https://de.wikipedia.org/w/api.php?action=feedcontributions&feedformat=atom&user=LibDutchWikipedia - Benutzerbeiträge [de]2025-05-11T21:48:53ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.44.0-wmf.28https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Syrian_Arab_News_Agency&diff=131663725Syrian Arab News Agency2014-06-27T15:07:15Z<p>LibDutch: /* Weblinks */</p>
<hr />
<div>Die '''Syrian Arab News Agency''', abgekürzt '''SANA''', [[arabische Sprache|arabisch]] '''al-Wakala al-arabiyya as-suriyya li-l-anba'''' ({{ar|الوكالة العربية السورية للأنباء|d=al-Wakāla al-ʿarabīya as-sūrīya li-l-anbāʾ}}) ist die staatliche [[Syrien|syrische]] [[Nachrichtenagentur]].<br />
<br />
Die Nachrichtenagentur wurde 1965 gegründet und hat ihren Hauptsitz in [[Damaskus]].<ref>[http://www.sana.sy/eng/article/27.htm About SANA]</ref><br />
<br />
== Leitung ==<br />
*Fawaz Jundi (1965–1966)<br />
*Hussein al-Awdat (1966–1971)<br />
*Marwan al-Hamwi (1971–1975)<br />
*Dr. Saber Falhout (1975–1991)<br />
*Dr. Fayez al-Sayegh (1991–2000)<br />
*Ali Abdul Karim (2000–2002)<br />
*Ghazi al-Zeeb (2002–2004)<br />
*Dr. Adnan Mahmoud (2004–2011)<br />
*Ahmad Dawa (seit 4/2011)<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.sana.sy/en/ Syrian Arab News Agency], offizielle Website (engl.)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Nachrichtenagentur]]<br />
[[Kategorie:Medien (Syrien)]]</div>LibDutchhttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Staatskrise_in_%C3%84gypten_2013/2014_(Kabinett_Beblawi)&diff=130333457Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Beblawi)2014-05-12T14:05:11Z<p>LibDutch: </p>
<hr />
<div>Nach dem [[Militärputsch in Ägypten 2013|Militärputsch vom 3. Juli 2013]], bei dem das ägyptische Militär in Allianz mit Justiz und Sicherheitsapparat den gewählten Staatspräsidenten [[Mohammed Mursi]] gestürzt, die Verfassung außer Kraft gesetzt und das Parlament aufgelöst hat, setzte das ägyptische Militär eine anti-islamistische und nicht gewählte Übergangsregierung unter Interimsministerpräsident [[Hasim al-Beblawi]] ein, während der Militärchef [[Abd al-Fattah as-Sisi]] als tatsächlich entscheidender machtpolitischer Akteur hinter Putsch und Übergangsregierung angesehen wird.<ref name="FAZ_2013-11-04_GAP">[http://www.webcitation.org/6Kt6FPruZ Mursi-Prozess in Ägypten - Der Gerichtssaal als politische Bühne], Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. November 2013, von Markus Bickel, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/mursi-prozess-in-aegypten-der-gerichtssaal-als-politische-buehne-12647892.html Original] am 4. November 2013.</ref> <br />
<br />
Das [[Kabinett Beblawi]], dem der Militärchef selbst als Verteidigungsminister angehörte, wurde am 16. Juli 2013 vereidigt und trat Ende Februar 2014 überraschend zurück.<ref name="derStandard-at_2014-02-25_BMS" /> Während der Regierungszeit des Kabinetts Beblawi eskalierte die [[Staatskrise in Ägypten 2013|Staatskrise in Ägypten]]. Seit dem Putsch hielten Proteste von Gegnern des Putsches, vor allem Unterstützer des gestürzten Präsidenten, an. Es kam zu blutigen Zusammenstößen und Massentötungen, bei denen weit über tausend Menschen, weitgehend zivile Putschgegner und Mitglieder der [[Muslimbruderschaft]], von den Sicherheitskräften erschossen wurden.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-17_WGS" /> Die militärgestützte Übergangsregierung verhängte einen dreimonatigen Ausnahmezustand, der Behörden und Einsatzkräften Sonderrechte beim Vorgehen gegen Proteste und Versammlungen verlieh und die Arbeit der Medien im Land erschwerte.<ref name="Zeit-OL_2013-09-12_MVA" /><ref name="DW_2013-09-29_MFÄ" /> Der Vizeinterimspräsident [[Mohammed el-Baradei]] trat aus Protest gegen die Staatsgewalt zurück und entzog sich einer Verhaftung durch Flucht ins Ausland. Die Pressefreiheit wurde auch nach Ende des Ausnahmzustands durch restriktive Gesetzgebung eingeschränkt. Nach unabhängigen Zählungen wurden mehr als 21.000 Menschen - vornehmlich Mursi-Anhänger - verhaftet<ref name="FR-OL_2014-01-26_TuT" /><ref name="BZ_2014-01-26_AZR" /><ref name="DNE_2014-01-13_2AS" /> und die Führungsspitze der Muslimbruderschaft inhaftiert<ref name="Reuters-DE_2013-11-03_ÄGP" />. Sämtliche Organisationen der Muslimbruderschaft wurden verboten, ihr Vermögen konfisziert<ref name="TT_2013-11-06_MiÄ" /> und die Organisation schließlich von Seiten der Übergangsregierung zur terroristischen Vereinigung erklärt.<ref name="Süddeutsche-de_2013-12-26_MZT">''[http://www.webcitation.org/6MC1ZlNMu Ägypten - Muslimbrüder zu Terrororganisation erklärt]'', Süddeutsche.de, 26. Dezember 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/aegypten-muslimbrueder-zu-terrororganisation-erklaert-1.1850843 Original] am 28. Dezember 2013.</ref> Noch vor Mitte Januar 2014 erreichte der Todeszoll seit dem Militärputsch nach unabhängigen Zählungen 2665 Menschen.<ref name="SonntagsZeitung_2014-01-12_WRM" /> Im Oktober 2013 fror die US-Regierung, die den Putsch zunächst gerechtfertigt hatte, Teile der Militärhilfe an Ägypten vorerst ein.<ref name="Welt_2013-10-09_USM" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-10_VKU" /><ref name="DW_2013-10-10_ÄKE" /> <br />
<br />
Der Übergangsregierung Beblawi wurde vorgeworfen, die nach dem Putsch sprunghaft angestiegenen Terroranschläge<ref name="DNE_2013-12-30_2BY" /><ref name="DNE_2014-03-04_HRI" /> im Land nicht wirksam begegnet zu haben, für die die militärgestützte Regierung Extremisten mit Verbindungen zu Mursi und dessen Muslimbruderschaft verantwortlich gemacht hatte,<ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRT" /> obwohl Experten eine Verantwortung der Muslimbruderschaft für Terroranschläge als unwahrscheinlich einschätzten.<ref name="BZ_2014-02-24_WIF" /> Der gestürzte Staatspräsident Mursi wurde seit dem Putsch vom 3. Juli bis zu seinem Prozessbeginn am 4. November 2013 an einem nicht bekannt gegebenen Ort festgehalten<ref name="RP-OL_2013-11-14_Msj">[http://www.webcitation.org/6L8A0c9Qa Hochsicherheitsgefängnis in Ägypten: Mursi sitzt jetzt in Isolationshaft], RP Online, 14. November 2013, archiviert vom [http://www.rp-online.de/politik/ausland/mursi-sitzt-jetzt-in-isolationshaft-aid-1.3818054 Original] am 14. November 2013.</ref> und zusammen mit weiteren Führungspersonen der Muslimbruderschaft unter Androhung [[Lebenslange Freiheitsstrafe|lebenslanger Haft]] oder [[Todesstrafe]] vor Gericht gestellt.<ref name="Reuters-DE_2013-11-04_EBP" /><ref name="DW_2013-11-04_UMD" /><br />
<br />
Trotz milliardenschwerer Finanzhilfen aus den Golfstaaten [[Saudi-Arabien]], [[Kuwait]] und den [[Vereinigte Arabische Emirate|Vereinigten Arabischen Emiraten]] nahm die Wirtschaftskrise Ägyptens während der Regierungszeit des Kabinetts Beblawi überhand.<ref name="SpiegelOL_2014-02-25_MVM" /><ref name="Tagesspiegel_2014-02-25_WKN" /><ref name="derStandard-at_2014-02-25_BMS" /><ref name="Tagesspiegel_2014-02-25_WKN" /> Die durch den Machtkampf zwischen der vom Militär eingesetzten Übergangsregierung und den Muslimbrüdern nach dem Putsch verursachte Verschärfung der politischen Unsicherheit und wachsende Instabilität Ägyptens schlug sich auch in deutlichen Einbußen der für die Wirtschaft des Landes bedeutenden [[Tourismus]]-Branche nieder.<ref name="Reuters-DE_2013-11-04_EBP" /> Massive Streiks erfassten zahlreiche Bereiche Ägyptens.<ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRT" /><ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRZ" /><ref name="tagesschau-de_20114-02-24_ÄRZvid" /><ref name="FAZ_2014-02-24_SMT" /><br />
<br />
== Vorgeschichte ==<br />
{{Siehe auch|Arabischer Frühling|Revolution in Ägypten 2011}}<br />
{{Hauptartikel|Staatskrise in Ägypten 2013/2014|Militärputsch in Ägypten 2013}}<br />
<br />
=== Installation einer Übergangsregierung durch das Militär ===<br />
[[Datei:Hazem Beblawy.jpg|mini|[[Hasim al-Beblawi]] wurde nach dem Putsch vom Militär als Interims-Premierminister Ägyptens eingesetzt.]]<br />
[[Datei:Egyptian Minister of Defense Abdel Fatah Al Sisi.jpg|mini|[[Abd al-Fattah as-Sisi]] gilt als führende Figur hinter Militärcoup und Einsetzung der zivilen Übergangsregierung<ref name="Reuters-DE_2013-07-29_EDA">[http://www.webcitation.org/6KJ5y3Q9B EU dringt auf Ende des Konfrontationskurses in Ägypten], Reuters Deutschland, 29. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE96S00D20130729 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> und als ''de facto'' Machtinhaber in Ägypten nach dem Putsch.<ref name="NYT_2013-07-02_2014-03-29_ToT">''[http://www.webcitation.org/6ORKTqMYw Timeline of Turmoil in Egypt After Mubarak and Morsi]'' (englisch). The New York Times, 2. Juli 2013 (Nominell), von Shreeya Sinha and Erin Banco, archiviert vom [http://www.nytimes.com/interactive/2013/07/02/world/middleeast/03egypt-timeline-morsi.html#/#time259_8529 Original] am 29. März 2014.</ref>]]<br />
In der Nacht auf den 16. Juli 2013, an dem die Vereidigung der Übergangsregierung stattfand, wurden erneut sieben Mursi-Anhänger bei Protesten getötet.<ref name="WiWo17072013">[http://www.webcitation.org/6KgHwc0O9 ''Ägyptens Übergangsregierung ist vereidigt''], Wirtschaftswoche, 17. Juli 2013, archiviert vom [http://www.wiwo.de/politik/ausland/ohne-muslimbrueder-aegyptens-uebergangsregierung-ist-vereidigt/8507090.html Original] am 27. Oktober 2013.</ref><ref name="tagesspiegel_2013-07-16_PRM" /> Seit dem Militärputsch gegen Staatspräsident Mursi waren zu diesem Zeitpunkt innerhalb von zwei Wochen mindestens 92 Menschen getötet worden.<ref name="WiWo17072013" /><br />
<br />
Durch die Vereidigung der „demokratisch nicht legitimierten Übergangsregierung“<ref name="FAZ_2014-02-24_SMT" /> am 16. Juli erhielt Militärchef Abd al-Fattah as-Sisi einen einflussreichen Posten in der Übergangsregierung und deutlich mehr Befugnisse.<ref name="tagesspiegel_2013-07-16_PRM" /><ref name="WiWo17072013" /> Neben dem Verteidigungsressort übernahm er nun auch den Posten des ersten Stellvertreters von Interims-Ministerpräsident Hasim al-Beblawi.<ref name="tagesspiegel_2013-07-16_PRM">[http://www.webcitation.org/6KgE5tyom Übergangsregierung in Ägypten – Politische Rolle des Militärs stärker als erwartet], Der Tagesspiegel, 16. Juli 2013, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/uebergangsregierung-in-aegypten-politische-rolle-des-militaers-staerker-als-erwartet/8506436.html Original] am 27. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Der bereits am 9. Juli als Interimsministerpräsident der Übergangsregierung mit Unterstützung der Putschführung eingesetzte „liberale Ökonom“ [[Hasim al-Beblawi]]<ref name="tagesschau-de_2013-07-09_BFÜ">[http://www.webcitation.org/6NhUoQqyx Einigung auf Interims-Ministerpräsidenten in Ägypten - Al Beblawi führt Übergangsregierung], tagesschau.de, 9. Juli 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten1630.html Original] am 27. Februar 2014.</ref><ref name="SpiegelOL_2013-07-09_WWN">[http://www.webcitation.org/6NhV5ncV8 Staatskrise: Wirtschaftsexperte wird neuer ägyptischer Regierungschef], Spiegel Online, 9. Juli 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/beblawi-wird-neuer-aegyptischer-regierungschef-a-910275.html Original] am 27. Februar 2014.</ref> hatte bereits 2011 drei Monate als sozialdemokratischer Finanzminister amtiert, ehe er wegen eines Massakers von Sicherheitskräften an Demonstranten zurückgetreten war.<ref name="FAZ_2014-02-24_SMT" /><br />
<br />
Die 33 Mitglieder des Kabinetts gehörten überwiegend dem liberalen politischen Lager an oder waren nicht parteigebundene Fachleute.<ref>[http://www.ovb-online.de/politik/frauen-christen-neuer-regierung-3012095.html ''3 Frauen und 3 Christen in neuer Regierung''], OVB online, 18. Juli 2013, abgerufen am 24. Juli 2013</ref> Keine der beiden islamistischen Parteien, welche die Vorgängerregierung unter Präsident Mursi gestützt hatten und seit dem Volksaufstand von 2011 gemeinsam fünf Wahlen gewonnen hatten (zwei Parlamentswahlen, eine Präsidentenwahl sowie zwei Verfassungsreferenden), war an der neuen Regierung beteiligt.<ref name="WiWo17072013" /><br />
<br />
'''Zusammensetzung der militärgestützten Interimsregierung (Kabinett Beblawi)''':<br />
{{Hauptartikel|Kabinett Beblawi}}<br />
<br />
{{Stammbaum |AM|v|MB| AM=[[Adli Mansur]]<ref name="DNE_2013-07-16">[http://www.webcitation.org/6J1QiEzfG ''Cabinet ministers sworn in''] (englisch). Daily News Egypt, 16. Juli 2013, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2013/07/16/cabinet-ministers-sworn-in/ Original] am 20. August 2013.</ref><br />Interims-Präsident | MB='''Vakant'''<br />Interims-Vizepräsident<br /><small>bis 14. August 2013<ref name="standard" />:<br />[[Mohammed el-Baradei]]<ref name="Reuters-US_2013-07-14_EGT">[http://www.webcitation.org/6J71MKkEi Egypt government takes shape] (englisch). Reuters U.S., 14. Juli 2013, archiviert vom [http://www.reuters.com/article/2013/07/14/us-egypt-politics-idUSBRE96D04L20130714 Original] am 24. Juli 2013.</ref><br />
|boxstyle_AM =background-color: #aaf; }}<br />
{{Stammbaum | | | |!|}}<br />
{{Stammbaum | | |HB|v|AS|-|ZD| HB=[[Hasim al-Beblawi]]<ref name="DNE_2013-07-16" /><br />Interims-Ministerpräsident<br /><small>(Rücktrittsgesuch eingereicht: Februar 2014)<ref name="ZeitOL_2014-02-24_ABV" /></small> | AS=[[Abd al-Fattah as-Sisi]]<ref name="DNE_2013-07-16" /><br />Stellvertretender<br />Interims-Ministerpräsident | ZD=[[Ziad Bahaa El Din]]<ref name="DNE_2013-07-16" /><br />Stellvertretender<br />Interims-Ministerpräsident<br><small>(bis Mitte Januar 2014)</small><ref name="Tagesspiegel_2014-02-25_WKN" /><br />
|boxstyle_HB =background-color: #aaf;<br />
|boxstyle_AS =background-color: #ff5;<br />
|boxstyle_ZD =background-color: #aaf; }}<br />
{{Stammbaum | | | | | |!|}}<br />
{{Stammbaum | | | | |MI| MI=32 Minister<br />
|boxstyle_MI =background-color: #afa;}}<br />
{{Stammbaum/Ende}}<br />
<small>Blau: zivil; Gelb: Militär; Grün: zivil und Militär</small><br />
<br />
== Militärgestützte Übergangsregierung - Kabinett Beblawi ==<br />
[[Datei:Kairo Pro-Mursi-Proteste Juli-August 2013.jpg|miniatur|Ausgewählte Orte im Zusammenhang mit blutig niedergeschlagenen Protesten von Pro-Mursi-Demonstranten (rot) in Kairo nach dem [[Militärputsch in Ägypten 2013|Militärputsch vom 3. Juli 2013]]:<ref name="CIHRS_2013-12-10_NAO" /><ref name="HRW_2013-12-10_NAO" /><br /><small><br />
[[Zwischenfall vor dem Sitz der Republikanischen Garde in Kairo|''8. Juli'': Protestcamp auf dem Gelände der Republikanischen Garde]]<br />[[Massentötung in Kairo am 27. Juli 2013|''27. Juli'': Protestcamp vor der Rabia-al-Adawija-Moschee]]<br />[[Blutbad in Kairo und Gizeh vom 14. August 2013|''14. August'': Protestcamps vor der Rabia-al-Adawija-Moschee und am Al-Nahda-Platz]]<br />[[Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Beblawi)#Fortsetzung der Gewalt und Blutbad bei der al-Fetah-Moschee am Ramses-Platz (16. August)|''16. August'': Ramses-Platz und 15.-Mai-Brücke]]<br />[[Blutbad am 40. Jahrestag des Jom-Kippur-Krieges in Ägypten|''6. Oktober'': u. a. Märsche von Dokki und Ramses-Platz (mit Al-Fetah-Moschee) zum Tahrir-Platz]]</small>]]<br />
Die militärgestützte oder militärgeführte Übergangsregierung nahm am 17. Juli 2013 ihre Arbeit auf. Die Lage blieb allerdings weiter unbefriedet. Täglich kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern des gestürzten Präsidenten Mursi, Schusswechseln mit den Sicherheitskräften und zahlreichen Toten.<ref name="Zeit24072013">[http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-bombe-demo-polizei Gewalt gegen Muslimbrüder und Bombenanschlag in Ägypten] Zeit Online, 24. Juli 2013, abgerufen am 24. Juli 2013</ref> Ein von Übergangspräsident Mansur am 23. Juli vorgeschlagenes Versöhnungstreffen lehnten sowohl die Muslimbrüder als auch mit ihnen verbündete Gruppen ab.<ref name="Zeit24072013" /> Die Übergangsregierung rief im Juli zwar ein Ministerium für Übergangsjustiz und nationale Versöhnung ins Leben, wies diesem jedoch keine Aufgaben zu.<ref name="DW_2013-10-29_PPG" /><br />
<br />
Ab dem 14. August erfasste die größte Gewaltwelle der jüngeren ägyptischen Geschichte das Land. Bei der gewaltsamen Räumung zweier Protestcamps der Islamisten durch Militär und Polizei und den darauffolgenden Ausschreitungen sollen laut Bassem El-Smargy vom [[Cairo Institute for Human Rights Studies]] (CIHRS) nach offiziellen Todeszahlen und eigenen Berechnungen innerhalb weniger als einer Woche zwischen 1000 und 1500 Menschen getötet worden sein. Bei den allermeisten Opfern handele es sich dabei um von Polizei und Militär getötete Islamisten,<ref name="DW_2013-08-20_SRÄ">[http://www.webcitation.org/6J1XsBE6U Arabische Welt – Staatliche Repression in Ägypten nimmt zu], Deutsche Welle, 20. August 2013, von Matthias Sailer, archiviert vom [http://www.dw.de/staatliche-repression-in-%C3%A4gypten-nimmt-zu/a-17030681 Original] am 21. August 2013.</ref> überwiegend aus der Muslimbruderschaft.<ref name="DW_2013-08-17_MM" /> Ende August bezeichnete die [[Süddeutsche Zeitung]] die Ereignisse nach dem Sturz des Präsidenten Mursi als „die schlimmsten Unruhen in der 60-jährigen Geschichte der ägyptischen Republik“.<ref name="Süddeutsche-de_2013-08-31_MCE">[http://www.webcitation.org/6JIeDXSTm Machtkampf in Ägypten – Muslimbrüder-Chef erleidet Herzinfarkt im Gefängnis], Süddeutsche.de, 31. August 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/machtkampf-in-aegypten-muslimbrueder-chef-erleidet-herzinfarkt-im-gefaengnis-1.1759444 Original] am 1. September 2013.</ref> Ende Oktober behauptete die Politikwissenschaftlerin und ehemalige außenpolitische Beraterin der Regierung Mursi, Maha Azzam, es seien unter Sisi „3000 bis 5000 Menschen“ getötet worden.<ref name="Tages-Anzeiger_2013-10-30_HWW">[http://www.webcitation.org/6LYEJbRX4 «Heute wird wieder gefoltert»], Tages-Anzeiger, 30. Oktober 2013, von Christof Münger (Interview mit Maha Azzam), archiviert vom [http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Heute-wird-wieder-gefoltert/story/21565244?dossier_id=1732 Original] am 1. Dezember 2013.</ref><br />
<br />
=== Propaganda gegen Muslimbrüder und Repressalien gegen Medien ===<br />
{{Siehe auch|Militärputsch in Ägypten 2013#Einschränkung der Pressefreiheit und Propaganda gegen Muslimbrüder|titel1=Abschnitt „Einschränkung der Pressefreiheit und Propaganda gegen Muslimbrüder“ in „Militärputsch in Ägypten 2013“}}<br />
Die mit dem Militärputsch vom 3. Juli 2013 begonnene Einschränkung der Pressefreiheit und Propaganda gegen Muslimbrüder setzte sich auch nach dem 14. August 2013 fort. Nach der von „Hasstiraden auf die Islamisten“ (''Tagesspiegel'') geprägten Berichterstattung in Zeitungskommentaren und im Staatsfernsehen in den vorangegangenen Wochen verschaffte auch das Blutbad vom 14. August den Mursi-Anhängern kaum Sympathien in der übrigen Bevölkerung.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-15_GR">[http://www.webcitation.org/6J7Hrzs0M Nach der Gewalt gegen Mursi-Anhänger – Die geklaute Revolution], Der Tagesspiegel, von Astrid Frefel und Sidney Gennies, 15. August 2013, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/nach-der-gewalt-gegen-mursi-anhaenger-die-geklaute-revolution/8646456.html Original] am 24. August 2013.</ref> Besonders nach dem Blutbad vom 14. August löste sich die Berichterstattung der ägyptischen Medien und Politik von der internationalen völlig ab.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_LOW" /> Die militärgestützte Führung Ägyptens und die sie stützende Öffentlichkeit stellten den Konflikt übersteigert als – so der Nahost-Korrespondent Martin Gehlen aus Kairo – „apokalyptischen Kampf“ der „heldenhaften Sicherheitskräfte“ gegen ein „terroristisches islamistisches Lager“ dar.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_LOW" /><ref name="Zeit-OL_2013-07-19_SHA">[http://www.webcitation.org/6J1UzNv9z ''Ägypten – Sissis Hatz auf die Reporter''], Zeit Online, 19. August 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-gewalt-journalisten-berichterstattung Original] am 21. August 2013.</ref> Während Millionen von Muslimbrüder laut Gehlen pauschal als Terroristen [[Diffamierung|diffamiert]] wurden, wurde das Blutbad von Polizei und Armee vom 14. August, „das in der Geschichte der zivilen Welt zu den schrecklichsten Gewaltexzessen einer politischen Führung gegen das eigene Volk gehört“ (Gehlen) in [[Chauvinismus|chauvinistischer]] und [[Polarisierung (Politik)|polarisierender]] Stimmung ausgeblendet und wurden stattdessen „monströse Vernichtungsphantasien gegenüber den Muslimbrüdern“ (Gehlen) [[Rhetorik|rhetorisch]] entwickelt.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_LOW">[http://www.webcitation.org/6J16f685G ''Chaos in Ägypten – Ein Land ohne Wir''], Der Tagesspiegel, 19. August 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/meinung/chaos-in-aegypten-ein-land-ohne-wir/8656374.html Original] am 20. August 2013.</ref><ref name="Zeit-OL_2013-08-18_MKZ">[http://www.webcitation.org/6J16lrrMN ''Gewalt in Ägypten – Der Militärstaat kehrt zurück''], Zeit Online, 18. August 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-konflikt-polarisierung-armee Original] am 20. August 2013.</ref><br />
<br />
Sämtliche ägyptische TV-Kanäle blendeten in ihren Sendungen nach dem Blutbad vom 14. August „Ägypten kämpft gegen den Terror“ als [[Logo (Zeichen)|Dauerlogo]] ein. Während im Sender CBC Moderatoren in Militäruniform auftraten, waren bereits seit der Machtübernahme des Militärs durch den Putsch sämtliche Fernsehkanäle verboten worden, über die Islamisten ihre Perspektive hätten darstellen können. Schließlich drohte die neue Führung auch dem in [[Katar]] ansässigen TV-Sender [[Al Jazeera]], dem einzigen TV-Sender, in dem noch Demonstrationen der Muslimbrüder gezeigt werden oder ihre Sprecher zu Wort kommen konnten, mit dem Entzug der Lizenz, da dieser zur Gewalt aufstachele und die [[Innere Sicherheit|innere Sicherheit]] Ägyptens gefährde.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_LOW" /><ref name="Zeit-OL_2013-08-18_MKZ" /> Angesichts der [[Gleichschaltung|gleichgeschaltet]] agierenden und die von der Führung vorgegebenen Angaben weitergebenden ägyptischen Medien blieben den Muslimbrüdern für die Darstellung ihrer Version der Ereignisse lediglich ausländische Medien.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-14_HVK">[http://www.webcitation.org/6J2UtNkKM Staatskrise in Ägypten: Der Horror von Kairo], Spiegel Online, 14. August 2013, von Ulrike Putz, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/ausnahmezustand-in-aegypten-der-horror-von-kairo-a-916657.html Original] am 21. August 2013.</ref> In dieser Situation – und nach Einschätzung des ehemaligen Diplomaten Gunter Mulacks unter Einfluss der Strukturen des ''tiefen Staates''<ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH">[http://www.webcitation.org/6J7gtglTE Wer stützt die Übergangsregierung? - Ägyptens Generäle haben neue Freunde], tagesschau.de, 19. August 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/interview-mulack-aegypten100.html Original] am 24. August 2013.</ref> – erklärten sich einige Tage nach dem Blutbad vom 14. August laut einer Umfrage eines unabhängigen Instituts 67 Prozent der Ägypter mit dem harten Kurs der Putschregierung gegenüber den als Terroristen behandelten Muslimbrüdern einverstanden,<ref name="Spiegel-OL_2013-08-22_MFS" /> während die Muslimbrüder von rund einem Drittel der gesamten Bevölkerung Ägyptens unterstützt wurden.<ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH" /><br />
<br />
Mustafa Hegasi, der Berater des Übergangspräsidenten, erklärte am Wochenende nach dem Blutbad vom 14. August, man empfinde „tiefe Bitterkeit“ über die bisherige Berichterstattung westlicher Medien, die unausgewogen zugunsten der Muslimbruderschaft berichten und deren Gewalt und Terrorakte ignorieren würden. Den [[Akkreditierung (Journalismus)|akkreditierten]] [[Auslandskorrespondent]]en erklärte das [[Informationsministerium]], der Militärputsch sei ein „Ausdruck des Volkswillens“ und der Einsatz von staatlicher Gewalt ein „legitimer Kampf gegen den Terrorismus“.<ref name="Zeit-OL_2013-07-19_SHA" /><ref name="DW_2013-08-20_SRÄ" /> Michael Thumann urteilte dagegen am 15. August in der ''Zeit'', „erstaunlich“ viele westliche Politiker und Beobachter hätten die von der gewaltsamen Beseitigung der demokratisch gewählten Regierung durch die Putschisten ausgelöste Gewalt übersehen.<ref name="Zeit-OL_2013-08-21">[http://www.webcitation.org/6J2UzhAOk Eskalation der Gewalt – Nie war Ägypten dem Bürgerkrieg näher], Zeit Online, 15. August 2013, von Michael Thumann, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-protest-buergerkrieg-mursi-al-sissi Original] am 21. August 2013.</ref> Auch von Seiten der Muslimbrüder wurde der US-Regierung vorgeworfen, den Militärputsch gegen Präsident Mursi begrüßt und unterstützt zu haben. Laut dem Politikwissenschaftler Gamal Soltan von der [[American University in Cairo|American University in Kairo]] bildete sich sowohl bei den Putschbefürwortern wie bei den Putschgegnern eine antiwestliche Stimmung in den Medien und bei Demonstrationen aus sowie die Meinung, „vom Westen betrogen worden zu sein“: „Auf der einen Seite fühlt sich die Regierung vom Westen nicht hinreichend in dem unterstützt, was sie als Kampf gegen den Terrorismus bezeichnet. Und auf der anderen Seite fühlen sich die Muslimbrüder vom Westen in ihrem Kampf um das verlassen, was sie als Prinzipien der Demokratie und der Menschenrechte betrachten.“<ref name="DW_2013-08-20_ÄHW">[http://www.webcitation.org/6J2UnCEbr Arabische Welt – Ägyptens Hassliebe zum Westen], Deutsche Welle, 20. August 2013, von Kersten Knipp, archiviert vom [http://www.dw.de/%C3%A4gyptens-hassliebe-zum-westen/a-17030502 Original] am 21. August 2013.</ref> Anfang Oktober wandte sich die staatliche ägyptische Medienbehörde ''Staatsinformationsdienst'' (SIS) bereits zum zweiten Mal in weniger als zwei Monaten in ihrer Funktion der Pressekontrolle direkt an die in Ägypten akkreditierten Auslandskorrespondenten, um deren Berichterstattung zu kritisieren und bestritt „Berichte über Beschränkungen der Medienfreiheit in Ägypten“. Die SIS drückte „tiefe Enttäuschung“ über einen Report der Organisation [[Reporter ohne Grenzen]] aus, der den neuen Herrschern um Armeechef Sisi Zensur, „deutliche Feindschaft gegenüber Medien, die sich dem Lob der Armee verweigern“ und die Verhaftung kritischer Journalisten vorwirft.<ref name="FAZ_2013-10-04_SIB">[http://www.webcitation.org/6K8eWYEZ0 Ägypten – Störer im Betriebsablauf], Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Oktober 2013, von Markus Bickel, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/aegypten-stoerer-im-betriebsablauf-12602304.html Original] am 5. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
''Al Jazeera'' veröffentlichte am 3. Oktober ein angeblich aus den Monaten vor dem Putsch gegen Mursi stammendes Video, das Armeechef Sisi vor Offizieren zeigt, die ihn zu einem härteren Vorgehen gegen Presse und Rundfunk drängen. Sisi fragt im Video daraufhin, wie er die Medien denn „terrorisieren“ solle und fügt hinzu, dass es lange dauere, „bis man in der Lage ist, die Medien zu beeinflussen und zu kontrollieren“. Man habe noch nicht erreicht, was man beabsichtige, doch arbeite man daran.<ref name="FAZ_2013-10-04_SIB" /><ref name="AlJazeera_2013-10-03_VSE">[http://www.webcitation.org/6K8hi1TiQ Video shows Egypt generals plotting media gag] (englisch). Al Jazeera, 3. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2013/10/video-shows-egypt-generals-debating-media-gag-201310365144226112.html Original] am 5. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Nach Einschätzung von Michael Thumann stand Ägypten sieben Wochen nach dem Militärputsch gegen Mursi nach rechtlichen Gesichtspunkten wieder auf dem Stand der Mubarak-Zeit.<ref name="Zeit-OL_2013-08-21" /> ARD-Korrespondent [[Jörg Armbruster]] äußerte die Befürchtung, Ägypten entwickle sich zu einem neuerlichen [[Militärstaat]] mit einer lediglich vorgeschobenen zivilen Regierung. Der tatsächliche Machthaber sei Militärchef Sisi, die Demokratisierung dagegen „sehr stark ausgebremst“.<ref name="taz_2013-08-24_IHN">[http://www.webcitation.org/6JnXYvx4D Nahostreporter Jörg Armbruster – „Ich habe die Nase voll“], die tageszeitung, 24. August 2013, Interview von Çi?dem Akyol und Jürn Kruse mit Jörg Armbruster, archiviert vom [http://www.taz.de/!122394/ Original] am 21. September 2013.</ref> Laut dem Politologen, Menschenrechtler und Vorsitzenden der Oppositionspartei [[Partei Freiheitliches Ägypten|Freiheitliches Ägypten]], [[Amr Hamzawy]], kam es zu einem Aufstieg des Sicherheitsapparats, der mit den gleichen Mittel wie unter Mubarak vor der Revolution 2011 Oppositionspolitiker unter Druck setzte, Anführer der Muslimbruderschaft verhaftete sowie Freiheiten und Menschenrechte einschränkte. Das Eingreifen des Militärs in die Politik nach dem Putsch gehe zunehmend in Richtung der Etablierung eines Sicherheitsstaats.<ref name="InforadioRBB_2013-08-24_CAF">[http://www.webcitation.org/6JE1wJQzu Ägypten: Chance auf eine friedliche Lösung?], (Online-Audiostream, 4:43 Minuten) [[Inforadio]] [[Rundfunk Berlin-Brandenburg|RBB]], 24. August 2013, Gespräch von Irina Grabowski mit Amr Hamzawy, archiviert vom [http://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/int/201308/24/193908.html Original] am 26. August 2013.</ref> Das Militär hatte durch die Verhängung des Ausnahmezustands vom 14. August wie zu Zeiten Mubaraks, zu denen 800 Demonstranten zu Tode gekommen waren,<ref name="FAZ_2013-08-21_GSM">[http://www.webcitation.org/6J30WzHHp Ägypten – Gericht setzt Mubarak auf freien Fuß], Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/aegypten-gericht-setzt-mubarak-auf-freien-fuss-12540960.html Original] am 21. August 2013.</ref> für die Ausschaltung der politischen Gegner alle Vollmachten in der Hand und verdammte jeglichen Widerstand gegen ihr Regime als Terror, den es hart zu bekämpfen gelte.<ref name="Spiegel-Ol_2013-08-20_RRT">[http://www.webcitation.org/6J30GrkUC Krise in Ägypten: Rachefeldzug des Regimes treibt Muslimbrüder in die Enge], Spiegel Online, von Matthias Gebauer, 20. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-rachefeldzug-gegen-die-muslimbrueder-a-917553.html Original] am 21. August 2013.</ref> Seit dem Putsch vom 3. Juli bis zu Anfang September wurden nach Angaben der Organisation ''Reporter ohne Grenzen'' 80 Journalisten willkürlich verhaftet und fünf (8. Juli: ''Al-Horreya wa al-Adala''-Fotograf Ahmed Samir Assem El-Sanoussi, 14. August: ''Rassd News Network''-Fotojournalist Mosab Al-Shami, ''Al-Akhbar''-Reporter Ahmad Abdel Gawad, [[Sky News]]-Kameramann Mick Deane, 19. August: [[al-Ahram]]-Regionalbüroleiter Tamer Abdel Raouf) getötet.<ref name="taz_2013-09-13_SOV" /><ref name="RWB_2013-09-16">[http://www.webcitation.org/6Jg2e4WtY 2013 : Journalists killed], Reporters without Borders, Home page – Press Freedom Barometer – Journalists killed, archiviert vom [http://en.rsf.org/press-freedom-barometer-journalists-killed.html?annee=2013 Original] am 16. September 2013.</ref> Sherif Mansur, Nahost-Koordinator des ''Komitees zum Schutz von Journalisten'', urteilte, „Vertreter der Medien seien juristisch und körperlich stärker in Gefahr als unter Hosni Mubarak“. Wie unter der Herrschaft von Mubarak wurden Reporter bei Vorortrecherchen wieder von Personal bespitzelt, das die Vorgänge mit Kameras von [[Mobiltelefon]]en aufzeichnete.<ref name="Zeit-OL_2013-07-19_SHA" /> Zudem wurden seit dem Blutbad vom 14. August in Ägypten arbeitende Auslandskorrespondenten während ihrer Berichterstattung von Zivilisten [[Entführung|entführt]] und der Polizei oder dem Militär übergeben. Auch wenn sie meist nach wenigen Stunden wieder freigelassen wurden, wurde dies als Signal verstanden, dass kritischer Berichterstattung mit [[Repressalie]]n begegnet werde.<ref name="DW_2013-08-20_SRÄ" /> Nach dem Urteil Bassem El-Smargys vom CIHRS appellierte die ständige [[Indoktrination]] durch die gleichgeschalteten Medien an das [[Nationalbewusstsein]] der ägyptischen Bevölkerung und suggerierte ihr eine Gefahr durch im Land anwesende Ausländer, so dass ein [[Solidarität]]sgefühl mit dem ägyptischen Militär gegen das künstlich erzeugte [[Feindbild]] der Nicht-Ägypter geschaffen wurde.<ref name="DW_2013-08-20_SRÄ" /> Die Muslimbrüder wurden in den Staatsmedien dagegen bald nur noch als Terroristen bezeichnet, die die exzessive Gewalt der Polizei und der Sicherheitskräfte selbst zu verantworten hätten.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-23_KAV" /> Laut Lina Attalah, Chefredakteurin der alternativen Nachrichtenseite [[Mada Masr]], verbreiteten die mittlerweile weitgehend gleichgeschalteten ägyptischen Medien, sowohl Zeitungen wie Fernsehsender, den „Narrativ des Militärs eins zu eins“: „Nicht nur die staatlichen, auch die privaten Medien haben sich zu PR-Agenturen des Militärs gemacht.“<ref name="taz_2013-09-13_SOV" /><br />
<br />
Beobachter sahen die Gefahr, dass Teile der Islamisten wegen der Repressionen und der exzessiven Gewalt gegen die Gruppe mit [[Radikalismus|Radikalisierung]] bis hin zu Gewalt und Terroranschlägen reagieren könnte und dadurch eine neue [[Eskalation]]sstufe erreicht werde,<ref name="Spiegel-Ol_2013-08-20_RRT" /><ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH" /><ref name="Tagesspiegel_2013-08-22_VWM">[http://www.webcitation.org/6JE24zEms Machtkampf in Ägypten – „Ein Verbot wird die Muslimbrüder nicht stören“], Der Tagesspiegel, 22. August 2013, von Albrecht Meier (Interview mit Alain Chouet), archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/machtkampf-in-aegypten-ein-verbot-wird-die-muslimbrueder-nicht-stoeren/8676014.html Original] am 29. August 2013.</ref><ref name="DW_2013-08-31_WWN">[http://www.webcitation.org/6Jv5lreev Ägypten – Welchen Weg nimmt Ägypten?], Deutsche Welle, von Hendrik Heinze, 31. August 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/19ZUu Original] am 26. September 2013.</ref> die eine Stabilisierung Ägyptens unmöglich machen könnte.<ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH" /><br />
<br />
Am 3. September kündigte ein ägyptisches Gericht die Schließung des Landesbüros von Al Jazeera in Ägypten sowie von drei weiteren Sendern an. Den Anstalten wurde vorgeworfen, die Übergangsregierung zu diskreditieren und zu Unruhen anzustacheln. Al Jazeera warf der Übergangsregierung vor, die Frequenzen für den ägyptischen Ableger des Senders durch von „militärischen Einrichtungen“ östlich und westlich von Kairo gesendete Störsignale zu stören.<ref name="FAZ-net_2013-09-04_RGA">[http://www.webcitation.org/6Jv1td0Hm Ägypten – Repressionen gegen Al Dschazira], FAZ.net (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 4. September 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-repressionen-gegen-al-dschazira-12559440.html Original] am 26. September 2013.</ref><br />
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{{Siehe auch|Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)#Strafverfolgung von Regimegegnern und Journalisten und politisierte Massenprozesse|titel1=Abschnitt „Strafverfolgung von Regimegegnern und Journalisten und politisierte Massenprozesse“ in „Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)“}}<br />
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=== Medienkampagne und Restriktionen gegen Flüchtlinge ===<br />
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Laut Ahmad Awadalla von der Flüchtlingsorganisation ''Africa and Middle East Refugee Assistance'' (AMERA) waren alle Flüchtlinge in Ägypten seit dem Sturz von Mohammed Mursi von einer prekären Sicherheitslage betroffen.<ref name="Zeit-OL_2013-08-30_NHG" /> Eine Negativkampagne in den Medien gegen sie brachte nach dem Sturz Mursis insbesondere syrische Staatsbürger in Bedrängnis.<ref name="Zeit-OL_2013-08-30_NHG" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-19_EZA" /><br />
<br />
Entscheidender als die seit dem Sturz Mursis geschürte feindselige Atmosphäre in weiten Teilen der ägyptischen Gesellschaft gegen die Flüchtlinge war laut AMERA die Einführung einer allgemeinen Visumpflicht für Syrer als eine der ersten Maßnahmen der neuen Übergangsregierung, die Awadalla als „Dolchstoß für alle Menschen, die vor der Gewalt in Syrien fliehen müssen“ bezeichnete. Syrische Flüchtlinge, von denen rund 300.000 in Ägypten lebten, wurden übereinstimmend von Medien, insbesondere aber von Seiten des Staates, als „Söldner der Muslimbrüder“ diskriminiert.<ref name="Zeit-OL_2013-08-30_NHG" /> Im Oktober wurde die Anzahl der syrischen Flüchtlinge in Ägypten nach Angaben des UN-Flüchtlingswerkes auf mindestens 120.000 Menschen angegeben.<ref name="tagesschau-de_2013-10-19_EZA">[http://www.webcitation.org/6KSr7SGPY Syrische Flüchtlinge in Ägypten – Ein Exil, das zum Albtraum wird], tagesschau.de, 18. Oktober 2013, von Cornelia Wegerhoff, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/fluechtlingeaegypten100.html Original] am 18. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Laut Mohamed Dayri, Botschafter der UN-Flüchtlingsorganisation [[Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen|UNHCR]] in Ägypten, entstanden aus der Medienkampagne gegen die Flüchtlinge konkrete Probleme für die Schutzsuchenden, zum Beispiel durch die Änderung beim Schulzugang für die Kinder syrischer Kriegsflüchtlinge, die erst durch die Übergangsregierung als „ausländische Staatsbürger“ zurückgestuft wurden und denen der Schulzugang durch einen langwierigen und bürokratischen Prozess erschwert wurde. Der UNHCR riet allen syrischen Flüchtlingen, sich unauffällig zu verhalten, bei Einbruch der Dunkelheit in ihren Wohnungen zu bleiben und auf eine Verbesserung der politischen Lage für sie zu warten. In der zweiten Augusthälfte sollen rund 300 Flüchtlinge in Ägypten teils grundlos festgenommen worden sein. Laut Mohamed Amjahid (''Die Zeit'') war die „Negativkampagne gegen Syrer“ besonders für das Militär und die Polizei hilfreich, da sie durch die somit gezogene Verbindung von angeblichen „syrischen Söldnern“ und der Muslimbruderschaft zu einer mit Panzern und Geheimdiensten zu bekämpfenden „internationalen Terrororganisation“ ein Argument bot, um die Muslimbruderschaft zu „eliminieren“.<ref name="Zeit-OL_2013-08-30_NHG">[http://www.webcitation.org/6JHPOoJfL Ägypten – Der neue Hass gegen Syriens Flüchtlinge], Zeit Online, 30. August 2013, von Mohamed Amjahid, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/syrische-fluechtlinge-aegypten-kampagne-muslimbrueder/komplettansicht Original] am 31. August 2013.</ref><br />
<br />
Nach einem am 17. Oktober veröffentlichten Bericht von Scherif al Sayed-Ali, Leiter der Abteilung für Flüchtlingsrechte bei ''Amnesty International'', sollen die ägyptischen Behörden im Umgang mit syrischen Flüchtlingen massive Verletzungen des internationalen [[Völkerrecht]]s begangen haben.<ref name="tagesschau-de_2013-10-19_EZA" /><ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS" /> Da die ägyptischen Behörden neue Einreisebeschränkungen für Syrer erlassen hätten, die die Festgenommenen nicht erfüllen könnten, bleibe den Flüchtlingen oft nur die Wahl zwischen einer dauerhaften Inhaftierung oder der Abschiebung.<ref name="tagesschau-de_2013-10-19_EZA" /> In den Gefängnissen seien unter den 946 Inhaftierten auch „zahlreiche Kinder“, teils ohne ihre Eltern.<ref name="tagesschau-de_2013-10-19_EZA" /><ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS" /> Selbst unter zwei Jahre alte syrische Kleinkinder würden wochenlang im Gefängnis inhaftiert. Es sei in Hunderten Fällen zwangsweise Ausweisung in andere Länder der Region bekannt, darunter auch Deportationen von mehr als 70 Menschen nach Syrien.<ref name="tagesschau-de_2013-10-19_EZA" /><br />
<br />
=== Massentötung von Mursi-Unterstützern im Protestcamp am Rabia-al-Adawija-Platz (27. Juli) ===<br />
[[Datei:Dead bodies of Morsi supporters.jpg|mini|Leichen von Mursi-Anhängern, die am 27. Juli 2013 während der Intervention der Sicherheitskräfte getötet wurden.<ref name="VOA_2013-07-27_CIE">[http://www.webcitation.org/6LjXT3UvO Clashes in Egypt] (englisch). Voice Of America, 27. Juli 2013, von Elizabeth Arrott, archiviert vom [http://www.voanews.com/media/photogallery/1711271.html Original] am 9. Dezember 2013.</ref>]]<br />
{{Hauptartikel|Massentötung in Kairo am 27. Juli 2013}}<br />
Am 27. Juli 2013 gingen Sicherheitskräfte äußerst gewaltsam gegen Pro-Mursi-Demonstranten im Protestcamp am Rabia-al-Adawija-Platz nahe der Rabia-al-Adawija-Moschee in [[Nasr City|Nasr-City]] vor,<ref name="Guardian_2013-07-28" /><ref name="n-tv_2013-07-29_WOU" /> einem als Zentrum der Muslimbruderschaft geltenden Stadtteil Kairos.<ref name="DW_2013-09-05">[http://www.webcitation.org/6Jv3lEjCR Nahost – Ägyptens Innenminister entgeht Bombenanschlag], Deutsche Welle, 5. September 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/19clq Original] am 26. September 2013.</ref> Dabei starben nach staatlichen Angaben mindestens 82 Menschen,<ref name="Guardian_2013-07-28" /><ref name="Ahram-OL_2013-07-29_8K2">[http://www.webcitation.org/6Jk9OVDtk 80 killed, 299 injured in Cairo’s Nasr City violence: Health Ministry] (englisch). Ahram Online, 29. Juli 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/77675/Egypt/Politics-/-killed,--injured-in-Cairo%E2%80%99s-Nasr-City-violence-He.aspx Original] am 19. September 2013.</ref><ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN" /><ref name="AAwsat_2013-07-27_MT1">[http://www.webcitation.org/6Jk7V9dRL Egypt: More than 100 killed in Cairo massacre] (englisch). [[Asharq al-Awsat]], 27. Juli 2013, archiviert vom [http://www.aawsat.net/2013/07/article55311336 Original] am 19. September 2013.</ref> nach Angaben von Ärzten und Muslimbruderschaft weitaus mehr.<ref name="Ahram-OL_2013-07-29_8K2" /><ref name="Guardian_2013-07-27_AL1">[http://www.webcitation.org/6KbNXcVcf At least 120 Morsi supporters reported killed in Egypt clashes] (englisch). The Guardian, 27. Juli 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/jul/27/morsi-supporters-killed-egypt-cairo Original] am 24. Oktober 2013.</ref><ref name="Independent_2013-07-28_1KI">[http://www.webcitation.org/6KbOL4QA1 120 killed in army action on Morsi loyalists] (englisch). The Independent, 28. Juli 2013, archiviert vom [http://www.theindependentbd.com/index.php?option=com_content&view=article&id=179653:120-killed-in-egypt-in-army-crackdown-on-pro-morsi-rally&catid=129:frontpage&Itemid=121 Original] am 24. Oktober 2013.</ref> Seit dem Putsch gegen Mursi am 3. Juli belief sich damit Anfang August die Anzahl der offiziell angegebenen Toten durch die Auseinandersetzungen auf fast 300 Menschen.<ref name="Reuters-DE_2013-08-04_EKÄ">[http://www.webcitation.org/6KJGMppDz Erste Kompromisssignale in Ägypten seit Mursis Sturz], Reuters Deutschland, 4. August 2013, von Tom Perry und Matt Robinson, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97302120130804 Original] am 12. Oktober 2013.</ref><ref name="AAwsat_2013-07-27_MT1" /><br />
<br />
Patrick Kingsley sprach im ''Guardian'' von einem „Polizeimassaker an Pro-Mursi-Unterstützern“, das als Einschüchterungsversuch angesehen worden sei, um die Protestteilnehmer zum Verlassen des Lagers zu bewegen.<ref name="Guardian_2013-07-28" /> Es handle sich um das schlimmste staatlich durchgeführte Massaker Ägyptens seit dem Sturz Mubaraks<ref name="Guardian_2013-07-27_AL1" /><ref name="AAwsat_2013-07-27_MT1" /> und um das zweite Massaker der Sicherheitskräfte an Mursi-Unterstützern innerhalb von zwei Wochen.<ref name="Guardian_2013-07-27_AL1">[http://www.webcitation.org/6Jk8s400W At least 120 Morsi supporters reported killed in Egypt clashes] (englisch). The Guardian, 27. Juli 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/jul/27/morsi-supporters-killed-egypt-cairo Original] am 19. September 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-07-28">[http://www.webcitation.org/6Jk8OJnzr Egypt crisis: ’we didn’t have space in the fridges for all the bodies’ – As the death toll rises, a report from Cairo’s main mortuary after the police massacre of pro-Morsi supporters] (englisch). The Guardian, 28. Juli 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/jul/28/egypt-crisis-cairo-massacre-morsi Original] am 19. September 2013.</ref><ref name="Tagesspiegel_2013-07-27_PMM">[http://www.webcitation.org/6KbsdhPpQ Ägypten – Polizisten massakrieren Mursi-Anhänger in Kairo], Der Tagesspiegel, 27. Juli 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/aegypten-polizisten-massakrieren-mursi-anhaenger-in-kairo/8557680.html Original] am 24. Oktober 2013.</ref> Nach den Juli-Gewaltexzessen gegen Mursi-Anhänger in Kairo sahen westliche Medien die Gefahr, dass Ägypten in den Bürgerkrieg abgleiten könne.<ref name="Reuters-DE_2013-08-01_ÄDN" /><br />
<br />
In Alexandria kam es in Nacht auf den 27. ebenfalls zu schweren Auseinandersetzungen, die auch am 27. Juli anhielten. Dabei wurden nach ersten Angaben mindestens zehn Menschen getötet und viele Dutzend verletzt.<ref name="Tagesspiegel_2013-07-27_PMM" /><ref name="AAwsat_2013-07-27_MT1" /> Eine 200-köpfige Gruppe von Mursi-Anhängern, darunter auch Frauen und Kinder, wurden von bewaffneten Schlägern stundenlang in einer Moschee eingeschlossen.<ref name="Tagesspiegel_2013-07-27_PMM" /><br />
<br />
Am 28. Juli übertrug Interims-Präsident Mansur Interims-Ministerpräsident Beblawi per Dekret die Befugnis, dem Militär die Verhaftung von Zivilisten zu erlauben, womit eine Beteiligung der Armee an den seit Wochen angekündigten Räumungsaktionen der Protestlager erleichtert wurde.<ref name="n-tv_2013-07-29_WOU">[http://www.webcitation.org/6KbAqOtV3 Lage in Ägypten immer ernster – „Wir opfern unser Blut für Mursi“], n-tv, 29. Juli 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Wir-opfern-unser-Blut-fuer-Mursi-article11075396.html Original] am 24. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
[[Datei:Anti-coup sit-in at Rabaa Adiweya mosque 2013.jpg|mini|Das Anti-Putsch-Sit-in an der Rabia-al-Adawiya-Moschee, wo bereits seit über einem Monat Pro-Mursi-Demonstranten in Zelten übernachteten, vor der Stürmung.<ref name="VOA_2013-08-01_LIF">[http://www.webcitation.org/6LoKASvah The Latest Images from Egypt] (englisch). Voice Of America, 1. August 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/media/photogallery/1711987.html Original] am 12. Dezember 2013.</ref>]]<br />
Die Muslimbruderschaft verurteilte das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen das Protestcamp als „Massaker“.<ref name="Reuters-DE_2013-07-31_ÄRE" /><ref name="Reuters-DE_2013-08-01_ÄDN" /><ref name="taz_2013-07-29_AZÄ" /> Sie kündigten an, die Protestlager bis zur Freilassung des demokratisch gewählten Präsidenten aus der Untersuchungshaft besetzt zu halten.<ref name="Reuters-DE_2013-07-29_EDA" /><ref name="Reuters-DE_2013-08-01_ÄDN">[http://www.webcitation.org/6KJ9yGRPG Ägypten droht neue gewaltsame Machtprobe], Reuters Deutschland, 1. August 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97000J20130801 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> Im Protestlager der Mursi-Anhänger vor der Rabia-al-Adawija-Moschee harrten auch nach dem Blutbad noch Tausende Protestteilnehmer aus,<ref name="taz_2013-07-29_AZÄ" /><ref name="ND_2013-07-29_KBS">[http://www.webcitation.org/6KbJCulfA Kairo beklagt »schwarzen Terror« - Ägyptens Generäle rechtfertigen Vorgehen gegen Muslimbrüder], Neues Deutschland, 29. Juli 2013, von Oliver Eberhardt, archiviert vom [http://www.neues-deutschland.de/artikel/828705.kairo-beklagt-schwarzen-terror.html Original] am 24. Oktober 2013.</ref> umstellt von Hunderten Soldaten und Polizisten, die ausländische Journalisten vom Lager fernzuhalten versuchten.<ref name="ND_2013-07-29_KBS" /><br />
<br />
Die ägyptische Übergangsregierung bestritt, dass die Polizei scharf auf die seit dem Militärcoup in dem Protestlager versammelte Menge geschossen habe.<ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN" /><ref name="ND_2013-07-29_KBS" /><ref name="AAwsat_2013-07-27_MT1" /> Gleichzeitig drohte die Übergangsregierung mit der Räumung des Protestlagers.<ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN">[http://www.webcitation.org/6Iv4Ajpgl Ägypten nach neuem Gewaltexzess am Rande des Abgrunds], Reuters Deutschland, 28. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/topNews/idDEBEE96R01N20130728 Original] am 16. August 2013.</ref><br />
<br />
Vize-Übergangspräsident el-Baradei verurteilte die Gewaltanwendung<ref name="ND_2013-07-29_KBS" /> als „übertriebene Gewalt“ und forderte eine friedliche Lösung.<ref name="Bild-de_2013-07-28_MAM">[http://www.webcitation.org/6KbNFpLnh Trotz Verbots! - Mursi-Anhänger marschieren zum Geheimdienst], Bild.de, 28. Juli 2013, archiviert vom [http://www.bild.de/politik/ausland/aegypten-krise/aegypten-droht-der-buergerkrieg-31570382.bild.html Original] ma 24. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
In den folgenden Tagen verschärfte die Übergangsregierung ihr Vorgehen gegen die Anhänger des entmachteten Staatspräsidenten, erklärte die Pro-Mursi-Proteste für illegal<ref name="Reuters-DE_2013-07-31_ÄRE" /> und kündigte eine baldige Räumung der Protestlager an.<ref name="taz_2013-07-29_AZÄ">[http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=a1&dig=2013%2F07%2F29%2Fa0027&cHash=50eb35073de261e92e3b70f289e0ceef Armee zerschießt Ägypten], die tageszeitung, 29. Juli 2013.</ref><ref name="Reuters-DE_2013-07-31_ÄRE">[http://www.webcitation.org/6KJ9Es5jw Ägyptische Regierung erklärt Pro-Mursi-Proteste für illegal], Reuters Deutschland, 31. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE96U04E20130731 Original] am 12. Oktober 2013.</ref><ref name="Reuters-DE_2013-08-01_ÄDN" /> Militärchef Sisi forderte am 28. Juli zum wiederholten Male, die Demonstranten sollten sich umgehend zerstreuen und berief sich erneut auf die Massendemonstration auf dem Tahrir-Platz vom 26. Juli als angebliches „Mandat“ für ihn, gegen den „schwarzen Terror“ – eine neue Terminologie für die Muslimbrüder – vorzugehen.<ref name="ND_2013-07-29_KBS" /><br />
<br />
Das Interimskabinett erklärte am 31. Juli, das seit dem Sturz Mursis Anfang Juli von seinen Anhängern besetzte Protestlager auf offener Straße stelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.<ref name="Reuters-DE_2013-07-31_ÄRE" /><ref name="Reuters-DE_2013-08-01_ÄDN" /> Am 1. August forderte das Innenministerium die Anhänger des gestürzten Präsidenten in einer im Staatsfernsehen verlesenen Erklärung auf, ihre Protestcamps in Kairo gegen sicheres Geleit zu verlassen.<ref name="Reuters-DE_2013-08-01_IFM">[http://www.webcitation.org/6KJB3yTFf Innenminister fordert Mursi-Anhänger zum Verlassen der Camps auf], Reuters Deutschland, 1. August 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97003R20130801 Original] am 12. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
<gallery perrow="4" class="float-right"><br />
Datei:Secretary Kerry and Pakistani Advisor Aziz Address Reporters.jpg|[[John Kerry]] am 1. August:<br />Lob für Militär und Sturz Mursis – „Demokratie wiederhergestellt“<br />
Datei:Rainer Stinner.jpg|[[Rainer Stinner]] (FDP):<br />rügte Kerrys Aussage für „selektives Demokratieverständnis“<ref name="Reuters-DE_2013-08-02_KDK" /><ref name="Reuters_2013-08-04_MAL" /><br />
Datei:Philipp Mißfelder 2009.JPG|[[Philipp Mißfelder]] (CDU):<br />hielt zu Kerry und Sturz Mursis – Mursis „Antisemitismus war unerträglich“<ref name="Reuters-DE_2013-08-02_KDK" /><ref name="Reuters_2013-08-04_MAL" /><br />
</gallery><br />
In dieser Situation erhielt die militärgestützte Übergangsregierung diplomatische Unterstützung der USA, die sich bislang bei der Bewertung zum Sturz des gewählten Präsidenten zurückgehalten hatte.<ref name="Reuters-DE_2013-08-02_MWS">[http://www.webcitation.org/6KJFIL7kV Muslimbrüder wappnen sich gegen Räumung ihrer Protestcamps], Reuters Deutschland, 2. August 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97104G20130802 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> US-Außenminister John Kerry lobte öffentlich den Sturz des ägyptischen Staatspräsidenten und erklärte am 1. August in Pakistan, die ägyptische Armee habe mit der Absetzung Mursis die Demokratie wiederhergestellt. Das Militär habe nicht die Macht übernommen, sondern es habe die Schaffung einer zivilen Übergangsregierung bewirkt.<ref name="BBCNews_2013-08-01_EAR">[http://www.webcitation.org/6J2wzWDWJ Egypt army ’restoring democracy’, says John Kerry] (englisch). BBC News, 1. August 2013, archiviert vom [http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-23543744 Original] am 21. August 2013.</ref><ref name="Reuters-DE_2013-08-02_KDK">[http://www.webcitation.org/6KJD3KeME Kritik in Deutschland an Kerrys Ägypten-Äußerungen], Reuters Deutschland, 2. August 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97104320130802 Original] am 2. August 2013.</ref><ref name="Reuters-DE_2013-08-02_MWS" /><ref name="dailymotion-com_GeoNews_2013-08-01_JKI">[http://www.dailymotion.com/video/x12k9e5_john-kerry-interview-01-aug-2013_news?start=42950 John Kerry Interview -01 Aug 2013] (englisch). dailymotion.com, veröffentlicht vom dailymotion-Kanal [http://www.dailymotion.com/GeoNews Geo News] am 1. August 2013.</ref> Neben etlichen deutschen Politikern und der türkischen Regierung kritisierten auch die Muslimbrüder die Äußerungen Kerrys.<ref name="Reuters_2013-08-04_MAL" /><ref name="derStandard-at_2013-08-02_URM">[http://www.webcitation.org/6KeyJl2Ya USA rechtfertigen Machtübernahme des ägyptischen Militärs], derStandard.at, 2. August 2013, archiviert vom [http://derstandard.at/1373514403564/USA-halten-Sturz-Morsis-fuer-legitim Original] am 26. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Übergangsregierung auf, „den Schutz aller Ägypter sicherzustellen“.<ref name="taz_2013-07-29_AZÄ" /> Mehrere Staaten drängten die vom Militär gestützten Machthaber Ägyptens, einen Ausgleich mit den Muslimbrüdern zu suchen und „das Blutvergießen zu beenden“.<ref name="Reuters-DE_2013-07-30_EWÄ" /><br />
[[Datei:Baroness Ashton headshot.jpg|miniatur|hochkant|[[Catherine Ashton]] konnte mit Mursi am 29. Juli an einem unbekannten Ort sprechen.]]<br />
Die [[Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik|EU-Außenbeauftragte]] [[Catherine Ashton]] traf am 29. Juli als erste hochrangige ausländische Politikerin nach dem „Gewaltexzess gegen die Mursi-Anhänger“ Vertreter der ägyptischen Führung, darunter Armeechef Abdel Fattah al-Sissi, und drängte die ägyptische Übergangsregierung, von ihrem „Konfrontationskurs gegen die Muslimbruderschaft des abgesetzten Präsidenten“ abzurücken. Der stellvertretende Interimspräsident el-Baradei versicherte Ashton, „dass die neue Führung des Landes alles in ihrer Macht stehende tun werde, um die Krise friedlich zu beenden“.<ref name="Reuters-DE_2013-07-29_EDA">[http://www.webcitation.org/6KJ5y3Q9B EU dringt auf Ende des Konfrontationskurses in Ägypten], Reuters Deutschland, 29. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE96S00D20130729 Original] am 12. Oktober 2013.</ref><ref name="Reuters-DE_2013-07-30_EWÄ" /> El-Baradei gab an, der gestürzte Präsident Mursi sei kein [[Politischer Gefangener|politischer Gefangener]], sondern ein gewöhnlicher Häftling, gegen den ermittelt werde.<ref name="FAZ_2013-07-30_AWV">[http://www.webcitation.org/6KhqPn6cH Ashton will Vermittlung in Kairo fortsetzen], Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. Juli 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-ashton-will-vermittlung-in-kairo-fortsetzen-12311703.html Original] am 28. Oktober 2013.</ref> Am 29. Juli hatte das Militär erstmals mit Ashton einen hochrangigen Vertreter des Auslands „zu dem festgenommenen Präsidenten“ Mursi vorgelassen, der von den militärgestützten Putschisten abgeschirmt von der Öffentlichkeit festgehalten wurde. Ashton erklärte, sie sei per Hubschrauber zu ihm an einen ihr unbekannten Ort geflogen worden und habe zwei Stunden mit Mursi geredet, der sich in gutem Zustand befinde.<ref name="Reuters-DE_2013-07-30_EWÄ">[http://www.webcitation.org/6KJ73fIid EU will in Ägypten eine friedliche Lösung vermitteln], Reuters Deutschland, 30. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE96T02U20130730 Original] am 12. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Am 4. August meldeten Medienberichte, dass unter westlicher Vermittlung sowohl die in den Protestcamps ausharrenden Mursi-Anhänger wie auch die vom Militär eingesetzte Übergangsregierung Signale der Kompromissbereitschaft zeigten. Ein Sprecher der Pro-Mursi-Allianz erklärte seinen Respekt für die Forderungen der Massenbewegung, die am 30. Juni demonstriert habe. Er äußerte die Bereitschaft zu Verhandlungen mit der Nationalen Heilsfront, in der die weltlichen Parteien der Übergangsregierung zusammengeschlossen waren. Die Gespräche mit der neuen Führung des Landes sollten auf der Grundlage der vom Militär ausgesetzten Verfassung geführt werden. Doch dürften die für den Putsch verantwortlichen Teile der Armee und ihr Oberbefehlshaber Sisi am politischen Dialog über die Zukunft Ägyptens nicht beteiligt werden. Man sei zu einer politischen Lösung bereit, solange sie auf der Legitimität der Verfassung gegründet sei. Das vom Militär ausgesetzte Grundgesetz müsse wieder in Kraft gesetzt werden.<ref name="Reuters-DE_2013-08-04_EKÄ" /><ref name="Reuters_2013-08-04_MAL">[http://www.webcitation.org/6KJHQS22s Mursi-Anhänger lassen Kompromissbereitschaft anklingen], Reuters Deutschland, 4. August 2013, von Tom Perry, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97300920130804 Original] am 12. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Die Übergangsregierung bestand zwar weiter auf eine Schließung der beiden Protestcamps der Mursi-Anhänger in Kairo, betonte aber, dass sie auf eine Blockade setze und nicht auf eine Stürmung, die ein neues Blutbad auslösen könnte. Nachdem das Militär die Lager offenbar blockiert hatte, versprach das Innenministerium den Anhängern Mursis freien Abzug und „eine politische Integration“. Allerdings müssten sich diejenigen verantworten, die Verbrechen begangen hätten. Interimsvizepräsident el-Baradei sagte im Fernsehen: „Es gibt keine Lösung in Ägypten, die sich auf Ausschluss gründen kann. Salafisten, Muslimbruderschaft, Säkulare, Liberale und wer auch immer – wir sind zum Zusammenleben verdammt.“<ref name="Reuters-DE_2013-08-04_EKÄ" /><ref name="Reuters_2013-08-04_MAL" /><br />
<br />
=== Blutbad durch Räumung der Protestlager am Rabia-al-Adawija- und Al-Nahda-Platz (14. August) ===<br />
{{Hauptartikel|Blutbad in Kairo und Gizeh vom 14. August 2013}}<br />
[[Datei:Rabaa al-Adawiya.png|mini|Rabia-al-Adawija in Nasr-City am 14. August 2013]]<br />
{{Mehrere Bilder<br />
| align = right<br />
| Richtung = horizontal<br />
| Fußzeile = Verkohlte (links) und blutverschmierte (rechts) Leichen am 14. August 2013. Die Toten sollen Opfer der Niederschlagung des Rabia-Sit-ins sein.<br />
| Breite = 220<br />
| Bild1 = Burned dead body in RABIA Massacre.jpg<br />
| Untertitel1 =<br />
| Bild2 = Dead bodies in RABIA Massacre (1).jpg<br />
| Untertitel2 =<br />
}}<br />
Nachdem die von der Armee installierte Zivilregierung angekündigt hatte, die Zeltlager notfalls mit Gewalt aufzulösen und die US-Regierung den Militärcoup kurz nach der Massentötung im Protestcamp an der Rabia-al-Adawija-Moschee vom 27. Juli nachträglich gebilligt hatte,<ref name="SZ_2013-08-03_UAR">[http://www.webcitation.org/6Iv4L1WrH US-Außenminister rechtfertigt Putsch gegen Mursi], Süddeutsche Zeitung, 3. August 2013, von Tomas Avenarius, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/x5w38M/1457842/US-Aussenminister-rechtfertigt-Putsch-gegen-Mursi.html Original] am 16. August 2013.</ref><ref name="HuffingtonPost_2013-08-02_JKB">[http://www.webcitation.org/6J2xDx5HD John Kerry Backtracks Egypt Comments That Military Was ’Restoring Democracy,' Not Taking Over] (englisch). The Huffington Post, 2. August 2013, von Deb Riechmann, archiviert vom [http://www.huffingtonpost.com/2013/08/02/kerry-restoring-democracy-backtracks_n_3696506.html Original] am 21. August 2013.</ref><ref name="BBCNews_2013-08-01_EAR" /><ref name="dailymotion-com_GeoNews_2013-08-01_JKI" /><ref name="Aljazeera_2013-10-21_EIT">[http://www.webcitation.org/6KXjIzm3j Interactive timeline: Egypt in turmoil] (englisch). Aljazeera, 17. August 2013 (letzte Änderung: 14:31), archiviert vom [http://www.aljazeera.com/indepth/interactive/2013/08/2013817122637981237.html Original] am 21. Oktober 2013.</ref> ging das Militär ab den Morgenstunden des 14. August mit großer Härte gegen die Anhänger der Muslimbrüder vor. Sicherheitskräfte stürmten die beiden Pro-Mursi-Protestlager vor der Rabia-al-Adawija-Moschee in Kairo-Nasr-City und am Nahda-Platz vor der Universität Kaio in Gizeh-Dokki. Es kam am selben Tag zu Unruhen, die auf ganz Ägypten übergriffen.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-14_ÄVC">[http://www.webcitation.org/6KU7ZsaOW Armee gegen Muslimbrüder: Ägypten versinkt im Chaos], Spiegel-Online, 14, Augst 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/in-aegypten-weiten-sich-zusammenstoesse-zwischen-armee-und-islamisten-aus-a-916536.html Original] am 19. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Der ''Guardian'' nannte die blutige Auflösung der Protestcamps in Kairo ein „Massaker der Sicherheitskräfte an rund 1000 Pro-Mursi-Demonstranten“<ref name="Guardian_2013-09-19_EPS" /> und die schlimmste der drei Massentötungen seit dem Sturz Mursis von Anfang Juli.<ref name="Guardian_2013-08-16_RTB">[http://www.webcitation.org/6JnqqDAUA Egypt: resentment towards Brotherhood fuels crackdown support] (englisch). The Guardian, 16. August 2013, von Ian Black und Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/aug/16/egypt-nationalism-muslim-brotherhood-crackdown Original] am 21. September 2013.</ref> ''Human Rights Watch'' sprach von dem „schlimmsten Ereignis ungesetzlicher Massentötungen in der modernen Geschichte Ägyptens“ und warf den Einsatzkräften vor, gegen die einfachsten internationalen Polizeistandards verstoßen zu haben.<ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄVA">[http://www.webcitation.org/6JtJIotRr Ägypten - Versöhnung ausgeschlossen], Zeit Online, 23. September 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-09/aegypten-verbot-muslimbruderschaft Original] am 25. September 2013.</ref> Auch Markus Bickel schrieb in der ''FAZ'' Anfang November, „das Massaker an mehr als 800 Demonstranten [sei] das größte in der modernen Geschichte Ägyptens“ gewesen.<ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /><br />
<br />
Seit dieser Eskalation erlaubte die militärgestützte Übergangsregierung der Polizei offiziell, scharfe Munition einzusetzen, „um sich selbst oder wichtige Regierungsgebäude zu verteidigen“.<ref name="taz_2013-10-21_MVK" /> Am Nachmittag des 14. August verhängte Übergangspräsident Adli Mansur einen einmonatigen [[Ausnahmezustand]] über das Land<ref name="Ehrhardt" /> sowie nächtliche [[Ausgangssperre]]n in Kairo und in elf anderen Provinzen, darunter auch die Städte [[Alexandria]] und [[Sues]].<ref name="standard" /><ref name="Tagesspiegel_2013-08-15_3TR">[http://www.webcitation.org/6Iz5yW0Um ''Staatskrise am Nil Regierung: 343 Tote bei Räumung der Protestlager für Mursi''], Der Tagesspiegel, 15. August 2013, von Astrid Frefel, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/staatskrise-am-nil-regierung-343-tote-bei-raeumung-der-protestlager-fuer-mursi/8641738.html Original] am 19. August 2013.</ref> Die Polizei erhielt dadurch weitreichende Befugnisse, Verhaftungen ohne richterlichen Beschluss durchzuführen.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-15_3TR" /> Dieser Schritt wurde seitens der Regierung mit der „Gefahr für Sicherheit und Ordnung“ durch „gezielte Sabotage und Angriffe auf private und öffentliche Gebäude“ und Todesopfer „durch extremistische Gruppen“ begründet.<ref name="Ehrhardt">Christoph Ehrhardt: [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/blutiger-konflikt-in-aegypten-ausnahmezustand-und-ausgangssperren-verhaengt-12531236.html ''Ausnahmezustand und Ausgangssperren verhängt''] bei faz.net, 14. August 2013 (abgerufen am 14. August 2013).</ref> Landesweit sollen bis zum 15. August mehr als 560 Menschen von der Polizei festgenommen worden sein.<ref name="Zeit_2013-08-15_RBM">[http://www.webcitation.org/6Iv4R38VA ''Ausnahmezustand in Ägypten – Regierung bestätigt mehr als 600 Tote''], Zeit Online, 15. August 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/gewalt-aegypten-tote-muslimbrueder-mursi Original] am 16. August 2013.</ref><br />
[[Datei:Mohamed el-Baradei.jpg|mini|[[Mohammed el-Baradei]]s Begründung für seinen Rücktritt als Vizepräsident am 14. August 2013: „Es ist für mich schwierig geworden, weiter die Verantwortung für Entscheidungen zu treffen, mit denen ich nicht übereinstimme und deren Auswirkungen mir Angst machen“.<ref name="standard" />]]<br />
Der Interimsvizepräsident und [[Friedensnobelpreis]]-Träger [[Mohammed el-Baradei]] trat am 14. August aus Protest gegen die Gewalt zurück<ref name="standard">[http://www.webcitation.org/6IwQ0ssrW ''Hunderte Tote bei Räumung der Protestlager – Ausnahmezustand über Ägypten verhängt – Vizepräsident ElBaradei tritt zurück''], derStandard.at, 14. August 2013, archiviert vom [http://derstandard.at/1375626545205/Aegyptische-Polizei-beginnt-Pro-Mursi-Protestlager-zu-raeumen Original] am 17. August 2013.</ref> und distanzierte sich entschieden von der Verhängung von Ausnahmezustand und Ausgangssperren.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-15_3TR" /><br />
<br />
=== Ausnahmezustand ===<br />
[[Datei:Curfew08142013.png|mini|left|Landesteile, über die seit dem 14. August 2013 eine einmonatige nächtliche Ausgangssperre verhängt wurde.]]<br />
Der seit dem „Massaker an Islamisten“ durch die Sicherheitskräfte und aus Anlass dieser blutigen Niederschlagung der Massenproteste gegen den Sturz des gewählten Präsidenten Mohammed Mursi am 14. August von der militärgestützten Übergangsregierung verhängte Ausnahmezustand wurde Mitte September um zwei Monate bis Mitte November 2013 verlängert, was die Übergangsregierung mit einer anhaltend kritischen Sicherheitslage begründete.<ref name="Zeit-OL_2013-09-13_ETB" /><ref name="Zeit-OL_2013-08-17_IKL">[http://www.webcitation.org/6JkTNdik8 Ägypten- In Kairo liegen die Nerven blank], Zeit Online, 17. August 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-lage-ausser-kontrolle Original] am 19. September 2013.</ref><ref name="Spiegel_2013-11-12_GhA" /><br />
<br />
Durch den dreimonatigen Ausnahmezustand erhielten Behörden und Einsatzkräfte weitreichende Sonderrechte beim Vorgehen gegen Proteste und Versammlungen<ref name="Zeit-OL_2013-09-12_MVA">[http://www.webcitation.org/6JkTbcyI9 Machtkampf – Mansour verlängert Ausnahmezustand], Zeit Online, 12. September 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-09/kairo-aegypten-ausnahmezustand Original] am 19. September 2013.</ref> und konnten Festnahmen ohne Haftbefehl und Hausdurchsuchungen ohne richterliche Anordnung durchführen.<ref name="Spiegel_2013-11-12_GhA" /> Darüber hinaus war eine umstrittene Ausgangssperre zwischen 1 und 5 Uhr – an Freitagen zwischen 19 und 5 Uhr – in Kraft getreten.<ref name="Spiegel_2013-11-12_GhA" /> Zudem erschwerten die nach dem Sturz Mursis reaktivierten Notstandsgesetze die Arbeit der Presse, indem sie die Streitkräfte berechtigten, Kritiker jeder Art jederzeit festzunehmen und gegebenenfalls vor ein Militärgericht zu stellen.<ref name="DW_2013-09-29_MFÄ" /> In den auf die Verhängung des Ausnahmezustandes folgenden Tagen stieg die Zahl der Getöteten seit dem 14. August auf mehr als tausend.<ref name="RP-OL_2013-11-12_GbA" /> In den Wochen darauf nach der Verhängung des Ausnahmezustandes wurden mehr als 2000 Mitglieder der Muslimbrüder festgenommen, darunter nahezu die gesamte Führungsriege der Islamisten. Die Zahlen der Teilnehmer an den Protesten gegen den Militärputsch gingen seitdem deutlich zurück.<ref name="Handelsblatt_2013-11-12_AiÄ" /><br />
<br />
Beobachter sahen in der seit dem Sturz Mursis im Juli andauernden Gewaltserie ein Zeichen für die wachsende Instabilität in Ägypten. Die Wirtschaft und der Tourismus in Ägypten litten Anfang Oktober bereits deutlich unter der politischen Instabilität.<ref name="Reuters-DE_2013-10-07_ATÄ">[http://www.webcitation.org/6KElNiDfx Angreifer töten ägyptische Soldaten nahe Suez-Kanal], Reuters Deutschland, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99604F20131007 Original] am 9. Oktober 2013.</ref><ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN" /><br />
Amnesty International gab am 10. September an, dass allein zwischen dem 14. und 18. August mindestens 1089 Menschen getötet wurden, viele in Folge von exzessiver, grob unverhältnismäßiger und ungesetzlicher sowie tödlicher Gewaltanwendung der Sicherheitskräfte.<ref name="DNE_2013-09-11_AID">[http://www.webcitation.org/6KT2iOI53 Amnesty International decries violence in Egypt] (englisch). Daily News Egypt, 11. September 2013, von Aaron T. Rose, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2013/09/11/amnesty-international-decries-violence-in-egypt/ Original] am 18. Oktober 2013.</ref> Von den über 1000 im Juli und August 2013 ums Leben gekommenen Menschen waren nahezu alle Zivilisten, die gegen Militärchef Sisi demonstriert hatten und von den Sicherheitskräften erschossen wurden.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-17_WGS" /> Anfang Oktober betrug die Anzahl – soweit bekannt geworden – der seit dem Sturz Mursis Getöteten bis zu 2000 und wuchs wöchentlich weiter an.<ref name="Guardian_2013-10-09_FBW">[http://www.webcitation.org/6KHXF15uR Egypt: from bad to worse – Try as he might, General Sisi cannot contain the continued protest against his takeover] (englisch). The Guardian, 9. Oktober 2013, Editorial, archiviert vom [http://www.theguardian.com/commentisfree/2013/oct/09/egypt?INTCMP=ILCNETTXT3487 Original] am 11. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
''Human Rights Watch'' (HRW) begrüßte die Gerichtsentscheidung vom 12. November zur Beendigung des Ausnahmezustandes noch am selben Tag. Die HRW-Vorsitzende in Ägypten, Heba Morajef, kritisierte, in der Praxis habe der Ausnahmezustand „nur die Ausgangssperre und die Rechte des Militärs für Festnahmen gesichert“, das ägyptische Innenministerium scheine der Ansicht zu sein, „dass unterdrückerische Gesetze abschreckend wirken“.<ref name="Handelsblatt_2013-11-12_AiÄ" /><ref name="Spiegel_2013-11-12_GhA" /> Die US-Regierung nahm am 12. November in ihrer Reaktion auf das Ende der Ausgangssperre Bezug auf die bevorstehende Ankündigung der selbst bei Mitgliedern der Regierung und ihren Unterstützern heftig umstrittenen Überarbeitung eines Gesetzes zum Umgang mit Protestbewegungen. Außenamtssprecherin [[Jen Psaki|Jennifer Psaki]] begrüßte zwar die Gerichtsentscheidung, verwies aber zugleich darauf, dass die Regierung „andere Sicherheitsgesetze“ erwäge und rief dazu auf, „die Rechte aller Ägypter zu achten“.<ref name="Handelsblatt_2013-11-12_AiÄ" /><br />
<br />
==== Konditionen zu Ausnahmezustand und Ausgangssperre ====<br />
[[Datei:Crackdown in Egypt 2013.jpg|mini|Während des Ausnahmezustands griffen Sicherheitskräfte hart gegen Demonstranten durch.]]<br />
[[Datei:Security forces and protesters in Maadi-Cairo 20-Sep-2013.jpg|mini|Hinter Pro-Mursi-Demonstranten auf einer Protestkundgebung in Kairo-Maadi vom 20. September stehen Sicherheitskräfte mit Panzer bereit.<ref name="VOA_2013-09-20_PIE">[http://www.webcitation.org/6LoJPWnlz Protests in Egypt] (englisch), Voice Of America, 20. September 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/media/photogallery/1753713.html Original] am 12. Dezember 2013.</ref>]]<br />
Am 24. August verkürzte die Übergangsregierung die nächtliche Ausgangssperre, die in 14 der 27 Provinzen galt und Teil des vom Militär verhängten Ausnahmezustands war. Mit Ausnahme der Freitage, an denen es nach den Gebeten oft zu Demonstrationen von Mursi-Anhängern kam, wurde der Beginn der weiterhin morgens um 6 Uhr endenden Ausgangssperre von 19 auf 21 Uhr um zwei Stunden verschoben, was als Zeichen angesehen wurde, dass sich die Regierung nach den heftigen Auseinandersetzungen zwischen Militär und Demonstranten wieder in der Position sah, die Lage kontrollieren zu können.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-24_ÄRV">[http://www.webcitation.org/6J8MzjnaY Verbesserte Sicherheitslage: Ägyptische Regierung verkürzt Ausgangssperre], Spiegel Online, 24. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-regierung-verkuerzt-ausgangssperre-a-918447.html Original] am 25. August 2013.</ref><ref name="DW_2013-08-24_ÄVA">[http://www.webcitation.org/6J8uwVpFa Ägypten verkürzt Ausgangssperre], Deutsche Welle, 24. August 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/19Vjm Original] am 25. August 2013.</ref><ref name="Tagesspiegel_2013-08-25_PGO" /><br />
<br />
Anfang September stellte Übergangspräsident Adli Mansur im staatlichen Fernsehen ein Ende der Notstandsgesetze und eine Rückkehr zu einer regulären Regierung wie geplant für Mitte September für den Fall in Aussicht, dass sich die Sicherheitslage weiter verbessere. Nach Medienberichten mit Berufung auf die Nachrichtenagentur AFP hatte sich zuvor die „Lage im Land leicht entspannt“, nachdem die Übergangsregierung „den Plan eines Verbots der Muslimbrüderschaft“ zuvor aufgegeben habe.<ref name="FAZ-net_2013-09-04_RGA" /><br />
<br />
Am 12. September wurde der zuvor für einen Monat verhängte Ausnahmezustand über 14 Provinzen von dem durch das Militär eingesetzten Übergangspräsidenten Adli Mansur, der noch Anfang September ein Ende der Notstandsgesetze für Mitte September in Aussicht gestellt hatte, um weitere zwei Monate verlängert.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-militaer-verlaengert-ausnahmezustand-um-zwei-monate-a-921962.html ''Ägypten: Übergangsregierung verlängert Ausnahmezustand''], Spiegel Online, 12. September 2013, abgerufen am 15. September 2013.</ref><ref name="Zeit-OL_2013-09-13_ETB" /><ref name="Zeit-OL_2013-09-12_MVA" /><ref name="FAZ-net_2013-09-04_RGA" /> Die Zahl der vom 14. August bis Mitte September durch die Sicherheitskräfte festgenommenen Mursi-Anhänger überstieg 2000.<ref name="DW_2013-09-16_EVD">[http://www.webcitation.org/6JgQFifxd Ägypten – Erst verfolgt, dann vergessen: Christen in Ägypten], Deutsche Welle, 16. September 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://dw.de/p/19hK8 Original] am 16. September 2013.</ref><ref name="Süddeutsche-de_2013-09-17_JFV">[http://www.webcitation.org/6JhzvafLu Ägypten – Justiz friert Vermögen führender Muslimbrüder ein], Süddeutsche.de, 17. September 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/aegypten-justiz-friert-vermoegen-fuehrender-muslimbrueder-ein-1.1773465 Original] am 17. September 2013.</ref><br />
<br />
Nachdem Innenminister Mohammed Ibrahim am 11. November die Aufhebung des Ausnahmezustandes für den 14. November, also genau drei Monate nach Beginn der Maßnahme,<ref name="RP-OL_2013-11-12_GbA">[http://www.webcitation.org/6L62E0UJA Übergangsregierung überrascht: Gericht beendet Ausnahmezustand in Ägypten], RP Online, 12. November 2013, archiviert vom [http://www.rp-online.de/politik/ausland/gericht-beendet-ausnahmezustand-in-aegypten-aid-1.3811820 Original] am 13. November 2013.</ref> entschied das Oberste Verwaltungsgericht in Kairo am 12. November, dass der mit der umstrittenen nächtlichen Ausgangssperre einhergehende und nach Plan am 14. November auslaufen sollende Ausnahmezustand mit sofortiger Wirkung zu beenden sei.<ref name="Handelsblatt_2013-11-12_AiÄ" /><ref name="Spiegel_2013-11-12_GhA" /> Das Gericht nahm dabei als Bezugsdatum den 12. September, an dem der Ausnahmezustand für zwei weitere Monate verlängert worden war.<ref name="RP-OL_2013-11-12_GbA" /> Die Übergangsregierung erklärte am 12. November, sie werde die Gerichtsentscheidung umsetzen, sobald das Urteil schriftlich vorliege.<ref name="Handelsblatt_2013-11-12_AiÄ">[http://www.webcitation.org/6L609ldl3 Gerichtsentscheidung – Ausnahmezustand in Ägypten wird aufgehoben], Handelsblatt, 12. November 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/gerichtsentscheidung-ausnahmezustand-in-aegypten-wird-aufgehoben/9066964.html Original] am 13. November 2013.</ref><ref name="Spiegel_2013-11-12_GhA">[http://www.webcitation.org/6L60JDTIY Ägypten: Gericht hebt Ausnahmezustand auf], Spiegel Online, 12. November 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-gericht-in-kairo-hebt-ausnahmezustand-auf-a-933263.html Original] am 13. November 2013.</ref><br />
<br />
Das Innenministerium ließ nach der Anordnung des Verwaltungsgerichts zur offiziellen Aufhebung des Notstands um 16 Uhr am 12. November Sicherheitskräfte mit der Begründung abstellen, die Straßen im Land sichern zu wollen. Es bestehe die Sorge, dass mit dem Ende des Ausnahmezustandes und der Ausgangssperre die Proteste von Anhängern des gestürzten Präsidenten Mursi wieder zunehmen könnten.<ref name="RP-OL_2013-11-12_GbA" /><ref name="StimmeRU_2013-11-12_NiÄ">[http://www.webcitation.org/6L639bExE Notstand in Ägypten aufgehoben], [[Stimme Russlands|Radio Stimme Russlands]], 12. November 2013, archiviert vom [http://german.ruvr.ru/news/2013_11_12/Notstand-in-Agypten-beendet-7658/ Original] am 13. November 2013.</ref><br />
<br />
Am 13. November erklärte die Übergangsregierung das Ende des dreimonatigen Ausnahmezustandes und der damit verbundenen nächtlichen Ausgangssperre für den 14. November. Ein geprüfter und umzusetzender Sicherheitsplan beinhalte eine steigende Zahl von Polizeieinsätzen sowie mobile und feste Kontrollstellen in den Straßen: „Alle Versuche, das Land zu destabilisieren oder den Staat oder die Sicherheit der Bürger zu unterhöhlen,“ so die offizielle Erklärung, „werden fest geahndet in Übereinstimmung mit dem Gesetz“.<ref name="RP-OL_2013-11-13_AiÄ">[http://www.webcitation.org/6L88fNqzJ Nächtliche Ausgangssperre: Ausnahmezustand in Ägypten soll Donnerstag enden], RP Online, 13. November 2013, archiviert vom [http://www.rp-online.de/politik/ausland/ausnahmezustand-in-aegypten-soll-donnerstag-enden-aid-1.3815851 Original] am 14. November 2013.</ref><br />
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==== Verfolgung von Muslimbrüdern und Verbot ihrer Organisationen ====<br />
Unmittelbar mit Sturz Mursis, der Außerkraftsetzung der Verfassung durch Sisi und der Auflösung des Oberhauses durch Mansur begann bereits die Verhaftung führender Kader der Muslimbruderschaft durch den alten repressiven Sicherheitsapparat.<ref name="FAZ_2013-07-06_GR" /> Er kam zu [[Militärputsch in Ägypten 2013#Massenfestnahmen von Pro-Mursi-Demonstranten und Verhaftungen in der Führung der Muslimbrüder|Massenfestnahmen von Pro-Mursi-Demonstranten und Verhaftungen in der Führung der Muslimbrüder]].<br />
<br />
Während nach dem Blutbad vom 14. August der [[Generalsekretär der Vereinten Nationen|UN-Generalsekretär]], [[Ban Ki-moon]], die ägyptischen Behörden und die „politischen Führer“ am 17. August aufforderte, einen glaubhaften Plan zur Eindämmung der Gewalt zu schaffen und den politischen Prozess wiederzubeleben,<ref name="Zeit-OL_2013-08-18">[http://www.webcitation.org/6Ixdy7qYF Krise in Ägypten – Muslimbrüder planen neue Protestmärsche], Zeit Online, 18. August 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/2013-08/muslimbrueder-protestieren-weiter Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="UN_2013-08-17_Statement">[http://www.webcitation.org/6IxeBevOh New York, 17. August 2013 – Statement attributable to the Spokesperson for the Secretary-General on Egypt] (englisch). United Nations, Stellungnahme, Ohne Datum, archiviert vom [http://www.un.org/sg/statements/?nid=7024 Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="FAZ.NET_2013-08-18_MKN" /> prüfte die ägyptische Übergangsregierung Medienberichten zufolge bereits auf Vorschlag Beblawis hin die Möglichkeit, die Muslimbruderschaft für illegal zu erklären.<ref name="Zeit-OL_2013-08-18" /><ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA" /><ref name="FAZ.NET_2013-08-18_MKN" /> Beblawi erklärte, es könne „keine Versöhnung geben, mit denjenigen, an deren Händen Blut klebt“. Die Übergangsregierung drohte, mit „eiserner Faust“ gegen „Terrorismus“ vorzugehen. Behörden ermittelten gegen 250 Unterstützer der Muslimbrüder wegen Mordes, versuchten Mordes und Terrorismus.<ref name="Zeit-OL_2013-08-18" /><br />
<br />
Sieben Wochen nach dem Putsch war laut Matthias Gebauer (''Der Spiegel'') das „gesamte Führungspersonal“ der nach dem 14. August „unnachgiebig“ verfolgten Muslimbruderschaft durch die rigorose Verhaftungswelle entweder „tot oder inhaftiert“,<ref name="Spiegel-OL_2013-08-22_MFS" /> nach anderen Presseberichten zumindest zum Großteil inhaftiert.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ" /><ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC" /><ref name="DW_2013-08-17_MM" /> Unter den Festgenommenen befand sich auch der Chef der Muslimbruderschaft, Muhammad Badi’e.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC">[http://www.webcitation.org/6J4U0Mr6j Machtkampf in Ägypten: Militär nimmt Chef der Muslimbrüder fest], Spiegel Online, 20. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-militaer-nimmt-chef-der-muslimbrueder-badie-fest-a-917441.html Original] am 22. August 2013.</ref> Landesweit hatte die Interimsregierung Hunderte Mursi-Anhänger festnehmen lassen und die Befehlskette der Organisation zu ihrer Basis durchbrochen.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ" /> Gegen den abgesetzten Präsidenten Mursi, der sich zu diesem Zeitpunkt wegen angeblicher Verschwörung mit der radikalen Palästinenserbewegung Hamas bei der Befreiung von Insassen eines Gefängnisses 2011 in Untersuchungshaft befand, leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Beteiligung an der Tötung von Demonstranten im Dezember 2012 vor dem Ittihadija-Palast in Kairo ein, ohne Angaben über Mursis Rolle bei den gewaltsamen Übergriffen auf die Demonstranten bekanntzugeben.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC" /> Nach dem Blutbad vom 14. August unterbanden Militär und Polizei strikt jegliche Kundgebung. An den geplanten Wegstrecken für Protestmärsche wurden Scharfschützen auf Dächern postiert und im Staatsfernsehen mit scharfen Schüssen gedroht.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-22_MFS" /><br />
[[Datei:Mohammed Badiea.jpg|miniatur|[[Muhammad Badi’e]]: Den Chef der Muslimbruderschaft, der jahrelang politischer Häftling war, erwartet nach dem Putsch erneut ein Prozess.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC" />]]<br />
In der Nacht auf den 20. August wurde der Anführer der Muslimbruderschaft, Muhammad Badi’e, verhaftet, nachdem bereits am 10. Juli ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden war. Unter den zu diesem Zeitpunkt rund 900 seit dem Putsch getöteten Menschen befand sich auch sein Sohn.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC" /> Sein Anwalt erhob später den Vorwurf, der 70-Jährige Badi’e sei zu Beginn der Haft misshandelt worden.<ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄVA" /><br />
<br />
Während am 24. August in Kairo eine weitere Sitzung des Gerichtsverfahrens gegen den ehemaligen Präsidenten Hosni Mubarak und seine Söhne Alaa und Gamal stattfand, wurde ein anderer Prozess gegen Anführer der Muslimbruderschaft, darunter Mohammed Badie und fünf weitere Führungskader, nach wenigen Minuten auf den 29. Oktober vertagt.<ref name="DW_2013-08-24_ÄVA" /><ref name="Tagesspiegel_2013-08-25_PGO">[http://www.webcitation.org/6JE1gPCn7 Ägypten – Prozess gegen obersten Muslimbruder Badie vertragt], Der Tagesspiegel, 25. August 2013, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/aegypten-prozess-gegen-obersten-muslimbruder-badie-vertragt/8688664.html Original] am 29. August 2013.</ref><br />
<br />
Am 28. August teilte Interimsministerpräsident Beblawi mit, die Übergangsregierung strebe nicht weiter an, die Muslimbruderschaft aufzulösen und aus der Politik auszuschließen.<ref name="Handelsblatt_2013-08-28_PZA">[http://www.webcitation.org/6JE0jeyVJ Ägypten – Pläne zur Auflösung der Muslimbruderschaft verworfen], Handelsblatt, 28. August 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/aegypten-plaene-zur-aufloesung-der-muslimbruderschaft-verworfen/8709212.html Original] am 29. August 2013.</ref> Zu diesem Zeitpunkt und somit innerhalb der beiden auf das Blutbad vom 14. August folgenden Wochen waren bereits rund 2000 Muslimbrüder einschließlich nahezu ihrer gesamten Führungsriege festgenommen worden.<ref name="DW_2013-08-30_KEG">[http://www.webcitation.org/6JIbDf6q5 Arabische Welt – Kein Ende der Gewalt in Ägypten], Deutsche Welle, 30. August 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/19ZKK Original] am 1. September 2013.</ref><br />
<br />
Am 2. September stellte ein die Übergangsregierung beratendes Juristengremium einen Antrag auf Verbot der Muslimbruderschaft, unter Berufung auf ein Gesetz, das nicht-staatlichen Akteuren die Bildung paramilitärischer Gruppen untersagt. Nach Angaben aus Justizkreisen wurde der Prozessbeginn vor dem Staatsrat für den 12. November erwartet.<ref name="Welt_2013-09-02_MDÄ">[http://www.webcitation.org/6Jv1Wq82F Islamisten – Muslimbrüdern droht in Ägypten Verbotsverfahren], archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article119637927/Muslimbruedern-droht-in-Aegypten-Verbotsverfahren.html Original] am 26. September 2013.</ref> Nach den Vorwürfen wegen Spionage, Missmanagement, Korruption und Anderem wurden Mursi sowie weitere 14 Muslimbrüder Anfang September wegen Anstiftung zum Mord angeklagt. Bei der gewaltsamen Auflösung einer Kundgebung vor dem Präsidentenpalast Anfang Dezember 2012 sollen nach Sichtweise der ägyptischen Justiz mindestens sieben Demonstranten getötet worden sein. Experten kritisieren das Verfahren und äußerten die Ansicht, die Anklage diene der Übergangsregierung zur Fortsetzung ihres harten Kurses gegen die Muslimbruderschaft. Joachim Paul, Leiter des Nordafrika-Büros der [[Heinrich-Böll-Stiftung]] in [[Tunis]], wertete die Anklage als Beleg dafür, dass „die jetzige Regierung und die jetzigen Machthaber mit allen juristischen Mitteln vorgehen, um die Muslimbruderschaft in den Untergrund zu drängen“. Ronald Meinardus von der Friedrich-Naumann-Stiftung in Kairo kritisierte das Vorgehen der Übergangsregierung als „Kampagne der Kriminalisierung“.<ref name="DW_2013-09-02_SEA">[http://dw.de/p/19aPA Ägypten – Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Mursi], Deutsche Welle, 2. September 2013, von Najima El Moussaoui, abgerufen am 9. September 2013.</ref> Am 7. September beschuldigte die Staatsanwaltschaft Mursi der Justizbeleidigung, da Mursi 22 Richter des Wahlbetrugs bei den Parlamentswahlen von 2005 beschuldigt habe.<ref name="HDN_2013-09-09_EMF">[http://www.hurriyetdailynews.com/egypts-morsi-faces-new-accusation-of-insulting-judges.aspx?pageID=238&nID=54013&NewsCatID=352 Egypt’s Morsi faces new accusation of insulting judges] (englisch). Hürriyet Daily News, 7. September 2013, angerufen am 9. September 2013.</ref><br />
<br />
Am 23. September 2013 erklärte ein Gericht in Kairo die Muslimbruderschaft in einem Eilverfahren und in Abwesenheit von Vertretern aus der Muslimbruderschaft in erster Instanz für illegal und untersagte ihr sowie „jeder aus ihr hervorgegangenen oder zu ihr gehörenden Institution“ jegliche Aktivitäten.<ref name="n-tv_2013-09-23_ÄVM" /><ref name="FAZ-net_2013-09-23_GVM" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-09-23_GVA" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-11-06_BBV" /> Dies konnte auch ein Verbot des politischen Arms der Muslimbrüder, der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, bedeuten.<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-23_GVA" /><br />
<br />
Gleichzeitig beschloss der Richter die Konfiszierung des Vermögens und der Immobilien der Muslimbruderschaft durch die Regierung. Somit ging die militärgestützte Interimsregierung mit ihren Repressionen gegen die Muslimbruderschaft weiter als der 2011 gestürzte Präsident Husni Mubarak, der den Mitgliedern der zu jener Zeit ebenfalls verbotenen Muslimbruderschaft ermöglicht hatte, an Parlamentswahlen als „Unabhängige“ teilzunehmen.<ref name="FAZ-net_2013-09-23_GVM" /> Wenige Tage zuvor war bereits das Vermögen führender Muslimbrüder eingefroren worden.<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-23_GVA">[http://www.webcitation.org/6JqfBCcfU Entscheidung in Ägypten – Gericht verbietet alle Aktivitäten der Muslimbrüder], Süddeutsche.de, 23. September 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/entscheidung-in-aegypten-gericht-verbietet-alle-aktivitaeten-der-muslimbrueder-1.1778489 Original] am 23. September 2013.</ref><ref name="Süddeutsche-de_2013-09-17_JFV">[http://www.webcitation.org/6JqfL5Y5P Ägypten – Justiz friert Vermögen führender Muslimbrüder ein], Süddeutsche.de, 17. September 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/aegypten-justiz-friert-vermoegen-fuehrender-muslimbrueder-ein-1.1773465 Original] am 23. September 2013.</ref><br />
<br />
Der Verbotsbeschluss bedeutete eine weitere Eskalation in der Auseinandersetzung zwischen der militärgestützten Übergangsregierung und den Anhängern von des geputschten Präsidenten Mursi.<ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄGV">[http://www.webcitation.org/6JtP0DqbA Machtkampf – Ägyptisches Gericht verbietet Muslimbruderschaft], Zeit Online, 23. September 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-09/muslimbruderschaft-verbot-gericht-aegypten Original] am 25. September 2013.</ref> Die Muslimbruderschaft verurteilte den Verbotsbeschluss als „korrupte und politisch motivierte Entscheidung“. In einer auf dem offiziellen Twitter-Account der Muslimbruderschaft veröffentlichten Erklärung teilte sie mit, die Justiz könne nicht ändern, dass die Muslimbruderschaft ein fester Bestandteil der ägyptischen Gesellschaft sei. Sie werde nach ihrer offiziellen Auflösung weiterhin „präsent bleiben“.<ref name="n-tv_2013-09-23_ÄVM">[http://www.webcitation.org/6JsFG0CVK Islamisten werden alle Tätigkeiten untersagt – Ägypten verbietet Muslimbruderschaft], n-tv, 23. September 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Aegypten-verbietet-Muslimbruderschaft-article11425006.html Original] am 24. September 2013.</ref><br />
<br />
