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<div>[[Datei:Kierkegaard.jpg|thumb|Søren Kierkegaard, nach einer Zeichnung seines Vetters [[Niels Christian Kierkegaard]]]]<br />
'''Søren Aabye Kierkegaard''' ({{Audio|DA-Søren Kierkegaard.ogg|Aussprache}} {{IPA|[ˈsœːɔn ˈkʰiɔ̯g̊əˌg̊ɔːˀ]}}, * [[5. Mai]] [[1813]] in [[Kopenhagen]]; † [[11. November]] [[1855]] ebenda) war ein [[Dänemark|dänischer]] [[Philosoph]], [[Essay]]ist, [[Theologe]] und religiöser [[Schriftsteller]].<br />
<br />
In seinen meist unter [[Pseudonym]]en veröffentlichten Schriften zeigte er sich als engagierter Verfechter der Idee des Christentums gegen die Realität der Christenheit. Etwa ein Drittel seines gedruckten Werkes besteht ferner aus unter eigenem Namen veröffentlichten [[Predigt]]en und religiösen Reden. Auch wird Kierkegaard vielfach als der erste [[Existenzphilosophie|Existenzphilosoph]], als geistiger Wegbereiter der Existenzphilosophie oder als Pionier derselben aufgefasst.<br />
<br />
== Leben ==<br />
Kierkegaards Leben ist arm an äußeren Ereignissen, dafür jedoch reich an inneren Konflikten. Sein Leben wie auch sein geistiges Schaffen spielten sich fast ausschließlich im Mikrokosmos der Hauptstadt Kopenhagen ab, das damals kaum mehr 100.000 Einwohner hatte, die dicht gedrängt innerhalb der Stadtmauern lebten. Kierkegaard war zeit seines Lebens ein tief religiöser Mensch, beständig auf der Suche nach dem "wahren" Christentum, stets introspektiv, innerlich zerrissen von seelischen Konflikten, die in seinen umfangreichen Tagebuchaufzeichnungen ihren Niederschlag fanden. Insgesamt ergibt sich das Bild eines melancholischen, bisweilen schwermütigen Menschen. Kierkegaard scheint in seinem Leben nur eine einzige Frau - Regine Olsen - geliebt zu haben. Er hat niemals geheiratet und nie mit einer Frau zusammengelebt. Kierkegaard war kein politischer Mensch. Patriotische Gefühle oder gar der Nationalismus, der ab den 1830 Jahren in Dänemark um sich griff, waren ihm völlig fremd. Den [[Schleswig-Holsteinischer Krieg (1848–1851)|Schleswig-Holsteinischen Krieg von 1848–1851]] nahm er kaum zur Kenntnis. Kierkegaard war ein großer Liebhaber der Oper und häufiger Besucher des berühmten Königlichen Theaters, scheint sich sonst jedoch nur wenig für Kunst interessiert zu haben. Er hat eine umfassende humanistische Ausbildung genossen und war vertraut mit den Werken der griechisch-römischen Antike, jedoch auch den neuzeitlichen europäischen Schriftstellern sowie der europäischen - insbesondere deutschen - Philosophie.<br />
<br />
=== Frühe Jahre ===<br />
Søren Kierkegaard war der Sohn des Großkaufmanns Michael Pedersen Kierkegaard (1756–1838), der, aus ärmsten [[Jütland|jütischen]] Bauernverhältnissen stammend, in Kopenhagen durch den Wollwarenhandel vermögend geworden war. Seine Mutter, Ane Sørensdatter Lund Kierkegaard (1768–1834), war Michael Pedersen Kierkegaards zweite Frau und diente vor der Eheschließung im Haushalt des Vaters als Magd. Kierkegaard war das letzte von sieben Kindern, der Vater war zum Zeitpunkt seiner Geburt bereits 57 Jahre alt.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.17.</ref> Kierkegaards älterer Bruder war der Theologe, Bischof von Aalborg und Politiker Peter Christian Kierkegaard (1805–1888). <br />
<br />
Kierkegaards Vater war ein intelligenter, gebildeter und streng religiöser Mensch, der als in sich gekehrt, grüblerisch und auch schwermütig beschrieben wird. Während der Vater großen Einfluss auf die seelische und geistige Entwicklung Kierkegaards ausübte, beschränkte sich die Rolle von Ane Lund Kierkegaard, die über keinerlei höhere Bildung verfügte, auf die der fürsorglichen Mutter. Im Haus der Kierkegaards, das sich in bester Lage am Nytorv, einem von Kopenhagens zentralen Plätzen, befand, verkehrten viele bekannte Kopenhagener Persönlichkeiten, darunter der Bischof von Seeland, [[Jacob Peter Mynster]].<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.17.</ref><br />
<br />
Von den sieben Kindern des Ehepaars Kierkegaard starben bis zum Jahr 1835 alle drei Töchter und zwei Söhne, so dass nur Søren und Peter Christian den Vater überlebten. Im Jahr 1834 starb zudem Michael Pedersen Kierkegaards zwölf Jahre jüngere Ehefrau. Diese Schicksalsschläge verfestigten in Kierkegaards Vater den Glauben, von Gott für frühere Sünden bestraft zu werden. Da keines der verstorbenen Kinder älter als 33 Jahre geworden war, glaubte der Vater, dass auch die beiden noch lebenden Söhne früh sterben und er diese überleben werde (was nicht eintrat). Der Titel von Kierkegaards erster, noch im Todesjahr des Vaters 1838 erschienener Schrift "Papiere eines Überlebenden" ("Af en endnu Levendes Papirer") ist nur vor diesem Hintergrund zu verstehen. Der Tod der Geschwister wie auch des Vaters religiös begründete Überzeugung, alle seine Kinder zu überleben, haben Kierkegaard nachhaltig geprägt. Den Tod des Vaters - der neben Regine Olsen wohl wichtigsten Person in seinem Leben - schildert Kierkegaard in seinen Aufzeichnungen als "großes Erdbeben" und "furchtbare Umwälzung".<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.37-42.</ref> Michael Pedersen Kierkegaard hinterließ seinem Sohn ein Erbe in Höhe von 30.000 Reichstalern.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.44.</ref> Dieses Erbe sicherte Kierkegaards wirtschaftliche Existenz und enthob ihn bis an sein Lebensende der Notwendigkeit, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Kierkegaard verließ das väterliche Haus am Nytorv, in dem er mit kurzen Unterbrechungen bis zum Tod seines Vaters gewohnte hatte, und nahm sich eine eigene Wohnung in Kopenhagen, wo er allein mit seinem Diener Anders lebte, bei seiner Arbeit unterstützt von einem Sekretär.<br />
<br />
Kierkegaard erwarb das Abitur an der Borgerdydskole (heute: Østre Borgerdyd Gymnasium). 1830 nahm er an der [[Universität Kopenhagen]] das Studium der [[Philosophie]] u.&nbsp;a. bei [[Poul Martin Møller]] und der [[Evangelische Theologie|protestantischen Theologie]] auf. Kierkegaard nahm sein Studium lange Zeit nicht besonders ernst und zog es vor, sich Vergnügungen hinzugeben. Erst die beständigen Ermahnungen seines Vaters und schließlich dessen Tod bewirkten, dass er Ende der 1830er Jahre seine Studien ernsthaft wieder aufnahm. Er schloss sein Studium 1840 mit der theologischen Staatsprüfung als Kandidat der Theologie ab. 1841 erwarb er den Magistergrad mit einer Dissertation über den "Begriff der Ironie mit ständiger Hinsicht auf Sokrates" ("Om Begrebet Ironi med stadigt Hensyn til Socrates").<br />
<br />
Nachdem er die Universität als Magister verlassen hatte, unternahm er, noch im Jahr 1841, eine Art [[Pilgerreise]] nach [[Jütland]], in die Nähe von [[Ringkøbing]], wo der Vater seine Kindheit verbracht hatte. Dieser Ort spielte für die Familie Kierkegaard eine wichtige Rolle. Den Berichten des Vaters zufolge hatte dieser dort einst als Kind beim Schafehüten Gott ob der eigenen Armut, des Hungers und sonstiger Mühsal verflucht, eine Verfehlung, die den tief religiösen Vater nicht losließ und die er (zum Teil) für die im Alter erlittenen Schicksalsschläge verantwortlich gemacht haben mag.<br />
<br />
=== Regine Olsen ===<br />
Im Frühjahr 1837 begegnete Kierkegaard erstmals der damals 14-jährigen Regine Olsen (1822-1904).<ref>Ausführlich: Kirmmse, Bruce H.: Encounters With Kierkegaard: A Life As Seen by His Contemporaries, 3. Auflage, Verlag Princeton University Press, 1998, S.33 ff.</ref> Trotz des Altersunterschieds von zehn Jahren fühlten sich beide stark zueinander hingezogen. In den folgenden Jahren wurde Kierkegaard ein häufiger Gast im Haus der Familie Olsen, wobei beide ein immer innigeres Verhältnis zueinander entwickelten. Im September 1840 verlobte sich Kierkegaard mit Regine. Doch schon wenige Tage nach der Verlobung begann Kierkegaard an seiner Fähigkeit, Regine glücklich zu machen, Zweifel zu hegen. Diese wuchsen im Laufe der Zeit zu Verzweiflung und innerer Zerrissenheit. Jahre später schrieb Kierkegaard, er habe in jener Zeit "unbeschreiblich gelitten".<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.17.</ref> Im August 1841 beendete Kierkegaard die Verlobung mit einem Brief an Regine, dem er den Verlobungsring beilegte. Kierkegaard nennt in seinen Aufzeichnungen seine Schwermut und sein Vorleben ("vita ante acta") als Gründe für den Bruch der Verlobung.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.53.</ref> Der zweite Grund ist nur im Kontext von Kierkegaards tiefer introspektiver Religiosität und der von ihm angenommenen eigenen tiefen Sündhaftigkeit zu verstehen.<ref>Ein prägendes Erlebnis mag insoweit ein Bordellbesuch im Jahr 1836 gewesen sein, der bei Kierkegaard im Rückblick Entsetzen auslöste. Vgl. Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.36.</ref> Darüber hinaus scheint Kierkegaard eine Vermählung als im Widerstreit mit seiner religiösen Bestimmung stehend angesehen zu haben. Nach dem Bruch mit Regine hat Kierkegaard offenbar nie wieder den Versuch unternommen, sich einer Frau zu nähern. Als Regine sich 1843, zwei Jahre nach dem Ende der Verlobung mit Kierkegaard, mit dem Anwalt, hohen Beamten und späteren Gouverneur von [[Dänisch-Westindien]], Johan Frederik Schlegel vermählte, war dies für Kierkegaard ein schwerer Schlag, da er wohl angenommen hatte, Regine werde ebenso wenig wie er selbst noch einmal eine Beziehung eingehen. <br />
<br />
Regine Olsens Bedeutung für Kierkegaards Werk ist kaum zu überschätzen. Möglicherweise wären viele seiner Schriften ohne diese prägende Episode nicht oder nicht in dieser Form entstanden. Dies gilt insbesondere für die 1845 erschienene Schrift ''[[Stadien auf dem Lebensweg]]'' ("Stadier på livets vej"), in der er seine Beziehung zu Regine und deren spätere "Untreue", als welche er die Vermählung mit Schlegel betrachtete, als literarische Vorlage verwendete. Regine Olsen, die erst 1904 starb, war sich ihrer eigenen Bedeutung für Kierkegaards Schaffen wohlbewusst. Sie verfolgte den Nachruhm und die Rezeption Kierkegaards in Dänemark, Deutschland und anderen Ländern mit großem Interesse und arbeitete später auch bereitwillig mit Biographen zusammen.<br />
<br />
=== Berlin und die Wiederholung ===<br />
Im Oktober 1841, etwa zwei Monate nach dem Bruch mit Regine, reiste Kierkegaard nach Berlin, wo er in der Nähe des [[Gendarmenmarkt]]es Quartier nahm. Er hörte vor allem bei [[Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling|Schelling]] Vorlesungen und arbeitete auch bereits an seinem ersten Werk, ''[[Entweder - Oder]]''. Von Schelling enttäuscht, kehrte er bereits Anfang März 1842 in die dänische Hauptstadt zurück. 1843 kehrte er noch einmal für einige Monate nach Berlin zurück, wo er dasselbe Quartier am Gendarmenmarkt bezog, dessen Wirt ihm in angenehmer Erinnerung war. Die Reise und das alte Quartier stellten für Kierkegaard eine Wiederholung dar. Genau dies, ''[[Die Wiederholung]]'', ist auch der Titel der Schrift, an der er in dieser Zeit arbeitete und in der auch diese zweite Berlin-Reise literarisch verwendet wird, wenngleich die wirkliche Wiederholung nach Kierkegaard nicht in der Realität, sondern nur Kraft des Glaubens stattfinden kann, welcher alles möglich werden lässt (etwa Regine wiederzubekommen).<br />
<br />
=== Kierkegaard als Dichter, Philosoph und Kirchenstürmer ===<br />
==== Überblick ====<br />
Kierkegaards Werke, mit Ausnahme der ''Papiere eines Überlebenden'', seiner Dissertation sowie posthum herausgegebenen Schriften, erscheinen sämtlich in den Jahren 1843 bis 1855. Neben ausgedehnten Spaziergängen, regelmäßigen Gottesdienstbesuchen sowie Besuchen im [[Det Kongelige Teater|Königlichen Theater]] am [[Kongens Nytorv]] dürfte Kierkegaard in dieser Schaffensperiode, die bis an sein Lebensende reichte, die meiste Zeit mit der Arbeit an seinen für die Öffentlichkeit bestimmten Werken sowie auch dem Verfassen von Tagebucheintragungen zugebracht haben. Kierkegaard verbrachte diese Jahre in weitgehender Isolation, sowohl sozial wie auch intellektuell. Kierkegaard ließ seine Werke ausnahmslos auf eigene Kosten drucken, so dass er von Verlagen völlig unabhängig war.<br />
<br />
Kierkegaards Werk lässt sich grob in dichterisch-philosophische und religiöse Schriften unterteilen. Erstere wurden unter wechselnden, jedoch teils wiederkehrenden und in Beziehung zueinander stehenden Pseudonymen verfasst. Die Verwendung von Pseudonymen diente weniger der Verschleierung der Verfasserschaft - diese war in Kopenhagen schnell gelüftet - als dem Anzeigen einer gewissen inneren Distanz zu den Werken, die nicht zwangsläufig seine eigenen Überzeugungen ausdrückten. Eine solche Trennung von Autor und Werk konnte es andererseits für Kierkegaard als Verfasser religiöser Schriften und Kämpfer für das "wahre Christentum" nicht geben. Diese Schriften gab Kierkegaard folgerichtig unter seinem eigenen Namen heraus.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.92.</ref> Während in den ersten Schaffensjahren pseudonym verfasste Werke überwogen, die eher dem Dichter und Philosophen Kierkegaard zuzuordnen sind, hat Kierkegaard seine Kraft in den späteren Jahren hauptsächlich dem Verfassen unmittelbar religiöser Schriften gewidmet. Neben selbst herausgegebenen Büchern hat Kierkegaard auch zahlreiche Zeitungsartikel verfasst, sowie, in seinen letzten Lebensmonaten, die Zeitschrift ''Der Augenblick'' herausgegeben. Zu erwähnen sind außerdem seine sehr umfangreichen Tagebuchaufzeichnungen, die posthum als Teil seines Gesamtwerkes erschienen sind.<br />
<br />
==== Schöpferischer Ausbruch (1843-1846) ====<br />
Die meisten seiner Hauptwerke hat Kierkegaard in den Jahren zwischen 1843 und 1846 herausgebracht. Im Jahr 1843 veröffentlichte Kierkegaard unter dem [[Pseudonym]] Victor Eremita ''[[Entweder – Oder]]'' (Enten - Eller), das ihn schlagartig bekannt machte. In diesem Werk beschreibt Kierkegaard zwei Stadien: das Ästhetische und das Ethische, wobei im Schlussteil, der die Form einer Predigt hat, bereits auf das dritte, in dem Werk noch nicht behandelte religiöse Stadium hinführt.<br />
<br />
Ebenfalls im Jahr 1843 erschienen ''[[Furcht und Beben]]'' (Frygt og Bæven) und, am selben Tage, ''[[Die Wiederholung]]'' (Gjentagelsen) unter den Pseudonymen Johannes de Silentio bzw. Constantin Constantius. Furcht und Beben, das in einer lyrischen Prosa, jedoch nicht ohne Humor und Ironie abgefasst ist, ist im Kern eine Meditation über die biblische Geschichte um [[Abraham]] und [[Isaak]]. Kierkegaard bekräftigt in dieser Schrift, dass der Mensch, indem er aus der ethischen Sphäre heraus und in die religiöse Sphäre eintritt, als der Einzelne höher steht als das Allgemeine, also das Ethische und nur noch Gott Gehorsam schuldet. Ausdrücklich wird daher Abrahams Absicht, Isaak auf Gottes Befehl hin zu opfern, gutgeheißen, auch wenn sich Abraham damit über die Ethik hinwegsetzt. Gleichzeitig wird ausgeführt, dass Kraft des Glaubens (also Kraft des Absurden) alles möglich ist.<br />
<br />
1844 erscheinen, im Abstand von nur vier Tagen, die beiden Schriften ''[[Philosophische Brocken]]'' (Filosofiske Smuler) von Johannes Climacus und ''[[Der Begriff Angst]]'' (Begrebet Angest) von Vigilius Haufniensis. <br />
<br />
1845 erschienen die ''[[Stadien auf dem Lebensweg]]'' (Stadier paa Livets Vei) unter dem Pseudonym Hilarius Buchbinder. <br />
<br />
1846 erscheint die ''[[Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift]]'' (Afsluttende uvidenskabelig Efterskrift), wie schon die "Brocken" selbst verfasst unter dem Pseudonym Johannes Climacus. Anders als der Titel vermuten lässt, hat die "Nachschrift" etwa den sechsfachen Umfang der "Brocken" selbst.<br />
<br />
Mit der "Nachschrift" kann die erste Phase in Kierkegaards Schaffen als abgeschlossen angesehen werden. Alle philosophischen Hauptwerke, und, mit wenigen Ausnahmen, alle pseudonymen Schriften sind in den Jahren 1843-1846 erschienen. Kierkegaard trug sich nun mit dem Gedanken, eine Pfarrstelle zu suchen. Zunächst nahm jedoch die berühmte Fehde mit dem Satireblatt ''Corsaren'' seine Aufmerksamkeit in Anspruch.<br />
<br />
==== Die ''Corsaren''-Affäre ====<br />
Abgesehen von seinem Erstlingswerk "Entweder - Oder", das von der Kritik durchaus positiv aufgenommen wurde, stießen Kierkegaards Werke bei seinen Zeitgenossen größtenteils auf Unverständnis. Einer seiner Kritiker war P.L. Möller, der u.a. für das von [[Meïr Aron Goldschmidt]] herausgegebene Satireblatt ''Corsaren'' (Der Korsar) Beiträge verfasste. Ende 1845 griff Kierkegaard in einem Zeitungsartikel P.L. Möller scharf an und beschwerte sich ironisch darüber, bisher vom ''Corsaren'' - der ihm zunächst gewogen gewesen war - verschont worden zu sein. Was dann folgte, ging als ''Corsaren''-Affäre in die dänische Geistesgeschichte ein. Goldschmidt revanchierte sich für den Angriff, indem er eine Reihe von satirischen Texten und Karikaturen veröffentlichte, in denen Kierkegaard auf sehr unvorteilhafte Weise dargestellt wurde (so wurde sein leicht verwachsener Körperbau in den Zeichnungen überbetont). Hinzu kam, dass er bald in Kopenhagen auf offener Straße von Schuljungen, Studenten u.a. verhöhnt wurde. Kierkegaard war, wie seinen Aufzeichnungen zu entnehmen ist, über die Angriffe auf seine Person erschüttert und wurde in seinem ohnehin schon pessimistischen Menschenbild bestärkt. Gleichzeitig sah sich Kierkegaard mehr und mehr in der Rolle eines Märtyrers, der allein gegen die Welt steht.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.118 ff..</ref><br />
<br />
==== Zweiter Teil der Verfasserschaft (1847-1851) ====<br />
1847 erschien die Schrift ''Taten der Liebe'' (Kjerlighedens Gjerninger), die sich mit dem Problem der Nächstenliebe und der Frage beschäftigt, wie die Liebe, welche Christus offenbart hat, Ausdruck in jeder einzelnen Handlung finden kann. Daneben erscheinen 1847 und 1848 ''Erbauliche Reden in verschiedenem Geiste'' und ''Christliche Reden''.<br />
<br />
Die Revolution von 1848 war eine historische Zäsur auch in Dänemark. Kierkegaard, der sich im Allgemeinen nicht für Politik bzw. zeithistorische Ereignisse interessierte, hatte für die Revolution nur Verachtung übrig, da er ganz generell demokratischen Bestrebungen stark misstraute. Die Revolution hatte für Kierkegaard auch persönliche Konsequenzen, da die Vermögenswerte, in denen sein Erbe angelegt war, stark an Wert verloren. Kierkegaard, der wirtschaftliche Betätigungen verachtete (und sich dies leisten konnte), hatte keinerlei Anstrengungen unternommen, sein ererbtes Vermögen zu mehren oder zumindest die Substanz zu erhalten, er hatte stets auf großem Fuße gelebt und keine eigenen Einnahmen - auch nicht durch seine Bücher - erzielt.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.139.</ref><br />
Kierkegaards letzte Lebensjahre waren daher zunehmend von finanziellen Sorgen gekennzeichnet - eine für ihn ganz neue Erfahrung.<br />
<br />
In den Jahren 1849 und 1850 erschienen seine beiden letzten großen Schriften, für welche er, in Abgrenzung zum dezidiert ''nicht'' christlichen Climacus der Philosophischen Brocken, das Pseudonym Anti-Climacus, der aus einer christlichen Position heraus schreibt, wählte: ''[[Die Krankheit zum Tode]]'' (Sygdommen til Døden) und die ''[[Einübung in das Christentum]]'' (Indøvelse i Christendom). In ''Krankheit zum Tode'' formuliert Kierkegaard sein Menschenbild aus christlicher Perspektive: demnach befindet sich der Mensch in einem dialektischen Verhältnis zwischen zwei widerstreitenden Seiten. Die eine Seite besteht in den Notwendigkeiten des täglichen Lebens als sterbliches, mängelbehaftetes Wesen, das stets dem Ärgernis der Verzweiflung und damit - nach Kierkegaard - der Verdammnis anheimzufallen droht. Die andere Seite ist die Möglichkeit der ewigen Seligkeit. <br />
<br />
In der ''Einübung'', die dogmatisch an ''Krankheit zum Tode'' anknüpft, stellt Kierkegaard seine Sichtweise des wahren christlichen Glaubens dar, wonach die Bedingung für diesen ist, ohne wenn und aber dem Vorbild Jesu Christi zu folgen. Kierkegaard interessiert sich hierbei jedoch weniger für Jesus als moralisches Vorbild sondern vielmehr für das Leiden Christi. Nur im persönlichen Leiden kann das wahre Christentum seinen Ausdruck finden. Hier deutet sich bereits der Angriff auf die etablierte, triumphierende Kirche an, der Kierkegaard die wahre, kämpfende Kirche gegenüberstellt, und schließlich in Kierkegaards Kirchensturm gipfelte.<br />
<br />
1851 erschien sein letztes Buch: ''Zur Selbstprüfung, der Gegenwart anempfohlen''.<br />
Damit hatte Kierkegaard seine Ideen im Wesentlichen erschöpft. Seine für die Öffentlichkeit bestimmte literarische Produktion kam in den letzten fünf Lebensjahren fast zum Erliegen, dafür nahm der Umfang der Tagebucheinträge stark zu.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.1388 ff..</ref> <br />
<br />
==== Kirchensturm ====<br />
Kierkegaards letzte Lebensjahre sind von einer zunehmenden religiösen "Radikalisierung" gekennzeichnet. Das "amtliche", gemäßigte, verbürgerlichte Christentum der dänischen Staatskirche konnte seinen steigenden Ansprüchen an das "wahre" Christentum immer weniger genügen. Kierkegaard schraubte die Bedingungen, die ein Mensch erfüllen musste, um sich, aus seiner Sicht, einen Christen nennen zu können, immer weiter hinauf, so dass sie schließlich praktisch unerfüllbar wurden und jeder organisierten Kirche die Grundlagen entzogen hätten.<br />
<br />
Auf einer persönlichen Ebene findet diese Radikalisierung ihren Ausdruck insbesondere in einem radikalen Wandel seines inneren Verhältnisses zu Bischof [[Jacob Peter Mynster]], der die dänische Staatskirche repräsentierte, und den er ursprünglich rückhaltlos bewundert, ja verehrt hatte. In dem Maße jedoch, wie Kierkegaards Ansprüche an einen wahren Christenmenschen stiegen, schwand seine Bewunderung für Mynster, welcher, hierin seinem Vorbild [[Goethe]] folgend, jede Übertreibung ablehnte und für ein harmonisches, "bürgerliches" Christentum eintrat, das jedem offenstand.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.139.</ref> Bischof Mynster starb Anfang 1854. Der Theologieprofessor H.L.Martensen - an dessen spekulativer Theologie sich Kierkegaard schon lange gerieben hatte - nannte den großen Bischof, der so lange die Geschicke der dänischen Kirche bestimmt hatte, auf der Beisetzung einen ''Wahrheitszeugen'' (sandhedsvidne). Ende 1854 veröffentlichte Kierkegaard einen Artikel in der Zeitung ''Fædrelandet'' - die schon als Plattform für den Angriff auf P.L. Möller und Goldschmidt gedient hatte -, der die folgende polemische Überschrift trug: "War Bischof Mynster ein Wahrheitszeuge, einer der wirklichen Wahrheitszeugen - ist dies die Wahrheit?" Die Antwort konnte aus Kierkegaards Sicht nur ''Nein!'' lauten. Der Artikel, in dem er zum ersten Mal seit fast vier Jahren sein Schweigen brach, war der Auftakt zu Kierkegaards "Kirchensturm", seinem letzten intellektuellen und religiösen Aufbäumen. In den Folgemonaten veröffentlichte Kierkegaard im ''Fædrelandet'' eine große Zahl weiterer Artikel, in denen er die dänische Kirche immer schärfer angriff. Ab Mai 1855 begann er mit der Veröffentlichung der Zeitschrift ''Der Augenblick'' (Øjeblikket), von der zehn Nummern erschienen. Die Aggressivität der Angriffe gegen die Kirche und seine Forderungen an den wahren Christenmenschen eskalieren in diesen letzten Schriften in schwindelerregende Höhen. Er wirft der Amtskirche vor, das Christentum nicht zu vertreten sondern effektiv zu verhindern. Das amtliche Christentum und seine Riten seien eine Fälschung, eine Lüge, ein Komödienspiel. Kierkegaard gibt zu verstehen, dass dieser Kampf gegen die Kirche als sein wirkliches Werk zu betrachten sei, und dass seine früheren Schriften nur als vorbereitende taktische Manöver anzusehen seien, die vor allem den Zweck erfüllten, ihn als ernstzunehmenden Theologen zu etablieren, dem man zuhören müsse.<br />
<br />
Am 2. Oktober 1855 erlitt Kierkegaard auf der Straße einen Schlaganfall und brach zusammen. Er kam ins Frederiks Hospital in Kopenhagen. Dort starb er, die Kommunion verweigernd, am 11. November 1855, gegen 21 Uhr. Er liegt auf dem [[Assistenzfriedhof]] im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro begraben, wo sich auch Regine und Frederik Schlegels Grab befindet. Auf seinem Grabstein steht der Text des Kirchenliedes ''Det er en liden tid'' (deutsch: Noch eine kurze Zeit) von [[Hans Adolph Brorson]].<br />
<br />
== Denken ==<br />
[[Datei:Søren-Kirkegaard-Statue.jpeg|thumb|Søren-Kierkegaard-Statue in Kopenhagen]]<br />
Kierkegaards Denken in Sätzen zu beschreiben ist schwierig, denn was er zur Geltung bringen wollte, war gerade, dass [[Wahrheit]] nicht in Sätzen gelehrt werden könne, sondern eine Bewegung des Menschen in der [[Philosophie der Zeit|Zeit]] sei. In diesen Zusammenhang gehören seine Kategorien „Augenblick“, „Wiederholung“ und „Sprung“ sowie sein pseudonymer, provokanter und paradoxer Stil. Das Wesentliche am [[Christentum]] war ihm, dass die Wahrheit in der Zeit (in Christus) gekommen sei und der Mensch nur ein Verhältnis zu ihm haben könne, indem er ihm gleichzeitig werde. Alles andere sei Geschwätz. Kierkegaard zeigt sich so als zugleich philosophischer wie auch theologischer bzw. religiöser Denker, der die Philosophie als Mittel betrachtet, über christlichen Glauben neu nachzudenken, wobei er jede Art von spekulativer Philosophie im Geiste [[Hegel]]s (siehe auch [[Dialektische Aufhebung]]) ablehnt, weil sie sich anmaßt, „objektive“, also außerhalb des Menschen liegende Wahrheit adäquat denken, verstehen und dadurch begreifen zu können. Neben der scharfen Ablehnung Hegels und und anderer Vertreter des [[Idealismus]] ist Kierkegaards Denken vor allem in seinen späteren Jahren durch eine strikte Abgrenzung gegen das amtliche Christentum gekennzeichnet.<br />
<br />
Für Kierkegaard gibt es drei Arten, drei Zustände, drei Sphären, drei Stadien der [[Existenz]] des Menschen:<br />
<br />
=== Ästhetisches Stadium ===<br />
<br />
Auf der ursprünglichsten Stufe, dem [[Ästhetik|ästhetischen]] Stadium, lebt der Mensch ganz in der Unmittelbarkeit der sinnlichen Empfindung, die Motiv und Ziel seines Handelns ist. Er existiert gänzlich unreflektiert, ohne sich über sich selbst im Klaren zu sein. Daher rührt auch eine latente Verzweiflung, indem der Mensch spürt, dass er nicht er selbst, sondern in Äußerlichkeiten gefangen ist. Der Mensch hat sich noch nicht als ein Selbst erkannt, das nicht nur rein immanent, sondern auch transzendent existiert, indem sich der Mensch zu dem faktischen Verhältnis, das zwischen [[Körper (Biologie)|Körper]] und [[Geist]] besteht, bewusst in ein Verhältnis setzt. Der Mensch ist hier verzweifelt, weil er mit sich selbst nicht im Reinen ist.<br />
<br />
Das Mittel, das dem Menschen nun dazu dient, diesen seinen verzweifelten Zustand zu erkennen, ist die [[Ironie]]. Indem er sich zu sich selbst ironisch, also distanziert verhält, gewinnt er einen erhöhten Standpunkt, von dem aus er seine Verzweiflung erkennt und nun versucht, diese zu überwinden. Dadurch erreicht er das zweite Stadium.<br />
<br />
=== Ethisches Stadium ===<br />
<br />
Das [[Ethik|ethische]] Stadium: Der Mensch erkennt sich als ein sowohl immanentes als auch [[Transzendenz|transzendentes]] Wesen, indem er sich nun zu dem Verhältnis zwischen Körper und Geist reflektiert in ein Verhältnis setzt und dessen bewusst wird. Er verhält sich nun vernünftig und erkennt seine Verantwortung vor sich selbst und der Welt. Dadurch aber erkennt er, dass er als zunächst rein immanentes Wesen nicht im Stande ist, den transzendenten Teil seines Wesens zu begründen, der nicht aus der Welt stammen kann. Die Begründung seines Wesens als geistiges und insoweit nicht der [[Kausalität]] der Welt unterworfenes Selbst findet er nicht in sich selbst. Vielmehr sieht er sich einem unendlichen, absoluten Unbekannten, [[Gott]], gegenüber, der die Ursache der Unendlichkeit und Freiheit des Menschen ist. Wenn nun der Mensch sich nicht in ein Verhältnis zu seinem wahren Grund, zu Gott, setzt, sondern aus sich selbst heraus existieren will, so setzt er sich wiederum in Widerspruch zu seinem wahren Wesen, indem er verzweifelt er selbst sein will, oder aber er leugnet sich selbst als auch transzendentes Selbst, indem er verzweifelt nicht er selbst sein will, und beides führt ihn wieder in die Verzweiflung, die als Grundstimmung seinem Leben zugrunde liegt.<br />
<br />
In seiner Dissertation „Über den Begriff der Ironie in stetem Hinblick auf Sokrates“ schreibt Kierkegaard: „Humor enthält eine weit tiefere Skepsis als Ironie. [...] Seine Skepsis [...] enthält auch eine weit tiefere Positivität [...] er finde nicht Ruhe dabei, den Menschen zum Menschen zu machen, sondern dabei, den Menschen zum Gott-Menschen zu machen.“ Darin klingt bereits eine weitere Funktion des Humors an, er schafft eine Verbindung zwischen Endlichem und Unendlichem. Der Humor ist aber noch keinesfalls wahre Religion, sondern lediglich das letzte Zwischenstadium vor dem Glauben. Er ist das Mittel, um den Sprung vom ethischen zum religiösen Stadium zu vollziehen.<br />
<br />
=== Religiöses Stadium ===<br />
<br />
Das [[Religion|religiöse]] Stadium: Hier nun akzeptiert der Mensch sein Gesetzt-sein von Gott und seine Existenz vor Gott. Er begreift sich als ein Selbst, dem nur von Gott als dem Unendlichen Existenz zukommt. Daher ist das Ziel des religiösen Menschen, in ein existenzielles Verhältnis zu Gott zu treten. Dies kann allein im Glauben geschehen. Gott als der Absolute ist nicht der Kausalität der Welt unterworfen und entzieht sich daher als der Unbekannte dem menschlichen Verstand, er ist rational nicht erkennbar. Der [[Glauben]] fordert als Bedingung daher die „Kreuzigung des Verstandes“. Der Verstand ist nicht gänzlich unnötig, sondern dient als Korrektiv des Glaubens, indem Unvernünftiges nicht geglaubt werden kann, und er ist Voraussetzung der Selbstreflexion, ohne die der Aufstieg in den Stadien nicht erreicht werden kann. Er spielt daher für Kierkegaard eine große und unabdingbare Rolle, doch da der Verstand endlich ist und sich rein immanenter Mittel bedient, ist intellektuelle Gotteserkenntnis schlechthin unmöglich. An diesem Punkt, der Nicht-Erkennbarkeit Gottes durch den menschlichen Verstand, zeigen sich enge Parallelen zur [[Negative Theologie|negativen Theologie]], insbesondere zu [[Nikolaus von Kues]], [[Bonaventura von Bagnoregio]] und [[Augustinus]]. Aufgrund der Nicht-Erkennbarkeit muss jedes Reden von Gott negativ, [[Negative Theologie|apophatisch]], bleiben; positive, beschreibende Aussagen haben allenfalls hinweisenden, helfenden Charakter, müssen sich ihrer Unzulänglichkeit aber stets bewusst bleiben. Dies ist das Scheitern des Verstandes, dessen sich der Mensch bewusst werden muss. Hat er dies erkannt, steht erst der Weg in den Glauben offen, der aus dieser Erkenntnis der eigenen Begrenztheit hervorgehen kann. Im Glauben nun wagt der Mensch den Sprung weg vom Verstand hin zum eigentlich Unmöglichen. Glauben ist nur deshalb möglich, weil sich Gott in [[Christus]] zu erkennen gab. Da der Mensch nicht in der Lage ist, [[Ratio|rational]] zu Gott zu gelangen, musste sich Gott selbst offenbaren, indem er Mensch und zugleich Gott war und so das [[Paradoxon]] aufstellte, dass das Zeitlose in der Zeit, das Transzendente in der [[Immanenz]], das Unendliche in der Endlichkeit existierte. Dieses Paradox ist für den Menschen nicht zu vereinbaren. Bis hierher ist dieser Gedankengang weitgehend in der Tradition protestantischer Theologie seit [[Martin Luther]] vorgezeichnet. Daher bleibt demgegenüber nur der Sprung in den Glauben. Da das sich zu Gott existenzielle Verhalten immer nur momenthaft geschehen kann und der Mensch immer wieder in seine eigene Existenz zurückfällt, dadurch wieder seinen transzendenten Seinsgrund aus den Augen verliert und so wieder die rechte Ordnung seines Selbst verrückt, ist er gehalten, diesen Sprung in den Glauben immer wieder neu zu tun und den Moment des Glaubens zu „wiederholen“. Nur in diesem Augenblick des Glaubens befindet sich das Selbst im richtigen Verhältnis zu sich und zu seinem Existenzgrund und existiert daher momenthaft ohne Verzweiflung.<br />
<br />
== Rezeptionsgeschichte ==<br />
Kierkegaard erlangte ab Anfang/Mitte der 1840 Jahre schnell Bekanntheit, die sich jedoch im Wesentlichen auf Dänemark, ja eigentlich Kopenhagen beschränkte. Zum Zeitpunkt seines Todes war Kierkegaard außerhalb seiner Heimat praktisch unbekannt. Während Kierkegaard in den Jahren nach seinem Tod in der dänischen Kirche und Theologie durchaus präsent war, setzte seine Rezeption im Ausland erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein. Eine Schlüsselrolle in der Kierkegaard-Rezeption nimmt der dänische Gelehrte [[Georg Brandes]] ein, der sowohl auf dänisch wie auch deutsch publizierte und Kierkegaard mit der 1879 in Leipzig erschienen Schrift ''Sören Kierkegaard - Ein literarisches Charakterbild'' dem deutschen Publikum bekannt machte. Damit war die Voraussetzung für eine breitere Rezeption Kierkegaards außerhalb Skandinaviens geschaffen. Brandes machte auch [[Nietzsche]] mit Kierkegaards Ideen bekannt, wobei er - Nietzsches Interessen folgend - Kierkegaard als eminenten psychologischen Verfasser vorstellte. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden nach und nach Kierkegaards Hauptwerke sowie auch seine Tagebücher ins Deutsche übersetzt, erst in den 1930 Jahren folgten die ersten akademischen Übersetzungen ins Englische. Heute sind liegen die gesammelten Werke Kierkegaards in allen größeren Sprachen vor.<br />
<br />
Ab den 1920 Jahren setzte in Deutschland die Rezeption durch Vertreter der [[Dialektische Theologie|Dialektischen Theologie]] wie [[Karl Barth]] und [[Rudolf Bultmann]] ein. Kierkegaard wird einige Male in [[Heidegger]]s ''[[Sein und Zeit]]'' (1927) erwähnt, sein Einfluss auf Heidegger ist jedoch viel größer als die wenigen expliziten Bezüge es erahnen lassen. Auch das Denken von [[Karl Jaspers]] ist stark durch Kierkegaard beeinflusst.<br />
<br />
== Werke ==<br />
[[Datei:Kierkegaard Enten-Eller.jpg|thumb|''Enten – Eller'', unter dem Pseudonym ''Victor Eremita'']]<br />
''(Die kursiv gesetzten Schriften hat Kierkegaard unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlicht.)''<br />
* Über den Begriff der Ironie. Mit ständiger Rücksicht auf Sokrates (Magisterdissertation 1841)<br />
* ''[[Entweder – Oder]] I/II'' (1843) ([http://www.textlog.de/kierkegaard-oder.html E-Text])<br />
* ''Tagebuch des Verführers'' (1843)<br />
* Zwei erbauliche Reden (1843)<br />
* ''Die Wiederholung'' (1843)<br />
* ''Furcht und Zittern'' (1843)<br />
* Drei erbauliche Reden (1843)<br />
* Vier erbauliche Reden (1843)<br />
* Zwei erbauliche Reden (1844)<br />
* Drei erbauliche Reden (1844)<br />
* ''Philosophische Brocken'' (1844)<br />
* ''[[Der Begriff Angst]]'' (1844)<br />
* ''Vorreden'' (1844)<br />
* Vier erbauliche Reden (1844)<br />
* Drei Reden bei gedachten Gelegenheiten (1845)<br />
* ''Stadien auf des Lebens Weg'' (1845)<br />
* ''Abschließende Unwissenschaftliche Nachschrift zu den Philosophischen Brocken'' (1846)<br />
* Eine literarische Anzeige (1846)<br />
* Erbauliche Reden in verschiedenem Geist (1847)<br />
* Die Taten der Liebe. Etliche christliche Erwägungen in Form von Reden (1847)<br />
* Christliche Reden (1848)<br />
* ''Die Krise und eine Krise im Leben einer Schauspielerin'' (1848)<br />
* Die Lilie auf dem Feld und der Vogel unter dem Himmel. Drei fromme Reden (1849)<br />
* ''Zwei kleine ethisch-religiöse Abhandlungen'' (1849)<br />
* ''[[Die Krankheit zum Tode]]'' (1849)<br />
* Der Hohepriester – der Zöllner – die Sünderin. Drei Reden beim Altargang am Freitag (1849)<br />
* ''Einübung im Christentum,1. Aufl.'' (1850)<br />
* Eine erbauliche Rede (1850)<br />
* Über meine Wirksamkeit als Schriftsteller (1851)<br />
* Zwei Reden beim Altargang am Freitag (1851)<br />
* Zur Selbstprüfung der Gegenwart anbefohlen (1851)<br />
* Einübung im Christentum, 2. Aufl. (1855)<br />
* Der Augenblick (1855)<br />
* Gottes Unveränderlichkeit. Eine Rede (1855)<br />
<br />
'''Neuausgaben'''<br />
<br />
* ''Der Begriff der Angst. Philosophische Bissen. Die Krankheit zum Tode.'' Meiner, Hamburg 2005, ISBN 978-3-7873-1727-1<br />
* ''Die Wiederholung.'' Hrsg. v. Hans Rochol. Meiner, Hamburg 2000, ISBN 978-3-7873-1375-4<br />
<br />
== Gedenktag ==<br />
[[11. November]] im Kalender der [[Evangelical Lutheran Church in America|Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika]].<ref>[http://www.heiligenlexikon.de/BiographienS/Soeren_Kierkegaard.html Søren Kierkegaard im Ökumenischen Heiligenlexikon]</ref><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* ''KIERKEGAARD Min Regine! Søren Kierkegaard og Regine Olsen – en kærlighedshistorie'', ved Jens Staubrand. ISBN 978 87 92510 11 2 [KIERKEGAARD My Regine! Soren Kierkegaard and Regine Olsen – a love story, by Jens Staubrand – the book is in Danish]<br />
* ''KIERKEGAARD Gift dig, gift dig ikke, du vil fortryde begge dele, og andre korte tankevækkende tekster'', ved Jens Staubrand. København 2012. ISBN 978 87 92510 08 2 [KIERKEGAARD Marry, marry not, and other short thought-provoking texts, by Jens Staubrand – the books is only in Danish]<br />
* ''KIERKEGAARD Breve og notater fra Berlin'', ved Jens Staubrand, København 2012. [KIERKEGAARD Letters and Notes from Berlin, by Jens Staubrand – in dänischer Sprache]. ISBN 978-87-92510-07-5<br />
* Jens Staubrand: Søren Kierkegaard’s Illness and Death / Søren Kierkegaards Sygdom og Død, Copenhagen 2009, in English und Dänisch. ISBN 978-87-92259-92-9, <br />
* Jens Staubrand: Kierkegaard International Bibliography Music Works and Plays, Copenhagen 2009, In English und Dänisch. ISBN 978-87-92259-91-2. <br />
* Hrsg. Heinrich Anz, Niels Jørgen Cappelørn, Hermann Deuser, Heiko Schulz (Hrsg.) In Zusammenarb. mit dem Søren-Kierkegaard-Forschungszentrum, Kopenhagen: ''Deutsche Søren Kierkegaard Edition''. Berlin: Walter de Gruyter, 2005 ISBN 978-3-11-016977-5.<br />
* Theodor W. Adorno: ''Kierkegaard – Konstruktion des Ästhetischen.'' Frankfurt/M.: Suhrkamp ISBN 3-518-27674-3.<br />
* Max Bense: ''Hegel und Kierkegaard – Eine prinzipielle Untersuchung''. Köln/Krefeld: Staufen-Verlag, 1948.<br />
* Michael Bösch: ''Søren Kierkegaard: Schicksal-Angst-Freiheit.'' Paderborn/München/Wien/Zürich: Schöningh 1994, ISBN 3-506-70197-5.<br />
* Anton Bösl: ''Unfreiheit und Selbstverfehlung. Søren Kierkegaards existenzdialektische Bestimmung von Schuld und Sünde.'' Freiburg/Basel/Wien: Herder 1997, ISBN 3-451-26408-0.<br />
* Brandes, G.: ''Sören Kierkegaard – eine kritische Darstellung''. Leipzig 1992.<br />
* Brandt, F.: ''Sören Kiergegaard – sein Leben, seine Werke''. Kopenhagen 1963.<br />
* Jan Cattepoel: Dämonie und Gesellschaft. Sören Kierkegaard als Sozialkritiker und Kommunikationstheoretiker, Freiburg: Alber-Verlag, 1992.<br />
* Walter Dietz: ''Sören Kierkegaard – Existenz und Freiheit.'' Frankfurt/M.: Anton Hain 1993, ISBN 3-445-09248-6.<br />
* Walter Dietz: ''Sören Kierkegaards Auseinandersetzung mit Sterben und Tod.'' Internationale Zeitschrift für Philosophie und Psychosomatik IZPP 1/2012 [http://www.izpp.de]<br />
* [[Jörg Disse]]: ''Kierkegaards Phänomenologie der Freiheitserfahrung''. Freiburg i.Br. 1991, Karl Alber Verlag, ISBN 3-495-47715-2.<br />
* Fahrenbach, Helmut: ''Kierkegaards existenzdialektische Ethik''. Frankfurt a.M. 1968, Vittorio Klostermann.<br />
* Fahrenbach, Helmut: ''Existenzphilosophie und Ethik'', Frankfurt a.M.: Vittorio Klostermann, 1970.<br />
* Garff, Joakim: ''Kierkegaard.'' München 2004, Hanser-Verlag, ISBN 3-446-20479-2.<br />
* Greve, Wilfried: ''Kierkegaards maieutische Ethik.'' Frankfurt/M.: Suhrkamp 1990, ISBN 3-518-58016-7.<br />
* Haizmann, Albrecht: ''Indirekte Homiletik – Kierkegaards Predigtlehre in seinen Reden''. Leipzig: EVA 2006.<br />
* Harris, Ted und Lagerström, Ann: Die Kunst innerlich zu leben; Existenzialismus für moderne Menschen. Gütersloher Verlagshaus 2009, ISBN 978-3-579-06499-4.<br />
*Kirmmse, Bruce H.: Encounters With Kierkegaard: A Life As Seen by His Contemporaries, 3. Auflage, Verlag Princeton University Press, 1998, ISBN 0691058946, 9780691058948.<br />
* Liessmann, Konrad Paul: ''Sören Kierkegaard zur Einführung.'' 5. Auflage. Hamburg 2010, Junius, ISBN 978-3-88506-625-5.<br />
* Pieper, Annemarie : ''Søren Kierkegaard''. München 2000, Beck, ISBN 3-406-41956-9.<br />
* Rattner, J. / Danzer G.: ''Sören Kierkegaard – Existenzielle Prosa über Angst, Schuld und Verzweiflung''. in: Rattner/Danzer: ''Existenzphilosophie – Denkmode oder bleibende Aktualität''. Würzburg 2008, ISBN 978-3-8260-3960-7, S. 9-34.<br />
* Rohde, P. R.: ''Sören Kierkegaard in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten''. Rinbek 1959.<br />
* Ruttenbeck, Walter: ''Sören Kierkegaard – Der christliche Denker und sein Werk''. Aalen: Scientia-Verlag 1979. Nachdruck der Ausgabe: Berlin 1929, ISBN 3-511-04295-X.<br />
* Theunissen, Michael / Greve, Wilfried (Hrsg.): ''Materialien zur Philosophie Kierkegaards''. Frankfurt 1979 (suhrkamp taschenbuch wissenschaft; 241), ISBN 3-518-07841-0.<br />
* Peter G. Vornlocher: ''Die Beeinflussung von Henrik Ibsen durch Søren Kierkegaard, speziell bei dessen Stück Peer Gynt'' (The influence of Henrik Ibsen by Søren Kierkegaard, particularly in his play Peer Gynt), [http://vornlocher.de/artikel/peer_gynt.pdf PDF].<br />
* [[Leo Isaakowitsch Schestow]]: ''Kierkegaard et la philosophie existentielle. Vox clamantis in deserto''. Paris : Ed. Les Amis de Léon Chestov et Librairie philosophique J. Vrin, 1936, 384 S., deutsch: ''Kierkegaard und die Existenzphilosophie''. Graz: 1949, 281 S.<br />
* Norbert W. Schlinkert: „Kierkegaard & Co.: Die Belebung des Ich als poetischer Charakter vom Ursprung des Schreibens her.“ In: ders.: „Das sich selbst erhellende Bewußtsein als poetisches Ich. Von [[Adam Bernd]] zu [[Karl Philipp Moritz]], von [[Jean Paul]] zu Sören Kierkegaard. Eine hermeneutisch-phänomenologische Untersuchung.“ Wehrhahn Verlag, Hannover 2011. ISBN 978-3-86525-152-7. S.254-303.<br />
* Sophie Wennerscheid: ''Das Begehren nach der Wunde. Religion und Erotik im Schreiben Kierkegaards''. Berlin: Matthes & Seitz 2008, ISBN 978-3-88221-717-9.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<div class="references-small" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references/><br />
</div><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* {{Commons|Søren Kierkegaard}}<br />
* {{Wikisource}}<br />
* {{Wikiquote|Søren Kierkegaard}}<br />
* [http://www.evangeliums.net/zitate/soeren_aabye_kierkegaard.htm Weitere Zitate von Søren Kierkegaard]<br />
* [http://www.kierkegaard.de/ bebilderte Biographie, Bibliographie, Textauszüge, Linkliste]<br />
* {{DNB-Portal|118562002}}<br />
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/kierkegaard/||William McDonald}}<br />
* {{IEP|http://www.iep.utm.edu/k/kierkega.htm||William McDonald}}<br />
* {{BBKL|k/Kierkegaard}}<br />
* [http://www.sk.ku.dk/eng.asp Søren Kierkegaard Research Center in Kopenhagen] – Englisch<br />
* Dorothea Wildenburg: [http://www.sicetnon.org/modules.php?op=modload&name=PagEd&file=index&topic_id=49&page_id=78 ''Der Gott Kierkegaards. Die Freiheit als das Absolute'']<br />
* [http://kaltric.de/mat/matphil/kierkegaard/ Einflüsse auf den Begriff Angst]<br />
* Rainer A. Bast: [http://www.philosophie-woerterbuch.de/online-woerterbuch/?tx_gbwbphilosophie_main%5Bentry%5D=28&tx_gbwbphilosophie_main%5Baction%5D=show&tx_gbwbphilosophie_main%5Bcontroller%5D=Lexicon&no_cache=1 Artikel "Søren Kierkegaard"] im UTB-Online-Wörterbuch Philosophie<br />
* Sören Kierkegaard: [http://www.texturen-online.net/geschichte/kierkegaard/schriftproben/ Schrift-Proben]<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=118562002|LCCN=n/79/65447|NDL=00445643|VIAF=7392250}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Kierkegaard, Soren}}<br />
[[Kategorie:Philosoph (19. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Evangelischer Theologe (19. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Evangelischer Namenkalender]]<br />
[[Kategorie:Existenzialist]]<br />
[[Kategorie:Autor]]<br />
[[Kategorie:Literatur (19. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Literatur (Dänisch)]]<br />
[[Kategorie:Christentum in Dänemark]]<br />
[[Kategorie:Sachliteratur]]<br />
[[Kategorie:Tagebuch]]<br />
[[Kategorie:Däne]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1813]]<br />
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[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Kierkegaard, Søren<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Kierkegaard, Søren Aabye<br />
|KURZBESCHREIBUNG=dänischer Philosoph und Theologe<br />
|GEBURTSDATUM=5. Mai 1813<br />
|GEBURTSORT=[[Kopenhagen]]<br />
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}}<br />
<br />
{{Link FA|el}}<br />
{{Link FA|ko}}<br />
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{{Link GA|sv}}<br />
<br />
[[af:Søren Kierkegaard]]<br />
[[am:ሶረን ኬርከጋርድ]]<br />
[[an:Søren Kierkegaard]]<br />
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[[az:Sorn Kyerkeqor]]<br />
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[[bn:সারেন কিয়েরকেগর]]<br />
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[[fi:Søren Kierkegaard]]<br />
[[fo:Søren Kierkegaard]]<br />
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[[id:Søren Kierkegaard]]<br />
[[ilo:Søren Kierkegaard]]<br />
[[io:Søren Kierkegaard]]<br />
[[is:Søren Kierkegaard]]<br />
[[it:Søren Kierkegaard]]<br />
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[[ky:Кьеркегор, Сёрен]]<br />
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[[li:Søren Kierkegaard]]<br />
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[[mk:Сeрен Кјеркегор]]<br />
[[ml:സോറൻ കീർക്കെഗാഡ്]]<br />
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[[nl:Søren Kierkegaard]]<br />
[[nn:Søren Kierkegaard]]<br />
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[[ru:Кьеркегор, Сёрен]]<br />
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[[sr:Серен Киркегор]]<br />
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[[th:เซอเรน เคียร์เคอกอร์]]<br />
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[[tt:Сөрен Кьеркегор]]<br />
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[[vi:Søren Kierkegaard]]<br />
[[war:Søren Kierkegaard]]<br />
[[yo:Søren Kierkegaard]]<br />
[[zh:索倫·奧貝·克爾凱郭爾]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=S%C3%B8ren_Kierkegaard&diff=113713196Søren Kierkegaard2013-02-02T17:14:08Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ändere uk:Серен К'єркегор zu uk:Серен К’єркегор</p>
<hr />
<div>[[Datei:Kierkegaard.jpg|thumb|Søren Kierkegaard, nach einer Zeichnung seines Vetters [[Niels Christian Kierkegaard]]]]<br />
'''Søren Aabye Kierkegaard''' ({{Audio|DA-Søren Kierkegaard.ogg|Aussprache}} {{IPA|[ˈsœːɔn ˈkʰiɔ̯g̊əˌg̊ɔːˀ]}}, * [[5. Mai]] [[1813]] in [[Kopenhagen]]; † [[11. November]] [[1855]] ebenda) war ein [[Dänemark|dänischer]] [[Philosoph]], [[Essay]]ist, [[Theologe]] und religiöser [[Schriftsteller]].<br />
<br />
In seinen meist unter [[Pseudonym]]en veröffentlichten Schriften zeigte er sich als engagierter Verfechter der Idee des Christentums gegen die Realität der Christenheit. Etwa ein Drittel seines gedruckten Werkes besteht ferner aus unter eigenem Namen veröffentlichten [[Predigt]]en und religiösen Reden. Auch wird Kierkegaard vielfach als der erste [[Existenzphilosophie|Existenzphilosoph]], als geistiger Wegbereiter der Existenzphilosophie oder als Pionier derselben aufgefasst.<br />
<br />
== Leben ==<br />
Kierkegaards Leben ist arm an äußeren Ereignissen, dafür jedoch reich an inneren Konflikten. Sein Leben wie auch sein geistiges Schaffen spielten sich fast ausschließlich im Mikrokosmos der Hauptstadt Kopenhagen ab, das damals kaum mehr 100.000 Einwohner hatte, die dicht gedrängt innerhalb der Stadtmauern lebten. Kierkegaard war zeit seines Lebens ein tief religiöser Mensch, beständig auf der Suche nach dem "wahren" Christentum, stets introspektiv, innerlich zerrissen von seelischen Konflikten, die in seinen umfangreichen Tagebuchaufzeichnungen ihren Niederschlag fanden. Insgesamt ergibt sich das Bild eines melancholischen, bisweilen schwermütigen Menschen. Kierkegaard scheint in seinem Leben nur eine einzige Frau - Regine Olsen - geliebt zu haben. Er hat niemals geheiratet und nie mit einer Frau zusammengelebt. Kierkegaard war kein politischer Mensch. Patriotische Gefühle oder gar der Nationalismus, der ab den 1830 Jahren in Dänemark um sich griff, waren ihm völlig fremd. Den [[Schleswig-Holsteinischer Krieg (1848–1851)|Schleswig-Holsteinischen Krieg von 1848–1851]] nahm er kaum zur Kenntnis. Kierkegaard war ein großer Liebhaber der Oper und häufiger Besucher des berühmten Königlichen Theaters, scheint sich sonst jedoch nur wenig für Kunst interessiert zu haben. Er hat eine umfassende humanistische Ausbildung genossen und war vertraut mit den Werken der griechisch-römischen Antike, jedoch auch den neuzeitlichen europäischen Schriftstellern sowie der europäischen - insbesondere deutschen - Philosophie.<br />
<br />
=== Frühe Jahre ===<br />
Søren Kierkegaard war der Sohn des Großkaufmanns Michael Pedersen Kierkegaard (1756–1838), der, aus ärmsten [[Jütland|jütischen]] Bauernverhältnissen stammend, in Kopenhagen durch den Wollwarenhandel vermögend geworden war. Seine Mutter, Ane Sørensdatter Lund Kierkegaard (1768–1834), war Michael Pedersen Kierkegaards zweite Frau und diente vor der Eheschließung im Haushalt des Vaters als Magd. Kierkegaard war das letzte von sieben Kindern, der Vater war zum Zeitpunkt seiner Geburt bereits 57 Jahre alt.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.17.</ref> Kierkegaards älterer Bruder war der Theologe, Bischof von Aalborg und Politiker Peter Christian Kierkegaard (1805–1888). <br />
<br />
Kierkegaards Vater war ein intelligenter, gebildeter und streng religiöser Mensch, der als in sich gekehrt, grüblerisch und auch schwermütig beschrieben wird. Während der Vater großen Einfluss auf die seelische und geistige Entwicklung Kierkegaards ausübte, beschränkte sich die Rolle von Ane Lund Kierkegaard, die über keinerlei höhere Bildung verfügte, auf die der fürsorglichen Mutter. Im Haus der Kierkegaards, das sich in bester Lage am Nytorv, einem von Kopenhagens zentralen Plätzen, befand, verkehrten viele bekannte Kopenhagener Persönlichkeiten, darunter der Bischof von Seeland, [[Jacob Peter Mynster]].<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.17.</ref><br />
<br />
Von den sieben Kindern des Ehepaars Kierkegaard starben bis zum Jahr 1835 alle drei Töchter und zwei Söhne, so dass nur Søren und Peter Christian den Vater überlebten. Im Jahr 1834 starb zudem Michael Pedersen Kierkegaards zwölf Jahre jüngere Ehefrau. Diese Schicksalsschläge verfestigten in Kierkegaards Vater den Glauben, von Gott für frühere Sünden bestraft zu werden. Da keines der verstorbenen Kinder älter als 33 Jahre geworden war, glaubte der Vater, dass auch die beiden noch lebenden Söhne früh sterben und er diese überleben werde (was nicht eintrat). Der Titel von Kierkegaards erster, noch im Todesjahr des Vaters 1838 erschienener Schrift "Papiere eines Überlebenden" ("Af en endnu Levendes Papirer") ist nur vor diesem Hintergrund zu verstehen. Der Tod der Geschwister wie auch des Vaters religiös begründete Überzeugung, alle seine Kinder zu überleben, haben Kierkegaard nachhaltig geprägt. Den Tod des Vaters - der neben Regine Olsen wohl wichtigsten Person in seinem Leben - schildert Kierkegaard in seinen Aufzeichnungen als "großes Erdbeben" und "furchtbare Umwälzung".<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.37-42.</ref> Michael Pedersen Kierkegaard hinterließ seinem Sohn ein Erbe in Höhe von 30.000 Reichstalern.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.44.</ref> Dieses Erbe sicherte Kierkegaards wirtschaftliche Existenz und enthob ihn bis an sein Lebensende der Notwendigkeit, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Kierkegaard verließ das väterliche Haus am Nytorv, in dem er mit kurzen Unterbrechungen bis zum Tod seines Vaters gewohnte hatte, und nahm sich eine eigene Wohnung in Kopenhagen, wo er allein mit seinem Diener Anders lebte, bei seiner Arbeit unterstützt von einem Sekretär.<br />
<br />
Kierkegaard erwarb das Abitur an der Borgerdydskole (heute: Østre Borgerdyd Gymnasium). 1830 nahm er an der [[Universität Kopenhagen]] das Studium der [[Philosophie]] u.&nbsp;a. bei [[Poul Martin Møller]] und der [[Evangelische Theologie|protestantischen Theologie]] auf. Kierkegaard nahm sein Studium lange Zeit nicht besonders ernst und zog es vor, sich Vergnügungen hinzugeben. Erst die beständigen Ermahnungen seines Vaters und schließlich dessen Tod bewirkten, dass er Ende der 1830er Jahre seine Studien ernsthaft wieder aufnahm. Er schloss sein Studium 1840 mit der theologischen Staatsprüfung als Kandidat der Theologie ab. 1841 erwarb er den Magistergrad mit einer Dissertation über den "Begriff der Ironie mit ständiger Hinsicht auf Sokrates" ("Om Begrebet Ironi med stadigt Hensyn til Socrates").<br />
<br />
Nachdem er die Universität als Magister verlassen hatte, unternahm er, noch im Jahr 1841, eine Art [[Pilgerreise]] nach [[Jütland]], in die Nähe von [[Ringkøbing]], wo der Vater seine Kindheit verbracht hatte. Dieser Ort spielte für die Familie Kierkegaard eine wichtige Rolle. Den Berichten des Vaters zufolge hatte dieser dort einst als Kind beim Schafehüten Gott ob der eigenen Armut, des Hungers und sonstiger Mühsal verflucht, eine Verfehlung, die den tief religiösen Vater nicht losließ und die er (zum Teil) für die im Alter erlittenen Schicksalsschläge verantwortlich gemacht haben mag.<br />
<br />
=== Regine Olsen ===<br />
Im Frühjahr 1837 begegnete Kierkegaard erstmals der damals 14-jährigen Regine Olsen (1822-1904).<ref>Ausführlich: Kirmmse, Bruce H.: Encounters With Kierkegaard: A Life As Seen by His Contemporaries, 3. Auflage, Verlag Princeton University Press, 1998, S.33 ff.</ref> Trotz des Altersunterschieds von zehn Jahren fühlten sich beide stark zueinander hingezogen. In den folgenden Jahren wurde Kierkegaard ein häufiger Gast im Haus der Familie Olsen, wobei beide ein immer innigeres Verhältnis zueinander entwickelten. Im September 1840 verlobte sich Kierkegaard mit Regine. Doch schon wenige Tage nach der Verlobung begann Kierkegaard an seiner Fähigkeit, Regine glücklich zu machen, Zweifel zu hegen. Diese wuchsen im Laufe der Zeit zu Verzweiflung und innerer Zerrissenheit. Jahre später schrieb Kierkegaard, er habe in jener Zeit "unbeschreiblich gelitten".<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.17.</ref> Im August 1841 beendete Kierkegaard die Verlobung mit einem Brief an Regine, dem er den Verlobungsring beilegte. Kierkegaard nennt in seinen Aufzeichnungen seine Schwermut und sein Vorleben ("vita ante acta") als Gründe für den Bruch der Verlobung.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.53.</ref> Der zweite Grund ist nur im Kontext von Kierkegaards tiefer introspektiver Religiosität und der von ihm angenommenen eigenen tiefen Sündhaftigkeit zu verstehen.<ref>Ein prägendes Erlebnis mag insoweit ein Bordellbesuch im Jahr 1836 gewesen sein, der bei Kierkegaard im Rückblick Entsetzen auslöste. Vgl. Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.36.</ref> Darüber hinaus scheint Kierkegaard eine Vermählung als im Widerstreit mit seiner religiösen Bestimmung stehend angesehen zu haben. Nach dem Bruch mit Regine hat Kierkegaard offenbar nie wieder den Versuch unternommen, sich einer Frau zu nähern. Als Regine sich 1843, zwei Jahre nach dem Ende der Verlobung mit Kierkegaard, mit dem Anwalt, hohen Beamten und späteren Gouverneur von [[Dänisch-Westindien]], Johan Frederik Schlegel vermählte, war dies für Kierkegaard ein schwerer Schlag, da er wohl angenommen hatte, Regine werde ebenso wenig wie er selbst noch einmal eine Beziehung eingehen. <br />
<br />
Regine Olsens Bedeutung für Kierkegaards Werk ist kaum zu überschätzen. Möglicherweise wären viele seiner Schriften ohne diese prägende Episode nicht oder nicht in dieser Form entstanden. Dies gilt insbesondere für die 1845 erschienene Schrift ''[[Stadien auf dem Lebensweg]]'' ("Stadier på livets vej"), in der er seine Beziehung zu Regine und deren spätere "Untreue", als welche er die Vermählung mit Schlegel betrachtete, als literarische Vorlage verwendete. Regine Olsen, die erst 1904 starb, war sich ihrer eigenen Bedeutung für Kierkegaards Schaffen wohlbewusst. Sie verfolgte den Nachruhm und die Rezeption Kierkegaards in Dänemark, Deutschland und anderen Ländern mit großem Interesse und arbeitete später auch bereitwillig mit Biographen zusammen.<br />
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=== Berlin und die Wiederholung ===<br />
Im Oktober 1841, etwa zwei Monate nach dem Bruch mit Regine, reiste Kierkegaard nach Berlin, wo er in der Nähe des [[Gendarmenmarkt]]es Quartier nahm. Er hörte vor allem bei [[Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling|Schelling]] Vorlesungen und arbeitete auch bereits an seinem ersten Werk, ''[[Entweder - Oder]]''. Von Schelling enttäuscht, kehrte er bereits Anfang März 1842 in die dänische Hauptstadt zurück. 1843 kehrte er noch einmal für einige Monate nach Berlin zurück, wo er dasselbe Quartier am Gendarmenmarkt bezog, dessen Wirt ihm in angenehmer Erinnerung war. Die Reise und das alte Quartier stellten für Kierkegaard eine Wiederholung dar. Genau dies, ''[[Die Wiederholung]]'', ist auch der Titel der Schrift, an der er in dieser Zeit arbeitete und in der auch diese zweite Berlin-Reise literarisch verwendet wird, wenngleich die wirkliche Wiederholung nach Kierkegaard nicht in der Realität, sondern nur Kraft des Glaubens stattfinden kann, welcher alles möglich werden lässt (etwa Regine wiederzubekommen).<br />
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=== Kierkegaard als Dichter, Philosoph und Kirchenstürmer ===<br />
==== Überblick ====<br />
Kierkegaards Werke, mit Ausnahme der ''Papiere eines Überlebenden'', seiner Dissertation sowie posthum herausgegebenen Schriften, erscheinen sämtlich in den Jahren 1843 bis 1855. Neben ausgedehnten Spaziergängen, regelmäßigen Gottesdienstbesuchen sowie Besuchen im [[Det Kongelige Teater|Königlichen Theater]] am [[Kongens Nytorv]] dürfte Kierkegaard in dieser Schaffensperiode, die bis an sein Lebensende reichte, die meiste Zeit mit der Arbeit an seinen für die Öffentlichkeit bestimmten Werken sowie auch dem Verfassen von Tagebucheintragungen zugebracht haben. Kierkegaard verbrachte diese Jahre in weitgehender Isolation, sowohl sozial wie auch intellektuell. Kierkegaard ließ seine Werke ausnahmslos auf eigene Kosten drucken, so dass er von Verlagen völlig unabhängig war.<br />
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Kierkegaards Werk lässt sich grob in dichterisch-philosophische und religiöse Schriften unterteilen. Erstere wurden unter wechselnden, jedoch teils wiederkehrenden und in Beziehung zueinander stehenden Pseudonymen verfasst. Die Verwendung von Pseudonymen diente weniger der Verschleierung der Verfasserschaft - diese war in Kopenhagen schnell gelüftet - als dem Anzeigen einer gewissen inneren Distanz zu den Werken, die nicht zwangsläufig seine eigenen Überzeugungen ausdrückten. Eine solche Trennung von Autor und Werk konnte es andererseits für Kierkegaard als Verfasser religiöser Schriften und Kämpfer für das "wahre Christentum" nicht geben. Diese Schriften gab Kierkegaard folgerichtig unter seinem eigenen Namen heraus.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.92.</ref> Während in den ersten Schaffensjahren pseudonym verfasste Werke überwogen, die eher dem Dichter und Philosophen Kierkegaard zuzuordnen sind, hat Kierkegaard seine Kraft in den späteren Jahren hauptsächlich dem Verfassen unmittelbar religiöser Schriften gewidmet. Neben selbst herausgegebenen Büchern hat Kierkegaard auch zahlreiche Zeitungsartikel verfasst, sowie, in seinen letzten Lebensmonaten, die Zeitschrift ''Der Augenblick'' herausgegeben. Zu erwähnen sind außerdem seine sehr umfangreichen Tagebuchaufzeichnungen, die posthum als Teil seines Gesamtwerkes erschienen sind.<br />
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==== Schöpferischer Ausbruch (1843-1846) ====<br />
Die meisten seiner Hauptwerke hat Kierkegaard in den Jahren zwischen 1843 und 1846 herausgebracht. Im Jahr 1843 veröffentlichte Kierkegaard unter dem [[Pseudonym]] Victor Eremita ''[[Entweder – Oder]]'' (Enten - Eller), das ihn schlagartig bekannt machte. In diesem Werk beschreibt Kierkegaard zwei Stadien: das Ästhetische und das Ethische, wobei im Schlussteil, der die Form einer Predigt hat, bereits auf das dritte, in dem Werk noch nicht behandelte religiöse Stadium hinführt.<br />
<br />
Ebenfalls im Jahr 1843 erschienen ''[[Furcht und Beben]]'' (Frygt og Bæven) und, am selben Tage, ''[[Die Wiederholung]]'' (Gjentagelsen) unter den Pseudonymen Johannes de Silentio bzw. Constantin Constantius. Furcht und Beben, das in einer lyrischen Prosa, jedoch nicht ohne Humor und Ironie abgefasst ist, ist im Kern eine Meditation über die biblische Geschichte um [[Abraham]] und [[Isaak]]. Kierkegaard bekräftigt in dieser Schrift, dass der Mensch, indem er aus der ethischen Sphäre heraus und in die religiöse Sphäre eintritt, als der Einzelne höher steht als das Allgemeine, also das Ethische und nur noch Gott Gehorsam schuldet. Ausdrücklich wird daher Abrahams Absicht, Isaak auf Gottes Befehl hin zu opfern, gutgeheißen, auch wenn sich Abraham damit über die Ethik hinwegsetzt. Gleichzeitig wird ausgeführt, dass Kraft des Glaubens (also Kraft des Absurden) alles möglich ist.<br />
<br />
1844 erscheinen, im Abstand von nur vier Tagen, die beiden Schriften ''[[Philosophische Brocken]]'' (Filosofiske Smuler) von Johannes Climacus und ''[[Der Begriff Angst]]'' (Begrebet Angest) von Vigilius Haufniensis. <br />
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1845 erschienen die ''[[Stadien auf dem Lebensweg]]'' (Stadier paa Livets Vei) unter dem Pseudonym Hilarius Buchbinder. <br />
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1846 erscheint die ''[[Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift]]'' (Afsluttende uvidenskabelig Efterskrift), wie schon die "Brocken" selbst verfasst unter dem Pseudonym Johannes Climacus. Anders als der Titel vermuten lässt, hat die "Nachschrift" etwa den sechsfachen Umfang der "Brocken" selbst.<br />
<br />
Mit der "Nachschrift" kann die erste Phase in Kierkegaards Schaffen als abgeschlossen angesehen werden. Alle philosophischen Hauptwerke, und, mit wenigen Ausnahmen, alle pseudonymen Schriften sind in den Jahren 1843-1846 erschienen. Kierkegaard trug sich nun mit dem Gedanken, eine Pfarrstelle zu suchen. Zunächst nahm jedoch die berühmte Fehde mit dem Satireblatt ''Corsaren'' seine Aufmerksamkeit in Anspruch.<br />
<br />
==== Die ''Corsaren''-Affäre ====<br />
Abgesehen von seinem Erstlingswerk "Entweder - Oder", das von der Kritik durchaus positiv aufgenommen wurde, stießen Kierkegaards Werke bei seinen Zeitgenossen größtenteils auf Unverständnis. Einer seiner Kritiker war P.L. Möller, der u.a. für das von [[Meïr Aron Goldschmidt]] herausgegebene Satireblatt ''Corsaren'' (Der Korsar) Beiträge verfasste. Ende 1845 griff Kierkegaard in einem Zeitungsartikel P.L. Möller scharf an und beschwerte sich ironisch darüber, bisher vom ''Corsaren'' - der ihm zunächst gewogen gewesen war - verschont worden zu sein. Was dann folgte, ging als ''Corsaren''-Affäre in die dänische Geistesgeschichte ein. Goldschmidt revanchierte sich für den Angriff, indem er eine Reihe von satirischen Texten und Karikaturen veröffentlichte, in denen Kierkegaard auf sehr unvorteilhafte Weise dargestellt wurde (so wurde sein leicht verwachsener Körperbau in den Zeichnungen überbetont). Hinzu kam, dass er bald in Kopenhagen auf offener Straße von Schuljungen, Studenten u.a. verhöhnt wurde. Kierkegaard war, wie seinen Aufzeichnungen zu entnehmen ist, über die Angriffe auf seine Person erschüttert und wurde in seinem ohnehin schon pessimistischen Menschenbild bestärkt. Gleichzeitig sah sich Kierkegaard mehr und mehr in der Rolle eines Märtyrers, der allein gegen die Welt steht.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.118 ff..</ref><br />
<br />
==== Zweiter Teil der Verfasserschaft (1847-1851) ====<br />
1847 erschien die Schrift ''Taten der Liebe'' (Kjerlighedens Gjerninger), die sich mit dem Problem der Nächstenliebe und der Frage beschäftigt, wie die Liebe, welche Christus offenbart hat, Ausdruck in jeder einzelnen Handlung finden kann. Daneben erscheinen 1847 und 1848 ''Erbauliche Reden in verschiedenem Geiste'' und ''Christliche Reden''.<br />
