Model científic]]<br />
[[cs:Model (abstrakce)]]<br />
[[el:Επιστημονικό μοντέλο]]<br />
[[en:Scientific modelling]]<br />
[[eo:Modelo (abstrakto)]]<br />
[[es:Modelo científico]]<br />
[[et:Modelleerimine]]<br />
[[fa:مدلسازی]]<br />
[[fi:Mallintaminen]]<br />
[[fr:Modèle]]<br />
[[gl:Modelo científico]]<br />
[[he:מערכת מודל]]<br />
[[hu:Modell (tudomány)]]<br />
[[io:Modelo]]<br />
[[it:Teoria#Modelli]]<br />
[[ja:モデリング (科学的)]]<br />
[[kk:Модель]]<br />
[[lt:Modelis]]<br />
[[nl:Modelvorming]]<br />
[[no:Teoretiske modeller]]<br />
[[qu:Kayma]]<br />
[[ro:Model științific]]<br />
[[ru:Абстрактная модель]]<br />
[[simple:Models of nature]]<br />
[[sk:Abstraktný model]]<br />
[[sr:Моделовање]]<br />
[[sv:Vetenskaplig modell]]<br />
[[ta:அறிவியல் ஒப்புரு]]<br />
[[th:แบบจำลองทางวิทยาศาสตร์]]<br />
[[tr:Model (soyut)]]<br />
[[uk:Наукова модель]]<br />
[[ur:سائنسی مثیلیت]]<br />
[[vi:Sa bàn]]</div>Modelpractice