In der westlichen Presse wurde am selben Tag darauf hingewiesen, dass das Verbot der Muslimbruderschaft die Organisation betraf, welche aus den ersten freien Wahlen im bevölkerungsreichsten arabischen Land als stärkste Kraft hervorgegangenen war.<ref name="n-tv_2013-09-23_ÄVM" /> Der Prozess vor dem Eil-Gericht folgte auf eine Klage der linken Tagammu-Partei, die argumentiert hatte, die Muslimbrüder würden die nationale Sicherheit gefährden.<ref name="FAZ-net_2013-09-23_GVM">[http://www.webcitation.org/6Jqes7ITk Ägypten – Gericht verbietet Muslimbrüderschaft], FAZ.net (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 23. September 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/aegypten-gericht-verbietet-muslimbruederschaft-12586912.html Original] am 23. September 2013.</ref><ref name="Süddeutsche-de_2013-11-06_BBV">[http://www.webcitation.org/6KwC3EiRL Ägypten: Berufungsgericht bestätigt Verbot der Muslimbruderschaft], Süddeutsche.de, 6. November 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/politicker-aegypten-berufungsgericht-bestaetigt-verbot-der-muslimbruderschaft-1.1811671 Original] am 6. November 2013.</ref> Der Antrag für die Gerichtsorder zum Parteiverbot kam somit von einer konkurrierenden Splitterpartei, die im ersten freien Parlament Ägyptens mit lediglich vier Mandaten eine weit geringere Legitimierung vorzuweisen hatte als die an Stimmengewicht dreißigfach stärkere Fraktion der Muslimbruderschaft.<ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄVA" /> Das [[Handelsblatt]] vertrat zeitgleich die Wertung: „Der demokratische Neubeginn in Ägypten geht weiter – jedoch ohne die Muslimbrüder.“<ref name="Handelsblatt_2013-09-23_GVM">[http://www.webcitation.org/6JsGWISYv Ägypten – Gericht verbietet Muslimbruderschaft], Handelsblatt, 23. September 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/aegypten-gericht-verbietet-muslimbruderschaft/8833732.html Original] am 24. September 2013.</ref> [[Martin Gehlen]] kommentierte in der ''Zeit'', der Versuch, ein Viertel der ägyptischen Bevölkerung pauschal als Terroristen zu stigmatisieren, gefährde die Aussöhnung zwischen den politischen Lagern, vertiefe die Polarisierung in einem in der jüngeren Geschichte des Ägyptens nie gekannten Ausmaß und berge das Risiko einer unkontrollierbaren Gewalteskalation.<ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄVA" /><ref name="Zeit-OL_2013-10-06_ÄPZ" /> Obwohl die gesamte Führung der Muslimbruderschaft inhaftiert wurde, über den gestürzten Präsident Mursi sämtliche Nachrichten fehlten, die Organisation der Muslimbruderschaft per Gerichtsbeschluss verboten und ihr Vermögen eingezogen wurde, „Abertausende Demonstranten“ in den Hafteinrichtungen „gequält“ und mehr als tausend Menschen bis Anfang Oktober durch Polizei und Militär erschossen worden seien, bekämen die neuen Machthaber die Lage in Ägypten nicht unter ihre Kontrolle.<ref name="Zeit-OL_2013-10-06_ÄPZ" /><br />
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Nachdem zuvor bereits die Muslimbrüder-Partei verboten worden war, erkannte die Übergangsregierung der Muslimbruderschaft auch den Status als Nichtregierungsorganisation ab. Allen Organisationen, die den Muslimbrüdern zuarbeiteten oder von ihnen finanziert wurden, wurde die Rechtsgrundlage als NGO entzogen.<ref name="DW_2013-10-09_MKN">[http://www.webcitation.org/6KGssWle7 Ägypten – Muslimbruderschaft keine NGO mehr], Deutsche Welle, 9. Oktober 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/19wS3 Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Der Minister für Soziale Solidarität, Ahmed El-Borai, erließ am 9. Oktober auf Grundlage von Artikel 42 des NGO-Gesetzes einen Beschluss zur offiziellen Auflösung der NGO der Muslimbruderschaft, die bereits über Jahrzehnte hinweg in Ägypten außerhalb des gesetzlichen Rahmens gearbeitet hatte und erst im März 2013 formell als NGO registriert worden war.<ref name="ahram-OL_2013-10-09_SSM">[http://www.webcitation.org/6KHgXHSAT Social Solidarity Ministry officially dissolves Brotherhood NGO] (englisch). Ahram Online, 9. Oktober 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/News/83588.aspx Original] am 11. Oktober 2013.</ref> Gleichzeitig kündigte die ''Tamarod''-Bewegung, die im Juni maßgeblich zum Sturz des Präsidenten Mursi und der Muslimbrüder-Partei als regierender Partei beigetragen hatte, selbst jedoch weder über Parteistatus noch über ein politisches Programm verfügte, ihren Antritt bei den für Anfang 2014 geplanten Parlamentswahlen an.<ref name="DW_2013-10-09_MKN" /><br />
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Während fast die komplette Führungsriege der ägyptischen Muslimbruderschaft bereits in Haft war, verhaftete die Polizei in der Nacht zum 30. Oktober in seiner Wohnung auch den stellvertretenden Chef der ''Partei für Freiheit und Gerechtigkeit'', Issam al-Irian, der im Sommer abgetaucht war, nachdem ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt worden war.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-30_PVF" /><ref name="n-tv_2013-10-30_FMH">[http://www.webcitation.org/6Kl9hNzJl Essam al-Arian in Haft – Führung der Muslimbrüder hinter Gittern], n-tv, 30. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/ticker/Fuehrung-der-Muslimbrueder-hinter-Gittern-article11631971.html Original] am 30. Oktober 2013.</ref><ref name="Handelsblatt_2013-10-30_MVK" /><br />
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Anfang November waren neben ihren Anführern schätzungsweise 3000 Muslimbrüder inhaftiert.<ref name="DW_2013-11-04_UMD" /><br />
Am 6. November bestätigte ein Berufungsgericht für Eilverfahren in Kairo das Verbot der islamistischen Muslimbruderschaft. Gegen den Spruch konnte noch weitere Berufung eingelegt werden.<ref name="Süddeutsche-de_2013-11-06_BBV" /> Damit wies das Gericht die Beschwerde der Muslimbrüder ab, die die Umsetzung des Verbots all ihrer Aktivitäten verhindern wollten. Der Gerichtsentscheid wurde als Anzeichen dafür gewertet, dass die Muslimbrüder von der vom Militär eingesetzten Übergangsregierung für 2014 versprochenen Wahl ausgeschlossen werden.<ref name="TT_2013-11-06_MiÄ">[http://www.webcitation.org/6KwBurbI5 Konflikte – Muslimbrüder in Ägypten scheiterten mit Beschwerde gegen Verbot], Tiroler Tageszeitung, 6. November 2013, archiviert vom [http://www.tt.com/politik/konflikte/7423704-91/muslimbr%C3%BCder-in-%C3%A4gypten-scheiterten-mit-beschwerde-gegen-verbot.csp Original] am 6. November 2013.</ref><br />
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Am 10. November wurden 14 mutmaßliche Unterstützer Mursis, die wegen Beteiligung an gewaltsamen Protesten angeklagt waren, überraschend freigesprochen.<ref name="Handelsblatt_2013-11-12_AiÄ" /><br />
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===== Prozess gegen Führungsriege der Muslimbrüder =====<br />
Mit mehr als 2000 Gefangenen, Dutzenden Angeklagten und Vorwürfen, die von Korruption über Mordaufruf bis zu Landesverrat reichten, stand der ägyptischen Muslimbruderschaft Ende Oktober die größte Prozesswelle in ihrer 85-jährigen Geschichte bevor. Beobachter rechneten insgesamt mit mindestens einem Dutzend Gerichtsprozessen und einer dreistelligen Zahl von Angeklagten, von denen vielen im Falle einer Verurteilung die Todesstrafe drohen konnte. Experten hielten die Verfahren für intransparent und forderten stattdessen Bemühungen um eine nationale Versöhnung. Anhänger der Muslimbruderschaft und viele Menschenrechtler warnten vor Schauprozessen. Im Vergleich zu den Prozessen gegen Anhänger des Regimes von Husni Mubarak war bei den Prozessen gegen die Muslimbrüder die Zahl der Angeklagten höher und die Vorwürfe sind schwerwiegender. Beobachter vermuteten, dass die Prozesse in erster Linie politischen Zwecken dienten. Neben den Anklagepunkten, die auf eine Einstufung der Muslimbruderschaft als internationale Terrororganisation abzielten, wurde auch der unzureichende Rechtsbeistand für die Angeklagten bemängelt. Ein Anwalt, der Mursi verteidigen sollte, floh nach Drohungen ins Ausland, mehrere weitere Anwälte aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft waren inhaftiert worden. Prominente Angeklagte verwiesen bei ihrer Weigerung zur Kooperation bei Verhören auch darauf. Der Kairoer Menschenrechtsanwalt Ahmed Usman bezeichnete die Prozesse als juristische Fortsetzung des Machtkampfes zwischen Islamisten und Armee, bei der es weitgehend um „Rache“ gehe.<ref name="DW_2013-10-29_PPG">[http://www.webcitation.org/6KmQht4N3 Ägypten – Politisierte Prozesse gegen Islamisten in Ägypten], Deutschwe Welle, 29. Oktober 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://dw.de/p/1A5jD Original] am 31. Oktober 2013.</ref><br />
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Dem Oberhaupt der Muslimbruderschaft, Mohammed Badie, seine Stellvertreter Chairat al-Schater und Mohammed Raschad Bajumi sowie 33 weitere führende Mitglieder wurden von der Anklage beschuldigt, sich der Anstiftung zur Tötung oder Mord von neun Menschen schuldig gemacht zu haben, die bei einer gewalttätigen Demonstration vor dem Hauptquartier der Muslimbruderschaft in Kairo am 30. Juni 2013 vom Sicherheitsdienst der Organisation erschossen wurden.<ref name="Handelsblatt_2013-10-29_GLM" /><ref name="Spiegel-Ol_2013-10-29_GES" /> Die blutigen Zusammenstöße nur wenige Tage vor dem Militärcoup gelten jedoch als ungeklärt. Tatsächlich war die Zentrale im Kairoer Stadtteil [[Mokattam]] von gewalttätigen Anti-Islamisten niedergebrannt worden, ohne dass die Polizei eingegriffen hatte. Ob die Gewalt der Demonstranten durch die Schüsse der Sicherheitsleute ausgelöst wurde oder ob die Sicherheitsleute die Insassen der Zentrale mit Waffengewalt vor den Demonstranten schützen mussten, blieb umstritten.<ref name="heute-de_2013-10-29_PGM" /><br />
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Der Prozess wurde Ende August formell eröffnet, aber umgehend vertagt. Die Hauptangeklagten waren dem Gericht aus „Sicherheitsgründen“ nicht vorgeführt worden.<ref name="Handelsblatt_2013-10-29_GLM">[http://www.webcitation.org/6KjMNbsnH Ägypten – Gericht legt Muslimbrüder-Prozess nieder], Handelsblatt, 29. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/aegypten-gericht-legt-muslimbrueder-prozess-nieder/8999392.html Original] am 29. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-Ol_2013-10-29_GES" /><br />
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Als die Angeklagten am 29. Oktober erstmals vor Gericht erscheinen sollten, legte das zuständige Gericht überraschend den Prozesses nieder.<ref name="Handelsblatt_2013-10-29_GLM" /> Der Senat des Strafgerichts Kairo-Süd deutete in einer Erklärung ohne nähere Erläuterung seine [[Befangenheit]] an,<ref name="Handelsblatt_2013-10-29_GLM" /><ref name="heute-de_2013-10-29_PGM" /> wie die von den Richter herangezogenen „Gewissensgründe“ gedeutet wurden.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-30_PVF">[http://www.webcitation.org/6Kl6pKH2Y Ägypten: Polizei verhaftet führenden Muslimbruder Irian], Spiegel Online, 30. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-polizei-verhaftet-fuehrenden-muslimbruder-irian-a-930768.html Original] am 30. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-Ol_2013-10-29_GES">[http://www.webcitation.org/6Kl7pEzRl Muslimbrüder-Prozess: Gericht erklärt sich für befangen], Spiegel Online, 29. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/gericht-im-muslimbrueder-prozess-tritt-wegen-befangenheit-zurueck-a-930670.html Original] am 30. Oktober 2013.</ref> Beobachter vermuteten politischen Druck im Hintergrund der Entscheidung.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-29_GES" /><ref name="DW_2013-10-29_PPG" /> Die Richter zogen sich somit am zweiten Verhandlungstag vom Fall zurück, so dass der Prozess von einer anderen Kammer des Strafgerichts verhandelt werden musste,<ref name="Handelsblatt_2013-10-29_GLM" /><ref name="heute-de_2013-10-29_PGM">[http://www.webcitation.org/6Kkcn3Wfd Machtkampf in Ägypten – Prozess gegen Muslimbrüder geplatzt], ZDF heute.de (Gregor Mayer, dpa), 29. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.heute.de/Prozess-gegen-Muslimbr%C3%BCder-geplatzt-30409576.html Original] am 30. Oktober 2013.</ref> wofür zunächst kein Termin bekannt gegeben wurde.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-29_GES" /> Damit verschob sich das Urteil nach der direkten Vertagung zu Prozessbeginn weiter.<ref name="Handelsblatt_2013-10-29_GLM" /><br />
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Vor ihrem Rückzug ordneten die Richter noch an, die 35 Angeklagten in Gewahrsam zu behalten. Ihnen allen droht in Ägypten im Falle der Schuldigsprechung wegen Anstiftung zum Mord die [[Todesstrafe]].<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-29_GES" /><br />
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Der Nahost-Experte [[Michael Lüders]] bezeichnete die Verhaftung der gesamten Führung der Muslimbruderschaft als Aktion der Armee und sprach davon, dass sie unter „absurde Anklage“ gestellt würden.<ref name="3sat_2013-10-18_IMM">{{ZDFmediathek| ID=2009612 | Titel=3sat: makro: Interview mit Michael Lüders (18. Oktober 2013, 6:07 Min.) | Typ=video | Zugriffsdatum=2013-10-30 | Offline=}}</ref><br />
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Die Polizei nahm Mitte November den früheren Minister für nationale Handelsangelegenheiten in der Regierung Mursi, Bassem Uda, dem ebenfalls vorgeworfen wurde zur Gewalt angestiftet zu haben, in einem Versteck nahe Alexandria fest.<ref name="Handelsblatt_2013-11-12_AiÄ" /><ref name="RP-OL_2013-11-12_GbA" /><br />
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===== Prozess gegen Mursi =====<br />
Am 26. Juli erging Haftbefehl gegen Mursi.<ref name="Reuters-DE_2013-11-04_EBP" /> Seitdem saß der vom Militär an einem unbekannten Ort festgehaltene Staatspräsident auf richterliche Anweisung formell in Untersuchungshaft.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-27_RWP">[http://www.webcitation.org/6LzLrLCV6 Machtkampf in Ägypten: Regierung will Pro-Mursi-Proteste verbieten], Spiegel Online, 27. Juli 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-regierung-will-pro-mursi-proteste-verbieten-a-913436.html Original] am 19. Dezember 2013.</ref> Dem vom Militär gestürzten Staatspräsidenten Mursi drohten mehrere Verfahren und im Falle eines Schuldspruchs lebenslange Haft oder die Todesstrafe.<ref name="DW_2013-10-29_PPG" /><ref name="Reuters-DE_2013-11-04_EBP">''[http://www.webcitation.org/6Kti5TEgp Eklat bei Prozess gegen Ägyptens Ex-Präsidenten Mursi]'', Reuters Deutschland, 4. November 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE9A302L20131104?sp=true Original] am 5. November 2013.</ref><br />
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Am 9. Oktober teilten die Medien mit, dass der geputschte Präsident Mursi, der seit Anfang Juli an einem unbekannten Ort festgehalten wurde, sich ab dem 4. November vor Gericht wegen „Anstiftung zum Mord an Demonstranten“ (''Die Zeit'') oder „Folter und Tötung von Demonstranten“ (''Reuters'') verantworten müsse.<ref name="Zeit-OL_2013-10-09-UWM" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-09_ÄGL">[http://www.webcitation.org/6KF5Luyxn Ägyptisches Gericht legt Termin für Mursi-Prozess fest], Reuters Deutschland, 9. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99802020131009 Original] am 9. Oktober 2013.</ref><br />
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Den Angeklagten wurde vorgeworfen, für den Tod von Demonstranten bei Zusammenstößen am 5. Dezember 2012 mitverantwortlich zu sein. Die Anklage gegen Mursi sowie vierzehn weitere führende Mitglieder der Muslimbruderschaft bezog sich somit auf die Geschehnisse vor dem Präsidentenpalast im Kairoer Viertel Heliopolis, wo rund ein Dutzend Menschen bei gewaltsamen Auseinandersetzungen getötet worden waren,<ref name="Reuters-DE_2013-11-01_SIÄ" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-09_ÄGL" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-30_VMP">[http://www.webcitation.org/6KpsCXuF6 Vizechef der Muslimbrüder-Partei in Ägypten festgenommen], Reuters Deutschland, 30. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99T03920131030 Original] am 2. November 2013.</ref><ref name="Süddeutsche-de_2013-11-01_SIÄ" /> die gegen die Entscheidung des damaligen Präsidenten protestiert haben sollen, seine Machtbefugnisse per Dekret auszuweiten.<ref name="Reuters-DE_2013-10-09_ÄGL" /><ref name="Reuters-DE_2013-11-04_EBP" /><ref name="Reuters-DE_2013-11-04_PZP">[http://www.webcitation.org/6KxND3t1H Proteste zum Prozessauftakt gegen Ägyptens Ex-Präsident Mursi], Reuters Deutschland, 4. November 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE9A301220131104 Original] am 7. November 2013.</ref><ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /> Das für den 4. November 2013 angekündigte Strafverfahren gegen Mursi lief damit unter einer ähnlichen Anklage wie gegen die Führer der Bruderschaft in Bezug auf den Vorfall vom 30. Juni 2013.<ref name="Handelsblatt_2013-10-29_GLM" /> Mursi selbst wurde beschuldigt, für den Tod von Demonstranten durch Anstiftung zum Mord verantwortlich zu sein,<ref name="Zeit-OL_2013-10-28_MEG" /> als am Ende Sicherheitsleute der Muslimbruderschaft zehn Demonstranten getötet hatten, nachdem die Behörden ähnlich wie im Fall vom 30. Juni 2013 bei den blutigen Zusammenstößen vor dem Präsidentenpalast nicht eingegriffen hatten und am Ende Sicherheitsleute der Muslimbruderschaft zehn Demonstranten getötet hatten.<ref name="heute-de_2013-10-29_PGM" /> Konkret lautet die Anklage gegen Mursi „Aufruf zum Mord“.<ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /> Das ''Deutschlandradio Kultur'' berichtete am 4. November 2013, Schlägertrupps der Muslimbruderschaft seien am 5. Dezember 2012 vor den Präsidentenpalast gezogen, wo Mursi-Gegner protestierten. Sie hätten die Mursi-Gegner verprügelt und ihr Protestcamp zerstört. Am Ende seien neun Menschen ums Leben gekommen.<ref name="tagesschau-de_2013-11-04_MWM" /> Unter den neun Toten befanden sich mindestens vier Muslimbrüder<ref name="tagesschau-de_2013-11-04_MWM" /><ref name="DW_2013-11-04_MPS" /> und ein ägyptischer Journalist.<ref name="tagesschau-de_2013-11-04_MWM" /> Astrid Frefel schrieb im ''Tagesspiegel'', dass es im Laufe der Demonstrationen zu blutigen Zusammenstößen gekommen sei, bei denen mindestens sieben Menschen starben. Mursis Gegner hätten die Schuld an der Gewalt damals Schlägertruppen der Muslimbrüder gegeben.<ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /> Laut Karim El-Gawhary (''taz'') wurde Mursi angeklagt, für den Tod von mindestens acht Demonstranten bei den Auseinandersetzungen mitverantwortlich zu sein.<ref name="taz_2013-11-04_PVT" /><br />
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In weiteren Prozessen soll sich Mursi unter anderem für [[Landesverrat]] verantworten.<ref name="Süddeutsche-de_2013-11-04_MWS" /> Er wurde beschuldigt, während der Revolution im Jahr 2011 aus einem Gefängnis nordwestlich von Kairo ausgebrochen zu sein. Die Staatsanwaltschaft warf ihm zudem vor, sich gemeinsam mit der palästinensischen Hamas gegen Ägypten verschworen zu haben.<ref name="DW_2013-10-29_PPG" /><br />
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Kritiker warnten, mit dem Prozess gegen Mursi sei die letzte Chance vertan, dass Übergangsregierung und Muslimbrüder zusammen eine politische Lösung aushandeln könnten.<ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /> Der Prozess gegen Mursi zementiere die Differenzen in der ägyptischen Gesellschaft.<ref name="DW_2013-11-04_MPS" /> Er biete keine Lösung, sondern sei eine Reflexion der politischen Krise und der instabilen Lage Ägyptens.<ref name="taz_2013-11-05_SR" /><br />
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====== Prozess- und Haftbedingungen ======<br />
Das anstehende Verfahren löste im In- und Ausland Sorge aus, die Armee werde das Land zunehmend wieder in einen Polizeistaat verwandeln.<ref name="DW_2013-11-04_UMD" /><ref name="Reuters-DE_2013-11-03_ÄGP" /> Schon vor Prozessbeginn galt das Gerichtsverfahren weniger im juristischen Vorgehen als in seiner vollständigen Politisierung bedeutend. Die Justiz gehörte selbst zu den „erbittertsten Gegnern“ Mursis.<ref name="Süddeutsche-de_2013-11-04_MWS">[http://www.webcitation.org/6KtCIirTF Prozess gegen Ägyptens Ex-Präsidenten – Mursi will sich selbst verteidigen], Süddeutsche.de, 4. November 2013, von Tomas Avenarius, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/prozess-gegen-aegyptens-ex-praesidenten-mursi-will-sich-selbst-verteidigen-1.1809742 Original] am 5. November 2013.</ref> In westlichen Medien kam es zur Einschätzung, dass das Postputschregime mit dem Prozess gegen Mursi in erster Linie versucht, eine juristische Rechtfertigung für die Entmachtung der Muslimbrüder zu erhalten.<ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /> Menschenrechtler äußerten sich anlässlich des Mursi-Prozesses besorgt über die politische Entwicklung in Ägypten.<ref name="DW_2013-11-03_KSV" /><ref name="Reuters-DE_2013-11-03_ÄGP" /> Ägyptische Menschenrechtler bezweifelten, dass der Prozess gegen Mursi fair verlaufen werde. Sie wiesen auf die fehlende Transparenz des Verfahrens hin und warnten vor politischem Druck hinter den Kulissen.<ref name="DW_2013-11-04_MPS" /> Die Direktorin von ''Human Rights Watch'' in Ägypten, Heba Morajef, sagte, „an dem Mursi-Prozess“ sei beunruhigend, dass das Rechtssystem sehr selektiv vorgehe und im Zusammenhang mit der Tötung Hunderter Demonstranten für die Sicherheitskräfte nahezu Straffreiheit herrsche: „Und in einem solchen Klima politisierter Anklagen ist die Chance auf wirkliche Gerechtigkeit gefährdet.“<ref name="DW_2013-11-03_KSV" /><ref name="Reuters-DE_2013-11-03_ÄGP" /> ''Amnesty International'' erklärte den Prozess zum „Test“, ob die Übergangsregierung die Menschenrechte respektiere.<ref name="DW_2013-11-04_UMD" /><br />
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In Verbindung mit der Festhaltung Mursis an einem geheimen Ort wurden unfaire Prozesbedingungen beanstandet: Während sich die Verteidigung im Fall des ehemaligen Machthabers Husni Mubarak mit dem Angeklagten hatte besprechen können, so kritisierte der Menschenrechtsanwalt Usman, habe im Fall Mursi niemand mit diesem in Verbindung treten können, auch keine Anwälte.<ref name="DW_2013-10-29_PPG" /> Bereits das Festhalten Mursis seit dem Putsch an einem geheimen Ort verstosse, so Amnesty International, gegen die Menschenrechte.<ref name="DW_KGK_Sandtner_1AB0v">''Kerrys Gratwanderung in Kairo'', Deutsche Welle, [?4. November 2013], von Elke Sandtner. In: [http://www.webcitation.org/6KtCpN6CG Ägypten – USA mahnen Demokratie in Ägypten an], Deutsche Welle, 4. November 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/1AB0v Original] am 5. November 2013.</ref> Mursi schien während der Haft fast von der Außenwelt abgeschnitten gewesen zu sein.<ref name="Süddeutsche-de_2013-11-04_MWS" /><ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /> Bei den Verhören hatte er angeblich keinen Anwalt. Nur zweimal soll ihm erlaubt worden sein, Telefongespräche mit seiner Familie zu führen. Lediglich zu Beginn seines Arrests hatten die EU-Sonderbeauftragte Catherine Ashton und Vertreter der Afrikanischen Union ihn besuchen dürfen.<ref name="Süddeutsche-de_2013-11-04_MWS" /> Mursi wurde nach Angaben des ägyptischen Fernsehens nach dem ersten Prozesstag bis zur Fortsetzung des Prozesses ins Gefängnis Borg el-Arab bei [[Alexandria]] gebracht, die anderen Mitangeklagten wieder in das Kairoer Tora-Gefängnis.<ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /><ref name="Reuters-DE_2013-11-04_EBP" /> Ursprünglich war das Tora-Gefängnis in Kairo genannt worden, doch soll der Plan verworfen worden sein, da Anhänger Mursis in der Hauptstadt zu leicht Massen mobilisieren können.<ref name="taz_2013-11-04_PVT" /> Seitdem Mursi nach Massenprotesten vom Militär abgesetzt wurde, wird der 62-Jährige an einem geheimen Ort abgeschottet von der Umwelt festgehalten. Ob Mursi bis zum 8. Januar weiterhin in ''de facto'' Isolationshaft bleiben sollte, blieb zunächst unklar.<ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /><br />
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Der Rückzug der Richter des Senats des Strafgerichts Kairo-Süd aus dem Fall gegen die Muslimführerschaft wurde in westlichen Medien als Anzeichen gedeutet, dass eine objektive Aufklärung in dem nach dem Putsch herrschenden politischen Klima, bei dem das deklarierte Ziel der Militärs die komplette Zerschlagung der bereits auch formal verbotenen Organisation der Muslimbruderschaft war, nicht gewährleistet sei.<ref name="heute-de_2013-10-29_PGM" /><br />
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Die sowohl im Verfahren gegen Husni Mubarak als auch in dem parallel laufenden Verfahren gegen Mohammed Mursi Opfer vertretende Juristin Hoda Nasrallah verglich die beiden Prozesse gegen Mursi und Mubarak miteinander. Als Grund dafür, dass Mubarak möglicherweise „mangels Beweisen“ freigesprochen werde, während Mursi lebenslängliche Haftstrage oder Todesstrafe drohe, obwohl Mubarak der Tod von 840 und Mursi der von 8 Demonstranten vorgeworfen wurde, gab sie an, dass die Sicherheitsbehörden im Falle Mubaraks de facto die Zusammenarbeit mit dem Gericht verweigert und sogar Beweise verschwinden lassen hatten, während sich das Gericht im Fall Mursi der Kooperation der staatlichen Behörden sicher sein könne, zumal Polizei und Militär keine Rolle in dem Verfahren spielen würden.<ref name="taz_2013-11-04_PVT" /> Karim El-Gawhary sieht in der Sabototage staatlicher Institutionen im Prozess Mubarak einen Hinweis darauf, „wie sehr der Sicherheitsapparat noch im Sinn des alten [Mubarak-]Systems operiert.“ und spricht in einem Kommentar in der ''taz'' von einer „selektiven Rechenschaft“ der ägyptischen Justiz.<ref name="taz_2013-11-05_SR">[http://www.webcitation.org/6KvGLj5YF Kommentar Mursi-Prozess – Selektive Rechenschaft], die tageszeitung, 5. November 2013, von Karim El-Gawhary, archiviert vom [https://www.taz.de/Kommentar-Mursi-Prozess/!126823/ Original] am 6. November 2013.</ref><br />
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====== Haltung Mursis und der Muslimbruderschaft ======<br />
Mohammed Mursi erkannte als demokratisch gewählter und vom Militär gestürzter ägyptischer Staatspräsident das Gericht nicht an,<ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /> sondern bestritt dessen Rechtmäßigkeit.<ref name="DW_2013-10-29_PPG" /> Er beharrte darauf, weiterhin das rechtmäßig gewählte Staatsoberhaupt zu sein<ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /><ref name="DW_2013-10-29_PPG" /> und vertat damit eine Position, die auch von einzelnen Juristen vertreten wurde, die den Muslimbrüdern nicht nahestanden.<ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /><br />
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Mursi hatte im Laufe seiner Befragungen mit dieser Begründung geschwiegen<ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /><ref name="DW_2013-10-29_PPG" /> und konsequenterweise auch keine Anwälte beauftragt ihn zu verteidigen,<ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /> sondern auf jeden Rechtsbeistand verzichtet.<ref name="DW_2013-10-29_PPG" /> Zwar bildete sich ein Team von mehr als einem Dutzend Anwälten unter der Führung des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten [[Mohamed Selim El-Awa]], dessen Mitglieder jedoch über keine Vollmacht verfügten und sich daher lediglich als Prozessbeobachter bezeichneten.<ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /> Auch das Anwaltsteam der Muslimbruderschaft erklärte, Mursi halte den Prozess für unrechtmäßig und verzichte auf eine Verteidigung.<ref name="tagesschau-de_2013-11-04_MWM">[http://www.webcitation.org/6Kt58UZ0k Prozessauftakt gegen Ägyptens Ex-Präsident – Mursi wegen Mordes vor Gericht], tagesschau.de (Deutschlandradio), 4. November 2013, von Jürgen Stryjak, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/mursi-prozess100.html Original] am 4. November 2013.</ref> Er werde ohne Anwalt vor Gericht stehen, um deutlich zu machen, dass der Prozess illegitim sei.<ref name="Welt_2013-11-04_PGM" /><br />
<br />
Bereits Ende Oktober hatte die von der Muslimbruderschaft angeführte ''Demokratie-Allianz'' erklärt, der vom Militär gestürzte Präsident erkenne „weder das Verfahren an noch irgendeine andere Handlung, die aus dem Staatsstreich resultiert“. Da er weder Gericht noch den anstehenden Prozess gegen ihn für legitimiert halte, lehne er es auch von vornherein ab, sich von Anwälten verteidigen zu lassen.<ref name="Zeit-OL_2013-10-28_MEG">[http://www.webcitation.org/6KjNZfcLv Ägypten – Mursi erkennt Gericht nicht an], Zeit Online, 28. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-10/mursi-aegypten-prozess Original] am 29. Oktober 2013.</ref> Er beabsichtigte daher, sich selbst zu verteidigen. Einer seiner Rechtsanwälte. Mohammed el-Damati, sagte, es sei ein „Paradebeispiel eines unfairen Prozesses“ als „logische Folge des Putsches“ zu erwarten. Ein Urteil über Mursi solle die „Legitimität der Putsch-Regierung“ vortäuschen: „Aber für uns geht es nicht nur um Mursi. Es geht um die Legitimität der Verfassungsordnung.“<ref name="Süddeutsche-de_2013-11-04_MWS" /><br />
<br />
====== Ablauf ======<br />
Am Freitag, den 1. November folgten Hunderte Demonstranten dem Aufruf zu täglichen Protesten gegen den für den folgenden Montag angekündigten Prozess gegen Mursi. Bei Krawallen in Alexandria zwischen Anhängern und Gegnern Mursis wurden nach offiziellen Angaben sieben Menschen verletzt und 60 Demonstranten festgenommen. Auch in Kairo kam es zu Auseinandersetzungen.<ref name="taz_2013-11-01_KVM">[http://www.webcitation.org/6Kpt9r0uR Unruhige Lage in Ägypten – Kräftemessen vor dem Mursi-Prozess], die tageszeitung, 1. November 2013, archiviert vom [http://www.taz.de/Unruhige-Lage-in-Aegypten/!126687/ Original] am 2. November 2013.</ref><ref name="Reuters-DE_2013-11-01_SIÄ">[http://www.sueddeutsche.de/politik/spannungen-in-aegypten-wachsen-vor-mursi-prozess-1.1808908 Spannungen in Ägypten wachsen vor Mursi-Prozess], Reuters Deutschland, 1. November 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE9A006F20131101 Original] am 2. November 2013.</ref><ref name="Süddeutsche-de_2013-11-01_SIÄ">[http://www.webcitation.org/6Kptdg8kZ Spannungen in Ägypten wachsen vor Mursi-Prozess], Süddeutsche.de, 1. November 2013, abgerufen am 2. November 2013. (Reuters-Videokanal).</ref> In den Rand- und Außenbezirken Gizeh, [[Maadi]], Nasr-City und Helwan demonstrierten jeweils mehrere hundert Anhänger der Muslimbruderschaft.<ref name="Spiegel-OL_2013-11-01_MPV">[http://www.webcitation.org/6Kpt06JQK Ägypten: Muslimbrüder protestieren vor Auftakt von Mursi-Prozess], Spiegel Online, 1. November 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-muslimbrueder-protestieren-vor-auftakt-von-mursi-prozess-a-931328.html Original] am 2. November 2013.</ref><br />
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}}<br />
Am 4. November fand der erste Prozesstag gegen Mursi und 14 Mitangeklagte, von denen sieben (darunter [[Mohammed al Beltagi]], Issam al-Irian, Ahmed Abd al Ati und Asaad Schiha) anwesend waren, während sich sieben weitere auf der Flucht befanden, statt.<ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /> Der zugleich erste öffentliche Auftritt Mursis seit seinem Sturz am 3. Juli begann mit einem Eklat und Tumulten.<ref name="Reuters-DE_2013-11-04_EBP" /><ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM">[http://www.webcitation.org/6Kt38g9Db Ägypten: Prozess gegen Mursi nach Tumulten auf Januar vertagt], Spiegel Online, 4. November 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-prozess-gegen-mursi-auf-januar-vertagt-a-931590.html Original] am 4. November 2013.</ref> Mursi erklärte das Verfahren für einen rechtswidrigen Schauprozess einer Militärjunta und begann mit den Worten: „Was hier jetzt passiert ist ein Militärputsch. Ich bin außer mir, dass die ägyptische Justiz als Feigenblatt benutzt werden soll für diesen kriminellen Putsch.“<ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /><ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /> Ein Fernsehsender berichtete, Mursi habe den Richter auch gegen sich aufgebracht, weil Mursi sich seiner Anordnung widersetzt hatte, den weißen Gefängnisoverall als Kleidung eines Untersuchungshäftlings überzuziehen, sondern in einem dunklen Anzug zum Verfahren erschienen war und sagte: „Ich bin Ihr rechtmäßiger Präsident und Sie sind nicht rechtmäßig!“.<ref name="Reuters-DE_2013-11-04_EBP" /><ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /><ref name="Welt_2013-11-04_PGM" /><ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /><ref name="taz_2013-11-04_PVT">[http://www.webcitation.org/6KvGTYrL2 Proteste vor, Tumulte im Gericht – Testfall für die Justiz der Generäle], die tageszeitung, 4. November 2013, von Karim El-Gawhary, archiviert vom [https://www.taz.de/Proteste-vor-Tumulte-im-Gericht/!126788/ Original] am 6. November 2013.</ref> Als der Mursi Platz nahm, hoben Anwälte der Angeklagten ebenso wie einfache Anhänger ihre Hände mit angelegten Daumen zum Mursi- oder [[R4bia]]-Gruß als Solidarisierungsgeste in die Höhe, worauf einige Journalisten „Hinrichtung! Hinrichtung!“ skandierten.<ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /> Im Gerichtssaal anwesende Journalisten berichteten von „absolutem Chaos“.<ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /><ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /> Laut Patrick Kingsley vom ''The Guardian'' skandierten die Angeklagten und ihre Anwälte gegen die Armee, während manche Anti-Mursi-Journalisten laut die Todesstrafe forderten und es zu Raufereien zwischen verschiedenen Anwälten kam.<ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /><ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /> Mehrere Angeklagte riefen: „Nieder mit der Militärdiktatur!“<ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /> Immer wieder stimmten Teile der etwa 300 Zuschauer im Gerichtssaal in die Sprechchöre der Muslimbruderführer wie „Illegitim! Illegitim!“, „Nieder mit der Militärherrschaft“ und „Das Volk will den Sturz des Regimes!“ ein. Journalisten des Pressesyndikats hoben im Gerichtssaal Bilder des Reporters Husseini Abu Dief in die Höhe, der bei den Protesten vor dem Präsidentenpalast im Dezember 2012 getötet worden war.<ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /> Der Richter erklärte, die Anhörung werde erst wieder aufgenommen, wenn Mursi bereit sei, seine Gefängniskleidung zu tragen.<ref name="Reuters-DE_2013-11-04_PGÄE">[http://www.webcitation.org/6KxMkiOJY Prozess gegen Ägyptens Ex-Präsidenten Mursi unterbrochen], Reuters Deutschland, 4. November 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE9A301J20131104 Original] am 7. November 2013.</ref> Er unterbrach die Sitzung zehn Minuten nach Beginn. Eine Stunde später nahm der Richter den Prozess wieder auf, vertagte ihn nach erneuten Zwischenrufen der Angeklagten jedoch ein zweites Mal, diesmal auf den 8. Januar,<ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /> einem Termin, zu dem die neue Verfassung als erster Teil der „Roadmap“ von Militärchef Sisi verabschiedet sein soll.<ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /> Auch solle damit der Verteidigung Zeit gegeben werden, sich in die Anklage einzuarbeiten.<ref name="taz_2013-11-04_PVT" /> Sollte Mursi sich auch dann weigern, die Autorität des Gerichts anzuerkennen, könnte er durch einen Anwalt vertreten werden.<ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /><br />
<br />
Anders als beim Prozess gegen Husni Mubarak, bei dem das Gericht das ebenfalls in der Polizeiakademie in Kairo getagt hatte, bekamen die ägyptischen Fernsehzuschauer den Angeklagten diesmal nicht zu Gesicht. Das staatliche Fernsehen verzichtete mit Hinweis auf Sicherheitsgründe auf eine Live-Übertragung,<ref name="DW_2013-11-04_MPS" /> so dass die Verhandlung nicht im staatlichen Fernsehen gesendet wurde.<ref name="Reuters-DE_2013-11-04_EBP" /> Die wenigen Journalisten, die den Gerichtssaal betreten durften, mussten Mobiltelefon und Kameras abgeben.<ref name="DW_2013-11-04_MPS" /> Karim El-Gawhary vermutete in der ''taz'', die Entscheidung gegen eine Live-Übertragung solle Verhindern, Mursi eine politische Plattform zu geben. Im Gerichtssaal durfte allein das staatliche Fernsehen filmen, das dann seine Version zusammenzuschnitt und sie als weltweit einzig verfügbares bewegtes Bild präsentieren konnte. Zu sehen war darin Mursi bei seiner Ankunft und später im schwarzen Anzug schweigend im Anklagekäfig, von wo aus er die tumultartigen Szenen im Gerichtssaal beobachtete.<ref name="taz_2013-11-04_PVT" /> Diese nachträglich gezeigten Aufnahmen von Mursi beim Betreten des Gerichtsgebäudes und im Verhandlungssaal wurden ohne Ton gesendet.<ref name="Reuters-DE_2013-11-04_EBP" /><br />
<br />
Vor dem Gelände der zudem bereits Tage zuvor kilometerweit hermetisch abgesperrten Polizeiakademie in Kairo, in der gegen Mursi verhandelt wurde, aber auch in anderen Stadtteilen Kairos, versammelten sich Zehntausende Anhänger des Mursis, um gegen das Gerichtsverfahren gegen Mursi zu protestieren.<ref name="DW_2013-11-04_MPS">[http://www.webcitation.org/6KvFJpQSu Ägypten – Mursi-Prozess spaltet Ägypten], Deutsche Welle, 4. November 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://dw.de/p/1ABVY Original] am 6. November 2013.</ref> Andere Medien sprachen lediglich von Hunderten Demonstranten zur Unterstützung Mursis.<ref name="Reuters-DE_2013-11-04_EBP" /><ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /><ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /><ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /> Sie hielten Plakate mit dem [[R4bia]]-Zeichen in die Höhe, „um an den Massenmord von Rabaa zu erinnern“ (Markus Bickel/FAZ)<ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /> ebenso wie Plakate mit dem Slogan „Nein zum Armeeputsch, Ja zur Legalität“, sprühten „CC [für „Sisi“] ist ein Mörder“ auf vorbeifahrende Fahrzeuge und präsentierten Mursis Konterfei auf Pappmasken und T-Shirts.<ref name="DW_2013-11-04_MPS" /> In ganz Kairo waren Gefolgsleute Mursis auf den Straßen, so vor dem Staatsgerichtshof in der Innenstadt und vor dem Verfassungsgericht am Nilufer, wo Mursi Ende Juni 2012 seinen Amtseid leistete, weil das Militär kurz zuvor das Parlament aufgelöst hatte.<ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /> Zum Prozessauftakt kam es zu Zusammenstößen von Anhängern und Gegnern Mursis. Passanten griffen Mursi-Anhänger an, die vor dem Verfassungsgericht in Kairo gegen den Prozess protestierten.<ref name="Welt_2013-11-04_PGM">[http://www.webcitation.org/6Kt30mlcB Ägypten – Prozess gegen Mursi kurz nach Beginn unterbrochen], Die Welt, 4. November 2013, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article121511699/Prozess-gegen-Mursi-kurz-nach-Beginn-unterbrochen.html Original] am 4. November 2013.</ref> In Alexandria kommt es zu Straßenschlachten.<ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /> Vereinzelt kam es am 4. November zu Zusammenstößen. Islamisten attackieren mehrere regierungsnahe Journalisten, die Polizei nahm einige Dutzend Demonstranten in Kairo und Alexandria fest. In der Stadt Ismaelija erschoss ein Unbekannter einen Militäroffizier.<ref name="DW_2013-11-04_MPS" /><br />
<br />
Wegen des Verfahrens und in Vorbereitung drohender neuer Proteste waren vor Beginn des Prozesses landesweit die Sicherheitsvorkehrungen verschärft worden,<ref name="Reuters-DE_2013-11-04_EBP" /> mit den ausgedehntesten Sicherheitsvorkehrungen, die in Ägypten je durchgeführt worden waren.<ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW">[http://www.webcitation.org/6KtBKxWnV Prozess gegen Mohammed Mursi in Ägypten – Der Prozess beginnt – und wird vertagt], Der Tagesspiegel, 4. November 2013, von Astrid Frefel, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/prozess-gegen-mohammed-mursi-in-aegypten-der-prozess-beginnt-und-wird-vertagt/9022144.html Original] am 5. November 2013.</ref> Die Metro-Stationen bleiben geschlossen. Kameras, Metalldetektoren, Sprengstoff-Hunde und Scharfschützen wurden eingesetzt.<ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /> Der Tahrir-Platz in Kairo wurde vom Militär mit Stacheldraht abgesperrt.<ref name="Reuters-DE_2013-11-04_PZP" /> 20000 Polizisten und Soldaten, ein Mehrfaches dessen, was an Personal beim Prozessauftakt von Mursis Vorgänger Mubarak im August 2011 im Einsatz war, wurden von der militärgestützten Übergangsregierung aufgeboten<ref name="Süddeutsche-de_2013-11-04_MWS" /><ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /><ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /> um den Behelfs-Gerichtssaal im Kairoer Stadtteil Tora zu sichern und das Innenministerium setzte Tränengas ein.<ref name="Spiegel-OL_2013-11-04_PGM" /> Bis kurz vor Prozessbeginn war der Ort des Gerichtsverfahrens nicht öffentlich gemacht worden.<ref name="Süddeutsche-de_2013-11-04_MWS" /><br />
<br />
Wenige Stunden vor Beginn des Prozesses verweigerten ägyptische Behörden Osama Mursi, einem politisch hinter seinem Vater und den Zielen der Muslimbruderschaft stehenden Sohn Mursis, der angeblich in der Nacht auf den 4. November von Kairo aus nach Malaysia fliegen wollte, die Ausreise. Beobachter vermuteten, dass dadurch verhindert werden sollte, dass Osama Mursi vom Ausland aus eine Kampagne zur Unterstützung seines Vaters organisiere.<ref name="Süddeutsche-de_2013-11-04_ÄEP">[http://www.webcitation.org/6KtC76BKh Ägyptens Ex-Präsident Prozess gegen Mursi auf Januar vertagt], Süddeutsche.de, 4. November 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/aegyptens-ex-praesident-prozess-gegen-mursi-auf-januar-vertagt-1.1809733 Original] am 5. November 2013.</ref><br />
<br />
{{Siehe auch|Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)#Strafverfolgung von Regimegegnern und Journalisten und politisierte Massenprozesse|titel1=Abschnitt „Strafverfolgung von Regimegegnern und Journalisten und politisierte Massenprozesse“ im Artikel „Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)“}}<br />
<br />
==== Übergriffe auf Christen (Mitte August) ====<br />
{{Hauptartikel|Pogrome gegen Kopten in Ägypten 2013}}<br />
Unmittelbar nachdem die Armee in Kairo bei der gewaltsamen Auslösung der Sitzproteste von Islamisten „ein Blutbad mit Hunderten Toten angerichtet hatte“, kam es insbesondere im anteilig stärker christlich besiedelten Oberägypten zu Attacken auf mindestens 42 Kirchen, 122 Läden, fünf Schulen und 51 Häuser, in den Verwaltungsbezirken oder Provinzen Minya, Asyut, Fayum, Giza, Sues, Sohag, Bani Suwaif, Luxor und Nord-Sinai an, von denen am 14. August mindestens 37 in Brand gesetzt oder beschädigt wurden.<ref name="HRW_2013-08-22_SAK" /><ref name="DW_2013-09-16_EVD" /><ref name="Zeit-OL_2013-10-04_WGN" /><ref name="ahram-OL_2013-09-24_ASA" /> Von Seiten der Muslimbruderschaft war den Christen zuvor vorgeworfen worden, das Militär zu unterstützen.<ref name="DW_2013-09-16_EVD" /> Mindestens vier Menschen, darunter drei koptische Christen und ein Muslim, starben nach Angaben von ''Human Rights Watch'' und ''Amnesty International'' bei den Angriffen in Delga, Minya Stadt und Kairo.<ref name="HRW_2013-08-22_SAK">[http://www.webcitation.org/6JgS1TxSG Ägypten: Schwere Angriffe auf Kirchen], Human Rights Watch, 22. August 2013, archiviert vom [http://www.hrw.org/de/news/2013/08/22/aegypten-schwere-angriffe-auf-kirchen Original] am 16. September 2013.</ref><ref name="AI_2013-10-09_CWZ" /> Im ganzen Land wurden laut ''Amnesty International'' mehr als 200 in christlichem Besitz befindliche Immobilien angegriffen, wobei 43 Kirchen ernsthaft beschädigt wurden.<ref name="AI_2013-10-09_CWZ" /> In der nahe Minya gelegenen Stadt Delga, wo 62 koptische Familien aus ihren Häusern vertrieben wurden und zwei Kopten getötet wurden,<ref name="ahram-OL_2013-09-24_ASA" /> beendeten Sicherheitskräfte erst Ende September den dort von Islamisten ausgerufenen Schariastaat.<ref name="Zeit-OL_2013-10-04_WGN" /><br />
<br />
Die offiziellen Angaben der ägyptischen Regierung sprechen davon, dass „Anhänger Mursis“ (''Die Zeit'') drei christliche Kirchen in Brand gesetzt hätten, nachdem Sicherheitskräfte mit der Räumung zweier Protestlager von Mursi-Unterstützern in Kairo begonnen hatten.<ref name="Zeit-Online_2013-10-09_AIF" /><br />
<br />
Menschenrechtsgruppen machten zunächst verschiedene Gruppierungen oder Individuen verantwortlich, auch Aktionen von Provokateuren aus dem Geheimdienst wurden bekannt.<ref name="taz_2013-08-16_KFN">[http://www.webcitation.org/6KM7ppzrI Politologin über Lage in Ägypten – „Kriege fallen nicht vom Himmel“], die tageszeitung, Interview von Jannis Hagmann mit Cilja Harders, 16. August 2013, archiviert vom [http://www.taz.de/!122016/ Original] am 14. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
===== Frühe Meldungen =====<br />
Bereits unmittelbar nach der gewaltsamen Räumung der Protestlager der Mursi-Anhänger am 14. August 2013 sollen radikale Islamisten nach Angaben christlicher [[Aktivist]]en in sozialen Netzwerken drei Kirchen angegriffen und Feuer vor Kirchen in den [[Gouvernement|Provinzen]] [[Gouvernement al-Minya|Minya]] und [[Gouvernement Sauhadsch|Sohag]] gelegt haben.<ref>[http://www.welt.de/politik/ausland/article119006711/Radikale-Islamisten-attackieren-offenbar-Kirchen.html ''Radikale Islamisten attackieren offenbar Kirchen''], Die Welt, 14. August 2013</ref><ref name="FAZ-NET_2013-08-14_HTÄ">[http://www.webcitation.org/6Iz7CO8o7 ''Hunderte Tote in Ägypten – Vizepräsident El Baradei tritt zurück''], FAZ.NET (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 14. August 2013, von Christoph Ehrhardt, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/hunderte-tote-in-aegypten-vizepraesident-el-baradei-tritt-zurueck-12531236.html Original] am 19. August 2013.</ref> Laut Mitteilung des anglikanischen Bistums von Ägypten in Kairo griffen Mursi-Anhänger die anglikanische Kirche in Suez mit Steinen und Brandsätzen an. Auch eine katholische Kirche in Suez sei angegriffen worden.<ref name="FAZ-NET_2013-08-14_HTÄ" /> Der [[Koptisch-katholische Kirche|koptisch-katholische]] [[Bischof]] von [[Asyut]], [[Kyrillos Kamal William Samaan|Kyrillos William Samaan]], gab gegenüber [[Kirche in Not]] an, in den Städten [[Sohag]], [[al-Fayy?m|Fayum]] und [[Bani Suwaif]] sowie auf der [[Sinai-Halbinsel]] seien Kirchen von Islamisten angegriffen und Christen bedroht worden.<ref>[http://www.kirche-in-not.de/aktuelle-meldungen/2013/08-14-die-islamisten-raechen-sich-an-uns-christen-bischof-kyrillos-william-samaan ''Islamisten rächen sich an uns Christen''], Kirche in Not. Abgerufen am 15. August 2013.</ref><br />
<br />
Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurde in Abanub in der [[Gouvernement Asyut|Provinz Asyut]] eine koptische Kirche durch Extremisten niedergebrannt. Die christliche Zeitung ''Watani'' gab an, Islamisten hätten insgesamt 35 Kirchen oder andere Einrichtungen der Kopten angegriffen.<ref name="RuhrNachrichten-de_2013-08-16">[http://www.webcitation.org/6IxcWV0Hx Staatskrise und ProtesteVeranstalter sagen Ägypten-Reisen bis Mitte September ab], RuhrNachrichten.de, 16. August 2013, archiviert vom [http://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/politik/ausland/Staatskrise-und-Proteste-Veranstalter-sagen-Aegypten-Reisen-bis-Mitte-September-ab;art29858,2094753 Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="FAZ_2013-08-17_NPV" /> Einem Bericht im ''Spiegel'' zufolge wurde von Seiten der Armee am 16. August von der Kirche des Heiligen Georg in Kairo aus auf eine an der Kirche vorbeimarschierende Menge von 3000 Islamisten geschossen. Nach Angaben von Armeeangehörigen sollen dabei mehrere Islamisten in schweren Gefechten getötet worden sein.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_ÄCG">[http://www.webcitation.org/6IxwOIYU4 Angriffe auf Kopten: Ägyptens Christen in Gefahr], Spiegel Online, 18. August 2013, von Ulrike Putz, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-islamisten-greifen-christen-an-a-917165.html Original] am 18. August 2013.</ref><br />
<br />
===== Opfer und Schäden =====<br />
Vom 14. August bis zum 17. August 2013 kam es nach Angaben von christlichen Aktivisten landesweit zu 85 Übergriffen auf christliche Kirchen, Schulen und Gemeindezentren sowie auf im Besitz von Christen befindliche Geschäfte und Häuser.<ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA" /> Nach anderen Angaben vom 18. August berichteten christliche Websites von 49 Angriffen in den vorangegangenen Tagen.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_ÄCG" /> Martin Gehlen fasste am 18. August zusammen, dass „in einem beispiellosen Rachefeldzug islamistischer Radikaler“ seit dem Blutbad vom 14. August 63 Kirchen angezündet und geplündert wurden. Die Welle der Überfälle konzentrierte sich bis zu diesem Zeitpunkt vor allem auf [[Mittelägypten|mittelägyptische]] Städte mit starken islamistischen Kräften und einem christlichen Bevölkerungsanteil von teilweise bis zu 30 Prozent, wie [[Bani Suwaif]], Fayum, Minya, Sohag und Asyut.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG">[http://www.webcitation.org/6J5EGmAdX Eskalation der Gewalt – Brutale Übergriffe gegen Christen in Ägypten], Der Tagesspiegel, von Martin Gehlen, 18. August 2013, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/eskalation-der-gewalt-brutale-uebergriffe-gegen-christen-in-aegypten/8654894.html Original] am 23. August 2013.</ref> ''Amnesty International'' berichtete im Oktober, es seien 43 Kirchen ernsthaft beschädigt worden.<ref name="AI_2013-10-09_CWZ" /><br />
<br />
Beispiele für bekanntgewordene Übergriffe:<br />
* Fünf katholische Schulen in Minya, Sues und Asyut brannten teilweise bis auf die Grundmauern nieder.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /><br />
* In Sues und Asyut wurden zwei Klöster zerstört.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /><br />
* In Minya wurde ein kirchliches Waisenhaus schwer beschädigt.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> Ein 33-jähriger christlicher Kellner und ein muslimischer Koch verbrannten bei lebendigem Leibe in einer Toilette des Restaurantschiffs Mermaid, in der sie sich zuvor verbarrikadiert hatten.<ref name="Teit-OL_2013-10-02_IGS" /><br />
* In Kairos Stadtzentrum wurde laut ''Al Jazeera'' der Konvent der Franziskanerinnen angegriffen.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /><br />
* In [[Alexandria]] lynchte der Mob auf offener Straße einen koptischen Taxifahrer, der mit seinem Wagen unbeabsichtigt in eine Pro-Mursi-Demonstration geraten war.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /><br />
* In Kairo wurden laut der katholischen Kirchenführung 58 Wohnhäuser, 85 Geschäfte und 16 Apotheken geplündert.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /><br />
* In [[Luxor]] wurden drei in koptischem Besitz befindliche Hotels angezündet.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /><br />
* In Bani Suwaif wurden nach Angaben der Nachrichtenagentur AP der Schulleiterin drei Nonnen der Franziskanerinnen-Schule auf offener Straße sexuell misshandelt sowie die Franziskanerinnen-Schule geplündert und in Brand gesetzt.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /><br />
* In der Kleinstadt Delga in der oberägyptischen [[Gouvernement al-Minya|Provinz Minya]] riefen Islamisten einen [[Scharia]]-Staat aus. 40 christliche Familien flüchteten aus dem Ort, nachdem ihre Häuser niedergebrannt worden waren. Die Angehörigen der christlichen Minderheit, die in Delga zurückgeblieben waren, wurden vier Wochen lang von Islamisten mit [[Schutzgeld]]erpressung und Entführungen terrorisiert, bis Sicherheitskräfte die staatliche Kontrolle über den Ort wiederherstellen konnten.<ref name="DW_2013-09-16_EVD" /><ref name="Teit-OL_2013-10-02_IGS">[http://www.webcitation.org/6KBsvdjJy Christen in Ägypten – In den Gesichtern stand der pure Hass], Zeit Online, 2. Oktober 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-10/aegypten-reportage-minya-christen-gewalt/komplettansicht Original] am 7. Oktober 2013.</ref><br />
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===== Reaktionen und Wertungen =====<br />
Der Beauftragte der [[Bischofskonferenz]] in Kairo und Pfarrer der deutschsprachigen, [[Römisch-katholische Kirche|katholischen]] Sankt-Markus-Gemeinde in Kairo, Monsignore Joachim Schroedel, sprach am 15. August im [[ZDF]] von angezündeten Kirchen, die belegen würden, dass es sich bei den „fundamentalistischen Muslimbrüdern“ nicht um demokratische Demonstranten, sondern um „terroristische Elemente“ handeln würde. Den Einsatz der Sicherheitskräfte gegen die Protestcamps der Muslimbrüder bewertete er trotz Hunderter von Toten als „sehr verantwortungsvolles Verhalten“ von Polizei und Militär. Nach seinem Gefühl und Gespür hätten es aus Sicht vieler Menschen die Mursi-Sympathisanten unterlassen auf „alle Angebote“ zu reagieren, sondern seien „fundamentalistisch“ geblieben, weshalb mit der gewaltsamen Räumung der Lager „neue Wege beschrieben werden“ mussten.<ref name="ZDF-heute-journal_2013-08-15_21-45_Schroedel">{{ZDFmediathek| ID=1964928 | Titel=heute journal: Revolutionsdrama: Ägypten nach dem Blutbad (Pfarrer in Kairo: Lage wieder beruhigt) (15. August 2013, 21:45 Uhr), Interview von Christian Sievers mit Joachim Schroedel | Typ=video | Zugriffsdatum=2013-09-19 | Offline=}}</ref> Monate später wiederholte Schroedel, angesprochen auf die Kritik in Deutschland an seinen TV-Äußerungen zur Einstellung der Ägypter zu Leben und Tod angesichts des Blutbades vom 14. August, seine Formulierung, die Lager seien „unter hohen Verlusten“ geräumt worden. Er bekräftigte erneut, dass im Vergleich zur hohen Anzahl dort lebender Menschen „einige Hundert Tote von der Mehrheit der Ägypter in Kauf genommen werden“. „Alle Bischöfe, auch Koptenpapst Tawadros,“ so Schroedel weiter, hätten „in Grußworten dem Militär gedankt, dass es die Herrschaft Mursis beendet hat. Die Toten wurden also von offizieller kirchlicher Seite sanktioniert. Ein Ägypter hat ein anderes Verhältnis zu Leben und Tod.“ Für die Mehrzahl der Ägypter sei „die Herrschaft der Islamisten unter Mursi eine schwarze, dunkle Wolke“ gewesen.<ref name="Welt_2013-11-05">[http://www.webcitation.org/6KvFeadko Ägypten – „Herrschaft der Islamisten war eine dunkle Wolke“], Die Welt, 5. November 2013, Interview mit Joachim Schroedel, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article121533352/Herrschaft-der-Islamisten-war-eine-dunkle-Wolke.html Original] am 6. November 2013.</ref><br />
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Der deutsche Bundesaußenminister [[Guido Westerwelle]] distanzierte sich nach dem ZDF-Auftritt Schroedels von dieser Einschätzung in derselben [[Heute-Journal]]-Sendung,<ref name="ZDF-heute-journal_2013-08-15_21-45_Westerwelle" /> wertete es stattdessen als „Niederlage der internationalen Diplomatie“, dass es nicht gelungen sei, „ein Blutbad in Ägypten“ zu verhindern,<ref name="FAZ-NET_2013-08-16_KVG">[http://www.webcitation.org/6IwF3BM6u Krise in Ägypten – Konsequenzen verzweifelt gesucht], FAZ-NET (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 16. August 2018, von Majid Sattar, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/krise-in-aegypten-konsequenzen-verzweifelt-gesucht-12535367.html Original] am 17. August 2013.</ref><ref name="ZDF-heute-journal_2013-08-15_21-45_Westerwelle" /> betonte aber zugleich, der Schutz der [[Christentum in Ägypten|Christen in Ägypten]] sei ein wichtiges Anliegen der deutschen Politik.<ref name="ZDF-heute-journal_2013-08-15_21-45_Westerwelle">{{ZDFmediathek| ID=1964928 | Titel=heute journal: Revolutionsdrama: Ägypten nach dem Blutbad („Eine Niederlage der Diplomatie“) (15. August 2013, 21:45 Uhr), Interview von Christian Sievers mit Guido Westerwelle | Typ=video | Zugriffsdatum=2013-09-19 | Offline=}}</ref><br />
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Die koptisch-orthodoxe Kirche erklärte in der Nacht vom 16. auf den 17. August ihre Unterstützung im Kampf gegen „bewaffnete gewalttätige Gruppen und schwarzen Terrorismus“<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> und ihre Solidarität mit Polizei und Armee,<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /><ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA" /> die wenige Monate zuvor noch als erklärter Feind der Christen aufgetreten war und im Oktober 2011 28 christliche Demonstranten getötet hatte.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_ÄCG" /><ref name="DW_2013-09-16_EVD" /><br />
<br />
Die Muslimbruderschaft verurteilte die Angriffe auf Kirchen und forderte ihre Anhänger zur Zurückhaltung auf, warf den Kopten in einer Stellungnahme jedoch eine Mitschuld vor, indem diese sich gegen die Muslimbrüder gestellt hätten.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_ÄCG" /><ref name="HRW_2013-08-22_SAK" /><br />
<br />
Als Ursache für die Übergriffe auf die Kopten gilt nicht ihre Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit an, sondern der Umstand, dass die christliche Minderheit den Putsch gegen den Präsidenten Mursi unterstützt hatte.<ref name="FAZ_2013-08-17_NPV">[http://www.webcitation.org/6J5XoBwqE Ägypten – Nach dem Putsch die Verfolgung der Kopten], Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. August 2013, von Rainer Hermann, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-nach-dem-putsch-die-verfolgung-der-kopten-12535359.html Original] am 23. August 2013.</ref><ref name="taz_2013-08-16_KFN" /> Festgemacht wird die Mitverantwortung der koptischen Minderheit an dem Sturz von Mursi unter anderem auch daran, dass der [[Patriarch von Alexandrien]], Papst [[Tawadros II.]], am Putschtag, den 3. Juli, der Rede von General Sisi auf der Rednerbühne beigewohnt hatte.<ref name="taz_2013-08-16_KFN" /><ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /><ref name="FAZ_2013-08-17_NPV" /> Salafisten und Muslimbrüder sollen dies den Kopten angelastet gaben.<ref name="Zeit-OL_2013-10-04_WGN">[http://www.webcitation.org/6KBm1qERu Christen in Ägypten – Eine Welle der Gewalt, die nicht mehr abebbt], Zeit Online, 4. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/christen-in-aegypten-eine-welle-der-gewalt-die-nicht-mehr-abebbt-12602058.html Original] am 7. Oktober 2013.</ref> Tawadros II. hatte sich zu diesem Zeitpunkt seiner noch kurzen Amtszeit bereits von der Politik seines Vorgängers, Papst [[Schenuda III.]], gelöst. Dieser hatte von 1971 bis zu seinem Tod im März 2012 die Kirche geführt, indem er politische Positionen mied und die enge Zusammenarbeit mit dem Staat anstrebte. Tawadros II. lobte dagegen den Putsch gegen Mursi öffentlich mit Dankesgesten an die Armee. Als zweites Feindbild der Islamisten wird der koptische Unternehmer [[Naguib Sawiris]] angesehen, der in offener Ablehnung der Muslimbruderschaft die Aktivistenbewegung „Tamarod“ finanziert hatte, deren Protestmärsche dem Putsch vorausgegangen waren.<ref name="FAZ_2013-08-17_NPV" /><br />
<br />
Die Übergangsregierung verbot der Bevölkerung am Abend des 18. August, [[Bürgerwehr]]en aufzustellen: die Bildung von „Volkskomitees“ zur Sicherung von Vierteln, so das Innenministerium, „die benutzt werden, um illegale Handlungen zu begehen“, sei untersagt.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-18_BÜG" /> General Sisi versprach den Christen im August, dass die Armee den Aufbau der zerstörten Kirchen aus eigenen Mitteln bezahlen werde.<ref name="DW_2013-09-16_EVD" /> Doch wurde bemängelt, dass die neuen nichtislamistischen Herrscher sich unwillig oder unfähig zum Schutz der Kopten durch staatliche Sicherheitskräfte gezeigt hätten.<ref name="Zeit-OL_2013-10-04_WGN" /><ref name="ahram-OL_2013-09-24_ASA" /><ref name="ECPPS_VSO" /> Konfessionelle Konflikte existierten zwar bereits in den Jahren vor dem Sturz Husni Mubaraks von Februar 2011, aber seit der Revolution von 2011 hätten die alten Regelungsmechanismen, in denen Vertreter des im März 2012 verstorbenen koptischen Papstes Schenuda III., Polizeioffiziere und Repräsentanten der muslimischen Azhar Lösungen zum Schutz der Kopten fanden, nicht mehr funktioniert. Angesichts ausbleibenden Schutzes drohe ein Anhalten einer Abwanderung der Kopten trotz des Willens zur Koexistenz in betroffenen Gemeinden.<ref name="Zeit-OL_2013-10-04_WGN" /> Beispiel:<br />
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Die sich selbst als „liberale“ ägyptische Nichtregierungsorganisation bezeichnende ''Egyptian Center for Public Policy Studies'' (ECPPS) nannte in ihrem Report „Oppressed under different regimes — Egypt’s Christians between sectarian violence and state negligence“ von September 2013 die Zerstörung von 30 Gotteshäusern und über 60 christlichen Läden, Häusern und Autos im August 2013 die „heftigsten gewaltsamen Szenen in Ägyptens jüngerer Geschichte“,<ref name="Zeit-OL_2013-10-04_WGN" /><ref name="DNE_2013-09-25_NDV">[http://www.webcitation.org/6KBpExWHP NGO documents violence against Copts] (englisch). Daily News Egypt, 25. September 2013, von Aaron T. Rose, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2013/09/25/ngo-documents-violence-against-copts/ Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="ahram-OL_2013-09-24_ASA">[http://www.webcitation.org/6KBqYrQe1 August sectarian attacks largest in Egypt history: NGO], ahramonline, 24. September 2013, von Osman El Sharnoubi, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/0/82403/Egypt/0/August-sectarian-attacks-largest-in-Egypt-history-.aspx Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="ECPPS_VSO">[http://www.webcitation.org/6KBpuCE0a Video seminar on „Oppressed through the various Regimes“ Egyptian Christians between the Sectarian Violence and the State’s Negligence], Webseite des ECPPS, ohne Datum, archiviert vom [http://ecpps.org/index.php/en/videos/313-video-seminar-on-oppressed-through-the-various-regimes-egyptian-christians-between-the-sectarian-violence-and-the-state-s-negligence Original] am 8. Oktober 2013.</ref><ref name="YT_ECPPS_2013-09-30">[http://www.youtube.com/watch?v=3bGRHXe94V0#t=169 ???????], YouTube, veröffentlicht vom YouTube-Kanal [http://www.youtube.com/user/ECPPSCHANNEL ECPPSCHANNEL] am 30. September 2013, abgerufen am 7. Oktober 2013.</ref> benannte jedoch nicht die Initiatoren der Attacken.<ref name="ahram-OL_2013-09-24_ASA" /><br />
<br />
In einem am 9. Oktober verbreiteten Bericht von Amnesty International warf die Menschenrechtsorganisation der ägyptischen Militärregierung vor, die Christen nicht ausreichend gegen Angriffe von Islamisten geschützt zu haben, weshalb es zu der verheerenden Gewaltwelle gegen die koptische Minderheit Mitte August gekommen sei. Laut Amnesty International hätten die Sicherheitskräfte nach der Absetzung Mursis Anfang Juli wissen müssen, dass „ein Teil der Muslimbrüder“ (''Die Welt'') ihre Wut an Christen auslassen würde, doch seien keine rechtzeitigen Vorkehrungen getroffen worden, die Gewalt zu stoppen. Amnesty International forderte eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle.<ref name="Welt_2013-10-09_CWÄ">[http://www.webcitation.org/6KFxieRFv Vorwurf von Amnesty – Christen werden in Ägypten zum „Freiwild“], Die Welt, 9. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article120747676/Christen-werden-in-Aegypten-zum-Freiwild.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref><ref name="Zeit-Online_2013-10-09_AIF">[http://www.webcitation.org/6KFyXwFgU Ägypten – Amnesty International fordert mehr Schutz für Christen], Zeit Online, 9. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/aktuelles/2013-10/Amnesty-international-kopten Original] am 10. Oktober 2013.</ref><ref name="AI_2013-10-09_CWZ">[http://www.webcitation.org/6KFyg6e4B Ägypten: Christen werden zu Sündenböcken nach Auflösung der pro-Mursi Sitzstreiks], Amnesty International, 9. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.amnesty.de/2013/10/9/aegypten-christen-werden-zu-suendenboecken-nach-aufloesung-der-pro-mursi-sitzstreiks?destination=startseite Original] am 10. Oktober 2013.</ref><ref name="AI_2013-10_HLA">[http://www.webcitation.org/6KG065Z7t ‘How Long Are We Going To Live In This Injustice?’ Egypt’s Christians Caught Between Sectarian Attacks And State Inaction] (englisch; PDF), Amnesty International, Index: MDE 12/058/2013, Oktober 2013, archiviert vom [http://www.amnesty.org/en/library/asset/MDE12/058/2013/en/3dfdf662-073a-4980-90bd-8027136a72af/mde120582013en.pdf Original] (PDF; 3,1&nbsp;MB) am 10. Oktober 2013.</ref> Aus von ''Amnesty International'' dokumentierten [[Graffiti]]s der Angreifer an den Wänden mit Slogans wie „Mursi ist mein Präsident“ und „Sie töteten unsere Brüder während des Gebets“ folgerte die Menschenrechtsorganisationen, dass die Angriffe höchstwahrscheinlich konfessionell bedingt und mit den Ereignisse des „harten Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen Mursi-Unterstützer in Kairo“ verknüpft waren. Den Attacken seien häufig Aufstachelungen in lokalen Moscheen und durch religiöse Führer vorausgegangen. Hassiba Hadj Sahraoui, die stellvertretende Direktorin der Abteilung für den Mittleren Osten und Nordafrika von Amnesty International, kritisierte auch die Führung der Muslimbruderschaft: „Angesichts der Tatsache, dass diese Attacken als Vergeltung für das harte Vorgehen gegen Pro-Mursi Sitzstreiks ausgeführt wurden, äußerte sich die Führung der Muslimbruderschaft zu spät und zu ausweichend zu den Angriffen, indem sie Schlägertrupps für die Attacken verantwortlich machte.“ Die „christliche Gemeinschaft in ganz Ägypten“ sei „von einigen Unterstützern des abgesetzten Präsidenten Mohamed Mursi ausgewählt [worden], um für Racheaktionen für die Ereignisse in Kairo herzuhalten“.<ref name="AI_2013-10-09_CWZ" /> Die Nahost-Expertin Ruth Jüttner von ''Amnesty International'' in Deutschland kritisierte, „dass koptische Christen offenbar von Anhängern des ehemaligen Präsidenten Mursi für Racheaktionen ausgewählt wurden und die Regierung sie nicht schützt.“<ref name="Zeit-Online_2013-10-09_AIF" /><br />
<br />
==== ''R4bia''-Kampagne ====<br />
<br />
[[Datei:R4bia.png|miniatur|150px|Mit dem [[R4bia]]-Emblem erinnern Unterstützer des gestürzten Präsidenten Mursi an das Blutbad vom 14. August 2013.]]<br />
Die militärgestützte Übergangsregierung hatte Mitte August über das Staatsfernsehen verbreitet, jeglicher Protest werde sofort niedergeschlagen. Die seit Wochen strikt entsprechend der Regierungslinie berichtenden Sender hatten der Bevölkerung geraten zu Hause zu bleiben, da es in dem von den Medien vielgelobten „Kampf gegen den Terrorismus“ zu Gewalt kommen könne.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-23_KAV">[http://www.webcitation.org/6J8LbiTuC Freitagsgebete in Ägypten: Klima der Angst verhindert neue Massenproteste], Spiegel Online, 23. August 2013, von Matthias Gebauer, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-polizeipraesenz-und-klima-der-angst-verhindern-massenproteste-a-918311.html Original] am 25. August 2013.</ref><br />
<br />
[[Datei:R4bia sign used in solidarity with victims of Rabaa crackdown 23-Aug-2013.jpg|mini|links|In Solidarität mit den Opfern der gestürmten Protestlager verwenden Demonstranten in Kairo das R4bia-Zeichen (23. August 2013).<ref name="VOA_2013-08-23_IFE">[http://www.webcitation.org/6Ln4jVdXp Images from Egypt] (englisch). Voice Of America, 23. August 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/media/photogallery/1735539.html Original] am 11. Dezember 2013.</ref>]]<br />
[[Datei:Protesters raise their hands with the four finger R4bia sign during a march in Maadi-Cairo on the six month anniversary of the violent crackdown against supporters of ousted President Morsi 14-Feb-2014.jpg|mini|links|Zum halbjährlichen Gedenken an das [[Blutbad in Kairo und Gizeh 2013|Blutbad vom 14. August 2013]] demonstrieren Anti-Putsch-Demonstranten mit dem zu diesem Zeitpunkt bereits in Ägypten von der Militärregierung verbotenen R4bia-Zeichen (Maadi/Kairo, 14. Februar 2014)]]<br />
In dieser Situation demonstrierten beispielsweise am 23. August auf weitgehend friedlich verlaufenden Kundgebungen vor 28 Moscheen in Kairo Tausende Anhänger Mursis gegen die Armeeführung<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ" /> und protestierten auf den sich Nachmittags auflösenden Demonstrationen mit dem neuen Symbol ihrer Protestbewegung, einer schwarzen Hand auf gelbem Hintergrund, die den sogenannten Mursi-Gruß mit vier ausgestreckten Fingern und dem quer über die Handfläche gelegten Daumen bildet.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ" /><ref name="Welt_2013-08-22_ÄTH">[http://www.webcitation.org/6JkBKaxxP Machtprobe – Ägypten und Türkei hetzen sich gegeneinander auf], Die Welt, 22. August 2013, von Boris Kálnoky, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article119251308/Aegypten-und-Tuerkei-hetzen-sich-gegeneinander-auf.html Original] am 19. September 2013.</ref><br />
<br />
Dieses „[[R4bia]]“-Emblem sollte an die vielhundertfache Tötung von Demonstranten durch die Armee vor der Rabia-al-Adawija-Moschee vom 14. August erinnern und spielte auf die arabische Bedeutung des Mädchennamens ''Rabia'' (deutsch: „Vierte“) an.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ">[http://www.webcitation.org/6J7BcFcIO Ägypten – Verhaftungswelle in Ägypten zeigt Wirkung], Deutsche Welle, 23. August 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://www.dw.de/verhaftungswelle-in-%C3%A4gypten-zeigt-wirkung/a-17042222 Original] am 24. August 2013.</ref> Zudem stand das ''R4bia''-Zeichen für den Rabia-al-Adawija-Platz in Ägypten, der zum zentralen Demonstrationsort für Mursi-Anhänger geworden war.<ref name="DTN_2013-08-25_TTS" /> Als Symbol für die blutige Stürmung des größten Protestlagers der Islamisten durch die Sicherheitskräfte wurde es somit ein bleibendes Zeichen des Widerstands der Muslimbruderschaft.<ref name="Zeit-OL_2013-09-13_ETB" /><br />
<br />
Auch transnational wurde das ''R4bia''-Zeichen als Symbol der Pro-Mursi-Proteste von Demonstranten verwendet, wie am folgenden Wochenende auf einer von verschiedenen Gewerkschaften, Verbänden und Bürgerrechtsbewegungen organisierten Solidaritätskundgebung Tausender Menschen auf dem zentralen S?hhiye-Platz im türkischen [[Ankara]] oder am 17. und 24. August auf Demonstrationen im deutschen [[Berlin]].<ref name="DTN_2013-08-25_TTS">[http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2013/08/485158/proteste-in-ankara-tausende-tuerken-solidarisieren-sich-mit-mursi/ Proteste in Ankara: Tausende Türken solidarisieren sich mit Mursi], Deutsch Türkische Nachrichten, 25. August 2013, abgerufen am 26. August 2013.</ref><ref name="YT_2013-08-24">[http://www.youtube.com/watch?v=fAmGRbdHXRE#t=18 Demo in Berlin für Legitimität in Ägypten 24.08.13-6], YouTube, veröffentlicht am 24. August 2013 vom YouTube-Kanal [http://www.youtube.com/channel/UCy5tEFXNo_2Zfi3UxhXSB1A Kerkük Türklerindir].</ref><ref name="YT_2013-08-17">[http://www.youtube.com/watch?v=C_fmMHyoa9I Demo in Berlin für Legitimität in Ägypten 17. August 2013], YouTube, veröffentlicht am 17. August 2013 vom YouTube-Kanal [http://www.youtube.com/channel/UCy5tEFXNo_2Zfi3UxhXSB1A Kerkük Türklerindir].</ref> Der deutsche Verfassungsschutz ordnete die internationale R4bia-Bewegung, die sich gegen die Machtübernahme durch das ägyptische Militär wendete und zu der auch Demonstrationen in Stuttgart mit mehreren Tausend Teilnehmern in Verbindung standen, den Muslimbrüdern zu.<ref name="ZVW_2013-08-28_OGD">[http://www.webcitation.org/6JhNbzCzW Samstag in Stuttgart – Ordnungsamt genehmigt Demo für Muslimbrüder], [[Zeitungsverlag Waiblingen]] (ZVW), 28. August 2013, von Jürgen Bock, archiviert vom [http://www.zvw.de/inhalt.samstag-in-stuttgart-ordnungsamt-genehmigt-demo-fuer-muslimbrueder.ad17afb0-b7cf-45ae-8bce-820a4fc7a86e.html Original] am 17. September 2013.</ref><ref name="StN-de_2013-09-05_NDM">[http://www.webcitation.org/6JhPbE2Nz 21. September in Stuttgart – Nächste Demo für die Muslimbrüder steht bevor], Stuttgarter-Nachrichten.de, 5. September 2013, Jürgen Bock, archiviert vom [http://m.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.21-september-in-stuttgart-naechste-demo-fuer-die-muslimbrueder-steht-bevor.cc837b8f-ba64-48b7-a11c-8fb8cc6bc290.html Original] am 17. September 2013.</ref><ref name="ZVW_2013-08-27_UDM">[http://www.webcitation.org/6JhUleQ35 Samstag in Stuttgart – Umstrittene Demo für Muslimbrüder], [[Zeitungsverlag Waiblingen]] (ZVW), 27. August 2013, von Jürgen Bock, archiviert vom [http://www.zvw.de/inhalt.samstag-in-stuttgart-umstrittene-demo-fuer-muslimbrueder.714bfe9f-f9f7-4b59-a550-bc95b7a56544.html Original] am 17. September 2013.</ref><br />
<br />
Als der Spitzenstürmer des Fußballvereins und Champions-League-Siegers [[al Ahly Kairo]], [[Ahmed Abd el-Zaher]], im November beim Torjubel nach seinem Torschuss in einem Finalrückspiel das ''R4bia''-Zeichen als Vier-Finger-Gruß der Muslimbruderschaft präsentierte, reagierte sein Verein mit der Suspension Abdel-Zahers und fror seine Gehaltszahlungen wegen der politischen Sympathiebekundung ein. Der ägyptische Fußballverband [[Egyptian Football Association|EFA]] wurde beauftragt den Vorfall zu untersuchen und den Fußballer gegebenenfalls zu sperren.<ref name="Spiegel-OL_2013-11-12_SnP">[http://www.webcitation.org/6L6FDHch8 Fußball in Ägypten: Starspieler nach Polit-Jubel suspendiert], Spiegel Online, 12. November 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/sport/fussball/aegypten-fussballer-zaher-nach-jubel-suspendiert-a-933160.html Original] am 13. November 2013.</ref><ref name="Tagesspiegel_2013-11-12_SwI">[http://www.webcitation.org/6L6FYpnR8 Al-Ahly – Stürmer wegen Islamisten-Geste suspendiert], Der Tagesspiegel, 12. November 2013, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/sport/al-ahly-stuermer-wegen-islamisten-geste-suspendiert/9062880.html Original] am 13. November 2013.</ref> Der ägyptische Sportminister [[Taher Abouzeid]] erklärte, er erwarte, dass Abd el-Zaher von seinem nationalen Sportverband genauso gesperrt und mit einer Geldstrafe belegt werde,<ref name="Aljazeera_2013-11-12_EPS" /> wie dies mit dem ägyptischen [[Kung Fu]]-Sportler Mohamed Yousuf Ramadan geschehen war. Dieser war für zwei Jahre von der Teilnahme an internationalen Meisterschaften gesperrt worden, nachdem er bei der Verleihung der Gold-Medaille bei der Weltmeisterschaft in [[Sankt Petersburg]] im Oktober ein T-Shirt mit dem R4bia-Symbol getragen hatte.<ref name="Aljazeera_2013-11-12_EPS">[http://www.webcitation.org/6L6GoN6Hk Egypt player suspended over Islamist salute] (englisch). Aljazeera, 12. November 2013, archiviert vom [http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2013/11/egypt-player-suspended-over-islamist-salute-20131111194052134471.html Original] am 13. November 2013.</ref><ref name="Aljazeera_2013-11-11_EKF">[http://www.webcitation.org/6L6GzfmfR Egypt Kung Fu star punished over protest sign] (englisch). Aljazeera, 11. November 2013, archiviert vom [http://www.aljazeera.com/video/middleeast/2013/11/egypt-kung-fu-star-punished-over-protest-sign-20131111798306561.html Original] am 13. November 2013.</ref><ref name="Aljazeera_2013-10-29_EKF">[http://www.webcitation.org/6L6HM1w8g Egypt kung fu ace ’loses medal over Morsi'] (englisch). Aljazeera, 29. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2013/10/egypt-kung-fu-ace-loses-medal-over-morsi-2013102991654417999.html Original] am 13. November 2013.</ref> Mohamed Yousuf Ramadan gab für seine Verwendung des R4bia-Zeichens humanitäre statt politische Gründe an. Er habe sich mit dem T-Shirt an persönliche Freunde seit Kindheitstagen erinnern wollen, die am Rabia-al-Awadija-Platz getötet worden seien und zu den Tausenden von Opfern der Staatsgewalt gezählt hätten.<ref name="Aljazeera_2013-11-11_EKF" /><br />
<br />
Mit der offiziellen Einstufung der Muslimbruderschaft als [[Terroristische Vereinigung|Terrororganisation]] durch die militärgestützte Übergangsregierung am 25. Dezember 2013 wurde auch die Verwendung des ''R4bia''-Zeichens unter Strafe gestellt. Als Strafmaß für das Verwenden des ''R4bia''-Zeichens in sozialen Medien wurden am 27. Dezember 2013 fünf Jahre Haft verkündet.<ref name="Kurier-at_2013-12-28_WSJ">[http://www.webcitation.org/6MST5IK5X „Wir sind jetzt offiziell Terroristen“: Die Jagd auf die Muslimbrüder], Kurier.at, 28. Dezember 2013, archiviert vom [http://kurier.at/politik/ausland/wir-sind-jetzt-offiziell-terroristen-die-jagd-auf-die-muslimbrueder/42.876.782 Original] am 7. Januar 2014.</ref><br />
<br />
<gallery mode=packed heights=100px caption="Galerie: Anti-Putsch-Demonstration mit R4bia-Symbolen in Kairo-Maadi vom 20. September 2013:"><ref name="VOA_2013-09-20_PIE" /><br />
File:Protesters hold up four fingers as R4bia sign in Maadi-Cairo 20-Sep-2013.jpg<br />
File:Anti-coup protesters march in Maadi-Cairo 20-Sep-2013.jpg<br />
File:Protester wearing hat with R4bia sign in Maadi-Cairo 20-Sep-2013 .jpg<br />
File:Protesters with R4bia sign in Maadi-Cairo 20-Sep-2013.jpg<br />
File:Protesters with poster of ousted President Morsi in Maadi-Cairo 20-Sep-2013.jpg<br />
File:Protester with Guy Fawkes mask making R4bia sign Maadi-Cairo 20-Sep-2013.jpg<br />
</gallery><br />
<br />
==== Fortsetzung der Gewalt und Blutbad bei der Al-Fetah-Moschee am Ramses-Platz (16. August) ====<br />
{{ Positionskarte+ | Ägypten | width=374 | float=right | maptype=relief | caption=Proteste von Islamisten:<ref name="FAZ-net_2013-08-16_AST_Abb">[http://www.webcitation.org/6KUFM4ceF Nach Freitagsgebeten – Abermals Dutzende Tote bei ägyptischen Protesten], FAZ.net (mit ?Christoph Ehrhardt), 16. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/nach-freitagsgebeten-abermals-dutzende-tote-bei-aegyptischen-protesten-12534361.html Original] am 19. Oktober 2013 (mit Karte: [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/nach-freitagsgebeten-abermals-dutzende-tote-bei-aegyptischen-protesten-12534361.html#overlay_1_2534834Id Proteste der Islamisten in Ägypten und Räumungen in Kairo: Unruhe in Ägypten – Hunderte Tote und Tausende Verletzte nach Zusammenstößen zwischen Anhängern Muslimbruderschaft und der Polizei], DPA).</ref><ref name="derStandard-at_2013-08-16_MGS">[http://www.webcitation.org/6M0E1YgPm Muslimbrüder geben sich nicht geschlagen] (mit Karte: [http://www.webcitation.org/6M0E7P3Lg Ausnahmezustand in Ägypten]), derStandard.at, 16. August 2013, archiviert vom [http://derstandard.at/1376533646499/Aegypten-versinkt-nach-Einsatz-gegen-Morsi-Anhaenger-in-Gewalt Original] ([http://images.derstandard.at/2013/08/15/1376533671124-8BB37E7C-E468-491C-96B0-3549EC173B70.jpg Karte]) am 20. Dezember 2013.</ref><ref name="SRF_2013-08-15_KNS">[http://www.webcitation.org/6M55KpPVt Tränen und geballte Fäuste: Kairo nach dem Sturm], Schweizer Rundfunk und Fernsehen, 15. August 2013, archiviert vom [http://www.srf.ch/news/international/traenen-und-geballte-faeuste-kairo-nach-dem-sturm Original] am 23. Dezember 2013.</ref><br />
'''rot''': Ausgewählte Orte islamistischer Proteste vom 14.-16. August<br />
'''gelb''': Weitere im Zusammenhang mit der Staatskrise relevante Orte | places=<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=29/59// | long=31/08// | region=EG | label=<small>[[Gizeh]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=2 | lat=30/03// | long=31/14// | region=EG | label='[[Kairo]]'}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=31/13// | long=29/56// | region=EG | label=<small>[[Alexandria]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=3 | lat=30/58// | long=31/10// | region=EG | label=<small>[[al-Mahalla al-Kubra|Mahalla]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=3 | lat=31/04// | long=33/50// | region=EG | label=<small>[[al-Arisch|Arisch]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=3 | lat=29/58// | long=32/33// | region=EG | label=<small>[[Sues]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=29/04// | long=31/05// | region=EG | label=<small>[[Bani Suwaif]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=28/05// | long=30/46// | region=EG | label=<small>[[al-Minya|Minya]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=2 | lat=27/16// | long=31/09// | region=EG | label=<small>Abanub</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=8 | lat=27/11// | long=31/11// | region=EG | label=<small>[[Asyut]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=27/13// | long=33/50// | region=EG | label=<small>[[Hurghada]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=25/42// | long=32/39// | region=EG | label=<small>[[Luxor]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=24/06// | long=32/54// | region=EG | label=<small>[[Assuan]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=22/21// | long=31/37// | region=EG | label=<small>[[Abu Simbel]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=31/21// | long=27/14// | region=EG | label=<small>[[Marsa Matruh]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=3 | lat=31/15// | long=32/17// | region=EG | label=<small>[[Port Said]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=30/47// | long=31/00// | region=EG | label=<small>[[Tanta]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=3 | lat=31/17/00 | long=34/15/00 | region=EG | label=<small>[[Rafah]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=3 | lat=30/35// | long=32/16// | region=EG | label=<small>[[Ismailia]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=2 | lat=31/25// | long=31/49// | region=EG | label=<small>[[Damiette]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=12 | lat=31/07// | long=30/56// | region=EG | label=<small>[[Kafr asch-Schaich|Kafr asch-<br />Schaich]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=29/18// | long=30/50// | region=EG | label=<small>[[al-Fayy?m|Fayum]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=27/39// | long=30/42// | region=EG | label=<small>Delga</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=26/33// | long=31/42// | region=EG | label=<small>[[Sohag]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Ägypten | position=9 | lat=30/28// | long=31/11// | region=EG | label=<small>[[Banha]]</small> | mark=Yellow ffff00 pog.svg}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=94 | X=60 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Sudan</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=50 | X=4 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Libyen</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=9 | X=83 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Israel</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=12 | X=92 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Jordanien</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=27 | X=92 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Saudi-Arabien</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=0 | X=25 | position=6 | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=Mittelmeer}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=65 | X=91 | position=6 | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=Rotes<br />Meer}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=21 | X=73 | position=6 | label=<small>[[Sinai-Halbinsel|Sinai-<br />Halbinsel]]</small>}}<br />
}}<br />
Nach dem Freitagsgebet demonstrierten am 16. August in mehreren Städten Ägyptens Zehntausende gegen Polizeigewalt und die Entmachtung von Präsident Mursi.<ref name="FAZ-net_2013-08-16_AST">[http://www.webcitation.org/6KUFM4ceF Nach Freitagsgebeten – Abermals Dutzende Tote bei ägyptischen Protesten], FAZ.net (mit ?Christoph Ehrhardt), 16. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/nach-freitagsgebeten-abermals-dutzende-tote-bei-aegyptischen-protesten-12534361.html Original] am 19. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Nach Angaben der Übergangsregierung wurden bei Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern des gestürzten Präsidenten am 16. August landesweit erneut mindestens 173 Zivilisten getötet und 1330 Menschen verletzt.<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /><ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA">[http://www.webcitation.org/6IxiCNvHM Nach Feuergefecht – Ägypten prüft Auflösung der Muslimbruderschaft], Die Welt, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article119120689/Aegypten-prueft-Aufloesung-der-Muslimbruderschaft.html Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="DW_2013-08-17_MM">[http://www.webcitation.org/6J4RmuHDh Ägypten – Die Macht der Märtyrerlogik], Deutsche Welle, 17. August 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://www.dw.de/die-macht-der-m%C3%A4rtyrerlogik/a-17027115 Original] am 22. August 2013.</ref> Davon fielen 95 Todesopfer allein auf Kairo, wo auch ein Sohn des Chefs der Muslimbruderschaft, [[Muhammad Badi'e]], erschossen wurde.<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /> In Ismailia wurden nach Angaben aus Krankenhäusern vier Demonstranten getötet. In der Hafenstadt Damiette starben Sanitätern zufolge acht Demonstranten.<ref name="FAZ-net_2013-08-16_AST" /><br />
<br />
Zentrum der Proteste in Kairo war der Ramses-Platz, wohin Tausende Demonstranten von den Moscheen nach dem Freitagsgebet zu einer zentralen Kundgebung zogen.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK" /><ref name="FAZ-net_2013-08-16_AST" /> Die Polizei schoss mit Tränengas und scharfer Munition, nach Zeugenberichten wurden Steine und Brandsätze geworfen.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK">[http://www.webcitation.org/6JkUycMAS Ägypten – Polizei in Kairo schießt auf Demonstranten], Zeit Online, 16. August 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-gewalt-live-blog Original] am 19. September 2013.</ref> Patrick Kingsley berichtete für den ''Guardian'', er sei „Augenzeuge eines Massakers“ an mindestens 19 Menschen am Ramses-Platz geworden.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK" /><ref name="Guardian_2013-08-16_DCE">[http://www.webcitation.org/6JkVYcfAm Egypt: deadly clashes erupt again on streets of Cairo] (englisch). The Guardian, 16. August 2013, von Shiv Malik und Adam Gabbatt, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/middle-east-live/2013/aug/16/egypt-muslim-brotherhood-day-iof-rage-live Original] am 19. September 2013.</ref> Der ''Guardian'' bezeugte Dutzende von Leichen auf dem Boden der Al-Fetah-Moschee am Ramses-Platz liegend gesehen zu haben.<ref name="Guardian_2013-08-16_DCE" /> Ein Sprecher der Muslimbruderschaft gab an, dass 45 Menschen am Ramses-Platz von Seiten der Putschisten getötet worden seien.<ref name="Guardian_2013-08-16_DCE" /><ref name="FAZ-net_2013-08-16_AST" /> Aus dem Innenministeriums hieß es dagegen, Dutzende Demonstranten hätten die nahe gelegene Ezbekija-Polizeistation attackiert, worauf ein Gefecht mit Schusswaffen auf beiden Seiten entbrannt sei, bei dem mehrere unbeteiligte Zivilisten getötet worden seien.<ref name="FAZ-net_2013-08-16_AST" /><br />
<br />
Ein zweites Zentrum der Gewalt in Kairo war die 15.-Mai-Brücke.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK" /> Sie wurde am 16. August zu einem Hauptschauplatz blutiger Gefechte zwischen Sicherheitskräften und protestierenden Anhängern der Muslimbrüder.<ref name="Welt_2013-08-20_ETK">[http://www.webcitation.org/6JmKnxumn Ägypten – Es tobt ein Kampf um die Seele von Kairo], Die Welt, 18. August 2013, von Andrea Backhaus, Daniel-Dylan Böhmer und Selma Köhn, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article119126074/Es-tobt-ein-Kampf-um-die-Seele-von-Kairo.html Original] am 20. September 2013.</ref> Menschen sprangen in Panik von der Brücke.<ref name="Zeit-OL_2013-08-16_PIK" /><br />
<br />
Seit dem 14. August erhöhte sich die offizielle Zahl der Toten in ganz Ägypten damit auf mehr als 800, die der getöteten Polizisten auf 57.<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /><ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA" /> Die Regierung nahm Massenverhaftungen vor. Nach offiziellen Angaben wurden vom 16. August bis zum 17. August 1004 Personen festgenommen, darunter nach Angabe aus Sicherheitskreisen auch ein Bruder von [[al-Qaida]]-Chef [[Aiman az-Zawahiri|Aiman Al-Sawahiri]].<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ">[http://www.webcitation.org/6IxfPpNWQ Krise in Ägypten – Tage des Zorns], Berliner Zeitung, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.berliner-zeitung.de/politik/krise-in-aegypten-tage-des-zorns,10808018,24037290.html Original] am 18. August 2013.</ref><br />
<br />
Am 17. August räumten Mitglieder einer Spezialeinheit nach heftigen, aber unblutigen Schusswechseln mit bewaffneten Anhängern Mursis gewaltsam die von Polizei, Militär und einer Menschenmenge belagerte [[Al-Fateh-Moschee (Kairo)|Al-Fateh-Moschee]] im Stadtzentrum Kairos, in der sich mindestens 700 Mursi-Anhänger nach einer Demonstration vom 16. August nach Beginn der Ausgangssperre verbarrikadiert und laut Augenzeugenberichten aus Angst vor den Sicherheitskräften und Schlägerbanden um freies Verlassen der Moschee verhandelt hatten.<ref name="BZ_2013-08-17_TDZ" /><ref name="Welt_2013-08-17_ÄPA" /><ref name="Spiegel-OL_2013-08-17_SSF">[http://www.webcitation.org/6IxklvIAN Kairo: Sicherheitskräfte sollen Fatah-Moschee geräumt haben] (Videostream), Spiegel Online, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/kairo-sicherheitskraefte-sollen-fatah-moschee-geraeumt-haben-a-917144.html Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-08-17_NUF">[http://www.webcitation.org/6Ixn0SL75 Machtkampf in Ägypten: Nervenkrieg um die Fatah-Moschee], Spiegel Online, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/kairo-mursi-anhaenger-harren-in-belagerter-moschee-aus-a-917065.html Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-08-17_SBW">[http://www.webcitation.org/6IxlzCGfB Machtkampf in Ägypten: Sicherheitskräfte belagern weiter Fatah-Moschee], Spiegel Online, 17. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/video/kairo-fatah-moschee-weiter-von-armee-belagert-video-1290291-iframe.html Original] am 18. August 2013.</ref><ref name="FAZ.NET_2013-08-18_MKN" /> Dabei wurden nach Angaben der Übergangsregierung 385 Menschen festgenommen.<ref name="FAZ.NET_2013-08-18_MKN">[http://www.webcitation.org/6IxxSmyI6 Ägypten – Muslimbrüder kündigen neue Proteste an], FAZ.NET (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 18. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-muslimbrueder-kuendigen-neue-proteste-an-12536828.html Original] am 18. August 2013.</ref><br />