<br />
Die Revolution von 1848 war eine historische Zäsur auch in Dänemark. Kierkegaard, der sich im Allgemeinen nicht für Politik bzw. zeithistorische Ereignisse interessierte, hatte für die Revolution nur Verachtung übrig, da er ganz generell demokratischen Bestrebungen stark misstraute. Die Revolution hatte für Kierkegaard auch persönliche Konsequenzen, da die Vermögenswerte, in denen sein Erbe angelegt war, stark an Wert verloren. Kierkegaard, der wirtschaftliche Betätigungen verachtete (und sich dies leisten konnte), hatte keinerlei Anstrengungen unternommen, sein ererbtes Vermögen zu mehren oder zumindest die Substanz zu erhalten, er hatte stets auf großem Fuße gelebt und keine eigenen Einnahmen - auch nicht durch seine Bücher - erzielt.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.139.</ref><br />
Kierkegaards letzte Lebensjahre waren daher zunehmend von finanziellen Sorgen gekennzeichnet - eine für ihn ganz neue Erfahrung.<br />
<br />
In den Jahren 1849 und 1850 erschienen seine beiden letzten großen Schriften, für welche er, in Abgrenzung zum dezidiert ''nicht'' christlichen Climacus der Philosophischen Brocken, das Pseudonym Anti-Climacus, der aus einer christlichen Position heraus schreibt, wählte: ''[[Die Krankheit zum Tode]]'' (Sygdommen til Døden) und die ''[[Einübung in das Christentum]]'' (Indøvelse i Christendom). In ''Krankheit zum Tode'' formuliert Kierkegaard sein Menschenbild aus christlicher Perspektive: demnach befindet sich der Mensch in einem dialektischen Verhältnis zwischen zwei widerstreitenden Seiten. Die eine Seite besteht in den Notwendigkeiten des täglichen Lebens als sterbliches, mängelbehaftetes Wesen, das stets dem Ärgernis der Verzweiflung und damit - nach Kierkegaard - der Verdammnis anheimzufallen droht. Die andere Seite ist die Möglichkeit der ewigen Seligkeit. <br />
<br />
In der ''Einübung'', die dogmatisch an ''Krankheit zum Tode'' anknüpft, stellt Kierkegaard seine Sichtweise des wahren christlichen Glaubens dar, wonach die Bedingung für diesen ist, ohne wenn und aber dem Vorbild Jesu Christi zu folgen. Kierkegaard interessiert sich hierbei jedoch weniger für Jesus als moralisches Vorbild sondern vielmehr für das Leiden Christi. Nur im persönlichen Leiden kann das wahre Christentum seinen Ausdruck finden. Hier deutet sich bereits der Angriff auf die etablierte, triumphierende Kirche an, der Kierkegaard die wahre, kämpfende Kirche gegenüberstellt, und schließlich in Kierkegaards Kirchensturm gipfelte.<br />
<br />
1851 erschien sein letztes Buch: ''Zur Selbstprüfung, der Gegenwart anempfohlen''.<br />
Damit hatte Kierkegaard seine Ideen im Wesentlichen erschöpft. Seine für die Öffentlichkeit bestimmte literarische Produktion kam in den letzten fünf Lebensjahren fast zum Erliegen, dafür nahm der Umfang der Tagebucheinträge stark zu.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.1388 ff..</ref> <br />
<br />
==== Kirchensturm ====<br />
Kierkegaards letzte Lebensjahre sind von einer zunehmenden religiösen "Radikalisierung" gekennzeichnet. Das "amtliche", gemäßigte, verbürgerlichte Christentum der dänischen Staatskirche konnte seinen steigenden Ansprüchen an das "wahre" Christentum immer weniger genügen. Kierkegaard schraubte die Bedingungen, die ein Mensch erfüllen musste, um sich, aus seiner Sicht, einen Christen nennen zu können, immer weiter hinauf, so dass sie schließlich praktisch unerfüllbar wurden und jeder organisierten Kirche die Grundlagen entzogen hätten.<br />
<br />
Auf einer persönlichen Ebene findet diese Radikalisierung ihren Ausdruck insbesondere in einem radikalen Wandel seines inneren Verhältnisses zu Bischof [[Jacob Peter Mynster]], der die dänische Staatskirche repräsentierte, und den er ursprünglich rückhaltlos bewundert, ja verehrt hatte. In dem Maße jedoch, wie Kierkegaards Ansprüche an einen wahren Christenmenschen stiegen, schwand seine Bewunderung für Mynster, welcher, hierin seinem Vorbild [[Goethe]] folgend, jede Übertreibung ablehnte und für ein harmonisches, "bürgerliches" Christentum eintrat, das jedem offenstand.<ref>Peter B. Rohde: Kierkegaard, Rowohlt 1998, S.139.</ref> Bischof Mynster starb Anfang 1854. Der Theologieprofessor H.L.Martensen - an dessen spekulativer Theologie sich Kierkegaard schon lange gerieben hatte - nannte den großen Bischof, der so lange die Geschicke der dänischen Kirche bestimmt hatte, auf der Beisetzung einen ''Wahrheitszeugen'' (sandhedsvidne). Ende 1854 veröffentlichte Kierkegaard einen Artikel in der Zeitung ''Fædrelandet'' - die schon als Plattform für den Angriff auf P.L. Möller und Goldschmidt gedient hatte -, der die folgende polemische Überschrift trug: "War Bischof Mynster ein Wahrheitszeuge, einer der wirklichen Wahrheitszeugen - ist dies die Wahrheit?" Die Antwort konnte aus Kierkegaards Sicht nur ''Nein!'' lauten. Der Artikel, in dem er zum ersten Mal seit fast vier Jahren sein Schweigen brach, war der Auftakt zu Kierkegaards "Kirchensturm", seinem letzten intellektuellen und religiösen Aufbäumen. In den Folgemonaten veröffentlichte Kierkegaard im ''Fædrelandet'' eine große Zahl weiterer Artikel, in denen er die dänische Kirche immer schärfer angriff. Ab Mai 1855 begann er mit der Veröffentlichung der Zeitschrift ''Der Augenblick'' (Øjeblikket), von der zehn Nummern erschienen. Die Aggressivität der Angriffe gegen die Kirche und seine Forderungen an den wahren Christenmenschen eskalieren in diesen letzten Schriften in schwindelerregende Höhen. Er wirft der Amtskirche vor, das Christentum nicht zu vertreten sondern effektiv zu verhindern. Das amtliche Christentum und seine Riten seien eine Fälschung, eine Lüge, ein Komödienspiel. Kierkegaard gibt zu verstehen, dass dieser Kampf gegen die Kirche als sein wirkliches Werk zu betrachten sei, und dass seine früheren Schriften nur als vorbereitende taktische Manöver anzusehen seien, die vor allem den Zweck erfüllten, ihn als ernstzunehmenden Theologen zu etablieren, dem man zuhören müsse.<br />
<br />
Am 2. Oktober 1855 erlitt Kierkegaard auf der Straße einen Schlaganfall und brach zusammen. Er kam ins Frederiks Hospital in Kopenhagen. Dort starb er, die Kommunion verweigernd, am 11. November 1855, gegen 21 Uhr. Er liegt auf dem [[Assistenzfriedhof]] im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro begraben, wo sich auch Regine und Frederik Schlegels Grab befindet. Auf seinem Grabstein steht der Text des Kirchenliedes ''Det er en liden tid'' (deutsch: Noch eine kurze Zeit) von [[Hans Adolph Brorson]].<br />
<br />
== Denken ==<br />
[[Datei:Søren-Kirkegaard-Statue.jpeg|thumb|Søren-Kierkegaard-Statue in Kopenhagen]]<br />
Kierkegaards Denken in Sätzen zu beschreiben ist schwierig, denn was er zur Geltung bringen wollte, war gerade, dass [[Wahrheit]] nicht in Sätzen gelehrt werden könne, sondern eine Bewegung des Menschen in der [[Philosophie der Zeit|Zeit]] sei. In diesen Zusammenhang gehören seine Kategorien „Augenblick“, „Wiederholung“ und „Sprung“ sowie sein pseudonymer, provokanter und paradoxer Stil. Das Wesentliche am [[Christentum]] war ihm, dass die Wahrheit in der Zeit (in Christus) gekommen sei und der Mensch nur ein Verhältnis zu ihm haben könne, indem er ihm gleichzeitig werde. Alles andere sei Geschwätz. Kierkegaard zeigt sich so als zugleich philosophischer wie auch theologischer bzw. religiöser Denker, der die Philosophie als Mittel betrachtet, über christlichen Glauben neu nachzudenken, wobei er jede Art von spekulativer Philosophie im Geiste [[Hegel]]s (siehe auch [[Dialektische Aufhebung]]) ablehnt, weil sie sich anmaßt, „objektive“, also außerhalb des Menschen liegende Wahrheit adäquat denken, verstehen und dadurch begreifen zu können. Neben der scharfen Ablehnung Hegels und und anderer Vertreter des [[Idealismus]] ist Kierkegaards Denken vor allem in seinen späteren Jahren durch eine strikte Abgrenzung gegen das amtliche Christentum gekennzeichnet.<br />
<br />
Für Kierkegaard gibt es drei Arten, drei Zustände, drei Sphären, drei Stadien der [[Existenz]] des Menschen:<br />
<br />
=== Ästhetisches Stadium ===<br />
<br />
Auf der ursprünglichsten Stufe, dem [[Ästhetik|ästhetischen]] Stadium, lebt der Mensch ganz in der Unmittelbarkeit der sinnlichen Empfindung, die Motiv und Ziel seines Handelns ist. Er existiert gänzlich unreflektiert, ohne sich über sich selbst im Klaren zu sein. Daher rührt auch eine latente Verzweiflung, indem der Mensch spürt, dass er nicht er selbst, sondern in Äußerlichkeiten gefangen ist. Der Mensch hat sich noch nicht als ein Selbst erkannt, das nicht nur rein immanent, sondern auch transzendent existiert, indem sich der Mensch zu dem faktischen Verhältnis, das zwischen [[Körper (Biologie)|Körper]] und [[Geist]] besteht, bewusst in ein Verhältnis setzt. Der Mensch ist hier verzweifelt, weil er mit sich selbst nicht im Reinen ist.<br />
<br />
Das Mittel, das dem Menschen nun dazu dient, diesen seinen verzweifelten Zustand zu erkennen, ist die [[Ironie]]. Indem er sich zu sich selbst ironisch, also distanziert verhält, gewinnt er einen erhöhten Standpunkt, von dem aus er seine Verzweiflung erkennt und nun versucht, diese zu überwinden. Dadurch erreicht er das zweite Stadium.<br />
<br />
=== Ethisches Stadium ===<br />
<br />
Das [[Ethik|ethische]] Stadium: Der Mensch erkennt sich als ein sowohl immanentes als auch [[Transzendenz|transzendentes]] Wesen, indem er sich nun zu dem Verhältnis zwischen Körper und Geist reflektiert in ein Verhältnis setzt und dessen bewusst wird. Er verhält sich nun vernünftig und erkennt seine Verantwortung vor sich selbst und der Welt. Dadurch aber erkennt er, dass er als zunächst rein immanentes Wesen nicht im Stande ist, den transzendenten Teil seines Wesens zu begründen, der nicht aus der Welt stammen kann. Die Begründung seines Wesens als geistiges und insoweit nicht der [[Kausalität]] der Welt unterworfenes Selbst findet er nicht in sich selbst. Vielmehr sieht er sich einem unendlichen, absoluten Unbekannten, [[Gott]], gegenüber, der die Ursache der Unendlichkeit und Freiheit des Menschen ist. Wenn nun der Mensch sich nicht in ein Verhältnis zu seinem wahren Grund, zu Gott, setzt, sondern aus sich selbst heraus existieren will, so setzt er sich wiederum in Widerspruch zu seinem wahren Wesen, indem er verzweifelt er selbst sein will, oder aber er leugnet sich selbst als auch transzendentes Selbst, indem er verzweifelt nicht er selbst sein will, und beides führt ihn wieder in die Verzweiflung, die als Grundstimmung seinem Leben zugrunde liegt.<br />
<br />
In seiner Dissertation „Über den Begriff der Ironie in stetem Hinblick auf Sokrates“ schreibt Kierkegaard: „Humor enthält eine weit tiefere Skepsis als Ironie. [...] Seine Skepsis [...] enthält auch eine weit tiefere Positivität [...] er finde nicht Ruhe dabei, den Menschen zum Menschen zu machen, sondern dabei, den Menschen zum Gott-Menschen zu machen.“ Darin klingt bereits eine weitere Funktion des Humors an, er schafft eine Verbindung zwischen Endlichem und Unendlichem. Der Humor ist aber noch keinesfalls wahre Religion, sondern lediglich das letzte Zwischenstadium vor dem Glauben. Er ist das Mittel, um den Sprung vom ethischen zum religiösen Stadium zu vollziehen.<br />
<br />
=== Religiöses Stadium ===<br />
<br />
Das [[Religion|religiöse]] Stadium: Hier nun akzeptiert der Mensch sein Gesetzt-sein von Gott und seine Existenz vor Gott. Er begreift sich als ein Selbst, dem nur von Gott als dem Unendlichen Existenz zukommt. Daher ist das Ziel des religiösen Menschen, in ein existenzielles Verhältnis zu Gott zu treten. Dies kann allein im Glauben geschehen. Gott als der Absolute ist nicht der Kausalität der Welt unterworfen und entzieht sich daher als der Unbekannte dem menschlichen Verstand, er ist rational nicht erkennbar. Der [[Glauben]] fordert als Bedingung daher die „Kreuzigung des Verstandes“. Der Verstand ist nicht gänzlich unnötig, sondern dient als Korrektiv des Glaubens, indem Unvernünftiges nicht geglaubt werden kann, und er ist Voraussetzung der Selbstreflexion, ohne die der Aufstieg in den Stadien nicht erreicht werden kann. Er spielt daher für Kierkegaard eine große und unabdingbare Rolle, doch da der Verstand endlich ist und sich rein immanenter Mittel bedient, ist intellektuelle Gotteserkenntnis schlechthin unmöglich. An diesem Punkt, der Nicht-Erkennbarkeit Gottes durch den menschlichen Verstand, zeigen sich enge Parallelen zur [[Negative Theologie|negativen Theologie]], insbesondere zu [[Nikolaus von Kues]], [[Bonaventura von Bagnoregio]] und [[Augustinus]]. Aufgrund der Nicht-Erkennbarkeit muss jedes Reden von Gott negativ, [[Negative Theologie|apophatisch]], bleiben; positive, beschreibende Aussagen haben allenfalls hinweisenden, helfenden Charakter, müssen sich ihrer Unzulänglichkeit aber stets bewusst bleiben. Dies ist das Scheitern des Verstandes, dessen sich der Mensch bewusst werden muss. Hat er dies erkannt, steht erst der Weg in den Glauben offen, der aus dieser Erkenntnis der eigenen Begrenztheit hervorgehen kann. Im Glauben nun wagt der Mensch den Sprung weg vom Verstand hin zum eigentlich Unmöglichen. Glauben ist nur deshalb möglich, weil sich Gott in [[Christus]] zu erkennen gab. Da der Mensch nicht in der Lage ist, [[Ratio|rational]] zu Gott zu gelangen, musste sich Gott selbst offenbaren, indem er Mensch und zugleich Gott war und so das [[Paradoxon]] aufstellte, dass das Zeitlose in der Zeit, das Transzendente in der [[Immanenz]], das Unendliche in der Endlichkeit existierte. Dieses Paradox ist für den Menschen nicht zu vereinbaren. Bis hierher ist dieser Gedankengang weitgehend in der Tradition protestantischer Theologie seit [[Martin Luther]] vorgezeichnet. Daher bleibt demgegenüber nur der Sprung in den Glauben. Da das sich zu Gott existenzielle Verhalten immer nur momenthaft geschehen kann und der Mensch immer wieder in seine eigene Existenz zurückfällt, dadurch wieder seinen transzendenten Seinsgrund aus den Augen verliert und so wieder die rechte Ordnung seines Selbst verrückt, ist er gehalten, diesen Sprung in den Glauben immer wieder neu zu tun und den Moment des Glaubens zu „wiederholen“. Nur in diesem Augenblick des Glaubens befindet sich das Selbst im richtigen Verhältnis zu sich und zu seinem Existenzgrund und existiert daher momenthaft ohne Verzweiflung.<br />
<br />
== Rezeptionsgeschichte ==<br />
Kierkegaard erlangte ab Anfang/Mitte der 1840 Jahre schnell Bekanntheit, die sich jedoch im Wesentlichen auf Dänemark, ja eigentlich Kopenhagen beschränkte. Zum Zeitpunkt seines Todes war Kierkegaard außerhalb seiner Heimat praktisch unbekannt. Während Kierkegaard in den Jahren nach seinem Tod in der dänischen Kirche und Theologie durchaus präsent war, setzte seine Rezeption im Ausland erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein. Eine Schlüsselrolle in der Kierkegaard-Rezeption nimmt der dänische Gelehrte [[Georg Brandes]] ein, der sowohl auf dänisch wie auch deutsch publizierte und Kierkegaard mit der 1879 in Leipzig erschienen Schrift ''Sören Kierkegaard - Ein literarisches Charakterbild'' dem deutschen Publikum bekannt machte. Damit war die Voraussetzung für eine breitere Rezeption Kierkegaards außerhalb Skandinaviens geschaffen. Brandes machte auch [[Nietzsche]] mit Kierkegaards Ideen bekannt, wobei er - Nietzsches Interessen folgend - Kierkegaard als eminenten psychologischen Verfasser vorstellte. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden nach und nach Kierkegaards Hauptwerke sowie auch seine Tagebücher ins Deutsche übersetzt, erst in den 1930 Jahren folgten die ersten akademischen Übersetzungen ins Englische. Heute sind liegen die gesammelten Werke Kierkegaards in allen größeren Sprachen vor.<br />
<br />
Ab den 1920 Jahren setzte in Deutschland die Rezeption durch Vertreter der [[Dialektische Theologie|Dialektischen Theologie]] wie [[Karl Barth]] und [[Rudolf Bultmann]] ein. Kierkegaard wird einige Male in [[Heidegger]]s ''[[Sein und Zeit]]'' (1927) erwähnt, sein Einfluss auf Heidegger ist jedoch viel größer als die wenigen expliziten Bezüge es erahnen lassen. Auch das Denken von [[Karl Jaspers]] ist stark durch Kierkegaard beeinflusst.<br />
<br />
== Werke ==<br />
[[Datei:Kierkegaard Enten-Eller.jpg|thumb|''Enten – Eller'', unter dem Pseudonym ''Victor Eremita'']]<br />
''(Die kursiv gesetzten Schriften hat Kierkegaard unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlicht.)''<br />
* Über den Begriff der Ironie. Mit ständiger Rücksicht auf Sokrates (Magisterdissertation 1841)<br />
* ''[[Entweder – Oder]] I/II'' (1843) ([http://www.textlog.de/kierkegaard-oder.html E-Text])<br />
* ''Tagebuch des Verführers'' (1843)<br />
* Zwei erbauliche Reden (1843)<br />
* ''Die Wiederholung'' (1843)<br />
* ''Furcht und Zittern'' (1843)<br />
* Drei erbauliche Reden (1843)<br />
* Vier erbauliche Reden (1843)<br />
* Zwei erbauliche Reden (1844)<br />
* Drei erbauliche Reden (1844)<br />
* ''Philosophische Brocken'' (1844)<br />
* ''[[Der Begriff Angst]]'' (1844)<br />
* ''Vorreden'' (1844)<br />
* Vier erbauliche Reden (1844)<br />
* Drei Reden bei gedachten Gelegenheiten (1845)<br />
* ''Stadien auf des Lebens Weg'' (1845)<br />
* ''Abschließende Unwissenschaftliche Nachschrift zu den Philosophischen Brocken'' (1846)<br />
* Eine literarische Anzeige (1846)<br />
* Erbauliche Reden in verschiedenem Geist (1847)<br />
* Die Taten der Liebe. Etliche christliche Erwägungen in Form von Reden (1847)<br />
* Christliche Reden (1848)<br />
* ''Die Krise und eine Krise im Leben einer Schauspielerin'' (1848)<br />
* Die Lilie auf dem Feld und der Vogel unter dem Himmel. Drei fromme Reden (1849)<br />
* ''Zwei kleine ethisch-religiöse Abhandlungen'' (1849)<br />
* ''[[Die Krankheit zum Tode]]'' (1849)<br />
* Der Hohepriester – der Zöllner – die Sünderin. Drei Reden beim Altargang am Freitag (1849)<br />
* ''Einübung im Christentum,1. Aufl.'' (1850)<br />
* Eine erbauliche Rede (1850)<br />
* Über meine Wirksamkeit als Schriftsteller (1851)<br />
* Zwei Reden beim Altargang am Freitag (1851)<br />
* Zur Selbstprüfung der Gegenwart anbefohlen (1851)<br />
* Einübung im Christentum, 2. Aufl. (1855)<br />
* Der Augenblick (1855)<br />
* Gottes Unveränderlichkeit. Eine Rede (1855)<br />
<br />
'''Neuausgaben'''<br />
<br />
* ''Der Begriff der Angst. Philosophische Bissen. Die Krankheit zum Tode.'' Meiner, Hamburg 2005, ISBN 978-3-7873-1727-1<br />
* ''Die Wiederholung.'' Hrsg. v. Hans Rochol. Meiner, Hamburg 2000, ISBN 978-3-7873-1375-4<br />
<br />
== Gedenktag ==<br />
[[11. November]] im Kalender der [[Evangelical Lutheran Church in America|Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika]].<ref>[http://www.heiligenlexikon.de/BiographienS/Soeren_Kierkegaard.html Søren Kierkegaard im Ökumenischen Heiligenlexikon]</ref><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* ''KIERKEGAARD Min Regine! Søren Kierkegaard og Regine Olsen – en kærlighedshistorie'', ved Jens Staubrand. ISBN 978 87 92510 11 2 [KIERKEGAARD My Regine! Soren Kierkegaard and Regine Olsen – a love story, by Jens Staubrand – the book is in Danish]<br />
* ''KIERKEGAARD Gift dig, gift dig ikke, du vil fortryde begge dele, og andre korte tankevækkende tekster'', ved Jens Staubrand. København 2012. ISBN 978 87 92510 08 2 [KIERKEGAARD Marry, marry not, and other short thought-provoking texts, by Jens Staubrand – the books is only in Danish]<br />
* ''KIERKEGAARD Breve og notater fra Berlin'', ved Jens Staubrand, København 2012. [KIERKEGAARD Letters and Notes from Berlin, by Jens Staubrand – in dänischer Sprache]. ISBN 978-87-92510-07-5<br />
* Jens Staubrand: Søren Kierkegaard’s Illness and Death / Søren Kierkegaards Sygdom og Død, Copenhagen 2009, in English und Dänisch. ISBN 978-87-92259-92-9, <br />
* Jens Staubrand: Kierkegaard International Bibliography Music Works and Plays, Copenhagen 2009, In English und Dänisch. ISBN 978-87-92259-91-2. <br />
* Hrsg. Heinrich Anz, Niels Jørgen Cappelørn, Hermann Deuser, Heiko Schulz (Hrsg.) In Zusammenarb. mit dem Søren-Kierkegaard-Forschungszentrum, Kopenhagen: ''Deutsche Søren Kierkegaard Edition''. Berlin: Walter de Gruyter, 2005 ISBN 978-3-11-016977-5.<br />
* Theodor W. Adorno: ''Kierkegaard – Konstruktion des Ästhetischen.'' Frankfurt/M.: Suhrkamp ISBN 3-518-27674-3.<br />
* Max Bense: ''Hegel und Kierkegaard – Eine prinzipielle Untersuchung''. Köln/Krefeld: Staufen-Verlag, 1948.<br />
* Michael Bösch: ''Søren Kierkegaard: Schicksal-Angst-Freiheit.'' Paderborn/München/Wien/Zürich: Schöningh 1994, ISBN 3-506-70197-5.<br />
* Anton Bösl: ''Unfreiheit und Selbstverfehlung. Søren Kierkegaards existenzdialektische Bestimmung von Schuld und Sünde.'' Freiburg/Basel/Wien: Herder 1997, ISBN 3-451-26408-0.<br />
* Brandes, G.: ''Sören Kierkegaard – eine kritische Darstellung''. Leipzig 1992.<br />
* Brandt, F.: ''Sören Kiergegaard – sein Leben, seine Werke''. Kopenhagen 1963.<br />
* Jan Cattepoel: Dämonie und Gesellschaft. Sören Kierkegaard als Sozialkritiker und Kommunikationstheoretiker, Freiburg: Alber-Verlag, 1992.<br />
* Walter Dietz: ''Sören Kierkegaard – Existenz und Freiheit.'' Frankfurt/M.: Anton Hain 1993, ISBN 3-445-09248-6.<br />
* Walter Dietz: ''Sören Kierkegaards Auseinandersetzung mit Sterben und Tod.'' Internationale Zeitschrift für Philosophie und Psychosomatik IZPP 1/2012 [http://www.izpp.de]<br />
* [[Jörg Disse]]: ''Kierkegaards Phänomenologie der Freiheitserfahrung''. Freiburg i.Br. 1991, Karl Alber Verlag, ISBN 3-495-47715-2.<br />
* Fahrenbach, Helmut: ''Kierkegaards existenzdialektische Ethik''. Frankfurt a.M. 1968, Vittorio Klostermann.<br />
* Fahrenbach, Helmut: ''Existenzphilosophie und Ethik'', Frankfurt a.M.: Vittorio Klostermann, 1970.<br />
* Garff, Joakim: ''Kierkegaard.'' München 2004, Hanser-Verlag, ISBN 3-446-20479-2.<br />
* Greve, Wilfried: ''Kierkegaards maieutische Ethik.'' Frankfurt/M.: Suhrkamp 1990, ISBN 3-518-58016-7.<br />
* Haizmann, Albrecht: ''Indirekte Homiletik – Kierkegaards Predigtlehre in seinen Reden''. Leipzig: EVA 2006.<br />
* Harris, Ted und Lagerström, Ann: Die Kunst innerlich zu leben; Existenzialismus für moderne Menschen. Gütersloher Verlagshaus 2009, ISBN 978-3-579-06499-4.<br />
*Kirmmse, Bruce H.: Encounters With Kierkegaard: A Life As Seen by His Contemporaries, 3. Auflage, Verlag Princeton University Press, 1998, ISBN 0691058946, 9780691058948.<br />
* Liessmann, Konrad Paul: ''Sören Kierkegaard zur Einführung.'' 5. Auflage. Hamburg 2010, Junius, ISBN 978-3-88506-625-5.<br />
* Pieper, Annemarie : ''Søren Kierkegaard''. München 2000, Beck, ISBN 3-406-41956-9.<br />
* Rattner, J. / Danzer G.: ''Sören Kierkegaard – Existenzielle Prosa über Angst, Schuld und Verzweiflung''. in: Rattner/Danzer: ''Existenzphilosophie – Denkmode oder bleibende Aktualität''. Würzburg 2008, ISBN 978-3-8260-3960-7, S. 9-34.<br />
* Rohde, P. R.: ''Sören Kierkegaard in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten''. Rinbek 1959.<br />
* Ruttenbeck, Walter: ''Sören Kierkegaard – Der christliche Denker und sein Werk''. Aalen: Scientia-Verlag 1979. Nachdruck der Ausgabe: Berlin 1929, ISBN 3-511-04295-X.<br />
* Theunissen, Michael / Greve, Wilfried (Hrsg.): ''Materialien zur Philosophie Kierkegaards''. Frankfurt 1979 (suhrkamp taschenbuch wissenschaft; 241), ISBN 3-518-07841-0.<br />
* Peter G. Vornlocher: ''Die Beeinflussung von Henrik Ibsen durch Søren Kierkegaard, speziell bei dessen Stück Peer Gynt'' (The influence of Henrik Ibsen by Søren Kierkegaard, particularly in his play Peer Gynt), [http://vornlocher.de/artikel/peer_gynt.pdf PDF].<br />
* [[Leo Isaakowitsch Schestow]]: ''Kierkegaard et la philosophie existentielle. Vox clamantis in deserto''. Paris : Ed. Les Amis de Léon Chestov et Librairie philosophique J. Vrin, 1936, 384 S., deutsch: ''Kierkegaard und die Existenzphilosophie''. Graz: 1949, 281 S.<br />
* Norbert W. Schlinkert: „Kierkegaard & Co.: Die Belebung des Ich als poetischer Charakter vom Ursprung des Schreibens her.“ In: ders.: „Das sich selbst erhellende Bewußtsein als poetisches Ich. Von [[Adam Bernd]] zu [[Karl Philipp Moritz]], von [[Jean Paul]] zu Sören Kierkegaard. Eine hermeneutisch-phänomenologische Untersuchung.“ Wehrhahn Verlag, Hannover 2011. ISBN 978-3-86525-152-7. S.254-303.<br />
* Sophie Wennerscheid: ''Das Begehren nach der Wunde. Religion und Erotik im Schreiben Kierkegaards''. Berlin: Matthes & Seitz 2008, ISBN 978-3-88221-717-9.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<div class="references-small" style="-moz-column-count:2; column-count:2;"><br />
<references/><br />
</div><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* {{Commons|Søren Kierkegaard}}<br />
* {{Wikisource}}<br />
* {{Wikiquote|Søren Kierkegaard}}<br />
* [http://www.evangeliums.net/zitate/soeren_aabye_kierkegaard.htm Weitere Zitate von Søren Kierkegaard]<br />
* [http://www.kierkegaard.de/ bebilderte Biographie, Bibliographie, Textauszüge, Linkliste]<br />
* {{DNB-Portal|118562002}}<br />
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/kierkegaard/||William McDonald}}<br />
* {{IEP|http://www.iep.utm.edu/k/kierkega.htm||William McDonald}}<br />
* {{BBKL|k/Kierkegaard}}<br />
* [http://www.sk.ku.dk/eng.asp Søren Kierkegaard Research Center in Kopenhagen] – Englisch<br />
* Dorothea Wildenburg: [http://www.sicetnon.org/modules.php?op=modload&name=PagEd&file=index&topic_id=49&page_id=78 ''Der Gott Kierkegaards. Die Freiheit als das Absolute'']<br />
* [http://kaltric.de/mat/matphil/kierkegaard/ Einflüsse auf den Begriff Angst]<br />
* Rainer A. Bast: [http://www.philosophie-woerterbuch.de/online-woerterbuch/?tx_gbwbphilosophie_main%5Bentry%5D=28&tx_gbwbphilosophie_main%5Baction%5D=show&tx_gbwbphilosophie_main%5Bcontroller%5D=Lexicon&no_cache=1 Artikel "Søren Kierkegaard"] im UTB-Online-Wörterbuch Philosophie<br />
* Sören Kierkegaard: [http://www.texturen-online.net/geschichte/kierkegaard/schriftproben/ Schrift-Proben]<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=118562002|LCCN=n/79/65447|NDL=00445643|VIAF=7392250}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Kierkegaard, Soren}}<br />
[[Kategorie:Philosoph (19. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Evangelischer Theologe (19. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Evangelischer Namenkalender]]<br />
[[Kategorie:Existenzialist]]<br />
[[Kategorie:Autor]]<br />
[[Kategorie:Literatur (19. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Literatur (Dänisch)]]<br />
[[Kategorie:Christentum in Dänemark]]<br />
[[Kategorie:Sachliteratur]]<br />
[[Kategorie:Tagebuch]]<br />
[[Kategorie:Däne]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1813]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 1855]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Kierkegaard, Søren<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Kierkegaard, Søren Aabye<br />
|KURZBESCHREIBUNG=dänischer Philosoph und Theologe<br />
|GEBURTSDATUM=5. Mai 1813<br />
|GEBURTSORT=[[Kopenhagen]]<br />
|STERBEDATUM=11. November 1855<br />
|STERBEORT=[[Kopenhagen]]<br />
}}<br />
<br />
{{Link FA|el}}<br />
{{Link FA|ko}}<br />
{{Link FA|ml}}<br />
{{Link GA|da}}<br />
{{Link GA|no}}<br />
{{Link GA|sv}}<br />
<br />
[[af:Søren Kierkegaard]]<br />
[[am:ሶረን ኬርከጋርድ]]<br />
[[an:Søren Kierkegaard]]<br />
[[ar:سورين كيركغور]]<br />
[[arz:كيركجارد]]<br />
[[ast:Søren Kierkegaard]]<br />
[[az:Sorn Kyerkeqor]]<br />
[[be:Сёрэн Абю К'еркегор]]<br />
[[be-x-old:Сёрэн Абю К’еркегор]]<br />
[[bg:Сьорен Киркегор]]<br />
[[bn:সারেন কিয়েরকেগর]]<br />
[[bs:Søren Kierkegaard]]<br />
[[ca:Søren Kierkegaard]]<br />
[[ceb:Søren Kierkegaard]]<br />
[[cs:Søren Kierkegaard]]<br />
[[cy:Søren Kierkegaard]]<br />
[[da:Søren Kierkegaard]]<br />
[[el:Σαίρεν Κίρκεγκωρ]]<br />
[[en:Søren Kierkegaard]]<br />
[[eo:Søren Kierkegaard]]<br />
[[es:Søren Kierkegaard]]<br />
[[et:Søren Kierkegaard]]<br />
[[eu:Søren Kierkegaard]]<br />
[[fa:سورن کییرکگور]]<br />
[[fi:Søren Kierkegaard]]<br />
[[fo:Søren Kierkegaard]]<br />
[[fr:Søren Kierkegaard]]<br />
[[fy:Søren Kierkegaard]]<br />
[[gl:Søren Kierkegaard]]<br />
[[he:סרן קירקגור]]<br />
[[hif:Søren Kierkegaard]]<br />
[[hr:Søren Kierkegaard]]<br />
[[hu:Søren Aabye Kierkegaard]]<br />
[[hy:Սյորեն Կիերկեգոր]]<br />
[[id:Søren Kierkegaard]]<br />
[[ilo:Søren Kierkegaard]]<br />
[[io:Søren Kierkegaard]]<br />
[[is:Søren Kierkegaard]]<br />
[[it:Søren Kierkegaard]]<br />
[[ja:セーレン・キェルケゴール]]<br />
[[jv:Søren Kierkegaard]]<br />
[[ka:სიორენ კირკეგორი]]<br />
[[kk:Сёрен Кьеркегор]]<br />
[[ko:쇠렌 키르케고르]]<br />
[[ku:Søren Kierkegaard]]<br />
[[ky:Кьеркегор, Сёрен]]<br />
[[la:Severinus Kierkegaard]]<br />
[[lb:Søren Kierkegaard]]<br />
[[li:Søren Kierkegaard]]<br />
[[lt:Søren Kierkegaard]]<br />
[[lv:Sērens Kjerkegors]]<br />
[[mg:Søren Kierkegaard]]<br />
[[mk:Сeрен Кјеркегор]]<br />
[[ml:സോറൻ കീർക്കെഗാഡ്]]<br />
[[mt:Søren Kierkegaard]]<br />
[[nap:Søren Kierkegaard]]<br />
[[nds-nl:Søren Kierkegaard]]<br />
[[nl:Søren Kierkegaard]]<br />
[[nn:Søren Kierkegaard]]<br />
[[no:Søren Kierkegaard]]<br />
[[oc:Søren Kierkegaard]]<br />
[[pl:Søren Kierkegaard]]<br />
[[pt:Søren Kierkegaard]]<br />
[[rm:Søren Kierkegaard]]<br />
[[ro:Søren Kierkegaard]]<br />
[[ru:Кьеркегор, Сёрен]]<br />
[[scn:Søren Kierkegaard]]<br />
[[sco:Søren Kierkegaard]]<br />
[[sh:Søren Kierkegaard]]<br />
[[simple:Søren Kierkegaard]]<br />
[[sk:Søren Kierkegaard]]<br />
[[sl:Søren Kierkegaard]]<br />
[[sq:Søren Kierkegaard]]<br />
[[sr:Серен Киркегор]]<br />
[[su:Soren Kierkegaard]]<br />
[[sv:Søren Kierkegaard]]<br />
[[th:เซอเรน เคียร์เคอกอร์]]<br />
[[tl:Søren Kierkegaard]]<br />
[[tr:Søren Kierkegaard]]<br />
[[tt:Сөрен Кьеркегор]]<br />
[[uk:Серен К’єркегор]]<br />
[[uz:Søren Kierkegaard]]<br />
[[vi:Søren Kierkegaard]]<br />
[[war:Søren Kierkegaard]]<br />
[[yo:Søren Kierkegaard]]<br />
[[zh:索倫·奧貝·克爾凱郭爾]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Belgrad&diff=113614072Belgrad2013-01-31T08:18:31Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:بلجراد</p>
<hr />
<div>{{Dieser Artikel|behandelt die serbische Stadt Belgrad, zum gleichnamigen Ortsteil von Stoltebüll siehe [[Belgrad (Stoltebüll)]].}}<br />
{{Infobox Ort in Serbien<br />
|Bild = Belgrade iz balona.jpg<br />
|NameLateinisch = Beograd<br />
|NameKyrillisch = Београд<br />
|NameDeutsch = Belgrad<br />
|Wappen = Coat of Arms Belgrade.png<br />
|lat_deg = 44 | lat_min = 49 | lat_sec = 14<br />
|lon_deg = 20 | lon_min = 27 | lon_sec = 44<br />
|Beschriftung = bottom<br />
|Bezirk = Beograd<br />
|Gemeindeart = Stadt<br />
|Höhe = 131<br />
|Fläche = 359.96<br />
|Gliederung = 10 Stadtgemeinden und<br />7 Vorstadtgemeinden<br />
|Einwohner = 1154589 <br />
|EinwohnerStand = 2011<br />
|Agglomeration = 1639121<br />
|EinwohnerStand = 2011<br />
|Postleitzahl = 11000<br />
|Telefonvorwahl = 011<br />
|Kfz-Kennzeichen = BG<br />
|Bürgermeister = [[Dragan Đilas]]<br />
|BürgermeisterStand = 2008<br />
|Partei = DS<br />
|AnschriftStraße = Grad Beograd<br />Masarikova 5/XVII<br />
|AnschriftOrt = 11000 Beograd<br />
|Webpräsenz = www.beograd.rs<br />
|Schutzpatron = [[Maria (Mutter Jesu)]]<br />
|Stadtfest = [[Belgrad#Stadtfest und Schutzpatron|Christi Himmelfahrt]]<br />
}}<br />
'''Belgrad''' ({{SrS|Београд|''Beograd''}}, {{Audio|Sr-Beograd.ogg|''anhören''}}), übersetzt so viel wie Weiße ''(beo-)'' Stadt ''(-grad)'', ist die Hauptstadt der [[Serbien|Republik Serbien]]. Die Stadt gliedert sich in zehn Stadtgemeinden und sieben Vorstadtgemeinden. Die Kernstadt besitzt eine Fläche von 359,96&nbsp;km², die umgebenden Vorstadtgebiete 2862,72&nbsp;km², wobei die Fläche einiger Gemeinden teilweise zur Kernstadt und teilweise zur Vorstadt gehört. Zusammen bilden sie den ''[[Okruzi Serbiens|Okrug]] Belgrad'' mit 1,71 Millionen Einwohnern (Zensus 2011) und gehört somit zu den größten [[Metropolregion]]en in [[Südosteuropa]]. Mit 1.154.589 Einwohnern<ref>[http://static.politika.co.rs/uploads/rubrike/197938/i/3/Naselja-popis1.jpg Volkszählung von 2011]</ref> ist sie zudem gleichzeitig die bevölkerungsreichste Stadt Serbiens sowie dessen politische, kulturelle und wirtschaftliche [[Metropole]].<br />
<br />
Mit seinen [[Universität]]en, [[Hochschule]]n und wissenschaftlichen Einrichtungen stellt Belgrad das überragende Bildungszentrum und mit zahlreichen Verlagen, Rundfunk- und Fernsehanstalten sowie Tages- und Monatszeitungen auch das dominierende Medienzentrum des Landes. Belgrad ist Sitz der [[Serbisch-Orthodoxe Kirche|Serbisch-Orthodoxen Kirche]] und Residenz des Serbischen Patriarchen. Das größte christliche Gotteshaus der Balkanhalbinsel, die [[Kathedrale Hl. Sava]], steht in Belgrad.<br />
<br />
Dank der Lage an der Mündung der [[Save]] in die [[Donau]] am südöstlichen Rand der [[Pannonische Tiefebene|Pannonischen Tiefebene]] und an der Nordgrenze der [[Balkanhalbinsel]] ist die Stadt Dreh- und Angelpunkt für den Verkehr zwischen Mittel- und [[Südosteuropa]] sowie dem [[Vorderer Orient|Vorderen Orient]]. Daher wird Belgrad oft auch als ''Tor zum Balkan'' bezeichnet.<br />
Wahrzeichen Belgrads ist die in der Geschichte häufig umkämpfte, über der Save-Mündung in die Donau thronende [[Festung von Belgrad]]. In der Nähe befindet sich die historische [[Sternwarte Belgrad|Universitäts-Sternwarte]] und jenseits des Flusses ([[Neu-Belgrad]]) das 1977–79 erbaute [[Sava Centar]], das größte [[Konferenzzentrum]] aller Balkanländer.<br />
<br />
Belgrad war erstmals zu Anfang des 15. Jahrhunderts Hauptstadt der mittelalterlichen [[Serbische Despoten|Serbischen Herrscherdynastien]] und ist seit dem 19. Jahrhundert Residenzstadt [[Geschichte Serbiens|Serbiens]]. Im 20. Jahrhundert war es die Hauptstadt des [[Königreich Jugoslawien|Königreichs Jugoslawien]] und Sozialistischen [[Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien|Jugoslawiens]]. <br />
Durch die jugoslawische Ablehnung sowjetischer Hegemonie und [[Stalinismus]] und als Versammlungsort der [[Bewegung der blockfreien Staaten|Blockfreien]] war Belgrad in der Zeit des [[Kalter Krieg|Kalten Krieges]] ein bedeutendes politisches Zentrum.<br />
<br />
== Geografie ==<br />
=== Lage ===<br />
[[Datei:AirBelgrade2.png|miniatur|Luftbild mit Zusammenfluss von Save und Donau an der Festung von Belgrad]]<br />
[[Datei:Terazije Belgrade.jpg|miniatur|Hauptplatz und geografischer Mittelpunkt Belgrads ist der Terazije mit der [[Terazijska česma]]]]<br />
Die günstige Lage im Südosten Europas an zwei schiffbaren Flüssen und an der Kreuzung mehrerer Handels- und Wanderungswege trugen Belgrad den Titel „Pforte des Balkans“ und „Tor Mitteleuropas“ ein.<br />
<br />
Auch lokalgeografisch und strategisch ist die Stadt begünstigt, vor allem durch die [[Gelände|Topografie]] hoch über der weiten [[Syrmien|Sremer]] und [[Banat]]er Niederung. Sie grenzt an die Landschaftsräume der [[Äolischer Transport|äolisch]] und fluvial geformten [[Pannonische Tiefebene|Pannonischen Tiefebene]] und der jungalpidischen [[Faltengebirge|Faltengebirgssysteme]] der [[Balkanhalbinsel]].<br />
<br />
Mit Ausnahme des im Mittelalter besiedelten [[Flussbett|Donaubetts]] in der Unterstadt ''(Donji grad)'' wuchs Belgrad erst nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] über das im 19. und 20.&nbsp;Jahrhundert in den Hängen und Plateaus der hügeligen [[Šumadija]] gewachsene Siedlungsgebiet nach Westen in die Ebenen des Srem hinaus.<br />
<br />
Am Ende der dem antiken [[Cardo]] folgenden altbelgrader Prachtstraße ''[[Knez Mihailova ulica]]'' (Fürst-Michael-Straße) ist von der Festung kommend bei der Einmündung in den langgezogenen Platz [[Terazije]] ({{Coordinate|text=ICON0|NS=44/48/54/N|EW=20/27/36/E|type=landmark|elevation=75|dim=500|name=Terazije|region=RS-00}}) der geografische Mittelpunkt festgelegt. Hier beginnen die zwei in der ersten Hälfte des 20.&nbsp;Jahrhunderts als Hauptstraßen ausgebauten Alleen, die ''[[Ulica Kralja Milana]]'' mit dem wichtigsten Verkehrsknoten Belgrads, der ''[[Slavija]]'' und der ''[[Bulevar Kralja Aleksandra]]''. Von diesen südwestlich in die Šumadija führenden, eben auf dem Plateau verlaufenden Hauptstraßen, fallen die teils sehr steilen Querstraßen am Save- und Donauhang ab (''Brankova ulica'', ''Kamenička ulica'', ''Balkanska ulica'', ''[[Nemanjina ulica]]'', ''[[Ulica Kneza Miloša]]'', ''Bulevar Despota Stefana'', ''Takovska ulica'' und ''Ruzveltova ulica''). Drei Savebrücken (''Brankov most'', ''Savski most'', [[Gazela]]) und eine Donaubrücke ''(Pančevački most)'' verbinden die Altstadt mit den gegenüberliegenden Stadtteilen. <br />
<br />
Auf der linken Saveseite kontrastiert die im Flussdelta erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im ehemaligen Überschwemmungsgebiet im Winkel zwischen Donau und Save-Delta errichtete moderne Neustadt [[Novi Beograd]] das Altbelgrader Stadtzentrum. Novi Beograd ist heute mit dem ein Stück donauaufwärts gelegenen historischen Stadtteil [[Zemun]] (deutsch auch ''Semlin''), zur Zeit der [[Türkenkriege]] eine [[habsburg]]ische Donaustadt und heute Gemeinde von Belgrad, zusammengewachsen.<br />
<br />
=== Topografie ===<br />
[[Datei:2Belgrad 3 Oktober 2001 452 HSV.png|miniatur|Weltraumbild von Belgrad]]<br />
Belgrad breitet sich über die am linken Ufer der Save und Donau gelegenen Ebenen des [[Banat]]s und [[Syrmien]]s, mit ihren großen Getreide- und Maisfeldern, und auf dem rechtsseitig liegenden, waldreichen hügeligen Mittelgebirge der [[Šumadija]], mit ihren Obst- und Weingärten, aus. <br />
<br />
Die Altstadt [[Stari Grad (Belgrad)|Stari Grad]] und die Festung liegen auf den {{Höhe|125|RS|link=true}} hohen nordwestlichsten Ausläufern der Šumadija 50&nbsp;m über der Savemündung, die ihrerseits nur 75 m über dem Meeresspiegel liegt. Als amtliche Durchschnittshöhe Belgrads gilt die Höhe der Wetterwarte mit {{Höhe|132|RS}}. <br />
<br />
Der [[landschaft]]liche Gegensatz zwischen der Niederung der Überschwemmungsebene und den, von kleineren Flüssen und Bächen (''Topčiderska reka'', ''Željeznička reka'', ''Ostružnička reka'', ''Mirijevski potok'', ''Kummodražki potok'', ''Mokroluški potok'', ''Bolečica'') zertalten und in einzelne Hänge zerteilten Bergrücken der Šumadija (''Banovo brdo'', ''Lekino brdo'', ''Topčidersko brdo'', ''Kanarevo brdo'', ''Julino brdo'', ''Petlovo brdo'', ''Zvezdara'', ''Vračar'' und ''Dedinje''), innerhalb des Stadtgebietes bewirkt ein abwechslungsreiches Relief. Die höchsten Erhebungen [[Kosmaj]] (628&nbsp;m) und [[Avala]] (511&nbsp;m) und das höchstgelegene Gebäude der Stadt, die Dreifaltigkeitskirche auf dem 303,1&nbsp;Meter hohen ''Torlak'' (Voždovac), erheben sich mehrere hundert Meter über dem mit 70,15&nbsp;m tiefstgelegenen Punkt, der Insel ''Ada Huja'' an der Donau. Der hypsometrische Höhenunterschied beträgt daher im Bezirk maximal 450&nbsp;m und innerhalb der engeren Stadt noch 175&nbsp;m.<ref name="zis">[http://www.zis.bg.gov.yu/upload/BeogradUBrojkama%202006%20S.pdf Beograd u brojkama]</ref><br />
Die einförmigen [[alluvial]]en Ebenen der Save und Donauauen werden dagegen nur durch den 30&nbsp;Meter hohen Steilhang der äolischen [[Löss]]-Terrasse der ''Bežanijska kosa'' strukturiert.<br />
<br />
=== Geologie ===<br />
Das Stadtgebiet erstreckt sich großteils über drei geologisch verschieden alte und auch evolutionär unterscheidbare Formationen. Neben jüngeren äolischen und fluvialen Sedimenten des [[Quartär (Geologie)|Quartärs]] der Flusstäler und Niederung sind die Lehm- und Sandsedimente des Neogens an den Terrassenhängen und Plateaus die flächenmäßig ausgeprägtesten. Die geringste Ausdehnung nehmen kreidezeitliche [[Kalkstein]]e ein, die aber insbesondere im Felsen der Festung von Belgrad und ehemaligen Steinbruch im [[Tašmajdan]] prominent hervortreten. Die südlichen Belgrader Stadtteile werden dann von kreidezeitlich harten, klastischen Sedimenten gebildet.<ref>[http://www.zdravlje.org.rs/ekoatlas/volb/12.gif Ekološki Atlas Beograda - Ekološka Karta Područja JP]</ref><br />
<br />
=== Hydrologie ===<br />
Von [[Stari Banovci]] bis [[Grocka]] fließt die Donau im Stadtgebiet Belgrads auf einer Länge von 60&nbsp;km. Die Save von [[Obrenovac]] bis zur [[Mündung (Gewässer)|Mündung]] auf einer Länge von 30&nbsp;km. Auf 60&nbsp;Flusskilometern liegen 16 Flussinseln, deren bekannteste [[Ada Ciganlija]], ''Veliko ratno ostrvo'' ([[Große Kriegsinsel]]) und ''Gročanska Ada'' (Grocka-Insel) sind. An einem abgetrennten Flussarm der Save, 5&nbsp;km südwestlich des Stadtzentrums, befindet sich der Belgrader Stadtstrand – das sogenannte ''Kupalište''.<br />
<br />
Die Hydrologie im Stadtgebiet ist sehr vielfältig. Sie ist einerseits geprägt von sehr durchlässigen Sedimentakkumulationen im Überschwemmungsbereich der Tieflandströme, und andererseits von kaum durchlässigen, sehr dichten äolischen Lössen. Weiterhin trifft man auch auf eine in Kalksteinen entwickelten unterirdischen [[Karsthydrologie]].<ref>[http://www.zdravlje.org.rs/ekoatlas/volb/14.gif Ekološki Atlas Beograda - Hidrogeološka Karta Područja JP]</ref><br />
<br />
=== Stadtgliederung ===<br />
Die Stadt Belgrad ({{SrS|Град Београд|''Grad Beograd''}}) hat innerhalb der [[Okruzi Serbiens|Verwaltungsbezirke]] Serbiens einen Sonderverwaltungsstatus. Unter den 17 Stadtbezirken besitzen zehn den Status von Stadtgemeinden ({{SrS|Градска општина|''Gradska opština''}}), sieben den Status von Vorstadtgemeinden ({{SrS|Приградска општина|''Prigradska opština''}}). Die Stadtgemeinden sowie der Bezirk der Stadt Belgrad sind Einheiten mit lokaler Selbstverwaltung, die Vorstadtgemeinden haben ein höheres Niveau der lokalen Selbstverwaltung.<ref name="municip">src</ref> Die meisten Gemeinden liegen südlich der [[Save]] und der [[Donau]]. Drei Gemeinden (Zemun, Novi Beograd und Surčin) befinden sich auf der nördlichen Seite der Save, während sich die Gemeinde Palilula auf beiden Seiten der Donau befindet.<br />
<br />
{|<br />
|-<br />
|<br />
<br />
{| class="wikitable sortable zebra" style="text-align:right;"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Gemeinde || Fläche (km²) || Einwohner (1991) || Einwohner (2002) || Einwohner (2011) || Stadt/Vorstadtgemeinde<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Barajevo]] <br />
| 213 <br />
| 20.846 <br />
| 24.641 <br />
| 27.036 <br />
| style="text-align: left;" | Vorstadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Čukarica]]<br />
| 156 <br />
| 150.257 <br />
| 168.508 <br />
| 179.031 <br />
| style="text-align: left;" | Stadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Grocka]] <br />
| 289 <br />
| 65.735 <br />
| 75.466 <br />
| 83.398 <br />
| style="text-align: left;" | Vorstadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Lazarevac]] <br />
| 384 <br />
| 57.848 <br />
| 58.511 <br />
| 58.224 <br />
| style="text-align: left;" | Vorstadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Mladenovac]] <br />
| 339 <br />
| 54.517 <br />
| 52.490 <br />
| 53.050 <br />
| style="text-align: left;" | Vorstadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Novi Beograd]] <br />
| 41 <br />
| 218.633 <br />
| 217.773 <br />
| 212.104 <br />
| style="text-align: left;" | Stadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Obrenovac]] <br />
| 411 <br />
| 67.654 <br />
| 70.975 <br />
| 71.419 <br />
| style="text-align: left;" | Vorstadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Palilula]] <br />
| 451 <br />
| 150.208 <br />
| 155.902 <br />
| 170.593 <br />
| style="text-align: left;" | Stadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Rakovica (Belgrad)|Rakovica]] <br />
| 31 <br />
| 96.300 <br />
| 99.000 <br />
| 108.413 <br />
| style="text-align: left;" | Stadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Savski venac]] <br />
| 14 <br />
| 45.961 <br />
| 42.505 <br />
| 38.660 <br />
| style="text-align: left;" | Stadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Sopot (Belgrad)|Sopot]] <br />
| 271 <br />
| 19.977 <br />
| 20.390 <br />
| 20.199 <br />
| style="text-align: left;" | Vorstadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Stari Grad (Belgrad)|Stari grad]] <br />
| 5 <br />
| 68.552 <br />
| 55.543 <br />
| 48.061 <br />
| style="text-align: left;" | Stadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Surčin]] <br />
| 285 <br />
| <small>war bis 2004<br />Teil von Zemun</small> <br />
| 14.292 <br />
| 42.012 <br />
| style="text-align: left;" | Vorstadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Voždovac]] <br />
| 148 <br />
| 156.373 <br />
| 160.768 <br />
| 157.152 <br />
| style="text-align: left;" | Stadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Vračar]] <br />
| 3 <br />
| 67.438 <br />
| 58.386 <br />
| 55.463 <br />
| style="text-align: left;" | Stadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Zemun]] <br />
| 138 <br />
| 176.158 <br />
| 191.645 <br />
| 166.292 <br />
| style="text-align: left;" | Stadtgemeinde<br />
<br />
|-<br />
| style="text-align: left;" | [[Zvezdara]] <br />
| 32 <br />
| 135.694 <br />
| 132.621 <br />
| 148.014 <br />
| style="text-align: left;" | Stadtgemeinde<br />
<br />
|- class="sortbottom" style="background:#eee; text-align:right;"<br />
| style="text-align: left;" | '''Belgrad'''<br />
| '''3.211'''<br />
| '''1.552.151'''<br />
| '''1.576.124'''<br />
| '''1.639.121'''<br />
| style="text-align: left;" | '''Metropolregion'''<br />
<br />
|}<br />
<br />
| style="text-align:right;" | [[Datei:Belgradkeruletei.png|miniatur|Karte mit Belgrader Gemeinden]]<br />
|}<br />
<small>Quelle: Stadt Belgrad</small><ref>{{cite web|url=http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=301197|title=Verwaltungsgliederung der Stadt Belgrad|publisher=Stadt Belgrad|date=| accessdate=2010-12-16}}</ref><br />
<br />
{{Siehe auch|Liste der Gemeinden und Ortsteile im Bezirk Belgrad}}<br />
<br />
== Klima ==<br />
Belgrad liegt direkt am 45. Grad nördlicher Breite. Es herrscht ein [[Kontinentalklima|gemäßigtes kontinentales Klima]] mit den für Europa üblichen vier Jahreszeiten. Der Herbst stellt sich als typischer [[Altweibersommer]] ein und hat längere Sonnentage und wärmere Zeitabschnitte als der Frühling. Für die Situation im Winter ist ein kalter Nordost-Wind, die [[Košava]], charakteristisch. Sie dauert jeweils zwei bis drei Tage mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von 25 bis 43&nbsp;km/h, doch es können in Böen auch maximale Geschwindigkeiten bis zu 130&nbsp;km/h vorkommen. Als größter „Luftreiniger“ Belgrads hat sie eine besondere [[bioklima]]tische Funktion.<br />
<br />
In der derzeit gültigen [[Zeitreihe der Lufttemperatur in Deutschland#CLINO-Periode|CLINO-Periode]] 1961 bis 1990 betrug die jährliche Durchschnittstemperatur 11,9&nbsp;°C. Die wärmsten Monate sind Juli (21,7&nbsp;°C) und August (21,3&nbsp;°C).<ref name="hidmet.sr.gov.yu1961-1990">[http://www.hidmet.sr.gov.yu/ciril/meteorologija/stanica_sr.php?moss_id=274 Republički Hidrometeorološki Zavod Srbije - Srednje Mesečne, Godišnje i ekstremne vrednosti 1961-1990]</ref> Als kältester Monat verzeichnet der Januar eine Durchschnittstemperatur von 0,4&nbsp;°C. 62 Tage im Jahr sind [[Frosttag|Frost-]] und 25 [[Heißer Tag|tropische Tage]].<ref name="hidmet.sr.gov.yu1961-1990"/> Der Frühling ist kurz und regnerisch. Der Übergang zum heißen Sommer erfolgt plötzlich, denn schon im März werden positive Einstrahlungswerte erreicht.<ref>Wolfgang Weischet & Willfried Endlicher: ''Regionale Klimatologie. Teil 1: Die Neue Welt: Amerika, Neuseeland, Australien''.(1996)</ref><br />
<br />
Im Mittel scheint an 2025 Stunden im Jahr die Sonne. Die tägliche Sonneneinstrahlung beträgt im Juli 9,2 Stunden, 8,2 im Juni und 8,6 im August, während das Minimum im Dezember 2 Stunden aufweist. Schneefalltage sind an 33,7 Tagen bei einer Schneedeckendauer von 42,7 Tagen zu verzeichnen. Die Höhe der Schneedecke beträgt dabei zwischen 14 und 25&nbsp;Zentimetern.<ref>http://www.hidmet.sr.gov.yu/ciril/meteorologija/stanica_sr.php?moss_id=274</ref><br />
<br />
Als Extremwerte der seit 1888 erfolgenden meteorologischen Aufzeichnung wurden -26,2&nbsp;°C am 10. Januar 1893 sowie 42&nbsp;°C am 12. August 1921 und am 9. September 1946 gemessen. Im Messzeitraum 1888 bis 2003 wurden nur zwölf Tage mit Temperaturen über 40&nbsp;°C registriert.<br />
<br />
Die [[Niederschlag|Niederschläge]] haben im Frühsommer ihr Maximum. Im Jahresdurchschnitt fallen 685&nbsp;mm/m².<br />
<br />
{{Klimatabelle<br />
| TABELLE = <br />
| DIAGRAMM TEMPERATUR = rechts<br />
| DIAGRAMM NIEDERSCHLAG = deaktiviert<br />
| DIAGRAMM NIEDERSCHLAG HÖHE = 132<br />
| QUELLE = [http://www.hidmet.gov.rs/ciril/meteorologija/stanica_sr.php?moss_id=13274 Hydrometeorologisches Institut der Republik Serbien]; <br />
| Überschrift = Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Belgrad 1981–2010<br />
| Ort = Belgrad<br />
<!-- durchschnittliche Höchsttemperatur für den jeweiligen Monat in °C --><br />
| hmjan = 4.6<br />
| hmfeb = 7.0<br />
| hmmär = 12.4<br />
| hmapr = 18.0<br />
| hmmai = 23.5<br />
| hmjun = 26.2<br />
| hmjul = 28.6<br />
| hmaug = 28.7<br />
| hmsep = 23.9<br />
| hmokt = 18.4<br />
| hmnov = 11.2<br />
| hmdez = 5.8<br />
<!-- durchschnittliche Niedrigsttemperatur für den jeweiligen Monat in °C --><br />
| lmjan = -1.1<br />
| lmfeb = -0.1<br />
| lmmär = 3.7<br />
| lmapr = 8.3<br />
| lmmai = 13.0<br />
| lmjun = 15.8<br />
| lmjul = 17.5<br />
| lmaug = 17.6<br />
| lmsep = 13.5<br />
| lmokt = 9.0<br />
| lmnov = 4.2<br />
| lmdez = 0.2<br />
<!-- durchschnittliche Temperatur für den jeweiligen Monat in °C --><br />
| avjan = 1.4<br />
| avfeb = 3.1<br />
| avmär = 7.6<br />
| avapr = 12.9<br />
| avmai = 18.1<br />
| avjun = 21.0<br />
| avjul = 23.0<br />
| avaug = 22.7<br />
| avsep = 18.0<br />
| avokt = 12.9<br />
| avnov = 7.2<br />
| avdez = 2.7<br />
<!-- durchschnittliche Niederschlagsmenge für den jeweiligen Monat in mm --><br />
| nbjan = 46.9<br />
| nbfeb = 40.0<br />
| nbmär = 49.3<br />
| nbapr = 56.1<br />
| nbmai = 58.0<br />
| nbjun = 101.2<br />
| nbjul = 63.0<br />
| nbaug = 58.3<br />
| nbsep = 55.3<br />
| nbokt = 50.2<br />
| nbnov = 55.1<br />
| nbdez = 57.4<br />
<!-- durchschnittliche Anzahl täglicher Sonnenstunden für den jeweiligen Monat in h/d --><br />
| shjan = 2.3<br />
| shfeb = 3.6<br />
| shmär = 4.9<br />
| shapr = 6.3<br />
| shmai = 7.8<br />
| shjun = 8.7<br />
| shjul = 9.4<br />
| shaug = 8.8<br />
| shsep = 6.8<br />
| shokt = 5.3<br />
| shnov = 3.2<br />
| shdez = 2.1<br />
<!-- durchschnittliche Wassertemperatur (Meere, Seen u.ä.) für den jeweiligen Monat in °C --><br />
| wtjan = <br />
| wtfeb = <br />
| wtmär = <br />
| wtapr = <br />
| wtmai = <br />
| wtjun = <br />
| wtjul = <br />
| wtaug = <br />
| wtsep = <br />
| wtokt = <br />
| wtnov = <br />
| wtdez = <br />
<!-- durchschnittliche Regentage für den jeweiligen Monat in d --><br />
| rdjan = 13<br />
| rdfeb = 12<br />
| rdmär = 11<br />
| rdapr = 13<br />
| rdmai = 13<br />
| rdjun = 13<br />
| rdjul = 10<br />
| rdaug = 9<br />
| rdsep = 10<br />
| rdokt = 10<br />
| rdnov = 12<br />
| rddez = 14<br />
<!-- durchschnittliche Luftfeuchtigkeit für den jeweiligen Monat in % --><br />
| lfjan = 78<br />
| lffeb = 71<br />
| lfmär = 63<br />
| lfapr = 61<br />
| lfmai = 61<br />
| lfjun = 63<br />
| lfjul = 61<br />
| lfaug = 61<br />
| lfsep = 67<br />
| lfokt = 71<br />
| lfnov = 75<br />
| lfdez = 79<br />
}}<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
[[Datei:Antoninianus Carausius leg4-RIC 0069v.jpg|miniatur|Ein [[Antoninianus]] unter [[Carausius]] geprägt. Auf der Rückseite findet sich der Löwe, das Symbol der [[Legio IIII Flavia Felix|Legio IV. Flavia Felix]] und die Inschrift LEG IIII FL]]<br />
{{Hauptartikel|Geschichte Belgrads}}<br />
<br />
=== Antike ===<br />
{{Hauptartikel|Singidunum|titel1=Belgrad in der Antike}}<br />
[[Datei:Roman_belgrade.jpg|miniatur|left|Lage Singidunums und der Legio IIII Flavia Felix]]<br />
Das Gebiet am Zusammenfluss von [[Save]] und [[Donau]] war seit der Mitte bis zum späten [[Paläolithikum]] besiedelt. Die neolithische [[Vinča]]-Kultur wurde nach einem Belgrader Vorort benannt.<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=301024 Geschichte Belgrads]</ref><br />
<br />
Vom 6. bis zum 4. Jahrhundert v. Chr. wanderten [[Thraker|thrakische]] und [[Skythen|skythische]] Stämme ein, die eine erste Befestigung im 3. Jahrhundert v. Chr. durch [[Kelten|keltische]] oder illyro-thrako-keltische Stämme, den [[Skordisker]]n, die<br />
durch die römische Erwähnung um 279 v. Chr. belegt ist. Die [[Römisches Reich|Römer]] latinisieren den Namen Singidun zu ''[[Singidunum]]'', was wahrscheinlich ''runde Festung'' oder ''runde Stadt'' bedeutet.<br />
<br />
Im 1. Jahrhundert v. Chr. erobern die Römer die Gebiete bis zur Donau. Neben [[Sirmium]] und [[Viminatium]] bildet Singidunum einen wichtigen strategischen Punkt an der [[Via Militaris (Balkan)|Via Militaris]] und dem danubischen [[Limes (Grenzwall)|Limes]]. Durch die 86 n. Chr. zur Verstärkung der Reichsgrenzen nach Singidunum verlegte [[Legio IIII Flavia Felix|Legio IV. Flavia Felix]] erlebte die Römerstadt ihre Blütezeit, die durch Kaiser [[Hadrian (Kaiser)|Hadrian]] in der Ernennung zum [[Municipium]] und später auch im Rang einer [[Colonia (Rom)|Colonia]] durch die Ansiedlung von [[Veteran]]en noch an Bedeutung gewann. <br />
<br />
[[Datei:Belgrade cameo.png|miniatur|Kušadak-Kamee („Belgrader Kameo“): Triumphierender Imperator zu Pferde über gefallenen Barbaren, Ende IV. Jh., Serbisches Nationalmuseum]]<br />
Singidunum war nach der [[Reichsteilung von 395|Reichsteilung]] 395 nordwestlicher Grenzposten des östlichen Imperiums und wurde während der [[Völkerwanderung]] häufig durch die Barbarischen Völker heimgesucht. Die Stadt fiel 441 an die Hunnen und wurde später auch durch die Völker der [[Sarmaten]], [[Goten|Ostgoten]] und [[Gepiden]] während deren Umherziehens verwüstet. <br />
<br />
Nach 510 war Singidunum in das konsolidierte [[Byzantinisches Reich|Byzantinische Reich]] eingegliedert, das mit der von [[Justinian I.]] betriebenen [[Restauratio imperii]] den Donaulimes absicherte. Die im Brennpunkt stehende Stadt Singidunum wurde dabei in Form eines wesentlich verkleinerten, aber mit starken Mauern befestigten [[Kastron|byzantinischen Kastrons]] innerhalb des alten aufgegebenen [[Römische Militärlager#Legionslager|Legions-Standlagers (Castra)]] erneuert. Die [[Awaren|awaro-slawische]] Eroberung von [[Sirmium]] bedeutete für Singidunum die Einbindung in die Abwehrkämpfe der [[Balkanfeldzüge des Maurikios]] und war in der Zeit zentrale Operationsbasis der [[Römische Legion|römischen Armee]].<ref name="Byzance">[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=201243 Die byzantinische Periode], Offizielle Seite der Stadt Belgrad</ref><br />
<br />
=== Mittelalter ===<br />
{{Hauptartikel|Griechisch Weißenburg|titel1=Belgrad im Mittelalter}}<br />
<br />
Letztlich konnte die [[Landnahme der Slawen auf dem Balkan]] ab 612 nicht verhindert werden, wenngleich Singidunum bis 625 einen römischen Festungskommandanten hatte.<ref>vgl. Michael Witby, The Emperor Maurice and his Historian – Theophylact Simocatta on Persian and Balkan Warfare. Oxford 1988., Seite 187</ref> Der Name ''Beograd'' ([[štokavisch]] seit ca. 1400, zuvor mit silbenschließendem -''l'': ''Bel''-grad) war seit der Wanderung der Slawen Anfang des 7. Jahrhunderts etabliert. Zum ersten Mal 878 dokumentiert ist er in einem Brief des Papstes [[Johannes VIII. (Papst)|Johannes VIII.]] an den ersten christlichen [[Knjaz]] der Bulgaren [[Boris I. (Bulgarien)|Boris I.]]: ''episcopus Belogradensis''. <br />
<br />
Durch die Grenzlage blieb Belgrad auch im Mittelalter zwischen Byzanz, dem [[Königreich Ungarn]] und dem [[Geschichte Bulgariens#Erstes Bulgarisches Reich|Ersten Bulgarischen Reich]] umstritten. 1018 verleibt [[Basileios I.]] die Stadt dem wiedererstarkten Byzantinischen Reich ein. Unter Kaiser [[Manuel I. (Byzanz)|Manuel I.]] werden die Mauern der Stadt 1153 in Form eines byzantinischen [[Kastron]]s erneuert. Damit wird die Nordgrenzen des Byzantinischen Reiches gegen Ungarn gefestigt und die Stadt von da an geläufig als [[Griechisch Weißenburg]] (in byzantinischen Quellen heißt die Stadt ''Βελιγράδον'' – ''Veligradon'') bezeichnet,<ref>Paul Stephenson; ''Byzantium's Balkan frontier: a political study of the Northern Balkans, 900-1204''. Cambridge University Press, 2008.</ref> was noch im 16 Jh. der gebräuchliche Name Belgrads bleibt.<ref name="Lat. Bezeichnung">[http://books.google.com/books?id=yVhrWtZQljAC&pg=PA92&lpg=PA92&dq=alba+graeca&source=web&ots=ar4HVi4tZI&sig=WTiLq_j6ld41G_4cP0q1npPPocQ Erläuterung zur lateinischen Bezeichnung]</ref><br />
<br />
Schon 1154 berichtete der arabische [[Kartograf]] [[Al-Idrisi|Idrisi]], dass Belgrad eine lebhafte Stadt mit vielen Kirchen sei.<ref>Homepage der Stadt Belgrad, Byzanz [http://www.beograd.org.yu/cms/view.php?id=301243 Byzanz]</ref> Nach der [[Schlacht bei Sirmium]] ringt Manuel I. dem ungarischen König [[Stephan III. (Ungarn)|Stephan III.]] im [[Frieden von Belgrad (1167)|Frieden von Belgrad]] weitreichende Gebietsverluste ab. Um die Mitte des 12. Jh. gewannen die Serben an Bedeutung. [[Stefan Nemanja]] wurde 1166 von Manuel I. der Titel [[Župan|Großžupan]] gewährt, und nach Manuels Tod fiel Stefan 1183 zusammen mit dem ungarischen König [[Béla III.]] in byzantinisches Gebiet ein und sie eroberten Belgrad. <br />
<br />
Belgrad ist während der [[Kreuzzüge]] wichtige Station der Französischen, Deutschen und Ungarischen [[Ordensritter]] auf dem Weg ins [[Jerusalem|Gelobte Land]]. Die ersten drei Kreuzzüge führen 1096, 1147 und 1189 durch die Stadt. 1189 verweilte Kaiser [[Friedrich I. (HRR)|Friedrich Barbarossa]] nach [[Konrad III. (HRR)|Konrad III.]] als zweiter Deutscher Kaiser in Belgrad. Mehr als 700 Jahre danach besuchte auch der letzte Deutsche Kaiser die Stadt, [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Wilhelm II.]].<ref>New York Times, 21. Januar 1916 [http://query.nytimes.com/mem/archive-free/pdf?_r=1&res=9803E7DB103FE233A25752C2A9679C946796D6CF Kaiser at Belgrade - First German Emperor in Belgrade since Barbarossa ]</ref><br />
<br />
Der erste serbische König, der die Stadt regierte, war [[Stefan Dragutin]], der von 1282 bis 1316 eine eigene Regentschaft in Konkurrenz zu seinen jüngeren Bruder [[Stefan Uroš II. Milutin]] aufbaute. Nach seinem Tod fiel Belgrad Milutin zu, doch entrissen sie ihm die Ungarn 1319 wieder unter [[Karl I. (Ungarn)|Karl I.]]<br />
<br />
==== Glanzzeit als Hauptstadt des Serbischen Despotats ====<br />
[[Datei:Belgrade fortress 15th century cikovac.jpg|miniatur|links|Situation der Festung um 1460]]<br />
[[Datei:Despotova kula6.jpg|miniatur|Das [[Tor des Despoten]] auf der Nordostseite der Burg war unter Stefan Lazarević Haupteingang der Oberstadt]]<br />
Nach den Ereignissen auf dem [[Schlacht auf dem Amselfeld (1389)|Amselfeld]] verlagerte sich das serbische Kernland nach Norden und [[Stefan Lazarević]] (1389–1427) wich, den [[Schlacht bei Angora|osmanisch-mongolischen Hegemonialstreit]] ausnutzend, mit der [[Regierungssitz|Residenz]] 1403 von [[Kruševac]] nach Belgrad aus.<ref name="arhiva.srbija.sr.gov.yu">http://www.arhiva.srbija.sr.gov.yu/vesti/2004-04/19/345488.html</ref> Mit den Einnahmen aus dem Erzhandel mit [[Republik Venedig|Venedig]] und [[Republik Ragusa|Ragusa]] prosperierte das erstarkte [[Serbische Despoten|Despotat]], so dass Stefan Lazarević seine Residenz großzügig gestalten ließ. Die elementar erneuerte Stadt wurde in den 23 Jahren als Residenzstadt ein kulturelles Zentrum, in dem sich Händler und Handwerker wie gelehrte und wohlhabende Bürger verschiedener Nationalitäten (Ungarn, Venezianer, Ragusaner) durch Edikte des Despoten (die Bürger, die ein ''Siegelbrief'' des Despoten besaßen, waren von vielen Abgaben befreit) ansiedelten.<ref name="arhiva.srbija.sr.gov.yu"/> Die Kolonien der Griechen, Zinzaren, Armenier und Ragusaner befanden sich auf einem eigenen Gebiet, dem heutigen Dorćol.<ref>http://www.ilustrovana.com/2004/2362/4.htm</ref> In der Stadt entstehen in dieser Zeit die Residenz des Despoten, eine Bibliothek, die Belgrader Stadtkathedrale ''Mitropolija'' mit der Kirche der entschlafenen Muttergottes ''(Uspenija prečiste Vladičice)'', die Kirche der Heiligen Petka Paraskeva, das Franziskanerkloster, ein Donauhafen, ein Krankenhaus und eine für Reisende bestimmte Herberge, was durch die Erweiterung der Belgrader Stadtmauern und durch Trennung von Ober- (Residenz) und Unterstadt (Zivilstadt) ermöglicht wurde.<ref>Regierung Serbiens, 600 Jahre serbische Residenz [http://www.arhiva.srbija.sr.gov.yu/vesti/2004-04/19/345488.html ŠEST VEKOVA SRPSKE PRESTONICE ]</ref> Der Hof des literarisch aktiven Stefan Lazarević erlebte eine nachdrückliche kulturelle Blüte ([[Palaiologische Renaissance]]) und war wichtige Zuflucht- und Sammelstätte orthodoxer Gelehrter, die zur Etablierung einer bedeutenden spätmittelalterlichen Schreibschule ''(Belgrader Schreibschule)'' beitrug.<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=301323 Stadt Belgrad - Belgrader Festung]</ref> In dieser Zeit lebten in Belgrad 40.000 bis 50.000 Einwohner. Zu den bekanntesten Einwohnern der Stadt gehörte der [[Neuplatoniker]] und [[Hagiograph]] Stefan Lazarevićs, [[Konstantin Kostenecki]] als wichtigster Zeuge der Erneuerung der Stadt, der Belgrad als neues Jerusalem preist:''Und wer hat je beschrieben wie die Lage, Aussehen und Schönheit Belgrads ist! (Stefan) ließ für die Menschen drinnen und draußen viel errichten; diese Bauwerke sind so gewaltig wie Salomons Tempel in Jerusalem: der Schatten der Gebäude fällt auf die Umgebung wie vom babylonischen Turm; und den Hängenden Gärten, … Diese wahrhaft zarenhafteste aller Städte war auch die schönste … und der Despot ließ auch die kaiserliche Residenz auffallend ausschmücken und um die Stadt Gräben und einen zweifachen Wall ziehen.''<ref>Projekt Rastko, Sveta loza kneza Lazara [http://www.rastko.org.yu/kosovo/istorija/zfajfric-lazarevici.html Sveta loza kneza Lazara]</ref><br />
<br />
=== Neuzeit ===<br />
==== Osmanische Eroberung und Türkenkriege ====<br />
[[Datei:Kriechisch Wyssenburg.jpg|miniatur|links|Die [[Belagerung von Belgrad (1456)|Belagerung von ''Kriechisch W(e)ysseburg'']] 1456, 1545/50]]<br />
[[Datei:Siegebelgrade.jpg|miniatur|Türkische Miniatur der Belagerung von Belgrad 1456]]<br />
[[Datei:Prinz Eugen in der Schlacht bei Belgrad 1717.jpg|miniatur|Prinz Eugen in der Schlacht bei Belgrad im Jahr 1717 ([[Heeresgeschichtliches Museum|HGM]]).]]<br />
Der Stefan Lazarević nachfolgende Despot, [[Đurađ Branković]] musste Belgrad an den ungarischen [[Sigismund (HRR)|König Sigismund]] zurückgeben. Für [[Mehmed II.|Sultan Mehmed II.]] waren - nach dem Fall von [[Belagerung von Konstantinopel (1453)|Konstantinopel]] - Belgrad und der Abschluss der Eroberung Serbiens die Voraussetzung zum Griff nach [[Mitteleuropa]]. Am 4. Juli 1456 befehligte er die erste große [[Belagerung von Belgrad (1456)|Belagerung Belgrads]] und führte sie eigenhändig an. Die christlichen Verteidiger, geführt von [[Johann Hunyadi]], konnten diesen Angriff der neuen osmanischen Weltmacht, vor allem durch die von Stefan Lazarevic zuvor nach Erkenntnissen Orientalischer- und [[Kreuzfahrerburg]]en ausgeführte, aufwendige Neukonstruktion der Burg, mit einer turmreichen und wassergrabenbewährten [[Kastellburg]], mit mächtigem [[Donjon]] und einer äußeren grabenumgebenen großen Doppelmauer, mit stark geschützten Toren, nicht nur erfolgreich abwehren, sondern vielmehr den im Kampf verwundeten Sultan und das osmanische Heer in panikartiger Flucht vertreiben.<ref>[http://www.historynet.com/magazines/military_history/3030796.html Османско-мађарски ратови: Опсада Београда 1456, Том Р. Ковач (-{Historynet.com}-)]</ref><ref>{{cite web|url=http://www.historynet.com/magazines/military_history/3030796.html|author=Tom R. Kovach|title=Ottoman-Hungarian Wars: Siege of Belgrade in 1456|publisher=Military History magazine|accessdate=2007-07-10}}</ref> Nach dem Sieg, der, nach damaliger Ansicht, das ''Schicksal der Christen'' entschied, ordnete [[Kalixt III. (Papst)|Kalixt III.]] (Calictus III) das [[Mittagsläuten]], das bis heute in allen Kirchen der Welt ertönt, an. Auch das Fest der [[Verklärung Christi]] erinnert daran, da die Nachricht über den christlichen Sieg am 6. August in Rom eintraf.<ref>[http://www.breviary.net/propsaints/propsaints03/propsaints03283.htm St. John Capistran] auf „The Roman Breviary“</ref><br />
<br />
Erst unter [[Süleyman I.]] konnte Belgrad schließlich am [[Belagerung von Belgrad (1521)|28. August 1521]] eingenommen werden<ref>Illustration von Johan Sibmacher von 1665: Conterfactur Der Stadt Und Vöstung Griechisch Weissenburg Vom Turcken Eingenommen, Anno 1521 ({{ULBDD|urn:nbn:de:hbz:061:1-105128}})<br />