<br />
Ein Bericht von [[Amnesty International]], der die Ergebnisse eines Teams der Menschenrechtsorganisation bei der Besichtigung in Krankenhäusern und Leichenhallen in Kairo auswertete, beschrieb als Auffälligkeit bei den Opfern zahlreiche Einschüsse in Kopf und Brust. Der Ägyptologe Henning Franzmeier erklärte, dass die Sicherheitskräfte „nicht zwischen friedlichen und gewaltbereiten Demonstranten“ unterscheiden würden.<ref name="DW_2013-08-19_GKV">[http://www.webcitation.org/6J4BGFz8m Arabische Welt – Geballte Kritik vor der ägyptischen Botschaft], Deutsche Welle, 19. August 2013, von Heiner Kiesel, archiviert vom [http://www.dw.de/geballte-kritik-vor-der-%C3%A4gyptischen-botschaft/a-17030391 Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="FAZ-NET_2013-08-18_VTA">[http://www.webcitation.org/6J4KnbyhN Ägypten – Viele Tote bei Ausbruchsversuch von Muslimbrüdern], FAZ.NEZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 18. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-viele-tote-bei-ausbruchsversuch-von-muslimbruedern-12536828.html Original] am 22. August 2013.</ref><br />
<br />
==== Massentod von Untersuchungshäftlingen (18. August) ====<br />
<br />
Am 18. August 2013 erstickten 37 Menschen bei einem Gefangenentransport. Nach Festnahmen unter islamistischen Demonstranten hatte der Gefangenentransporter am 18. August 2013 stundenlang in der prallen Hitze im Hof des Gefängnisses Abu Saabal gestanden. Als die 45, in das völlig überfüllte Polizeifahrzeug gepferchten Gefangenen unruhig wurden, sprühten die Polizisten Tränengas in das Innere des Wagens. 37 der Gefangenen starben. Sie waren Teil eines Konvois mit etwa 600 Gefangenen.<ref name="SpiegelOL_2014-03-18_ÄPW" /> Das inzwischen vierte und diesmal in Polizeigewahrsam geschehene Blutbad an Anhängern der Muslimbruderschaft rief auch unter Mursi-Gegnern und Unterstützern des Militärputsches Reaktionen des Entsetzens hervor.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_ÄVG" /><br />
<br />
Der Vorfall war Teil der Polizeiaktionen zur blutigen Niederschlagung der größtenteils friedlichen Dauerproteste der Islamisten, die gegen den Sturz des Präsidenten Mursi durch das Militär im Juli 2013 demonstriert hatten. Bei dem Gerichtsurteil gegen die aus den Reihen der Polizei stammenden Täter vom 18. März 2014 handelte es sich um die erste und einzige Verurteilung im Zusammenhang mit den Aufständen in Kairo vom Sommer 2013, bei deren Niederschlagung in oft brutalen Einsätzen der Sicherheitskräfte mindestens 1400 Menschen teilweise durch systematische Erschießungen getötet worden waren.<ref name="SpiegelOL_2014-03-18_ÄPW">''[http://www.webcitation.org/6OAlcqQeR Nach Protesten in Kairo: Ägyptischer Polizist wegen Totschlags verurteilt]'', Spiegel Online, 18. März 2014, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptischer-polizist-wegen-totschlags-verurteilt-a-959440.html Original] am 18. März 2014.</ref><br />
<br />
===== Darstellung des Militärregimes =====<br />
Das Innenministerium hatte den Vorfall nach offizieller Lesart so dargestellt, dass 36 Häftlinge getötet worden seien, die versucht hätten, aus der Haft zu entkommen.<ref name="RTL-de_2014-03-18_ÄGV" /><ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_DIF" /><ref name="FAZ-NET_2013-08-18_VTA" /> Über den Verlauf der angeblich gewaltsamen Auseinandersetzungen bei dem Fluchtversuch wurden wiederum unterschiedliche Berichte in Umlauf gebracht.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_DIF" /><ref name="FAZ-NET_2013-08-18_VTA" /><br />
<br />
Die militärgestützte Übergangsregierung gab an, die Gefangenen hätten versucht, aus dem Polizeifahrzeug zu fliehen, als sie ins Gefängnis gebracht werden sollten.<ref name="WAZ_2013-10-22_PIÄ" /> Die Polizei habe Tränengas eingesetzt, um den Ausbruch zu verhindern, wobei 36 der Fluchtwilligen erstickt seien.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_DIF" /><ref name="FAZ-NET_2013-08-18_VTA" /> Zudem hätten die Gefangenen einen Polizisten als Geisel genommen.<ref name="WAZ_2013-10-22_PIÄ">[http://www.webcitation.org/6Ka17hylf Ägypten – Polizisten in Ägypten wegen Tötung von Muslimbrüdern vor Gericht], Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 22. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.derwesten.de/panorama/polizisten-in-aegypten-wegen-toetung-von-muslimbruedern-vor-gericht-id8591505.html Original] am 23. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
===== Darstellung der Muslimbruderschaft =====<br />
Vonseiten der Muslimbruderschaft wurden zunächst 52 ihrer Mitglieder als Todesopfer angegeben, später korrigiert auf 35. Ihrer Darstellung nach hatte es sich um keinen Fluchtversuch gehandelt.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-18_DIF">[http://www.webcitation.org/6J57fvoum Gewalt in Ägypten: Dutzende Islamisten bei Fluchtversuch getötet], ''Spiegel Online'', 18. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-islamisten-waehrend-haeftlingstransport-getoetet-a-917240.html Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="FAZ-NET_2013-08-18_VTA">[http://www.webcitation.org/6J4TeY21t Ägypten – Viele Tote bei Ausbruchsversuch von Muslimbrüdern], FAZ.NET (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 18. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-viele-tote-bei-ausbruchsversuch-von-muslimbruedern-12536828.html Original] am 22. August 2013.</ref><br />
<br />
===== Strafverfolgung =====<br />
Der Generalstaatsanwalt ordnete am 22. Oktober ein Eilverfahren an, bei dem sich vier Polizisten „wegen der Tötung von 39 Islamisten“ (WAZ) vor Gericht verantworten mussten. Die Anklage lautete auf Mord und fahrlässige Körperverletzung.<br />
Aus Sicherheitskreisen verlautete, die Staatsanwaltschaft habe unmittelbar nach dem Vorfall vom 18. August Ermittlungen aufgenommen. Insgesamt seien sieben Polizisten verwickelt gewesen. Vier der Polizisten seien wegen der Tötung von Gefangenen angeklagt worden. Nach Überzeugung der Anklage waren die Muslimbrüder festgenommen und in ein Polizeifahrzeug verbracht worden, in das die Polizisten später Tränengasgranaten feuerten. Der Generalstaatsanwalt erklärte, die Ermittlungen hätten ergeben, dass die Offiziere 45 Gefangene in einem Fahrzeug transportiert hatten, das nur für maximal 24 Personen ausgelegt war. Dann hätten die Polizisten Tränengas in das Innere des Fahrzeuges gefeuert, was „zum Tod von 37 Gefangenen und zwei weiteren Personen“ geführt habe.<ref name="WAZ_2013-10-22_PIÄ" /><br />
<br />
Wegen des Todes von 37 Häftlingen bei dem Gefangenentransport verurteilte ein Kairoer Gericht am 18. März 2014 einen Polizisten zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe und drei weitere Polizisten zu einjährigen Bewährungsstrafen. Die Vorwürfe im Verfahren lauteten auf fahrlässige Tötung beziehungsweise fahrlässige Körperverletzung.<ref name="Welt_2014-03-18_HFÄ">''[http://www.webcitation.org/6OAcXHqtN Haft für ägyptische Polizisten wegen Erstickungstod von Gefangenen - 37 Islamisten in Gefangenentransporter mit Tränengas beschossen]'', Die Welt, 18. März 2014, archiviert vom [http://www.welt.de/newsticker/news2/article125921511/Haft-fuer-aegyptische-Polizisten-wegen-Erstickungstod-von-Gefangenen.html Original] am 18. März 2014.</ref> Der wegen Totschlags zu langjähriger Gefängnisstrafe veruteilzte Polizist wurde zusätzlich zu Zwangsarbeit verurteilt.<ref name="RTL-de_2014-03-18_ÄGV">''[http://www.webcitation.org/6OAlQNC9M Ägyptisches Gericht verurteilt Polizisten nach Islamisten-Tod]'', rtl.de, 18. März 2014, archiviert vom [http://www.rtl.de/cms/news/rtl-aktuell/agypten-urteile-wegen-erstickungstods-in-gefangenentransporter-39246-5f19-83-1842008.html Original] am 18. März 2014.</ref><ref name="ReutersDE_2014-03-18_ÄGV">''[http://www.webcitation.org/6OAlkiYin Ägyptisches Gericht verurteilt Polizisten nach Islamisten-Tod]'', Reuters Deutschland, 18. März 2014, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEEA2H05820140318 Original] am 18. März 2014.</ref><br />
<br />
Die Staatsanwaltschaft widerlegte im Verfahren die Aussagen der Polizisten, die zuvor erklärt hatten, dass die Insassen einen Ausbruch versucht hätten. Der genaue Hergang des Vorfalls blieb trotz der Zeugenaussagen überlebender Transportinsassen unklar.<ref name="SpiegelOL_2014-03-18_ÄPW" /> Die Anklage kam zu dem Schluss, dass die Beamten sich der extremen Vernachlässigung ihrer Amtspflichten schuldig gemacht hätten.<ref name="SpiegelOL_2014-03-18_ÄPW" /><ref name="ReutersDE_2014-03-18_ÄGV" /><br />
<br />
==== Ausreise el-Baradeis (18. August) ====<br />
<br />
Der in der vorangegangenen Woche aus Protest gegen die exzessive Gewalt der Militärs bei der Räumung der Muslimbrüder-Lager zurückgetretene Vizepräsident Mohammed el Baradei flog am 18. August nach [[Wien]], Medienberichten zufolge angeblich aus Furcht um sein Leben flüchtend.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_ÄVG">[http://www.webcitation.org/6JE2HpYS5 Erneut Massaker und viele Tote – Ägypten versinkt in der Gewalt], Der Tagesspiegel, 19. August 2013, von Martin Gehlen und Albrecht Meier, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/erneut-massaker-und-viele-tote-aegypten-versinkt-in-der-gewalt/8661366.html Original] am 29. August 2013.</ref><br />
<br />
==== Mubarak-Prozess und Sisis mögliche Präsidentschaftskandidatur ====<br />
Unterstützer Mursis und Menschenrechtsgruppen warfen dem Militär vor, nach dem Militärputsch gegen Mursi wieder das Regime Husni Mubarak wiederherstellen zu wollen.<ref name="Reuters-DE_2013-11-01_SIÄ" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-11-01_SIÄ" /><br />
<br />
===== Prozess gegen Mubarak und seine Haftentlassung =====<br />
Im Januar 2013 war ein erstes Urteil gegen Mubarak, der Ägypten bis 2011 autoritär als Staatspräsident regiert hatte, nach einem Einspruch seiner Anwälte für ungültig erklärt worden. Nach dem Putsch im Juli schenkte die ägyptische Bevölkerung dem Prozess gegen Mubarak dann wenig Aufmerksamkeit im Vergleich zu den Emotionen, welche das in der modernen Geschichte der arabischen Welt erste Auftreten eines früheren Staatsoberhaupt vor Gericht am 3. August 2011 ausgelöst hatte.<ref name="DW_2013-10-19_ZAM">[http://www.webcitation.org/6KmWj2JLa Ägypten – Zorn auf Mubarak weicht einer Nostalgie], Deutsche Welle, 19. Oktober 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://dw.de/p/1A1ee Original] am 31. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Die durch eine Hetzkampagne der ägyptischen Medien geförderte anti-islamistische Stimmung unterstützte die Arbeit der Anwälte Mubaraks in einer wichtigen Phase. Zum einen arbeitete die Mubarak-Verteidigung an einer Umschreibung der Ereignisse der Revolution von 2011, wonach nun nicht mehr die Sicherheitskräfte für die Gewalt gegen die Demonstranten verantwortlich sein sollten, sondern die Muslimbrüder. Zum anderen wurde es durch den Vertrauensverlust der Muslimbruderschaft immer unwahrscheinlicher, dass für den Gerichtsprozess die Ergebnisse eines von Mursi in Auftrag gegebenen Untersuchungsberichts Berücksichtigung fanden, der den 18-tägigen Volksaufstand bei der „Revolution“ von 2011 neu beleuchtete und sowohl Polizei als auch Armee für schwere Menschenrechtsverletzungen belastete.<ref name="DW_2013-10-19_ZAM" /><br />
<br />
Beobachter des Prozesses kritisierten auch die fehlende Transparenz. Obwohl Richter Mahmud al-Raschidi zunächst die Fernsehübertragung aller Gerichtssitzungen versprochen hatte, verhängte er mit dem Hinweis auf nationale Sicherheitsbedenken eine Nachrichtensperre für die kommenden Gerichtstage.<ref name="DW_2013-10-19_ZAM" /><br />
<br />
Aufgrund der Haftentlassung von Husni Mubarak wurde am 22. August eine erneute Verschärfung der Lage in Ägypten befürchtet.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-ex-diktator-mubarak-aus-gefaengnis-entlassen-a-918062.html Mubarak aus Gefängnis entlassen] Spiegel Online, 22. August 2013, abgerufen am 22. August 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-08-22_MFS">[http://www.webcitation.org/6J590QXzI Krise in Ägypten: Mubaraks Freilassung schürt Furcht vor blutigem Freitag], Spiegel Online, 22. August 2013, von Matthias Gebauer, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/mubarak-frei-aegypten-sieht-neuen-blutigen-protesten-entgegen-a-918110.html Original] am 23. August 2013.</ref><ref name="tagesschau-de_2013-08-23_FMN">[http://www.webcitation.org/6J59Co7Gb Proteste nach Mubarak-Freilassung erwartet – Ein Freitag mit neuem Zündstoff], tagesschau.de, 23. August 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/mubarak-entlassung106.html Original] am 23. August 2013.</ref> Der Entlassung Mubaraks, gegen den noch mehrere Gerichtsprozesse liefen, wurde Symbolwert beigemessen, da seine juristische Aburteilung somit als gescheitert erschien. Die Muslimbrüder, die den Sturz Mursis durch das Militär von Beginn an als Versuch zur Wiederherstellung der alten Verhältnisse wie unter Mubarak gewertet hatten, sahen in der Haftentlassung Mubaraks einen Beleg dafür und kündigten Proteste an.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-22_MFS" /><br />
<br />
===== Frage der Restauration von Mubarak-Strukturen =====<br />
{{Mehrere Bilder<br />
| align = right<br />
| Richtung = horizontal<br />
| Fußzeile = Zweieinhalb Jahre nach Karikaturen eines der Gerechtigkeit überführten Mubarak herrscht „Mubarak-Nostalgie“ in Teilen der ägyptischen Bevölkerung.<br />
| Breite = 220<br />
| Bild1 = Mubarak arrested in Egypt 3.gif<br />
| Untertitel1 =<br />
| Bild2 = Mubarak arrested in Egypt 2.gif<br />
| Untertitel2 =<br />
}}<br />
Doch statt eines Protests der Bevölkerung folgte auf die Entlassung Mubaraks aus dem Gefängnis im August eine Internetkampagne, um den 2011 gestürzten Autokraten Mubarak zu einer neuerlichen Präsidentschaftskandidatur zu bewegen. Markus Symank sprach in der ''Deutschen Welle'' von einer „Mubarak-Nostalgie“ in der ägyptischen Bevölkerung.<ref name="DW_2013-10-19_ZAM" /><br />
<br />
Ebenfalls im August ernannte Übergangspräsident Mansur anderthalb Dutzend Gouverneure, von denen die meisten ehemalige Generäle aus Polizei oder Armee waren, was von Beobachtern in der FAZ als Zeichen für das Fortbestehen oder Wiedererstarken des Repressionsapparats aus der Zeit unter Mubarak gewertet wurde.<ref name="FAZ_2013-09-25_WIN">[http://www.webcitation.org/6KC0vearh Ägypten – Wo immer noch das Chaos herrscht], Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. September 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-wo-immer-noch-das-chaos-herrscht-12589883.html Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="FAZ_2013-08-15_ÄIT">[http://www.webcitation.org/6KU5GvvMe Ägypten - In Trümmern], 15. August 2013, von Christoph Ehrhardt, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-in-truemmern-12534004.html Original] am 19. Oktober 2013.</ref> Zu den sich mehrenden Anzeichen, dass das Militär seine Position festigte, gehörte auch die Pressekonferenz, die Innenminister Mohamed Ibrahim, der dem alten Sicherheitsapparats entstammte, am Abend des 14. August abhielt. Er hob hervor, dass 21 Polizeistationen angegriffen worden seien und versprach, dass die Sicherheit in Ägypten nach Stabilisierung der Lage besser sein werde als vor dem 25. Januar 2011, als der Aufstand gegen Mubarak begann.<ref name="FAZ_2013-08-15_ÄIT" /><br />
<br />
===== Frage einer Präsidentschaftskandidatur Sisis =====<br />
Die laut Markus Symank in Ägypten nach dem Putsch bald herrschende „Mubarak-Nostalgie“ ging seiner Beobachtung nach „vielerorts unter in einer Sisi-Euphorie.“<ref name="DW_2013-10-19_ZAM" /><br />
<br />
Mit Adli Mansur hatten die Generäle nach dem Militärputsch einen als uncharismatisch geltenden Richter ohne politische Ambitionen zum Übergangspräsidenten ernannt. Kurz darauf wurde in Medienberichten erstmals die Idee lanciert, Militärchef Abd al-Fattah as-Sisi könne 2014 für das Präsidentenamt kandidieren.<ref name="TA-de_2013-10-23">[http://www.webcitation.org/6Kbonrxy2 Ägypten entzieht sich dem Einfluss des Westens – Flirt mit Russland], Thüringer Allgemeine, 23. Oktober 2013, von Anne-Beatrice Clasmann, archiviert vom [http://www.thueringer-allgemeine.de/startseite/detail/-/specific/Aegypten-entzieht-sich-dem-Einfluss-des-Westens-Flirt-mit-Russland-496639829 Original] am 24. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Der seit dem Putsch gegen Musi als „der starke Mann Ägyptens“ geltende Militärchef Sisi beschrieb sich in einem Interview der ''Washington Post'' am 4. August als einen Menschen, der nicht nach der Herrschaft strebe und deutete an, dass er trotz steigender Popularität das Präsidentenamt für sich ausschließe.<ref name="Reuters-DE_2013-08-04_EKÄ" /><br />
<br />
Gleichzeitig errichtete Sisi jedoch, seitdem er Staatspräsident Mursi abgesetzt hatte, ein Netz von Kontakten, die er seit seiner Ernennung zum Armeechef im Jahr 2012 gepflegt hatte. Er hielt während der durch den Sturz Mursis verursachten Staatskrise Treffen ab mit [[Klerus|Spitzenklerikern]], Schriftstellern und jungen Aktivisten und balancierte die sensiblen außenpolitischen Beziehungen mit den USA, Europa und arabischen Alliierten. Er hielt zudem enge Beziehungen zu dem Vize-Präsidenten der neuen, armeegestützten Übergangsregierung, Mohammad el-Baradei aufrecht.<ref name="Reuters_2013-08-06_EAC" /><br />
<br />
Sisi, der die ägyptische Politik studiert hatte, galt als politisch versiert. Eine seiner ersten Maßnahmen bestand in der Reorganisation der [[Öffentlichkeitsarbeit|Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit]] der Armee, die nun daran arbeitete, ihm die öffentliche Unterstützung zu sichern.<ref name="Reuters_2013-08-06_EAC">[http://www.webcitation.org/6Kd7zq1ZH Egypt army chief shows political agility in crisis] (englisch). Reuters Edition U.S., 6. August 2013, von Yasmine Saleh, archiviert vom [http://www.reuters.com/article/2013/08/06/us-egypt-protests-sisi-idUSBRE97517Y20130806 Original] am 25. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Anfang September wuchs die Unterstützung für eine mögliche Kandidatur Sisis für die voraussichtlich Anfang 2014 abzuhaltende Präsidentenwahl weiter. Als für den Putsch gegen Mursi an führender Stelle verantwortlicher „starker Mann“ hatte er mit seinem wiederholten rabiaten militärischen Vorgehen gegen die Muslimbrüder in den vorangegangenen Wochen eine Solidarisierung eines großen Teils des Volkes mit der Armee erreicht. Insbesondere nahm er darüber hinaus eine zentrale Stellung im Übergangsprozess in Ägypten ein, an dessen Ende Neuwahlen und eine überarbeitete Verfassung angekündigt waren.<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-09_MAA">[http://www.sueddeutsche.de/politik/umbruch-in-aegypten-militaerchef-al-sisi-als-kuenftiger-praesident-im-gespraech-1.1766222 Umbruch in Ägypten – Militärchef al-Sisi als künftiger Präsident im Gespräch], Süddeutsche.de, 9. September 2013, abgerufen am 10. September 2013.</ref><br />
<br />
Abdel Hakim Gamal Abdel Nasser, der jüngste Sohn ehemaligen Staatspräsidenten [[Gamal Abdel Nasser]], war über mehrere Monate als potenzieller Präsidentschaftskandidat gehandelt worden. Als sich jedoch mögliche politische Ambitionen Sisis abzeichneten, hielt sich Nasser zurück. Am 28. September äußerte er in Gegenwart von Hunderten „Nasseristen“ zum 43. Todestag seines Vaters gegenüber der Zeitung ''Al-Masry Al-Youm'': „Ich hoffe, dass Generaloberst Al-Sisi Ägypten in der nächsten Phase führen wird.“<ref name="TA-de_2013-10-23" /><br />
<br />
Auch Mubarak schien nach Medienberichten als Bewunderer Sisis aufzutreten. Auf einer Tonbandaufnahme, die der ägyptischen Zeitung [[Youm7]] zugespielt wurde, nahm er in einer Diskussion mit Freunden über die politische Situation in Ägypten eine sich kaum von der Position der Putschregierung in Ägypten unterscheidende Haltung ein: Die Aussage einer auf dem Band sprechenden Person „Wir brauchen jemanden mit Verstand, jemanden aus der Armee“ ergänzte Mubarak mit „Es muss jemand vom Militär sein, jemand, der stark ist und klare Ziele hat. Es gibt gute Leute in der Armee.“<ref name="DW_2013-10-19_ZAM" /><br />
<br />
Nach Meldungen vom 9. Oktober hielt der „maßgeblich am Sturz Mursis beteiligte“ Militärchef Sisi in einem Interview offen, ob er eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2014 anstrebe. Er halte es derzeit für unangemessen, „diese Frage im Licht der Herausforderungen und Risiken zu stellen, die das Land durchmacht“.<ref name="Zeit-OL_2013-10-09-UWM" /> Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine heftige Diskussion über seine mögliche Präsidentschaftskandidatur im Gang, zu der man ihn durch Sammeln von Unterschriften zu bewegen versuchte.<ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /> Als Führer einer Allianz von bedeutenden Persönlichkeiten aus der Mubarak-Ära, Vertretern aus dem Polizei- und Militärapparat, der Business-Eliten und vieler Politiker, die nach der Revolution bekannt geworden waren, war sein Porträt „auf Plakatwänden, Schulranzen und auf Süssigkeiten“ allgegenwärtig.<ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /><ref name="Spiegel-Ol_2013-10-17_WGS" /> Die Online-Ausgabe des deutschen Massenblattes [[Bild (Zeitung)|Bild-Zeitung]] kommentierte im Zusammenhang mit dem fehlenden Ausschluss seiner Kandidatur im Interview Sisis und der Kandidatschaftskampagne für Sisi, die Armeeführung hätte politische Ambitionen zuvor stets bestritten, doch gelte der „aktuelle Übergangspräsident Adli Mansur […] im Grund genommen als Marionette al-Sisis“.<ref name="Bild-de_2013-10-09_ÄVN">[http://www.webcitation.org/6KKLdbVIM Ägypten vor neuer ZerreißprobeMord-Prozess gegen Mursi im November – Armeechef al-Sisi schließt Präsidentschaftskandidatur nicht aus – Bericht: USA streichen Militärhilfen], Bild.de, archiviert vom [http://www.bild.de/politik/ausland/aegypten-krise/mordprozess-gegen-mursi-im-november-32895054.bild.html Original] am 13. Oktober 2013.</ref> Mansur, der noch von Mubarak persönlich zum stellvertretenden Leiter des höchsten ägyptischen Gerichts ernannt worden war, kontrollierte als „Marionette des Militärs“ (Markus Bickel/''Die Zeit'') und Chef des Verfassungsgerichts seit dem Putsch gegen Mursi sowohl [[Legislative]] als auch [[Exekutive]] und vereinigte somit größtmögliche Verfügungsgewalt in seinem Amt.<ref name="FAZ_2013-07-06_GR">[http://www.webcitation.org/6KKRDfMo9 Staatsstreich in Ägypten – Die gestohlene Revolution], Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Juli 2013, von Markus Bickel, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/staatsstreich-in-aegypten-die-gestohlene-revolution-12273230.html Original] am 13. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Im Oktober veröffentlichte die mit den Islamisten sympathisierende Nachrichtenseite ''Rasd'' angeblich nicht freigegebene Audio-Mitschnitte, die aus einem Gespräch zwischen Sisi und Jasser Rizk, dem Chefredakteur der Staatszeitung ''Al-Masry Al-Youm'', stammen sollen und als Beleg dienen sollten, dass sich Militächef Sisi auch nach den im offiziellen politischen Fahrplan baldig vorgesehenen Neuwahlen und der Wahl einer neuen Regierung unabhängig vom Wahlausgang weitreichende Befugnisse sichern wolle, die ihn in seiner Position unantastbar machen. In dem von ''Rasd'' veröffentlichten Gespräch soll Sisi dem Chefredakteur sagen: „Sie sollten eine Kampagne starten mit anderen Intellektuellen zusammen. Fordern Sie, dass die Verfassung einen Artikel bekommt, der General Sisi Immunität gibt in seiner Position als Verteidigungsminister und ihm erlaubt, das Amt zu behalten. Auch für den Fall, dass er nicht Präsident wird.“<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-17_WGS" /><ref name="Rassd-com_Sisi-Rizk">[http://www.webcitation.org/6KRWkZazsرصد| السيسي: أبو الفتوح اخواني متطرف وياسر رزق يرد: الإخوان شواذ وأبو الفتوح مثلهم] (arabisch). leaks.rassd.com/, 16. Oktober 2013, archiviert vom [http://leaks.rassd.com/ Orignal] am 17. Oktober 2013. Link zum Livestream (Login erforderlich): [http://new.livestream.com/accounts/5809777/events/2478226/videos/32445506 رصد| السيسي: أبو الفتوح اخواني متطرف وياسر رزق يرد: الإخوان شواذ وأبو الفتوح مثلهم].</ref> Ob Sisi selbst bei den Präsidentschaftswahlen kandidieren wolle oder nicht, hatte der General weiterhin offengelassen. Die Unterschriftenkampagne mit der Forderung, dass Sisi der nächste Präsident wird, sollte zu diesem Zeitpunkt angeblich bereits Millionen Unterschriften gesammelt haben. Wer hinter der Kampagne stand, war nicht bekannt geworden.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-17_WGS">[http://www.webcitation.org/6KRUjBFJN Ägyptens Militärchef: Wie General Sisi seine Macht sichert], Spiegel Online, 17. Oktober 2013, von Raniah Salloum, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-sisi-gibt-die-macht-nicht-wieder-her-a-928330.html Original] am 17. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Mitte Oktober übermalten sowohl von der Regierung bezahlte Malertrupps, als auch Anwohner die Fassaden immer wieder mit weißer Farbe, die Nacht für Nacht erneut von Sisi-Gegnern mit Botschaften wie „C.C. Mörder“ oder „C.C. Verräter“ besprüht wurden (die Buchstaben „C.C.“ stehen Englisch ausgesprochen für den Namen des Militärchefs „Sisi“).<ref name="BZ_2013-10-21_PKU">[http://www.webcitation.org/6KXOYqtpN Street Art in Ägypten – Pinsel-Kampf um Kairos Fassaden], Berliner Zeitung, von Julia Gerlach, archiviert vom [http://www.berliner-zeitung.de/politik/street-art-in-aegypten-pinsel-kampf-um-kairos-fassaden,10808018,24721248.html Original] am 21. Oktober 2013.</ref> Im Klima eines „fanatischen Personenkults“ (Raniah Salloum/''Der Spiegel'') um die Person Sisis wurden abweichende Stimmen nicht geduldet und Gegner Sisis als Islamisten und Staatsfeinde eingestuft.<ref name="Spiegel-OL_2013-11-01_ÄTS" /><br />
<br />
{{Siehe auch|Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)#Präsidentschaftskandidatur Sisis|titel1=Abschnitt „Präsidentschaftskandidatur Sisis“ im Artikel „Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)“}}<br />
<br />
==== Militäroperation auf dem Sinai ====<br />
{{Hauptartikel|Sinai-Aufstand}}<br />
Nach dem Sturz von Husni Mubarak hatten sich in der nördlichen Sinai-Halbinsel islamistische Milizen und Schmugglerbanden etabliert.<ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS">[http://www.webcitation.org/6KSuajowp Demonstrationsrecht in Ägypten soll noch stärker eingeschränkt werden], derStandard.at, 17. Oktober 2013, archiviert vom [http://derstandard.at/1381368879744/Demonstrationsrecht-in-Aegypten-soll-noch-staerker-eingeschraenkt-werden Original] am 18. Oktober 2013.</ref> Die Region wurde zu einer Hochburg militanter Islamisten.<ref name="business-panorama_2013-10-11" /> Seitdem die Armee Anfang Juli Präsident Mursi stürzte, verstärkten Dschihadisten ihre Angriffe auf staatliche Einrichtungen, Polizeistationen und Militärstützpunkte deutlich auf dem Sinai.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-09_ASW" /><ref name="business-panorama_2013-10-11" /><ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-08-30_TAF">[http://www.webcitation.org/6JIdOwUxp Neue Unruhen in Ägypten – Tote am „Freitag der Entschlossenheit“], Süddeutsche.de, 30. August 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/neue-unruhen-in-aegypten-mehrere-menschen-kommen-am-freitag-der-entschlossenheit-ums-leben-1.1759281 Original] am 1. September 2013.</ref> Daraufhin ging die Armee bei einer Militäroffensive unter anderem massiv gegen bewaffnete Gruppen nahe der israelischen Grenze vor.<ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS" /><br />
<br />
Anfang September startete die ägyptische Armee gegen militante Islamisten, die auf der Sinai-Halbinsel Stützpunkte errichtet hatten, eine großangelegte Offensive<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-09_ASW">[http://www.webcitation.org/6KF6K9zQk Blutige Militärkampagne: Auf dem Sinai wächst die Wut auf Ägyptens Armee], Spiegel Online, 9. Oktober 2013, von Christoph Sydow, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-auf-dem-sinai-waechst-wut-auf-armee-und-sisi-a-926949.html Original] am 9. Oktober 2013.</ref> die als die größte derartige Offensive in der jüngeren Vergangenheit gilt.<ref name="Zeit-OL_2013-09-13_ETB" /> Bis Anfang Oktober beliefen sich die offiziellen Verluste der Sicherheitskräfte auf 125 Tote bei fast 1000 weiteren Verletzten.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-09_ASW" /><br />
<br />
Der Süden der strategisch wichtigen Sinai-Halbinsel, wo auch der Badeort [[Scharm El-Scheich]] liegt, blieb hingegen Anfang Oktober ruhig,<ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /> bis am 7. Oktober zwölf Polizisten starben und Dutzende verletzt wurden, als eine Autobombe vor dem Hauptquartier der Sicherheitskräfte in Al-Tur detonierte.<ref name="20min-ch_2013-10-07_1TN">[http://www.webcitation.org/6KCHJBfGs Sinai-Halbinsel - 12 Tote nach Anschlag auf Polizei und Militär], 20min.ch, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.20min.ch/ausland/news/story/Attentat-auf-aeygptisches-Hauptquartier-20030330 Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="Zeit-OL_2013-10-07_ZPS">[http://www.webcitation.org/6KCJqQT2N Ägypten - Zwölf Polizisten sterben bei Autobomben-Explosion], Zeit Online, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-10/aegypten-sinai-explosion-tote Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /><br />
<br />
Die staatlichen ägyptischen Medien unterstützten den Kurs der neuen Führung widerspruchslos und gaben an, dass die Bevölkerung auf dem Sinai, darunter Beduinen, Stammesführer und lokale Würdenträger, die Armeeoffensive begrüße. Die fast vollständige Abriegelung der Sinai-Halbinsel durch das Militär erschwerte es dagegen Journalisten, ein objektives Bild der Lage zu erhalten. Im September wurde der Reporter Ahmad Abu Draa, der zuvor von Angriffen der Armee auf Zivilisten berichtet hatte, von Sicherheitskräften festgenommen und vom Militär beschuldigt, Falschmeldungen zu verbreiten und einen „Informationskrieg“ gegen die Übergangsregierungstruppen zu führen.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-09_ASW" /><br />
<br />
Im Oktober wurde in den Medien gemeldet, dass es Journalistinnen der US-amerikanischen Online-Magazine ''Slate'' und ''McClatchy'' gelungen sei, auf den Sinai vorzudringen. Ihre Berichte bestätigen demnach Abu Draas Vorwürfe, dass die ägyptische Armee in der Region nicht nur gegen angebliche Aufständische vorgeht, sondern gegen jeden, der Kontakte mit mutmaßlichen Rebellen unterhält, womit in der von Stammesbeziehungen geprägten Beduinen-Gesellschaft fast jede Person betroffen sei.<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-09_ASW" /><ref name="Slate_2013-10-07_DCO">[http://www.webcitation.org/6KF6YV1bc Dark Clouds Over the Sinai – The military’s brutal North Sinai campaign is targeting civilians and militants alike] (englisch). Slate, 7. Oktober 2013, von Nadine Marroushi, archiviert vom [http://www.slate.com/articles/news_and_politics/foreigners/2013/10/abdel_fattah_al_sisi_s_sinai_campaign_egypt_s_military_is_targeting_civilians.single.html Original] am 9. Oktober 2013.</ref><br />
<ref name="McClatchy_2013-10-08_IES">[http://www.webcitation.org/6KF6pOZee In Egypt’s Sinai, military’s harsh campaign earns pledges of retaliation] (englisch). McClatchy, 8. Oktober 2013, von Nancy A. Youssef und Amina Ismail, archiviert vom [http://www.mcclatchydc.com/2013/10/08/204748/in-egypts-sinai-militarys-harsh.html Original] am 9. Oktober 2013.</ref><br />
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==== Aufkommende Konflikte zwischen liberalen Oppositionellen und Staatsapparat ====<br />
[[datei:Neither Morsi nor the military - Egypt's Third Square Movement seeks an alternative vision for the future.jpg|mini|Ende Juli 2013 demonstriert die kleine Gruppe „Dritter Platz“ am Sphinx-Platz in Kairo sowohl gegen die Führung der Muslimbruderschaft als auch gegen die militärgestützte Übergangsregierung.<ref name="VOA_2013-07-31_TSM">[http://www.webcitation.org/6NnvLvwep The Third Square Movement in Cairo] (englisch). Voice Of America, 31. Juli 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/media/photogallery/1713728.html Original] am 3. März 2014.</ref><ref name="VOA_2013-07-31_SEP" />]]<br />
Seit dem Putsch vom 3. Juli 2013 wurde der Tahrir-Platz von Pro-Militär-Demonstrationen dominiert, während sich Pro-Mursi-Demonstranten zunächst insbesondere in dem Protestlager auf dem Platz nahe der Rabia-al-Adawija-Moschee einrichteten. Die ägyptische Bevölkerung spaltete sich gleichermaßen in die beiden Gruppen der Mursi- und der Militär-Unterstützer auf, die beide beanspruchten, den Aufstand von 2011 fortzusetzen.<ref name="VOA_2013-07-31_SEP" /> Als Ausnahme von dieser Zweiteilung der Gesellschaft demonstrierte am 28. Juli 2013, nach dem Schrecken des Blutbades der Sicherheitskräfte an 80 (nach neueren Quellen: fast 100<ref name="HRW_2013-12-10_NAO" />) Muslimbrüdern vom 27. Juli, die kleine Gruppe ''AlMidan AlTalat'' („Der dritte Platz“) mit rund 100 bis 300 Liberalen, Linken und moderate Islamisten auf einem „dritten Platz“, dem Sphinx-Platz in Kairo-Gizeh, sowohl gegen Mursi, als auch gegen das Militär, sprach sich für einen „dritten Weg“ aus und lehnte sowohl die Führung der Muslimbruderschaft ab als auch sie von der Armee eingesetzte Übergangsregierung.<ref name="VOA_2013-07-31_SEP" /><ref name="VOA_2013-07-31_ETS" /><ref name="ZeitOL_2013-07-29_PiK">[http://www.webcitation.org/6LqALOm8j Ägypten - Der Protest in Kairo kennt mehr als zwei Seiten], Zeit Online, 29. Juli 2013, von Ragnar Weilandt, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-proteste-dritter-platz/komplettansicht Original] am 13. Dezember 2013.</ref> Nach Medienangaben handelte es sich jedoch bei ihren Mitgliedern um junge und wohlhabende, urbane Menschen, die als „ein paar einsame ägyptische Aktivisten“ versuchten, einen Mittelweg durch die landesweite Kluft zwischen Muslimbruderschaft und Unterstützern des Militärputsches gegen Präsident Mursi zu finden.<ref name="VOA_2013-07-31_ETS" /><ref name="VOA_2013-07-31_SEP">[http://www.webcitation.org/6Nnvk8IZW Some Egyptian Protesters Promote Third Way], Voice Of America, 31. July 2013, by Heather Murdock, archived from the [http://www.voanews.com/content/some-egytians-promote-third-way-called-third-square/1713889.html original] on 3. March 2014.</ref> Die Tamarod-Gruppe, die die Anti-Mursi-Massenproteste organisiert hatte und nach dem Putsch die von der Armee installierte Übergangsregierung unterstützte, beschuldigte die „Dritter Platz“-Gruppe, die ägyptischen „revolutionären Kräfte“ aufzusplittern.<ref name="VOA_2013-07-31_ETS">[http://www.webcitation.org/6No070sPD Egypt's ‘Third Square’ Protests Reject Army, Islamists] (englisch). Voice Of America, 31. Juli 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/content/egypt-third-square-protestes-reject-army-islamists/1713745.html Original] am 3. März 2014 (Quelle: Reuters).</ref><ref name="ZeitOL_2013-07-29_PiK" /><br />
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Während die salafistische Al-Nur-Partei, die sich bereit erklärt hatten, an der Gestaltung der Übergangsperiode mitzuwirken, von staatlicher Repression ausgenommen wurde,<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-17_JFV" /> teilten im September Medienberichte mit, dass sich die Machthaber nach dem Putsch nicht darauf beschränkten, die Muslimbrüder und ihre Verbündeten mit großer Härte zu bekämpfen,<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-17_JFV" /><ref name="Zeit-OL_2013-09-08_JGE" /> sondern sich auch die Aktivisten der „Demokratiebewegung“ von ihnen bedroht sahen.<ref name="Zeit-OL_2013-09-08_JGE" /> Repressionen der Staatsführung richteten sich demnach nicht nur gegen die Muslimbrüder und andere Unterstützer des vom Militär gestürzten Präsidenten, sondern auch gegen die säkulare Opposition, so dass auch Linke, Liberale und Gewerkschafter von der Willkür der Machthaber betroffen seien.<ref name="taz_2013-09-13_SOV">[http://www.webcitation.org/6JfwS4txW Repression in Ägypten – Säkulare Opposition im Visier], die tageszeitung, 13. September 2013, von Jannis Hagmann, archiviert vom [http://www.taz.de/Repression-in-Aegypten-/!123625/ Original] am 16. September 2013.</ref> So protestierten mehrere Hundert Demonstranten vor der Generalstaatsanwaltschaft in Kairo mit Slogans auf ihren Transparenten wie „Achtung, der Mubarak-Staat ist wieder da!“ und Parolen wie „Nieder mit der Militärherrschaft!“ oder „Lasst alle Gefangenen frei!“. „Unter säkularen Aktivisten“, urteilte Martin Gehlen in der ''Zeit'', gehe „inzwischen die Angst um, der Sicherheitsapparat werde sich nach den Muslimbrüdern nun auch die Kritiker aus den Reihen der Demokratiebewegung vorknöpfen.“ Während die „Hetzkampagnen in den gleichgeschalteten TV-Kanälen“ ungebrochen anhielten, würden sich die Anzeichen mehren, so Gehlen, „dass auch nicht-islamistische Oppositionelle mit exemplarischen Festnahmen, Gerüchten über Ermittlungsverfahren, Verhören sowie Anklagedrohungen zum Schweigen gebracht werden sollen“.<ref name="Zeit-OL_2013-09-08_JGE">[http://www.webcitation.org/6KCsDrjVh Ägypten – Jetzt geht es gegen die liberalen Regimegegner], Zeit Online, 8. September 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-09/aegypten-opposition-verhaftung Original] am 8. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
===== Mohamed el-Baradei =====<br />
Als frühes Beispiel wurde dem nach Wien geflohenen Mohamed el-Baradei, der sein Amt als Interims-Vizepräsident aus Protest gegen das Blutbad der Sicherheitskräfte Mitte August niedergelegt hatte, von der Justiz ein Prozess angekündigt, weil er das „öffentliche Vertrauen“ verraten habe.<ref name="Zeit-OL_2013-09-08_JGE" /><br />
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===== Wael Ghonim, Amr Hamzawy, Israa Abdel Fatta, Ahmed Maher und Andere =====<br />
<gallery perrow="2" class="float-right"><br />
Datei:Amr Hamzawy cropped.jpg|[[Amr Hamzawy]]<br />
Datei:Wael ghonim.jpg|[[Wael Ghonim]]<br />
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Im weiteren Verlauf kam es laut Heba Moreyef von [[Human Rights Watch]] zu einer Einschüchterungskampagne des Machtapparates, beispielsweise gegen 35 der prominentesten Oppositionellen des Volksaufstandes gegen Mubarak von 2011. Darunter befanden sich der international bekannte Blogger [[Wael Ghonim]], der liberale Politologe, Menschenrechtler und Vorsitzende der oppositionellen ''Partei Freiheitliches Ägypten'', [[Amr Hamzawy]] sowie die Mitbegründer der [[Jugendbewegung des 6. April|Demokratiebewegung 6. April]], [[Israa Abdel Fattah]] und [[Ahmed Maher (Politiker)|Ahmed Maher]], die alle beschuldigt wurden, für ihre politischen Aktivitäten finanzielle Leistungen von den USA und anderen Staaten erhalten zu haben. Bei diesen Maßnahmen handele es sich um eine einschüchternde Warnung für „die gesamte [[Nichtregierungsorganisation|NGO]]-Szene“, da die neuen [[Autoritarismus|autoritären]] Machthaber nach dem Putsch gegen Mursi, wie dieser zuvor selbst auch, „nicht an einer politisch agilen [[Zivilgesellschaft]] interessiert“ seien.<ref name="Zeit-OL_2013-09-08_JGE" /><br />
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Die als Mitbegründerin der ''Jugendbewegung des 6. April'' 2011 unter anderem für die Förderung von Gewaltlosigkeit der Proteste für den Friedensnobelpreis nominierte Israa Abdel Fattah hatte selbst die Tötung der von ihr als Terroristen verunglimpften Pro-Mursi-Demonstranten durch das Militär gerechtfertigt.<ref name="Süddeutsche-de_2011-10-06_FFF">[http://www.webcitation.org/6KgRKk1rR Kandidaten für die Auszeichnung 2011 – Frauen, Facebook, Friedensnobelpreis], Süddeutsche Zeitung, 6. Oktober 2011, von Lydia Bentsche, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/kandidaten-fuer-die-auszeichnung-frauen-facebook-friedensnobelpreis-1.1154652 Original] am 27. Oktober 2013.</ref><ref name="JMEPP_CWE">[http://www.webcitation.org/6KgSh9T3S A Conversation with Esraa Abdelfattah and Bassel Adel] (englisch). Journal of Middle Eastern Public Policy, Hardvard Kennedy School of Government, 21. Oktober 2013, von Avery Schmidt, archiviert vom [http://hksjmepp.com/a-conversation-with-esraa-abdelfattah-and-bassel-adel/ Original] am 27. Oktober 2013.</ref><ref name="WashingtonPost_2013-07-21_EDA">[http://www.webcitation.org/6KgUSLbTH Egypt’s ‘democrats’ abandon democracy] (englisch). The Washington Post, 21. Juli 2013, von Jackson Diehl, archiviert vom [http://articles.washingtonpost.com/2013-07-21/opinions/40713614_1_facebook-page-cairo-mohamed-morsi Original] am 27. Oktober 2013.</ref><ref name="Welt_2013-08-21_PTD">[http://www.webcitation.org/6KgTlqfqL Ägyptens Krise – Der Putsch, ein Todesstoß für die Demokratie], Die Welt, 21. August 2013, von Ian Buruma, archiviert vom [http://www.welt.de/debatte/kommentare/article119238170/Der-Putsch-ein-Todesstoss-fuer-die-Demokratie.html Original] am 27. Oktober 2013.</ref><ref name="DailyBeast_2013-10-07_EMH">[http://www.webcitation.org/6KgT5vkFP Egypt’s Military Holiday Marred By Deaths] (englisch). The Daily Beast, 7. Oktober 2013, von Alastair Beach, archiviert vom [http://www.thedailybeast.com/articles/2013/10/07/egypt-s-military-holiday-marred-by-deaths.html Original] am 27. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Amr Hamzawy sagte Anfang August, die neuen Machthaber hätten eine „Treibjagd“ auf all jene veranstaltet, die gegen Menschenrechtsverletzungen protestierten und Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einforderten oder zur Versöhnung der beiden verfeindeten Lager aufriefen.<ref name="Zeit-OL_2013-08-09_AUD">[http://www.webcitation.org/6LjSytcOg Ägypten - "Auf uns Demokraten findet eine Treibjagd statt"], Zeit Online, 9. August 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-verhandlungen-muslimbrueder-interview-amr-hamzawy Original] am 9. Dezember 2013.</ref><ref name="Zeit-OL_2013-12-04_KÄD">[http://www.webcitation.org/6LjTKzTWJ Demokratiebewegung - Kommt Ägyptens dritte Revolution?], Zeit Online, 4. Dezember 2013, von Andrea Backhaus, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-12/aegypten-jugendbewegung-6-april Original] am 9. Dezember 2013.</ref><br />
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===== Ahmed Abu Daraa und Haitham Mohamadeen =====<br />
In der ersten Septemberhälfte wurde der investigative Journalist Ahmed Abu Daraa verhaftet und verhört sowie in der Presse als „Terrorist“ bezeichnet, nachdem er Ende August darüber berichtet hatte, dass durch Angriffe von Apache-Hubschraubern auf angebliche Extremisten-Verstecke auch Häuser von Zivilisten zerstört wurden.<ref name="Zeit-OL_2013-09-08_JGE" /> Seine Berichte über Angriffe der Armee gegen islamistische Rebellen auf dem Sinai widersprachen den offiziellen Angaben, worauf er unter dem Vorwurf vor das Militärgericht gestellt wurde, Falschinformationen über das Militär verbreitet zu haben.<ref name="taz_2013-09-13_SOV" /> Zuvor war Ahmed Abu Daraa besonders durch Reportagen über den [[Menschenschmuggel]] auf dem Sinai bekannt wurde, in den er auch Polizei und Militär als verwickelt ansah. Laut Robert Mahoney von der Nichtregierungsorganisation [[Committee to Protect Journalists]] (CPJ) erinnere „die Festnahme von Ahmed Abu Deraa […] an die Mubarak-Ära, in der Journalisten massiv gehindert wurden, über Aktivitäten des Militärs auf der Sinai-Halbinsel zu berichten“.<ref name="Zeit-OL_2013-09-08_JGE" /> Der Prozess gegen Abu Daraa rief in Ägypten große Aufmerksamkeit hervor, da er gleichzeitig die Frage der Pressefreiheit und die der Militärprozesse gegen Zivilisten berührte und damit zwei zentrale Forderungen des zurückliegenden Volksaufstandes gegen Husni Mubarak.<ref name="DW_2013-09-29_MFÄ">[http://www.webcitation.org/6KBygTpEU Ägypten – Maulkorb für Ägyptens Medien], Deutsche Welle, 29. September 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://dw.de/p/19qKO Original] am 7. Oktober 2013.</ref><br />
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Zur selben Zeit wie Daraa wurde auch Haitham Mohamadeen verhaftet und verhört, ein Arbeiter- und Menschenrechtsanwalt und Mitbegründer der Partei revolutionärer Sozialisten, die sich als eine der wenigen säkularen Gruppierungen gegen die neue Militärherrschaft der Putschisten gegen Mursi ausgesprochen hatte.<ref name="Zeit-OL_2013-09-08_JGE" /> Er galt als „eines der bekannten Gesichter der Revolution“ und wurde Anfang September beschuldigt, einer Geheimorganisation anzugehören, war jedoch Mitte September wieder auf freiem Fuß.<ref name="taz_2013-09-13_SOV" /><br />
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Laut Mohammed Kamal, Mitglied im Führungsbüro der [[Jugendbewegung des 6. April|Bewegung des 6. April]], waren die Verhaftungen Teil der Bekämpfung der revolutionären Opposition von 2011 durch das Putschregime von 2013: „Das Regime wendet sich gegen alle Revolutionäre vom 25. Januar 2011“. Die Aktivisten der Bewegung des 6. April, die während der ägyptischen Revolution 2011 maßgeblich am Sturz Husni Mubaraks beteiligt waren und weltweit als „Helden des Arabischen Frühlings“ gefeiert wurden, sollen nach dem Militärputsch gegen Mursi „endgültig in die Defensive“ (''taz'') gegenüber der neuen säkulare Führung geraten sein, die gegen Oppositionelle vorgehe. Laut Kamal würden die Aktivisten der 6.-April-Bewegung nun von fast allen TV-Kanälen ausgeschlossen und auch Falschnachrichten gezielt verbreitet, um kritische Gruppierungen zu diskreditieren. Trotz einer im Verfassungskomitee festgehaltenen offizielle Quote für die Jugend seien die Aktivisten des 6. April nicht berücksichtigt worden. Profiteur sei die [[Tamarod]]-Bewegung, die als jene Bewegung, die erfolgreich gegen den Präsidenten Mursi mobilisiert hatte und jetzt bedingungslos das Militär unterstützte, anstelle der Bewegung des 6.-April zwei Personen in das Verfassungskomitee entsenden durfte.<ref name="taz_2013-09-13_SOV" /> Laut Bahieddin Hassan, Direktor des ''Cairo Institute for Human Rights Studies'' wurden auch Mitarbeiter lokaler Menschenrechtsgruppen durch die neuen Machthaber nach dem Putsch „als fünfte Kolonne der Muslimbrüder verteufelt, als ausländische Agenten oder als Homosexuelle“.<ref name="Zeit-OL_2013-09-08_JGE" /><br />
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===== Bassem Youssef =====<br />
[[Bassem Youssef]], der mit den Protesten 2011 zum YouTube-Star avanciert war, während Mursis Präsidentschaft als TV-Satiriker Mursi angegriffen hatte und deswegen schon vor Gericht hatte erscheinen müssen und auf Kaution wieder freigelassen worden war, trat in der ersten Folge seiner Sendung „Al-Barnameg“ (Die Show) nach dem Militärputsch, die am 25. Oktober ausgestrahlt wurde, gegen General Sisi zwar weniger direkt und hart auf als gegen Mursi, verspottete Sisi jedoch deutlich.<ref name="Spiegel-OL_2013-11-01_ÄTS" /><ref name="Tagesspiegel_2013-11-02_NWÜ" /> Er zog darin in Zweifel, ob tatsächlich eine Volksrevolution hinter Mursis Entmachtung stehe. Zudem machte er sich über die Berichterstattung in den Medien lustig, die die Zahl der Demonstranten, die Ende Juni gegen Mursi auf die Straße gingen, maßlos übertrieben hätten<ref name="u-h-de_2013-11-02_FVB">[http://www.webcitation.org/6Kprzg9MH Ägypten: Fernsehshow von bekanntem ägyptischen Satiriker abgesetzt], unternehmen-heute.de, 2. November 2013, archiviert vom [http://unternehmen-heute.de/news.php?newsid=201813 Original] am 2. November 2013.</ref> und verulkte den Personenkult um den Militärchef Sisi.<ref name="Tagesspiegel_2013-11-02_NWÜ" /> In seiner wöchentlichen Zeitungskolumne schrieb er unter dem Titel „Ägyptens Rutsch nach rechts“: „Ich kann die Intoleranz religiöser Bewegungen verstehen und ihre Tendenz nach rechts. Aber ich kann diejenigen nicht verstehen, die behaupten, Liberalismus und Freiheit zu verteidigen, und letztendlich noch intoleranter als die Religiösen sind.“<ref name="Spiegel-OL_2013-11-01_ÄTS" /><br />
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Die Staatsanwaltschaft nahm nach einer Anzeige, Youssef beleidige als TV-Moderator die Streitkräfte und rufe zu Chaos auf, Ermittlungen auf.<ref name="u-h-de_2013-11-02_FVB" /><ref name="Spiegel-OL_2013-11-01_ÄTS">[http://www.webcitation.org/6KpsrOJOP Ägyptens TV-Star: Dr. Youssef testet die Grenzen der Freiheit], Spiegel Online, 1. November 2013, von Raniah Salloum, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/bassem-youssef-aegyptens-komiker-fordert-das-militaer-heraus-a-930707.html Original] am 2. November 2013.</ref> Die TV-Sendung des bekannten Satirikers wurde nach seiner Kritik an der Militärführung wenige Minuten vor der geplanten Ausstrahlung der zweiten Folge am 1. November abgesetzt, da der Moderator und die Produzenten laut dem Privat-Sender CBC in der im Voraus aufgezeichneten Folge „die redaktionellen Grundsätze verletzt“ verletzt hätten. Auch öffentlich wurde Youssef für die Verspottung Siss angefeindet. Mehrere Facebook-Gruppen forderten seine Verhaftung.<ref name="u-h-de_2013-11-02_FVB" /><ref name="Tagesspiegel_2013-11-02_NWÜ" /> Auch in der zweiten Folge waren Verspottungen des Militächefs Sisi vorgesehen gewesen.<ref name="Tagesspiegel_2013-11-02_NWÜ">[http://www.webcitation.org/6KtBYHxKC Nach Witzen über Militärchef Ägyptischer Sender setzt Satire-Show], Der Tagesspiegel, 2. November 2013, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/medien/nach-witzen-ueber-militaerchef-aegyptischer-sender-setzt-satire-show/9020054.html Original] am 5. November 2013.</ref><br />
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===== Meinungen und Wertungen =====<br />
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Ezzedine Choukri Fishere, ehemaliger ägyptischer Botschafter in Israel, machte zwar Ende August die Muslimbrüder weiterhin für den Militärputsch verantwortlich, indem er ihnen vorwarf, das Militär zur Absetzung Mursis eingeladen zu haben. Doch bezeichnete er das Militär dabei selbst als undemokratisch und sah den Zeitrahmen, in dem eine „stabile Demokratie“ den Autoritarismus ablösen werde, als ungeklärte Frage an. Obwohl er sich von der Betrachtung der Ereignisse als Putsch oder Coup distanzierte, sprach er davon, dass „sich in Ägypten Demokraten mit der Diktatur arrangieren“ und es keine Alternative dazu gebe, „um Ägypten in die Richtung einer pluralistischen Demokratie zu lenken“, auch wenn im Laufe der Ereignisse „Hunderte von unschuldigen Zivilisten getötet“ worden seien. Letztendlich zähle er darauf, dass „keine der beiden nicht demokratischen Kräfte Ägypten dauerhaft beherrschen können [werde], weder die Muslimbruderschaft noch das Militär“. Die Generäle könnten sich seiner Ansicht nach ihre Unterstützung nicht mehr allein durch Manipulation der Medien, Erfindung und Lancierung politischer Figuren und Wahlfälschung versichern.<ref name="Zeit_2013-08-29_EGN">[http://www.webcitation.org/6JwWbUJHa Ägypten – Es ging nicht anders], Die Zeit, 29. August 2013, von Ezzedine Choukri Fishere, archiviert vom [http://www.zeit.de/2013/36/aegypten-militaerputsch-demokraten-diktatur-fishere Original] am 27. September 2013.</ref><br />
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Nach Einschätzung von Cilja Harders, Leiterin der Arbeitsstelle „Politik des Vorderen Orients“ an der Freien Universität Berlin, von Ende August, müsse das Militär sein hartes Vorgehen gegen die Islamisten auf wenige Monate beschränken und in diesem Zeitraum sein Versprechen von Sicherheit und Stabilität einlösen, um den Rückhalt von anderen politischen Kreisen nicht zu verlieren: „Wenn die anderen politischen Kräfte den Eindruck gewinnen, dass sich die Repression im Zweifel auch gegen sie selbst wenden kann, werden sie eine harte Linie des Militärs nicht endlos weitertragen.“<ref name="DW_2013-08-31_WWN" /><br />
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Der Leiter der ''Egyptian federation of independent trade unions'' (EFITU), einer Gruppe, die während der zur Absetzung Mubaraks führenden Aufstände von 2011 gegründet worden war, warnte Ende September, Ägypten könne eine „dritte Revolution“ bevorstehen, wenn die Interimsregierung nicht den Forderungen der frustrierten Arbeiterbewegung entgegenkomme. Forscher wiesen zudem darauf hin, dass eine Auflösung der Muslimbruderschaft einen verheerenden Effekt auf deren Fähigkeit haben würde, humanitäre Programme aufrechtzuerhalten, die in der Vergangenheit medizinische Hilfe und Nahrung für Millionen von Ägyptern geboten hatten. Steven Brooke, der als Wissenschaftler das Ausmaß der Sozialarbeit der Muslimbruderschaft untersuchte, sagte, jede Entscheidung zu einem Verbot der Muslimbruderschaft werde starke soziale Auswirkungen haben. Das von der Muslimbruderschaft geleistete Ausmaß an medizinischer Hilfe könne nicht von dem dazu unfähigen Staat und nur schwer von anderen Wohlfahrtsverbänden erreicht werden.<ref name="Guardian_2013-09-25_EFT">[http://www.webcitation.org/6KDLhnLpl Egypt faces third revolution unless workers’ demands are met, warns union] (englisch). The Guardian, 25. September 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/sep/25/egypt-third-revolution-workers-union Original] am 8. Oktober 2013.</ref> Der Nahostexperte Michael Lüders sagte, durch das Einfrieren des Vermögens der Muslimbrüder werde dieses Geld den vielen Ägyptern, die von der Muslimbruderschaft unterstützt worden sind, verloren gehen, während die sich aus der Generalität rekrutierende Machtclique nicht an Investitionen in die Entwicklung des Landes interessiert sei.<ref name="3sat_2013-10-18_IMM" /><br />
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Martin Gehlen warf dem militärgestützten Regime Anfang Oktober in der ''Zeit'' eine Politik von „Ressentiments, Ausländerhass und Größenwahn“ vor, die keinen Widerspruch westlicher Vertreter bei der Einstufung der Muslimbruderschaft als terroristische Vereinigung gelten lasse: „Die Anhänger der neuen herrschenden Klasse fantasieren ihre Heimat inzwischen hoch zum globalen Vorbild im Kampf gegen den Terrorismus. Wie aggressive [[Sekte]]n</b>missionare fallen sie über jeden westlichen Gesprächspartner her, bezichtigen ihn der Ignoranz, seine Regierung als fünfte Kolonne der Muslimbrüder und willigen Mitläufer einer amerikanisch-israelischen Megaverschwörung zur Aufteilung Ägyptens. Wer dieses gegen jede Kritik immunisierte Terroristen-Narrativ nicht teilt, ist als Gesprächspartner von vorneherein verdächtig. Anreisende westliche Politiker, die für eine Reintegration der Muslimbrüder werben, werden bestenfalls noch höflich angehört. Stattdessen greifen faktenfreie Ressentiments, blinder Ausländerhass und chauvinistischer Größenwahn in so massiver Weise um sich, als habe es die politische Selbstbefreiung des 80-Millionen-Volkes mit ihrer Revolution im Januar 2011 nie gegeben.“<ref name="Zeit-OL_2013-10-06_ÄPZ">[http://www.webcitation.org/6KArNLtuP Militärherrschaft – Ägypten – polarisiert, zerrüttet und gelähmt], Zeit Online, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-10/aegypten-proteste-muslimbrueder-militaer-kommentar Original] am 6. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Patrick Kingsley berichtete Anfang Oktober im ''Guardian'', dass, während Unterstützer Mursis ihren Protest gegen die „brutale“ Behandlung von Islamisten durch die Armee oft bis hinein in die nächtliche Ausgangssperre fortsetzen würden, eine noch kleinere Minderheit der Ägypter während der Sperrstunde durch [[Cacerolazo|Schlagen auf Töpfe und Pfannen]] von ihren Küchenfenstern aus ihrer Opposition gegenüber dem [[Autoritarismus]] sowohl der Armee als auch der Muslimbruderschaft Ausdruck verleihen wollten.<ref name="Guardian_2013-10-06_CUC">[http://www.webcitation.org/6KC6UjjJk Cairo under the curfew: all-night parties](englisch). The Guardian, 6. Oktober 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/oct/06/cairo-curfew-all-night-parties Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-10-07_DPK">[http://www.webcitation.org/6KC4j3aoM Egypt: dozens of protesters killed as rival factions tear Cairo apart] (englisch). The Guardian, 7. Oktober 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/oct/06/egypt-cairo-morsi-yom-kippur Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="DNE_2013-08-19_MND">[http://www.webcitation.org/6KC7k3GHO Masmou3: Noise as dissent] (englisch). Daily News Egypt, 19. August 2013, von Rana Muhammad Taha, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2013/08/19/masmou3-noise-as-dissent/ Original] am 7. Oktober 2013.</ref> Die Mehrheit der Ägypter sehe als Auswahl jedoch nur Armee oder Muslimbruderschaft an und habe sich auf die Seite der Armee gestellt.<ref name="Guardian_2013-10-06_CUC" /><br />
<br />
Menschenrechtsorganisationen stuften das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte nach dem Sturz Mursis als schlimmer ein als in den letzten Mubarak-Jahren, als Beschwerden zumindest gelegentlich nachgegangen worden sei. Das Innenministerium wurde nun von Mohammed Ibrahim geführt, der für sein blutiges Vorgehen, wie beispielsweise in einem Lager von Flüchtlingen aus dem Sudan im Jahr 2005, bekannt war. Anfang Oktober befürchteten Menschenrechtsorganisationen eine Ausweitung des von Staatsrepressalien gefährdeten Kreises. Bei den in den vorangegangenen Wochen vorgenommenen Festnahmen von allein in Kairo über 3000 Anhängern Mursis war die Polizei oft überfallartig im Morgengrauen in Wohnungen eingebrochen, obwohl die Gesuchten keinen Widerstand leisteten. Dies wurde als Versuch gewertet, wieder ein Klima der Angst zu verbreiten. Rashid Hammuda, ein in London lebender Politologe, wertete in einer ägyptischen Tageszeitung die Verhaftung von Mohamadeen und Daraa sowie die Polizeirazzia in einem Büro der Jugendorganisation 6. April als klare Warnung der Militärführung an die revolutionäre Jugend, die Militärführung könne mit den Revolutionären dasselbe tun wie mit den Muslimbrüdern. Ahmed Maher von der Jugendbewegung 6. April erklärte, man sei wieder auf den Anfang zurückgeworfen. Die Jugendbewegung 6. April führte die ersten, vorsichtigen Proteste gegen die Verlängerung des Ausnahmezustandes an, zu denen – wie Astrid Frefel in der NZZ kommentierte, „wieder ebenso viel Mut wie am 25. Januar 2011“ gehörte habe.<ref name="NZZ_2013-10-07_ATK">[http://www.webcitation.org/6KCLQnyqL Staatliche Repression in Ägypten – Anti-Terror-Kampagne wie zur Zeit Mubaraks], Neue Zürcher Zeitung, 7. Oktober 2013, von Astrid Frefel, archiviert vom [http://www.nzz.ch/aktuell/international/auslandnachrichten/anti-terror-kampagne-wie-zur-zeit-mubaraks-1.18163576 Original] am 7. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Das ''Arabische Netzwerk für Menschenrechte'' gab an, das Justizministerium habe zwei neue Gesetze mit einer weit gefassten, unklaren Definition des Begriffs „Terror“ ausgearbeitet, unter die praktisch jeder Protest falle, um Restriktionen gegen Regimekritiker durchzusetzen. Dies bedeute eine Umkehr der Errungenschaften der Revolution von 2011 und zeige die Absicht des Staates, die Menschen zum Schweigen zu bringen und zu einem Polizeistaat zurückzukehren. Zudem dehnte die Übergangsregierung die Untersuchungshaft für schwere Anschuldigungen von 15 auf 45 Tage aus und das Justizministerium übertrug den privaten Sicherheitsdiensten an den Universitäten polizeiliche Vollmachten. Vertreter der Übergangsregierung, insbesondere liberale Minister, betonten dagegen immer wieder, es sei nicht von einer Rückkehr zu einem Polizeistaat zu sprechen, sondern es gelte die Gefahr durch die Muslimbruderschaft zu bannen.<ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /><br />
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Das [[Editorial]] des ''Guardian'' vom 9. Oktober bezeichnete Ägypten als „Land im Griff einer Diktatur“, für das neben den Tötungen auch die Anzahl der das Land verlassenden Ägypter signifikant sei sowie die Bestätigung vieler, die in Opposition zu Mursi gestanden hatten wie etwa el-Baradei, dass Ägypten sich nun in Richtung des „[[Faschismus]]“ bewegte.<ref name="Guardian_2013-10-09_FBW" /> Opponenten würden als Nicht-Ägypter gebrandmarkt. So hatte el-Baradei Ende September öffentlich über Twitter gemahnt, in Ägypten laufe eine „systematische faschistische Kampagne von ‘hoheitlichen Quellen’ und ‘unabhängigen’ Medien gegen das Beharren auf dem Wert des Menschenlebens und der Unumgänglichkeit des nationalen Konsens“. El-Baradei war selbst Ziel einer Schmähkampagne von Journalisten und Politikern geworden, die seinen Rücktritt als Vizepräsident der Interimsregierung als „unpatriotisch“ bezeichnet hatten und ihn beschuldigten, die Übergangsregierung in einem kritischen Moment im Stich gelassen zu haben. Später wurde er beschuldigt, mit der internationalen Muslimbruderschaft kollaboriert zu haben, um die post-Mursi-Übergangsregierung zu sabotieren.<ref name="Ahram-OL_2013-09-29_EWA">[http://www.webcitation.org/6KHoah3kp ElBaradei warns against 'fascist’ media campaign in Egypt] (englisch). Ahram Online, 29. September 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/82756/Egypt/Politics-/ElBaradei-warns-against-fascist-media-campaign-in-.aspx Original] am 11. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Khaled Dawoud, Sprecher der liberalen Al-Dustour-Partei, der bis Anfang Juli ein ganzes Jahr lang gegen die Herrschaft der Muslimbrüder gekämpft hatte und sich überzeugt davon gab, dass die Führungsriege der Muslimbruderschaft Straftaten begangen habe, für die sie vor Gericht gehöre, beobachtete die Prozesse gegen Mursi und die anderen dennoch mit Skepsis. Seiner Darstellung nac, waren die Prozesse Teil eines Plans, der die Muslimbruderschaft vernichten und demütigen sollte, zumal beide Seiten von den Hardlinern dominiert würden: „Auf der einen Seite steht der Sicherheitsapparat von Mubarak, auf der anderen Seite die greise Führungsgarde der Muslimbruderschaft. Keiner will Kompromisse eingehen.“<ref name="tagesschau-de_2013-11-04_MWM" /><ref name="tagesschau-de_2013-11-04_PGM-audio">[http://www.webcitation.org/6Kt62GXhh Audio: Prozess gegen Mursi in Kairo beginnt] ([http://www.webcitation.org/6Kt5zprrl MP3], archiviert vom [http://media.tagesschau.de/audio/2013/1104/AU-20131104-0447-5701.mp3 Original] (MP3; 1,4&nbsp;MB) am 4. November 2013), tagesschau.de, 4. November 2013, von Jürgen Stryjak (SWR, Kairo), archiviert vom [http://www.tagesschau.de/multimedia/audio/audio113626.html Original] am 4. November 2013.</ref><br />
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{{Siehe auch|Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)#Verschiebung der Anti-Muslimbruderschaft-Allianz|titel1=Abschnitt „Verschiebung der Anti-Muslimbruderschaft-Allianz“ im Artikel „Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)“}}<br />
<br />
==== Proteste an Universitäten ====<br />
Seit Mitte September das neue akademische Jahr begonnen hatte, wurden die großen Universitäten des Landes regelmäßig Schauplatz von Demonstrationen unter dem Motto „Studenten gegen den Putsch“. Die Studierenden verlangten insbesondere die Freilassung aller in den vorangegangen Wochen verhafteten Kommilitonen, beklagten sich jedoch auch über die schlechten Bedingungen an den Universitäten. Vereinzelt gab es Zusammenstöße mit Studenten, die sich hinter das Militär und die von ihm eingesetzte Übergangsführung stellen.<ref name="derStandard-at_2013-10-02_AWÄ">[http://www.webcitation.org/6K8YqzaEp Ashton will ägyptischen Dialog anstoßen], derStandard.at, 2. Oktober 2013 (Printversion: Der Standard, 3. Oktober 2013), von Astrid Frefel, archiviert vom [http://derstandard.at/1379292875086/Catherine-Ashton-will-aegyptischen-Dialog-anstossen Original] am 5. Oktober 2013.</ref> Damit hatten die aus dem Putsch gegen Mursi hervorgegangenen Unruhen in Ägypten auch die Universitäten des Landes erfasst.<ref name="ORF-at_2013-09-29_UAÄ" /> <br />
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===== Ablauf =====<br />
[[Datei:Female students watching a protest against coup government and media - Al-Azhar University Cairo 11-Dec-2013.jpg|mini|Studentinnen verfolgen eine Protestveranstaltung gegen Übergangsregierung und Medien an der Kairoer Al-Azhar-Universität (11. Dezember 2013).<ref name="VOA_2013-12-11_PIC" />]]<br />
[[Datei:Female Islamist students and police - protest at Al-Azhar University Cairo 11-Dec2013.jpg|mini|Islamistische Studentinnen sprechen während eines Protests an der Al-Azhar-Universität mit der Bereitschaftspolizei (11. Dezember 2013).<ref name="VOA_2013-12-11_PIC" />]]<br />
[[Datei:Tear gas during protests at Al-Azhar University in Cairo 11-Dec-2013.jpg|mini|Menschen durchqueren während einer Demonstration an der Al-Azhar-Universität eine Tränengaswolke (11. Dezember 2013).<ref name="VOA_2013-12-11_PIC" />]]<br />
Mindestens 29 Menschen wurden verletzt, als es nach Angaben staatlicher Medien und Sicherheitskreise am 28. September zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern Musis in drei Hochschulen in Kairo und Städten im Nil-Delta kam. Einige Beteiligte trugen demnach Schusswaffen und Brandsätze bei sich.<ref name="ORF-at_2013-09-29_UAÄ">[http://www.webcitation.org/6K8ZBeqOT Unruhen an Ägyptens Universitäten: Dutzende Verletzte], ORF.at, 29. September 2013, archiviert vom [http://orf.at/stories/2200415/ Original] am 5. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Am 20. Oktober kam es in Kairo zum zweiten Protesttag in Folge an der Al-Azhar-Universität, die zu den angesehensten Bildungseinrichtungen der islamischen Welt gehört und an der viele Anhänger der Muslimbruderschaft studierten.<ref name="taz_2013-10-21_MVK" /> Die Al-Azhar-Universität und die ihr angeschlossene Moschee gelten als wichtigste theologische Autorität für den sunnitischen Islam. Nachdem die Rolle der Institution während der Regierung Mursis formell aufgewertet worden war, hatte Führung den Militärputsch gegen Mursi gebilligt.<ref name="Handelsblatt_2013-10-30_MVK" /><br />
<br />
Bei den Demonstrationen der Studenten der Universität gegen die Regierung und das Militär<ref name="de-euronews-com_2013-10-20_SUT">[http://www.webcitation.org/6KXLaedP6 Ägypten: Steinhagel und Tränengas bei Studentendemo], de.euronews.com, 20. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.euronews.com/2013/10/20/aegypten-steinhagel-und-traenengas-bei-studentendemo/ Original] am 21. Oktober 2013.</ref> ereigneten sich Zusammenstöße zwischen der Polizei und Anhängern Mursis.<ref name="de-euronews-com_2013-10-20_SUT" /><ref name="taz_2013-10-21_MVK" /> Die Demonstranten hatten versucht zu der Stelle vorzudringen, an der sich bis August eines der Mursi-Protestcamps befunden hatte.<ref name="de-euronews-com_2013-10-20_SUT" /> Die Polizei belagerte die Universität, in der sich Hunderte von Mursi-Anhängern befanden,<ref name="taz_2013-10-21_MVK" /> und setzte Tränengas gegen sie ein.<ref name="de-euronews-com_2013-10-20_SUT" /> Die Studenten warfen Medienberichten zufolge im Gebäude Steine.<ref name="taz_2013-10-21_MVK">[http://www.webcitation.org/6KXJ4GGlb Gewalt in Ägypten – Menschen vor Kirche erschossen], die tageszeitung, 21. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.taz.de/Gewalt-in-Aegypten/!125908/ Original] am 21. Oktober 2013.</ref><ref name="Welt_2013-10-21_TEA">[http://www.webcitation.org/6KXN9WWTn Ägypten – Terroristen erschießen achtjährige Christin], Die Welt, 21. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article121062482/Terroristen-erschiessen-achtjaehrige-Christin.html Original] am 21. Oktober 2013.</ref> Die Polizei soll ein Dutzend Studenten festgenommen haben. Das ägyptische Innenministerium behauptete, rund 3000 Demonstranten hätten die Straßen rund um den Campus blockiert, weshalb die Intervention notwendig geworden sei.<ref name="de-euronews-com_2013-10-20_SUT" /><br />
<br />
Am 28. Oktober kam es in Kairo bei einer Demonstration gegen den bevorstehenden Prozess gegen die Führungsriege der Muslimbrüder zu Ausschreitungen zwischen Polizei und studentischen Demonstranten, bei denen die Polizei während der studentischen Protestaktion 17&nbsp;Demonstranten festnahm. Zuvor war es auf einer Straße in der Nähe der Universität al-Azhar zu Prügeleien zwischen Taxifahrern und islamistischen Studenten gekommen, die der verbotenen Muslimbruderschaft nahestanden. Nach Angaben von Vertreter der Sicherheitsdienste zogen die Demonstranten von der Universität zu einer nahe gelegenen Straße und blockierten sie. Polizisten und Soldaten räumten die Straße unter Einsatz von Tränengas und Schrotmunition.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-28_GUF">[http://www.webcitation.org/6KiTQHv7v Vor dem Muslimbrüder-Prozess: Gewalt und Festnahmen bei Protesten in Kairo], Spiegel Online, 28. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/eskalation-in-aegypten-gewalt-und-festnahmen-bei-protesten-in-kairo-a-930494.html Original] am 28. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Ende Oktober kam es zu Unruhen an mehreren Universitäten.<ref name="Handelsblatt_2013-10-30_MVK" /> In Kairo brach am 30. Oktober eine Gruppe von Pro-Mursi- oder Anti-Putsch-Studenten (''Students Against the Coup'') in das Rektorat der Al-Azhar-Universität für islamische Theologie in Kairo ein,<ref name="Handelsblatt_2013-10-30_MVK" /><ref name="DNE_2013-12-30_EVE" /> wo die Studenten seit Wochen auf die Straße gingen, um ihre Solidarität mit Mursi zu bekunden.<ref name="Reuters-DE_2013-10-30_KAK">[http://www.webcitation.org/6KpsM9tUj Krawalle an Kairoer Uni nach Festnahme von Muslimbruder-Vize], Reuters Deutschland, 30. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99T04R20131030 Original] am 2. November 2013.</ref> Der Rektor Ossama Al-Abd forderte daraufhin vom Staatsanwalt Sicherheitskräfte an und die von ihm gerufene Polizei nahm 25 Demonstranten fest<ref name="Handelsblatt_2013-10-30_MVK" /> und setzte an der Al-Azhar-Universität Tränengas gegen die Hochschüler ein.<ref name="Reuters-DE_2013-10-30_KIK" /> Aus Protest gegen die Festnahme des stellvertretenden Chef der ''Partei für Freiheit und Gerechtigkeit'', Issam al-Irian, schmissen Studenten Schaufensterscheiben ein und warfen Stühle aus den Gebäuden. Armeechef Sisi wurde als Hund beschimpft.<ref name="Reuters-DE_2013-10-30_KIK">[http://www.webcitation.org/6KpsSzbUu Krawalle in Kairo nach Festnahme von Islamisten-Anführer], Reuters Deutschland, 30. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99T05020131030 Original] am 2. November 2013.</ref> In [[al-Mansura|Mansura]] kam es am 30. Oktober zu Krawallen zwischen Pro- und Anti-Mursi-Studenten an der Universität.<ref name="Handelsblatt_2013-10-30_MVK">[http://www.webcitation.org/6KmQ3Pm1h Unruhen in Ägypten – Muslimbruder verhaftet, Krawalle an der Uni], Handelsblatt, 30. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/unruhen-in-aegypten-muslimbruder-verhaftet-krawalle-an-der-uni/9008550.html Original] am 31. Oktober 2013.</ref> Seit den Zusammenstößen an der Al-Azhar-Universität am 30. Oktober eskalierte die Gewalt an ägyptischen Universitäten.<ref name="DNE_2013-12-30_EVE" /><br />
<br />
Den Gewaltausbruch an der Al-Azhar-Universität am 30. Oktober nahm die militärgestützte Regierung am 31. Oktober zum Anlaß, den Sicherheitskräften die Gegenwart vor den Universitätsgeländen und dem Universitätsrekot die Vollmacht zu geben, Sicherheitskräfte zu ermächtigen, sämtliche Unruhen auf Universitätsgeländen zu unterdrücken.<ref name="DNE_2013-12-30_EVE" /><br />
<br />
Am 12. November lieferten sich islamistische Studenten der Universität in Mansura, die ihre Solidarität mit dem vom Militär gestürzten Präsidenten demonstrierten, Straßenschlachten mit der Polizei. Nach Angabe des Internet-Portals ''ahram.org'' setzten die Sicherheitskräfte Tränengas ein und die Studenten warfen Steine und Brandsätze gegen die Beamten.<ref name="RP-OL_2013-11-12_GbA" /><br />
<br />
Vom 16. bis zum 25. November veranstalteten Maschinenbaustudenten der Zagazig-Universität den längsten erfolgreichen Studentenstreik des Jahres 2013 als Protest gegen die Festnahme von vier Studenten verschiedener politischer Ausrichtungen, gegen den Tränengaseinsatz und die Festnahme von Studenten durch die Sicherheitskräfte bei der Stürmung des Campus und gegen das Eindringen anonymer Elemenete, die Studenten überfielen und Universitötseigentum zerstörten.<ref name="DNE_2013-12-30_EVE" /><br />
<br />
===== Opfer =====<br />
Eine offizielle Statistik für den Todeszoll von Universitätsstudenten, die während politischer Veranstaltungen zu Tode kamen, wurde nicht vorgelegt (Stand: Ende Dezember 2013).<ref name="DNE_2013-12-30_EVE" /> Nach Angabe der als unabhängig geltenden Internetseite ''Wiki Thawa'' kam es bei den den Al-Azhar-Universitäts-Auseinandersetzungen von Oktober bis Dezember 2013 zu vier Toten (Stand: Ende Dezember 2013).<ref name="DNE_2013-12-30_2BY">[http://www.webcitation.org/6MvBpFDYb 2013 a ‘black year’ for human rights] (englisch). Daily News Egypt, 30. Dezember 2013, von Rana Muhammad Taha, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2013/12/30/2013-a-black-year-for-human-rights/ Original] am 26. Januar 2014.</ref><ref name="DNE_2013-12-30_EVE">[http://www.webcitation.org/6MvBHgcLB Escalating violence at Egypt’s universities in 2013 - No official statistics for the death toll of university students who died during political events currently exists] (englisch). Daily News Egypt, 30. Dezember 2013, von AbdelHalim H. AbdAllah, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2013/12/30/escalating-violence-at-egypts-universities-in-2013/ Original] am 26. Januar 2014.</ref> Zu Zusammenstößen war es auf verschiedenen Universitätscampus gekommen. Die Todesfälle ereigneten sich im November und Dezember 2013:<ref name="DNE_2013-12-30_EVE" /> <br />
* Der Medizinstudent Abdel Ghany Mahmoud wurde am 20. November getötet, als Sicherheitskräfte das Studentenwohnhein der Al-Azhar-Universität stürmten.<ref name="DNE_2013-12-30_EVE" /> <br />
* Der Machinenbaustudent Mohamed Reda am 28. November in der Universität Kairo getötet. Der Vorsitzende der Studentenvereinigung, Mohamed Badran, brachte mit seiner angeblichen Behauptung, Reda sei von Mitgliedern der Muslimbruderschaft mit einer Art von Schrotmunition erschossen worden, die nicht vom Innenministerium verwendet würde, die Mehrheit unabhängiger Studenten gegen sich auf, die Badran am 23. April 2013 noch gegen seinen Rivalen von der Muslimbruderschaft unterstützt hatten.<ref name="DNE_2013-12-30_EVE" /> <br />
* Abdel Latif Khalifah starb am 26. Dezember.<ref name="DNE_2013-12-30_EVE" /><br />
* Der Student Khalid Al-Haddad wurde am 28. Dezember während der Zusammenstöße an der Al-Azhar-Universität mit scharfer Munition in die Brust geschossen.<ref name="DNE_2013-12-30_EVE" /><ref name="ReutersUS_2013-12-28_OKA">[http://www.webcitation.org/6Nv2eIv1o One killed as Islamist students and police clash in Cairo] (englisch). Reuters Edition: U.S., 28. Dezember 2013, von Maggie Fick, archiviert vom [http://www.reuters.com/article/2013/12/28/us-egypt-brotherhood-idUSBRE9BQ06M20131228 Original] am 8. März 2014.</ref><br />
<br />
===== Festnahmen =====<br />
Vom Militärputsch Anfang Juni bis Ende Dezember 2013 wurden nach Angabe einer Statistik der ''Student Observatory of the Association of Freedom of Thought and Expression'' (AFTE) 611 Studenten festgenommen. Insgesamt wurden 301 Studenten der Al-Azhar-Universität have been festgenommen, davon 101 am 28. Dezember, dem ersten Tag der Herbstsemester-Prüfungen. Von der [[Mansoura-Universität]] wurden 66 Studenten festgenommen, von der Universität Kairo 39 und von der [[Ain-Shams-Universität]] 37.<ref name="DNE_2013-12-30_EVE" /><br />
<gallery mode=packed caption="Galerie: Fortsetzung der Studentenproteste an der Al-Azhar-Universität in Kairo auch nach Ende des Ausnahmezustands (Demonstration gegen militärgestützte Übergangsregierung und Medien vom 11. Dezember 2013):"><br />
Datei:Water cannon fired on female Islamist students - protest at Al-Azhar University Cairo 11-Dec-2013.jpg|Wasserwerfer im Einsatz gegen Studentinnen, die das R4bia-Zeichen machen.<ref name="VOA_2013-12-11_PIC">[http://www.webcitation.org/6LoJipSkE Protests in Cairo] (englisch), Voice Of America, 11. Dezember 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/media/photogallery/protests-al-azhar-cairo/1808254.html Original] am 12. Dezember 2013.<br />
</ref><br />
Datei:Women and tear gas - protest at Al-Azhar University Cairo 11-Dec-2013.jpg|Tränengaseinsatz der Bereitschaftspolizei.<ref name="VOA_2013-12-11_PIC" /><br />
Datei:Men throwing rocks at police - protest Al-Azhar University Cairo 20-Dec-2013.jpg|Steinwürfe auf die Bereitschaftspolizei.<ref name="VOA_2013-12-11_PIC" /><br />
Datei:Injured man - protest at Al-Azhar University Cairo 11-Dec-2013.jpg|Einem Verletzten wird geholfen.<ref name="VOA_2013-12-11_PIC" /><br />
Datei:Female students burn debris - protest at Al-Azhar University Cairo 11-Dec-2013.jpg|Studentinnen verbrennen Unrat während der Demonstration.<ref name="VOA_2013-12-11_PIC" /><br />
</gallery><br />
{{Siehe auch|Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)#Proteste an den Universitäten|titel1=Abschnitt „Proteste an den Universitäten“ im Artikel „Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)“}}<br />
<br />
==== 40. Jahrestag des Jom-Kippur-Krieges (6. Oktober) ====<br />
{{Hauptartikel|Blutbad am 40. Jahrestag des Jom-Kippur-Krieges in Ägypten}}<br />
[[Datei:Anti-coup protesters wearing R4bia shirts in Cairo 9-Oct-2013.jpg|mini|Anti-Putsch-Demonstranten mit R4bia-T-Shirts skandieren in Kairo am 6. Oktober.<ref name="VOA_2013-10-07_VIC">[http://www.webcitation.org/6LoKwmA1t Violence in Cairo] (englisch), Voice Of America, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/media/photogallery/violence-in-cairo/1764330.html Original] am 12. Dezember 2013.</ref>]]<br />
Am 6. Oktober 2013, dem 40. Jahrestag des [[Jom-Kippur-Krieg]]es, führte die Auflösung von Protestmärschen der Muslimbruderschaft in Ägypten durch ägyptische Sicherheitskräfte landesweit zum Tod von mindestens 57 Demonstranten. In fast allen Fällen handelte es sich bei den Todesopfern um Unterstützer gestürzten Präsidenten Mursi.<ref name="Aljazeera_2013-11-04_EIT">[http://www.webcitation.org/6KtqAefSU Interactive timeline: Egypt in turmoil] (englisch). Aljazeera, 4. November 2013 (letzte Änderung: 08:51), archiviert vom [http://www.aljazeera.com/indepth/interactive/2013/08/2013817122637981237.html Original] am 5. November 2013.</ref><ref name="DW_2013-10-07_GUS">[http://www.webcitation.org/6KT3f5vVs Ägypten – Gewalt und Straffreiheit am Nil], Deutsche Welle, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/19vlC Original] am 18. Oktober 2013.</ref><ref name="CIHRS_2013-12-10_NAO" /><ref name="HRW_2013-12-10_NAO" /> Nach Angabe der als unabhängig geltenden Website ''Wiki Thawra'' ergibt sich ein landesweiter Todeszoll für die Zusammenstöße am 6. Oktober 2013 von 82 Todesopfern.<ref name="DNE_2013-11-16_9KI">[http://www.webcitation.org/6MvDH8O1t 976 killed in greater Cairo in two months: Forensics Authority - Death toll includes 627 who died during the dispersal of Rabaa Al-Adaweya sit-in] (englisch). Daily News Egypt, 16. November 2013, von Rana Muhammad Taha, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2013/11/16/976-killed-in-greater-cairo-in-two-months-forensics-authority/ Original] am 26. Januar 2014.</ref> darunter 64 im Großraum Kairo.<ref name="DNE_2013-12-30_2BY" /><br />
<br />
Schwerpunkt des Geschehens am 6. Oktober waren die Protestmärsche von Putschgegnern vom Stadtteil Dokki in Gizeh und vom Ramses-Platz zum Tahrir-Platz in Kairo, wo sich Unterstützer der Armee versammelt hatten.<ref name="CIHRS_2013-12-10_NAO">[http://www.webcitation.org/6M7TWpHSt Egypt: No Acknowledgment or Justice for Mass Protester Killings Set Up a Fact-Finding Committee as a First Step] (englisch). Cairo Institute for Human Rights Studies, 10. Dezember 2013, archiviert vom [http://www.cihrs.org/?p=7670&lang=en Original] am 25. Dezember 2013.</ref><ref name="HRW_2013-12-10_NAO">[http://www.webcitation.org/6M7VFZb42 Egypt: No Acknowledgment or Justice for Mass Protester Killings] (englisch). Human Rights Watch, 10. Dezember 2013, archiviert vom [http://www.hrw.org/news/2013/12/10/egypt-no-acknowledgment-or-justice-mass-protester-killings Original] am 25. Dezember 2013.</ref><ref name="HRW_2013-11-02_PKN">[http://www.webcitation.org/6MBKk9oNM Egypt: Protester Killings Not Being Investigated] (englisch). Human Rights Watch, 2. November 2013, archiviert vom [http://www.hrw.org/news/2013/11/02/egypt-protester-killings-not-being-investigated Original] am 27. Dezember 2013.</ref><ref name="DNE_2013-10-07_CRT">[http://www.webcitation.org/6MLj3LGdn Conflicting reactions to 6 October violence - The Anti-Coup Alliance calls for continued demonstrations] (englisch). Daily News Egypt, 7. Oktober 2013, von Hend Kortam, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2013/10/07/conflicting-reactions-on-6-october-violence/ Original] am 3. Januar 2014.</ref> Nach offiziellen Angaben nahm die Polizei über 423 Anhänger der Muslimbruderschaft fest, denen vom Innenministerium unter anderem Vandalismus und Schusswaffeneinsatz vorgeworfen wurden.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-07_DÄS">[http://www.webcitation.org/6KC1jWVxi Eskalation in Kairo: Dutzende Ägypter sterben bei Straßenschlachten], Spiegel Online, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-51-tote-bei-kaempfen-zwischen-muslimbruedern-und-ihren-gegnern-a-926384.html Original] am 7. Oktober 2013.</ref><ref name="n-tv_2013-10-07_BAA">[http://www.webcitation.org/6KCD7nVrm Blutvergießen auf allen Seiten – Ägypten beklagt Dutzende Todesopfer], n-tv, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Aegypten-beklagt-Dutzende-Todesopfer-article11495401.html Original] am 7. Oktober 2013.</ref> Ägyptische und internationale Menschenrechtsorganisationen werteten den Vorfall vom 6. Oktober als fünfte Massentötung von Demonstranten durch ägyptische Sicherheitskräfte nach dem Militärputsch vom Juli 2013.<ref name="Reuters-US_2013-12-10_RGD">[http://www.webcitation.org/6M9sCTkNP Rights groups demand Egypt probe killings of Mursi supporters] (englisch). Reuters Edition U.S., 10. Dezember 2013, von Tom Perry, archiviert vom [http://www.reuters.com/article/2013/12/10/us-egypt-protests-idUSBRE9B90PH20131210 Original] am 26. Dezember 2013.</ref><ref name="CIHRS_2013-12-10_NAO" /><ref name="HRW_2013-12-10_NAO" /><br />
<br />
==== Vorwurf der Straffreiheit bei Verbrechen gegen Mursi-Anhänger ====<br />
<br />
Markus Symank schrieb einen Tag nach den Vorfällen vom 6. Oktober für die ''Deutsche Welle'', dass keine „unabhängigen Untersuchungen zu den Massakern an islamistischen Demonstranten während der vergangenen Monate“ durchgeführt worden seien. „Sicherheitskräfte wie auch Zivilisten, die auf Seiten der Übergangsregierung kämpfen“, so Symank, hätten „in dem derzeitigen Klima der Straffreiheit keine Konsequenzen zu befürchten.“ Es sei kurze Zeit zuvor ein Video bekannt geworden, in dem Armeechef Abdel Fattah al-Sisi den Sicherheitskräften außerdem zusichere, „dass sie keine rechtlichen Konsequenzen zu fürchten hätten, sollten Demonstranten durch ihr Vorgehen umkommen.“<ref name="DW_2013-10-07_GUS" /><br />
<br />
Menschenrechtler zeigten sich besorgt über die politische Entwicklung in Ägypten. Die Direktorin von ''Human Rights Watch'' in Ägypten, Heba Morajef, warf der Justiz Parteilichkeit vor: „Was mich an diesem Prozess beunruhigt ist, dass das Rechtssystem sehr selektiv vorgeht. Im Zusammenhang mit der Tötung Hunderter Demonstranten herrscht für die Sicherheitskräfte nahezu Straffreiheit“, „Und in einem solchen Klima politisierter Anklagen ist die Chance auf wirkliche Gerechtigkeit gefährdet.“<ref name="Reuters-DE_2013-11-03_ÄGP">[http://www.webcitation.org/6KqywYtjp Ägyptens gestürzter Präsident Mursi vor Gericht], Reuters Deutschland, 3. November 2013, von Michael Georgy, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE9A200920131103 Original] am 3. November 2013.</ref><br />
<br />
==== Einfrieren von Teilen der US-Militärhilfe und Ägyptenbesuch Kerrys ====<br />
{{Siehe auch|Militärputsch in Ägypten 2013#Haltung und Interessenlage der USA und anderer Staaten|titel1=Abschnitt „Haltung und Interessenlage der USA und anderer Staaten“ im Artikel „Militärputsch in Ägypten 2013“}}<br />
===== Einfrieren von Teilen der US-Militärhilfe (9. Oktober) =====<br />
Am 9. Oktober teilte das US-Außenministerium mit, die US-Regierung werde bestimmte großformatige militärische Systeme sowie finanzielle Unterstützung für die ägyptische Übergangsregierung zunächst zurückhalten, bis ein „glaubwürdiger Fortschritt“ in den politischen Reformen seit dem Sturz von Präsident Mursi gemacht und eine neue Regierung in freien und fairen Wahlen bestimmt worden sei.<ref name="Welt_2013-10-09_USM">[http://www.webcitation.org/6KFv5XwSe Unterstützung – USA stoppen Militärhilfe für Ägypten], Die Welt, 9. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article120778420/USA-stoppen-Militaerhilfe-fuer-Aegypten.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref><ref name="tagesschau-de_2013-10-10_VKU" /><ref name="DW_2013-10-10_ÄKE" /><br />
<br />
====== Umfang und Form der Einschränkungen ======<br />
Mit dem Beschluss zu den Einschränkungen der Militärhilfe kürzten die USA erstmals seit dem 30 Jahre zurückliegenden [[Camp-David-Abkommen|Friedensvertrag von Camp David]] ihre jährliche Militär- und Wirtschaftshilfe für Ägypten von 1,5 Milliarden Dollar deutlich.<ref name="Zeit-OL_2013-10-10_KPF" /> Unter anderem wurde damit die Lieferung von Kampfhubschraubern, Kampfflugzeugen und Panzern vorerst gestoppt.<ref name="tagesschau-de_2013-10-10_VKU" /> Der genaue Betrag der geplanten Kürzung wurde zunächst nicht offiziell bekanntgegeben,<ref name="Welt_2013-10-09_USM" /> doch sollten von den mehr als 1,2 Milliarden Dollar Militärhilfe vorerst 260 Millionen Dollar an Geldleistungen eingefroren werden.<ref name="tagesschau-de_2013-10-10_VKU">[http://www.webcitation.org/6KG3unwgm USA fordern politische Reformen – Vorerst keine US-Waffen für Ägypten], tagesschau.de, 10. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/usa-aegypten102.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref><ref name="DW_2013-10-10_ÄKE">[http://www.webcitation.org/6KIHe7wkI Ägypten – Ägypten kritisiert Einschränkung von US-Militärhilfe], Deutsche Welle, 10. Oktober 2013, von Nils Naumann, archiviert vom [http://dw.de/p/19xgr Original] am 11. Oktober 2013.</ref> Weder Mittel für den Grenzschutz und die innere Sicherheit noch für Gesundheit und Bildung seien von der Maßnahme betroffen.<ref name="Welt_2013-10-09_USM" /><ref name="tagesschau-de_2013-10-10_VKU" /> Kurz vor der offiziellen Mitteilung war am selben Tag bekanntgeworden, dass der Anteil der Finanzhilfe, der nicht an die Regierung, sondern an andere Institutionen in Ägypten gehe, ungekürzt bleiben solle.<ref name="Zeit-OL_2013-10-09-UWM" /> Während ein Teil der US-Militärhilfe an Ägypten eingefroren werden sollte, sollten „Mittel zur Bekämpfung des Terrorismus sowie für die Sicherheit auf der Halbinsel Sinai an der Grenze zu Israel“ weiter gezahlt werden.<ref name="DW_2013-10-10_ÄKE" /><ref name="Reuters-DE_2013-10-09_UEA" /> Auch die Lieferung von Ersatzteilen und die Zusammenarbeit bei militärischem Training werde fortgesetzt.<ref name="DW_2013-10-10_ÄKE" /><ref name="Zeit-OL_2013-10-10_KPF" /> Neben der militärischen Unterstützung werde auch die Fortführung der Wirtschaftshilfe geprüft, wofür eine Entscheidung noch in derselben Woche möglich sei.<ref name="Reuters-DE_2013-10-09_UEA">[http://www.webcitation.org/6KF2kMM52 Insider – USA erwägen Aussetzung der Militär-Hilfe für Ägypten], Reuters Deutschland, 9. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99801020131009 Original] am 9. Oktober 2013.</ref> ''Reuters'' meldete, die US-Regierung habe „nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi im Juli“ angekündigt, „die Zahlung von rund 585 Millionen Dollar für militärische Zwecke auszusetzen“ und wolle dies einem „Insider zufolge […] nun fortsetzen“.<ref name="Reuters-DE_2013-10-09_UEA" /> Es werde noch in derselben Woche die offizielle Mitteilung der Kürzung der US-Militär- und Wirtschaftshilfe für Ägypten um mehrere Hundert Millionen Dollar erwartet.<ref name="Zeit-OL_2013-10-09-UWM" /> Von den ungekürzten jährlichen Zahlungen der USA „an Ägypten“ von 1,5 Milliarden Dollar belief sich die Militärhilfe auf 1,3 Milliarden Dollar.<ref name="Zeit-OL_2013-10-09-UWM" /><ref name="Welt_2013-10-09_USM" /><br />
<br />
Die Zahlungen wurden nach dem Sturz Mursis im Juli vorerst gestoppt. Die noch nicht ausbezahlte US-Hilfe für das Haushaltsjahr 2013 in Höhe von 584 Millionen Dollar wurde kurz zuvor auf einem Sonderkonto „geparkt“, so dass sichergestellt wurde, dass der US-Regierung der Zugriff auf das Geld auch nach Ende des Haushaltsjahrs am 1. Oktober möglich blieb.<ref name="Welt_2013-10-09_USM" /> In den USA, deren Regierung bis zu diesem Zeitpunkt vermied, bei dem Militärputsch gegen Mursi offiziell von einem Putsch zu sprechen, weil sie in diesem Fall rechtlich verpflichtet wäre, die Finanzhilfen sofort einzustellen,<ref name="Zeit-OL_2013-10-09-UWM" /> plädierten immer mehr US-Abgeordnete mit Verweis auf die anhaltende Gewalt in Ägypten dafür, die Hilfszahlungen zu stoppen.<ref name="Zeit-OL_2013-10-09-UWM">[http://www.webcitation.org/6KF2f1yW9 US-Finanzhilfe – USA wollen Militärhilfe für Ägypten kürzen], Zeit Online, 9. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-10/us-militaerhilfe-kuerzung-aegypten Original] am 9. Oktober 2013.</ref><ref name="Reuters-DE_2013-10-09_UEA" /> Eine Kürzung sei bereits seit dem Sturz von Präsident Mursi durch das Militär im Gespräch gewesen, Ende August hätten die Sicherheitsberater von US-Präsident Obama auch offiziell eine Kürzung empfohlen.<ref name="Zeit-OL_2013-10-09-UWM" /> Bereits im Juli hatten die USA die Lieferung von vier F-16 Kampfjets an Ägypten gestoppt.<ref name="tagesschau-de_2013-10-10_VKU" /> Auch anderes schweres Kampfgerät wie Abrams M1A1 Panzer, Abwehrraketen und Apache-Hubschrauber wurden bereits seit Anfang Juli nicht mehr ausgeliefert.<ref name="Zeit-OL_2013-10-10_KPF" /><br />
<br />
Das Geld der jährlichen Militärhilfe der USA an Ägypten kommt hauptsächlich US-amerikanischen Rüstungskonzernen zugute, da die Militärhilfe zu großen Teilen an die Lieferung von in den USA hergestellten Waffen gebunden ist.<ref name="tagesschau-de_2013-10-10_VKU" /><br />
<br />
====== Reaktionen und Bedeutung ======<br />
Die Qualifizierung als „Putsch“ nahm die US-Regierung nach wie vor nicht offiziell für den Militärputsch gegen Präsident Mursi im Juli vor.<ref name="tagesschau-de_2013-10-10_UMZ">[http://www.webcitation.org/6KG4wHevV Politikwechsel: US-Militärhilfe zusammengestrichen] (Audio: [http://www.webcitation.org/6KG51572i MP3]), tagesschau.de, 10. Oktober 2013, von Andreas Horchler ([[Hessischer Rundfunk|HR]], Washington), archiviert vom [http://www.tagesschau.de/multimedia/audio/audio112560.html Original] ([http://media.tagesschau.de/audio/2013/1010/AU-20131010-0336-3701.mp3 MP3])am 10. Oktober 2013.</ref> Noch Anfang Oktober war die noch ausstehende [[Tranche]] für das Jahr 2013 überwiesen worden.<ref name="DW_2013-10-07_VPU">[http://www.webcitation.org/6KGth3GTj USA – Die versteckten Profiteure der US-Militärhilfe], Deutsche Welle, 7. Oktober 2013, von Janosch Delcker, archiviert vom [http://dw.de/p/19ub4 Original] am 10. Oktober 2013.</ref> US-Außenminister Kerry versicherte, es gehe den USA „keineswegs um einen Rückzug aus der Beziehung“ mit der militärgestützten ägyptischen Führung: „Wir wollen, dass die Übergangsregierung Erfolg hat.“ Ein direkter und klarer Bezug der Einschränkung des US-Engagements zu dem gewaltsamen Vorgehen der Militärregierung gegen die Demonstranten und Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi wurde nicht genannt.<ref name="DW_2013-10-10_ÄKE" /><br />
<br />
Die ägyptische Übergangsregierung bezeichnete den Beschluss der US-Regierung als „falsch“ und die Frage aufwerfend, „ob die USA bereit sind, die Bemühungen der ägyptischen Regierung für mehr Sicherheit im Land zu unterstützen“. Ägypten werde sich „ausländischem Druck“ nicht beugen und in inneren Angelegenheiten auch künftig „vollkommen unabhängig entscheiden“.<ref name="DW_2013-10-10_ÄKE" /><br />
<br />
Sebastian Sons, Ägypten-Experte des [[Deutsche Orient-Stiftung#Deutsches Orient-Institut (DOI)|Deutschen Orient Instituts]], bewertete die Kürzungen der US-Regierung als „eher halbherzigen Schritt“ und rechnete aufgrund der Sicherheitsrisiken nicht damit, dass die US-Regierung die durch den Putsch hervorgegangenen Machthaber komplett fallen lasse. Ägypten kontrollierte den strategisch wichtigen Suez-Kanal, war neben Jordanien der einzige Staat der Region, der Frieden mit Israel geschlossen hatte und fungierte als einer der zentralen Verbündeten der USA in der Region. So war Ägypten nach Israel bislang auch der zweitgrößte Empfänger von US-Militärhilfe. Laut Sons sei die US-Führung der Überzeugung, dass das ägyptische Militär der „vertrauenswürdigste und sicherste Partner“ sei, um „Stabilität, Sicherheit für Israel, die Bekämpfung des internationalen Terrorismus, die Eingrenzung der Muslimbrüder“ als Ziele der US-Politik umzusetzen. Tatsächlich, so Sons, „seien die USA sogar froh darüber, dass die Muslimbrüder nicht mehr an der Macht seien“.<ref name="DW_2013-10-10_ÄKE" /><br />
<br />
Robert Springborg, Ägypten-Experte an der [[Naval Postgraduate School]] in den USA, bezeichnete die Kürzungen als unwirksame und eher „symbolische Geste“: „Das wird überhaupt keine Auswirkungen auf das Verhalten von Militär und Regierung in Ägypten haben“, „Das ägyptische Militär wird seine Strategie nicht wegen ein paar Panzern und Flugzeugen ändern."<ref name="DW_2013-10-10_ÄKE" /><br />
<br />
Martin Gehlen kommentierte dagegen in der ''Zeit'', der Lieferstopp werde Ägyptens Armee härter treffen, als die betroffenen Geldbeträge vermuten ließen. Nach einer Bilanz des [[Congressional Research Service]] seien 80 Prozent aller ägyptischen Waffenkäufe aus dem US-Haushalt finanziert, und die gesperrte US-Militärtechnik sei auch dann nicht zu ersetzen, wenn die reichen Golfstaaten wie Saudi-Arabien die Unterstützung übernehmen. Falls die US-Regierung in einer zweiten Phase auch noch Ersatzteillieferungen und Wartungsverträge stoppen würden, so Gehlen, werde die Einsatzkraft der ägyptischen Armee rapide verfallen, da die Infrastruktur des ägyptischen Militärs für Wartung und Reparatur seiner Panzer, Hubschrauber und Flugzeuge unzureichend sei.<ref name="Zeit-OL_2013-10-10_KPF">[http://www.webcitation.org/6KIQpncCs USA – Keine Panzer für Ägyptens Militärs], Die Zeit, 10. Oktober 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-10/usa-militaerhilfe-aegypten-kuerzung Original] am 11. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Khaled Elgindy vom US-amerikanischen [[Brookings Institution|Brookings Institut]], bemängelte, der Beschluss zur Kürzung „tue niemandem wirklich weh“, Er glaube nicht, dass die USA damit die im Bezug auf Menschenrechte und Demokratie-Standards wichtigen, deutlichen Signale gesendet habe.<ref name="DW_2013-10-10_ÄKE" /><br />
<br />
Die Chefin des [[Internationaler Währungsfonds|Internationalen Währungsfonds]] (IWF), [[Christine Lagarde]], bot den zuständigen ägyptischen Stellen Zusammenarbeit mit dem IWF bei der Stabilisierung der ägyptischen Wirtschaft an. Der IWF könne als Partner in bestehende Kooperationen zwischen Ägypten und den Golfstaaten eintreten. Vor dem Putsch Mursis im Juli hatte es Verhandlungen um einen 4,8 Milliarden Dollar umfassenden Kredit des IWF an Ägypten gegeben. Die neue Militärführung, die nach dem Putsch bereits mit Milliardenbeträgen von reichen Golfstaaten unterstützt wurde, nahm jedoch „angesichts der mit den Kredithilfen verbundenen unpopulären Auflagen“ (Reuters) keine Verhandlungen mit den IWF-Vertretern auf.<ref name="Reuters_2013-10-11_IBÄ">[http://www.webcitation.org/6KIMQ3cNK IWF bietet Ägypten Hilfe bei ökonomischer Stabilisierung an], Reuters Deutschland, 11. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99A00520131011 Original] am 11. Oktober 2013.</ref><ref name="FAZ-NET_2013-10-11_WBÄ">[http://www.webcitation.org/6KILijhMp Staatskrise – Währungsfonds bietet Ägypten Wirtschaftshilfe an], FAZ.NET, 11. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/staatskrise-waehrungsfonds-bietet-aegypten-wirtschaftshilfe-an-12613400.html Original] am 11. Oktober 2013.</ref><br />
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===== Ägypten-Besuch bei Nahost-Reise John Kerrys (3. November) =====<br />
[[Datei:Secretary Kerry Bids Farewell To Egyptian Minister of Defense General al-Sisi.jpg|miniatur|US-Außenminister Kerry bei seinem Ägyptenbesuch am 3. November 2013 mit dem ägyptischen Militärchef Sisi.]]<br />
Einen Tag vor Beginn des Prozesses gegen Mursi besuchte US-Außenminister John Kerry Ägypten auf einer mehrtägigen Nahost-Reise erstmals seit dem Putsch gegen Mursi vom 3. Juli Ägypten.<ref name="DW_2013-11-03_KSV" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-11-04_ÄEP" /> Ein US-Vertreter erklärte, es gebe keinen Zusammenhang mit dem Prozess gegen Mursi.<ref name="Reuters-DE_2013-11-07_UAK">[http://www.webcitation.org/6KxHYLAfv US-Außenminister Kerry zu Besuch in Ägypten], Reuters Deutschland, 3. November 2013, [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE9A200D20131103 Original] am 7. November 2013.</ref><br />
<br />
Mit seinem Besuch versuchte Kerry vor allem zur Normalisierung des seit der Einfrierung der US-Militärhilfe abgekühlten Verhältnisses zwischen den USA und Ägypten beizutragen.<ref name="DW_2013-11-03_KSV">[http://www.webcitation.org/6KtDKZJd3 Ägypten – Kerry spricht von Fortschritten in Ägypten], Deutsche Welle, 3. November 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/1AAy1 Original] am 5. November 2013.</ref><br />
<br />
Kerry betonte bei seinem Besuch die vitale Freundschaft der Länder, es handele sich bei der Zurückbehaltung der Militärhilfe nicht um eine Bestrafung.<ref name="DW_2013-11-03_KSV" /><ref name="DW_2013_GVK">[http://www.webcitation.org/6KttypOii Gratwanderung von Kerry in Kairo] (Video, 01:35 Minuten), Deutsche Welle, von Elke Sandtner, 2013 (?3. November 2013), archiviert vom [http://www.dw.de/popups/mediaplayer/contentId_17201777_mediaId_17201942 Original] am 5. November 2013.</ref> Die Beziehungen zwischen den USA und Ägypten sollten nicht an den Hilfen gemessen werden, sondern an den politischen und wirtschaftlichen Verbindungen.<ref name="DW_2013-11-03_KSV" /> Die US-Regierung sei verpflichtet, mit den ägyptischen Interimsmachthabern zusammenzuarbeiten.<ref name="Aljazeera_2013-11-04_EIT" /><ref name="Telegraph_2013-11-03_ICJ">[http://www.webcitation.org/6LpTbRLsD In Cairo, John Kerry says US will work with Egypt interim rulers] (englisch). The Telegraph, 3. November 2013, AFP-Meldung bearbeitet von Hannah Strange, archiviert vom [http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/africaandindianocean/egypt/10423687/In-Cairo-John-Kerry-says-US-will-work-with-Egypt-interim-rulers.html Original] am 13. Dezember 2013.</ref><ref name="HDN_2013-11-03_KVU">[http://www.webcitation.org/6LpU665Kl Kerry vows US backing for Egypt interim rulers] (englisch). Hürriyet Daily News, 3. November 2013, archiviert vom [http://www.hurriyetdailynews.com/kerry-vows-us-backing-for-egypt-interim-rulers.aspx?pageID=238&nID=57266&NewsCatID=359 Original] am 13. Dezember 2013.</ref><br />
<br />
Nach Gesprächen mit der vom Militär eingesetzten ägyptischen Übergangsregierung gab sich Kerry optimistisch, dass diese den Demokratisierungsprozess voranbringe und sagte: „Bislang gibt es Anzeichen, dass das ihre Absicht ist.“ Der von der neuen Regierung entwickelte Fahrplan für die Rückkehr zur Demokratie werde nach bestem Wissen vorangebracht.<ref name="DW_2013-11-03_KSV" /><br />
<br />
Kerry sagte der vom Militär gestützten Übergangsregierung weitere US-Hilfe zu, forderte aber auch mehr „Nachgiebigkeit“ gegenüber den Muslimbrüdern. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ägyptischen Übergangsaußenminister Nabil Fahmi sagte er, die US-Regierung werde die ägyptische Übergangsregierung nach wie vor humanitär und bei der Bekämpfung des Terrorismus unterstützen. Er betonte, Ägyptens wirtschaftlicher Erfolg sei an seine Stabilität und Demokratisierung geknüpft.<ref name="DW_2013-11-04_UMD" /> Zugleich wies Kerry darauf hin, dass US-Präsident Barack Obama das Gesprächsangebot der ägyptischen Übergangsregierung angenommen habe.<ref name="DW_2013-11-04_UMD" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-11-04_ÄEP" /> Auf den am folgenden Tag beginnenden Strafprozess gegen Mursi ging Kerry nicht ausdrücklich ein, sondern unterstrich allgemein, alle Ägypter hätten ein Anrecht auf faire und transparente Gerichtsverfahren. Ein mitreisender Beamter des US-Außenamts erklärte, Kerry wolle, dass der am 14. November ablaufende Ausnahmezustand nicht verlängert wird.<ref name="DW_2013-11-04_UMD">[http://www.webcitation.org/6KtCpN6CG Ägypten – USA mahnen Demokratie in Ägypten an], Deutsche Welle, 4. November 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/1AB0v Original] am 5. November 2013.</ref> Die US-Regierung verlangte zwar dezidiert die rasche Umsetzung der politischen „Roadmap“, vermied aber weiterhin die Bezeichnung „Militärputsch“.<ref name="Tagesspiegel_2013-11-04_PBW" /><br />
<br />
Der ARD-Journalist Thomas Aders schätzte zum Besuch Kerrys ein, dass es die USA verärgert habe, dass die vom Militär eingesetzte Übergangsregierung Mursi weiter gefangen hielt und die Muslimbrüder mit allen Mitteln verfolgte. Die Hoffnungen der US-Regierung, die diese in den „Arabischen Frühling“ gesetzt hatte, wären enttäuscht. Er wertete die Äußerungen des amerikanischen Außenminister gegenüber den Militärs als „kaum verhohlene Warnungen“. Er verwies auf den Stopp eines großen Teils der milliardenschweren Militärhilfe und erwartete, dass die Amerikaner das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die demonstrierenden Islamisten sehr genau beobachten würden.<ref name="tagesschau-de_2013-11-04_KFÄ">[http://www.webcitation.org/6Kt5V3nVM Video – Kerry fordert Ägypter zu weiteren demokratischen Reformen auf] ([http://www.webcitation.org/6Kt5YoOJW MP4], archiviert vom [http://download.media.tagesschau.de/video/2013/1104/TV-20131104-0625-0801.websm.h264.mp4 Original] am 4. November 2013), tagesschau.de (ARD-Morgenmagazin), 4. November 2013, von Thomas Aders (ARD Kairo), archiviert vom [http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1349020.html Original] am 4. November 2013.</ref><br />
<br />
{{Siehe auch|Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)#Ausweitung der eingeschränkten Militärhilfe durch die USA|titel1=Abschnitt „Ausweitung der eingeschränkten Militärhilfe durch die USA“ im Artikel „Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)“}}<br />
<br />
==== Gesetzliche Maßnahmen und Initiativen ====<br />
===== Ausarbeitung einer neuen Verfassung =====<br />
====== Verfassung von 2012 ======<br />
Nach ihrem Sieg in den ersten freien ägyptischen Wahlen 2012 hatte die Muslimbruderschaft ein Gremium bestimmt, das das unter Husni Mubarak geltende Grundgesetz ersetzen sollte. Nachdem die Mitglieder monatelang keinen Entwurf vorgelegt hatten, hatte der damals neu gewählte Staatspräsident Mursi schließlich im November 2012 die Entwicklung selbst vorangetrieben. Laut Stephan Roll von der ''Stiftung Wissenschaft und Politik'' hatte sich Mursi dabei „über das Gesetz gestellt und die Verfassung im Schnelldurchlauf vom Verfassunggebenden Komitee verabschieden lassen“.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /> Die Verfassung war von der Bevölkerung per Referendum mit einer Mehrheit von 64 Prozent der Stimmen bestätigt worden, unter teilweisem Boykott der Opposition und bei einer Wahlbeteiligung von 33 Prozent.<ref name="DW_2013-07-21_ÄNA" /> „Die Verfassung war seither“, so Roll, „sicherlich ein ganz zentraler Streitpunkt zwischen Muslimbruderschaft und Opposition.“<ref name="DW_2013-10-18_VFN">[http://www.webcitation.org/6KSkIiNA9 Ägypten – Eine Verfassung für das neue Ägypten], Deutsche Welle, 17. Oktober 2013, von Carolyn Wißing, archiviert vom [http://dw.de/p/19zm6 Original] am 18. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Merkmale der Verfassung von 2012 waren unter anderem:<br />
* Die Prinzipien der Scharia blieben wie in den früheren Verfassungen Grundlage der Gesetzgebung (Artikel 2).<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><ref name="Aljazeera_2012-12-09_CE1">[http://www.webcitation.org/6KPlK89BD Egypt – Comparing Egypt’s 1971 constitution to today] (englisch). Al Jazeera, 9. Dezember 2012, archiviert vom [http://www.aljazeera.com/indepth/spotlight/egypt/2012/12/2012129173710651270.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref><ref name="Phoenix_2012-11-28_YT_Roll">Stephan Roll, in: [http://www.youtube.com/watch?v=uUyouPXBnqU Wieder Staatskrise in Ägypten: Phoenix Runde am 28. November 2012], phoenix, Diskussionsrunde unter dem Titel „Wieder Staatskrise in Ägypten – Mursi, der neue Pharao?“; Moderation: Pınar Atalay; Gesprächspartner: Stephan Roll (Stiftung Wissenschaft und Politik), [[Sonja Hegasy]] (Zentrum Moderner Orient), Melinda Crane (Freie Journalistin) und Rainer Stinner (FDP, Außenpolitischer Sprecher)</ref><ref name="maybrit-illner_2013-08-22_Azzam">{{ZDFmediathek| ID=1969474 | Titel=Lubna Azzam: „Ägypten zwischen Glaube und Gewalt – erwartet der Westen zu viel?“ | Typ=video | Zugriffsdatum=2014-02-09 | Offline=2014-02-09}}, ZDF, [http://www.zdf.de/maybrit-illner/%C3%84gypten-zwischen-Glaube-und-Gewalt-29396754.html „maybrit illner“ vom 22. August 2013], Moderation: Maybrit Illner; Gesprächspartner: Philipp Mißfelder (außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion), Peter Scholl-Latour, Hamed Abdel-Samad, Lubna Azzam (Stiftung Wissenschaft und Politik), Mazen Okasha.</ref><ref name="niviensaleh-info_OD_2CE">[http://www.webcitation.org/6KMjQpy1z The 2012 Constitution of Egypt, Translated by Nivien Saleh, with Index] [Endfassung] (englisch). niviensaleh.info (Nivien Saleh – Middle East, Information Technology, Foreign Policy), von Nivien Saleh (Übersetzung), ohne Datum, archiviert vom [http://niviensaleh.info/constitution-egypt-2012-translation/ Original] am 14. Oktober 2013.</ref><ref name="mubasher-aljazeera-net_2012-12-18">[http://www.webcitation.org/6KMjtHWxd النسخة النهائية للدستور المصري] (arabisch). Aljazeera (mubasher.aljazeera.net), 18. Dezember 2012, archiviert vom [http://mubasher.aljazeera.net/news/2012/11/20121130113251987535.htm Original] am 14. Oktober 2013; mit Verweis auf [http://www.webcitation.org/6KMkfy9QJ ěمعية التأسيسية - لوضع مشروع دستور جديد للبلاد - مشروع دستور - جمهورية مصر العربية] (PDF), archiviert vom [http://egelections-2011.appspot.com/Referendum2012/dostor_masr_final.pdf Original] (PDF; 659&nbsp;kB) am 14. Oktober 2013.</ref><ref name="EI_2012-12-02_EDC">[http://www.webcitation.org/6KMixdbg5 Egypt’s draft constitution translated] [Entwurfsfassung] (englisch). Egypt Independent, 2. Dezember 2012, von Nariman Youssef (Übersetzung), Lindsay Carroll und Sara Edmunds (Bearbeitung), archiviert vom [http://www.egyptindependent.com/news/egypt-s-draft-constitution-translated Original] am 14. Oktober 2013.</ref><br />
* Die Interpretation dieser Prinzipien wurde nicht länger dem Verfassungsgericht, sondern den Gelehrten des Al-Azhar Islam-Instituts überlassen (Artikel 4).<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><ref name="Aljazeera_2012-12-09_CE1" /><ref name="maybrit-illner_2013-08-22_Azzam" /><ref name="niviensaleh-info_OD_2CE" /><ref name="mubasher-aljazeera-net_2012-12-18" /><ref name="EI_2012-12-02_EDC" /><br />
* Die Unabhängigkeit der Justiz wurde in einigen Punkten gestärkt. Entsprechende Passagen in der Verfassung konnten allerdings mit Gesetzen ausgehöhlt werden.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><br />
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====== Erarbeitung des neuen Entwurfes ======<br />
Am 3. Juli 2013 war die Verfassung nach dem Sturz Mursis durch das Militär von Militärchef Sisi außer Kraft gesetzt worden.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><ref name="DW_2013-07-21_ÄNA" /> Vier Verfassungsexperten und sechs hochrangige Richter erhielten den Auftrag, ab dem 21. Juli erste Vorschläge für ein neues Grundgesetz zu erarbeiten.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><ref name="DW_2013-07-21_ÄNA">[http://www.webcitation.org/6KSpilDHT Ägypten – Ägypten nimmt Anlauf zu neuer Verfassung], Deutsche Welle, 21. Juli 2013, von Ursula Kissel, archiviert vom [http://dw.de/p/19BJ2 Original] am 18. Oktober 2013.</ref> Seit Anfang September ließ die Übergangsregierung ein neues Verfassunggebendes Komitee mit 50 Mitgliedern über die Änderungsvorschläge für den neuen Verfassungsentwurf beraten. Der Verfassungsentwurf sollte dann Anfang November 2013 präsentiert werden. Der Plan sah vor, dass die ägyptische Bevölkerung anschließend innerhalb von 30 Tagen in einem Referendum über den Verfassungsentwurf abstimmt.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><ref name="DW_2013-07-21_ÄNA" /> Das Vorliegen einer überarbeiteten Version wurde als Voraussetzung für die Neuwahlen für ein Parlament und einen Staatspräsidenten angesehen.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><ref name="DW_2013-07-21_ÄNA" /><br />
<br />
In dem Gremium saßen unter anderem Menschenrechtler, Jugendaktivisten, Politiker und zwei Vertreter des islamistischen Lagers. Obwohl in dem Verfassungsgebenden Komitee zwar deutlich mehr gesellschaftliche Gruppierungen vertreten waren als 2012, wurde die Zusammensetzung von Beobachtern als kritisch eingestuft. So sagte Stephan Roll (SWP): „Es ist kein gewähltes, sondern ein ernanntes Komitee. Das ist aus Demokratie-Sicht problematisch.“<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /> Die Legitimität des neuen Komitees wurde auch in Frage gestellt, weil die Muslimbrüder in dem vom früheren Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, geführten Gremium nicht vertreten waren, die Mursi-Gegner bei den für die Legitimation des Militärputsches herangezogenen Protesten aber unter anderem schon deswegen gegen Mursi protestiert hatten, weil sie sich bei der Erarbeitung der alten Verfassung lediglich nicht ausreichend vertreten gefühlt hatten.<ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /><br />
<br />
Damit erarbeitete innerhalb nur eines Jahres zum zweiten Mal ein Gremium in Ägypten eine neue Verfassung. Die strittigen Punkte im Entwurf blieben in etwa dieselben wie 2012. Öffentlich am stärksten reflektiert wurden die emotional sensiblen Themen wie das Verhältnis zwischen Religion und Staat und die Rolle von Minderheiten. In Fachkreisen wurden technische Themen wie Justiz und Rolle des Militärs als zentral angesehen. Während es aber bei dem unter Mursis Regierung erstellten Verfassungsentwurf eine breite und scharfe öffentliche Diskussion um den Inhalt des damals aktuellen Verfassungsentwurfes gegeben hatte, fand die Diskussion über den neuen Verfassungsentwurf nach dem Putsch kaum öffentlich statt.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><br />
<br />
====== Fachliche Einschätzungen ======<br />
Ägyptenexperten wie Stephan Roll und Björn Bentlage (Universität Halle) vermuteten, dass der als islamistisch aufgefasste umstrittene Artikel 4 nicht in die neue Verfassung übernommen wird. während die die Artikel zu den Bürger- und Grundrechten wie der Versammlungs- und Redefreiheit bestehen bleiben. Als entscheidend für die demokratische Entwicklung wird die zukünftige Rolle der Justiz eingeschätzt. Das stärkste Augenmerk wird von Seiten der Fachkreise auf die zukünftige Rolle des Militärs gerichtet, dessen Vorrechte bisher in der neuen Verfassung nicht ausgestaltet wurden. Das Militär zeigte sich weiterhin nicht bereit, auf Privilegien zu verzichten, sondern hielt an seiner Autonomie fest, auch künftig den Verteidigungsminister zu benennen und sein Budget nicht vollständig offenzulegen. Zudem beharrte es darauf, dass alle das Militär betreffenden Vergehen vor einem Militärgericht verhandelt werden, einschließlich solcher von in den weitverzweigten Wirtschaftsbetrieben des Militärs arbeitenden Zivilisten.<ref name="DW_2013-10-18_VFN" /><br />
<br />
===== „Anti-Terror-Gesetz“ =====<br />
Im Oktober diskutierte ein Übergangsregierungskomitee über ein „Anti-Terror-Gesetz“, durch das einige Sonderbefugnisse für die Sicherheitskräfte auch nach Aufhebung des Mitte August durch die Militärregierung verhängten Ausnahmezustandes erhalten bleiben sollen. Die von der Armee installierte Übergangsregierung sollte zeitgleich mit der geplanten Aufhebung des Ausnahmezustands Mitte November das „Anti-Terror-Gesetz“ sowie das geplante Demonstrationsgesetz beschließen, die der Regierung, der Justiz und den Sicherheitskräften weiterhin gestatten würden, bestimmte Bürgerrechte einzuschränken.<ref name="Handelsblatt_2013-10-23_ADH" /><br />
<br />
Nach Ansicht der ''Ägyptischen Organisation für Menschenrechte'' (''Egyptian Organization for Human Rights'', Abkürzung: EOHR) würde das „Anti-Terror-Gesetz“ wie auch das geplante Demonstrationsgesetz grundlegende Bürgerrechte aushebeln. In em geplanten „Anti-Terror-Gesetz“ sahen Kritiker eine verdeckte Verlängerung des Ausnahmezustandes, den die Übergangsregierung zu diesem Zeitpunkt laut einem Bericht der Kairoer Tageszeitung „Al-Masry Al-Youm“ nicht über den 14. November zu verlängern beabsichtigte, womit auch die nächtliche Ausgangssperre Mitte November aufgehoben werden würde.<ref name="Handelsblatt_2013-10-23_ADH">[http://www.webcitation.org/6KbnQFgYl Neues Gesetz in Ägypten – Ausnahmezustand durch die Hintertür?], Handelsblatt, 23. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/neues-gesetz-in-aegypten-ausnahmezustand-durch-die-hintertuer/8973998.html Original] am 24. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
===== Abschaffung des Oberhauses (Schura-Rat) =====<br />
Der mit der Überarbeitung der Verfassung beauftragte Ausschuss sprach sich am 8. November für die Abschaffung des Oberhauses des Parlaments (Schura-Rat) aus, das kurz vor Mursis Surz am 3. Juli vom Obersten Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden und nach Mursis Sturz und der Aussetzung der Verfassung durch die vom Militär gestützte Übergangsregierung am 5. Juli aufgelöst worden war. Ursprünglich hatte das Oberhaus zwar keine legislative Gewalt, war aber nach der Auflösung des Unterhauses zum einzigen gesetzgebenden Gremium aufgestiegen.<ref name="handelsblatt_2013-11-09_ZTB" /><br />
<br />
===== Demonstrationsgesetz =====<br />
Mitte Oktober meldete die [[Internationale Gesellschaft für Menschenrechte|Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte]] (IGFM), Ägyptens Innenminister, Polizeigeneral Mohamed Ibrahim, plane eine drastische Einschränkung des Demonstrationsrechts, die einen „herben Rückschlag für die junge Demokratie und einen Rückfall in die Zeiten der Militärdiktatur“ darstellen würde. Bei dem Gesetzentwurf handle es sich um einen nur teilweise modifizierten Text der Muslimbrüder, der mit Bestimmungen zur Terrorismusbekämpfung vermengt worden sei.<ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS" /> Mit der Verschärfung des Demonstrationsrechts plante die militärgestützte Übergangsregierung die Proteste einzudämmen.<ref name="Reuters-DE_2013-10-30_VMP" /><br />
<br />
Die IGFM kritisierte die völlige Intransparenz des Gesetzgebungsverfahrens und die schwerwiegenden Eingriffe in das Recht auf Versammlungsfreiheit als inakzeptabel. Die Formulierungen im Gesetzentwurf seien äußerst vage gehalten, ein „Recht“ auf Versammlungen werde verwehrt, Sitzstreiks würden grundsätzlich verboten werden. Teile des unter Verschluss gehaltenen Gesetzentwurfes waren zuvor ägyptischen Medien zugespielt und veröffentlicht worden.<ref name="Standard-at_2013-10-17_DÄS" /> Menschenrechtsgruppen und liberale Politiker äußerten sich besorgt. ''Human Rights Watch'' sprach von einer Blankovollmacht für ein Verbot von Protesten. Der Ausgang der Debatte werde zeigen, wie viele politische Freiheiten die neuen Machthaber künftig zu geben bereit seien.<ref name="Reuters-DE_2013-10-30_VMP" /> Die in Ägypten ansässige Menschenrechtsorganisation ''Arab Network for Human Rights Information'' (ANHRI) kritisierte, der Gesetzentwurf erinnere an die Verhältnisse unter Husni Mubarak und dem früheren Innenminister [[Habib al-Adli]]. Ägypten brauche keine weiteren Gesetze mit Restriktionen der Rechte und Freiheiten.<ref name="ahram-OL_2013-10-16_RDA">[http://www.webcitation.org/6KSxRZAV8 Rights group adds to criticism of Egypt’s draft protest law] (englisch). ahramonline, 16. Oktober 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/84106/Egypt/Politics-/Rights-group-adds-to-criticism-of-Egypts-draft-pro.aspx Original] am 18. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Am 12. November nahm die US-Regierung in ihrer Reaktion auf das offizielle Ende der Ausgangssperre Bezug auf die bevorstehende Ankündigung der selbst bei Mitgliedern der Regierung und ihren Unterstützern heftig umstrittenen Überarbeitung des Gesetzes zum Umgang mit Protestbewegungen. Außenamtssprecherin Jennifer Psaki verwies unter Begrüßung der Beendigung des Ausnahmezustands darauf, dass die Regierung „andere Sicherheitsgesetze“ erwäge und rief dazu auf, „die Rechte aller Ägypter zu achten“.<ref name="Handelsblatt_2013-11-12_AiÄ" /><br />
<br />
===== Staatliche Kontrolle über Moscheen und Prediger =====<br />
<br />
Im Oktober meldeten Medien Pläne der neuen Machthaber zur Einschränkung des Einflusses der Muslimbruderschaft auf die Religion. Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten zielte mit einer Reihe von Gesetzen darauf ab, die Moscheen des Landes stärker unter staatliche Kontrolle zu stellen.<ref name="DW_2013-10-16_PFI">[http://www.webcitation.org/6KSyc7buU Ägypten – Predigtverbot für Islamisten in Ägypten], Deutsche Welle, 16. Oktober 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://dw.de/p/19zxw Original] am 18. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Einige der umgesetzten oder geplanten Änderungen:<br />
* Seit Oktober durften nur noch Imame mit einem Abschluss der als moderat geltenden Al-Azhar-Universität die Freitagspredigt halten.<ref name="DW_2013-10-16_PFI" /><br />
: Diese Regelung bedeutete eine effektive Entlassung von rund 53.000 Predigern durch die militärgestützte Übergangsregierung.<ref name="DW_2013-10-16_PFI" /> Der Minister für religiöse Stiftungen, Mohamed Mokhtar Gomaa, begründete seine Maßnahme vom 10. September 2013 laut der Zeitung „''Egypt Online''“ damit, die Imame besäßen keine staatliche Zulassung und stellten mit ihren fundamentalistischen Ansichten eine Bedrohung für die Sicherheit des Landes dar. Betroffen waren laut dem Bericht vor allem kleine autonome Moscheen und Gebetsstätten.<ref name="islamische-zeitung-de_2013-09-10">[http://www.islamische-zeitung.de/?id=17167 Ägypten verhängt Predigtverbot für 55.000 Imame – Amnesty verurteilt „überhartes Vorgehen“], islamische-zeitung.de, 10. September 2013, abgerufen am 18. Oktober 2013.</ref><br />
* Die Verbreitung politischer Botschaften von der Kanzel sollte künftig zum Entzug der Lizenz führen.<ref name="DW_2013-10-16_PFI" /><br />
: Markus Symank kommentierte in der ''Deutschen Welle'', regimetreue Imame dürften auch künftig Religion und Politik vermischen, denn das Politikverbot für Imame gelte offenbar nur für die eine Hälfte der Gesellschaft. Aktivisten hätten angesichts des Vorgehens der Übergangsregierung gewarnt, dass anstelle der Islamisten künftig die neuen Machthaber die Moscheen für ihre Propaganda missbrauchen könnten. In den vorangegangenen Wochen hätten bereits zahlreiche Imame den Sicherheitskräften, die brutal gegen die Mursi-Anhänger vorgehen, „ihren Segen gegeben“. Ein Scheich, der häufig auf dem Tahrirplatz in Kairo predigte, hatte offen zum Mord an Mitgliedern der Hamas, dem palästinensischen Arm der Muslimbruderschaft, aufgerufen. Auch Vertreter der Al-Azhar hatten nach dem Putsch Hetze gegen Mursi-Anhänger betrieben wie der frühere Großmufti Ali Gum'a. Gum'a hatte Armeechef Sisi für dessen „außergewöhnlichen Mut“ gelobt, den Muslimbrüdern dagegen das Recht abgesprochen hatte, sich als Ägypter bezeichnen zu dürfen<ref name="DW_2013-10-16_PFI" /> und dazu aufgerufen, die Protestteilnehmer zu töten.<ref name="ahram-OL_2013-10-09_SSM" /><ref name="MEM_2013-10-09_FEM">[http://www.middleeastmonitor.com/news/africa/7733-former-egyptian-mufti-supports-the-killing-of-protesters- Former Egyptian mufti supports the killing of protesters] (englisch). Middle East Monitor, 9. Oktober 2013, abgerufen am 11. Oktober 2013.</ref><ref name="TTOI_2013-10-09">[http://www.webcitation.org/6KHiyT5We Goodbye Brotherhood, hello military dictatorship] (englisch). The Times of Israel, 9. Oktober 2013, von Elhanan Miller, archiviert vom [http://www.timesofisrael.com/goodbye-brotherhood-hello-military-dictatorship/ Original] am 11. Oktober 2013.</ref><br />
* Freitagspredigten sollen nur noch in Moscheen erlaubt sein, die mindestens 80 Quadratmeter groß sind.<ref name="DW_2013-10-16_PFI" /><br />
: Während in Ägypten mehr als 110.000 registrierte Moscheen bestanden, war die Anzahl der Imame mit Al-Azhar-Zertifikat mit 58.000 weitaus zu niedrig, um flächendeckend jede Moschee mit einem Imam versorgen zu können. Besonders in Oberägypten, wo die Islamisten ihre Hochburgen hatten, befanden sich viele Moscheen im Besitz von Familiensippen, die in der Regel auch bestimmten, wer bei den Freitagsgebeten als Imam auftritt. Die Regierung beabsichtigte, diesem Dilemma mit weiteren gesetzlichen Einschränkungen beizukommen.<ref name="DW_2013-10-16_PFI" /><br />
<br />
===== Zeitplan für Präsidentschafts- und Parlamentswahlen =====<br />
Nach dem Zeitplan, den Übergangspräsident Adli Mansur im August vorlegte, sollten 2014 Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattfinden,<ref name="handelsblatt_2013-11-09_ZTB" /> die die durch die Armee nach dem Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten Mohammed Mursi ernannten Führungspersonen ablösen sollten.<ref name="ORF-at_2013" /><br />
<br />
Im November kündigte Außenminister Nabil Fahmi an, die Parlamentswahl solle „zwischen Februar und März“ stattfinden, woraufhin die „Präsidentenwahl im Frühsommer“ erfolgen werde.<ref name="ORF-at_2013" /><ref name="FAZ-net_2013-11-08_AKP" /> Der genaue Termin für die Präsidentenwahl werde bis zum Ende des Frühjahrs bekanntgegeben, worauf die Wahl innerhalb von zwei Monaten stattfinden werde. Vor der Parlamentswahl werde im Dezember noch ein Referendum über die neue Verfassung abgehalten.<ref name="FAZ-net_2013-11-08_AKP">[http://www.webcitation.org/6L3KXQ9S8 Ägypten – Außenminister kündigt Parlamentswahl an], FAZ.net, 8. November 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/aegypten-aussenminister-kuendigt-parlamentswahl-an-12654581.html Original] am 11. November 2013.</ref> Dies waren die für ein Ende der Übergangsregierung zeitlich präzisesten Angaben, die bis zu diesem Zeitpunkt der Presse gegenüber gemacht wurden.<ref name="ORF-at_2013">[http://www.webcitation.org/6L2kstImt Ägypten: Parlamentswahl im Februar oder März], ORF.at, News, 8. November 2013, archiviert vom [http://orf.at/stories/2205654/ Original] am 11. November 2013.</ref><ref name="FAZ-net_2013-11-08_AKP" /><br />
<br />
Fahmi sagte weiter, zu der Parlamentswahl werde auch der politische Arm der verbotenen Muslimbruderschaft zugelassen sein.<ref name="FAZ-net_2013-11-08_AKP" /><br />
<br />
{{Siehe auch|Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)#Wahlgesetz und Wahltermin|titel1=Abschnitt „Wahlgesetz und Wahltermin“ im Artikel „Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)“}}<br />
<br />
==== Neue Wohltätigkeitsorganisation von Muslimbrüdern ====<br />
<br />
Ein Ableger der Muslimbrüder, die Gruppe „Brüder ohne Gewalt“ beantragte im Oktober eine Zulassung als Wohltätigkeitsorganisation beim Sozialministerium in Kairo, das daraufhin angab, zu prüfen, ob der Antrag dem im September gerichtlich ausgesprochenen Verbot der Muslimbrüder und ihrer Ableger widerspricht.<ref name="FAZ-net_2013-10-22_MWN">[http://www.webcitation.org/6Ka3IjMCb Ägypten – Muslimbrüder wollen neue Organisation gründen], FAZ.net, 22. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-muslimbrueder-wollen-neue-organisation-gruenden-12628403.html Original] am 23. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Die Mitglieder der „Brüder ohne Gewalt“ galten als besonders gemäßigte Muslimbrüder, die der nach dem Putsch inhaftierten Führung der Muslimbruderschaft vorgeworfen haben sollen, zur Gewalt zwischen ägyptischen Sicherheitskräften und Mursi-Anhängern maßgeblich beigetragen zu haben.<ref name="FAZ-net_2013-10-22_MWN" /><br />
<br />
Die neue Wohltätigkeitsorganisation solle nach dem Gründer der Muslimbrüder, dem Ägypter [[Hasan al-Bann?]], benannt werden, dessen Ideen verbreiten und sich nicht politisch betätigen.<ref name="FAZ-net_2013-10-22_MWN" /><br />
<br />
Einige Beobachter waren bereits kurz nach dem Blutbad vom 14. August davon ausgegangen, dass auch im Falle einer Repression, Inhaftierung oder Tötung vieler Mitglieder der Muslimbruderschaft durch die Armee Tausende Mitglieder der Muslimbruderschaft verbleiben würden, die die Fortführung der [[Da?wa#Muslimbruderschaft|Da?wa der Muslimbruderschaft]], Institutionen der sozialen Wohlfahrtsdienste, gewährleisten würden, die zur Aufrechterhaltung der Popularität der Muslimbruderschaft auch in Zeiten ihrer Verfolgung beigetragen hatten.<ref name="TJP_2013-08-19_DBT">[http://www.webcitation.org/6KZTOstzQ Analysis: Despite ban threat, Muslim Brotherhood is here to stay] (englisch). The Jerusalem Post, 19. August 2013, von Ariel Ben Solomon, archiviert vom [http://www.jpost.com/Elections-2013/Analysis-Despite-ban-threat-Muslim-Brotherhood-is-here-to-stay-323537 Original] am 23. Oktober 2013.</ref> Andere Beobachter hatten darauf hingewiesen, dass nach der Auflösung der als politisch gemäßigt geltenden Muslimbruderschaft<ref name="Zeit-OL_2013-09-14_MSN">[http://www.webcitation.org/6JtPVzfEm Muslimbrüder – Die Muslimbrüder sind nicht erledigt], Zeit Online, 14. September 2013, von Mohamed Amjahid und Michael Thumann, archiviert vom [http://www.zeit.de/2013/37/aegypten-muslimbrueder/komplettansicht Original] am 25. September 2013.</ref> die von dieser geleistete soziale Hilfe, die faktisch den fehlenden Sozialstaat ersetzte,<ref name="phoenix_2013-08-18_Mudhoon">Loay Mudhoon; in: [http://www.webcitation.org/6KMzBSA5O Aufruhr in Ägypten – wird aus dem arabischen Frühling ein blutiger Herbst?], Presseclub (ARD), 18. August 2013, Moderation: WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn; Gesprächspartner: Bettina Gaus (taz), Richard Kiessler, Loay Mudhoon (Deutsche Welle), Cornelia Wegerhoff (WDR), archiviert vom [http://www.phoenix.de/content/phoenix/die_sendungen/diskussionen/729157 Original] am 14. Oktober 2013. Zugleich: [https://www.youtube.com/watch?v=l4CQLU3XkT8 Aufruhr in Ägypten – Presseclub am 18. August 2013], YouTube, veröffentlicht vom YouTube-Kanal am 19. August 2013 [https://www.youtube.com/user/phoenix phoenix]; [http://mediathek.daserste.de/sendungen_a-z/311790_presseclub/16554576_aufruhr-in-aegypten-wird-aus-dem-arabischen?buchstabe=P Aufruhr in Ägypten – wird aus dem arabischen Frühling ein blutiger Herbst?], ARD Mediathek.</ref><ref name="Guardian_2013-09-25_EFT" /> nicht von dem dazu unfähigen Staat und nur schwer von anderen Wohlfahrtsverbänden übernommen werden könnte.<ref name="Guardian_2013-09-25_EFT" /><br />
<br />
==== Weitere Gewalttaten und Auseinandersetzungen ====<br />
===== August =====<br />
Das [[Ministry of State for Antiquities Affairs|Ministry of State for Antiquities]] (MSA) ließ aus Sicherheitsgründen alle Museen und archäologischen Fundstätten schließen.<ref name="Ahram-OL_2013-08-14">[http://www.webcitation.org/6J5WdDUWT Egypt’s archaeological sites and museums closed indefinitely], Ahram Online (ahramonline), 14. August 2013, von Nevine El-Aref, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/News/79035.aspx Original] am 23. August 2013.</ref><ref>[http://archaeologik.blogspot.de/2013/08/unruhen-in-agypten-museumsplunderung-in.html ''Unruhen in Ägypten – Museumsplünderung in Mallawi''], Archaeologik 15. August 2013. Abgerufen am 15. August 2013</ref> Während der Auseinandersetzungen hatten Pro-Mursi-Demonstranten Wachhäuschen an den Eingängen des [[Nationalmuseum Alexandria|Nationalmuseums Alexandria]] und des Malawi-Nationalmuseums im mittelägyptischen Minya zerstört, ohne dass in den Museen selbst Schäden angerichtet wurden.<ref name="Ahram-OL_2013-08-14" /> Am 15. August wurde das Malawi-Nationalmuseum in Minya geplündert. Von über 1000 Exponaten konnte etwa ein Dutzend sichergestellt werden.<ref>[http://luxortimesmagazine.blogspot.de/2013/08/1040-objects-out-of-1089-were-stolen.html Luxor Times 15. August 2013].</ref><br />
<br />
Am Abend des 19. August wurde ein Journalist der ägyptischen Zeitung ''al-Ahram'' nach Beginn der Ausgangssperre auf dem Rückweg von einem Treffen mit dem Gouverneur einer Provinz im Nildelta an einem Kontrollpunkt des Militärs erschossen und ein Kollege verletzt, obwohl für Journalisten und Mitarbeiter von Medien eine offizielle Ausnahmeregelung bei der Handhabung der Ausgangssperre galt.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-20_MNC" /><br />
<br />
Am 23. August kam mindestens ein Mursi-Anhänger ums Leben, als ein Mob eine Kundgebung in der Stadt Tanta angriff. In mehreren anderen Städten des Nildeltas griffen Unbekannte Häuser von Islamisten an.<ref name="DW_2013-08-23_VÄZ">[http://www.webcitation.org/6J7BcFcIO Ägypten – Verhaftungswelle in Ägypten zeigt Wirkung], Deutsche Welle, 23. August 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://www.dw.de/verhaftungswelle-in-%C3%A4gypten-zeigt-wirkung/a-17042222 Original] am 24. August 2013.</ref><br />
<br />
Am 28. August ereigneten sich laut ägyptischen Medienberichten gewaltsame Zusammenstöße zwischen demonstrierenden Muslimbrüdern und der Polizei in der Provinz Bani Suwaif, bei denen zwei Demonstranten getötet und acht verletzt worden sein sollen. Zu den Auseinandersetzungen soll es gekommen sein, als eine Militärpatrouille versucht habe, eine Versammlung aufzulösen. Während die Opfer nach Angaben von Ärzten alle Schusswunden erlitten, gab ein hoher Militär an, die Sicherheitskräfte hätten nicht geschossen.<ref name="Süddeutsche-de_2013-08-28_ZDG">[http://www.webcitation.org/6JIgRWStW Unruhen in Ägypten – Zwei Demonstranten getötet], Süddeutsche.de, 28. August 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/unruhen-in-aegypten-zwei-demonstranten-getoetet-1.1756478 Original] am 1. September 2013.</ref><br />
<br />
Am 30. August forderten trotz eines Großaufgebots der Sicherheitskräfte Zehntausende Menschen bei Protesten die Wiedereinsetzung des vom Militär gestürzten Präsidenten Mursi. Bei Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis kam es dabei nach Medienberichten zu mindestens sechs Toten und mindestens 50 Verletzten sowie zu zahlreichen Festnahmen.<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN" /><ref name="DW_2013-08-30_KEG" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-08-30_TAF" /> Die blutigen Straßenschlachten fanden unter anderem in Mursis Geburtsstadt Sagasig sowie in [[Port Said]] statt,<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN" /><ref name="DW_2013-08-30_KEG" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-08-30_TAF" /> andere Auseinandersetzungen nach ägyptischen Medienberichten auch in [[Banha]], Alexandria und in Bani Suwaif.<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-08-30_TAF" /> Laut Innenministerium kam es zudem in [[Gouvernement al-Buhaira|al-Buhaira]] und [[Tanta]] zu Ausschreitungen.<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN" /> In Kairo zogen Unterstützer Mursis in mehreren Gruppen durch die Straßen, mieden die von Polizei und Armee streng bewachten Schauplätze und zerstreuten sich kurz vor Einsetzen der nächtlichen Ausgangssperre, für deren Missachtung die Übergangsregierung mit Konsequenzen gedroht hatte.<ref name="DW_2013-08-30_KEG" /> Im Kairoer Bezirk Al-Nosha wurden an einer Straßensperre der Polizei kurz vor Beginn der Protestaktionen zwei Polizisten erschossen und laut Innenministerium zwei weitere Polizisten verletzt. Am Abend erschossen Unbekannte in der Stadt Arisch einen Polizisten. Insgesamt starben bei den parallel zu den Protesten erfolgten Angriffen von Extremisten auf die Polizei drei Polizisten.<ref name="n-tv_2013-08-30_ÄKN">[http://www.webcitation.org/6JHIwozqi Tote am „Freitag der Entschlossenheit“ – Ägypten kommt nicht zur Ruhe], n-tv, 30. August 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Aegypten-kommt-nicht-zur-Ruhe-article11266921.html Original] am 31. August 2013.</ref><ref name="DW_2013-08-30_KEG" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-08-30_TAF" /><br />
<br />
===== September =====<br />
Anfang September starben bei einem Sprengstoffanschlag auf den ägyptischen Innenminister Mohammed Ibrahim in der Nähe seines Hauses im Kairoer Stadtteil Nasr-City, den der Innenminister unverletzt überstand, nach staatlichen Angaben zwei Menschen, darunter der Fahrer eines mit Sprengstoff beladenen Autos. Die Muslimbruderschaft verurteilte den Anschlag scharf. Beobachter vermuteten einen Zusammenhang zwischen dem laut Korrespondentenberichten in seiner Art in Ägypten ungewöhnlichen Sprengstoffattentat und der am vorangegangenen Wochenende auf der Sinai-Halbinsel erfolgten Festnahme des Al-Kaida-Anführers Adel Habara.<ref name="DW_2013-09-05" /><br />
<br />
Am 11. September kamen bei zwei Selbstmordanschlägen, zu denen sich eine militante Gruppe namens Dschund al-Islam bekannte, auf ein örtliches Hauptquartier der ägyptischen Sicherheitskräfte und einen Kontrollposten des Militärs mindestens sechs Menschen ums Leben.<ref name="Zeit-OL_2013-09-13_ETB" /><br />
<br />
Mitte September haben die Freitagsproteste der Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi wieder an Zulauf gewonnen, nachdem sie nach dem harten Vorgehen der Polizei und des Militärs in den vorangegangenen Wochen zunächst schwächer geworden waren. Am 13. September kam es zu landesweiten Demonstrationen von Mursi-Anhängern, bei denen diese in ganz Ägypten auf die Straßen strömten und Plakate mit dem R4bia-Zeichen in die Höhe hielten, als Symbol für das am 14. August von Sicherheitskräften überrannte Protestlager der Islamisten und damit für den Widerstand der Muslimbruderschaft. In Alexandria, wo sich Anhänger und Gegner Mursis mit Steinen bewarfen, wurde ein Mensch wurde getötet.<ref name="Zeit-OL_2013-09-13_ETB">[http://www.webcitation.org/6JhybK9rr Ausnahmezustand – Ein Toter bei Protesten in Ägypten], Zeit Online, 13. September 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-09/toter-aegypten-gewalt Original] am 17. September 2013.</ref><br />
<br />
Am 16. September erlangten die Sicherheitskräfte die Kontrolle über die oberägyptische Stadt Delga zurück, die seit dem Putsch vom 3. Juli von Islamisten kontrolliert worden war und wo es zahlreiche Übergriffen islamischer Extremisten auf die örtliche christliche Minderheit gegeben hatte.<ref name="Guardian_2013-09-19_EPS">[http://www.webcitation.org/6Jnnf5h1e Egyptian police storm second Islamist stronghold] (englisch). The Guardian, 19. September 2013, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/sep/19/egyptian-police-officer-killed-kerdasah-morsi Original] am 21. September 2013.</ref><ref name="Zeit-OL_2013-09-19_AKV">[http://www.webcitation.org/6Jo3dUCmo Ägypten – Armee kreist Vorort von Kairo ein], Zeit Online, 19. September 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-09/aegypten-kairo-kerdassa-polizei-islamisten Original] am 21. September 2013.</ref><br />
<br />
Am 19. September stürmten Anti-Terror-Polizisten die am Rande Kairos gelegene Stadt Kerdasa als weiteren von Islamisten kontrollierten Ort, unter Einsatz von Panzern und Helikoptern. Bei den Zusammenstößen zwischen bewaffneten Gruppen und Sicherheitskräften starb auch ein Polizeigeneral.<ref name="Süddeutsche-de_2013-09-21_SDV">[http://www.webcitation.org/6Jo1cyMuh Ägypten - Stunde der Vergeltung], Süddeutsche.de, 21. September 2013, von Tomas Avenarius, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/aegypten-stunde-der-vergeltung-1.1776762 Original] am 21. September 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-09-19_EPS" /><ref name="Zeit-OL_2013-09-19_AKV" /><br />
<br />
In Kairo legte am 19. September der Fund zweier selbstgebauter Sprengsätze an einem Bahnhof im Süden der Stadt den U-Bahnverkehr nahezu vollständig lahm.<ref name="Focus-OL_2013-09-19_BAG">[http://www.webcitation.org/6Jo4JrmFm Gewalt in Ägypten – Bomben auf dem Gleis: U-Bahnen in Kairo gestoppt], Focus Online, 19. September 2013, archiviert vom [http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/gewalt-in-aegypten-bomben-auf-dem-gleis-u-bahnen-in-kairo-gestoppt_aid_1105493.html Original] am 21. September 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-09-19_EPS" /><br />
<br />
===== Oktober =====<br />
Am 11. Oktober kam es in mehreren Orten Ägyptens erneut zu Protesten. Dabei wurde in der Provinz Scharkija nördlich von Kairo ein Mensch getötet.<ref name="business-panorama_2013-10-11" /><ref name="MEM_2013-10-12_OKA">[http://www.webcitation.org/6KKMvtQ71 One killed and tens injured in Friday’s protests in Egypt] (englisch). Middle East Monitor, 12. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.middleeastmonitor.com/news/africa/7807-one-killed-and-tens-injured-in-fridays-protests-in-egypt Original] am 13. Oktober 2013.</ref> Dutzende wurden in Alexandria verletzt, als ein Wagen in die Demonstranten fuhr.<ref name="MEM_2013-10-12_OKA" /> Das Innenministerium bekräftigte seine Warnung, gegebenenfalls mit Gewalt gegen die Islamisten vorzugehen. In Kairo wurden rund um den Tahrir-Platz, die US-Botschaft und andere zentrale Plätze die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Rund 2000 Islamisten versammelten sich in Kairo zu Protesten und schwenkten vor dem Präsidentenpalast Bilder von Mursi. Die von der Muslimbruderschaft angeführte Anti-Putsch-Allianz, die die Demonstration organisiert hatte, hatte die Teilnehmer zuvor aufgerufen, dem Tahrir-Platz fernzubleiben, um weitere gewalttätige Zusammenstöße zu verhindern.<ref name="business-panorama_2013-10-11">[http://www.webcitation.org/6KJ2XuyL0 Tausende Mursi-Anhänger gehen in Ägypten auf die Straße], http://business-panorama.de (AFP-Meldung), 11. Oktober 2013, archiviert vom [http://business-panorama.de/news.php?newsid=198492 Original] am 12. Oktober 2013.</ref> In Alexandria trieben Sicherheitskräfte die Unterstützer Mursis mit Tränengas auseinander, als diese mit Gegnern des entmachteten Präsidenten aneinandergerieten.<ref name="business-panorama_2013-10-11" /><ref name="Reuters_2013-10-11_EKÄ">[http://www.webcitation.org/6KIMDbxEd Erneut Krawalle in Ägypten], Reuters Deutschland, 11. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99A02U20131011 Original] am 11. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
<gallery mode=packed heights=150px caption="Galerie: Anti-Putsch-Demonstration in Nasr-City am 11. Oktober 2013:"><br />
Datei:Anti-coup protesters with R4bia sign in Nasr City-Cairo 11-Oct-2013.jpg|Mit [[Vuvuzela]] und Anti-Putsch-Flaggen ausgerüstete Demonstranten formen die Finger zum R4bia-Zeichen.<ref name="VOA_2013-10-11_PIE">[http://www.webcitation.org/6LoJyx4Z1 Protests in Egypt] (englisch), Voice Of America, 11. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/media/photogallery/1767839.html Original] am 12. Dezember 2013.</ref><br />
Datei:Protesters holding up poster of ousted President Morsi Nasr City-Cairo 11-Oct-2013.jpg|Mursi-loyale Demonstrantin mit Porträt des vom Militär gestürzten Präsidenten.<ref name="VOA_2013-10-11_PIE" /><br />
Datei:Anti-coup protesters in Nasr City-Cairo 11-Oct-2013.jpg|Die Anti-Putsch-Demonstration findet in Nasr-City, einer Hochburg der Muslimbruderschaft, statt.<ref name="VOA_2013-10-11_PIE" /><br />
Datei:Military vehicle - anti-coup protest in Nasr City-, Cairo, Oct. 11, 2013.jpg|Ein Militärfahrzeug fährt durch den Anti-Putsch-Protest.<ref name="VOA_2013-10-11_PIE" /><br />
</gallery><br />
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Am 20. Oktober kamen infolge eines [[Drive-by-Shooting]] im Kairoer Stadtteil Warak fünf Menschen getötet, darunter ein acht- und ein zwölfjähriges Mädchen.<ref name="derStandard-at_2013-10-25_WOG">[http://www.webcitation.org/6Kgttccwu Nach Kirchen-Attentat in Kairo: Weiteres Opfer gestorben], derStandard.at, 25. Oktober 2013, archiviert vom [http://derstandard.at/1381369839061/Nach-Kirchen-Attentat-in-Kairo-Weiteres-Opfer-gestorben Original] am 27. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-10-21_ETA" /><ref name="taz_2013-10-21_MVK" /><ref name="Aljazeera_2013-10-21_DAO">[http://www.webcitation.org/6KXKwLabw Deadly attack outside Cairo church wedding] (englisch). Aljazeera, 21. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2013/10/several-killed-outside-church-cairo-201310202143341911.html Original] am 21. Oktober 2013.</ref><ref name="Welt_2013-10-21_TEA" /> Die vermummten Täter schossen auf eine Gruppe von Menschen, die während einer christlichen Hochzeit vor der koptischen Jungfrau-Maria-Kirche stand, und entkamen.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-21_ETA" /><ref name="taz_2013-10-21_MVK" /> Über das Motiv der Angreifer machte das Ministerium zunächst keine Angaben.<ref name="taz_2013-10-21_MVK" /> Das Nachrichtenmagazin ''Der Spiegel'' titulierte die Täter als „Extremisten“, die Tageszeitung ''Die Welt'' als „Terroristen“.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-21_ETA" /><ref name="Welt_2013-10-21_TEA" /> Die Polizei leitete im Vorort Warak eine Großfahndung ein. Es handelte sich um den ersten Angriff auf Christen in Kairo seit dem Militärputsch gegen Staatspräsident Mursi. Die linke Tagammu-Partei nahm den Vorfall zum Anlass, den Muslimbrüdern vorzuwerfen, sie hätten Unfrieden zwischen den verschiedenen Religionsgruppen gestiftet. Die ägyptische Muslimbruderschaft distanzierte sich in einer Erklärung ihres Pressebüros in London von dem Angriff.<ref name="Spiegel-OL_2013-10-21_ETA">[http://www.webcitation.org/6KX7RlXEy Angriff auf Ägyptens Christen: Extremisten töten achtjähriges Mädchen], Spiegel Online, 21. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/christen-in-aegypten-extremisten-erschiessen-achtjaehriges-maedchen-a-929036.html Original] am 21. Oktober 2013.</ref> Ein Pfarreiverantwortlicher bemängelte, für den Polizeischutz vorgesehene Sicherheitskräfte seien während des Anschlags nicht vor Ort gewesen. Laut ''Ahram Online'' ergab eine Befragung der verantwortlichen Beamten, die Polizisten hätten die Bewachung Mitte August eingestellt, weil es an Waffen gefehlt habe.<ref name="derStandard-at_2013-10-25_WOG" /><br />
<br />
===== November =====<br />
Am 1. November gaben mehrere Männer Schrot- oder Pistolenschüsse auf das Amarante Pyramids Hotel in der Nähe der Pyramiden von Gizeh ab und flohen daraufhin, ohne jemanden verletzt zu haben. Bei den Tätern handelte es sich offenbar um entlassene Mitarbeiter, denen der Zutritt zur Anlage verwehrt worden war.<ref name="Spiegel-OL_2013-11-01_EAS">[http://www.webcitation.org/6KpsiUaDf Tourismuskrise in Ägypten: Entlassene Arbeiter schießen auf Hotel bei Pyramiden], Spiegel Online, 1. November 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/panorama/tourismuskrise-in-aegypten-entlassene-arbeiter-schiessen-auf-hotel-a-931268.html Original] am 2. November 2013.</ref> Die Nachrichtenagentur ''Reuters'' hatte zunächst mit Verweis auf die staatliche Internetseite ''Al Ahram'' gemeldet, dass Angreifer im Hotel um sich geschossen hätten und dass „Islamisten wiederholt Hotels und andere von Touristen besuchte Einrichtungen ins Visier genommen“ hätten.<ref name="Reuters-DE_2013-11-01_ASI">[http://www.webcitation.org/6KqzspLhu Medien: Angreifer schießen in Kairoer Hotel um sich], Reuters Deutschland, 1. November 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE9A002B20131101 Original] am 3. November 2013.</ref><br />
<br />
Am 8. November wurden bei Unruhen während Protesten von Anhängern Mursis mindestens zwei Menschen in Kairo getötet.<ref name="WAZ_2013-11-09_ZJS" /><ref name="handelsblatt_2013-11-09_ZTB" /><ref name="t-online-de_2013-11-08_ZBP">[http://www.webcitation.org/6L2PkkC95 Ägypten-Krise – Zwölfjähriger bei Pro-Mursi-Protesten getötet], www.t-online.de, 8. November 2013, archiviert vom [http://www.t-online.de/nachrichten/specials/id_66425312/aegypten-krise-zwoelfjaehriger-bei-pro-mursi-protesten-getoetet.html Original] am 11. November 2013.</ref><ref name="ORF-at_2013-11-08_TBN">[http://www.webcitation.org/6L2Q4HOVr Tote bei neuerlichen Protesten in Ägypten], ORF.at, News, 8. November 2013, archiviert vom [http://orf.at/stories/2205706/#top Original] am 11. November 2013.</ref> Bei einem der Todesopfer handelte es sich um einen 12-jährigen Jungen,<ref name="WAZ_2013-11-09_ZJS" /> der nach offiziellen Angaben nahe der Pyramiden von Giseh in Auseinandersetzungen zwischen Mursi-Anhängern und örtlichen Bewohnern geraten sei.<ref name="handelsblatt_2013-11-09_ZTB" /> Dort warfen die beiden Gruppen Brandbomben und Steine aufeinander. In Kairo, Suez und Alexandria setzte die Polizei Tränengas ein, um die verfeindeten Lager auseinanderzutreiben. In Suez wurde ein Demonstrant von einer Kugel am Kopf getroffen und schwer verletzt. Bei den Protesten nach den Freitagsgebeten forderten die Islamisten die Freilassung von 21 weiblichen Demonstranten, unter ihnen sieben Mädchen, die im Oktober bei Zusammenstößen in Alexandria verhaftet wurden, weil sie angeblich zur Gewalt aufgerufen hatten.<ref name="handelsblatt_2013-11-09_ZTB">[http://www.webcitation.org/6L2NVPhqt Unruhen – Zwei Tote bei Protesten in Ägypten], Handelsblatt, 9. November 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/unruhen-zwei-tote-bei-protesten-in-aegypten/9052170.html Original] am 11. November 2013.</ref> In Alexandria wurde Tränengas eingesetzt.<ref name="ORF-at_2013-11-08_TBN" /> Insgesamt demonstrierten am 8. November in ganz Ägypten mehrere tausend Sympathisanten des gestürzten Präsidenten.<ref name="WAZ_2013-11-09_ZJS">[http://www.webcitation.org/6L2PYQRVk Unruhen – Zwölfjähriger Junge stirbt bei Ausschreitungen in Ägypten], Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 9. November 2013, archiviert vom [http://www.derwesten.de/politik/zwoelfjaehriger-junge-stirbt-bei-ausschreitungen-in-aegypten-id8650075.html Original] am 11. November 2013.</ref><br />
<br />
=== Entwicklung nach Ende des Ausnahmezustandes ===<br />
Die seit dem Sturz von Präsident Mursi anhaltende Gewaltwelle in Ägypten riss auch nach dem Ende des Ausnahmezustands Mitte November 2013 nicht ab.<ref name="Süddeutsche-de_2013-11-20_ZDS">[http://www.webcitation.org/6LIC49TMc Gewalt in Ägypten - Zwei Demonstranten sterben auf Tahrir-Platz], Süddeutsche.de, 20. November 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/terror-in-aegypten-zehn-tote-bei-bombenanschlag-auf-sinai-1.1822919 Original] am 21. November 2013.</ref> Einer Zählung der als unabhängig eingeschätzten Website ''Wiki Thawra'' zufolge starben nach dem Militärputsch allein im Zeitraum Juli bis Dezember 2013 unter Interimspräsident Mansur 2273 Menschen bei politischen Auseinandersetzungen sowie 200 Menschen - darunter 36 Zivilisten - bei terroristischen Angriffen. Dies stellte eine erhebliche Zunahme im Vergleich zur Zeit vor dem Putsch dar, als im Zeitraum Januar bis Juni 2013 während der Präsidentschaft Mursis 153 Menschen bei politischen Auseinandersetzungen und 4 Personen bei terroristischen Angriffen gestorben waren.<ref name="DNE_2013-12-30_2BY" /><ref name="DNE_2014-03-04_HRI">''[http://www.webcitation.org/6O8ojImdq Human rights in Egypt under international spotlight - Coalition of international NGOs calls on UN Human Rights Council to address Egypt’s human rights situation]'' (englisch). Daily News Egypt, 4. März 2014, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2014/03/04/human-rights-egypt-international-spotlight/ Original] am 17. März 2014.</ref> Noch vor Mitte Januar 2014 erreichte der von ''Wiki Thawra'' gezählte Todeszoll seit dem Sturz Mursis durch das Militär 2665 Menschen.<ref name="SonntagsZeitung_2014-01-12_WRM">''[http://www.webcitation.org/6MZnNVnUp Weniger Religion, mehr Militär, Polizei und Justiz]'', SonntagsZeitung, 12. Januar 2014, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.sonntagszeitung.ch/nachrichten/artikel-detailseiten/?newsid=271586 Original] am 12. Januar 2014.</ref><br />
<br />
==== Haftbedingungen und Foltervorwürfe ====<br />
Nach dem Volksaufstand von 2011, zu dessen zentralen Forderungen ein Ende der Polizeigewalt gezählt hatte, war keine Reform der Sicherheitskräfte erfolgt. Der von der militärgestützten Übergangsregierung nach dem Militärputsch gegen Mursi erstellte neue Verfassungsentwurf, der Mitte Januar 2014 zur Abstimmung gestellt werden sollte, verbot zwar ausdrücklich alle Arten von Folter, sprach dem Innenministerium jedoch zugleich noch größere Unabhängigkeit als zuvor zu und erschwerte dadurch eine neutrale Überwachung der Arbeit der Sicherheitskräfte.<ref name="DW_2014-01-10_MHÄ">[http://www.webcitation.org/6MXyBhLv6 Ägypten - Miserable Haftbedingungen in Ägypten], Deutsche Welle, 10. Januar 2014, von Markus Symank, archiviert vom [http://www.dw.de/miserable-haftbedingungen-in-%C3%A4gypten/a-17353709 Original] am 11. Januar 2014.</ref><br />
<br />
Anfang Januar 2014 kritisierten Medien die Haftbedingungen in Ägypten, wo so viele Menschen wie zuvor lange nicht mehr in Gefängnishaft saßen.<ref name="DW_2014-01-10_MHÄ" /> Nach Angaben der Website ''Wiki Thawra'', die von jungen Demokratieaktivisten betrieben wird, verhafteten Polizei und Militär seit dem Sturz Mursis (Juli 2013) bis Januar 2014 mehr als 21.000 Menschen, darunter rund 2500 Führungskräfte der Muslimbruderschaft.<ref name="ZeitOL_2014-01-14_HMS">[http://www.webcitation.org/6NDp2BxS3 Ägypten - Hauptsache, die Muslimbrüder sind weg], Zeit Online, 14. Januar 2014, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-01/verfassung-aegypten-referendum Original] am 8. Februar 2014.</ref> Menschenrechtsorganisationen - auch die staatliche ägyptische - sammelten als schaurig empfundene Berichte von Folter, Vergewaltigungen und Misshandlungen in den ägyptischen Gefängnissen, die Zustände wie unter dem 2011 gestürzten Langzeitherrscher Husni Mubarak zu offenbaren schienen.<ref name="n-tv_2014-03-28_MMK">''[http://www.webcitation.org/6OPS2N4yU Keine Gnade für Islamisten - Die Methode Mubarak kehrt zurück]'', n-tv, 28. März 2014, von Nora Schareika, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Aegypten-Die-Methode-Mubarak-kehrt-zurueck-article12549196.html Original] am 28. März 2014.</ref> 14 ägyptische Menschenrechtsgruppen warfen dem Polizei- und Militärapparat Anfang Januar 2014 in einer 30-seitigen Dokumentation vor, den sogenannten „Krieg gegen den Terror“ als Rechtfertigung für systematische Folter und Misshandlungen zu nutzen. Tausende Menschen seien in den letzten Monaten verhaftet und ohne Anklage festgehalten worden.<ref name="SonntagsZeitung_2014-01-12_WRM">''[http://www.webcitation.org/6MZnNVnUp Weniger Religion, mehr Militär, Polizei und Justiz]'', SonntagsZeitung, 12. Januar 2014, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.sonntagszeitung.ch/nachrichten/artikel-detailseiten/?newsid=271586 Original] am 12. Januar 2014.</ref> <br />
<br />
Nachdem die Übergangsregierung nach dem Militärputsch damit nahezu die gesamte Führungsriege der Muslimbruderschaft festgenommen hatte, waren schließlich auch zunehmend säkulare Aktivisten und Regimegegner inhaftiert worden. Berichte, die aus den Haftanstalten nach außen gelangten, wurden als Beleg gedeutet, dass die Sicherheitskräfte alltäglich systematische Folter anwendeten. Hend Nafea Badawy, Verantwortlicher für den Bereich Bürgerrechtsverletzungen beim Anwaltszentrum Hisham Mubarak in Kairo, sprach von einer Verfielfachung der Folterberichte im Vergleich zu der Regierungszeit Mubaraks.<ref name="DW_2014-01-10_MHÄ" /><br />
{{Preview Crop<br />
|Image = Ahmed Maher, Egypt, Co-founder of the April 6 Youth Movement.jpg<br />
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|Description = [[Ahmed Maher]]<br />
}}<br />
Auch die sogenannte Demokratiebewegung wurde mit zunehmender Härte vom Staatsapparat attackiert, obwohl sie die Entmachtung Mursis zunächst unterstützt hatte.<ref name="Tagesspiegel_2014-01-13_DdG" /> Wichtige Galionsfiguren des sogenannten „Arabischen Frühlings“ in Ägyptens waren zur Zeit des Verfassungsreferendums bereits inhaftiert. Dazu zählte unter anderem der im Dezember 2013 zu drei Jahren Haft verurteilte [[Ahmed Maher]] als Mitbegründer der [[Jugendbewegung des 6. April|Bewegung 6. April]], die „mit ihrem gewaltfreien Protest maßgeblich zum Sturz des Regimes von Husni Mubarak beigetragen“ hat.<ref name="ZeitOL_2014-01-14_HMS" /><ref name="DW_2014-01-10_MHÄ" /> Maher hatte die Beteiligung der 6.-April-Bewegung an den Anti-Mursi-Demonstrationen am 30. Juni nachträglich als „schweren Fehler“ bezeichnet und über das Regime unter Militärchef Sisi gesagt, es handle sich dabei um „die Rückkehr zum alten Regime – dieselbe Unterdrückung, dieselbe Folter, dieselbe Korruption und dieselben Lügen in den Medien – nur alles noch viel schlimmer“.<ref name="Tagesspiegel_2014-01-13_DdG" /> Nach seiner Festnahme wurde Mahers Beschreibung der „miserablen Haftbedingungen“ (''Deutsche Welle'') bekannt, die in Form „mehrerer auf Toilettenpapier und Taschentücher gekritzelter Botschaften aus dem Hochsicherheitsgefängnis Tora in Kairo“ geschmuggelt wurden. Demnach sei Lesen und Schreiben in der Haft verboten und die Sicherheitsbeamten würden jeden foltern, den sie mit Schreibgerät oder Papier antrafen.<ref name="DW_2014-01-10_MHÄ" /> Anwälte berichteten, Maher und andere prominente Aktivisten würden wie Terroristen in Einzelhaft gehalten. Ihre Familien dürften sie nicht besuchen. Sowohl angemessener Rechtsbeistand als auch medizinische Versorgung soll ihnen zumeist verwehrt worden sein. Weniger prominente Gefangene sollten oft in Gruppen von bis zu 60 Personen in kleinen Zellen festgehalten werden und auf dem nackten Betonboden schlafen müssen. Nach Angaben von Menschenrechtlern würden mancherorts Teenager gemeinsam mit Erwachsenen untergebracht. Dutzende Gefangene sollten aus Protest über die Haftbedingungen allein im Januar 2014 in den Hungerstreik getreten sein.<ref name="DW_2014-01-10_MHÄ" /><br />
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Von den nach Angaben des Innenministeriums 1079 am Dritten Jahrestag des Volksaufstandes vom 25. Januar 2011 Festgenommenen wurden mindestens 79 in dem Gefängnis Abu Zaabal festgehalten, die alle nach Angabe ihres Anwaltes, Mahmoud Belal, berichteten, Opfer von Folter geworden zu sein. Die Kampagne ''Nation without Torture'' veröffentlichte am 10. Februar 2014 eine Stellungnahme, in der sie das Innenministerium mit Hinweis auf die in Artikel 52 der neuen Verfassung festgelegten Unverjährbarkeit von Folter beschuldigte, „die Mehrheit“ der an diesem Tage Festgenommenen gefoltert zu haben. Das Innenministerium bestritt hingegen am 11. Februar alle Folter- und Misshandlungs-Anschuldigungen der Untersuchungshäftlinge und erklärte, es werde Beschwerden von Häftlingen annehmen und untersuchen.<ref name="DNE_2014-02-11_NLI">[http://www.webcitation.org/6NycICNYj NCHR looks into torture reports of revolutionary anniversary detainees - Nation without Torture campaign condemns alleged torture amid Ministry of Interior’s denial of validity of torture accounts] (englisch). Daily News Egypt, 11. Februar 2014, von Rana Muhammad Taha, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2014/02/11/nchr-looks-torture-reports-revolutionary-anniversary-detainees/ Original] am 10. März 2014.</ref><ref name="AhramOL_2014-02-12_DDS" /><br />
<br />
Am 12. Februar 2014 veröffentlichten 16 Menschenrechtsorganisationen eine Stellungnahme, in der sie zügige Ermittlungen zu den ihrer Ansicht nach „zunehmenden und erschreckenden Anschuldigungen von Folter und sexuellen Tätlichkeiten gegen die in Polizeirevieren seit dem 25. Januar Festgenommenen“ und ärztliche Untersuchungen aller auf über 1000 geschätzten am 25. Januar Festgenommenen forderten. Einer Delegation der Rechtsgruppen solle gestattet werden die Gefängnisse ohne Vorbedingungen zu besuchen und mit den Gefangenen zu sprechen. Das Innenministerium begegnete den in den vorangegangenen Monaten angestiegenen Anschuldigungen von willkürlichen Verhaftungen und Folter mit der Behauptung, die Polizei sei der Mubarakära reformiert worden.<ref name="AhramOL_2014-02-12_DDS">[http://www.webcitation.org/6O5eQB9Pa Detainees detail stories of torture in Egypt jails - Interior ministry denies torture exists in Egyptian police stations and prisons despite numerous testimonies by detainees and rights activists]</s>, Ahram Online, 12. Februar 2014, von Salma Shukrallah, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/151/94066/Egypt/Features/Detainees-detail-stories-of-torture-in-Egypt-jails.aspx Original] am 15. März 2014.</ref><br />
<br />
Im März 2014 wurde Videomaterial veröffentlicht, das von einem Häftling in einem ägyptischen Hochsicherheitsgefängnis gefilmt worden und die „grauenvollen Bedingungen, die von Taudenden von der neuen Militärregierung Ägyptens Inhaftierten ausgestanden werden, enthüllt“ (''The Telegraph'') haben soll. Das Videomaterial war Teil eines Dossiers, das von einer in London ansässigen Firma von Rechtsanwälten zusammengestellt wurde, die für die der Muslimbruderschaft nahestehende ''Freiheits- und Gerechtigkeitspartei'' arbeiteten. Sie hatten ihre Informationen sowohl an den [[Internationaler Strafgerichtshof|Internationalen Strafgerichtshof]] (ICC) in [[Den Haag]] als auch an die britische Polizeibehörde [[New Scotland Yard|Scotland Yard]] weitergegeben, in der Hoffnung, dass diese internationale Haftbefehle gegen Beamte aussprechen würde, die im Verdacht stehen, in Folter involviert zu sein. Der für Ägypten zuständige ''Amnesty International''-Rechercheur Mohammed Elmessiry teilte mit, dass die Menschenrechtsorganisation die in dem Videomaterial von Häftlingen erhobenen Vorwürfe von Folter und widrigen Haftbedingungen nachgehe und prüfe und dass sie mit anderen Vorfällen von Misshandlungen übereinstimmen würden, die bereits von ''Amnesty International'' in Gefängnissen dokumentiert wurden, wo sowohl Unterstützer der Muslimbruderschaft als auch liberale Activisten behauptete, Opfer von Folter und Behandlung mit elektrischen Stromschlägen geworden zu sein. ''Amnesty International'' rufe die ägyptischen Behörden auf, die Vorwürfe zu untersuchen.”<ref name="Telegraph_2014-03-09_SFR">[http://www.webcitation.org/6O5MKRMqb Smuggled footage reveals squalid conditions inside Egyptian jail - The grim conditions endured by thousands of people jailed by Egypt's new military government have been revealed in footage smuggled out of one of the country's maximum security prisons] (englisch). The Telegraph, 9. März 2014, von Colin Freeman, archiviert vom [http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/africaandindianocean/egypt/10683781/Smuggled-footage-reveals-squalid-conditions-inside-Egyptian-jail.html Original] am 15. März 2014.</ref><br />
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Ende März 2014 zitierte die [[BBC]] Berichte von ehemaliger Gefangener, nach denen gegen die Tausenden Regierungsgegner, die seit dem Putsch im Juli 2013 verhaftet wurden, vonseiten der ägyptischen Sicherheitskräfte „routinemäßig Folter“ angewendet werde. Viele seien verhaftet worden, weil sie sich in der Nähe eines Protestes aufhielten. Die Zeugen berichten von Stromschlägen, Schlägen und sexuellem Missbrauch durch das Sicherheitspersonal. Von offizieller Seite wurde Folter „kategorisch“ abgestritten. General Abu Bakr Abdel Karim aus dem Innenministerium beteuerte, es habe möglicherweise Fehler gegeben, aber diese hätten sicher nicht das Niveau von Folter erreicht.<ref name="ORF-at_2014-03-28_KAV">''[http://www.webcitation.org/6OQRCg2cs Kundgebungen auch von Anhängern]'', ORF.at, 28. März 2014, archiviert vom [http://orf.at/stories/2223995/2223996/ Original] am 29. März 2014.</ref><ref name="BBCNews_2014-03-28_EDR">''[http://www.webcitation.org/6OQRNur3v Egypt detainees 'routinely tortured' - Brutal beatings, sexual abuse, and electric shocks are being carried out on detainees, including teenage children, in Egypt, according to testimonies gathered by the BBC]'' (englisch). BBC News, 28. März 2014, von Orla Guerin, archiviert vom [http://www.bbc.com/news/world-middle-east-26790381 Original] am 29. März 2014.</ref> Eine unabhängige Überprüfung der Folterberichte war nicht möglich, doch sprachen Menschenrechtsorganisationen immer wieder davon, dass Folter und Brutalität in ägyptischen Haftanstalten allgegenwärtig seien.<ref name="ORF-at_2014-03-28_KAV" /><br />
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==== Staatskampagne gegen ausländische Medien ====<br />
{{Siehe auch|Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Beblawi)#Propaganda gegen Muslimbrüder und Repressalien gegen Medien|Staatskrise in Ägypten 2013/2014#Medien|titel1=Abschnitte „Propaganda gegen Muslimbrüder und Repressalien gegen Medien“ in diesem Artikel|titel2=„Medien“ im Artikel „Staatskrise in Ägypten 2013/2014“}}<br />
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|Description = Der Außenminister der militärgestützten Übergangsregierung, [[Nabil Fahmi]].<br />
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Seit dem Militärputsch gegen Mursi von Anfang Juli 2013 herrschte in Ägypten eine ausgeprägt negative Stimmung gegen Journalisten, insbesondere aus westlichen Ländern. Ihnen wurde von Seiten der Putschbefürworter vorgeworfen, die politische Situation nicht richtig einzuordnen, da sie den Putsch als solchen bezeichnet hätten. Anfang 2014 war es westlichen Journalisten bereits seit Monaten praktisch unmöglich geworden, persönlich Muslimbrüder zu treffen.<ref name="SRF_2014-01-30_EGK">[http://www.webcitation.org/6NofS8uus Journalisten verhaftet: Es gibt keine Pressefreiheit in Ägypten], Schweizer Radio und Fernsehen, 30. Januar 2014, Interview von Brigitte Kramer mit Astrid Frefel, archiviert vom [http://www.srf.ch/news/international/journalisten-verhaftet-es-gibt-keine-pressefreiheit-in-aegypten Original] am 4. März 2014.</ref> Die militärgestützte Übergangsregierung ordnete beispielsweise die britische Tageszeitung ''The Guardian'' einer „Schwarzen Liste der irregeleiteten Medien“ zu, „die dem Recht der Ägypter, die Revolution und ihre Zukunft zu schützen, feindlich“ gegenüber stünde. Sie erklärte, der ''Guardian'' habe den Kontakt zur Realität verloren und wisse nichts über Ägypten. Der ''Guardian'' habe sich gegen die „Juni-Revolution“ gewendet und trete „als ein Sprachrohr für die Konterrevolution“ auf.<ref name="MEM_2013-10-28_EPG">'[http://www.webcitation.org/6NEibumhn Egypt puts Guardian on blacklist of "misled" media]' (englisch). Middle East Monitor, 28. Oktober 2013, archiviert vom [https://www.middleeastmonitor.com/news/africa/8021-egypt-puts-guardian-on-blacklist-of-qmisledq-media Original] am 8. Februar 2014.</ref><ref name="SIS_2013-10-29_MTG">[http://www.webcitation.org/6O5XIA1ef Meslemani: "The Guardian" joined black media] (englisch). State Information Service, 29. Oktober 2013, archiviert vom [http://www.sis.gov.eg/En/Templates/Articles/tmpArticleNews.aspx?ArtID=70831#.UyQV3c4XI5w Original] am 15. März 2014.</ref><ref name="Guardian_2014-01-29_ETC" /> Der Außenminister der militärgestützten Übergangsregierung, [[Nabil Fahmi]], bezichtigte die Auslandspresse, „Fakten nicht zur Kenntnis zu nehmen“ und „bewusst die demokratische Praxis in Ägypten in Frage zu stellen“.<ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN" /><br />
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Seit Mohammed Mursi im Juli 2013 gestürzt wurde und das Militär anschließend die Macht übernahm, sahen sich Kritiker des politischen Systems und Andersdenkende in steigendem Maße verfolgt. Seitdem wurden auch Al-Jazeera-Journalisten verhaftet wie Abdullah al-Schami, der seit August 2013 inhaftiert war, ohne dass gegen ihn Anklage erhoben wurde. Das Al-Jazeera-Büro in Kairo verlor seine Lizenz und wurde geschlossen, den Mitarbeitern wurden ihre Presseakkreditierungen genommen.<ref name="Welt_2014-02-20_IBJ" /><br />
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Der totalitäre Charakter des nach dem Sturz Mursis vom putschistischen Regime ausgerufenen „Kampfes gegen den Terror“ nahm weiter zu. Nachdem die neue vom Militär installierte Führung im Dezember 2013 die gesamte Muslimbruderschaft zu Terroristen erklärt hatte, ging sie mit Hilfe des Sicherheitsapparates immer härter gegen Demokratieaktivisten, Journalisten und regierungskritische Akademiker vor.<ref name="Presse-com_2014-02-19_SGM" /><ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN" /> Die militärgestützte Übergangsregierung führte eine Kampagne gegen ausländische Berichterstatter.<ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN" /> Weite Teile der ägyptischen Medien nahmen in dieser aufgeheizten Atmosphäre keine moderierende Rolle wahr, sondern trugen dazu bei, das Misstrauen gegenüber Ausländern zu schüren.<ref name="ND_2014-02-08_ÄRE">[http://www.webcitation.org/6NDnkwB9P Ägyptens Regime entdeckt immer mehr Staatsfeinde - Nach den Muslimbrüdern geraten auch andere Regierungsgegner und vor allem Ausländer ins Visier der Polizeibehörden]</s>, Neues Deutschland, 8. Februar 2014, von Martin Hoffmann, archiviert vom [http://www.neues-deutschland.de/artikel/923413.aegyptens-regime-entdeckt-immer-mehr-staatsfeinde.html Original] am 8. Februar 2014.</ref> Sämtliche TV-Sender und Zeitungen der Islamisten waren verboten worden, während die regimenahen Medien „Verschwörungstheorien, Verwünschungen und Halluzinationen“ ([[Die Presse]]) verbreiteten.<ref name="Presse-com_2014-02-19_SGM" /><br />
<br />
Westlichen Medienangaben zufolge gerieten Journalisten, die über die repressiven Maßnahmen der militärgestützten Führung gegen Muslimbrüder, Liberale und Aktivisten berichteten, in Lebensgefahr.<ref name="Welt_2014-02-01_HMA">[http://www.webcitation.org/6Np363QOV Ägypten - Die Hexenjagd des Militärs auf Andersdenkende - Ägyptens regierende Generäle agieren zunehmend repressiv. Muslimbrüder, Liberale und Aktivisten werden schikaniert und verhaftet. Journalisten, die darüber berichten, sind zu Freiwild geworden], Die Welt, 1. Februar 2014, von Birgit Svensson, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article124434284/Die-Hexenjagd-des-Militaers-auf-Andersdenkende.html Original] am 4. März 2014.</ref><ref name="ZeitOL_2014-02-07_WAÄ">[http://www.webcitation.org/6NDo812nn Pressefreiheit - Wer aus Ägypten berichtet, riskiert alles], Zeit Online, 7. Februar 2014, von Andrea Backhaus, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-02/journalisten-aegypten-verhaftung-al-jazeera/komplettansicht Original] am 8. Februar 2014.</ref><br />
Zivilisten griffen gezielt Reporter an, wie ein Team von ARD-Mitarbeitern, die zusammengeschlagen und als „Verräter“, „Muslimbrüder“ und „Unterstützer des Terrorismus“ beschimpft wurden.<ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN" /><ref name="FAZ-net_2014-01-24_DFI">[http://www.webcitation.org/6NhbNzKXP Ägypten - Deutsches Fernsehteam in Kairo attackiert], FAZ.net, 24. Januar 2014, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/aegypten-deutsches-fernsehteam-in-kairo-attackiert-12767814.html Original] am 27. Februar 2014.</ref><ref name="tagesschau-de_2014-01-24_ÜAA">[http://www.webcitation.org/6NHaOvtbH Nach Anschlag auf Polizeizentrale - Übergriff auf ARD-Team in Kairo], tagesschau.de, 24. Januar 2014, von Martin Krüger, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/explosion-kairo106.html Original] am 10. Februar 2014.</ref> Medienvertreter bewerteten ihre Situation in Ägypten als so schlecht wie nie zuvor.<ref name="Süddeutsche-de_2014-01-30_ÄMP" /><br />
<br />
===== Prozesse gegen Al-Jazeera-Journalisten =====<br />
[[Datei:Peter Greste 2012 (cropped).jpg|mini|hochkant|Der im Dezember 2013 inhaftierte australische Al-Jazeera-Korrespondent [[Peter Greste]]]]<br />
Die Behörden inhaftierten auch Journalisten, einschließlich mehrerer für den Fernsehsender Al-Jazeera arbeitender.<ref name="Telegraph_2014-03-09_SFR" /><ref name="Guardian_2014-01-21_AJP" /> Die Justiz der ägyptischen Militärregierung beschuldigte zwanzig Al-Jazeera-Mitarbeiter der Unterstützung des Terrorismus beziehungsweise der „Bildung eines terroristischen Mediennetzwerks“,<ref name="SRF_2014-01-30_EGK" /><ref name="Süddeutsche-de_2014-01-30_ÄMP" /><ref name="Welt_2014-02-20_IBJ" /> unter ihnen auch renommierte ausländische Journalisten.<ref name="Süddeutsche-de_2014-01-30_ÄMP">[http://www.webcitation.org/6Nl3xTOz4 Ägyptens Militärregierung - Pressefreiheit unerwünscht], Süddeutsche.de, 30. Januar 2014, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/medien/aegyptens-militaerregierung-pressefreiheit-unerwuenscht-1.1875609 Original] am 1. März 2014.</ref> Die ägyptische Generalstaatsanwaltschaft warf 16 ägyptischen Al-Jazeera-Mitarbeitern Mitgliedschaft bei den zu diesem Zeitpunkt bereits verbotenen Muslimbrüdern als „Mitgliedschaft in einer Terrorgruppe“ vor.<ref name="Süddeutsche-de_2014-01-30_ÄMP" /><ref name="Guardian_2014-01-29_ETC" /><ref name="Presse-com_2014-02-19_SGM" /> Vier ausländische Journalisten, darunter der australische Al-Jazeera-Mitarbeiter [[Peter Greste]], die beiden britischen Al-Jazeera-Mitarbeiter Sue Turton und Dominic Kane und die Niederländerin Rena Netjes, wurden beschuldigt, innerhalb des von der Staatsanwaltschaft als „Marriott-Zelle“ bezeichneten und insgesamt 20-köpfigen Teams bei der „Fälschung“ von Nachrichten geholfen zu haben.<ref name="Süddeutsche-de_2014-01-30_ÄMP" /><ref name="Guardian_2014-01-29_ETC" /><ref name="BZ_2014-02-19_PGJ" /> Sie wurden der „Unterstützung und Finanzierung einer Terrorgruppe“, „Verbreitung falscher Nachrichten“ sowie „Störung der nationalen Sicherheit“ angeklagt.<ref name="Presse-com_2014-02-19_SGM" /> Ihnen wurde vorgeworfen, die Muslimbruderschaft unterstützt zu haben, indem sie der Organisation Geld und Ausrüstung zur Verfügung gestellt hätten. Den ägyptischen Al-Jazeera-Mitarbeitern wurde zudem vorgeworfen, einer terroristischen Organisation anzugehören und damit der nationalen Einheit und dem sozialen Frieden geschadet zu haben.<ref name="Welt_2014-02-20_IBJ" /> Den Ägyptern drohten bis zu 15 Jahre Haft, den Ausländern bis zu sieben Jahre.<ref name="Web-de_2014-02-20_AJV" /> Die Anklageschrift legte den Beschuldigten zur Last, sie hätten Videobilder manipuliert, um „den Eindruck zu erwecken, dass im Land Bürgerkrieg herrscht“.<ref name="Presse-com_2014-02-19_SGM" /> Dadurch hätten sie der "terroristischen Organisation" helfen wollen, die Meinung der Weltöffentlichkeit zu beeinflussen.<ref name="Web-de_2014-02-20_AJV" /> Das ägyptische Fernsehen sendete einen rund zwanzigminütigen Videoclip, der die Festnahme von Peter Greste und Mohammed Fahmy bei der Stürung ihrer als TV-Studio genutzten Hotelzimmers des Marriott-Hotels im Kairoer Stadtteil Zamalek am 29. Dezember 2013 durch die Sicherheitskräfte zeigte.<ref name="Presse-com_2014-02-19_SGM" /><ref name="BZ_2014-02-19_PGJ">''[http://www.webcitation.org/6NrvQMgB7 Prozesse gegen Journalisten in Ägypten - Wer Muslimbrüder interviewt, lebt gefährlich]'', Berliner Zeitung, 19. Februar 2014, von Julia Gerlach, archiviert vom [http://www.berliner-zeitung.de/medien/prozesse-gegen-journalisten-in-aegypten-wer-muslimbrueder-interviewt--lebt-gefaehrlich-,10809188,26250032.html Original] am 6. März 2014.</ref><ref name="Welt_2014-02-20_IBJ" /> Medienberichten zufolge hatten sie dort ohne Genehmigung ein provisorisches Büro und Studio eröffnet, nachdem das eigene Büro bereits am Tag der Machtübernahme des Militärs Anfang Juli 2013 von den Behörden geschlossen worden war.<ref name="Web-de_2014-02-20_AJV">''[http://www.webcitation.org/6Nrt52Kwp Ägypten: Al-Dschasira-Journalisten vor Gericht]'', Web.de, 20. Februar 2014, von Simon Steinkogler, archiviert vom [http://web.de/magazine/nachrichten/ausland/18638226-aegypten-al-dschasira-journalisten-zensur-prozess.html Original] am 6. März 2014.</ref><ref name="Welt_2014-02-20_IBJ" /><br />
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Offizielle Vertreter behaupteten zudem in einer nicht offiziell in den Anklagen veröffentlichten Anschuldigung, der US-amerikanische Nachrichtensender [[CNN]] habe Berichte von Al-Jazeera gesendet, um „die internationale Reputation Ägyptens zu entstellen“.<ref name="Guardian_2014-01-29_ETC" /><br />
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{{Siehe auch|Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)#Al-Jazeera-Prozess/„Marriott-Zelle“ (Kairo)|titel1=Abschnitt „Al-Jazeera-Prozess/„Marriott-Zelle“ (Kairo)“ in „Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)“}}<br />
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===== Reaktionen und Wertungen =====<br />
* Rechtsgruppen bezeichneten die Anklage gegen die 20 Al-Jazeera-Mitarbeiter als Anzeichen einer Eskalation der staatlichen Kampagne gegen ausländische Medien, bei der Unterstützer der militärgestützten Regierung behaupteten, dass internationale Medienkanäle bei ihren Berichten über Menschenrechtsverletzungen gegen Unterstützer Mursis und gegen säkulare Dissidenten voreingenommen seien und für die Interessen der Muslimbruderschaft arbeiten würden.<ref name="Guardian_2014-01-29_ETC">[http://www.webcitation.org/6Nl4YssAy Egypt to charge al-Jazeera journalists with damaging country's reputation - Rights groups says move to indict 20 employees of news channel marks escalation in state's campaign against foreign media] (englisch). The Guardian, 29. Januar 2014, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2014/jan/29/egypt-to-charge-20-al-jazeera-journalists-damaging-countrys-reputation Original] am 1. März 2014.</ref> Der Prozess gegen die angebliche „Marriott-Zelle“ löste weltweit Empörung und Proteste aus, die weit über den Kreis von Presseorganisationen hinausgingen.<ref name="Zeit-OL_2014-02-20_JAF">''[http://www.webcitation.org/6NWn2o51t Ägypten - Jagd auf freie Medien]'', Zeit Online, 20. Februar 2014, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-02/aegypten-prozess-al-jazeera-pressefreiheit Original] am 20. Februar 2014.</ref><ref name="Presse-com_2014-02-19_SGM" /> Der Prozess wurde als innenpolitische Maßnahme verstanden, die auf eine Eingrenzung des Journalismus abziele und in Beziehung zu einer Erklärung des staatlichen Informationsdienstes stehe, die Journalisten, die Muslimbrüder interviewen, ebenfalls mit Anklage drohe.<ref name="BZ_2014-02-19_PGJ" /><br />
* ''Amnesty International'' kritisierte die Anklage in einer Stellungnahme als „schweren Rückschlag für die Pressefreiheit“: „Dieser Schritt sendet die gruselige Botschaft, dass in Ägypten heute nur eine Sichtweise akzeptabel ist: die von den ägyptischen Behörden gewünschte.“<ref name="Süddeutsche-de_2014-01-30_ÄMP" /><ref name="Presse-com_2014-02-19_SGM" /><br />
* Die Organisation [[Reporter ohne Grenzen]] (ROG) sah darin das Fortschreiten einer systematischen Verfolgung und systematische Kampagne zur Dämonisierung von kritischen Journalisten und Medien, die seit dem Sturz Mursis zu beobachten sei. Nach dem Verbot von Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehstationen der Islamisten, sei Al-Jazeera praktisch der einzige arabische Fernsehsender von Bedeutung in Ägypten gewesen, der noch den Kurs der Armee und der von ihr eingesetzten Übergangsregierung infrage stellte.<ref name="Welt_2014-02-01_HMA" /><ref name="ZeitOL_2014-02-07_WAÄ" /> Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit rangierte Ägypten für das Jahr 2014 auf Platz 159 von 179 Ländern.<ref name="Web-de_2014-02-20_AJV" /><ref name="DNE_2014-03-04_HRI" /> Laut ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske markierten der Prozess gegen die festgenommenen Journalisten und die fortlaufenden Repressalien regierungsfeindlicher Medien einen neuen Tiefpunkt für die Pressefreiheit in Ägypten: „Die Art und Weise, wie Regierung und Justiz in Ägypten normale journalistische Arbeit kriminalisieren, erinnert an die dunkelsten Zeiten der Mubarak-Ära.“<ref name="Web-de_2014-02-20_AJV" /><br />
* Der ägyptische Journalistenverband warnte das Innenministerium davor, „Journalisten wie Freiwild“ zu behandeln.<ref name="Welt_2014-02-01_HMA" /> Der der Muslimbruderschaft gegenüber als kritisch geltende Verband, der eher aus Mitgliedern des alten Mubarak-Regimes besteht, fühlte sich laut ''Reporter Ohne Grenzen'' gezwungen, eine Beschwerde gegen das Innenministerium zu verfassen, nachdem Dutzende Reporter und Fotojournalisten von Sicherheitskräften angegriffen wurden, weil sie über Anti-Regierungsproteste berichteten.<ref name="Web-de_2014-02-20_AJV" /> Das staatliche Journalistensyndikat gab eine scharfe Stellungnahme ab: „Sicherheitskräfte unterdrücken Journalisten noch immer in beispielloser Manier, um ihre Stimmen verstummen zu lassen und ihrem Recht, Informationen zu sammeln, im Weg zu stehen.“<ref name="tagesschau-de_2014-02-20_PGA" /><br />
* Sherif Mansour vom [[Komitee für den Schutz von Journalisten]] in den USA bezeichnete den Fall als einzigartig: „Diese Journalisten haben nur ihre Arbeit gemacht. Im Prinzip wird ihnen vorgeworfen, eine andere Perspektive und eine andere Sichtweise zu haben, als es die Regierung in den Medien sehen möchte - was aber nichts mit Terrorismus zu tun hat. Weltweit haben wir es noch nie erlebt, dass ein Fernsehsender und seine örtlichen und ausländischen Mitarbeiter des Terrorismus angeklagt wurden.“<ref name="tagesschau-de_2014-02-20_PGA" /><br />
* Blogger monierten, mit in den Medien verbreiteten Videos von Festnahmen der Journalisten solle die Stimmung gegen die Journalisten weiter angeheizt werden.<ref name="ZeitOL_2014-02-07_WAÄ" /><ref name="SMH_2014-02-04_ETA">[http://www.webcitation.org/6NDoMe46g Egyptian TV airs footage of arrest of Australian Peter Greste set to movie soundtrack] (englisch). The Sydney Morning Herald - World, 4. Februar 2014, von Erin Cunningham, archiviert vom [http://www.smh.com.au/world/egyptian-tv-airs-footage-of-arrest-of-australian-peter-greste-set-to-movie-soundtrack-20140204-hvb2e.html Original] am 8. Februar 2014. (The Washington Post with Fairfax Media)</ref><br />
* Die Familie des renommierten australischen und von der Anklage betroffenen Al-Jazeera-Journalisten Peter Greste führte eine Kampagne für seine Freilassung,<ref name="Telegraph_2014-03-09_SFR" /><ref name="Guardian_2014-01-21_AJP">[http://www.webcitation.org/6NEgfrdl2 Al-Jazeera journalist Peter Greste's parents urge release from Egypt prison - Lois and Juris Greste say claims their son damaged national security are 'completely preposterous'] (englisch). The Guardian, 21. Januar 2014, von Paul Farrell, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2014/jan/21/al-jazeera-peter-greste-parents-release-egypt-prison Original] am 8. Februar 2014.</ref> während es zu einem internationalen Aufschrei über die Inhaftierung der Journalisten kam und Journalisten deren Freilassung forderten.<ref name="Guardian_2014-01-21_AJP" /><ref name="Süddeutsche-de_2014-01-14_JFF">[http://www.webcitation.org/6McUlMJFW Ägypten - Journalisten fordern Freilassung von Kollegen], Süddeutsche.de, 14. Januar 2014, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/aegypten-journalisten-fordern-freilassung-von-kollegen-1.1862334 Original] am 14. Januar 2014.</ref><br />
* {{EU}} - Die internationale Kritik an der repressiven Politik der Übergangsregierung in Ägypten wuchs in der Folge. Die EU-Außenminister äußerten sich in einer Erklärung kritisch zum Stand der Pressefreiheit und den massenhaften Verhaftungen von Demonstranten in Ägypten.<ref name="FR-OL_2014-02-14_AAK" /><br />