</ref>. Der Verlust der Schlüsselfestung wurde, was schon der zeitgenössische Diplomat [[Ogier Ghislain de Busbecq|Busbecq]] am Hofe Süleymans berichtete,<ref>[[Fernand Braudel]], {{Literatur | Titel=La Méditerranée et le monde méditeranéen à l’epoque de Philippe II | Verlag= | Ort= Paris | Jahr= 1949 | Kommentar=Habilitationsschrift 1947 }} Dt. {{Literatur | Titel=[[Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II.]] | Verlag= Suhrkamp | Ort=Frankfurt am Main | Jahr= 1990 | ISBN=3-518-58056-6 |Kommentar=3 Bände}}, Bd. 2, S. 666.</ref> verantwortlich für den folgenden Verlust Ungarns, sowie die Ausweitung des osmanischen Reiches über Buda hinaus vor die Tore Wiens. <br />
<br />
Die ungarischen Truppen wurden nach Hause geschickt, die serbischen Einwohner nach Istanbul umgesiedelt, und einige der serbischen Besatzungen der Donauflotte traten als Segler in die osmanische Marine ein. Die Stadt wurde schnell zum Verwaltungszentrum des [[Sandschak Smederevo|Sandschaks Smederevo]] <ref name="most.ba"/>. So wurden neben der Donauflotte auch die serbischen [[Martolos]] hier stationiert. Die Christen der Stadt brauchten keine Steuer bezahlen, hatten aber für den Erhalt der Festung zu sorgen. 1594 wurde ein serbischer Aufstand gewaltsam unterdrückt und als Rache dafür die Reliquie des serbischen Nationalheiligen [[Sava von Serbien|Sveti Savas]] auf dem [[Vračar]] verbrannt; zur Erinnerung wurde an dieser Stelle im 20. Jh. die [[Kathedrale Hl. Sava|Gedenkkathedrale des Heiligen]] errichtet wurde.<ref>[http://www.mitropolija.me/dvavoda/knjige/aradovic-hram_l.html Духовни смисао Храма Светог Саве на Врачару - Амфилохије Радовић, Епископ банатски]</ref><br />
In osmanischer Zeit war Belgrad eine wichtige Handelsstadt an der Karawanenstraße zwischen [[Buda]] und [[Konstantinopel]] in der Kaufleute und Händler unterschiedlicher Herkunft ([[Türken]], [[Armenier]], [[Griechen]] und [[Roma]]s) lebten. Nach [[Evliya Çelebi]] hatte Belgrad 1660 98.000 Einwohner, von denen 21.000 nicht islamischen Glaubens waren.<ref name="most.ba"/> Durch die lange osmanische Herrschaft prägte das orientalische Bild an Wohnhäusern die Stadt noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts.<ref name="imperialrule">[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=1249 Град Београд — Историја (Турска и аустријска владавина)]</ref> Dennoch wurde fast das gesamte osmanische kulturelle Erbe vernichtet: Von den im 17. Jahrhundert erwähnten 217 Moscheen, 160 Palästen ([[Serail|Sarays]]), sieben öffentlichen Bädern ([[Hamam]]s), zahlreichen Märkten mit ihren [[Basar]]bauten, sechs [[Karawanserei]]en und mehrere [[Karawanserei|Hanen]], 17 Derwischklöstern ([[Tekke]]n), acht islamische Hochschulen ([[Medrese]]n) und neun Rechtshochschulen (''darülhadis''), haben nur eine Moschee und ein Mausoleum ([[Türbe]]) die Zeitläufte überdauert.<ref>''The [[Encyclopaedia of Islam]]''. New Edition. Brill. Leiden Bd. 1, S.1164 (Artikel: Belgrade)</ref><br />
<br />
[[Datei:Banat Josephinische Landaufnahme pg150.jpg|miniatur|links|Karte von Belgrad und Umgebung zur Zeit der ''Josephinischen Landesaufnahme'' 1769–1772]]<br />
Nach der erfolgreichen [[Zweite Wiener Türkenbelagerung|Abwehr der Türken]] vor Wien 1683 konnte die [[Heilige Liga (1684)|Heilige Liga]] im [[Großer Türkenkrieg|Großen Türkenkrieg]] die Osmanen bis hinter Belgrad zurückdrängen. Die Belagerung [[Belagerung von Belgrad (1688)|Belgrads]] unter dem Kommando von [[Maximilian II. Emanuel (Bayern)|Max Emanuel]] endete am 6. September 1688, als die Stadt eingenommen wurde. Die [[Kaiserliche Armee (HRR)|kaiserlichen Truppen]] konnten Belgrad insgesamt drei Mal einnehmen (1688–1690, 1717–1739, 1789–1791) jedoch nicht dauerhaft halten. Wegen dieser ständigen Kämpfe begannen die Osmanen Belgrad auch das Emblem ''Dar Ul Jihad'', was so viel bedeutet wie ''Haus des Krieges'', zu geben.<ref name="most.ba"/> Auf dem Geschehen bei der Eroberung Belgrads unter [[Eugen von Savoyen]] in der [[Venezianisch-Österreichischer Türkenkrieg#Die Schlacht von Belgrad 1717|Doppelschlacht von Belgrad]] 1717 ging das bekannte Volkslied ''[[Prinz Eugen, der edle Ritter]]'' hervor, das in seiner Adaption als Kunstlied noch in den Balladen der Klassik bis zur Musikmoderne rezipiert wurde.<ref>Bayern Klassik Mittagsmusik, 3. Januar 2012 [http://www.br.de/radio/br-klassik/sendungen/mittagsmusik/mittagsmusik-prinz-eugen102.html Mittagsmusik extra Deutsche Volkslieder - Das Lied vom Prinzen Eugen von Xaver Frühweis]</ref><br />
<br />
Seit dem 18. Jahrhundert etablierte sich das Thema der Türkenkriege um Belgrad weithin in der europäischen Kunstszene (u.a. Alaric Alexander Watts, ''The Siege of Belgrade'',<ref>http://www.heritage-history.com/www/heritage.php?Dir=excerpts&FileName=watts/belgrade.html</ref><ref>http://theotherpages.org/poems/watts02.html</ref> [[Julius Becker]]s komische Oper ''Die Belagerung von Belgrad'', Stephen Storaces' [[Opera buffa]] ''The siege of Belgrade'', ''Die Lügengeschichten des [[Baron Münchhausen]]'', [[Victor Hugo]] ''Der Zürnende Donaufluß'', [[Hans Christian Andersen]] ''Ein Bild von Türken und Europa'', [[Jan Kollar]] ''Belehrad'', [[Therese Albertine Louise von Jacob]] ''Belgrad in Flammen'', sowie in [[Alexander William Kinglake]]s ''Eothen'').<br />
<br />
==== Deosmanisierung Belgrads und Aufbau der nationalen Kapitale ====<br />
[[Datei:Batal-dzamija.jpg|miniatur|Ehemalige größte Moschee Belgrads, die Batal-Moschee, die für den Bau des Parlaments, der Skupština, abgerissen wurde.]]<br />
[[Datei:Belgrade Cathedral & Landing Place 1.jpg|miniatur|Ansicht Belgrads 1890]]<br />
1804 begannen die Serben unter Führung von [[Karađorđe]] die [[Erster Serbischer Aufstand|erste Serbische Revolution]] gegen die Osmanen, die sich insbesondere gegen die einflussreichen [[Janitscharen]] richtete. Die Aufständischen hielten Belgrad vom 8. Januar 1806 bis 1813.<ref name="bglib">[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=1253 Град Београд — Историја (Ослобађање Београда)]</ref> 1815 erfolgte unter [[Miloš Obrenović]] die zweite [[Zweiter Serbischer Aufstand|Serbische Revolution]], die zu einer Anerkennung eines [[Fürstentum Serbien|autonomen Fürstentums]] führte. Belgrad wurde mit Ausnahme der Festung, wo ein osmanisches Regiment noch bis 1867 verblieb, Bestandteil des neuentstandenen Fürstentums Serbien. Belgrad behielt jedoch noch lange sein orientalisches Gepräge und die Stadt war noch bis in die 1870er Jahre praktisch auf die Fläche innerhalb der eigentlichen Belgrader Schanze beschränkt. Innerhalb der Schanze war Belgrad in einen westlichen christlich-serbischen und östlichen muslimisch-jüdischen Teil gegliedert. Einer einzigen Kirche, die erst 1841 erbaut wurde, standen dann auch über ein Dutzend Moscheen gegenüber. Auch war Belgrad noch lange in den levantnischen Wirtschaftskreislauf eingebunden. So erreichte auch eine [[Karawane|Kamelkarawane]] aus [[Serres (Griechenland)|Serres]] kommend zuletzt noch 1854 Belgrad.<ref>[http://www.staribeograd.com/tekstovi/iz-starog-beograda/lat/bara-venecija.htm Bara Venecija]</ref> <br />
<br />
Nach dem Zwischenfall an der [[Čukur Česma]] vom 15. Juni 1862 und dem daraus resultierenden ethnisch motivierten Volksaufstand zwischen serbischen und türkischen Bewohnern Belgrads, sowie dem Bombardement der Stadt durch die Festungskommandantur wurde auf Druck der Großmächte in der Konferenz von Kanlidzi die Aussiedlung der muslimischen und türkischen Bewohner Belgrads nach Istanbul beschlossen.<ref>Tanjug, 15. Juni 2012 [http://www.tanjug.rs/novosti/46945/vek-i-po-od-ubistva-decaka-kod-cukur-cesme.htm Vek ipo od ubistva decaka kod cukur cesme]</ref> Am 18. April 1867 musste auch der letzte osmanische Festungskommandant das Fürstentum verlassen und die Residenz wurde endgültig von [[Kragujevac]] nach Belgrad verlegt, was das Ende der 346-jährigen Herrschaft der Osmanen in Belgrad besiegelte. Dieses Ereignis leitete auch die allgemeine „Deosmanisierung“ und Modernisierung des Stadtbildes ein, indem zwar für die nationalen Institutionen zeitgemäße und repräsentative Bauwerke geschaffen wurden, jedoch auch alle Moscheen mit Ausnahme der Bajrakli-Moschee, sowie die meisten türkischen Denkmäler diesen Vorhaben zum Opfer fielen. Dieser nebenbei betriebenen „Deregulation“ der osmanischen Bauwerke um Platz für die Neubauten zu schaffen fiel beispielsweise auch die größte Moschee Belgrads für den Neubau der Skupština zum Opfer. Daher zeigen nur noch wenige Teile der Altstadt noch die alte orientalische Bausubstanz. Einige türkischsprachige Bezeichnungen von Stadtteilen und Plätzen künden aber auch heute von jenen Zeiten.<br />
<br />
Mit den Ergebnissen des [[Berliner Kongress]]es 1878 entwickelte sich Belgrad zu einer Schlüsselstadt des Balkans, die insbesondere von einer schnellen Modernisierung der Hauptstadt begleitet wurde.<ref name="bglib"/><ref name="20c">[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=1257 Град Београд - Историја (Престоница Србије и Југославије)]</ref><br />
Die Einwohnerzahl stieg bis 1900 auf 69.100, doch schon 1905 waren es über 80.000 Einwohner und vor dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] um die 100.000.<ref name="Статистике — Југославија"/><ref name="newadvent.org"/><ref name="stan">[http://nainfo.nbs.bg.ac.yu/sfoa/clanak.php?issn=0350-0373&je=sr&prv=1&zad=4&id=0350-03730101087P&kw=Dragan+petrovic+beograd Индустрија и урбани развој Београда - Драган Петровић (Индустрија, 2001, књига 21, Бр. 1-4, стр. 87-94)]</ref><br />
<br />
Der Sturz der [[Obrenović]] Dynastie 1903 veränderte das politische Klima im [[Königreich Serbien]]. Aus dem latenten Konflikt um die Vormacht im Westbalkan zwischen [[Österreich-Ungarn]] und Serbien, der durch die [[Bosnische Annexionskrise|Bosnische Annexion]] und die [[Balkankriege]] weiter genährt wurde, erwuchs aus dem [[Attentat von Sarajevo]] am 28. Juni 1914 ein enthemmter Konflikt, der die europäische [[Julikrise]] auslöste. Der balkanische Regionalkonflikt schaukelte sich so zum [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] hoch. <br />
Belgrad wurde am 29. Juli 1914, einen Tag nach der Kriegserklärung angegriffen. Die serbischen Truppen verteidigten die Stadt letztlich erfolgreich, die zweimal von Österreich-Ungarn eingenommen wurde, aber nicht gehalten werden konnte. Durch Eingreifen des [[Deutsches Reich|Deutschen Reiches]] fiel Belgrad am 9. Oktober 1915 in die Hand der Mittelmächte, die sich bis zum 5. November 1918 dort hielten.<br />
<br />
Nach dem Krieg war Belgrad Hauptstadt des neu gegründeten [[Königreich Jugoslawien|Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen]].<br />
In der Zwischenkriegszeit erlebte die Stadt ein schnelles Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum mit einer raschen Modernisierung, was 1923 einen Stadtentwicklungsplan erforderlich machte.<ref>http://www.urbel.com/</ref> Die Bevölkerung wuchs von 239.000 Einwohnern 1931 auf 320.000 Einwohner 1940. Das Bevölkerungswachstum zwischen 1921 und 1948 lag bei durchschnittlich 4,08 % pro Jahr.<ref name="stan">{{cite journal<br />
|url=http://nainfo.nbs.bg.ac.yu/sfoa/pdfovi/0350-03730101087P.pdf |title=Industrija i urbani razvoj Beograda|last=Petrović|first=Dragan|journal=Industrija|year=2001|volume=21, No. 1–4|pages=87–94|accessdate=2007-07-10|issn=0350-0373|format=PDF}}</ref> 1927 wurde in Belgrad der erste Flughafen eröffnet und 1929 nahm die erste Radiostation ihren Betrieb auf.<ref>{{cite web|url=http://www.serbia-info.com/g3/images/1930-50-e.htm|title=Twentieth Century - Innovations in Belgrade|publisher=Serbia-info.com (Government of Serbia website)|accessdate=2007-07-21}}</ref><br />
<br />
==== Besatzung und Zerstörung im Zweiten Weltkrieg ====<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 141-1005, Belgrad, Zerstörungen.jpg|miniatur|Zerstörungen im Jahre 1941]]<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 101I-185-0112-10, Belgrad, Erfassung von Juden.jpg|miniatur|„Erfassung von Juden“, Aufnahme der [[Propagandakompanie]] im April 1941]]<br />
<br />
Am 25. März 1941 unterzeichnete Prinzregent [[Paul von Jugoslawien]] den [[Dreimächtepakt]], was eine Straßenrevolte in Belgrad auslöste und als Reaktion zum [[Luftangriff auf Belgrad im Jahr 1941|deutschen Angriff am 6. April 1941]] auf das Königreich Jugoslawien führte. Das schwere Bombardement der deutschen [[Wehrmacht#Luftwaffe|Luftwaffe]] zerstörte große Teile der Stadt, u.&nbsp;a. brannte die Nationalbibliothek aus und das Neue Schloss wurde schwer beschädigt. Tausende Menschen starben bei dem Angriff.<ref>[[Rolf-Dieter Müller]]: ''Der Bombenkrieg 1939–1945.'' Links Verlag, Berlin 2004, ISBN 3861533170, S.&nbsp;86.</ref> <br />
<br />
Serbien wurde als sogenanntes „Deutsches Schutzgebiet“ okkupiert und unter deutsche Militärverwaltung gestellt. In Belgrad wurde ein Militärstab der Wehrmacht mit einem „Militärbefehlshaber für Serbien“, ab September 1941 den „Bevollmächtigten kommandierenden General für Serbien“ eingerichtet. Dieser bestand aus zwei Stäben, einem zivilen unter [[Harald Turner]] und einem Kommandostab des Generalstabes für Serbien. Eine formelle serbische [[Marionettenregierung]] unter Führung von [[Milan Nedić]] wurde diesen zur Seite gestellt. Belgrad selbst sollte zu einer "Deutschen Reichsfestung" ausgebaut werden, die die Donauzugänge zwischen Eisernem Tor und Wien sichern sollte.<ref>Walter Manoschek, ''Serbien ist Judenfrei'': militärische Besatzungspolitik und Judenvernichtung in Serbien 1941/42. Beiträge zur Militärgeschichte, Bd. 38, S. 27 http://books.google.de/books?id=G5OkYuM2K1cC&pg=PA36&lpg=PA36&dq=stab+des+kommandanten+f%C3%BCr+serbien+belgrad&source=bl&ots=-o6_uafOSK&sig=1HM4egSioF7lEAKOqEQAYh4x1DI&hl=de#v=onepage&q&f=false]</ref> Dazu standen die Überlegungen, Belgrad nach einem Sieg des [[Drittes Reich|Dritten Reichs]] nach dem Feldherrn [[Eugen von Savoyen]] in ''Prinz-Eugen-Stadt'' umzubenennen.<ref>http://www.danas.rs/vesti/dijalog/opasno_neznanje_ili_nesto_vise.46.html?news_id=145464 DANAS.rs Opasno neznanje ili nešto više; Autor: Aleksandar Lebl</ref> Im Zuge der Resourcensicherung und wirtschaftlichen Ausbeutung des Balkanraumes und der Kontrolle der militärischen Versorgungskorridore zum Mittelmeer wurde Belgrad ein zentraler Verkehrsknoten der deutschen Wehrmacht. Durch die allabendliche Ausstrahlung der Erkennungsmelodie des [[Soldatensender Belgrad|Belgrader Soldatensenders]] [[Lili Marleen]] wurde dieses zu einem späteren Welterfolg.<br />
<br />
Eine [[Anti-Freimaurer-Ausstellung]] begleitete die im Sommer und Herbst 1941 beginnenden Übergriffe auf die zivile Bevölkerung. Die Belgrader Juden wurden im Messegelände in das [[KZ Sajmište]] in der Stadt, sowie am Stadtrand in das [[KZ Banjica]] deportiert. Bis Kriegsende wurden hier über 100.000 Menschen umgebracht. Die jüdische Gemeinschaft, die seit der Pestseuche 1643 am Donauhang in Dorčol im Stadtteil Stari Grad siedelte, zählte vor dem Zweiten Weltkrieg 12.000 Einwohner. Nur 1115 überlebten die Okkupation. An den Holocaust erinnert heute ein Mahnmal beim ehemaligen jüdischen Viertel am Donauufer.<ref>Aleksandar Mošić: Die Juden in Belgrad. Eine kurzgefasste Übersicht über ihre Geschichte. Gerlinghoff Neue Wege, Berlin 1997 ISBN 3-88348-813-5; Aleksandar Gaon Hg.: ''We survived. Yugoslav Jews on the Holocaust.'' Bd. 1. & 2. Vlg. The Jewish Historical Museum & The Federation of Jewish Communities of Serbia. Belgrad 2005f. ISBN 86-903751-2-0 & ISBN 86-903751-4-7, in Englisch (auch in Serbisch editiert; Bd. 3 ist ersch.); Mošić: Bd. 1, S. 197 - 214</ref> <br />
<br />
Der Terror an der Zivilbevölkerung fand mit dem als Racheakt aufzufassenden Erschießungsbefehl des deutschen Militärgouverneurs von Serbien, General [[Franz Böhme]], an die Soldaten Wehrmacht, für jeden getöteten deutschen Soldaten 100 Serben oder Juden zu erschießen, einen grausamen Höhepunkt.<ref>{{cite book|last=Rubenstein|first=Richard L|coauthors=Roth, John king|title=Approaches to Auschwitz: The Holocaust and Its Legacy|year=2003|publisher=Westminster John Knox Press|isbn=0-664-22353-2|pages=170|url=http://www.questia.com/library/book/approaches-to-auschwitz-the-holocaust-and-its-legacy-by-john-k-roth-richard-l-rubenstein.jsp}}</ref><ref>ibid. Walter Manoschek, ''Serbien ist Judenfrei'': militärische Besatzungspolitik und Judenvernichtung in Serbien 1941/42. S. 12 ff.</ref><br />
<br />
Im Zuge der [[alliierte]]n Angriffe auf die rumänischen Ölfelder bei [[Ploiești]] wurde Belgrad als Ausweichziel erstmals am 16. April 1944 bombardiert, was 1600 Menschen das Leben kostete. Weitere Angriffe der alliierten Bomberflotten, die sich insbesondere auf die militärische Infrastruktur der deutschen Okkupationstruppen richteten, fanden noch bis zum 19. September 1944 statt. Mit der Niederlage der Wehrmacht in Rumänien gelangte ab Ende September 1944 einer Großeinheit der [[Rote Armee|Roten Armee]], die [[3. Ukrainische Front|3. Ukrainische Front]] unter Marschal [[Fjodor Iwanowitsch Tolbuchin]] nach Serbien. Unter dem verantwortlichen Kommandierenden [[Vladimir Schdanow]] wurde in einer mit der 1. Proletarischen Brigade der [[Jugoslawische Volksbefreiungsarmee]] unter Leitung von [[Peko Dapčević]] abgestimmten gemeinsamen [[Belgrader Operation|militärischen Operation]] die Stadt gegen die sich aus dem Balkanraum zurückziehenden [[Heeresgruppe F]] und [[Heeresgruppe E]] genommen und von der deutschen Militärokkupation befreit. Die letzten Wehrmachts-Soldaten verließen nach schweren Straßenkämpfen am 20. Oktober 1944 ihre Stützpunkte in der Stadt. Die Befreiung Belgrads besiegelte dabei auch den innerserbischen Machtkampf zwischen Partisanen und Tschetniks und bildete mit der Besetzung aller Führungsebenen Serbiens durch die Tito-Partisanen ein unmißverständliches Signal für die zukünftige politische Neuordnung Jugoslawiens. Marschall [[Josip Broz Tito]] proklamierte dort am 29. November 1945 die Föderative Volksrepublik Jugoslawien, dessen zukünftige Hauptstadt Belgrad bilden sollte.<br />
<br />
==== Von der sozialistischen Großstadt zur Gegenwart ====<br />
Von 1944 bis 1991 war Belgrad sowohl die Hauptstadt des [[Bewegung der blockfreien Staaten|blockfreien]] [[Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien|sozialistischen Jugoslawiens]] als auch der Teilrepublik Serbien. Die Stadt wurde in dieser Zeit durch repräsentative Herrschaftsbauten mit Bezug auf die ehemaligen Königsresidenzen, durch den Neubau der Präsidentenvillen auf dem Dedinje sowie die repräsentativen Gestaltung der Regierungsgebäude Jugoslawiens und der modernistischen Architektur in Neu-Belgrad ''([[Novi Beograd]])'' geprägt. Nach dem Bruch mit der Sowjetunion 1948 sah sich Jugoslawien als Vorreiter in der [[Bewegung der Blockfreien Staaten]]. So war Belgrad vom 1. bis 6. September 1961 Gastgeberin der Gründungskonferenz dieser Bewegung. <br />
<br />
Nachdem es [[68er-Bewegung|1968]] in der Stadt bereits erste Studentenunruhen gegen die sich wieder verschärfenden sozialen Unterschiede gegeben hatte, gab es mit der Verabschiedung einer neuen jugoslawischen Verfassung 1974 und der damit verbundenen Stärkung föderativer Elemente Unruhen auf den Straßen Belgrads, die Ausdruck der Hinterfragung der politischen Richtungsvorgaben Titos in dieser Zeit waren.<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=301259 Geschichte Belgrads im Sozialismus]</ref><br />
<br />
Durch Normalisierung der Beziehungen zur Sowjetunion und die offenen Grenzen nach Westen war Belgrad in den 1970er und 1980er Jahren eine über die Staatsgrenzen hinweg bedeutende kulturelle Metropole. In der kulturell fruchtbaren Zeit eröffnet beispielsweise der Denkmalsarchitekt [[Bogdan Bogdanović]] 1977 eine liberale ''Sommerschule für Philosophie und Architektur''. Der [[Informelle Kunst|informelle Maler]] [[Mića Popović]], auch Regisseur zahlreicher Filme sowie jugoslawische Musiker feierten im Ausland Erfolge und nehmen westliche Strömungen des [[New Wave]] auf. Als Literaturzentrum erlangt Belgrad durch politisch und künstlerisch unabhängige Autoren wie beispielsweise den einflussreichen Modernen [[Danilo Kiš]], den politischen Dissidenten [[Milovan Đilas]] und unabhängigen Journalisten und Essayisten [[Dedijer]] eine herausragende Stellung in Osteuropa ein. Der [[Oktobersalon]] war in de Zeit eine der wichtigsten Buchmessen Europas. Belgrad wurde herausragender Veranstaltungsort von Film- („FEST“), Theater- und Tanz- („BITEF“) sowie Musikfestspielen („BEMUS“). Als Sportstadt nehmen Teams aus Belgrad an wichtigen europäischen Wettbewerben teil, gleichzeitig war die Stadt Veranstaltungsort zahlreicher internationaler Turniere. Im eigens dafür errichteten [[Sava Centar]] fand vom Oktober 1977 bis zum März 1978 die erste Nachfolgekonferenz der [[Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa|KSZE]] statt.<br />
<br />
[[Datei:Kriegsruine Belgrad.jpg|miniatur|Durch NATO-Angriffe zerstörtes Verteidigungsministerium in Belgrad]] <br />
<br />
Nach dem Zerfall des Zweiten Jugoslawien 1991 wurde Belgrad Hauptstadt der neu gebildeten ''Bundesrepublik Jugoslawien'' die eine Periode politischer und gesellschaftlicher Unsicherheit in Serbien, die durch die Unruhen vom 9. März 1991 sowie den Massendemonstrationen 1996/97 zum Ausdruck kam, einleitete. Die 1990er Jahre waren geprägt von der Niederschlagung von Bürgerprotesten und der Unterdrückung und Liquidierung oppositioneller Politiker während des Regimes von [[Slobodan Milošević]]. Durch kriegsbedingte Mangelwirtschaft und einem restriktiven Wirtschaftsembargo blühten Schwarzmarkt und Kriegsgewinnlertum, was zu einer neuen Wirtschaftsschicht, den serbischen [[Oligarch]]en, auch [[Taikun]]e genannt, führte. Die Krisenjahre gipfelten im [[Kosovokrieg]] mit der am 24. März 1999 beginnenden [[Operation Allied Force]], als die [[NATO]] ihre 78-tägigen Luftangriffe gegen die Bundesrepublik Jugoslawien begann, von der Belgrad besonders schwer betroffen war. An einzelnen Stellen sind im Stadtbild nach wie vor Kriegsruinen zu sehen, die weder abgetragen noch wiederaufgebaut wurden.<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=301271 Zeitlicher Ablauf NATO Luftangriffe]</ref><br />
<br />
Am 5. Oktober 2000 stürzten revolutionär gesinnte Bürger, die sich den Protesten der Studentenbewegung [[Otpor]] anschlossen, weitgehend gewaltlos das Regime des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević in Belgrad. Dabei wurde das [[Haus der Nationalversammlung|Parlamentsgebäude der Bundesrepublik Jugoslawien]] von der aufgebrachten Menge zum Teil in Brand gesetzt.<br />
<br />
Vom 4. Februar 2003 bis zum 3. Juni 2006 war Belgrad Hauptverwaltungssitz der Staatenunion [[Serbien und Montenegro]] und ist seit der Loslösung Montenegros Hauptstadt der unabhängigen Republik [[Serbien]].<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=301275 Übergang zur Demokratie]</ref><br />
<br />
== Bevölkerung ==<br />
=== Stadtentwicklung ===<br />
[[Datei:Belgrade urban developement 19th century.jpg|miniatur|left|Stadtentwicklung Belgrads von 1815 bis 1900]]<br />
Die historische Altstadt, heute Großteil von [[Stari Grad (Belgrad)|Stari Grad]], war noch bis 1850 deckungsgleich mit dem Stadtgebiet. Sie wurde durch einen [[Palisade]]nschanze mit drei Toren (Vašarska kapija, Stambol kapija, Vidin kapija) zwischen Save und Donau eingegrenzt. Innerhalb der [[Schanze (Festungsbau)|Schanze]] bildeten die Stara Caršija, Dorčol und der Stari Vašar (Marktplatz) Bezirke der Zivilstadt. Die Einwohnerzahl verdoppelte sich dabei von 1840 auf 1860 auf etwa 20.000. Die von den Osmanen mit einem osmanischen Militärgouverneur verwaltete [[Festung von Belgrad|Festung]] blieb noch bis 1867 politisch und territorial unabhängige Einheiten. Nachdem die Osmanen 1804 und 1813 kurzzeitig die Kontrolle über den Großteil der ländlichen Gebiete im [[Paschalik]] von Belgrad verloren hatten, legalisierten sie ab 1830 in einem Abkommen mit Miloš Obrenović die Oberhoheit des Fürsten über die christlichen Bewohner im Paschalik von Belgrad. Die muslimischen Bewohner wurden osmanischen Behörden, christliche und jüdische Einwohner, die 1836 etwa die Hälfte der Bevölkerung stellten, dagegen der Autorität des Magistrats der Stadt unterstellt. Den Muslimen war es dabei auch bis zum Ende der osmanischen Militärverwaltung verboten, eigenen Grundbesitz in der Stadt zu verkaufen.<ref>[http://www.etd.ceu.hu/2008/jovanovic_milos.pdf ''Constructing the National Capital - De-ottomanization and urban transformation in 19th century Belgrade.'']</ref> Erst 1841 wurde es erstmals gestattet, innerhalb der Schanze ein christliches Gotteshaus zu errichten (Saborna Crkva, 1841). Nach 1833 verlor das Osmanische Reich zunehmend das Interesse an den öffentlichen Verwaltungsaufgaben und der Magistrat übernahm auch die öffentliche Wasserversorgung der Brunnen (çesme, česme). Durch den 1862 an einem Brunnen (çükür çemse/Čukur čemsa) entbrannten Aufstand von Belgrad, der sich aus innerethischen Konflikten von Christen und Muslimen entwickelte, wurde die Übergabe der osmanischen Militärverwaltung bis zu einer Übergangszeit in 1867 an die serbischen Behörden beschlossen. Die osmanische Flagge verblieb aber noch bis 1878 auf der Festung als Symbol imperialer Zugehörigkeit zum Osmanischen Reich.<br />
<br />
Nach dem militärischen Abzug, den die weitläufige Migration der muslimischen Einwohner Belgrads begleitete, wurde eine generelle Regulierung des Stadtgebietes innerhalb der Schanze ausgearbeitet, die durch die entleerten muslimischen Stadtviertel notwendig wurde. In einer sogenannten „Deosmanisierung“ des orientalisch geprägten Charakters und der geplanten städtebaulichen Vollendung der nationalen Kapitale, in der der überwiegende Anteil osmanischer Bauwerke abgerissen wurde (von ehemals 16 Moscheen fielen dabei alle bis auf eine der Regulierung zum Opfer) wurde auch der großzügige Aufbau moderner Verwaltungsviertel begonnen. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges wuchs die Stadt so in südlicher Verlängerung der Sava Mala (heute Savski Venac) und Vračar mit der älteren Siedlung Palilula zusammen. Nach 1918 kamen auch die ehemals [[Habsburgermonarchie|habsburgisch]] verwalteten linksseitigen Ufer der Save und Donau zum Stadtgebiet Belgrads hinzu, doch erst 1948 wurde hier mit dem Bau von [[Novi Beograd]] eine Stadtregulierung vollzogen.<br />
<br />
=== Einwohnerentwicklung ===<br />
{{Überarbeiten|grund=Wurde die für 2011 geplante generelle Volkszählung durchgeführt? Bitte aktualisieren.|2=Dieser Abschnitt}}<br />
{| class="wikitable float-right"<br />
|- bgcolor="#E3E3E3"<br />
!colspan="2" bgcolor="#E3E3E3" | Bevölkerungsentwicklung<br />
|- bgcolor="#E3E3E3"<br />
!Jahr<br />
!Einwohner<br />
|-<br />
|align="center"| 1284 || align="center"| 25.000<br />
|-<br />
|align="center"| 1426 || align="center"| 50.000<ref>[http://www.belgradenet.com/belgrade_history_middle_ages.html The History of Belgrade<!-- Bot generated title -->]</ref><br />
|-<br />
|align="center"| 1660 || align="center"| 98.000<ref name="most.ba">[http://www.most.ba/085/076.aspx Abdulah Talundžić, Džamije u Beogradu]</ref><br />
|-<br />
|align="center"| 1683 || align="center"| 100.000<ref>[http://www.belgradenet.com/belgrade_history_middle_ages.html The History of Belgrade<!-- Bot generated title -->]</ref><br />
|-<br />
|align="center"| 1878 || align="center"| 50.000<br />
|-<br />
|align="center"| 1900 || align="center"| 69.100<ref name="Статистике — Југославија">[http://www.library.uu.nl/wesp/populstat/Europe/yugoslft.htm Статистике — Југославија]</ref><br />
|-<br />
|align="center"| 1914 || align="center"| 100.000<ref name="newadvent.org">[http://www.newadvent.org/cathen/02407a.htm Католичка енциклопедија — Београд и Смедерево]</ref><br />
|-<br />
|align="center"| 1941 || align="center"| 340.000<ref name="Urban Pop">[http://www.populstat.info/Europe/yugoslft.htm ''The YUGOSLAV FEDERATION: historical demographical data of the urban centers'']</ref><br />
|-<br />
|align="center"| 1965 || align="center"| 1.000.000<ref name="Urban Pop"/><br />
|-<br />
|align="center"| 1981 || align="center"|1.480.000<ref name="Urban Pop"/><br />
|-<br />
|align="center"| 1991 || align="center"| 1.552.151<br />
|-<br />
|align="center"| 2002 || align="center"| 1.546.812<ref>{{cite news | url=http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=201201 | title=Population of Belgrade | publisher=City of Belgrade | date=| accessdate=2010-12-16}}</ref><br />
|-<br />
|align="center"| 2011 || align="center"| 1.639.121<ref>[http://media.popis2011.stat.rs/2011/prvi_rezultati.pdf 2011 Census of Population, Households and Dwellings in The Republic of Serbia '''First Results'''] <small>(serbisch/englisch)</small></ref><br />
|}<br />
<br />
{| class="wikitable float-right"<br />
|- bgcolor="#E3E3E3"<br />
!colspan="2" bgcolor="#E3E3E3" | Bevölkerungsentwicklung 1834 - 1940<ref>Enciklopedija Jugoslavije, 1, A-Biz, S. 584, Jugoslavenski Leksikografski Zavod, Zagreb, 1980.</ref><br />
|- bgcolor="#E3E3E3"<br />
!Jahr<br />
!Einwohner<br />
|-<br />
|align="center"| 1820 || align="center"| ca. 5.000<br />
|-<br />
|align="center"| 1834 || align="center"| ca. 8.450<br />
|-<br />
|align="center"| 1846 || align="center"| 14.386<br />
|-<br />
|align="center"| 1850 || align="center"| 15.485<br />
|-<br />
|align="center"| 1854 || align="center"| 16.733<br />
|-<br />
|align="center"| 1859 || align="center"| 18.890<br />
|-<br />
|align="center"| 1863 || align="center"| 14.760<br />
|-<br />
|align="center"| 1867 || align="center"| 24.612<br />
|-<br />
|align="center"| 1874 || align="center"| 27.605<br />
|-<br />
|align="center"| 1884 || align="center"|35.483<br />
|-<br />
|align="center"| 1890 || align="center"| 54.249<br />
|-<br />
|align="center"| 1895 || align="center"| 59.115<br />
|-<br />
|align="center"| 1900 || align="center"| 69.769<br />
|-<br />
|align="center"| 1910 || align="center"| 89.876<br />
|-<br />
|align="center"| 1919 || align="center"| ca. 90.000<br />
|-<br />
|align="center"| 1900 || align="center"| 111.740<br />
|-<br />
|align="center"| 1931 || align="center"| 238.775<br />
|-<br />
|align="center"| 1940 || align="center"| ca. 430.000<br />
|}<br />
<br />
Zum Zeitpunkt der letzten Volkszählung 2008 waren etwa 1,65 Millionen Bürger in Belgrad registriert. Durch die anhaltende Bevölkerungsmigration steht der jährlichen natürlichen Bevölkerungsabnahme Belgrads von 4.000 Menschen ein jährliches Migrationssaldo von 11.000 Zuzüglern gegenüber.<ref name="Pol12042009">Politika, 12. April 2009 [http://www.politika.rs/rubrike/Beograd/Probno-prebrojavanje-Beogradjana.sr.html ''Probno prebrojavanje Begradana'']</ref> Nach vorläufigen Schätzungen des Städtischen Amtes für Statistik und Informatik ist die Stadtbevölkerung seit der letzten Volkszählung um 150.000 Menschen angewachsen. Damit kann heute von ca. 1,7 Mio. Menschen im engeren Stadtgebiet ausgegangen werden. Um verlässliche Zahlen zu bekommen, findet bis zum 15. April 2009 eine stichprobenartige statistische Bevölkerungserhebung statt. Eine generelle Volkszählung soll 2011 durchgeführt werden.<ref name="Pol12042009"/><br />
<br />
Die Einwohnerentwicklung in Belgrad war insbesondere durch den sehr dynamischen Verlauf nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt. Die Transformation Belgrads als Hauptstadt eines [[Agrarland]]es in der Zeit des [[Königreich Jugoslawien|Königreichs]] zu einer [[Industriestadt]] im sozialistischen [[Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien|Jugoslawien]] war aber auch mit Auflösung des Staates nicht abgeschlossen. So war in Jugoslawien noch Anfang der 1990er ein [[Urbanisierung]]sgrad von nur 53 % erreicht.<ref name="urbel.com">http://www.urbel.com/documents/planovi/4231(sl%20l%2027-03).pdf</ref> Mit den verbundenen Anstrengungen einer rapiden Industrialisierung und den entstanden Arbeitskräftebedarf zu decken, war der Zuzug der ländlichen Bevölkerung notwendig, was den schnellen städtischen Bevölkerungsanstieg um mehr als das Zweieinhalbfache (in der Agglomeration) von 1948 634.000 auf 1999 1.621.000 erklärt.<ref name="urbel.com"/> <br />
<br />
Die [[Bergflucht|Land-Stadt Migration]] war noch bis in die 1980er sehr hoch, fiel danach aber merklich ab. Während der 1980er nahm dagegen insbesondere der tägliche [[Pendelverkehr]] zu, was sich durch die nicht adäquate Verkehrsinfrastruktur und der Überdimensionierung der Stadt als nachteilige Entwicklung des schnellen Bevölkerungswachstums herausstellte.<ref name="urbel.com"/> So halten sich in der Stadt heute täglich 60.000 [[Pendler]] auf, die aufgrund ihres Arbeitsplatzes, Ausbildung oder Studiums in die Stadt kommen.<ref name="Pol12042009"/><br />
<br />
Die urbane Gesellschaft erfuhr, da auch nur ein kleiner Bevölkerungsanteil von Belgrad hier schon in der zweiten und dritten Generation lebt, durch Diskontinuität ökonomischer und sozialer Entwicklung, aber insbesondere durch den vermehrten Zuzug von [[Fluchtmigration|Flüchtlingen]] der in den krisenhaften 1990ern im [[Jugoslawienkrieg|Bürgerkrieg]] Vertriebenen und gleichzeitigen [[Auswanderung|Emigration]] der [[Braindrain|akademischen]] Bevölkerung eine rezente nachhaltige Veränderung.<ref>[http://www.washingtonpost.com/wp-srv/inatl/longterm/balkans/stories/belgrade062299.htm Refugee Serbs Assail Belgrade Government]: Вашингтон пост, 22. јун, 1999.</ref> Zuletzt haben seit 1999 zudem weitere 136.000 Binnenflüchtlinge den [[Kosovo]] verlassen und sich in Belgrad niedergelassen.<br />
<br />
Seit Mitte der 1980er gehörte zu den besonders augenfälligen negativen Entwicklungen auch die Gründung großer Roma-Armutssiedlungen. Laut unbestätigten Angaben sollen bis zu 100.000 [[Roma]] insbesondere in [[Getto|Armutsgettos]] in Novi Belgrad leben,<ref>Politika, 8. April 2009 [http://www.politika.rs/rubrike/Drustvo/Sto-hiljada-Roma-zivi-u-120-divljih-naselja-u-Beogradu.sr.html Sto hiljada Roma zivi u 120 divljih naselja u Beogradu]</ref> was hier teilweise die Stadtentwicklung hemmt und zu sozialen Konflikten mit der Stadtverwaltung und Anwohnern führt.<ref>Politika, 4. April 2009 [http://www.politika.rs/rubrike/Beograd/Rushenje-udzerica-kod-Belvila.sr.html Rusenje udzerica kod Belvilla ]</ref> Die größte der Siedlungen, [[Karton city]] oder ''Gazela'' liegt zwischen den Blöcken 19 und 21 am linken Saveufer unweit der [[Gazela]]-Brücke und beherbergt ca. 130 Familien mit über 1.000 Bewohnern. Über eine Umsiedlung konnte man sich auch nach langjähriger Planung immer noch nicht einigen, doch begann die Stadt Anfang April 2009 kleinere Roma Slum-Siedlungen zwangszuräumen.<ref>Politika, 8. April 2009 [http://www.politika.rs/rubrike/Drustvo/Sto-hiljada-Roma-zivi-u-120-divljih-naselja-u-Beogradu.lt.html Sto hiljada Roma zivi u 120 divljih naselja u Beogradu]</ref><br />
<br />
=== Bevölkerungsstruktur ===<br />
Die [[Serben]] stellen mit 1.417.187 Einwohnern die klare Mehrheit in Belgrad. Es folgen [[Jugoslawen]] (22.161), [[Montenegriner]] (21.190), [[Roma]] (19.191), [[Kroaten]] (10.382), [[Mazedonier (slawische Ethnie)|Mazedonier]] (8.372) und [[Bosniaken]] (4.617).<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=1199 Град Београд - Чињенице (Становништво)]</ref><br />
<br />
Die größten Gruppen der melderechtlich in Belgrad registrierten Ausländer kommen aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien. Die größte außereuropäische Ethnie stellen die [[Han-Chinesen|Chinesen]], die in den 1990er Jahren nach Belgrad kamen. Der Neu-Belgrader Block 70 ist unter den Belgradern als [[Chinatown]] bekannt.<ref>[http://arhiva.kurir-info.rs/Arhiva/2005/februar/19-20/B-01-19022005.shtml Кинези Марко, Милош и Ана!], Курир, 19-20 фебруар 2005.</ref><ref>[http://www.vreme.com/arhiva_html/471/10.html Кинеска четврт у Блоку 70], Време бр. 471, 15. јануар 2000.</ref><br />
<br />
Durch die exponierte Stellung des ehemaligen Jugoslawien in der Bewegung der Blockfreien und den guten Beziehungen zu den arabischen Staaten, kamen in den 1970er Jahren zahlreiche [[Araber|arabische]] Studenten nach Belgrad.<ref>[http://www.dawn.com/2005/12/07/int17.htm Јединствени пријатељски клуб у Београду], Dawn – International, 7. децембар</ref><ref>[http://www.jordanembassyus.org/041199003.htm Government, public diverge in assessment of Kosovo crisis] Jordan Times, 11. април 1999</ref> Der größte Teil der Araber, die in Belgrad leben, ist [[Syrien|syrischer]], [[Jordanien|jordanischer]] oder [[irak]]ischer Abstammung.<br />
<br />
=== Religionen ===<br />
Gemäß der Volkszählung von 2002<ref>{{cite news | url=http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=301181 | title=Religion in Belgrad | publisher=Stadt Belgrad | date=| accessdate=2010-12-16}}</ref> gehören 90,68 % der Belgrader der [[Serbisch-Orthodoxe Kirche|orthodoxen Kirche]] an, rund 1,03 % der [[Römisch-katholische Kirche|römisch-katholischen]] und circa 0,24 % der [[Evangelische Kirche|evangelischen]]. Etwa 1,29 % bekennen sich zum [[Islam]], 0,03 % zum [[Judentum]], 2,02 % zu anderen Konfessionen und 3 % erklären sich als Nichtgläubige.<br />
<br />
[[Datei:Le temple de Saint Vasilije Ostroški à Belgrade.jpg|miniatur|Serbisch-orthodoxe Kirche Hl. [[Vasilije Ostroški]] in Novi Beograd]]<br />
<br />
Belgrad ist Sitz eines orthodoxen [[Patriarch]]en der serbisch-orthodoxen Kirche, eines römisch-katholischen [[Erzbischof]]s ([[Erzbistum Belgrad]]) und verschiedener evangelischer Landeskirchen.<br />
<br />
=== Persönlichkeiten ===<br />
→ ''Hauptartikel: [[Liste Belgrader Persönlichkeiten]]''<br />
<br />
== Kultur ==<br />
Belgrad ist durch eine dynamische und vielfältige Kultur geprägt. Dabei vermittelt die Stadt durch ihre ehemalige Grenzlage zwischen Orient und Okzident, sowie der balancierten Position Jugoslawiens im [[Kalter Krieg|Kalten Krieg]] eine eigenwillige kulturelle Mischung. Eine gewisse Nostalgie an die große Zeit als ehemalige Residenzstadt des sogenannten "Roten Monarchen", Marschall Josip Broz Tito, als es auch "Hauptstadt" der Blockfreien Bewegung war, schwingt bei den Einwohnern in der von sozialistischer Stadtplanung geprägten modernen Architektur noch immer deutlich mit. Titos nachhaltiges Erbe wird daher auch touristisch allenthalben gewinnbringend vermarktet. Exemplarisch dafür wird eine Sightseeingrundfahrt vom Bahnhof-Donauhafen um die Landzunge des Kalemegdans herum, bis zum ehemaligen königlichen Bahnhof Topčider in [[Plavi voz|Titos Luxuszug]] mit seinen im Art Deco Stil gehaltenen Salons angeboten.<ref>Time, 25. Januar 2005 [http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,1020321,00.html Tito's Tank Engine]</ref><ref>BBC, 16. Dezember 2004 [http://news.bbc.co.uk/2/hi/4098823.stm Tourists offered ride on Tito's train]</ref><ref>The Telegraph, 21. Dezember 2004 [http://www.telegraph.co.uk/news/1479535/All-aboard-Titos-train-for-a-touch-of-red-star-luxury.html All aboard Tito's train for a touch of red star luxury]</ref><ref>[http://www.networkeurope.org/feature/tito-mania-train Tiro mania train]</ref><ref>[http://www.serbianrailways.com/active/en/home/glavna_navigacija/prezentacije/plavi_voz/node_1157034761.html How to rent the blue train]</ref><br />
<br />
=== Musik ===<br />
Die Stadt war eines der wichtigsten Zentren der jugoslawischen Rockmusik der 1980er: [[VIS Idoli]], [[Ekatarina Velika]] and [[Šarlo Akrobata]] stammten aus Belgrad. Andere bekannte Belgrader Rockmusikgruppen sind [[Riblja čorba]], [[Bajaga i Instruktori]].<ref>{{cite web|url=http://www.balkanmedia.com/magazin/hall/corba/biografija2.shtml|title=Riblja Čorba|publisher=Balkan Media.com|accessdate=2007-07-10|language=Serbian}}</ref> Die Stadt ist zudem Zentrum des [[Turbofolk]], dessen international bekannteste Epigonin [[Ceca|Ceca Ražnatović]] hier lebt. Heute ist die Stadt mit den Gruppen [[Beogradski Sindikat]], [[Škabo]] und [[Marčelo]] auch wichtigster Treffpunkt der heimischen Hip-Hop-Szene sowie der serbischen [[Blasmusik]], darunter dem [[Boban Marković|Boban Marković Orchester]].<ref>{{cite web|url=http://www.popboks.com/albumi/beogradskisindikat.shtml|title=Beogradski Sindikat: ''Svi Zajedno''|publisher=Popboks magazine|date=2005-02-09|author=Aleksandar Pavlić|accessdate=2007-05-23|language=Serbian}}</ref><ref>{{cite web|url=http://www.balkanmedia.com/m2/doc/3184-1.shtml|title=Liričar među reperima|publisher=Balkanmedia|author=S. S. Todorović|date=2004-01-30|accessdate=2007-05-23|language=Serbian}}</ref><br />
<br />
=== Theater und Oper ===<br />
[[Datei:Belgradonoche.jpg|miniatur|Das nach einem Brand 1997 wiederaufgebaute Jugoslawische Schauspieltheater ''(Jugoslovensko Dramsko pozorište)'']]<br />
Aus den zahlreichen Theatern ragen die renommierten Bühnen des Belgrader Nationaltheaters, des Theaters am Terazije, des Jugoslawischen Schauspieltheaters - ''Jugoslovensko dramsko pozorište'', des Belgrader Schauspieltheaters - ''Beogradsko dramsko pozorište'' und des [[Atelier 212|Ateliers 212]] heraus. Das ''Jugoslovensko dramsko pozorište'' zeigt herausragende Werke von Autoren aus dem ehemaligen [[Jugoslawien]], darunter die Theaterstücke von [[Dobrica Ćosić]], [[Jovan Hristić]], [[Velimir Lukić]] - [[Slobodan Šnajder]], [[Dušan Kovačević]], [[Dejan Dukovski]] und [[Biljana Srbljanović]].<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=2251 Ustanove kulture - Jugoslovensko dramsko pozorište]</ref> <br />
<br />
Das Belgrader Schauspieltheater ist mehr auf die klassischen und avantgardistischen internationalen Werke spezialisiert, darunter zeichnen sich die Aufführungen von [[Arthur Miller]], [[Tennessee Williams]] und [[Bertolt Brecht]] aus.<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=2243 Ustanove kulture - Beogradsko dramsko pozorište]</ref> <br />
<br />
Im Atelier 212 fand unter anderem die erste Aufführung in Osteuropa von [[Samuel Becket|Becketts]] ''Warten auf Godot'' statt. Daneben finden sich Stücke von fast allen bedeutenden modernen Autoren. Im Atelier 212 fand auch 1967 zum ersten Mal das Belgrader Theaterfestival BITEF statt.<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=2263 Ustanove kulture - Pozorište "Atelje 212"]</ref> <br />
<br />
Eines der jüngsten Theater Belgrads ist das erst 1984 gegründete [[Zvezdara-Theater]]. Durch die Aufführung zeitgenössischer Werke von Dušan Kovačević, Aleksandar Popović und Siniša Kovačević ist es schnell zu einer bedeutenden Institution geworden. <br />
Unter den hier auftretenden Schauspielern finden sich viele bekannte Film- und Fernsehschauspieler: Danilo-Bata Stojković, Bogdan Diklić, [[Lazar Ristovski]] (u.&nbsp;a. in [[Underground (Film)|Underground]]), Ljiljana Dragutinović, Danilo Lazović, Bora Todorović, Mihajlo-Miša Janketić, Dragan Jovanović, Milena Dravić u.&nbsp;a.<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=2255 Ustanove kulture - Zvezdara teatar]</ref><br />
<br />
Oper und Ballett werden im Nationaltheater sowie in Zemun im Madlenijanum-Opernhaus gezeigt. Ein neues eigenständiges Opernhaus ist geplant. Nach einer geeigneten Lage wird noch gesucht. Diskutiert wird dabei ein Standort am Zusammenfluss von Donau und Save, dem Ušće. Ballett wird in Belgrad seit 1923 gezeigt. Im Repertoire sind die Aufführung aller klassischen europäischen Choreografien, darunter insbesondere [[Marius Petipa|Petipas]], sowie die vor allem dem einheimischen Publikum bekannten Stücke zu [[Goran Bregović]]s [[Die Bartholomäusnacht|Kraljica Margo]] und [[Stevan Hristić]]s Ballett ''Ohridska legenda''.<ref>[http://www.narodnopozoriste.co.rs/cms/index.php?option=content&task=view&id=1524 НЕОКЛАСИЧНИ И МОДЕРНИ БАЛЕТИ]</ref> Der Ausbildung der Bühnentänzer des Nationaltheaters widmet sich die staatliche Ballettschule “Lujo Davico”. Unter den hier ausgebildeten Balletttänzern und ehemaligen Solisten des Belgrader Balletts ist insbesondere [[Ašhen Ataljanc]] international bekannt geworden. An eine denkwürdige Ballettaufführung des [[Royal Ballet]] im Belgrader Nationaltheater erinnert [[Order of the British Empire|Dame]] [[Margot Fonteyn]], die sie in den 1950ern mit ihrem damaligen Partner [[Robert Helpman]] durch einen überwältigenden Empfang des Belgrader Publikums als herausragendste Aufführung in ihrer annähernd fünfzigjährigen Weltkarriere beschreibt.<ref>Margot Fonteyn: Autobiography. ISBN 0-491-01864-9, Verlag: Allen, 1975</ref><br />
<br />
Die Belgrader Philharmonie existiert seit 85 Jahren (1923 gegründet), hat aber bis jetzt noch keinen eigenen philharmonischen Bau. Klassische Konzerte finden vor allem im Konzertsaal der ''Zadužbini Ilije M. Kolarca'' (kurz ''Kolarac'' [[Kapetan Mišino Zdanje]]) statt.<br />
<br />
Das einzige Musical- und Revuetheater Südosteuropas ist das seit 1948 bestehende Theater am Terazije - ''Pozorište na Terazijama''. Es zeigt Aufführungen bekannter Musicals von [[George Gershwin|Gershwin]], [[Cole Porter]], [[Bernstein]], [[Bob Fosse]], [[Richard Rodgers]], [[Oscar Hammerstein]] und anderen.<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=2259 Ustanove kulture - Pozorište na Terazijama]</ref><br />
<br />
=== Museen ===<br />
[[Datei:Miroslavs Gospel.jpg|miniatur|links|Das [[Miroslav-Evangelium]] in der Nationalbibliothek ist das älteste serbische schriftliche Zeugnis und seit 2005 [[UNESCO]]-[[Weltdokumentenerbe]]]]<br />
Das bedeutendste Museum ist das 1844 gegründete [[Serbisches Nationalmuseum|Serbische Nationalmuseum]]. Es beherbergt eine Kollektion von 400 000 Ausstellungsstücken (mehr als 5600 Gemälde sowie 8400 Zeichnungen und Drucke), darunter mehrere ausländische Meisterwerke sowie das Miroslav-Evangelium aus dem 12. Jahrhundert.<ref>{{cite web|url=http://www.narodnimuzej.org.yu/code/navigate.php?Id=75|title=From the history of the National Museum in Belgrade|publisher=National Museum of Serbia|author=Tatjana Cvjetićanin|accessdate=2007-07-27}}</ref> <br />
<br />
Das Armeemuseum zeigt die Militärgeschichte des Landes von der Antike bis zu den NATO-Luftangriffen 1999, darunter Teile der in [[Okrug Srem|Srem]] abgeschossenen [[Lockheed F-117]].<ref>{{cite web|url=http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=201283|title=Museums|publisher=Official website|accessdate=2007-07-10}}</ref><ref>{{cite web|url=http://www.lonelyplanet.com/worldguide/destinations/europe/serbia/belgrade?v=print|title=World Guide:Belgrade|publisher=[[Lonely Planet]]|accessdate=2007-07-27}}</ref> [[Datei:Luftfahrtmuseum Belgrad.jpg|miniatur|Luftfahrtmuseum Belgrad]] Das Luftfahrtmuseum am Flughafen zeigt mehr als 200 Flugzeuge mit Konzentration auf die inländische Luftfahrtgeschichte sowie den während des NATO-Luftkrieges eingesetzten Waffen und Flugzeugen. Viele Flugzeuge befinden sich auch im Außenbereich des Museums.<ref>{{cite web|url=http://www.muzejrv.org/istorija/istorija.html|title=Lična karta Muzeja ratnog vazduhoplovstva|publisher=Museum of Air force Belgrade|accessdate=1007-05-19|language=Serbian}}</ref> Das Ethnografische Museum birgt eine reiche Auswahl an Volkstrachten des ehemaligen Jugoslawiens mit über 150.000 Objekten.<ref>{{cite web|url=http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=201167|title=Museums 3|publisher=Official website|accessdate=2007-07-10}}</ref> Das Museum für moderne Kunst besitzt 8540 Werke, die auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien entstanden sind.<ref>{{cite web|url=http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=201055|title=Museums 2|publisher=Official website|accessdate=2007-07-10}}</ref> Das [[Nikola-Tesla-Museum (Belgrad)|Nikola-Tesla-Museum]] wurde 1952 gegründet und zeigt Memorabilien des Physikers sowie Nachbauten seiner Erfindungen. Das Museum verwaltet auch den reichen Nachlass des Wissenschaftlers.<ref>{{cite web|url=http://www.tesla-museum.org/meni_en/nt.php?link=muzej/m&opc=sub2|publisher=Nikola Tesla Museum|title=About the museum|accessdate=2007-07-10}}</ref> Eine dem Wirken der Sprachreformatoren [[Vuk Stefanović Karadžić]] und [[Dositej Obradović]] gewidmetes Museum ist das [[Vuk- und Dositej-Museum]].<ref>{{cite web|url=http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=201051|title=City of Belgrade - Museums 1|publisher=Official website|accessdate=2007-07-10}}</ref> Eines der ungewöhnlicheren Museen in Belgrad ist das [[Museum afrikanischer Kunst]], gegründet in den Tagen der Solidarität mit den [[Entwicklungsland|Entwicklungsländern]].<ref>{{cite web|url=http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=202308|title=Cultural institutions:Museum of African Art|publisher=Official website|accessdate=2007-07-10}}</ref><br />
<br />
[[Datei:Druze Tito mi ti se kunemo.JPG|miniatur|hochkant|Gedenksäule Titos vor dem Gebäude-Komplex der ''Museen der Geschichte Jugoslawiens'']] <br />
Das meistbesuchte der Belgrader Museen ist zweifellos das dem früheren Präsidenten Jugoslawiens, Marschall [[Josip Broz Tito]] gewidmete [[Musem der Geschichte Jugoslawiens|Museum des 25 Mais]]. Es liegt in der ehemaligen verbotenen Stadt im Stadtteil [[Savski Venac]] auf dem [[Dedinje]]. Der Museumskomplex besteht seit 1980 mit dem Mausoleum Titos, das sogenannte Haus ''Kuča cveča'', das der Erinnerung des Präsidenten und kommunistischen Machthabers sowie Kriegshelden gewidmet ist. Da ein nicht unerheblicher Teil der verbotenen Stadt aber bis 2002 in Teilen noch von [[Slobodan Milošević]] bewohnt war und von einer hohen Betonmauer, dem ''Beogradski zid'', von dem Memorialkomplex der ''Kuča cveča'' getrennt war, konnte man erst Ende 2008 den ganzen Komplex an das Memorialmuseum 25. Mai anschließen.<ref>[[Blic (Zeitung)|Blic Online]]: [http://www.blic.rs/reportaza.php?id=67402 Šta krije vila „Mir“?]</ref> Damit gehören auch die ehemalige Residenz Titos und Miloševićs, die Villa in der ''Užička ulica'' 11, die während der Nato-Bombardierung Ziel eines Angriffes war und heute als einziges Objekt in einem schlechten Zustand ist, das Jagdhaus sowie die legendäre ovale Geheimresidenz Miloševićs, die ''Villa Mir'',<ref>[[Blic (Zeitung)|Blic Online]]: [http://www.blic.rs/beograd.php?id=49873 Muzej u „zabranjenom gradu“]</ref> in der die Verhandlungen mit Milošević zu seiner Übergabe an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag geführt wurden,<ref>[[Die Zeit|Die Zeit Online]]: [http://www.zeit.de/2001/15/Grosser_Mann_ganz_klein?page=6 Großer Mann ganz klein?]</ref> zum Museum.<ref>[[Blic (Zeitung)|Blic Online]]: [http://www.blic.rs/beograd.php?id=66379 Prvi posetioci u „zabranjenom gradu“ početkom sledeće godine]</ref><br />
<br />
Mit 95.000 Kopien von einheimischen und internationalen Filmen ist das Jugoslawische Filmarchiv das größte der Region und befindet sich unter den 10 größten weltweit.<ref>{{cite web|url=http://www.ear.europa.eu/serbia/main/documents/2006Media.pdf|title=Action programme 2006 for Serbia: Support to the Yugoslav Film Archive|publisher=European Agency for Reconstruction|date=2006-01-01|accessdate=2007-07-10}}</ref><br />
<br />
=== Literatur ===<br />
[[Datei:Obelisk Despota Stefana Lazarevica.png|miniatur|links|hochkant|Gedenksäule des Despoten Stefan Lazarevićs, Marmor-Obelisk in Crkvina, 1427]]<br />
Belgrad ist das wichtigste serbische Literaturzentrum. Die ersten namhaften Schriftsteller Belgrads sind der Despot [[Stefan Lazarević]] und [[Konstantin Kostenecki]] aus der ersten Hälfte des 15. Jh. Aus der Zeit ist in der Kirche in Crkvine bei [[Mladenovac]] der 2&nbsp;m hohe Obelisk Stefan Lazarevics erhalten, der eine Inschrift zum Tode des Despoten enthält.<ref>[[Blic (Zeitung)|Blic Online]]: [http://www.blic.rs/beograd.php?id=47616 Nezaobilazna „čuda“ beogradska]</ref> Die mittelalterliche literarische Tradition wird aber erst zu Anfang des 19. Jh. wiederbelebt. Herausragend sind hier zuallererst der Aufklärer [[Dositej Obradović]] und Sprachreformer, Linguist und Sammler [[Serbische epische Dichtung|Serbischer Volksepen]] [[Vuk Stefanović Karadžić]]. Mit der Romantik nimmt die Serbische Literatur die europäischen Strömungen auf, und Belgrad wird neben Wien zum Zentrum des literarischen Schaffens der Serben. Unter den bedeutenden Belgrader Autoren sind beispielsweise der Romantiker [[Đura Jakšić]], der dem Realismus zugehörige Autor [[Simo Matavulj]] und, als erster herausragender Dramatiker, [[Branislav Nušić]].<br />
<br />
Von den zeitgenössischen Belgrader Schriftstellern gelten zwei als Klassiker der Serbischen Literatur: [[Ivo Andrić]] und [[Miloš Crnjanski]]. Der Nobelpreisträger Andrić schrieb während seines Hausarrestes zur Zeit der Deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg hier seine drei großen historischen Romane, darunter den international bekanntesten serbischen Roman, [[Die Brücke über die Drina]], für den Andrić 1962 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.<ref>{{cite web|url=http://www.ivoandric.org.yu/html/biography.html |title=The biography of Ivo Andrić|publisher=The Ivo Andrić Foundation|accessdate=2007-05-18}}</ref> Andrićs einziger zeitgenössischer Roman, der in Belgrad spielt, ist ''Das Fräulein'' (serb. ''Gospođica''). <br />
Crnjanski bleibt aber für die neuere serbische Literatur der bedeutendere Wegbereiter, dem [[Branko Ćopić]], [[Borislav Pekić]] und [[Meša Selimović]] folgen.<ref>{{cite web|url=http://www.rastko.org.rs/knjizevnost/nauka_knjiz/pekic-biograf.html|title=Borislav Pekić - Biografija|publisher=Project Rastko|language=Serbian|accessdate=2007-05-19}}</ref><ref>{{cite web|url=http://www.electronicbookreview.com/thread/internetnation/sumatrism|title=Miloš Crnjanski and his descendents|publisher=Electronic Book Review|author=Joseph Tabbi|date=2005-26-07|accessdate=2007-07-10}}</ref><ref>{{cite web|url=http://www.xs4all.nl/~eteia/kitabhana/Selimovic_Mehmed_Mesa/Biografija.html|title=Meša Selimović - Biografija|publisher=Kitabhana.net|accessdate=2007-07-10|language=Bosnian}}</ref> Mit den modernen Autoren und auch experimentellen Stilen von [[Danilo Kiš]], [[Milorad Pavić (Autor)|Milorad Pavić]] und [[Bora Ćosić]] finden serbische Autoren erstmals international große Beachtung und sind Leitbilder des modernen serbischen Romans. Zu den einflussreichsten Belgrader Autorinnen der Gegenwart zählt unter anderem [[Svetlana Velmar-Janković]], die in ihren Werken die politischen Verhältnisse im historischen und im gegenwärtigen Belgrad thematisiert.<br />
<br />
Das Theater erlebt mit den Werken von [[Dušan Kovačević]] und [[Biljana Srbljanović]] eine Autorengeneration, die das Zeitgeschehen und die Gesellschaft kritisch hinterfragt und neuen Tendenzen des Dramas den Weg weist. <br />
Zu den bedeutendsten Emigranten Belgrader Autoren gehört heute zweifellos der Amerikanische Lyriker und Übersetzer südslawischer Literatur [[Charles Simic]], dessen Autobiographie ''A Fly in the Soup: Memoirs'' die Belgrader Jugendtage und die Zeit der Luftangriffe auch mit der typischen Komik serbischer Autoren kommentiert.<br />
<br />
Die Nationalbibliothek, deren ursprünglicher Bau auf dem Košanićev Venac 1941 ausgebombt und 1972 durch die neue [[Serbische Nationalbibliothek]] auf dem Vračar ersetzt wurde, ist die größte Bibliothek der Stadt und wird momentan zeitgemäß erneuert.<br />
<br />
=== Architektur ===<br />
[[Datei:Sv Sava.png|miniatur|links|Kathedrale des hl. Sava auf dem Vračar]]<br />
[[Datei:Turbe Belgrade envi 2.png|miniatur|links|Scheich Mustafa Türbe]]<br />
[[Datei:KonakLjubice2.jpg|miniatur|Konak der Fürstin Ljubica]]<br />
Belgrad bietet eine große Anzahl von Sehenswürdigkeiten aus verschiedenen Epochen und historischen Bauwerken unterschiedlicher Kulturen. Der moderne Ausbau Belgrads und die Rolle als Hauptstadt verlangte repräsentative Bauwerke, die in den Residenzen der serbischen Herrscher, Verwaltungs- und Regierungsgebäude demokratischer Regierungen sowie der Architektur autorativer sozialistischer Machthaber auch jeweils einen anderen Topos verlangte. Die Stadt verdankt ihr heutiges Aussehen überwiegend den stadtplanerischen Erweiterungen nach dem Ersten und insbesondere dem Zweiten Weltkrieg. Nur in der Altstadt, im Stadtteil [[Stari Grad (Belgrad)|Stari Grad]], sowie in der [[Festung von Belgrad]] haben sich auch ältere historische Bauwerke aus dem [[Mittelalter]] und der türkischen Epoche erhalten. <br />
<br />
Dass Belgrad noch Anfang des 20.&nbsp;Jahrhunderts ein kleiner, mehr orientalisch als europäisch anmutender Markt mit wenig repräsentativer Architektur sowie unharmonisch strukturiertem Stadtbild war, bezeugt unter anderem auch der Reisebericht des jungen [[Le Corbusier]]s, der die Stadt 1910 wenig rühmlich beschrieb: ''Ganze zwei Tage haben wir uns von der Illusion von ihr (Belgrad) befreit, und das so endgültig und gründlich, da die Stadt tausendmal weniger definiert ist als Budapest. Wir hatten uns das Tor nach Osten vielfach ausgemalt, eine von bunter Lebhaftigkeit vibrierende Stadt und sie uns mit geschmückter und mit Federschmuck und lackierten Stiefeln ausstaffierter Kavallerie vorgestellt. Dies ist eine lächerliche Hauptstadt; sogar noch schlimmer, eine anrüchige Stadt, schmutzig und desorganisiert. Ihre Lage aber ist umwerfend.''<ref>Le Corbusier, Voyage d'Orient 1910-1912, ISBN 978-1-904313-06-9</ref> <br />
<br />
Erst nach dem Ersten Weltkrieg nimmt Belgrad modernere Konturen an, die durch ein urbanes Bildungsbürgertum auch im Inneren modernisiert wirken. Die ehemals wenig repräsentativen Gebäude der Verwaltung und Regierung werden jetzt von international erfahrenen Architekten zeitgemäß gestaltet. Auch die Residenzen der serbischen Könige kontrastieren zu den orientalisch anmutenden [[Konak]]en ([[Konak der Fürstin Ljubica]] und der [[Konak des Fürsten Miloš]]) des 19.&nbsp;Jahrhunderts. Die Konake weichen den europäischen Königshäusern würdigen klassizistischen Residenzen (Altes und Neues Schloss, [[Königliches Schloss auf dem Dedinje|Königliche Schloss]] und [[Beli dvor]]), die niedrigen Gaststätten ([[CAFÉ "?"]] (1823)) modernen und luxuriöseren Restaurants (Restaurant ''London'', Restaurant ''Ruski Car'' (1890)), die ebenerdigen Stadthäuser (''Kosaničev Venac'') mehrgeschossigen Wohnhäusern (''Knez Mihajlova ulica''). <br />
<br />
Belgrad wandelt sich in der Zwischenkriegszeit zu einer echten [[Großstadt]], mit einem Nebeneinander architektonischer Strömungen der Moderne, wie des [[Bauhaus]]stiles ([[Palata Albanija]]), des [[Neoklassizismus (Kunst)|Neoklassizismus]] ([[Haus der Nationalversammlung|Skupština]]), sowie des pseudobyzantinischen Stils ([[Kirche des Hl. Marko]]). Nach dem Zweiten Weltkrieg bestimmt wiederum eine historische Diskontinuität die stadtplanerische Entwicklung. Mit Ende der Monarchie und der Übernahme der Macht durch die Kommunisten orientieren sich auch die Architekten an der [[Sozialistischer Klassizismus|Sozialistischen Architektursprache]]. Besondere Förderung erlangen aber die kulturellen Institutionen des Landes und sowohl die zahlreichen Theater wie Museen werden während dieser Epoche besonders gefördert.<br />
Auch entstehen erstmals größere Sportstätten, und die Industrialisierung der Vororte durch sozialistische Großbetriebe und neuerrichtete bevölkerungsreiche Stadtteile ([[Novi Beograd]]) verändern das Stadtbild. Ein Hemmnis des schnellen Bevölkerungswachstums für die Stadtentwicklung nach 1945 stellt der nicht adäquate Ausbau der Verkehrsinfrastruktur dar, da bis heute kein modernes kapazitätsstarkes Personennahverkehrssystem eingerichtet worden ist.<br />
<br />
==== Festung von Belgrad ====<br />
[[Datei:Tvdjava iz vazduha.jpg|miniatur|links|Die Festung von Belgrad]]<br />
[[Datei:Zindan Gate, Kalemegdan .jpg|miniatur|Das Doppeltürmige Zindan Tor]]<br />
[[Datei:Ferman 1867 Kalemegdan.jpg|miniatur|Monument des Fermans]]<br />
Das bedeutendste Bauwerk und bekannteste Wahrzeichen Belgrads ist die [[Festung von Belgrad|Belgrader Festung]]. <br />
Die strategische Lage begünstigte hier seit der Antike eine [[Stadtbaugeschichte|städtische Befestigung]]. So befestigten die Römer das Plateau nach der ersten Kelto-Thrakischen Siedlung im 1. Jh. n. Chr. durch ein [[Römische Militärlager|Castrum]], die Byzantiner im 6. Jahrhundert durch ein [[Kastron|Kastell]], sowie der serbische Despot [[Stefan Lazarević]] durch eine weitläufige mittelalterliche [[Burg]] mit Doppelmauer, Wassergräben und einem Schloss. <br />
<br />
Im Zuge der Türkenkriege wurde die Burg nach Eroberung von Prinz [[Eugen von Savoyen|Eugen]] zu einer Festung mit Artillerie-Bastionen ausgebaut. Nach mehrmaligen Zerstörungen und Rekonstruktionen der Festung besteht sie im Kern aus einer Anlage des 15. Jahrhunderts mit Erweiterungen des 17. und 18. Jahrhunderts.<br />
<br />
Die Festung teilt sich in die Ober- und Unterstadt. Die Oberstadt thront auf einem Kalksporn in 125&nbsp;m Höhe, 50&nbsp;m darunter erstreckte sich die Unterstadt auf der [[Alluvialboden|Alluvialebene]] im Save-[[Flussdelta|Delta]]. Im Mündungsdelta der Save in die Donau liegt die [[Große Kriegsinsel|Großen Kriegsinsel]].<ref name="zis"/> <br />
<br />
Die seit der Wiedererrichtung des byzantinischen Kastrons und einer deltoiden Burg im 12. Jh. unter dem byzantinischen Kaiser [[Manuel I. (Byzanz)|Manuel I.]] ständig weiter ausgebaute Festung erstreckt sich heute mit den Grünanlagen über 50&nbsp;ha. Innerhalb des Komplexes liegen zwei Kirchen, mehrere Tore und Kettenbrücken, zwei Brunnen mehrere Bronzedenkmäler, die Ausstellungspavillons des Naturkundlichen Museums, das Militärmuseum mit einem Arsenal an Panzern, Gewehren und Raketen, die Kunstgalerie ''Pavilion Cveta Zuzorić'' und der Zoologische Garten. <br />
<br />
Jedes Jahr werden am Tag der Republik am 15.&nbsp;Februar die Feierlichkeiten durch Artilleriesalutschüsse der Garde von der Festung aus eingeleitet. Das ''Monument des Fermans'' vor dem Stambol Tor im Kalemgdan erinnert an den 19. April 1867 als ein Ferman des Sultans Abdul Aziz den Abzug des letzten türkischen Festungskommandanten Ali-Pascha Rizas und der türkischen Besatzung einleitete und Fürst Mihajlo symbolisch die Stadtschlüssel überreicht wurden. Damit endeten fast 350 Jahre Türkischer Herrschaft in Belgrad. <br />
<br />
Auf dem Vorfeld der Festung erstrecken sich auf dem Gelände des ehemaligen [[Glacis]] der große und kleine [[Kalemegdan]] Park. Im Kalemegdan sind zahlreiche Bronzene Büsten bedeutender serbischer Gelehrter, Schriftsteller und Künstler aufgestellt.<br />
Seit 1948 befindet sich auf einer Terrasse das kommunistische ''Grabmal der Nationalhelden''. Hier sind die Partisanen und Kommunisten Đuro Đaković (1886–1929), Ivan Milutinov (1901–1944), Ivo Lola Ribar (1916–1943), und [[Moše Pijade]] (1890–1957) beerdigt.<br />
<br />
==== Traditionelle balkanische Architektur ====<br />
[[Datei:Cafe kod znaka pitanja.png|miniatur|links|Altbelgrader Café, CAFE ?]]<br />
Vom Herz der Stadt dem Stari Grad wird die Bausubstanz zu den Außenbezirken hin sukzessive moderner. Reste der typischen balkanischen und [[Osmanische Architektur|osmanischen Architektur]] sind insbesondere im Stadtteil Stari Grad erhalten. Hier liegen neben den Resten der [[Singidunum|antiken Siedlung]] Zeugnisse aus dem Mittelalter und der historische Kern des fürstlichen Belgrads des 19.&nbsp;Jahrhunderts.<br />
<br />
Mit der Befreiung Belgrads verschwinden die meisten osmanischen Bauwerke mit Ausnahme der [[Bajrakli-Moschee (Belgrad)|Bajrakli-Moschee]], der [[Türbe]] von Damad Ali-Paşa sowie den Balkanischen Konaken und alten Stadthäusern mit der (Residenz) der Fürstin [[Miloš Obrenović|Ljubica]], ([[Konak der Fürstin Ljubica|Konaks der Fürstin Ljubica]]) (1829–1831), dem [[CAFÉ "?"]] (1823) und dem Manak Haus (um 1830) sowie das [[Vuk- und Dositej Museum]] ''(Vukov i Dositejev muzej)''. Es ist im Gebäude der einstigen Großen Schule untergebracht, die 1808 der serbische Aufklärer und erste serbische Bildungsminister [[Dositej Obradović]] als [[Gymnasium|Lyzeum]] eröffnete. Außerhalb der Stadt liegt ein weiterer schöner Konak, der Konak des Fürsten Milos im Park [[Topčider]]. Nach den Konaken für seine Ehefrau und Kinder in der Stadt ließ Fürst [[Miloš Obrenović]] diesen von 1831 bis 1834 bauen.<br />
<br />
==== Europäischer Klassizismus ====<br />
[[Datei:Serbia Beograd SANU - Feb 2006.jpg|miniatur|links|Historistisches Gebäude der [[Serbische Akademie der Wissenschaften und Künste|Serbischen Akademie]], 1923–1924]]<br />
[[Datei:Predsednistvo.jpg|miniatur|Das neue Schloss, Heute Sitz des Serbischen Präsidenten, Stojan Titelbah 1911-1922]]<br />
[[Datei:Serbian Government building.jpg|miniatur|links|Regierungsgebäude Serbiens, Nikola Petrovič Krasnov, 1926-1928]] <br />
[[Datei:DomSindikata.jpg|miniatur|Versammlungsort der KP Jugoslawiens, ''Dom Sindikata'']]<br />
[[Datei:Genex Tower.jpg|miniatur|Betonriese des [[Genex-Turm]]s]]<br />
Die städtebauliche Erneuerung Belgrads ist eng mit dem Namen [[Emilijan Josimović]] verbunden, dessen 1867 ausgearbeiteter Regulierungsplan angenommen wurde. Er ließ die Stadtmauer schleifen, unter anderem zerstörte man das verhasste Stadttor der [[Stambol kapija]], ließ Straßen begradigen und in der Folgezeit Gebäude im gängigen Stil der [[Neoklassizismus (Kunst)|Neoklassik]] errichten.<br />