* {{UNO}} - Die [[UNHCHR|UN-Hochkommissarin für Menschenrechte]], [[Navi Pillay]], gab sich „extrem besorgt über die zunehmend harsche Unterdrückung der Medien und die körperlichen Angriffe auf Journalisten in Ägypten“. Journalisten würden misshandelt oder unter Bedingungen gefangen gehalten, die nicht mit internationalen Standards vereinbar seien. UN-Sprecher Rupert Colville erklärte, die vagen Vorwürfe gegen die 20 Al-Jazeera-Angeklagten „machen uns große Sorge und verstoßen diametral gegen das Recht auf Meinungsfreiheit“. „Die Leute“, so Coliville, „tragen Kameras und keine Waffen.“<ref name="Presse-com_2014-02-19_SGM">''[http://www.webcitation.org/6NruBgUAL Schauprozess gegen „Marriott-Zelle“]'', DiePresse.com, 19. Februar 2014 (Print-Ausgabe: "Die Presse", 20. Februar 2014), von Martin Gehlen, archiviert vom [http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/1564960/Schauprozess-gegen-MarriottZelle Original] am 6. März 2014.</ref><br />
* {{USA}} – Das US-Außenministerium sprach von einer „ungeheuerlichen Missachtung grundlegender Freiheiten“.<ref name="Presse-com_2014-02-19_SGM" /><br />
* Westliche Beobachter werteten die Verfahren gegen die Al-Jazeera-Mitarbeiter unter anderem als „politische Abrechnung“ und „reine Willkür“. Es wurde beispielsweise kritisiert, dass mit dem erhobenen Vorwurfe, die Al-Jazeera-Mitarbeiter hätten dem ägyptischen Ansehen im Ausland geschadet,<ref name="SRF_2014-01-30_EGK" /><ref name="Guardian_2014-01-29_ETC" /> zur Unterbindung jeder journalistischen Tätigkeit eingesetzt werden könne.<ref name="SRF_2014-01-30_EGK" /> Das Verfahren gegen die sogenannte „Marriott-Zelle“ wurde als [[Schauprozess]] kritisiert.<ref name="Presse-com_2014-02-19_SGM" /><br />
* Al-Jazeera wies die Vorwürfe vehement zurück und erklärte, dass nur neun der 20 Personen zum Sender gehörten. Die Verantwortlichen drückten Entrüstung darüber aus, dass der ägyptische Staat aus ihrer Sicht gegen Al-Jazeera und seine Mitarbeiter Hetze betrieb.<ref name="Welt_2014-02-20_IBJ" /> Heather Allan, Nachrichtenchefin von „Al Dschasira Englisch“, wies die Vorwürfe gegen ihre Mitarbeiter zurück: „Wir bestreiten kategorisch, dass sie daran beteiligt waren, bösartige Lügen über Ägypten zu verbreiten - oder dass sie mit einer Terrororganisation zusammengearbeitet haben.“<ref name="tagesschau-de_2014-02-20_PGA">''[http://www.webcitation.org/6NWoDBnHY Prozess gegen Al-Dschasira-Mitarbeiter - "Krieg gegen Journalisten" in Ägypten]'', tagesschau.de, von Carsten Kühntopp (ARD-Hörfunkstudio Kairo), 20. Februar 2014, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten2238.html Original] am 20. Februar 2014.</ref><br />
* Die als Mitglied der angeblichen Marriott-Zelle in Abwesenheit angeklagte britische Al-Jazeera-Korrespondentin Sue Turton wies die Anschuldigungen gegenüber der Tageszeitung ''Welt'' zurück: „Die Vorwürfe sind absurd“, sagte Turton, „die Anklage ist politisch motiviert. Wir sind der einzige Sender, der nicht der Linie der ägyptischen Regierung folgt. Dafür werden wir bestraft.“ Al-Jazeera zeige alle Seiten der Geschehnisse, darunter „die der Regierung, aber auch die der Verhafteten und der Eingeschüchterten, die der Muslimbrüder und die der Aktivisten.“ Von Feindlichkeiten gegenüber Ausländern und vor allem Journalisten habe Turton während ihres letzten Aufenthaltes in Kairo nichts gespürt. Sie führe den Stimmungswechsel auf das Wirken der lokalen Medien zurück, die die Militärregierung unterstützen und keinen anderen Standpunkt zulassen. Turton war seit 2010 Korrespondentin beim englischsprachigen Kanal von Al-Jazeera und berichtete regelmäßig aus Krisengebieten wie Afghanistan, Libyen, Libanon, Syrien und zuletzt seit November 2013 Ägypten. Als ihre Kollegen verhaftet wurden, berichtete sie in der Ukraine über die dortigen Demonstrationen. Als sie von der Anklage erfuhr, reiste sie zurück nach Katar und rief mit anderen internationalen Medienvertretern zur sofortigen Freilassung der Journalisten auf.<ref name="Welt_2014-02-20_IBJ">''[http://www.webcitation.org/6NrtSM2MY Pressefreiheit - "Ich bin Journalistin und keine Terroristin"]'', Die Welt, 20. Februar 2014, von Karin El-Minawi, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article125029900/Ich-bin-Journalistin-und-keine-Terroristin.html Original] am 6. März 2014.</ref><br />
* Ägyptische Medien reagierten auf die europäische Kritik mit dem Vorwurf, dass Europa Ägypten kritisiere, um die Muslimbrüder zu unterstützen. Zahlreiche ägyptische Medien unterstellten der deutschen und anderen westlichen Regierungen Konspiration mit der und logistische Hilfe für die Muslimbruderschaft und titelten mit Schlagzeilen wie „Deutschland, die geheime Zentrale des Terrorismus“ (Tageszeitung ''Al-Wafd'').<ref name="FR-OL_2014-02-14_AAK" /><br />
: Der bekannte Anwalt Mohammed Hammouda behauptete in einem Interview mit der Tageszeitung Daily News: „Der Aufstand vom 25. Januar 2011 wurde von der Muslimbruderschaft und dem Westen geplant. Sie bedienten sich der Studenten, die sich in die Verschwörung einbeziehen ließen“.<ref name="FR-OL_2014-02-14_AAK">[http://www.webcitation.org/6NQwDSACG Ägypten - Anschuldigungen aus Kairo], Frankfurter Rundschau, 14. Februar 2014, von Julia Gerlach, archiviert vom [http://www.fr-online.de/aegypten-syrien-revolution/aegypten-anschuldigungen-aus-kairo,7151782,26204356.html Original] am 16. Februar 2014.</ref><br />
: Militärtreue Medien behaupteten, die USA, Europa, Israel, der Iran und die Islamisten beabsichtigten die Vernichtung Ägyptens. Teile der ägyptischen Presse gaben an, diese Länder würden für diesen Zweck zusammenarbeiten. So erklärte eine ägyptische Zeitung eine angebliche Zusammenarbeit der Hamas mit dem Malteser-Orden für die Tötungen von Aktivisten während der sogenannten Revolution von 2011 verantwortlich.<ref name="tagesschau-de_2014-03-09_REW" /><ref name="tagesschau-de_2014-03-09_WAD" /><br />
: Der frühere Mubarak-Abgeordnete und prominente Herausgeber Mostafa Bakry behauptete in einer TV-Show, US-Präsident Barack Obama „und seine Handlanger“ planten, Militärchef Sisi zu ermorden. Er drohte an alle US-Bürger in Ägypten gerichtet, diese töten zu lassen: „Wir werden in ihre Häuser eindringen und jeden töten, einen nach dem anderen“.<ref name="Presse-com_2014-02-19_SGM" /><ref name="Guardian_2014-01-18_EEB" /> Im Nachhinein zog er seine Aussage zurück und sprach sich gegen Gewalt, einschließlich solcher gegen US-Bürger, aus.<ref name="Guardian_2014-01-18_EEB">''[http://www.webcitation.org/6O66TLIzB Egyptian editor backtracks after saying 'Americans will be killed in streets' - Mostafa Bakry issues clarification, saying: 'I am opposed to any violence, including any violence against US citizens']'' (englisch). The Guardian, 18. Januar 2014, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2014/jan/18/egyptians-kill-americans-in-streets-editor-threatens Original] am 15. März 2014.</ref><br />
* Auf den Fall Al-Jazeera angesprochen, erklärte der ägyptische Interimsaußenminister Nabil Fahmy gegenüber Medien, dass die Regierung in Bezug auf das Gerichtsverfahren nicht zuständig sei: „In der Anklage geht es nicht um die Meinungsfreiheit. Nun ist es am Richter zu entscheiden, und es wäre unangemessen, wenn ich mich dazu äußern würde. Aber ausländische Journalisten können frei in Ägypten arbeiten. Sie sind bei uns willkommen. Journalisten haben das Recht, ihre Arbeit zu machen. Gleichzeitig aber müssen sie sich an die Gesetze halten.“<ref name="tagesschau-de_2014-02-20_PGA" /><br />
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==== Verfassungsreferendum ====<br />
{{Hauptartikel|Verfassungsreferendum in Ägypten 2014}}<br />
Vom 14. bis zum 15. Januar 2014 wurde in Ägypten ein [[Verfassungsreferendum in Ägypten 2014|Verfassungsreferendum]] durchgeführt. Die zur Abstimmung gestellte Verfassung forderte das Verbot religiöser Parteien und stärkte das Militär.<ref>http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2013/12/egypt-draft-constitution-alters-roadmap-201312253423607218.html</ref> 98,1% der bei einer Wahlbeteiligung von 38,6% abgegebenen Stimmen unterstützten den neuen Verfassungsentwurf der militärgestützten Übergangsregierung.<ref>http://www.spiegel.de/politik/ausland/wahlkommission-98-1-prozent-der-aegypter-stimmen-fuer-neue-verfassung-a-944279.html</ref><br />
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===== Vorfeld und Ablauf der Wahl =====<br />
Die Wahlen waren von einer massiven Einschüchterungskampagne der Militärregierung für eine Zustimmung zum Verfassungsentwurf und gegen eine Ablehnung begleitet.<ref name="Tagesspiegel_2014-01-13_DdG" /> Nach Einschätzung renommierter Fachleute war das politische Klima durch Repression, Angst und Ausgrenzung geprägt. Inhaftierung politischer Gefangener, eine repressive Antiprotest- und NGO-Gesetzgebung sowie das Fehlen einer freien Medienlandschaft kennzeichneten die Lage.<ref name="Tagesspiegel_2014-01-13_AuA" /> Junge Aktivisten, die in Kairos Zentrum Flugblätter gegen das Referendum verteilten, wurden umgehend inhaftiert. Während das wichtigste Oppositionslager, die Muslimbruderschaft, 20 Tage vor der Wahl zur Verfassung als Terrororganisation eingestuft und verboten wurde, wagte es keine politische Partei im Umfeld des Verfassungsreferendums, eine Kundgebung gegen den neuen Verfassungsentwurf abzuhalten.<ref name="Tagesspiegel_2014-01-13_DdG" /> Die in der Anti-Coup-Allianz unter Führung der Muslimbruderschaft zusammengeschlossenen Parteien und Gruppen hatten einen Boykott des Referendums angekündigt.<ref name="Tagesspiegel_2014-01-13_AuA" /><br />
<br />
Beobachter kamen zu der Einschätzung, dass der von Militär, Polizei und Justiz gestützte Machtapparat mit der zweitägigen Abstimmung auch den mit rücksichtsloser Härte geführten Kampf gegen Muslimbruderschaft und Andersdenkende legitimieren lassen wollte. Ein Aufgebot von 160.000 Soldaten und 130.000 Polizisten schirmte die 30.000 Wahllokale ab.<ref name="Tagesspiegel_2014-01-13_DdG">[http://www.webcitation.org/6Mar8u6rF Politik - Die Demokratie der Generäle - Mit massiver Einschüchterung versucht Ägyptens Militär, die Abstimmung über die neue Verfassung hoch zu gewinnen], Der Tagesspiegel, 13. Januar 2014, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/die-demokratie-der-generaele/9321252.html Original] am 13. Januar 2014.</ref><br />
<br />
Zudem wurde der Prozess kritisiert, in dem der neue Verfassungsentwurf erarbeitet wurde. Das 50-köpfige Komitee, das von Amr Moussa, dem ehemaligen ägyptischen Außenminister und Generalsekretär der Arabischen Liga, geleitet wurde, hatte unter Ausschluss der Öffentlichkeit getagt. Eine breite gesellschaftliche Diskussion über die neue Verfassung hatte nicht stattfinden können. Das Komitee war zudem gewollt einseitig in seiner Zusammensetzung von Angehörigen staatlicher und semistaatlicher Institutionen dominiert worden. Während die verfassungsgebende Versammlung von 2012 von Islamisten dominiert worden war, so waren diese mit Ausnahme eines Vertreters der Nour-Partei, die sich hinter den Militärputsch gestellt hatte, und eines Dissidenten der Muslimbruderschaft vollständig ausgeschlossen. Ein wesentlicher Teil der politischen Öffentlichkeit Ägyptens war somit nicht an der Verfassungserarbeitung beteiligt, sondern vom politischen Prozess ausgeschlossen worden, insbesondere das weiterhin relevante Wählerklientel der Muslimbrüder. Eine höhere Zustimmung zum Verfassungsentwurf als für den im Jahr 2012 von Mursi vorgelegten Entwurf entsprach nach Ansicht von Experten wie Lars Brozus und Stephan Roll (SWP) daher dennoch lediglich einer begrenzten Akzeptanz.<ref name="Tagesspiegel_2014-01-13_AuA">[http://www.webcitation.org/6MbT2HIgd Verfassungsreferendum in Ägypten - Ausgrenzung und Angst: Der neue Entwurf stärkt vor allem das Militär], Der Tagesspiegel, 13. Januar 2014, von Lars Brozus und Stephan Roll (Stiftung Wissenschaft und Politik), archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/meinung/andere-meinung/verfassungsreferendum-in-aegypten-ausgrenzung-und-angst-der-neue-entwurf-staerkt-vor-allem-das-militaer/9324158.html Original] am 13. Januar 2014.</ref><br />
<br />
Die militärgestützte Führung Ägyptens versuchte, den absehbaren Mangel an gesellschaftlicher Legitimität durch internationale Beobachter wenigstens teilweise zu kompensieren, indem die „Wahlbeobachter als demokratisches Feigenblatt“ (Lars Brozus und Stephan Roll/SWP) fungieren und den Prozess aufwerten sollten. Vor dem Hintergrund des politischen Klimas der Respression und Polarisierung wurde die Sinnhaftigkeit einer internationalen Beobachtungsmission des Referendums selbst für den Fall unabhängig davon in Frage gestellt, inwieweit der eigentliche Abstimmungsprozess weitgehend frei und fair ablief.<ref name="Tagesspiegel_2014-01-13_AuA" /><br />
<br />
===== Inhalt der neuen Verfassung =====<br />
Fachleute wie Brozus und Roll kamen zu dem Schluß, dass der neue Verfassungsentwurf eine Gefährdung des Demokratisierungsprozesses darstelle. Insbesondere die mit der neuen Verfassung festgeschriebenen weitreichenden Sonderrechte der staatlichen Sicherheitsorgane stünden einer Demokratisierung des Landes entgegen. Das ägyptische Militär werde weiterhin als Staat im Staate bestehen bleiben und sich keiner demokratischen Kontrolle unterordnen und schreibe Strukturen fest, die bereits in der Vergangenheit die autoritäre Herrschaft in Ägypten maßgeblich gefestigt hätten.<ref name="Tagesspiegel_2014-01-13_AuA" /><br />
<br />
Als positive Merkmale des Verfassungsentwurfs im Vergleich zu der Verfassung von 2012 wurde eine Abnahme islamischer Bezüge und die partielle Stärkung von Bürgerrechten, der Rechte von Frauen sowie von ausgewählten Minderheiten, angesehen.<ref name="Tagesspiegel_2014-01-13_AuA" /><br />
<br />
==== Gewalt am dritten Jahrestag des Aufstands gegen Mubarak (25. Januar 2014) ====<br />
Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, die von Zivilisten unterstützt wurden, sind nach dem Sturz Mursis durch das Militär blutiger geworden.<ref name="DNE_2014-02-26_UAL" /> Am dritten Jahrestag des Volksaufstands vom 25. Januar 2011 ereigneten sich einige der schwerwiegendsten Gewalttaten in Ägypten seit der gewaltsamen Auflösung der zwei Pro-Mursi-Sit-ins am 14. August 2013, die ''Human Rights Watch'' „den schwersten Vorfall widerrechtlicher Tötungen in der neueren Geschichte Ägyptens“ genannt hatte.<ref name="DNE_2014-02-13_2DJ" /><ref name="DNE_2014-02-02_2JD" /><br />
<br />
Die militärgestützte Übergangsregierung feierte am 25. Januar 2014 den dritten Jahrestag der sogenannten Revolution gegen Mubarak von 2011. Zehntausende ihrer Anhänger strömten auf den Tahrir-Platz in Kairo, um dem Militärchef Sisi zu huldigen.<ref name="NZZ_2014-01-25_2TB" /> Die Muslimbruderschaft sowie Revolutionsaktivisten hatten dagegen im Vorfeld zu landesweiten Gegenkundgebungen und Protesten gegen die militärgestützte Übergangsregierung aufgerufen,<ref name="NZZ_2014-01-25_2TB" /><ref name="StZ_2014-01-26_4TA" /> die nach Ansicht ihrer Gegner den Jahrestag der sogenannten Revolution von 2011 unberechtigterweise für sich vereinnahmte. Am 25. Januar 2014 wurden die meisten dieser Kundgebungen von den Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst.<ref name="StZ_2014-01-26_4TA">[http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.brutale-strassenschlachten-in-aegypten-49-tote-am-jahrestag-der-aegyptischen-revolution.1bcab897-9066-4599-862c-33eb62f62d81.html Brutale Straßenschlachten in Ägypten - 49 Tote am Jahrestag der ägyptischen Revolution], Stuttgarter-Zeitung.de, 26. Januar 2014, abgerufen am 28. Februar 2014.</ref> Als Anhänger des vom Militär gestürzten Präsidenten Mursi demonstrierten, feuerte die Polizei Schüsse bei der Auflösung der Demonstrationen ab.<ref name="ZeitOL_2014-01-26_M4T">[http://www.webcitation.org/6Nj1xBAhf Jahrestag der Revolution - Mindestens 49 Tote bei Krawallen in Ägypten], Zeit Online, 26. Januar 2014, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/2014-01/aegypten-jahrestag-protest-tote Original] am 28. Februar 2014.</ref><br />
<br />
Nach offiziellen Angaben starben mindestens 64 Menschen alleine in Kairo und Gizeh, überwiegend durch Schüsse,<ref name="AhramOL_2014-01-27_DTF" /><ref name="DNE_2014-02-13_2DJ" /> während gleichzeitig Zehntausende Putschbefürworter den Militärmachthaber Sisi in Kairo feierten<ref name="Handelsblatt_2014-01-26_IÄG" /><ref name="DW_2014-01-25_TAJ">[http://www.webcitation.org/6NIooUcT9 Tote am Jahrestag der Revolution in Ägypten], Deutsche Welle, 25. Januar 2014, archiviert vom [http://www.dw.de/tote-am-jahrestag-der-revolution-in-%C3%A4gypten/a-17387044 Original] am 11. Februar 2014.</ref> und aufforderten, bei der geplanten Präsidentschaftswahl zu kandidieren.<ref name="Handelsblatt_2014-01-26_IÄG">[http://www.webcitation.org/6NhZdT8Xl Unruhen in Kairo - In Ägypten geht das Sterben weiter], Handelsblatt, 26. Januar 2014, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/unruhen-in-kairo-in-aegypten-geht-das-sterben-weiter-seite-all/9385350-all.html Original] am 27. Februar 2014.</ref><ref name="tagesschau-de_2014-01-26_GAJ">[http://www.webcitation.org/6NIwp5wvu Gewaltexzesse am Jahrestag der Revolution - Opferzahl in Ägypten deutlich erhöht], tagesschau.de, 26. Januar 2014, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/kairo-jahrestag104.html Original] am 11. Februar 2014.</ref> Nach unabhängigen Angaben war der Todeszoll mit 108 Getöteten rund doppelt so hoch wie der offiziell angegebene von 66.<ref name="DNE_2014-02-13_2DJ" /><br />
<br />
Es kam am Dritten Jahrestag der Revolution des 25. Januar zu einer Massenverhaftungswelle, bei der mindestens Hunderte Demonstranten festgenommen wurden.<ref name="AhramOL_2014-02-12_DDS" /><br />
<br />
===== Todesopfer und Verletzte =====<br />
Die offiziellen Angaben der militärgestützten ägyptischen Übergangsregierung über die Anzahl der Toten erhöhten sich nach dem 25. Januar mehrmals schrittweise. Zudem weichen die offiziellen stark von unabhängigen Angaben ab:<ref name="DNE_2014-02-13_2DJ" /><br />
* Nach übereinstimmenden Agenturmeldungen vom 25. Januar waren bei dem gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Proteste von Gegnern des Militärregimes und der von ihm eingesetzten Übergangsregierung mindestens 29 Demonstranten - vorwiegend in Kairo - getötet worden.<ref name="SpiegelOL_2014-01-25_F3T" /> <br />
* Der ''Guardian'' gab am 25. Januar an, Berichten zufolge seien am dritten Jahrestag des Aufstands mindestens 54 Menschen bei Zusammenstößen mit Anti-Regierungsprotesten im ganzen Land getötet worden.<ref name="Guardian_2014-01-25_PKO" /><br />
* Nach Angaben des Gesundheitsministerium vom 26. Januar waren innerhalb von 24 Stunden mindestens 49 Menschen getötet<ref name="Handelsblatt_2014-01-26_IÄG" /><ref name="SpiegelOL_2014-01-26_F5T" /><ref name="n-tv_2014-01-26_BM5">[http://www.webcitation.org/6NhdIqFiA Jahrestag der Revolution spaltet Ägypten - Behörden melden 50 Tote], n-tv, 26. Januar 2014, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Aegypten-Behoerden-melden-50-Tote-nach-Ausschreitungen-am-Jahrestag-der-Revolution-article12148211.html Original] am 27. Februar 2014.</ref><ref name="FocusOL_2014-01-26_4TB" /><ref name="DNE_2014-02-26_UAL" /> und nach Angabe des Innenministeriums mehrere Polizisten verletzt worden.<ref name="Handelsblatt_2014-01-26_IÄG" /> Nach den Angaben des Gesundheitsministeriums sollten die berichteten 49 Todesfälle in den Gouvernements von Minya, Gizeh, Kairo und Alexandria stattgefunden haben, während es zu Verletzungen auch in Fayyum, Ismailia, Asyut und Bani Suwaif gekommen sei.<ref name="DNE_2014-02-26_UAL" /> Insgesamt wurden nach Angabe des Gesundheitsministeriums vom 26. Januar 247 Menschen in Kairo und anderen Orten verletzt.<ref name="Handelsblatt_2014-01-26_IÄG" /><ref name="SpiegelOL_2014-01-26_F5T" /><ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN" /><ref name="n-tv_2014-01-26_BM5" /><ref name="DNE_2014-02-02_2JD" /><br />
* Die Menschenrechtsorganisation ''Nadeem Centre'' veröffentlichte am 26. Januar eine Stellungnahme mit den Namen von 53 Demonstranten, die am 25. Januar getötet worden waren, zusammen mit der jeweiligen Todesursache und dem Todesort. Demnach seien mindestens 28 durch scharfe Munition getötet worden. 20 waren im Kairoer Viertel Alf Maskan und 24 weitere in Matariya getötet worden.<ref name="DNE_2014-02-26_UAL" /><ref name="DNE_2014-02-02_2JD" /><br />
* Am 27. Januar wurde die offizielle Anzahl der Todesopfer vom dritten Jahrestag des Aufstands ein weiteres Mal nach oben korrigiert: der Sprecher der gerichtsmedizinischen Behörden, Hisham Abdel Hamid, gab gegenüber der ägyptischen Zeitung [[al-Ahram|Ahram Online]] an, es seien allein in Kairo und Gizeh bei den Zusammenstößen vom 25. Januar 2014 64 Menschen ums Leben gekommen. Obduktionen ergaben laut Abdel Hamid, dass mindestens 58 der 64 Todesfälle durch Wunden scharfer Schüsse und einer durch Schrotkugeln verursacht wurden.<ref name="AhramOL_2014-01-27_DTF">[http://www.webcitation.org/6NkddKyTW Death toll from uprising anniversary climbs to 64, mostly by gunshot: Forensics - At least 58 of the deaths on Saturday's anniversary of Egypt's popular revolt caused by gunshot wounds] (englisch). Ahram Online, 27. Januar 2014, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/92710/Egypt/Politics-/Death-toll-from-uprising-anniversary-climbs-to-,-m.aspx Original] am 1. März 2014.</ref> <br />
* [[Daily News Egypt]] meldete am 2. Februar, dass das unabhängige statistische Datenbankwerk [[Wiki Thawra]] die Angabe der Todesfälle vom dritten Jahrestag der Revolution auf 103 korrigiert habe, bei denen vier der 103 Todesfälle nachträglich an Verletzungen gestorben seien, die sie am 25. Januar erlitten hatten.<ref name="DNE_2014-02-02_2JD" /><ref name="DNE_2014-02-05_2JP" /> ''Wiki Thawra'' habe eine ausführliche Liste der Todesfälle angefertigt, nach der 79 der Todesfälle auf Kairo und 20 auf Gizeh fielen sowie einer auf Alexandria, einer auf Daqahleya und zwei auf Minya. Von den 277 Verletzten fiel laut ''Wiki Thawra'' eine große Mehrheit auf Kairo und Gizeh. Zu 30 der Todesfällen sei es in dem Viertel Matariya gekommen, in dem es als Hochburg der Mursi-Unterstützer zu vielen Zusammenstößen von Befürwortern und Gegnern der Übergangsregierung gekommen sei. Zu weiteren 34 Todesfällen sei es im Viertel Alf Maskan gekommen, von wo für die dem Abend entgegengehenden Zusammenstöße von anhaltendem Gewehrfeuer berichtete wurde. Laut der Wiki Thawra Datenbank seien lediglich sieben der 64 Todesfälle aus Matariya and Alf Maskan nicht auf scharfe Schüsse zurückzuführen.<ref name="DNE_2014-02-02_2JD">[http://www.webcitation.org/6NsQOp0wm 25 January death toll rises to 103: Independent count] (englisch). Daily News Egypt, 2. Februar 2014, von Ali Omar, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2014/02/02/25-january-death-toll-rises-103-independent-count/ Original] am 6. März 2014.</ref><br />
* [[Amnesty International]] gab am 4. Februar 2014 als Anzahl der Getöteten „mindestens 64“ an.<ref name="AI_2014-02-04_WOC" /><ref name="DNE_2014-02-05_2JP" /> <br />
* Die [[Daily News Egypt]] gab am 13. Februar 2014 an, der offizielle Todeszoll am dritten Jahrestag des Volksaufstandes von 2011 betrage nach den Angaben des gerichtsmedizinischen Sprechers Hisham Abdel Hamid 66.<ref name="DNE_2014-02-13_2DJ" /><br />
* ''Wiki Thawra'' gab zum gleichen Zeitpunkt mit 108 Getöteten bereits einen nahezu doppelt so hohen als den offiziellen Todeszoll für den dritten Jahrestag des Volksaufstandes an.<ref name="DNE_2014-02-13_2DJ">[http://www.webcitation.org/6Nl8DPlHZ 265 dead in January: Independent count - Independent statistical database Wiki Thawra reports 108 dead on revolution’s third anniversary – nearly double the official count of 66], Daily News Egypt, 13. Februar 2014, von Rana Muhammad Taha, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2014/02/13/265-dead-january-independent-count/ Original] am 1. März 2014.</ref><br />
<br />
Den größten Blutzoll hatten die Muslimbrüder zu entrichten.<ref name="DiePresse_2014-02-26_ÄGR" /> Vor allem bei den zahlreichen Gegendemonstrationen der Muslimbrüder in vielen Landesteilen kam es zu Toten. Die meisten der zunächst landesweit als 49 bezifferten Todesopfer kamen am 25. Januar in den Kairoer Armenvierteln Alf Maskan und Matariya ums Leben, die als Muslimbruderhochburgen gelten.<ref name="taz-de_2014-01-26_PSA" /><ref name="DiePresse_2014-02-26_ÄGR" /> und in denen die heftigsten Straßenschlachten tobten.<ref name="DiePresse_2014-02-26_ÄGR" /> Alf Maskan liegt im Osten Kairos, einer als verhältnismäßig arm und bodenständig geltenden Gegend der Stadt.<ref name="ZeitOL_2014-01-27_KWR" /><ref name="MadaMasr_2014-01-25_FCC">[http://www.webcitation.org/6NjITsNkm Fierce clashes continue in Cairo’s Alf Maskan area] (englisch). Mada Masr, 25. Januar 2014, archiviert vom [http://madamasr.com/content/fierce-clashes-continue-cairo%E2%80%99s-alf-maskan-area Original] am 28. Februar 2014.</ref> Allein in dem im Osten Kairos gelegenen Viertel Matariya wurden 26 Menschen getötet, als die Polizei gewaltsam eine Demonstration von Unterstützern Mursis auflöste.<ref name="AhramOL_2014-01-27_DTF" /> Laut ''Daily News Egypt'' zeigte eine [[Live-Streaming|Live-Stream]]-Übertragung vom Alf-Maskan-„Feld-Krankenhaus“ [[online]] „grauenhafte und blutige Bilder verwundeter und regloser Körper“, während Umstehende Verbände an Köpfen und Arme anlegten.<ref name="DNE_2014-02-26_UAL" /> Die englischsprachige ägyptische Tageszeitung gab am 27. Januar an, dass alle von ''Daily News Egypt'' gesichteten Berichte die Todesursachen der Zusammenstöße in Alf Maskan, Matariya und Kairo-Downtown scharfen Schüssen zuschrieben.<ref name="DNE_2014-01-27_6AM" /><br />
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Darüber hinaus gingen die Sicherheitskräfte am Wochenende auch gegen Mitglieder der säkularen regierungskritischen Bewegung „Weg der Revolutionsfront“ gewaltsam vor. Nach Medienberichten wurde ein Teilnehmer eines Protestmarschs des Bündnisses in Kairo getötet.<ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN" /> Nach anderen Angaben wurde ein Mitglied der [[Jugendbewegung des 6. April|Jugendbewegung des „6. April“]], die maßgeblich den Aufstand 2011 organisierte, erschossen.<ref name="FR-OL_2014-01-26_TuT" /><ref name="BZ_2014-01-26_AZR" /><ref name="ZeitOL_2014-01-27_KWR">[http://www.webcitation.org/6NWnr0b8V Ägypten: Folgen der Gewalt gegen die Muslimbrüder - Kaio: Wer redet, riskiert sein Leben], Zeit Online, 27. Januar 2014, von Mohamed Amjahid, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-01/gewalt-aegypten-tote-muslimbrueder/komplettansicht Original] am 20. Februar 2014.</ref> Das Mitglied der 6.-April-Bewegung, der auch als Sayed Wezza bekannte Sayed Abdallah, wurde nach Medienberichten in der Sherif-Straße durch einen Schuss in die Brust erschossen, als eine sowohl gegen das Militär als auch gegen die Muslimbruderschaft gerichtete Demonstration in Kairo-Downtown von Polizei und Sisi-Anhängern angegriffen und aufgelöst wurde.<ref name="AhramOL_2014-01-27_DTF" /><ref name="taz-de_2014-01-26_PSA" /><ref name="DNE_2014-01-27_6AM">[http://www.webcitation.org/6NnTbmJZu 6 April members bid farewell to slain member - Interior Ministry denies opening fire against protesters - See more at: http://www.dailynewsegypt.com/2014/01/27/6-april-members-bid-farewell-to-slain-member/#sthash.ZNxYadGd.dpuf] (englisch). Daily News Egypt, 27. Januar 2014, von AbdelHalim H. AbdAllah, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2014/01/27/6-april-members-bid-farewell-to-slain-member/ Original] am 3. März 2014.</ref><ref name="DNE_2014-01-27_ZMP">[http://www.webcitation.org/6NnVrEoJl In Pictures: Zeinhom morgue post 25 January anniversary] (englisch). Daily News Egypt, 27. Januar 2014, von AbdelHalim H. AbdAllah, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2014/01/27/in-pictures-zeinhom-morgue-post-25-january-anniversary/ Original] am 3. März 2014.</ref><ref name="DNE_2014-02-01_6AW" /> Abdallah soll nach einem Medienbericht der ''taz'' noch im Jahr 2013 Unterschriften für die ''Tamarod'' gesammelt haben, mit denen Präsident Mursi aufgefordert wurde, vorgezogene Neuwahlen abzuhalten. Nun habe er jedoch gegen die Militärführung demonstrieren wollen, die ihren Putsch mit ''Tamarod'' gerechtfertigt hatte.<ref name="taz-de_2014-01-26_PSA" /><br />
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Mindestens drei Menschen starben zudem bei Zusammenstößen zwischen Anhängern des vom Militär gestürzten Präsidenten Mursi und der Polizei in Alexandria (eine Frau) und in der Provinz Minya (zwei Personen).<ref name="NZZ_2014-01-25_2TB" /><ref name="DW_2014-01-25_GEA" /><ref name="Guardian_2014-01-25_PKO">[http://www.webcitation.org/6No7oBQZ2 Egypt: protesters killed on anniversary of anti-Mubarak revolt - At least 54 reported dead in clashes across the country as thousands also rally in support of army-led authorities] (englisch). The Guardian, 25. Januar 2014, von Patrick Kingsley (und Presseagenturen), archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2014/jan/25/egypt-protesters-killed-mubarak-cairo-tahrir-square Original] am 3. März 2014.</ref><br />
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===== Ablauf =====<br />
[[Datei:Participants holding a flag and a picture of Abdel Fateh el Sissi.jpg|mini|Pro-Sisi-Demonstrant mit Sisi-Portrait auf dem Tahrir-Platz (25. Januar 2014)<ref name="VOA_2014-01-25_GLE">[http://www.webcitation.org/6NgFu3bs1 Government-led events on Cairo's Tahrir Square] (englisch). Voice Of America, 25. Januar 2014, archiviert vom [http://www.voanews.com/media/photogallery/1837556.html Original] am 26. Februar 2014.</ref>]]<br />
In Kairo und den meisten Städten des Landes fanden organisierte Sympathiekundgebungen für die vom Militär eingesetzte Übergangsregierung statt.<ref name="DW_2014-01-25_TAJ" /> Zur Pro-Sisi-Kundgebung auf dem Tahrir-Platz hatte die [[Tamarod]]-Kampagne aufgerufen, die im Sommer 2013 mit ihrer Unterschriftensammlung den Putsch gegen Präsident Mursi durch das Militär eingeleitet hatte und seitdem die militärgestützte Übergangsregierung unterstützte. Die Aufrufe der Machthaber an die Menschen, die sogenannte Revolution vom 25. Januar 2011 am 25. Januar 2014 als Pro-Sisi-Kundgebung auf den Straßen zu feiern, wurde als Versuch der vom Militär eingesetzten Übergangsregierung gedeutet, sich die Symbolik des Aufstandes des 25. Januar 2011 zu Eigen zu machen und den Eindruck zu erwecken, dass eine politische Kontinuität vom Beginn der Proteste gegen Mubarak bis zu der Regierung der neuen Machthaber nach dem Militärputsch führte, die auch angesichts der gerüchteweise bevorstehenden Präsidentschaftskandidatur Sisis die Verwirklichung der Demokratieforderungen vorantrieben.<ref name="tagesschau-de_2014-01-25_WWL">[http://www.webcitation.org/6NInceQG1 Jahrestag der Revolution in Ägypten - "Wir wollen, dass das Land funktioniert"], tagesschau.de, 25. Januar 2014, von Carsten Kühntopp (ARD-Hörfunkstudio Kairo), archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/kairo-jahrestag102.html Original] am 11. Februar 2014.</ref><ref name="tagesschau-de_2014-01-">[http://www.webcitation.org/6NInpkOCB Audio - Gespannte Ruhe in Kairo am Revolutionsjahrestag] ([http://www.webcitation.org/6NInsy2pU MP3]), tagesschau.de, 25. Januar 2014, von Carsten Kühntopp (BR, Kairo), archiviert vom [http://www.tagesschau.de/multimedia/audio/audio117344.html Original] ([http://media.tagesschau.de/audio/2014/0125/AU-20140125-1114-3301.mp3 MP3]) am 11. Februar 2014.</ref><br />
[[Datei:Pro-government crowds gather in Tahrir Square - Cairo - security.jpg|mini|links|Sicherheitskontrollen beim Zugang zum Tahrir-Platz (25. Januar 2014)<ref name="VOA_2014-01-25_GLE" />]]<br />
[[Datei:Participants hold flag and picture of Abdel Fateh el Sissi.jpg|mini|Pro-Sisi-Demonstrantin mit Sisi-Portrait auf dem Tahrir-Platz (25. Januar 2014)<ref name="VOA_2014-01-25_GLE" />]]<br />
[[Datei:Participant holding picture of Abdel Fateh el Sissi.jpg|mini|Pro-Sisi-Demonstranten (25. Januar 2014)<ref name="VOA_2014-01-25_GLE" />]]<br />
[[Datei:Participants holding flags and pictures of Abdel Fateh el Sissi.jpg|mini|Pro-Sisi-Demonstrantinnen (25. Januar 2014)<ref name="VOA_2014-01-25_GLE" />]]<br />
[[Datei:Some youth donned masks of Sissi.jpg|mini|Tänzer der Pro-Regierungskundgebung auf dem Tahrir-Platz (25. Januar 2014)<ref name="VOA_2014-01-25_GLE" />]]<br />
Die Jubel-Veranstaltungen für die Übergangsregierung fanden unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Mit Panzern beziehungsweise [[Mannschaftstransportwagen (Militär)|Mannschaftstransportwagen]] und Stacheldraht wurde der Tahrir-Platz hermetisch abgeriegelt, der drei Jahre zuvor noch das Zentrum der Proteste gegen das herrschende Regime unter Hosni Mubarak gebildet hatte.<ref name="DW_2014-01-25_TAJ" /><ref name="Guardian_2014-01-25_PKO" /> Alle Teilnehmer der Pro-Regierungskundgebung mussten durch eigens aufgestellte Sicherheitsschleusen mit Metalldektoren gehen, um das Einschmuggeln von Waffen und Bomben zu verhindern.<ref name="DW_2014-01-25_TAJ" /><ref name="Guardian_2014-01-25_PKO" /> Die Eingänge zu dem Platz wurden streng kontrolliert. Die Armee ließ neben Panzern nur einen schmalen Korridor, durch den Menschen zum Platz gelangen konnten, nachdem Männer, Frauen und selbst Kinder ausnahmslos durchsucht wurden. Weibliche Polizisten tasteten Frauen ab, um sicherzugehen, dass sich unter ihren Kopftüchern keine Waffen befanden. Militärhubschrauber kreisten über der Stadt.<ref name="SpiegelOL_2014-01-25_F3T" /> Aus Militärhubschraubern wurden ägyptische Nationalflaggen in die das Militär feiernde Menge geworfen.<br />
<ref name="tagesschau-de_2014-01-25_TBP">[http://www.webcitation.org/6NImKRxqa Video: Unruhen in Ägypten: Tote bei Protesten am Jahrestag der Revolution] ([http://www.webcitation.org/6NImt0bQq MP4]), tagesschau.de, 25. Januar 2014, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1368224.html Original] ([http://download.media.tagesschau.de/video/2014/0125/TV-20140125-2011-5901.websm.h264.mp4 MP4])am 11. Februar 2014.</ref> Neben Nationalflaggen und Sisi-Porträts trugen viele Pro-Sisi-Demonstranten auch Gummimasken mit dem Konterfei des als eigentlich starker Mann Ägyptens geltenden Armeegenerals, stellvertretenden Regierungschefs und Verteidigungsministers Sisi.<ref name="SpiegelOL_2014-01-25_F3T">[http://www.webcitation.org/6NInOx1is Jahrestag der Revolution: Fast 30 Tote bei Protesten in Ägypten], Spiegel Online, 25. Januar 2014, von Theresa Breuer, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-mehrere-tote-bei-protesten-an-jahrestag-der-revolution-a-945538.html Original] am 11. Februar 2014.</ref><ref name="heute-de_2014-01-25_2TB" /><ref name="FocusOL_2014-01-26_4TB" /><ref name="NZZ_2014-01-25_2TB" /> Eine Bühne war für Musiker und verschiedene Redner errichtet worden.<ref name="DNE_2014-02-26_UAL" /> Eine Folklore-Band spielte, Tänzer tanzten dazu.<ref name="NZZ_2014-01-25_2TB" /> Die Menschenmenge skandierte „Exekutiert die Muslimbrüder“, „Sisi – Raisi“ oder „Sisi ist mein Präsident“.<ref name="NZZ_2014-01-25_2TB" /><ref name="taz-de_2014-01-26_PSA">[http://www.webcitation.org/6NjJvM6HI Jahrestag der Revolution in Ägypten - Die Polizei singt auf dem Tahrir], taz.de, 26. Januar 2014, von Karim El-Gawhary, archiviert vom [http://www.taz.de/Jahrestag-der-Revolution-in-Aegypten/!131748/ Original] am 28. Februar 2014.</ref><ref name="DiePresse_2014-02-26_ÄGR" /> In scharfem Gegensatz zu den Szenen am Tahrirplatz drei Jahre zuvir, als Anti-Regierungs-Demonstranten mit der Polizei zusammenstießen, kontrollierten am 25. Januar 2014 die Unterstützer der Polizei und des ägyptischen Security-Establishments den Tahrir-Platz, die die Polizisten freudig empfingen.<ref name="Guardian_2014-01-25_PKO" /> Dagegen wurde auf dem Tahrir-Platz eine Frau von einer Menge bedrängt und geschlagen, die ein konservativ wirkendes Kopftuch trug und verdächtigt wurde, eine Sympathisantin der Muslimbrüder zu sein.<ref name="NZZ_2014-01-25_2TB" /> Die Feierlichkeiten auf dem Tahrir-Platz hielten mindestens bis Mitternacht an, wobei Unterstützer der Übergangsregierung in der Innenstadt zurückblieben und bis in den Morgen des 26. Januar Flaggen schwenkten und Musik spielten.<ref name="DNE_2014-02-26_UAL" /><br />
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Anders verliefen die in ganz Ägypten organisierten Proteste, zu denen die politischen Gegner der Machthaber des Putschregimes aufgerufen hatten.<ref name="DW_2014-01-25_TAJ" /> Die zum großen Teil aus Mursi-Anhängern bestehende „Allianz gegen den Putsch“ beging den Jahrestag mit zahlreichen Demonstrationen im ganzen Land.<ref name="FR-OL_2014-01-26_TuT">[http://www.webcitation.org/6NhdanVBp Ägypten - Tod und Terror zum Feiertag], Frankfurter Rundschau, 26. Januar 2014, von Julia Gerlach, archiviert vom [http://www.fr-online.de/aegypten-syrien-revolution/aegypten-tod-und-terror-zum-feiertag,7151782,26002072.html Original] am 27. Februar 2014.</ref><ref name="BZ_2014-01-26_AZR">[http://www.webcitation.org/6Niztau7o Ägypten - Auseinandersetzungen zum Revolutionsjubiläum], Berliner Zeitung, 26. Januar 2014, von Julia Gerlach, archiviert vom [http://www.berliner-zeitung.de/politik/aegypten-auseinandersetzungen-zum-revolutionsjubilaeum--,10808018,25998334.html Original] am 28. Februar 2014.</ref> Ihre Anhänger versammelten sich, um erneut gegen den Sturz Mursis durch das Militär im Juli 2013 zu protestieren. Sie riefen dazu auf, sich gegen „eine faschistische und unterdrückerische Militärdiktatur“ zu wenden. In einer Mitteilung erklärte die zu diesem Zeitpunkt bereits verbotene Muslimbruderschaft, die Straßen nicht früher zu verlassen, bis ihre Rechte vollständig wiederhergestellt seien und die „Mörder“ vor Gericht gestellt würden.<ref name="NZZ_2014-01-25_2TB" /> Die Unterstützer Mursis marschierten in mehr als 30 Vierteln von ganz Kairo, um gegen den Sturz Mursis zu demonstrieren. Zudem gab es kleinere Ansammlungen von Pro-Demokratie-Aktivisten, die sich sowohl gegen den Autoritarismus von Sisi als auch von Mursi wandten.<ref name="Guardian_2014-01-25_PKO" /><br />
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Während jedoch die Unterstützer der vom Militär eingesetzten Übergangsregierung unbehelligt auf dem Tahrir-Platz demonstrieren konnten,<ref name="SpiegelOL_2014-01-26_F5T">[http://www.webcitation.org/6Nhor8M3p Jahrestag des Volksaufstands: Fast 50 Tote bei Straßenschlachten in Ägypten], Spiegel Online, 26. Januar 2014, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/jahrestag-fast-50-tote-bei-strassenschlachten-in-aegypten-a-945585.html Original] am 27. Februar 2014.</ref><ref name="n-tv_2014-01-26_BM5" /><ref name="heute-de_2014-01-25_2TB" /> gingen die Sicherheitskräfte überall mit Tränengas, Schrot-Geschossen und mit scharfen Schüssen gegen regierungskritische Demonstranten vor<ref name="BZ_2014-01-26_AZR" /> und zerschlugen mit Hilfe von Zivilisten, die das Militär unterstützen, Gegenkundgebungen von Regierungsgegnern und Anhängern des vom Militär gestürzten Präsidenten Mursi.<ref name="Handelsblatt_2014-01-26_IÄG" /><ref name="NZZ_2014-01-25_2TB" /> Die Bereitschaftspolizei schoss nach Darstellung von Menschenrechtsaktivisten in mehreren Städten mit scharfer Munition auf Kundgebungen der Oppositionellen.<ref name="StZ_2014-01-26_4TA" /><br />
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Die Zusammenstöße brachen kurz nach Mittag aus, als sich Menschenmengen an den Moscheen in ganz Kairo versammelten, um sich zu Protestmärschen zu formieren. Einige Protestmärsche wurden schnell aufgelöst, andere konnten die Innenstadt erreichen, wo Gewalt ausbrach. Heftige Kämpfe erfassten die Innenstadt am Nachmittag, insbesondere in der Nähe des Talaat-Harb-Platzes. Polizeifahrzeuge und Polizisten in Zivilkleidung jagten Demonstranten, während sich rund 400 Meter entfernt Zehntausende von Unterstützern der Übergangsregierung auf dem Tahrir-Platz versammelten, um General Sisi zur Kandidatur für die Präsidentschaftswahl aufriefen. Als die Mehrheit der Demonstranten aus der Innenstadt getrieben worden waren, trat zunächst wieder verhältnismäßige Ruhe in den Straßen ein.<ref name="DNE_2014-02-26_UAL" /><br />
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Insbesondere im östlichen Teil Kairos spielten sich erbitterte Straßenschlachten zwischen Sicherheitskräften und Regierungsgegnern ab,<ref name="NZZ_2014-01-25_2TB">[http://www.webcitation.org/6NjCQ3qoe Wieder Unruhen in Ägypten - 29 Tote bei Zusammenstössen], Neue Zürcher Zeitung, 25. Januar 2014, archiviert vom [http://www.nzz.ch/aktuell/international/auslandnachrichten/wieder-unruhen-in-aegypten---mindestens-vier-tote-an-protesten-1.18229136 Original] am 28. Februar 2014.</ref> vor allem in den Vierteln Alf Maskan (oder: Alf Maskin) und Matariya. Anwohner berichteten, dass bei Einbruch der Dunkelheit in Alf Maskan, einer Hochburg des Pro-Mursi-Widerstandes, Hubschrauber über einem dunklen Platz kreisten, auf dem Demonstranten über Stunden mit Sicherheitskräften zusammenstießen. In der Umgebung wurde Gewehrfeuer gehört. Als die Zusammenstöße in Alf Maskan und Matariya am Nachmittag und Abend tobten, erreichte die Gewalt des Tages in Kairo ihren Höhepunkt.<ref name="DNE_2014-02-26_UAL">[http://www.webcitation.org/6NmsAOCGO Update: At least 49 killed, 247 wounded and over 1000 arrested in 25 January anniversary - Lawyer: Security apparatus are becoming more vicious; ministers of interior, justice and Prosecutor General meet] (englisch). Daily News Egypt, 26. Januar 2014, von Fady Ashraf und Ali Omar, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2014/01/26/update-at-least-49-killed-247-wounded-and-over-1000-arrested-in-25-january-anniversary/ Original] am 3. März 2014.</ref><br />
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In Kairo waren Gegendemonstrationen der Muslimbrüder und regierungskritischer linksliberaler Gruppen nur in Nebenstraßen zugelassen worden. Viele Demonstranten waren vor den Sitz des Journalistenverbands gezogen.<ref name="DW_2014-01-25_EAT">[http://www.webcitation.org/6NIoyHQ0E Eskalation am Tag der Revolution] (Video: 01:29 Min.), Deutsche Welle, 25. Januar 2014, von Marion Betjen, archiviert vom [http://www.dw.de/eskalation-am-tag-der-revolution/av-17387268 Orignal] am 11. Februar 2014.</ref> Eine Gruppe säkularer Aktivisten zog von dem Gebäude des Journalistenverbandes los und skandierte gegen die Muslimbrüder und vor allem gegen das Militär. Eine halbe Stunde später wurden mehrere hundert aus der Gruppe wenige hundert Meter von der Bühne am Tahrir-Platz entfernt verhaftet und verprügelt.<ref name="taz-de_2014-01-26_PSA" /><ref name="DiePresse_2014-02-26_ÄGR" /> Bei den regierungskritischen Demonstranten handelte es sich vor allem um Anhänger des vom Militär im vergangenen Sommer gestürzten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi. Auch liberale Gegner der Übergangsregierung hatten zu Demonstrationen im Stadtzentrum von Kairo aufgerufen.<ref name="Handelsblatt_2014-01-26_IÄG" /><ref name="n-tv_2014-01-26_BM5" /><ref name="heute-de_2014-01-25_2TB" /> Anhänger Mursis und der von dem ägyptischen Regime inzwischen als Terrororganisation eingestuften Muslimbruderschaft sowie Teile der liberalen Opposition des Landes versammelten sich zwangsweise abseits des symbolträchtigen Tahrir-Platzes und skandierten Slogans wie „Nieder mit dem Regime“,<ref name="DW_2014-01-25_TAJ" /> bevor sie in Nebenstraßen flohen, wie eine Reporterin der Nachrichtenagentur AFP berichtete.<ref name="FocusOL_2014-01-26_4TB" /> Es kam zu teils schweren Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Regierungsgegnern, bei denen die Sicherheitskräfte Demonstranten mit Schrot und Tränengasgranaten beschoss<ref name="Handelsblatt_2014-01-26_IÄG" /> und auch mit scharfen Schüssen vorging,<ref name="FR-OL_2014-01-26_TuT" /> um die Kundgebungen aufzulösen.<ref name="SpiegelOL_2014-01-26_F5T" /><ref name="n-tv_2014-01-26_BM5" /> So feuerte die Polizei in Kairo scharfe Munition über die Köpfe einer Gruppe von rund tausend Demonstranten aus dem liberal-säkularen Spektrum und auch aus der Anhängerschaft der Muslimbrüder, die sich versammelt hatten, um in Richtung auf den Tahrir-Platz zu marschieren und Parolen gegen die Armee und die von ihr eingesetzte Übergangsregierung rief, ging mit Tränengas und Schrotmunition gegen die Gruppe vor<ref name="SpiegelOL_2014-01-25_F3T" /><ref name="DW_2014-01-25_GEA">[http://www.webcitation.org/6NjMdeJMP Ägypten: Gewalt eskaliert am Jahrestag des Volksaufstands], Deutsche Welle, 25. Januar 2014, archiviert vom [http://www.dw.de/%C3%A4gypten-gewalt-eskaliert-am-jahrestag-des-volksaufstands/a-17387370 Original] am 28. Februar 2014.</ref> und trieb die Menschen mit einem Hagel von Tränengasgranaten und Schüssen auseinander.<ref name="DW_2014-01-25_TAJ" /> Wenige Meter vom Tahrir-Platz entfernt bekämpften sich Anhänger und Gegner des Militärs und des Armeechefs Sisi mit Steinen, Glasflaschen und Feuerwerkskörpern.<ref name="SpiegelOL_2014-01-25_F3T" /><br />
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Auch andere Kundgebungen von Pro-Mursi-Demonstranten in anderen Stadtteilen Kairos mit Slogans wie „Mursi ist der Präsident von Millionen“ löste die Armee immer wieder durch den Einsatz von Tränengas und Luftschüssen auf.<ref name="SpiegelOL_2014-01-25_F3T" /> Auf dem Tahrir-Platz selbst feierten weiterhin ausschließlich Sisi-Anhänger.<ref name="SpiegelOL_2014-01-25_F3T" /> Während Zehntausende auf der Bühne des Tahrir-Platzes den Jahrestag des Aufstands und das offiziell angesetzte Fest der Polizei feierten, lieferten sich Aktivisten der liberalen Bewegung des 6. Aprils weniger als einen Kilometer entfernt mit ihren Gegnern und der Polizei Straßenkämpfe.<ref name="ZeitOL_2014-01-27_KWR" /> Als in einem Vorort von Kairo linksliberale Demonstranten auf die Straße gingen und gegen das Militär, die Polizei sowie gegen die Muslimbrüder skandierten, löste die Polizei diese Demonstration ebenfalls zügig auf.<ref name="heute-de_2014-01-25_2TB" /><ref name="FocusOL_2014-01-26_4TB" /> Als sich die Menschen versammelten, feuerte die Polizei Tränengasgranaten und Schüsse ab.<ref name="heute-de_2014-01-25_2TB" /><ref name="FocusOL_2014-01-26_4TB">[http://www.webcitation.org/6Nj3WqTJl Jahrestag des Volksaufstandes - 49 Tote bei Straßenschlachten in Ägypten], Focus Online, 26. Januar 2014, archiviert vom [http://www.focus.de/politik/ausland/dritter-jahrtag-der-revolution-zahl-der-opfer-steigt-weiter-49-tote-bei-protesten-in-aegypten-11_id_3569354.html Original] am 28. Februar 2014.</ref> Bereits nach ersten Angaben des Gesundheitsministeriums vom 25. Januar wurden allein in Kairo mindestens 26 Menschen getötet.<ref name="heute-de_2014-01-25_2TB">[http://www.webcitation.org/6Nha0qxiT Jahrestag des Mubarak-Sturzes - Ägypten: 29 Tote bei Protesten], heute.de, 25. Januar 2014, archiviert vom [http://www.heute.de/jahrestag-in-aegypten-wieder-anschlag-auswaertiges-amt-warnt-touristen-in-kairo-31622414.html Original] am 27. Februar 2014.</ref><br />
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Nach einem Anschlag vom 24. Januar meldete die Polizei, dass sie zahlreiche Sympathisanten der Muslimbruderschaft verhaftet habe.<ref name="BZ_2014-01-26_AZR" /> Das Innenministeriums gab an, bei den Protesten bis zum Abend des 25. Januar 1079 „Personen mit Gewehren, Brandsätzen oder anderen Waffen“ festgenommen zu haben,<ref name="Handelsblatt_2014-01-26_IÄG" /><ref name="SpiegelOL_2014-01-26_F5T" /><ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN" /><ref name="n-tv_2014-01-26_BM5" /><ref name="ReutersDE_2014-01-26_4TB">[http://www.webcitation.org/6MusmVQkn 49 Tote bei Protesten zum Jahrestag der Revolution in Ägypten], Reuters Deutschland, 26. Januar 2014, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEEA0P00R20140126 Original] am 26. Januar 2014.</ref><ref name="DNE_2014-02-26_UAL" /> die vom Innenministerium als „Randalierer“ bezeichnete wurden, und von denen die meisten als Anhänger der Muslimbruderschaft eingestuft wurden.<ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN" /> ''Wiki Thawra'' gab dagegen Mitte Februar an, am dritten Jahrestag des Volksaufstands von 2011 seien 1366 Personen festgenommen oder verhaftet worden,<ref name="DNE_2014-02-13_2DJ" /> Anfang Februar gab ''Wiki Thawra'' noch 1341 erfolgten Festnahmen von Demonstranten an, von denen alleine in Kairo und Gizeh 863 erfolgt seien.<ref name="DNE_2014-02-02_2JD" /> Nach Angaben von ''Amnesty International'' befanden sich unter den nach Angaben des Innenministeriums über 1000 am 25. Januar festgenommenen Menschen Sympathisanten der Muslimbruderschaft, Mitglieder der Jugendbwegeung des 6. April, unabhängige Aktivisten wie auch Zuschauer.<ref name="AI_2014-02-04_WOC" /><ref name="AhramOL_2014-02-05_ACE" /><br />
<br />
Am Rande der Proteste und Feiern gab es zahlreiche Übergriffe auf ausländische Journalisten.<ref name="FR-OL_2014-01-26_TuT" /> Die Menschenmasse auf dem Tahrir-Platz bedrängte Journalisten. Mehr als ein Dutzend Reporter wurden von den Demonstranten geschlagen oder von Polizisten in Gewahrsam genommen, die sie so nach Medienberichten vor dem wütenden Mob schützen wollten. Die Pro-Sisi-Demonstranten griffen nach Medienberichten auch eine ägyptische Journalistin an, die zu Unrecht verdächtigt wurde, für den Sender ''Al Jazeera'' zu arbeiten, und versuchten, sie mit ihrem Kopftuch zu erdrosseln, bis sie durch die Polizei gerettet wurde.<ref name="NZZ_2014-01-25_2TB" /> Allein am 25. Januar sollen nach Angaben der ägyptischen Pressegewerkschaft auch fünf Fotografen verhaftet worden sein, zwei weitere wurden mit Verletzungen in Krankenhäuser gebracht.<ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN" /><ref name="FR-OL_2014-01-26_TuT" /> Viele Sisi-Unterstützer auf dem Tahrir-Platz beschimpften vor allem ausländische Journalisten und hielten ihnen vor, für den Nachrichtensender [[Al Jazeera]] zu arbeiten, dessen vom ägyptische Regime seit Wochen gefangen gehaltenen Journalisten von den Staatsmedien vorgeworfen wurde, in ihrer Berichterstattung auf Seiten der Muslimbrüder zu stehen, die von der Mehrheit der Sisi-Anhänger gehasst wurden.<ref name="SpiegelOL_2014-01-25_F3T" /> Schon am 24. Januar hatte ein Mob drei ARD-Mitarbeiter zusammengeschlagen, die nach dem Anschlag auf das Polizeihauptquartier vor Ort filmen wollten. Sie wurden von den Sisi-Anhängern als „Verräter“, „Muslimbrüder“ und „Unterstützer des Terrorismus“ beschimpft.<ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN" /><ref name="FR-OL_2014-01-26_TuT" /><ref name="BZ_2014-01-26_AZR" /> Die ausländerfeindliche Stimmung wird auf die Berichterstattung in den staatsnahen Medien zurückgeführt.<ref name="BZ_2014-01-26_AZR" /> Neben Zivilisten, die Reporter gezielt angreifen, führte auch die Regierung eine Kampagne gegen ausländische Berichterstatter.<ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN" /><ref name="FR-OL_2014-01-26_TuT" /><ref name="BZ_2014-01-26_AZR" /> Die regierungsnahen Medien machten eine ausländische Verschwörung für die Krise des Landes und den Terror verantwortlich.<ref name="FR-OL_2014-01-26_TuT" /><ref name="BZ_2014-01-26_AZR" /> Außenminister Nabil Fahmy hatte in der vorangegangenen Woche die Auslandspresse bezichtigt, „Fakten nicht zur Kenntnis zu nehmen“ und „bewusst die demokratische Praxis in Ägypten in Frage zu stellen“.<ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN" /><ref name="FR-OL_2014-01-26_TuT" /> Insgesamt sollen seit dem Sturz Mursis durch das Militär im Juli 2013 nach unabhängigen Zählungen mehr als 21.000 Menschen verhaftet worden sein, die meisten von ihnen Mursi-Anhänger.<ref name="FR-OL_2014-01-26_TuT" /><ref name="BZ_2014-01-26_AZR" /><ref name="DNE_2014-01-13_2AS">[http://www.webcitation.org/6NjF2azA1 21,317 arrested since Morsi’s ouster: independent count - Detention extended for 11 protesters who violated the Protest Law] (englisch). Daily News Egypt, 13. Januar 2014, von Rana Muhammad Taha, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2014/01/13/21317-arrested-since-morsis-ouster-independent-count/ Original] am 28. Februar 2014.</ref><br />
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Mohamed Amjahid berichtete aus Kairo für die [[Die Zeit|Zeit]] von konkreten Gewaltszenen am Jahrestag des Volksaufstands in Kairo rund um die Feier auf dem Tahrir-Platz. Demnach soll ein Mann einen Brocken aus dem Bürgersteig gerissen und einen Aktivisten erschlagen haben, den er als Terroristen beschimpfte. Auch habe ein junger Soldat, der eine Gruppe aufgebrachter Demonstranten zu beruhigen hatte, dabei unkontrolliert um sich geschossen.<ref name="ZeitOL_2014-01-27_KWR" /><br />
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Die ägyptischen TV-Sender übertrugen am 25. Januar landesweit Tanz-Darbietungen von der Bühne des Tahrir-Platzes zum Jahrestag des Volksaufstands und zeigten beispielsweise Bilder von Frauen mit um den Hals geschlungenen Porträts von Armeechef Sisi oder lächelnde Kinder, deren Gesichter mit der ägyptischen Fahne bemalt waren. Die sich gleichzeitig mit den Feierlichkeiten auf dem Tahrir-Platz ereignenden Zusammenstöße in den nahegelegenen Straßen ignorierten die lokalen Medien dagegen weitgehend, während die internationale Presse darüber umfangreich berichtete.<ref name="lawfareblog-com_2014-01-27_AMA">[http://www.webcitation.org/6NnQguXgl The Cairo Diary: In Alf Maskan After the Bullets] (englisch). lawfareblog.com, 27. Januar 2014, von Laura Dean, archiviert vom [http://www.lawfareblog.com/2014/01/the-cairo-diary-in-alf-maskan-after-the-bullets/ Original] am 3. März 2014.</ref><br />
<gallery mode=packed caption="Galerie: Pro-Sisi-Demonstration auf dem Kairoer Tahrir-Platz am 25. Januar 2014:"><br />
File:Pro-government crowds gather in Tahrir Square - Cairo - 25-Jan-2014.jpg | Menge mit Sisi-Portraits und Nationalflaggen<ref name="VOA_2014-01-25_GLE" /><br />
File:Pro-government crowds in Tahrir Square - Cairo.jpg | Nationalflaggen, Sisi-Portraits und [[Victory-Zeichen]]<ref name="VOA_2014-01-25_GLE" /><br />
File:Pro-government crowds gather in Tahrir Square - Cairo - helicopter.jpg | Hubschrauber über dem Tahrir-Platz und Victory-Zeichen<ref name="VOA_2014-01-25_GLE" /><br />
File:Many in the crowd holding pictures of Abdel Fateh el Sissi.jpg | Sisi-Masken und Plakat mit [[Gamal Abdel Nasser|Nasser]], [[Muhammad Anwar as-Sadat|Sadat]] und Sisi<ref name="VOA_2014-01-25_GLE" /><br />
File:Heavy security in and around Tahrir square on the 3rd anniversary of the 2011 revolution - 25-Jan-2014.jpg | Schwere Sicherheitsmaßnahmen auf und um den Tahrir-Platz<ref name="VOA_2014-01-25_GLE" /><br />
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===== Reaktionen und Wertungen =====<br />
====== National ======<br />
* Während eines Treffens des Justizministers Adel Abdel Hamid und des Generalstaatsanwalts Hisham Barakat beim Innenminister Mohammed Ibrahim am 26. Januar betonten Hamid and Barakat „die große Rolle, die das Innenministerium bei dem Schutz von Grundfreiheiten gespielt habe, bezüglich von Menschenrechten, der Gewährleistung von Sicherheit, der strikten Anwendung von Gesetzen und dem Schutz der Nation”. Ferner lobten sie in ihrer Stellungnahme die „die fruchtbare Zusammenarbeit” zwischen Polizei, Strafverfolgung und Justiz, die dazu geführt habe, dass die Ideale von Wahrheit und Recht gefestigt wurden und dass die Freiheit und Stabilität geschützt wurde. Während des Treffend sagte Innenminister Ibrahim, dass Sicherheit und Recht „große Segnungen“ seien, deren Ägypten sich erfreue.<ref name="DNE_2014-02-26_UAL" /><br />
* Interimspräsident Adli Mansur sagte in einer Ansprache am 26. Januar, der weitere Verlauf der Transitionsphase sei beschlossen. Angesichts der Terroranschläge der vorangegangenen Woche in Kairo kündigte er an, „mit ganzer Härte gegen die Feinde Ägyptens“ vorzugehen.<ref name="ZeitOL_2014-01-27_KWR" /> Die ägyptischen Medien griffen Mansurs Stichwort der Staatsfeinde ohne Ausnahme auf und definierten nach eigenem Ermessen, wer zu den Feinden zu zählen sei.<ref name="ZeitOL_2014-01-27_KWR" /><br />
* Das Gesundheitsministerium der militärgestützten Übergangsregierung teilte mit, die Krankenhäuser befänden sich in „höchster Alarmbereitschaft“ und seien bereit, „jeder Notfallsituation“ zu begegnen.<ref name="DNE_2014-02-26_UAL" /><br />
* Noch während die Anzahl der Todesopfer am 26. Januar immer weiter nach oben korrigiert wurde, kündigte Übergangspräsident Adli Mansur mit einer kurzen TV-Rede an, dass die nach der sogenannten politischen „Roadmap“ als nächster Schritt vorgesehene Parlamentswahl hinter die Präsidentschaftswahl verlegt werde. Beobachter werteten dies nicht als lediglich technische Terminänderung, sondern sahen in der veränderten Abfolge das Potenzial, die Macht von Militärchef Sisi zu „zementieren“.<ref name="DiePresse_2014-02-26_ÄGR">[http://www.webcitation.org/6NnIWEMpw Ägyptens gekaperte Revolution], DiePresse.com, 26. Januar 2014 (Print-Ausgabe: "Die Presse", 27. Januar 2014), von Karim El-Gawhary, archiviert vom [http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/1553914/Aegyptens-gekaperte-Revolution Original] am 3. März 2014.</ref><ref name="FAZ_2014-02-24_SMT" /><ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN" /><br />
* Das Pressebüro des Innenministeriums stritt ab, am dritten Jahrestag des Volksaufstands das Feuer gegenüber Demonstranten eröffnet zu haben.<ref name="DNE_2014-01-27_6AM" /><ref name="DNE_2014-02-01_6AW" /> Auch bestritt das Innenministerium die von der Bewegung des 6. Aprils in einer Stellungnahme der Gruppe behaupteten Umstände der Festnahme ihres Anwaltes Ahmed Helel.<ref name="DNE_2014-02-01_6AW" /><br />
* Der prominente Rechtsanwalt [[Gamal Eid]] kritisierte, dass Polizeireviere als Orte für Verhöre verwendet würden. Er sagte: „Die Justiz steht den Gerichten zu, wir sehen, dass es ein Manko in dem Fundament der Justiz gibt und dass der Sicherheitsapparat zunehmend bösartig wird.”<ref name="DNE_2014-02-26_UAL" /><br />
* Mitglieder der 6.-April-Bewegung verurteilten die Polizeigewalt und Militärherrschaft bei der Trauerfeier für Sayed Abdullah (Wezza) am Abend des 26. Januar mit Sprechchören und forderten den Sturz des Regimes.<ref name="DNE_2014-01-27_6AM" /><ref name="DNE_2014-02-01_6AW" /> Nach der sogenannten Revolution des 25. Januar 2011 war die 6.-April-Jugendbewegung in den ägyptischen Medien gefeiert und als eine der treibenden Kräfte hinter der sogenannten Revolution bezeichnet wurde. Drei Jahre später wurden die Mitglieder der Gruppe als „Verräter“ und „als Grund hinter dem innerstaatlichen Zerfall“ angesehen. Es war eine Klage eingereicht worden, um die Gruppe aufzulösen und als terroristische Organisation einzustufen.<ref name="DNE_2014-01-27_6AM" /> Am 1. Februar 2014 veröffentlichte die 6.-April-Jugendbewegung (Demokratische Front) eine Stellungnahme, in der sie das Innenministerium beschuldigt, darauf abzuzielen, die Opposition der „Januar-Revolutionäre“ zum Schweigen zu bringen. Sie drohte darin, ihren Widerstand gegen „repressive Kräfte“ fortzusetzen. Sie beschrieb die Gewalt am dritten Jahrestag des 25. Januar als „feigen Akt“ und klagte die Sicherheitskräfte an, die „Jugend zu töten, die der Funken der Revolution war“. Die Gruppe erwähnte als Gewalttaten den Tod ihres Mitgliedes Sayed Abdullah (Wezza), die Festnahme von Moataz Mohamed und Ismael Al-Mogui sowie die Festnahme von Ahmed Helel, dem Anwalt der Bewegung, der festgenommen worden sei, als er sich nach den festgenommenen Mitgliedern der Gruppe erkundigt habe. Die Stellungnahme fügte hinzu, dass den festgenommenen Mitgliedern vor Gericht unter anderem der Mord von Sayed Abdullah und anderer Demonstranten zur Last gelegt werde, die am 25. Januar umkamen. Die Ereignisse des 25. Januar 2014 bezeichnete die Gruppe als „einen selbst in den Zeiten der gestürzten Präsidenten Mubarak und Mursi noch nie da gewesen Vorfall“. Die Gruppe versicherte in der Stellungnahme, sie verfüge über überzeugende Beweise und Videos, die bewiesen, dass Abdullah „von Sicherheitskräften erschossen“ wurde. Die Ermordung ihres Mitgliedes würde „ihre Entschlossenheit nur steigern, ihren revolutionären Kampf fortzusetzen“. Die Regierung werde für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden „wie ihre Vorgänger“ und „die Revolution werde weitergehen.“<ref name="DNE_2014-02-01_6AW">[http://www.webcitation.org/6NnWUH6DH 6 April warns of continued resistance - Movement claims to have evidence proving security forces’ responsibility for the death of its members] (englisch). Daily News Egypt, 1. Februar 2014, von AbdelHalim H. AbdAllah , archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2014/02/01/6-april-warns-continued-resistance/ Original] am 3. März 2014.</ref><br />
* Die neugegründete Kampagne ''Freedom for the Brave'' legte der ägyptischen Menschenrechtsorganisation ''National Council for Human Rights'' (NCHR) Berichte mehrerer seit dem 25. Januar Festgenommenen mit Anschuldigungen der Folter vor, verurteilte die Foltermethoden und forderte eine Untersuchung der Berichte. Das ''Freedom for the Brave''-Mitglied Khaled Abdel Hameed sagte, die Sicherheitsmethoden gegen Häftlinge würden die Rückkehr des Mubarak-Regimes widerspiegeln.<ref name="DNE_2014-02-11_NLI" /><br />
* Die Kampagne ''Nation without Torture'' verurteilte das scharfe Vorgehen der Sicherheitskräfte in der Folge des Dritten Jahrestages des Volksaufstands. In einer am 10. Februar veröffentlichten Stellungnahme beschuldigte sie das Innenministerium, die „Mehrzahl“ der am 25. Januar 2014 verhafteten Häftlinge gefoltert zu haben. Die „revolutionäre Jugend“ habe ihre Meinung am 25. Januar friedlich zum Ausdruch gebracht als ihr die Polizei mit „beispielloser Brutalität“ begegnet sei. Dazu zähle der Gebrauch scharfer Munition gegen Demonstranten während bestimmter Vorfälle in Kairos Stadtmitte. bei dem Versuch die Demonstrationen aufzulösen.<ref name="DNE_2014-02-11_NLI" /> Die Kampagne forderte das Innenministerium auf, die Folteranschuldigungen „unverzüglich und ernsthaft“ zu untersuchen und die Verantwortlichen der Justiz zu übergeben. Sie forderte die Staatsanwaltschaft auf, ihre Rolle der Überwachung von Hafteinrichtungen zu „aktivieren“, Übergriffe zu beobachten und die Täter auszuliefern.<ref name="DNE_2014-02-11_NLI" /><br />
* Der Chef des Terrornetzes [[al-Qaida]], [[Aiman az-Zawahiri]], sprach sich gegen Anschläge auf die christliche Minderheit in Ägypten aus. In einer am 25. Januar verbreiteten Audio-Botschaft sagte Zawahiri, obwohl der Kopten-Papst [[Tawadros II.]] den Militärputsch gegen Mursi im Sommer 2013 unterstützt habe, dürfe man jetzt „keinen Krieg gegen die Christen anfangen und dem Westen einen Vorwand liefern“. Weiter sagte Zawahiri: „Die Muslime müssen sich jetzt darauf konzentrieren, den pro-amerikanischen Coup von Al-Sisi zu bekämpfen und eine islamische Regierung zu etablieren“. Er warf Mursi vor, während seiner Präsidentschaft die Zusammenarbeit mit den USA gesucht und die Friedensverträge mit Israel anerkannt zu haben: „Das waren die Gründe, die zu seinem Sturz geführt haben“, so Zawahiri.<ref name="Handelsblatt_2014-01-26_IÄG" /><br />
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====== International ======<br />
* Die Menschenrechtsorganisation ''Amnesty International'' gab in einem am 4. Februar 2014 veröffentlichten Bericht mit Hinweis auf ungenannte Häftlinge an, verhaftete Demonstranten seien Opfer von Schlägen und Folter durch Elektroschock geworden. Die Häftlinge, von denen über 1000 während der Demonstrationen zum Dritten Jahrestag der sogenannten Revolution festgenommen wurden, schlossen Männer und Frauen, jeweils sowohl minderjährige als auch volljährige, ein.<ref name="DNE_2014-02-11_NLI" /><ref name="AI_2014-02-04_WOC">''[http://www.webcitation.org/6O6kIB4f8 ‘The walls of the cell were smeared with blood’ – third anniversary of Egypt’s uprising marred by police brutality]'' (englisch). Amnesty International, 4. Februar 2014, archiviert vom [https://www.amnesty.org/en/news/walls-cell-were-smeared-blood-third-anniversary-egypt-s-uprising-marred-police-brutality-2014-0 Original] am 16. März 2014.</ref><ref name="DNE_2014-02-05_2JP">''[http://www.webcitation.org/6O6l1uajy 25 January protesters faced human rights violations: Amnesty International - New report details protestors being subjected to beatings and electric shock]'' (englisch). Daily News Egypt, 5. Februar 2014, von Aaron T. Rose, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2014/02/05/25-january-protesters-faced-human-rights-violations-amnesty-international/ Original] am 16. März 2014.</ref><ref name="AhramOL_2014-02-05_ACE">''[http://www.webcitation.org/6O6mSfWrr Amnesty condemns Egypt abuses on revolution anniversary - International rights group publishes accounts of alleged widespread torture by police on January 25 revolution anniversary]''</s> (englisch). Ahram Online, 5. Februar 2014, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/93520/Egypt/Politics-/Amnesty-condemns-Egypt-abuses-on-revolution-annive.aspx Original] am 16. März 2014.</ref> Unter den nach Angaben des Innenministeriums über 1000 am 25. Januar festgenommenen Menschen befänden sich Sympathisanten der Muslimbruderschaft, Mitglieder der Jugendbwegeung des 6. April, unabhängige Aktivisten wie auch Zuschauer. Während „eine Handvoll“ der am 25. Januar Festgenommenen auf Kaution freigelassen worden sei, verbleibe die überwiegende Mehrheit während der anhängigen Verfahren in Haft.<ref name="AI_2014-02-04_WOC" /><ref name="AhramOL_2014-02-05_ACE" /> ''Amnesty International'' drückte Sorge über das andauernde scharfe Vorgehen gegen Stimmen des Dissenzes aus und gab an zu fürchten, dass „viele der verhafteten Männer, Frauen und Kinder lediglich von ihrem Recht der Meinungs- und Versammlungsfreiheit Gebrauch machten oder Zuschauer waren.“<ref name="AI_2014-02-04_WOC" /><ref name="DNE_2014-02-05_2JP" /><br />
* Am 12. Februar 2014 veröffentlichten 16 Menschenrechtsorganisationen eine Stellungnahme, in der sie eine zügige Untersuchung der „zunehmenden und erschreckenden Anschuldigungen von Folter und sexuellen Tätlichkeiten gegen die in Polizeirevieren seit dem 25. Januar Festgenommenen“ sowie eine ärztlich Untersuchung aller am 25. Januar Festgenommenen, die auf über 1000 geschätzt wurden, forderten. Einer Delegation der Rechtsgruppen solle gestattet werden, die Gefängnisse ohne Vorbedingungen zu besuchen und mit den Gefangenen zu sprechen.<ref name="AhramOL_2014-02-12_DDS" /><br />
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'''Medien''':<br />
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In Teilen der westlichen Medien wurde die Unterdrückung „oppositioneller Regungen“ am dritten Jahrestag des Volksaufstands gegen Mubarak durch die Polizei „mit aller Gewalt“ und die Repressionen gegen ausländische Journalisten mit dem Vorgehen des „autoritären Polizeistaats“ unter Mubarak verglichen, gegen den die ägyptische Jugend auf dem Tahrir-Platz während des Volksaufstands drei Jahre zuvor gekämpft habe.<ref name="BZ_2014-01-26_AZR" /><br />
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Agenturmeldungen verwiesen darauf, dass das Bild des Tahrir-Platzes am 25. Januar 2014 mit einer homogenen Menge von Regierungsanhängern mit ägyptischen Flaggen und Bildern des Militärchefs Sisi, die den Soldaten und Polizisten huldigte, einen scharfen Kontrast zum Erscheinungsbild des Platzes im Januar und Februar 2011 bot, als der Tahrir-Platz das Epizentrum der Revolte gegen Mubarak war und sich dort eine vielfältig zusammengesetzte und diskutierfreudige Gemeinschaft aus vornehmlich jungen Leuten mit Brandsätzen und Pflastersteinen gegen die Angriffe von Polizei und beauftragten Schlägern zur Wehr setzte und Mubarak zum Rücktritt brachte.<ref name="StZ_2014-01-26_4TA" /><br />
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Karim El-Gawhary urteilte in verschiedenen Tageszeitungen, mit Szenen wie der in den sozialen Medien verbreiteten eines Polizeioffiziers, der auf einer Bühne auf dem Tahrir-Platz vor Tausenden fahnenschwingenden Ägyptern am Revolutionstag die Nationalhymne singt, hätten die Machthaber „die Geschichte der ägyptischen Revolution offiziell umgeschrieben“. Das Innenministerium, das während des Aufstands gegen Mubarak 2011 „brutal vorgegangen“ sei und „einen guten Teil der 840 Toten von damals zu verantworten“ habe, sei „nicht nur rehabilitiert, sondern beansprucht die Revolution nun für sich“. El-Gawhary betonte zudem, dass am 25. Januar 2014 nach Angabe des Innenministeriums mehr Menschen (1079 Personen) als am 25. Januar 2011 (700 Personen) verhaftet worden seien, also am dritten Jahrestag des Volksaufstands mehr Demonstranten festgenommen wurden als am ersten Tag der Proteste selbst.<ref name="taz-de_2014-01-26_PSA" /><ref name="DiePresse_2014-02-26_ÄGR" /><br />
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==== Rücktritt des Kabinetts Beblawi ====<br />
{{Siehe auch|Kabinett Beblawi}}<br />
Am 24. Februar 2014 trat das [[Kabinett Beblawi]] der nach dem Militärputsch gegen Mursi von Militärmachthaber Sisi eingesetzten Übergangsregierung zurück. Einer Bitte des amtierenden Interimspräsidenten Mansur entsprechend sollte Beblawi einem Medienbericht zufolge die Amtsgeschäfte übergangsweise fortführen. Beblawi gab den Rücktritt im Fernsehen bekannt, ohne einen Grund zu nennen.<ref name="ZeitOL_2014-02-24_ABV">[http://www.webcitation.org/6NeHugsv3 Ägypten - Al-Beblawi verkündet Rücktritt der Regierung] ([http://www.webcitation.org/6NeJ44d2l Video]), Zeit Online, 24. Februar 2014, archiviert vom [http://www.zeit.de/video/2014-02/3250070240001/aegypten-al-beblawi-verkuendet-ruecktritt-der-regierung Original] ([http://www.zeit.de/video/2014-02/3250070240001/aegypten-al-beblawi-verkuendet-ruecktritt-der-regierung Video]) am 25. Februar 2014.</ref> Aus Regierungskreisen hieß es, der Rücktritt der Regierung sei ein notwendiger Schritt gewesen, da Feldmarschall Sisi nicht als Einziger habe zurücktreten wollen.<ref name="ZeitOL_2014-02-24_ABV" /> Nach anderen Medienberichten blieb es zunächst unklar, ob sich auch Sisi sowie der umstrittene Innenminister [[Mohammed Ibrahim (Politiker)|Mohammed Ibrahim]] der Demission anschließen.<ref name="Tagesspiegel_2014-02-25_WKN">[http://www.webcitation.org/6Ne6baFiw Ägypten - Was kommt nach der Übergangsregierung?], Der Tagesspiegel, 25. Februar 2014 (O:00 Uhr), von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/aegypten-was-kommt-nach-der-uebergangsregierung/9531496.html Original] am 25. Februar 2014.</ref><br />
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Beblawi rief die Bevölkerung anlässlich des Rücktritts der militärgestützten Übergangsregierung in einer Liveübertragung des ägyptischen Staatsfernsehens dazu auf, jede zukünftige Regierung zu unterstützen, unabhängig davon, wer dieser angehöre.<ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRZ">[http://www.webcitation.org/6NcwezUye Audio: Übergangsregierung zurückgetreten] ([http://www.webcitation.org/6Ncwhqnkc MP3], 1'07 Min.), tagesschau.de, 24. Februar 2014, von Jürgen Stryjak (SWR, Kairo), archiviert vom [http://www.tagesschau.de/multimedia/audio/audio118650.html Original] ([http://media.tagesschau.de/audio/2014/0224/AU-20140224-1427-2401.mp3 MP3]) am 24. Februar 2014.</ref> Sie sollten nicht fragen, was Ägypten für sie getan habe, sondern vielmehr, was sie für Ägypten getan haben.<ref name="DNE_2014-02-25_BCL">[http://www.webcitation.org/6NnsV3rFd El-Beblawi cabinet leaves Egypt with mixed legacy, analysts say - A controversial protest law and worsening labour relations are among the issues that leave Hazem El-Beblawi's cabinet with a mixed record, according to analysts] (englisch). Daily News Egypt, 25. Februar 2014, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/0/95135/Egypt/0/ElBeblawi-cabinet-leaves-Egypt-with-mixed-legacy,-.aspx Original] am 3. März 2014.</ref> Er forderte, angesichts der schweren Zeiten sollten Meinungsverschiedenheiten ruhen und Streiks in den Betrieben unterbleiben.<ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRT">[http://www.webcitation.org/6Ne7S3kN3 Kabinett wird umgebildet - Ägyptische Regierung tritt zurück], tagesschau.de, 24. Februar 2014, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten2244.html Original] am 25. Februar 2014.</ref><ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRZ" /><br />
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===== Reaktionen und Wertungen =====<br />
In Kairo war bereits in den vorangegangenen Tagen über eine Kabinettsumbildung spekuliert worden.<ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRT" /><ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRZ" /><ref name="tagesschau-de_2014-02-24_VSA">[http://www.webcitation.org/6NczjFajU Video: Regierung in Ägypten: Volker Schwenck, ARD, zum Rücktritt der Übergangsregierung] ([http://www.webcitation.org/6Nczn3d8f MP4]), tagesschau.de, 24. Februar 2014, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1374826.html Original] ([http://download.media.tagesschau.de/video/2014/0224/TV-20140224-1445-0001.websm.h264.mp4 MP4]) am 24. Februar 2014.</ref> Beobachter vermuteten, dass Feldmarschall Sisi als Verteidigungsminister zurücktreten werde, weil der seit dem Putsch gegen Mursi als der „der wahre starke Mann in Ägypten“ angesehene Militärchef mit der Niederlegung seines Amtes die Voraussetzung für seine anschließende Kandidatur für das Präsidentenamt erfüllen wolle,<ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRT" /><ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRZ" /><ref name="tagesschau-de_20114-02-24_ÄRZvid" /><ref name="tagessschau-de_2014-02-24_T1S_15-14">[http://www.webcitation.org/6NcyOXc4S Video - Tagesschau in 100 Sekunden] ([http://www.webcitation.org/6NcyxD40R MP4]), tagesschau.de (15:14 Uhr, Sprecher: Gerrit Derkowski), 24. Februar 2014, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/tagesschau24/ Original] ([http://download.media.tagesschau.de/video/2014/0224/TV-20140224-1422-2601.websm.h264.mp4 MP4]) am 24. Februar 2014.</ref><ref name="tagesschau-de_2014-02-24_VSA" /> da nur Zivilisten zum ägyptischen Staatspräsidenten gewählt werden können.<ref name="BZ_2014-02-24_WIF">[http://www.webcitation.org/6Nf44H15l Machtwechsel in Ägypten - Der Weg ist frei für al-Sisi], Berliner Zeitung, 24. Februar 2014, von Julia Gerlach, archiviert vom [http://www.berliner-zeitung.de/politik/machtwechsel-in-aegypten-der-weg-ist-frei-fuer-al-sisi,10808018,26334192.html Original] am 26. Februar 2014.</ref> Die Äußerung Beblawis zu dem Rücktritt des Kabinetts, dass die Regierung allein nicht in der Lage sei, die notwendigen Reformen zu erreichen, wurde als möglicher Hinweis dafür gedeutet, dass der Rücktritt den Weg für Sisis Präsidentschaftskandidatur bereiten solle.<ref name="BZ_2014-02-24_WIF" /> Auch wurde für möglich angesehen, dass der Rücktritt des Beblawi-Kabinetts die Präsidentschaftskandidatur Sisis vorbereiten sollte, indem sich Sisi rechtzeitig vom erfolglosen Kabinett löste<ref name="SpiegelOL_2014-02-25_MVM" /> und der Abgang der erfolglosen und unbeliebten Regierung, der der Militärchef selbst angehört hatte, dessen Image heben solle.<ref name="derStandard-at_2014-02-25_BMS">[http://www.webcitation.org/6NfmLGgb0 Bauminister Mahlab soll ägyptische Regierung bilden], derStandard.at, 25. Februar 2014, archiviert vom [http://derstandard.at/1392686317306/Aegyptens-Bauminister-Mahlab-mit-Regierungsbildung-betraut Original] am 26. Februar 2014.</ref><br />
<br />
Als weitere Gründe für den laut Medienberichten „überraschenden“ Rücktritt des gesamten Kabinetts wurde in westlichen und ägyptischen Medien vermutet, Interims-Ministerpräsident Beblawi habe damit unter anderem auf einen wachsenden Vertrauensverlust in der Bevölkerung und massive Streiks reagiert, die in den vorangegangenen Tagen, Wochen und Monaten unter anderem zahlreiche Behörden, ferner den öffentlichen Nahverkehr, die Müllabfuhr oder die Textilarbeiter im Nildelta erfasst hätten.<ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRT" /><ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRZ" /><ref name="tagesschau-de_20114-02-24_ÄRZvid">[http://www.webcitation.org/6NcxgCYnp Video - Ägyptische Regierung zurückgetreten] ([http://www.webcitation.org/6Ncxl3VYa MP4]), tagesschau.de, 24. Februar 2014, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1374812.html Original] ([http://download.media.tagesschau.de/video/2014/0224/TV-20140224-1414-5601.websm.h264.mp4 MP4]) Am 24. Februar 2014.</ref><ref name="tagessschau-de_2014-02-24_T1S_15-14" /><ref name="tagesschau-de_2014-02-24_VSA" /><ref name="derStandard-at_2014-02-25_BMS" /><ref name="SpiegelOL_2014-02-25_MVM">[http://www.webcitation.org/6Nf7I3f1q Ägypten: Mubarak-Vertrauter Mahlab wird neuer Regierungschef], Spiegel Online, 25. Februar 2014, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/ibrahim-mahlab-wird-neuer-premierminister-in-aegypten-a-955601.html Original] am 26. Februar 2014.</ref> In der Arbeiterstadt [[al-Mahalla al-Kubra|Mahalla al Kubra]], in der auch 2008 Massenproteste gegen die Herrschaft des damaligen Präsidenten Husni Mubarak ausgebrochen waren, waren Arbeiter seit Anfang Februar 2014 im Streik. Führende Organisationen der sogenannten „Revolution“ gegen Mubarak von 2011 hatten für den 25. Februar 2014 zu Protesten gegen die Verfolgung ihrer Mitglieder durch das neue Regime aufgerufen.<ref name="FAZ_2014-02-24_SMT">[http://www.webcitation.org/6Nda1MesW Krise in Ägypten - Sisis Marionettenkabinett tritt zurück], Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. Februar 2014, von Markus Bickel, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/krise-in-aegypten-sisis-marionettenkabinett-tritt-zurueck-12817968.html Original] am 25. Februar 2014.</ref> Eine Woche vor dem geschlossenen Rücktritt des Kabinetts Beblawi hatte die Regierung die Gehälter der Polizisten erhöht, um zu verhindern, dass auch sie die Arbeit niederlegen. Beblawi sei in den vergangenen Monaten immer wieder für seine Unentschlossenheit und mangelnde Führungsstärke im Kampf gegen die wirtschaftlichen Probleme des Landes kritisiert worden.<ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRT" /><br />
<br />
Auch sei der Übergangsregierung Beblawi „Hilflosigkeit“ gegenüber den Terroranschlägen im Land angelastet worden, für die Putschbefürworter Extremisten mit Verbindungen zu Mursi und dessen Muslimbruderschaft verantwortlich gemacht hatten,<ref name="tagesschau-de_2014-02-24_ÄRT" /> obwohl Experten eine Verantwortung der Muslimbruderschaft für Terroranschläge als unwahrscheinlich einschätzten.<ref name="BZ_2014-02-24_WIF" /><br />
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{| class="wikitable float-right"<br />
|+ Tourismus-Einbruch<br /> nach dem Militärputsch:<br /><small>Datenquelle: CAPMAS/GTAI<ref name="Welt_2014-03-16_ÄSA">''[http://www.webcitation.org/6O79TjSwN Tourismus - Ägypten soll als Reiseland wiederauferstehen - Sicheres Urlaubsziel: Ägypter wie der Milliardär Samih Sawiris wollen mehr Investoren und Reisende in ihr Land holen. Für die Politik des Auswärtigen Amtes zeigen sie nur wenig Verständnis]'', Die Welt, 16. März 2014, von Birgit Svensson und Silke Mülherr, archiviert vom [http://www.welt.de/wirtschaft/article125841505/Aegypten-soll-als-Reiseland-wiederauferstehen.html Original] am 16. März 2014.</ref></small><br />
|-<br />
! Monat in 2013 !! Prozentuale Veränderung<br /> der Besucherzahlen<br /> gegenüber 2012<br />
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| Mai || +14,6<br />
|-<br />
| Juni || +16,4<br />
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| Juli || <small>Daten fehlen wegen Putsch</small><br />
|-<br />
| August || -45,6<br />
|-<br />
| September || -69,7<br />
|-<br />
| Oktober || -52,0<br />
|-<br />
| November || -39,0<br />
|-<br />
| Dezember || -30,7<br />
|}<br />
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Als ausschlaggebend für die Regierungskrise wurden auch die offenbar überhand nehmende Wirtschaftskrise Ägyptens angegeben, die in den vorangegangenen Monaten lediglich durch 14 Milliarden Dollar Finanzhilfe aus den Golfstaaten Saudi-Arabien, Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten verdeckt worden war.<ref name="SpiegelOL_2014-02-25_MVM" /><ref name="Tagesspiegel_2014-02-25_WKN" /><ref name="derStandard-at_2014-02-25_BMS" /> Nachdem der nach dem Volksaufstand von 2011 eingebrochene Tourismus insbesondere mit der Wahl Mursis zum ägyptischen Staatspräsidenten seit Jahresmitte 2012 wieder in Richtung Normalisierung bewegt hatte,<ref name="GTAI-de_2012-11-08_ÄTW">''[http://www.webcitation.org/6OSXvAWkM Ägyptens Tourismus wieder mit Perspektive - Ägyptens Tourismus wieder mit Perspektive]'', GTAI.de, 8. November 2012, von Michael Marks, archiviert vom [http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/maerkte,did=690118.html Original] am 30. März 2014.</ref> schlug sich die durch den Machtkampf zwischen der vom Militär eingesetzten Übergangsregierung und den Muslimbrüdern nach dem Putsch verursachte Verschärfung der politischen Unsicherheit Ägyptens auch in deutlichen Einbußen der für die Wirtschaft des Landes bedeutenden [[Tourismus]]-Branche nieder.<ref name="Reuters-DE_2013-11-04_EBP" /> Erstmals belasteten Ägypten auch in der Winterzeit Stromausfälle, während der militärgestützten Übergangsregierung die Finanzmittel fehlten, um ausreichend Kraftstoff für die Energie-liefernden Kraftwerke zu importieren, wobei allein das zuständige Ölministerium bei ausländischen Energiekonzernen mit mehr als fünf Milliarden Dollar verschuldet gewesen ist. Populistisch motivierte Zusatzausgaben der Übergangsregierung Beblawi angesichts der wachsenden öffentlichen Frustration wie Mindestlohn und höhere Renten trieben die Staatsverschuldung weiter in die Höhe und führten unter anderem zu einer offiziellen Arbeitslosigkeitsquote von insgesamt 13 Prozent und bei jungen Leuten von deutlich über 30 Prozent.<ref name="Tagesspiegel_2014-02-25_WKN" /> Vor allem für Ägypter in wirtschaftlich schwacher Position haben sich die Lebensbedingungen in den acht Monaten seit dem Sturz von Präsident Mursi und der Regierungsübernahme durch die militärgestützte Übergangsregierung deutlich verschlechtert.<ref name="BZ_2014-02-24_WIF" /><br />
<br />
Ferner wurde der Rücktritt des Kabinetts Beblawi auch im Zusammenhang eines wachsenden Dissenses innerhalb der militärgestützten Übergangsregierung über den künftigen politischen Kurs gedeutet.<ref name="Tagesspiegel_2014-02-25_WKN" /> Während Sisi und Ibrahim einen „Kampf gegen den Terror“ ausgerufen hatten, der Tausende Menschen in die Gefängnisse und Foltereinrichtungen<ref>Salma Shukrallah: [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/151/94066/Egypt/Features/Detainees-detail-stories-of-torture-in-Egypt-jails.aspx ''Detainees detail stories of torture in Egypt jails: interior ministry denies torture exists in Egyptian police stations and prisons despite numerous testimonies by detainees and rights activists.''] [[Al-Ahram]] online, 12. Februar 2014 (englisch)</ref> der militärgestützten Übergangsregierung gebracht hatte, gab es im übrigen Kabinett auch moderatere Stimmen, die der wachsenden Konfrontation mit politischen Kompromissen begegnen wollten, wie etwa Vizepremier Ziad Bahaa-Eldin, der bereits Mitte Januar nach dem Verfassungsreferendum zurückgetreten war.<ref name="Tagesspiegel_2014-02-25_WKN" /> Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers und ehemaligen Parlamentsabgeordneten Amr Hamzawy wollte Beblawi mit der Kabinettsauflösung möglicherweise Rücktrittsbestrebungen weiterer Kabinettsmitglieder zuvorkommen, nachdem sich die Repression der Sicherheitskräfte nach dem gewaltsamen Vorgehen gegen die Anhänger des geputschten Präsidenten Mursi zunehmend auch gegen Aktivisten des Aufstands von 2011 und kritische Intellektuelle gerichtet hatte.<ref name="BZ_2014-02-24_WIF" /><br />
<br />
Der politische Analyst Gamal Abdel-Gawad stellte sich auf den Standpunkt, die Leistung der Übergangsregierung Beblawi könne nicht für alle politischen, ökonomischen und sozialen Probleme Ägyptens verantwortlich gemacht werden, mit denen Ägypten seit dem Aufstand von 2011 zu kämpfen hatte. Ihre Bilanz sollte nur an der Übergangs-Roadmap gemessen werden.<ref name="DNE_2014-02-25_BCL" /> Die von Militärchef Sisi während des Militärputschs vorgelegte, sogenannte „Roadmap“ für die angeblich angestrebte Rückkehr Ägyptens zur Demokratie war seit dem Herbst 2013 mehrfach korrigiert worden: die angekündigten Parlamentswahlen wurden entgegen der Forderung von Demokratieaktivisten, die Stellung des Parlaments gegenüber dem künftigen Staatsoberhaupt durch vor den Präsidentschaftswahlen stattfindende Parlamentswahlen zu stärken, in der Reihenfolge hinter die Präsidentenwahlen verlegt. Auch wurde während der gesamten Regierungszeit des Kabinetts Beblawi kein Termin für die Präsidentschaftswahl verkündet.<ref name="FAZ_2014-02-24_SMT" /><ref name="FAZ-net_2014-01-26_DIN">[http://www.webcitation.org/6NhaMBbiS Blutige Zusammenstöße - „Das ist nicht das Ägypten, das wir uns wünschen“], FAZ.net, 26. Januar 2014, von Markus Bickel, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/blutige-zusammenstoesse-das-ist-nicht-das-aegypten-das-wir-uns-wuenschen-12768885.html Original] am 27. Februar 2014.</ref> In politischen Kreisen in Kairo wurde davon ausgegangen, dass das neue Unterhaus erst mehr als zwei Jahre nach seiner Auflösung durch den Obersten Militärrat, dem auch Militärchef Sisi angehört, nach dem Fastenmonat Ramadan 2014, gewählt werden könne.<ref name="FAZ_2014-02-24_SMT" /><br />
<br />
Andere Analysten wiesen auf das umstrittene [[#Demonstrationsgesetz|Demonstrationsgesetz]] hin, das im Dezember 2013 verabschiedet wurde und sämtliche Demonstrationen verbot, die nicht im Voraus von den Behörden genehmigt worden waren, und das die Interimsbehörden damit gerechtfertigt hattenm, verhindern zu wollen, dass die Pro-Mursi-Demonstrationen auf das Land übergreifen. Nachdem das Gesetzt auch verwendet wurde, um nicht-islamistische Demonstranten festzunehmen, insbesondere auch prominente Aktivisten, die in den Aufstand von 2011 involviert waren, hatten politische Persönlichkeiten begonnen, sich gegen das Gesetz auszusprechen.<ref name="DNE_2014-02-25_BCL" /><br />
<br />
==== Bildung einer neuen Übergangsregierung ====<br />
Am 25. Februar 2014 ernannte Interimspräsident Mansur [[Ibrahim Mahlab]] zum neuen Ministerpräsidenten, der mit der Bildung einer neuen Regierung betraut wurde. Mahlab war in dem Kabinett Beblawi Wohnbauminister. Zudem gilt er als Mubarak-Vertrauter, der vor dem Sturz Mubaraks dem einflussreichen Politischen Komitee der 2011 aufgelösten, damaligen Staatspartei NDP angehört hatte, das von dem Sohn Mubaraks, Gamal Mubarak, geführt wurde<ref name="SpiegelOL_2014-02-25_MVM" /><ref name="DiePresse-com_2014-02-25_BMS">[http://www.webcitation.org/6Nf9Cl0ma Ägyptens Bauminister Mahlab soll Regierung bilden], DiePresse.com, 25. Februar 2014, archiviert vom [http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/1567330/Aegyptens-Bauminister-Mahlab-soll-Regierung-bilden-?_vl_backlink=/home/politik/aussenpolitik/index.do Original] am 26. Februar 2014.</ref><ref name="derStandard-at_2014-02-25_BMS" /><ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /> und in dem Ruf steht, nebenher Pfründe an Günstlinge des Regimes verteilt zu haben.<ref name="TageblattOL_2014-03-02_NRV" /><ref name="merkur-OL_2014-03-02_NRÄ" /> Er war unter Mubarak Mitglied im Oberhaus des ägyptischen Parlamentes.<ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /> Von Seiten westlicher Medien wurde die Ernennung Mahlabs als Anzeichen für eine Restauration der „alten politischen Garde des gestürzten Diktators Husni Mubarak“ interpretiert.<ref name="SpiegelOL_2014-02-25_MVM" /> In seiner ersten Pressekonferenz als Ministerpräsident nannte Mahlab die Stabilisierung der Sicherheitslage als vorrangigste Aufgabe: „Wir werden zusammen daran arbeiten, die Sicherheit in Ägypten wieder vollständig herzustellen und den Terror in allen Ecken des Landes zu vernichten“.<ref name="SpiegelOL_2014-02-25_MVM" /><br />
<br />
Der designierte Regierungschef Mahlab setzte daraufhin für die Bildung einer neuen militärgestützten Übergangsregierung nach dem Rücktritt von Interimsministerpräsident Hasem al-Beblawi wieder vorwiegend auf zurückgetretene Minister. Wiederernannt wurden für seine Regierung, die sechste seit dem Sturz von Präsident Mubarak im Februar 2011, unter anderem Innenminister Mohammed Ibrahim, Planungsminister [[Aschraf al-Arabi]], der für Öl zuständige Minister [[Scherif Ismail]] sowie Armeechef Abd al-Fattah as-Sisi als Verteidigungsminister, der das Regierungsamt jedoch vor einer offiziellen Einreichung seiner Präsidentschaftskandidatur wieder niederlegen müsste.<ref name="DW_2014-02-26_AAV">[http://www.webcitation.org/6NhM24aF0 Auswärtiges Amt verschärft Reisewarnung für Ägypten], Deutsche Welle, 26. Februar 2014, archiviert vom [http://www.dw.de/ausw%C3%A4rtiges-amt-versch%C3%A4rft-reisewarnung-f%C3%BCr-%C3%A4gypten/a-17460000 Original] am 27. Februar 2014.</ref><br />
<br />
===== Vereidigung und Zusammensetzung =====<br />
Am 1. März 2014 wurde das Kabinett der neuen militärgestützte Übergangsregierung offiziell vereidigt.<ref name="AhramOL_2014-03-01_ENC">[http://www.webcitation.org/6Nmi96hXw Who's who: Egypt's new cabinet - 20 ministers from El-Beblawi's cabinet keep their posts, while 11 ministers are fresh appointees] (englisch). Ahram Online, 1. März 2014, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/95596/Egypt/Politics-/Whos-who-Egypts-new-cabinet.aspx Original] am 3. März 2014.</ref><ref name="derStandard-at_2014-03-02_NÜÄ">[http://www.webcitation.org/6Nmg2THs6 Neue Übergangsregierung in Ägypten vereidigt], derStandard.at, 2. März 2014, archiviert vom [http://derstandard.at/1392686846399/Neue-Uebergangsregierung-in-Aegypten-vereidigt Original] am 3. März 2014.</ref><ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS">[http://www.webcitation.org/6Nmh6OF0c Regierung der Mubarak-Elite - Ägypten: Sechstes Kabinett seit 2011 vereidigt. Armeechef Al-Sisi bleibt Verteidigungsminister], junge Welt, Ausland / Seite 6, 3. März 2014, von Sofian Philip Naceur, archiviert vom [http://www.jungewelt.de/2014/03-03/033.php Original] am 3. März 2014.</ref> Das 31 Minister umfassende neue Kabinett von Ministerpräsident Ibrahim Mahlab setzte sich mit 20 Ressortleitern überwiegend aus Ministern der vorherigen Übergangsregierung unter Leitung von Hasem al-Beblawi zusammen<ref name="derStandard-at_2014-03-02_NÜÄ" /> und blieb damit nahezu unverändert.<ref name="TageblattOL_2014-03-02_NRV">[http://www.webcitation.org/6Nmgryp0E Ägypten - Neue Regierung vereidigt], Tageblatt Online, 2. März 2014, archiviert vom [http://www.tageblatt.lu/nachrichten/story/29000285 Original] am 3. März 2014.</ref> <br />
<br />
Die Besetzung der Schlüsselministerien blieb weitgehend unangetastet.<ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /> Bei den aus der Übergangsregierung ausgeschiedenen Ministern handelte es sich insbesondere um liberale und linksgerichtete Persönlichkeiten, die nach dem Militärputsch gegen die Regierung unter Mohammed Mursi im Juli 2013 durch das Militär in Beblawis Regierung aufgenommen wurden, um diese auf eine breitere Basis zu stellen.<ref name="TageblattOL_2014-03-02_NRV" /><ref name="merkur-OL_2014-03-02_NRÄ" /><ref name="tagesschau-de_2014-03-09_REW" /><ref name="tagesschau-de_2014-03-09_WAD" /> Die neu hinzugekommenen Minister des Kabinetts Mahlab rekrutierten sich dagegen eher aus der Geschäftselite aus der Zeit des 2011 gestürzten Langzeitherrschers Husni Mubarak.<ref name="TageblattOL_2014-03-02_NRV" /><ref name="merkur-OL_2014-03-02_NRÄ">[http://www.webcitation.org/6NmhUASkB Al-Sisi bleibt Minister - Neue Regierung in Ägypten vereidigt]</s>, merkur-online.de, 2. März 2014, archiviert vom [http://www.merkur-online.de/aktuelles/politik/neue-regierung-aegypten-vereidigt-zr-3393278.html?cmp=defrss Original] am 3. März 2014.</ref><br />
<br />
Der neue Regierungschef Mahlab selbst gehörte ebenso wie zahlreiche weitere Persönlichkeiten in der neuen Regierung der ägyptischen Geschäftselite an.<ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /> Dem zu den Gefolgsleuten Mubaraks gezählten Mahlab mußte dessen Vorgänger Beblawi von der sozialdemokratischen Partei weichen, was als Einengung des Machtzirkels gedeutet wurde.<ref name="tagesschau-de_2014-03-09_REW" /><ref name="tagesschau-de_2014-03-09_WAD" /><br />
<br />
Insgesamt wurde die neue Regierung als mehr denn je aus alten, Mubarak nahestehenden Kräften zusammengesetzt angesehen. Lagerübergreifend respektierte Figuren wie der vormalige Bildungsminister Hossam Eissa und Vize-Premierminister Ziad Bahaa Al-Din schieden aus der Exekutive aus. Auch alle Minister der Nationalen Heilsfront (NSF), eines Bündnisses liberaler und sozialistischer Parteien, wurden bis auf eine Ausnahme aus der Regierung entfernt.<ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /><br />
<br />
Auch der als mächtig geltende Armeechef Sisi behielt sein Amt als Verteidigungsminister im neuen Kabinett. Lediglich elf Minister wurden neu bestimmt.<ref name="derStandard-at_2014-03-02_NÜÄ" /><ref name="derStandard-at_2014-03-02_NÜÄ" /><ref name="TageblattOL_2014-03-02_NRV" /><ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /> Beobachter hatten den Rücktritt der Regierung zuvor unter anderem mit Ambitionen Sisis für eine Kandidatur bei der anstehenden Präsidentschaftswahl in Verbindung gebracht,<ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /> für die er sein Regierungsamt als Verteidigungsminister und seine militärischen Funktionen ablegen müsste.<ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /><ref name="TageblattOL_2014-03-02_NRV" /> Demgegenüber mehrten sich auch Spekulationen, Sisi habe sich gegen eine Präsidentschaftskandidatur entschieden und strebe an, seine Position innerhalb der Militärhierarchie zu festigen.<ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /> In der vorangegangenen Woche hatte Übergangspräsident Mansur ein Dekret verabschiedet, das dem Verteidigungsminister mehr Einfluss einräumte, indem der Verteidigungsminister fortan dem Obersten Militärrat (SCAF) als der mächtigsten Institution in Ägypten vorsitzt, während dem Staatspräsidenten, der zuvor per Gesetz auch Vorsitzender des Obersten Militärrates war, nur noch die Ernennung führender Posten der einzelnen Armeeeinheiten obliegt.<ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /> <br />
<br />
Im Amt blieb zudem der von Menschenrechtlern heftig kritisierte Innenminister Mohammed Ibrahim, der in seinem Amt für die anhaltende Polizeigewalt bei Einsätzen der Sicherheitskräfte verantwortlich ist, bei denen seit dem Sturz Mursis bei Protesten von Islamisten und anderen Regierungsgegnern mindestens 1400 Demonstranten getötet wurden.<ref name="TageblattOL_2014-03-02_NRV" /><ref name="merkur-OL_2014-03-02_NRÄ" /><ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /> Er gilt zudem als treibende Kraft hinter dem Sturz von Mohammed Mursi durch das Militär.<ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /><br />
<br />
===== Reaktionen =====<br />
* Der Regierungswechsel wurde international als [[Rochade]] mit Ziel einer Kandidatur Sisis gewertet, der dann dennoch zunächst wiederum das Verteidigungsministerium übernahm.<ref name="DiePresse-com_2014-03-04_ÄAS">[http://www.webcitation.org/6Nqq7hb7G Ägyptens Armeechef al-Sisi will Präsident werden], DiePresse.com, 4. März 2014, archiviert vom [http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/1570207/Aegyptens-Armeechef-alSisi-will-Praesident-werden?_vl_backlink=/home/politik/index.do Original] am 5. März 2014.</ref> Viele Kritiker behaupteten, in Ägypten finde eine [[Konterrevolution]] unter Führung des Militärchefs Sisi statt.<ref name="tagesschau-de_2014-03-09_REW" /><ref name="tagesschau-de_2014-03-09_WAD" /><br />
* Die [[Verfassungspartei (Ägypten)|Verfassungspartei]] [[Hala Shukrallah]]s kritisierte den Ausschluss der NSF aus der Regierung scharf. Wie weitere liberale und linksgerichtete Parteien forderte sie die Absetzung von Innenminister Mohammed Ibrahim.<ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /><br />
* Aus den Reihen der [[Revolutionäre Sozialisten (Ägypten)|Revolutionären Sozialisten]] (arabisch: الاشتراكيون الثوريون) wurde behauptet, die Regierungsumbildung sei eine Reaktion der Militärs auf die anhaltende Streikwelle im Land und eröffne den regierenden Generälen eine Möglichkeit, sich zu liberal auftretender Regierungsmitglieder zu entledigen. Gewerkschaftsnahe Kreise griffen die neue Arbeitsministerin [[Nahed Al-Ashri]] für ihre Nähe zur Unternehmerseite an. Sie war bereits unter Mubarak im Ministerium beschäftigt und hatte als Vermittlerin bei Arbeitskämpfen fungiert. Sie ersetzte in der neuen Regierung den sozialistische Arbeitsminister [[Kamal Abu Eita]], der als eine von der Regierung kooptierte Galionsfigur der unabhängigen Gewerkschaften gilt.<ref name="jungeWelt_2014-03-03_SKS" /><br />
* [[Farid Zahran]], der stellvertretende Vorsitzende der [[Ägyptische Sozialdemokratische Partei|Ägyptischen Sozialdemokratischen Partei]], sah Anfang März als Grund für den Austausch der Übergangsregierung an, dass somit all diejenigen Minister entfernt worden seien, „die den neuen demokratischen Kräften angehören“. Mit dem Ausschluss dieser Minister sei die Wiederherstellung des Regimes des 2011 gestürzten Präsidenten Husni Mubarak gezielt vorangetrieben worden. Er kritisierte, „die Seilschaften“ des alten Mubarak-Regimes hätten den „kleinen Einfluss“ der seit dem Sturz Mursis durch das Militär „ohnehin kaum an Entscheidungen beteiligten“ demokratischen Kräfte nach dem Putsch „vom ersten Tag an“ bekämpft. Es habe nach dem Putsch eine kontinuierliche konterrevolutionäre Entwicklung durch die Etablierung eines Regimes in Gestalt von Militär, Sicherheitsapparat, Mubarak-nahen Oligarchen und anderen Unterstützern stattgefunden. Zahran sagte weiter zur Kabinettsumbildung: „Das Regime denkt, dass es jetzt, nachdem es die Moslembrüder erledigt hat, gegen alle anderen Widersacher vorgehen kann. Es braucht keine demokratischen Kräfte oder irgendein breites Bündnis. Die Kabinettsumbildung ist nur ein weiterer Schritt auf dem Weg zurück zur Tyrannei.“ Wenn die seit dem Volksaufstand von 2011 politisch aktive Bevölkerung aktiv bleibe, werde sich das Regime unter Sisi jedoch nicht durchsetzen, so Zahran: „Wenn die Leute aktiv bleiben, dann wird die Rückkehr der Tyrannei scheitern.“<ref name="tagesschau-de_2014-03-09_REW">[http://www.webcitation.org/6O45TZUg3 Regierung ebnet Weg für Präsidentenwahlen - Angst vor der nächsten Revolution - Ägyptens Regierung hat ein Gesetz erlassen, das den Weg frei macht für Präsidentenwahlen. Der Favorit, Armeechef Sisi, treibt eine Wiederherstellung des Staates des gestürzten Ex-Präsidenten Mubarak voran. Kritiker fürchten bereits eine neue Revolution], tagesschau.de, 9. März 2014, von Jürgen Stryjak (ARD-Hörfunkstudio Kairo), archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten2252.html Original] am 14. März 2014.</ref><ref name="tagesschau-de_2014-03-09_WAD">[http://www.webcitation.org/6O46M5htn Audio: Warten auf die nächste Revolution] ([http://www.webcitation.org/6O46ParIM MP3], 6'15 Min.), tagesschau.de, 9. März 2014, von Jürgen Stryjak (SWR, Kairo), archiviert vom [http://www.tagesschau.de/multimedia/audio/audio119152.html Original] ([http://media.tagesschau.de/audio/2014/0309/AU-20140309-0113-5401.mp3 MP3]) am 14. März 2014.</ref><br />
* Der Parteichef der [[Partei Starkes Ägypten]], [[Abdel Moneim Abul Futuh]], der zu den Unterstützern der Proteste gegen Präsident Mursi gezählt hatte, dessen Parteigenossen jedoch Haftstrafen erhalten hatten, als sie auf Plakaten dazu aufriefen, beim Verfassungsreferendum gegen die Verfassung zu stimmen, beschrieb nach der Kabinettsumbildung das Klima in Ägypten unter Sisi als von staatlicher [[Repression]] angstgeprägt: „Es herrscht Angst. Die Ägypter haben Angst davor, ihre Meinung zu sagen. Sie befürchten, dass man ihre Häuser stürmt und sie inhaftiert.“ Er glaube nicht, dass ein [[Gleichschaltung|gleichgeschaltetes System]] die Misere Ägyptens beseitigen könne. Er befürchte weitere Aufstände, die einem geordneten Übergang Ägyptens entgegenstehen könnten. Die „Wut des Volkes“ werde anwachsen und es werde „eine neue Revolution gegen die Unterdrückung geben.“<ref name="tagesschau-de_2014-03-09_REW" /><ref name="tagesschau-de_2014-03-09_WAD" /><br />
* [[Rifai Nasrallah]], der Gründer der populärsten Werbekampagne für Sisi, ''Kammel Gamilak'' (deutsch: „Erfülle deine Mission!“), die für die Präsidentschaft Sisis warb und für die Nasrallah nach eigener Angabe 24 Millionen Unterschriften gesammelt haben wollte, sprach sich auch nach der Kabinettsumbildung, in der Sisi seinen Posten als Verteidigungsminister beibehielt, für eine Führung Ägyptens durch Sisi aus: „Feldmarschall al-Sisi hat eine Atmosphäre der Liebe im Land geschaffen. Er opfert sich für das Volk. Er ist ein Geheimdienstmann, der sah, wohin das Land mit Mursi geht. Ihm trauen die Leute zu, dass er Ägypten führen kann.“<ref name="tagesschau-de_2014-03-09_REW" /><ref name="tagesschau-de_2014-03-09_WAD" /><br />
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==== Unions-Fraktionschef Kauder in Kairo ====<br />
[[Datei:Volker kauder hamm cdu.jpg|mini|hochkant|[[Volker Kauder]]]]<br />
Am 27. Februar 2014 traf sich in Kairo [[Volker Kauder]] ([[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]), der Vorsitzende der [[CDU/CSU-Bundestagsfraktion]], während einer mehrtägigen Ägyptenreise mit dem offiziell lediglich als ägyptischer Verteidigungsminister und stellvertretender Ministerpräsident fungierenden, tatsächlich aber die größte Macht ausübenden Mann Ägyptens, Militärchef Sisi.<ref name="DW_2014-02-28_KFM" /><ref name="Welt_2014-03-01_ATA" /> Mit ihm führte er ein auf 45 Minuten geplantes Gespräch, das sich schließlich über zwei Stunden erstreckte.<ref name="Welt_2014-03-01_ATA">[http://www.webcitation.org/6Nti4FqLx Als Touristen ausgeflogen wurden, blieb Kauder - Der Fraktionschef der Union macht sich beim ägyptischen Militärmachthaber für die Rechte koptischer Christen stark], Die Welt, 1. März 2014, von Robin Alexander, archiviert vom [http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article125316500/Als-Touristen-ausgeflogen-wurden-blieb-Kauder.html Original] am 7. März 2014.</ref><ref name="RP-OL_2014-03-07_WDÄ" /><ref name="blogfraktion-de_2014-03-10_WDÄ" /><ref name="CDUCSU-de_2014-02-27_WDÄ" /> Es handelte sich um das erste Gespräch eines hochrangigen deutschen Politikers mit Militärchef Sisi nach dem Inkrafttreten der neuen Verfassung im Januar 2014 und um die vierte Ägyptenreise Kauders innerhalb von drei Jahren.<ref name="CDUCSU-de_2014-02-28_EMS">[http://www.webcitation.org/6Nv7ixrUt Volker Kauder in Ägypten - Europa muss sich in Ägypten wieder stärker engagieren - Abschluss der Reise des Fraktionsvorsitzenden nach Ägypten], www.cducsu.de, 28. Februar 2014, archiviert vom [https://www.cducsu.de/presse/pressemitteilungen/europa-muss-sich-aegypten-wieder-staerker-engagieren Original] am 8. März 2014.</ref><ref name="CDUCSU-de_2014-02-27_WDÄ">[http://www.webcitation.org/6O1MrMgiZ Wir dürfen Ägypten nicht allein lassen - Kauder trifft Verteidigungsminister al-Sisi], www.cducsu.de, 27. Februar 2014, archiviert vom [https://www.cducsu.de/themen/aussen-europa-und-verteidigung/wir-duerfen-aegypten-nicht-allein-lassen Original] am 12. März 2014.</ref><br />
<br />
Zudem führte Kauder, der sich auch zuvor bereits seit längerem mit der Situation der Christen im [[Naher Osten|Nahen Osten]] beschäftigt hatte<ref name="DW_2014-02-28_KFM" /> und als strenggläubiger und den [[Evangelikalismus|Evangelikalen]] nahestehender christlicher [[Hardliner]] seiner Partei gilt,<ref name="taz-de_2013-01-28_HdT">[http://www.webcitation.org/6NxwSldvD Kopten-Bischof Anba Damian - Hüter der Tradition - Anba Damian ist geistiges Oberhaupt der 6.000 Kopten in Deutschland. In Warnungen vor einer „Christenverfolgung“ mischen sich auch fragwürdige Töne], taz.de, 28. Januar 2013, von Daniel Bax, archiviert vom [http://www.taz.de/!109902/ Original] am 10. März 2014.</ref><ref name="Welt_2009-08-11_EAM">[http://www.webcitation.org/6NwJEmbyF Religion - Evangelikale als eine Macht in der deutschen Politik], Die Welt, 11. August 2009, von Mariam Lau, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/deutschland/article4302613/Evangelikale-als-eine-Macht-in-der-deutschen-Politik.html Original] am 9. März 2014.</ref><ref name="taz-de_2010-10-21_RZ">[http://www.webcitation.org/6NxrGMdQI Laizismus in Deutschland - Die religiöse Zumutung], taz.de, 21. Oktober 2010, von Martin Reichert, archiviert vom [http://www.taz.de/!63178/ Original] am 10. März 2014.</ref><ref name="JW_2014-01-30_BiS">[http://www.webcitation.org/6NxrVeexs Evangelikale in Baden-Württemberg?- Bibeltreu im Schwarzwald], Jungle World Nr. 5, 30. Januar 2014, von Luka Holtz, archiviert vom [http://jungle-world.com/artikel/2014/05/49238.html Original] am 10. März 2014.</ref><ref name="pro_2012-08-05_FEC">[http://www.webcitation.org/6Nxs2OvZy Die Evangelikalen: „Fröhliche, evangelische Christen“], pro, 5. August 2012, archiviert vom [http://www.pro-medienmagazin.de/nachrichten/detailansicht/aktuell/die-evangelikalen-emfroehliche-evangelische-christenem/ Original] am 10. März 2014.</ref> Gespräche mit Vertretern aus Politik und Religion in Kairo. Darunter befanden sich unter anderem das Oberhaupt der Kopten, Papst [[Tawadros II.]],<ref name="DW_2014-02-28_KFM" /> der Pfarrer der katholischen Gemeinde, Joachim Schroedel,<ref name="CDUCSU_2014-02-27_VKÄ">[http://www.webcitation.org/6NtiTV7ek Volker Kauder in Ägypten], www.cducsu.de, 27. Februar 2014, archiviert vom [https://www.cducsu.de/themen/aussen-europa-und-verteidigung/volker-kauder-aegypten Original] am 7. März 2014.</ref> der Industrieminister [[Monir Fakhri Abdel Nour]] und Vertreter deutscher Institutionen.<ref name="CDUCSU-de_2014-02-28_EMS" /><br />
<br />
Dass er bei seinem Besuch in Ägypten nicht mit Muslimbrüdern sprach, begründete Kauder mit dem Verbot ihrer Organisation.<ref name="MedienmagazinPro_2014-03-05_KIW" /><br />
<br />
Im Vorfeld seiner Ägyptenreise erklärte Kauder als Grund für den Besuch, dass Ägypten „für die weitere Entwicklung in Nordafrika und dem Nahen Osten ein Schlüsselstaat“ sei. Es sei daher „im deutschen und europäischen Interesse, die Kontakte zu dem Land weiter zu pflegen“. Zudem wolle er sich „vor dem Hintergrund des jüngsten Rücktritts der ägyptischen Regierung“ in Kairo „erneut aus erster Hand über die aktuelle Lage informieren“. „Die Entmachtung der Regierung Mursi und die darauf folgende politische Entwicklung“ habe „zahlreiche Fragen aufgeworfen“, die er mit seinen Gesprächspartnern aus Politik und Gesellschaft diskutieren wolle. Des Weiteren beabsichtige er mit Hinblick auf die Frage der Religionsfreiheit „mit Kopten über ihre Lage zu sprechen“.<ref name="presseportal-de_2014-02-26_ÄIS">[http://www.webcitation.org/6Nv4LeKOU Kauder: Ägypten ist Schlüsselland für Entwicklung in Nordafrika und dem Nahen Osten], www.presseportal.de/pm (Newsroom CDU/CSU - Bundestagsfraktion), 26. Februar 2014, archiviert vom [http://www.presseportal.de/pm/7846/2673909/kauder-aegypten-ist-schluesselland-fuer-entwicklung-in-nordafrika-und-dem-nahen-osten Original] am 8. März 2014.</ref><br />
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===== Appell für europäische Zusammenarbeit mit ägyptischem Militärregime =====<br />
Nach Kauders Angaben präsentierte Sisi sich in dem Gespräch offen über eine Intensivierung des Dialogs mit Deutschland. Sisi soll demnach „um Verständnis für den Kurs Ägyptens in den vergangenen Monaten“ geworben haben.<ref name="CDUCSU-de_2014-02-27_WDÄ" /><br />
<br />
Nach seinem Treffen mit Militärchef Sisi zeigte sich Kauder bereits in Ägypten und nach der Rückkehr in Deutschland optimistisch über die Zukunft Ägyptens.<ref name="DW_2014-02-28_KFM" /><ref name="CDUCSU-de_2014-02-28_EMS" /> Er vertrat die Ansicht, dass das Militär Ägypten voranbringen wolle und forderte dazu auf, den Erklärungen der Vertreter der Streitkräfte Vertrauen zu schenken, dass das Militär nicht dauerhaft politische Verantwortung zu übernehmen beabsichtige.<ref name="DW_2014-02-28_KFM" /> Das Militär wolle seiner Ansicht nach stattdessen nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen das ägyptische Volk selbst über seine Zukunft entscheiden lassen.<ref name="DW_2014-02-28_KFM" /> Wörtlich schrieb Kauder über Militärchef Sisi in einem Gastbeitrag der [[Rheinische Post|Rheinischen Post]]: „Man kann sich täuschen – aber ich habe nicht den Eindruck, dass er Ägypten wieder in eine Militärdiktatur verwandeln will. Nach seiner Aussage sind die Zeiten von Diktatoren wie Pinochet in Chile vorbei. Nehmen wir ihn beim Wort. Er ist ein Mann, dem der Westen Hoffnungen entgegenbringen kann.“<ref name="RP-OL_2014-03-07_WDÄ" /><ref name="blogfraktion-de_2014-03-10_WDÄ" /> Gegenüber dem „Christlichen Medienmagazin“ [[Christlicher Medienverbund KEP#Medienmagazin pro|pro]] erklärte Kauder, er „habe einen ausgesprochen guten Eindruck von al-Sisi“, der ihm „vertrauenswürdig zu sein“ scheine, nach eigenen Worten alle Bevölkerungsgruppen in die Diskussionen einbinden wolle und wisse, dass er einzelne gesellschaftliche Gruppen nicht ausgrenzen könne, wie dies die Muslimbrüder getan hätten.<ref name="MedienmagazinPro_2014-03-05_KIW" /> Gegenüber der [[Die Welt|Welt]] gab Kauder als Grund für seine Einstellung zu Sisi an: „Al-Sisi möchte den Friedensvertrag mit Israel einhalten. Er bekämpft den Terrorismus auf dem Sinai ganz entschieden. Und, was sehr wichtig ist, er hat mir zugesagt, dass in der neuen Verfassung die Religionsfreiheit garantiert wird.“<ref name="Welt_2014-03-01_ATA" /><ref name="Welt_2014-03-01_ATÄ">[http://www.webcitation.org/6NtjBi2w0 Unions-Fraktionschef - Als die Touristen Ägypten verließen, blieb Kauder - Unions-Fraktionschef Volker Kauder durchbricht die Reserviertheit der EU gegenüber Ägyptens Militärmachthaber. Deutschland solle sich engagieren, fordert er und macht sich für die Christen stark], Die Welt, 1. März 2014, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/deutschland/article125308556/Als-die-Touristen-Aegypten-verliessen-blieb-Kauder.html Original] am 7. März 2014.</ref> An die Muslimbrüder gewendet mahnte Kauder, diese könnten sich aber zur Legitimierung von Gewalt nicht auf diese Religionsfreiheit berufen.<ref name="MedienmagazinPro_2014-03-05_KIW" /> Die Anhänger der Muslimbrüder könnten zwar langfristig in die politische Entwicklung integriert werden, „sofern sie der Gewalt abgeschworen“ hätten. „Auch die Anhänger der Muslimbrüder“, so Kauder, müssten aber erst „zur Versöhnung bereit sein“.<ref name="CDUCSU-de_2014-02-28_EMS" /><br />
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Während der Übergangsphase sei es nun nach Kauders Einschätzung vorrangig, eine stabile Sicherheitslage im Land wiederherzustellen, da eine zunehmende Verschlechterung der Sicherheitslage in Ägypten auch Auswirkungen auf Europa haben und beispielsweise weitere Flüchtlingswellen in die EU auslösen könne, so Kauder.<ref name="DW_2014-02-28_KFM">[http://www.webcitation.org/6NtiqRzw5 Kauder fordert mehr Unterstützung für Ägypten], Deutsche Welle, 28. Februar 2014, von Khalid El Kaoutit, archiviert vom [http://www.dw.de/kauder-fordert-mehr-unterst%C3%BCtzung-f%C3%BCr-%C3%A4gypten/a-17464140 Original] am 7. März 2014.</ref><br />
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Kauder folgerte aus seinen Gesprächen in Kairo, dass die Beziehungen zu Ägypten wieder intensiviert werden müssten<ref name="RP-OL_2014-03-07_WDÄ" /><ref name="blogfraktion-de_2014-03-10_WDÄ" /> und forderte, „Europa und Deutschland“ müssten „sich wieder stärker in Ägypten engagieren“,<ref name="DW_2014-02-28_KFM" /><ref name="Welt_2014-03-01_ATA" /><ref name="Welt_2014-03-01_ATÄ" /> da Europa nur so die Möglichkeit besitze, „den Kurs seines Nachbarn im Süden des Mittelmeers zu beeinflussen“.<ref name="Welt_2014-03-01_ATA" /><ref name="Welt_2014-03-01_ATÄ" /><ref name="CDUCSU-de_2014-02-28_EMS" /><ref name="CDUCSU-de_2014-02-27_WDÄ" /> statt die Entwicklung Ländern wie Saudi-Arabien oder Russland zu überlassen.<ref name="RP-OL_2014-03-07_WDÄ" /><ref name="MedienmagazinPro_2014-03-05_KIW" /><ref name="blogfraktion-de_2014-03-10_WDÄ" /> „Ansonsten“, so Kauder, „überlassen wir dies anderen. Daran können wir kein Interesse haben.“<ref name="Welt_2014-03-01_ATA" /><ref name="Welt_2014-03-01_ATÄ" /><ref name="CDUCSU-de_2014-02-28_EMS" /> Das stärkere politische Engagement solle sich unter anderem auf die politische Begleitung des Transformationsprozesses als auch auf die Ausbildung und wirtschaftliche Entwicklung Ägyptens beziehen.<ref name="DW_2014-02-28_KFM" /><br />
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Kauder betonte, dass er die ägyptischen Christen, denen in den vergangenen Jahren seine Hauptsorge gegolten habe, „immer als Seismograf für die Lage betrachtet habe“.<ref name="RP-OL_2014-03-07_WDÄ" /><ref name="blogfraktion-de_2014-03-10_WDÄ" /> Nach Darstellung der Unionsfraktion des Deutschen Bundestags sollen die Kopten „zwischenzeitlich stark unter Druck geraten“. „Insbesondere unter der Herrschaft der Muslimbrüder“, hätten sie gefürchtet, „mehr und mehr ins Abseits zu geraten und ihrer Rechte beraubt zu werden“.<ref name="CDUCSU-de_2014-02-27_WDÄ" /> Sie würden, so Kauders Bericht, nach dem Putsch der gewählten Regierung durch das Militär wieder optimistischer in die Zukunft schauen,<ref name="RP-OL_2014-03-07_WDÄ" /><ref name="blogfraktion-de_2014-03-10_WDÄ" /> zumal sich die Lage der Christen nach Ansicht des koptischen Papstes etwas gegenüber der Lage während der Präsidentschaft Mursis gebessert habe und ein Grund zur Zufriedenheit sei.<ref name="DW_2014-02-28_KFM" /><ref name="CDUCSU-de_2014-02-28_EMS" /> Der koptische Papst habe darauf hingewiesen, dass Schutz der Christen und christlichen Einrichtungen in Ägypten „wesentlich besser geworden ist, als er früher war.“ Es gebe „zwar immer wieder Angriffe auf christliche Kirchen, aber bei weitem nicht mehr in dem Maße wie früher“. Die „neue Regierung“ bemühe sich offenbar mehr um die Christen und gehe auch auf sie zu. Der „Ministerpräsident Ägyptens“ habe „zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten“ eine koptische Kirche betreten.<ref name="MedienmagazinPro_2014-03-05_KIW">[http://www.webcitation.org/6Nv4s6GaG Kauder: „Ich werde mich um die Lage der Christen in Nigeria kümmern“ - Eine neue Dynamik wünscht sich der Franktionsvorsitzende von CDU/CSU, Volker Kauder, im Hinblick auf das deutsche und europäische Engagement in Ägypten. Er selbst will auch verfolgte Christen in Nigeria mehr in den Blick nehmen – und kündigt gegenüber pro eine große Arbeitstagung zur Lage der verfolgten Christen weltweit an], [[Christlicher Medienverbund KEP#Medienmagazin pro|Medienmagazin pro]], 5. März 2014, Gespräch von Stefanie Ramsperger und Jonathan Steinert mit Volker Kauder, archiviert vom [http://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/weltweit/detailansicht/aktuell/kauder-ich-werde-mich-um-die-lage-der-christen-in-nigeria-kuemmern/ Original] am 8. März 2014.</ref> In Hinblick auf die Entwicklungen des religiösen Miteinanders in anderen afrikanischen Ländern „wie Nigeria, Somalia oder Zentralafrika“, so Kauder, sei „man dankbar für die Hoffnungsstrahlen, die man in Ägypten sieht“.<ref name="DW_2014-02-28_KFM" /> Muslime und Christen hätten noch nie so eng zusammen gearbeitet<ref name="CDUCSU-de_2014-02-28_EMS" /> wie beispielsweise bei den Beratungen um die seit Januar geltende Verfassung.<ref name="MedienmagazinPro_2014-03-05_KIW" /> Das christliche Nachrichtenportal idea.de berichtete, Kauder zufolge „atmen nicht nur die Kopten auf, sondern auch evangelische und katholische Christen“. Die neue Verfassung garantiere die Religionsfreiheit und hebe auch die Kirchen hervor. Ägypten sei damit „nicht mehr auf dem Weg zu einem Gottesstaat“.<ref name="idea-de_2014-02-28_KSG">[http://www.webcitation.org/6NvAN4o0Y Ägypten - Kauder sieht gute Chancen für Stabilisierung], www.idea.de, 28. Februar 2014, archiviert vom [http://www.idea.de/detail/menschenrechte/detail/kauder-sieht-gute-chancen-fuer-stabilisierung-in-aegypten-27185.html Original] am 8. März 2014.</ref> Allerdings, so mahnte Kauder, bestehe noch kein Grund zur Euphorie, da die Muslimbrüder zwar verboten seien, aber noch immer ein „mehr oder weniger harter Kern ihrer Anhänger“ aktiv sei, aus dessen Reihen nach „wohl auch die Attacken auf die Christen“ kämen, so Kauder. Kauder erklärte, dass „die koptischen Christen“ die von Militärchef Sisi erklärte Kandidatur zur Präsidentschaftswahl, die von ihnen sehr begrüßt werde, unterstützen werden. Die koptischen Christen würden zunächst in ihren Kreisen für Sisi werben und die Vertreter der koptischen Kirche würden ihre Unterstützung auch öffentlich erklären. Mit zehn Prozent der Bevölkerung bildeten die Kopten in Ägypten ein wahlentscheidendes Potenzial, so Kauder.<ref name="MedienmagazinPro_2014-03-05_KIW" /> Kauder, kündigte an, sein Augenmerk weiter auf die Lage der ägyptischen Kopten zu richten<ref name="DW_2014-02-28_KFM" /> und sagte: „Wir werden den Kontakt zu unseren Glaubensbrüdern und -schwestern halten.“<ref name="CDUCSU-de_2014-02-28_EMS" /><br />
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Die Muslimbrüder hätten seiner Ansicht nach keinen breiten Rückhalt in der Bevölkerung mehr, sondern sich in den wenigen Monaten, in denen sie Präsident und Regierung stellten, offenbar schlichtweg diskreditiert,<ref name="RP-OL_2014-03-07_WDÄ" /><ref name="blogfraktion-de_2014-03-10_WDÄ" /> nachdem sie nach ihren Wahlsiegen beabsichtigt hätten, Ägypten - so Kauder - „in einen islamischen Gottesstaat [zu] verwandeln“. Mursi sei im Juli 2013 zwar „ohne Frage“ „in einem Blutbad“ gestürzt und Ägypten seitdem von „einer von den Militärs beeinflussten Übergangsregierung geführt“ worden, doch habe Kauder die „Ereignisse in den Tagen nach dem 3. Juli 2013“ immer eher „als weiteren Akt der ägyptischen Revolution“ und nicht als „Putsch der Militärs, der zu verurteilen war“ angesehen, ungeachtet dessen, dass Mursi „als gewähltes Staatsoberhaupt demokratisch legitimiert“ war.<ref name="RP-OL_2014-03-07_WDÄ" /><ref name="blogfraktion-de_2014-03-10_WDÄ">[http://www.webcitation.org/6O1MTbiVW Wir dürfen Ägypten nicht anderen überlassen], http://blogfraktion.de, 10. März 2014, von Volker Kauder, archiviert vom [http://blogfraktion.de/2014/03/10/wir-duerfen-aegypten-nicht-anderen-ueberlassen/comment-page-1/ Original] am 12. März 2014.</ref> Nach dem, so Kauder „zweiten Teil der ägyptischen Revolution, die zur Absetzung Mursis geführt“ habe, seien die Beziehungen zwischen Ägypten und Europa „etwas erkaltet“.<ref name="MedienmagazinPro_2014-03-05_KIW" /> „Deutschland, Europa und die USA“ hätten sich nach dem Sturz Mursis dazu entschieden, diesen als Militärputsch zu beurteilen. Sie hätten sich von der neuen Übergangsregierung abgewandt und ihre Beziehungen mehr oder weniger eingefroren. Die USA hätten ihre Militärhilfe gekürzt und die Europäer ihre diplomatischen Kontakte zurückgefahren. Dies könne jedoch nicht so bleiben, so Kauder.<ref name="RP-OL_2014-03-07_WDÄ" /><ref name="blogfraktion-de_2014-03-10_WDÄ" /> Die Diskussion über den „Charakter des Umsturzes“ vom Juli 2013, der zur „Entmachtung der Muslimbrüder geführt“ habe, so Kauder, führe „nun nicht weiter“. Der „ganz überwiegende Teil der Menschen“ schaue nicht mehr zurück, sondern in die Zukunft und dies solle „die europäische Außenpolitik zum Ausgangspunkt ihres Handelns nehmen“. Armeechef Sisi habe deutlich gemacht, dass Ägypten an einer Zusammenarbeit mit Deutschland und Europa sehr interessiert sei.<ref name="CDUCSU-de_2014-02-28_EMS" /> Die „kritischen Punkte“ wie die starke Stellung, die sich das Militär in der Verfassung gesichert hat, der Umstand, dass mehrere Tausende Muslimbrüder ohne Anklage in den Gefängnissen sitzen, die scheinbar bestehende Gefährdung der Pressefreiheit oder auch Einschränkung der Arbeit der deutschen politischen Stiftungen wie durch das Verbot der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ägypten sollten Deutschland und Europa nicht von einer Intensivierung der Beziehungen einschließlich einer verstärkten Entwicklungszusammenarbeit abhalten, forderte Kauder. Die Kooperation müsse spätestens nach der Präsidentschaftswahl beginnen.<ref name="RP-OL_2014-03-07_WDÄ">[http://www.webcitation.org/6NthN3LYz (Gastbeitrag von Volker Kauder -) "Wir dürfen Ägypten nicht anderen überlassen" - Nur wenige Länder haben zuletzt in so kurzer Zeit solche Umbrüche erlebt wie Ägypten. Anfang 2011 wurde Präsident Mubarak entmachtet. Kairo wurde zur Stadt des "Arabischen Frühlings". Als Sieger aus den Wahlen gingen jedoch nicht die Revolutionäre, sondern die Muslimbrüder hervor. Sie wollten das Land in einen islamischen Gottesstaat verwandeln. Doch auch sie waren schnell am Ende] (nachträglich mit Verfasser und als Gastbeitrag gekennzeichnete Version), ([http://www.webcitation.org/6NtaN0Iyi Ursprüngliche anonyme Version]) RP Online, 7. März 2014, von Volker Kauder, archiviert vom [http://www.rp-online.de/politik/ausland/wir-duerfen-aegypten-nicht-anderen-ueberlassen-aid-1.4089251 Original] am 7. März 2014.</ref><ref name="blogfraktion-de_2014-03-10_WDÄ" /> Kauder erklärte: „Die Ägypter brauchen keine Bevormundung und vor allem keine ständigen öffentlichen Hinweise, was sie zu tun und zu lassen haben. Aber sie brauchen Begleitung, Beratung und vor allem Investitionen in Ägypten, damit junge Menschen Arbeit und Ausbildungsplätze haben. Das wird entscheidend sein bei der Frage, ob sich das Land stabilisieren kann.“<ref name="MedienmagazinPro_2014-03-05_KIW" /><br />
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===== Reaktionen und Wertungen =====<br />
Mit seiner Forderung, Europa und Deutschland müssten sich wieder stärker in Ägypten engagieren, um die Entwicklung im eigenen Interesse zu beeinflussen und nicht anderen Staaten zu überlassen, durchbrach Kauder die zuvor reservierte Haltung der EU gegenüber Ägyptens Militärmachthabern.<ref name="Welt_2014-03-01_ATA" /><ref name="Welt_2014-03-01_ATÄ" /><br />
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== Militärgestützte Übergangsregierung - Kabinett Mahlab ==<br />
{{Hauptartikel|Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Mahlab)|Staatskrise in Ägypten 2013/2014}}<br />
Die krisenhaften Verhältnisse in Ägypten setzten sich mit dem Kabinett Mahlab fort. Am 7. März 2014 rügte eine von einer Gruppe von 27 Ländern verfasste UNHRC-Deklaration zur Menschenrechtslage in Ägypten auf der 25. Sitzung des [[UN-Menschenrechtsrat]]s in [[Genf]] die in großem Maßstab angewendeten Gewalt der militärgestützten ägyptischen Übergangsregierung gegen oppositionelle Demonstranten.<ref name="MoFAoD_2014-03-07_DAO">''[http://www.webcitation.org/6O8o5ysfN Denmark and 26 other countries addresses human rights situation in Egypt at HRC25 - Item 2 - Joint statement]'' (englisch). Permanent Mission To The UN In Geneva - Ministry Of Foreign Affairs Of Denmark, 7. März 2014, archiviert vom [http://fngeneve.um.dk/en/news/newsdisplaypage/?newsID=EB280696-2F4F-427A-A721-5963916F2CB2 Original] am 17. März 2014.</ref><ref name="NYT_2014-03-07_UBC">''[http://www.webcitation.org/6O8lUkwHT U.N. Body Criticizes Egyptian Crackdown on Dissent]'' (englisch). The New York Times, 7. März 2014, archiviert vom [http://www.nytimes.com/2014/03/08/world/middleeast/un-body-criticizes-egyptian-crackdown-on-dissent.html Original] am 17. März 2014.</ref><br />
<br />
Während sich Mursi-Anhänger weiterhin wöchentlich zu Protesten gegen den Militärputsch versammelten, wurden am 24. März 2014 in Minya bereits nach einem einzigen Verhandlungstag in dem größten Massenprozess der ägyptischen Geschichte 529 Menschen in erster [[Instanz (Recht)|Instanz]] zum Tod verurteilt, die das Gericht für schuldig befand, einen hochrangigen Polizeibeamten getötet zu haben.<ref name="AhramOL_2014-03-24_EMC">''[http://www.webcitation.org/6OJeNY5Ue UPDATE 4: Egypt's Minya criminal court sentences 529 Brotherhood supporters to death - In the largest set of death sentences handed to defendants in the modern history of Egypt, court orders capital punishment for 529 supporters of ousted president Morsi over murder of police officer]'' (englisch). Ahram Online, 24. März 2014, von El-sayed Gamal Eldeen, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/97396/Egypt/Politics-/BREAKING-Egypts-Minya-criminal-court-sentences--Br.aspx Original] am 24. März 2014.</ref><ref name="stern-de_2014-03-24_GFN">''[http://www.webcitation.org/6OJcq4jtt Ägypten - Gericht fällt nach kurzem Prozess 529 Todesurteile - Das hat es in Ägypten noch nie gegeben: mehr als 500 Todesurteile auf einen Schlag. Die verurteilten Islamisten sollen am Tod eines hohen Polizeioffiziers schuld gewesen sein]'', stern.de, 24. März 2014, archiviert vom [http://www.stern.de/politik/ausland/aegypten-gericht-faellt-nach-kurzem-prozess-529-todesurteile-2098596.html Original] am 24. März 2014.</ref><ref name="tagesschau-de_2014-03-24_TiS">''[http://www.webcitation.org/6OJnNPSUQ Massenprozess gegen Islamisten in Ägypten - Todesurteile im Schnellverfahren]'', tagesschau.de, 24. März 2014, von Anna Osius (ARD-Hörfunkstudio Kairo), archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten-mursi108.html Original] am 24. März 2014.</ref><ref name="taz-de_2014-03-24_5TV">''[http://www.webcitation.org/6OJtuDLvq Massenprozess in Ägypten - 529 Todesurteile verhängt - Nach nur zwei Verhandlungstagen werden hunderte von Menschen zum Tode verurteilt. Sie sind angeblich Muslimbrüder und schuld am Tod eines Polizisten]'', taz.de, 24. März 2014, von Karim El-Gawhary, archiviert vom [http://www.taz.de/Massenprozess-in-Aegypten/!135438/ Original] am 24. März 2014.</ref> Der Schuldspruch löste weltweit heftige Kritik und Empörung aus.<ref name="Handelsblatt_2014-03-24_PGS" /><ref name="Tagesspiegel_2014-03-25_IS5" /><ref name="FAZ-net_2014-03-25_SiS">''[http://www.webcitation.org/6OL3fxFZm Ägypten - Schauprozesse im Schnellverfahren - Vor der Präsidentenwahl werfen die Schauprozesse gegen Gegner des Regimes ein düsteres Licht auf die Menschenrechtslage in Ägypten. Nach den Todesurteilen gegen 529 Muslimbrüder beginnt die Justiz einen weiteren Massenprozess]'', FAZ.net, 25. März 2014, von Markus Bickel, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-schauprozesse-im-schnellverfahren-12863079.html Original] am 25. März 2014.</ref><ref name="DW_2014-03-24_Ü5M">''[http://www.webcitation.org/6OJiptJJS Über 500 Muslimbrüder zum Tode verurteilt]'' (01:36 Min.), Deutsche Welle, 24. März 2014, von Uta Bollow, archiviert vom [http://www.dw.de/%C3%BCber-500-muslimbr%C3%BCder-zum-tode-verurteilt/av-17516912 Original] am 24. März 2014.</ref><ref name="Tagesspiegel_2014-03-24_GuG">''[http://www.webcitation.org/6OJvirtAK 529 Todesurteile in Ägypten - Geächtet und gerichtet]'', Der Tagesspiegel, 24. März 2014, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/529-todesurteile-in-aegypten-geaechtet-und-gerichtet/9661508.html Original] am 24. März 2014.</ref> Sowohl die Europäische Union als auch die USA protestierten gegen den in den westlichen Medien als „Skandalurteil“ titulierten Urteilsspruch vom 24. März.<ref name="Handelsblatt_2014-03-24_PGS">''[http://www.webcitation.org/6OKiycgUu Massenprozess - Proteste gegen Skandalurteil in Ägypten]'', Handelsblatt, 24. März 2014, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/massenprozess-proteste-gegen-skandalurteil-in-aegypten-seite-all/9662672-all.html Original] am 25. März 2014.</ref><ref name="Tagesspiegel_2014-03-25_IS5">''[http://www.webcitation.org/6OKhOWiVP slamisten in Ägypten - Im Schnellprozess: 529 Todesurteile gegen Anhänger von Mohammed Mursi]'', Der Tagesspiegel, 25. März 2014, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/islamisten-in-aegypten-im-schnellprozess-529-todesurteile-gegen-anhaenger-von-mohammed-mursi/9661508.html Original] am 25. März 2014.</ref> Das [[UNHCR|UNO-Kommissariat für Menschenrechte]] (UNHCR) kritisierte den Richterspruch vom 24. März als völkerrechtswidrigen Bruch der internationalen [[Menschenrechte]].<ref name="SpiegelOL_2014-03-25_UPT">''[http://www.webcitation.org/6OL7Fc2BP Ägypten: Uno prangert Todesurteile gegen 529 Muslimbrüder an]'', Spiegel Online, 25. März 2014, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-uno-prangert-todesurteile-gegen-529-muslimbrueder-an-a-960654.html Original] am 25. März 2014.</ref><ref name="ZeitOL_2014-03-25_TVL">''[http://www.webcitation.org/6OLFXQgj5 Ägypten - Todesurteile verstoßen laut UN gegen das Völkerrecht - Ein Prozess voller Fehler, keine klaren Anklagepunkte: Die Vereinten Nationen verurteilen die Todesurteile gegen 529 Islamisten. Ein zweiter Prozess wurde vertagt]'', Zeit Online, 25. März 2014, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-03/aegypten-todesstrafe-mursi-islamisten-prozess-minia Original] am 25. März 2014.</ref><ref name="Welt_2014-03-25_GF6">''[http://www.webcitation.org/6OLFKT2OQ Ägypten - Galgenfrist für 683 ägyptische Muslimbrüder - Nur einen Tag nach den Todesurteilen gegen 529 Muslimbrüder wird der Prozess gegen 683 weitere Angeklagte eröffnet. Die Urteile sollen Ende April fallen – es werden wohl wieder Höchststrafen sein]'', Die Welt, 25. März 2014, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article126186034/Galgenfrist-fuer-683-aegyptische-Muslimbrueder.html Original] am 25. März 2014.</ref><br />
<br />
== Verweise ==<br />
=== Weblinks ===<br />
{{Commonscat|Demonstrations and protests in Egypt in 2013|Proteste in Ägypten 2013}}<br />
<br />
=== Einzelnachweise ===<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Konflikt 2013]]<br />
[[Kategorie:Politik 2013]]<br />
[[Kategorie:Demonstration]]<br />
[[Kategorie:Geschichte (Ägypten)]]</div>LibDutchhttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gemeinsame_Erkl%C3%A4rung_%C3%BCber_die_Macau-Frage&diff=167979721Gemeinsame Erklärung über die Macau-Frage2014-05-05T13:21:47Z<p>LibDutch: /* See also */</p>
<hr />
<div>{{Chinese<br />
|title=Joint declaration of the Government of the People's Republic of China and the Government of the Portuguese Republic on the Question of Macau<br />
|t=中葡聯合聲明<br />
|s=中葡联合声明<br />
|p=Zhōng-Pú Liánhé Shēngmíng<br />
|j=Zung<sup>1</sup>-Pou<sup>4</sup> Lyun<sup>4</sup>-hap<sup>9</sup> Sing<sup>1</sup>-ming<sup>4</sup><br />
|t2=中華人民共和國政府和葡萄牙共和國政府關於澳門問題的聯合聲明<ref>{{cite web<br />
|title=中華人民共和國政府和葡萄牙共和國政府關於澳門問題的聯合聲明<br />
|url=http://www.imprensa.macau.gov.mo/bo/i/88/23/dc/cn/default.asp<br />
|publisher=Government Printing Bureau, Macau Special Administrative Region<br />
|accessdate=2007-12-11<br />
|language= Traditional Chinese}}</ref><br />
|s2 = 中华人民共和国政府和葡萄牙共和国政府关于澳门问题的联合声明<br />
|j2 = Zung<sup>1</sup>-waa<sup>4</sup> Yan<sup>4</sup>-man<sup>4</sup> Gung<sup>6</sup>-wo<sup>4</sup>-gwok<sup>8</sup> zing<sup>3</sup>- fu<sup>2</sup> wo<sup>4</sup> Pou<sup>4</sup>-tou<sup>4</sup>-ngaa<sup>1</sup> Gung<sup>6</sup>-wo<sup>4</sup>-gwok<sup>8</sup> zing<sup>3</sup>- fu<sup>2</sup> gwaan<sup>1</sup>- jyu<sup>1</sup> Ou<sup>3</sup>-mun<sup>4</sup> man<sup>6</sup>-tai<sup>4</sup> dik<sup>7</sup> Lyun<sup>4</sup>-hap<sup>9</sup> Sing<sup>1</sup>-ming<sup>4</sup><br />
|p2 = Zhōnghuá Rénmín Gònghéguó zhèngfŭ hé Pútáoyá Gònghéguó zhèngfŭ guānyú Àomén wèntí de Liánhé Shēngmíng<br />
|por = Declaração Conjunta Do Governo Da República Portuguesa e Do Governo Da República Popular Da China Sobre a Questão De Macau<ref>{{cite web<br />
|title=Declaração Conjunta Do Governo Da República Portuguesa e Do Governo Da República Popular Da China Sobre a Questão De Macau<br />
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|accessdate=2007-12-11<br />
|language=Portuguese}}</ref>}} <br />
<br />
The '''Joint Declaration on the Question of Macau''', or '''Sino–Portuguese Joint Declaration''', was a [[treaty]] between [[Portugal]] and the [[People's Republic of China]] over the status of [[Macau]]. The full name of the treaty is '''Joint Declaration of the Government of the People's Republic of China and the Government of the Portuguese Republic on the question of Macao'''. Signed in March, 1987 the Declaration established the process and conditions of the transfer of the territory from Portuguese rule to the People's Republic of China.<ref name="P1">{{cite web<br />
|title=Joint declaration of the Government of the People's Republic of China and The Government of the Republic of Portugal on the question of Macao<br />
|url=http://bo.io.gov.mo/bo/i/88/23/dc/en/<br />
|publisher=Government Printing Bureau (Macao SAR) <br />
|year=1987<br />
|accessdate=2010-04-26}}</ref> The process was similar to the transfer of [[Hong Kong]] to Chinese sovereignty by the [[United Kingdom]] in 1997.<br />
<br />
==Background==<br />
By the 17th century, Portugal had established colonial rule over Macau after gaining concessions from various Chinese governments. In 1887, Portugal and the [[Qing dynasty]] signed the '''Sino–Portuguese Draft Minutes''' and the '''[[Sino–Portuguese Treaty of Peking]]''', in which China ceded to Portugal the right to "perpetual occupation and government of Macau"; conversely, Portugal pledged to seek China's approval before transferring Macau to another country. Colonial rule continued until 1974, when the [[Carnation revolution]] installed a democratic regime in Portugal that sought to end colonialism. Bilateral talks between China and Portugal led to the status of Macau being established as Chinese territory under Portuguese administration. The full framework of transfer of sovereignty was decided in 1987 with the Sino–Portuguese Joint Declaration.<ref name="P1"/><br />
<br />
==Provisions==<br />
The Declaration provided for Portuguese administration to officially end on 20 December, 1999. Although it would become a full part of the People's Republic of China, Macau would enjoy the status of a [[Special Administrative Region of the People's Republic of China|Special Administrative Region]] (SAR), with full autonomy and self-governance in domestic affairs, economic policy and internal security.<ref name="P1"/><ref name="P4">{{cite web<br />
|url=http://www.fmprc.gov.cn/eng/ljzg/3566/t17778.htm<br />
|publisher=Ministry of Foreign Affairs of the People's Republic of China<br />
|title=What are the main contents of the Sino–Portuguese Joint Declaration on the Question of Macao?<br />
|date=2000-11-15<br />
|accessdate=2010-04-26}}</ref> The system of "[[One country, two systems]]" would be established, exempting Macau from the [[Socialist]] system and several laws decreed by the central government in [[Beijing]].<ref name="P4"/> The [[capitalism|capitalist]], legal system and liberal society enjoyed by Macau would remain unchanged for a minimum of 50 years after the transfer. The Chinese government would not levy taxes on Macau nor make laws pertaining to Macau's governance. The Macau SAR would enjoy a great degree of autonomy in all but foreign affairs and defence, which would remain under Chinese control.<ref name="P1"/> Bearing the name of "Macau, China," Macau would enjoy the right to conclude agreements and arrangements with Portugal and international organisations for its own development. The Chinese [[National People's Congress]] would enact a "Basic Law" that would formalise the respecting of some basic principles of Chinese government in Macau, but leaving other areas untouched.<ref name="P4"/><br />
<br />
==See also==<br />
*[[Sino–Portuguese relations]]<br />
*[[History of Macau]]<br />
*[[One Country, Two Systems]]<br />
*[[Sino-British Joint Declaration]], a similar treaty on the status of [[Hong Kong]]<br />
<br />
==References==<br />
{{reflist}}<br />
<br />
[[Category:Cold War treaties]]<br />
[[Category:History of Macau]]<br />
[[Category:Politics of Macau]]<br />
[[Category:Treaties of the People's Republic of China]]<br />
[[Category:1987 in Portugal]]<br />
[[Category:1987 in China]]<br />
[[Category:1987 in Macau]]<br />
[[Category:Treaties involving territorial changes]]<br />
[[Category:Treaties concluded in 1987]]<br />
[[Category:Treaties entered into force in 1999]]<br />
[[Category:Treaties of Portugal]]<br />
[[Category:China–Portugal relations]]<br />
<br />
[[fr:Déclaration commune sino-portugaise sur la question de Macao]]<br />
[[ko:마카오 반환]]<br />
[[pt:Declaração Conjunta Sino-Portuguesa sobre a Questão de Macau]]<br />
[[zh:中葡聯合聲明]]</div>LibDutchhttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gemeinsame_Erkl%C3%A4rung_%C3%BCber_die_Macau-Frage&diff=167979720Gemeinsame Erklärung über die Macau-Frage2014-05-05T13:20:57Z<p>LibDutch: /* Provisions */</p>
<hr />
<div>{{Chinese<br />
|title=Joint declaration of the Government of the People's Republic of China and the Government of the Portuguese Republic on the Question of Macau<br />
|t=中葡聯合聲明<br />
|s=中葡联合声明<br />
|p=Zhōng-Pú Liánhé Shēngmíng<br />
|j=Zung<sup>1</sup>-Pou<sup>4</sup> Lyun<sup>4</sup>-hap<sup>9</sup> Sing<sup>1</sup>-ming<sup>4</sup><br />
|t2=中華人民共和國政府和葡萄牙共和國政府關於澳門問題的聯合聲明<ref>{{cite web<br />
|title=中華人民共和國政府和葡萄牙共和國政府關於澳門問題的聯合聲明<br />
|url=http://www.imprensa.macau.gov.mo/bo/i/88/23/dc/cn/default.asp<br />
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|s2 = 中华人民共和国政府和葡萄牙共和国政府关于澳门问题的联合声明<br />
|j2 = Zung<sup>1</sup>-waa<sup>4</sup> Yan<sup>4</sup>-man<sup>4</sup> Gung<sup>6</sup>-wo<sup>4</sup>-gwok<sup>8</sup> zing<sup>3</sup>- fu<sup>2</sup> wo<sup>4</sup> Pou<sup>4</sup>-tou<sup>4</sup>-ngaa<sup>1</sup> Gung<sup>6</sup>-wo<sup>4</sup>-gwok<sup>8</sup> zing<sup>3</sup>- fu<sup>2</sup> gwaan<sup>1</sup>- jyu<sup>1</sup> Ou<sup>3</sup>-mun<sup>4</sup> man<sup>6</sup>-tai<sup>4</sup> dik<sup>7</sup> Lyun<sup>4</sup>-hap<sup>9</sup> Sing<sup>1</sup>-ming<sup>4</sup><br />
|p2 = Zhōnghuá Rénmín Gònghéguó zhèngfŭ hé Pútáoyá Gònghéguó zhèngfŭ guānyú Àomén wèntí de Liánhé Shēngmíng<br />
|por = Declaração Conjunta Do Governo Da República Portuguesa e Do Governo Da República Popular Da China Sobre a Questão De Macau<ref>{{cite web<br />
|title=Declaração Conjunta Do Governo Da República Portuguesa e Do Governo Da República Popular Da China Sobre a Questão De Macau<br />
|url=http://www.imprensa.macau.gov.mo/bo/i/88/23/dc/pt/default.asp<br />
|publisher=Government Printing Bureau, Macau Special Administrative Region<br />
|accessdate=2007-12-11<br />
|language=Portuguese}}</ref>}} <br />
<br />
The '''Joint Declaration on the Question of Macau''', or '''Sino–Portuguese Joint Declaration''', was a [[treaty]] between [[Portugal]] and the [[People's Republic of China]] over the status of [[Macau]]. The full name of the treaty is '''Joint Declaration of the Government of the People's Republic of China and the Government of the Portuguese Republic on the question of Macao'''. Signed in March, 1987 the Declaration established the process and conditions of the transfer of the territory from Portuguese rule to the People's Republic of China.<ref name="P1">{{cite web<br />
|title=Joint declaration of the Government of the People's Republic of China and The Government of the Republic of Portugal on the question of Macao<br />
|url=http://bo.io.gov.mo/bo/i/88/23/dc/en/<br />
|publisher=Government Printing Bureau (Macao SAR) <br />
|year=1987<br />
|accessdate=2010-04-26}}</ref> The process was similar to the transfer of [[Hong Kong]] to Chinese sovereignty by the [[United Kingdom]] in 1997.<br />
<br />
==Background==<br />
By the 17th century, Portugal had established colonial rule over Macau after gaining concessions from various Chinese governments. In 1887, Portugal and the [[Qing dynasty]] signed the '''Sino–Portuguese Draft Minutes''' and the '''[[Sino–Portuguese Treaty of Peking]]''', in which China ceded to Portugal the right to "perpetual occupation and government of Macau"; conversely, Portugal pledged to seek China's approval before transferring Macau to another country. Colonial rule continued until 1974, when the [[Carnation revolution]] installed a democratic regime in Portugal that sought to end colonialism. Bilateral talks between China and Portugal led to the status of Macau being established as Chinese territory under Portuguese administration. The full framework of transfer of sovereignty was decided in 1987 with the Sino–Portuguese Joint Declaration.<ref name="P1"/><br />
<br />
==Provisions==<br />
The Declaration provided for Portuguese administration to officially end on 20 December, 1999. Although it would become a full part of the People's Republic of China, Macau would enjoy the status of a [[Special Administrative Region of the People's Republic of China|Special Administrative Region]] (SAR), with full autonomy and self-governance in domestic affairs, economic policy and internal security.<ref name="P1"/><ref name="P4">{{cite web<br />
|url=http://www.fmprc.gov.cn/eng/ljzg/3566/t17778.htm<br />
|publisher=Ministry of Foreign Affairs of the People's Republic of China<br />
|title=What are the main contents of the Sino–Portuguese Joint Declaration on the Question of Macao?<br />
|date=2000-11-15<br />
|accessdate=2010-04-26}}</ref> The system of "[[One country, two systems]]" would be established, exempting Macau from the [[Socialist]] system and several laws decreed by the central government in [[Beijing]].<ref name="P4"/> The [[capitalism|capitalist]], legal system and liberal society enjoyed by Macau would remain unchanged for a minimum of 50 years after the transfer. The Chinese government would not levy taxes on Macau nor make laws pertaining to Macau's governance. The Macau SAR would enjoy a great degree of autonomy in all but foreign affairs and defence, which would remain under Chinese control.<ref name="P1"/> Bearing the name of "Macau, China," Macau would enjoy the right to conclude agreements and arrangements with Portugal and international organisations for its own development. The Chinese [[National People's Congress]] would enact a "Basic Law" that would formalise the respecting of some basic principles of Chinese government in Macau, but leaving other areas untouched.<ref name="P4"/><br />
<br />
==See also==<br />
*[[Sino–Portuguese relations]]<br />
*[[History of Macau]]<br />
*[[One Country, Two Systems]]<br />
*[[Sino–British Joint Declaration]], a similar treaty on the status of [[Hong Kong]]<br />
<br />
==References==<br />
{{reflist}}<br />
<br />
[[Category:Cold War treaties]]<br />
[[Category:History of Macau]]<br />
[[Category:Politics of Macau]]<br />
[[Category:Treaties of the People's Republic of China]]<br />
[[Category:1987 in Portugal]]<br />
[[Category:1987 in China]]<br />
[[Category:1987 in Macau]]<br />
[[Category:Treaties involving territorial changes]]<br />
[[Category:Treaties concluded in 1987]]<br />
[[Category:Treaties entered into force in 1999]]<br />
[[Category:Treaties of Portugal]]<br />
[[Category:China–Portugal relations]]<br />
<br />
[[fr:Déclaration commune sino-portugaise sur la question de Macao]]<br />
[[ko:마카오 반환]]<br />
[[pt:Declaração Conjunta Sino-Portuguesa sobre a Questão de Macau]]<br />
[[zh:中葡聯合聲明]]</div>LibDutchhttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Pr%C3%A4sidentschaftswahl_in_%C3%84gypten_2014&diff=130055803Präsidentschaftswahl in Ägypten 20142014-05-03T08:55:23Z<p>LibDutch: /* Teilnehmende Kandidaten */</p>
<hr />
<div>Am 26. und 27. Mai '''2014''' sollen die ersten demokratischen '''Präsidentschaftswahl in [[Ägypten]]''' nach dem Sturz [[Mohammed Mursi]]s stattfinden. Sollte eine Stichwahl nötig sein, ist diese für Mitte Juni 2014 geplant. Das Endergebnis soll dann spätestens am 26. Juni 2014 feststehen.<br />
<br />
== Teilnehmende Kandidaten ==<br />
{| class="wikitable"<br />
|+Erklärte Präsidentschaftskandidaten<br />
|-<br />
| style="width:14%;" align=center| [[Datei:Egyptian_Minister_of_Defense_Abdel_Fatah_Al_Sisi.jpg|160x160px]]<br />
| style="width:14%;" align=center| <br />
| style="width:14%;" align=center| [[Datei:Hamdeen Sabahi.jpg|160x160px]]<br />
| style="width:14%;" align=center| [[Datei:Khaled Ali announces his candidacy.jpg|160x160px]]<br />
|- style="text-align:center;"<br />
| style="width:14%;"| [[Abd al-Fattah as-Sisi]]<br />
| style="width:14%;"| [[Hala Schukrallah]]<br />
| style="width:14%;"| [[Hamdin Sabahi]]<br />
| style="width:14%;"| [[Khaled Ali]]<br />
|-<br />
|width=14%| Generalfeldmarschall und Verteidigungsminister<br />
|width=14%| [[Kopten|koptische]] [[Christentum in Ägypten|Christin]], Vorsitzende der liberalen [[Verfassungspartei (Ägypten)|Verfassungspartei]]<br />
|width=14%| Vorsitzender der nasseristischen [[Partei der Würde]]<br />
|width=14%| Anwalt und Arbeiteraktivist; Ex-Vorsitzender des Ägyptischen Zentrums für Wirtschaftliche und Soziale Rechte; Gründungsmitglied des Rechtszentrums Hischam Mubarak<br />
|}<br />
<br />
[[Hamdin Sabahi]] von der [[Partei der Würde]] kündigte seine Kandidatur am 8. Februar 2014 an.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.jpost.com/Breaking-News/Egypts-Sabahi-says-to-contest-presidency-340783|titel=Egypt's Sabahi says to contest presidency|werk=[[Jerusalem Post]]|datum=2014-02-08|zugriff=2014-02-10}}</ref> Die [[Partei des Lichts]] wird niemanden für die Präsidentschaft nominieren.<ref>{{Internetquelle|url=http://thecairopost.com/news/94728/news/nour-party-aims-for-majority-of-parliamentary-seats|titel=Nour Party aims for majority of parliamentary seats|werk=Cairo Post|datum=2014-02-24|zugriff=2014-02-24}}</ref> Die [[Neue Wafd-Partei]] erklärte ebenfalls am 27. Januar 2014, dass sie niemanden nominieren wird.<ref>{{Internetquelle|url=http://thecairopost.com/news/80757/politics/wafd-party-will-not-nominate-any-members-for-presidential-elections|titel=Wafd Party will not nominate any members for presidential elections|werk=Cairo Post|datum=2014-01-27|zugriff=2014-02-10}}</ref> Die ''Salafistenfront'' konnte sich nicht auf eine Haltung zu der Wahl einigen.<ref>{{Internetquelle|url=http://thecairopost.com/news/100461/politics/salafist-front-undecided-on-presidential-elections|titel=Salafist Front undecided on presidential elections|werk=Cairo Post|datum=2014-03-07|zugriff=2014-03-08}}</ref><br />
<br />
Der derzeitige Interimspräsident [[Adli Mansur]] erklärte im November 2013, dass er nicht zur (Wieder-)Wahl antreten wird.<ref>{{Internetquelle|url=http://english.ahram.org.eg/News/86879.aspx|titel=Egypt's interim president Adly Mansour says won't run for presidency|werk=Reuters|datum=2013-11-19|zugriff=2013-11-19}}</ref> Auch [[Amr Mussa]] wird nicht wieder antreten.<ref name=ei16jan>{{Internetquelle|url=http://www.egyptindependent.com//news/amr-moussa-i-will-not-run-president|titel=Amr Moussa: I will not run for president|werk=Egypt Independent|datum=2014-01-16|zugriff=2014-01-31}}</ref><br />
[[Abdel Moneim Abul Futuh]] verzichtete am 9. Februar 2014 auf eine Kandidatur.<ref name=ao9feb>{{Internetquelle|url=http://english.ahram.org.eg/News/93799.aspx|titel=Egypt's Aboul-Fotouh will not run for president, party to boycott|werk=Ahram Online|datum=2014-02-09|zugriff=2014-02-10}}</ref><br />
<br />
Generalfeldmarschall [[Abd al-Fattah as-Sisi]] kündigte in einem Interview vom 5. Februar 2014 mit der [[kuwait]]ischen Zeitung [[al-Seyassah]] an, dass er zur Wahl antreten werde;<ref>{{Internetquelle|url=http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2014/02/egypt-army-chief-confirms-presidential-bid-201425225057233402.html|titel=Egypt's army chief Sisi to run for president|werk=[[al-Dschasira]]|datum=2014-02-05|zugriff=2014-02-05}}</ref> allerdings dementierte die [[Streitkräfte Ägyptens|ägyptische Armee]], dass as-Sisi antreten wird.<ref>{{Internetquelle|url=http://english.ahram.org.eg/News/93576.aspx|titel=Egypt army denies El-Sisi candidacy announcement|werk=Ahram Online|datum=2014-02-06|zugriff=2014-02-06}}</ref><br />
<br />
Am 13. März 2014 kündigte Generalleutnant [[Sami Hafez Enan]] an, dass er nicht bei der Präsidentschaftswahl antreten werde.<ref>{{Internetquelle|url=http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/96580/Egypt/Politics-/Anan-wont-run-in-the-upcoming-Presidential-electio.aspx|titel=Anan won't run in the upcoming Presidential elections|werk=Ahram Online|datum=2014-03-13|zugriff=2014-03-13}}</ref> Der Arbeitsrechtler [[Khaled Ali]] zog seine Kandidatur am 16. März 2014 zurück.<ref>{{Internetquelle|url=http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/96800/Egypt/Politics-/Khaled-Ali-says-he-wont-stand-in-presidential-elec.aspx|titel=Khaled Ali says he won't stand in presidential election|werk=Ahram Online|datum=2014-03-16|zugriff=2014-03-17}}</ref> Auch [[Ahmad Schafiq]] kündigte am 20. März an, dass er nicht wieder zur Wahl antreten werde.<ref>{{Internetquelle|url=http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/97155/Egypt/Politics-/Shafiq-not-running-in-Egypts-upcoming-presidential.aspx|titel=Shafiq not running in Egypt's upcoming presidential elections|werk=Ahram Online|datum=2014-03-20|zugriff=2014-03-20}}</ref><br />
<br />
== Unterstützung und Opposition ==<br />
Die [[Jugendbewegung des 6. April]], die Koordinationsfront des 30. Juni und die Ex-[[Tamarod]]-Jugend trafen sich mit [[Khaled Ali]] und [[Hamdin Sabahi]], um einen gemeinsamen Kandidaten der „zivilen“ Kräfte zu küren.<ref>{{Internetquelle|url=http://thecairopost.com/news/82382/politics/civil-forces-to-agree-on-one-presidential-candidate-to-represent-them|titel=Civil forces to agree on one presidential candidate to represent them|werk=Egypt Independent|datum=2014-01-30|zugriff=2014-01-30}}</ref> Der 6. April ist gegen die Kandidatur as-Sisis.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.dailynewsegypt.com/2014/03/05/6-april-youth-movement-oppose-al-sisi-presidential-bid/|titel=6 April Youth Movement oppose Al-Sisi presidential bid|werk=Daily News Egypt|datum=2014-03-05|zugriff=2014-03-05}}</ref> Die [[Partei Starkes Ägypten]] von Abdel Moneim Abul Futuh ist ebenfalls gegen die Kandidatur as-Sisis.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.egyptindependent.com//news/strong-egypt-party-says-sisi-nomination-infringes-civil-country|titel=Strong Egypt Party says Sisi nomination infringes the civil country|werk=Egypt Independent|datum014-01-28|zugriff=2014-01-28}}</ref> Die [[Revolutionäre Sozialisten|Revolutionären Sozialisten]] konstatierten, dass sie in Verhandlungen mit mehreren Präsidentschaftskandidaten stehen und zu Khaled Ali tendieren.<ref>{{Internetquelle|url=http://thecairopost.com/news/99469/politics/revolutionary-socialists-to-declare-favored-presidential-candidate-by-weeks-end|titel=Revolutionary Socialists to declare favored presidential candidate by week’s end|werk=Cairo Post|datum=2014-03-04|zugriff=2014-03-04}}</ref><br />
<br />
Die Bewegung ''Finish Your Favor'' erklärte, dass sie 26 Millionen Unterschriften gesammelt habe, die as-Sisi zur Präsidentschaftskandidatur aufrufen würden.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.dailynewsegypt.com/2014/01/21/misr-balady-front-calls-on-al-sisi-to-run-for-presidency/|titel=Misr Balady Front calls on Al-Sisi to run for presidency|werk=Reuters|datum=2014-01-21|zugriff=2014-02-21}}</ref> Der Block Revolutionärer Kräfte unterstützt ebenfalls as-Sisis Kandidatur.<ref>{{Internetquelle|url=http://thecairopost.com/news/85553|titel=Revolutionary Forces Bloc declares support for Sisi’s bid for president|werk=TheCairoPost|zugriff=2014-03-24}}</ref> Die [[Partei des Lichts]] will warten, bis alle Kandidaten registriert sind, um dann einen Kandidaten zu wählen, den sie unterstützen wird.<ref name=mm10feb>{{Internetquelle|url=http://madamasr.com/content/no-nour-party-candidate-many-ideas-other-presidential-hopefuls|titel=No Nour Party candidate, but many ideas for other presidential hopefuls|werk=Mada Masr|datum=2014-02-10|zugriff=2014-02-23}}</ref><br />
<br />
[[Tamarod]] unterstützt offiziell as-Sisi.<ref>{{Internetquelle|url=http://thecairopost.com/news/86535/politics/tamarod-officially-supports-al-sisi-as-president|titel=Tamarod officially supports al-Sisi as president|werk=Cairo Post|datum=2014-02-07|zugriff=2014-02-07}}</ref> Die beiden Mitgründer der Tamarod Hassan Schahin und Mohamed Abel Aziz unterstützen allerdings Hamdin Sabahi.<ref>{{Internetquelle|url=http://thecairopost.com/news/87051/politics/aziz-shahin-and-qady-suspended-from-tamarod|titel=Aziz, Shahin and Qady suspended from Tamarod|werk=Cairo Post|datum=2014-02-09|zugriff=2014-02-08}}</ref> Andere führende Tamarod-Mitglieder, insgesamt über 50, gaben ein Statement heraus, das ihre Unterstützung für Sabahi ausdrückte.<ref>{{Internetquelle|url=http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/93804/Egypt/Politics-/More-Tamarod-members-back-Sabbahi-candidacy.aspx|titel=More Tamarod members back Sabbahi candidacy|werk=Ahram Online|datum=2014-02-09|zugriff=2014-02-10}}</ref><br />
<br />
Amr Mussa erklärte, dass as-Sisi der qualifizierteste Kandidat für die Präsidentschaft sei.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.egyptindependent.com//news/amr-moussa-sisi-most-qualified-president|titel=Amr Moussa: Sisi most qualified for president|werk=Egypt Independent|datum=2014-01-31|zugriff=2014-01-31}}</ref> Die ''Volksbewegung'' hingegen unterstützt offiziell Sabahi als Präsidenten.<ref>{{Internetquelle|url=http://thecairopost.com/news/88149/politics/popular-current-members-support-sabbahis-candidacy|titel=Popular Current members support Sabbahi’s candidacy|werk=Cairo Post|datum=2014-02-11|zugriff=2014-02-11}}</ref> <br />
<br />
Die [[Gemäßigte Front]], bestehend aus ehemaligen Mitgliedern des [[al-Dschihad]], der [[Muslimbrüder]] und ehemaligen [[al-Dschamāʿa al-islāmiyya|Gamaa Islamija]]-Mitgliedern, unterstützt as-Sisi.<ref>{{Internetquelle|url=http://thecairopost.com/news/86550/politics/islamic-alliance-mb-dissidents-intensify-efforts-for-sisi-candidacy|titel=Islamic Alliance, MB dissidents intensify efforts for Sisi candidacy|werk=Cairo Post|datum=2014-02-08|zugriff=2014-02-10}}</ref> Die [[Sozialistische Volksallianz]] und die [[Ägyptische Sozialdemokratische Partei]] konnten sich auch am 11. Februar 2014 nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen.<ref>{{Internetquelle|url=http://thecairopost.com/news/87721/politics/esdp-yet-to-decide-on-presidential-candidate|titel=ESDP yet to decide on presidential candidate|werk=Cairo Post|datum=2014-02-11|zugriff=2014-02-11}}</ref> Die [[National-Progressive Unionistische Sammlungspartei|Tagamo]] kündigte am 16. Februar 2014 an, dass sie as-Sisi als Kandidaten unterstützen werde.<ref>{{Internetquelle|url=http://en.aswatmasriya.com/news/view.aspx?id=b7ee52e9-5745-4667-b57a-ca27acda0910|titel=Tagamoa Party says backs Sisi's presidential bid|werk=Aswat Masriya|datum=2014-02-16|zugriff=2014-03-17}}</ref><br />
<br />
== Kritik ==<br />
Die radikalislamische [[Partei für Unversehrtheit und Entwicklung]], der politische Flügel des [[al-Dschihad]], kündigte am 28. Januar 2014 an, dass sie die kommenden Wahlen boykottieren werde.<ref>{{Internetquelle|url=http://thecairopost.com/news/81145/politics/islamic-party-to-boycott-elections-continue-demonstrations|titel=Islamic Party to boycott elections, continue demonstrations|werk=Cairo Post|datum=2014-01-28|zugriff=2014-02-11}}</ref> Auch die [[Partei Starkes Ägypten]] kündigte am 9. Februar 2014 an, dass sie die Wahl boykottieren werde.<ref name=ao9feb/> [[Aiman Nur]] und seine [[al-Ghad-Partei|Morgen-Partei der Revolution]] kündigten am selben Tag an, dass sie die Wahl ebenfalls boykottieren würden.<ref>{{Internetquelle|url=http://thecairopost.com/news/87508/politics/ayman-nour-boycotts-upcoming-presidential-elections|titel=Ayman Nour boycotts upcoming presidential elections|werk=Cairo Post|datum=2014-02-09|zugriff=2014-02-23}}</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Wahlen in Ägypten}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Praesidentschaftswahl in Aegypten 2014}}<br />
[[Kategorie:Präsidentschaftswahl in Ägypten]]<br />
[[Kategorie:Präsidentschaftswahl 2014|Agypten]]</div>LibDutchhttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Milit%C3%A4rputsch_in_%C3%84gypten_2013&diff=130055801Militärputsch in Ägypten 20132014-05-03T08:55:20Z<p>LibDutch: /* TV-Rede Sisis */</p>
<hr />
<div>{{Infobox Militärischer Konflikt<br />
|KONFLIKT = Militärputsch in Ägypten 2013<br />
|TEILVON =<br />
|BILD = <br />
|BILDBREITE =<br />
|BESCHREIBUNG = <br />
|DATUM = [[3. Juli]] [[2013]]<br />
|DATUMBIS =<br />
|ORT = [[Tahrir-Platz]] und [[Heliopolis (Stadtteil)|Heliopolis]] in [[Kairo]] sowie [[Alexandria]], [[Port Said]] und [[Sues]]<br />
|AUSGANG = Entmachtung von Staatspräsident [[Mohammed Mursi]]<br />
|FOLGEN = • Aufhebung der [[Verfassung der Republik Ägypten#Verfassung von 2012|Verfassung von 2012]]<br />• [[Adli Mansur]] wird [[Übergangsregierung|Interimspräsident]]<br />• Ankündigung von neuen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen<br />• [[Hasim al-Beblawi]] wird [[Liste der Premierminister von Ägypten#Regierungschefs seit 1953|Interims&shy;premier&shy;minister]]<br />
|KONTRAHENT1 = [[Datei:Flag of the Muslim Brotherhood.gif|25px|Flagge der Muslimbrüder]] [[Muslimbruderschaft]]<br />[[Datei:Freiheits- und Gerechtigkeitspartei Logo.png|25px|Logo der Freiheits- und Gerechtigkeitspartei]] [[Freiheits- und Gerechtigkeitspartei]]<br />
|KONTRAHENT2 = {{EGY|Ziel=Streitkräfte Ägyptens}}<br />[[Tamarod]]<br />[[Nationale Heilsfront]]<br />
|BEFEHLSHABER1= [[Mohammed Mursi]]<br />[[Muhammad Badi'e]]<br />[[Saad al-Katatni]]<br />
|BEFEHLSHABER2= [[Abd al-Fattah as-Sisi]]<br />
|TRUPPENSTÄRKE1=<br />
|TRUPPENSTÄRKE2=<br />
|TRUPPENSTÄRKE3=<br />
|VERLUSTE1 =<br />
|VERLUSTE2 =<br />
|VERLUSTE3 = 30. Juni - 5. Juli: 90 Tote,<ref name="worldbulletin_2013-07-06_9EK" /> mehr als 860 Verletzte.<ref>''[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/aegypten-nach-dem-umsturz-verflogen-ist-der-jubel-12271522.html Ägypten nach dem Umsturz: Verflogen ist der Jubel.]'' Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Juli 2013, abgerufen am 5. Juli 2013.</ref><ref name="SZ_2013-07-04_CdMf">''[http://www.sueddeutsche.de/politik/nach-sturz-mursis-chef-der-muslimbrueder-festgenommen-1.1712240 Nach Sturz Mursis: Chef der Muslimbrüder festgenommen.]'' Süddeutsche Zeitung, 4. Juli 2013, abgerufen am 5. Juli 2013.</ref><ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /><br>8. Juli: über 50 Tote,<ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN">''[http://www.webcitation.org/6Iv4Ajpgl Ägypten nach neuem Gewaltexzess am Rande des Abgrunds]'', Reuters Deutschland, 28. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/topNews/idDEBEE96R01N20130728 Original] am 16. August 2013.</ref> mehr als 400 Verletzte.<ref name="20min-ch_2013-07-08_Ü5T" /><ref name="taz_2013-08-22_AZV" /><br />
|NOTIZEN =<br />
|ÜBERBLICK =<br />
}}<br />
Beim '''Militärputsch in Ägypten 2013''' handelt es sich um einen [[Putsch]] des [[Streitkräfte Ägyptens|ägyptischen Militärs]] unter Führung des [[Oberster Rat der Streitkräfte|Militärratschefs]] [[Abd al-Fattah as-Sisi]] gegen die erste demokratisch gewählte Regierung [[Ägypten]]s unter Staatspräsident [[Mohammed Mursi]]. Am 3. Juli 2013 setzte die Militärführung nach vorherigem 48-stündigen [[Ultimatum]] den Staatspräsidenten ab, die Verfassung außer Kraft und übernahm die Macht.<ref name="Reuters-DE_2013-07-30_EWÄ">''[http://www.webcitation.org/6KJ73fIid EU will in Ägypten eine friedliche Lösung vermitteln]'', Reuters Deutschland, 30. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE96T02U20130730 Original] am 12. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Die Militärintervention war nach anhaltenden und zunehmend gewalttätigen Protesten gegen die der [[Islamismus|islamistischen]] ägyptischen [[Muslimbrüder|Muslimbruderschaft]] nahestehende Regierung Mursis erfolgt und verschärfte die [[Staatskrise in Ägypten 2013|Staatskrise in Ägypten]].<ref name="Reuters-DE_2013-07-30_EWÄ" /> Die Militärführung begründete die Absetzung Mursis mit dem Argument, es reagiere mit einer „Zweiten Revolution“ auf den Willen des Volkes,<ref name="VOANews_2013-07-08_AL5" /><ref name="Reuters-DE_2013-11-03_ÄGP">''[http://www.webcitation.org/6KqywYtjp Ägyptens gestürzter Präsident Mursi vor Gericht]'', Reuters Deutschland, 3. November 2013, von Michael Georgy, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE9A200920131103 Original] am 3. November 2013.</ref><ref name="Süddeutsche-de_2013-11-04_MWS">''[http://www.webcitation.org/6KtCIirTF Prozess gegen Ägyptens Ex-Präsidenten - Mursi will sich selbst verteidigen]'', Süddeutsche.de, 4. November 2013, von Tomas Avenarius, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/prozess-gegen-aegyptens-ex-praesidenten-mursi-will-sich-selbst-verteidigen-1.1809742 Original] am 5. November 2013.</ref> das mit politischen und ökonomischen Missständen unzufrieden gewesen sei. Die ägyptischen Generale rechtfertigten den Putsch im Juli zudem mit der Behauptung, dass die Muslimbrüder einer Agenda der [[Vereinigte Staaten von Amerika|USA]] und der [[Europäische Union|EU]] folgten und gleichzeitig eine Politik des [[Terrorismus|Terrors]] betrieben, wie auf dem [[Sinai-Halbinsel|Sinai]], wo [[Gotteskrieger|Dschihadisten]] das Militär seit mehr als einem Jahr bekämpften.<ref name="Süddeutsche-de_2013-11-04_MWS" /> Westliche Medien berichteten, die Absetzung Mursis sei erfolgt, nachdem dieser die Hoffnungen vieler Ägypter auf eine Demokratisierung nach dem Sturz Mubaraks enttäuscht habe.<ref name="Reuters-DE_2013-11-03_ÄGP" /> Anhänger des gestürzten Präsidenten Mursi und [[Menschenrechtsorganisation|Menschenrechtsgruppen]] warfen dem Militär vor, den gewählten Präsidenten durch einen Putsch gestürzt zu haben und zum Regime des langjährigen Machthabers [[Husni Mubarak]] zurückkehren zu wollen.<ref name="Reuters-DE_2013-11-01_SIÄ">''[http://www.sueddeutsche.de/politik/spannungen-in-aegypten-wachsen-vor-mursi-prozess-1.1808908 Spannungen in Ägypten wachsen vor Mursi-Prozess]'', Reuters Deutschland, 1. November 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE9A006F20131101 Original] am 2. November 2013.</ref><ref name="Süddeutsche-de_2013-11-01_SIÄ">''[http://www.webcitation.org/6Kptdg8kZ Spannungen in Ägypten wachsen vor Mursi-Prozess]'', Süddeutsche.de, 1. November 2013, abgerufen am 2. November 2013. (Reuters-Videokanal).</ref><br />
<br />
Bei dem Sturz Mursis wirkte eine Allianz aus Militärs, Justiz und Sicherheitsapparat zusammen.<ref name="FAZ_2013-11-04_GAP">''[http://www.webcitation.org/6Kt6FPruZ Mursi-Prozess in Ägypten - Der Gerichtssaal als politische Bühne]'', Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. November 2013, von Markus Bickel, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/mursi-prozess-in-aegypten-der-gerichtssaal-als-politische-buehne-12647892.html Original] am 4. November 2013.</ref> Der [[Putsch]] wurde vom [[Koptische Kirche|koptischen]] [[Patriarch]]en, Papst [[Tawadros II.]], dem [[Imam]] der Kairoer [[Al-Azhar-Universität]], Großscheich [[Ahmed Tayeb]], Vertretern der Protestbewegung [[Tamarod]] sowie zumindest anfänglich vom [[Linksliberalismus|linksliberalen]] Führer des Oppositionsbündnisses [[Nationale Heilsfront]], [[Mohammed el-Baradei]], und Vertretern der [[Salafisten|salafistischen]] [[Partei des Lichts|Nur-Partei]] offiziell unterstützt und begrüßt.<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /><ref name="n-tv_2013-07-03_ZWL" /><ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="Spiegel-OL_2013-07-03_ÄMS" /><ref name="Zeit-OL_2013-07-04_EBP" /><ref name="phoenix_2013-07-03_AZL" /><ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" /> Die Militärführung setzte eine teilweise zivile, anti-islamistische und nicht gewählte Übergangsregierung unter Interimspräsident [[Hasim al-Beblawi]] ein, worauf die [[Staatskrise in Ägypten 2013|Staatskrise]] weiter eskalierte.<ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /> Sämtliche [[Christentum|christliche]] [[Bischof|Bischöfe]] sowie der Koptenpapst [[Tawadros II.]] dankten dem Militär für den Sturz Mursis und [[Sanktion|sanktionierten]] so nach Einschätzung des [[Römisch-katholische Kirche|katholischen]] Beauftragten der [[Deutsche Bischofskonferenz|Deutschen Bischofskonferenz]] in Kairo die Toten von offizieller kirchlicher Seite.<ref name="Welt_2013-11-05">''[http://www.webcitation.org/6KvFeadko Ägypten - "Herrschaft der Islamisten war eine dunkle Wolke"]'', Die Welt, 5. November 2013, Interview mit Joachim Schroedel, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article121533352/Herrschaft-der-Islamisten-war-eine-dunkle-Wolke.html Original] am 6. November 2013.</ref><br />
<br />
== Hintergrund ==<br />
{{Hauptartikel|Staatskrise in Ägypten 2013}}<br />
Nach der Revolution von 2011 schränkten weder die islamistisch noch die nicht-islamistisch geprägten postrevolutionären Eliten den politischen Einfluss des Militärs, das in Ägypten traditionell die eigentliche Quelle der Macht war, wirkungsvoll ein, so dass es zu einer Rückkehr des alten Systems mit zivilem Anschein kam.<ref name="phoenix_2013-08-18_Mudhoon">Loay Mudhoon; in: ''[http://www.webcitation.org/6KMzBSA5O Aufruhr in Ägypten - wird aus dem arabischen Frühling ein blutiger Herbst?]'', Presseclub (ARD), 18. August 2013, Moderation: WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn; Gesprächspartner: Bettina Gaus (taz), Richard Kiessler, Loay Mudhoon (Deutsche Welle), Cornelia Wegerhoff (WDR), archiviert vom [http://www.phoenix.de/content/phoenix/die_sendungen/diskussionen/729157 Original] am 14. Oktober 2013. Zugleich: [https://www.youtube.com/watch?v=l4CQLU3XkT8 Aufruhr in Ägypten - Presseclub am 18. August 2013], YouTube, veröffentlicht vom YouTube-Kanal am 19. August 2013 [https://www.youtube.com/user/phoenix phoenix]; [http://mediathek.daserste.de/sendungen_a-z/311790_presseclub/16554576_aufruhr-in-aegypten-wird-aus-dem-arabischen?buchstabe=P Aufruhr in Ägypten - wird aus dem arabischen Frühling ein blutiger Herbst?], ARD Mediathek.</ref> Während rund ein Drittel der Bevölkerung mit den [[Muslimbrüder]]n und Präsident Mursi sympathisierte, stützten sich die Generäle des Militärs vor allem auf den sogenannten „[[Tiefer Staat|Tiefen Staat]]“, also die ehemaligen [[Husni Mubarak|Mubarak]]-Anhänger, die weiterhin in Verwaltung, Justiz und bei der Polizei Positionen einnahmen. Diese Gruppen, die seit der [[Revolution in Ägypten 2011|ägyptischen Revolution von 2011]] viel Macht und finanzielle Mittel verloren hatten, drängten schon seit längerer Zeit auf eine [[Restauration (Geschichte)|Restauration]] und setzten auf einen neuen Regierungschef, der durch eine [[Konterrevolution]] ein ähnliches System wie unter Mubarak installieren würde.<ref name="tagesschau-de_2013-08-19_WSÜ">''[http://www.webcitation.org/6KG5yV6pf Wer stützt die Übergangsregierung? - Ägyptens Generäle haben neue Freunde]'', tagesschau.de, 19. August 2013, Interview von Alexander Steininger mit Gunter Mulack, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/interview-mulack-aegypten100.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Mursi traf auf großen Widerstand in den Institutionen. Die Medien, die Mursi nicht kontrollierte, machten gegen ihn Front. Das Establishment in Justiz und Bürokratie behinderte seine Politik nach Kräften. Das Verfassungsgericht löste 2012 das [[Parlament]] und die [[Verfassunggebende Versammlung]] auf, wo die Muslimbrüder die Mehrheit hatten. Die ständigen Versuche der Justiz, die gewählten [[Gremium|Gremien]] aufzulösen, konnten bereits als Anläufe für einen kommenden Putsch betrachtet werden.<ref name="Zeit-OL_2013-07-04_EBP">''[http://www.webcitation.org/6KGbyRF1i Ägypten - Ein böser Präzedenzfall]'', Zeit Online, 4. Juli 2013, von Michael Thumann, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-militaer-putsch-demokratie-mursi Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Nachdem sich Mursi dann im November 2012 per Selbstermächtigungsdekret über die Justiz hinwegsetzte, um aus Sicht der Muslimbruderschaft einem juristische Staatsstreich zuvorzukommen,<ref name="BBCRadio4_2013-09-30">''Analysis - Egypt's Muslim Brotherhood: Why Did They Fail?'' ([http://www.webcitation.org/6Kf6eXws4 Transkript: PDF], archiviert vom [http://downloads.bbc.co.uk/radio4/transcripts/20130930-analysis-egypt.pdf Original] (PDF; 226&nbsp;kB) am 26. Oktober 2013; [http://downloads.bbc.co.uk/podcasts/radio4/analysis/analysis_20130930-2100d.mp3 Audio-Version: MP3], 28 Minuten), [[BBC Radio 4]] [http://www.bbc.co.uk/podcasts/series/analysis/all Analysis], 30. September 2013, von Christopher de Bellaigue. Gesprächspartner: Abdul Mawgoud Dardery, Hisham Hellyer, Omar Ashour, Angy Ghannam, Wael Haddara, Abdel Moneim Aboul Fotouh.</ref> machte die Justiz in den Monaten danach gegen ihre Entmachtung mobil, Medien, Zivilgesellschaft und der alte Sicherheitsapparat gegen die „diktatorischen Vollmachten“ (Markus Bickel/FAZ), die Mursi sich sicherte<ref name="FAZ_2013-11-04_GAP" /><ref name="BBCRadio4_2013-09-30" /> und Anfang Dezember 2012 auf Druck der Opposition wieder annullierte.<ref name="n-tv_2013-06-29_CdS">''[http://www.webcitation.org/6KGNBg4ou Ein Jahr Präsident Mursi - Chronologie des Scheiterns]'', n-tv, 29. Juni 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Chronologie-des-Scheiterns-article10908946.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref><ref name="n-tv_2012-12-08_OSN">''[http://www.webcitation.org/6KGV9jS4H Mursi annulliert Sondervollmachten - Opposition sieht nur Manöver]'', n-tv, 8. Dezember 2012, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Opposition-sieht-nur-Manoever-article9724601.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref><br />
[[Datei:Naguib.jpg|miniatur|Der als „reichster Mann Afrikas“ bekannte [[Naguib Sawiris]] verließ das Land nach Anklage wegen Korruption und Vorteilsnahme und kehrte unmittelbar nach dem Putsch zurück.<ref name="Welt_2013-07-05_MGF">''[http://www.webcitation.org/6KQKN924j Umsturz in Ägypten - Mursis Gegner fürchten "endlosen Rache-Kreislauf"]'', Die Welt, 5. Juli 2013, von Birgit Svensson, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article117771725/Mursis-Gegner-fuerchten-endlosen-Rache-Kreislauf.html Original] am 17. Oktober 2013.</ref>]]<br />
So beruhten auch die Massendemonstrationen vom 30. Juni und die Entmachtung von Präsident Mursi maßgeblich auf dem Wirken von [[Husni Mubarak|Mubarak]]-Anhängern, von ägyptischen [[Nachrichtendienst|Geheimdiensten]] und der [[Streitkräfte Ägyptens|ägyptischen Armee]]. Die Mitglieder dieser als „Säulen der Macht“ angesehenen Kreise hielten sich seit der ägyptischen Revolution von 2011 zurück und warteten auf die Gelegenheit einer Rückkehr in ihre Machtpositionen.<ref name="NZZ_2013-10-07_ATK">''[http://www.webcitation.org/6KCLQnyqL Staatliche Repression in Ägypten - Anti-Terror-Kampagne wie zur Zeit Mubaraks]'', Neue Zürcher Zeitung, 7. Oktober 2013, von Astrid Frefel, archiviert vom [http://www.nzz.ch/aktuell/international/auslandnachrichten/anti-terror-kampagne-wie-zur-zeit-mubaraks-1.18163576 Original] am 7. Oktober 2013.</ref><br />
Die Absetzung des Präsidenten Mursi durch das ägyptische Militär Anfang Juli 2013 erfolgte zwar nach politischem Druck durch [[Demonstration]]en und [[Protest]]aktionen.<ref name="Roll2013_SWP-Studien2013-S14_S5f">Stephan Roll: ''[http://www.webcitation.org/6KDRLuJU6 Ägyptens Unternehmerelite nach Mubarak - Machtvoller Akteur zwischen Militär und Muslimbruderschaft]'' (PDF), SWP-Studien 2013/S 14, Stiftung Wissenschaft und Politik - Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Berlin, Juli 2013, hier S. 5f., archiviert vom [http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2013_S14_rll.pdf Original] (PDF; 461&nbsp;kB) am 8. Oktober 2013.</ref> Die Entscheidung zum Sturz Mursis traf die Militärführung jedoch bereits Tage vor den Massenprotesten.<ref name="FAZ_2013-07-06_GR">''[http://www.webcitation.org/6KKRDfMo9 Staatsstreich in Ägypten - Die gestohlene Revolution]'', Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Juli 2013, von Markus Bickel, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/staatsstreich-in-aegypten-die-gestohlene-revolution-12273230.html Original] am 13. Oktober 2013.</ref> Im Hintergrund wirkten letztendlich etablierte [[Interessengruppe]]n wie die Unternehmerelite, die über Monate hinweg auf das politische Scheitern der Muslimbruderschaft hingearbeitet hatten.<ref name="Roll2013_SWP-Studien2013-S14_S5f" /> Es wurde angezweifelt, dass die [[Unterschriftenaktion]] gegen Mursi tatsächlich von einem Netzwerk von Jugendaktivisten allein organisiert worden sein kann.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC" /> Es existieren Berichte, nach denen die Initiative vom Militär und den Geheimdiensten unterstützt wurde.<ref name="taz_2013-08-16_KFN">''[http://www.webcitation.org/6KM7ppzrI Politologin über Lage in Ägypten - „Kriege fallen nicht vom Himmel“]'', die tageszeitung, Interview von Jannis Hagmann mit Cilja Harders, 16. August 2013, archiviert vom [http://www.taz.de/!122016/ Original] am 14. Oktober 2013.</ref> Der Darstellung der Organisatoren von [[Tamarod]] nach sollte das Netzwerk angeblich in weniger als drei Monaten 22 Millionen Ägypter veranlasst haben, den sofortigen Rücktritt des Staatspräsidenten zu fordern, doch wurden die Unterschriften der Aktion, welche die entscheidenden Massenproteste ausgelöst hatte, von keiner unabhängigen Kraft gezählt.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC" /> Stattdessen trat der als reichster Mann Ägyptens geltende Unternehmer [[Naguib Sawiris]], ein Angehöriger der koptischen Christen, in seinem Fernsehsender ONTV auf und gab an, er habe ''Tamarod'' die [[Infrastruktur]] seiner Muslimbruderschaft-kritischen [[Partei der Freien Ägypter]] für die Organisation ihrer Aktion zur Verfügung gestellt.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC" /><ref name="FAZ_2013-08-17_NPV">''[http://www.webcitation.org/6J5XoBwqE Ägypten – Nach dem Putsch die Verfolgung der Kopten]'', Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. August 2013, von Rainer Hermann, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-nach-dem-putsch-die-verfolgung-der-kopten-12535359.html Original] am 23. August 2013.</ref> Auch die [[Verfassungsgerichtsbarkeit|Verfassungsrichterin]] [[Tahani al-Gebali]], eine Juristin aus der Mubarak-Zeit, hatte sich der ''New York Times'' zufolge in die Dienste von ''Tamarod'' gestellt und bei der Formulierung der Forderungen geholfen.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC" /> Schon ein Jahr vor dem Putsch hatte die ''New York Times'' berichtet, dass die Spitzenrichterin Gebali mit den führenden Generälen zusammengearbeitet habe, um den Aufstieg der Islamisten zu blockieren.<ref name="NYT_2012-07-03_JHE">''[http://www.webcitation.org/6KGKsIM1i Judge Helped Egypt’s Military to Cement Power]'' (englisch). The New York Times, 3. Juli 2012, von David D. Kirkpatrick, archiviert vom [http://www.nytimes.com/2012/07/04/world/middleeast/judge-helped-egypts-military-to-cement-power.html?pagewanted=all Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Die Mursi-Regierung, die in der Bevölkerung abnehmende Unterstützung fand, konnte dem Widerstand dieser Interessengruppen und damit auch der Unternehmerelite nicht standhalten.<ref name="Roll2013_SWP-Studien2013-S14_S5f" /> Beobachter sahen das plötzliche Auftreten von Versorgungsengpässen bei [[Stromversorgung|Strom]], [[Kraftstoff|Benzin]] und [[Erdgas|Gas]] während Mursis letzter Amtstage vor dem Putsch als Hinweis darauf an, dass Anhänger des alten Regimes alles daran setzten, das Volk gegen den Präsidenten aufzubringen.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC" /> Die Masse der Menschen demonstrierte Ende Juni 2013 gegen die Regierung nicht aufgrund von beeinträchtigten [[Menschenrechte]]n wie [[Folter|Polizeifolter]] verhafteter Oppositioneller oder beschränkter [[Pressefreiheit]], sondern aufgrund von Versorgungsengpässen wie Strom- und Wasser-Ausfällen, [[Lebensmittelteuerung]] und Benzinverknappung sowie aufgrund von [[Arbeitslosigkeit]].<ref name="n-tv_2013-10-10_ÄWB">''[http://www.webcitation.org/6KGM8wZ7e Proteste zu Mursis Jahrestag - Ägypten will Benzin und Hoffnung]'', n-tv, 29. Juni 2013, von Christoph Herwartz, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Aegypten-will-Benzin-und-Hoffnung-article10908711.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Der Umstand, dass seit dem Putsch unvermittelt wieder Benzin an den [[Tankstelle]]n zur Verfügung stand,<ref name="FAZ_2013-07-06_GR" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC" /><ref name="phoenix_2013-08-18_Gaus">Bettina Gaus; in: ''[http://www.webcitation.org/6KMzBSA5O Aufruhr in Ägypten - wird aus dem arabischen Frühling ein blutiger Herbst?]'', Presseclub (ARD), 18. August 2013, Moderation: WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn; Gesprächspartner: Bettina Gaus (taz), Richard Kiessler, Loay Mudhoon (Deutsche Welle), Cornelia Wegerhoff (WDR), archiviert vom [http://www.phoenix.de/content/phoenix/die_sendungen/diskussionen/729157 Original] am 14. Oktober 2013. Zugleich: [https://www.youtube.com/watch?v=l4CQLU3XkT8 Aufruhr in Ägypten - Presseclub am 18. August 2013], YouTube, veröffentlicht vom YouTube-Kanal am 19. August 2013 [https://www.youtube.com/user/phoenix phoenix]; [http://mediathek.daserste.de/sendungen_a-z/311790_presseclub/16554576_aufruhr-in-aegypten-wird-aus-dem-arabischen?buchstabe=P Aufruhr in Ägypten - wird aus dem arabischen Frühling ein blutiger Herbst?], ARD Mediathek.</ref> die [[Stromausfall|Stromausfälle]] endeten und auch die Polizei, die Mursi während seiner Präsidentschaft ein Jahr lang offen [[Boykott|boykottiert]] und so den rapiden Anstieg der [[Kriminalität|Straßenkriminalität]] befördert hatte, wieder ihre Arbeit aufnahm, wurde als Hinweis gedeutet, dass der Militärputsch lange vorausgeplant war und die Entmachtung der Rückkehr des alten Systems diente. In gleicher Weise wurde auch die von Beobachtern konstatierte, ungewöhnlich hohe Aktivität des [[Nachrichtendienst|Inlandsgeheimdienstes]] in der betroffenen Phase gewertet<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-13_WIC">''[http://www.webcitation.org/6KGIiO9XP Militärputsch in Ägypten - Willkommen in der Coupokratie]'', Süddeutsche.de, 13. Juli 2013, von Tomas Avenarius, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/militaerputsch-in-aegypten-willkommen-in-der-coupokratie-1.1720837 Original] am 10. Oktober 2013.</ref> und die Nachricht, dass bereits einen Tag nach dem Putsch mehrere Großinvestitoren angekündigt haben, wieder in Ägypten zu investieren.<ref name="phoenix_2013-08-18_Gaus" /> Darunter auch Naguib Sawiris, der versprach, seine Familie werde „in Ägypten investieren wie niemals zuvor“.<ref name="ReutersUS_2013-07-17_NEG">''[http://www.webcitation.org/6KaDgZ0hj Analysis: New Egypt government may promote welfare, not economic reform]'' (englisch). Reuters Edition U.S., 17. Juli 2013, von Patrick Werr und Andrew Torchia, archiviert vom [http://www.reuters.com/article/2013/07/17/us-egypt-economy-policy-analysis-idUSBRE96G0IP20130717 Original] am 23. Oktober 2013.</ref><br />
<gallery perrow="3" class="float-right"><br />
Datei:Tawadros II of Alexandria.jpg|[[Tawadros II.]]<br>(Koptischer Papst)<br />
Datei:Tayyeb.jpg|[[Ahmad Mohammad al-Tayyeb|Ahmed Tayeb]]<br>(Al Azhar-Scheich)<br />
Datei:ElBaradei 030110.jpg|[[Mohammed el-Baradei]]<br>(Nationale Heilsfront-Chef)<br />
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Anders als im Februar 2011 trat die Armee während des Militärputsches nicht als Machtinhaber auf, sondern präsentierte sich als des Alte beendende und das Neue ermöglichende Instanz. Dem Generalstabschef Sisi standen bei seiner Ansprache zum Putsch die Oberhäupter der koptischen Kirche, der [[Islam|islamischen]] [[al-Azhar-Universität|Al-Azhar-Institution]], der [[Linksliberalismus|linksliberale]] Oppositionsführer [[Mohammed el-Baradei]], die Initiatoren der ''Tamarod''-Bewegung und selbst die [[Salafismus|Salafisten]] der radikal-islamistischen [[Partei des Lichts|Nur-Partei]] (Nur-Partei) zur Seite.<ref name="Zeit-OL_2013-07-04_EBP" /><ref name="phoenix_2013-07-03_AZL">[http://www.youtube.com/watch?v=QZqBXAPP5cg Aktuelles zur Lage in Ägypten: der Tag am 3. Juli 2013], phoenix, 3. Juli 2013, Bericht zur Lage in Ägypten zum Zeitpunkt des Putsches; Moderation: Michael Kolz; u.a. mit Guido Westerwelle (Bundesaußenminister, FDP) und Prof. Andreas Dittmann (Nahostexperte, Universität Gießen).</ref><ref name="phoenix_2013-07-03_EZA">[http://www.youtube.com/watch?v=Qd9e-Ryii8M Erklärung zur Absetzungs Mursis am 3. Juli 2013], phoenix, die Erklärungen von [[Mohammed el-Baradei]] (Führer Oppsitionsbündnis Nationale Heilsfront), [[Tawadros II.]] (Koptischer Papst) und [[Ahmad Mohammad al-Tayyeb|Ahmed Tayeb]] ([[al-Azhar-Universität|Al Azhar]]-Scheich) mit Synchronübersetzung.</ref><br />