<br />
Der Einfluss in der Architektur im 19. Jahrhundert mit Einflüssen aus dem [[Neoklassizismus (Kunst)|Neoklassizismus]], der Romantik und der akademischen Kunst zeigt sich bei den Serbischen Architekten, die Arbeiten der Westlichen Architektur aufgriffen.<br />
Das Nationaltheater wurde 1868–1869 auf dem [[Trg Republike]] an Stelle des Stambol Kapija nach Plänen des Architekten Aleksandar Bugarski, eines der erfolgreichsten Bauherren Belgrads im 19. Jh, erbaut. Der Bau entspricht dem allgemeinen Typ der Theaterhäuser jener Zeit, besonders dem Gebäude der Mailänder Skala, deren Renaissance-Konzeption und dekorative Bearbeitung übernommen wurde. <br />
<br />
Am Platz der Republik steht auch das Serbische Nationalmuseum aus dem Jahre 1902, nach Plänen von Andre Stevanović und Nikola Nestorović gebaut. Vor dem Museum befindet sich das [[Reiterstandbild]] des Fürsten [[Mihailo Obrenović]] von [[Enrico Pazzi]] von 1882.<br />
<br />
Von den vielen klassizistischen Gebäuden der Prachtstraße Belgrads, der [[Knez Mihailova ulica]] (Fürst-Michael Straße) ragt besonders die 1923–1924 nach den Plänen von 1912 von Dragutin Đorđević und Andre Stevanović im akademischen Stil mit Elementen der Sezession errichtete [[Serbische Akademie der Wissenschaften und Künste]] heraus. Eines der wenigen Bauwerke der [[Sezession]] in Belgrad ist das Hotel ''Moskva''. Es stammt von 1908 und liegt prominent auf dem [[Terazije]].<br />
<br />
Vom Terazije wurde der [[Ulica Kralja Milana]] Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts als Verlängerung der Knez Mihailova als Prachtstraße weiter ausgebaut. Hier entstanden das [[Alte Schloss (Belgrad)|Alte Schloss]], die offizielle Residenz der Obrenović-Dynastie, in dem heute die Stadtverordnetenversammlung von Belgrad untergebracht ist, zwischen 1882 und 1884 wieder von Aleksandar Bugarski im [[Akademische Kunst|Akademismus]] des 19. Jh. erbaut. Es übertraf alle bisherigen Residenzen der serbischen Herrscher in der Stadt. <br />
Gegenüber dem Alten Schloss wird dieses vom [[Neues Schloss (Belgrad)|Neuen Schloss]], zwischen 1911 - 1922 erbaut, flankiert. Heute residiert hier der Präsident von Serbien. Ursprünglich von König [[Peter I. (Jugoslawien)|Peter I. Karađorđević]] geplant, war es von 1922 - 1933 die offizielle Residenz von König [[Alexander I. (Jugoslawien)|Alexander I. Karađorđević]], der 1933 nach der Verlegung seiner ständigen Residenz auf den Dedinje, das Gebäude als Museum König Peters I. der Stadt übergibt.<br />
<br />
Außerhalb der Stadt dem Dedinje befindet sich das [[Königliches Schloss auf dem Dedinje|königliche Schloss]] zusammen mit dem ''[[Beli dvor]]'' mit der Kapelle des Hl. Apostel Andreas. Von 1903 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges residierte hier die Karađorđević-Dynastie. Das Königliche Schloss ist im Neobyzantinischem Stil errichtet und ahmt in seinen Innenräumen die Prachträume im Moskauer Kreml nach.<br />
<br />
==== Sozialistischer Klassizismus und Moderne ====<br />
[[Datei:Ada Bridge 2012.jpg|miniatur|Die [[Savebrücke über die Ada Ciganlija|Ada-Brücke]] wird 2013 eröffnet und ist eines der neuen Wahrzeichen Belgrads]]<br />
Belgrad wurde insbesondere nach dem für Serbien siegreichen [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] als Hauptstadt des zur Regionalmacht gewachsenen [[Königreich Jugoslawien|Königreichs Jugoslawien]] auch durch die neuentstandene großzügige Regierungs- und Repräsentationsarchitektur im eigenen Selbstverständnis baulich als Metropole der westlichen [[Balkanhalbinsel]] angepasst.<br />
<br />
Südlich von Belgrad erinnert auf dem Gipfel des 511 Meter hohen [[Avala]]s ein Hauptwerk des Hauskünstlers der Karadordevic Dynastie, dem kroatischen Bildhauer [[Ivan Mestrovic]], das [[Denkmal des Unbekannten Soldaten auf dem Avala|Denkmal des Unbekannten Soldaten]] an die Gefallenen des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] wie auch das auf der Terrasse der Belgrader Festung stehende bronzene Siegesmonument des [[Pobednik]]. <br />
Für den Bau des Denkmals auf dem Avala wurden insgesamt 8000&nbsp;m³ Granit aus [[Jablanica (Bosnien und Herzegowina)|Jablanica]] beschafft. Die Monumentalfiguren der acht die Frauen der jugoslawischen Völker verkörpernden [[Karyatide]]n wurden aus Blöcken von bis zu 15 Tonnen Gewicht gearbeitet. <br />
<br />
Insbesondere beauftragte der Monarch [[Alexander I. (Jugoslawien)|Aleksandar Karađorđević]] aber die fast überwiegend aus [[Moskau]] und [[St. Petersburg]] während der [[Oktoberrevolution|Russischen Oktoberrevolution]] emigrierten russischen Architekten mit der Errichtung der repräsentativen Monumentalbauten der Epoche, doch auch die Fassade des 1908 erbauten Hotels ''Moskva'' geht schon auf Entwürfe St. Petersburger Architekten zurück. <br />
Der bedeutendste russische Architekt der Zwischenkriegsperiode ist [[Nikola Petrovič Krasnov]]. Von Krasnov stammen das während von der NATO Bombardierung 1999 schwer beschädigte heutige Regierungsgebäude Serbiens (''Zgrada Vlade Srbije'' 1926-1928, vormals Finanzministerium), das Außenministerium (1926–1929) und insbesondere auch die Innenarchitektur der Skupština und die im Schema des [[Moskauer Kreml]]s nachempfundenen Räume des [[Königliches Schloss auf dem Dedinje|Königlichen Schlosses]] auf dem Dedinje.<ref>[[Politika (Zeitung)|Politika Online]]: [http://www.politika.rs/rubrike/Magazin/Beograd-iz-ruskog-ugla.lt.html Beograd iz ruskog ugla]</ref> Weitere russische Emigranten wie Vasilij Fjodorovič Baumgarten errichteten das alte Generalstabsgebäude (1924–1928), Viktor Lukomski das Gebäude des Serbischen Patriarchats (1936) und von Valerij Staševski die Russisch-Orthodoxe Kirche im Tašmajdan. An der endgültigen Gestaltung der [[Alexander-Newski-Kirche (Belgrad)|Alexander-Newski-Kirche]] wirkte der Russische Architekt Vasilij Androsov.<ref>Blic, 28. September 2009 [http://www.blic.rs/beograd.php?id=112819 Trajan doprinos Beogradu dali su ruski arhitekti i graditelji - Dočekao da vidi i Puškina u Beogradu]</ref> <br />
<br />
An den mittelalterlichen [[Serbisch-byzantinischer Stil|serbisch-byzantinischen Stil]] knüpft der Entwurf der Ende der 1930er im Stadtteil [[Vračar]] begonnenen [[Kathedrale Hl. Sava]] als größter christlich-orthodoxer Kathedrale Südosteuropas. Mit einer Grundfläche von 3500&nbsp;m² zu 7570&nbsp;m² entspricht sie ungefähr den Dimensionen der [[Hagia Sophia]] in [[Istanbul]].<br />
Zeitgleich wurde die zweitgrößte Kirche, die [[Kirche des Hl. Markus (Belgrad)|Markuskirche]], errichtet (1941 vollendet), die unweit der Nationalversammlung Serbiens, der Skupstina steht. Sie ahmt den [[Serbisch-byzantinischer Stil|Stil]] des [[Kloster Gračanica|Klosters Gračanica]] nach, welches das herausragende sakrale Bauwerk der [[Palaiologische Renaissance|Palaiologischen Renaissance]] und eines der bekanntesten Bauwerke der [[Byzantinische Architektur|byzantinischen Kunst]] überhaupt ist.<br />
<br />
An die Monarchie anknüpfend übernahmen die nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] an die Macht gekommenen Kommunisten Titos die klassizistischen monarchistischen Bauwerke und -tradition, griffen aber zugleich auf zeitgenössische Modelle das Sozialistischen Klassizismus und nach dem Bruch mit Stalin 1948 insbesondere auch auf den Internationalen Stil, der hier durch die Schule von [[Le Corbusier]] geprägt wurde, zurück. Dem kommunistischen Baugedanken entsprachen aber die Monumental-Gedenkstätten, sowie die mit zahlreichen heroischen Darstellungen von Partisanenschlachten geschmückten Inneneinrichtungen der Regierungsgebäude. Zu den wenigen zum Sozialistischen Klassizismus zählenden Bauwerken in Belgrad gehören die säulen- und turmgeschmückte Glavna Posta, das Gebäude der Eisenbahndirektion und das Haus ''Dom Sindikata'' am Platz Trg Nikole Pašića (ehemaliger Marx und Engels Platz). <br />
<br />
Dem von Le Corbusier geprägten Begriff [[Brutalismus|Brutalist Architecture]] entsprechen neben zahlreichen Wohnblöcken in Novi Belgrad insbesondere der [[Genex-Turm]], der auch als das Westliche Tor Belgrads bezeichnet wird. Durch die immer auch nach [[Westeuropa|Westen]] offene Gesellschaft und der oftmals stärker den westlichen Stilen folgenden Architekten des ehemaligen Jugoslawiens kamen sogar die einzigen im [[Internationaler Stil|Internationalen Stil]] errichteten Wolkenkratzer mit Glasfassade in Osteuropa in Belgrad zur Ausführung (Palata Ušče, 1961; Beograđanka, 1979). <br />
<br />
Zudem verlangte die rasche Erweiterung Belgrads nach dem Zweiten Weltkrieg auf der linken Save-Seite die Konzeption der völlig neuen Großstadtgemeinde Novi Beograds. Neben dem von dem Autorenteam Anton Urlih, Vladimir Potočnjak, Zlatko Najman und Dragica Perak 1947 projektierten und 1959 von [[Mihajlo Janković]] vollendeten heute ''[[Palata Srbije]]'' genannten Gebäude schufen hier neben Mihajlo Janković (''Palata Ušće'', 1961, 1999 während der NATO-Bombardierung schwer beschädigt) die Architekten [[Mihajlo Mitrović]] ([[Genex Turm]], 1970-1980), [[Stojan Maksimović]] ([[Sava Centar|Sava Kongresszentrum]], 1977, [[Hotel Interkontinental (Belgrad)|Hotel Interkontinental]], 1979) und [[Branislav Jovin]] ([[Mostarska petlja]]) die bedeutendsten modernen Bauwerke Belgrads. Zu den überregional künstlerisch herausragenden Architekturen der Modernen Zeit in Belgrad gehören der ''Palata Srbije'' und das Museum für Moderne Kunst.<br />
<br />
Seit den 1980er Jahren überwiegt auch in Belgrad die oftmals einfallslose Architektur mit Glasfassaden wie im übrigen Europa.<br />
<br />
=== Alltagskultur ===<br />
[[Datei:Skadarlija Belgrade.jpg|miniatur|Restaurant in der Skadarlija]]<br />
==== Ess- und Trinkkultur ====<br />
Die traditionelle Belgrader Küche ist geprägt von den Einflüssen der türkischen-, österreichisch-ungarischen- und allgemein der Balkan-Küche. Bedingt durch die Lage der Stadt nahe der Grenze zu Ungarn, sowie osmanischer und balkanischer Einflüssen finden sich Speisen verschiedener Länder. So stammen Fleischgerichte oft türkischer- und ungarischer Vermittlung und Mehlspeisen kamen über österreichische Vermittlung aus der Böhmischen Küche (z.B. [[Palatschinken]] serb. ''palačinke''). Zum Essen wird insbesondere in den Restaurants des Bohemeviertels Skardarlija auch noch die ''Starogradska muzika'' gespielt.<br />
<br />
Belgrad bietet eine Anzahl großer traditioneller Bauernmärkte, deren bekanntester der ''Zeleni venac'' stellt. <br />
<br />
Zum Stadtbild Belgrads gehören in belebten Gegenden Grillbuden, an denen verschiedene Grillfleischsorten und gegrilltes Gemüse zu finden ist. <br />
<br />
==== Belgrader Kafana ====<br />
[[Datei:Ruski car.jpg|miniatur|Cafe-Haus ''Ruski car'' in der Knez Mhajlova]]<br />
Eine weitere Besonderheit der Belgrader Kultur stellt die ''Kafana'', das Belgrader Kaffeehaus dar, in dem neben dem sogenannten ''Turska kafa'' (entspricht einem [[Mokka]]) einer Vielzahl anderer [[Kaffee]]spezialitäten, Grillgerichten wie den [[Ćevapčići]], die oft mit [[Ajvar]] und einem Fladenbrot serviert werden und zu denen oft Obstbrände - [[Rakia]] - insbesondere [[Sliwowitz|Slivovic]] oder auch verschiedene Süßspeisen gereicht werden. In den zahlreichen auf Süßspeisen spezialisierten ''Poslastičarnica'' findet sich auch die bekannte Belgrader Mandeltorte (''Beogradska torta od badema''), wie beispielsweise im prachtvoll dekorierten Kaffeehaus ''Ruski Car'', das aus dem Jahre 1890 stammt.<br />
<br />
==== Rakiakultur ====<br />
Belgrad liegt inmitten eines bedeutenden Obstanbaugebietes, der Šumadija. Da Serbien zudem weltweit zweitgrößter Pflaumen-Produzent ist, aus denen die traditionelle Šlivovica gebrannt wird, verwundert es auch nicht, dass dieses typische Nationalgetränk bei vielerlei Anlässen angeboten wird.<br />
<br />
=== Veranstaltungen ===<br />
Belgrad ist Veranstaltungsort vieler jährlicher kultureller Großveranstaltungen. Dazu gehören das Belgrader Filmfest [[FEST (Belgrad)|FEST]] und das Belgrader Theater- und Tanzfest [[BITEF]] (Belgrade International Theatre Festival, Belgrader Theaterfestspiele), eines der ältesten Theaterfestivals das seit den 1970er-Jahren zu den wichtigsten Theaterfestivals in Europa zählt.<br />
Weiterhin das Belgrader Sommerfest [[BELEF]], das Belgrader Musikfest [[BEMUS]], der Oktobersalon und die [[Internationale Belgrader Buchmesse]]<ref>{{cite web|url=http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=201299|title=Culture and Art (Cultural Events)|publisher=Official website|accessdate=2007-07-10}}</ref>.<br />
<br />
In der Stadt gibt es zahlreiche ausländische Kulturorganisationen die viele unterschiedliche Veranstaltungen vom Theater über Kino und Konzerten durchführen. Darunter das [[Instituto Cervantes]], das [[Goethe-Institut]] und das [[Centre Culturel Français]], die alle in der Ulica Knez Mihailova liegen. Andere Kultureinrichtungen sind der [[American Corner, Belgrade|American Corner]], das ''Österreichische Kulturforum'', der [[British Council]] und der [[Russian Center for Science and Culture]] (Российский центр науки и культуры), [[Confucius Institute]], der [[Canadian Cultural Center]], das ''Istituto Italiano di Cultura'' und der [[Culture Center of the Islamic Republic of Iran]].<br />
<br />
Die mit zahlreichen Veranstaltungen begleiteten ''Tage Belgrads'' finden jedes Jahr vom 16. und 19. April statt und gehen auf die zwei Daten der ersten urkundlichen Nennung am 16. April 878 im Brief des [[Johannes VIII. (Papst)|Papstes Johannes VIII.]] an den bulgarischen Fürsten Boris und den 19. April 1867 als der letzte osmanische Kommandant [[Ali Risa Pascha]] der Festung von Belgrad, Fürst [[Mihailo Obrenović]] die Schlüssel der Stadt übergab, zurück.<br />
<br />
Seit 1996 findet zweimal jährlich die Modemesse ''Belgrade Fashion Week'' (''Beogradska nedelja mode'') statt. Mit einer zunehmenden internationalen Beteiligung soll die Stellung Belgrads als Modezentrum in Südosteuropa gefestigt werden.<ref>Martin Reichert: ''[http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=tz&dig=2008%2F11%2F10%2Fa0100&cHash=e8e52c3001 Laufsteg in den Westen]''. die tageszeitung, 10. November 2008</ref><br />
<br />
== Infrastruktur ==<br />
=== Verkehr ===<br />
==== Luftverkehr ====<br />
[[Datei:Beg-exterior.jpg|miniatur|Flughafen Nikola Tesla in Surčin]]<br />
Der 1962 eröffnete [[Flughafen Belgrad|Flughafen Belgrad "Nikola Tesla"]], liegt 18&nbsp;km vom Stadtzentrum entfernt in [[Surčin]]. Er ersetzte die vorhergehenden internationalen Flughäfen Pančevo (1923) und Beograd (1927 zwei Kilometer südlich Zemun eröffnet).<ref>[http://www.airport-belgrade.co.yu/code/navigate.php?Id=203 Flughafen Belgrad - Geschichte]</ref> Am Flughafen „Nikola Tesla“ befinden sich die Technischen Basen der Fluggesellschaften [[JAT Airways]] und [[Aviogenex]] sowie das [[Luftfahrtmuseum (Belgrad)|Luftfahrtmuseum]] und die Hubschrauberstaffel der Polizei. Direkte Linienflüge gibt es zu allen Metropolen Europas. Während der Urlaubssaison verbinden zudem Charterflüge Belgrad mit den Touristikzentren am [[Mittelmeer]]. Die Anzahl der Passagiere stieg von 1.621.798 im Jahr 2002 auf 3.124.633 im Jahr 2011.<ref>{{cite web |url=http://www.beg.aero/code/navigate.php?Id=6 |author=Belgrade Nikola Tesla Airport |title=Aerodrom pomaže deci u ime svog ostvarenog rekorda – 2,5 milionitog putnika |date=2007-12-28 |accessdate=2007-12-28 |language=Serbian}}</ref> Neben dem Flughafen in Surčin gibt es noch die Flughäfen [[Flughafen Batajnica|Batajnica]] und Pančevo bei Belgrad, die allerdings nicht für Linienflüge genutzt werden.<br />
<br />
==== Schienenverkehr ====<br />
→ ''Hauptartikel: [[Eisenbahnknoten Belgrad]]''<br />
<br />
[[Datei:Belgrade Transportation Sava bridges.png|miniatur|links|Eisenbahn- und Straßenbrücken über der Save ([[Gazela]], Alte- und [[Neue Belgrader Eisenbahnbrücke|Neue Eisenbahnbrücke]])]]<br />
Neben dem historischen [[Belgrad Hauptbahnhof|Hauptbahnhof]], ehemals Haltestation von [[Orient-Express|Orient-]] und [[Akropolis-Express]], ist der [[Bahnhof Novi Beograd]] wichtigster Bahnhof der Stadt. Ferner befindet sich seit nun fast vier Jahrzehnten der als neuer Hauptbahnhof geplante [[Bahnhof Belgrad Zentrum]] im Ausbau. Zurzeit wird dieser Bahnhof jedoch nur von einem S-Bahn-ähnlichen Vorortbahnverkehr bedient. Der jetzige Belgrader Kopfbahnhof am Save-Ufer ({{Coordinate|text=ICON0|NS=44/48/28/N|EW=20/27/16/E|type=landmark|elevation=75|dim=500|name=Belgrader Hauptbahnhof|region=RS-00}}) ist der wichtigste Fernverkehrsbahnhof der [[Železnice Srbije]].<ref>[[Danas (Belgrad)|Danas Online]]: [http://www.danas.rs/vesti/feljton/zeleznica_poremetila_stari_poredak.24.html?news_id=144906 Železnica poremetila stari poredak]</ref> Neben den mehrmals täglich verkehrenden Zugverbindungen in Richtung [[Montenegrinische Küste|Adriaküste]] auf der [[Bahnstrecke Belgrad–Bar]] bestehen von hier weitere internationale Zugverbindungen. Als 1971 eine elementare Rekonstruktion der Eisenbahninfrastruktur als integraler Bestandteil des Großprojekts des [[Eisenbahnknoten Belgrad|Belgrader Eisenbahnknotens]] beschlossen wurde, die die Realisierung einer [[Intermodaler Verkehr|intermodalen]] Gütervernetzung, sowie der Bedienung von Fernbahn, [[Beovoz|Stadtbahn]] und [[Metro Belgrad|U-Bahn]] über zentrale Verkehrsknoten vorsah, konnte ab 1974 mit dem Bau der [[Neue Belgrader Eisenbahnbrücke|Neuen Belgrader Eisenbahnbrücke]] ({{Coordinate|text=ICON0|NS=44/48/00/N|EW=20/26/10/E|type=landmark|elevation=75|dim=500|name=Neue Belgrader Eisenbahnbrücke|region=RS-00}}),<ref>[[Politika (Zeitung)|Politika Online]]: [http://www.politika.rs/rubrike/Ekonomija/Josh-jedan-rok-za-Prokop.sr.html Još jedan rok za Prokop]</ref> sowie ab 1977 dem neuen, als Durchgangsbahnhof konstruierten Bahnhof [[Belgrad Bahnhof Zentrum|Belgrad Zentrum]],({{Coordinate|text=ICON0|NS=44/47/37/N|EW=20/27/14/E|type=landmark|elevation=75|dim=500|name=Bahnhof Belgrad Zentrum|region=RS-00}}), meist ''Prokop'' genannt, sowie den am linken Save-Ufer gelegenen Bahnhof ''Novi Beograd'', ein auf unabhängigen Gleisführungen basierendem [[Bahn (Verkehr)|schienengebundenen]] [[Schnellbahn]]-Verkehrssystem für die Stadt umgesetzt werden, das durch den Ausbau von [[S-Bahn|S-]] und einer geplanten [[U-Bahn]], das Rückgrat des [[ÖPNV]] stellen wird.<ref>[http://www.blic.rs/beograd.php?id=64787 Dragan Dilas: Zalažem se za gradsku železnicu ] Blic 10. November 2008</ref><br />
<br />
==== Straßenverkehr ====<br />
[[Datei:Warp Belgrade Nightscene April 2012spatial subset.jpg|miniatur|Nachtszene der Straßen Belgrads von der ISS aus aufgenommen]]<br />
Belgrad ist an das europäische Fernstraßennetz über den [[Paneuropäischer Verkehrskorridor X]] angebunden, der in seiner Straßenvariante dem ehemaligen [[Autoput]] entspricht und zu dem die Stadtautobahn mit der Brücke [[Gazela]] <br />
({{Coordinate|text=ICON0|NS=44/48/10/N|EW=20/26/27/E|type=landmark|elevation=95|dim=350|name=Most Gazela|region=RS-00}}) als Hauptarterie des Transitverkehrs dient. Bestehende Autobahnen verbinden Belgrad mit [[Novi Sad]], [[Niš]] und [[Zagreb]]. Die abschnittsweise fertiggestellte [[Belgrader Ringautobahn]], sowie dem in Ausführung befindlichen [[Belgrader Innerer Magistralen-Halbring|Inneren Magistralen-Halbrings]] (''Unutrašni magistralni poluprsten'') mit der ''[[Savebrücke über die Ada Ciganjlija|Neuen Savebrücke]]'' sind die derzeit bedeutendsten Straßenverkehrsprojekte.<ref>[[Politika (Zeitung)|Politika Online]]: [http://www.politika.rs/rubrike/Ekonomija/Dinkic-Ipak-tender-za-autoput-kroz-Vojvodinu.sr.html Dinkić: Ipak tender za autoput kroj Vojvodinu]</ref> Zentraler Verteiler im Straßenbahn- und Busverkehr und daher Hauptverkehrsknoten sowie verkehrsreichster Platz der Metropole ist die [[Slavija]], wo die Fernverkehrs-Magistrale der [[Ulica Kralja Milana|Kralja Milana]] mit der [[Nemanjina ulica]] zusammenfällt. Besonders neuralgisch ist zudem das Bahnhofsviertel wo die zusätzlich den Straßenbahnverkehr bedienende ''Savska ulica'' den Straßenverkehr an den [[Belgrad Hauptbahnhof|Belgrader Hauptbahnhof]] und den Fernverkehrs Busbahnhof anbindet, sowie diesen von und zur [[Gazela]] sowie den weiteren Flussbrücken ''Brankov Most'' und ''Savski most'' leitet.<br />
<br />
==== Öffentlicher Nahverkehr ====<br />
→ ''Hauptartikel: [[GSP Beograd]]''<br />
[[Datei:Vukov spomenik Beovoz envi.png|miniatur|Station der Stadtbahn ''Beovoz'' [[Vukov spomenik]]]]<br />
Im [[Öffentlicher Personennahverkehr|Öffentlichen Personennahverkehr]] bedient das städtische Verkehrsunternehmen [[GSP Beograd]] die [[Straßenbahn Belgrad]] (zwölf Linien), den [[Oberleitungsbus Belgrad]] (sieben Linien) sowie 112 [[Omnibus|Autobuslinien]]. Zusätzlich verkhren einzelne private Autobuslinien. Die Vorstadtgemeinden sind zumeist nur mit Autobussen des Verkehrsunternehmens ''Lasta'' zu erreichen. Innerstädtisch bedient die GSP die BG:Voz ganannte Stadtbahn mit acht Bahnhöfen. An drei Umsteigebahnhöfen ist diese mit den Vorortzügen des [[Beovoz]] der [[Železnice Srbije]] angebunden. Zahlungsmittel für die meisten Verkehrsmittel (außer Beovoz und Taxi) ist die berührungslos abbuchende [[BusPlus|BusPlus-Karte]].<br />
<br />
===== S-Bahn =====<br />
→ ''Hauptartikel: [[Beovoz]]''<br />
[[Datei:Commuter rail network belgrade bgvoz beovoz.jpg|miniatur|links|hochkannt|Liniennetz der Belgrader Stadtbahnen]]<br />
Das Liniennetz der Beovoz wurde 1991/1992 im Fahrplan der damaligen ŽTP-Beograd eingeführt. Seitdem wurde es auf fünf Linien mit insgesamt 330&nbsp;km Länge ausgebaut. Es quert das zentrale Stadtgebiet in zwei in Nord-Süd-Richtung verlaufenden, insgesamt 35&nbsp;km langen und bis zu 43&nbsp;m tiefen Tunneln.<ref>[[Politika (Zeitung)|Politika Online]]: [http://www.politika.rs/rubrike/Beograd/t40936.lt.html Testiranje "Beovoza"]</ref> Über die Stationen ''Beograd centar'', ''Karadordev park'' und [[Vukov spomenik]] wird das engere Stadt-Zentrum angebunden. 2010 wurde BG:Voz gegründet. Diese befördert die Fahrgäste auf Stammstrecke des neuen [[Eisenbahnknoten Belgrad|Belgrader Eisenbahnknotens]], der Verbindung [[Batajnica]]–[[Pančevački most]]. Die Beovoz-Zuggarnituren ergänzen diesen innerstädtischen S-Bahn-Verkehr auf den Verbindungen nach Valjevo, Inđija, [[Resnik (Serbien)|Resnik]], Pančevo und Mladenovac mit den Umstiegsbahnhöfen zum BG:Voz in Batajnica, Beograd Centar und Pančevački Most.<ref>Immamo Plan [http://www.belgrademaps.com/sr/beovoz-bgvoz/index.1.html Beovoz-BG:Voz]</ref> Zentraler Knoten im Schienen- Fern- und - Nahverkehr ist zurzeit der Bahnhof ''Novi Beograd''. Über ''Vukov Spomenik'' und ''Beograd centar'' soll die Stadtbahn an die zukünftige U-Bahn angebunden werden. Ein Ausbau zum Flughafen Surčin wird erörtert. Die Stadt sieht für die kurz- bis mittelfristige Verkehrsplanung das S-Bahn-Netz als wichtigsten zu entwickelnden Verkehrsträger.<ref>[http://www.blic.rs/beograd.php?id=67103 Železnica pre izgradnje metroa ] Blic 25. November 2008</ref> Eine Taktfrequenz auf der Stammlinie des BG:Voz von 15 min. ist in den Stoßzeiten gewährleistet. Während der Beovoz von den Železnice Srbije betrieben wird und Fahrscheine an den Bahnschaltern der Bahnhöfe gekauft werden müssen, ist der BG:Voz in das integrierte System der GSP-Beograd eingebunden. Hierfür sind nur elektronische Chipfahrkarten BusPlus gültig, die nicht an den Bahnschaltern bezogen werden können.<br />
<br />
===== Metro Belgrad =====<br />
→ ''Hauptartikel: [[Metro Belgrad]]''<br />
<br />
Der Plan für den Bau einer U-Bahn für Belgrad bestimmt die zukünftige Verkehrsplanung der Stadt.<ref>[http://www.novosti.rs/code/navigate.php?Id=14&status=jedna&vest=133635&datum=2008-12-12 Metro na šinama politike ] Večernje Novosti, 9. Dezember 2008</ref> <br />
Auch der Staat hat das Projekt in seine Agenda der drei wichtigsten Infrastrukturmaßnahmen mit aufgenommen.<ref>[http://www.rts.rs/page/stories/sr/story/13/Ekonomija/28656/Metro+razvojni+projekat+Srbije.html Metro razvojni projekt Srbije] RTS, 21. November 2008</ref><ref>[http://www.blic.rs/beograd.php?id=70780 Konačnu odluku doneće stručnjaci] Blic, 19. Dezember 2008</ref> Die Stadt hatte für die weitere Realisierung eine Kommission von Fachleuten großer U-Bahnsysteme in Europa einberufen,<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=1333015 Редовна конференција за новинаре градоначелника Београда Драгана Ђиласа - Одлука o изградњи метроа до краја априла ] Dragan Dilas vor Journalisten zum U-Bahn Bau auf der regelmäßigen Konferenz im Rathaus von Belgrad, 18. Dezember 2008</ref> die getrennt Expertisen abgaben.<ref>Blic, 23. April 2009 [http://www.blic.rs/beograd.php?id=89498 Rusi grade „teški” metro u Beogradu ]</ref> Mit der Grundsatzentscheidung zum U-Bahn Bau ist ein Schlussstrich unter zwei Jahrzehnte kontroverser Debatte gezogen worden.<ref>[http://www.nin.co.rs/2002-10/17/25480.html Promišljanje grada, Der Architekt Konstantin Kostić] NIN 17. Oktober 2002</ref> Der Stopp der Metro-Planung durch die Stadt 1982 gilt den heutigen Verkehrsplanern als gravierender Fehler, da trotz der geschätzten Kosten von 1,1 Mrd. Euro für 14&nbsp;km Streckenlänge ohne ein unabhängiges Nahverkehrs-Schienensystem eine tragfähige Verkehrsentwicklung nicht möglich scheint.<ref>[http://www.politika.rs/rubrike/Beograd/Metro--neophodan-gradu.lt.html Metro – neophodan gradu] Politika 18. Dezember 2008</ref><br />
<br />
==== Schiffsverkehr ====<br />
Belgrad liegt an der Donau, dem Schifffahrtsweg, der die Länder West- und [[Mitteleuropa]]s mit den Ländern [[Südosteuropa|Südost]]- und Osteuropas verbindet. Durch die Errichtung des [[Stausee]]s und des Wasserkraftwerkes [[Eisernes Tor]] an der Donau entwickelte sich Belgrad auch zu einem wichtigen Flusshafen. Mit der Inbetriebnahme des [[Main-Donau-Kanal|Rhein-Main-Donau-Kanals]] besitzt Belgrad auch eine Wasserverbindung zur Nordsee. Der Hafenkomplex an der Donau befindet sich auf einer Fläche von 120 Hektar und ist eines der Zentren für den Gütertransport. Auf dieser Fläche befinden sich 290.000&nbsp;m² geschlossene Lagerhallen und 650.000&nbsp;m² offene Lagerplätze sowie ein Container-Terminal von 44.000&nbsp;m². Seit dem Ende der [[Jugoslawienkriege]] wird Belgrad vermehrt von Donaukreuzfahrtschiffen angesteuert, die teilweise bis ins [[Donaudelta]] fahren.<br />
<br />
=== Soziale Infrastruktur ===<br />
==== Schulwesen und Universitäten ====<br />
[[Datei:Rektorat Beogradskog univerziteta.jpg|miniatur|links|Das [[Kapetan Mišino Zdanje]], der ''Kolarac'' ist neben seiner Funktion des Rektorats der Universität Belgrad auch die wichtigste Heimstätte der Belgrader Sinfoniker und Veranstaltungsort klassischer und moderner Konzerte]]<br />
[[Datei:Faculty of Architecture and Civil Engineering, Belgrade, Serbia.jpg|miniatur|Elektrotechnische Fakultät der [[Universität Belgrad]]]]<br />
[[Datei:Aero-technical school "Petar Drapsin".JPG|miniatur|Die berufsausbildende Technische-Luftfahrtschule "Petar Drapsin", eine Mittelschule für Luftfahrttechniker mit ausgemusterter Mig-21 im Schulhof]]<br />
Von den 280 Schulen im zweigliedrigen Schulsystem vermitteln 195 die achtjährige Grundschulbildung und 85 gehören der Mittelstufe an, darunter auch 51 berufsbildende Mittelschulen. Die 21 Gymnasien und 8 Kunstschulen ermöglichen eine weitergehende Hochschulausbildung. Die Belgrader Gymnasien sind überwiegend nach Nummern geordnet (Erstes-, Zweites Gymnasium… etc.). Die insgesamt 230.000 Schüler sind in 22.000 Klassenzimmern in über 500 Gebäuden verteilt. Die Fläche der für die schulische Bildung zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten erstreckt sich auf 1.100.000 Quadratmeter.<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=201008 Offizielle Webseite Belgrads]</ref><br />
<br />
Belgrad ist Standort zweier staatlicher Hochschulen, einer privaten Hochschule sowie zahlreicher wissenschaftlicher Forschungseinrichtungen, der [[Serbische Akademie der Wissenschaften und Künste|Serbischen Akademie]] und weiterer staatlicher höherer Bildungsinstitutionen. Die [[Universität Belgrad]] ging aus der ''Großen Schule'', die zwischen 1808 und 1813 bestand und sich ursprünglich im Konak der Fürstin Ljubica befand, hervor. Mit der Neueröffnung 1863 bekam die Große Schule durch den Umzug in das [[Kapetan Mišino Zdanje]] ein repräsentatives Gebäude im Stadtteil [[Stari Grad (Belgrad)|Stari Grad]] und wird ab 1905 Universität. Sie ist damit die früheste Institution für höhere Bildung in [[Serbien]] und eine der ersten der [[Balkanhalbinsel]].<ref>[http://www.ius.bg.ac.rs/eng/university_of_belgrade.htm The University of Belgrade – The Seedbed of University Education]</ref> Mit heute mehr als 89.000 Studenten an 31 Fakultäten und 8 wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen ist sie auch eine der größten der Region. <br />
<br />
Die einzelnen Fakultäten liegen weit über das Stadtgebiet verstreut. Um den [[Studentski trg]] sammeln sich die Fakultäten für Philosophie, Philologie und die Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultäten. Die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften unterhalb des [[Zeleni Venac]] sowie die Medizinischen Fakultäten unterhalb des Vračar befinden sich im Stadtteil [[Savski Venac]]. Im Stadtteil Palilula sind die renommierte [[Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Belgrad|Rechtswissenschaftliche Fakultät]], die [[Bibliothek der Universität Belgrad|Universitätsbibliothek Belgrad]], sowie die Fakultät für Bergbau und Geologie, die Technische Fakultät, die Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen. Anfang der 1990er bezogen einige Fakultäten einen [[Campus]] am Stadtrand. So konnten die Fakultäten für Pharmazie und Pharmakologie in mehrere Gebäudekomplexe im Stadtteil Kumodraž umziehen und sich durch eine moderne wissenschaftlich-technische Ausstattung und den großzügigen Laboratorien zu führenden Instituten in Europa entwickeln. Ein neuer Standort für die auf mehrere Gebäude verteilten Einrichtungen der Biologischen Fakultät sind nach nun fast zwanzigjähriger Baupause im ursprünglich nur für die Botanischen Institute im Botanischen Garten Jevremovac vorgesehenen halbfertigen Rohbau durch Erweiterung der ursprünglichen Baupläne und einer gemeinsamen Integration der Institute von der Universitätsleitung im Oktober 2008 beschlossen worden.<br />
<br />
==== Wissenschaftliche Forschungseinrichtungen ====<br />
Unter den Wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen nehmen das [[Institut für Nuklearwissenschaften „Vinča“]] und das [[Militärgeographisches Institut|Militärgeografische Institut]] „Vojno-geografski Institut“ (VGI) unweit des Zentralfriedhofs „Novo Groblje“ eine besondere Stellung ein. Dem Umweltschutz widmet sich das Biologische Institut „Siniša Stanković“, der Landeskunde das Geographische Institut „Jovan Cvijić“, der Erhaltung der Biodiversität das „Naturkundemuseum“ und der Erforschung von Medizinalpflanzen das Institut „Josif Pančić“; eine weitere Einrichtung ist das Institut für Immunobiologie und Virusologie „Torlak“.<br />
<br />
==== Gesundheitswesen ====<br />
Belgrad verfügt über 59 Gesundheitseinrichtungen und zwar 16 Gesundheitszentren, 4 Klinik- und Krankenhauszentren, 3 Spezialkrankenhäuser, 5 Kliniken, 1 Klinikzentrum, 14 Anstalten und Institute mit stationärer Behandlung, 12 Anstalten ohne stationäre Behandlung, 3 Anstalten für den Schutz der Gesundheit und die Apothekegesellschaft „Beograd“ mit über 100 Apotheken. Die Gesundheitseinrichtungen mit stationärer Behandlung verfügen über insgesamt 12.035 Standardbetten.<br />
<br />
In Belgrad befindet sich zudem die ''Militärmedizinische Akademie''. Sie wurde im Jahre 1884 eröffnet und ist heute das größte Krankenhausbauwerk in Serbien.<br />
<br />
== Freizeit ==<br />
=== Nachtleben ===<br />
[[Datei:Skadarlija street, Belgrade, Serbia.jpg|miniatur|180px|Das alte Bohèmeviertel ''[[Skadarlija]]'']]<br />
Sehenswerte Clubs befinden sich in schwimmenden Booten am Ufer der Save und der Donau.<ref>[http://observer.guardian.co.uk/travel/story/0,6903,1015399,00.html ''The Observer'': „Why I love battered Belgrade“]</ref><ref>[http://travel2.nytimes.com/2005/10/16/travel/16belgrade.html?ei=5070&en=7609599255a87c01&ex=1161662400&adxnnl=1&adxnnlx=1161525814-hyzmwSBEex5SGL+lJDVm2w Belgrads Nachtleben]: [[The New York Times|New York Times]]</ref><ref>[http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,2129528,00.html Belgrads Nachtleben liegt an der Donau]: Deutsche Welle</ref> Seinen Ruf als Stadt mit pulsierendem Nachtleben bewahrt sich Belgrad bis heute.<ref name="timesonline.co.uk">[http://www.timesonline.co.uk/tol/travel/holiday_type/music_and_travel/article5082856.ece ''The Times'': „Europe's best nightlife in buzzing Belgrade“]</ref><br />
<br />
Die Stadt ist für zahlreiche Touristen aus benachbarten Ländern, insbesondere der aus dem ehemaligen Jugoslawien, durch das große Angebot an exzellenten Clubs, Bars und Restaurants und der ausgelassenen Atmosphäre ein wichtiges Wochenendziel.<ref>{{cite news | url=http://www.b92.net/info/vesti/index.php?yyyy=2006&mm=01&dd=15&nav_id=185263 | title=Hrvati u Beograd na provod | publisher=B92 | date=| accessdate=2010-12-16}}</ref><ref>{{cite news | url=http://www.b92.net/info/vesti/pregled_stampe.php?yyyy=2004&mm=12&dd=21&nav_id=158386 | title=Slovenci dolaze u jeftin provod | publisher=B92 | date=| accessdate=2010-12-16}}</ref> Auch international kann das pulsierende Nachtleben Belgrads als Destination zu einer der führenden europäischen Partystädte mithalten.<ref name="timesonline.co.uk"/><ref>[[The Times]]: [http://www.timesonline.co.uk/tol/travel/holiday_type/music_and_travel/article2744286.ece Nightlife guide to six party cities - Time Out writers paint the town red in Paris, Milan, Amsterdam, Berlin, Belgrade and New York]</ref> <br />
<br />
Clubs wie das ''Akademija'' und ''KST'' (Klub studenata tehnike) befinden sich im Keller der [[Universität Belgrad]] und sind deshalb bei vielen Studenten sehr beliebt. Einer der berühmtesten Plätze für kulturelle Ereignisse ist das ''SKC'' (Student Cultural Centre) gegenüber dem Wahrzeichen [[Beograđanka]]. Viele nationale und internationale Stars treten im SKC auf.<br />
<br />
Die ''Skadar-Straße'' ist mit ihren zahlreichen alten Cafés und Restaurants (serb. ''Kafana'' genannt) sehr bekannt. Viele dieser Gastronomiebetriebe stammen aus dem späten 19. sowie frühen 20. Jahrhundert und haben durch ihre lange Geschichte einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt. Eine der ältesten ''Kafanas'' ist das ''Znak pitanja''. Am Ende der Straße befindet sich die älteste Belgrader Brauerei, welche im 19. Jahrhundert gegründet wurde.<br />
<br />
=== Belgrader Parks, Naherholungsgebiete und Auenlandschaften ===<br />
[[Datei:Mestrovic vidovdanski hram angel.jpg|miniatur|links|Im ''Mali Kalemegdan'' steht die zum Amselfeldzyklus gehörende Bronze [[Ivan Meštrović|Meštrovićs]] ''Anđeo smrti'' (dt. Engel des Todes). Die Großplastik wurde erstmals 1911 auf der Weltausstellung in Rom ausgestellt]]<br />
[[Datei:Tasmajdan.png|miniatur|Tašmajdan und [[Kirche des Hl. Markus (Belgrad)|Markuskirche]]]][[Datei:Konak kneza Milosa Tocider.jpg|miniatur|Konak von Miloš Obrenović in Topčider]][[Datei:Park and Museum 25 Maj Belgrade.JPG|miniatur|links|''Park 25. Maj'' umfasst den Museumskomplex der ''Geschichte Jugoslawiens'']][[Datei:German soliders WW I Kosutnjak 1915.jpg|miniatur|Von [[August von Mackensen]] beauftragtes Denkmal für die 1915 in Serbien gefallenen deutschen Soldaten, Košutnjak]] <br />
In Belgrad sind abgesehen von natürlichen Wald- und Grünflächen insgesamt 65 Parks mit einer Gesamtfläche von 362&nbsp;ha ausgewiesen.<ref>http://www.zelenibeograd.org.rs/</ref> <br />
<br />
Der bedeutsamste Park Belgrads ist der [[Kalemegdan]]. Im ehemaligen [[Glacis]] der Belgrader Festung sind heute unter anderem der 7&nbsp;ha große [[Zoo Belgrad|Zoo]], das [[Militärhistorisches Museum von Belgrad|Militärhistorische Museum von Belgrad]], das [[Serbische Naturkundemuseum]], die Galerie ''Cvijeta Zuzorić'', sowie die Bronzestatuen von [[Simon Roksandić]] (''Borba'', Kampf des Fischers mit der Schlange, 1906) und [[Ivan Meštrović]] ([[Pobednik]], 1928, [[Merci a la France]], 1934, ''Anđeo smrti'', 1911) zu finden.<br />
<br />
Gegenüber der [[Haus der Nationalversammlung|Skupština]] liegt der ''Pionirski Park'', der ursprünglich Bestandteil des [[Alte Schloss in Belgrad|Alten Schlosses]] war. Hier steht auch das [[Neues Schloss in Belgrad|Neue Schloss]], der heutige Regierungssitz des Präsidenten Serbiens, sowie als Erinnerung an den Durchbruch der Entente an der Saloniki-Front und der Befreiung im Ersten Weltkrieg, der Beobachtungsturm des serbischen Generalstabs vom [[Schlacht am Kajmakčalan|Kajmakčalan]]. Zwischen ''Pionirski Park'' und der Straße ''Kralja Milana'' führt der ''Andrićev venac'', der mit einer Broze an den Schriftsteller [[Ivo Andrić]] erinnert.<br />
<br />
In einem einstigen Steinbruch findet sich der 10,9&nbsp;ha große ''[[Tašmajdan]]''. Daher haben sich auch etliche Kavernen, sowie ehemalige Militärschanzen erhalten. Er teilt sich in den Kleinen und Großen Tašmajdan. Im Großen Tašmajdan steht die Kirche [[Kirche des Hl. Markus (Belgrad)|Sv. Marko]], sowie die Russisch Orthodoxe Kirche.<br />
<br />
Anstelle des aufgelösten ehemaligen türkischen Friedhofs, gegenüber der heutigen Universität Belgrads, wurde 1869 der erste Park Belgrads eingerichtet. Heute heißt er ''Akademski (Univerzitetski) Park''. Von 1827 bis 1927 fand sich noch auf einer Seite des türkischen Friedhofs auch der zentrale offener Markt der Stadt. <br />
<br />
Der [[Botanischer Garten Jevremovac|Botanische Garten Jevremovac]] im Stadtteil Stari Grad gilt als einer der ältesten botanischen Gärten der Balkanhalbinsel. 1874 ursprünglich in Dorčol eingerichtet, stellte König [[Milan I. Obrenović]] 1889 4,5&nbsp;ha seiner Obstgärten mit der Auflage, diesen nach seinem Großvater Jevrem zu benennen, zur Verfügung. <br />
<br />
Um die [[Kathedrale Hl. Sava|Sava Kathedrale]] und die [[Nationalbibliothek Serbiens]] liegt der ''Park des Heiligen Sava'', dem sich der 2,86 &nbsp;ha große ''Karađorđev Park'', wo 1806 das Lager der serbischen Freiheitskämpfer unter [[Karađorđe]] beim Sturm auf die Festung lag, anschließt. <br />
<br />
Mit 211&nbsp;ha sind die [[Große Kriegsinsel|Veliko ratno ostrovo]] und mit 800&nbsp;ha die [[Ada ciganlija]], sowie die waldreichen [[Košutnjak]]- (330 &nbsp;ha) und [[Topčider]]-Hügel (111 &nbsp;ha) die größten Grünanlagen der Stadt. Oberhalb der Topčiderska reka auf dem Topčider liegt als Anwesen der Karađorđević-Dynastie der [[Beli dvor]] und das [[Königliches Schloss auf dem Dedinje|Königliche Schloss]], die zwischen 1945 und 2000 auch als repräsentative Residenzen der sozialistischen Regierungen Jugoslawiens genutzt wurden. Im Tal der Topčiderska reka im heutigen [[Topčider-Park]] steht der in altbalkanischer Manier erbaute [[Milošev konak]], die ehemalige Residenz Fürst [[Miloš Obrenović]]. <br />
<br />
Der Erinnerung der jugoslawischen Geschichte widmet sich der [[Park 25. Maj]], der aus der Residenz, sowie der Begräbnisstätte ([[Kuča cveča]]) Josip Broz Titos, heute den Komplex des [[Museum der Geschichte Jugoslawiens|Museums der Geschichte Jugoslawiens]] bildet. Zum Geburts- und Todestag Titos (4. Mai und 25. Mai) versammeln sich hier noch heute zahlreiche Anhänger des ehemaligen kommunistischen Partisanenführers und langjährigen Präsidenten Jugoslawiens. <br />
<br />
In [[Novi Beograd]] bestehen an den Ufern von Save und Donau mehrere große Grünflächen. Im Mündungswinkel der Flüsse liegt der 14&nbsp;ha große ''Park prijateljstva'', der anlässlich der Ersten Konferenz der [[Bewegung der blockfreien Staaten|Blockfreien Bewegung]] 1961 eingerichtet wurde. In der ''Allee des Friedens'' wurden die Tafeln zahlreicher bedeutender Staatschefs, die symbolisch hier einen Baum pflanzten, aufgestellt. Neben dem [[Museum für Moderne Kunst (Belgrad)|Museum für Moderne Kunst]] findet sich auch das ''Denkmal der ewigen Flamme'' als Erinnerung an die [[Operation Allied Force|Nato Bombardierung von 1999]].<br />
<br />
=== Sport ===<br />
Belgrad war im Laufe seiner Geschichte immer wieder Austragungsort von Welt- und Europameisterschaften und anderen internationalen Wettkämpfen, wie der ersten [[Schwimmweltmeisterschaften|Schwimmweltmeisterschaft]] des Jahres 1973 oder der 34. [[Basketball-Europameisterschaft 2005|Basketball-Europameisterschaft]] im Jahre 2005. Die Stadt besitzt mehr als 1000 Sportobjekte, unter ihnen 8 Stadien, 16 Sportzentren, 6 Schwimmhallen, 6 Sporthallen, eine Pferderennbahn, einen [[Golf (Sport)|Golf]] Club u.&nbsp;a.<br />
<br />
Im [[Boxen|Amateurboxen]] wurden in Belgrad der Weltcup von 1987, die Weltmeisterschaften 1978, die Europameisterschaften der Jahre 1961 und 1973, sowie die Balkan-Meisterschaften von 1966 ausgetragen. <br />
<br />
Im Profiboxen war Belgrad am 10. Juli 1976 Austragungsort des Europameisterschaftskampfes der [[European Boxing Union|EBU]] im Halbschwergewicht zwischen [[Domenico Adinolfi]] und [[Mate Parlov]], den Parlov durch K.o. in der elften Runde gewann. Am 17. Juni 1978 wurde hier zudem der Weltmeisterschaftskampf der [[World Boxing Council|WBC]] im Halbschwergewicht zwischen [[Mate Parlov]] und [[John Conteh]] ausgetragen, den Parlov nach Punkten gewann.<br />
<br />
Die größten Sportstätten der Hauptstadt sind:<br />
<br />
* das [[Crvena Zvezda (Stadion)|Roter-Stern-Stadion]] mit 55.000 Plätzen, das 1963 eröffnet wurde;<br />
* das [[Partizan-Stadion]] mit 33.000 Plätzen, diente im [[Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien|sozialistischen Jugoslawien]] jeden 25. Mai als Austragungsort der Parade zum „Tag der Jugend“ für [[Josip Broz Tito|Tito]];<br />
* die [[Belgrad-Arena|Belgrad Arena]], eine [[Multifunktionshalle|multifunktionelle Arena]] mit 20.000 Plätzen.<br />
<br />
Mit dem Roter-Stern-Stadion entstand eines der modernsten Stadien im sozialistischen Jugoslawien. Eingeweiht wurde es am 1. September 1963 mit dem Fußball-Ligaspiel [[FK Roter Stern Belgrad|Roter Stern Belgrad]] gegen [[HNK Rijeka]] (2:1). Neben den Heimspielen des Clubs Roter Stern Belgrad finden hier immer wieder auch Länderspiele der [[Serbische Fußballnationalmannschaft|serbischen Nationalmannschaft]] sowie vereinzelte Europapokal-Spiele diverser Belgrader Clubs statt.<br />
<br />
Die [[Ada Ciganlija]] ist eine ehemalige Insel an der [[Save]] und ist heute das größte Belgrader Sport- und Freizeitobjekt. Nach seiner Verbindung mit dem Ufer wurde ein See geschaffen. Sie ist eine der beliebtesten Ziele für die Belgrader während des heißen Sommers. Die Ada verfügt über 7&nbsp;km Strand und Objekte für verschiedene Sportarten.<ref>[http://www.tob.co.rs/index.php?option=com_content&task=view&id=167&Itemid=281 Туристичка организација Београда - Ада Циганлија]</ref><br />
<br />
Vom 1. Juli bis zum 12. Juli 2009 war Belgrad Gastgeber der 25. [[Universiade|Sommer-Universiade]]. Für die Unterbringung der Sportler wurde die Universitätssiedlung [[Belville (Belgrad)|Belville]] mit 14 Apartmenthäusern und 120.000&nbsp;m² Wohnfläche gebaut.<br />
<br />
== Wirtschaft ==<br />
[[Datei:Central bank, Belgrade, Serbia.jpg|miniatur|Hauptsitz der [[Nationalbank Serbiens|Serbischen Nationalbank]]]]<br />
In Belgrad werden mehr als 30 % des serbischen [[Bruttoinlandsprodukt|BIPs]] erwirtschaftet. Die Stadt beschäftigt auch mehr als 30 % der serbischen Bevölkerung.<ref>{{cite web|url=http://www.kombeg.org.yu/privredabg/privreda.htm|publisher=Economic Chamber of Belgrade|title=Privreda Beograda|language=Serbian|accessdate=2007-07-10}}</ref> Das durchschnittliche monatliche Pro-Kopf-Einkommen in Belgrad beträgt 47.500 [[Serbischer Dinar|RSD]]. Dies entspricht einem Pro-Kopf-BIP von 6.864 EUR oder 10.836 US-Dollar, nach [[Kaufkraftparität]] (PPP) 18.204 US-Dollar. 2007 besaßen 45,4 % der städtischen Haushalte einen [[Computer]]. Nach der gleichen Umfrage haben 39,1 % der Belgrader Haushalte einen Internetanschluss.<ref>[http://www.economy.rs/eng/514/ Almost 98 % of companies in Serbia are computerised] – Economy.co.yu</ref><br />
<br />
=== Ansässige Unternehmen ===<br />
[[Datei:Novi Beograd - 25 block - A business building.JPG|miniatur|links|Modernes Bürogebäude in [[Novi Beograd|Neu Belgrad]]]]<br />
Durch die Verwaltungs-, Banken- und Versicherungsangestellten sowie als Standort der bedeutendsten Verlage und Medienunternehmen nahm der Dienstleistungssektor Aufgrund des Status als Hauptstadt Serbiens und ehemaligen Hauptstadt Jugoslawiens schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg die bedeutendste Rolle an. Belgrad war aber auch nach [[Zagreb]] der zweitgrößte Industriestandort. Im Dienstleistungssektor arbeiten 72 %, in der verarbeitenden Industrie 25 % und in der Land- und Forstwirtschaft 3 % der Beschäftigten.<ref>{{cite news | url=http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=1561 | title=Broj zaposlenih u Beogradu po sektorima delatnosti | publisher=Grad Beograd | date=| accessdate=2010-12-16}}</ref> In der verarbeitenden Industrie siedelten sich insbesondere der [[Maschinenbau|Maschinen-]] (''IMT'' Rakovica - Fabrik für Motoren und Traktoren, Gießereien), [[Bauwirtschaft|Bau-]] und Ingenieurswirtschaft (''Mostogradnja'', [[Energoprojekt]], [[Fahrzeugbau|Fahrzeug-]] und [[Rüstungsindustrie]] (''Vojnotehnički Institut'' VTI, ''Tehnički opitni centar''), der [[Schiffbau]] sowie die Textil- und Chemische Industrie (''Prva Iskra'', ''Galenika'', ''Tehnogas'', ''Beopetrol'', ''Tehnohemija'') an. Die Petrochemische Industrie in der Umgebung von [[Pančevo]] ist durch eine Großraffinerie (Rafinerija Beograd) vertreten. Besondere außenwirtschaftliche Bedeutung hatte und hat insbesondere die Rüstungsindustrie, deren Exporte zentral über das in Belgrad ansässige Unternehmen [[Yugoimport]] laufen. In der Umgebung Belgrads ist zudem die Luftfahrtindustrie durch die Unternehmen [[UTVA]] in Pančevo, die ''JAT Tehnika'' in [[Surčin]] und ''Moma Stanojlović'' in [[Batajnica]] angesiedelt.<br />
<br />
Belgrad ist eine der sich am schnellsten entwickelnden und am stärksten wachsenden Regionen in Südosteuropa. Daher haben auch viele [[Multinationales Unternehmen|multinationale Unternehmen]] hier ihren Sitz. Belgrad ist zudem Sitz der [[Nationalbank Serbiens|Serbischen Nationalbank]] und bedeutender Staatsunternehmen wie [[JAT Airways]], [[Telekom Srbija]], [[Mobtel|Telenor Srbija]] sowie Zentrum der einheimischen Privatwirtschaft ([[Delta Holding]]). <br />
<br />
Zahlreiche international tätige Unternehmen wie z.&nbsp;B. die [[Société Générale]], [[Intel]]<ref>[http://www.ekapija.com/website/sr/page/140159 E kapija - Centar kompanije ’Intel’ za Balkan u Beogradu - Srbija deo ’Intel World Ahead Program’<!--Bot-generated title-->]<!--</ref>, [[Motorola]], [[Kraft Foods]]<ref>{{cite news | url=http://www.emportal.co.yu/vesti/srbija/40020.html | title=Beograd će biti regionalni centar | publisher=Emportal | date=24. Februar 2008| accessdate=2010-12-16}}</ref>-->, [[Metro Cash & Carry]], [[Unilever]], [[OMV]], [[Carlsberg (Brauerei)|Carlsberg]]<!--<ref>{{cite news | url=http://www.politika.co.yu/rubrike/Ekonomija/Beograd-konkurishe-Bechu.sr.html | title=Belgrad konkurriert mit Wien | publisher=Politika Online | date=8. August 2008| accessdate=2010-12-16}}</ref>-->, [[Microsoft]], [[Japan Tobacco]] haben in Belgrad ihren Regionalsitz.<ref>{{cite web|url=http://www.b92.net/biz/vesti/srbija.php?yyyy=2007&mm=04&dd=24&nav_id=243493&fs=1|title=JTI u Srbiju ulaže oko $100 mil.|publisher=B92 Biz|date=2007-04-24|accessdate=2007-05-19|language=Serbian}}</ref><ref>{{cite web|url=http://www.24x7.co.yu/default.aspx?cid=400&fid=300&pid=izbor_societe_generale_group |title=Beograd - Bankarski razvojni centar|publisher=24x7 business news|date=2006-03-29|accessdate=2007-05-19|language=Serbian}}</ref> <br />
Im neu entstandenen Gewerbegebiet der [[Airport City (Belgrad)|Airport City]] sind neben [[Mercedes Benz]], [[DHL]], [[Siemens]] und andere Unternehmen im ersten aus zwölf Glassbürotürmen bestehenden Business Park eingezogen.<br />
<br />
Die regional bedeutende Belgrader Messe ''(Beogradski Sajam)'' stellt den wichtigsten Messeplatz des Landes. Auf 84.000&nbsp;m² Fläche finden sich 16 Hallen in denen jährlich über 40 Messen stattfinden. Darunter sind der Oktobersalon, die Militärmesse Partner, sowie der Belgrader Autosalon die bekanntesten.<ref>{{cite news | url=http://www.zeit.de/1957/37/Belgrads-Messe-imponierte | title=Belgrads Messe imponierte | publisher=Zeit Online | date=| accessdate=2010-12-16}}</ref><br />
<br />
=== Tourismus ===<br />
Aufgrund seiner Lage, den repräsentativen wie auch historischen Denkmälern, vielfältiger Kulturangebote, Shopping- und Flaniermeilen und Rufes als Ausgehstadt ist Belgrad Serbiens Tourismuszentrum mit einer großen Anzahl von Hotels sowie Hostells. <br />
<br />
Neben den drei schon bestehenden großen Shoppingmalls der Stadt (''Usce'', ''Mercator'', ''Delta City'') wird die im Bau befindliche Mall an der Autokommanda ''Delta Planet'' die größte der Stadt werden.<ref>[http://www.wieninternational.at/en/node/6597 Construction boom in Belgrade – modernization of the Serbian capital]</ref> Die Malls sind heute neben der Einkaufsmeile ''Knez Mihailova'' im Stadtteil ''Stari Beograd'', für ihr breites, überwiegend international geprägtes Sortiment bekannt.<br />
<br />
=== Medien ===<br />
[[Datei:Tanjug Belgrade.jpg|miniatur|Die staatliche Presseagentur der Republik Serbien, TANJUG]]<br />
Belgrad ist der wichtigste Medienstandort in Serbien. In der Stadt ist der Sitz des [[Öffentlich-rechtlicher Rundfunk|öffentlich-rechtlichen Fernsehens]] [[Radio-Televizija Srbije|RTS]].<!--<ref>{{cite web|url=http://www.rts.co.yu/jedna_vest.asp?belong=&IDNews=125391|title=Samo RTS može da bude javni servis|date=2005-08-23|publisher=Radio Television of Serbia| accessdate=2010-12-16}}</ref>--> Zu RTS gehört auch das Plattenlabel PGP RTS, das über eigene Musikstudios verfügt.<!--<ref>{{cite web|url=http://www.pgp-rts.co.yu/info/index.html|title=ПГП - РТС (Прича о нама)|publisher=PGP RTS| accessdate=2010-12-16}}</ref>--> Daneben findet sich in Belgrad die staatliche Presseagentur der Republik Serbien [[Tanjug]]. Zu den privaten Sendern der Stadt gehören [[RTV Pink]], sowie [[B92]], welche neben der Fernsehstation eigene Hörfunkprogramme führen. Der Sender B92 steht für ein westlich orientiertes und pro-europäisches Serbien und setzte sich in den 90er Jahren stark gegen das Milošević-Regimes ein.<ref>{{cite web|url=http://www.cjr.org/issues/2005/1/manasek-paradox.asp|title=The Paradox of Pink|author=Jared Manasek|publisher=Columbia Journalism Review|date=2005-01|accessdate=2007-05-19}}</ref><ref>{{cite web|url=http://www.b92.net/info/vesti/index.php?yyyy=2006&mm=09&dd=01&nav_category=15&nav_id=210237&fs=1|title=B92 na 8.598. mestu na svetu|publisher=B92|date=2006-09-01|accessdate=2007-05-19|language=Serbian}}</ref> Weitere Fernsehsender sind [[TV Košava|Košava]], [[TV Avala|Avala]], [[FOX Televizija]], der lokale öffentlich-rechtliche Sender [[Studio B]] sowie verschiedene Kabelsender. <br />
<br />
Landesweit bedeutsam sind die Tageszeitungen ''[[Politika (Zeitung)|Politika]]'', ''[[Borba (Zeitung)|Borba]]'', ''[[Blic]]'', ''[[Večernje novosti]]'' und ''[[Glas javnosti]]''. Bekannt sind auch das liberale Blatt ''[[Danas (Belgrad)|Danas]]'' und die Boulevardzeitungen ''[[Kurir]]'', ''[[Press (Zeitung)|Press]]'', ''[[ALO!]]'' und ''[[Prawda (Serbien)|Prawda]]''. Zu den politischen Wochenmagazinen gehören die international renommierten Ausgaben von ''[[NIN (Zeitschrift)|NIN]]'' und ''[[Vreme (Nachrichtenmagazin)|Vreme]]''. Die ältesten Unterhaltungsmagazine des Landes ''[[Ilustranova politika]]'' sowie ''[[Politikin zabavnik]]'' erscheinen ebenso in Belgrad. Zahlreiche internationale Lizenzausgaben wie ''[[Playboy (Magazin)|Playboy]]'', ''[[CKM (Magazin)|CKM]]'', ''[[Bravo (Zeitschrift)|BRAVO]]'', ''[[Cosmopolitan (Magazin)|Cosmopolitan]]'', ''[[JOLIE]]'', ''[[Burda Moden|Burda]]'' und viele weitere haben ebenfalls Niederlassungen in Belgrad. Die erfolgreichsten einheimischen Boulevardmagazine sind ''[[Svet (Magazin)|Svet]]'' und ''[[SCANDAL!]]''.<br />
<br />
== Politik ==<br />
=== Stadtregierung ===<br />
[[Datei:Parlement de la Serbie.jpg|miniatur|links|Das Parlament der Republik Serbien (''Dom Narodne Skupštine'')]]<br />
[[Datei:Dragan Djilas.jpg|miniatur|Oberbürgermeister Dragan Đilas]]<br />
[[Datei:Belgrade Old Court 1.jpg|miniatur|hochkant=1.0|Das alte Stadtschloss beherbergt heute das Rathaus ''(Skupština grada Beograda)'']]<br />
Belgrad ist Regierungssitz des [[Präsident von Serbien|Präsidenten]] und der Regierung Serbiens, sowie Sitz zahlreicher Behörden und Ministerien. Die Stadt bildet eine eigenständige politische Einheit, die von der Stadtregierung verwaltet wird. Die Politik der Stadtverwaltung ist naturgemäß durch Koexistenz, aber auch von Konflikten mit der Staatsregierung geprägt. Dabei ist Belgrad immer Brennpunkt politischer, sozialer und gesellschaftlicher Ereignisse des Landes. So beorderte der damalige Bürgermeister Milorad Unković am [[9. März|9. März 1991]] ein Großaufgebot von Polizei, Armee und Panzern der [[Jugoslawische Volksarmee|JNA]] auf die Straßen Belgrads, um die Massendemonstration der Opposition unter [[Vuk Drašković]] niederzuschlagen. Am 5. Oktober 2000 brachte eine Massendemonstration die Regierung Milošević durch Sturm des Parlaments zu Fall.<ref>Vecernje Novosti, 8. März 2009 [http://www.novosti.rs/code/navigate.php?Id=10&status=jedna&vest=139600 Izneverena očekivanja]</ref><br />
<br />
Seit 1839 hatte Belgrad 65 Bürgermeister. Darunter [[Nikola Pašić]] (1889-1891, 1896-1897) und [[Zoran Đinđić]] (1997). Erste Bürgermeisterin war Slobodanka Gruden (1993-1994).<ref>Blic, 21. August 2008 [http://www.blic.rs/beograd.php?id=53831 Nikola Upraviteljstvo varoši Beograda ]</ref> Herausstechend war die lange Amtsperiode von [[Branko Pešić]] (1965-1974), von Kontroversen und Konflikten die von [[Bogdan Bogdanović]] (1982-1986) geprägt. Der erste demokratisch gewählte Bürgermeister seit dem Zweiten Weltkrieg war 1989 Milorad Unković. Von 2004 bis zu seinem Tod am 27. September 2007 war [[Nenad Bogdanović]] von der [[Demokratska Stranka|Demokratischen Partei]] (DS) Bürgermeister Belgrads. Die Nachfolge trat [[Zoran Alimpić]] an (bis 10. Mai 2008).<br />
<br />
Als Ergebnis der Kommunalwahl vom 11. Mai 2008 einigten sich die Koalition von [[Demokratska Stranka#Parlamentswahlen 2008|Für ein europäisches Belgrad]] ([[Demokratska Stranka|DS]], [[G17 Plus|G17+]], [[Srpski Pokret Obnove|SPO]], u.&nbsp;a.), [[Socijalistička Partija Srbije|Sozialisten]] (SPS) und [[Liberalno-demokratska partija|Liberalen]] (LDP) auf [[Dragan Đilas]] (DS) als amtierenden neuen Bürgermeister.<ref>[[Blic (Zeitung)|Blic Online]]: [http://www.blic.rs/beograd.php?id=53562 Stari kadrovi na istim funkcijama]</ref><br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|+ style="padding: 1em;" | Sitzverteilung der Stadtverordnetenversammlung<br />
|-<br />
|-<br />
!style="background-color:#E9E9E9" align="left" valign="top" | Partei<br />
!style="background-color:#E9E9E9" align="center" | Stimmen<br />
!style="background-color:#E9E9E9" align="center" | %<br />
!style="background-color:#E9E9E9" align="right" |Sitze<br />
|-<br />
| align="left" valign="top" |[[Demokratska Stranka#Parlamentswahlen 2008|Für ein europäisches Belgrad]]<br />
|valign="top"|354.462<br />
|valign="top"|38,87<br />
|valign="top"|45<br />
|-<br />
| align="left" valign="top" |[[Srpska Radikalna Stranka|Serbische Radikale Partei]]<br />
|valign="top"|316.357<br />
|valign="top"|34,69<br />
|valign="top"|40<br />
|-<br />
| align="left" valign="top" |[[Demokratische Partei Serbiens]] – [[Nova Srbija|Neues Serbien]]<br />
|valign="top"|100.459<br />
|valign="top"|11,02<br />
|valign="top"|12<br />
|-<br />
| align="left" valign="top" |[[Liberalno-demokratska partija|Liberale Demokratische Partei]]<br />
|valign="top"|62.419<br />
|valign="top"|6,84<br />
|valign="top"|7<br />
|-<br />
| align="left" valign="top" |[[Socijalistička Partija Srbije|Sozialistische Partei Serbiens]] – [[Partei der vereinigten Pensionäre Serbiens]] – [[Einiges Serbien]]<br />
|valign="top"|47.266<br />
|valign="top"|5,18<br />
|valign="top"|6<br />
|-<br />
| align="left" valign="top" |[[Zelena stranka EKO|Die Grünen EKO]]<br />
|valign="top"|3.738<br />
|valign="top"|0,41<br />
|valign="top"|-<br />
|-<br />
| align="left" valign="top" |[[Pokret Snaga Srbije|Bewegung der Kraft Serbiens]]<br />
|valign="top"|2.698<br />
|valign="top"|0,3<br />
|valign="top"|-<br />
|-<br />
| align="left" valign="top" |[[Union der Roma Serbiens]]<br />
|valign="top"|1.452<br />
|valign="top"|0,16<br />
|valign="top"|-<br />
|-<br />
| align="left" valign="top" |Partei der Roma<br />
|valign="top"|1.404<br />
|valign="top"|0,15<br />
|valign="top"|-<br />
|-<br />
| align="left" valign="top" |[[Radikale Volkspartei]] – Nationale Bewegung für Belgrad<br />
|valign="top"|1.230<br />
|valign="top"|0,13<br />
|valign="top"|-<br />
|-<br />
| align="left" style="background-color:#E9E9E9"|Total Stimmen (Wahlbeteiligung: 58,74 %)<br />
| width="75" align="center" style="background-color:#E9E9E9"| '''891.485'''<br />
| width="30" align="right" style="background-color:#E9E9E9"|'''100'''<br />
| width="30" align="right" style="background-color:#E9E9E9"|'''110'''<br />
|-<br />
| align="left" colspan="4" |Quelle: Civic Electoral Commission of the City of Belgrade<br />
|}<br />
<br />
=== Partnerstädte ===<br />
Belgrad unterhält Städtepartnerschaften mit folgenden Städten<ref>[http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=1225698 Städtepartnerschaften Quelle 1], [http://www.skgo.org/php/opstine/detalji.php?Id=12&IdSvojstva=MO Städtepartnerschaften Quelle 2], [http://www.mfa.gov.rs/Bilteni/Engleski/b290507_e.html#N10 Städtepartnerschaften Quelle 3]</ref>:<br />
<br />
* [[Chicago]] ([[Vereinigte Staaten|USA]]), seit 2005<br />
* [[Coventry]] ([[Vereinigtes Königreich]]), seit 1957<br />
* [[Lahore]] ([[Pakistan]]), seit 2007<br />
* [[Tel Aviv-Jaffa|Tel Aviv]] ([[Israel]]), seit 1990<br />
* [[Wien]] ([[Österreich]]), seit 2003<br />
<br />
Eine Zusammenarbeit und Freundschaft pflegt Belgrad mit:<br />
{| width="100%"<br />
| valign="top"|<br />
<br />
* [[Athen]] ([[Griechenland]])<br />
* [[Banja Luka]] ([[Bosnien und Herzegowina]])<br />
* [[Berlin]] ([[Deutschland]])<br />
* [[Buenos Aires]] ([[Argentinien]])<br />
* [[Chicago]] ([[Vereinigte Staaten|USA]])<br />
* [[Coventry]] ([[England]])<br />
* [[Dayton (Ohio)|Dayton]] ([[Vereinigte Staaten|USA]])<br />
* [[Düsseldorf]] ([[Deutschland]])<br />
* [[Havanna]] ([[Kuba]])<br />
* [[Kiew]] ([[Ukraine]])<br />
* [[Kuwait-Stadt]] ([[Kuwait]])<br />
* [[Ljubljana]] ([[Slowenien]])<br />
* [[Madrid]] ([[Spanien]])<br />
| valign="top"|<br />
* [[Neu-Delhi]] ([[Indien]])<br />
* [[Peking]] ([[Volksrepublik China|VR China]])<br />
* [[Podgorica]] ([[Montenegro]])<br />
* [[Prnjavor (Bosnien)|Prnjavor]] ([[Bosnien und Herzegowina]])<br />
* [[Rom]] ([[Italien]])<br />
* [[Sankt Petersburg]] ([[Russland]])<br />
* [[Skopje]] ([[Mazedonien]])<br />
* [[Stockholm]] ([[Schweden]])<br />
* [[Tel Aviv-Jaffa|Tel Aviv]] ([[Israel]])<br />
* [[Tripolis]] ([[Libyen]])<br />
* [[Tunis]] ([[Tunesien]])<br />
* [[Wien]] ([[Österreich]])<br />
|}<br />
<br />
=== Wappen ===<br />
[[Datei:Small Coat of Arms Belgrade.svg|miniatur|rechts|145px|Das kleine Wappen]]<br />
Die erste Erwähnung des Belgrader Wappens datiert von 1403, als Belgrad zum ersten Mal Hauptstadt des serbischen Despotats wurde. <br />
Das Belgrader Wappen von 1555 unter [[Ungarn]] trägt den Namen ''Fuggerspiegel der Ehre.'' <br />
Mit der [[Österreich-Ungarn|österreichischen]] Eroberung Belgrads im 18. Jahrhundert wurde die unter den Osmanen eingestellte Wappen-Tradition wiederbelebt und 1725 auf Vorschlag des kaiserlichen Gouverneurs [[Karl Alexander (Württemberg)|Alexander von Württemberg]] ein neues Wappen gezeichnet. <br />
<br />
Erst 1931 regte Belgrads Bürgermeister [[Milan Nešić]] die Neugestaltung des heutigen Belgrader Wappens an, für das ein Gremium aus Künstlern, [[Heraldik]]ern, [[Historiker]], [[General|Generälen]] und Staatsräten gebildet wurde. Das Wappen sollte in seiner Darstellung:<br />
# die Form eines Schildes, das nach unten in einer sanften Spitze endet,<br />
# die Landesfarben, die Flüsse, eine römische [[Triere]] und ein Befestigungswall mit Turm und offenem Tor,<br />
# sowie farblich den Boden als Zeichen des häufigen kriegerischen Leids ''rot'', die ''Flüsse'' und ''Mauern'' als Zeichen der „weißen Stadt“ ''weiß'' und den Himmel als Symbol der Hoffnung und des Glaubens an eine bessere Zukunft, ''blau'', zeigen.<br />
<br />
Die Ausschreibung gewann der Entwurf [[Ðorđe Andrejević-Kun]]s, der in der „Belgrader Allgemeinen Zeitung“ veröffentlicht wurde.<br />
<br />
=== Stadtfest ===<br />
[[Datei:Relijef Beograd Simbol prenosena prestonice Vukov spomenik II.jpg|miniatur|Bronzerelief ''Charta von Belgrad'', Bahnhof Vukov spomenik]] Das Stadtfest beruht auf der Charta von [[Stefan Lazarević]]s, der nach der glücklichen Rückkehr vom [[Schlacht bei Ankara|Schlachtfeld bei Ankara]] von König [[Sigismund (HRR)|Sigismund]] 1403 Belgrad erhielt und in der neuen Residenzstadt seines [[Caesar (Titel)|Despotats]] den [[Christi Himmelfahrt|Himmelfahrtstag]] als Tag des [[Schutzpatron]]enfestes bestimmte.<ref name="rastko.org.rs">http://www.rastko.org.rs/kosovo/istorija/spisi_o_kosovu.html#_Toc713</ref><ref>[http://www.doiserbia.nbs.bg.ac.yu/(A(hI-zKEoYyQEkAAAAYmRjYWZmMDMtYTE1NS00MWZiLWE1MGYtYzI4YmIwMmM0ZjBlscznQo4sPrk11evHecH8gFAU-jg1))/Article.aspx?id=0584-98880643096E&AspxAutoDetectCookieSupport=1 Belgrade as new Jerusalem: Reflections on the reception of a topos in the age of despot Stefan Lazarević]</ref> Mit der Übertragung zur Hauptstadt wählte er in der ''Povelja grada Beograda'' (dt. Charta von Belgrad) die [[Gottesgebärerin]] als Schutzherrin der Stadt.<br />
<br />
{{Zitat|''Vom Amselfeld (Kosovo) den Ismailern (Osmanen) Gefangener, bis der Zar der Perser und Tartaren ankommend diese niederschmetterte und mich mit göttlicher Milde aus ihrem Griff frei ließ. Von dort, also, kommend, fand ich bei meiner Rückkehr den berückendsten Platz, wo jeher die große Stadt Beligrad stand und ich sie jetzt zerstört und verlassen fand. Ich entschied sie neu aufzubauen und der Mutter Gottes zu weihen und ihren Bewohnern Freiheit zu schenken.''|Stefan Lazarević|Charta von Belgrad ''(Povelja grada Beograda)'', 1405, erhalten in der ''Vita des Despoten'' von Konstantin Philosoph<ref name="rastko.org.rs"/><ref>http://www.arhiva.srbija.sr.gov.yu/g3/images/povelja_gradu_beogradu.jpg</ref>}}<br />
<br />
Die ursprüngliche [[Marienikone|Ikone der Muttergottes]] als Beschützung der Stadt hing im 15. Jh. über dem [[Tor des Despoten]] in der [[Festung von Belgrad]]. Gerade an diesem Tor fand am 22. Juli 1456 auch die entscheidende Schlacht zwischen den Ungarn unter [[Johann Hunyadi]] und den Osmanen unter [[Mehmed II.]] bei der [[Belagerung von Belgrad (1456)|Ersten Türkenbelagerung]] der Stadt statt.<br />
<br />
== Diverses ==<br />
Kaum eine Stadt des europäischen Kontinents kann sich aufgrund ihrer wechselvollen Geschichte so vieler Namen in unterschiedlichen Sprachen rühmen wie Belgrad. Vom keltischen und römischen ''[[Singidunum]]'' über das [[Byzantinisches Reich|byzantinische]] ''Singidon'' hieß die strategisch wichtige Festung und Siedlung bis ins 19. Jahrhundert auch ''Alba Graeca'' (lateinischer Name). Dieser Name deutet auf die Zeit der byzantinischen (graeca – griechischen) Vormachtstellung in dieser Region. In byzantinischen Quellen wurde die Stadt als ''Veligradon'' bezeichnet – eine leichte Abwandlung von Belgrad.<ref name="Lat. Bezeichnung"/> Auch wurde die Stadt als ''Alba Bulgarica'' (Name der Stadt durch den Einfall der [[Protobulgaren]]), ''Bello grado'' (italienisch), ''Nándorfehérvár'' und ''Landorfehérvár'' (während der Herrschaft der Ungarn im Mittelalter) oder ''Griechisch Weißenburg'', wie man sie damals im 19. Jahrhundert im [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]] kannte. Während der Herrschaft der Osmanen wurden Belgrad auch die Beinamen wie ''Dar Ul Jihad'', was so viel bedeutete wie Haus des Krieges, ''Haus der Freiheit'' sowie ''Hügel des Kampfes und Ruhmes'' verliehen. Als Beograd, die ''weiße Stadt'', tauchte die serbische Metropole erstmals bereits im Jahr 878 in einem Brief des Papstes [[Johannes VIII. (Papst)|Johannes VIII.]] an den bulgarischen [[Boris I. (Bulgarien)|Fürsten Boris I.]] als ''episcopus Belogradensis'' auf. Der Name geht wahrscheinlich auf die helle Farbe des Kalksteins, der für den Bau der Befestigung genutzt wurde, zurück, während der awarische Name historisch verloren ging.<ref name="Batkovic">Seite 83</ref><br />
<br />
Drei Schiffe der jugoslawischen Marine wurden als [[Belgrad-Klasse]] bezeichnet.<br />
<br />
Im Computerspiel [[Battlefield 2142]], das von [[Digital Illusions CE]] entwickelt wurde, taucht Belgrad auf. Der Boden, auf dem das Spiel basiert, ist eine Karte von Belgrad und stellt die [[Europäische Union]] (EU) dar. Im Spiel tobt ein Kampf zwischen der EU und einer Pan-Asiatischen Koalition (PAC) um die letzten Ressourcen und bewohnbaren Flächen der Erde, nachdem eine neue Eiszeit angebrochen ist. <br />
<br />
Im Computerspiel [[Half-Life 2]] ist das Gebäude der Nationalversammlung Serbiens als ''City 17'' angepasst, in welchem die Haupthandlungen geschehen. Im Spiel heißt das Gebäude ''Overvoch Nexus''. Ebenfalls taucht auch die Statue des serbischen Fürsten [[Mihailo Obrenović]] im Spiel auf.<br />
<br />
[[Datei:Offizierskreuz.jpg|miniatur|hochkant=0.5|Orden der Ehrenlegion]]<br />
Die Stadt Belgrad erhielt im Laufe der Geschichte folgende Auszeichnungen:<br />
<br />
* [[Ehrenlegion|Orden der Ehrenlegion]]: Übergeben vom französischen [[Marschall]] und Ehren[[wojwode]]n des serbischen Heeres, [[Louis Félix Marie Franchet d’Esperey|Franchet d'Esperey]] am 21. Dezember 1920. Außer Belgrad sind noch drei Städte außerhalb Frankreichs im Besitz dieses Ordens: [[Lüttich]] ([[Belgien]]), [[Luxemburg (Stadt)|Luxemburg]] ([[Luxemburg]]) und [[Wolgograd|Stalingrad]] (heute Wolgograd, [[Russland]]).<br />
* [[Das Tschechische Kriegskreuz]]: Übergeben von der damaligen Übergangsregierung der [[Tschechoslowakei]] in [[Paris]] am 7. November 1918 als höchste Auszeichnung. Verliehen für Mut und Kühnheit im Kampf gegen den Feind und für Heldentaten im Kampf um die [[Unabhängigkeit (Politik)|Unabhängigkeit]] von 1914 bis 1918.<br />
* Orden des [[Karađorđe-Stern]]s mit Schwertern: Übergeben vom damaligen König [[Peter II. (Jugoslawien)|Petar II. Karađorđević]] am 18. Mai 1939. Der Karađorđe-Stern war die größte und bedeutendste Kriegsauszeichnung im ehemaligen Jugoslawien.<br />
* [[Orden des Volkshelden]]: Übergeben am 10. Oktober 1974. Dieser Orden ist eine Auszeichnung für Personen, die den Titel eines Volkshelden erworben haben.<br />
<br />
Die vier genannten Orden befinden sich zudem auf dem Großwappen Belgrads abgebildet zusammen mit dem Wappen Belgrads.<br />
<br />
* 2006 wurde die Stadt vom renommierten ''fDi Magazine'' (Herausgeber: ''[[Financial Times]]'') als ''„Stadt der Zukunft Südeuropas“'' ausgezeichnet.<ref>{{cite web|url=http://www.fdimagazine.com/news/fullstory.php/aid/1543|title=European Cities of the Future 2006/07|accessdate=2007-07-10|publisher=fDi magazine|date=2006-02-06}}</ref><ref>{{cite web|url=http://www.seeurope.net/files2/pdf/rgn0906/13_Belgrade_CityOfTheFutureInSEE.pdf|title=Belgrade – City of the Future in Southern Europe|author=Aleksandar Miloradović |date=2006-09-01|accessdate=2007-07-10|publisher=TheRegion, magazine of SEE Europe|format=PDF}}</ref><ref>{{cite news | url=http://www.beograd.rs/cms/view.php?id=1299566 | title=Business Environment, BELGRADE - CITY OF THE FUTURE IN SOUTHERN EUROPE | publisher=City of Belgrade | date=| accessdate=2010-12-16}}</ref><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Branislav Dimitrijević: ''Sozialistischer Konsumismus, Verwestlichung und kulturelle Reproduktion. Der „postkommunistische“ Übergang im Jugoslawien Titos'', in: In: ''Zurück aus der Zukunft. Osteuropäische Kulturen im Zeitalter des Postkommunismus.'' Hg. von Boris Groys et al. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 2006, S. 195–277, S. 221, ISBN 3-518-12452-8 (Zur Bedeutung der ersten Konferenz der Bewegung der Blockfreien Staaten 1961 für die Belgrader Kultur.)<br />
* Holm Sundhaussen: ''Geschichte Serbiens: 19.–21. Jahrhundert''. Böhlau, Wien 2007, ISBN 978-3-205-77660-4.<br />
* Adolph Stiller (Hrsg.): ''Belgrad. Momente der Architektur''. Architektur im Ringturm XXV. Müry Salzmann Verlag, Salzburg 2011, ISBN 978-3-99014-049-9.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons|Beograd}}<br />
{{wikivoyage}}<br />
{{Wiktionary|Belgrad}}<br />
* [http://www.beograd.rs/deutsch/ Stadt Belgrad]<br />
* [http://www.tob.rs Touristische Organisation Belgrads]<br />
* [http://beautifulserbia.info/najkrasnije-mesto-od-davnina/ ''"Najkrasnije mesto od davnina"', Animation des mittelalterlichen Belgrad]<br />
* [http://www.planplus.co.rs/ Stadtplan von Belgrad]<br />
* [http://www.bgview.net Bildergalerie von Belgrad]<br />
* [http://www.oldstratforduponavon.com/belgrade.html Belgrad in alten Postkarten]<br />
* [http://web.mit.edu/most/www/ser/Belgrade/architecture.html Architektur Belgrads]<br />
* [http://www.belgradexv.com/index.htm Mittelalterliches Belgrad - belgradexv.com]<br />
* [http://beobuild.net/ BeoBuild (Construction projects)]<br />
* [http://www.belgradenet.com/ Belgrade Travel Guide, Serbia]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Okruzi Serbiens}}<br />
<br />
[[Kategorie:Belgrad| ]]<br />
[[Kategorie:Ort im Okrug Belgrad]]<br />
[[Kategorie:Okrug in Serbien]]<br />
[[Kategorie:Hauptstadt in Europa]]<br />
[[Kategorie:Archäologischer Fundplatz in Serbien]]<br />
[[Kategorie:Millionenstadt]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Ehrenlegion (Stadt)]]<br />
[[Kategorie:Ort an der Donau]]<br />
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{{Link FA|ar}}<br />
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[[yi:בעלגראד]]<br />
[[yo:Belgrade]]<br />
[[zh:贝尔格莱德]]<br />
[[zh-min-nan:Belgrade]]<br />
[[zh-yue:貝爾格萊德]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gavi,_die_Impfallianz&diff=113478162Gavi, die Impfallianz2013-01-27T17:52:58Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: en:GAVI Alliance</p>
<hr />
<div>{{Infobox gemeinnützige Organisation<br />
| Non-profit_name = GAVI Alliance<br />
| founded_date = 2000<br />
| key_people = [[Seth Berkley]], [[Dagfinn Høybråten]]<br />
| area_served = Entwicklungsländer weltweit<br />
| focus = Steigerung von Impfraten<br />
| homepage = [http://www.gavialliance.org/ GAVI Alliance]<br />
}}<br />
<br />
Die '''GAVI Alliance''' (früher ’’Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung’’, engl. ’’Global Alliance for Vaccines and Immunisation’’) ist eine weltweit tätige öffentlich-private Partnerschaft mit Sitz in Genf. Ihr Ziel ist es, das Leben von Kindern zu retten und die Gesundheit der Menschen zu verbessern - durch vereinfachten Zugang zu Impfungen gegen vermeidbare lebensbedrohliche Krankheiten in Entwicklungsländern.<ref>Website der GAVI Alliance (engl.): GAVI’s mission http://www.gavialliance.org/about/mission/, abgerufen am 1. Januar 2012</ref><ref>Informationen zur GAVI Alliance auf der Website des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: http://www.bmz.de/de/was_wir_machen/wege/multilaterale_ez/akteure/wio/GAVI_Alliance/index.html, abgerufen am 1. Januar 2012</ref><br />
<br />
Mitglieder der Allianz sind Regierungen von Industrie- und Entwicklungsländern, die [[Weltgesundheitsorganisation]] (WHO), [[UNICEF]], die [[Weltbank]], die [[Bill & Melinda Gates Foundation]], Nicht-Regierungsorganisationen, Impfstoffhersteller aus Industrie- und Entwicklungsländern sowie Gesundheits- und Forschungseinrichtungen und weitere private Geber.<ref>Website der GAVI Alliance (engl.): Governing GAVI http://www.gavialliance.org/about/governance/, abgerufen am 1. Januar 2012.</ref> Vorstandsvorsitzender der Allianz ist [[Dagfinn Høybråten]], der diese Position im Dezember 2010 von [[Mary Robinson]] übernahm. [[Seth Berkley]] ist seit August 2011 Geschäftsführer der GAVI Alliance.<br />
<br />
== Warum wurde GAVI gegründet? ==<br />
<br />
Die GAVI Alliance wurde im Jahr 2000 gegründet, um den bereits seit Ende der 1990er stagnierenden, zum Teil sogar rückläufigen Impfraten in den ärmsten Ländern der Welt zu begegnen.<ref>Entwicklung der Impfraten weltweit seit 1980 im ’’UNICEF Immunization summary: The 2012 edition (data through 2010)’’, zu finden auf der Website der WHO http://www.who.int/immunization_monitoring/data/en/, abgerufen am 1. Januar 2012.</ref> Die [[Bill & Melinda Gates Foundation]] stellte anfänglich 750 Millionen US-Dollar zur Verfügung, um Kinder in Entwicklungsländern mit Impfstoffen zu erreichen.<ref>Informationen auf der Website der GAVI Alliance (engl.): ’’2000-2015 – A decade of saving lives.’’, Stand: Dezember 2010, http://www.gavialliance.org/library/publications/gavi-fact-sheets/, abgerufen am 1. Januar 2012</ref><br />
<br />
== Was hat GAVI seit ihrer Gründung erreicht? ==<br />
<br />
In den ersten zehn Jahren seit ihrer Gründung hat GAVI die Impfung von 288 Millionen Kindern gegen lebensbedrohliche Krankheiten wie [[Diphtherie]], [[Tetanus]], [[Keuchhusten]] (Pertussis), [[Hepatitis B]], [[Gelbfieber]] und [[Haemophilus influenzae Typ b]] (Hib, einem Erreger von [[Meningitis]] (Hirnhautentzündung) und [[Lungenentzündung]]) finanziert. Auf diese Weise wurden nach Schätzungen der WHO von 2010 über 5 Millionen Todesfälle verhindert.<ref> Informationen (auf englisch) auf der Website der WHO vom Mai 2011: http://www.who.int/pmnch/media/membernews/2011/20110524_gavi_pledging_conference/en/, abgerufen am 30. Dezember 2011.</ref><br />
<br />
Darüber hinaus hat die GAVI Alliance seit 2010 damit begonnen, zwei neue Impfstoffe in Entwicklungsländern einzuführen: Die [[Pneumokokken]]impfung schützt vor Lungenentzündung, der Impfstoff gegen [[Rotavirus]] vor einem Haupterreger von [[Durchfall]]erkrankungen. Lungenentzündung und Durchfallerkrankungen sind die Haupttodesursachen bei Kindern unter fünf Jahren in Entwicklungsländern. Die beiden Erkrankungen zeichnen für fast 40 Prozent aller Todesfälle verantwortlich.<ref>Weltgesundheitsorganisation (WHO), ’’Millennium Development Goals: progress towards the health-related Millennium Development Goals’’, Informationen auf englisch, http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs290/en/index.html, Stand: Mai 2011, abgerufen am 15. Dezember 2011</ref><ref>Ärzte Zeitung online, vom 11. August 2010 ’’Kampf gegen Lungenentzündungen wird verstärkt - Pneumonien sind bei Kindern in Entwicklungsländern Todesursache Nummer eins’’, http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/lungenentzuendung/article/614798/kampf-lungenentzuendungen-verstaerkt.html, abgerufen am 28. Dezember 2011</ref><br />
<br />
Nach einer Geberkonferenz im Juni 2011, auf der insgesamt fast 3 Milliarden Euro (4,3 Milliarden US-Dollar) für Impfprogramme zugesagt wurden, kündigte die Impfallianz an, den Zugang zu neuen Impfstoffen noch beschleunigen und bis 2015 weitere vier Millionen vorzeitige Todesfälle zu verhindern.<ref> Pressemitteilung der GAVI Alliance vom 13. Juni 2011, http://www.gavialliance.org/library/news/press-releases/2011/donors-commit-vaccine-funding-to-achieve-historic-milestone-in-global-health/, abgerufen am 10. November 2012</ref> Zum Erreichen des [[Millennium-Entwicklungsziele | Millennium-Entwicklungsziels]] Nr. 4 (Senkung der Kindersterblichkeit von Unter-Fünf-Jährigen um zwei Drittel bis 2015) leisten Impfungen einen entscheidenden Beitrag.<ref>Informationen zum Millennium-Entwicklungsziel Nr. 4 auf der Website des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: http://www.bmz.de/de/was_wir_machen/ziele/hintergrund/ziele/millenniumsziele/millenniumsentwicklungsziele/mdg4.html, abgerufen am 29. Dezember 2011</ref><br />
<br />
== Arbeitsweise ==<br />
=== Auf dem Engagement der Entwicklungsländer aufbauen ===<br />
<br />
GAVI arbeitet nach eigenen Angaben nach dem Prinzip ’’country-owned, country-driven’’: Das bedeutet, dass die Entwicklungsländer selber festlegen, welche Impfungen sie benötigen, deren Finanzierung beantragen und die Umsetzung überwachen. GAVI verlangt zudem, dass die Empfängerländer die Kosten für die Impfprogramme mittragen. Auf diese Weise will man das Verantwortungsgefühl der Länder stärken und die Nachhaltigkeit der Impfprogramme sichern.<ref> Informationen zur Kofinanzierung auf der GAVI Website (auf englisch) http://www.gavialliance.org/about/gavis-business-model/country-commitment-to-co-financing/</ref> 2011 haben 50 Länder die Finanzierung von Impfstoffen bei GAVI beantragt.<ref> Presseinformation der GAVI Alliance vom 10. Juni 2011, ’’GAVI meldet Rekordnachfrage nach neuen Impfstoffen’’, http://www.gavialliance.org/library/news/press-releases/2011/german/gavi-meldet-rekordnachfrage-nach-neuen-impfstoffen/, abgerufen am 1. Januar 2012</ref><br />
<br />
=== Beeinflussung des Impfstoffmarkts ===<br />
<br />
GAVI bündelt die Nachfrage nach Impfstoffen und kann auf diese Weise große Mengen einkaufen. Insgesamt fragt UNICEF 40 Prozent des globalen Impfstoffvolumens nach, rund die Hälfte davon im Auftrag von GAVI.<ref> Vgl. hierzu Informationen auf der UNICEF-Website (auf englisch) http://www.unicef.org/supply/index_gavi.html, abgerufen am 1. Januar 2012.</ref> Zudem kann GAVI eine zuverlässige und langfristige Finanzierung sichern. Auf diese Weise wird der Impfstoffmarkt positiv beeinflusst: Immer mehr Hersteller, auch aus Schwellenländern, sind inzwischen daran interessiert, geeignete Impfstoffe für Entwicklungsländer zu produzieren.<ref> Vgl. hierzu die Informationen (auf engl.) auf der Website der GAVI Alliance, http://www.gavialliance.org/library/news/roi/2010/gavi-model-increases-vaccine-manufacturers/, abgerufen am 30. Dezember 2011.</ref> Der hieraus resultierende Wettbewerb zwischen den Unternehmen sorgt dafür, dass die Preise für Impfstoffe sinken.<ref> Spiegel Online vom 6. Juni 2011, ’’Pharmachef liest seiner Branche die Leviten’’ http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,766885,00.html, abgerufen am 1. Januar 2012.</ref><ref> Handelsblatt vom 6. Juni 2011, ’’Preisnachlässe für den guten Zweck’’ http://www.handelsblatt.com/politik/international/preisnachlaesse-fuer-den-guten-zweck/4257464.html, abgerufen am 1. Januar 2012.</ref> GAVI hat sich verpflichtet, diese Entwicklungen auch weiterhin zu fördern und zu unterstützen; hierzu hat GAVI die Beeinflussung der Impfstoffmärkte zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit erklärt.<ref> Pressemitteilung der GAVI Alliance vom 6. Juni 2011, ’’GAVI begrüßt Preissenkungen für lebensrettende Impfstoffe’’ (deutsche Version als PDF verfügbar), http://www.gavialliance.org/library/news/press-releases/2011/gavi-welcomes-lower-prices-for-life-saving-vaccines/, abgerufen am 1. Januar 2012.</ref><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
<br />
* [[Weltgesundheitsorganisation]]<br />
* [[UNICEF]]<br />
* [[Bill & Melinda Gates Foundation]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
<br />
* [http://www.gavialliance.org/ GAVI Alliance]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Organisation (Gesundheitswesen)]]<br />
[[Kategorie:Organisation (Genf)]]<br />
<br />
[[en:GAVI Alliance]]<br />
[[fr:GAVI Alliance]]<br />
[[it:GAVI Alliance]]<br />
[[ja:GAVIアライアンス]]<br />
[[pt:GAVI Alliance]]<br />
[[sq:Aleanca Globale për Vaksinat dhe Imunizimin]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=%CA%BFUmar_ibn_Hafs%C5%ABn&diff=113475322ʿUmar ibn Hafsūn2013-01-27T16:43:09Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:عمر ابن حفصون</p>
<hr />
<div>[[Datei:Bobastro ruinas.jpg|miniatur|Bobastro ruinas.]]<br />
[[Datei:Territorios de Ibn Hafsún.svg|miniatur|Von ibn Hafsun kontrollierte Gebiete]]<br />
'''Umar ibn Hafsun''' ({{arS|عمر بن حفصون|}}) (* um 850; † [[917]]<ref>306 [[Islamische Zeitrechnung|H]] laut [[Wilhelm Hoenerbach]]: ''Islamische Geschichte Spaniens.'' Artemis, Zürich/Stuttgart 1970, S. 114. vgl. [[Évariste Lévi-Provençal]]: ''Histoire de l'Espagne Musulmane.'' Band II, S. 12, Anm. 2.</ref>) war der Führer eines Aufstandes in [[Al-Andalus]] (880-918).<br />
<br />
Umar ibn Hafsun war Sohn begüterter muslimischer Landbesitzer in der Gegend von [[Ronda]], die dem alten westgotischen Adel entstammten. Nach privaten Streitigkeiten und einem Totschlag um 879 sammelte er Gesetzlose um sich und machte die Gegend von [[Málaga]] unsicher. Zwar geriet er zunächst in Gefangenschaft, doch gelang ihm die Flucht nach [[Afrika]].<br />
<br />
Von dort kehrte er bald zurück und wurde 884 Führer der Aufständischen in den südlichen Provinzen im [[Emirat von Córdoba]]. Hauptstützpunkt wurde die Festung [[Bobastro]] bei Málaga, die auch mehreren Belagerungen durch die [[Umayyaden]] trotzte. Auf dem Höhepunkt seiner Macht beherrschte er die Provinzen Málaga und [[Granada]] und hatte enge Verbindungen zu den Aufständischen in [[Jaén]]. Er stützte sich im Kampf gegen die Umayyaden vor allem auf [[Berber]] und [[Mozaraber]].<br />
<br />
Er baute auch Kontakte zu den [[Aghlabiden]] und später den [[Fatimiden]] in [[Ifriqiya]] auf, doch nahm seine Anhängerschaft ab, als er zum Christentum übertrat. Auch gelang es dem Umayyadenemir [[Abdallah von Córdoba|Abdallah]] durch das Bündnis mit den Banu Khaldun Umar ibn Hafsun weitgehend zu isolieren. Dennoch konnte er bis zu seinem Tod von den [[Umayyaden]] nicht entscheidend geschlagen werden.<br />
<br />
Unter seinem Sohn Sulayman konnte sich Bobastro noch bis 928 gegenüber [[Abd ar-Rahman III.]] behaupten, bevor der Aufstand niedergeschlagen und der Hafsun-Clan ins Exil getrieben wurde.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* [[Arnold Hottinger]]: ''Die Mauren. Arabische Kultur in Spanien'', Wilhelm Fink Verlag, München, 1995. ISBN 3-7705-3075-6<br />
* Stephan und Nandy Ronart: ''Lexikon der Arabischen Welt.'' Artemis Verlag Düsseldorf, 1972, ISBN 3-7608-0138-2<br />
* Ann Christys: ''Christians in Al-Andalus, 711–1000.'' Curzon, Richmond 2002, ISBN 0-7007-1564-9, S. 102 f. ({{Google Buch | BuchID=XDNShxZAJpwC | Seite=102 | Hervorhebung=Hafsun}}).<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Normdaten|PND=119478773|LCCN=n/96/5032|VIAF=6653386}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Umar Ibn Hafsun}}<br />
[[Kategorie:Person (Spanische Geschichte)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 9. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 917]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Umar ibn Hafsun<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Führer eines Aufstandes in Al-Andalus<br />
|GEBURTSDATUM=um 850<br />
|GEBURTSORT=<br />
|STERBEDATUM=917<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[ar:عمر بن حفصون]]<br />
[[arz:عمر ابن حفصون]]<br />
[[ca:Úmar ibn Hafsun]]<br />
[[en:Umar ibn Hafsun]]<br />
[[es:Omar ibn Hafsún]]<br />
[[fr:Omar Ben Hafsun]]<br />
[[it:Umar ibn Hafsun]]<br />
[[sh:Umar ibn Hafsun]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Edward_Jenner&diff=113456490Edward Jenner2013-01-27T09:12:03Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:ادوارد جينر</p>
<hr />
<div>[[Datei:Edward Jenner.jpg|mini|Edward Jenner]]<br />
[[Datei:Jenner-Muenchen-Am-Neudeck.jpg|mini|Gedenktafel für Edward Jenner in München, Am Neudeck 1]]<br />
<br />
'''Edward Jenner''' [{{IPA|ˈɛdwəd ˈdʒɛnə}}] (*&nbsp;{{JULGREGDATUM|17|5|1749|Link="true"}} in [[Berkeley (Gloucestershire)|Berkeley]], [[Gloucestershire]]; † [[26. Januar]] [[1823]] ebenda) war ein englischer Landarzt, der die moderne [[Impfung|Schutzimpfung]] gegen [[Pocken]] entwickelte.<br />
<br />
== Leben ==<br />
Jenner wurde an der Cirencester Grammar School unterrichtet, studierte [[Anatomie]] und [[Chirurgie]] am [[St George’s, University of London|St. George’s Hospital]] in [[London]] und kehrte nach Berkeley zurück, um eine eigene Praxis zu eröffnen.<br />
<br />
Die Impfung mit intakten [[Pocken]]viren wurde bereits früher in der Türkei praktiziert und durch [[Mary Wortley Montagu]] nach Europa gebracht, wo sie beispielsweise von [[Jan Ingenhousz]] praktiziert wurde.<ref>[http://www.istanbulpark.de/news.php?extend.72.1 Der große Impfversuch von Konstantinopel]</ref> Es war jedoch eine riskante Präventionsmaßnahme. Ab 1770 impften bereits verschiedene Personen in England und Deutschland, darunter [[Benjamin Jesty]] (1774)<ref>J. F. Hammarsten u. a.: [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2279376/?tool=pubmed ''Who discovered smallpox vaccination? Edward Jenner or Benjamin Jesty?''] In: ''Trans Am Clin Climatol Assoc'' 90, 1979, S.&nbsp;44–55. PMID 390826</ref> und [[Peter Plett]] (1791)<ref>P. C. Plett: ''Peter Plett und die übrigen Entdecker der Kuhpockenimpfung vor Edward Jenner.'' In: ''Sudhoffs Archiv'', Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte, Band 90, Heft 2, Franz Steiner Verlag, Stuttgart, 2006, S.&nbsp;219–232. (ISSN 0039-4564)</ref> mit der Kuhpockenlymphe. Auch Jenner nutzte die landläufige Meinung, dass Melkerinnen, die sich mit [[Kuhpocken]] infiziert hatten, gewöhnlich nicht an den eigentlichen [[Pocken]] erkrankten. Im Mai 1796 unternahm er einen Versuch, indem er den Jungen [[James Phipps]] mit Kuhpocken- oder Vacciniaviren impfte, die er einer Kuhpockenpustel entnommen hatte. Sechs Wochen später infizierte Jenner den Jungen mit Pockeneiter; er erwies sich als immun. Als Jenners Artikel von der [[Royal Society]] abgelehnt wurde, unternahm er weitere Versuche – auch mit seinem 11 Monate alten Sohn. Im Jahr 1798 veröffentlichte er seine Ergebnisse und musste erleben, dass man ihn lächerlich zu machen versuchte. Dennoch setzte sich die von ihm propagierte Methode durch.<br />
<br />
Jenner bezeichnete sein Verfahren als „vaccination“ ({{deS|''[[Vakzination]]''}}). Dieser Begriff steht im Englischen heute immer noch für die Schutzimpfung einer gesunden Person mit abgeschwächten oder inaktivierten Krankheitserregern, bzw. deren immunogenen Komponenten.<br />
<br />
Jenner war auch ein genauer Naturbeobachter: So war er es, der feststellte, dass ein junger [[Kuckuck]] seine „Stiefgeschwister“ nach und nach aus dem Nest drängt, bis er als alleiniger Schützling seiner „Gastgeber“ gefüttert wird. Für diese Beobachtung wurde er 1789 zum „[[Fellow]]“ der [[Royal Society]] gewählt.<br />
Im Jahre 1802 wurde Edward Jenner ein Mitglied im Bund der [[Freimaurer]], seine [[Freimaurerloge|Loge]] ''Faith and Friendship'' ist in [[Berkeley (Gloucestershire)]] ansässig.<ref>Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: ''Internationales Freimaurerlexikon'', Überarbeitete und erweiterte Neuauflage der Ausgabe von 1932, München 2003, 951 S., ISBN 3-7766-2161-3</ref><ref>[http://freemasonry.bcy.ca/biography/jenner_e/jenner_e.html Famous Freemasons Edward Jenner], Homepage: Grand Lodge of Britisch Columbia and Yukon (Abgerufen am 7. Oktober 2012)</ref><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Immunpathologie]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons}}<br />
{{Wikisource}}<br />
* {{DNB-Portal|118712039}}<br />
* [http://www.aim25.ac.uk/cgi-bin/search2?coll_id=7135&inst_id=8 Royal College of Physicians: Edward Jenner]<br />
* [http://www.whonamedit.com/doctor.cfm/1818.html Edward Jenner] bei www.whonamedit.com<br />
* Artikel von über Edward Jenner im ''Magazin für die Literatur des Auslandes'' vom 17. August 1838: [http://books.google.de/books?id=lXkDAAAAYAAJ&pg=PA395&lpg=PA395&dq=%22Edward+Jenner%22+Verm%C3%B6gen&source=bl&ots=oOCWYsXd79&sig=wTdacDLxLQS7Xt86VjlwPZ9kKHI&hl=de&ei=lc_fS9m1KMaKONGylcQI&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=2&ved=0CAgQ6AEwAQ#v=onepage&q=%22Edward%20Jenner%22%20Verm%C3%B6gen&f=false] Der Artikel stützt sich auf folgendes Buch: John Baron, ''The Life of Edrward Jenner with illustrations of his doctrines and selections from his correspondence. 2. Bände. London. 1838.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Normdaten|PND=118712039|LCCN=n/79/86454|VIAF=32791168}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Jenner, Edward}}<br />
[[Kategorie:Mediziner (18. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Mediziner (19. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Freimaurer (18. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Freimaurer (19. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Englischer Freimaurer]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Royal Society]]<br />
[[Kategorie:Engländer]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1749]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 1823]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Jenner, Edward<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=englischer Arzt und Entdecker der [[Pocken]]schutzimpfung<br />
|GEBURTSDATUM=17. Mai 1749<br />
|GEBURTSORT=[[Berkeley (Gloucestershire)|Berkeley]], [[Gloucestershire]]<br />
|STERBEDATUM=26. Januar 1823<br />
|STERBEORT=Berkeley, Gloucestershire<br />
}}<br />
<br />
[[an:Edward Jenner]]<br />
[[ar:إدوارد جينر]]<br />
[[arz:ادوارد جينر]]<br />
[[ast:Edward Jenner]]<br />
[[az:Edvard Cenner]]<br />
[[be:Эдуард Джэнер]]<br />
[[bn:এডোয়ার্ড জেনার]]<br />
[[bs:Edward Jenner]]<br />
[[ca:Edward Jenner]]<br />
[[cs:Edward Jenner]]<br />
[[cy:Edward Jenner]]<br />
[[da:Edward Jenner]]<br />
[[el:Έντουαρντ Τζέννερ]]<br />
[[en:Edward Jenner]]<br />
[[eo:Edward Jenner]]<br />
[[es:Edward Jenner]]<br />
[[et:Edward Jenner]]<br />
[[eu:Edward Jenner]]<br />
[[fa:ادوارد جنر]]<br />
[[fi:Edward Jenner]]<br />
[[fr:Edward Jenner]]<br />
[[fy:Edward Jenner]]<br />
[[gl:Edward Jenner]]<br />
[[he:אדוארד ג'נר]]<br />
[[hi:एडवार्ड जेनर]]<br />
[[hr:Edward Jenner]]<br />
[[hu:Edward Jenner]]<br />
[[ia:Edward Jenner]]<br />
[[id:Edward Jenner]]<br />
[[io:Edward Jenner]]<br />
[[is:Edward Jenner]]<br />
[[it:Edward Jenner]]<br />
[[ja:エドワード・ジェンナー]]<br />
[[jv:Edward Jenner]]<br />
[[ka:ედუარდ ჯენერი]]<br />
[[kn:ಎಡ್ವರ್ಡ್ ಜೆನ್ನರ್]]<br />
[[ko:에드워드 제너]]<br />
[[ku:Edward Jenner]]<br />
[[la:Eduardus Iennerus]]<br />
[[lb:Edward Jenner]]<br />
[[lt:Edward Jenner]]<br />
[[lv:Edvards Dženners]]<br />
[[mk:Едвард Џенер]]<br />
[[mr:एडवर्ड जेनर]]<br />
[[my:အက်ဒွပ် ဂျင်းနား]]<br />
[[nl:Edward Jenner]]<br />
[[nn:Edward Jenner]]<br />
[[no:Edward Jenner]]<br />
[[pam:Edward Jenner]]<br />
[[pl:Edward Jenner]]<br />
[[pt:Edward Jenner]]<br />
[[qu:Edward Jenner]]<br />
[[ro:Edward Jenner]]<br />
[[ru:Дженнер, Эдвард]]<br />
[[sa:एड्वर्ड् जेन्नर्]]<br />
[[sco:Edward Jenner]]<br />
[[sh:Edward Jenner]]<br />
[[simple:Edward Jenner]]<br />
[[sk:Edward Jenner]]<br />
[[sl:Edward Jenner]]<br />
[[sr:Едвард Џенер]]<br />
[[sv:Edward Jenner]]<br />
[[ta:எட்வர்ட் ஜென்னர்]]<br />
[[te:ఎడ్వర్డ్ జెన్నర్]]<br />
[[th:เอดเวิร์ด เจนเนอร์]]<br />
[[tl:Edward Jenner]]<br />
[[tr:Edward Jenner]]<br />
[[uk:Едвард Дженнер]]<br />
[[ur:ایڈورڈ جینر]]<br />
[[vi:Edward Jenner]]<br />
[[war:Edward Jenner]]<br />
[[xmf:ედუარდ ჯენერი]]<br />
[[zh:愛德華·詹納]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Alexander_Fleming&diff=113456156Alexander Fleming2013-01-27T08:58:49Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:ألكسندر فلمنج</p>
<hr />
<div>[[File:Alexander-fleming.jpg|200px|thumb|Alexander Fleming]]<br />
[[Knight|Sir]] '''Alexander Fleming''' (* [[6. August]] [[1881]] in Lochfield bei [[Darvel]], [[East Ayrshire]]; † [[11. März]] [[1955]] in [[London]]) war ein [[Schottland|schottischer]] [[Bakteriologie|Bakteriologe]]. Er erhielt 1945 als einer der Entdecker des [[Antibiotikum]]s ''[[Penicillin]]'' den [[Nobelpreis]]. Außerdem entdeckte er das [[Lysozym]], ein Enzym, das starke antibakterielle Eigenschaften aufweist und in verschiedenen Körpersekreten wie Tränen und Speichel vorkommt. <br />
<br />
== Leben ==<br />
Alexander Fleming wurde 1881 in Lochfield bei Darvel geboren. Er studierte ab 1901 Medizin an der St. Mary's Hospital Medical School in Paddington (London). 1906 schloss er sein Studium ab, blieb aber weiterhin am Institut. Ab 1921 war er stellvertretender Leiter und ab 1946 Direktor des Instituts, das 1948 in Wright-Fleming-Institut umbenannt wurde. Von 1928 bis 1948 hatte er an der Londoner Universität den Lehrstuhl für Bakteriologie inne.<br />
<br />
In seinen jungen Jahren beschäftigte sich Fleming mit [[Autovaccine]]n. 1921 isolierte er das [[Enzym]] [[Lysozym]], das im Eiweiß des Hühnereis sowie in zahlreichen menschlichen Körpersekreten vorkommt<ref>{{Internetquelle|url=http://www.jstor.org/pss/80959?cookieSet=1|hrsg=JSTOR|titel=Proceedings of the Royal Society of London. Series B, Containing Papers of a Biological Character, Vol. 93, No. 653 (May 1, 1922), pp. 306-317|sprache=englisch|zugriff=2010-03-07}}</ref> und in der Lage ist, [[Bakterien]] zu zerstören. Er bemerkte zufällig am 28. September 1928 im Labor in eine seiner [[Staphylokokken]]-Kulturen hineingeratene [[Schimmelpilz]]e der Gattung ''[[Penicillium]]'', die eine keimtötende Wirkung hatten. Weitere Untersuchungen führten später zum Antibiotikum Penicillin.<ref>Roy Porter: ''Die Kunst des Heilens'', Heidelberg, 2003, S.&nbsp;459f</ref> <br />
[[Datei:Nobelpristagare Fleming Midi.jpg|miniatur|hochkant=1.3|Alexander Fleming (Mitte) bei der Verleihung des Nobelpreises durch König [[Gustav V. (Schweden)|Gustaf V.]] von Schweden im Jahr 1945]]<br />
<br />
Für seine Entdeckung wurde Fleming vielfach geehrt. 1944 wurde er geadelt, und 1945 bekam er zusammen mit [[Howard Walter Florey]] und [[Ernst Boris Chain]], die seine Untersuchungen weitergeführt hatten, „für die Entdeckung des Penicillins und seiner heilenden Wirkung bei verschiedenen Infektionskrankheiten" den [[Nobelpreis für Physiologie oder Medizin]]. Weiterhin war er [[Ehrendoktor]] von zwölf amerikanischen und europäischen Universitäten, Kommandeur der französischen [[Ehrenlegion]] und Ehrendirektor der [[University of Edinburgh|Universität Edinburgh]].<br />
<br />
[[Datei:Berlin GTafel Chain.jpg|miniatur|[[Berliner Gedenktafel]] in [[Berlin-Moabit]] (Turmstr.&nbsp;22) zusammen mit [[Ernst Boris Chain]] und [[Howard Walter Florey]]]]<br />
<br />
Fleming starb am 11. März 1955 in London an einem Herzinfarkt und wurde in der Londoner [[Saint Paul’s Cathedral]] begraben.<br />
<br />
== Freimaurerei ==<br />
Fleming war [[Freimaurerei|Freimaurer]], ab 1925 [[Meister vom Stuhl]] der ''Santa Maria Freimaurer Nummer 2692'' und ab 1936 der ''Misericordia Lodge No. 3286''. 1942 wurde er ''Erster Großschaffner'' der [[Vereinigte Großloge von England|Vereinigten Großloge von England]] und ab 1948 deren Großaufseher. Ebenso war er Mitglied der ''London Scottish Rifles Lodge No. 2319'' und erreichte den [[Grad (Freimaurerei)|30. Grad]] des ''Alten und Angenommenen Schottischen Ritus''.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Literatur ==<br />
[[Datei:Faroe stamp 079 europe (fleming).jpg|miniatur|Alexander Fleming auf einer Briefmarke der [[Färöer]].]]<br />
* Heinz Graupner: ''A. F.: Der Entdecker des Penicillins''. In: ''Forscher und Wissenschaftler im heutigen Europa. 2. Mediziner, Biologen, Anthropologen.'' Hgg. [[Hans Ernst Schneider]] und [[Wilhelm Spengler]]. Reihe: Gestalter unserer Zeit Bd. 4. Stalling, Oldenburg 1955, S. 151 - 157. (Die Hgg. waren [[Schutzstaffel|SS]]-Kader.)<br />
* Gwyn MacFarlane: ''Alexander Fleming. The Man and the Myth.'' Harvard University Press, Cambridge/Mass. 1984<br />
* [[André Maurois]]: ''Alexander Fleming. Arzt und Forscher.'' List, München 1960<br />
* Fred Rihner: ''Sir Alexander Fleming. Gedenkschrift zum 100. Geburtstag.'' Selbstverlag, Zürich 1981<br />
* Christof Goddemeier: ''[http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=suche&id=52563 Alexander Fleming (1881–1955): Penicillin.]'' In: ''Deutsches Ärzteblatt.'' 103(36), S. A2286, 2006, {{ISSN|0012-1207}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{commonscat}}<br />
* {{DNB-Portal|118533894}}<br />
* {{Nobel-med|1945|Alexander Fleming}}<br />
<br />
{{Normdaten|PND=118533894|LCCN=n/83/228021|VIAF=69004123}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Fleming, Alexander}}<br />
[[Kategorie:Bakteriologe]]<br />
[[Kategorie:Mediziner (20. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Erfinder]]<br />
[[Kategorie:Pharmakologe]]<br />
[[Kategorie:Britischer Freimaurer]]<br />
[[Kategorie:Freimaurer (19. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Freimaurer (20. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Nobelpreisträger für Medizin]]<br />
[[Kategorie:Knight Bachelor]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Royal Society]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Ehrenlegion (Kommandeur)]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften]]<br />
[[Kategorie:Ehrendoktor der Universität Graz]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1881]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 1955]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Fleming, Alexander<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=schottischer Bakteriologe und Nobelpreisträger, einer der Entdecker des Penicillins<br />
|GEBURTSDATUM=6. August 1881<br />
|GEBURTSORT=[[Lochfield]], [[Darvel]], [[East Ayrshire]]<br />
|STERBEDATUM=11. März 1955<br />
|STERBEORT=[[London]]<br />
}}<br />
<br />
[[af:Alexander Fleming]]<br />
[[an:Alexander Fleming]]<br />
[[ar:ألكسندر فلمنج]]<br />
[[arz:ألكسندر فلمنج]]<br />
[[be:Аляксандр Флемінг]]<br />
[[be-x-old:Аляксандар Флемінг]]<br />
[[bg:Александър Флеминг]]<br />
[[bn:অ্যালেকজান্ডার ফ্লেমিং]]<br />
[[bs:Alexander Fleming]]<br />
[[ca:Alexander Fleming]]<br />
[[cs:Alexander Fleming]]<br />
[[cy:Alexander Fleming]]<br />
[[da:Alexander Fleming]]<br />
[[el:Αλεξάντερ Φλέμινγκ]]<br />
[[en:Alexander Fleming]]<br />
[[eo:Alexander Fleming]]<br />
[[es:Alexander Fleming]]<br />
[[et:Alexander Fleming]]<br />
[[eu:Alexander Fleming]]<br />
[[fa:الکساندر فلمینگ]]<br />
[[fi:Alexander Fleming]]<br />
[[fo:Alexander Fleming]]<br />
[[fr:Alexander Fleming]]<br />
[[fy:Alexander Fleming]]<br />
[[gd:Alexander Fleming]]<br />
[[gl:Alexander Fleming]]<br />
[[gu:એલેક્ઝાન્ડર ફ્લેમિંગ]]<br />
[[he:אלכסנדר פלמינג]]<br />
[[hi:अलेक्ज़ांडर फ्लेमिङ]]<br />
[[hr:Alexander Fleming]]<br />
[[hu:Alexander Fleming]]<br />
[[id:Alexander Fleming]]<br />
[[io:Alexander Fleming]]<br />
[[is:Alexander Fleming]]<br />
[[it:Alexander Fleming]]<br />
[[ja:アレクサンダー・フレミング]]<br />
[[jv:Alexander Fleming]]<br />
[[ka:ელიგზანდერ ფლემინგი]]<br />
[[kn:ಅಲೆಕ್ಸಾಂಡರ್ ಫ್ಲೆಮಿಂಗ್]]<br />
[[ko:알렉산더 플레밍]]<br />
[[la:Alexander Fleming]]<br />
[[lb:Alexander Fleming]]<br />
[[lt:Alexander Fleming]]<br />
[[lv:Aleksandrs Flemings]]<br />
[[mk:Александар Флеминг]]<br />
[[ml:അലക്സാണ്ടർ ഫ്ലെമിങ്]]<br />
[[mr:अलेक्झांडर फ्लेमिंग]]<br />
[[my:အလက်ဇန္ဒား ဖလင်းမင်း]]<br />
[[new:अलेक्जेन्डर फ्लेमिङ]]<br />
[[nl:Alexander Fleming]]<br />
[[no:Alexander Fleming]]<br />
[[oc:Alexander Fleming]]<br />
[[pa:ਅਲੈਗਜ਼ੈਂਡਰ ਫ਼ਲੈਮਿੰਗ]]<br />
[[pl:Alexander Fleming]]<br />
[[pnb:الیگزنڈر فلیمنگ]]<br />
[[pt:Alexander Fleming]]<br />
[[qu:Alexander Fleming]]<br />
[[ro:Alexander Fleming]]<br />
[[ru:Флеминг, Александр]]<br />
[[sa:सर् अलेक्साण्डर् प्लेमिङ्ग्]]<br />
[[sco:Alexander Fleming]]<br />
[[sh:Alexander Fleming]]<br />
[[simple:Alexander Fleming]]<br />
[[sk:Alexander Fleming]]<br />
[[sl:Alexander Fleming]]<br />
[[so:Aleksander Fileming]]<br />
[[sr:Александар Флеминг]]<br />
[[su:Alexander Fleming]]<br />
[[sv:Alexander Fleming]]<br />
[[sw:Alexander Fleming]]<br />
[[ta:அலெக்சாண்டர் பிளெமிங்]]<br />
[[th:อเล็กซานเดอร์ เฟลมมิง]]<br />
[[tr:Alexander Fleming]]<br />
[[uk:Александер Флемінг]]<br />
[[ur:الیگزنڈر فلیمنگ]]<br />
[[vi:Alexander Fleming]]<br />
[[war:Alexander Fleming]]<br />
[[yo:Alexander Fleming]]<br />
[[zh:亚历山大·弗莱明]]<br />
[[zh-yue:弗萊明]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ivan_Lendl&diff=113455928Ivan Lendl2013-01-27T08:48:17Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:ايفان ليندل</p>
<hr />
<div>{{Infobox Tennisspieler<br />
| Name = Ivan Lendl <br />
| Bild = Ivan Lendl.jpg<br />
| Spitzname =<br />
| Nationalität = {{TCH}} (1960–1992) <br/> {{USA}} (1992—heute)<br />
| Geburtstag = 7. März 1960<br />
| Todestag =<br />
| Größe = 188<br />
| Gewicht = <br />
| ErsteProfisaison = 1978<br />
| Rücktritt = 1994<br />
| Spielhand = Rechts<br />
| Trainer = <br />
| Preisgeld = 21.262.417<br />
| EinzelBilanz = 1071:239<br />
| AnzahlEinzelTitel = 94<br />
| HoechsteEinzelPlatzierung = 1 (28. Februar 1983)<br />
| AktuelleEinzelPlatzierung =<br />
| WochenNr1 = 270<br />
| AnzahlGrandSlamTitelEinzel = 8<br />
| AustralianOpenErgebnisEinzel = '''S''' (1989, 1990)<br />
| FrenchOpenErgebnisEinzel = '''S''' (1984, 1986, 1987)<br />
| WimbledonErgebnisEinzel = F (1986, 1987)<br />
| USOpenErgebnisEinzel = '''S''' (1985–1987)<br />
| DoppelBilanz = 187:140<br />
| AnzahlDoppelTitel = 6<br />
| HoechsteDoppelPlatzierung = 20 (12. Mai 1986)<br />
| AktuelleDoppelPlatzierung =<br />
| WochenNr1Doppel =<br />
| AnzahlGrandSlamTitelDoppel =<br />
| AustralianOpenErgebnisDoppel = AF (1984)<br />
| FrenchOpenErgebnisDoppel = HF (1980)<br />
| WimbledonErgebnisDoppel = 2R (1985)<br />
| USOpenErgebnisDoppel = AF (1980)<br />
| AnzahlGrandSlamTitelMixed =<br />
| AustralianOpenErgebnisMixed =<br />
| FrenchOpenErgebnisMixed = VF (1979)<br />
| WimbledonErgebnisMixed =<br />
| USOpenErgebnisMixed = 1R (1978)<br />
| Updated =<br />
}}<br />
[[File:Ivan Lendl (1984) cropped.jpg|thumb|Lendl 1984 im Finale in Rotterdam]]<br />
'''Ivan Lendl''' (* [[7. März]] [[1960]] in [[Ostrava]], damals [[ČSSR]], heute Tschechien) ist ein ehemaliger vormals tschechoslowakischer, heute US-amerikanischer [[Tennis]]spieler.<br />
<br />
Lendl, der am 7. Juli 1992<ref>"Geburtstage", Sport-Bild vom 3. März 1993, S.40</ref> die US-amerikanische Staatsbürgerschaft annahm, gewann in seiner Karriere insgesamt 8 [[Grand Slam (Tennis)|Grand-Slam]]-Turniere im Einzel und erreichte die frühere Rekordanzahl von 19 Finalteilnahmen bei Turnieren dieser Kategorie. Mit vier Jahren (1985-87, 1989), die er an der Spitze der [[Tennis-Weltrangliste]] beendete und insgesamt 270 Wochen auf der Spitzenposition war Lendl einer der dominantesten Tennisspieler der 1980er Jahre. <br />
<br />
In seiner 17 Jahre dauernden Karriere gewann er insgesamt 94 Turniere in der Einzelkonkurrenz, darunter je dreimal die [[French Open]] und [[US Open]], sowie zweimal die [[Australian Open]] und 6 Titel im Doppel. Nur der Erfolg in [[Wimbledon Championships|Wimbledon]], wo er zweimal das Finale erreichte, blieb Lendl verwehrt. Zusätzlich gewann er fünfmal das [[Masters (Tennis)|Masters]] und 1980 den [[Davis Cup]] mit der Tschechoslowakei. In seiner Bilanz stehen 1071 gewonnenen Spielen 239 Niederlagen gegenüber (bei Grand-Slam-Turnieren 222:49). Ende des Jahres 2011 wurde er der Trainer des Briten Andy Murray.<br />
<br />
== Tenniskarriere ==<br />
Bereits in der Jugend war Lendl ein herausragender Spieler, so gewann er 1978 die Junioren-Einzeltitel bei den French Open und in Wimbledon und wurde als Nr. 1 der Juniorenweltrangliste geführt. Im gleichen Jahr wurde er Profi und erreichte bereits 1979 sein erstes Einzelfinale bei den Herren. 1980 gewann Lendl sieben Turniere, wobei es ihm gelang, drei Turniere auf unterschiedlichen Bodenbelägen in drei aufeinanderfolgenden Wochen zu gewinnen. 1981 gewann er zehn Turniere und erreichte dabei das erste Grand-Slam-Finale seiner Karriere bei den French Open, das er in fünf Sätzen gegen den Schweden [[Björn Borg]] verlor. 1982 beendete er 15 von 23 Turniere, in denen er antrat, als Sieger, allerdings verlor er erneut ein Grand-Slam-Finale, diesmal gegen [[Jimmy Connors]] bei den US Open. Auch in der folgenden Saison hielt sich Lendl konstant unter den besten Spielern der Welt, musste sich aber in zwei weiteren Endspielen bei Grand-Slam-Turnieren geschlagen geben. Schließlich folgte in der Saison 1984 der erste Sieg bei einem der wichtigsten Turniere der Welt. Bei den French Open in Paris drehte Lendl einen 0:2-Satzrückstand im Finale gegen [[John McEnroe]] und errang seinen ersten Major-Turniersieg.<br />
<br />
Die Saison 1985 war eine der besten in Lendls Karriere. Unter seinen 11 Einzeltiteln war auch der erste Sieg bei den US Open, wo er zuvor dreimal in Folge im Endspiel gescheitert war. Auch in den nächsten beiden Jahren sollte Lendl die US Open gewinnen, dazu kamen zwei weitere Siege bei den French Open und zwei Finalteilnahmen in Wimbledon. Damit beendete Lendl die Jahre 1985-87 jeweils als bester Spieler der [[Tennis-Weltrangliste]]. Nach zwei Jahren mit jeweils drei Grand-Slam-Finalteilnahmen erreichte Lendl in der Saison 1988 einzig bei den US Open das Finale, wo seine Serie von 27 Siegen in Folge in einem knappen Spiel über fünf Sätze gegen [[Mats Wilander]] endete. 1989 folgte der erste Triumph bei den Australian Open. In Paris verlor er im Achtelfinale in einem legendären Match gegen den von Krämpfen geplagten und am Rande einer Aufgabe stehenden [[Michael Chang]] mit 6:4, 6:4, 3:6, 3:6, 3:6. Beim Turnier in Wimbledon kam Lendl in dieser Saison wie auch in den folgenden Jahren seiner Karriere nicht mehr über das Halbfinale hinaus. <br />
<br />
1990 endete die Serie von acht Finalteilnahmen in Folge bei den US Open, bei den Australian Open konnte Lendl den achten und letzten Grand-Slam-Titel seiner Karriere erringen und am Jahresende zum zehnten Mal in Folge eine Saison unter den drei besten Spielern der Welt beenden. Bei den Australian Open 1991 erreichte Lendl schließlich das letzte Grand-Slam-Finale seiner Karriere, das Match verlor er gegen den Deutschen [[Boris Becker]] in vier Sätzen. Die letzten drei Jahre der Karriere Lendls waren geprägt von anhaltenden Rückenproblemen und relativ frühen Niederlagen bei den wichtigen Turnieren. Schließlich beendete der US-Amerikaner 1994 seine Karriere im Alter von 34 Jahren und widmete sich danach zunehmend dem Golfsport. Seit dem 31. Dezember 2011 ist Lendl als Trainer des Tennisprofis [[Andy Murray (Tennisspieler)|Andy Murray]] tätig.<ref>[http://www.spiegel.de/sport/sonst/0,1518,806555,00.html Legende Lendl trainiert Murray] auf [[Spiegel-online]] vom 31. Dezember 2011, abgerufen am 1. Januar 2012</ref> In Prag spielte Lendl im Mai 2012 beim Sparta Prague Open Tennisturnier das erste Mal seit den 1970er Jahren. <br />
<br />
2001 wurde Lendl in die [[International Tennis Hall of Fame]] aufgenommen.<br />
<br />
== Privatleben ==<br />
Lendl stammt aus einer tennisbegeisterten Familie. Seine Mutter (Olga Lendlová) war eine der erfolgreichsten Tennisspielerinnen der Tschechoslowakei und wurde einst ihrer Zeit die zweitbeste Spielerin des Landes. Auch sein Vater (Jiří Lendl) war ein guter Spieler, der später der Vorsitzende der tschechoslowakischen Tennis-Föderation wurde. Seit 1981 lebte Lendl in den Vereinigten Staaten. 1984 zog Lendl in die USA und nahm 1992 die [[Vereinigte Staaten|US-amerikanische]] Staatsbürgerschaft an. Er lebt heute mit seiner Frau Samantha und seinen fünf Töchtern im US-Bundesstaat [[Connecticut]].<br />
<br />
== Statistiken und Rekorde ==<br />
{{Tennis-Weltranglistenerste (Herren)}}<br />
* Lendl ist nach [[Roger Federer]] der Spieler mit den meisten Finalteilnahmen bei Grand-Slam-Turnieren (19).<br />
* Mit insgesamt 94 Turniererfolgen im Einzel belegt Lendl den zweiten Platz in der Bestenliste der Open-Ära hinter [[Jimmy Connors]] (109).<br />
* Lendl ist der einzige Spieler in der Open-Ära, der drei Turniere auf unterschiedlichen Belägen in drei aufeinanderfolgenden Wochen gewinnen konnte.<br />
* Ivan Lendl und [[Bill Tilden]] sind die einzigen Spieler der Tennisgeschichte, die acht US-Open-Finalteilnahmen in Folge erreichen konnten.<br />
* Lendl hält den Rekord von [[Liste der längsten Siegesserien im Herrentennis#Siegesserien auf Teppich|66 Siegen in Folge]] bei Indoor-Turnieren (1981-1983).<br />
* Zusammen mit [[Pete Sampras]] liegt er auf Platz 2 für die meisten Siege (5) beim saisonabschließenden Masters (heute [[Tennis Masters Cup]]), nur [[Roger Federer]] hat mehr Siege (6) errungen. Dabei ist er zusammen mit [[Ilie Năstase]] der einzige Spieler, dem dieser Turniererfolg dreimal in Folge gelang.<br />
* Er hält den Rekord für die meisten Finalteilnahmen (9) beim [[Tennis Masters Cup]]. Dabei hat er alle Teilnahmen ununterbrochen zwischen 1980 und 1988 bestritten.<br />
* Mit 21.262.417 erspielten [[US-Dollar]] liegt Lendl auf Platz 6 der Preisgeld-Rangliste.<br />
* Insgesamt 270 Wochen war Lendl auf der Spitzenposition der [[Tennis-Weltrangliste]] geführt (Platz 3 in der ewigen Bestenliste hinter Pete Sampras und Roger Federer). Platz 3 belegt er mit 157 ununterbrochenen Nummer-Eins-Wochen (hinter Jimmy Connors mit 160 und Roger Federer, der Connors' Rekord am 26. Februar 2007 mit 161 Wochen brach).<br />
* Lendl ist (neben Pete Sampras, Jimmy Connors, John McEnroe und Roger Federer) einer von nur fünf Spielern, die mindestens viermal eine Saison als Nummer Eins der Weltrangliste beenden konnten.<br />
* Mit 15 Saisontiteln im Jahr 1982 liegt Lendl auf Platz 2 der ewigen Bestenliste. Einzig [[Guillermo Vilas]] konnte mehr Turniere (16) in einer Saison gewinnen.<br />
* Mit 1071 Profisiegen ist Lendl auch in dieser Statistik auf Platz 2 der All-Time-Wertung geführt. Mehr Siege erzielte nur Jimmy Connors (1222).<br />
* Nach Guillermo Vilas (46) liegt Lendl mit 44 Matcherfolgen in Serie (in den Jahren 1981 und '82) auf Platz 2 dieser Wertung.<br />
<br />
== Grand-Slam-Erfolge ==<br />
<br />
=== Siege (8) ===<br />
<br />
{| class="wikitable" width=450<br />
|-<br />
! Jahr !! Turnier !! Finalgegner !! Finalergebnis<br />
|-<br />
| 1984 || French Open || {{USA|John McEnroe|John McEnroe}} || 3:6, 2:6, 6:4, 7:5, 7:5<br />
|-<br />
| 1985 || US Open || {{USA|John McEnroe|John McEnroe}} || 7:6, 6:3, 6:4<br />
|-<br />
| 1986 || French Open || {{SWE|Mikael Pernfors|Mikael Pernfors}} || 6:3, 6:2, 6:4<br />
|-<br />
| 1986 || US Open || {{CZS|Miloslav Mečíř|Miloslav Mečíř}} || 6:4, 6:2, 6:0<br />
|-<br />
| 1987 || French Open || {{SWE|Mats Wilander|Mats Wilander}} || 7:5, 6:2, 3:6, 7:6<br />
|-<br />
| 1987 || US Open || {{SWE|Mats Wilander|Mats Wilander}} || 6:7, 6:0, 7:6, 6:4<br />
|-<br />
| 1989 || Australian Open || {{CZS|Miloslav Mečíř|Miloslav Mečíř}} || 6:2, 6:2, 6:2<br />
|-<br />
| 1990 || Australian Open || {{SWE|Stefan Edberg|Stefan Edberg}} || 4:6, 7:6, 5:2 (Aufgabe)<br />
|}<br />
<br />
=== Finalniederlagen (11) ===<br />
<br />
{| class="wikitable" width=450<br />
|-<br />
! Jahr !! Turnier !! Finalgegner !! Finalergebnis<br />
|-<br />
| 1981 || French Open || {{SWE|Björn Borg|Björn Borg}} || 1:6, 6:4, 2:6, 6:3, 2:6<br />
|- <br />
| 1982 || US Open || {{USA|Jimmy Connors|Jimmy Connors}} || 3:6, 2:6, 6:4, 4:6<br />
|- <br />
| 1983 || Australian Open || {{SWE|Mats Wilander|Mats Wilander}} || 1:6, 4:6, 4:6<br />
|- <br />
| 1983 || US Open || {{USA|Jimmy Connors|Jimmy Connors}} || 3:6, 7:6, 5:7, 0:6 <br />
|-<br />
| 1984 || US Open || {{USA|John McEnroe|John McEnroe}} || 3:6, 4:6, 1:6<br />
|-<br />
| 1985 || French Open || {{SWE|Mats Wilander|Mats Wilander}} || 6:3, 4:6, 2:6, 2:6<br />
|-<br />
| 1986 || Wimbledon || {{DEU|Boris Becker|Boris Becker}} || 4:6, 3:6, 5:7 <br />
|-<br />
| 1987 || Wimbledon || {{AUS|Pat Cash|Pat Cash}} || 6:7, 2:6, 5:7<br />
|-<br />
| 1988 || US Open || {{SWE|Mats Wilander|Mats Wilander}} || 4:6, 6:4, 3:6, 7:5, 4:6<br />
|- <br />
| 1989 || US Open || {{DEU|Boris Becker|Boris Becker}} || 6:7, 6:1, 3:6, 6:7<br />
|-<br />
| 1991 || Australian Open || {{DEU|Boris Becker|Boris Becker}} || 6:1, 4:6, 4:6, 4:6<br />
|}<br />
<br />
== Karrierebilanz ==<br />
<br />
{| class=" class="prettytable" "<br />
|- bgcolor="#efefef"<br />
! Turnier/Statistik !! 1978 !! 1979 !! 1980 !! 1981 !! 1982 !! 1983 !! 1984 !! 1985 !! 1986 !! 1987 !! 1988 !! 1989 !! 1990 !! 1991 !! 1992 !! 1993 !! 1994<br />
|-<br />
|[[Australian Open]]<br />
|align="center"|-<br />
|align="center"|-<br />
|align="center"|2R<br />
|align="center"|-<br />
|align="center"|-<br />
|align="center" style="background:silver;"|F<br />
|align="center"|AF<br />
|align="center" style="background:#FFDAB9;"|HF<br />
|align="center"|-<br />
|align="center" style="background:#FFDAB9;"|HF<br />
|align="center" style="background:#FFDAB9;"|HF<br />
|align="center" style="background:yellow;"|'''S'''<br />
|align="center" style="background:yellow;"|'''S'''<br />
|align="center" style="background:silver;"|F<br />
|align="center"|VF<br />
|align="center"|1R<br />
|align="center"|AF<br />
|-<br />
|[[French Open]]<br />
|align="center"|1R<br />
|align="center"|AF<br />
|align="center"|3R<br />
|align="center" style="background:silver;"|F<br />
|align="center"|AF<br />
|align="center"|VF<br />
|align="center" style="background:yellow;"|'''S'''<br />
|align="center" style="background:silver;"|F<br />
|align="center" style="background:yellow;"|'''S'''<br />
|align="center" style="background:yellow;"|'''S'''<br />
|align="center"|VF<br />
|align="center"|AF<br />
|align="center"|-<br />
|align="center"|-<br />
|align="center"|2R<br />
|align="center"|1R<br />
|align="center"|1R<br />
|-<br />
|[[Wimbledon Championships|Wimbledon]]<br />
|align="center"|-<br />
|align="center"|1R<br />
|align="center"|3R<br />
|align="center"|1R<br />
|align="center"|-<br />
|align="center" style="background:#FFDAB9;"|HF<br />
|align="center" style="background:#FFDAB9;"|HF<br />
|align="center"|AF<br />
|align="center" style="background:silver;"|F<br />
|align="center" style="background:silver;"|F<br />
|align="center" style="background:#FFDAB9;"|HF<br />
|align="center" style="background:#FFDAB9;"|HF<br />
|align="center" style="background:#FFDAB9;"|HF<br />
|align="center"|3R<br />
|align="center"|AF<br />
|align="center"|2R<br />
|align="center"|-<br />
|-<br />
|[[US Open]]<br />
|align="center"|-<br />
|align="center"|2R<br />
|align="center"|VF<br />
|align="center"|AF<br />
|align="center" style="background:silver;"|F<br />
|align="center" style="background:silver;"|F<br />
|align="center" style="background:silver;"|F<br />
|align="center" style="background:yellow;"|'''S'''<br />
|align="center" style="background:yellow;"|'''S'''<br />
|align="center" style="background:yellow;"|'''S'''<br />
|align="center" style="background:silver;"|F<br />
|align="center" style="background:silver;"|F<br />
|align="center"|VF<br />
|align="center" style="background:#FFDAB9;"|HF<br />
|align="center"|VF<br />
|align="center"|1R<br />
|align="center"|2R<br />
<br />
|- bgcolor="#efefef"<br />
|Turniersiege <br />
|align="center"|0<br />
|align="center"|0<br />
|align="center"|7<br />
|align="center"|10<br />
|align="center"|15<br />
|align="center"|7<br />
|align="center"|3<br />
|align="center"|11<br />
|align="center"|9<br />
|align="center"|8<br />
|align="center"|3<br />
|align="center"|10<br />
|align="center"|5<br />
|align="center"|3<br />
|align="center"|1<br />
|align="center"|2<br />
|align="center"|0<br />
<br />
|- <br />
|Weltrangliste<br />
|align="center"|74<br />
|align="center"|20<br />
|align="center"|6<br />
|align="center"|2<br />
|align="center"|3<br />
|align="center"|2<br />
|align="center"|3<br />
|align="center" style="background:yellow;"|'''1'''<br />
|align="center" style="background:yellow;"|'''1'''<br />
|align="center" style="background:yellow;"|'''1'''<br />
|align="center"|2<br />
|align="center" style="background:yellow;"|'''1'''<br />
|align="center"|3<br />
|align="center"|5<br />
|align="center"|8<br />
|align="center"|19<br />
|align="center"|54<br />
|}<br />
<br />
''AF = Achtelfinale;''<br />
''VF = Viertelfinale;''<br />
''HF = Halbfinale;''<br />
''F = Finale;''<br />
''S = Turniersieg;''<br />
''Ziffer = 1.-3. Turnierrunde;''<br />
<br />
== Turniersiege (94) ==<br />
* 1980 (7)<br />
** Houston, Toronto, Barcelona, Basel, Tokio, Hongkong, Taipei <br />
<br />
* 1981 (10)<br />
** Stuttgart (Indoor), Las Vegas, Montreal, Madrid, Barcelona, Basel, Wien, Köln, Buenos Aires und beim '''Masters'''<br />
<br />
* 1982 (15)<br />
** Delray Beach, Genua, München, Straßburg, Frankfurt, Houston, Dallas, Forest Hills, Washington, North Conway, Cincinnati, Los Angeles, Neapel, Hartford und beim '''Masters'''<br />
<br />
* 1983 (7)<br />
** Detroit, Mailand, Houston, Hilton Head, Montreal, San Francisco, Tokio (Indoor) <br />
<br />
* 1984 (3)<br />
** Luxemburg, '''French Open''', Wembley <br />
<br />
* 1985 (11)<br />
** Fort Myers, Monte Carlo, Dallas, Forest Hills, Indianapolis, '''US Open''', Stuttgart, Sydney (Indoor), Tokio (Indoor), Wembley, '''Masters'''<br />
<br />
* 1986 (9)<br />
** Philadelphia, Boca West, Mailand, Fort Myers, Rom, '''French Open''', Stratton Mountain, '''US Open''' und beim '''Masters'''<br />
<br />
* 1987 (8) <br />
** Hamburg, '''French Open''', Washington, Montreal, '''US Open''', Sydney (Indoor), Wembley und beim '''Masters'''<br />
<br />
* 1988 (3)<br />
** Monte Carlo, Rom, Toronto<br />
<br />
* 1989 (10) <br />
** '''Australian Open''', Scottsdale, Miami, Forest Hills, Hamburg, Queens, Montreal, Bordeaux, Sydney (Indoor), Stockholm <br />
<br />
* 1990 (5)<br />
** '''Australian Open''', Mailand, Toronto (Indoor), Queens, Tokio (Indoor) <br />
<br />
* 1991 (3)<br />
** Philadelphia, Memphis, Long Island <br />
<br />
* 1992 (1)<br />
** Tokio (Indoor) <br />
<br />
* 1993 (2)<br />
** München, Tokio (Indoor)<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der Sieger der Grand-Slam-Turniere (Herreneinzel)]]<br />
* [[Liste der Weltranglistenersten im Herrentennis (Einzel)]]<br />
* [[Liste der längsten Siegesserien im Herrentennis]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat}}<br />
* {{ATP|L018}}<br />
* {{ITF|m|10000792}}<br />
* {{DavisCup|10000792}}<br />
* {{ITHF|ivan-lendl}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Weltranglistenerste im Tennis-Herreneinzel}}<br />
<br />
{{Normdaten|PND=119115131|LCCN=n/82/125957|VIAF=54950841}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Lendl, Ivan}}<br />
[[Kategorie:Tennisspieler (Tschechoslowakei)]]<br />
[[Kategorie:Tennisspieler (Vereinigte Staaten)]]<br />
[[Kategorie:Weltranglistenerster (Tennis)]]<br />
[[Kategorie:Weltmeister (Tennis)]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der International Tennis Hall of Fame]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1960]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Lendl, Ivan<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=tschechisch-US-amerikanischer Tennisspieler<br />
|GEBURTSDATUM=7. März 1960<br />
|GEBURTSORT=[[Ostrava]], Tschechoslowakei<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[ar:إيفان ليندل]]<br />
[[arz:ايفان ليندل]]<br />
[[ast:Ivan Lendl]]<br />
[[bg:Иван Лендъл]]<br />
[[ca:Ivan Lendl]]<br />
[[cs:Ivan Lendl]]<br />
[[cv:Иван Лендл]]<br />
[[da:Ivan Lendl]]<br />
[[en:Ivan Lendl]]<br />
[[eo:Ivan Lendl]]<br />
[[es:Ivan Lendl]]<br />
[[et:Ivan Lendl]]<br />
[[eu:Ivan Lendl]]<br />
[[fi:Ivan Lendl]]<br />
[[fr:Ivan Lendl]]<br />
[[he:איוון לנדל]]<br />
[[hr:Ivan Lendl]]<br />
[[hu:Ivan Lendl]]<br />
[[hy:Իվան Լենդլ]]<br />
[[id:Ivan Lendl]]<br />
[[io:Ivan Lendl]]<br />
[[it:Ivan Lendl]]<br />
[[ja:イワン・レンドル]]<br />
[[ko:이반 렌들]]<br />
[[lt:Ivan Lendl]]<br />
[[lv:Ivans Lendls]]<br />
[[mr:इव्हान लेंडल]]<br />
[[nl:Ivan Lendl]]<br />
[[no:Ivan Lendl]]<br />
[[oc:Ivan Lendl]]<br />
[[pl:Ivan Lendl]]<br />
[[pt:Ivan Lendl]]<br />
[[rm:Ivan Lendl]]<br />
[[ro:Ivan Lendl]]<br />
[[ru:Лендл, Иван]]<br />
[[sh:Ivan Lendl]]<br />
[[sk:Ivan Lendl]]<br />
[[sl:Ivan Lendl]]<br />
[[sr:Иван Лендл]]<br />
[[sv:Ivan Lendl]]<br />
[[th:อิวาน เลนเดิล]]<br />
[[uk:Іван Лендл]]<br />
[[vi:Ivan Lendl]]<br />
[[zh:伊万·伦德尔]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hispaniola&diff=113438812Hispaniola2013-01-26T18:22:21Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:هيسبانيولا</p>
<hr />
<div>{{Belege fehlen}}<br />
{{Infobox Insel<br />
|NAME=Hispaniola<br />
|BILD1=Hispaniola lrg.jpg<br />
|BILD1-TEXT=Topographische Karte<br />
|BILD2=<br />
|BILD2-TEXT=<br />
|GEWAESSER=Karibisches Meer<br />
|GRUPPE=[[Große Antillen]]<br />
|BREITENGRAD=19/00//N<br />
|LAENGENGRAD=70/40//W<br />
|REGION-ISO=DO/HT<br />
|KARTE=LocationHispaniola.PNG<br />
|POSKARTE=keine<br />
|FLAECHE=76480<br />
|ERHEBUNG=[[Pico Duarte]]<br />
|HOEHE=3098<br />
|HOEHE-BEZUG=<br />
|HAUPTORT=[[Santo Domingo]] / [[Port-au-Prince]]<br />
|EINWOHNER=18466497<br />
|ZENSUS=2005<br />
}}<br />
'''Hispaniola''' ([[Spanische Sprache|span.]] ''La Española'' „die Spanische“) oder ''Kiskeya'' (in der Sprache der [[Taíno]]s), span. ''Quisqueya'', ist mit einer Fläche von etwa 76.480&nbsp;km² die zweitgrößte der [[Westindische Inseln|Westindischen Inseln]] und gleichzeitig der [[Große Antillen|Großen Antillen]]. Auf der Insel liegen die Staaten [[Haiti]] und [[Dominikanische Republik]].<br />
<br />
== Geografie ==<br />
Ungefähr 90&nbsp;km westlich liegt die größte Antilleninsel [[Kuba]] und 190&nbsp;km westlich liegt [[Jamaika]], 120&nbsp;km östlich [[Puerto Rico]], 250&nbsp;km nördlich die Gruppe der [[Turks- und Caicosinseln]] und 180&nbsp;km nordnordwestlich die Inselgruppe [[Inagua]].<br />
Die Insel erstreckt sich 600&nbsp;km in Ost-West- und 250&nbsp;km in Nord-Süd-Richtung. Sie hat die Form einer nach Westen geöffneten Hand, wobei zwei gebirgige [[Halbinsel]]n weit gegen Kuba bzw. in den [[Jamaica Channel]] hervorragen. Relativ flach ist nur der Osten und ein im Norden zwischen zwei [[Bergkette]]n durchziehendes [[Längstal]].<br />
<br />
=== Politische Gliederung ===<br />
[[Datei:La espanola.JPG|miniatur|Dominikanische Republik und Haiti]]<br />
Der größere östliche Teil der Insel bildet heute die [[Dominikanische Republik]], der kleinere westliche Teil die [[Haiti|Republik Haiti]]. (''Siehe auch:'' [[Liste geteilter Inseln]])<br />
<br />
=== Bevölkerung ===<br />
Mit seinen rund 20 Millionen Einwohnern ist Hispaniola die bevölkerungsstärkste Insel der [[Antillen]].<br />
{|class="wikitable" style="text-indent:5px"<br />
!Land!!Fläche in km²!!Einwohner (2009)!!Bevölkerungsdichte<br />(Einw. pro km²)<br />
|- align="right"<br />
| align="left" |[[Dominikanische Republik]] || {{formatnum:48730}} || {{formatnum:10090000}} || align="right" | 173<br />
|- align="right"<br />
| align="left" |[[Haiti]] || {{formatnum:27750}} || {{formatnum:9776206}} || 352<br />
|- align="right"<br />
| align="left" |'''Hispaniola''' || '''{{formatnum:76480}}''' ||'''{{formatnum:19866206}}''' || '''260'''<br />
|}<br />
<br />
=== Ursprung der Namen ===<br />
Die einheimischen Tainos nannten die Insel ''Kiskeya'' (übersetzt etwa „wunderbares Land“) oder auch ''Ayití'' (übersetzt „gebirgiges Land“), woraus die heutigen Bezeichnungen „Quisqueya“ und „Haiti“ entstanden. Haiti bezeichnete also ursprünglich die gesamte Insel. Der Begriff Quisqueya wird heute fast nur als Markenname verschiedener Produkte verwendet.<br />
<br />
[[Christoph Kolumbus]] nannte die Insel ''La Isla Española'' („die spanische Insel“). Die [[Engländer (Volk)|Engländer]] [[Verballhornung|verballhornten]] den Namen zu ''Hispaniola'' („Kleinspanien“).<br />
<br />
Die Insel Hispaniola wurde in der Kolonialzeit politisch in einen [[Spanische Kolonien|spanischen]] Ostteil, ''Santo Domingo'' (oder ''San Domingo'') genannt (nach der gleichnamigen [[Santo Domingo|Stadt]]), und einen [[Französische Kolonien|französischen]] Westteil, ''Saint Domingue'' (oder ''Saint-Domingue''), getrennt. Aus dem Ostteil wurde die [[Dominikanische Republik]], aus dem Westteil [[Haiti]], das zeitweise in das nördliche [[Nord-Haiti]] und die südliche [[Mulatten-Republik]] geteilt war.<br />
<br />
In diesem Artikel ist, wenn nicht ausdrücklich von der Stadt gesprochen wird, mit Santo Domingo immer der Ostteil Hispaniolas gemeint. Auch ist mit Haiti der Klarheit wegen immer der Staat im Westteil der Insel gemeint.<br />
<br />
=== Geomorphologie ===<br />
[[Datei:ISS-20 Caribbean island of Hispaniola from the ISS.jpg|miniatur|Hispaniola von der [[Internationale Raumstation|ISS]] aus gesehen.]]<br />
<!-- übersetzt aus dem Artikel:en:Hispaniola --><br />
Hispaniola, Jamaika, Kuba und [[Puerto Rico]] sind zusammen bekannt als die [[Große Antillen|Großen Antillen]]. Die größten vorgelagerten Inseln sind auf haitianischer Seite die [[Île de la Gonâve]] und die [[Île de la Tortue]] sowie auf Seiten der Dominikanischen Republik die [[Isla Saona]].<br />
<br />
Auf der Insel liegen fünf große Bergketten.<br />
<br />
* Die [[Cordillera Central (Hispaniola)|Cordillera Central]] erstreckt sich von der südlichen Küste bis in den Nordwesten der Insel. In der Cordillera Central liegen die fünf höchsten Berge der Karibik:<br />
** der [[Pico Duarte]] (3.098&nbsp;m),<br />
** die ''Loma La Pelona'' (3.097&nbsp;m),<br />
** die ''Loma Rucilla'' (3.039&nbsp;m),<br />
** die ''Loma de la Viuda'' (2.802&nbsp;m) und<br />
** der ''Yaque'' (2.760&nbsp;m).<br />
* Die [[Cordillera Septentrional]] verläuft parallel zur Cordillera Central an der nördlichen Küste und erstreckt sich als Halbinsel [[Samaná (Provinz)|Samaná]] bis in den Atlantik. Der höchste Punkt dieser Bergkette ist Pico Diego de Ocampo (1.249&nbsp;m) zwischen [[Santiago de los Caballeros|Santiago]] und [[Puerto Plata]].<br />
* Im Osten der Dominikanischen Republik erstrecken sich die [[Cordillera Oriental (Hispaniola)|Cordillera Oriental]] (höchste Erhebung: 736&nbsp;m) und ''Costera del Caribe.''<br />
* Die [[Sierra de Neiba]] erhebt sich im Südwesten der Dominikanischen Republik und verläuft nordwestlich nach Haiti als Montagnes Noires, Chaîne des Matheux und Montagnes du Trou d'Eau. Das Zentralplateau liegt zwischen dem Nordmassiv und der Montagnes Noires. Die „Plaine de l'Artibonite“ liegt zwischen den Montagnes Noires und den Chaîne des Matheux und erstreckt sich westwärts zum Golf von Gonâives. Die höchsten Erhebung ist 2.177&nbsp;m hoch (nördlich des [[Lago Enriquillo]]).<br />
* Die südliche Bergkette beginnt als ''Sierra Baoruco'' und erstreckt sich westwärts unter dem Namen ''Massif de la Selle'' und ''Massif de la Hotte'' und bildet die südwestliche Halbinsel Haitis. [[Morne de la Selle]] ist mit 2.715&nbsp;m die höchste Erhebung der Bergkette und der höchste Gipfel Haitis. Auf der dominikanischen Seite sind die höchsten Erhebungen 2.368&nbsp;m und 2.085&nbsp;m hoch. Eine Tiefebene verläuft parallel zur südlichen Bergkette, die in Haiti als ''Plaine du Cul-de-Sac'' bekannt ist und an deren westlichen Ende Haitis Hauptstadt Port-au-Prince liegt. In der Tiefebene liegen einige Salzwasserseen, unter anderem die Saumatre-Lagune in Haiti und der [[Lago Enriquillo|Enriquillo-See]] in der Dominikanischen Republik.<br />
<br />
Die zum Teil großen Höhenunterschiede auf der Insel Hispaniola in Verbindung mit tropischen Regenfällen haben schon häufiger, zuletzt zweimal im Jahr 2004, zu schweren Überschwemmungen mit Tausenden von Todesopfern geführt:<br />
Im Mai 2004 war die Region um [[Jimaní]] im Süden der Insel betroffen, der [[Rivière Soliette|Arroyo Blanco]] trat über die Ufer (nördlich der Gebirgskette Massif de la Selle / Sierra de Baoruco, zwischen den Seen Étang de Saumatre und [[Lago Enriquillo]]), im September 2004 der Norden, besonders das Cibao-Tal in der Nähe des [[Río Yaque del Norte]], und am schwersten die Region um die haitianische Stadt [[Gonaïves]].<br />
<br />
Die Insel liegt auf der Grenze der [[Nordamerikanische Platte|Nordamerikanischen]] und der [[Karibische Platte|Karibischen Platte]] und ist deshalb ein potentielles Erdbebengebiet. Am 4.&nbsp;August 1946 gab es in der Dominikanischen Republik ein Beben der Stärke 8,1 (Epizentrum auf der Halbinsel Samana), am 26.&nbsp;September 2003 ein Beben der Stärke 6,8 (Epizentrum nahe Puerto Plata). Am 12.&nbsp;Januar 2010 erschütterte ein verheerendes Erdbeben der Stärke 7,0 Haiti (Nähe Carrefour, Port-au-Prince, Delmas).<br />
<!-- === Klima === --><br />
<br />
=== Flora und Fauna ===<br />
[[Datei:View of Haitian Landscape hispaniola.jpg|miniatur|Landschaft in Haiti]]<br />
<!-- übersetzt aus dem Artikel:en:Hispaniola --><br />
Das Klima auf Hispaniola ist allgemein feucht und tropisch. Die Insel hat vier verschiedene [[Ökoregion]]en. Feuchtwälder bedecken etwa 50 % der Insel, besonders den nördlichen und östlichen Teil, vorwiegend das Tiefland, aber auch bis in eine Höhe von 2.100&nbsp;m. Die Region der Trockenwälder bedeckt etwa 20 % der Insel, im Regenschatten der Berge im Süden und Westen sowie im Cibao-Tal im mittleren Norden der Insel. Die hispaniolischen Kiefernwälder bedecken die bergigsten 15 % der Insel oberhalb von 850&nbsp;m. Die Enriquillo-Feuchtlande sind eine Region überschwemmter Weiden und Savannen, die die Seenkette des [[Lago Enriquillo|Enriquillo-Sees]], der [[Rincón (Dominikanische Republik)|Rincón]]-Lagune, des Caballero-Sees, der Saumatre-Lagune und des Trou Cayman umgibt.<br />