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Nach dem Putsch gegen Mursi wurde eine Rückkehr der alten [[Elite#Elite als soziologischer Begriff|Eliten]] beobachtet, die sich zunächst noch hinter der Militärführung hielten, jedoch bereits die Wiederherstellung der alten wirtschaftlichen Verhältnisse anstrebten.<ref name="tagesschau-de_2013-08-19_WSÜ" /> In der vom Militär nach dem Putsch eingesetzten [[Übergangsregierung|Interimsregierung]] waren vorwiegend Politiker und [[Technokratie|Technokraten]] vertreten, die dem Unternehmerlager nahestanden, so dass Interessenwahrung der [[Großunternehmen|Großunternehmer]] im weiteren Verlauf des politischen Übergangsprozesses personell angelegt war.<ref name="Roll2013_SWP-Studien2013-S14_S5f" /> Der Interimsregierung gehörten nach dem Putsch wieder viele bekannte Persönlichkeiten aus der Mubarak-Ära an - eine Ministerin war schon unter Mubarak Mitglied der Führungsriege der damaligen Regierungspartei. Auch die meisten [[Gouvernement|Provinz]]-[[Gouverneur]]e stammten wie unter Mubarak wieder aus dem Polizei- und Militärapparat. Der neuen, faktisch von Armeechef [[Abd al-Fattah as-Sisi]] geführten Allianz gehörten zudem die Wirtschaftseliten und ein großer Teil der Politiker an, die nach der Revolution prominent geworden waren. Sisi selbst wurde schnell für eine Präsidentschaftskandidatur vorgeschlagen und diskutiert. Zugleich verstärkte sich mit der vorläufigen Freilassung von Husni Mubarak der Eindruck, dass sämtliche staatlichen Institutionen hinter diesem standen und halfen, Beweise für in seiner Verantwortung stehende Verbrechen zu vernichten oder zu verdecken, während der gesamte Staatsapparat gegen Mursi arbeitete.<ref name="NZZ_2013-10-07_ATK" /><br />
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== Vorgeschichte ==<br />
{{Siehe auch|Arabischer Frühling|Revolution in Ägypten 2011}}<br />
{{Hauptartikel|Staatskrise in Ägypten 2013}}<br />
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=== Maßnahmen der Justiz gegen gewählte Gremien zugunsten des Militärrats 2012 ===<br />
Nach dem Sturz Mubaraks bei der sogenannten „Revolution“ von 2011 hatte der Oberste Militärrat unter [[Mohammed Hussein Tantawi]], in engem Kontakt zum Verbündeten USA, die Macht übernommen und die fortdauernden Proteste der Jugendbewegung, aber auch koptischer Christen, oft mit äußerster Brutalität niedergeschlagen. Den Aufstieg der Muslimbruderschaft über demokratische Wahlen bremste der von Tantawi geleitete Militärrat mit einer Auflösung des Parlaments sowie Verfassungszusätzen, die die Macht des ersten freigewählten Präsidenten Mohammed Mursi einschränkten.<ref name="derStandard-at_2012-08-13_LRM">''[http://www.webcitation.org/6LFBnAVjx Das letztes Relikt des Mubarak-Regimes musste gehen]'', derStandard.at, 13. August 2012, archiviert vom [http://derstandard.at/1343744710387/Das-letztes-Relikt-des-Mubarak-Regimes-musste-gehen Original] am 19. November 2013.</ref> Die fortdauernden Versuche der Justiz, die gewählten [[Gremium|Gremien]] aufzulösen, wurden als Anläufe für einen kommenden Putsch gewertet,<ref name="Zeit-OL_2013-07-04_EBP" /> die erfolgte Auflösung des Parlaments durch die Justiz am 14. Juni 2012 als „stiller Putsch des Militärs“.<ref name="Focus_2012-10-16_Ä">''[http://www.webcitation.org/6KnjdekCc Ägypten]'' (archiviert vom [http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/tid-22930/grosses-dossier-zum-arabischen-fruehling-aus-unterdrueckten-werden-helden-aegypten_aid_656176.html Original] am 1. November 20134); in: ''[http://www.webcitation.org/6KnjUTYjZ Großes Dossier: Die Revolutionen in der arabischen Welt]'', Focus, 16. Oktober 2012, von Susanne Klaiber, archiviert vom [http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/tid-22930/grosses-dossier-die-revolutionen-in-der-arabischen-welt_aid_645516.html Original] am 1. November 2013.</ref><br />
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=== Unruhen im Januar 2013 ===<br />
[[Datei:Protests in Egypt January 2013.jpg|miniatur|Unruhen im Januar 2013]]<br />
Im Januar 2013 gerieten ähnlich wie zur Zeit der Ägyptischen Revolution von 2011 gegen Housni Mubarak immer größere Teile Ägyptens in Aufruhr. Eine wachsende Anzahl von Menschen machte die Regierung für die anhaltend schlechte Wirtschaftslage des Landes verantwortlich, die dazu führte, dass sich finanzielle Reserven privater Haushalte erschöpften, die hohe [[Arbeitslosigkeit|Arbeitslosenquote]] und die [[Inflation]] anhielt. Unzufriedenheit resultierte auch aus den seit der [[Revolution in Ägypten 2011]] nicht reformierten Sicherheitskräften, die einen ungebrochenen Hass in der Bevölkerung auf sich zogen. Politisch als „liberal“ eingestufte Gruppen nahmen eine unversöhnliche Haltung zu der Ende 2012 von der den politisch als „Islamisten“ eingeordneten Gruppen per Volksentscheid durchgesetzten [[Verfassung der Republik Ägypten|Verfassung]] ein, die sie als Machtinstrument der Muslimbrüder und nicht als Minderheiten und Andersdenkende mit einschließende Dokumentation des breiten Volkswillens ansahen.<ref name="Zeit-OL_2013-01-27_ÄK">''[http://www.webcitation.org/6KwyPAIlp Hass auf Polizei: Ägypten kollabiert.]'' Zeit Online, 27. Januar 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-01/aegypten-polizei-hass Original] am 7. November 2013.</ref><br />
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=== Unruhen Ende Juni/Anfang Juli 2013 ===<br />
[[Datei:Anti Morsi protest march at 28th June 2013.jpg|mini|Anti-Mursi-Protestmarsch in Kairo am 28. Juni 2013]]<br />
Am 23. Juni 2013 erklärte Militärchef Sisi, die Zerstrittenheit des Landes habe ein Ausmaß erreicht, das die Grundlagen des gesamten Staates gefährde und kündigte eine Intervention des Militärs an: „Wir werden nicht schweigend zusehen, wie unser Vaterland in einen Konflikt hineinrutscht, der praktisch nicht mehr beherrschbar ist“. Beobachter werten die eine Woche vor den Ereignissen des 30. Juni gehaltene Rede Sisis als Markstein der Beendigung von Mursis Regierung durch das Militär, welches in der Folge offen seine Truppen für den Putschtag in Stellung brachte.<ref name="Tagesspiegel_2013-07-05_LSM">''[http://www.webcitation.org/6LSiURaZq Ägyptens gestürzter Machthaber - Die letzten Stunden von Mohammed Mursi als Präsident]'', Der Tagesspiegel, 5. Juli 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/aegyptens-gestuerzter-machthaber-die-letzten-stunden-von-mohammed-mursi-als-praesident/8456300.html Original] am 28. November 2013.</ref><br />
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Ende Juni 2013 verstärkten sich die andauernden Proteste gegen Mursis Politik erneut. Ein Auslöser war, dass Mursi am 17. Juni neue Gouverneure für 17 der 27 [[Gouvernements in Ägypten|ägyptischen Gouvernements]] ernannt hatte, von denen sieben der islamistischen Muslimbruderschaft angehörten. Insbesondere wurde gegen die Ernennung [[Adel al-Chajat]]s, eines früheren Mitglieds der ehemaligen Terrorgruppe [[Gamaa Islamija]], zum Gouverneur für die Tourismusregion Luxor protestiert. Kritiker fürchteten eine vollständige Machtübernahme der Muslimbrüder und negative Folgen für den Tourismus.<ref name="Spiegel-Ol_2013-06-17_MEI">''[http://www.webcitation.org/6Kx1WMm7Q Mursi ernennt Islamisten als Gouverneure]'', Spiegel Online, 17. Juni 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-praesident-mursi-ernennt-islamisten-als-gouverneure-a-906252.html Original]'' am 7. November 2013.</ref><br />
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Eine allgemeine Anspannung der Lage in Ägypten ging auf die massiven wirtschaftlichen Probleme Ägyptens zurück, die dazu führten, dass viele Bürger arbeitslos waren, kaum genug Geld für Lebensmittel hatten, und das Alltagsleben durch Versorgungsengpässe wie etwa durch Benzinknappheit erschwert wurde.<ref name="FAZ-net_2013-06-28_DTB" /> Viele Ägypter machten die regierende Partei Mursis für den Anstieg von Arbeitslosigkeit, Kriminalitätsrate und Lebensmittelpreise und den Ende Juni herrschenden Mangel an Benzin sowie die lückenhafte Stromversorgung verantwortlich.<ref name="dradio26062013" /> Die Gegner Mursis warfen ihm vor, allein die Interessen der Muslimbruderschaft zu vertreten. Zudem kritisieren sie, dass er es nicht geschafft habe, die Wirtschaft wieder in Gang zu bekommen, um die Inflation zu bekämpfen. Zudem sei die für Ägypten bedeutende Tourismusindustrie weiterhin eingebrochen.<ref name="ZeitOL_2013-06-30_ÄVS" /> Mursi führte die Probleme auf die Hinterlassenschaften des alten Regimes und die Störversuche der Opposition zurück und entgegnete den Vorwürfen: „Für Wirtschaftswachstum brauchen wir politische Stabilität.“<ref name="dradio26062013" /> Bereits seit deinem Amtsantritt war Mursi wegen seiner Wirtschaftspolitik und seines als zunehmend autoritär wahrgenommenen Regierungsstils immer stärker kririsiert worden.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-03_ÄMS">''[http://www.webcitation.org/6Kx1tuTDH Putsch in Kairo: Ägyptens Militär stürzt Mursi]'', [[Spiegel Online]], 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-militaer-stuerzt-praesident-mohammed-mursi-a-909326.html Original] am 7. November 2013.</ref><br />
<br />
Mursi gestand in einer „Ansprache an das Volk“ am 26. Juni Fehler ein und forderte seine Minister und Gouverneure dazu auf, „alle Beamten [zu] entlassen, die für die Krisen verantwortlich sind, unter denen die Bürger leiden müssen“. Gleichzeitig behauptete er, die geplanten Massendemonstrationen würden von korrupten Ex-Funktionären Mubaraks gesteuert.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-praesident-mursi-warnt-vor-konterrevolution-a-908064.html Proteste in Ägypten: Präsident Mursi räumt Fehler ein.]'' Spiegel Online, 27. Juni 2013, abgerufen am 1. Juli 2013.</ref><ref name="dradio26062013" /> Mursis Anhänger bekundeten ihre Unterstützung für den Präsidenten durch Demonstrationen.<ref name="dradio26062013">''[http://www.webcitation.org/6KwwH06kp Gewalt in Ägypten&nbsp;– Blutige Straßenschlachten zwischen Gegnern und Anhängern Mursis]'', dradio.de, 26. Juni 2013 (letzte Änderung: 8. Juli. 2013), archiviert vom [http://www.dradio.de/aktuell/2157279/ Original] am 7. November 2013.</ref> <br />
<br />
In Mansura kam es am 26. Juni zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis, bei denen mindestens ein Zivilist getötet wurde. Sicherheitskräften zufolge begannen die Zusammenstöße, als Mursi-Gegner Teilnehmer einer Kundgebung zur Unterstützung Mursis mit Müll bewarfen.<ref name="dradio26062013" /> <br />
<br />
Am 29. Juni wurde der Tod mehrerer Menschen bei Angriffen auf Büros der Muslimbrüder in mehreren Städten gemeldet:<ref name="FAZ-net_2013-06-28_DTB" /> In der Nacht vom 28. zum 29. Juni wurde ein US-amerikanischer Student mit einer Stichverletzung im Brustkorb getötet, als Mursi-Gegner in Alexandria ein Parteibüro der Muslimbrüder stürmten und der Mann zwischen die Fronten geriet.<ref name="FAZ-net_2013-06-28_DTB" /><ref name="ZeitOL_2013-06-30_ÄVS" /> Eine weitere Person wurde bei Krawallen in Alexandria erschossen, wo mehrere Tausend Regierungsgegner durch das Hafengebiet zogen und ein Reuters-Reporter beobachtete, wie etwa ein Dutzend Männer Wachposten vor einem Büro der Muslimbrüder mit Steinen bewarfen, die daraufhin reagierten. Es flogen Pflastersteine und Flaschen, auch Schüsse wurden abgegeben. In Sagasig wurde ein Mitglied der Muslimbrüder bei einem Angriff auf ein Parteibüro getötet. Eine vierte Person wurde in Port Said getötet, wo sich während eines Protests eine Explosion ereignete. Die Polizei ging zunächst von einem Unfall aus, erklärte jedoch später, die Detonation sei durch einen Sprengsatz ausgelöst worden.<ref name="FAZ-net_2013-06-28_DTB" /> In Alexandria und in der Provinz al-Dakahlija wurden Büros der ''Partei für Freiheit und Gerechtigkeit'', dem politischen Arm der Muslimbrüder, in Brand gesteckt. Ein weiteres Parteibüro in Beheira wurde gestürmt.<ref name="ZeitOL_2013-06-30_ÄVS" /> Scheich Ahmed al-Tajjib, das Oberhaupt der [[al-Azhar-Moschee]], der höchsten geistlichen Institution im Land, warnte beide Konfliktseiten vor einem drohenden Bürgerkrieg.<ref>spiegel.de 29. Juni 2013: [http://www.spiegel.de/politik/ausland/anti-mursi-demonstration-aegypten-steht-vor-der-entscheidungsschlacht-a-908583.html Konfrontation in Kairo: Ägypten vor der Entscheidungsschlacht]</ref><ref name="ZeitOL_2013-06-30_ÄVS" /><br />
<br />
Am 29. Juni erklärten mindestens acht Abgeordnete des Oberhauses ihren Rücktritt, um die Opposition zu unterstützen.<ref name="SZ_2013-06-29_LkeiÄzU>''[http://www.sueddeutsche.de/politik/ausschreitungen-vor-mursis-amtsjubilaeum-auslaender-verlassen-aegypten-1.1707928 Landesweit kommt es in Ägypten zu Unruhen.]'' Süddeutsche Zeitung, 29. Juni 2013, abgerufen am 1. Juli 2013.</ref><ref name="ZeitOL_2013-06-30_ÄVS" /> <br />
<br />
Oppositionsgruppen riefen anlässlich des nahenden ersten Jahrestages von Mursis Amtsübernahme zu Großdemonstrationen gegen seine Politik auf und forderten Neuwahlen.<ref name="FAZ-net_2013-06-28_DTB">''[http://www.webcitation.org/6Kwxe50pt Drei Tote bei Protesten gegen Mursi]'', FAZ.net, 28. Juni 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-drei-tote-bei-protesten-gegen-mursi-12264861.html Original] am 7. November 2013.</ref> Unter anderem organisierte die neu gegründete Kampagne ''Tamarud'' (oder: [[Tamarod]]) (ägyptisch-arabisch für Rebellion) Demonstrationen der Opposition gegen die Regierung.<ref name="ZeitOL_2013-06-30_ÄVS">''[http://www.webcitation.org/6KwyAHjar Proteste gegen Mursi - Ägypter versammeln sich zum Massenprotest.]'' Zeit Online, 30. Juni 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-06/aegypten-protest-mursi/komplettansicht Original] am 7. November 2013.</ref> Die Kampagne ''Tamarud'', die nach unüberprüften eigenen Angaben im Rahmen eines Protestaufrufs über 22 Millionen Unterschriften für den Rücktritt von Mursi und eine vorgezogene Präsidentschaftswahl gesammelt haben wollte, rief am 30.&nbsp;Juni 2013 auch zu Massenprotesten anlässlich des ersten Jahrestages von [[Mohammed Mursi#Präsidentschaft|Mursis Amtsübernahme]] auf.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /><ref name="Spiegel-OL_2013-06-28_MPH">''[http://www.webcitation.org/6KTGpOaEY Demonstrationen in Ägypten: Mursis Prediger hetzen gegen Liberale], Spiegel Online, 28. Juni 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/in-aegypten-demonstrieren-anhaenger-und-gegner-von-praesident-mursi-a-908406.html Original] am 19. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-06-29_UBB">''[http://www.webcitation.org/6KTH3tQUr Protestwelle in Ägypten: US-Bürger bei Straßenkämpfen in Alexandria erstochen]'', Spiegel Online, 28. Juni 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/protestwelle-gegen-mursi-rollt-in-aegypten-an-a-908489.html Original] am 19. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-06-29_DTB">''[http://www.webcitation.org/6KTHGeRv1 Protest gegen Präsident Mursi: Drei Tote bei Straßenschlachten in Ägypten]'', Spiegel Online, 29. Juni 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-tote-bei-protesten-gegen-staatspraesident-mursi-a-908496.html Original] am 19. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
==== Erster Jahrestag Mursis als Staatspräsident (30. Juni) ====<br />
Am 30. Juni, dem ersten Jahrestag von Mursis Amtsantritt als Staatspräsident, kam es in Ägypten mit mehr als einer Million Protestteilnehmern zu den größten Demonstrationen seit dem Sturz Husni Mubaraks, auf denen sein Rücktritt gefordert wurde.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /> Nach westlichen Medienangaben nahmen „Millionen von Ägyptern“ an den Protesten teil.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-01_MGS" /> Allein auf dem [[Tahrir-Platz]] in Kairo hatten sich demnach mehr als eine halbe Million Menschen versammelt.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-01_MGS" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /><br />
<br />
Aus Armeekreisen wurde behauptet, es könnten bis zu 14 Millionen Menschen an den Protesten teilgenommen haben. Aktivisten bezeichneten die Proteste als größte politische Kundgebung in der Geschichte der Menschheit und gaben mehr als 30 Millionen Teilnehmer an.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /><br />
<br />
Im Kairoer Vorort Nasr-City versammelten sich zehntausende Anhänger der islamistischen Parteien, um ihre Solidarität mit Mursi zu bekunden.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /><br />
<br />
Die in westlichen Medien als „säkular“ eingeordnete Opposition warf Mursi und den Muslimbrüdern vor, die Ideale der Revolution von 2011 verraten zu haben und einen ähnlich autoritären Staat wie unter Mursis Vorgänger Mubarak anzustreben. Anhänger Mursis verwiesen hingegen darauf, dass Mursi der erste demokratisch gewählte Präsident Ägyptens sei. Mursi betonte, an seinem Amt festhalten zu wollen und bot erneut an, die Ende 2012 per Volksabstimmung in Kraft gesetzte und von der Opposition als islamistisch kritisierte Verfassung des Landes zu überarbeiten.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /><ref name="FAZ-net_2013-06-28_DTB" /><br />
<br />
==== „Ultimatum“ von ''Tamarod'' (1. Juli) ====<br />
''Tamarod'' forderte Mursi am 1. Juli in einem „Ultimatum“ auf, bis zum 2. Juli um 17 Uhr „die Macht abzugeben und es den Behörden zu ermöglichen, eine vorgezogene Präsidentschaftswahl zu organisieren“. Sollte der Staatspräsident der Aufforderung nicht nachkommen, werde es „eine Kampagne des vollständigen zivilen Ungehorsams“ geben.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-01_MGS">''[http://www.webcitation.org/6KTEjmdRu Ägypten: Mursi-Gegner stürmen Zentrale der Muslimbrüder]'', Spiegel Online, 1. Juli 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-mursi-gegner-stuermen-zentrale-der-muslimbruderschaft-a-908714.html Original] am 18. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-07-01_OSM">''[http://www.webcitation.org/6KTEG54eK Ägypten: Opposition setzt Mursi Ultimatum für Rücktritt]'', Spiegel Online, 1. Juli 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-opposition-setzt-mursi-ultimatum-fuer-ruecktritt-a-908685.html Original] am 18. Oktober 2013.</ref><ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /><br />
<br />
== Militärputsch ==<br />
<br />
=== Ultimatum des Militärs (1.–2. Juli) ===<br />
Bereits am Abend des 30. Juni hatten „Regierungsgegner“ beziehungsweise „Demonstranten“ (''Süddeutsche Zeitung'') mit Molotow-Cocktails und Steinen die Zentrale der Muslimbruderschaft angegriffen, das Gebäude teilweise in Brand gesetzt und sich Schießereien mit dem Wachpersonal geliefert. Daraufhin stürmten „Regierungsgegner“ oder „Demonstranten“ den Hauptsitz der Muslimbruderschaft, wo sie Feuer legten und plünderten. Am 1. Juli 2013 setzten sogenannte „Demonstranten“ (''Süddeutsche Zeitung'') die Zentrale der [[al-Wasat-Partei|Wasat-Partei]] in Kairo in Brand.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-01_MGS" /><ref>''[http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-23125387 Egypt protesters storm Muslim Brotherhood headquarters.]'' BBC News, 1. Juli 2013, abgerufen am 1. Juli 2013 (englisch).</ref><ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /> Bei den Aktionen vom 30. Juni bis zum Nachmittag des 1 Juli starben nach offiziellen Angaben landesweit 16 Menschen und es gab über 780 Verletzte.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /><ref name="Spiegel-OL_2013-07-01_MTP">''[http://www.webcitation.org/6KTEfSvkR Ägypten: Mehrere Tote bei Protesten gegen Präsident Mursi Mehrere Tote bei Protesten gegen Präsident Mursi]'', Spiegel Online, 1. Juli 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/anti-mursi-proteste-demonstranten-attackieren-muslimbrueder-zentrale-a-908655.html Original] am 18. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-07-01_OSM" /> Davon kamen acht Menschen den Angaben zufolge bei den Auseinandersetzungen und Schießereien vor dem Hauptquartier der Muslimbruderschaft in Kairo ums Leben, drei weitere in Asyut. In Bani Suwaif, in Kafr asch-Schaich, in Fayum, in Alexandria sowie in Kairo vor dem Präsidentenpalast starb jeweils eine weitere Person.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP" /><br />
<br />
Das [[Streitkräfte Ägyptens|ägyptische Militär]] stellte daraufhin ein Ultimatum und forderte die politische Führung des Landes dazu auf, „den Konflikt binnen 48 Stunden [zu] lösen und die Forderungen des Volkes [zu] erfüllen“.<ref name="Süddeutsche-de_2013-07-01_AFP">''[http://www.webcitation.org/6KTJnrLkm Ultimatum in Ägypten - Armee fordert politische Lösung innerhalb von 48 Stunden]'', Süddeutsche.de, 1. Juli 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/ausschreitungen-in-aegypten-mehrere-minister-sollen-zurueckgetreten-sein-1.1710065 Original] am 19. Oktober 2013.</ref> Dies wurde von Medien so interpretiert, dass das Militär ankündigte, gegebenenfalls einen eigenen Fahrplan für die Zukunft Ägyptens vorzulegen und Mursi faktisch des Amtes zu entheben.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-militaerputsch-mit-ankuendigung-a-908880.html Machtkampf in Ägypten: Militärputsch mit Ankündigung.]'' Spiegel Online, 1. Juli 2013, abgerufen am 1. Juli 2013.</ref> Das Ultimatum sollte am 3. Juli um 17 Uhr ablaufen.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/machtkampf-in-aegypten-fragen-und-antworten-zur-staatskrise-a-908936.html Muslimbrüder gegen Militärs: Warum Ägypten wieder am Abgrund steht.]'' Spiegel Online, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref><br />
<br />
US-Präsident [[Barack Obama]] forderte Mursi in einem Telefonat dazu auf, auf die Demonstranten zuzugehen. Er betonte, dass die „USA […] keine Partei oder politische Richtung in Ägypten [unterstützen], sondern die Demokratie“.<ref>''[http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/obama-mursi-aegypten-reformen-minister Obama ermahnt Mursi.]'' Die Zeit, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref><ref>''[http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE96101N20130702 Obama – Mursi muss auf Demonstranten eingehen.]'' Reuters, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref> Er betonte seine „tiefe Sorge über Gewalt bei den Demonstrationen“, insbesondere sexuelle Übergriffe auf Frauen, und mahnte, „Demokratie erschöpfe sich nicht in Wahlen“.<ref>''[http://www.sueddeutsche.de/politik/machtkampf-in-aegypten-praesident-mursi-weist-stunden-ultimatum-zurueck-1.1710369 Obama fordert Mursi zu Kompromissbereitschaft auf.]'' Süddeutsche Zeitung, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref><br />
<br />
In der Nacht vom 1. auf den 2. Juli reichte Außenminister [[Mohamed Kamel Amr]] laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur [[Middle East News Agency|Mena]] seinen Rücktritt ein. Mursi erklärte, er werde nicht auf die Forderung des Militärs eingehen, „binnen 48 Stunden eine Lösung des Konflikts zwischen regierenden Islamisten und der Opposition zu finden“.<ref>''[http://www.sueddeutsche.de/politik/machtkampf-in-aegypten-praesident-mursi-weist-stunden-ultimatum-zurueck-1.1710292 Präsident Mursi weist Ultimatum zurück.]'' Süddeutsche Zeitung, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.washingtonpost.com/blogs/worldviews/wp/2013/07/01/heres-the-egyptian-militarys-full-statement-warning-it-may-act-in-48-hours/ Here’s the Egyptian military’s full statement warning it may act in 48 hours.]'' The Washington Post, 1. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013 (englisch).</ref> <br />
<br />
In den letzten 48 Stunden der gewählten Regierung vor dem Putsch unterbreitete die Muslimbrüderführung der Opposition jedoch weitgehende Verhandlungsangebote.<ref name="Cicero_2013-07-04_MTF">''[http://www.webcitation.org/6Od1u7M7P "Der Militärputsch ist tragisch für das Land" - Auf dem Tahrirplatz in Kairo wird gejubelt. Mohammed Mursi, bis Mittwochabend Ägyptens Präsident, wurde abgesetzt. Stephan Roll blickt skeptisch auf die Geschehnisse]'', Cicero (online), 4. Juli 2013, Interview von Marie Amrhein mit Stephan Roll, archiviert vom [http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/medienbeitraege/20130704_Cicero_Rll_Aegypten_Militaerputsch_Interview.pdf Original] am 6. April 2014.</ref> Am Nachmittag des 2. Juli legten der Präsidentensprecher Ehab Fahmy sowie der Regierungssprecher Alaa al-Hadidi ihre Ämter nieder.<ref>''[http://www.stern.de/politik/ausland/machtkampf-in-aegypten-mursi-verliert-auch-seine-sprecher-2032594.html Machtkampf in Ägypten – Mursi verliert auch seine Sprecher.]'' Stern, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Jul 2013.</ref> Mursi traf sich daraufhin zu einem Krisengespräch mit dem Armeechef und Verteidigungsminister [[Abd al-Fattah as-Sisi]] und Regierungschef [[Hescham Kandil]]. Die Erklärung des Militärs, auf die Forderungen der Demonstranten einzugehen, sei mit Mursi nicht abgesprochen gewesen. Er ziehe es vor, den „bereits zuvor geplanten Weg zu einer nationalen Versöhnung“ fortzuschreiten.<ref>''[http://www.sueddeutsche.de/politik/krise-in-aegypten-mursi-trifft-sich-mit-armeechef-1.1710337 Mursi trifft sich mit Armeechef.]'' Süddeutsche Zeitung, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref><br />
<br />
Am 2. Juli setzte der ägyptische Berufungsgerichtshof Generalstaatsanwalt [[Abdel Meguid Mahmud]] wieder ein. Mursi hatte im November 2012 seine Entlassung bewirkt und an seiner Stelle einen seiner Gefolgsleute, Talaat Abdullah, eingesetzt.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-justiz-setzt-geschassten-generalstaatsanwalt-wieder-ein-a-908952.html Machtkampf in Ägypten: Gericht setzt Mursis Generalstaatsanwalt ab.]'' Spiegel Online, 2. Juli 2013, abgerufen am 2. Juli 2013.</ref><br />
<br />
=== Ablauf des Militärultimatums (3. Juli) ===<br />
Nachdem Mursi bei seiner letzten Begegnung mit Militärchef Sisi dessen Forderung, der Präsident solle sich dem Militärultimatum und den „Forderungen der gigantischen Massen auf der Straße“ nicht widersetzen und freiweillig zurücktreten, entgegnet hatte, dies werde nur über seine Leiche geschehen, veranlasste Sisi die Schlussphase des Militärputsches. Auch die Polizeiführung erklärte offen, sie werde die Büros der Muslimbruderschaft nicht schützen.<ref name="Tagesspiegel_2013-07-05_LSM" /><br />
<br />
Das ägyptische Militär verstärkte seine Kontrolle über die nationalen Schlüsseleinrichtungen und setzte Beamte in den Nachrichtenstudio des Staatsfernsehens, um die nahezu sichere Absetzung des Staatspräsidenten zum Ablauf des Ulitmatums am Nachmittag vorzubereiten.<ref name="HuffingtonPost_2013-07-03_04_EMT">''[http://www.webcitation.org/6LjeSdXQw Egyptian Military Tightens Grip As Morsi Deadline Passes]'' (englisch). The Huffington Post, 3. Juli 2013 (aktualisiert am 4. Juli 2013), archiviert vom [http://www.huffingtonpost.com/2013/07/03/egyptian-military-deadline_n_3540903.html?ir=World Original] am 9. Dezember 2013.</ref><br />
<br />
Am 3. Juli übernahm das Militär die Macht in Ägypten, setzte die Verfassung außer Kraft und umzingelte mit Armeepanzern den Präsidentenpalast.<ref name="VOA_2013-07-03_EAT">''[http://www.webcitation.org/6KewhT3NP Egypt's Army Takes Power]'' (englisch). Voice Of America, 3. Juli 2013, von Diaa Bekheet, archiviert vom [http://www.voanews.com/content/egypt-army-announcement-morsi/1694598.html Original] am 26. Oktober 2013.</ref> Armeechef Sisi verlas eine Stellungnahme im Fernsehen, in Gegenwart und mit Zustimmung des muslimischen Topklerikers und Großimams der Al-Azhar-Moschee, des Papstes der ägyptischen koptischen Kirche und des Oppositionsführers Mohammed el-Baradei, mit denen er vor Ablauf des Militärultimatums in einem Treffen beraten hatte.<ref name="TTOI_2013-07-03_EAT">''[http://www.webcitation.org/6KewS5aCs Egyptian army takes over state TV as military, opposition heads meetEgyptian army takes over state TV as military, opposition heads meet]'' (englisch). The Times Of Israel, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.timesofisrael.com/egyptian-leaders-meet-to-plan-post-morsi-transition/Original] am 26. Oktober 2013.</ref><ref name="VOA_2013-07-03_EAT" /><br />
<br />
==== Vor 17 Uhr ====<br />
In der Nacht vom 2. auf den 3. Juli hielt Mursi eine vom Fernsehen übertragene Rede. In der mitternächtlichen Fernsehansprache lehnte Mursi einen Rücktritt strikt ab, da er durch demokratische Wahlen ins Amt gekommen sei.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="Focus-OL_2013-07-03_MAU">''[http://www.webcitation.org/6KPWf03aJ Krise in Ägypten - Mursis Antwort auf Ultimatum: Rücktritt kommt nicht in Frage]'', Focus Online, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/tid-32169/krise-in-aegypten-mursis-antwort-auf-ultimatum-ruecktritt-kommt-nicht-in-frage_aid_1032810.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref> Als vom Volk in freien und gleichen Wahlen gewählter Präsident Ägyptens repräsentiere er alle Ägypter. Mursi betonte, er werde nicht zurücktreten, selbst wenn ihm dies das Leben koste. Er forderte das Militär auf, wieder zu dessen normalem Dienst zurückzukehren.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-mursi-trotzt-militaer-und-opposiiton-a-909105.html Mursi trotzt Militär und Opposition.]'' Spiegel Online, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013</ref><ref>''[http://www.nytimes.com/2013/07/03/world/middleeast/egypt-protests.html?hp&_r=0 Morsi Defies Egypt Army’s Ultimatum to Bend to Protest.]'' The New York Times, 2. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013 (englisch).</ref><ref>''[http://www.guardian.co.uk/world/2013/jul/03/egypt-morsi-army-deadline-expires Morsi takes defiant stand as Cairo death toll rises ahead of Egypt army deadline.]'' The Guardian, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013 (englisch).</ref> Mursi beschuldigte Loyalisten des gestürzten autokratischen Staatspräsidenten Husni Mubarak, die Protestwelle zum Sturz der Regierung und zum Ausbremsen der Demokratie zu instrumentalisieren.<ref name="TTOI_2KI" /> Zugleich räumte Mursi eigene Fehler ein und kündigte an, sie zu korrigieren.<ref name="phoenix_2013-07-02_RPM">[http://www.youtube.com/watch?v=U1vu0vLsfj8 Rede von Präsident Mursi zur Lage in Ägypten am 2. Juli 2013], YouTube, veröffentlicht am 3. Juli 2013, von YouTube-Kanal [http://www.youtube.com/user/phoenix phoenix], Rede von Präsident Mursi zur Lage in Ägypten mit Synchronübersetzung (Moderation: Simone Fibiger).</ref> Zudem bot er eine [[Koalition (Politik)|Koalitionsregierung]] der „nationalen Einheit“ an.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><br />
<br />
Vor der [[Universität Kairo]] versammelten sich daraufhin tausende Islamisten, um gegen das von dem Militär gestellte Ultimatum zu protestieren. Es kam zu „schweren Zusammenstößen zwischen Anhängern Mursis und Sicherheitskräften“.<ref name="tagesschau-de_2013-07-03_AZB">''[http://www.tagesschau.de/ausland/aegyptenproteste130.html Krise in Ägypten: „Aufruf zum Bürgerkrieg“.]'' Tagesschau, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> In der Nacht auf den 3. Juli forderten Auseinandersetzungen nach offiziellen Angaben insgesamt mindestens 22 Tote,<ref name="TTOI_2013-07-03_EAT" /><ref name="TTOI_2KI">''[http://www.webcitation.org/6KeupLk5B 23 killed in Cairo overnight, but Morsi remains defiant]'' (englisch). The Times Of Israel, 3. Juli 2013, von Michal Shmulovich, archiviert vom [http://www.timesofisrael.com/morsi-i-will-sacrifice-my-own-blood-for-the-legitimacy-of-egypt/ Original] am 26. Oktober 2013.</ref><ref name="n-tv_2013-07-03_MLN">''[http://www.webcitation.org/6KGaYv6r9 Militärputsch wird immer wahrscheinlicher - Mursi lässt nicht von der Macht]'', n-tv, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Mursi-laesst-nicht-von-der-Macht-article10922801.html Original] am 10. Oktober 2013.</ref> die meisten davon bei einem einzigen Vorfall in der Nähe der Universität Kairo, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen.<ref name="tagesschau-de_2013-07-03_AZB" /><ref name="n-tv_2013-07-03_MLN" /><ref name="TTOI_2KI" /><ref name="TTOI_2013-07-03_EAT" /><br />
<br />
Am Nachmittag kam der Oppositionsführer Mohamed el-Baradei mit Vertretern der Armeeführung zusammen.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /> Mursis Anhänger hatten stets erklärt, der erste demokratisch gewählte Staatspräsident Ägyptens habe ein schweres Erbe angetreten und es solle ihm zumindest die volle Amtszeit gewährt werden, um die zahlreichen Probleme des Landes angehen zu können.<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> Die Opposition wertete den Fernsehauftritt Mursis als „Aufruf zum Bürgerkrieg“. Mursi weigere sich weiter, dem „Willen des Volkes“ zu entsprechen und zurückzutreten, sagte ein Oppositionssprecher nach der Rede. Das Oberkommando der Streitkräfte erklärte am frühen Morgen des 3. Juli, die Soldaten seien bereit, für das ägyptische Volk zu sterben.<ref name="Focus-OL_2013-07-03_MAU" /> Auf der Facebookseite des Militärs hieß es zudem: „Wir schwören zu Gott, dass wir sogar unser Blut opfern werden, um das ägyptische Volk vor Terroristen, Radikalen und Verrückten zu schützen“.<ref name="diepresse-com_2013-07-03_MTA">''[http://www.webcitation.org/6KPXLctSj Ägypten: Mursi-TV-Auftritt "Aufruf zum Bürgerkrieg"]'', DiePresse.com, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/1425923/Aegypten_MursiTVAuftritt-Aufruf-zum-Buergerkrieg Original] am 16. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Einige Stunden vor Ablauf des 48-Stunden Ultimatums rief die Mursi unterstützende radikal-islamische Gruppe ''Gamaa Islamija'' ihre Anhänger zur Gewaltlosigkeit auf.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> Mursis Sprecher verkündet, der Staatspräsident sei entschlossen, „notfalls im Kampf für die Demokratie zu sterben“.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> Auch die Armee hat angekündigt, bis zum Äußersten zu kämpfen. Der Sprecher der Muslimbruderschaft, Gehad al-Haddad, bekräftigte den Widerstand der Islamisten gegen eine Entmachtung des Staatspräsidenten und sagte über Twitter: „Der einzige Plan, den die Menschen angesichts eines Putschversuchs haben, ist, sich vor die Panzer zu stellen. So wie wir es bei der Revolution des 25. Januar [2011] gemacht haben“.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM">''[http://www.webcitation.org/6KL4JrXLO Protokoll - Der Tag, als das Militär Mursi absetzte]'', stern.de, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.stern.de/politik/ausland/protokoll-der-tag-als-das-militaer-mursi-absetzte-2033453.html Original] am 13. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Die ''Tamarod''-Kampagne hielt am 3. Juli eine Pressekonferenz in Reaktion auf die Ansprache des Präsidenten Mursi vom 2. Juli ab, mit der er die Bedeutung der Legitimität und seinen Entschlossenheit betont hatte, seinen Posten nicht zu verlassen. called on presidential guards to arrest the president on charges of inciting a civil war, in a press conference on Wednesday, demanding as well a trial of the Muslim Brotherhood. Der Sprecher der Tamarod-Kampagne, Mahmoud Badr, forderte auf der Pressekonferenz, alle Ägypter müssten furchtlos auf den „revolutionären“ Straßen und Plätzen demonstrieren, so am Präsidentenpalast, am Al-Quba Palast, am Abdin-Palast, am Tahrir-Platz und am Palast der Republikanischen Garde. Badr behauptete, die USA würden „eine terroristische Organisation und ein illegotimes Regime“ unterstützen und gab an, der [[al-Dschamāʿa al-islāmiyya]]-Führer [[Assem Abdel-Maged]] und die amerikanische Botschafterin [[Anne W. Patterson|Anne Patterson]] seien die „wichtigsten unterstützenden Figuren für Präsident Mursi“. Badr betonte, nichts könne den Willen des ägyptischen Volkes unterdrücken: „Wir werden uns nicht von den Amerikanern demütigen lassen, weil sie uns weiterhin finanzielle Hilfe schicken; wir wollen sie nicht.“ Badr behauptete weiter: „Dies ist ein nationaler Putsch gegen einen diktatorischen Präsidenten.“ Er rief das Militär auf einzugreifen, um weiteres Blutvergie0en zu vermeiden. Der Tamarod-Medienkoordiator Mai Wahba teilte Medien mit, sie würden um 16 Uhr zum Palast der Republikanischen Garde marschieren, um Mursis Verhaftung zu fordern.<ref name="DNE_2013-07-03_TOV">''[http://www.webcitation.org/6OuuiEFLQ “The time of victory has come”: Tamarod - Petition campaign urges people to take to the streets and not to be afraid]'' (englisch). Daily News Egypt, 3. Juli 2913, von Kanzy Mahmoud, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2013/07/03/the-time-of-victory-has-come-tamarod/ Original] am 18. April 2014.</ref><br />
<br />
Rund eine Stunde vor Ablauf des Ultimatums bestätigte die Militärführung ein Treffen mit Vertretern der politischen Parteien sowie verschiedener Religionsgemeinschaften.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /> <br />
<br />
Unmittelbar vor Ablauf des Ultimatums wurde gemeldet, die ägyptische Armee bereite offenbar eine mögliche Übernahme des staatlichen Fernsehsenders vor. Soldaten bezogen in dem am Nilufer gelegenen Bürogebäude Stellung und überwachten die Nachrichtenproduktion.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><br />
<br />
Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi hat unmittelbar vor dem Ablauf des Ultimatums einen Rücktritt abermals abgelehnt. Das Präsidialamt bekräftigt jedoch die Bereitschaft Mursis, eine Koalitionsregierung zu bilden, um die Überwindung der Staatskrise zu erleichtern.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><br />
<br />
==== Nach 17 Uhr ====<br />
Nachdem das vom Militär gesetzte Ultimatum am 3. Juli 2013 um 17 Uhr ([[Mitteleuropäische Sommerzeit#Mitteleuropäische Sommerzeit|MESZ]]) abgelaufen war, riegelten Militäreinheiten die Kaserne, in die sich Mursi zurückgezogen hatte, mit Barrieren und Stacheldraht ab.<ref>''[http://www.n-tv.de/politik/Militaerputsch-in-Aegypten-hat-begonnen-article10930926.html Militärputsch in Ägypten hat begonnen.]'' n-tv, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref><br />
<br />
Um 17:40 teilt Mursis Büro im sozialen Online-Netzwerk Facebook mit, dass Mursi eine Regierung der nationalen Einheit als Ausweg aus der Staatskrise angeboten habe: „Die Präsidentschaft zieht die Bildung einer Koalitionsregierung des Konsenses in Betracht, um die nächste Parlamentswahl zu beaufsichtigen“. Diese Regierung könnte vorgezogene Parlamentswahlen vorbereiten und Verfassungsänderungen ausarbeiten.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><br />
<br />
Der Sicherheitsberater von Präsident Mursi, Essam al-Haddad, gibt spätestens um 17:45 Uhr an, dass ein Militärputsch angelaufen sei. Er erwarte, dass Armee und Polizei die Pro-Mursi-Demonstrationen mit Gewalt auflösen werden.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><br />
<br />
Gegen Mursi und führende Mitglieder der Muslimbruderschaft wurde ein Ausreiseverbot verhängt,<ref>''[http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-mursi-armee Ägyptens Militär erteilt Mursi Reiseverbot.]'' Die Zeit, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/aegypten-opposition-begruesst-eingreifen-des-militaers-12270126.html Opposition begrüßt Eingreifen des Militärs.]'' Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> wie rund eine Stunde nach Ablauf des Ultimatums offiziell bestätigt wird.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> Zu diesem Zeitpunkt soll sich Mursi Gerüchten nach in den Kasernen der Republikanischen Garde aufhalten.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> <br />
<br />
Kurz vor 19 Uhr berichteten internationale Reporter aus Kairo, dass Panzer angeblich auf dem Weg zu den beiden großen Pro-Mursi-Kundgebungen in Nasr City und nahe der Universität von Kairo seien. In den Vierteln Nasr City, [[Heliopolis]] und nahe der Universität kam es weniger als eine halbe Stunde später zu einem massiven Truppenaufgebot.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /> Politische Beobachter befürchteten nun aufgrund der Absetzung eines demokratisch legitimierten Präsidenten durch das Militär in Ägypten eine Destabilisierung des Landes.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><br />
<br />
Am Abend meldete die staatliche Zeitung Al-Ahram, dass das Militär Präsident Mursi seine vollzogene Absetzung um 18 Uhr Ortszeit (17 Uhr [[Greenwich Mean Time|GMT]]) mitgeteilt habe.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name="RP_2013-07-03_JAT" /> Das Militär setzte nach der Amtsenthebung eine [[Übergangsregierung]] ein.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-militaer-stuerzt-praesident-mohammed-mursi-a-909326.html Putsch in Kairo: Ägyptens Militär stürzt Mursi – Feuerwerk über Tahrir-Platz.]'' Spiegel Online, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref> <br />
<br />
Kurz nach 21 Uhr wird bekannt, dass Militärchef Sisi eine für 21:30 Uhr angekündigte TV-Rede begonnen und mitgeteilt habe, dass die Verfassung außer Kraft gesetzt wurde. Damit, so Medienberichte, sei Mursi nicht mehr im Amt, es herrsche nun eine Übergangsregierung unter der Kontrolle des Militärs und unter Vorsitz des Präsidenten des Verfassungsgerichtes.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /> <br />
<br />
==== TV-Rede Sisis ====<br />
[[Datei:Egyptian_Minister_of_Defense_Abdel_Fatah_Al_Sisi.jpg|mini|[[Abd al-Fattah as-Sisi]] gilt als führende Figur hinter Militärcoup und Einsetzung der militärgestützten Übergangsregierung.<ref name="Reuters-DE_2013-07-29_EDA">''[http://www.webcitation.org/6KJ5y3Q9B EU dringt auf Ende des Konfrontationskurses in Ägypten]'', Reuters Deutschland, 29. Juli 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE96S00D20130729 Original] am 12. Oktober 2013.</ref>]]<br />
Verteidigungsminister und Militärchef [[Abd al-Fattah as-Sisi]] teilte etwa um 21 Uhr in einer im Fernsehen übertragenen Live-Ansprache bereits getroffene Maßnahmen mit und kündigte einen sogenannten weiteren „Fahrplan“ an:<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><ref name="phoenix_2013-07-03_RVA">[http://www.youtube.com/watch?v=oeW5iwrzUcc Rede von Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi am 3. Juli 2013], YouTube, veröffentlicht am 4. Juli 2013 von YouTube-Kanal [phoenix http://www.youtube.com/user/phoenix], Erklärung des Militärs duch Militärchef Abd al-Fattah as-Sisi im ägyptischen Fernsehen mit Synchronübersetzung.</ref><br />
<br />
Aus den Mitteilungen Sisis in der TV-Rede ergaben sich als bereits getroffene Maßnahmen des Regierungssturzes:<br />
* Das Militär hat die [[Verfassung der Republik Ägypten|ägyptische Verfassung]] „vorübergehend“ außer Kraft gesetzt.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ">''[http://www.webcitation.org/6KPP2kPx4 Staatsstreich in Ägypten: Militär setzt Mursi ab.]'' Deutsche Welle, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/191kO Original] am 16. Oktober 2013.</ref><ref name="BBCNews_2013-07-03_EAC">''[http://www.webcitation.org/6LbH0rMAU Egypt army chief Gen Abdul Fattah al-Sisi statement]'' (englisch). BBC News, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-23175529 Original] am 4. Dezember 2013.</ref><ref name=ahram-OL_2013-07-03_EMU>''[http://www.webcitation.org/6KL7B6Ouq Egypt military unveils transitional roadmap]'' (englisch). Al-Ahram (ahramonline), 3. Juli 2013, archiviert vom [http://english.ahram.org.eg/NewsContent/1/64/75631/Egypt/Politics-/Egypt-military-unveils-transitional-roadmap.aspx Original] am 13. Oktober 2013.</ref><br />
* Das Militär hat Staatspräsident Mohammed Mursi abgesetzt.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name=ahram-OL_2013-07-03_EMU /><br />
* Das Militär hat den Präsidenten des [[Oberstes Verfassungsgericht Ägyptens|Obersten Verfassungsgerichts]], [[Adli Mansur]], als [[Übergangsregierung|Interimspräsidenten]] des Landes eingesetzt,<ref name="Spiegel-Ol_2013-10-17_WGS">''[http://www.webcitation.org/6KRUjBFJN Ägyptens Militärchef: Wie General Sisi seine Macht sichert]'', Spiegel Online, 17. Oktober 2013, von Raniah Salloum, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-sisi-gibt-die-macht-nicht-wieder-her-a-928330.html Original] am 17. Oktober 2013.</ref><ref>''[http://www.sueddeutsche.de/politik/staatskrise-in-aegypten-aegyptens-armee-setzt-praesident-mursi-ab-1.1712184 Staatskrise in Ägypten: Ägyptens Armee setzt Präsident Mursi ab.]'' Süddeutsche Zeitung, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Politik/d/3125268/aegyptens-neuer-starker-mann.html General Abdel Fattah al-Sissi: Ägyptens neuer starker Mann.]'' N24, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref><ref name="n-tv_2013-07-03_ZWL">''[http://www.webcitation.org/6KRGjaQbA „Zum Wohle des Landes“ – Ägyptisches Militär setzt Mursi ab.]'' n-tv, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.n-tv.de/politik/Aegyptisches-Militaer-setzt-Mursi-ab-article10930926.html Original] am 17. Oktober 2013.</ref> der das Amt des Staatspräsidenten während der Übergangsphase kommissarisch übernehmen soll und verfassungsrechtliche Erklärungen erlassen darf,<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name="BBCNews_2013-07-03_EAC" /> bis ein neuer Staatspräsident gewählt worden ist.<ref name="BBCNews_2013-07-03_EAC" /><ref name=ahram-OL_2013-07-03_EMU /><br />
* Das Militär hat zusammen mit Politikern und anderen öffentlichen Personen einen weiteren „Fahrplan“ beschlossen.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name=ahram-OL_2013-07-03_EMU /><br />
<br />
Zu den Ankündigungen Sisis in der TV-Rede für den weiteren „Fahrplan“ (''road map'') zählten:<br />
* Die Bildung einer „starken und fähigen“ nationalen Interrimsregierung, die „weitgehende Befugnisse“ haben<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /><ref name="BBCNews_2013-07-03_EAC" /> und aus einem Kabinett von [[Technokratie|Technokraten]] bestehen soll.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name="BBCNews_2013-07-03_EAC" /><ref name=ahram-OL_2013-07-03_EMU /><br />
* Die Bildung eines Komitees aus Personen von verschiedenartiger Kompetenz und unterschiedlichen Spektrums, das die vorgeschlagenen Veränderungen der mit dem Putsch außer Kraft gesetzten Verfassung überprüfen soll.<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /><ref name="BBCNews_2013-07-03_EAC" /><ref name=ahram-OL_2013-07-03_EMU /><br />
* Am Ende des Übergangsprozesses sollen Neuwahlen stehen:<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> <br />
: Die Ausrichtung vorgezogener Präsidentschaftswahlen,<ref name="n-tv_2013-07-03_ZWL" /><ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="BBCNews_2013-07-03_EAC" /> <br />
: und Parlamentswahlen nach einer kurzen Übergangsphase,<ref name="n-tv_2013-07-03_ZWL" /> für die das Oberste Verfassungsgericht den Gesetzesentwurf erlassen soll und die es einleiten soll.<ref name="BBCNews_2013-07-03_EAC" /><ref name=ahram-OL_2013-07-03_EMU /><br />
<br />
Ferner kündigte Sisi die Bildung eines Hohen Komitees zur nationalen Versöhnung an, das Persönlichkeiten umfassen soll, die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz „aller nationalen Kräfte“ genießen und alle Zugehörigkeiten repräsentieren. Die Jugend solle in die Entscheidungen eingebunden werden; ein Codex für Ethik der Medien solle Medienfreiheit sicherstellen, die Regeln der Professionalität, Glaubwürdigkeit und Neutralität überwachen und die höchsten Interessen des Heimatlandes voranbringen. Er betonte, die Armee habe wiederholt seit November 2012 versucht, zwischen Präsident und Opposition zu vermitteln und forderte die Demonstranten auf friedlich zu bleiben.<ref name="BBCNews_2013-07-03_EAC" /><ref name=ahram-OL_2013-07-03_EMU /><br />
<br />
Wörtlich sagte Sisi in der Erklärung: „Das Militär kann nicht stillhalten in der Krise“,<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> „die Armee will nicht an der Macht bleiben.“<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><br />
<br />
==== TV-Stellungnahmen weiterer Putschbefürworter ====<br />
<br />
Während der im Fernsehen ausgestrahlten Verkündung Sisis zur Entmachtung Mursis saßen der Oppositionsführer el-Baradei sowie der koptische Patriarch Tawadros II. und der Imam der Kairoer Al-Azhar-Universität, der Großscheich Ahmed Tayeb, und Vertreter der Protestbewegung ''Tamarod'' neben ihm sichtbar auf der Bühne.<ref name="DW_2013-07-03_MSP">''[http://www.webcitation.org/6KPVif8cW Ägypten - Militär stürzt Präsident Mursi]'', Deutsche Welle, 3. Juli 2013, archiviert vom [http://dw.de/p/191ni Original] am 16. Oktober 2013.</ref><ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" /> Sie waren auch bei einem der TV-Rede Sisis vorangegangenen Krisentreffen der Militärführung als Spitzen der Opposition und hohe kirchliche Würdenträger beteiligt gewesen.<ref name="n-tv_2013-07-03_ZWL" /> Der Oppositionsführer Mohammed el-Baradei sowie die religiösen Führungspersonen wie Tawadros II. und Ahmed Tayeb wurden in die Entscheidung des Militärs eingebunden. Auch sie nahmen vor den Fernsehkameras Stellung und unterstützen darin die Entscheidung des Militärs.<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" /> <br />
<br />
Friedensnobelpreisträger El-Baradei erklärte vor den Kameras, der von Armeechef Sisi angekündigte Fahrplan garantiere die Grundforderungen des ägyptischen Volkes nach [[Vorgezogene Neuwahl|neuen]] Präsidialwahlen.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" />: „Wir werden die Verfassung reformieren.“<ref name="RP_2013-07-03_JAT" /><ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" /> Die Revolution des 25. Januar 2011 sei mit den Ereignissen des 3. Juli wiederbelebt worden.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-03_ÄMS" /><br />
<br />
Das koptische Oberhaupt Tawadros II. erklärte, der Fahrplan sei durch treue Menschen verfasst worden, die damit ohne eigene Interessen an vorderster Stelle das Interesse des Landes verfolgt hätten.<ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" /> Der Fahrplan garantiere die Sicherheit aller Ägypter und unter Beteiligung aller Seiten.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-03_ÄMS" /><ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" /> Die schwarze Farbe der ägyptischen Flagge stehe für das ägyptische Volk, die weiße Farbe für die Reinheit der Jugend, die rote Farbe für das bereits geflossene Blut der Polizei bei dem Schutz der Ägypter und der Adler in der Mitte der Flagge symbolisiere die Streitkräfte, die die Sicherheit garantieren.<ref name="phoenix_2013-07-03_EZA" /><br />
<br />
Auch [[Mahmoud Badr]], Sprecher und Mitbegründer der in Medien als Oppositionsbündnis bezeichneten ''Tamarod''-Gruppe, die zu den Großdemonstrationen gegen Mursi am Wochenende vor dem Putsch aufgerufen hatte, trat ans Mikrofon<ref name="Guardian_2013-07-03_EAS">''[http://www.webcitation.org/6Outygu7j Egyptian army suspends constitution and removes President Morsi – as it happened]'' (englisch). The Guardian, 3. Juli 2913, von Matthew Weaver und Tom McCarthy, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/middle-east-live/2013/jul/03/egypt-countdown-army-deadline-live Original] am 18. April 2014.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-07-03_ÄMS" /> und begrüßte die Intervention des Militärs.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-03_ÄMS" /><br />
<br />
==== Festnahme und weiterer Verbleib Mursis (3. Juli bis Anfang November) ====<br />
Der Sprecher der Bruderschaft, Gehad El-Haddad, teilte in der Nacht über Twitter mit, Mursi und seine wichtigsten Mitarbeiter würden im Club der republikanischen Präsidentengarde festgehalten. Die Armeeführung bestätigte die Festnahme des entmachteten Staatspräsidenten Mursi.<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /><br />
<br />
Der Ort, an dem Mursi nach seiner Entmachtung durch das Militär festgehalten wurde, wurde auch in der Folge geheim gehalten. Die Übergangsregierung lehnte eine Freilassung ab und erklärte, der entmachtete Präsident werde an einem „sicheren Ort“ festgehalten. Die Familie Mursis erklärte später, am 22. Juli, Armeechef Sisi wegen [[Entführung]] vor Gericht stellen lassen zu wollen. Es würden „rechtliche Maßnahmen auf lokaler und internationaler Ebene“ gegen „den Führer des blutigen Militärputsches und seine Putschisten-Gruppe“ unternommen.<ref name="derStandard-at_2013-07-22_MFw">''[http://www.webcitation.org/6L7FvvYMM Mursis Familie wirft ägyptischem Armeechef "Entführung" vor]'', derStandard.at, 22. Juli 2013, archiviert vom [http://derstandard.at/1373513372433/Mursis-Familie-wirft-aegyptischem-Armeechef-Entfuehrung-vor Original] am 14. November 2013.</ref><ref name="Zeit-OL_2013-07-22_MFw">''[http://www.webcitation.org/6L7G7lcbJ Mursis Familie wirft ägyptischem Armeechef Entführung vor]'', Zeit Online, 22. Juli 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/video/2013-07/2559974405001/aegypten-mursis-familie-wirft-aegyptischem-armeechef-entfuehrung-vor#autoplay Original] am 14. November 2013.</ref> Auch die EU-Außenminister forderten am 22. Juli die Freilassung Mursis, die sie in einer Stellungnahme neben einem Ende der politisch motivierten Festnahmen und der Freilassung aller übrigen politischen Gefangenen zu den wichtigsten Aufgaben zählten.<ref name="derStandard-at_2013-07-22_MFw" /><br />
<br />
Erst am 13. November wurden Einzelheiten über den Verbleib Mursis seit seinem Sturz durch das Militär bekannt, als sein Anwalt Mohammed al-Damati, der Mursi am 12. November im Gefängnis in Alexandria besuchen konnte, einen Brief Mursis im Fernsehen verlas. In dem Brief berichtete Mursi von einer Entführung durch das Militär. Er sei vor seiner Absetzung durch das Militär „gewaltsam entführt“ worden, gegen seinen Willen „vom 2. Juli bis 5. Juli in einem Haus der republikanischen Garde“ gewesen, einer Elite-Militäreinheit, die den Präsidentenpalast sowie weitere Regierungsgebäude bewacht, und daraufhin zusammen mit seinen Beratern „erneut gewaltsam in eine Marine-Basis der Streitkräfte für vier volle Monate verlegt“ worden, wo er bis zum Beginn seines Prozesses im November festgehalten worden sei. In der Haft habe Mursi lediglich die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sowie eine EU-Delegation und vier Staatsanwälte getroffen. Sein Anwalt kündigte gerichtliche Schritte gegen den Putsch an.<ref name="Süddeutsche-de_2013-11-13_EPM">''[http://www.webcitation.org/6L7EIxYvb Ex-Präsident Mursi wurde auf Marine-Basis gefangen gehalten]'', Süddeutsche.de, 13. November 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/aegypten-ex-praesident-mursi-wurde-auf-marine-basis-gefangen-gehalten-1.1817797 Original] am 14. November 2013.</ref> <br />
<br />
Am 14. November wurde offiziell bekanntgegeben, dass der seit dem Putsch vom 3. Juli bis zu seinem Prozessbeginn am 4. November an einem nicht bekannt gegebenen Ort festgehaltene, gestürzte Präsident Mursi in Isolationshaft des Hochsicherheitsgefängnisses Borg al-Arab nahe Alexandria verlegt wurde, in dem er nach dem Prozessauftakt zunächst im Krankentrakt des Gefängnisses untergebracht worden war.<ref name="RP-OL_2013-11-14_Msj">''[http://www.webcitation.org/6L8A0c9Qa Hochsicherheitsgefängnis in Ägypten: Mursi sitzt jetzt in Isolationshaft]'', RP Online, 14. November 2013, archiviert vom [http://www.rp-online.de/politik/ausland/mursi-sitzt-jetzt-in-isolationshaft-aid-1.3818054 Original] am 14. November 2013.</ref><br />
<br />
==== Weitere Ereignisse ====<br />
Nachdem bekannt wurde, dass Mursi abgesetzt wurde, und eine Übergangsregierung unter Vorsitz des Präsidenten des Verfassungsgerichtes und unter der Kontrolle des Militärs herrschte, brach Jubel auf dem Tahrir-Platz aus, wo Hunderttausende feierten.<ref name="RP_2013-07-03_JAT">''[http://www.webcitation.org/6KL8HNZcW Mursi gestürzt – Jubel auf dem Tahrir-Platz.]'' Rheinische Post (RP Online), 3. Juli 2013, archiviert vom [http://www.rp-online.de/politik/ausland/so-lief-der-dramatische-abend-in-kairo-1.3511321 Original] am 13. Oktober 2013.</ref> Pro-Mursi-Demonstrationen in Kairo wurden dagegen mit Dutzenden Panzern abgeriegelt.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="DW_2013-07-03_MSP" /><br />
<br />
Kurz nach der Entmachtung Mursis wurden drei islamistische Fernsehsender abgeschaltet.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> Betroffen gewesen sein soll der Sender ''Misr25'' der Muslimbruderschaft, der Islamistensender ''Al-Hafes'' und der Salafistensender ''Al-Nas''.<ref name="n-tv_2013-07-03_ZWL" /> Nach der Verkündung der Entmachtung Mursis kam es in mehreren Städten zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern Mursis. Dabei wurden in der als Hochburg der Islamisten geldetenden Stadt Marsa Matruh nach offiziellen Angaben mindestens vier Mursi-Anhänger getötet.<ref name="DW_2013-07-03_SiÄ" /><ref name="DW_2013-07-03_MSP" /><ref name="Spiegel-OL_2013-07-03_ÄMS" /> Ein weiterer Mursi-Anhänger starb in Alexandria,<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /><ref name="Spiegel-OL_2013-07-03_ÄMS" /> wo sich Anhänger und Gegner Mursis heftige Straßenschlachten lieferten. Auch aus den Provinzen Asyut und Gharbija wurden Zusammenstöße gemeldet.<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /><br />
<br />
==== Opfer ====<br />
Nach Angabe der als unabhängig geltenden Website [[Wiki Thawra]] kam es bei dem Sturz Mursis durch das Militär am 3. Juli 2013 zu 16 Todesopfern.<ref name="DNE_2013-12-30_2BY">''[http://www.webcitation.org/6MvBpFDYb 2013 a ‘black year’ for human rights]'' (englisch). Daily News Egypt, 30. Dezember 2013, von Rana Muhammad Taha, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2013/12/30/2013-a-black-year-for-human-rights/ Original] am 26. Januar 2014.</ref><br />
<br />
=== Reaktionen auf den Putsch ===<br />
<br />
==== National ====<br />
* Nach seiner Absetzung durch die Armee rief der entmachtete Staatspräsident Mohammed Mursi, dessen Aufenthaltsort nicht bekannt gegeben wurde, in einer ersten Reaktion am 3. Juli über Twitter seine Anhänger zum friedlichen Widerstand gegen den Putsch auf, den einen „Staatstreich“ nannte, dem sich alle freien Menschen in Ägypten widersetzen müssten.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /><ref name="DW_2013-07-03_MSP" /> Er forderte dazu auf, zur Verfassung zurückzukehren und warnte vor Blutvergießen.<ref name="Stern_2013-07-03_TAM" /> In einer Videobotschaft erklärte Mursi später: „Ich bin der gewählte Präsident Ägyptens.“<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /><br />
<br />
* Die salafistische ''Partei des Lichts'' stimmte den als „Fahrplan“ bezeichneten Ankündigungen des Militärs mit der Begründung zu, weiteres Blutvergießen vermeiden zu wollen.<ref name="DW_2013-07-03_MSP" /><ref name="Spiegel-OL_2013-07-03_ÄMS" /><br />
<br />
* Mohammed el-Baradei, der zu diesem Zeitpunkt als künftiger Übergangspremier gehandelt wurde, rechtfertigte den Militärputsch gegenüber der [[British Broadcasting Corporation|BBC]] und gab an, die Alternative wäre ein Bürgerkrieg gewesen. Ägypten habe für seine demokratische Entwicklung inzwischen zweieinhalb Jahre verloren. Auch die Festnahme führender Muslimbrüder und die Abschaltung einer Reihe islamistischer Fernsehkanäle rechtfertigte el-Baradei.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /> Das Oppositionsbündnis [[Nationale Heilsfront]] gab an, der Muslimbruderschaft weitere Beteiligung am politischen Übergang bis zur Wahl eines neuen Parlaments und eines Präsidenten zuzusichern. El-Baradei teilte mit: „Wir lehnen es total ab, Parteien auszuschließen, insbesondere islamische Gruppen“. Obwohl die Vollmachten von Übergangsstaatspräsident Adli Mansur, der sein am Anfang der gleichen Woche angetretenes Amt als Präsident des Verfassungsgerichts zusätzlich beibehielt, selbst über die exekutiven und legislativen Befugnisse hinausgingen, die sich Mursi im November in einem später aufgehobenen Ermächtigungsdekret gesichert hatte, bestritt el-Baradei am 5. Juli abermals, dass es sich bei dem Sturz Mursis durch das Militär um einen Militärputsch gehandelt hat.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /><br />
<br />
* Die Sprecherin der [[Freiheits- und Gerechtigkeitspartei]] (FJP), Amena Ibrahim Mustafa, beklagte, die Entscheidung des Militärs betrüge Millionen Ägypter um ihre „Teilhabe an der Demokratie und am politischen Übergangsprozess“. Die Machtübernahme führe Ägypten „zurück in die Diktatur“. Sie warf el-Baradei vor, den Staatsstreich als „Verbündeter“ des Militärs mitgetragen zu haben. Nach der Ernennung Mansurs zum Interimsstaatschef durch Militärchef Sisi hatte el-Baradei den vom Militär verkündeten „Fahrplan“ begrüßt, der die Aufhebung der Verfassung, diktatorische Befugnisse für Mansur und Neuwahlen in einem nicht näher bestimmten Zeitraum vorsah. Mitglieder seines Bündnisses mussten mindestens eine Woche zuvor in die Pläne des Militärs eingeweiht gewesen sein. Mustafa warf el-Baradei vor, seine Position als Verteidiger demokratischer Rechte aufgegeben zu haben. Die sieben von den Sicherheitskräften abgeschalteten Sender, die von islamistischen Fernsehanstalten betrieben worden waren und unter denen sich mit ''Misr 25'' auch der Kanal der Muslimbruderschaft befand, übertrugen auch am 5. Juli weiterhin nicht wieder. Das Erscheinen der FJP-Parteizeitung „Freiheit und Gerechtigkeit“ wurde seit dem 4. Juli verboten, obwohl Militärchef Sisi in seiner etwa zehn Minuten langen Ansprache vom 3. Juli versprochen hatte, Medien- und Meinungsfreiheit zu garantieren.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /><br />
<br />
* Monsignore Joachim Schroedel, seit 1995 im Auftrag des Auslandssekretariats der [[Deutsche Bischofskonferenz|Deutschen Bischofskonferenz]] Seelsorger für die rund 10.000 bis 15.000 deutschsprachigen Katholiken in Ägypten, Libanon, Syrien, Jordanien und Äthiopien, bezeichnete Mursi am 4. Juli 2013 im Online-Magazin [[The European]] als „Nachfolger“ Mubaraks und begrüßte seinen Sturz. „Die Ägypter“ hätten damit „wieder einmal bewiesen, dass sie ein Volk klarer Entscheidungen sind“ und „Religion weiter Privatsache bleiben soll“. Das ägyptische Volk, so Schroedel weiter, „ist und bleibt mehrheitlich ein liberales Volk“ und „vor allem ein Volk klarer Gerechtigkeit und Entscheidung“. Bei dem Sturz „des ersten »frei gewählten« Präsidenten“ Mursi „nach 7.000 Jahren Herrschaftsregime“ handle es sich nicht um einen „Staatsstreich“, da das Militär „nicht einfach »übernommen«“ habe, sondern „Wahlen organisieren, nicht herrschen“ wolle. Es sei mit dem Sturz Mursis verhindert worden, dass der „Arabische Frühling“ durch die Wahl Mursis zu einem „Arabischen Winter“ geworden sei. Mursi seien „kontinuierliche Lügen – beziehungsweise nicht erfüllte Versprechungen – und seine Führungslosigkeit“ anzulasten. Seit Februar 2011 seien Millionen Touristen ausgeblieben, die Angst hätten, „in einem »Neuen Iran« zu landen“.<ref name="European_2013-07-04_INV">''[http://www.webcitation.org/6L7sxdHCy Im Namen des Volkes]'', The European, 4. Juli 2013, von Joachim Schroedel, archiviert vom [http://www.theeuropean.de/joachim-schroedel/7157-nach-dem-sturz-von-mohammed-mursi Original] am 14. November 2013.</ref><br />
<br />
==== International ====<br />
* {{AU}} – Als Reaktion auf den Umsturz wurde Ägypten am 5. Juli 2013 aus der [[Afrikanische Union]] (AU) ausgeschlossen. Damit brachte die Afrikanische Union ihre Missbilligung des Vorgehens der ägyptischen Streitkräfte zum Ausdruck. In einer offiziellen Mitteilung erklärte Admore Kambudzi, der Ratssekretär des AU-Sicherheitsrates in [[Addis Abeba]], dass es sich bei dem Vorgehen des Militärs um eine „illegale Übernahme der Macht“ handeln würde, die nicht der Verfassung Ägyptens entspreche. Der AU-Kommissionsvorsitzende [[Nkosazana Dlamini-Zuma]] betonte jedoch, dass die Afrikanische Union Ägypten wieder aufnehmen werde, wenn es dort eine demokratisch gewählte Regierung gäbe. Ferner habe sich die [[Revolution in Ägypten 2011|Revolution in Ägypten im Jahr 2011]] dahingehend von der momentanen Situation unterschieden, als dass damals in Form von [[Hosni Mubarak]] ein jahrelang herrschender Diktator gestürzt worden sei. [[Mohammed Edrees]], der ägyptische Vertreter der Afrikanischen Union, hatte vor der Entscheidung derselben versucht, den Ausschluss abzuwenden, und dabei die wichtige Rolle Ägyptens bei der [[Dekolonisation Afrikas]] betont sowie auf den Umstand verwiesen, dass Ägypten eines der Gründungsmitglieder der Afrikanischen Union sei.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /><ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /><ref name="ND_2013-07-05_TBS" /><br />
* {{DEU}} – In einer ersten Reaktion am Abend des 3. Juli 2013 drückte Bundesaußenminister [[Guido Westerwelle]] seine Sorge im Hinblick auf die aktuelle Lage aus und rief alle politischen Akteure dazu auf, auf Deeskalation zu setzen und den begonnenen Weg in Richtung Demokratie „beherzt“ fortzusetzen. Ägypten brauche einen „echten nationalen Dialog, an dem alle unterschiedlichen politischen Geisteshaltungen und Kräfte teilhaben“.<ref>''[http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Aktuelle_Artikel/Aegypten/130702-EGY-Demonstrationen.html Ägypten: Erste Minuten einer historischen Stunde.]'' Auswärtiges Amt, 3. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref> In einer ausführlicheren Stellungnahme am 4. Juli erklärte er, es sei „ein schwerwiegender Vorgang, dass die ägyptischen Streitkräfte die verfassungsmäßige Ordnung ausgesetzt und den Präsidenten seiner Amtsbefugnisse enthoben haben“ und ein „schwerer Rückschlag für die Demokratie in Ägypten“. Er forderte „alle Verantwortlichen in Ägypten auf, jetzt besonnen vorzugehen, aufeinander zuzugehen und gemeinsam nach Wegen aus der ernsten Staatskrise zu suchen“. Deutschland sei „weiter bereit, den Aufbau einer neuen demokratischen Staatsordnung in Ägypten zu unterstützen“.<ref>''[http://www.dw.de/deutschland-will-ägypten-weiter-helfen/a-16929074 Deutschland will Ägypten weiter helfen.]'' Deutsche Welle, 4. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8B0BCBEF6E92168A63B110C9001E8366/DE/Infoservice/Presse/Meldungen/2013/130704-BM_EGY.html?nn=363034 Außenminister Westerwelle zur Lage in Ägypten.]'' Auswärtiges Amt, 4. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref><br />
* {{DAN}} - „Staatsrechtlich ist es ein Militär-Putsch, den wir natürlich nie begrüßen können, denn das verlief nicht nach einem demokratischen Drehbuch, aber es musste ja etwas geschehen in Ägypten“, kommentierte der dänische Außenminister Villy Søvndal.<br />
* {{IRN}} – Das iranische Außenministerium warnte vor ausländischer Einflussnahme.<ref>''[http://english.farsnews.com/newstext.aspx?nn=13920414000347 Iran Calls for Egyptians’ Vigilance against Enemies’ Plots.]'' Fars News Agency, 5. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref><br />
* {{Jordanien}} - Das jordanische Königshaus erklärte, den Wunsch des ägyptischen Volkes zu respektieren.<ref name="ausland">[http://www.spiegel.de/politik/ausland/arabische-welt-nach-umsturz-in-aegypten-glueckwuensche-zum-coup-a-909627.html Theresa Breuer: ''Reaktionen auf Sturz Mursis: Arabische Herrscher gratulieren Ägypten zum Putsch.''] www.spiegel.de, 5. Juli 2013.</ref><br />
* {{Katar}} - Aus dem Außenministerium des Landes verlautete zurückhaltend, Katar unterstütze den Willen des ägyptischen Volkes und sehe in Ägypten einen Führer in der arabischen und islamischen Welt. Das Emirat hatte während der Herrschaft der Muslimbrüder das Land mit acht Milliarden Dollar unterstützt und gilt im Unterschied zu vielen Staaten der Golfregion als Unterstützer der Muslimbruderschaft und ihr nahestehender Organisationen in anderen Ländern.<br />
* {{Kuwait}} - Das Land versprach der neuen ägyptischen Regierung eine finanzielle Unterstützung von vier Milliarden Dollar.<br />
* {{Russland}} – Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma [[Alexej Puchow]] sagte: „Der arabische Frühling hatte nicht Demokratie, sondern Chaos zur Folge. Die Ereignisse in Ägypten zeigten, dass es keinen schnellen und friedlichen Übergang von autoritären Regimes zu einer demokratischen Politik gebe. Das bedeutet, dass die Demokratie kein Patentrezept ist und in den Ländern nicht funktioniert, die nicht zur westlichen Welt gehören.“<ref>http://www.sueddeutsche.de/politik/reaktion-auf-putsch-in-aegypten-demokratische-doppelmoral-1.1712667</ref><br />
* {{Saudi-Arabien}} – Der König [[Abdullah ibn Abd al-Aziz]] gratulierte dem Militär. Er lobte die „Weisheit und Vermittlung“ der Militärs und fügte an, das Land sei im entscheidenden Moment gerettet worden.<ref name="ZEIT_2013-07-04_WnMSRfdD">''[http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-sturz-mursi-reaktionen Westerwelle nennt Mursis Sturz Rückschlag für die Demokratie]''. In: ''Die Zeit'', 4. Juli 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref> Diese Reaktion wird vor allem damit erklärt, dass durch die Ablehnung des monarchischen Prinzips im Islam durch die Muslimbrüder zugleich die Legitimation arabischer Herrscher in Frage gestellt wird.<ref name="ausland" /> Überdies wird das Prinzip der Muslimbrüder, durch demokratische Wahlen in Regierungspositionen zu gelangen, von den Herrschern der meisten Staaten der Golfregion als gefährliche Konkurrenz abgelehnt.<br />
* {{Somalia}} – Die islamistische militante Bewegung [[al-Shabaab (Somalia)|al-Shabaab]] verkündete auf ''[[Twitter]]'': „Es ist Zeit, die rosarote Brille abzunehmen und die Welt so zu sehen wie sie ist. Veränderung kommt alleine durch die Gewehrkugel (engl. ''bullet''), nicht durch die Wahlkugel (engl. ''ballot''). [Die Muslimbrüder] sollten vielleicht ein wenig aus der Geschichte lernen und von denjenigen, die vor ihnen in Algerien ’demokratisch gewählt’ wurden, oder von der Hamas. Wann werden die Muslimbrüder (MB) aus dem tiefen Schlaf aufwachen und die Vergeblichkeit ihrer Bemühungen um institutionelle Veränderungen erkennen. Nach einem Jahr des Hürdenlaufes ist das MB-Pferd endlich auf dem Weg zum Schlachthof und wird das Licht wohl nicht mehr erblicken.“<ref>{{cite news|agency=Reuters |url=http://news.yahoo.com/egypt-shows-power-only-comes-force-somali-militants-155413042.html |title=Egypt shows power only comes from force, Somali militants say |publisher=Yahoo! News |date=2013-07-04 |accessdate=2013-07-06|archiveurl=http://web.archive.org/web/20130928052731/news.yahoo.com/egypt-shows-power-only-comes-force-somali-militants-155413042.html|archivedate=2013-09-28}}</ref><br />
* {{Syrien}} – Der syrische Staatspräsident [[Baschar al-Assad]] nannte den Umsturz „das Ende des politischen Islams.“<ref name="ZEIT_2013-07-04_WnMSRfdD" /><br />
* {{Türkei}} – Der türkische Außenminister [[Ahmet Davutoğlu]] nannte den Umsturz am 4. Juli „besorgniserregend“ und „inakzeptabel“ und forderte die sofortige Freilassung der „gewählten Führer des Landes“.<ref>''[http://www.welt.de/politik/ausland/article117718520/Ankara-fordert-sofortige-Freilassung-Mursis.html Ankara fordert sofortige Freilassung Mursis]''. In: ''Die Welt'', 4. Juli 2013.</ref><br />
* {{Tunesien}} - Präsident [[Moncef Marzouki]] verurteilte den Sturz Mursis und sprach von einem „Versuch, das alte Regime zu reinstallieren“. Seine [[Kongress für die Republik|Partei]] bezeichnete den Sturz Mursis als „Schlag für die Demokratie“.<ref name="ausland" /><br />
* {{Vereinigte Arabische Emirate}} - Der Herrscher Scheich [[Chalifa bin Zayid Al Nahyan|Chalifa]] gratulierte Mansur und wünschte ihm „Erfolg bei seiner historischen Mission“.<ref name="ausland" /><br />
* {{UK}} – Der britische Außenminister [[William Hague]] erklärte zu den Vorgängen: „Das Vereinigte Königreich unterstützt kein militärisches Eingreifen als Weg, Konflikte in einem demokratischen System zu lösen. Die Situation ist wirklich gefährlich und wir fordern alle Seiten auf, Zurückhaltung zu zeigen und Gewalt zu vermeiden“.<ref name="ZEIT_2013-07-04_WnMSRfdD" /><br />
* {{USA}} – Nachdem bei den Protesten in Alexandria ein US-amerikanischer Student erstochen worden war,<ref>''[http://english.ahram.org.eg/News/75196.aspx US citizen stabbed to death in Egypt’s Alexandria.]'' Al-Ahram, 28. Juni 2013, abgerufen am 4. Juli 2013.</ref> zogen die [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten von Amerika]] am 29. Juni 2013 sämtliche Mitarbeiter aus ihrer Botschaft in Kairo ab.<ref>''[http://www.welt.de/politik/ausland/article117558990/USA-ziehen-Mitarbeiter-aus-Botschaft-in-Kairo-ab.html USA ziehen Mitarbeiter aus Botschaft in Kairo ab]''. In: ''Die Welt'', 29. Juni 2013, abgerufen am 1. Juli 2013.</ref> Auf einer Presseerklärung in [[Tansania]] am 1. Juli 2013 erklärte [[Barack Obama]], die Sicherheit der amerikanischen Botschaften und Konsulate in Ägypten habe für ihn höchste Priorität. Er bestehe zudem darauf, dass sowohl Mursi und seine Anhänger als auch oppositionelle Gruppen friedlich miteinander umgingen.<ref>''[http://www.whitehouse.gov/the-press-office/2013/07/01/remarks-president-obama-and-president-kikwete-tanzania-joint-press-confe Remarks by President Obama and President Kikwete of Tanzania at Joint Press Conference.]'' The White House, 1. Juli 2013, 2. Juli 2013 (englisch).</ref> Nach dem Putsch vom 3. Juli erwähnte Obama im Zusammenhang mit dem Sturz Mursis nicht den Begriff „Putsch“ (''coup''). In einer schriftlichen Stellungnahme vom 3. Juli drückte er seine „tiefe Sorge“ über die Aktion des Militärs aus und forderte das Militär auf, die gesamte Amtsgewalt so bald wie möglich einer demokratisch gewählten Zivilregierung zurückzugeben. Von US-Regierungsbeamten schien Obamas Aussage als Zeichen an Ägypten und andere US-Verbündete dafür gedeutet zu werden, dass die US-Regierung den Militärputsch akzeptierte.<ref name="VOA_2013-07-05_OFT">''[http://www.webcitation.org/6LjUzhjij Obama Faces Tough Choices on Egypt]'' (englisch). Voice Of America, 5. Juli 2013, von Kent Klein, archiviert vom [http://www.voanews.com/content/obama-faces-tough-choices-on-egypt/1696278.html Original] am 9. Dezember 2013.</ref><br />
<br />
=== Frage der Einordnung als „Putsch“ ===<br />
==== Kontroverse um die begriffliche Einordnung des Militärcoups ====<br />
Die US-amerikanische Regierung vermied die Bezeichnung Putsch,<ref>[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/machtwechsel-in-aegypten-amerika-es-war-kein-militaerputsch-12271524.html Matthias Rüb: Machtwechsel in Ägypten Amerika: Es war kein Militärputsch]. Faz.net vom 5. Juli 2013.</ref> ebenso wie die neuen ägyptischen Machthaber.<ref>[http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/tid-32189/die-ereignisse-in-aegypten-im-live-ticker-mursi-anhaenger-rufen-zum-freitag-der-ablehnung-auf-kein-militaerputsch_aid_1035182.html Ticker-Protokoll zu Unruhen in Ägypten „Kein Militärputsch“]. Focus.de, 4. Juli 2013.</ref><ref name="Handelsblatt_2013-07-05_MWK">''[http://www.webcitation.org/6J2r97xA0 Sanktionen drohenÄgypten: Machtwechsel war kein „Putsch“]'', Handelsblatt, 5. Juli 2013, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/sanktionen-drohen-aegypten-machtwechsel-war-kein-putsch-seite-all/8451896-all.html Original] am 21. August 2013.</ref> Vertreter der Tamarod-Bewegung erklärten, es sei kein Putsch gewesen, da „die Armee […] doch nur den Willen des Volkes umgesetzt“ habe.<ref>Birgit Svensson: ''Ägypten: Blutige Kämpfe und das Ende des politischen Islams''. In: ''Die Welt'' vom 16. Juli 2013 ([http://www.welt.de/politik/ausland/article118112299/Blutige-Kaempfe-und-das-Ende-des-politischen-Islams.html online], Zugriff am 17. Juli 2013).</ref> Mohammed el-Baradei bezeichnete den Umsturz als Korrektur eines islamistischen Lenkfehlers am Beginn einer echten Demokratie.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-19_LOW">[http://www.webcitation.org/6J16f685G ''Chaos in Ägypten – Ein Land ohne Wir''], Der Tagesspiegel, 19. August 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/meinung/chaos-in-aegypten-ein-land-ohne-wir/8656374.html Original] am 20. August 2013.</ref> Die Muslimbrüder beharrten dagegen darauf, dass es sich bei dem Umsturz um einen Putsch gehandelt habe.<ref name="Tagesspiegel_2013-07-10_WMK">''[http://www.webcitation.org/6J3n5ChdW Muslimbrüder beteiligen sich nicht an Regierung – „Wir machen keine gemeinsame Sache mit Putschisten“]'', [[Der Tagesspiegel]]'', 10. Juli 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/muslimbrueder-beteiligen-sich-nicht-an-regierung-wir-machen-keine-gemeinsame-sache-mit-putschisten/8473358.html Original] am 22. August 2013..</ref><br />
<br />
Am 3. Juli bezeichnete Max Fischer die Ereignisse in der ''[[Washington Post]]'' sowohl als ''coup'' (Putsch oder Staatsstreich) als auch als [[Revolution]].<ref name=TWP_2013-07-03_IWH>''[http://www.webcitation.org/6J3k0M4A2 Is what happened in Egypt a coup or a revolution? It’s both]'' (englisch). The Washington Post, 3. Juli 2013, von Max Fisher, archiviert vom [http://www.washingtonpost.com/blogs/worldviews/wp/2013/07/03/is-what-happened-in-egypt-a-coup-or-a-revolution-its-both/ Original] am 22. August 2013.</ref> Auch nach Auffassung des Direktors des ''Deutschen Instituts für Internationale Politik und Sicherheit'' der [[Stiftung Wissenschaft und Politik]], [[Volker Perthes]], in der deutschsprachigen Wochenzeitschrift ''[[Die Zeit]]'' vom 5. Juli handelte es sich bei dem militärischen Umsturz im Gegensatz zu der Darstellung von Putschbefürwortern zwar nicht um eine „Korrekturbewegung“, sondern um einen Putsch. Doch stelle es nach Perthes’ Einschätzung „traurige Ironie“ dar, dass das Militär „eigentlich nicht putschen wollte, sondern bis kurz vor dem Coup noch versucht hatte, die verschiedenen politischen Lager zu einem Konsens zu bewegen“. Der Putsch sei – so Perthes – moralisch gerechtfertigt gewesen, da die Militärs eine anhaltende Selbstblockade des ägyptischen politischen Systems, die zu weiterer Gewalt und schließlich zu Unregierbarkeit hätte führen können, befürchtet hätten. Die Verantwortung trage „natürlich auch Präsident Mursi selbst und seine Muslimbruderschaft“. Die Errungenschaften der Revolution von 2011 seien durch den Putsch nicht zerstört worden.<ref name="Zeit-OL_2013-07-05">''[http://www.webcitation.org/6J3lfn8tM Ägypten – Der Putsch hat die Revolution nicht zerstört]'', Zeit Online, 5. Juli 2013, von Volker Perthes, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-putsch-perthes/komplettansicht Original] am 22. August 2013.</ref><br />
<br />
Der Politologe Adel El Sayed betrachtete die Absetzung Mursis durch das Militär in einem Interview in der österreichischen Tageszeitung ''[[Kurier (Tageszeitung)|Kurier]]'' am 4. Juli nicht als Putsch, sondern als den „Versuch der Armee, die immer größer werdende Spaltung zu verringern“, und als möglicherweise „letzte Korrekturen“ des „Arabischen Frühlings“.<ref name="Kurier-at_2013-07-04_LKA">''[http://www.webcitation.org/6J4CZjOWz „Letzte Korrekturen des Arabischen Frühlings“]'', Kurier.at, 4. Juli 2013, von Peter Draxler, archiviert vom [http://kurier.at/politik/ausland/aegypten-letzte-korrekturen-des-arabischen-fruehlings/17.929.253 Original] am 22. juli 2013.</ref><br />
<br />
Raniah Salloum wertete die Ereignisse im ''[[Der Spiegel|Spiegel]]'' vom 5. Juli als [[Putsch]], weil die [[Politikwissenschaft|politikwissenschaftlichen]] Kriterien dafür vorlägen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass viele Ägypter Mursis Sturz begrüßt hätten.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_PIP" /><br />
<br />
Udo Kölsch, Kommentator auf [[NDR Info]], argumentierte, es handele sich nicht um einen Putsch, da ein solcher typischerweise vorher nicht angekündigt werde.<ref name="NDRInfo_2013-07-07_WGN">''[http://www.webcitation.org/6J3mK7ePr Wahlen garantieren noch keine Demokratie]'', Kommentar auf NDR Info, Sendedatum 7. Juli 2013, 9:25 Uhr, von Udo Kölsch, archiviert vom [http://www.ndr.de/info/programm/sendungen/kommentare/aegypten319.html Original] am 22. August 2013.</ref><br />
<br />
Mohamed Amjahid sprach in der ''Zeit'' zwar von einem „Volksputsch“, setzte den Begriff jedoch in Anführungszeichen.<ref name="Zeit-OL_2013-07-11_NDV">''[http://www.webcitation.org/6J3mk0Lxe Ägypten in der Krise – Nach dem Volksputsch]'', Zeit Online (Printfassung: Die Zeit, S.&nbsp;8.), 11. Juli 2013, von Mohamed Amjahid, archiviert vom [http://www.zeit.de/2013/29/aegypten-kairo-putsch-muslimbrueder/komplettansicht Original] am 22. August 2013.</ref><br />
<br />
==== Haltung und Interessenlage der USA und anderer Staaten ====<br />
[[Datei:Secretary Kerry and Pakistani Advisor Aziz Address Reporters.jpg|mini|US-Außenminister [[John Kerry]] auf Pakistanbesuch am 1. August, wo er das ägyptische Militär für den Sturz Mursis als „Wiederherstellung der Demokratie“ lobte und die Machtübernahme des Militärs bestritt.<ref name="BBCNews_2013-08-01_EAR" /><ref name="Reuters-DE_2013-08-02_KDK">''[http://www.webcitation.org/6KJD3KeME Kritik in Deutschland an Kerrys Ägypten-Äußerungen]'', Reuters Deutschland, 2. August 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97104320130802 Original] am 2. August 2013.</ref><ref name="Reuters-DE_2013-08-02_MWS">''[http://www.webcitation.org/6KJFIL7kV Muslimbrüder wappnen sich gegen Räumung ihrer Protestcamps]'', Reuters Deutschland, 2. August 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE97104G20130802 Original] am 12. Oktober 2013.</ref><ref name="dailymotion-com_GeoNews_2013-08-01_JKI">[http://www.dailymotion.com/video/x12k9e5_john-kerry-interview-01-aug-2013_news?start=42950 John Kerry Interview -01 Aug 2013] (englisch). dailymotion.com, veröffentlicht vom dailymotion-Kanal [http://www.dailymotion.com/GeoNews Geo News] am 1. August 2013.</ref>]]<br />
[[Datei:President Barack Obama meets with members of his national security team, including Defense Secretary Chuck Hagel, to discuss the situation in Egypt, in the Situation Room of the White House, July 3, 2013.jpg|mini|US-Präsident Obama am 3. Juli 2013 mit Mitgliedern des National Security Teams einschließlich des Verteidigungsministers [[Chuck Hagel]] in einer Besprechung über die Lage in Ägypten.<ref name="USDOD_2013-07-05_DDU">''[http://www.webcitation.org/6Lvajx1Q4 Dempsey Discusses U.S.-Egyptian Military Relations]'' (englisch). U.S. Department of Defense, American Forces Press Service, 5. Juli 2013, von Jim Garamone, archiviert vom [http://www.defense.gov/News/NewsArticle.aspx?ID=120413 Original] am 17. Dezember 2013.</ref>]]<br />
Nach dem Militärcoup vom 3. Juli 2013 weigerte sich die US-Regierung, die Machtübernahme durch die Armeeführung als [[Putsch]] zu qualifizieren.<ref name="SZ_2013-08-03_UAR" /><ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW">''[http://www.webcitation.org/6J2m5GkCB Nahost-Politik der USA – Wendehals Washington]'', Handelsblatt, 15. August 2013, von Désirée Linde, archiviert vom [http://www.handelsblatt.com/politik/international/nahost-politik-der-usa-wendehals-washington-seite-all/8643034-all.html Original] am 21. August 2013.</ref><ref name="FAZ_2013-07-05_EWK">''[http://www.webcitation.org/6J2nXXfB2 Machtwechsel in Ägypten Amerika: Es war kein Militärputsch]'', 5. Juli 2013, von Matthias Rüb, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/machtwechsel-in-aegypten-amerika-es-war-kein-militaerputsch-12271524.html Original] am 21. August 2013.</ref><ref name="FAZ-NET_2013-08-21_SNZ">''[http://www.webcitation.org/6J3f6qMPo Ägypten – Sicherheitskräfte nehmen zwei führende Muslimbrüder fest]'', FAZ.NET (Frankfurter Allgemeine Zeitung), 21. August 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/aegypten-sicherheitskraefte-nehmen-zwei-fuehrende-muslimbrueder-fest-12540784.html Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="tagesschau-de_2013-08-16_UZK" /> Stattdessen akzeptierte sie den Militärcoup nachträglich als „Schritt zur Wiederherstellung der Demokratie“.<ref name="SZ_2013-08-03_UAR">''[http://www.webcitation.org/6Iv4L1WrH US-Außenminister rechtfertigt Putsch gegen Mursi]'', Süddeutsche Zeitung, 3. August 2013, von Tomas Avenarius, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/x5w38M/1457842/US-Aussenminister-rechtfertigt-Putsch-gegen-Mursi.html Original] am 16. August 2013.</ref><ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW" /><br />
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{{Zitat-en|The military was asked to intervene by millions and millions of people, all of whom were afraid of a descendance into chaos, into violence. And the military did not take over, to the best of our judgement – so far. To run the country, there’s a civilian government. In effect, they were restoring democracy.<ref name="HuffingtonPost_2013-08-02_JKB">''[http://www.webcitation.org/6J2xDx5HD John Kerry Backtracks Egypt Comments That Military Was ’Restoring Democracy,' Not Taking Over]'' (englisch). The Huffington Post, 2. August 2013, von Deb Riechmann, archiviert vom [http://www.huffingtonpost.com/2013/08/02/kerry-restoring-democracy-backtracks_n_3696506.html Original] am 21. August 2013.</ref><ref name="BBCNews_2013-08-01_EAR">''[http://www.webcitation.org/6J2wzWDWJ Egypt army ’restoring democracy’, says John Kerry]'' (englisch). BBC News, 1. August 2013, archiviert vom [http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-23543744 Original] am 21. August 2013.</ref><ref name="dailymotion-com_GeoNews_2013-08-01_JKI" /><ref name="Aljazeera_2013-10-21_EIT">''[http://www.webcitation.org/6KXjIzm3j Interactive timeline: Egypt in turmoil]'' (englisch). Aljazeera, 17. August 2013 (letzte Änderung: 14:31), archiviert vom [http://www.aljazeera.com/indepth/interactive/2013/08/2013817122637981237.html Original] am 21. Oktober 2013.</ref>|Geo TV-Interview mit US-Außenminister John Kerry in Pakistan TV, 1. August 2013| Übersetzung=Das Militär wurde von Millionen und Abermillionen Menschen zum Einschreiten gebeten, die allesamt Angst davor hatten, in Chaos und Gewalt abzugleiten. […] Nach allem, was wir wissen, hat das Militär bisher noch nicht die Macht übernommen. Es gibt eine zivile Regierung zur Leitung des Landes. Letztlich wurde dadurch die Demokratie wiederhergestellt.<ref name="Spiegel-OL_2013-08-02_KRP">''[http://www.webcitation.org/6J2xUBG95 Ägypten: US-Außenminister – Kerry rechtfertigt Putsch gegen Mursi]'', Spiegel Online, 2. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/john-kerry-rechtfertigt-putsch-gegen-mohammed-mursi-in-aegypten-a-914450.html Original] am 21. August 2013.</ref><ref name="taz_2013-08-05_VNR" />}}<br />
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Die Rechtfertigung des Militärputsches durch US-Außenminister [[John Kerry]] als erfolgte Maßnahme zur Wiederherstellung der Demokratie erfolgte zu einem Zeitpunkt, als das ägyptische Militär bereits Dutzende Mursi-Anhänger in Kairo getötet hatte<ref name="taz_2013-08-15_ZDA" /> und die von der Armee installierte Zivilregierung angekündigt hatte, die Zeltlager der Pro-Mursi-Demonstranten notfalls mit Gewalt aufzulösen.<ref name="SZ_2013-08-03_UAR" /> Bereits kurz nach dem Putsch kamen der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs der US-amerikanischen Streitkräfte, Heeresgeneral [[Martin E. Dempsey|Martin Dempsey]], und der ägyptischen Stabschef, Generalleutnant [[Sedki Sobhi]] überein, dass „das ägyptische Militär eine angemessene Rolle beim Erhalt der Stabilität spielen“ müsse.<ref name="FAZ_2013-07-05_EWK" /> Kerry vertrat den Standpunkt der ägyptischen Militärführung, das Militär sei von Millionen Ägyptern zur Intervention aufgefordert worden.<ref name="taz_2013-08-05_VNR" /> Nach Einschätzung des ehemaligen deutschen Diplomaten und Attaché in Kairo, [[Gunter Mulack]], hielten sich die offiziellen Stellen in den USA aus taktischen Gründen zurück und vermieden es deshalb, die Menschenrechtsverletzungen offen zu verurteilen.<ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH">''[http://www.webcitation.org/6J7gtglTE Wer stützt die Übergangsregierung? - Ägyptens Generäle haben neue Freunde]'', tagesschau.de, 19. August 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/interview-mulack-aegypten100.html Original] am 24. August 2013.</ref> Entsprechend qualifizierten auch die europäischen Regierungen den Militärcoup in Ägypten zunächst nicht als Militärputsch.<ref name="taz_2013-08-05_VNR" /><br />
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Eine Sonderrolle übernahm die Regierung der [[Türkei]] unter [[Recep Tayyip Erdoğan]], die Mursis Entmachtung weltweit als erste Regierung direkt als Coup bezeichnete. Dazu nannte sie die Tötung von annähernd 1000 Anhängern der Muslimbrüder ein „eindeutiges Massaker“, unterstellte Israel eine Mitschuld an dem Putsch in Ägypten<ref name="Zeit-OL_2013-08-21_EFS" /><ref name="Zeit-OL_2013-08-21_IES">''[http://www.webcitation.org/6J3ddcxdt Umsturz in Ägypten – Israel empört sich über Erdoğans Vorwurf]'', Zeit Online, 21. August 2013, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/erdogan-aegypten-israel Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="WashingtonPost_2013-08-19_EBP" /><ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH" /><ref name="Welt_2013-08-22_ÄTH">''[http://www.webcitation.org/6JkBKaxxP Machtprobe – Ägypten und Türkei hetzen sich gegeneinander auf]'', Die Welt, 22. August 2013, von Boris Kálnoky, archiviert vom [http://www.welt.de/politik/ausland/article119251308/Aegypten-und-Tuerkei-hetzen-sich-gegeneinander-auf.html Original] am 19. September 2013.</ref> und forderte die Freilassung des gestürzten Präsidenten Mursi.<ref name="Welt_2013-08-22_ÄTH" /> Erst Tage später folgten der Türkei Deutschland und die EU mit teilweise vergleichbaren Positionen, die aber von Beobachtern als vergleichsweise „halbherzig“ betrachtet wurden.<ref name="Welt_2013-08-22_ÄTH" /> Neben der Türkei galten als Verbündete der Muslimbrüder zudem [[Tunesien]], wo der ''Arabische Frühling'' seinen Anfang genommen hatte und mit der [[Ennahda]] auch eine islamistische Partei die Regierung stellte, sowie das finanzstarke Katar, das auch durch den Sitz des einflussreichen Senders Al Jazeera über Bedeutung verfügte.<ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH" /><br />