Im Teil der heutigen Dominikanischen Republik ist die Tierwelt sehr vielfältig, in den Ökonischen gibt es z.&nbsp;B. Seevögel, [[Kolibri]]s, Reptilien (Land- und Meeresschildkröten, [[Wirtelschwanzleguane]]), Amphibien (Frösche etc.), Reiher, Flamingos sowie viele Fischarten. Die Republik Haiti legt weniger Wert auf den Schutz ihrer Öko-Ressourcen und erkannte nicht das wichtige Potenzial für den Tourismus. Wälder werden bedenkenlos abgeholzt, Land verkarstet oder Lawinen bilden sich.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
=== Präkolumbische Zeit ===<br />
Bis 1492 lebten auf Hispaniola hauptsächlich die indianischen Völker der [[Arawak]], [[Ciboney]] und der [[Kariben]]. In seinen Aufzeichnungen schätzte [[Bartolomé de Las Casas|Las Casas]] die Anzahl der Indios von 1494 auf gut 3 Millionen. Wegen ungenügend verfügbarem historischem Material gibt es von Historikern nur ungenaue Schätzungen über die Anzahl, diese gehen von 400.000 bis 8 Millionen Einwohner.<ref name="z">Howard Zinn: [[A People’s History of the United States]], Harper Perennial, 2005, S. 7</ref><br />
<br />
Vielleicht der Höhepunkt der vorkolonialen Kulturgeschichte war die Kultur der Arawak, die aus [[Venezuela]] stammten und seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. über die [[Kleine Antillen|Kleinen Antillen]] eingewandert waren. Um 1600 starben die Arawak aus.<br />
<br />
=== Spanische Kolonisation ===<br />
[[Datei:Hispaniola Vinckeboons4.jpg|miniatur|Nautische Karte von 1639]]<br />
Am 5. Dezember 1492 entdeckte Christoph Kolumbus Hispaniola für Europa. Nach Goldlagerstätten forschend, entdeckte Kolumbus die Häfen von [[Port-de-Paix|Valparaiso]], [[Point Picolet|Punta Santa]] und errichtete vor seiner Rückkehr nach Europa in der Nähe des Letzteren mit Hilfe der Arawak aus den Trümmern des gestrandeten Schiffs ''[[Santa Maria (Schiff)|Santa Maria]]'' ein kleines Fort, [[La Navidad]], worin er eine Besatzung von 40 Mann zurückließ. La Navidad war die erste [[Spanische Kolonien|Kolonie]] [[Spanien]]s in [[Amerika]].<br />
<br />
Bei seiner Rückkehr nach Hispaniola am 28. November 1493, fand er das Fort in Trümmern; Arawaken angeführt vom [[Kazike]]n Caonabo hatten – gereizt durch die Gewalttaten und Plünderungszüge der 40 Spanier – das Fort zerstört und die Besatzung beendet. Kolumbus ließ daraufhin in einem Feldzug gegen die Arawaken viele von ihnen [[Sklaverei|versklaven]] und nach Spanien schicken, was nicht auf Zustimmung des spanischen Königspaares stieß. Die Spanier legten im Osten des Kap [[Montecristi]] im Januar 1494 die Stadt [[La Isabela]] an, von wo aus sie sich in den Besitz der reichen Goldminen von [[Cibao]] setzten und zur Sicherung derselben das Fort St. Thomas errichteten.<br />
<br />
Als Kolumbus 1496 die Heimreise antrat, gründete sein Bruder [[Bartolomeo Kolumbus|Bartolomeo]] im Süden, an der Mündung des Flusses [[Río Ozama|Ozama]], eine neue Stadt, [[Santo Domingo]], welche die Hauptstadt der Insel wurde und ihr (bzw. dem Ostteil) später ihren Namen gab. Seitdem La Isabela aufgegeben wurde, ist Santo Domingo die älteste noch bestehende von Europäern gegründete Siedlung in Amerika.<br />
<br />
Am 31. August 1498 erreichte Kolumbus erneut die Stadt Santo Domingo. Er versuchte, Streitigkeiten der Siedler mit seinem Bruder zu schlichten und verstärkte die [[Mission (Christentum)|Christianisierung]] sowie die Suche nach Gold. Aufgrund negativer Berichte ersetzte der spanische Hof Kolumbus als [[Gouverneur]] durch [[Francisco de Bobadilla]], der am 23. August 1500 Hispaniola erreicht. Er nahm Christoph und Bartolomeo Kolumbus gefangen und schickte sie in Ketten nach Spanien. Hier wurden die beiden Männer durch das Königspaar begnadigt, jedoch nicht wieder in ihre ehemaligen Ämter eingesetzt.<br />
<br />
Unter dem 1503 eingeführten ''[[Agrarstrukturen in Lateinamerika|Encomienda]]-System'', das die Indios zur [[Zwangsarbeit]] verpflichtete, litten diese sehr. Nach den Aufzeichnungen vom Zeugen [[Bartolomé de Las Casas|Las Casas]] lebten auf Hispaniola 1508 nur noch 60.000 Indios.<ref name="z" /> Neben den unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Sklavenarbeit und der Verfolgung von Flüchtigen starben zusätzlich viele Indios durch aus Europa und Afrika eingeschleppte [[Seuche]]n, gegen die sie keine Abwehrkräfte hatten. Eine der Stätten dieses raschen Sterbens waren die von Francisco de Bobadilla aufgefundenen und von ihm sowie seinem Nachfolger [[Nicolás de Ovando]] ausgebeuteten Goldminen von [[San Cristoforo (Hispaniola)|San Cristoforo]], die reiche Ausbeute lieferten.<br />
<br />
1517 brachte Pedro d′Atenza das [[Zuckerrohr]] von den [[Kanarische Inseln|Kanarischen Inseln]] nach Haiti, und Gonzalez gab den Impuls zum Plantagen- und Zuckermühlenbau<ref>P. C. Emmer: ''Wirtschaft und Handel der Kolonialreiche'', S. 672. Verlag C.H. Beck, München, 1988.</ref>. Zu deren Betreibung holte Ovando, da viele der einheimischen Indios bereits umgekommen waren, 40.000 Kariben von den [[Bahamas]]. Aber auch diese starben infolge der Seuchen bald, worauf (ab 1503 oder 1505) Menschen aus [[Afrika]] verbracht und als [[Sklave]]n eingeführt wurden.<br />
<br />
1509 wurde [[Diego Kolumbus (Vizekönig)|Diego Colón]], der Sohn von Christoph Kolumbus, Gouverneur, später auch [[Vizekönig]] Hispaniolas. 1512 fand die Einweihung der [[Universität]] von Santo Domingo, der ersten Universität in der [[Neue Welt|Neuen Welt]], statt.<br />
<br />
In der Zeit zwischen 1519 und 1533 erhoben sich die überlebenden Indios (etwa 4.000) unter ihrem Führer (''Kaziken'') [[Enriquillo]] (oder Enrico) erfolglos gegen die Spanier. Ihr Volk wurde in den folgenden Jahren und Jahrzehnten fast vollständig ausgerottet. Nach einem Friedensschluss auf Geheiß der Spanischen Krone überließen ihnen die Spanier ein kleines Gebiet bei Boyà bzw. [[Azua]], ca. 100 Kilometer nordöstlich von Santo Domingo. Dass sich dort bis heute Nachkommen der Kaziken erhalten haben, beruht aber auf einer Legende. Vielmehr vermischten sich die Indios mit den Mulatten und verloren mit der Zeit ihre kulturelle und ethnische Identität. Anderen Berichten zufolge, starben sie schon im späten 16. Jahrhundert durch eine Seuche aus.<br />
<br />
Von 1537 bis 1548 kam es zudem zu Aufständen geflohener schwarzer Sklaven, die [[Cimarrón|Cimarrones]] genannt wurden. 1542 lebten auf der Insel 200 Indios, 5.000 Spanier und 30.000 schwarze Sklaven. 1586 eroberte und plünderte der englische [[Piraterie|Freibeuter]] [[Francis Drake]] die Stadt Santo Domingo. Ein weiterer englischer Angriff fand 1655 unter Admiral [[William Penn (Admiral)|William Penn]] statt.<br />
<br />
=== Französische Kolonisation ===<br />
Ab 1625 setzten sich französische und englische Seeräuber ([[Bukanier]] oder [[Filibuster|Filibustier]] genannt) auf dem nahen, nördlich gelegenen Eiland [[Île de la Tortue]] fest. Sie wurden zwar später vertrieben, aber ein vorwiegend aus Franzosen bestehender Überrest von ihnen siedelte sich als Pflanzer auf der menschenleeren Nordküste Hispaniolas an und bat [[Frankreich]], sie gegen die Spanier zu unterstützen. [[Ludwig XIV.]] sandte daraufhin 1661 [[Bertrand d'Ogeron]] als Gouverneur nach Hispaniola und gründete im westlichen Teil der Insel 1665 eine [[Französische Kolonien|französische Kolonie]], welche indes 1686 von den Spaniern zerstört wurde. Schon 1691 aber wurde eine neue französische Kolonie durch [[Jean Baptiste du Casse]] gegründet. Im [[Friede von Rijswijk|Frieden von Rijswijk]] verzichtete Spanien 1697 zugunsten Frankreichs auf den westlichen Teil („Saint Domingue“) der Insel.<br />
<br />
=== Spanische und französische Herrschaft bis zur Unabhängigkeit Haitis ===<br />
[[Datei:Map of Hispaniola.JPG|miniatur|Historische Karte von 1723]]<br />
Der französische und der spanisch verbliebene Teil Hispaniolas entwickelten sich sehr unterschiedlich.<br />
<br />
1776 wurde die Grenze zwischen beiden Landesteilen reguliert (die in etwa der heutigen entspricht).<br />
<br />
==== Santo Domingo ====<br />
In Santo Domingo lahmte die Entwicklung. Die Goldfunde, die viele Spanier in die Kolonie gezogen hatten, gingen zur Neige. Viele Spanier zogen weg und diejenigen, die blieben, verarmten oft und ließen ihre Sklaven häufig frei. Von den 125.000 Einwohnern, die 1790 gezählt wurden, waren nur 15.000 Sklaven.<br />
<br />
Am 22. Juli 1795 wurde zwischen Spanien und Frankreich der [[Friede von Basel]] beschlossen, in dem Spanien Santo Domingo Frankreich überlassen musste. Das Land wurde an das französische Saint Domingue angeschlossen, das die Oberhoheit über Santo Domingo jedoch nur theoretisch ausübte.<br />
<br />
Am 26. Januar 1801 besetzte [[François-Dominique Toussaint L’Ouverture|Toussaint L’Ouverture]] (auch mit Hilfe von Weißen) das (praktisch noch) spanische Santo Domingo. Die Sklaverei wurde abgeschafft.<br />
<br />
==== Saint Domingue ====<br />
Nach [[Saint-Domingue]] wurden sehr viele Sklaven importiert, die entsprechend dem 1685 erlassenen [[Code noir]] leben mussten. Der [[Plantage]]nbau wuchs ungemein. Die Wirtschaft florierte, und die Kolonie gelangte nach dem [[Spanischer Erbfolgekrieg|spanischen Erbfolgekrieg]] bis 1714 zur höchsten kolonialen Blüte. Saint Domingue war zeitweise die reichste Kolonie Frankreichs. Bei einer Zählung 1788 lebten dort 455.089 Menschen, davon 27.717 Europäer (Oberschicht), 21.808 [[Mulatte]]n (Mischlinge, meist frei, aber gegenüber den Europäern nicht als gesellschaftlich ebenbürtig anerkannt), der Rest – knapp 90 % – Schwarze und zugleich Sklaven als die unterste Schicht.<br />
<br />
Am 26. November 1749 wurde [[Port-au-Prince]] gegründet und zur Hauptstadt gemacht.<br />
<br />
Die Behandlung der Sklaven war offenbar sehr schlecht, jedenfalls gab es wiederholt Aufstände. Beispielsweise wurde im März 1758 der 18 Jahre zuvor geflohene Sklave [[Mackandal]], der zahlreiche Aufstände angeführt hatte, zur Strafe lebendig verbrannt.<br />
<br />
Am 19. Februar 1788 wurde die ''[[Société des Amis des Noirs]]'' ([[Deutsche Sprache|dt.]]: „Gesellschaft der Freunde der Schwarzen“) in [[Paris]] gegründet. Ihr Ziel war die Abschaffung des [[Sklavenhandel]]s und eine schrittweise [[Abolitionismus|Abschaffung der Sklaverei]]. Sie sollte ideologisch großen Einfluss auf die Geschichte Saint Domingues gewinnen.<br />
<br />
Angeregt durch die französische Revolution forderten die Europäer der Kolonie mehr [[Autonomie (Politikwissenschaft)|Autonomie]] von Frankreich, die Mulatten ihre Gleichstellung und die Sklaven ihre Freiheit.<br />
<br />
Die zahlenmäßig geringe europäische Bevölkerung Haitis (ca. 6 %) war durch die französische Revolution gespalten in „große“ und „kleine Weiße“ (Grundbesitzer und Gewerbsleute), Konstitutionelle und Monarchisten sowie in Anhänger und Gegner der Kolonialregierung.<br />
<br />
Am 8. März 1790 erging der Beschluss über die Bildung von „Kolonialversammlungen“ (in denen nur Kolonisten, also Europäer, vertreten waren), die den Kolonien eine Art Autonomie ermöglichte. Mit Mulatten oder gar Schwarzen wollten diese ihre Macht nicht teilen (man sprach von einer „entarteten Menschenrasse“).<br />
<br />
Der Versuch der Mulatten unter der Führung von [[Vincent Ogé]] und [[Jean-Baptiste Chavannes]], ihre Forderungen durchzusetzen, endeten mit der Niederschlagung des Aufstandes im Oktober 1790 und der Folterung und Hinrichtung der beiden in [[Cap Haitien|Cap Français]] im Februar 1791.<br />
<br />
Der 14. August 1791, als sich im [[Bois-Caïman]], dem „Krokodilwald“ in der Nordebene des heutigen Haiti, mehrere Sklaven zu einer [[Voodoo]]-Zeremonie trafen, gilt als der Beginn des Aufstandes der Sklaven, der letztlich zur Unabhängigkeit Haitis führte. Der Aufstand brach am 22. oder 23. des Monats los und wurde von [[Boukman]], [[Biassou]] und [[Jean-François]] angeführt. Er begann in der Umgebung von Cap Français und verbreitete sich nach der Einnahme von Cap Français durch die Schwarzen (21.–23. Juni 1793) über die ganze Kolonie. Die von Frankreich zur Ordnung der Angelegenheiten in die Kolonie entsandten Bevollmächtigten [[Polverél]], [[Santhonax]] (die Schreibweise Sonthonax kommt auch vor) und [[Ailhaud]], die im September 1792 ankamen, konnten und wollten nicht dagegen einschreiten. Vielmehr erließen sie im August bzw. September 1793 die Abschaffung der Sklaverei.<br />
<br />
[[Datei:Toussaint L'Ouverture.jpg|miniatur|hochkant|François-Dominique Toussaint L’Ouverture auf einem Stich von 1802.]]<br />
[[Datei:Depute-jean-baptiste belley-492-688.jpg|miniatur|[[Anne Louis Girodet-Trioson]]: Porträt des Bürgers Belley, Abgeordneter von Saint Domingue, ca. 1797, Versailles, Musée national du château et de Trianon]]<br />
In den folgenden Jahren der europäischen [[Koalitionskriege]] (auch Revolutionskriege genannt), insbesondere zwischen Frankreich und [[Königreich Großbritannien|Großbritannien]], schaffte es [[François-Dominique Toussaint L’Ouverture|Toussaint L’Ouverture]] (auch Louverture geschrieben), ein freigelassener Sklave und heutiger Nationalheld Haitis, der wenige Wochen nach Beginn des Aufstandes hinzu stieß, in wechselnden Allianzen eine weitgehende Selbstständigkeit der Kolonie zu erkämpfen.<br />
<br />
Als 1793 die Spanier und Engländer mehrere Plätze der Kolonie besetzten, verband sich das Heer der Schwarzen mit dem der französischen Truppen, die unter General [[Lavaux]] zur Behauptung der Insel gelandet waren.<br />
<br />
Die weißen Kolonisten wurden von den [[Insurgent]]engeneralen [[André Rigaud|Rigaud]] und Toussaint schließlich 1797 gezwungen, die Insel ganz zu verlassen, worauf das französische [[Direktorium (Frankreich)|Direktorium]] am 4. Februar 1798 den Schwarzen in den französischen Kolonien völlige Freiheit und gleiche Rechte mit den Weißen bewilligte. Gleichzeitig wurde Toussaint zum Obergeneral aller Truppen in Haiti ernannt. 1799 wurde er Gouverneur der Kolonie.<br />
<br />
Von 1799 bis 1800 tobte ein Bürgerkrieg zwischen Schwarzen und Mulatten, in dem Letztere unterlagen.<br />
<br />
Toussaint besetzte nicht nur Santo Domingo, sondern besiegte auch die englischen Freibeuter. Er strebte nach Unabhängigkeit von Frankreich und gab der Insel am 9. Mai 1801 (eine Quelle nennt Juli 1801) eine eigene Verfassung. Toussaint wurde dabei Gouverneur und Alleinherrscher auf Lebenszeit. Die Plantagen wurden wieder in Betrieb genommen und von ehemaligen Sklaven in Zwangsarbeit bewirtschaftet. Eine andere Quelle würdigt die wirtschaftlichen Maßnahmen Toussaints als Landreform.<br />
<br />
[[Napoléon Bonaparte]] schickte 1801 General [[Charles Leclerc d’Ostin]] als Generalkapitän mit 25.000 Mann nach Haiti, wo er im Februar 1802 ankam. Toussaint widersetzte sich anfangs seiner Landung bei Cap François, musste sich jedoch bald ins Innere zurückziehen. Am 25. Februar 1802 wurde Santo Domingo besetzt und die Sklaverei wiederhergestellt, obwohl Bonaparte erst am 20. Mai 1802 die Wiedereinführung der Sklaverei in den französischen Kolonien erließ. Toussaint wurde am 6. oder 7. Juni 1802 gefangen genommen und nach Frankreich deportiert, wo er am 7. April 1803 in der Haft starb.<br />
<br />
Geschickte militärische Operationen, eine britische Seeblockade und eine [[Gelbfieber]]-Epidemie machten den Interventionstruppen Napoléons jedoch schwer zu schaffen. Auch Leclerc starb daran. Sein Nachfolger wurde [[Donatien-Marie-Joseph de Vimeur, vicomte de Rochambeau|Rochambeau]]. Da die verbliebenen weißen Pflanzer die Sklaverei durchzusetzen suchten, kam es erneut zum Aufstand – diesmal unter dem schwarzen General [[Jakob I. (Haiti)|Dessalines]]. Er besiegte am 18. November 1803 die Franzosen unter Rochambeau und fügte damit Napoléon seine erste Niederlage zu. Die Franzosen und anderen Weißen mussten die Insel räumen.<br />
<br />
=== Haiti bis zur Unabhängigkeit der Dominikanischen Republik ===<br />
Am 1. Januar 1804 proklamierte [[Jean-Jacques Dessalines]] die Unabhängigkeit von Saint Domingue (gefeiert wird heute in Haiti der Tag der Verfassungsgebung, der 9. Mai 1801, als Unabhängigkeitstag). Am selben Tag besetzten französische Truppen Santo Domingo, wo die Sklaverei wieder eingeführt wurde. Praktisch wurde damit nur der Westteil Hispaniolas unabhängig.<br />
<br />
Das Land erhielt den Namen „Haiti“, die Selbstbezeichnung lautete damals „Erster Freier Negerstaat“. Aus dem vielleicht einzigen erfolgreichen Sklavenaufstand der Weltgeschichte ging damit die erste selbstständige (aber instabile) Nation Lateinamerikas hervor. Dessalines ist heute einer der Nationalhelden Haitis.<br />
<br />
Dessalines entwarf eine Flagge, indem er einfach das Weiß der französischen [[Flagge Frankreichs|Tricolore]] entfernte. Er ernannte sich selbst am 8. Oktober (oder Dezember) zum Kaiser Jakob I. (''Empereur Jacques I'') und erließ am 20. Mai 1805 eine neue Verfassung. Die meisten der im Lande verbliebenen Franzosen wurden ermordet. Die Plantagen wurden enteignet und aufgeteilt, besetzt oder verlassen. Die auf dem Export der Landwirtschaft beruhende wirtschaftliche Stärke Saint Domingues schwand. Das Ziel einer egalitären Gesellschaft, die Triebfeder der französischen Revolution und auch des haitianischen Freiheitskampfes war, wurde verfehlt. Die Mulatten wurden die neue Elite, die Schwarzen blieben weitgehend eine ungebildete und rechtlose Landbevölkerung.<br />
<br />
1805 eroberte Haiti das seit einem Jahr unter französischer Herrschaft stehende Santo Domingo.<br />
<br />
Dessalines Grausamkeit rief schon im folgenden Jahr eine Verschwörung unter dem Schwarzen [[Henri Christophe]] und dem Mulatten [[Alexandre Pétion]] hervor, durch welche er am 17. Oktober 1806 ermordet wurde. Mit seinem Tod endete auch das [[Kaisertum]]; Haiti wurde wieder [[Republik]].<br />
<br />
Als Führer des Freiheitskampfes (der Schwarzen) wurde auch Henri Christophe ein Nationalheld Haitis.<br />
<br />
Alsbald brach auch die durch den gemeinsamen Hass gegen die Weißen in den Hintergrund gedrängte Rivalität zwischen Mulatten und Schwarzen offen aus und blieb fortan das Motiv aller inneren Kämpfe des neuen Staats. Pétion, als Anführer der Mulatten, und Christophe, als Anführer der Schwarzen, kämpften miteinander um die Oberherrschaft. Das Land spaltete sich in eine südliche [[Mulatten-Republik]] mit Pétion als Präsident an der Spitze und in einen nördlichen Staat ([[Nord-Haiti]]), dem Henri Christophe als ernannter Präsident vorstand.<br />
<br />
Beide Staaten trennte ein breiter Landstrich, den man absichtlich unbebaut ließ, und der bald, von Lianen und Dorngesträuch überdeckt, eine natürliche Grenze bildete.<br />
<br />
1808 verlor Haiti die Herrschaft über Santo Domingo. Einer Ansicht nach eroberten die Spanier Santo Domingo zurück; einer anderen Ansicht nach konnten die spanischen [[Kreole]]n (einheimische Nachfahren von Spaniern) von Santo Domingo mit britischer Unterstützung die Haitianer vertreiben, legten dann aber ihr Land wieder in spanische Hände.<br />
<br />
Am 26. März 1811 verwandelte Christophe Nord-Haiti in eine erbliche Monarchie und ließ sich unter dem Namen ''Henri I'' zum König krönen. Er ahmte auf naive Weise den französischen [[Hofstaat]] nach und vergab viele komisch anmutende Titel, Hof- und Staatsämter. Schließlich gab es vier Prinzen, acht Herzöge, 22 Grafen und eine große Anzahl von Angehörigen des niederen Adels.<br />
<br />
Auf dem 945 Meter hohen [[Pic La Ferriere]] ließ er von bis zu 20.000 Zwangsarbeitern die mächtigste Festung seiner Zeit außerhalb Europas errichten. Zugleich erschien ein neues Staatsgesetzbuch ([[Code Henri]]).<br />
<br />
Die Sklaverei blieb im Grunde die alte, nur trat an die Stelle der Peitsche der Säbel. Zwischen beiden Staaten (des Westteils) herrschte unversöhnliche Feindschaft, und nur in der Zurückweisung der nach dem [[Wiener Kongress]] erneuerten Ansprüche Frankreichs waren sie einig. Pétion gab am 2. Juni 1816 seiner Republik eine Verfassung, welche Abschaffung aller Sklaverei, Pressefreiheit etc. festsetzte. Nach Pétions Tod am 27. März 1818 versuchte Henri I. die Mulatten-Republik mit seinem Königreich zu vereinigen; allein der Mulatten-General [[Jean-Pierre Boyer]], der als Präsident Nachfolger Pétions geworden war, wusste diesen Versuch zu vereiteln. Henri I. selbst, welchen ein Aufruhr republikanisch gesinnter Mulatten in seinem Reich zu Grausamkeiten gereizt hatte, wurde immer verhasster, und im September 1820 brach ein Aufstand gegen ihn aus, der bald das ganze Reich erfasste und den Abfall seiner Truppen zur Folge hatte, worauf der König Henri I. sich am 8. Oktober 1820 erschoss. Hierauf fand, da sich das Heer dem Präsidenten Boyer unterwarf, am 26. November 1820 die Vereinigung beider Teile Haitis zu einer einzigen Republik statt.<br />
<br />
Am 1. Dezember 1821 proklamierte [[José Núñez de Cáceres]] den „Unabhängigen Staat Spanisch-Haiti“ (''Estado Independiente de Haití Español'').<br />
<br />
1822 kam es zum erneuten Anschluss Santo Domingos an Saint Domingue. Zu dem Ablauf gibt es zwei Ansichten: (1) Der Plan von Cáceres, das Land [[Großkolumbien]] unter [[Simón Bolívar]] anzuschließen, scheiterte, weil die Mehrzahl der Schwarzen und Mulatten eine Union mit Haiti vorzog, wo die Sklaverei bereits abgeschafft war. Der Anschluss an Haiti (und Abschaffung der Sklaverei) erfolgte 1822. Möglich ist auch (2), dass Jean-Pierre Boyer, nachdem er Nord- und Süd-Haiti in seiner Macht hatte, mit den nun frei gewordenen militärischen Kräften 1822 Santo Domingo unterwarf und es am 8. Februar annektierte. Hauptmotiv war dabei die Verstaatlichung der spanischen Kirchengüter, die Sklavenbefreiung und die Einsetzung einer effizienteren nach französischem Vorbild ausgerichteten Landesverwaltung.<br />
<br />
Die Republik Haiti wurde in der Folge von den meisten Staaten anerkannt. Nach mehreren vergeblichen Wiedereroberungsversuchen erkannte selbst Frankreich sie 1825 an, allerdings gegen eine an die ehemaligen Plantagenbesitzer zu zahlende Entschädigung von 150 Mio. Franc, die 1838 bei Gelegenheit des Abschlusses eines Handelsvertrags zwischen Frankreich und Haiti auf 60 Mio., in 30 Raten bis 1867 zu zahlen, herabgesetzt wurde. Dieser Betrag ruinierte die haitianische Wirtschaft.<br />
<br />
Haiti musste zur Bezahlung der Schulden Steuern einführen, die langanhaltende Unzufriedenheit, besonders im spanisch geprägten Ostteil, verursachte. Insbesondere finanzierte Boyer sie durch Anleihen bei französischen Banken, und diese Auslandsverschuldung wurde chronisch.<br />
<br />
Seit 1822 regierte Boyer nach der Verfassung vom 2.&nbsp;Juni 1816 als [[Staatspräsident]] auf Lebenszeit, jedoch unter beständigem Zerwürfnis mit dem Repräsentantenhaus.<br />
<br />
Im Frühjahr 1842 wurde Haiti von einem furchtbaren [[Erdbeben]] heimgesucht, das einige Städte fast vernichtete; besonders hart wurde die Stadt [[Cap-Haïtien]] betroffen. Boyer wurde 1843 durch eine von den Mulatten [[Dumesle]] und [[Herard Rivière]] geleitete Verschwörung gestürzt, ging nach Europa ins Exil, wo er 1850 in Paris verstarb.<br />
<br />
Die siegreichen Parteihäupter teilten darauf die Stellen unter sich auf. Widerstand zeigte sich nur in dem spanisch geprägten Ostteil (Santo Domingo), weshalb Rivière eilig mit Truppen dahin zog, die vornehmsten Einwohner von Santo Domingo gefangennahm und eine Besatzung unter seinem Bruder, dem Obersten [[Leo Herard]], zurückließ. Aber kaum wurde eine neue Verfassung eingeführt und hatte Rivière als Präsident die Macht übernommen, als im August 1843 im Ostteil wieder ein offener Aufstand ausbrach.<br />
<br />
Am 27. Februar 1844 erkämpfte sich und proklamierte Santo Domingo als [[Dominikanische Republik]] (''República Dominicana'') seine Unabhängigkeit vom westlichen Landesteil Haiti.<br />
<br />
=== Hispaniola ab der Unabhängigkeit der Dominikanischen Republik ===<br />
{{Hauptartikel|Geschichte Haitis|Geschichte der Dominikanischen Republik}}<br />
<!-- == Persönlichkeiten == --><br />
<!-- == Sehenswürdigkeiten == --><br />
<!-- == Wirtschaft und Infrastruktur == --><br />
<!-- == Literatur == --><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Die Schatzinsel]] („Hispaniola“ ist der Name des Expeditionsschiffes im Roman)<br />
* [[Liste geteilter Inseln]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Normdaten|TYP=g|GND=4094983-7}}<br />
<br />
[[Kategorie:Hispaniola| ]]<br />
[[Kategorie:Insel der Großen Antillen|!]]<br />
[[Kategorie:Insel (Karibisches Meer)]]<br />
[[Kategorie:Insel (Mittelamerika)]]<br />
[[Kategorie:Insel (Dominikanische Republik)]]<br />
[[Kategorie:Insel (Haiti)]]<br />
<br />
[[af:Hispaniola]]<br />
[[als:Hispaniola]]<br />
[[an:Hispaniola]]<br />
[[ar:هيسبانيولا]]<br />
[[arz:هيسبانيولا]]<br />
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[[br:Hispaniola]]<br />
[[bs:Hispaniola]]<br />
[[ca:Hispaniola]]<br />
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[[da:Hispaniola]]<br />
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[[fo:Hispaniola]]<br />
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[[frr:Hispaniola]]<br />
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[[id:Hispaniola]]<br />
[[is:Hispaníóla]]<br />
[[it:Hispaniola]]<br />
[[ja:イスパニョーラ島]]<br />
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[[ko:히스파니올라 섬]]<br />
[[la:Hispaniola]]<br />
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[[lmo:Hispaniola]]<br />
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[[mr:हिस्पॅनियोला]]<br />
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[[nn:Hispaniola]]<br />
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[[pl:Haiti (wyspa)]]<br />
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[[pt:Ilha de São Domingos]]<br />
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[[ro:Hispaniola]]<br />
[[ru:Гаити (остров)]]<br />
[[sh:Hispaniola]]<br />
[[simple:Hispaniola]]<br />
[[sk:Haiti (ostrov)]]<br />
[[sl:Hispaniola]]<br />
[[sq:Hispaniola]]<br />
[[sr:Хиспањола]]<br />
[[sv:Hispaniola]]<br />
[[sw:Hispaniola]]<br />
[[ta:லா எசுப்பானியோலா]]<br />
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[[yo:Hispaniola]]<br />
[[zh:伊斯帕尼奥拉岛]]<br />
[[zh-min-nan:Sió-se-pan-gâ]]<br />
[[zh-yue:西班牙島]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Republik_Kongo&diff=113252154Republik Kongo2013-01-21T19:30:41Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:جمهورية الكونجو</p>
<hr />
<div>{{Begriffsklärungshinweis|Die [[Demokratische Republik Kongo]] bezeichnete sich von 1960 bis 1966 ebenfalls als ''Republik Kongo''.}}<br />
{{Infobox Staat<br />
|NAME = <span style="font-size:1.4em">'''Répubilika ya Kongo'''</span> (Kituba)<br /><span style="font-size:1.4em">'''Republiki ya Kongó'''</span> (Lingala)<br /><span style="font-size:1.4em">'''République du Congo'''</span> (Frz.)<br /><br />
''Republik Kongo''<br />
|BILD-FLAGGE = Flag of the Republic of the Congo.svg<br />
|ARTIKEL-FLAGGE = Flagge der Republik Kongo<br />
|BILD-WAPPEN = Coat of arms of the Republic of the Congo.svg<br />
|BILD-WAPPEN-BREITE = 120px<br />
|ARTIKEL-WAPPEN = Wappen der Republik Kongo<br />
|WAHLSPRUCH = «Unité, Travail, Progrès»<br />[[Deutsche Sprache|Deutsch]]: „Einigkeit, Arbeit, Fortschritt“<br />
|AMTSSPRACHE = [[Französische Sprache|Französisch]]<br />daneben [[Lingala]] und [[Kituba]] als ''nationale Verkehrssprachen''<ref>Omer Massoumou, Ambroise Jean-Marc Queffélec: ''Le français en République du Congo: sous l'ère pluripartiste (1991-2006)'', ''Actualités linguistiques francophones'', 2007, ISBN 978-2-914610-42-1</ref><ref>[http://ddata.over-blog.com/xxxyyy/1/35/48/78/Constit-2002-Congo-Brazzaville.pdf Constitution de la République du Congo. Constitution du 20 Janvier 2002] (PDF)</ref><br />
|HAUPTSTADT = [[Brazzaville]]<br />
|STAATSFORM = [[Präsidialrepublik]]<br />
|REGIERUNGSFORM = [[Präsidentielles Regierungssystem]]<br />
|STAATSOBERHAUPT = [[Liste der Staatsoberhäupter von Kongo-Brazzaville|Präsident]] [[Denis Sassou-Nguesso]]<br />
|REGIERUNGSCHEF = <br />
|FLÄCHE = 342.000<br />
|EINWOHNER = 4.125.916 <small>(Angabe Juli 2010)</small><ref>[https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/cf.html CIA World Factbook – Congo, Republic of the]</ref><br />
|BEV-DICHTE = 11<br />
|HDI = {{Gestiegen}} 0,533 <small>(137.)</small><ref>{{cite web|url=http://hdr.undp.org/en/media/HDR_2011_EN_Summary.pdf|title=2011 Human development Report|publisher=[[Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen]]|pages=17-20|accessdate=2012-12-27}}</ref><br />
|BIP/EINWOHNER = 1129 [[US-$]] <small>(2004)</small><br />
|WÄHRUNG = 1 [[CFA-Franc BEAC]] <br /> 1 EUR = 655,957 XAF <br /> (fixer Wechselkurs)<br />
|UNABHÄNGIGKEIT = von [[Frankreich]] am 15. August 1960<br />
|NATIONALHYMNE = ''[[La Congolaise]]''<br />
|ZEITZONE = [[MEZ]]<br />
|KFZ-KENNZEICHEN = RCB<br />
|INTERNET-TLD = [[.cg]]<br />
|TELEFON-VORWAHL = +242<br />
|BILD-LAGE = Republic of the Congo on the globe (Africa centered).svg<br />
|BILD-LAGE-IMAGEMAP = AfrikaGlobus1<br />
|BILD1 =<br />
}}<br />
<br />
{{ Positionskarte+ | Republik Kongo | width=331 | float=right | maptype=relief | caption= | places=<br />
{{ Positionskarte~ | Republik Kongo | position=4 | lat=04/15//S | long=15/15// | region=CG | label='''[[Brazzaville]]'''}}<br />
{{ Positionskarte~ | Republik Kongo | position=2 | lat=04/09//S | long=13/33// | region=CG | label=<small>[[Madingou]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Republik Kongo | position=6 | lat=00/29//S | long=15/54// | region=CG | label=<small>[[Owando]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Republik Kongo | position=12 | lat=00/52//S | long=14/49// | region=CG | label=<small>[[Ewo (Republik Kongo)|Ewo]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Republik Kongo | position=11 | lat=04/47//S | long=11/50// | region=CG | label=<small>[[Pointe-Noire]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Republik Kongo | position=12 | lat=03/41//S | long=13/21// | region=CG | label=<small>[[Sibiti]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Republik Kongo | position=9 | lat=01/38//N | long=18/04// | region=CG | label=<small>[[Impfondo]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Republik Kongo | position=10 | lat=04/12//S | long=12/41// | region=CG | label=<small>[[Loubomo]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Republik Kongo | position=3 | lat=02/33//S | long=14/45// | region=CG | label=<small>[[Djambala]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Republik Kongo | position=7 | lat=04/22//S | long=14/46// | region=CG | label=<small>[[Kinkala]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Republik Kongo | position=9 | lat=01/37//N | long=16/03// | region=CG | label=<small>[[Ouésso]]</small>}}<br />
<br />
{{ Positionskarte~ | Republik Kongo | position=12 | lat=01/57//S | long=12/33// | region=CG | mark=RedMountain.svg | marksize=12 | label=<small>[[Mount Berongou]]</small>}}<br />
<br />
{{ Positionskarte~ | Y=40 | X=20 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=Gabun}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=3 | X=33 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=Kamerun}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=7 | X=60 | position=12 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Zentralafrikanische Republik</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=50 | X=89 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=DR Kongo}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=90 | X=23 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Angola</small>}}<br />
<br />
{{ Positionskarte~ | Y=95 | X=9 | position=6 | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=Atlantik}}<br />
}}<br />
<br />
Die '''Republik Kongo''' ([[Deutsche Sprache|dt.]]: [{{IPA|ˈkɔŋgo}}], [[Französische Sprache|frz.]]: [{{IPA|kɔ̃ˈgo}}], bis 1960 ''Mittelkongo'', 1969 bis 1991 ''[[Volksrepublik Kongo]]'') ist eine [[Republik]] in [[Zentralafrika]]. Ihre Hauptstadt ist [[Brazzaville]]; das Land ist auch als '''Kongo-Brazzaville''' bekannt.<br />
<br />
Der Staat grenzt an [[Gabun]], [[Kamerun]], die [[Zentralafrikanische Republik]], die [[Demokratische Republik Kongo]] (ehemals Belgisch-Kongo oder [[Zaire]]), die [[angola]]nische Exklave [[Cabinda]] und den [[Atlantischer Ozean|Atlantischen Ozean]]. Im [[Human Development Index]] belegt sie den 137.&nbsp;Platz von 169.<br />
<br />
== Landesname ==<br />
Der Name der Republik Kongo änderte sich in der Vergangenheit mehrfach, zeitweise verwendete das Land die gleiche amtliche Bezeichnung wie der Nachbarstaat [[Demokratische Republik Kongo]]. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die historischen Bezeichnungen:<br />
{{Historische Bezeichnungen Kongostaaten}}<br />
<br />
== Geographie ==<br />
Die Republik Kongo liegt im äußersten Nordwesten des [[Kongobecken]]s und wird im Osten und Südosten vom Fluss [[Kongo (Fluss)|Kongo]] sowie seinem Nebenfluss [[Ubangi (Fluss)|Ubangi]] begrenzt. Die Hauptstadt [[Brazzaville]] liegt am [[Pool Malebo]], einer seeartigen Erweiterung des Kongo. [[Kinshasa]], die Hauptstadt der [[Demokratische Republik Kongo|Demokratischen Republik Kongo]], liegt am gegenüberliegenden Ufer.<br />
<br />
Die Republik Kongo liegt beiderseits des [[Äquator]]s und hat daher [[Tropen|tropisches]] Klima, die zwei Regenzeiten gehen von Januar bis Mai und Oktober bis Mitte Dezember. Der Jahresniederschlag liegt bei 1400&nbsp;mm bis 1900&nbsp;mm, an der Küste weniger. Nach der schmalen Küstenebene mit [[Mangrove (Ökosystem)|Mangrovenvegetation]] und [[Feuchtsavanne]] erhebt sich das Land zu einem Hochplateau, das an der Grenze zu [[Gabun]] auf bis zu 1040&nbsp;m ansteigt. Der mit 57,2&nbsp;Prozent größte Teil des Landes ist von [[Tropischer Regenwald|tropischem Regenwald]] bedeckt. Im Nordosten, am unteren Ubangi und [[Sangha (Fluss)|Sangha]], befinden sich ausgedehnte Sumpfgebiete. Der Kongo ist erst oberhalb des Pool Malebo schiffbar.<br />
<br />
== Bevölkerung ==<br />
Die Republik Kongo zählt etwas über vier Millionen Einwohner (Stand 2010). Die Bevölkerungsdichte ist mit elf Einwohnern pro km² gering. Die Bewohner der Republik Kongo werden als Kongolesen bezeichnet.<br />
<br />
=== Ethnien ===<br />
98&nbsp;Prozent der Kongolosen verstehen sich als [[Bantu]]s. Die Hälfte der Bevölkerung sind die namensgebenden Kongo, davon 40&nbsp;Prozent [[Bakongo]], sowie auch Vili-Kongo. Ein Viertel sind [[Batéké]] mit sechs Prozent und Bavili. Vom restlichen Viertel stellen die [[Mboschi]] mit zwölf Prozent und die [[Kouyou]] mit elf Prozent den größten Anteil. Nur noch ein Prozent sind [[Pygmäen]] – hauptsächlich in den Wald- und Sumpfgebieten des Nordostens, daneben gibt es wenige [[Europäer]].<ref name=mgl>{{Literatur |Titel=Meyers Großes Länderlexikon |Verlag=Meyers Lexikonverlag |Ort=Mannheim |Jahr=2004 |ISBN=3-411-07431-0}}</ref><br />
<br />
=== Sprachen ===<br />
<br />
{{Hauptartikel|Sprachen der Republik Kongo}}<br />
<br />
Französisch ist – als Erbe der Kolonialzeit – Amtssprache, daneben sind in der [[Verfassung der Republik Kongo]] die [[Verkehrssprache]]n [[Lingala]] und [[Kituba]] als ''„nationale Verkehrssprachen“'' anerkannt. Am stärksten verbreitet ist Lingala im Norden, welches von der Hälfte der Gesamtbevölkerung gesprochen wird. Kituba hingegen, auch ''Kongo ya Leta'' genannt, ist im Süden des Landes verbreitet. Wichtigste Sprachen der einzelnen Volksgruppen sind das konventionelle [[Kikongo]] sowie [[Mbosi]], [[Koyo]] und [[Teke]].<ref name=mgl/><br />
<br />
=== Religionen ===<br />
Rund 50&nbsp;Prozent der Gesamtbevölkerung der Republik Kongo gehören dem [[Christentum]] an (davon etwa 40&nbsp;Prozent [[Römisch-katholische Kirche|Katholiken]] und zehn Prozent [[Protestant]]en, etwa zwei Prozent [[Neuapostolische Kirche|neuapostolische]] Christen).<ref>Unsere Familie – Kalender 2007, Seite 81</ref> 47&nbsp;Prozent der Bevölkerung sind [[Animismus|Animisten]] und etwa drei Prozent entfallen mittlerweile auf kleinere [[muslimisch]]e Gemeinden. Daneben breiten sich in der Republik Kongo auch Sekten aus.<ref>[http://www.diplo.de/KongoRepublik Auswärtiges Amt zur Republik Kongo]</ref><br />
<br />
== Soziales ==<br />
=== Bildung ===<br />
Viele Einwohner des Landes können lesen und schreiben, besonders Männer.<ref name="HDR2009">[http://hdrstats.undp.org/en/countries/data_sheets/cty_ds_COG.html Human Development Report 2009: ''Kongo'']</ref> Der Anteil öffentlicher Bildungsausgaben am BIP im Zeitraum 2002 bis 2005 war niedriger als 1991.<ref name="HDR2009"/> Für unter 16-Jährige ist die Schulbildung gebührenfrei und verpflichtend.<ref name="Child Labor">United States Department of Labor: [http://www.unhcr.org/refworld/docid/4aba3ee628.html ''2008 Findings on the Worst Forms of Child Labor – Congo, Republic of the''], am 10. September 2009. Abgerufen am 21.&nbsp;Dezember&nbsp;2009 (englisch).</ref> In der Praxis gibt es jedoch Ausgaben für die Schüler.<ref name="Child Labor"/> Das Land hat Universitäten.<br />
<br />
=== Gesundheit ===<br />
2004 betrugen die öffentlichen Gesundheitsausgaben 1,2&nbsp;Prozent des Bruttoinlandsprodukts, private Gesundheitsausgaben 1,3&nbsp;Prozent.<ref name="HDR2009"/> Die Gesundheitsausgaben betrugen 2004 30 US$.<ref name="HDR2009"/> Ein hoher Anteil der Bevölkerung ist unterernährt.<ref name="HDR2009"/> Die Republik Kongo hatte in den frühen 2000er Jahren 20&nbsp;Ärzte pro 100.000 Einwohner.<ref name="HDR2009"/><br />
<br />
== Geschichte ==<br />
{{Hauptartikel|Geschichte der Republik Kongo}}<br />
<br />
Bereits im 17. und 18. Jahrhundert gab es Sklavenhandel an der Kongomündung. Im Jahr 1766 begann die französische [[Mission (Christentum)|Mission]], ab 1875 begann die Erforschung des Landes durch [[Pierre Brazza]]. Um 1880 wurde das Reich Teke ein französisches [[Protektorat]]. Schon bald gab es die Gründung eines Militärpostens am Kongo, aus dem die Stadt Brazzaville entstand. Im Jahre 1883 begann die Gründung von Pointe Noire. Um 1891 wurde das Reich die französische Kolonie Kongo (ab 1903 „Mittelkongo“ genannt) und 1910 wurde es zum Generalgouvernement von [[Französisch-Äquatorialafrika]] erklärt. 1911 ging der Nordteil der Kolonie an [[Deutsch-Kamerun]], nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] wurde das Gebiet wieder rückgegliedert.<br />
<br />
[[Datei:Flag of the People's Republic of Congo.svg|miniatur|Flagge der [[Volksrepublik Kongo]] (1969–1991)]]<br />
<br />
1946 wurde der Kongo französisches Überseeterritorium, 1958 eine autonome Republik in der [[Union Française]] und schließlich 1960 die unabhängige ''Kongolesische Republik (Kongo-Brazzaville)'' (im Unterschied zur damaligen ''Republik Kongo (Kongo-Leopoldville)'', der heutigen Demokratischen Republik Kongo am linken Ufer des Flusses).<br />
<br />
Ab 1963 herrschte die Politik des gemäßigten [[Sozialismus]], jedoch wurde der Kongo 1969 zur ''[[Volksrepublik]] Kongo'' umstrukturiert. Ab 1990 begann dann die [[Postkommunistische Systemtransformation|Abkehr vom Sozialismus]] und 1991 wurde schließlich die „Republik Kongo“ ausgerufen. Erst ab 1992 gab es echte demokratische Wahlen. Von 1997 bis 2003 tobte jedoch ein das Land lähmender [[Bürgerkrieg in der Republik Kongo|Bürgerkrieg]].<br />
<br />
== Politik ==<br />
<br />
{{Siehe auch|Liste der Staatsoberhäupter der Republik Kongo}}<br />
<br />
Die Staatsform ist nach der durch Referendum vom 20. Januar 2002 angenommenen und am 9.&nbsp;August&nbsp;2002 in Kraft getretenen Verfassung die einer [[Präsidialrepublik|präsidialen Republik]]. Die Regierungsform ist ein Zwei-Kammer-Parlament, bestehend aus [[Nationalversammlung (Republik Kongo)|Nationalversammlung]] und [[Senat]]. Die Nationalversammlung umfasst 137 auf fünf Jahre gewählte Mitglieder, die 66 Senatoren werden auf sechs Jahre gewählt. Die einflussreichste Partei ist die [[Kongolesische Partei der Arbeit]] (PCT).<br />
<br />
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der zugleich auch Regierungschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist. Er wird vom Volk mit absoluter Mehrheit auf sieben Jahre gewählt, eine einmalige Wiederwahl ist möglich.<br />
<br />
In den Jahren 2006 und 2007 hatte die Republik Kongo einen Sitz im [[Sicherheitsrat der Vereinten Nationen]].<br />
<br />
== Verwaltung {{Anker|Départements}} ==<br />
[[Datei:Kongo-republik-karte-politisch.png|miniatur|Regionen der Republik Kongo]]<br />
<br />
Die Republik Kongo ist ein [[Einheitsstaat]] und ist in elf Regionen (Provinzen) untergliedert. Es herrscht eine zentralistische Verwaltung. Der Staat gliedert sich genauer in zehn Regionen und den Hauptstadtdistrikt:<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- bgcolor="#DDDDDD"<br />
! Name<br />
! Status<br />
! Hauptstadt<br />
|-<br />
| [[Bouenza]]<br />
| Region<br />
| [[Madingou]]<br />
|-<br />
| [[Cuvette]]<br />
| Region<br />
| [[Owando]]<br />
|-<br />
| [[Cuvette-Ouest]]<br />
| Region<br />
| [[Ewo (Republik Kongo)|Ewo]]<br />
|-<br />
| [[Kouilou]]<br />
| Region<br />
| [[Pointe-Noire]]<br />
|-<br />
| [[Lékoumou]]<br />
| Region<br />
| [[Sibiti]]<br />
|-<br />
| [[Likouala]]<br />
| Region<br />
| [[Impfondo]]<br />
|-<br />
| [[Niari]]<br />
| Region<br />
| [[Loubomo]]<br />
|-<br />
| [[Plateaux (Kongo)|Plateaux]]<br />
| Region<br />
| [[Djambala]]<br />
|-<br />
| [[Pool (Kongo)|Pool]]<br />
| Region<br />
| [[Kinkala]]<br />
|-<br />
| [[Sangha (Kongo)|Sangha]]<br />
| Region<br />
| [[Ouésso]]<br />
|-<br />
| [[Brazzaville]]<br />
| Hauptstadtdistrikt<br />
|<br />
|}<br />
<br />
Die größten Städte sind (Stand 1. Januar 2005): [[Brazzaville]] 1.138.044 Einwohner, [[Pointe-Noire]] 630.883 Einwohner, [[Loubomo]] 114.869 Einwohner und [[Nkayi]] 56.175 Einwohner.<br />
<br />
{{Siehe auch|Liste der Städte in der Republik Kongo}}<br />
<br />
== Wirtschaft ==<br />
Trotz umfangreicher Ressourcen an [[Erdöl]], tropischem [[Regenwald]] und landwirtschaftlich nutzbaren Flächen sowie der nur geringen Bevölkerungsdichte ist die Wirtschaft noch immer durch Massenarbeitslosigkeit, schlechten Zustand der Regierungs-, Verwaltungs- und Infrastrukturen sowie extreme Außenverschuldung und hohen Importbedarf an Nahrungsmitteln gekennzeichnet. Zudem hinterließen die drei [[Bürgerkrieg]]e der 1990er Jahre einen materiellen Schaden von geschätzten zwei bis drei Milliarden Euro.<br />
<br />
Früher war der Staat mit 80.000 Angestellten der größte Arbeitgeber des Landes. Die [[Weltbank]] und andere internationale Finanzinstitutionen zwangen die Republik Kongo zur Einleitung von Reformen auf diesem Gebiet um die Bürokratie abzubauen, deren Unterhalt 1993 mehr als ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts verschlang.<br />
<br />
Die Beendigung der Bürgerkriegswirren war auch die Voraussetzung für eine positive wirtschaftliche Entwicklung. Angeschoben wurde sie durch das 780&nbsp;Millionen&nbsp;€ umfassende Nachkriegswiederaufbauprogramm der Regierung, welches zum größten Teil eigenfinanziert, aber auch durch die Weltbank gestützt ist.<br />
<br />
Deshalb unternimmt die Regierung große Anstrengungen, dem Risiko des Wegfalls durch verstärkte [[Diversifikation (Wirtschaft)|Diversifikation]] entgegenzuwirken. Ein Schwerpunkt liegt dabei im Ausbau der bereits in großem Umfang betriebenen nachhaltigen Forstwirtschaft. Sie bildet bereits jetzt den zweitwichtigsten Wirtschaftszweig des Landes – 2002 lag die Produktion bei fast 900.000 Tonnen. Weitere wichtige Industriezweige sind Textil-, Zement- und chemische Industrie.<br />
<br />
=== Landwirtschaft ===<br />
Vor allem die Förderung der produktiven [[Landwirtschaft]] ist ein entscheidender Punkt. Denn die Landwirtschaft beschäftigt zwar 40&nbsp;Prozent der aktiven Bevölkerung, trägt aber nur acht Prozent zur [[Gesamtwirtschaft]] bei und deckt zudem bei weitem nicht den Bedarf an Lebensmitteln. Um den [[Nahrungsbedarf]] der Bevölkerung zu decken, musste 2001 der Gegenwert von 150 Millionen Euro für die [[Einfuhr]] von [[Lebensmittel]]n (vor allem [[Weizen]], [[Reis]] und [[Mais]]) aufgewendet werden.<br />
<br />
Für die [[Eigenversorgung]] werden vor allem [[Maniok]], [[Mais]], [[Erdnuss|Erdnüsse]], [[Yamswurzel]] sowie [[Kochbanane]]n angebaut, für den Export geringe Mengen [[Kaffee (Pflanze)|Kaffee]], [[Kakao]] und [[Zuckerrohr]]. Der Anteil an [[Viehhaltung]] ist vor allem wegen der [[Tsetsefliege]] unbedeutend.<br />
<br />
=== Bodenschätze ===<br />
Die wichtigste Einnahmequelle des Staates stellt seit den 1980er Jahren die Förderung, Verarbeitung und der Export von Erdöl dar. Aus diesem Geschäft stammen 90&nbsp;Prozent der Exporterlöse, 70&nbsp;Prozent der Staatseinnahmen und 60&nbsp;Prozent des [[Bruttoinlandsprodukt]]es. Dieser Wirtschaftszweig wurde vom Bürgerkrieg weitgehend verschont, jedoch wird seit 2000 ein Rückgang der Fördermengen aufgrund nachlassender Ergiebigkeit der Lagerstätten beobachtet.<br />
<br />
Die Vorkommen an [[Kalisalz]]en, [[Eisen]]- und [[Kupfererz]]en, [[Gold]], [[Phosphat]], [[Bauxit]] und anderen Bodenschätzen werden bisher wenig genutzt. 2004 wurde jedoch ein Projekt zum Abbau und zur Verarbeitung von 60.000 Jahrestonnen [[Magnesium]] umgesetzt.<br />
<br />
Der Bevölkerung blieb die Teilhabe am Ressourcenreichtum des Landes durch den unprofessionellen Umgang mit den Staatsfinanzen und die weit verbreitete [[Korruption]] lange verwehrt. Ein Strategiepapier zur Armutsbekämpfung ist in Arbeit und soll die Grundlage für umfassende Umschuldungsmaßnahmen im Rahmen des [[Pariser Club]]s bilden.<br />
<br />
=== Außenhandel ===<br />
Die größten Außenhandelspartner sind [[USA]], [[Südkorea]] und [[China]]. Nach einem Rekordzuwachs in den Vorjahren fiel der Exportüberschuss 2003 zwar wieder ab, der Saldo ist jedoch wie schon seit Jahren mit umgerechnet 1,5 Milliarden Euro klar positiv. <br />
<br />
Das Land ist Mitglied der [[CEMAC|Wirtschaftsgemeinschaft der zentralafrikanischen Staaten]] und der [[Zentralafrikanische Zentralbank|Zentralafrikanischen Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft]]. Die Landeswährung, der [[CFA-Franc BEAC|CFA-Franc]], ist über den französischen Tresor mit einem festen Wechselkurs von 1 zu 656 mit dem Euro verbunden. Weiterhin ist die Republik Kongo Mitglied der [[Organisation pour l'harmonisation en Afrique du droit des affaires|Organisation zur Angleichung des Handelsrechtes in Afrika]] (OHADA).<br />
<br />
=== Staatshaushalt ===<br />
Der [[Haushaltsplan|Staatshaushalt]] umfasste 2010 Ausgaben von umgerechnet 2,599 Milliarden [[US-Dollar]], dem standen Einnahmen von umgerechnet 3,818 Milliarden US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich ein [[Haushaltssaldo|Haushaltsüberschuss]] in Höhe von 10,2&nbsp;Prozent des [[Bruttoinlandsprodukt|BIP]].<ref name="CIA">[https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/cf.html The World Factbook]</ref><br /><br />
<br />
Der Anteil der Staatsausgaben (in Prozent des BIP) folgender Bereiche betrug:<br />
* [[Gesundheitssystem|Gesundheit]]:<ref name="Fischer">Der Fischer Weltalmanach 2010: Zahlen Daten Fakten, Fischer, Frankfurt, 8. September 2009, ISBN 978-3-596-72910-4</ref> 2,1 (2006)<br />
* [[Bildungssystem|Bildung]]:<ref name="CIA"/> 1,9 (2005)<br />
* [[Militär]]:<ref name="CIA"/> 0,9 (2009)<br />
<br />
== Verkehr ==<br />
{{Siehe auch|Liste der Fernstraßen in der Republik Kongo}}<br />
<br />
== Dokumentationen ==<br />
* ''1885: Der Sturm auf Afrika – Ein Kontinent wird geteilt'', Frankreich, ARTE F/RBB, 2010 (Dokumentarfilm über die Kongokonferenz vom 5. November 1884 bis 26. Februar 1885)<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Republic of the Congo|Republik Kongo}}<br />
{{Wiktionary|Republik Kongo}}<br />
{{Wikiatlas|Congo}}<br />
* [http://www.diplo.de/KongoRepublik Länderinformationen des Auswärtigen Amtes zu der Republik Kongo]<br />
* [http://www.pygmies.info/ Baka Pygmäen – Kamerun und Kongo]<br />
* [http://www.zeit.de/2010/26/Kongo?page=all Andrea Böhm: ''Vor einem halben Jahrhundert wurden 17 Staaten in Afrika unabhängig. Die Zeit der Kolonialmächte ging zu Ende. Was ist die Bilanz? Eine Reise durch den Kongo, das Herz des Kontinents'', in: Die Zeit 26/2010 vom 24. Juni 2010.]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{NaviBlock<br />
|Navigationsleiste Staaten in Afrika<br />
|Navigationsleiste AU-Staaten<br />
}}<br />
{{Coordinate |NS=0/45//N |EW=15/23//E |type=country |region=CG}}<br />
<br />
[[Kategorie:Staat in Afrika|Kongo, Republik]]<br />
[[Kategorie:Republik Kongo| ]]<br />
<br />
[[af:Republiek van die Kongo]]<br />
[[als:Republik Kongo]]<br />
[[am:ኮንጎ ሪፐብሊክ]]<br />
[[an:Republica d'o Congo]]<br />
[[ar:جمهورية الكونغو]]<br />
[[arc:ܩܘܛܢܝܘܬܐ ܕܩܘܢܓܘ]]<br />
[[arz:جمهورية الكونجو]]<br />
[[ast:El Congu]]<br />
[[az:Konqo Respublikası]]<br />
[[bat-smg:Kuongs]]<br />
[[bcl:Republika kan Kongo]]<br />
[[be:Рэспубліка Конга]]<br />
[[be-x-old:Рэспубліка Конга]]<br />
[[bg:Република Конго]]<br />
[[bm:Kongo-Brazaville]]<br />
[[bn:কঙ্গো প্রজাতন্ত্র]]<br />
[[bo:ཀོང་གོ་སྤྱི་མཐུན་རྒྱལ་ཁབ།]]<br />
[[bpy:কঙ্গো প্রজাতন্ত্র]]<br />
[[br:Republik Kongo]]<br />
[[bs:Republika Kongo]]<br />
[[ca:República del Congo]]<br />
[[ce:Конго Пачхьалкх]]<br />
[[ceb:Republika sa Congo]]<br />
[[chy:Republic of the Congo]]<br />
[[ckb:کۆماری کۆنگۆ]]<br />
[[crh:Kongo (Brazzavil)]]<br />
[[cs:Republika Kongo]]<br />
[[cv:Конго Республики]]<br />
[[cy:Gweriniaeth y Congo]]<br />
[[da:Republikken Congo]]<br />
[[diq:Cumhuriyetê Kongoy]]<br />
[[dsb:Republika Kongo]]<br />
[[dv:ކޮންގޯ (ޖުމްހޫރިއްޔާ)]]<br />
[[el:Δημοκρατία του Κονγκό]]<br />
[[en:Republic of the Congo]]<br />
[[eo:Respubliko Kongo]]<br />
[[es:República del Congo]]<br />
[[et:Kongo Vabariik]]<br />
[[eu:Kongoko Errepublika]]<br />
[[ext:Congu]]<br />
[[fa:جمهوری کنگو]]<br />
[[fi:Kongon tasavalta]]<br />
[[fiu-vro:Kongo Vabariik]]<br />
[[fr:République du Congo]]<br />
[[frp:Rèpublica du Congô]]<br />
[[fy:Republyk Kongo]]<br />
[[ga:Poblacht an Chongó]]<br />
[[gag:Kongo Respublikası]]<br />
[[gd:A' Chongo]]<br />
[[gl:Congo]]<br />
[[gv:Pobblaght ny Congo]]<br />
[[he:הרפובליקה של קונגו]]<br />
[[hi:कांगो गणराज्य]]<br />
[[hif:Republic of the Congo]]<br />
[[hr:Republika Kongo]]<br />
[[hsb:Republika Kongo]]<br />
[[ht:Kongo (Brazavil)]]<br />
[[hu:Kongói Köztársaság]]<br />
[[hy:Կոնգոյի Հանրապետություն]]<br />
[[ia:Republica del Congo]]<br />
[[id:Republik Kongo]]<br />
[[ie:Republic de Congo]]<br />
[[ilo:Republika iti Kongo]]<br />
[[io:Republiko Kongo]]<br />
[[is:Vestur-Kongó]]<br />
[[it:Repubblica del Congo]]<br />
[[ja:コンゴ共和国]]<br />
[[jbo:kongos]]<br />
[[jv:Republik Kongo]]<br />
[[ka:კონგოს რესპუბლიკა]]<br />
[[kg:Repubilika ya Kongo]]<br />
[[kk:Конго Республикасы]]<br />
[[ko:콩고 공화국]]<br />
[[ku:Komara Kongoyê]]<br />
[[kw:Repoblek Kongo]]<br />
[[la:Respublica Congoliae]]<br />
[[lb:Republik Kongo]]<br />
[[li:Kongo-Brazzaville]]<br />
[[lij:Repubbrica Do Congo]]<br />
[[lmo:Congo]]<br />
[[ln:Kongó-Brazzaville]]<br />
[[lt:Kongo Respublika]]<br />
[[lv:Kongo Republika]]<br />
[[mk:Република Конго]]<br />
[[ml:റിപ്പബ്ലിക്ക് ഓഫ് കോംഗോ]]<br />
[[mn:Бүгд Найрамдах Конго Улс]]<br />
[[mr:काँगोचे प्रजासत्ताक]]<br />
[[ms:Republik Congo]]<br />
[[my:ကွန်ဂိုသမ္မတနိုင်ငံ]]<br />
[[na:Ripubrikin Kongo]]<br />
[[nah:Tlācatlahtohcāyōtl in Congo]]<br />
[[nds:Republiek Kongo]]<br />
[[nl:Congo-Brazzaville]]<br />
[[nn:Kongo-Brazzaville]]<br />
[[no:Republikken Kongo]]<br />
[[nov:Kongo]]<br />
[[nso:Republic ya Congo]]<br />
[[nv:Kéyah Káango Náhookǫsjí Siʼánígíí]]<br />
[[oc:Republica de Còngo]]<br />
[[os:Конгойы Республикæ]]<br />
[[pam:Republika ning Kongo]]<br />
[[pih:Repablik o' t' Kongo]]<br />
[[pl:Kongo]]<br />
[[pms:Còngo]]<br />
[[pnb:کانگو]]<br />
[[ps:د کانګو جمهوريت]]<br />
[[pt:Congo]]<br />
[[qu:Kungu Republika]]<br />
[[ro:Republica Congo]]<br />
[[ru:Республика Конго]]<br />
[[rw:Kongo]]<br />
[[sah:Конго Өрөспүүбүлүкэтэ]]<br />
[[sc:Repùbrica de su Congo]]<br />
[[scn:Ripùbbrica dû Congu]]<br />
[[sco:Republic o the Congo]]<br />
[[se:Kongo dásseváldi]]<br />
[[sg:Ködörösêse tî Kongöo]]<br />
[[sh:Republika Kongo]]<br />
[[simple:Republic of the Congo]]<br />
[[sk:Kongo (Brazzaville)]]<br />
[[sl:Republika Kongo]]<br />
[[sn:Republic of the Congo]]<br />
[[so:Jamhuuriyadda Kongo]]<br />
[[sq:Republika e Kongos]]<br />
[[sr:Република Конго]]<br />
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[[zh-yue:剛果]]<br />
[[zu:IKongo]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Andrei_Michailowitsch_Wolkonski&diff=113168595Andrei Michailowitsch Wolkonski2013-01-19T18:17:25Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: fr:Andrei Volkonski</p>
<hr />
<div>Fürst<ref>[http://ru.wikipedia.org/wiki/Волконский,_Андрей_Михайлович Fürst Andrei Michailowitsch Wolkonski]</ref>'''Andrei Michailowitsch Wolkonski''', auch ''Andrey, André, Mikhailovich, Michailovich, Volkonski, Volkonskiy'', [[Russische Sprache|russ.]] ''Андрей Михайлович Волконский'' (* [[14. Februar]] [[1933]] in [[Genf]]; † [[16. September]] [[2008]] in [[Aix-en-Provence]]) war russischer Komponist, Dirigent und [[Cembalo|Cembalist]]. Er war eine Schlüsselfigur in der Wiederentdeckung [[Alte Musik|Alter Musik]] in Russland. <br />
<br />
== Leben und Wirken ==<br />
Wolkonski stammt aus der russischen fürstlichen [[Rurikiden]]-Familie ''Wolkonski''. Sein Großvater war ein Bruder von [[Sergei Michailowitsch Wolkonski]]. Er zeigte schon früh musikalisches Talent und führte als Kind seine Improvisationen [[Sergei Wassiljewitsch Rachmaninow]] vor. Er studierte Klavier bei [[Dinu Lipatti]]. 1947 zog die Familie nach [[Moskau]]. Von 1950 bis 1954 studierte er am [[Moskauer Konservatorium]], besonders bei [[Juri Alexandrowitsch Schaporin]]. Er wurde wegen eines Disziplinarvergehens der Schule verwiesen. Ab 1956 war er als Cembalist und Dirigent tätig; dabei entwickelte er sich zum Pionier für Musik aus Renaissance und Barock, die vorher in der [[UdSSR]] kaum gespielt wurde. 1965 gründete er mit ''Madrigal'' sein eigenes Ensemble für Alte Musik.<br />
<br />
Als Komponist experimentierte er mit [[Zwölftontechnik]] und [[Serielle Musik|Serieller Musik]] wie beispielsweise in seiner Klavier-Suite ''Musica Stricta'' von 1956. Seine Musik, die sich nicht der vorherrschenden Form des [[Sozialistischer Realismus|Sozialistischen Realismus]] anpasste, wurde jedoch nicht aufgeführt. 1972 beantragte er die Ausreise aus der Sowjetunion. Er wurde aus dem Komponistenverband ausgeschlossen und verlor alle materielle Unterstützung. Erst ein Jahr später wurde ihm die Ausreise genehmigt.<br />
<br />
Wolkonski kehrte zunächst in seine Geburtsstadt Genf zurück und lebte später bis zu seinem Tod in Aix-en-Provence. <br />
<br />
Von 1954 bis 1960 war er mit der estnischen Dichterin Helvi Jürisson (* 5. Oktober 1928) verheiratet. Das Paar hatte einen Sohn, den heute als Schauspieler und Musiker bekannten [[Peeter Volkonski]].<br />
<br />
== Werke ==<br />
* Piano Sonate in B-Dur (1949)<br />
* ''Rus'', Kantate nach [[Nikolai Gogol]] (1952)<br />
* ''The Face of the World'', Kantate nach [[Paul Éluard]] (1952)<br />
* Konzert für Orchester (1953)<br />
* Capriccio für Orchester (1954)<br />
* Piano Quintet (1954)<br />
* String Quartet (1955)<br />
* Sonate für Bratsche und Klavier, Op.8 (1955)<br />
* ''Musica Stricta'' für Klavier (1956)<br />
* Fantasie für Klavier (1955)<br />
* ''Two Japanese Songs'' for chorus, electric sound and percussion (1957)<br />
* ''Music for 12 Instruments'' (1957)<br />
* ''Serenade for Insect'' für Kammerorchester (1959)<br />
* ''Spiegel Suite'' für Sopran and 5 Instrumentalisten: Flöte, Violine, Gitarre, Orgel und Schlagzeug nach [[Garcia Lorca]] (1960)<br />
* Sonate für Bratsche (1960)<br />
* ''Die Klagen der Shchaza'' for Sopran, Cor Anglais, Violine, Marimba, Vibrafon, und Cembalo nach Schchaza (1961)<br />
* ''Jeu à Trois'' für Flöte, Violine und Cembalo (1962)<br />
* ''Das wandernde Konzert (Concerto Itinérant)'' für Sopran, Violine, Schlagzeug und 26 Instrumente nach [[Omar Khayyām]] (1967)<br />
* ''Replica'' für kleines Orchester (1969)<br />
* ''Les mailles du Temps'' für 3 Instrumentengruppen (1970)<br />
* ''Mugham'' für tar and Cembalo (1974)<br />
* ''Lied'' für 4 Stimmen (1974)<br />
* ''Immobile'' für Klavier und Orchester (1978)<br />
* ''Was noch lebt'' für Mezzosopran und Streicher-Trio nach [[Johannes Bobrowski]] (1985)<br />
* ''Psalm 148'' für Chor (1989)<br />
* ''Carrefour'' für Ensemble (1992)<br />
<br />
=== Filmmusik ===<br />
* 1958: [[Die Abenteuer des gestiefelten Katers]] (Новые похождения кота в сапогах)<br />
* 1960: [[Die verzauberte Marie]] (Марья-искусница)<br />
* 1961: Die Abenteuer des Krosch (Приключения Кроша)<br />
* 1962: 3+2<br />
* 1967: Война под крышами<br />
* 1968: Tote Saison (Мёртвый сезон)<br />
* 1971: Могила льва<br />
* 1987: Переправа<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Yuri Kholopov: ''Andrei Volkonsky the initiator: a profile of his life and work'', in ''«Ex oriente...II» Nine Composers from the former USSR: Andrei Volkonsky, [[Sergei Slonimsky]], [[Alemdar Karamanov]], [[Valentin Silvestrov]], [[Nikolai Karetnikov]], [[Roman Ledenyov]], [[Faraj Karaev]], [[Victor Ekimovsky]], [[Vladimir Tarnopolsky]]'', Edited by Valeria Tsenova, English Edition only, (studia slavica musicologica, Bd. 30) ISBN 3-928864-91-2<br />
* Дружинин, Фёдор. Андрей Волконский// Воспоминания. Страницы жизни и творчества. Греко-латинский кабинет Ю.А.Шичалина, Консерватория им. Чайковского, Москва 2001<br />
* J. Peter Schmelz: ''Andrey Volkonsky and the Beginnings of Unofficial Music.''; ''Volkonsky's Rejoinder.'' In: ''Such Freedom, if only musical. Unofficial Soviet Music during the Thaw.'' Oxford University Press, New York, 2009, S.&nbsp;67–130; S.&nbsp;275–294<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* {{DNB-Portal|124599583|TYP=Werke von}}<br />
* {{IMDb Name|0901510|Andrei Michailowitsch Wolkonski}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=124599583|LCCN=n/86/869217|VIAF=14959858}}<br />
<br />
{{DEFAULTSORT:Wolkonski, Andrei Michailowitsch}}<br />
[[Kategorie:Russischer Komponist]]<br />
[[Kategorie:Musik (Sowjetunion)]]<br />
[[Kategorie:Cembalist]]<br />
[[Kategorie:Historische Aufführungspraxis]]<br />
[[Kategorie:Komponist (20. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Filmkomponist]]<br />
[[Kategorie:Sowjetbürger]]<br />
[[Kategorie:Russischer Emigrant]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1933]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 2008]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Wolkonski, Andrei Michailowitsch<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Volkonskij, Andrej M.; Volkonsky, André; Volkonskij, Andrej; Volkonskij, Andrej Michajlovič (vollständiger Name); Volkonsky, André; Volkonsky, André M.; Volkonsky, André Michailowitsch; Volkonsky, Andrei; Volkonsky, Andrey Mikhaylovich<br />
|KURZBESCHREIBUNG=russischer Komponist, Dirigent und Cembalist<br />
|GEBURTSDATUM=14. Februar 1933<br />
|GEBURTSORT=[[Genf]]<br />
|STERBEDATUM=16. September 2008<br />
|STERBEORT=[[Aix-en-Provence]]<br />
}}<br />
<br />
[[en:Andrei Volkonsky]]<br />
[[fr:Andrei Volkonski]]<br />
[[ja:アンドレイ・ヴォルコンスキー]]<br />
[[ru:Волконский, Андрей Михайлович]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wikidata&diff=113154048Wikidata2013-01-19T12:27:45Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:ويكى داتا</p>
<hr />
<div>{{Infobox Website<br />
| Name = Wikidata<br />
| Logo = [[Datei:Wikidata-logo-en.svg|150px|Wikidata logo]]<br />
| url = [http://www.wikidata.org/ www.wikidata.org]<br />
| Slogan = Die freie Wissensdatenbank, die jeder bearbeiten kann<br />
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| Erschienen = 30. Oktober 2012<br />
| Jahreseinnahmen =<br />
| Mitglieder =<br />
| Artikel =<br />
| Status =<br />
}}<br />
<br />
'''Wikidata''' ist der Name einer frei bearbeitbaren Datenbank, die unter anderem das Ziel hat, [[Wikipedia]] zu unterstützen. Das Projekt wurde von [[Wikimedia Deutschland]] gestartet und soll als gemeinsame Quelle bestimmte Datentypen für Wikipedia bereitstellen, zum Beispiel Geburtsdaten oder sonstige allgemeingültigen Daten, die in allen Artikeln der Wikipedia verwendet werden können.<ref>{{cite news |title=Data Revolution for Wikipedia |url=http://www.marketwatch.com/story/data-revolution-for-wikipedia-2012-03-30 |work=[[MarketWatch]] |date=2012-03-30 |accessdate=2012-04-10}}</ref> Es ist das erste neue Projekt der [[Wikimedia Foundation]] seit 2006.<ref>{{cite news |title=The Wikipedia data revolution |first=Matthew |last=Roth |url=http://blog.wikimedia.org/2012/03/30/the-wikipedia-data-revolution/ |publisher=[[Wikimedia Foundation]] |date=2012-03-30 |accessdate=2012-04-10}}</ref><br />
<br />
Als erstes Ziel (Phase 1) sollen die Sprachlinks der Wikipedias zentral erfasst und verwaltet werden. Danach (Phase 2) soll es möglich sein, Daten direkt aus Wikidata etwa in Übersichtskästen (Infoboxen) einzubinden, bevor es abschließend (Phase 3) die Möglichkeit geben soll, automatisiert Listen zu erstellen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.infotoday.eu/Articles/Editorial/Featured-Articles/Wikidata-the-next-step-for-Wikipedia-and-more-82622.aspx |titel=Wikidata: the next step for Wikipedia and more |werk=infotoday.eu |zugriff=2012-08-08}}</ref><br />
<br />
== Geschichte ==<br />
Die Entwicklung von Wikidata begann im April 2012. Am 30.&nbsp;Oktober startete das Projekt offiziell und wurde für die Bearbeitung freigegeben. Am 15.&nbsp;Dezember 2012 wurde das millionste Datenelement eingetragen, am 13.&nbsp;Januar 2013 das dreimillionste.<ref>[https://www.wikidata.org/wiki/Wikidata:Hauptseite/Aktuelles Wikidata News]</ref> Bislang können nur die Sprachlinks eingefügt werden; seit dem 14. Januar 2013 sind diese in der ungarischen Wikipedia verfügbar.<ref name="wikimediablog">{{Internetquelle | url=http://blog.wikimedia.de/2013/01/14/erste-schritte-von-wikidata-in-der-ungarischen-wikipedia/ | titel=Wikimedia Blog „Blog Archive“: Erste Schritte von Wikidata in der ungarischen Wikipedia | werk=blog.wikimedia.de | zugriff=2013-01-14 }}</ref> Später soll diese Funktion in der hebräischen und der italienischen Wikipedia verfügbar gemacht werden.<ref name="wikimediablog" /> Erst danach wird sie in allen Sprachversionen verfügbar sein. Weitere Funktionen sollen in den nächsten Wochen{{Zukunft}} und Monaten{{Zukunft}} Stück für Stück hinzugefügt werden.<br />
<br />
Die Entwicklung des Projekts wurde durch Spenden des [[Paul Allen|Allen Institute for Artificial Intelligence]], der [[Gordon and Betty Moore Foundation]] und der [[Google Inc.]] mit insgesamt 1,3&nbsp;Millionen [[Euro]] finanziert.<ref>{{cite news |title=Paul Allen Invests In A Massive Project To Make Wikipedia Better |first=Boonsri |last=Dickinson |url=http://articles.businessinsider.com/2012-03-30/tech/31259697_1_wikimedia-foundation-wikipedia-project |newspaper=[[Business Insider]] |date=2012-03-30 |accessdate=2012-04-10}}</ref><ref>{{cite news |title=Wikipedia’s Next Big Thing: Wikidata, A Machine-Readable, User-Editable Database Funded By Google, Paul Allen And Others |first=Sarah |last=Perez |url=http://techcrunch.com/2012/03/30/wikipedias-next-big-thing-wikidata-a-machine-readable-user-editable-database-funded-by-google-paul-allen-and-others/ |newspaper=[[TechCrunch]] |date=2012-03-30 |accessdate=2012-04-10}}</ref><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat}}<br />
* [//de.wikidata.org/ Hauptseite von Wikidata]<br />
* [[meta:Wikidata|Projektseite]] auf Wikimedia<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Wikimedia-Projekte}}<br />
<br />
[[Kategorie:Online-Datenbank]]<br />
[[Kategorie:Normdatei]]<br />
[[Kategorie:Wikimedia]]<br />
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[[zh:维基数据]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=John_Cleese&diff=113143889John Cleese2013-01-19T04:24:29Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:چون كليس</p>
<hr />
<div>[[Datei:John Cleese 2008 cropped.jpg|thumb|John Cleese, 2008]]<br />
[[Datei:John Cleese at 1989 Oscars.jpg|thumb|John Cleese bei der [[Oscar]]-Verleihung 1989]]<br />
'''John Marwood Cleese''' (* [[27. Oktober]] [[1939]] in [[Weston-super-Mare]], [[Somerset]]) ist ein [[England|englischer]] [[Komiker]], [[Schauspieler]], [[Drehbuch]]autor und [[Synchronsprecher]], der als Mitglied von [[Monty Python]] berühmt wurde. Er war außerdem mit der Fernsehserie ''[[Fawlty Towers]]'' und dem Film ''[[Ein Fisch namens Wanda]]'' erfolgreich.<br />
<br />
== Leben ==<br />
John Cleeses Eltern waren Mitglieder der Mittelschicht, sie ermöglichten ihrem Sohn eine Privatausbildung. Sein Vater Reginald Francis Cleese hieß ursprünglich ''Cheese'' ''(deutsch: Käse)'', änderte seinen Nachnamen jedoch 1915, nachdem er in die Armee eingetreten war.<ref>[http://www.everything2.com/index.pl?node=John%20Cleese John Cleese auf Everything2.com] (englisch)</ref> Schon im Alter von zwölf war John 183 cm groß, ein Jahr später sogar 196 cm und damit ausgewachsen. Die vielen Witze über seine Größe waren ein gutes Training für seinen Humor und seine Schlagfertigkeit.<ref>http://www.imdb.com/name/nm0000092/bio</ref> Cleese sammelte Witze und war ein treuer Hörer der [[Radio-Comedy]]show [[Goon_ Show|The Goon Show]], in der unter anderem [[Peter Sellers]] auftrat.<br />