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Am 19. August meldete die US-amerikanische Webseite [[The Daily Beast]], die US-Regierung habe stillschweigend entschieden, den Militärcoup in Ägypten als „Putsch“ zu bewerten. Um diplomatischen Bewegungsraum zu bewahren, halte sich die Regierung offiziell jedoch mit der Benennung als „Putsch“ zurück.<ref name="DailyBeast_2013-08-19_OAS">''[http://www.webcitation.org/6J3gRxmFv Senator: Obama Administration Secretly Suspended Military Aid to Egypt]'' (englisch). The Daily Beast, 19. August 2013, von Josh Rogin, archiviert vom [http://www.thedailybeast.com/articles/2013/08/19/senator-obama-administration-secretly-suspended-military-aid-to-egypt.html Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="FAZ-NET_2013-08-21_SRO">''[http://www.webcitation.org/6J3f6qMPo Ägypten – Sicherheitskräfte nehmen zwei führende Muslimbrüder fest]'', FAZ.NET, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/aegypten-sicherheitskraefte-nehmen-zwei-fuehrende-muslimbrueder-fest-12540784.html Original] am 22. August 2013.</ref> Schon zuvor hatte es [[Philip J. Crowley]], ehemaliger Sprecher des [[Außenminister der Vereinigten Staaten|US-Außenministeriums]] US-Präsident Obama, als schweren Fehler des US-Präsidenten bezeichnet, den Begriff Putsch aus taktischen Gründen zu vermeiden: „Indem wir den Putsch in Ägypten nicht beim Namen genannt haben, haben wir die Glaubwürdigkeit der USA untergraben.“<ref name="tagesschau-de_2013-08-16_UZK" /> Auch andere westliche Regierungen erschienen nach dem Urteil von Beobachtern durch ihr weitgehendes Schweigen zum Putsch in ihrem Beharren auf Demokratie als unglaubwürdig.<ref name="DW_2013-07-29_KZS">''[http://dw.de/p/19GhZ Ägypten - Kluft zwischen Tat und Wort gegenüber Ägypten]'', Deutsche Welle, 29. Juli 2013, von Andreas Gorzewski, abgerufen am 6. September 2013.</ref> <br />
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Als Motive der US-Regierung, die Absetzung Mursis durch das Militär nicht als „Putsch“ zu bezeichnen, wird in den Medien eine Reihe zusammenhängender politischer, militärischer und wirtschaftlicher Beweggründe diskutiert:<br />
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* Sollte die US-Regierung gezwungen sein, die Entmachtung Mursis als Putsch zu bewerten, müsste sie nach einem US-Gesetz aus dem Jahr 1961 die jährlichen 1,3- oder 1,5-Milliarden-US Dollar Entwicklungshilfe, von der der überwiegende Teil aus Militärhilfe besteht, beenden.<ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN" /><ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_PIP" /><ref name="N24_2013-08-16_MSN">''[http://www.webcitation.org/6J2Y7oNAP Staatskrise in Ägypten „Die Muslimbrüder stehen nur noch für Hass“]'', N24, 16. August 2013, Interview von Johannes Altmeyer mit Jürgen Chrobog, archiviert vom [http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Politik/d/3356052/-die-muslimbrueder-stehen-nur-noch-fuer-hass-.html Original] am 21. August 2013.</ref><ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW" /><ref name="FAZ_2013-07-05_EWK" /><ref name="FAZ-NET_2013-08-21_SNZ" /><ref name="DailyBeast_2013-07-03_DOA">''[http://www.webcitation.org/6J48C07vP Despite Obama Administration’s Entreaties, Egyptian Military Deposes Morsi]'' (englisch). The Daily Beast, 3. Juli 2013, von Eli Lake und Josh Rogin, archiviert vom [http://www.thedailybeast.com/articles/2013/07/03/despite-obama-administration-s-entreaties-egyptian-military-deposes-morsi.html Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="tagesschau-de_2013-08-16_UZK" /><ref name="DW_2013-07-29_KZS" /> Die Fortsetzung der Zahlung wurde von der Sprecherin des US-Außenministeriums, [[Jen Psaki]], mit dem großen US-amerikanischen Sicherheitsinteresse in der Region beantwortet.<ref name="tagesschau-de_2013-08-16_UZK">''[http://www.webcitation.org/6J8H1kiPM USA ziehen Konsequenzen aus Gewalt in Ägypten – Obamas leere Drohung]'', tagesschau.de, 16. August 2013, von Ralph Sina, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/reaktionenkairo106.html Original] am 25. August 2013.</ref> Es wurde argumentiert, dass die Fortführung der Zahlungen im US-Interesse liege, so dass der Begriff durch semantische Kreativität umgangen worden sei.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_PIP" /> Bernd Pickert warf der US-Regierung in der ''taz'' vor, dass nicht nur die Weigerung der US-Regierung, den Militärcoup als Putsch zu benennen, sondern auch die Qualifizierung der „Militärregierung“ als zivile Übergangsregierung einem „[[George Orwell|Orwellscher]] [[Neusprech]]“ gleichkomme.<ref name="taz_2013-08-15_ZDA">''[http://www.webcitation.org/6J2eehcEG Rolle der USA in Ägypten – Zusammenbruch der Außenpolitik]'', die tageszeitung, 15. August 2008, von Bernd Pickert, archiviert vom [http://www.taz.de/Kommentar-Rolle-der-USA-in-Aegypten/!121928/ Original] am 21. August 2013.</ref><br />
* Langfristig wird diese Militärhilfe als das einzige Instrument für die US-Regierung angesehen, um dem sinkenden Einfluss auf das Militär und auf Ägypten entgegenzuwirken.<ref name="N24_2013-08-16_MSN" /><ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW" /> Die Zurückhaltung der US-Regierung in der Kritik gegenüber Menschenrechtsverletzungen der ägyptischen Putschregierung wird als taktische Maßnahme gesehen, den Kontakt zur ägyptischen Führung aufrechtzuerhalten, um den Einfluss auf Ägypten als wichtigsten Verbündeten der USA in der Region und nach Israel zweitgrößten Empfänger bilateraler Wirtschaftshilfe seitens der USA zu wahren.<ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH" /> Die Hilfsgelder der USA stehen dem ägyptischen Militär dabei nicht zur freien Verfügung, sondern kommen weitgehend über Verträge mit US-Firmen über die [[Federal Reserve Bank of New York]] über ein Spezialkonto beim amerikanischen Finanzministerium direkt den Unternehmen der US-[[Rüstungsindustrie]] für Waffenlieferungen wie [[General Dynamics F-16|F-16]]-[[Mehrzweckkampfflugzeug|Kampfjets]], [[Hughes AH-64|Apache]]-[[Kampfhubschrauber]], [[M1 Abrams|Abrams]]-[[Kampfpanzer]] oder [[Fregatte]]n zugute,<ref name="taz_2013-08-15_ZDA" /><ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW" /><ref name="FAZ_2013-07-05_EWK" /><ref name="tagesschau-de_2013-08-16_UZK" /> die oftmals nicht dem strategischen Bedarfen und Wünschen des ägyptischen Militärs entsprachen.<ref name="tagesschau-de_2013-08-16_UZK" /><ref name="taz_2013-08-15_ZDA" /><ref name="DW_2013-10-07_VPU" /> Somit fließt das Geld der Finanzhilfen nicht nach Ägypten, sondern in die amerikanische Provinz und schafft oder erhält dort faktisch staatlich subventionierte Arbeitsplätze.<ref name="DW_2013-10-07_VPU">''[http://www.webcitation.org/6KGth3GTj USA - Die versteckten Profiteure der US-Militärhilfe]'', Deutsche Welle, 7. Oktober 2013, von Janosch Delcker, archiviert vom [http://dw.de/p/19ub4 Original] am 10. Oktober 2013.</ref> Der Einfluss, den diese Hilfe den USA gibt, wurde verschiedentlich als oft überschätzt bewertet.<ref name="taz_2013-08-15_ZDA" /><ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW" /> Ihr Wegfall würde durch Golfstaaten wie Saudi Arabien und die Vereinigten Emirate leicht kompensiert,<ref name="N24_2013-08-16_MSN" /><ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW" /><ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH" /> zumal Nachbarländer Ägyptens in den ersten Tagen nach dem Militärputsch ein Vielfaches an Geldern zugesagt und bereitgestellt hätten.<ref name="taz_2013-08-15_ZDA" /><ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW" /><ref name="WashingtonPost_2013-08-19_EBP">''[http://www.webcitation.org/6J4RO6N2j Egypt is becoming a proxy conflict]'' (englisch). The Washington Post, 19. August 2013, von Max Fisher, archiviert vom [http://www.washingtonpost.com/blogs/worldviews/wp/2013/08/19/egypt-is-becoming-a-proxy-conflict/ Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="Zeit-OL_2013-08-15_WOZ">''[http://www.webcitation.org/6J4T2UooG Ägypten – Der Westen ist ohnmächtiger Zuschauer]'', Zeit Online, 15. August 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-westen-ohnmacht Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH" /><br />
* Beobachter schätzten ein, das ägyptische Militär sei weniger auf die US-Militärhilfe angewiesen, mit der die ägyptische Regierung und insbesondere das ägyptische Militär seit 1979 für den Friedensvertrag mit Israel belohnt wurden,<ref name="FAZ_2013-07-05_EWK" /> als die USA auf das ägyptische Militär als Partner im Hinblick auf die Sicherheit des israelischen Staates angewiesen sei.<ref name="taz_2013-08-15_ZDA" /><ref name="DailyBeast_2013-07-03_DOA" /> Die ägyptischen Militärmachthaber wurden in vielen westlichen Staaten sowie von Israel, Saudi Arabien und anderen Golfstaaten als Garant für die Bewahrung regionaler Stabilität<ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN" /><ref name="Zeit-OL_2013-08-21_EFS" /><ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH" /> und einer Eindämmung des Islamismus gesehen.<ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN" /> Die Kritik an mangelnder Beachtung demokratischer Rechte wie der Demonstrationsfreiheit auch für die Islamisten wurden dem untergeordnet.<ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN" />Dem Interesse des Königshauses in Saudi-Arabien würde ein demokratischer Musterstaat im arabischen Raum nach dem Urteil Gunter Mulacks angesichts der in Ägypten sehr gut organisierten und in vielen Ländern vertretenen Muslimbrüder entgegenstehen. Die Herrscherhäuser der reichen, aber wenig demokratischen Golfmonarchien wollten daher „um jeden Preis“ und mit der Zahlung von zwölf Milliarden Dollar in den vorangegangenen Monaten an ägyptische Führung verhindern, dass eine solche Demokratie in Ägypten Begehrlichkeiten in ihren eigenen Bevölkerungen weckt und die Staaten in einen „arabischen Frühlingstaumel“ versetzen würde.<ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH" /> Israel und Lobbygruppen forderten US-Kongress und US-Regierung auf, die Unterstützung der Militärführung in Ägypten aufrechtzuerhalten.<ref name="FAZ_2013-08-18_AKH" /><ref name="WashingtonPost_2013-08-19_EBP" /><ref name="TNYT_2013-08-18_IEE">''[http://www.webcitation.org/6J4REx7Oc Israel Escalating Efforts to Shape Allies’ Strategy]'' (englisch). The New York Times, 18. August 2013, Jodi Rudoren, archiviert vom [http://www.nytimes.com/2013/08/19/world/middleeast/israel-puts-more-urgency-on-shaping-allies-actions.html?_r=0 Original] am 22. August 2013.</ref> Die ägyptische Armee gilt als Garant dafür, dass das ägyptisch-israelische Friedensabkommen weiterhin aufrechterhalten wird, so wie es auch unter der islamistischen Regierung der mit der radikalen Hamas verbündeten Muslimbrüder nicht aufgekündigt worden war.<ref name="FAZ_2013-08-18_AKH">[http://www.webcitation.org/6J0vrv0mU ''Amerika und Ägypten – Am kürzeren Hebel''], Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. August 2013, von Andreas Ross, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/amerika-und-aegypten-am-kuerzeren-hebel-12537107.html Original] am 20. August 2013.</ref><ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN" /><ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW" /><ref name="FAZ-NET_2013-08-21_SNZ" /> Manche Beobachter sehen in der Sicherheitsfrage Israels durch die Entwicklung auf dem Sinai unter Mursi die Hauptursache für den Militärputsch in Ägypten gegen Mursi.<ref name="Zeit-OL_2013-08-21_EFS">''[http://www.webcitation.org/6J33lu7Fm Staatskrise in Ägypten – Erdoğan flucht, die Saudis zahlen]'', Zeit Online, 21. August 2013, von Steffen Richter, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-nachbarn-golfstaaten/komplettansicht Original] am 22. August 2013.</ref><ref name="Sada_2013-08-20_SRM">''[http://www.webcitation.org/6J34TuFS4 Sinai’s Role in Morsi’s Ouster]'' (englisch). Sada ([[Carnegie Endowment for International Peace]], Carnegie Endowment’s Middle East program), 20. August 2013, von Sahar Aziz, archiviert vom [http://carnegieendowment.org/sada/2013/08/20/sinai-s-role-in-morsi-s-ouster/gje6 Original] am 21. August 2013.</ref> Die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit richtet sich wegen der Nähe zu Israel insbesondere auf den Sinai, wo die ägyptische Staatsgewalt angesichts bewaffneten Banden und Beduinenstämme, die eine Einmischung in ihre Angelegenheiten ablehnen, traditionell schwerer durchzusetzen ist. Besonders in dieser Region wurde eine Aktivität radikaler Islamisten zur Erzeugung internationaler Medienresonanz befürchtet.<ref name="Tagesspiegel_2013-08-22_VWM">''[http://www.webcitation.org/6JE24zEms Machtkampf in Ägypten – „Ein Verbot wird die Muslimbrüder nicht stören“]'', Der Tagesspiegel, 22. August 2013, von Albrecht Meier (Interview mit Alain Chouet), archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/machtkampf-in-aegypten-ein-verbot-wird-die-muslimbrueder-nicht-stoeren/8676014.html Original] am 29. August 2013.</ref><br />
* Ägypten wird vom US-Verteidigungsministerium als verlässlicher Verbündeter angesehen, der die für den Nachschub im [[Krieg in Afghanistan#Islamische Republik; NATO gegen Taliban (2001–heute)|Afghanistankrieg]] und für [[Krieg gegen den Terror|Antiterroraktionen]] im [[Naher Osten|Nahen Osten]] und [[Ostafrika]] bedeutenden [[Freiheiten der Luft|Überflugrechte]] im ägyptischen [[Luftraum#Lufthoheit|Luftraum]] besonders großzügig und zügig für die US-amerikanische Luftwaffe gewährt und im Krisenfall US-amerikanische Kriegsschiffe im [[Sueskanal]] bevorzugt abgefertigt.<ref name="FAZ_2013-08-18_AKH" /> Aufgrund der Kontrolle über den Sueskanal wird Ägypten für die USA große strategische Bedeutung zugesprochen.<ref name="FAZ-NET_2013-08-21_SNZ" /><br />
* Zudem solle Ägypten als Verbündeter der USA und Garant der Stabilität auch dazu beitragen, den Zugriff auf die [[Ölvorkommen]] in der als politisch labil eingeschätzten Region des Nahen Ostens zu sichern.<ref name="Handelsblatt_2013-08-15_WW" /><br />
* Als weiteres mögliches Motiv wurde angeführt, dass die Regierungen der USA und europäischer Länder sich mit der ausgebliebenen Qualifizierung des Militärcoups als „Putsch“ ein politisches Druckmittel als Option gegenüber dem ägyptischen Militär offengehalten haben. In diese Richtung deutete Karim El-Gawhary für die ''taz'' die Erklärung des US-Außenministers Kerry vom 1. August: „Nach allem, was wir wissen, hat das Militär bisher noch nicht die Macht übernommen. Es gibt eine zivile Regierung.“<ref name="taz_2013-08-05_VNR">''[http://www.webcitation.org/6J2ksyoP2 Staatskrise in Ägypten – Verhandeln, nicht räumen]'', die tageszeitung, 5. August 2013, von Karim El-Gawhary, archiviert vom [http://www.taz.de/!121265/ Original] am 21. August 2013.</ref><br />
<br />
Unabhängig von der Einordnung durch die US-Regierung gab Raniah Salloum im ''Spiegel'' an, der Begriff „Putsch“ würde nach Ansicht von Mursi-Gegnern deren „Triumph schmälern oder gar schmähen“. Mit dem „Kampf um das Wort und die Deutungshoheit“ würden sie zugleich die Frage nach der Legitimität ihres Sieges abwehren wollen.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_PIP">''[http://www.webcitation.org/6J2X84MLO Staatsstreich gegen Mursi: Ein Putsch ist ein Putsch]'', 5. Juli 2013, von Raniah Salloum, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-das-militaer-hat-gegen-mursi-geputscht-a-909680.html Original] am 21. August 2013.</ref><br />
<br />
Nach Einschätzung von Günter Meyer, Leiter des [[Zentrum für Forschung zur Arabischen Welt|Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt]] an der Universität Mainz, sei der Umsturz gegen die Muslimbruderschaft zwar weder der US-amerikanischen noch der deutschen Regierung ungelegen gekommen, habe diese jedoch angesichts des Tatbestands eines Putsches in Konflikt mit dem Anspruch gebracht, für demokratische Werte einzutreten. Diese Konfliktsituation hat laut Christian Achrainer, Ägypten-Experte der [[Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik|Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik]] (DGAP), bereits seit der Zeit von Mubarak bestanden, während der die westlichen Regierungen vor allem auf Stabilität gesetzt hätten. Das Interesse der USA und der [[Europäische Union|EU]] richte sich auf Energiesicherheit, den [[Krieg gegen den Terror|Kampf gegen den Terrorismus]] und den Fortbestand des [[Israelisch-ägyptischer Friedensvertrag|Israelisch-ägyptischen Friedensvertrages]]. Demgegenüber sei die Forderung nach Demokratie und [[Menschenrechte]]n in den Hintergrund getreten. Die Forderung, Mursi wieder ins Amt einzusetzen, sei von westlicher Seite kaum gestellt worden.<ref name="DW_2013-07-29_KZS" /><br />
<br />
== Vom Umsturz bis zur Übergangsregierung ==<br />
=== Einschränkung der Pressefreiheit und Propaganda gegen Muslimbrüder ===<br />
Seit dem Sturz Mursis durch das Militär vom 3. Juli stellten sich die ägyptischen Massenmedien, die noch berichten durften, einhellig auf die Seite des Militärs und gegen die Muslimbrüder.<ref name="DW_2013-08-17_ZZP" /><ref name="DW_2013-07-15_MNU">''[http://www.webcitation.org/6Ll8c5OIq Arabische Welt - Medienkrieg nach dem Umsturz in Ägypten]'', Deutsche Welle, 15. Juli 2013, von Kristen McTighe, archiviert vom [http://dw.de/p/1970V Original] am 10. Dezember 2013.</ref> Pro-islamistische Fernsehsender wurden geschlossen, Journalisten festgenommen oder eingesperrt und ihre technische Ausrüstung beschlagnahmt.<ref name="DW_2013-07-15_MNU" /> Journalisten, die positiv von den Pro-Mursi-Demonstrationen berichten, gerieten so unter Druck.<ref name="DW_2013-08-17_ZZP">''[http://www.webcitation.org/6J51cOdxw Ägypten – Zwischen Zerrbildern und Propaganda]'', Deutsche Welle, 17. August 2013, von Najima El Moussaoui, archiviert vom [http://www.dw.de/zwischen-zerrbildern-und-propaganda/a-17026541 Original] am 23. August 2013.</ref> Die Sichtweise der Muslimbrüder wurde nach dem Putsch von den ägyptischen Medien nahezu völlig ignoriert.<ref name="Zeit-OL_2013-07-11_WHM">''[http://www.webcitation.org/6J3ssKA9C Ägypten – Wer hat die Macht in Kairo?]'', Zeit Online, 11. Juli 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-07/aegypten-macht-faq/komplettansicht Original] am 22. August 2013.</ref> Ägyptische Zeitungen und Fernsehsendungen vermittelten den Eindruck, als unterstütze das ganze Land die Aktionen des Militärs. Die Berichterstattung erfolgte ungenau und unkritisch zum Nutzen des ägyptischen Militärs. Über Attacken wie die Tötung zahlreicher Anhänger der Muslimbrüder vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garde, erfolgten kaum Berichte. Auch ausländische Medien wurden nun unterdrückt und in ihrer Berichterstattung behindert, wie beispielsweise [[Dirk Emmerich]] als Journalist für den deutschen Nachrichtensender [[n-tv]], der mit seinem Team festgenommen wurde, als er von den Attacken auf Muslimbrüder vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garden berichten wollte. Zudem mobilisierten Anti-Mursi-Demonstranten gegen ausländische Medien wie CNN, BBC und Al-Jazeera, demonstrierten unter anderem mit Flugblättern vor den Gebäuden der TV-Sender und feindeten ausländische Journalisten an.<ref name="DW_2013-07-15_MNU" /> Die Armee etablierte sich wieder fest als permanente überpolitische Kontrollinstanz.<ref name="Zeit-OL_2013-08-18_MKZ">[http://www.webcitation.org/6J16lrrMN ''Gewalt in Ägypten – Der Militärstaat kehrt zurück''], Zeit Online, 18. August 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-konflikt-polarisierung-armee Original] am 20. August 2013.</ref><br />
<br />
Sisi, bereits unter Mursi Verteidigungsminister, Kommandeur der ägyptischen Streitkräfte und seit Mitte Juli<ref name="DNE_2013-07-16">[http://www.webcitation.org/6J1QiEzfG ''Cabinet ministers sworn in''] (englisch). Daily News Egypt, 16. Juli 2013, archiviert vom [http://www.dailynewsegypt.com/2013/07/16/cabinet-ministers-sworn-in/ Original] am 20. August 2013.</ref> zusätzlich stellvertretender Ministerpräsident der vom Militär eingesetzten, sogenannten Übergangsregierung, galt nach dem Militärputsch gegen den ersten gewählten Präsidenten Ägyptens als die mächtigste Figur des Landes.<ref name="Profil-at_2013-08-14" /> Er verfügte bereits vor dem Militärputsch über Kontakte zu Vertretern des [[Tiefer Staat|tiefen Staates]],<ref name="Profil-at_2013-08-14" /><ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH" /> der aus ehemaligen Mubarak-Anhängern bestand, die sich weiterhin in [[Judikative]], [[Exekutive]] (bspw. Polizei) und [[Administrative]] gehalten hatten, seit der Revolution viel Macht und Geld verloren hatten und eine Restauration alte Verhältnisse anstrebten und einen neuen Regierungschef anstrebten.<ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH" /> Neben diesen von der [[Revolution in Ägypten 2011|ägyptischen Revolution]] unberührt gebliebenen Strukturen aus dem Mubarak-System in Justiz, Polizei, Verwaltung und [[Wirtschaft|Geschäftswelt]] bildete zudem das [[Militär]] in Ägypten ebenfalls eine Art „[[Staat im Staate]]“.<ref name="Profil-at_2013-08-14" /> Im Hintergrund des Militärs fand nach Einschätzung von Beobachtern eine Rückkehr der alten Eliten statt, die über die Wiederherstellung der alten wirtschaftlichen Verhältnisse eine [[Konterrevolution]] anstrebten.<ref name="tagesschau-de_2013-08-19_ÄGH" /><ref name="Zeit-OL_2013-08-21">''[http://www.webcitation.org/6J2UzhAOk Eskalation der Gewalt – Nie war Ägypten dem Bürgerkrieg näher]'', Zeit Online, 15. August 2013, von Michael Thumann, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/aegypten-protest-buergerkrieg-mursi-al-sissi Original] am 21. August 2013.</ref> Als Sisi am 3. Juli Präsident Mursi absetzte, festnehmen ließ und wenige Stunden später in Begleitung von den zivilen Mitträgern des Militärcoups mit einer Proklamation im Fernsehen auftrat, war der Verteidigungsminister lediglich der [[Elite]] des Landes bekannt, nicht jedoch einer breiteren Öffentlichkeit.<ref name="Profil-at_2013-08-14">[http://www.profil.at/articles/1333/560/364186/aegypten-general-mann-nil ''Ägypten: General al-Sisi – der mysteriöse starke Mann am Nil''], Profil Online, 14. August 2008, von Gregor Mayer, abgerufen am 20. August 2013.</ref><br />
<br />
Dies änderte sich Ende Juli, nachdem das Fernsehen am 23. Juli seine Ansprache bei einer [[Militärparade]] anlässlich einer [[Akademischer Grad|Graduierung]] in der [[Militärakademie]] übertrug, in der Sisi verkündete: „Ich fordere alle ehrenwerten Ägypter auf, am Freitag auf die Straße zu gehen, um mich zu ermächtigen, gegen Terrorismus und Gewalt vorzugehen“.<ref name="Profil-at_2013-08-14" /><ref name="Independent_2013-07-24">[http://www.webcitation.org/6J1RHx1Dt ''Showdown in Cairo: Egyptian general demands permission to take on the ‘terrorists’ - General Sisi accused of resembling a banana republic dictator in appeal for masses to back ‘terrorist’ crackdown''] (englisch). The Independent, 24. Juli 2013, von Alastair Beach, archiviert vom [http://www.independent.co.uk/news/world/africa/showdown-in-cairo-egyptian-general-demands-permission-to-take-on-the-terrorists-8729903.html Original] am 20. August 2013.</ref> Unterstützt von den [[Vierte Gewalt|staatlichen und privaten Medien]] setzte in Ägypten eine nahezu uneingeschränkter Volksverehrung um Sisi ein.<ref name="Profil-at_2013-08-14" /><br />
<br />
Nach Ansicht der Ägypten-Expertin Sarah Hartmann waren zu dieser Zeit „alle Massenmedien – sowohl die privaten als auch die staatlichen – […] eindeutig parteiisch“. Nach Angaben der Politologen Hamadi El-Aouni bezeichneten sich viele der privaten Medien oder Sender selbst als religiös motiviert und wurden „von Milliardären aus der Golfregion“ finanziert, insbesondere aus Saudi-Arabien, „damit sie eine bestimmte Denkweise des Islams weltweit und insbesondere in der arabischen Region propagieren“.<ref name="DW_2013-08-17_ZZP" /> Islamistische Medien versuchten nun, ihre Inhalte über Twitter und andere soziale Netzwerke zu verbreiten und die internationale Presse zu nutzen. Im [[The Guardian|Guardian]] und in der [[The Washington Post|Washington Post]] veröffentlichten Muslimbrüder Artikel, mit denen sie aufzeigen wollten, dass es sich bei den Vorgängen in Ägypten um einen Putsch handelte.<ref name="DW_2013-07-15_MNU" /> Ein Gegengewicht zu den ägyptischen Medien bildeten arabischsprachige Auslandsprogramme, darunter [[al-Arabiya]], [[Al Jazeera]], die [[Deutsche Welle]] und [[BBC Arabic]]. Der in Ägypten am weitesten verbreitete und international als seriöser Sender etablierte Nachrichtenkanal Al Jazeera aus Katar wurde beschuldigt, als „Propaganda-Kanal“ für die Muslimbruderschaft gegen die „Opposition in Ägypten“ zu fungieren, so El-Aouni, weshalb einige Journalisten den Sender verlassen haben sollen. Die Polarisierung in der Informationsbeschaffung und Meinungsbildung wurde nach Ansicht El-Aounis auch durch die hohe [[Analphabetismus]]rate und die geringe Versorgung mit Fernsehern und Internetzugängen in der ägyptischen Bevölkerung gefördert: „Etwa 40 Prozent der Ägypter verfolgen ausschließlich die staatlichen Medien oder sie glauben das, was die Muslimbrüder über sich als Propaganda oder Information herausgeben“.<ref name="DW_2013-08-17_ZZP" /><ref name=taz_2013-07-29>[http://www.webcitation.org/6JfvK7UBA Medien in Ägypten - Propaganda und Gegenpropaganda]'', die tageszeitung (TAZ), 29. Juli 2013, von Jannis Hagmann, archiviert vom [http://www.taz.de/!120778/ Original] am 16. September 2013.</ref><br />
<br />
Obwohl in den ersten beiden Augustwochen westliche Diplomaten verhinderten, dass Sisi die Protestcamps der Muslimbrüder mit Waffengewalt räumte, forderten Zusammenstöße seit dem Militärputsch bis zum 14. August 200 – überwiegend islamistische – Tote. Während die Medien die islamistischen Demonstranten als „Terroristen“ und „[[Kinderschänder]]“ dämonisierten, wurden erste Rufe laut, Sisi möge für das Präsidentenamt kandidieren.<ref name="Profil-at_2013-08-14" /> Das Militär, die Sicherheitskräfte und die ägyptischen Medien hatten die ägyptische Bevölkerung bereits Anfang August psychologisch auf einen Schlag gegen die Muslimbrüder und eine Beendigung der Proteste vorbereitet.<ref name="taz_2013-08-05_VNR">''[http://www.webcitation.org/6J2ksyoP2 Staatskrise in Ägypten – Verhandeln, nicht räumen]'', die tageszeitung, 5. August 2013, von Karim El-Gawhary, archiviert vom [http://www.taz.de/!121265/ Original] am 21. August 2013.</ref> Der Journalist [[Michael Thumann]] kam zu dem Urteil, die nicht-islamistische Opposition in Ägypten sei „ihrem neuen Herrscher, General Abdel Fatah al-Sissi“ bis zum Blutbad des 14. August „blind“ gefolgt, auch der Friedensnobelpreisträger Mohammed el-Baradei habe sich den Putschtruppen angeschlossen. Erst nach den „Panzereinsätzen gegen Unbewaffnete“, „Sniper-Schüssen gegen Protestierende“ und der faktischen Aufhebung der [[Bürgerrecht]]e würden Liberale und Säkulare die Auslösung der Gewalt beklagen und dem Widerstand der Muslimbrüder zuschreiben.<ref name="Zeit-OL_2013-08-21" /> Staatliche Medien blendeten dennoch weiterhin Millionen Mursi-Unterstützer aus und berichten nicht darüber, wie viele Islamisten tatsächlich bei der Räumung ihrer Protestlager getötet worden sind.<ref name="DW_2013-08-17_ZZP" /><br />
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{{Siehe auch|Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Beblawi)#Propaganda gegen Muslimbrüder und Repressalien gegen Medien|titel1=Abschnitt „Propaganda gegen Muslimbrüder und Repressalien gegen Medien“ im Artikel „Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Beblawi)“|Staatskrise in Ägypten 2013/2014#Strafverfolgung von Regimegegnern und Journalisten und politisierte Massenprozesse|titel2=Abschnitt „Strafverfolgung von Regimegegnern und Journalisten und politisierte Massenprozesse“ im Artikel „Staatskrise in Ägypten 2013/2014“|}}<br />
<br />
=== Massenfestnahmen von Pro-Mursi-Demonstranten und Verhaftungen in der Führung der Muslimbrüder ===<br />
Nach dem Sturz von Präsident Mohammed Mursi setzen die ägyptischen Sicherheitsbehörden die Islamisten massiv unter Druck. Die große Anzahl an Verhaftungen, die Intransparenz der Behörden und die Geschwindigkeit der Ereignisse trugen dazu bei, dass ägyptische Menschenrechtsorganisationen Schwierigkeiten hatten, die Verhaftungen und sonstige repressive Maßnahmen zu dokumentieren. Beobachter vermuteten, dass Vertreter des Innenministeriums versuchten, eigene Vergehen den Muslimbrüdern anzulasten. Gamal Eid, Direktor von [[Arabic Network for Human Rights Information]] (ANHRI), kritisierte, dass das Innenministerium selbst Fehler aus der Zeit unter Mubarak abstritt und stattdessen jegliches Verschulden den Muslimbrüdern zurechnete.<ref name="DW_2013-07-14_KGI">''[http://dw.de/p/197Lz Ägypten - Kampagne gegen Islamisten in Ägypten]'', Deutsche Welle, 14. Juli 2013, von Matthias Sailer, abgerufen am 6. September 2013.</ref><br />
<br />
Am 4. Juli wurden im Laufe des Tages mindestens 43 Mitglieder der Muslimbrüder inhaftiert.<ref name="Kurier_2013-07-04_IVM" /> Laut Presseberichten sollte sich darunter auch [[Muhammad Badi'e]], der Vorsitzende der Muslimbruderschaft, befunden haben,<ref name="Kurier_2013-07-04_IVM" /> der jedoch am 5. Juli bei den Protesten an der Rabia-al-Adawija-Moschee im Stadtteil Nasr-City frei in Erscheinung trat<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /><ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> und der nach Erlassen eines Haftbefehls vom 10. Juli erst in der Nacht auf den 20. August verhaftet wurde.<ref name="Spiegel-Ol_2013-08-20_MNC">''[http://www.webcitation.org/6KPwp5Jpp Machtkampf in Ägypten: Militär nimmt Chef der Muslimbrüder fest]'', Spiegel Online, 20. August 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-militaer-nimmt-chef-der-muslimbrueder-badie-fest-a-917441.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref> Der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Muslimbruderschaft, [[Chairat al-Schater]], wurde zudem zur Fahndung freigegeben, da beiden die Anstiftung zur Tötung von Demonstranten vorgeworfen wird. Auch [[Saad al-Katatni]], Vorsitzender der [[Freiheits- und Gerechtigkeitspartei]], und [[Rashad Bajumi]], stellvertretender Vorsitzende der Muslimbruderschaft, wurden inhaftiert. Laut Angaben des ägyptischen Innenministeriums werde die Inhaftierung von 300 weiteren Mitgliedern der Muslimbruderschaft vorbereitet.<ref name="Kurier_2013-07-04_IVM">''[http://kurier.at/politik/ausland/militaerputsch-in-aegypten-interimspraesident-von-militaer-vereidigt/17.733.837 Interimspräsident von Militär vereidigt.]'' Kurier, 4. Juli 2013, abgerufen am 5. Juli 2013.</ref><ref name="SZ_2013-07-04_CdMf" /> Noch vor Mitte Juli waren bereits mindestens sechs hochrangige Vertreter der Muslimbrüder und zwei bekannte Salafisten festgenommen worden und weitere zehn Haftbefehle gegen Führungspersonal der Muslimbruderschaft bekannt geworden. Zusätzlich hielt das Militär laut [[Human Rights Watch]] mindestens zehn Mitglieder des Stabs des ehemaligen Präsidenten Mursi ohne Kontakt zur Außenwelt fest.<ref name="DW_2013-07-14_KGI" /><br />
<br />
Laut Karim Abdelrady, Rechtsanwalt und Wissenschaftler des ANHRI, kam es zum einen zu Festnahmen von Führungsmitgliedern und zum anderen zu willkürlichen Massenverhaftungen von Unterstützern der Islamisten. Während der Zusammenstöße vor dem Gebäude der Republikanischen Garde am 8. Juli seien mindestens 650 Menschen verhaftet worden. Die Behörden hätten die Richtigkeit der Zahl auf Anfrage bestätigt, obwohl die ursprünglich offiziell bekanntgegebenen Zahlen erheblich niedriger gewesen seien. Bei den Festgenommenen habe es sich nicht um Mitglieder der Führung der Muslimbruderschaft gehandelt, sondern um Personen, die nach dem Zufallsprinzip an vielen Orten in der Nähe des Gebäudes verhaftet wurden. Es sei davon auszugehen, dass viele von ihnen unschuldig seien und lediglich friedlich demonstriert hätten.<ref name="DW_2013-07-14_KGI" /><br />
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{{Siehe auch|Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Beblawi)#Verfolgung von Muslimbrüdern und Verbot ihrer Organisationen|titel1=Abschnitt „Verfolgung von Muslimbrüdern und Verbot ihrer Organisationen“ im Artikel „Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Beblawi)“|Staatskrise in Ägypten 2013/2014#Strafverfolgung von Regimegegnern und Journalisten und politisierte Massenprozesse|titel2=Abschnitt „Strafverfolgung von Regimegegnern und Journalisten und politisierte Massenprozesse“ im Artikel „Staatskrise in Ägypten 2013/2014“|}}<br />
<br />
=== Vereidigung des Übergangspräsidenten (4. Juli) ===<br />
<br />
[[Adli Mansur]] wurde am 4. Juli als neuer Übergangspräsident Ägyptens vereidigt.<ref name="Kurier_2013-07-04_IVM" /><br />
<br />
Diese Position sollte er bis zu den noch nicht konkretisierten Neuwahlen beibehalten. Während die Situation in Kairo weitestgehend friedlich blieb, kam es in anderen Teilen des Landes zu Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis. So sollen in [[Marsa Matruh]] mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen und etwa 10 Menschen verletzt worden sein. In [[Kafr asch-Schaich]] soll es im Rahmen von Auseinandersetzungen der beiden Lager zu 120 Verletzten gekommen sein. Aus [[Alexandria]] und der südägyptischen Stadt [[al-Minya|Minya]] seien je drei Menschen getötet worden.<ref name="Kurier_2013-07-04_IVM" /><br />
<br />
=== Verschärfung der Auseinandersetzungen (5. Juli) ===<br />
[[Datei:Damietta protests.jpg|miniatur|Pro-Mursi-Demonstranten in [[Damiette]] am 5. Juli 2013]]<br />
Am 5. Juli, ein Freitag, wurden insgesamt mindestens 43 Menschen in Ägypten getötet und Hunderte verletzt, in den meisten Fällen bei Zusammenstößen zwischen Unterstützern und Gegnern des gestürzten Präsidenten Mursi. Die Anzahl der Toten seit dem 30. Juni verdoppelte sich damit fast auf 90. Nach offiziellen Angaben wurden 15 Menschen in Kairo getötet, darunter auch bei Scharmützeln in der Nähe des Staatssenders im Stadtteil des Tahrirplatzes.<ref name="worldbulletin_2013-07-06_9EK" /> 17 Menschen wurden in Alexandria bei Zusammenstößen zwischen Befürwortern und Gegnern Mursis getötet, rund 460 wurden dort bei Straßenschlachten verletzt.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> Vier Menschen starben nach offiziellen Angaben in Ismailia und einer in Sues. Eine Person wurde in der Stadt Asyut bei Zusammenstößen zwischen Unterstützern Mursis und der Polizei getötet.<ref name="worldbulletin_2013-07-06_9EK">''[http://www.webcitation.org/6KPZ4mZAD 90 Egyptians killed in week's clashes]'' (englisch). www.worldbulletin.net, 6. Juli 2013, archiviert vom [http://www.worldbulletin.net/?aType=haber&ArticleID=112593 Original] am 16. Oktober 2013.</ref><ref name="TheIndependent_2013-07-06_COA">''[http://www.webcitation.org/6J6rBubYx Confusion over appointment of Mohamed ElBaradei as Egypt PM – Removal of Islamist leader by the army triggers nationwide unrest]'' (englisch). The Independent, 6. Juli 2013, von Kim Sengupta, archiviert vom [http://www.independent.co.uk/news/world/middle-east/confusion-over-appointment-of-mohamed-elbaradei-as-egypt-pm-8690873.html Original] am 24. August 2013.</ref><ref>''[http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/kairo-und-alexandria-versinken-im-chaos-gewalt-in-aegypten-26-tote-und-hunderte-verletzte_aid_1036120.html Gewalt in Ägypten: 26 Tote und Hunderte Verletzte.]'' Focus Online, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref><br />
<br />
==== Ablauf der Protestaktionen ====<br />
<br />
Hunderttausende Menschen demonstrierten im ganzen Land.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /> Der gestürzten Regierung loyal gegenüberstehende Demonstranten protestierten in Kairo und anderen Provinzen gegen den Sturz Mursis und forderten seine Wiedereinsetzung als Präsident.<ref name="worldbulletin_2013-07-06_9EK" /> Die Muslimbrüder und weitere islamistische Organisationen hatten zuvor für den 5. Juli landesweit zu friedlichen Demonstrationen gegen die Entmachtung Mursis durch das Militär aufgerufen, um mit dieser „Freitag der Ablehnung“ genannten Aktion auszudrücken, dass sie nicht bereit sind den Militärputsch nicht hinzunehmen. Das Militär hatte Interventionen für den Fall angekündigt, dass die Demonstrationen außer Kontrolle gerieten.<ref name="ND_2013-07-05_TBS" /><ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_TBS" /> Nach dem Mittagsgebet folgten Hunderttausende Islamisten in zahlreichen Städten dem Aufruf, so in Kairo oder in [[Alexandria]], [[Luxor]] und [[Damanhur]].<ref name="ND_2013-07-05_TBS" /><ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /><ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_TBS" /> Die Kundgebungen verliefen zunächst friedlich ohne Zwischenfälle. Der größte Aufmarsch fand vor der Rabia-al-Adawija-Moschee in Nasr-City statt.<ref name="ND_2013-07-05_TBS">''[http://www.webcitation.org/6KPad20hd Tote bei Schusswechseln in Kairo.]'' Neues Deutschland, 5. Juli 2013, archiviert vom [http://www.neues-deutschland.de/artikel/826600.tote-bei-schusswechseln-in-kairo.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref><ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_TBS" /><br />
<br />
Vor dem Hauptquartier der Republikanischen Garden in Kairo feuerten dann jedoch Elitesoldaten auf die Anhänger des gestürzten Präsidenten,<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /> wobei vier Mursi-Anhänger nach offiziellen Angaben getötet wurden, als Demonstranten versuchten, Porträts des gestürzten Präsidenten Mursi dort aufzuhängen.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS">''[http://www.webcitation.org/6KPbFCZmK Ägypten - Zahlreiche Tote bei Straßenschlachten.]'' Frankfurter Allgemein Zeitung, 5. Juli 2013, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afrika/aegypten-zahlreiche-tote-bei-strassenschlachten-12272014.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref> Ein Sprecher des Militärs hatte die Darstellungen dementiert und behauptet, die Armee habe lediglich Platzpatronen und Tränengas gegen die Demonstranten eingesetzt. Der BBC-Reporter Jeremy Bowen gab dagegen an, das Militär habe in Kairo gegenüber den bis dahin diszipliniert auftretenden Muslimbrüdern das Feuer eröffnet, als die Menge vorwärts drängte.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_TBS">''[http://www.webcitation.org/6KPaxPtHV Ägypten nach dem Putsch: Tote bei Schusswechsel vor Kaserne in Kairo.]'' Spiegel Online, 5. Juli 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/gewalt-in-aegypten-opfer-bei-schusswechsel-vor-mursi-gefaengnis-a-909684.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Zuvor war auf dem Gelände rund um die Rabia-al-Adawija-Moschee im Stadtteil Nasr-City, wo die Islamisten weiterhin zu tausenden campierten, der inhaftiert geglaubte Vorsitzende der Muslimbruderschaft, Mohammed Badie, aufgetreten, um seine Anhänger zu einer Fortsetzung der Demonstrationen aufzurufen.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /><ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> Badie forderte die versammelten Menschen dort dazu auf, solange zu demonstrieren, bis Mursi zurück wieder als Präsident eingesetzt sei. Im Falle der Wiedereinsetzung Mursis sei er zu einem Abkommen mit der ägyptischen Armee bereit. Badie betonte, mit der Demonstration bei der Rabia-al-Adawija-Moschee solle nicht eine Person, sondern der demokratischen Prozess verteidigt werden.<ref name="euronews_2013-07-05_O">''[http://www.webcitation.org/6LjPkyJXx Durchhalteparolen vom Chef der Muslimbrüder]'', euronews, 5. Juli 2013, archiviert vom [http://de.euronews.com/2013/07/05/durchhalteparolen-vom-chef-der-muslimbrueder/ Original] am 9. Dezember 2013.</ref> Am Abend wurde mitgeteilt, dass zwei führende Muslimbrüder, die der vorher erfolgten Verhaftungswelle gegen führende Personen der FJP und Muslimbruderschaft festgenommen worden waren, wieder frei seien. Ein Ausreiseverbot gegen mehr als 300 Muslimbrüder solle auf die Befreiung Mursis und anderer Kader der Organisation aus dem Gefängnis Wadi Natrun 2011 zurückzuführen sein, wegen dessen die ägyptische Justiz wegen Landesverrats gegen Mursi ermittle.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /><br />
<br />
Auf den Tahrirplatz hatte die Führung der „Nationalen Rettungsfront“, dem Dachverband der Opposition, unter dem Motto „Rettet die Revolution vom 30. Juni“ zehntausende Anhänger versammelt.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /> Die Gegner Mursis, die den Militäreinsatz begrüßten, riefen mit der Begründung zu Demonstrationen auf, die Islamisten würden eine „[[Konterrevolution]]“ anstreben.<ref name="Spiegel-OL_2013-07-05_TBS" /> Am Tahrir-Platz stießen Putschgegner und -befürworter zusammen, wobei laut dem Staatsfernsehen zwei Demonstranten getötet und 70 verletzt worden seien.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /><br />
<br />
==== Anschläge auf dem Sinai ====<br />
{{Hauptartikel|Sinai-Aufstand}}<br />
Mindestens fünf Sicherheitskräfte wurden bei unabhängigen Angriffen von nicht identifizierten Bewaffneten im Nordsinai getötet.<ref name="worldbulletin_2013-07-06_9EK" /> Nach den Angriffen auf den [[Flughafen al-Arisch]] und Kontrollposten von Polizei und Militär wurde in den Gouvernements [[Gouvernement as-Suwais|Sues]] und [[Gouvernement Dschanub Sina|Süd-Sinai]] der Notstand ausgerufen.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa">''[http://www.webcitation.org/6KPZvduno Mehrere Tote bei Protesten - Blutige Auseinandersetzungen in Ägypten]'' Der Tagesspiegel, 5. Juli 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/mehrere-tote-bei-protesten-blutige-auseinandersetzungen-in-aegypten/8455010.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
==== Gründung der Islamistengruppe ''Ansar al-Scharia'' ====<br />
Am 5. Juli gab zudem eine neue Islamistengruppe ihre Gründung bekannt; diese nennt sich Ansar al-Scharia. Diese Gruppe deutet laut Eigenaussagen die Ereignisse in Ägypten als eine Kriegserklärung an den Islam in seiner Gesamtheit, also sowohl als Religion wie auch als Gesellschaftssystem, und wirft ihren Gegnern, zu denen sie säkulare Gruppen, Anhänger des früheren Präsidenten [[Hosni Mubarak]], [[Kopten|koptische Christen]], die Sicherheitskräfte und das Militär zählt, vor, Ägypten in „einen [[Kreuzzug|Kreuzritter]] und ein weltliches Monster“ verwandeln zu wollen. Entsprechend ihrer Selbstbezeichnung setzt sich diese Gruppe für die Einführung der [[Scharia]] als allein geltendes Recht in Ägypten ein. Dabei betrachtet sie den Einsatz von Gewalt als ein legitimes Mittel zum Erreichen ihrer Ziele. Inwiefern sie mit den Muslimbrüdern in Verbindung steht, bleibt unklar.<ref>''[http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/unruhen-in-kairo-und-alexandria-chaos-in-aegypten-30-tote-und-hunderte-verletzte_aid_1036120.html Chaos in Ägypten: 30 Tote und Hunderte Verletzte.]'' Focus Online, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.dw.de/neue-islamisten-gruppe-droht-mit-gewalt/a-16932731 Neue Islamisten-Gruppe droht mit Gewalt.]'' Deutsche Welle, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref><ref>''[http://www.welt.de/politik/ausland/article117785065/Neue-Islamistengruppe-will-die-Scharia-in-Aegypten.html Neue Islamistengruppe will die Scharia in Ägypten.]'' Die Welt, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref><br />
<br />
==== Auflösung des Parlaments ====<br />
Der am 4. Juli als Interimspräsident vereidigte Adli Mansur löste am 5. Juli in seinem ersten Dekret das bisherige Parlament, den Shura-Rat auf, in dem Muslimbrüder und Salafisten eine Zweidrittelmehrheit besaßen.<ref name="TASP_2013-07-05_AUsÄa" /><ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /> Zudem ernannte Mansur einen neuen Geheimdienstchef.<ref name="FAZ_2013-07-05_ZTS" /><br />
<br />
=== Versuche einer Regierungsbildung ===<br />
<br />
Am 6. Juli wurde der Friedensnobelpreisträger [[Mohammed el-Baradei]] zum Regierungschef der Übergangsregierung ernannt. Am Abend sollte er vereidigt werden. Dies wurde aber im letzten Augenblick durch großen Widerstand der [[Partei des Lichts]] verhindert, so dass Mansur die Nominierung von el-Baradei zurückgezogen hat.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/elbaradei-wird-regierungschef-in-aegypten-a-909831.html Machtwechsel: ElBaradei wird Regierungschef in Ägypten.]'' Spiegel Online, 6. Juli 2013, abgerufen am 6. Juli 2013.</ref><ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-praesident-mansur-zieht-nominierung-von-elbaradei-zurueck-a-909846.html ''Machtkampf in Ägypten: Präsident Mansur zieht ElBaradeis Nominierung zurück''] in Spiegel Online vom 7. Juli 2013</ref><br />
<br />
Daraufhin wurde der Jurist und Mitgründer der [[Ägyptische Sozialdemokratische Partei|Ägyptischen Sozialdemokratischen Partei]], [[Siad Bahaa El-Din]], zum Amt des Ministerpräsidenten vorgeschlagen.<ref>[http://de.nachrichten.yahoo.com/technokrat-%C3%A4gyptens-%C3%BCbergangsregierungschef-054233536.html Technokrat soll Ägyptens Übergangsregierungschef werden&nbsp;- Salafisten ziehen sich aus Kabinettsgesprächen zurück] Yahoo Nachrichten vom 8. Juli 2013 (abgerufen am 8. Juli 2013)</ref> Am gleichen Tag töteten Islamisten einen [[Koptische Kirche|koptisch-orthodoxen]] Priester aus [[al-Arisch|Arisch]].<ref>{{Internetquelle|url=http://www.stern.de/politik/ausland/aegypten-elbaradei-warnt-vor-hatz-auf-muslimbrueder-2035186.html|titel=Ägypten: ElBaradei|zugriff=2013-07-08}}</ref><br />
<br />
Übergangspräsident Mansur legte einen Zeitplan vor, der zunächst die Überarbeitung der [[Verfassung der Republik Ägypten|Verfassung]] und anschließend Parlamentswahlen innerhalb von sechs Monaten vorsieht.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-praesident-mansur-ordnet-rasche-parlamentswahl-an-a-910111.html ''Krise in Ägypten: Übergangspräsident Mansur ordnet rasche Parlamentswahl an''] Spiegel Online vom 9. Juli 2013 (abgerufen am 9. Juli 2013)</ref> Nach dem Zusammentreten des Parlaments sollen dann Präsidentschaftswahlen abgehalten werden.<ref>[http://www.tagesspiegel.de/politik/uebergangspraesident-mansur-will-verfassung-ueberarbeiten-aegypten-soll-noch-in-diesem-jahr-ein-neues-parlament-waehlen/8469208.html ''Ägypten soll noch in diesem Jahr ein neues Parlament wählen''] Der Tagesspiegel vom 9. Juli 2013 (abgerufen am 9. Juli 2013)</ref><ref>[http://www.sis.gov.eg/En/Templates/Articles/tmpArticles.aspx?CatID=2666 State Information Service 9. Juli 2013: Interim president issues constitutional declaration for transitional period]</ref><br />
<br />
=== Anti-Mursi-Protest in Kairo (7. Juli) ===<br />
<gallery mode=packed heights=150px><br />
Datei:Morsi's ouster celebrations Tahrir 20130707-1.jpg|Auf dem Tahrir-Platz feiern Tausende den Putsch als „Zweite Revolution“.<ref name="VOA_2013-07-08_PRE" /><br />
Datei:Morsi's ouster celebrations Tahrir 20130707-2.jpg|Einen Tag vor der Massentötung: „Nein zum Terrorismus“.<ref name="VOA_2013-07-08_PRE" /><br />
Datei:Morsi's ouster celebrations Tahrir 20130707-3.jpg|Dank an die USA: „Die Geschichte wird Obama nie vergessen“.<ref name="VOA_2013-07-08_PRE" /><br />
Datei:Morsi's ouster celebrations Tahrir 20130707-4.jpg|Ägyptische Flagge neben Portrait von Militärchef Sisi.<ref name="VOA_2013-07-08_PRE" /><br />
</gallery><br />
<br />
Einen Tag vor der Massentötung auf dem Gelände der Republikanischen Garde fand eine Anti-Mursi-Demonstration Tausender Menschen auf dem Tahrir-Platz statt. Die [[Voice of America]]-Reporterin Sharon Behn interviewte mehrere der Demonstranten auf der ihrem Bericht nach „größten Versammlung der Woche“, die betonten, dass es sich beim Sturz Mursis nicht um einen Putsch, sondern um eine „Zweite Revolution“ handle.<ref name="VOA_2013-07-07_TGC">''[http://www.webcitation.org/6KOpjIVzs Thousands Gather to Celebrate Egypt's 'Second Revolution']'' (englisch). Voice of America, 7. Juli 2013, von Sharon Behn, archiviert vom [http://www.voanews.com/content/thousands-gather-celebrate-egypt-second-revolution/1696926.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref><ref name="VOA_2013-07-08_PRE">''[http://www.webcitation.org/6KOqIBC7B Protests and Rallies in Egypt]'' (englisch). Voice of America, 8. Juli 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/media/photogallery/1696918.html Original] am 16. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Am gleichen Tag forderten Pro-Mursi-Demonstranten in Kairo die Wiedereinsetzung Mursis als Staatspräsident. Nezar AlSayyad, Vorsitzender des ''Center for Middle Eastern Studies'', sagte gegenüber ''Voice of America'', die Armee müsse die Pro-Mursi-Demonstranten unter Kontrolle halten, um die „Stabilität im Land“ aufrechtzuerhalten. Wenn die Pro-Mursi-Proteste weitergingen oder wenn die Armee sie auf zu blutige Weise unter Kontrolle bringen werde, so drohe Ägypten „ein weiteres Algerien“ zu werden. Der „Ruf nach einer Rückkehr des früheren Präsidenten und die Anstiftung zur Gewalt" sei „gefährlich für Ägypten“: „Im Moment rufen sie nach einer Rückkehr Mursis. Im Moment sind viele von ihnen bewaffnet. Es gibt weiterhin eine Menge von Aufwiegelung, besonders unter den Pro-Mursi-Protestierern, in einer sehr ungesunden Weise.“ Er warf den Pro-Mursi-Demonstranten eine selbstaufopfernde „Dschihadisten-Mentalität“ vor, die „tödlich für das Land“ sei. Während die [[Afrikanische Union]] Ägypten am 5. Juli aufgrund des Putsches ausgeschlossen hatte und der [[Republikanische Partei|republikanische]] US-Senator [[John McCain]] die Einstellung der US-Militärhilfe aufgrund des Putsches forderte, wies AlSayyad die Einordnung als Putsch zurück, da das Militär nicht direkt die Regierung übernommen habe. AlSayyad hatte noch vor dem Putsch vorausgesagt, dass die Armee Mursi absetzen und den Chef des Verfassungsgerichts als Interimspräsident einsetzen werde.<ref name="VOA_2013-07-07_EAM">''[http://www.webcitation.org/6KOqO3KY4 Analyst: Egypt's Army Must Control Morsi Supporters]'' (englisch). Voice of America, 7. Juli 2013, von James Butty, archiviert vom [http://www.voanews.com/content/analyst-egyptian-army-must-control-morsi-supporters/1696972.html Original] am 16. Oktober 2013. Audio ([http://www.webcitation.org/6KOsSWrIy MP3]), archiviert vom [http://realaudio.rferl.org/voa/ENGL/2013/07/08/9c5b100f-088c-468c-b9c4-9ba61be4cbf2.mp3 Original] (MP3; 4,8&nbsp;MB) am 16. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
=== Massentötung von Mursi-Anhängern auf dem Gelände der Republikanischen Garde (8. Juli) ===<br />
[[Datei:Kairo Pro-Mursi-Proteste Juli-August 2013.jpg|miniatur|Ausgewählte Orte im Zusammenhang mit blutig niedergeschlagenen Protesten von Pro-Mursi-Demonstranten (rot) in Kairo nach dem Militärputsch vom 3. Juli 2013:<ref name="CIHRS_2013-12-10_NAO">''[http://www.webcitation.org/6M7TWpHSt Egypt: No Acknowledgment or Justice for Mass Protester Killings Set Up a Fact-Finding Committee as a First Step]'' (englisch). Cairo Institute for Human Rights Studies, 10. Dezember 2013, archiviert vom [http://www.cihrs.org/?p=7670&lang=en Original] am 25. Dezember 2013.</ref><ref name="HRW_2013-12-10_NAO">''[http://www.webcitation.org/6M7VFZb42 Egypt: No Acknowledgment or Justice for Mass Protester Killings]'' (englisch). Human Rights Watch, 10. Dezember 2013, archiviert vom [http://www.hrw.org/news/2013/12/10/egypt-no-acknowledgment-or-justice-mass-protester-killings Original] am 25. Dezember 2013.</ref><br /><small><br />
[[Zwischenfall vor dem Sitz der Republikanischen Garde in Kairo|''8. Juli'': Protestcamp auf dem Gelände der Republikanischen Garde]]<br />[[Massentötung in Kairo am 27. Juli 2013|''27. Juli'': Protestcamp vor der Rabia-al-Adawija-Moschee]]<br />[[Blutbad in Kairo und Gizeh vom 14. August 2013|''14. August'': Protestcamps vor der Rabia-al-Adawija-Moschee und am Al-Nahda-Platz]]<br />[[Staatskrise in Ägypten 2013/2014 (Kabinett Beblawi)#Fortsetzung der Gewalt und Blutbad bei der Al-Fetah-Moschee am Ramses-Platz (16. August)|''16. August'': Ramses-Platz und 15.-Mai-Brücke]]<br />[[Blutbad am 40. Jahrestag des Jom-Kippur-Krieges in Ägypten|''6. Oktober'': u. a. Märsche von Dokki und Ramses-Platz (mit Al-Fetah-Moschee) zum Tahrir-Platz]]</small>]]<br />
{{Hauptartikel|Zwischenfall vor dem Sitz der Republikanischen Garde in Kairo}}<br />
Am 8. Juli erschossen ägyptische Sicherheitskräfte 53 Mursi-Anhänger, die laut offizieller Darstellung das Gebäude der Republikanischen Garde in Kairo stürmen wollten, in dem Mursi festgehalten werden sollte.<ref name="Reuters_2013-07-28_ÄNN" /> 435 weitere wurden nach offiziellen Angaben verletzt.<ref name="20min-ch_2013-07-08_Ü5T">''[http://www.webcitation.org/6KGmoboUj Blutiger Montag - Über 50 Tote bei Protesten in Kairo]'', 20min.ch, archiviert vom [http://www.20min.ch/ausland/news/story/-Massaker--in--gypten---Dutzende-Tote-12420019 Original] am 10. Oktober 2013.</ref><ref name="taz_2013-08-22_AZV">''[http://www.webcitation.org/6J3rWkFho Nach tödlichen Schüssen in Kairo – Aufrufe zum Volksaufstand]'', die tageszeitung, 8. Juli 2013, archiviert vom [http://www.taz.de/!119496/ Original] am 22. August 2013.</ref> Die Sicherheitskräfte hatten den Tod von zwei Polizisten und eines Soldaten zu beklagen, sowie 42 Verletzte.<ref name="Guardian_2013-07-18_KIC-1" /><br />
<br />
Nach Aussagen der Muslimbrüder soll das Militär am Morgen des 8. Juli während der Verrichtung des Morgengebetes das Feuer eröffnet und mit gezielten Kopfschüssen zwischen 33 und 35 der betenden Demonstranten erschossen haben.<ref name="Spiegel_2013-07-08_MWB" /><ref name="20min-ch">''[http://www.webcitation.org/6KGnYuTmX «Massaker» in Ägypten – Dutzende Tote]'', 20min.ch (Reuters-Video), ohne Datum, archiviert vom [http://www.20min.ch/videotv/?vid=318273&cid=3 Original] am 10. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Das Militär bezeichnete den Vorfall dagegen als einen Angriff „terroristischer Kräfte“.<ref name="Spiegel_2013-07-08_MWB">''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/muslimbrueder-warnen-vor-syrischen-verhaeltnissen-in-aegypten-a-909994.html ''Gewalt in Ägypten: Muslimbrüder warnen vor Bürgerkrieg wie in Syrien'']'', Spiegel Online, 8. Juli 2013, abgerufen am 8. Juli 2013.</ref><br />
<br />
Eine auf Interviews mit Augenzeugen, Anwohnern und Medizinern sowie auf Videoanalysen fußende Recherche von Patrick Kingsley, die am 18. Juli im ''Guardian'' veröffentlicht wurde, kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Ereignis entgegen der offiziellen Darstellung um einen koordinierten Überfall der Sicherheitskräfte auf größtenteils friedliche Zivilisten handelte.<ref name="Guardian_2013-07-18_KIC-1">''[http://www.webcitation.org/6JkHzD7mJ Killing in Cairo: the full story of the Republican Guards' club shootings]'' (englisch). The Guardian, 18. Juli 2013, von Patrick Kingsley (Videobearbeitung: Leah Green), archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/interactive/2013/jul/18/cairo-republican-guard-shooting-full-story#part-one Original] am 19. September 2013.</ref><br />
<br />
Die ultrakonservative [[Partei des Lichts]] der radikal-islamistischen Salafisten, die bis dahin auf Seiten der Anti-Mursi-Allianz stand, erklärte daraufhin ihren Rückzug aus den Verhandlungen über eine Übergangsregierung<ref>[http://www.sueddeutsche.de/politik/umsturz-in-aegypten-mehr-als-tote-bei-protesten-1.1715019 Mehr als 30 Tote bei Protesten] Süddeutsche Zeitung 8. Juli 2013 (abgerufen am 8. Juli 2013)</ref> und begründete die Entscheidung als Reaktion auf das „Massaker“.<ref name="20min-ch_2013-07-08_Ü5T" /><ref name="VOANews_2013-07-08_AL5">''[http://www.webcitation.org/6KKyG4nM0 News / Middle East - At Least 51 Killed in Egypt as Tensions Soar]'' (englisch). Voice of America News, 8. Juli 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/content/at-least-42-killed-in-egypt/1697063.html Original] am 13. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
=== Bildung der Übergangsregierung ===<br />
<br />
[[Datei:Hazem Beblawy.jpg|mini|[[Hasim al-Beblawi]] wird Interims-Premierminister von Ägypten.]]<br />
Am 9. Juli wurde der frühere Finanzminister und Wirtschaftsexperte [[Hasim al-Beblawi]] zum Ministerpräsidenten der zu bildenden Übergangsregierung ernannt. Mohammed el-Baradei wurde der Posten des Vizeministerpräsidenten und Außenministers zugedacht.<ref name="tagesschau-de_2013-07-09_BFÜ">''[http://www.webcitation.org/6NhUoQqyx Einigung auf Interims-Ministerpräsidenten in Ägypten - Al Beblawi führt Übergangsregierung]'', tagesschau.de, 9. Juli 2013, archiviert vom [http://www.tagesschau.de/ausland/aegypten1630.html Original] am 27. Februar 2014.</ref><ref name="SpiegelOL_2013-07-09_WWN">''[http://www.webcitation.org/6NhV5ncV8 Staatskrise: Wirtschaftsexperte wird neuer ägyptischer Regierungschef]'', Spiegel Online, 9. Juli 2013, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/beblawi-wird-neuer-aegyptischer-regierungschef-a-910275.html Original] am 27. Februar 2014.</ref> Die weitere Regierungsbildung gestaltete sich in den darauffolgenden Tagen jedoch schwierig. Am 11. Juli erklärte Beblawi, bezüglich einiger Kabinettsposten müssten noch Gespräche geführt werden, er rechne jedoch mit dem Abschluss der Regierungsbildung bis zum 15. Juli.<ref name="HB11072013">[http://www.handelsblatt.com/politik/international/regierungsbildung-aegypten-mursi-anhaenger-planen-erneut-proteste/8480616.html ''Regierungsbildung Ägypten&nbsp;- Mursi-Anhänger planen erneut Proteste''], Handelsblatt, 11. Juli 2013 (abgerufen am 14. Juli 2013)</ref> Er zeigte sich zudem bereit zu einer Beteiligung der Muslimbruderschaft an der Regierung, was diese jedoch umgehend ablehnte, da die Übergangsregierung illegitim sei und Mursi wieder ins Amt eingesetzt werden müsse.<ref name="HB11072013" /><br />
<br />
In der Nacht vor der Vereidigung der Übergangsregierung eskalierte die Gewalt nach einer Woche relativer Ruhe erneut.<ref name="WiWo17072013" /> Zehntausende Anhänger der Muslimbruderschaft demonstrierten in der Nacht auf den 16. Juli in Kairo und anderen ägyptischen Städten. Starke Polizeiaufgebote verhinderten in Kairo, dass die Demonstranten wichtige Verkehrsnotenpunkte besetzten. An mehreren Orten kam es zu Zusammenstößen, bei denen in Kairo mindestens sieben Menschen ums Leben kamen, davon allein vier vor der Universität Kairo. Alle sieben Todesopfer waren Mursi-Anhänger. Zu heftigen Auseinandersetzungen kam es im Umkreis der 6.-Oktober-Brücke, die von Mursi-Anhänger mit Lastwagen und brennenden Autoreifen blockiert worden war. Die Polizei ging mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Demonstranten vor. Diese warfen Steine gegen die Sicherheitskräfte, die die Brücke räumten.<ref name="tagesspiegel_2013-07-16_PRM" /> Mehr als 400 Personen wurden nach Medienangaben wegen Unruhestiftung festgenommen.<ref name="tagesspiegel_2013-07-16_PRM" /><ref name="WiWo17072013" /> Seit dem Militärputsch gegen Staatspräsident Mursi waren zu diesem Zeitpunkt innerhalb von zwei Wochen mindestens 92 Menschen getötet worden.<ref name="WiWo17072013" /><br />
<br />
==== Vereidigung (16. Juli) ====<br />
<br />
Nachdem schließlich Kandidaten für alle Kabinettsposten gefunden waren, wurde die Übergangsregierung am 16. Juli von Übergangspräsident Mansur vereidigt.<ref name="WiWo17072013">[http://www.webcitation.org/6KgHwc0O9 ''Ägyptens Übergangsregierung ist vereidigt''], Wirtschaftswoche, 17. Juli 2013, archiviert vom [http://www.wiwo.de/politik/ausland/ohne-muslimbrueder-aegyptens-uebergangsregierung-ist-vereidigt/8507090.html Original] am 27. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Bei der Vereidigung wurde bekannt, dass der Kommandeur der Streitkräfte, Abd al-Fattah as-Sisi, der den gewählten Staatspräsidenten Mursi abgesetzt hatte, deutlich mehr Befugnisse und einen einflussreichen Postener in der Übergangsregierung erhielt.<ref name="tagesspiegel_2013-07-16_PRM" /><ref name="WiWo17072013" /> Damit verdichteten sich die Hinweise, dass das Militär eine stärkere politische Rolle einnehmen werde als allgemein erwartet worden war. Der von den Putschgegnern scharf kritisierte Armee-Kommandeur Sisi erhielt durch die Bildung der Übergangsregierung deutlich mehr Befugnisse. Neben dem Verteidigungsressort übernahm General Sisi, der ursprünglich versprochen hatte, dass die Macht in die Hände ziviler Politiker gelegt werde, nun auch den Posten des ersten Stellvertreters von Interims-Ministerpräsident Hasim al-Beblawi.<ref name="tagesspiegel_2013-07-16_PRM">''[http://www.webcitation.org/6KgE5tyom Übergangsregierung in Ägypten - Politische Rolle des Militärs stärker als erwartet]'', Der Tagesspiegel, 16. Juli 2013, archiviert vom [http://www.tagesspiegel.de/politik/uebergangsregierung-in-aegypten-politische-rolle-des-militaers-staerker-als-erwartet/8506436.html Original] am 27. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
Die 33 Mitglieder des Kabinetts gehörten überwiegend dem liberalen politischen Lager an oder waren nicht parteigebundene Fachleute. Unter den Kabinettsmitgliedern waren drei koptische Christen und drei Frauen.<ref>[http://www.ovb-online.de/politik/frauen-christen-neuer-regierung-3012095.html ''3 Frauen und 3 Christen in neuer Regierung''], OVB online, 18. Juli 2013, abgerufen am 24. Juli 2013</ref> Finanzminister wurde Ahmed Galal, ein langjähriger Experte der [[Weltbank]].<ref name="tagesspiegel_2013-07-16_PRM" /><br />
<br />
Keine der beiden islamistischen Parteien, welche die Vorgängerregierung unter Präsident Mursi gestützt hatten und seit dem Volksaufstand von 2011 gemeinsam fünf Wahlen gewonnen hatten (zwei Parlamentswahlen, eine Präsidentenwahl sowie zwei Verfassungsreferenden), war an der neuen Regierung beteiligt.<ref name="WiWo17072013" /><!--BELEGE FEHLEN FÜR FOLGENDE AUSSAGEN: Während die Muslimbruderschaft eine Teilnahme an den Gesprächen zur Regierungsbildung von Anfang an mit Hinweis auf die Unrechtmäßigkeit des Militärputschs ablehnte und nach der Vereidigung des Kabinetts erneut betonte, sie erkenne die neue Regierung nicht an, waren die [[Salafismus|Salafisten]] der Nur-Partei zunächst zu Gesprächen bezüglich einer Regierungsbeteiligung bereit gewesen, hatten sich dann aber aus den Gesprächen zurückgezogen.--><br />
<br />
'''Zusammensetzung der Interimsregierung''':<br />
<br />
{{Stammbaum |AM|v|MB| AM=[[Adli Mansur]]<ref name="DNE_2013-07-16" /> <br /> Interims-Präsident | MB='''Vakant''' <br /> Interims-Vizepräsident <br /><small>bis 14. August 2013<ref name="standard">[http://www.webcitation.org/6IwQ0ssrW ''Hunderte Tote bei Räumung der Protestlager – Ausnahmezustand über Ägypten verhängt – Vizepräsident ElBaradei tritt zurück''], derStandard.at, 14. August 2013, archiviert vom [http://derstandard.at/1375626545205/Aegyptische-Polizei-beginnt-Pro-Mursi-Protestlager-zu-raeumen Original] am 17. August 2013.</ref>:<br /> [[Mohammed el-Baradei]]<ref name="Reuters-US_2013-07-14_EGT">''[http://www.webcitation.org/6J71MKkEi Egypt government takes shape]'' (englisch). Reuters U.S., 14. Juli 2013, archiviert vom [http://www.reuters.com/article/2013/07/14/us-egypt-politics-idUSBRE96D04L20130714 Original] am 24. Juli 2013.</ref><br />
|boxstyle_AM =background-color: #aaf; }}<br />
{{Stammbaum | | | |!|}}<br />
{{Stammbaum | | |HB|v|AS|-|ZD| HB=[[Hasim al-Beblawi]]<ref name="DNE_2013-07-16" /> <br /> Interims-Ministerpräsident | AS=[[Abd al-Fattah as-Sisi]]<ref name="DNE_2013-07-16" /> <br /> Stellvertretender<br />Interims-Ministerpräsident | ZD=[[Ziad Bahaa El Din]]<ref name="DNE_2013-07-16" /> <br /> Stellvertretender<br />Interims-Ministerpräsident<br />
|boxstyle_HB =background-color: #aaf;<br />
|boxstyle_AS =background-color: #ff5;<br />
|boxstyle_ZD =background-color: #aaf; }}<br />
{{Stammbaum | | | | | |!|}}<br />
{{Stammbaum | | | | |MI| MI=32 Minister<br />
|boxstyle_MI =background-color: #afa;}}<br />
{{Stammbaum/Ende}}<br />
<small>Blau: zivil; Gelb: Militär; Grün: zivil und Militär</small><br />
<br />
==== Reaktionen auf die Bildung der Übergangsregierung ====<br />
Nach der Kabinettsbildung übten die Muslimbrüder harsche Kritik. Ein Sprecher der Muslimbruderschaft sagte, weder die Regierung noch der Ministerpräsident oder das Kabinett seien legitimiert.<ref name="WiWo17072013" /> Die Anhänger des gestürzten Staatspräsidenten Mursi kündigten an, ihre Demonstrationen gegen den Putsch fortzusetzen.<ref name="tagesspiegel_2013-07-16_PRM" /><br />
<br />
Heftige Kritik an der ägyptischen Übergangsregierung äußerte die Regierung der Türkei. Der türkische Ministerpräsident [[Recep Tayyip Erdoğan]] lehnte eine Begegnung mit dem ägyptischen Interims-Vizepräsidenten Mohammed el-Baradei ab und erklärte, mit einem solchen Treffen würde die vom Militär gestützte ägyptische Übergangsregierung Legitimität erlangen. Der türkische Staatspräsident [[Abdullah Gül]] verlangte in einem Gespräch mit dem ägyptischen Botschafter die sofortige Freilassung Mursis.<ref name="tagesspiegel_2013-07-16_PRM" /><br />
<br />
== Weitere Zuspitzung der Staatskrise ==<br />
[[Datei:Anti-coup sit-in at Rabaa Adiweya mosque 2013.jpg|mini|Vor der [[Blutbad in Kairo und Gizeh vom 14. August 2013|Stürmung des Anti-Putsch-Sit-ins an der Rabia-al-Adawiya-Moschee]] übernachteten dort Pro-Mursi-Demonstranten bereits seit mehr als einem Monat in Zelten.<ref name="VOA_2013-08-01_LIF">''[http://www.webcitation.org/6LoKASvah The Latest Images from Egypt]'' (englisch). Voice Of America, 1. August 2013, archiviert vom [http://www.voanews.com/media/photogallery/1711987.html Original] am 12. Dezember 2013.</ref>]]<br />
{{Hauptartikel|Staatskrise in Ägypten 2013}}<br />
Auf den Putsch gegen Mursi folgte während der vom Militär installierten Übergangsregierung die größte Gewaltwelle der jüngeren ägyptischen Geschichte.<ref name="DW_2013-08-20_SRÄ" /><ref name="Süddeutsche-de_2013-08-31_MCE">''[http://www.webcitation.org/6JIeDXSTm Machtkampf in Ägypten – Muslimbrüder-Chef erleidet Herzinfarkt im Gefängnis]'', Süddeutsche.de, 31. August 2013, archiviert vom [http://www.sueddeutsche.de/politik/machtkampf-in-aegypten-muslimbrueder-chef-erleidet-herzinfarkt-im-gefaengnis-1.1759444 Original] am 1. September 2013.</ref> Allein bei der [[Blutbad in Kairo und Gizeh vom 14. August 2013|Stürmung zweier Pro-Mursi-Protestcamps durch Militär und Polizei am 14. August]], bei der es sich um ein „Massaker der Sicherheitskräfte an rund 1000 Pro-Mursi-Demonstranten“, um die schlimmste der bis dahin drei Massentötungen seit dem Sturz Mursis von Anfang Juli und laut ''Human Rights Watch'' um das „schlimmste Ereignis ungesetzlicher Massentötungen in der modernen Geschichte Ägyptens“ gehandelt hatte,<ref name="Guardian_2013-08-16_RTB">''[http://www.webcitation.org/6JnqqDAUA Egypt: resentment towards Brotherhood fuels crackdown support]'' (englisch). The Guardian, 16. August 2013, von Ian Black und Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/aug/16/egypt-nationalism-muslim-brotherhood-crackdown Original] am 21. September 2013.</ref><ref name="Guardian_2013-09-19_EPS">''[http://www.webcitation.org/6Jnnf5h1e Egyptian police storm second Islamist stronghold]'' (englisch). The Guardian, von Patrick Kingsley, archiviert vom [http://www.theguardian.com/world/2013/sep/19/egyptian-police-officer-killed-kerdasah-morsi Original] am 21. September 2013.</ref><ref name="Zeit-OL_2013-09-23_ÄVA">''[http://www.webcitation.org/6JtJIotRr Ägypten - Versöhnung ausgeschlossen]'', Zeit Online, 23. September 2013, von Martin Gehlen, archiviert vom [http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-09/aegypten-verbot-muslimbruderschaft Original] am 25. September 2013.</ref> sowie bei den darauffolgenden Ausschreitungen sollen laut Bassem El-Smargy vom [[Cairo Institute for Human Rights Studies]] (CIHRS) nach offiziellen Todeszahlen und eigenen Berechnungen innerhalb weniger als einer Woche zwischen 1000 und 1500 Menschen getötet worden sein. Bei den allermeisten Opfern handelte es sich dabei um von Polizei und Militär getötete Islamisten,<ref name="DW_2013-08-20_SRÄ">''[http://www.webcitation.org/6J1XsBE6U Arabische Welt – Staatliche Repression in Ägypten nimmt zu]'', Deutsche Welle, 20. August 2013, von Matthias Sailer, archiviert vom [http://www.dw.de/staatliche-repression-in-%C3%A4gypten-nimmt-zu/a-17030681 Original] am 21. August 2013.</ref> überwiegend aus der Muslimbruderschaft.<ref name="DW_2013-08-17_MM">''[http://www.webcitation.org/6J4RmuHDh Ägypten – Die Macht der Märtyrerlogik]'', Deutsche Welle, 17. August 2013, von Markus Symank, archiviert vom [http://www.dw.de/die-macht-der-m%C3%A4rtyrerlogik/a-17027115 Original] am 22. August 2013.</ref> Diese seit dem Sturz Mursis andauernde Gewaltserie wurde als Anzeichen für eine wachsende Instabilität Ägyptens gedeutet.<ref name="Reuters-DE_2013-10-07_ATÄ">''[http://www.webcitation.org/6KElNiDfx Angreifer töten ägyptische Soldaten nahe Suez-Kanal]'', Reuters Deutschland, 7. Oktober 2013, archiviert vom [http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE99604F20131007 Original] am 9. Oktober 2013.</ref><br />
<br />
== Verweise ==<br />
=== Weblinks ===<br />
{{Commonscat|2013 coup d'état in Egypt|Militärputsch in Ägypten 2013}}<br />
* Tagesschau: [http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1316962.html Massenproteste in Ägypten: Militär stellt Mursi Ultimatum] (1. Juli 2013)<br />
<br />
=== Einzelnachweise ===<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Konflikt 2013]]<br />
[[Kategorie:Politik 2013]]<br />
[[Kategorie:Demonstration]]<br />
[[Kategorie:Geschichte (Ägypten)]]<br />
[[Kategorie:Putsch]]</div>LibDutchhttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Abd_al-Fattah_as-Sisi&diff=130055687Abd al-Fattah as-Sisi2014-05-03T08:49:55Z<p>LibDutch: </p>
<hr />
<div>[[File:Egyptian_Minister_of_Defense_Abdel_Fatah_Al_Sisi.jpg|mini|hochkant|Abd al-Fattah as-Sisi (2013)]]<br />
'''Abd al-Fattah Said Husain Chalil as-Sisi''' ({{arS|عبد الفتاح سعيد حسين خليل السيسي|d=ʿAbd al-Fattāḥ Saʿīd Ḥusain Ḫalīl as-Sīsī}}; * [[19. November]] [[1954]] in [[Kairo]]) ist ein [[Ägypten|ägyptischer]] Politiker. Ende März 2014 gab er seine Kandidatur um das ägyptische Präsidentenamt bekannt. Um gemäß der Verfassung als Zivilist zu kandidieren, trat Sisi von seinen bisherigen Ämtern zurück. Er war seit dem 12. August 2012 Minister für Verteidigung und Militärproduktion unter dem Ministerpräsidenten [[Hescham Kandil]]. Er war auch als [[Feldmarschall]] Oberkommandierender der [[Streitkräfte Ägyptens|ägyptischen Streitkräfte]], war das jüngste Mitglied des [[Oberster Rat der Streitkräfte|Militärrats]]<ref>{{Internetquelle|url=http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/machtkampf-entbrannt-aegyptens-praesident-mursi-setzt-militaerchef-ab_aid_798586.html|titel=Machtkampf in Ägypten. Präsident Mursi feuert Militärchef Tantawi|werk=Focus Online|zugriff=2012-08-12}}</ref> und stellvertretender Ministerpräsident des Landes.<ref>http://www.nzz.ch/aktuell/international/auslandnachrichten/die-armee-ruft-zu-einer-massenkundgebung-auf-1.18122174</ref> <br />
<br />
Der praktizierende [[Sunniten|sunnitische]] Muslim gilt als fromm, gläubig, zugleich aber als überzeugter Verehrer des [[Arabischer Nationalismus|arabisch-nationalistischen]] und [[Säkularismus|säkularen]] Ex-Präsidenten [[Gamal Abdel Nasser]].<ref>Raniah Salloum: ''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/sturz-von-praesident-mursi-in-aegypten-die-macht-des-militaer-a-909338.html Mursi-Sturz in Ägypten. Putsch des listigen Generals.]'' In: ''Spiegel Online'', 4. Juli 2013.</ref> Seine Verbindungen zu den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] gelten als ausgezeichnet, sowohl zur Führung der US-Armee als auch zum [[Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten|amerikanischen Verteidigungsministerium]], das Ägyptens Streitkräfte jährlich mit 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe unterstützt.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.aegypten-der-armeechef-ist-ein-mann-der-klaren-worte.2eeca8d6-4599-4034-87b6-6cd965104cce.html|autor=Martin Gehlen|titel=Der Armeechef ist ein Mann der klaren Worte|werk=Stuttgarter Zeitung.de |zugriff=2013-07-05}}</ref><br />
<br />
== Militärkarriere ==<br />
Sisi machte 1977 seinen Abschluss an der Ägyptischen Militärakademie. Anschließend wurde er Offizier der mechanisierten Infanterie im Bereich Panzerbekämpfung und Kampf mit Mörsern.<ref name=dstar10sept>{{Internetquelle|titel=Egypt's new defense minister seen as U.S.-friendly|url=http://www.thefreelibrary.com/Egypt's+new+defense+minister+seen+as+U.S.-friendly.-a0301876353|zugriff=2013-06-18|hrsg=Daily Star|datum=2012-09-10}}</ref> Später nahm er an folgenden Lehrgängen teil:<br />
* General Command and Staff Course, Egyptian Command and Staff College (1987) <br />
* General Command and Staff Course, Joint Command and Staff College ([[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] 1992) <br />
* War Course, Fellowship of the Higher War College, Nasser’s Military Sciences Academy (Ägypten 2003) <br />
* War Course, [[United States Army War College]] in [[Carlisle (Pennsylvania)|Carlisle]] (USA 2006).<br />
<br />
Sisi wurde 2008 Kommandeur des Armeebereichs Nord, anschließend Direktor der militärischen Aufklärung. Nachdem eine Einheit im Zuge der [[Revolution in Ägypten 2011]] etwa 20 Demonstrantinnen vom [[Tahrir-Platz]] verschleppt hatte und sie zu einer demütigenden Jungfräulichkeitsuntersuchung gezwungen hatte,<ref>''[http://www.amnesty.de/2011/3/24/aegypten-demonstrantinnen-zu-jungfraeulichkeitstests-gezwungen Demonstrantinnen zu "Jungfräulichkeits-Tests" gezwungen.]'' Amnesty International, amnesty.de 23. März 2011.</ref><ref>Samiha Shafy: ''[http://www.spiegel.de/spiegel/a-766906.html Die Jungfrauen vom Tahrir.]'' In: ''Spiegel Online'', 6. Juni 2011</ref> verteidigte as-Sisi das Handeln des Schlägertrupps gegenüber Medien.<ref>''[http://derstandard.at/1343744630872/Mursi-feuert-Verteidigungsminister-Tantawi Ägyptens neuer Armeechef verteidigte umstrittene Jungfräulichkeitstests.]'' In: ''[[Der Standard]].at'', 13. August 2012</ref> Zu dieser Zeit war Sisi in seiner Funktion als Militär-Geheimdienstchef Mitglied des Obersten Rates der Streitkräfte.<ref>''[http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/thema_nt/article108598798/Al-Sisi-kommt-aus-der-Welt-des-Geheimdienstes.html Al-Sisi kommt aus der Welt des Geheimdienstes.]'' In: ''Welt.de'', 13. August 2012</ref><br />
<br />
Präsident [[Mohammed Mursi]] ersetzte am 12. August 2012 [[Mohamed Hussein Tantawi]] (* 1935), den Oberbefehlshaber der Ägyptischen Streitkräfte, durch General Sisi. Wegen der anhaltenden Massenproteste gegen Mursi setzte Sisi am Nachmittag des 1. Juli 2013 allen politischen Kräften ein Ultimatum von 48&nbsp;Stunden. Am Abend des 3. Juli wurde [[Kabinett Kandil|die Regierung]] der [[Muslimbruderschaft]] [[Militärputsch in Ägypten 2013|abgesetzt]], Neuwahlen wurden angekündigt. Sisi ernannte [[Adli Mansur]] (seit 1. Juli 2013 der Vorsitzende des [[Oberstes Verfassungsgericht Ägyptens|Obersten Verfassungsgerichts]]) am 4. Juli zum [[Übergangsregierung|Übergangspräsidenten]] des Landes.<ref name="äää">{{Internetquelle|autor=Richard Hall |url=http://www.independent.co.uk/news/world/africa/profile-of-adly-mansour-who-is-egypts-interim-president-8686258.html|titel=Profile of Adly Mansour: Who is Egypt's interim President?|hrsg=[[The Independent]]|datum=2013-07-03|zugriff=2013-07-03}}</ref> Er kündigte auch eine neue Präsidentschaftswahl und die Überarbeitung der im Vorjahr beschlossenen, von den [[Islamismus|Islamisten]] geprägten und bei einer Abstimmung mit 64 % der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 33 % angenommenen Verfassung an. Zahlreiche gesellschaftliche Kräfte begrüßten die Wende.<ref name="SpiegelOnline">''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-militaer-stuerzt-praesident-mohammed-mursi-a-909326.html Putsch in Kairo: Ägyptens Militär stürzt Mursi]'' Spiegel Online, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref><ref>Ben Wedeman, Reza Sayah, Matt Smith: ''[http://edition.cnn.com/2013/07/03/world/meast/egypt-protests/index.html?hpt=hp_t1 Coup topples Egypt's Morsy; deposed president under 'house arrest'.]'' In: ''CNN.com'', 4. Juli 2013</ref> Jedoch führte der Putsch zu Massenprotesten und zur [[Staatskrise in Ägypten 2013|Eskalation]] der Situation im Land. Am Morgen des 8. Juli wurden laut der Gewerkschaft ägyptischer Ärzte 84 Demonstranten während des Morgengebetes vor den [[Zwischenfall vor dem Sitz der Republikanischen Garde in Kairo|Kasernen der Nationalgarde]] vom Militär erschossen, 1000 andere wurden verletzt.<ref name="al-Masreyon">''[http://almesryoon.com/%D8%A7%D9%84%D8%B3%D9%8A%D8%A7%D8%B3%D9%8A%D8%A9/185943-%D8%A7%D9%84%D8%A3%D8%B7%D8%A8%D8%A7%D8%A1-84-%D8%B4%D9%87%D9%8A%D8%AF%D8%A7-%D8%AD%D8%AA%D9%89-%D8%A7%D9%84%D8%A2%D9%86-%D9%88%D8%A3%D9%83%D8%AB%D8%B1-%D9%85%D9%86-1000-%D9%85%D8%B5%D8%A7%D8%A8-%D8%AD%D8%B5%D9%8A%D9%84%D8%A9-%D8%A3%D8%AD%D8%AF%D8%A7%D8%AB-%D8%A7%D9%84%D8%AD%D8%B1%D8%B3-%D8%A7%D9%84%D8%AC%D9%85%D9%87%D9%88%D8%B1%D9%89 الأطباء" 84 شهيدا حتى الآن وأكثر من 1000 مصاب حصيلة أحداث الحرس الجمهورى"]'' („Bis jetzt 84 Gefallene und mehr als 1000 Verwundete in den Gefechten vor den Kasernen der National Garde“), al-Masreyoon, 9. Juli 2013, abgerufen am 10. Juli 2013.</ref><br />
<br />
Am 27. Januar 2014 wurde er von Mansur zum [[Feldmarschall]], dem höchsten Rang im ägyptischen Militär, ernannt.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-abd-al-fattah-al-sisi-laesst-sich-zum-feldmarschall-befoerdern-a-945767.html Ägypten: Armeechef Sisi lässt sich zum Feldmarschall befördern]'' Spiegel Online, 27. Januar 2014, abgerufen am 27. Januar 2014.</ref> Am 12. Februar 2014 berichtete der [[Deutschlandfunk]] über ein vermutetes Mordkomplott gegen ihn.<ref>http://www.deutschlandfunk.de/verschwoerungstheorie-aegyptische-zeitung-deutschland-in.1773.de.html?dram:article_id=277264</ref><br />
<br />
== Kandidatur um das Präsidentenamt ==<br />
Am 26. März 2014 bewarb sich Sisi öffentlich in einer Fernsehansprache um das ägyptische Präsidentenamt. Bei der [[Präsidentschaftswahl in Ägypten 2014|Präsidentschaftswahl 2014]] gilt er als Favorit auf den Posten, für den bislang mit dem linksgerichteten Politiker [[Hamdin Sabbahi]] und der [[Kopten|koptischen]] [[Christentum in Ägypten|Christin]] [[Hala Schukrallah]] bereits zwei Gegenkandidaten existieren. Um der Verfassung entsprechend als Zivilist zu kandidieren, trat Sisi von seinen Ämtern als Armeechef sowie Verteidigungsminister und Vize-Ministerpräsident zurück.<ref>[http://www.dw.de/al-sisi-vom-putschisten-zum-%C3%A4gyptischen-pr%C3%A4sidenten/a-17526684 ''Al-Sisi: Vom Putschisten zum ägyptischen Präsidenten?''] bei dw.de, 27. März 2014 (abgerufen am 28. März 2014).</ref><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* {{Munzinger|00000029646|Abd al-Fattah al-Sisi||in: ''Internationales Biographisches Archiv'' 37/2013 vom 10. September 2013}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Abdul Fatah al-Sisi|Abd al-Fattah as-Sisi}}<br />
{{Wikinews|Ägypten: Armeechef al-Sisi darf Präsident werden}}<br />
{{Wikinews|Ägyptens Militärschef Al-Sisi kündigt Präsidentschaftskandidatur an}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Folgenleiste multi<br />
|AMT=[[Liste der Verteidigungsminister Ägyptens|Ägyptischer Verteidigungsminister]]<br />
|ZEIT=2012 bis 2014<br />
|VORGÄNGER=[[Mohammed Hussein Tantawi]]<br />
|NACHFOLGER=—<br />
}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Sisi, Abd alFattah as}}<br />
[[Kategorie:Verteidigungsminister (Ägypten)]]<br />
[[Kategorie:Militärperson (Ägypten)]]<br />
[[Kategorie:Feldmarschall]]<br />
[[Kategorie:Nachrichtendienstliche Person]]<br />
[[Kategorie:Person (Kairo)]]<br />
[[Kategorie:Ägypter]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1954]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Sisi, Abd al-Fattah as-<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Sisi, Abd al-Fattah Said Husain Chalil as- (vollständiger Name); عبد الفتاح خليل السيسي (arabisch)<br />
|KURZBESCHREIBUNG=ägyptischer Verteidigungsminister und Feldmarschall<br />
|GEBURTSDATUM=19. November 1954<br />
|GEBURTSORT=[[Kairo]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>LibDutchhttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Abd_al-Fattah_as-Sisi&diff=129920930Abd al-Fattah as-Sisi2014-04-28T17:08:27Z<p>LibDutch: </p>
<hr />
<div>[[Datei:Egyptian_Minister_of_Defense_Abdel_Fatah_Al_Sisi.jpg|mini|hochkant|Abd al-Fattah as-Sisi (2013)]]<br />
'''Abd al-Fattah Said Husain Chalil as-Sisi''' ({{arS|عبد الفتاح سعيد حسين خليل السيسي|d=ʿAbd al-Fattāḥ Saʿīd Ḥusain Ḫalīl as-Sīsī}}; * [[19. November]] [[1954]] in [[Kairo]]) ist ein [[Ägypten|ägyptischer]] Politiker. Ende März 2014 gab er seine Kandidatur um das ägyptische Präsidentenamt bekannt. Um gemäß der Verfassung als Zivilist zu kandidieren, trat Sisi von seinen bisherigen Ämtern zurück. Er war seit dem 12. August 2012 Minister für Verteidigung und Militärproduktion unter dem Ministerpräsidenten [[Hescham Kandil]]. Er war auch als [[Feldmarschall]] Oberkommandierender der [[Streitkräfte Ägyptens|ägyptischen Streitkräfte]], war das jüngste Mitglied des [[Oberster Rat der Streitkräfte|Militärrats]]<ref>{{Internetquelle|url=http://www.focus.de/politik/ausland/krise-in-der-arabischen-welt/aegypten/machtkampf-entbrannt-aegyptens-praesident-mursi-setzt-militaerchef-ab_aid_798586.html|titel=Machtkampf in Ägypten. Präsident Mursi feuert Militärchef Tantawi|werk=Focus Online|zugriff=2012-08-12}}</ref> und stellvertretender Ministerpräsident des Landes.<ref>http://www.nzz.ch/aktuell/international/auslandnachrichten/die-armee-ruft-zu-einer-massenkundgebung-auf-1.18122174</ref> <br />
<br />
Der praktizierende [[Sunniten|sunnitische]] Muslim gilt als fromm, gläubig, zugleich aber als überzeugter Verehrer des [[Arabischer Nationalismus|arabisch-nationalistischen]] und [[Säkularismus|säkularen]] Ex-Präsidenten [[Gamal Abdel Nasser]].<ref>Raniah Salloum: ''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/sturz-von-praesident-mursi-in-aegypten-die-macht-des-militaer-a-909338.html Mursi-Sturz in Ägypten. Putsch des listigen Generals.]'' In: ''Spiegel Online'', 4. Juli 2013.</ref> Seine Verbindungen zu den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] gelten als ausgezeichnet, sowohl zur Führung der US-Armee als auch zum [[Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten|amerikanischen Verteidigungsministerium]], das Ägyptens Streitkräfte jährlich mit 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe unterstützt.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.aegypten-der-armeechef-ist-ein-mann-der-klaren-worte.2eeca8d6-4599-4034-87b6-6cd965104cce.html|autor=Martin Gehlen|titel=Der Armeechef ist ein Mann der klaren Worte|werk=Stuttgarter Zeitung.de |zugriff=2013-07-05}}</ref><br />
<br />
== Militärkarriere ==<br />
Sisi machte 1977 seinen Abschluss an der Ägyptischen Militärakademie. Anschließend wurde er Offizier der mechanisierten Infanterie im Bereich Panzerbekämpfung und Kampf mit Mörsern.<ref name=dstar10sept>{{Internetquelle|titel=Egypt's new defense minister seen as U.S.-friendly|url=http://www.thefreelibrary.com/Egypt's+new+defense+minister+seen+as+U.S.-friendly.-a0301876353|zugriff=2013-06-18|hrsg=Daily Star|datum=2012-09-10}}</ref> Später nahm er an folgenden Lehrgängen teil:<br />
* General Command and Staff Course, Egyptian Command and Staff College (1987) <br />
* General Command and Staff Course, Joint Command and Staff College ([[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] 1992) <br />
* War Course, Fellowship of the Higher War College, Nasser’s Military Sciences Academy (Ägypten 2003) <br />
* War Course, [[United States Army War College]] in [[Carlisle (Pennsylvania)|Carlisle]] (USA 2006).<br />
<br />
Sisi wurde 2008 Kommandeur des Armeebereichs Nord, anschließend Direktor der militärischen Aufklärung. Nachdem eine Einheit im Zuge der [[Revolution in Ägypten 2011]] etwa 20 Demonstrantinnen vom [[Tahrir-Platz]] verschleppt hatte und sie zu einer demütigenden Jungfräulichkeitsuntersuchung gezwungen hatte,<ref>''[http://www.amnesty.de/2011/3/24/aegypten-demonstrantinnen-zu-jungfraeulichkeitstests-gezwungen Demonstrantinnen zu "Jungfräulichkeits-Tests" gezwungen.]'' Amnesty International, amnesty.de 23. März 2011.</ref><ref>Samiha Shafy: ''[http://www.spiegel.de/spiegel/a-766906.html Die Jungfrauen vom Tahrir.]'' In: ''Spiegel Online'', 6. Juni 2011</ref> verteidigte as-Sisi das Handeln des Schlägertrupps gegenüber Medien.<ref>''[http://derstandard.at/1343744630872/Mursi-feuert-Verteidigungsminister-Tantawi Ägyptens neuer Armeechef verteidigte umstrittene Jungfräulichkeitstests.]'' In: ''[[Der Standard]].at'', 13. August 2012</ref> Zu dieser Zeit war Sisi in seiner Funktion als Militär-Geheimdienstchef Mitglied des Obersten Rates der Streitkräfte.<ref>''[http://www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_nt/thema_nt/article108598798/Al-Sisi-kommt-aus-der-Welt-des-Geheimdienstes.html Al-Sisi kommt aus der Welt des Geheimdienstes.]'' In: ''Welt.de'', 13. August 2012</ref><br />
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Präsident [[Mohammed Mursi]] ersetzte am 12. August 2012 [[Mohamed Hussein Tantawi]] (* 1935), den Oberbefehlshaber der Ägyptischen Streitkräfte, durch General Sisi. Wegen der anhaltenden Massenproteste gegen Mursi setzte Sisi am Nachmittag des 1. Juli 2013 allen politischen Kräften ein Ultimatum von 48&nbsp;Stunden. Am Abend des 3. Juli wurde [[Kabinett Kandil|die Regierung]] der [[Muslimbruderschaft]] [[Militärputsch in Ägypten 2013|abgesetzt]], Neuwahlen wurden angekündigt. Sisi ernannte [[Adli Mansur]] (seit 1. Juli 2013 der Vorsitzende des [[Oberstes Verfassungsgericht Ägyptens|Obersten Verfassungsgerichts]]) am 4. Juli zum [[Übergangsregierung|Übergangspräsidenten]] des Landes.<ref name="äää">{{Internetquelle|autor=Richard Hall |url=http://www.independent.co.uk/news/world/africa/profile-of-adly-mansour-who-is-egypts-interim-president-8686258.html|titel=Profile of Adly Mansour: Who is Egypt's interim President?|hrsg=[[The Independent]]|datum=2013-07-03|zugriff=2013-07-03}}</ref> Er kündigte auch eine neue Präsidentschaftswahl und die Überarbeitung der im Vorjahr beschlossenen, von den [[Islamismus|Islamisten]] geprägten und bei einer Abstimmung mit 64 % der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 33 % angenommenen Verfassung an. Zahlreiche gesellschaftliche Kräfte begrüßten die Wende.<ref name="SpiegelOnline">''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegyptens-militaer-stuerzt-praesident-mohammed-mursi-a-909326.html Putsch in Kairo: Ägyptens Militär stürzt Mursi]'' Spiegel Online, 3. Juli 2013, abgerufen am 3. Juli 2013.</ref><ref>Ben Wedeman, Reza Sayah, Matt Smith: ''[http://edition.cnn.com/2013/07/03/world/meast/egypt-protests/index.html?hpt=hp_t1 Coup topples Egypt's Morsy; deposed president under 'house arrest'.]'' In: ''CNN.com'', 4. Juli 2013</ref> Jedoch führte der Putsch zu Massenprotesten und zur [[Staatskrise in Ägypten 2013|Eskalation]] der Situation im Land. Am Morgen des 8. Juli wurden laut der Gewerkschaft ägyptischer Ärzte 84 Demonstranten während des Morgengebetes vor den [[Zwischenfall vor dem Sitz der Republikanischen Garde in Kairo|Kasernen der Nationalgarde]] vom Militär erschossen, 1000 andere wurden verletzt.<ref name="al-Masreyon">''[http://almesryoon.com/%D8%A7%D9%84%D8%B3%D9%8A%D8%A7%D8%B3%D9%8A%D8%A9/185943-%D8%A7%D9%84%D8%A3%D8%B7%D8%A8%D8%A7%D8%A1-84-%D8%B4%D9%87%D9%8A%D8%AF%D8%A7-%D8%AD%D8%AA%D9%89-%D8%A7%D9%84%D8%A2%D9%86-%D9%88%D8%A3%D9%83%D8%AB%D8%B1-%D9%85%D9%86-1000-%D9%85%D8%B5%D8%A7%D8%A8-%D8%AD%D8%B5%D9%8A%D9%84%D8%A9-%D8%A3%D8%AD%D8%AF%D8%A7%D8%AB-%D8%A7%D9%84%D8%AD%D8%B1%D8%B3-%D8%A7%D9%84%D8%AC%D9%85%D9%87%D9%88%D8%B1%D9%89 الأطباء" 84 شهيدا حتى الآن وأكثر من 1000 مصاب حصيلة أحداث الحرس الجمهورى"]'' („Bis jetzt 84 Gefallene und mehr als 1000 Verwundete in den Gefechten vor den Kasernen der National Garde“), al-Masreyoon, 9. Juli 2013, abgerufen am 10. Juli 2013.</ref><br />
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Am 27. Januar 2014 wurde er von Mansur zum [[Feldmarschall]], dem höchsten Rang im ägyptischen Militär, ernannt.<ref>''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/aegypten-abd-al-fattah-al-sisi-laesst-sich-zum-feldmarschall-befoerdern-a-945767.html Ägypten: Armeechef Sisi lässt sich zum Feldmarschall befördern]'' Spiegel Online, 27. Januar 2014, abgerufen am 27. Januar 2014.</ref> Am 12. Februar 2014 berichtete der [[Deutschlandfunk]] über ein vermutetes Mordkomplott gegen ihn.<ref>http://www.deutschlandfunk.de/verschwoerungstheorie-aegyptische-zeitung-deutschland-in.1773.de.html?dram:article_id=277264</ref><br />
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== Kandidatur um das Präsidentenamt ==<br />
Am 26. März 2014 bewarb sich Sisi öffentlich in einer Fernsehansprache um das ägyptische Präsidentenamt. Bei der [[Präsidentschaftswahl in Ägypten 2014|Präsidentschaftswahl 2014]] gilt er als Favorit auf den Posten, für den bislang mit dem linksgerichteten Politiker [[Hamdin Sabbahi]] und der [[Kopten|koptischen]] [[Christentum in Ägypten|Christin]] [[Hala Schukrallah]] bereits zwei Gegenkandidaten existieren. Um der Verfassung entsprechend als Zivilist zu kandidieren, trat Sisi von seinen Ämtern als Armeechef sowie Verteidigungsminister und Vize-Ministerpräsident zurück.<ref>[http://www.dw.de/al-sisi-vom-putschisten-zum-%C3%A4gyptischen-pr%C3%A4sidenten/a-17526684 ''Al-Sisi: Vom Putschisten zum ägyptischen Präsidenten?''] bei dw.de, 27. März 2014 (abgerufen am 28. März 2014).</ref><br />
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== Literatur ==<br />
* {{Munzinger|00000029646|Abd al-Fattah al-Sisi||in: ''Internationales Biographisches Archiv'' 37/2013 vom 10. September 2013}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Abdul Fatah al-Sisi|Abd al-Fattah as-Sisi}}<br />
{{Wikinews|Ägypten: Armeechef al-Sisi darf Präsident werden}}<br />
{{Wikinews|Ägyptens Militärschef Al-Sisi kündigt Präsidentschaftskandidatur an}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
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{{Folgenleiste multi<br />
|AMT=[[Liste der Verteidigungsminister Ägyptens|Ägyptischer Verteidigungsminister]]<br />
|ZEIT=2012 bis 2014<br />
|VORGÄNGER=[[Mohammed Hussein Tantawi]]<br />
|NACHFOLGER=—<br />
}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Sisi, Abd alFattah as}}<br />
[[Kategorie:Verteidigungsminister (Ägypten)]]<br />
[[Kategorie:Militärperson (Ägypten)]]<br />
[[Kategorie:Feldmarschall]]<br />
[[Kategorie:Nachrichtendienstliche Person]]<br />
[[Kategorie:Person (Kairo)]]<br />
[[Kategorie:Ägypter]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1954]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Sisi, Abd al-Fattah as-<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Sisi, Abd al-Fattah Said Husain Chalil as- (vollständiger Name); عبد الفتاح خليل السيسي (arabisch)<br />
|KURZBESCHREIBUNG=ägyptischer Verteidigungsminister und Feldmarschall<br />
|GEBURTSDATUM=19. November 1954<br />
|GEBURTSORT=[[Kairo]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>LibDutch