<br />
John Cleese studierte Jura am Downing College in [[Cambridge]]. Er war Mitglied der erfolgreichen [[Cambridge Footlights|Cambridge Footlights Revue]], wo er sein komödiantisches Talent weiter ausleben konnte, wie auch das spätere [[Monty Python|Monty-Python]]-Mitglied [[Graham Chapman]]. Nach seiner Promotion schrieb Cleese für die [[British Broadcasting Corporation|BBC]] und ging mit der ''Cambridge Footlights Revue'' auf Tournee in Neuseeland und den USA. Dort lernte er [[Terry Gilliam]] kennen, ein weiteres späteres Monty-Python-Mitglied. Nach seiner Rückkehr aus den Staaten trat er in der Radiocomedy ''I’m Sorry I’ll Read That Again'' der BBC auf, die mehrere Jahre erfolgreich lief.<br />
<br />
Erste Fernsehauftritte folgten, er arbeitete mit [[Marty Feldman]] und den weiteren späteren Monty-Python-Mitgliedern [[Eric Idle]], [[Terry Jones (Komiker)|Terry Jones]] und [[Michael Palin]] zusammen. 1969 wurde dann erstmals ''[[Monty Python’s Flying Circus]]'' ausgestrahlt. Die Gruppe hatte überwältigenden Erfolg mit ihrem [[Farce (Theater)|farcenhaften]] und [[Groteske|grotesken]] Humor. Cleese trat in weit über hundert verschiedenen Rollen auf, parodierte aber meist den distanziert-verklemmten, Emotionen fürchtenden Engländer der besseren Gesellschaft.<br />
<br />
Nach drei Staffeln verließ Cleese die Show, arbeitete aber an weiteren Monty-Python-Projekten außerhalb des TV-Formats mit. 1975 produzierte er die [[Sitcom]] ''[[Fawlty Towers]]'', die ebenso erfolgreich wurde. Cleese spielte darin einen steifen, besorgten Hoteldirektor, der permanent um den Schein eines funktionierenden Hauses bemüht ist, aber laufend in peinliche Situationen gerät.<br />
<br />
Cleese gründete dann die Produktionsfirma ''Video Arts'' und war mit geistreich-ironischen Schulungsvideos für Manager erfolgreich. Zusammen mit dem Familientherapeuten [[Robin Skynner]] schrieb er psychologische Ratgeber. Bis zum heutigen Tage entwickelt er auch populärwissenschaftliche Fernsehsendungen.<br />
<br />
Seinen größten Erfolg hatte er 1988 mit dem von ihm geschriebenen und co-inszenierten Spielfilm [[Ein Fisch namens Wanda]] ''(A Fish Called Wanda)'', in dem er erneut den typischen gefühlsgehemmten Engländer spielt. Die Gangsterkomödie kam bei Kritik und Publikum gleichermaßen an und erhielt eine Reihe bedeutender Auszeichnungen (darunter auch eine [[Oscar]]-Nominierung für Cleese als besten Drehbuchautor; sein Nebendarsteller Kevin Kline erhielt den Oscar für die beste Nebenrolle). Sein zweiter Spielfilm ''[[Wilde Kreaturen]]'' ''(Fierce Creatures)'' kam 1996 in die Kinos. Wie schon in ''Ein Fisch namens Wanda'' spielte Cleese an der Seite von [[Kevin Kline]], [[Jamie Lee Curtis]] und [[Michael Palin]], der Film fand aber nicht annähernd so viel Beifall. Cleese hat danach kein weiteres Spielfilm-Drehbuch mehr geschrieben und hat es mehrfach als Fehler bezeichnet, ''Wilde Kreaturen'' gemacht zu haben. Als er 2008 von seinem Freund, dem Regisseur und Restaurantkritiker [[Michael Winner]], gefragt wurde, was er denn anders machen würde, wenn er die Chance hätte, sein Leben noch einmal zu leben, ging Cleese sogar so weit zu sagen: „Ich hätte Alyce Faye Eichelberger [seine dritte Ehefrau] nicht geheiratet und ich hätte ''Wilde Kreaturen'' nicht gedreht.“<ref name="Times Online - Michael Winner">[http://www.timesonline.co.uk/tol/life_and_style/food_and_drink/eating_out/winners_dinners/article4275153.ece Times Online - Michael Winner at Villa Principe Leopoldo, Switzerland]</ref><br />
<br />
Cleese ist auch durch zwei weitere Rollen bekannt geworden: die des ''Fast Kopflosen Nick'' in den Verfilmungen der [[Harry Potter|Harry-Potter]]-Romane und die Rolle des R, dem Waffenentwickler [[James Bond]]s und Nachfolger von Q in zwei Filmen der Serie.<br />
<br />
John Cleese ist, wie seine Fernsehdokumentationen zeigen, sehr an Bildung und Wissensvermittlung interessiert. Er war von 1970 bis 1973 Rektor der [[Universität St Andrews]] und ist immer noch Gastprofessor an der [[Cornell University]] in [[New York City|New York]]. Cleese setzt sich für den Erhalt der vom Aussterben bedrohten [[Lemuren]] ein. Zum Dank für sein Engagement wurde 2005 eine Lemurenart nach ihm benannt ''([[Cleese-Wollmaki|Avahi cleesei]])''.<br />
<br />
Die neuseeländische Stadt [[Palmerston North]] benannte 2007 eine Müllhalde nach John Cleese. Der Komiker hatte die Stadt zuvor als ''Selbstmord-Hauptstadt Neuseelands'' bezeichnet. Palmerston North, das eine für Neuseeland durchschnittliche Selbstmordrate hat, taufte die Halde in einem Akt der „Vergeltung“ in ''Mount Cleese'' um.<br />
<br />
Derzeit arbeitet John Cleese zusammen mit seiner Tochter Camilla an einer [[Musical]]-Version seines Spielfilms ''Ein Fisch namens Wanda''. Erstmals seit dem 1996er Film ''Wilde Kreaturen'' schreibt er wieder an einem Drehbuch - Arbeitstitel: ''Taxing Times''. Co-Autorin ist die Irin [[Lisa Hogan]], mit der Cleese seit langem befreundet ist und die schon in ''Wilde Kreaturen'' zu sehen war. John Cleese zufolge geht es dabei um „die Anstrengungen, die einige Leute unternehmen, um Steuern zu sparen. […] [Das Buch] basiert auf mir selbst, als ich mir meine britische Rente auszahlen ließ und nach [[Santa Barbara (Kalifornien)|Santa Barbara]] umgezogen bin.“<ref>[http://www.dailymail.co.uk/tvshowbiz/article-1036560/John-Cleeses-fling-blonde-HALF-age.html Daily Mirror: John Cleese’s fling with a blonde HALF his age]</ref><br />
<br />
=== Persönliches ===<br />
John Cleese war zehn Jahre lang mit der US-amerikanischen Schauspielerin [[Connie Booth]] verheiratet, die auch in ''Monty Python’s Flying Circus'' Auftritte hatte und in ''[[Fawlty Towers]]'' das Zimmermädchen Polly spielte. Ihre gemeinsame Tochter [[Cynthia Cleese]] spielte eine kleine Rolle in ''Ein Fisch namens Wanda'' und in ''Wilde Kreaturen''. Cleese und Booth arbeiteten auch nach ihrer Scheidung zusammen an der zweiten ''Fawlty Towers''-Staffel und sind bis heute befreundet. Barbara Trentham – ebenfalls eine US-amerikanische Schauspielerin – heiratete Cleese 1981. 1984 bekam das Paar die Tochter Camilla. Die Ehe wurde 1990 geschieden.<br />
<br />
Am 28. Dezember 1992 heiratete John Cleese die amerikanische Psychotherapeutin Alyce Faye Eichelberger, 1999 wanderte er nach [[Kalifornien]] aus. Das Paar, das keine gemeinsamen Kinder hat, trennte sich im Januar 2008. Das Scheidungsverfahren wurde in Großbritannien aufmerksam verfolgt, da Eichelberger eine Abfindung in Höhe von 13,5 Millionen Euro erhielt.<ref>[http://www.sueddeutsche.de/leben/vip-klick-john-cleese-zweiter-fruehling-mit-1.3735 Zweiter Frühling mit 70] sueddeutsche.de, abgerufen am 18. September 2012</ref><br />
<br />
Im August 2012 heiratete Cleese auf der karibischen Insel [[Mustique]] die 31 Jahre jüngere Jennifer Wade.<ref>[http://www.stern.de/lifestyle/leute/hochzeit-von-john-cleese-monty-python-star-sagt-zum-vierten-mal-ja-1877421.html "Monty Python"-Star sagt zum vierten Mal Ja] stern.de, abgerufen am 18. September 2012</ref><ref>[http://www.hellomagazine.com/celebrities/201208138946/john-cleese-wedding-jennifer-wade/ Exclusive: John Cleese weds 'soulmate' in intimate Mustique marriage ceremony] hellomagazine.com, abgerufen am 18. September 2012 (englisch)</ref><br />
<br />
Cleese lebt und arbeitet in Kalifornien, zwischendurch weilt er zu Arbeitsaufenthalten in London.<br />
<br />
== Ergänzendes ==<br />
* Die Stimme von John Cleese wurde in Deutschland meistens von [[Thomas Danneberg]] synchronisiert.<br />
* Der meistbenutzte Spruch aus dem Munde von John Cleese in ''Flying Circus'' war: ''„And now for something completely different.“''<br />
* Im [[Movie Park Germany]] wurden für die Attraktion ''Time Riders'' zur Anleitung der Besucher mehrere Videosequenzen mit John Cleese gedreht.<br />
<br />
== Ausgewählte Filmografie ==<br />
<br />
=== Fernsehen ===<br />
==== Serien, Fernsehfilme und Shows ====<br />
* 1966–67: The Frost Report<br />
* 1967: At Last the 1948 Show<br />
* 1968: [[Mit Schirm, Charme und Melone]] (Gastrolle)<br />
* 1968: [[How to Irritate People]]<br />
* 1969–74: [[Monty Python’s Flying Circus]]<br />
* 1975, 1979: [[Fawlty Towers]]<br />
* 1980: [[Der Widerspenstigen Zähmung]]<br />
* 1982: [[Whoops Apocalypse]]<br />
* 1986: [[Sledge Hammer - Dori Day Afternoon]] (Gastrolle)<br />
* 1987: [[Cheers]]<br />
* 1997: [[Saturday Night Live]]<br />
* 1997: [[Hinterm Mond gleich links]] (Gastrolle)<br />
* 2003–04: [[Will & Grace]] (Gastrolle)<br />
* 2010: [[Entourage (Fernsehserie)|Entourage]] (Gastrolle)<br />
<br />
==== Dokumentationen ====<br />
* 2001: The Human Face<br />
* 2004: Wine for the Confused<br />
* 2005: Power of the Sun<br />
* 2006: The Art of Football from A to Z<br />
<br />
=== Filme ===<br />
[[Datei:John Cleese.jpg|thumb|Cleese (links) mit Eric Bruno Borgman, 2007]]<br />
* 1969: Magic Christian (mit Peter Sellers, Ringo Starr, Graham Chapman – Drehbuch und Nebenrolle)<br />
* 1971: [[Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft]] ''(And Now for Something Completely Different)''<br />
* 1974: Romance with a Double Bass<br />
* 1975: [[Die Ritter der Kokosnuß]] ''(Monty Python and the Holy Grail)''<br />
* 1977: The strange case of the end of civilisation as we know it<br />
* 1979: [[Das Leben des Brian]] ''(Life of Brian)''<br />
* 1981: [[Die große Muppet-Sause]] ''(The Great Muppet Caper)''<br />
* 1981: [[Time Bandits]]<br />
* 1982: [[Monty Python Live at the Hollywood Bowl]]<br />
* 1983: [[Der Sinn des Lebens (Film)|Der Sinn des Lebens]] ''(The Meaning of Life)''<br />
* 1983: [[Dotterbart]] ''(Yellowbeard)''<br />
* 1985: [[Silverado]]<br />
* 1986: [[Clockwise – Recht so, Mr. Stimpson]] ''(Clockwise)''<br />
* 1988: [[Ein Fisch namens Wanda]] ''(A Fish called Wanda)''<br />
* 1989: [[Erik der Wikinger]] ''(Erik the Viking)''<br />
* 1989: [[The Big Picture]]<br />
* 1990: [[Bullseye – Der wahnwitzige Diamanten Coup]] ''(Bullseye!)''<br />
* 1993: [[Und ewig schleichen die Erben]] ''(Splitting Heirs)''<br />
* 1994: [[Das Dschungelbuch (1994)|Das Dschungelbuch]]<br />
* 1994: [[Mary Shelley’s Frankenstein]]<br />
* 1997: [[Wilde Kreaturen]] ''(Fierce Creatures)''<br />
* 1997: [[George – Der aus dem Dschungel kam]] ''(George of the Jungle'', Stimme)<br />
* 1999: [[James Bond 007 – Die Welt ist nicht genug]] ''(The World Is Not Enough)''<br />
* 1999: [[Schlaflos in New York]] ''(Mr. Mersault)''<br />
* 2000: Der Zauberpudding (The Magic Pudding, Stimme)<br />
* 2001: [[Rat Race – Der nackte Wahnsinn]] ''(Rat Race)''<br />
* 2001: [[Harry Potter und der Stein der Weisen (Film)|Harry Potter und der Stein der Weisen]] ''(Harry Potter and the Philosopher’s Stone)''<br />
* 2002: [[Harry Potter und die Kammer des Schreckens (Film)|Harry Potter und die Kammer des Schreckens]] ''(Harry Potter and the Chamber of Secrets)''<br />
* 2002: [[Stirb an einem anderen Tag]] ''(Die Another Day)''<br />
* 2002: [[Pluto Nash – Im Kampf gegen die Mondmafia]]<br />
* 2003: [[Abgezockt!]] ''(Scorched)''<br />
* 2003: [[3 Engel für Charlie – Volle Power]] ''(Charlie’s Angels: Full Throttle)''<br />
* 2004: [[Shrek 2 – Der tollkühne Held kehrt zurück]] ''(Shrek 2)''<br />
* 2004: [[In 80 Tagen um die Welt (2004)|In 80 Tagen um die Welt]] ''(Around the World in 80 Days)'' <br />
* 2006: [[Man About Town]]<br />
* 2007: [[Shrek der Dritte]] ''(Shrek the Third)''<br />
* 2008: [[Der Tag, an dem die Erde stillstand (2008)|Der Tag, an dem die Erde stillstand]] ''(The Day the Earth Stood Still)''<br />
* 2009: [[Der rosarote Panther 2]] ''(Chief Inspector Dreyfus)''<br />
* 2009: [[Planet 51]] (Stimme)<br />
* 2010: [[Für immer Shrek]] (Stimme)<br />
* 2010: [[Spud]]<br />
* 2011: [[Winnie Puuh (Film)|Winnie Puuh]] ''(Winnie Pooh'', Stimme)<br />
<br />
=== Sonstiges ===<br />
* Cleese wirkte außerdem bei Mike Oldfields [[Tubular Bells 2003]] mit, wo er am Ende des Stücks "Finale" die einsteigenden Instrumente ansagt.<br />
* Cleese spricht ebenfalls den Butler namens Jasper in dem Spiel [[Fable III]], das am 29. Oktober 2010 in Deutschland erschien.<br />
<br />
== Auszeichnungen ==<br />
=== Fernsehen ===<br />
* 1967: The Frost Report: [[Rose d’Or]] auf dem Fernsehfestival in [[Montreux]] als Schauspieler<br />
* 1969: [[Monty Python’s Flying Circus]]: Nominierung für den britischen Society of Film and Television Arts Award (später BAFTA Award) als Drehbuchautor und Schauspieler<br />
* 1970: Monty Python’s Flying Circus: Nominierung für den Society of Film and Television Arts Award als Schauspieler<br />
* 1975: [[Fawlty Towers]]: Nomininerung für den Society of Film and Television Arts Award als Schauspieler<br />
* 1979: Fawlty Towers: BAFTA Award als Schauspieler<br />
* 1986: [[Cheers]]: [[Emmy]] als Gastschauspieler<br />
* 1991: Preis der Zeitung ''[[Aftonbladet]]'' für die beliebteste männliche Fernsehpersönlichkeit<br />
* 1997: [[Hinterm Mond gleich links]] ''(3rd Rock from the Sun):'' Emmy-Nominierung als Gastschauspieler<br />
* 2001: The Human Face: Emmy-Nominierung als Drehbuchautor und Moderator<br />
* 2002: Sir Peter Ustinov Award des Fernsehfestivals in [[Banff (Alberta)|Banff]]<br />
* 2003: [[Will & Grace]]: Emmy-Nominierung als Gastschauspieler<br />
<br />
=== Filme ===<br />
* 1986: [[Clockwise – Recht so, Mr. Stimpson]]: [[Evening Standard British Film Award]] als Schauspieler<br />
* 1988: [[Ein Fisch namens Wanda]] ''(A Fish Called Wanda):'' [[Oscar]]-Nominierung, [[British Academy Film Award|BAFTA]]-Nominierung, [[David di Donatello|David-di-Donatello]]-Preis, [[Edgar Allan Poe Award|Edgar-Allan-Poe-Award]]-Nominierung und [[Writers Guild of America|Writers-Guild-of-America]]-Award-Nominierung als Drehbuchautor – [[British Academy Film Award]] und [[Golden Globe Award|Golden-Globe]]-Nominierung als Schauspieler<br />
* 2002: [[Harry Potter und die Kammer des Schreckens (Film)|Harry Potter und die Kammer des Schreckens]] ''(Harry Potter and the Chamber of Secrets):'' Phoenix Film Critics Society Award-Nominierung als Castmitglied<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Figuren aus James-Bond-Filmen#Q|Q (James Bond)]]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* {{Commons|John Cleese}}<br />
* {{DNB-Portal|11911609X}}<br />
* {{IMDb Name|ID=0000092|NAME=John Cleese}}<br />
* [http://www.thejohncleese.com/ Offizielle Website von John Cleese]<br />
* [http://www.johncleesepodcast.co.uk/ John Cleeses offizielle Podcasts]<br />
<br />
{{Navigationsleiste Monty Python}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=11911609X|LCCN=n/81/74401|VIAF=76510997}}<br />
<br />
{{DEFAULTSORT:Cleese, John}}<br />
[[Kategorie:Komiker]]<br />
[[Kategorie:Schauspieler]]<br />
[[Kategorie:Emmy-Preisträger]]<br />
[[Kategorie:Britischer Künstler]]<br />
[[Kategorie:Monty Python]]<br />
[[Kategorie:Synchronsprecher]]<br />
[[Kategorie:Drehbuchautor]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1939]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Cleese, John<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Cleese, John Marwood<br />
|KURZBESCHREIBUNG=britischer Komiker und Schauspieler, Mitglied von Monty Python<br />
|GEBURTSDATUM=27. Oktober 1939<br />
|GEBURTSORT=[[Weston-super-Mare]], [[Somerset]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[an:John Cleese]]<br />
[[ar:جون كليز]]<br />
[[arz:چون كليس]]<br />
[[bg:Джон Клийз]]<br />
[[bs:John Cleese]]<br />
[[ca:John Cleese]]<br />
[[cs:John Cleese]]<br />
[[cy:John Cleese]]<br />
[[da:John Cleese]]<br />
[[en:John Cleese]]<br />
[[es:John Cleese]]<br />
[[eu:John Cleese]]<br />
[[fa:جان کلیز]]<br />
[[fi:John Cleese]]<br />
[[fr:John Cleese]]<br />
[[gl:John Cleese]]<br />
[[he:ג'ון קליז]]<br />
[[hr:John Cleese]]<br />
[[hu:John Cleese]]<br />
[[hy:Ջոն Քլիզ]]<br />
[[id:John Cleese]]<br />
[[is:John Cleese]]<br />
[[it:John Cleese]]<br />
[[ja:ジョン・クリーズ]]<br />
[[ko:존 클리즈]]<br />
[[la:Ioannes Cleese]]<br />
[[lt:John Cleese]]<br />
[[lv:Džons Klīzs]]<br />
[[mk:Џон Клиз]]<br />
[[nds:John Cleese]]<br />
[[nl:John Cleese]]<br />
[[nn:John Cleese]]<br />
[[no:John Cleese]]<br />
[[pl:John Cleese]]<br />
[[pt:John Cleese]]<br />
[[ro:John Cleese]]<br />
[[ru:Клиз, Джон]]<br />
[[sh:John Cleese]]<br />
[[simple:John Cleese]]<br />
[[sq:John Cleese]]<br />
[[sr:Џон Клиз]]<br />
[[sv:John Cleese]]<br />
[[tl:John Cleese]]<br />
[[tr:John Cleese]]<br />
[[uk:Джон Кліз]]<br />
[[war:John Cleese]]<br />
[[zh:约翰·克里斯]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Monty_Python&diff=113143779Monty Python2013-01-19T04:14:59Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:مونتى پايثون</p>
<hr />
<div>{{Infobox<br />
| Titel = Monty Python<br />
| Bildname = Python-Foot.png<br />
| Bildbreite = <br />
| Bildtext = Fuß aus dem animierten Vorspann von<br>''[[Monty Python’s Flying Circus]]''<br />
<br />
| Stil = 1<br />
| Style = <br />
| Titelfarbe = <br />
| Abschnittsfarbe =<br />
| Feldstyle = <br />
<br />
| Feldname1 = Art | Daten1 = [[Komiker]] <br />
| Feldname2 = Genre | Daten2 = [[Britischer Humor]], [[Satire]], [[Schwarzer Humor]], [[Nonsens]]<br />
| Feldname3 = Medien | Daten3 = Fernsehen, Kino, Video, Tonaufnahmen, Bücher<br />
| Feldname4 = Nationalität | Daten4 = Britisch<br />
| Feldname5 = Gründung | Daten5 = 1969<br />
| Feldname6 = Auflösung | Daten6 = 1983<br />
| Feldname7 = Mitglieder | Daten7 = [[Graham Chapman]] <br /> [[John Cleese]] <br /> [[Terry Gilliam]] <br />[[Eric Idle]] <br />[[Terry Jones (Komiker)|Terry Jones]] <br />[[Michael Palin]]<br />
| Feldname8 = Website | Daten8 = [http://www.pythonline.com/ Pythonline]<br />
<br />
| Feldname9 = | Daten9 = <br />
| Feldname10 = | Daten10 = <br />
| Feldname11 = | Daten11 = <br />
| Feldname12 = | Daten12 = <br />
| Feldname13 = | Daten13 = <br />
| Feldname14 = | Daten14 = <br />
| Feldname15 = | Daten15 = <br />
| Feldname16 = | Daten16 = <br />
}}<br />
<br />
[[Datei:John Cleese 2008 cropped.jpg|miniatur|[[John Cleese]]]]<br />
[[Datei:Eric Idle (2).jpg|miniatur|[[Eric Idle]]]]<br />
[[Datei:Michael Palin (2).jpg|miniatur|[[Michael Palin]]]]<br />
[[Datei:Terry Gilliam(CannesPhotoCall) (2).jpg|miniatur|[[Terry Gilliam]]]]<br />
[[Datei:Terry Jones.jpg|miniatur|[[Terry Jones (Komiker)|Terry Jones]]]]<br />
<br />
'''Monty Python''' [{{IPA|ˌmɒnti ˈpaɪθn}}] war eine [[Vereinigtes Königreich|britische]] [[Komiker]]gruppe. Sie wurde 1969 gegründet und hatte ihre Blütezeit in den 1970er Jahren, in denen die Fernsehserie ''[[Monty Python’s Flying Circus]]'' und mehrere Kinofilme, unter anderem ''[[Das Leben des Brian]]'', gedreht wurden. 1983 löste sich die Gruppe vorerst auf. Die Gruppe Monty Python hatte sehr großen Einfluss auf zahlreiche Humoristen in verschiedenen Medien. 2012 kündigten die verbliebenen 5 Mitglieder an, einen neuen Film produzieren zu wollen.<br />
<br />
== Biographie ==<br />
Monty Python bestand aus:<br />
* [[Graham Chapman]] (*&nbsp;1941; †&nbsp;1989)<br />
* [[John Cleese]] (*&nbsp;1939)<br />
* [[Terry Gilliam]] (*&nbsp;1940)<br />
* [[Eric Idle]] (*&nbsp;1943)<br />
* [[Terry Jones (Komiker)|Terry Jones]] (*&nbsp;1942)<br />
* [[Michael Palin]] (*&nbsp;1943)<br />
<br />
Cleese, Chapman und Idle studierten an der [[University of Cambridge|Universität Cambridge]], Palin und Jones an der [[University of Oxford|Universität Oxford]], wo sie im Schreiben und Darstellen komischer Sketche erste Erfahrungen sammelten. Sowohl Palin und Idle als auch Cleese, Chapman und Jones hatten bereits für die BBC gearbeitet, als Cleese Anfang 1969 vorschlug, sich zusammen zu tun. Diese Gruppenbildung beim Skript-Schreiben blieb während der Monty-Python-Zeit weitgehend bestehen, dies bezeichnete Terry Jones später als „The Oxford-Cambridge-Divide“. Das sechste Mitglied, der US-Amerikaner Terry Gilliam, kam vom Occidental College, Los Angeles, dazu und zeichnete sich hauptsächlich durch seine surrealen [[Cut-Out-Animation]]en und kleinere Rollendarstellungen (meist ohne Text) aus. Im Laufe der Zeit übernahm er immer öfter die Regie bei der Inszenierung der Sketche und Filme. Häufige Mitarbeiter der „Pythons“ waren [[Carol Cleveland]], [[Connie Booth]] und [[Neil Innes]], die in zahlreichen Sketchen des „Flying Circus“ und auch den meisten Kinofilmen mitwirkten.<ref name="Cleveland und die Pythons">[http://www.carolcleveland.com/python.htm Cleveland und die Pythons]</ref><br />
<br />
Von 1969 bis 1974 drehten die „Pythons“ für die [[British Broadcasting Corporation|BBC]] 45 Folgen (drei Staffeln mit je 13 Folgen, eine Staffel mit sechs Folgen) der [[Fernsehserie|Serie]] ''Monty Python’s Flying Circus'', in der [[Sketch]]e und [[Trickfilm]]szenen gemischt wurden. Die erste Sendung wurde am 5. Oktober 1969 um 23:00 Uhr ausgestrahlt. In den Jahren 1971 und 1972 wurden zwei Folgen in deutscher Sprache als ''[[Monty Pythons fliegender Zirkus]]'' speziell für das deutsche und österreichische Fernsehen produziert und gesendet.<br />
<br />
Der Name ''Monty Python’s Flying Circus'' für die Show-Serie entstand erst 1969 kurz vor Drehbeginn bei einer der letzten Besprechungen in Cleeses damaliger Wohnung in der Basil Street in Kensington:<br />
{{Zitat<br />
| Text=Several zany titles resulted until John Cleese came up with the last name Python and Eric Idle remembered a character he had met in a pub years before. The stranger had been a dapper sort and every time he came into the pub he would ask the patrons, "Has Monty been in yet?" Idle’s compatriots liked the name and so the troupe and the show became Monty Python’s Flying Circus.<br />
| Autor=<br />
| Quelle=Biografie in ''movies.msn.com''<br />
| lang=en<br />
| Übersetzung=Mehrere verrückte Titel kursierten, bis John Cleese mit dem Nachnamen ''Python'' ankam und Eric Idle sich an jemanden erinnerte, den er Jahre zuvor in einer Kneipe getroffen hatte. Der Fremde war ein eleganter Typ, und jedes Mal, wenn er in die Kneipe kam, fragte er die Gäste: „War Monty schon hier?“ Idles Landsmänner fanden den Namen gut, und so wurde aus der Truppe und der Show ''Monty Python's Flying Circus''.<br />
| ref=<ref>{{Internetquelle| url=http://movies.msn.com/celebrities/celebrity-biography/monty-python/<br />
| titel=Monty Python: Biography| werk=msn.com| zugriff=2012-09-22}}</ref><br />
}}<br />
Die Serie bestach durch ihren schrägen [[Humor]]. In Anlehnung an den Ausdruck „[[kafkaesk]]“ wurde diese Stilrichtung auch als „pythonesk“ bezeichnet. Sie zeichnete sich durch hintersinnigen und vor allem [[Schwarzer Humor|schwarzen Humor]] aus. Die Serie gilt sowohl formal als auch inhaltlich als wegweisend für das Genre der Comedy; insbesondere der Verzicht auf eine Pointe im Anschluss an eine besonders absurde Szene war revolutionär und wirkte stilbildend. Bewusst wurden Sketche und ganze Folgen im Widerspruch zu den Sehgewohnheiten als [[Bewusstseinsstrom]] inszeniert. Bekannt ist auch die Erkennungsmelodie aus ''Monty Python’s Flying Circus'': Es handelt sich um [[John Philip Sousa]]s Marsch ''The Liberty Bell''. Nachdem John Cleese bereits nach dem zweiten Jahr mit dem Gedanken gespielt hatte, die Gruppe zu verlassen, war er schließlich in der vierten Staffel nicht mehr dabei. Es wurden nur noch sechs Folgen erstellt, wobei aber trotzdem noch Material von John Cleese (mit seinem Einverständnis) verwendet wurde.<br />
<br />
Nach ihrer Zeit beim [[Fernsehen]] wandten sich Monty Python dem [[Film]] zu. ''[[Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft]]'' (Originaltitel: ''And Now For Something Completely Different'') wurde bereits während der Zeit des ''Flying Circus'' für das Kino gedreht. Er enthielt fast ausnahmslos neu gedrehte Sketche, die aber bereits im ''Flying Circus'' zu sehen gewesen waren. Im direkten Anschluss begannen in Schottland die Dreharbeiten zum zweiten Kinofilm ''[[Die Ritter der Kokosnuß]]'', nun wieder mit Beteiligung von John Cleese.<br />
<br />
1979 drehte die Gruppe ihren wohl einflussreichsten und bekanntesten Film, ''[[Das Leben des Brian]]''. Der von [[George Harrison]] produzierte Film befasst sich satirisch und mit schwarzem Humor mit religiösen und sozialen Themen und parodiert zugleich die Bibelfilme der 1950er und 1960er Jahre. Der Protagonist Brian, geboren zur selben Zeit wie [[Jesus von Nazareth]], wird immer wieder für den Messias gehalten und schließlich gekreuzigt. Aufgrund des kontroversen Inhaltes des Filmes protestierten beispielsweise amerikanische konservative Christen dagegen. So nahmen manche Kinobetreiber Monty Pythons Werk aus Rücksicht vor religiösen Empfindsamkeiten nicht ins Programm auf.<br />
<br />
1983 beendeten die Pythons zunächst ihre Zusammenarbeit, unter anderem aufgrund des verschlechterten Gesundheitszustands von Graham Chapman, der an schwerem [[Alkoholismus]] litt. Als er 1989 starb, versammelten sich alle Pythons bei der Trauerfeier; Cleese und Palin hielten viel beachtete Reden, alle Pythons gemeinsam sangen den Song ''Always look on the bright side of life''. 1998 traten die fünf Überlebenden gemeinsam in Aspen (Colorado) auf. Auch einzeln waren die Mitglieder als [[Schauspieler]], [[Autor]] oder [[Regisseur]] erfolgreich (auch schon vor ihrer Monty-Python-Zeit) und sind es zum Teil auch heute noch. Zu den Pythons gehört die Produktionsfirma [[Python (Monty) Pictures Limited]].<br />
<br />
Vier der Pythons (Gilliam, Idle, Jones und Palin) traten zusammen mit Carol Cleveland und Neil Innes 2002 auf dem [[Concert for George|Gedenkkonzert]] für [[George Harrison]] auf, da er, wie erwähnt, einen ihrer Filme mit seiner extra für die Pythons gegründeten Firma [[HandMade Films]] produziert hatte. Für John Cleese, der zu diesem Zeitpunkt erkrankt war, sprang [[Tom Hanks]] bei einer Nummer ein.<br />
<br />
2005 wurde das Monty-Python-[[Musical]] ''Monty Python’s Spamalot'' am [[Broadway (Theater)|New Yorker Broadway]] uraufgeführt, das dort seither regelmäßig gespielt wird und auch mehrmonatige Aufführungsreihen in [[London]], [[Las Vegas]] und im Kölner [[Musical Dome]] hatte. Besonders Eric Idle war intensiv an dieser Produktion beteiligt.<br />
<br />
Anfang 2012 kündigten die Pythons die Produktion eines neuen gemeinsamen Films an, der ''Absolutely Anything'' heißen soll. Der Film wird als „Science-Fiction-Farce“ beschrieben.<ref>{{Internetquelle| titel=Monty Python drehen neuen Film| url=http://www.sueddeutsche.de/kultur/monty-python-drehen-neuen-film-und-nun-zu-etwas-voellig-anderem-1.1269327| hrsg=Süddeutsche.de| zugriff=2012-01-31}}</ref><br />
<br />
== Werk ==<br />
=== Filme ===<br />
* 1969–1974 – ''[[Monty Python’s Flying Circus]]''<br />
* 1971–1972 – ''[[Monty Pythons fliegender Zirkus]]''<br />
* 1971 – ''And Now For Something Completely Different'' (''[[Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft]]'')<br />
* 1975 – ''Monty Python and the Holy Grail'' (''[[Die Ritter der Kokosnuß]]'')<br />
* 1979 – ''Life of Brian'' (''[[Das Leben des Brian]]'')<br />
* 1982 – ''Live at the Hollywood Bowl'' (''[[Monty Python Live at the Hollywood Bowl]]'')<br />
* 1983 – ''The Meaning of Life'' (''[[Der Sinn des Lebens (Film)|Der Sinn des Lebens]]'')<br />
<br />
=== Dokumentationen ===<br />
* 2009 – Monty Python - Fast die ganze Wahrheit!<br />
<br />
=== Tonträger ===<br />
* 1971 – ''Another Monty Python Record'' ([[Charisma Records]])<br />
* 1972 – ''Monty Python’s Previous Record'' (Charisma Records)<br />
* 1973 – ''Matching Tie and Handkerchief'' (Charisma Records)<br />
* 1974 – ''Holy Grail Soundtrack'' (Charisma Records)<br />
* 1974 – ''[[Monty Python Live at Drury Lane]]'' (Charisma Records)<br />
* 1976 – ''Live! At City Center'' (Megaphon Import Service)<br />
* 1979 – ''Life Of Brian Soundtrack'' (Charisma Records)<br />
* 1980 – ''Monty Python’s Contractual Obligation Album'' (Charisma Records)<br />
* 1983 – ''The Meaning Of Life Soundtrack'' (Universal)<br />
* 1988 - ''The Final Rip Off'' (Virgin Records)<br />
* 1989 – ''Monty Python Sings'' ([[EMI Group|Virgin Records]])<br />
<br />
=== Computerspiele ===<br />
* 1984 – ''The Quest for the Holy Grail'' – Ein [[Textadventure]] für den [[Commodore 64|C64]]<br />
* 1990 – ''Monty Python’s Flying Circus'' (entwickelt von Core Design Ltd. und herausgegeben von Virgin Interactive Entertainment)<br />
* 1994 – ''Monty Python’s Complete Waste of Time'' (deutscher Titel: ''Monty Python’s Reine Zeitverschwendung'')<br />
* 1996 – ''Monty Python and the Quest for the Holy Grail'' (deutscher Titel: ''Monty Python – Die Ritter der Kokosnuß'')<br />
* 1997 – ''Monty Python’s The Meaning of Life''<br />
<br />
Diese [[Computerspiel]]e wurden von [[7th Level]] in Zusammenarbeit mit Eric Idle und Terry Gilliam entwickelt.<br />
<br />
=== Musical ===<br />
* 2005 – ''[[Monty Python’s Spamalot]]''<br />
<br />
== Auszeichnungen ==<br />
* 1971 – [[Rose von Montreux]] - ''Silberne Rose'' für ''[[Monty Python’s Flying Circus]]''<br />
* 1983 – [[Internationale Filmfestspiele von Cannes|Cannes Film Festival]] ''Großer Preis der Jury'' für ''[[Der Sinn des Lebens (Film)|Der Sinn des Lebens]]''<br />
* 1995 – ''Rose von Montreux'' - ''Ehrenrose''<br />
* 2001 – [[Europäischer Filmpreis/Lebenswerk|Europäischer Filmpreis für das Lebenswerk]]<br />
* 2003 – [[DVD Champion]] in der Kategorie ''Boxset'' für ''Monty’s Enzyklopythonia''<br />
* 2005 – [[Rose d’Or]] Aufnahme in die ''[[Ruhmeshalle|Hall of Fame]]''<br />
<br />
== Trivia ==<br />
[[Datei:Venus,cupid,folly&time foot.jpg|miniatur|Der Originalfuß (markiert): [[Allegorie der Liebe|Allegoria del trionfo di Venere]] von Angelo Bronzino]]<br />
* Der Ausdruck [[Spam]] für massenhafte E-Mails wurde durch einen Sketch von Monty Python inspiriert, in dem immer wieder der Name der [[Frühstücksfleisch|Dosenfleischmarke]] genannt wird (siehe auch [[Spam-Sketch]]).<br />
* Der Name der [[Programmiersprache]] [[Python (Programmiersprache)|Python]] geht auf die Verehrung von Monty Python durch den Autor [[Guido van Rossum]] zurück.<br />
* Die [[virtuelle Maschine]] [[Parrot]] verdankt ihren Namen dem ''[[Der Papagei ist tot|Dead-Parrot]]''-Sketch.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* 1993 – „Monty Python’s Flying Circus. Sämtliche Worte“ (Zwei Bände), Haffmans Verlag AG (Zürich 1993), ISBN 3-251-00223-6<br />
* 1997 – „Monty Python – Über den Sinn des Lebens“ [[Andreas P. Pittler]]<br />
* 1999 – „Eine Python namens Monty“ [[Guido Mann]], BoD (Stuttgart 1999), ISBN 978-3-89811-326-7.<br />
* 2000 – „Monty Python’s Fliegender Zirkus. Sämtliche deutschen Shows“, Haffmans Verlag AG (Zürich 2000), ISBN 3-251-00414-X<br />
* 2003 – Buch/Biografie: „Python über Python“ (engl. ''The „Pythons“ Autobiography by the „Pythons“'') von Monty Python, [[Bob McCabe]]<br />
* Volker Bleek: ''Kommen wir nun zu etwas völlig anderem – 40 Jahre Monty Python''. Schüren Verlag, Marburg 2008, ISBN 978-3-89472-633-1.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons}}<br />
{{Wikiquote}}<br />
* [http://www.pythonline.com/ Offizielle Monty-Python-Homepage] (englisch)<br />
* [http://www.intriguing.com/mp/ Monty Python’s Completely Useless Web Site]<br />
* [http://www.grigorios.com/ma/index.html Magisterarbeit über die BBC-Fernsehserie Monty Python’s Flying Circus] von Grigorios Petsos<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Monty Python}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=k|GND=811153-4}}<br />
<br />
[[Kategorie:Monty Python| ]]<br />
[[Kategorie:Künstlergruppe (Darstellende Kunst)]]<br />
[[Kategorie:Satire]]<br />
<br />
[[an:Monty Python]]<br />
[[arz:مونتى پايثون]]<br />
[[bg:Монти Пайтън]]<br />
[[ca:Monty Python]]<br />
[[cs:Monty Python]]<br />
[[da:Monty Python]]<br />
[[el:Μόντυ Πάιθον]]<br />
[[en:Monty Python]]<br />
[[eo:Monty Python]]<br />
[[es:Monty Python]]<br />
[[eu:Monty Python]]<br />
[[fa:مونتی پایتون]]<br />
[[fi:Monty Python]]<br />
[[fr:Monty Python]]<br />
[[he:מונטי פייתון]]<br />
[[hr:Monty Python]]<br />
[[hu:Monty Python]]<br />
[[ia:Monty Python]]<br />
[[id:Monty Python]]<br />
[[is:Monty Python]]<br />
[[it:Monty Python]]<br />
[[ja:モンティ・パイソン]]<br />
[[ka:მონტი პაითონი]]<br />
[[ko:몬티 파이튼]]<br />
[[la:Pytho Montium]]<br />
[[lt:Monty Python]]<br />
[[lv:Monty Python]]<br />
[[mk:Монти Пајтон]]<br />
[[nds:Monty Python]]<br />
[[nl:Monty Python]]<br />
[[nn:Monty Python]]<br />
[[no:Monty Python]]<br />
[[pl:Monty Python]]<br />
[[pt:Monty Python]]<br />
[[ro:Monty Python]]<br />
[[ru:Монти Пайтон]]<br />
[[sh:Monty Python]]<br />
[[simple:Monty Python]]<br />
[[sk:Monty Python]]<br />
[[sq:Monty Python]]<br />
[[sr:Монти Пајтон]]<br />
[[sv:Monty Python]]<br />
[[tr:Monty Python]]<br />
[[uk:Монті Пайтон]]<br />
[[zh:蒙提·派森]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=H%C3%BChnerei&diff=113133568Hühnerei2013-01-18T19:33:46Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ändere zh-yue:鷄蛋 zu zh-yue:雞蛋</p>
<hr />
<div>Das '''Hühnerei''' ist das [[Vogelei]] der [[Haushuhn|Haushenne]] und dient biologisch der Erzeugung ihrer Nachkommenschaft. Als landwirtschaftliches Produkt wird es vom [[Mensch]]en als [[Nahrungsmittel]] verwendet.<br />
[[Datei:White chicken egg square.jpg|miniatur|Weißes Hühnerei]]<br />
<br />
== Die Entwicklung des Eies ==<br />
[[Datei:Development-of-chicken-egg cropped.jpg|miniatur|Entwicklung des Hühnereis]]<br />
Die Entwicklung des Hühnereis erfolgt [[Vogelei#Die Entwicklung des Eies|wie bei anderen Vögeln]]. Sie dauert beim Huhn etwa 24&nbsp;Stunden. Das Huhn kann daher maximal ein Ei pro Tag legen. Die Legeleistung von Hennen wird als Anzahl der Eier pro Tag und Huhn berechnet und als Bruchteil von 1 ausgedrückt. Sie liegt in Deutschland durchschnittlich bei 0,8.<br />
<br />
Ob Hennen die Eier in einem Nest ausbrüten, hängt von Rasse, Tageslichtlänge und Umgebungstemperatur ab. Der [[Brut]]trieb (=&nbsp;erhöhter Spiegel des Hormons [[Prolaktin]]) wird durch 12-Stunden-Tage gefördert, ebenso durch den Druck vieler Eier (bis zu 30) gegen den Unterbauch der Henne, er endet nach 21&nbsp;Tagen oder mit dem Piepsen der ersten Küken.<br />
<br />
Heutzutage im Handel erhältliche Hühnereier sind in der Regel unbefruchtet.<br />
<br />
== Die Farbe des Hühnereis ==<br />
[[Datei:Freerange eggs.jpg|miniatur|Verschiedenfarbige Hühnereier]]<br />
[[Datei:Eier-Durchleuchtung.jpg|miniatur|Apparat zum Eier-Durchleuchten, wie er in manchen Lebensmittelgeschäften zu finden war]]<br />
Die Farbe der Kalkschale des Hühnereis ist [[Genetik|genetisch]] bedingt und hängt allein von der Hühnerrasse ab, von der das Ei stammt.<ref name="Bellmann">[[Dieter E. Zimmer]]: ''Hühner – Tiere oder Eiweißmaschinen?'' Rowohlt, Reinbek 1983, ISBN 978-3-499-17748-4, Kapitel [http://www.d-e-zimmer.de/HTML/1983huehner.htm „Huhn und Ei – 42 Fragen und Antworten“]</ref> Reinrassige Hühner mit weißen ''Ohrscheiben'' legen meist weiße Eier, solche mit roten ''Ohrlappen'' dagegen meist braunschalige. Eine Besonderheit stellen [[Araucana|Araukaner-Hühner]] dar, die Ohrlappen in verschiedenen Farben haben, aber stets grünlich-bläuliche Eier legen. Zwischen der Farbe des Gefieders und der der Eier besteht kaum eine [[Korrelation]]. Bei nicht reinrassigen Hühnern lässt die Ohrlappen- und -scheibenfarbe keine Rückschlüsse auf die Eifarbe zu. Alle Kombinationsmöglichkeiten treten auf.<br />
<br />
In der [[Freilandhaltung|Erwerbsfreilandhaltung]] sind weiße Hennen bei [[Landwirt]]en weniger beliebt: Der Zuchtrichtung wird nachgesagt, sie sei weniger robust, einem stärkeren Krankheitsdruck ([[Salmonellen]], Atypische Geflügelpest = [[Newcastle-Krankheit]], u.&nbsp;a.) ausgesetzt und werde häufiger Beute von [[Greifvögel]]n. Mit der Zunahme der Freilandhaltung seit den 1980er Jahren ist auch der [[Marktanteil]] von braunen Eiern auf über 60 % gestiegen. Eine Ursache ist die weit verbreitete [[Assoziation (Psychologie)|Assoziation]] des [[Endverbraucher (Lebensmittel)|Verbrauchers]] von braunen Eiern mit [[Ökologische Landwirtschaft|ökologischer Landwirtschaft]]. In der Erwerbszucht spielt die Gefiederfarbe der Tiere oder die Eifarbe keine Rolle, es ist aber genetisch schwerer, die weiße Eifarbe zu halten, wenn Hauptziele die Eizahl und die Futterverwertung sind.<br />
<br />
Andererseits haben etwa 15 % der braunen Eier Gerinnsel wie Blut- oder Fleischflecken gegenüber weniger als einem Prozent bei weißen Eiern. Weiße Eier dieser Art lassen sich durch eine [[Schieren (Biologie)|Durchleuchtung]] problemlos aussortieren.<br />
<br />
Die Farbe des [[Dotter]]s wird dagegen weitgehend durch das Futter bestimmt. [[Mais]] und [[Futtermittel|Grünfutter]] führen durch die enthaltenen Carotinoide eher zu einem dunkleren Dotter. Der Farbton wird in der gewerbsmäßigen Hühnerhaltung durch Zugabe von [[Paprika#Verwendung als Gewürz|Paprikapulver]] und, wo erlaubt, überwiegend durch Zusatz von [[Synthese|synthetischen]] [[Farbstoff]]en stabil gehalten.<ref>Ternes, Acker, Scholtiyssek: ''Ei und Eiprodukte''. Hamburg / Berlin 1994, S. 175ff.</ref><br />
<br />
== Hühnereier als Lebensmittel ==<br />
[[Datei:Eierproduktion-Deutschland.png|miniatur|hochkant=2|Die Eiererzeugung lag in Deutschland zwischen 2000 und 2011 bei jährlich etwa 10 Milliarden Stück.<ref name="wiesbaden">Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2012</ref>]]<br />
[[Datei:Legeleistung-Deutschland.png|miniatur|hochkant=2|Die jährliche Legeleistung einer Henne lag in Deutschland zwischen 2000 und 2011 bei ca 290 bis 300 Stück.<ref name="wiesbaden">Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2012</ref>]]<br />
<br />
In Deutschland werden jährlich etwa 11 Milliarden Eier produziert<ref>[http://www.proplanta.de/Agrar-Nachrichten/Tier/Eiererzeugung-in-2009-erheblich-zurueckgegangen-Pro-Kopf-Verbrauch-gestiegen_article1270641112.html proplanta.de] Proplanta-Agra-Nachrichten vom 7. April 2010 </ref> und etwa 2&nbsp;Milliarden Eier exportiert, beides mit abnehmender Tendenz. Der Import von Eiern nimmt stark zu und liegt bei etwa 8&nbsp;Milliarden Eiern pro Jahr.<ref>[http://www.topagrar.com/index.php?option=com_content&task=view&id=4073&Itemid=365 topagrar.com] Topagrar-Online vom 16. Mai 2008 </ref> Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt damit seit 2005 leicht zunehmend bei 210 sogenannten ''Schaleneiern'' pro Jahr.<ref>[http://www.raiffeisen.com/news/artikel/30215008 raiffeisen.com] Raiffeisen-News vom 6. April 2010</ref> Davon werden ca. 50% von privaten Haushalten verbraucht, 30% in der lebensmittelverarbeitenden Industrie und 20% in lokalen Großküchen und Bäckereien.<br />
<br />
Hühnereier dürfen die ersten 18&nbsp;Tage ab Legedatum ungekühlt gelagert werden, da das Ei über einen eigenen Immunschutz auf der Schale und im Inneren in Form von [[Lysozym|Enzymen]] verfügt. Deshalb dürfen die Eier auch nicht gewaschen, sondern nur mechanisch gereinigt werden, bevor sie in den Handel gelangen, weil sonst die [[Cuticula]] zerstört würde. Nach starken Temperaturschwankungen oder Kühlung kann dieser Immunschutz jedoch aufgrund von Kondenswasser in seiner Funktion beeinträchtigt sein. Daher müssen alle einmal gekühlten Eier weiterhin ununterbrochen gekühlt gelagert werden. Ab dem 18.&nbsp;Tag müssen alle Eier ununterbrochen gekühlt werden. Eier, die seit mehr als drei Tagen der Kühlpflicht unterliegen – also spätestens nach 21 Tagen – dürfen nicht mehr gewerblich an Endverbraucher abgegeben werden. Als äußerstes Mindesthaltbarkeitsdatum wird der 28.&nbsp;Tag ab dem Legetag definiert. Es steht dem Produzenten oder Händler jedoch frei, frühere Zeitpunkte für MHD und Kühlpflicht anzugeben, was zu geschehen hat, wenn insbesondere bei Boden- oder Freilandhaltungseiern die Keimbelastung beim legefrischen Ei durch Picken von [[Kot]] schon erhöht ist.<br />
<br />
Die lebensmittelrechtlichen Vorschriften für das Lebensmittel Ei regelt die sogenannte Tier-LMHV (Tierische-Lebensmittel-Hygieneverordnung). Die Verordnung schreibt u.&nbsp;a. vor, dass Hühnereier innerhalb von 21&nbsp;Tagen nach dem Legen an den Verbraucher abgegeben werden müssen. Diese Verordnung dient dem Verbraucherschutz, da das rohe Hühnerei einer der produktivsten Nährböden für [[Bakterien]] und deshalb ein sehr sensibles Lebensmittel ist. Vor allem die Gefahr der Übertragung von [[Salmonellen]] ist hoch.<br />
<br />
Für die Herstellung von Produkten aus rohen Eiern (z.&nbsp;B. [[Eischnee]], [[Mayonnaise]], [[Speiseeis]] oder [[Dessert]]s) besteht die Gefahr, dass beim Öffnen der Eier Bakterien von der Schalenoberfläche in die Eimasse gelangen. Außerdem können Bakterien von den Händen der zubereitenden Personen in die Eimasse eingebracht werden. Bei der Lagerung können sich diese Bakterien rasch in der Eispeise vermehren und [[Lebensmittelvergiftung]]en auslösen. Durch kurzes Eintauchen in kochendes Wasser für wenige Sekunden können die Bakterien auf oder direkt unter der Schale abgetötet werden. Ohne besondere konservierende Maßnahmen sollten nichtgegarte Speisen mit Frischei am besten am Tag der Herstellung verbraucht werden. Für die gewerbliche Verarbeitung gelten besonders strenge Auflagen.<br />
<br />
Beim Erhitzen von Eiern stockt das [[Eiklar]] bei einer Temperatur von etwa 62&nbsp;°C und bei etwa 68&nbsp;°C der [[Dotter]]. Daher wird bei der Zubereitung von warm aufgeschlagenen Frischeispeisen wie [[Sauce hollandaise]] oder [[Zabaglione]] mit Hilfe einer Metallschüssel im [[Wasserbad]] das Eigelb langsam und mit begrenzter Wärmezufuhr bis knapp unter dieser Temperatur erhitzt.<br />
<br />
=== Transport und Lagerung ===<br />
Eier sind ein zerbrechliches und verderbliches Nahrungsmittel. Bei harten Eiern ist die Dicke der kalkigen Eierschale meist unter einem halben Millimeter und zudem leicht brüchig, so dass bereits ein Sturz über wenige Zentimeter oder einwirkender Druck mit einer harten Kante zu einer Beschädigung oder Zerstörung des Eis führen kann. Beschädigte oder zerbrochene Eier sind jedoch schnell verdorben, weil sich darüber schnell Bakterien bzw. Schimmelpilze ausbreiten, die zudem meist noch gesundheitsschädlich sind. Für ein solches Verderben reicht unter Umständen bereits ein kleiner Riss in der Schale aus. Der Mensch behilft sich für den Transport und die Lagerung von Eiern mit sogenannten [[Eierkarton]]agen, die es in diversen Variationen gibt. Intakte Eier kann man bei Zimmertemperatur teils über mehrere Wochen lagern, wobei eine kühle Lagerung sinnvoll sein kann. In Europa werden Eier durch den Aufdruck von Produktionscodes gekennzeichnet, um ihre Herkunft und ihr Alter bestimmen zu können. Hierzu kommen meist schonende, berührungslose Verfahren, wie die [[Tintenstrahldrucker|Tintenstrahltechnik]] zum Einsatz.<br />
<br />
=== Verwendung ===<br />
Der Verzehr durch den Menschen erfolgt selten roh, meist wird das Ei gekocht oder einem Teig beigemengt. Beim Kochen unterscheidet man weiter zwischen Kochen [[Gekochtes Ei|als Ganzes in der Schale]] und dem Kochen in aufgeschlagener Form ohne Schale. Gekocht wird meist in einem Topf mit normalem Leitungswasser, oft mit etwas Salz- oder Essig-Beigabe. Ganze Eier werden dazu an ihrem stumpfen Ende punktiert, um die Abgabe von Gasen zu erleichtern. Vor dem Erhitzen in einer [[Mikrowellenherd|Mikrowelle]] ist generell zu warnen, da es zu einem Aushärten von außen nach innen mit sehr starker Gasbildung führt, was in der Regel zum explosionsartigen Bersten des Eis führt. In der Pfanne werden aufgeschlagene Eier als [[Spiegelei]]er oder [[Rührei]]er gebraten. Für Teigwaren ergeben sich keine besonderen Einschränkungen ihrer Zubereitung wenn sie Ei enthalten. Einzelne Sonderformen von Teigwaren, meist [[Ostern|Ostergebäck]], aber auch Fleischteige, erlauben es, gekochte Eier als Ganzes zu integrieren und so zu einem [[Lebensmitteldesign]] zu vereinigen. Aufgeschlagene Eier mit wenigen Beigaben können auch kalt verquirlt werden (z.&nbsp;B. [[Eischnee]]), wobei hier eine nicht ganz einfache Abtrennung von Eiweiß und Eigelb beim Aufschlagen erfolgen muss. Ein Ausbacken der Masse ist möglich (z.&nbsp;B. [[Baiser]]).<br />
<br />
Eierschalen werden dagegen meist weggeworfen, können aber auch durch Ansetzen im Wasserbad als Dünger für Zier- und Nutzpflanzen dienen. Mit einer gewissen störenden Gasbildung durch einsetzende Gärprozesse ist zu rechnen. Bei der Ernährung von Schildkröten (z.&nbsp;B. [[Griechische Landschildkröte]]) in der [[Tierhaltung#Heimtierhaltung|Heimtierhaltung]] kann (abgekochte) gestoßene Eierschale eine zusätzliche Kalziumquelle darstellen.<br />
<br />
Beim Kochen mit Schale bestimmen die Kochdauer und die Temperatur, wie stark sich die Substanzen im Ei von ihrer anfänglich eher flüssigen Form zu einem zähflüssigen bis schnittfesten bzw. bröseligen Zustand verändern. Die Transparenz der Flüssigkeit geht dabei ebenso verloren. Das Eiweiß härtet meist schneller aus als das Eigelb. Es findet eine nicht umkehrbare chemische Veränderung statt ([[Denaturierung (Biochemie)|Denaturierung der Proteine]]). Wird das Ei zu lange gekocht, entsteht aus den schwefelhaltigen [[Aminosäuren]] der [[Protein]]e [[Schwefelwasserstoff]], welches für den typischen Geruch nach faulen Eiern verantwortlich ist. Zudem reagiert das im Ei enthaltene gebundene Eisen mit dem Schwefelwasserstoff und es bildet sich [[Eisen(II)-sulfid|Eisensulfid]], welches dem "überkochten" Eigelb die grün-blaue Farbe verleiht. Die Eierschale wird nach dem Kochen entfernt, z.&nbsp;B. am Tisch beim Servieren des Eis in einem [[Eierbecher]]. Das Frühstücksei sollte jedoch nicht mit einem Silberlöffel gegessen werden, da der im Ei enthaltene Schwefel mit dem Silber zu [[Silbersulfid]] reagiert und sich der Löffel schwarz färbt. Beim Kochen ohne Schale findet dasselbe statt, wobei hier die Zubereitungsformen mit ganzem Dotter ([[Spiegelei]], [[Brühe|Bouillon]]) und solche bei denen das Ei verquirlt wird ([[Nudel]]n, [[Rührei]], [[Einlaufsuppe]]) zu unterscheiden sind. Bei der Verwendung in Teigwaren entfaltet auch die leicht klebende Charakteristik der Substanzen im Ei einen helfenden Effekt.<br />
<br />
=== Eiprodukte ===<br />
Hühnereier werden für die Herstellung unzähliger Lebensmittel verwendet (z.&nbsp;B. für [[Kuchen]] und [[Gebäck]], [[Nudel]]n, [[Mousse au Chocolat]],...). Dabei wird jedoch nicht immer das natürliche Ei, welches in der Lebensmittelindustrie auch als Frischei bezeichnet wird, verarbeitet, sondern oft so genannte Eiprodukte:<br />
<br />
{{Zitat|Eiprodukte sind Erzeugnisse, die aus Eiern, ihren verschiedenen Bestandteilen oder deren Mischungen hergestellt worden sind. Hierbei können [[Flüssigei|flüssige]], konzentrierte, getrocknete, [[Kristallisation|kristallisierte]], gefrorene, tiefgefrorene oder [[Fermentation|fermentierte]] Erzeugnisse produziert worden sein.<br />
Hierzu gehört auch die Herstellung von rekombinierten Produkten wie [[Stangenei|Eirollen bzw. Stangenei]] und die Herstellung von hartgekochten Eiern, die ungefärbt, oder gefärbt, oder geschält (mit oder ohne [[Salzlake]]) in den Handel gelangen.|Bundesverband der Deutschen Eiprodukten-Industrie e.&nbsp;V.|Leitfaden für Eiprodukte<ref>Bundesverband der Deutschen Eiprodukten-Industrie e.&nbsp;V.: [http://www.gge-cert.de/de/wo/qe/fb/Leitfaden%20Eiprodukte%20Version%201.0,%2005.09.2006.pdf Leitfaden für Eiprodukte] (PDF)</ref>}}<br />
<br />
=== Durchschnittliche Zusammensetzung ===<br />
<br />
==== Gesamtinhalt ====<br />
Hühnereier enthalten fast alle [[Vitamine]], außer [[Ascorbinsäure|Vitamin&nbsp;C]]. So kann ein durchschnittlich großes Hühnerei bis zu 35 % des täglichen Bedarfs an [[Cholecalciferol|Vitamin&nbsp;D]] und 38 % des täglichen Bedarfs an [[Cobalamine|Vitamin B12]] decken. Das fehlende Vitamin&nbsp;C wird erst während der Brut gebildet, hauptsächlich von der Membran des Dottersacks.<ref>S. Englard, S. Seifter: ''The biochemical functions of ascorbic acid''. In: ''Ann. Rev. Nutr.'' 6, 1986, S. 365–406. [http://arjournals.annualreviews.org/doi/abs/10.1146%2Fannurev.nu.06.070186.002053 annualreviews.org]</ref> Alle Nährstoffe befinden sich in Eigelb und Eiklar, ein größerer Anteil davon allerdings im Dotter. Generell spielt es im Hinblick auf die Nährstoffe keine Rolle, ob das Ei roh oder gekocht verzehrt wird.<ref>[http://was-steht-auf-dem-ei.de/de/rundumsei/fitundgesund/Vitpille Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen e.&nbsp;V. (KAT)]</ref><br />
<br />
Zu beachten ist, dass die Ernährung des legenden Huhns den Nährwert des Eis drastisch beeinflusst. So haben Eier von Hühnern, die neben Samen und Körnern auch frische Pflanzen, Insekten, Würmer und Schnecken fressen, einen weit höheren Nährwert. Studien haben ergeben, dass im Vergleich zu Eiern von Hühnern, die nur Körner verfüttert bekommen, solche Eier ⅔&nbsp;mehr Vitamin&nbsp;A, 2× mehr Omega-3-Fettsäuren, 3× mehr Vitamin&nbsp;E, 4 bis 6× mehr Vitamin&nbsp;D, 7× mehr Beta-Carotin, ⅓&nbsp;weniger Cholesterin und ¼&nbsp;weniger gesättigte Fettsäuren haben.<ref>Mother Earth News, [http://www.motherearthnews.com/eggs.aspx englisch-sprachige Version].</ref><br />
<br />
Der [[Physiologischer Brennwert|physiologische Brennwert]] beträgt 648 &nbsp;[[Joule|kJ]] (156&nbsp;kcal) je 100&nbsp;[[Gramm|g]] essbarem Anteil.<br />
<br />
Angaben je 100 g{{FN|1}} essbarem Anteil:<ref name="Souci">{{Literatur | Herausgeber=[[Deutsche Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie]] (DFA), Garching | Titel=Lebensmitteltabelle für die Praxis | TitelErg=Der kleine Souci · Fachmann · Kraut| Auflage=4| Verlag= Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft | Ort=Stuttgart | Jahr=2009 | ISBN=978-3-8047-2541-6 | Seiten= 88ff}}</ref><br />
{|<br />
|- valign="top"<br />
|<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
!width="60%" |Bestandteile!! width="40%" |<br />
|-<br />
| [[Wasser]] ||style="text-align:right"|74,4 g<br />
|-<br />
| [[Protein|Eiweiß]] ||style="text-align:right"|12,8 g<br />
|-<br />
| [[Fett]] ||style="text-align:right"|11,3 g<br />
|-<br />
| [[Kohlenhydrate]] ||style="text-align:right"|0,7 g<br />
|-<br />
| [[Mineralstoff]]e ||style="text-align:right"|1,0 g<br />
|-<br />
|}<br />
|<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
!width="60%" |Mineralstoffe!!width="40%" |<br />
|-<br />
| [[Natrium]] ||style="text-align:right"|145 mg{{FN|2}}<br />
|-<br />
| [[Kalium]] ||style="text-align:right"|145 mg<br />
|-<br />
| [[Magnesium]] ||style="text-align:right"|12 mg<br />
|-<br />
| [[Calcium]] ||style="text-align:right"|55 mg<br />
|-<br />
| [[Mangan]] ||style="text-align:right"|70 µg{{FN|3}}<br />
|-<br />
| [[Eisen]] ||style="text-align:right"|2000 µg<br />
|-<br />
| [[Kupfer]] ||style="text-align:right"|65 µg<br />
|-<br />
| [[Zink]] ||style="text-align:right"|1300 µg<br />
|-<br />
| [[Phosphor]] ||style="text-align:right"|215 mg<br />
|-<br />
| [[Selen]] ||style="text-align:right"|10 µg<br />
|-<br />
|}<br />
|<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
!width="60%" |[[Vitamine]]!!width="40%" |<br />
|-<br />
| [[Vitamin A]] ||style="text-align:right"|270 µg<br />
|-<br />
| [[Vitamin D]] ||style="text-align:right"|3 µg<br />
|-<br />
| [[Vitamin E]] ||style="text-align:right"|2000 µg<br />
|-<br />
| [[Vitamin K]] ||style="text-align:right"|9 µg<br />
|-<br />
| [[Vitamin B2]] ||style="text-align:right"|410 µg<br />
|-<br />
| [[Nicotinamid]] ||style="text-align:right"|85 µg<br />
|-<br />
| [[Pantothensäure]] ||style="text-align:right"|1600 µg<br />
|-<br />
| [[Vitamin B6]] ||style="text-align:right"|75 µg<br />
|-<br />
| [[Biotin]] ||style="text-align:right"|25 µg<br />
|-<br />
| [[Folsäure]] ||style="text-align:right"|65 µg<br />
|-<br />
| [[Vitamin B12]] ||style="text-align:right"|2 µg<br />
|-<br />
| [[Vitamin C]] ||style="text-align:right"|0 µg<br />
|-<br />
|}<br />
|<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
!width="60%" |[[Aminosäure]]n!!width="40%" |<br />
|-<br />
| [[Arginin]]{{FN|4}} ||style="text-align:right"|890 mg<br />
|-<br />
| [[Histidin]]{{FN|4}} ||style="text-align:right"|330 mg<br />
|-<br />
| [[Isoleucin]] ||style="text-align:right"|930 mg<br />
|-<br />
| [[Leucin]] ||style="text-align:right"|1260 mg<br />
|-<br />
| [[Lysin]] ||style="text-align:right"|890 mg<br />
|-<br />
| [[Methionin]] ||style="text-align:right"|450 mg<br />
|-<br />
| [[Phenylalanin]] ||style="text-align:right"|800 mg<br />
|-<br />
| [[Threonin]] ||style="text-align:right"|710 mg<br />
|-<br />
| [[Tryptophan]] ||style="text-align:right"|230 mg<br />
|-<br />
| [[Tyrosin]] ||style="text-align:right"|590 mg<br />
|-<br />
| [[Valin]] ||style="text-align:right"|1120 mg<br />
|-<br />
|}<br />
|<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
!width="60%" |[[Fette]]!!width="40%" |<br />
|-<br />
| [[gesättigte Fettsäuren]] ||style="text-align:right"|3,1 g<br />
|-<br />
| [[Linolsäure]] ||style="text-align:right"|1148 mg<br />
|-<br />
| [[α-Linolensäure]] ||style="text-align:right"|33 mg<br />
|-<br />
| [[Eicosapentaensäure|EPA]] ||style="text-align:right"|4 mg<br />
|-<br />
| [[Docosahexaensäure|DHA]] ||style="text-align:right"|37 mg<br />
|-<br />
| [[Arachidonsäure]] ||style="text-align:right"|142 mg<br />
|-<br />
| [[Cholesterin]] ||style="text-align:right"|425 mg<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
|}<br />
{{FNBox|<br />
{{FNZ|1|entspricht etwa 2 mittelgroßen frischen Eiern}}<br />
{{FNZ|2|2=1 [[Gramm|g]] = 1000 mg}}<br />
{{FNZ|3|2=1 mg = 1000 µg}}<br />
{{FNZ|4|semi-[[essentielle Aminosäure]]}}<br />
}}<br />
<br />
==== Eigelb ====<br />
Der [[Physiologischer Brennwert|physiologische Brennwert]] von Eigelb beträgt 1459 [[Joule|kJ]] (353 kcal) je 100 [[Gramm|g]] essbarem Anteil.<br />
<br />
Angaben je 100 [[Gramm|g]] essbarem Anteil:<ref name="Souci" /><br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
!width="60%" |Bestandteile!! width="40%" |<br />
|-<br />
| [[Wasser]] ||style="text-align:right"|50,0 g<br />
|-<br />
| [[Protein|Eiweiß]] ||style="text-align:right"|16,1 g<br />
|-<br />
| [[Fett]] ||style="text-align:right"|31,9 g<br />
|-<br />
| [[Kohlenhydrate]] ||style="text-align:right"|0,3 g<br />
|-<br />
| [[Mineralstoff]]e ||style="text-align:right"|1,7 g<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
==== Eiklar ====<br />
Der [[Physiologischer Brennwert|physiologische Brennwert]] von Eiklar beträgt 202 [[Joule|kJ]] (47 kcal) je 100 [[Gramm|g]] essbarem Anteil.<br />
<br />
Angaben je 100 [[Gramm|g]] essbarem Anteil:<ref name="Souci" /><br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
!width="60%" |Bestandteile!! width="40%" |<br />
|-<br />
| [[Wasser]] ||style="text-align:right"|87,3 g<br />
|-<br />
| [[Protein|Eiweiß]] ||style="text-align:right"|11,1 g<br />
|-<br />
| [[Fett]] ||style="text-align:right"|0,03 g<br />
|-<br />
| [[Kohlenhydrate]] ||style="text-align:right"|0,7 g<br />
|-<br />
| [[Mineralstoff]]e ||style="text-align:right"|0,7 g<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
=== Fischgeruch ===<br />
Der Fischgeruch, den etwa 5 % der Hühnereier verströmen, ist genetisch bedingt. Ursache ist ein [[Mutation|Gen-Defekt]], der dazu führt, dass sich [[Trimethylamin]] (TMA) im [[Dotter]] von Eiern mit vornehmlich brauner Schale ablagert. Durch den Gendefekt wird die im Futter wie [[Raps]] enthaltene TMA-Vorläuferverbindung [[Cholin]] nicht durch das [[Leber]]-[[Enzym]] [[Oxygenase]] zum geruchlosen [[Trimethylaminoxid]] (TMAO) umgewandelt und ausgeschieden.<ref>[http://datenbanken.fal.de/fpd/index2.php?detail_id=18955&site_key=70&stichw_suche=DUMMY&zeilenzahl_zaehler=51 Institut für Tierernährung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft Projektseite der FAL]</ref><ref>[http://www.ltz.de/html/news_4_d_123.html Artikel des beteiligten Zuchtbetriebs]</ref><ref>[http://www.3sat.de/page/?source=/nano/news/100661/index.html Ein Gendefekt bei Hennen sorgt für Fischgeruch im Ei] vom 21. November 2006 auf der Internetpräsenz von [[3sat]], abgerufen am 14. April 2011.</ref><br />
<br />
== Kriterien für das Sortieren und Kennzeichnen von Eiern ==<br />
{{Siehe auch|Eierkennzeichnung}}<br />
[[Datei:Eierkennzeichnung BMK.jpg|miniatur|Eierkennzeichnung in Deutschland]]<br />
[[Datei:AT-Eierkennzeichnung.jpg|miniatur|Eierkennzeichnung in Österreich]]<br />
sind in Europäischen Vermarktungsnormen und Durchführungsverordnungen geregelt.<ref>[http://eur-lex.europa.eu/Result.do?T1=V1&T2=2008&T3=0589&RechType=RECH_consolidated&Submit=Suche eur-lex.europa.eu]</ref><br />
<br />
=== Gewichtsklassen ===<br />
Je nach Gewicht werden Hühnereier in vier (früher acht) Gewichtsklassen eingeteilt:<br />
{| class="wikitable" style="text-indent:6px"<br />
! Gewichtsklasse !! Beschreibung !! Gewicht<br />
|-<br />
| align="center" | S || klein ||unter 53&nbsp;g<br />
|-<br />
| align="center" | M || mittel || 53–63&nbsp;g<br />
|-<br />
| align="center" | L || groß || 63–73&nbsp;g<br />
|-<br />
| align="center" | XL || Sehr groß || 73&nbsp;g und mehr<br />
|}<br />
<br />
=== Haltungsform ===<br />
Aus dem auf jedem Ei aufgedruckten Erzeugercode lässt sich in Deutschland und Österreich anhand der führenden Ziffer die Haltungsform feststellen:<br />
* 0 = Bio-Eier: Freilandhaltung mit Futter aus [[Ökologische Landwirtschaft|Ökologischem Anbau]].<br />
* 1 = [[Freilandhaltung]]<br />
* 2 = [[Bodenhaltung]]<br />
* 3 = [[Käfighaltung]] bzw. [[Kleingruppenhaltung]] in Legebatterien<br />
Die Käfighaltung von Legehennen ist in der Schweiz seit 1992 und seit Januar 2009 in Deutschland verboten. Sie wird seither überwiegend durch Bodenhaltung, in Deutschland in Ausnahmefällen durch die sog. Kleingruppenhaltung ersetzt. Bei dieser sind nicht mehr nur vier bis fünf Hühner in einem Käfig, sondern bis zu 60 Tiere in einem größeren Abteil zusammen, wodurch etwas mehr Bewegung möglich wird.<br />
<br />
Die weiteren Zahlen geben Auskunft über die genaue Herkunft (siehe [[Eierkennzeichnung]]sregeln).<br />
<br />
Nach Angaben der amtlichen Statistik stammen in Deutschland seit 2009 mehr Eier aus der Bodenhaltung als aus der Käfighaltung.<ref>Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2010: [http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Grafiken/LandForstwirtschaft/Diagramme/Legehennen,templateId=renderPrint.psml Hennenhaltungsplätze und Legehennenhaltung nach Haltungsformen]</ref><br />
<br />
=== Güteklasse ===<br />
[[Datei:Bloody-eggs.jpg|miniatur|u.&nbsp;a. mit Blut verschmutzte Eier]]<br />
Eier für den Verkauf an den Endverbraucher haben die [[Güteklasse]]&nbsp;A. Eier der Güteklasse&nbsp;B weisen nicht alle Merkmale der Klasse&nbsp;A auf und können z.&nbsp;B. verschmutzt sein, sie werden in der Lebensmittelindustrie (ggf. nach Waschen) verwendet. Sogenannte [[Knickei]]er, dürfen unter bestimmten Umständen und nur an zugelassene Betriebe verkauft werden. Eier der „Güteklasse&nbsp;C“ (über 28 Tage alt oder stark beschädigt) werden nicht für Lebensmittel zugelassen.<br />
<br />
=== Geläufige Untersuchungen ===<br />
Wie frisch ein Hühnerei ist, kann man mit einem [[Trinkglas|Glas Wasser]] testen.<br />
<br />
Dieser Test beruht darauf, dass Wasser aus dem Inneren durch die Schale hindurch verdunstet und die Luftblase allmählich größer wird.<br />
* Wenn das Ei noch ganz frisch ist, geht es komplett unter und liegt flach am Boden.<br />
* Ist es einige Tage alt, liegt es am Boden und die Spitze steht leicht nach oben.<br />
* Wenn das Ei senkrecht oder fast senkrecht steht, ist es zwei bis drei Wochen alt und sollte bald verbraucht werden.<br />
* Schwimmt es an der Oberfläche und das stumpfe Ende mit der Luftblase ragt aus dem Wasser, so ist es etwa zwei Monate alt und nicht mehr genießbar.<br />
Ein weiteres Indiz für die Frische eines bereits gekochten Eis ist die Lösbarkeit der Schale. Lässt sich diese einfach entfernen, ist das Ei mindestens etwa vier Tage alt. Bei ganz frischen Eiern haften die Schale und die darunterliegende Haut stark am Ei, so dass dieses oft nur mit Beschädigungen gepellt werden kann.<br />
<br />
Um festzustellen, ob ein Ei bereits gekocht oder noch roh ist, muss man es lediglich auf eine ebene Fläche legen und wie einen Kreisel in Rotation versetzen. Ein [[gekochtes Ei]] kreiselt problemlos, ein rohes Ei ist schwieriger in Rotation zu versetzen und schlingert tendenziell. Eine weitere Möglichkeit: Wenn das Ei nun abrupt angehalten und sofort wieder losgelassen wird, kann man den Unterschied zwischen frischem (es dreht sich weiter) und gekochtem (es bleibt liegen) Ei feststellen.<br />
<br />
Strukturen im Inneren des Eis können mittels Durchleuchtung beurteilt werden. Bei dem sogenannten [[Schieren (Biologie)|Schieren]] soll der Entwicklungsfortschrift von bebrüteten Eiern verfolgt werden.<br />
<br />
== Kulturelles ==<br />
=== Pessach-Sederabend ===<br />
[[Datei:Seder Plate.jpg|miniatur|hochkant|Der Sederteller im Uhrzeigersinn oben beginnend: Maror, Seroa, Charosset, Chaseret, Karpas, Beitzah (Ei)]]<br />
Am [[Seder]]abend des jüdischen [[Pessach]]-Festes wird im Kreis der Familie (oder der Gemeinde) gefeiert. Der Tisch wird mit Speisen von symbolischer Bedeutung gedeckt. Das Ei (''Beitzah'') bedeutet die Gebrechlichkeit menschlicher Geschicke und die menschliche Fruchtbarkeit und symbolisiert die Trauer um die Umstände bezüglich des zerstörten Tempels in der Hauptstadt Jerusalem. Zu den Tagen des Pessach-Festes werden viele Eierspeisen gegessen.<br />
<br />
=== Jüdische Speisegesetze ===<br />
[[Datei:OUKosher.JPG|miniatur|hochkant|Das eingekreiste U wird von der [[Orthodox Union]] zur Auszeichnung koscherer Lebensmittel in den USA verwendet. „Pareve“ (=Parve) bedeutet, dass darin weder milchige noch fleischige Bestandteile enthalten sind.]]<br />
Gemäß den jüdischen religionsrechtlichen Vorschriften für die Zubereitung und den Genuss von Speisen und Getränken, den [[Kaschrut]], sind Lebensmittel für den Verzehr erlaubt ([[jiddisch]]: „koscher“) oder nicht erlaubt (jiddisch: „treife“). Neben der grundsätzlichen Unterscheidung von fleischigen (jiddisch: „fleischig“) und milchigen (jiddisch: „milchig“) Speisen gibt es eine dritte Kategorie von Lebensmitteln, die man als [[Parve (Judentum)|parve]] (auch ''pareve''), neutral bezeichnet. Hierzu gehören Eier und beispielsweise sämtliche Obst-, Gemüse- und Getreidesorten und Honig.<br />
<br />
=== Das Hühnerei in der Mythologie ===<br />
[[Datei:Ostereier marmoriert .JPG|miniatur|Hartgekochte Hühnereier zu marmorierten Ostereiern eingefärbt]]<br />
Das Ei verkörpert in vielen [[Schöpfung]]smythen den Ursprung des Lebens. So entstand zum Beispiel nach der [[Finnland|finnischen]] Mythologie, der [[Kalevala]], das [[Universum]] aus sieben Eiern, sechs [[gold]]ene und eins aus [[Eisen]]. Demnach wurde aus den oberen Schalenhälften der [[Himmel (planetär)|Himmel]], aus dem [[Dotter|Eigelb]] die [[Sonne]], aus dem [[Eiklar|Eiweiß]] der [[Mond]] und die restlichen Schalenstücke bildeten [[Stern]]e und [[Wolke]]n. Aus dem schwarzen Dotter des Eies aus Eisen wurde eine Gewitterwolke. Auch im [[Christliche Mythologie|Christusmythos]] spielt das Ei eine Rolle. Der christliche [[Brauch]], zu [[Ostern]] Eier zu schenken, passiert im Glauben an die Auferstehung [[Jesus Christus|Christi]]. Der [[Syrien|syrische]] [[Kirchenlehrer]] [[Ephräm der Syrer|Ephräm]] schrieb dazu im 4.&nbsp;Jahrhundert: „Gleich einem Ei springt das Grab auf.“<br />
<br />
In Deutschland wird die alte Tradition zu [[Ostern]] besonders bei den [[Sorben]] gepflegt. Traditionell werden in der Gegend um [[Bautzen]] [[Osterei]]er verziert.<br />
<br />
Missgebildete Hühnereier wurden im 19. Jahrhundert auch als ''Hexeneier'' oder ''Hahneneier'' bezeichnet.<ref>Arnold Adolf Berthold: ''Beiträge zur Anatomie, Zootomie und Physiologie,'' Dieterich, 1831, Seite 29 [http://books.google.de/books?id=Epzd2gGQ50IC&dq=Hahneneier&pg=PA29#v=onepage&q=Hahneneier&f=false (Google Books)]</ref><ref>Heinrich Rudolf Schinz: ''Beschreibung und Abbildung der künstlichen Nester und Eier der Vögel, welche in der Schweiz, in Deutschland und den angränzenden Ländern brüten,'' Orell, 1819, Seite 57 [http://books.google.de/books?id=PSEVAAAAQAAJ&lpg=PR9-IA93&ots=z3E_9dyNK9&dq=Hahneneier&pg=PR9-IA93#v=onepage&q&f=false (Google Books)]</ref><br />
<br />
=== Redewendungen ===<br />
Einige bekannte Redewendungen beziehen sich auf das Hühnerei:<br />
* Eine verblüffend einfache Lösung ist „das [[Ei des Kolumbus]]“<ref name="duden182">Brigitte Alsleben: ''Duden, Redewendungen: Wörterbuch der deutschen Idiomatik.'' Dudenverlag, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 2002, ISBN 3-411-04112-9, S. 182</ref><br />
* Dinge, die schwer zu unterscheiden sind, gleichen einander „wie ein Ei dem anderen“.<ref>Brigitte Alsleben: ''Duden, Redewendungen: Wörterbuch der deutschen Idiomatik.'' Dudenverlag, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 2002, ISBN 3-411-04112-9, S. 285</ref><br />
* Jemand, der in finanziellen Schwierigkeiten ist, muss „das Ei unter der Henne verkaufen“<ref name="duden182" /><br />
* Etwas sehr billiges erhält man „für einen Apfel und ein Ei“. Diese beiden Dinge sind landläufig auf Bauernhöfen im Überfluss verfügbar und können ohne Probleme abgegeben werden.<ref>Brigitte Alsleben: ''Duden, Redewendungen: Wörterbuch der deutschen Idiomatik.'' Dudenverlag, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 2002, ISBN 3-411-04112-9, S. 55.</ref><br />
* Sprichwörtliches Rätsel: „Wer war zuerst da, das Huhn oder das Ei?“ (siehe [[Henne-Ei-Problem]])<br />
* "Das Gelbe vom Ei" sein<br />
* "Wie aus dem Ei gepellt" aussehen bedeutet, sehr ordentlich angezogen sein<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* [[Waldemar Ternes]] (Hrsg.), [[Ludwig Acker]]: ''Ei und Eiprodukte: mit 114 Tabellen'', Parey-Verlag, Berlin und Hamburg 1994, (Reihe: Grundlagen und Fortschritte der Lebensmitteluntersuchung und Lebensmitteltechnologie Band 22).<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons|Egg|Hühnerei}}<br />
{{Wiktionary}}<br />
{{Wikibooks|Kategorie:Kochbuch/ Eier- und Mehlspeisen|Rezepte für Eier- und Mehlspeisen|X}}<br />
* [http://www.wdr.de/tv/quarks/sendungsbeitraege/2003/0422/000_ei.jsp „Wunder Ei“] auf der Internetpräsenz von [[Quarks & Co]]<br />
* [http://www.3sat.de/nano/astuecke/45749/index.html Ovologie] auf der Internetpräsenz der Fernsehsendung [[Nano (Sendung)|Nano]] (3sat)<br />
* [http://www.was-steht-auf-dem-ei.de/ www.was-steht-auf-dem-ei.de] – Herstellercode von Eiern online überprüfen<br />
* [http://www.allekochen.com/?p=58 Ach du dickes Ei – rund ums Ei in der Küche] – bei ''www.allekochen.de''<br />
* [http://www.was-wir-essen.de/abisz/eier.php Eier] auf was-wir-essen.de<br />
<br />
== Belege ==<br />
<references /><br />
{{SORTIERUNG:Huhnerei}}<br />
<br />
[[Kategorie:Eier als Thema]]<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4026050-1}}<br />
<br />
[[am:እንቁላል (ምግብ)]]<br />
[[ar:بيض (طعام)]]<br />
[[arc:ܒܝܥܬܐ]]<br />
[[ast:Güevu (alimentu)]]<br />
[[az:Yumurta]]<br />
[[bg:Яйце (храна)]]<br />
[[bm:Syɛfan]]<br />
[[bn:ডিম (খাদ্য)]]<br />
[[ca:Ou (aliment)]]<br />
[[ckb:ھێلکە (خواردن)]]<br />
[[cy:Ŵy (bwyd)]]<br />
[[da:Hønseæg]]<br />
[[en:Egg (food)]]<br />
[[eo:Kokina ovo]]<br />
[[es:Huevo (alimento)]]<br />
[[eu:Arrautza (elikagaia)]]<br />
[[fa:تخممرغ]]<br />
[[fi:Kananmuna]]<br />
[[fr:Œuf (cuisine)]]<br />
[[gl:Ovo (alimento)]]<br />
[[he:ביצה (מזון)]]<br />
[[hi:अण्डा]]<br />
[[hu:Tojás (gasztronómia és kultúra)]]<br />
[[id:Telur (makanan)]]<br />
[[is:Egg (matvæli)]]<br />
[[it:Uovo (alimento)]]<br />
[[ja:鶏卵]]<br />
[[ka:კვერცხი (საჭმელი)]]<br />
[[ko:달걀]]<br />
[[li:Ei (aete)]]<br />
[[mdf:Ал (ярхцамбяль)]]<br />
[[mrj:Мыны (качкыш)]]<br />
[[ms:Telur]]<br />
[[nah:Tōtoltetl]]<br />
[[nds-nl:Tudeaai]]<br />
[[nl:Ei (voeding)]]<br />
[[nn:Hønseegg]]<br />
[[no:Egg (mat)]]<br />
[[oc:Uòu (cosina)]]<br />
[[pdc:Oi]]<br />
[[pl:Jajko (kulinaria)]]<br />
[[ru:Яйцо (пищевой продукт)]]<br />
[[rw:Igi]]<br />
[[scn:Uòvu (alimintazzioni)]]<br />
[[simple:Egg (food)]]<br />
[[so:Ukun]]<br />
[[sv:Ägg (livsmedel)]]<br />
[[te:కోడి గుడ్డు]]<br />
[[th:ไข่ (อาหาร)]]<br />
[[tl:Itlog]]<br />
[[tr:Yumurta]]<br />
[[uk:Яйце (їжа)]]<br />
[[vi:Trứng (thức ăn)]]<br />
[[war:Bunay (karaonon)]]<br />
[[zh:蛋]]<br />
[[zh-min-nan:Ke-nn̄g]]<br />
[[zh-yue:雞蛋]]<br />
[[zu:Amaqanda]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=.tf&diff=113133050.tf2013-01-18T19:19:04Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:.tf</p>
<hr />
<div>'''.tf''' ist die [[länderspezifische Top-Level-Domain]] (ccTLD) der [[Französische Süd- und Antarktisgebiete|Französischen Süd- und Antarktisgebiete]]. Sie existiert seit August 1997 und wird von der [[AFNIC]] verwaltet.<ref>[http://www.iana.org/domains/root/db/tf.html IANA — .tf — Domain Delegation Data]</ref><br />
<br />
Registrierungen von Adressen fand ausschließlich auf zweiter Ebene statt. Es gab ursprünglich, bis 2. November 2004<ref>[http://www.afnic.fr/en/products-and-services/other-top-level-domains/ Other Top-Level-Domains] auf Afnic.fr</ref>, keine weiteren Beschränkungen, sodass jeder eine .tf-Adresse registrieren konnte. Abgesehen von einem Dienst, der [[Domainweiterleitung]]en unter ''.de.tf'', ''.eu.tf'', ''.net.tf'' und weiteren Domains anbietet, wird diese Top-Level-Domain jedoch kaum benutzt.<br />
<br />
Seit dem 6. Dezember 2011 sind Registrierungen wieder möglich. <ref>[http://www.afnic.fr/en/about-afnic/news/general-news/5442/show/1st-review-of-the-opening-to-europe-of-the-fr-wf-re-yt-pm-and-tf-tlds.html 1st review of the opening to Europe of the .fr, wf, .re, .yt, .pm, and .tf TLDs]</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise und Quellen ==<br />
<references /><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.nic.tf/ NIC.TF (Registrierungsbehörde)]<br />
<br />
{{Navigationsleiste ccTLD}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Tf}}<br />
[[Kategorie:Länderspezifische Top-Level-Domain]]<br />
[[Kategorie:Französische Süd- und Antarktisgebiete]]<br />
[[Kategorie:Medien (Frankreich)]]<br />
<br />
[[af:.tf]]<br />
[[ar:.tf]]<br />
[[arz:.tf]]<br />
[[ast:.tf]]<br />
[[az:.tf]]<br />
[[be:.tf]]<br />
[[be-x-old:.tf]]<br />
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[[el:.tf]]<br />
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[[fiu-vro:.tf]]<br />
[[fr:.tf]]<br />
[[hr:.tf]]<br />
[[hu:.tf]]<br />
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[[no:.tf]]<br />
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[[pl:.tf]]<br />
[[pt:.tf]]<br />
[[ro:.tf]]<br />
[[ru:.tf]]<br />
[[sah:.tf]]<br />
[[sh:.tf]]<br />
[[sk:.tf]]<br />
[[sq:.tf]]<br />
[[sr:.tf]]<br />
[[sv:Toppdomän#T]]<br />
[[tg:.tf]]<br />
[[th:.tf]]<br />
[[tk:.tf]]<br />
[[tl:.tf]]<br />
[[tr:.tf]]<br />
[[tt:.tf]]<br />
[[uk:.tf]]<br />
[[uz:.tf]]<br />
[[vi:.tf]]<br />
[[war:.tf]]<br />
[[xal:.tf]]<br />
[[yo:.tf]]<br />
[[zh:.tf]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=ATA/ATAPI&diff=113130471ATA/ATAPI2013-01-18T18:08:42Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: ka:IDE, xmf:IDE</p>
<hr />
<div>[[Datei:Parallel ATA (PATA) connector on a motherboard - 34 and 40 pin- fs PNr°0267.jpg|miniatur|34-Pin-[[Floppy]]- und 40-Pin-ATA/ATAPI-Stiftleiste (am Host bzw. am Peripheriegerät)]]<br />
[[Datei:IDE cable 40 pin & 80 pin.jpg|miniatur|80- und 40-adrige ATA/ATAPI-Kabel, zum Verbinden von Host zu Gerät]]<br />
<br />
'''{{lang|en|Advanced Technology Attachment with Packet Interface}}''' (kurz '''ATA''' bzw. '''ATAPI''') ist ein [[Standard]] für den [[Datentransfer]] zwischen [[Speichermedien]] bzw. [[Laufwerk (Computer)|Laufwerken]] und der entsprechenden [[Schnittstelle#Hardwareschnittstelle|Schnittstelle]] eines Computers, wie er bei der (E)IDE-Verbindung eingesetzt wird. <br />
<br />
'''{{lang|en|Integrated Drive Electronics}}''' (kurz '''IDE''') ist eine physikalische Datenleitung, die von IDE-Controllern gesteuert wird. Die erste Generation von PCs (etwa ab 1984) hatte keine integrierte Steuereinheit – sie musste über [[Bus (Datenverarbeitung)|Busse]] ([[Industry Standard Architecture|ISA]], [[Peripheral Component Interconnect|PCI]] usw.) nachgerüstet werden. Einige Soundkarten waren mit einem IDE-Controller ausgestattet, der mindestens eine IDE-Buchse aufwies (für ein bis zwei Geräte). EIDE (= {{lang|en|enhanced IDE}}) ist die Bezeichnung für zwei Controller mit vier Datenleitungen. Die IDE-Controller von [[Soundkarte]]n waren meistens nur zu bestimmten Geräten wie CD-ROM- und DVD-Laufwerken kompatibel. Gesonderte Steuereinheiten waren für IDE-Festplatten und IDE-[[Bandlaufwerk]]e erforderlich. Später wurden die IDE-Controller direkt auf der Hauptplatine angeordnet und ab etwa 2005 nach und nach von [[Serial ATA|SATA]]-Steuereinheiten abgelöst. Es gibt aber spezielle IDE-RAID-Controller in Form von Erweiterungskarten für PCI-Steckplätze auf der Hauptplatine.<br />
<br />
Der ''ATA''-Standard wurde vom ''[[T13|T13 Technical Committee]]'' des [[InterNational Committee for Information Technology Standards]] (INCITS) erarbeitet und durch das [[American National Standards Institute]] (ANSI) als [[Vereinigte Staaten|US-amerikanische]] [[Normung|Norm]] verabschiedet. Die ersten Normen ATA-1 bis ATA-3 wurden durch die ''ATAPI''-Norm erweitert, um [[SCSI]]-Befehle mit Hilfe des ''Packet''-Befehls des ATA-Protokolls übertragen zu können. Das führte zu der Benennung in ATA/ATAPI-4 bis ATA/ATAPI-7; siehe Abschnitt [[#Versionen des ATA-Standards|Versionen des ATA-Standards]].<br />
<br />
Das T13-Komitee hat Anfang 2010, wie [[T10]] ein Jahr davor, den öffentlichen Zugang zu allen Dokumenten gesperrt. Ältere Dokumente können noch über die alten Links erreicht werden.<ref>[http://sourceforge.net/apps/trac/smartmontools/wiki/Links#UsefulreferencesonSMARTandtheATAATAPIstandards Links zu Entwürfen der ATA-Standards bis ATA-8 ACS]</ref><br />
<br />
Neben diesen Versionsbezeichnungen existieren für bestimmte ATA/ATAPI-Versionen Synonyme wie ''Fast ATA'' und ''Ultra ATA'', um die Geschwindigkeit besonders gegenüber von ATA-1 bis ATA-3 herauszustellen.<br />
Mittlerweile wird die Bezeichnung ''Parallel ATA'' (''PATA'', auch P-ATA) synonym für alle ATA-Varianten und das (E)IDE-Interface verwendet, um diese grundsätzlich von SATA abzugrenzen. PATA-Schnittstellen in einem modernen Rechner gewährleisten also seine Kompatibilität mit Komponenten wie DVD-Brenner oder Superfloppy-Laufwerke, die ältere Anschlüsse aufweisen. <br />
<br />
== Geschichte ==<br />
Der amerikanische Festplattenhersteller [[Western Digital]] wurde 1984 von [[Compaq]] beauftragt, einen Festplattencontroller zu entwickeln. Im Gegensatz zu den ATA-Vorgängern [[ST506]] (mit den Aufzeichnungsverfahren [[Modified Frequency Modulation|MFM]] oder [[Run Length Limited|RLL]]) und dem [[Enhanced Small Disk Interface]] (ESDI) sollte die Kommunikation über ein einziges 40-poliges Flachkabel erfolgen und sich ein größerer Teil der [[Controller (Hardware)|Controller]]-Elektronik auf dem Peripheriegerät (z.&nbsp;B. [[Festplatte]]) befinden.<br />
<br />
Western Digital nannte diese Schnittstelle ''Integrated Drive Electronics'' (IDE) (1986). In Kooperation mit anderen Festplattenherstellern wurde das als gemeinsamer Standard etabliert, der 1989 als ATA-1 verabschiedet wurde. Bis heute gilt der Begriff „IDE“ als Synonym für „ATA“ bzw. heute „[[#ATA/ATAPI-7 (seit 2001, ANSI INCITS 397-2005)|PATA]]“.<br />
<br />
Western Digital erweiterte und verbesserte diesen Standard mit neuen Merkmalen. Der Marketingname ''EIDE'' für „Enhanced IDE“ (entspricht ATA-2) war geschaffen und wird seither gemeinhin als Oberbegriff für alle Verbesserungen von IDE verwendet. Tatsächlich existieren eine Vielzahl weiterentwickelter Spezifikationen (siehe unten).<br />
<br />
Die Bezeichnung ''AT'' deutet noch auf den [[IBM Personal Computer/AT|IBM PC/AT]] (''Advanced Technology'') mit [[Intel 80286|80286]]-Prozessor hin, der Nachfolger des [[IBM Personal Computer XT|IBM PC/XT]] mit [[Intel 8086|8086]]-Prozessor war. Deren 16-Bit-Architektur spiegelt sich im 16 Bit breiten [[Industry Standard Architecture|ISA-Bus]] (''AT-Bus'') wider.<br />
<br />
Bei der ATA/ATAPI-Schnittstelle verfügen die angeschlossenen Geräte über einen eigenen Controller. Mit diesem eingebauten Controller kommunizieren sie mit dem Host (über einen [[Host-Bus-Adapter|Host-Adapter]], z.&nbsp;B. eine [[Schnittstellenkarte]]). ATA/ATAPI-Geräte werden mit einem [[Flachbandkabel]] an die 40<ref name="39pins">Durch den fehlenden Key-Pin hat die Schnittstelle genaugenommen nur 39 Pole.</ref>-polige Schnittstelle des Hosts angeschlossen (ATAPI-40). Zwei Geräte pro Anschluss sind möglich, diese werden dabei als ''Device&nbsp;0'' (auch ''Master,&nbsp;MA)'' bzw. ''Device&nbsp;1'' (auch ''Slave,&nbsp;SL)'' bezeichnet. In der Regel wird ''Device&nbsp;0'' am Ende des Kabels angeschlossen. Die Einstellung des Device-0- bzw. -1-Status erfolgt meist über [[Jumper (Elektrotechnik)|Jumper]]. Bei vielen Geräten gibt es auch die Möglichkeit des „Cable Select“ (CS). Dazu müssen beide Geräte auf CS gestellt werden, wobei ein spezielles Anschlusskabel den Device-0- bzw. -1-Status vergibt.<br />
<br />
Vereinfachend gesagt, beschreibt ATAPI ein Verfahren, um (eine Teilmenge von) [[Small Computer System Interface|SCSI]]-Befehle(n) über die ATA-Schnittstelle zu übermitteln. Genaugenommen setzt ATAPI also auf ATA auf. Da diese jedoch seit ATA/ATAPI-4 in einem gemeinsamen Standard beschrieben werden, wird gemeinhin der Begriff ''ATA/ATAPI'' verwendet.<br />
<br />
=== Zur Nomenklatur ===<br />
Wie im Abschnitt ''Geschichte'' angedeutet, erfolgte der Übergang vom [[Industriestandard]] zu einem offiziellen Standard erst, nachdem schon längere Zeit ATA-Geräte hergestellt wurden: Der letzte Entwurf des Standardisierungsgremiums ''T13 Technical Committee'' für den ATA-1-Standard<ref>[ftp://ftp.t10.org/t13/project/d0791r4c-ATA-1.pdf Working Draft&nbsp;– X3T10, 791D, Revision 4c&nbsp;– AT Attachment Interface for Disk Drives] (ATA 1)</ref> ist auf 1994 datiert, obwohl ATA-Geräte schon seit Mitte der 1980er-Jahre hergestellt werden. Daher hatte sich schon zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des offiziellen Standards ''Master'' und ''Slave'' als allgemein übliche Bezeichnung der beiden von einem ATA-Anschluss ansprechbaren Geräte durchgesetzt. Aus technischer Sicht jedoch erscheinen diese Bezeichnungen nicht gerechtfertigt, da die Ansteuerung beider Geräte durch den ''Host'' (normalerweise den Computer) praktisch gleichwertig erfolgt. Die Veröffentlichungen des ''T13 Technical Committee'' benutzen stattdessen die Bezeichnungen ''Device&nbsp;0'' und ''Device&nbsp;1,'' die den technischen Gegebenheiten eher Rechnung tragen. In seinem gegenwärtigen Zustand benutzt dieser Artikel die Nomenklatur des ''T13 Technical Committee,'' um die dadurch gegebene offizielle Sprachregelung zu reflektieren, gefolgt von ''Master'' bzw. ''Slave'' in Klammern, um die allgemeine Verständlichkeit zu wahren.<br />
<br />
== Sonderform ==<br />
[[Datei:Adapter IDE to Notebook-HDD.jpg|miniatur|Ein Adapter, um 2,5″-Notebookplatten an übliche Mainboards anzuschließen. Über das Kabel wird die Stromversorgung geführt; die Signalleitungen befinden sich im schwarzen Steckergehäuse.]]<br />
<br />
[[ATA 44]]: Für [[Notebook]]s gibt es Sonderformen der Schnittstelle, die zusätzlich noch die Versorgungsspannung (+5&nbsp;V) und bei optischen Laufwerken auch [[Audio]]signale übertragen. Diese werden bei 2,5″-[[Festplatte]]n ATAPI-44 und bei optischen [[SlimLine]]-Laufwerken ATAPI-50 genannt. (Die Zahl gibt dabei die Anzahl der Steckkontakte an.)<br />
<br />
[[ATA ZIF]]: Für in Mediaplayern verwendete 1,8″-Festplatten gibt es eine Sonderform mit 40-poliger Buchse. Sie wird allerdings auch in [[UMPC]]s und einigen Notebooks verwendet.<br />
<br />
== Versionen des ATA-Standards ==<br />
<br />
Werden zwei Geräte mit verschiedenen ATA-Versionen an dasselbe Kabel angeschlossen, entscheidet bei älteren Controllern das langsamere Gerät über die Geschwindigkeit beider Geräte.<!--war missverständlich, weil meist zwei Busse auf einem Motherb. sind. Bitte extra Satz, falls der gesamte Controller, der beide Busse steuert, ausgebremst wird.--> Moderne ATA-Controller (seit ca. 1998) können die Geschwindigkeit für jedes Gerät getrennt steuern, so dass langsame Geräte nicht mehr den gesamten Bus ausbremsen.<br />
<br />
=== ATA-1 (1989–1999, ANSI X3.221-1994) ===<br />
Gleichzeitige Ansteuerung von maximal zwei [[Festplatte]]n mit bis zu 8,3&nbsp;MB/s ([[Speicherkapazität|MB]] = Megabyte; 1&nbsp;MB/s = 1000<!-- sic! -->&nbsp;kB/s = 1.000.000<!-- sic! -->&nbsp;Byte/s). <!-- 1000er Größen sind hier korrekt! --><br />
<br />
ATA-1 arbeitet asynchron.<br />
<br />
Verwendung finden mehrere [[Programmed Input/Output|PIO]]-Modi (''Programmed I/O'') und [[Direct Memory Access|DMA]] (''Direct Memory Access'')-Varianten:<br />
<br />
* PIO-Modus 0: 3,3&nbsp;MB/s; PIO 1: 5,2&nbsp;MB/s; PIO 2: 8,3&nbsp;MB/s<br />
* Single Word DMA Modus 0: 2,1&nbsp;MB/s, DMA single 1: 4,2&nbsp;MB/s, DMA single 2: 8,3&nbsp;MB/s<br />
* Multi Word DMA Modus 0: 4,2&nbsp;MB/s<br />
<br />
=== ATA-2 (1994–2001, ANSI X3.279-1996) ===<br />
Die Steuer- und Datensignale können mit ATA-2 synchron übertragen werden. Leistungsfähigkeit bis zu 16,6 MB/s.<br />
Neue Übertragungsmodi: Block transfers, [[Logical Block Addressing]].<br />
<br />
* [[Programmed Input/Output|PIO]]-Modus 3: 11,1 MB/s; PIO 4: 16,6 MB/s<br />
* [[Direct Memory Access|DMA]]-Modus 1: 13,3 MB/s, Modus 2 (DMA 2): 16,6 MB/s (ab hier immer Multi Word)<br />
* Fast ATA umfasst ATA-2, PIO 3, DMA 1<br />
* Fast ATA-2 umfasst ATA-2, PIO 4, DMA 2<br />
<br />
=== ATA-3 (1996–2002, ANSI X3.298-1997) ===<br />
ATA-3 weist gegenüber seinem Vorgänger ATA-2 zwei neue Funktionen auf: [[Self-Monitoring, Analysis and Reporting Technology|S.M.A.R.T]] und das ''Security Feature Set''. Leistungsfähigkeit und Übertragungsmodi haben sich gegenüber ATA-2 nicht verändert.<br />
<br />
=== ATA/ATAPI-4 (1997–2008, ANSI NCITS 317-1998) ===<br />
Mit ATA/ATAPI-4 werden CD-ROM-Laufwerke und CD-Brenner erstmals in den Standard eingebunden. Dazu wird der Standard erstmals ATA/ATAPI genannt, was für ''ATA Packet Interface'' steht. Das Packet Interface definiert einen Layer, um [[Small Computer System Interface|SCSI]]-Kommandos über das ATA-Protokoll senden zu können.<br />
Leistungsfähigkeit: 33,3 MB/s. Es wird ein neuer Modus namens [[Ultra-DMA]] (UDMA) eingeführt.<br />
ATA/ATAPI-4 ist jedoch zu den alten Modi ''PIO'' und ''DMA'' kompatibel.<br />
<br />
* Mit UDMA wurde der Standard um den [[Cyclic Redundancy Check]] erweitert.<br />
* Ultra DMA mode 0: 16,7 MB/s; UDMA 1: 25,0 MB/s: UDMA 2: 33,3 MB/s.<br />
* Ultra ATA/33 ist eine verbreitete Abkürzung von ATA-4 mit UDMA 2.<br />
<br />
Mit dem [[Host Protected Area|Host-Protected-Area]]-Feature (HPA) kann ein geschützter Bereich auf der Platte angelegt werden.<br />
<br />
=== ATA/ATAPI-5 (seit 1999, ANSI NCITS 340-2000) ===<br />
ATA-5 enthält einen neuen Modus: Ultra&nbsp;DMA&nbsp;4. Leistungsfähigkeit 66,6&nbsp;MB/s, daher auch ''UDMA-66'' genannt (UDMA&nbsp;3: 44,4&nbsp;MB/s). Für den ATA-5-Standard ist ein spezielles 80-adriges Kabel erforderlich. Es hat zwar weiterhin nur 39 Anschlusspins, allerdings befinden sich 41 zusätzliche Leitungen mit Masseanschluss jeweils zwischen den Datenleitungen. Diese sorgen für eine definierte [[Wellenimpedanz]] der Signalleitungen zur Verringerung von [[Reflexion (Physik)#Reflexion bei elektrischen Leitungen|Reflexionen]]. Weiterhin verringern sie das [[Übersprechen]] zwischen den Signalleitungen. Beides könnte ansonsten zu Übertragungsfehlern führen.<br />
<br />
=== ATA/ATAPI-6 (seit 2000, ANSI NCITS 361-2002) ===<br />
Mit ATA-6 und dem Modus Ultra-DMA-100 (UDMA 5) sind Datenraten bis 100 MB/s möglich. Daher findet sich hier auch oft die Bezeichnung ATA/100. Auch wurden neue ATA-Befehle eingeführt, die 48 Bit große Sektoradressen erlauben ([[Logical Block Addressing|LBA]]-48), was die maximal ansprechbare Kapazität von 2<sup>28</sup> · 512 Byte = 128 [[Byte#Präfixe für große Anzahlen von Bytes|GiB]] auf 2<sup>48</sup> · 512 Byte = 134.217.728 GiB (≈ 144.115.188 GB) = 128 PiB erhöht.<br />
<br />
Eine weitere Neuerung ist [[Automatic acoustic management|Automatic Acoustic Management]] (AAM).<br />
<br />
Mit dem Device Configuration Overlay (DCO) ist es möglich, bestimmte in den Identify-Informationen einer Platte gemeldeten Werte zu beeinflussen. So können beispielsweise die Feature-Bits für einzelne DMA-Modi, SMART-Features, AAM oder HPA deaktiviert oder die gemeldete Größe der Platte reduziert werden.<br />
<br />
=== ATA/ATAPI-7 (seit 2001, ANSI INCITS 397-2005) ===<br />
Mit ATA/ATAPI-7 wird im Standard erstmals zwischen paralleler und serieller Übertragung und dem gemeinsamen Befehlssatz (ATA/ATAPI Command Set, ACS) unterschieden. [[Retronym]] wurde der bisherige Standard PATA (parallel ATA) genannt und die serielle Version [[Serial ATA|SATA]].<br />
<br />
Mit dem PATA-Modus Ultra-DMA-133 (UDMA 6) sind Datenraten bis 133&nbsp;MB/s möglich. Daher findet sich hier auch oft die Bezeichnung ATA/133.<br />
<br />
=== ATA-8 (seit 2005, ANSI INCITS 452-2008) ===<br />
<br />
Mit ATA-8 wurden Fehler behoben und der Standard neu strukturiert. Er ist weiterhin kompatibel zu den Vorgängerversionen. Neu ist etwa, dass ATA-8 in vier Dokumente unterteilt wird, dem ''Architecture Model (ATA8-AAM),'' dem ''Command Set (ATA8-ACS),'' dem ''Parallel Transport (ATA8-APT)'' und schließlich dem ''Serial Transport (ATA8-AST).'' Das erlaubt eine weiterführende Abstrahierung der Definition der Befehle, des Architecture Models und schließlich des Transports. Der Kommandosatz ATA8-ACS wurde im September 2008 als ANSI INCITS Standard veröffentlicht.<br />
<br />
Gelöscht wurde u.&nbsp;a. ein Kapitel über die Definition der Festplatten-/Controller-Register, aus offizieller Seite ließ man verlauten: „ATA8-ACS is documenting the command set and not the transport“. Eine weitere interessante Beobachtung ist, dass nun wirklich das Software-Protokoll mit der hardwaretechnischen Umsetzung abstrahiert wurde. Wurde in ATA/ATAPI-7 Volume 1 (entspricht Command Set und Architecture Model) noch mehrfach darauf hingewiesen, dass das SATA-Interface eine teilweise andere Programmierung/Übertragung als das PATA-Interface (vgl. IDE) hat, tauchen solche Hinweise in ATA-8 nicht mehr auf, vielmehr wurden viele Passagen entfernt und in ATA8-APT und ATA8-AST ausgelagert. Damit will man einen Schritt in die Zukunft gehen, denn in der Systemprogrammierung dominierten bisher immer nur die PATA-Laufwerke, während über SATA große Unklarheit herrschte.<br />
<br />
Erstmals gibt es über die ''SCT Commands'' eine standardisierte Möglichkeit, die aktuelle Temperatur, Minimal- und Maximalwerte und den Temperaturverlauf der letzten Betriebsstunden auszulesen. Festplatten mit dieser Funktion sind seit 2006 verfügbar.<br />
Die aktuelle Temperatur konnte zwar bisher meist als [[Self-Monitoring, Analysis and Reporting Technology|S.M.A.R.T]]-Attribut ermittelt werden, das war aber nicht Bestandteil des ATA-Standards.<br />
<br />
=== ACS-2 (seit 2008), ACS-3 (seit 2011) ===<br />
<br />
Nach der Veröffentlichung des ATA8-ACS-Standards erfolgt die Weiterentwicklung des Kommandosatzes unter dem Namen ACS-2, seit 2011 unter ACS-3. Die letzte ACS-2 Revision wurde bisher nicht als offizieller ANSI INCITS Standard veröffentlicht.<br />
<br />
Eine Neuerung von ACS-2 ist „Device Statistics“. Hiermit lassen sich Werte wie Betriebsstunden, Anzahl der Resets, Anzahl der Lese- und Schreibvorgänge, Anzahl der Fehler und die Temperatur abfragen. Im Gegensatz zu den S.M.A.R.T.-Attributen ist die Bedeutung aller Werte standardisiert.<br />
<br />
=== Vergleich ===<br />
<br />
Alle neuen Versionen sind bis zu ATA/ATAPI-4 abwärtskompatibel: neuere Festplatten können damit auch an älteren Rechnern betrieben werden, ältere Laufwerke auch an neueren Schnittstellen angeschlossen werden.<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
! Standard<br />
! ATA-1<br />
! ATA-2<br />
! ATA-3<br />
! ATA/ATAPI-4<br />
! ATA/ATAPI-5<br />
! ATA/ATAPI-6<br />
! ATA/ATAPI-7<br />
|-<br />
| Max. Datenrate: || 8,3 MB/s || 16,6 MB/s || 16,6 MB/s || 33,3 MB/s || 66,6 MB/s || 100 MB/s || 133 MB/s<br />
|}<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|+Zusammenfassung<br />
|-<br />
| 1997 || Parallel ATA || ATA/ATAPI-4 || Ultra ATA/33 || Ultra DMA 2 || 40-adriges Kabel || 33,3 MB/s || CD-ROM<br />
|-<br />
| 1999 || Parallel ATA || ATA/ATAPI-5 || Ultra ATA/66 || Ultra DMA 4 || 80-adriges Kabel || 66,6 MB/s || Festplatten / CD-ROM<br />
|-<br />
| 2000 || Parallel ATA || ATA/ATAPI-6 || Ultra ATA/100 || Ultra DMA 5 || 80-adriges Kabel || 100 MB/s || Festplatten<br />
|-<br />
| 2001 || Parallel ATA || ATA/ATAPI-7 || Ultra ATA/133 || Ultra DMA 6 || 80-adriges Kabel || 133 MB/s || Festplatten<br />
|}<br />
<br />
== Adressierungsprobleme ==<br />
Ältere ATA-Controller bzw. ältere Systemsoftware können oft nur Festplatten bis zu einer bestimmten Kapazität ansprechen. Dadurch kann gegebenenfalls nur ein Teil der Festplattenkapazität genutzt werden. Typische Grenzen sind 504&nbsp;[[Byte#IEC-Pr.C3.A4fixe zur Basis 2|MiB]], 8&nbsp;GiB, 32&nbsp;GiB, 128&nbsp;GiB. Die 128-GiB-Grenze resultiert aus der Verwendung von 28-Bit-[[Logical Block Addressing|LBA]], denn mit 28 Bit kann man nicht mehr als 2<sup>28</sup> Sektoren (das entspricht 128 GiB) ansprechen. Dafür gibt es die Erweiterung auf 48-Bit-LBA, welche den Adressraum erheblich erweitert. Die anderen Grenzen werden durch die [[Cylinder Head Sector|CHS-Adressierung]] begründet, also durch die Aufteilung in Zylinder, Kopf und Sektor&nbsp;– wobei hier für jeden einzelnen Wert eigene Grenzen gelten, und die CHS-Adressierung schon beim ersten Standard von X3T10 obsolet war. Noch heute verwenden viele Systemprogramme –&nbsp;etwa Bootmanager oder Partitionierungstools, die sich beim Start laden&nbsp;– die CHS-Adressierung.<br />
<br />
Abhilfe schaffen moderne Hardware und Software. So wurden in der Vergangenheit oft BIOS-Updates herausgegeben, die diese Probleme beheben.<br />
Durch die heutigen Standards und Software-Implementationen sind Adressierungsprobleme praktisch ein Problem der Vergangenheit geworden.<br />
<br />
Durch die Partitionstabelle des [[Master Boot Record|MBR]] beschränkt sich die Verwendung von klassischen Laufwerken in Systemen auf eine 2-[[Byte#Präfixe für große Anzahlen von Bytes|TiB]]-Grenze, die nur durch die Verwendung der EFI-[[GUID Partition Table]] „umgangen“ werden kann. Die 2-TiB-Grenze wird durch die 32-Bit-Größe der Sektorangaben in den Partitionseinträgen verursacht.<br />
<br />
Eine einfachere Möglichkeit, die 2-TiB-Grenze zu umgehen, ist es, die Größe der [[Datenblock|Datenblöcke]] auf 1024&nbsp;Bytes oder 2048&nbsp;Bytes zu erhöhen, was den adressierbaren Bereich auf 4&nbsp;TiB bzw. 8&nbsp;TiB vergrößert. Das reduziert jedoch auch die kleinstmögliche [[Cluster (Festplatte)|Clustergröße]] auf 1024 bzw. 2048&nbsp;Bytes, was aber wenig relevant ist, da Clustergrößen unter 4096&nbsp;Bytes ohnehin kaum verwendet werden.<br />
<br />
== Passwortschutz ==<br />
{{Anker|Passwortschutz}}<br />
Die meisten aktuell auf dem Markt verfügbaren ATA- und Serial-ATA-Festplatten verfügen über einen 32 Byte langen Passwortschutz mit General- und Nutzerschlüssel, ohne den nicht auf die Daten der Festplatte zugegriffen werden kann. Ein mit Systemrechten laufendes Programm kann ein Passwort setzen und dem Nutzer die Daten unzugänglich machen.<br />
<br />
Das ''Security Feature Set'' ist von IBM 1998 erstmals außerhalb von [[Notebook]]s verwendet worden und erreichte breite Anwendung, seit [[Seagate Technology|Seagate]] 3,5″-Festplatten für die [[Xbox]] lieferte.<br />
<br />
Die Festplatten erlauben auch, das Setzen eines neuen Passworts zu verhindern. Diese Funktion muss allerdings bei jedem Systemstart aufgerufen werden. Im [[Basic Input Output System|BIOS]] kann das noch vor dem Start des Betriebssystems geschehen, was allerdings nur von wenigen BIOS unterstützt wird. Beim Bootvorgang kann ein Zusatztool aufgerufen werden, welches die Festplatte abriegelt.<br />
<br />
== Steckerbelegung ==<br />
Der ATA-Stecker (ATAPI-40) ist ein 40-poliger zweireihiger Stecker<ref name="39pins"/>, Pinabstand 2,54&nbsp;mm:<br />
<br />
Stecker am Gerät (Draufsicht auf die Pins)<br />
<br />
39________--________1 ungerade Pin-Nummern<br />
|····················|<br />
|·········· ·········|<br />
40¯¯¯¯¯¯¯¯20(Key)¯¯¯2 gerade Pin-Nummern<br />
<br />
Buchse am Kabel (Draufsicht, von vorn)<br />
<br />
1________ ________39 ungerade Pin-Nummern<br />
|oooooooooooooooooooo|<br />
|ooooooooo*oooooooooo|<br />
2¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯¯40 gerade Pin-Nummern<br />
<br />
Bei einem korrekt verdrahteten Kabel liegt Pin 1 auf der farblich (meist rot) gekennzeichneten Ader. Als zusätzliche Sicherheit ist die Buchse für Pin 20 (im Bild mit * gekennzeichnet) bei vielen Steckern verschlossen, um falsches Aufstecken zu verhindern. Kragen (Steckerwannen) mit Mittelnut sind inzwischen nicht nur bei den Laufwerken selbst, sondern auch auf Controllern und Motherboards Standard und bieten einen robusteren Schutz vor Fehlsteckungen als der Keypin alleine – aber nur, wenn auch der Stecker entsprechend ausgestaltet ist.<br />
<br />
Nachfolgend die Beschreibung der PINs:<br />
{| class="wikitable"<br />
!Pin<br />
!ATA-Signal<br />
!Bedeutung<br />
|-<br />
| 1 || <span style="text-decoration:overline">RESET</span> || Setzt alle Laufwerke an diesem Anschluss zurück<br />
|-<br />
| 2, 19, 22, 24, 26, 30, 40 || GND || Masse<br />
|-<br />
| 3-5-7- 9-11-13-15-17 || DD7..DD0 || Datenbus, Bits 7..0, Low-Byte bei 16-Bit-Datenübertragung<br />
|-<br />
| 18-16-14-12-10-8-6-4 || DD15..DD8 || Datenbus, Bits 15..8, High-Byte bei 16-Bit-Datenübertragung<br />
|-<br />
| 20 || KEYPIN || Pin fehlt, damit der Stecker nicht verkehrt eingesetzt werden kann.<ref>Erst bei den 80-adrigen Kabeln hat sich das entsprechende Gegenstück, ein verschlossenes Loch an der Kabelbuchse, allgemein durchgesetzt. Die meisten 40-adrigen Kabel lassen sich jedoch trotz Keypin auch falschherum auf die 39-poligen Stecker aufstecken.</ref> Wird aber, abweichend vom Standard, teilweise auch zur Stromversorgung eingesetzt (z.&nbsp;B. für [[Disk on Module]]-Flashspeicher)<br />
|-<br />
| 21, 29 || DMARQ, <span style="text-decoration:overline">DMACK</span> || DMA-Request und -Acknowledgment, DMA-Steuersignale (optional)<br />
|-<br />
| 23 || <span style="text-decoration:overline">DIOW</span> || Signal zum Daten schreiben<br />
|-<br />
| 25 || <span style="text-decoration:overline">DIOR</span> || Signal zum Daten lesen<br />
|-<br />
| 27 || IORDY || I/O-Ready, low-Pegel: Benötigt zusätzliche Taktzyklen für den gegenwärtigen I/O-Zyklus (häufig nicht verwendet)<br />
|-<br />
| 28 || CABLE SELECT, an sehr alten Festplatten SPINDLE SYNC || Zuordnung des Laufwerks als DRIVE0=Low oder DRIVE1=high, an sehr alten Festplatten Spindelsynchronisation zwischen Device&nbsp;0 und 1 (damals ''Master'' und ''Slave),'' z.&nbsp;B. für Drive-Arrays (häufig nicht implementiert)<br />
|-<br />
| 31 || INTRQ || Interrupt-Anforderung<br />
|-<br />
| 32 || <span style="text-decoration:overline">IOCS16</span> || Auswahl des 16-Bit-Transfer<br />
|-<br />
| 34, 39 || <span style="text-decoration:overline">PDIAG</span>, <span style="text-decoration:overline">DASP</span> || Passed Diagnostic vom Device&nbsp;1, Drive Active/Device&nbsp;1 Present, Rückmeldungen von Device&nbsp;1 an Device&nbsp;0 bei der Initialisierung<br />
|-<br />
| 36-33-35 || DA2..DA0 || Adressbus Bits 2..0, Adressierung der internen Register innerhalb des ''Command-'' bzw. ''Control-Register''-Satzes des Laufwerks<br />
|-<br />
| 37, 38 || <span style="text-decoration:overline">CS1Fx</span>, <span style="text-decoration:overline">CS3Fx</span> (auch <span style="text-decoration:overline">CS0</span>, <span style="text-decoration:overline">CS1</span>)|| Chip-Auswahlsignale des Hosts, um die Registersätze ''Command Register'' bzw. ''Control Register'' auszuwählen. Normalerweise liegen diese bei der PC-Architektur im I/O-Adressraum ab 1F0h bzw. ab 3F0h.<br />
|}<br />
<br />
Bei ATAPI-44, das meist bei 2,5″-Festplatten zum Einsatz kommt, ist der Pinabstand auf 2,00&nbsp;mm verkleinert. Die Belegung entspricht ATAPI-40, jedoch wird hier die Stromversorgung über zusätzliche Pins am ATAPI-Anschluss vorgenommen.<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
!Pin<br />
!ATA-Signal<br />
!Bedeutung<br />
|-<br />
| 41 || +5 V (Logik) || Stromversorgung für Elektronik<br />
|-<br />
| 42 || +5 V (Motor) || Stromversorgung für Motor<br />
|-<br />
| 43 || GND || Masse<br />
|-<br />
| 44 || TYPE || <br />
|}<br />
<br />
== ATA-Kabel: Farben der Stecker ==<br />
<br />
Bei den neueren 80-adrigen ATAPI-5-Kabeln haben die Stecker drei Farben:<br />
'''Blau''': Controller/PC<br />
'''Grau''': Slave (Device 1 / IDE 1)<br />
-- 79 Adern: Master/Slave-Signalleitung 28 gekappt/unterbrochen<br />
'''Schwarz''': Master (Device 0 / IDE 0)<br />
Das ist von Bedeutung für:<br />
<br />
* ''Schnelle UDMA-Modi'': Ab UDMA-66 (UDMA&nbsp;4) wird das feinere, 80-adrige [[Flachbandkabel]] verwendet, bei dem jede zweite Ader auf Masse gelegt ist, was die Signal-Adern gegeneinander abschirmt und die höhere Geschwindigkeit erst möglich macht. Die Stecker haben wie gewohnt 40<ref name="39pins"/> Pole, der Hostadapter-seitige Stecker hat jedoch eine besondere Kodierung (<span style="text-decoration:overline">PDIAG</span> wird getrennt und beim Hostadapter ein Kondensator mit bestimmtem Wert gegen Masse gelegt), an der der ATA-Hostadapter erkennen kann, dass ein solches Kabel benutzt wird. Erst dann schaltet der Hostadapter die schnelleren Modi von 66&nbsp;MB/s und höher frei. Beim Anschluss der ATA-Geräte mit einem solchen Kabel ist deshalb zu beachten, dass das blaue Kabelende an die [[Hauptplatine]] bzw. den ATA-Hostadapter angeschlossen werden muss.<br />
<br />
* ''Cable-Select'': Seit längerem unterstützen ATA-Kabel die Cable-Select-Adressierung und haben dazu Gerätestecker in Grau und Schwarz, an die die ATA-Geräte angeschlossen werden. Wird im Cable-Select-Verfahren adressiert, ist das Gerät am schwarzen Stecker automatisch Device 0 (Master) und das Gerät am grauen Stecker Device 1 (Slave). Dabei wird die Signalleitung 28 nur zum Slave durchgeführt, jedoch nicht zum Master. Um dieses Verfahren zu nutzen, müssen beide ATA/ATAPI-Geräte auf „CS“ [[Jumper (Elektrotechnik)|gejumpert]] sein. Andernfalls ist das eine Gerät auf „Master“ zu jumpern und das andere auf „Slave“; bei manueller Jumperung ist es gleichgültig, welches am schwarzen und welches am grauen Stecker angeschlossen ist. Wird nur ein einziges ATA/ATAPI-Gerät an das Kabel angeschlossen, muss unbedingt der Stecker in der Mitte des Kabels freigelassen werden, da ein nicht belegtes Kabelende Störungen verursachen kann. Unter Umständen ist das Cable-Select-Verfahren dabei nicht wünschenswert.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[CE-ATA]]<br />
* [[CompactFlash]] – minimal angepasste Variante von ATA für Speicherkarten<br />
* [[Serial ATA]]<br />
<br />
== Anmerkungen und Quellen ==<br />
<references /><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons|ATA|Advanced Technology Attachments}}<br />
* [http://www.t13.org/ T13 Technical Committee] (englisch)<br />
* [http://www.tecchannel.de/storage/extra/401440/ide_schnittstelle_kabel_stecker_ata_festplatte_master_slave/ IDE-Grundlagen]<br />
* [http://home.arcor.de/klaus-uwe/hwb/html/co_Ata44Internal.html The Hardware Book ATA-44] (englisch)<br />
* [http://home.arcor.de/klaus-uwe/hwb/html/co_AtaInternal.html The Hardware Book ATA] (englisch)<br />
* [http://www.laptopupdate.de/ Steckerbelegung ATAPI-50]<br />
* [http://www.fitzenreiter.de/ata/ata.htm ATA Security eXtension BIOS (Security Feature Set)]<br />
* [http://www.pjrc.com/tech/8051/ide/wesley.html Artikel zur Ansteuerung einer IDE-Festplatte] (englisch)<br />
* [http://www.sackpfeyffer-zu-linden.de/Hardware.html#11 Beschreibung der Adressierungsprobleme mit Lösungsmöglichkeiten]<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Ata Atapi}}<br />
[[Kategorie:Peripheriebus (intern)]]<br />
[[Kategorie:Abkürzung|ATAATAPI]]<br />
<br />
[[ar:مقبس ملحقات تقنية متقدمة]]<br />
[[bs:Integrated Drive Electronics]]<br />
[[ca:Parallel ATA]]<br />
[[cs:ATA]]<br />
[[el:Integrated Drive Electronics]]<br />
[[en:Parallel ATA]]<br />
[[es:Integrated Drive Electronics]]<br />
[[et:Paralleel-ATA]]<br />
[[fa:واسط الکترونیکی یکپارچه دیسکگردان]]<br />
[[fi:IDE]]<br />
[[fr:Parallel ATA]]<br />
[[he:Parallel ATA]]<br />
[[hi:पैटा]]<br />
[[hr:Paralelni ATA]]<br />
[[hu:ATA]]<br />
[[id:Advanced Technology Attachment]]<br />
[[it:Advanced Technology Attachment]]<br />
[[ja:Advanced Technology Attachment]]<br />
[[ka:IDE]]<br />
[[ko:병렬 ATA]]<br />
[[lt:ATA]]<br />
[[my:Parallel ATA စံနှုန်း]]<br />
[[nl:Parallel ATA]]<br />
[[no:Integrated Drive Electronics]]<br />
[[pl:ATA (technologia)]]<br />
[[pt:ATA]]<br />
[[ru:ATA]]<br />
[[simple:Advanced Technology Attachment]]<br />
[[sk:Advanced Technology Attachment]]<br />
[[su:Advanced Technology Attachment]]<br />
[[sv:Parallell ATA]]<br />
[[tr:ATA]]<br />
[[uk:ATA]]<br />
[[ur:پیشرفتہ طرزی وابستگی]]<br />
[[vi:Chuẩn giao tiếp dữ liệu ATA]]<br />
[[xmf:IDE]]<br />
[[zh:ATA]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Schwarze&diff=113130366Schwarze2013-01-18T18:05:50Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: zu:Abantu abansundu</p>
<hr />
<div>{{Dieser Artikel|befasst sich mit Menschen dunkler Hautfarbe. Weitere Bedeutungen sind unter [[Schwarze (Begriffsklärung)]] aufgeführt.}}<br />
{{Neutralität}}<br />
Die Bezeichnung '''Schwarze''' bezieht sich gewöhnlich auf Menschen mit sehr dunkler [[Hautfarbe]], vielfach werden jedoch&nbsp;– so insbesondere in den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]]&nbsp;– Menschen mit allen möglichen Varianten der Hautpigmentierung von dunkelsten bis zu sehr hellen Hautfarben einbezogen, einschließlich [[Albinismus|Albinos]]. Daher ist die Bezeichnung „Schwarze“ kein Indikator der Hautfarbe, sondern der rassentheoretischen oder [[Ethnie|ethnischen]] Einteilung. Die Bezeichnung wird auch verwendet, um verschiedene Populationen aufgrund historischer und prähistorischer Herkunftsbeziehungen zusammenzufassen. Einige Definitionen des Begriffs umfassen nur Menschen mit relativ junger [[schwarzafrika]]nischer Abstammung (siehe [[Afrikanische Diaspora]]), die zumeist auch den typisch schwarzafrikanischen [[Haar]]wuchs aufweisen. Andere Definitionen beziehen weitere Populationen ein, für die eine dunkle Hautfarbe charakteristisch ist, darunter [[Indigene Völker|indigene]] Bewohner [[Ozeanien]]s und [[Südostasien]]s wie etwa die [[Austronesische Sprachen|Austronesier]], die [[Papua (Völkergruppe)|Papua]], die Ureinwohner der [[Andamanen]], die [[Semang]] auf der [[Malaiische Halbinsel|Malaiischen Halbinsel]] und die [[Aeta]] auf der [[Philippinen|philippinischen]] Insel [[Luzon]].<br />
<br />
== Physiologische Merkmale ==<br />
=== Dunkle Haut ===<br />
[[Datei:Unlabeled Renatto Luschan Skin color map.svg|miniatur|350px|Karte der Verteilung der [[Hautfarbe]]n (bei [[Indigene Völker|indigenen Bevölkerungen]]) in der Welt vor 1940 basierend auf [[Felix von Luschan|Von Luschans]] Farbscala.]]<br />
[[Datei:Sub-Saharan-Africa.svg|miniatur|Karte von „Schwarzafrika“ südlich der Sahara (grün) und Nordafrika (grau).]]<br />
{{siehe auch|Hautfarbe|Hauttyp}}<br />
<br />
Die Entwicklung dunkler Haut ist untrennbar mit dem Verlust der [[Körperbehaarung]] beim Menschen verbunden. Vor 1,2 Millionen Jahren besaßen die Vorfahren aller zurzeit lebenden Menschen das gleiche Rezeptor-[[Protein]] ([[Melanocortin-1-Rezeptor]]) wie [[Schwarzafrikaner]] heutzutage; ihre Haut war dunkel und die intensive Sonneneinstrahlung eliminierte die Nachkommenschaft mit hellerer Haut, die aus [[Mutation]]svariationen des Rezeptor-Proteins hervorging.<ref name="Rogers">{{cite journal|last=Rogers|first=Alan R.|title=Genetic variation at the MC1R locus and the time since loss of human body hair|journal=Current Anthropology|volume=45|issue=1|pages=105–8|url=http://www.journals.uchicago.edu/doi/abs/10.1086/381006|accessdate=2008-07-22|doi=10.1086/381006|month=February | year=2004|oclc=193553649|publisher=The Wenner-Gren Foundation for Anthropological Research|last2=Iltis|first2=David|last3=Wooding|first3=Stephen}}</ref> Dies geschah wesentlich früher als die [[Artbildung]] des ''[[Mensch|Homo sapiens]]'' vom ''[[Homo erectus]]'' vor ungefähr 250.000 Jahren.<br />
<br />
Einer aktuellen Studie zufolge sind die Unterschiede der Hautfarbe innerhalb der Bevölkerungen [[Subsahara-Afrika]]s am größten. Aus insgesamt acht untersuchten Regionen (Subsahara-Afrika, Nordafrika, Europa, Westasien, Südwest-Asien, Südasien, Australasien und Amerika) wiesen Subsahara-Afrikaner die größte Vielfalt an Hautfarben innerhalb einer Region vor.<ref>Human skin color diversity is highest or sub-Saharan African populations. [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11126724 NIH.gov]</ref> Der Verlust der dunklen [[Pigmentierung]] bei den hellhäutigen Europäern beruht auf der Mutation eines einzigen [[Nukleotide|Nukleotids]] in der [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]], also auf der Veränderung nur eines von 3,1 Milliarden „Buchstaben“ der genetischen Information.<ref>[http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2005/12/15/AR2005121501728_pf.html "Scientists find DNA change accounting for white skin"]. ''[[Washington Post]]'' 2005.</ref> Diese Mutation hat eine stark verringerte Einlagerung des Farbstoffs [[Melanin]] in die Haut zur Folge. Bei den hellhäutigen Populationen Asiens ging die dunkle Pigmentierung unabhängig auf andere Weise verloren.<br />
<br />
[[Hautkrebs]] als Folge von mutationsverursachender [[Ultraviolettstrahlung|ultravioletter Sonnenstrahlung]] ist unter Menschen mit dunkler Haut weniger verbreitet als unter Menschen mit heller Haut.<ref>{{Cite book|title=Skin Cancer |first=Keyvan |last=Nouri |publisher=McGraw-Hill Professional |page=32 |year=2007 |url=http://books.google.com/?id=TlhFQYziim8C&pg=PA32 |isbn=0-071-47256-8}}</ref><ref>{{cite book|title=Health and Wellness|first1=Gordon |last1=Edlin |first2=Eric |last2=Golanty |publisher=Jones & Bartlett Learning |year=312 |url=http://books.google.com/?id=Ki_fbxDZsHcC&pg=PA312 |isbn=0-763-76593-7}}</ref> Außerdem verhindert dunkle Haut die Zerstörung eines wichtigen [[Vitamin B]], der [[Folsäure]]. Daher würde ohne die moderne Medizin und Ernährung eine Person mit dunkler Haut in den [[Tropen]] länger leben, gesünder sein und mit höherer Wahrscheinlichkeit Nachkommen haben als eine Person mit heller Haut. Das wird unterstützt durch den Befund, dass [[Europide|weiße]] Australier eine der höchsten Hautkrebsraten haben.<ref>[http://www.cancer.org/docroot/NWS/content/NWS_1_1x_Australia_Struggles_with_Skin_Cancer.asp Australia Struggles with Skin Cancer]</ref><br />
<br />
Umgekehrt gilt, da dunkle Haut das Eindringen der Sonnenstrahlung in die Haut verhindert, dass die Produktion von [[Vitamin D]] gehemmt wird. Als Menschen sich zunehmend in weniger sonnenintensiven Regionen im Norden niederließen, gewann der durch dunkle Haut bedingte Mangel an Vitamin D an Bedeutung, und daher hatten hellere [[Hauttyp]]en einen Selektionsvorteil. Schwarze, die in sehr [[Geographische Breite|nördlichen Breiten]] leben, leiden gegebenenfalls an einem Mangel an Vitamin D.<ref>{{cite web |url=http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2005/12/15/AR2005121501728_pf.html |title=Scientists Find A DNA Change That Accounts For White Skin |accessdate=2011-01-08 |date=2005-12-16 |publisher=[[Washington Post]]}}</ref> Zusätzlich zu der geringeren UV-Strahlung führt die bei den meisten Schwarzen vorhandene [[Laktoseintoleranz]] zu wenig Milchkonsum und resultiert daher in einer geringen Vitamin D-Zufuhr durch die Nahrungsaufnahme. Um einem Mangel an Vitamin D zu begegnen, können Vitamin D-haltige [[Nahrungsergänzungsmittel]] verwendet werden, wie sie beispielsweise in den nördlichen USA lebenden [[Afroamerikaner]]n empfohlen werden.<ref>{{cite web |url=http://www.nytimes.com/1991/05/26/nyregion/l-black-people-need-vitamin-d-supplements-050591.html |title=Black People Need Vitamin D Supplements |accessdate=2011-01-08 |date=1991-05-26 |publisher=[[New York Times|nytimes.com]]}}</ref><br />
<br />
=== Haare ===<br />
Die Beschaffenheit der [[Haar]]e von Menschen mit [[Subsahara-Afrika|Subsahara-afrikanischer]] Abstammung unterscheidet sich deutlich von der [[Eurasien|eurasischen]] Bevölkerung, wie bereits [[Herodot]] anmerkte, der die Einwohner des antiken [[Libyen]] (die "westlichen Äthiopier") als ''wollig behaart'' beschrieb.<br />
<br />
Solches ''afrikanisches'' Haar ist von dichterer Beschaffenheit als andere Haartypen. Daher wird es oftmals als "dick", "buschig" oder "wollig" bezeichnet. Aus mehreren Gründen, eventuell auch wegen seines relativ flachen Querschnitts (neben anderen Faktoren<ref>Franbourg et al. "Influence of Ethnic Origin of Hair on Water-Keratin Interaction" In ''Ethnic Skin and Hair'' E. Berardesca, J. Leveque, and H. Maibach (Eds.). S. 101. Informa Healthcare. 2007</ref>), vermittelt dieser Haartyp ein trockenes oder mattiertes Aussehen.<ref name="Arrojo">Nick Arrojo, Jenny Acheson, ''Great Hair: Secrets to Looking Fabulous and Feeling Beautiful Every Day'', (St. Martin's Press: 2008), S.184</ref><ref name="Johnson">Dale H. Johnson, ''Hair and hair care'', (CRC Press: 1997), S.237</ref> Es ist außerdem sehr grob<ref name="Arrojo"/> und seine einzigartige Form macht es sehr anfällig für Brüche, wenn es gekämmt oder gebürstet wird.<ref name="Johnson"/><br />
<br />
Die besonderen Eigenschaften des natürlichen ''afrikanischen'' Haares sind einzigartig unter allen Säugetieren.<ref>''Ethnic Skin and Hair'' E. Berardesca, J. Leveque, and H. Maibach (Eds.). Informa Healthcare. 2007</ref> Diese Beschaffenheit datiert wahrscheinlich vor der Entstehung dunkler Haut. Es entwickelte sich als der vormenschliche [[Australopithecus]] den meisten Teil seines Fells verlor, um Transpiration zu ermöglichen, und die dringende Notwendigkeit entstand, die unter dieser Körperbehaarung neu exponierte blasse Haut zu schützen ''(siehe <ref>Iyengar, B. "The hair follicle is a specialized UV receptor in human skin?" ''Bio Signals Recep'', 7(3), S. 188–194. 1998</ref> unter Betrachtung von Rogers et al., 2004 und Harding et al., 2000)''. Dieses Merkmal verlor seine für das Überleben am Äquator wesentliche Bedeutung mit der Evolution haarloser dunkler Haut. Aber es hat sich [[rudiment]]är bei den meisten [[Melanesier]]n, [[Andamanen]] und [[Schwarzafrikaner|Sub-Sahara-Afrikanern]] erhalten und kommt weiterhin zum Ausdruck.<br />
<br />
== Subsahara-Afrika ==<br />
[[Datei:Albino boy tanzania.jpg|miniatur|hochkant|Eine schwarze Frau und ihr Sohn mit [[Albinismus]] in [[Tansania]].]]<br />
{{Hauptartikel|Subsahara-Afrika}}<br />
<br />
[[Subsahara-Afrika]] ist ein gebräuchlicher, wenn auch unpräziser Begriff der afrikanische Staaten südlich der Wüste [[Sahara]] umschließt. Er wird benutzt um diese Gebiete kulturell, ökologisch, politisch und umstrittenerweise [[Rassentheorie|rassentheoretisch]] von [[Nordafrika]] abzugrenzen, welches historisch zum [[Mittelmeer]]raum zählt.<br />
Da die einheimische Bevölkerung primär von dunkler Hautfarbe ist, wird oftmals auch die Bezeichnung ''Schwarzafrika'' verwendet.<ref>{{cite journal| first = Lansana | last = Keita| title = Race, Identity and Africanity: A Reply to Eboussi Boulaga| journal =CODESRIA Bulletin | volume = 1 & 2| pages = 16| year= 2004| publisher =Council for the Development of Social Science Research in Africa}}</ref> Diese begriffliche Unterscheidung wird kritisiert, da das Synonym ''Schwarzafrika'' zu dem Missverständnis führen kann, dass im Norden Afrikas keine einheimische schwarze Bevölkerung leben würde. Weiterhin teilt die Sahara Länder wie [[Mauretanien]], [[Mali]], [[Niger]], [[Tschad]], und [[Sudan]], so dass einige Landesteile in Nordafrika und andere in Subsahara-Afrika liegen.<br />
<br />
Der afrikanische Autor [[Owen 'Alik Shahadah]] argumentiert, dass die Bezeichnung ''Subsahara-Afrika'' rassistisch konnotiert ist. Das Wort stehe rassistisch für „primitiv“, einen Ort der keinen Fortschritt erlangt habe. Daher seien Aussagen wie „Es existieren keine [[Geschriebene Sprache|geschriebenen Sprachen]] in Subsahara-Afrika“, „Das antike [[Altes Ägypten|Ägypten]] war keine subsahara-afrikanische Zivilisation“ anzutreffen. Sub-Sahara diene als Ausschlussargument, welches so flexibel sei um sich jeder negativen Verallgemeinerung Afrikas anzupassen.<ref name=Shahadah/><br />
<br />
Dennoch bevorzugen es manche dunkelhäutigen Afrikaner, kulturell von den im Norden des Kontinents Lebenden abgegrenzt betrachtet zu werden.<ref>{{cite book| last = Keith B. | first = Richburg| title = Out of America: A Black Man Confronts Africa| publisher = Harvest/HBJ Book| date = Reprint edition (July 1, 1998)| isbn = 0156005832 }}</ref><br />
<br />
== Kulturelle Konzepte einer schwarzen Ethnie ==<br />
=== Südafrika ===<br />
[[Datei:San tribesman.jpg|miniatur|Ein Mann der [[Khoisan]], einer ethnischen Gruppe in Südafrika.]]<br />
In [[Südafrika]] wurde die Bevölkerung seit der Kolonialzeit in vier Gruppen klassifiziert: ''Schwarze'', ''Weiße'', ''[[Asiaten]]'' (meist [[Indien|Inder]]) und ''[[Coloured]]s''. Die Gruppe der ''Coloureds'' umfasste Menschen gemischter [[Bantu]], [[Khoisan]] und [[Europäer|europäischer]] Herkunft (einige mit [[Kapmalaien|kapmalaischen]] Vorfahren, besonders am [[Westkap]]). Die Definition von Coloured war eine Zwischenstufe der Gruppen ''Schwarz'' und ''Weiß'' in Südafrika. Während der [[Apartheid]]speriode fand diese Klassifizierung innerhalb der Gesetzgebung des Landes eine besondere Ausprägung mit vielfältigen rechtlichen Auswirkungen im Alltag, beispielsweise in Form einer separaten [[Bantu Administration|Eingeborenenverwaltung]].<br />
<br />
Die Bürokratie der Apartheid entwickelte Kriterien, beispielsweise mit dem [[Population Registration Act]] von 1950, um zu bestimmen, wer zu welcher Gruppe gehörte.<ref>[http://www.disa.ukzn.ac.za/webpages/DC/leg19500707.028.020.030/leg19500707.028.020.030.pdf Population Registration Act, Act No 30 of 1950. auf www.www.disa.ukzn.ac.za]</ref> Untere Beamte überwachten Tests zur Durchsetzung der Klassifizierungen. Wenn das physische Erscheinungsbild einer Person keinen Aufschluss darüber gab, ob sie als Coloured oder Schwarz gelten sollte, wurde der „Bleistift-Test“ angewandt. Hierbei wurde ein Bleistift in das Haar der Person gesteckt um festzustellen, ob das Haar kraus genug war und der Stift stecken blieb.<ref>{{cite news | last = Nullis| first = Clare | title = Township tourism booming in South Africa| publisher = The Associated Press| year= 2007| url = http://www.canada.com/topics/travel/features/story.html?id=59ec6285-c9fb-41ab-93f9-419f62733f07&k=67896}}</ref><br />
<br />
Besonders während der Apartheid-Ära wurden diejenigen, welche als „Coloured“ eingestuft waren, ebenso wie die schwarze Bevölkerung unterdrückt und diskriminiert. Dennoch besaßen sie erweiterte Rechte und lebten insgesamt unter besseren sozio-ökonomischen Bedingungen als die als „Schwarze“ eingestuften.<br />
<br />
In der Zeit nach der Apartheid definierten die von der ANC-geführten Regierung erlassenen Gesetze zur Politik der [[Affirmative Action]], dass zu „Schwarzen“ auch „Afrikaner“, „Coloureds“ und „Asiaten“ zu zählen waren. Durch die Regierungspolitik einer [[Affirmative Action]] wurden „Afrikaner“ gegenüber „Coloureds“ jedoch begünstigt. Einige als „schwarze Afrikaner“ kategorisierte Südafrikaner vertreten offen die Ansicht, dass „Coloureds“ während der Apartheid nicht so sehr gelitten hätten wie sie. Ein unter „Coloureds“ populärer Spruch illustriert das folgende Dilemma:<br />
<br />
{{Zitat|Wir waren nicht weiß genug während der Apartheid und nicht schwarz genug für den ANC |[[African National Congress]]<br />
}}<br />
Im Jahr 2008 entschied der ''Pretoria High Court'' in Südafrika, dass chinesische Südafrikaner, welche schon während der Apartheid Einwohner waren, juristisch als Schwarze reklassifiziert werden mussten, damit sie auch Zugang zu den Vorteilen der Affirmative Action erhielten, da auch sie zuvor benachteiligt wurden. Chinesische Einwanderer, die nach dem Ende der Apartheid nach Südafrika kamen, profitierten hiervon nicht,<ref>[http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/africa/article4168245.ece Jonathan Clayton: We agree that you are black, South African court tells Chinese.], The Times vom 19. Juni 2008</ref> ebenso wie schwarze Menschen, die sich später in Südafrika niederließen.<br />
<br />
Neben dem Erscheinungsbild können „Coloureds“ anhand der Sprache von „Schwarzen“ unterschieden werden. Die meisten sprechen [[Afrikaans]] oder [[Englische Sprache|Englisch]] als [[Muttersprache]], im Gegensatz zu [[Bantusprachen]] wie [[isiZulu|Zulu]] oder [[isiXhosa|Xhosa]]. Sie besitzen tendenziell eher europäisch klingende Namen als Bantu-Namen.<ref>{{cite news | last = du Preez| first = Max| title = Coloureds - the most authentic SA citizens| publisher = The Star|date=2006-04-13| url = http://www.thestar.co.za/index.php?fArticleId=3201857}}</ref><br />
<br />
=== Im Nahen Osten ===<br />
==== Arabische Welt ====<br />
Schwarze Afrikaner und [[Orient|orientale]] Menschen haben seit prähistorischer Zeit Kontakt zueinander.<ref>[http://www.irinnews.org/report.aspx?ReportId=70522 Mauritania: Fair elections haunted by racial imbalance]</ref><ref>[http://news.bbc.co.uk/2/hi/africa/6510675.stm Remembering East African slave raids]</ref> Einige Historiker schätzen, dass bis zu 14 Millionen schwarze Sklaven im [[Ostafrikanischer Sklavenhandel|orientalischen Sklavenhandel]] von 600 bis 1900 n. Chr. das [[Rotes Meer|Rote Meer]], den [[Indischer Ozean|Indischen Ozean]] und die Wüste [[Sahara]] durchquerten.<ref>[http://www.encyclopedia.com/doc/1G1-85410331.html The Unknown Slavery: In the Muslim world, that is – and it's not over]</ref><ref>[http://www.britannica.com/blackhistory/article-24156 Welcome to Encyclopædia Britannica's Guide to Black History]</ref> Der marokkanische [[Sultan]] [[Mulai Ismail]] "der Blutdürstige" (1672–1727) stellte ein Heer von 150.000 schwarzen Sklaven auf und zwang damit das gesamte Land sich ihm zu unterwerfen.<ref>[http://www.fordham.edu/halsall/med/lewis1.html Lewis. Race and Slavery in the Middle East. Oxford Univ Press 1994.]</ref><ref>[http://www.britannica.com/EBchecked/topic/1276/Abid-al-Bukhari ʿAbīd al-Bukhārī (Moroccan military organization)]. Encyclopædia Britannica.</ref><br />
<br />
[[Datei:Slaves Zadib Yemen 13th century BNF Paris.jpg|miniatur|Sklavenmarkt des 13. Jahrhunderts im [[Jemen]]. Jemen schaffte die Sklaverei offiziell 1962 ab.<ref>"[http://www.thedailystar.net/2004/07/27/d40727150297.htm Slaves in Saudi]". Naeem Mohaiemen. The Daily Star. July 27, 2004.</ref>]]<br />
<br />
Die [[Afroasiatische Sprachen|Afroasiatischen Sprachen]], zu denen [[Semitische Sprachen]] wie [[Arabische Sprache|Arabisch]] und [[Hebräische Sprache|Hebräisch]] zählen, werden von Wissenschaftlern mit ihrem Ursprung aus [[Äthiopien]] vermutet.<ref>[http://links.jstor.org/sici?sici=0011-3204%28199802%2939%3A1%3C139%3ATALPAI%3E2.0.CO%3B2-J&size=LARGE&origin=JSTOR-enlargePage The Afroasiatic Language Phylum: African in Origin, or Asian?] Daniel F. Mc Call. (JSTOR)</ref> Dies rührt daher, dass diese Region sehr unterschiedliche Sprachgruppen auf engem geografischem Gebiet aufweist. Dies wird oft als sicherer Hinweis für einen linguistisch-geografischen Herkunftsort gewertet.<br />
<br />
In späterer Zeit, etwa 1000 n.&nbsp;Chr., führte die Interaktion zwischen Schwarzen und Arabern zu einem umfassenden Eingang arabischen Vokabulars in [[Swahili (Sprache)|Swahili]], welches daraufhin zu einer ''[[Verkehrssprache|Lingua Franca]]'' für Handlungsreisende wurde. Einiges von diesem sprachlichen Austausch geschah als Resultat des Sklavenhandels; die Geschichte der [[Sklaverei im Islam]] zeigt dass die [[Madhhab]]s traditionell die Institution der [[Sklaverei]] akzeptierten.<ref name="Lewis">Lewis 1994, [http://www.fordham.edu/halsall/med/lewis1.html Ch.1]</ref> Als Ergebnis hieraus weitete sich der arabische Einfluss entlang der Ostküste Afrikas und auch teilweise im Inneren des Kontinents aus (siehe [[Ostafrika]]). [[Timbuktu]] war ein Handelsplatz der [[Westafrika]] mit den [[Berber]]n, arabischen und jüdischen Händlern in der gesamten [[arabische Welt|arabischen Welt]] verknüpfte. Aufgrund dieser Verbindungen haben viele Araber im [[Naher Osten|Nahen Osten]] schwarze Vorfahren und viele Schwarze im Bereich der Sahara und der Ostküste Afrikas haben arabische Vorfahren.<ref>[http://www.pubmedcentral.nih.gov/articlerender.fcgi?artid=1180338 Extensive Female-Mediated Gene Flow from Sub-Saharan Africa into Near Eastern Arab Populations]</ref><br />
<br />
Nach Dr. Carlos Moore, Wissenschaftler an der brasilianischen [[Universidade do Estado da Bahia]], identifizieren sich Afro-Mischlinge in der arabischen Welt auf eine Art und Weise, wie sie [[Lateinamerika]] widerspiegelt. Er argumentiert, dass sich schwarz aussehende Araber, ähnlich wie [[Afro-Lateinamerikaner|schwarz aussehende Lateinamerikaner]], als weiß betrachten da sie entfernte weiße Vorfahren haben.<ref>{{cite web| last = Musselman| first = Anson | title = The Subtle Racism of Latin America| publisher = UCLA International Institute| url=http://www.international.ucla.edu/article.asp?parentid=4125| accessdate=2011-02-11}}</ref><br />
<br />
Moore behauptet weiterhin, dass ein Film über den ägyptischen Präsidenten [[Anwar as-Sadat]] gestoppt worden sei, als Sadat erfuhr, dass er von einem [[Afroamerikaner]] gespielt werden sollte. Tatsächlich wurde der [[Fernsehfilm]] "Sadat" von 1983, mit [[Louis Gossett junior|Louis Gossett, Jr.]] in der Hauptrolle, nicht gestoppt. Die ägyptische Regierung verhinderte jedoch die Aufführung des Films in [[Ägypten]], unter anderem wegen der Auswahl von Gossett.<ref>[http://www.hollywood.com/celebrity/Louis_Gossett_Jr/192411 Louis Gosset Jr.] Hollywood.com</ref> Diese Einwände kamen allerdings nicht von Sadat, da dieser zwei Jahre zuvor bei einem Anschlag ums Leben kam.<br />
<br />
Sadats Mutter war eine schwarze [[Sudan#Bevölkerung|Sudanesin]] und sein Vater ein [[Ägypten#Bevölkerung|Ägypter]] helleren Hauttyps. In Entgegnung einer Werbung für eine Führungsrolle antwortete er: „Ich bin nicht weiß, aber ich bin auch nicht wirklich schwarz. Meine Schwärze ist tendenziell rötlich“<ref>„I am not white but I am not exactly black either. My blackness is tending to reddish“. [http://books.google.com/books?id=PoW4pO4q9VwC&printsec=frontcover#PPP1,M1 Anwar Sadat: Visionary Who Dared By Joseph Finklestone] S. 5–7,31 ISBN 0-7146-3487-5</ref><br />
<br />
[[Fathia Nkrumah]] war eine weitere bekannte ägyptische Person mit schwarzafrikanischen Wurzeln. Sie war die Frau des [[Ghana|ghanaischen]] Revolutionärs [[Kwame Nkrumah]], deren Heirat als Hilfe für die Schaffung einer Kooperationsbasis zwischen Ägypten und anderen afrikanischen Ländern, welche um ihre die Unabhängigkeit von den europäischen Kolonialmächten rangen, gesehen. Diese Kooperation förderte die Bildung der [[Afrikanische Union|Afrikanischen Union]].<ref>[http://ausummit-accra.org.gh/index1.php?linkid=289&adate=04%2F07%2F2007&archiveid=140&page=1 African Union Summit]</ref><br />
<br />
Aufgrund der patriarchisch geprägten arabischen Gesellschaft hatten arabische Männer mehr Bedarf an schwarzen weiblichen Sklaven denn an schwarzen männlichen Sklaven. Mehr schwarze Frauen waren versklavt als schwarze Männer und da der [[Koran]] dahingehend interpretiert wurde, dass sexuelle Beziehungen zwischen männlichen Sklavenbesitzern und Sklavinnen außerhalb der Ehe erlaubt waren ([[Ma malakat aymanukum]]),<ref>Siehe Tahfeem ul Qur'an von [[Sayyid Abul Ala Maududi]], Vol. 2 S. 112–113 Fußnote 44; Siehe auch Kommentare zu Versen: Vol. 3, notes 7–1, S. 241; 2000, Islamic Publications</ref><ref>Tafsir ibn Kathir 4:24</ref> wurden viele [[Mulatte|Mischlingskinder]] geboren. Sobald eine versklavte Frau von ihrem Besitzer schwanger wurde erlangte sie als ''umm walad'' ''(Mutter eines Kindes)'' einen privilegierten Status. Das Kind profitierte von dem Wohlstand seines Vaters und erlangte das [[Erbrecht]].<ref name="Arab Slave Trade">{{cite web|url=http://www.arabslavetrade.com|publisher="Owen 'Alik Shahadah"|title="Slavery in Arabia"| accessdate=2011-02-11}}</ref> Wegen der [[Patrilinearität]] waren die Kinder frei geboren und wurden manchmal sogar Herrschaftsnachfolger ihrer Väter, wie es beispielsweise bei Sultan [[Ahmad al-Mansur]] (dessen Mutter war eine [[Konkubinat|Konkubine]] vom Volk der [[Fulbe|Fulani]]), welcher Marokko von 1578 bis 1608 beherrschte, der Fall war. Dennoch erstreckte sich solche Toleranz nicht auf gänzlich schwarze Personen, selbst wenn sie „frei“ waren", und die Vorstellung dass ''schwarz sein'' so viel bedeutete wie ''Sklave sein'' wurde ein allgemeiner Glaube.<ref>{{cite web| last = Hunwick| first = John| title = Arab Views of Black Africans and Slavery| url=http://www.yale.edu/glc/events/race/Hunwick.pdf|format=PDF| accessdate=2011-02-11}}</ref> Das arabische Wort [[Abd]] ({{arS|عبد|d=}}, ''Sklave'') ist weiterhin eine gebräuchliche Bezeichnung für Schwarze im Nahen Osten, auch wenn es oft nicht abfällig gemeint ist.<ref>{{cite news| first = Theola | last = Labbé | coauthors = Omar Fekeiki | title = A Legacy Hidden in Plain Sight | work = Washington Post | url = http://www.washingtonpost.com/ac2/wp-dyn?pagename=article&contentId=A6645-2004Jan10 | date = 2004-01-11 | accessdate = 2008-01-29}}</ref><br />
<br />
==== Türkei ====<br />
Beginnend vor mehreren Jahrhunderten wurden [[Schwarzafrikaner]] von Sklavenhändlern während des [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reiches]] auf Plantagen zwischen [[Antalya (Provinz)|Antalya]] und dem [[Istanbul]] der heutigen [[Türkei]] verbracht.<ref>[http://www.afro-turk.org/index.php/ayvalikin-renkli-dernegi Ayvalık’ın renkli derneği, retrieved 28 August 2008]</ref> Einige ihrer Nachfahren leben weiterhin gemeinsam mit der übrigen Bevölkerung in diesen Gebieten, viele migrierten jedoch in größere Städte. Einige stammen von der Insel [[Kreta]] und gelangten 1923 durch den Bevölkerungsaustausch nach dem [[Griechisch-Türkischer Krieg|Griechisch-Türkischen Krieg]] auf das türkische Festland.<ref>[http://www.todayszaman.com/tz-web/detaylar.do?load=detay&link=141522 Turks with African ancestors want their existence to be felt, ''Today's Zaman'', 11 May 2008, Sunday, retrieved 28 August 2008]</ref><br />
<br />
==== Israel ====<br />
[[Datei:falasha makstyle.jpg|miniatur|130px|Äthiopisch-Israelischer Soldat der [[Israelische Streitkräfte|Israelischen Streitkräfte]].]]<br />
In [[Israel]] leben etwa 150.000 Schwarze - knapp über 2 % Anteil an der Gesamtbevölkerung -, wobei circa 120.000 [[Äthiopische Juden]] die Mehrheit stellen.<ref>[http://www.cbs.gov.il/hodaot2009n/11_09_252b.pdf The Ethiopian Population In Israel]. Reuters. July 16, 2009.</ref> Die meisten von ihnen kamen während der 1980er und 1990er Jahre.<ref>"[http://www.csmonitor.com/2009/0902/p06s01-wome.html Why Jews see racism in Israel]". Csmonitor.com. September 1, 2009.</ref> Mehr als 16.000 afrikanische Flüchtlinge kamen in den letzten Jahren als [[Asylbewerber]] in das Land.<ref>[http://www.abcnews.go.com/International/wireStory?id=8308386 Israel Struggles With African Refugee Dilemma]. ABC News. August 12, 2009.</ref> Eine kleinere aber wichtige Gruppe sind die [[Cochin-Juden|Schwarzen Juden von Kerala]], viele von ihnen siedelten in [[Moschaw]]s im Süden der [[Negev]]-Wüste.<ref>The Last Jews of Kerala, Edna Fernandes. Chapter: "Roses in the Desert"</ref> Weiterhin beheimatet Israel über 5000 Mitglieder der ''African Hebrew Israelite Nation of Jerusalem'' (eine religiöse/ethnische Gruppe) welche meist gemeinschaftlich in einem Teil der Stadt [[Dimona]] in der [[Negev]]-Wüste wohnen. Eine unbekannte Zahl von zum [[Judentum]] konvertierten Schwarzen lebt ebenfalls in Israel. Die Mehrheit von ihnen stammt ursprünglich aus dem [[Vereinigtes Königreich|Vereinigten Königreich]], [[Kanada]] und den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]]. Ebenso leben tausende [[Mischlinge]] mit nicht-schwarzen jüdischen Verwandten in Israel.<br />
<br />
=== In Amerika ===<br />
Ungefähr 12 Millionen Afrikaner wurden während des [[Atlantischer Sklavenhandel|Atlantischen Sklavenhandels]] von 1492 bis 1888 nach [[Amerika]] verschleppt. Heute liegt die Zahl ihrer Nachfahren bei etwa 150 Millionen,<ref>[http://www.hunter.cuny.edu/galci/Archive.htm "Community Outreach" Seminar on Planning Process for SANTIAGO +5 ], ''Global Afro-Latino and Caribbean Initiative'', February 4, 2006</ref> wobei die Mehrheit von ihnen in den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]], der [[Karibik]] und [[Lateinamerika]] (vor allem in [[Brasilien]]) lebt. Viele haben mittlerweile eine gemischte Herkunft aufgrund afrikanischer, [[Indianer|indianischer]], europäischer und asiatischer Vorfahren. Die verschiedenen amerikanischen Regionen entwickelten komplexe gesellschaftliche Konventionen, mit denen ihre multi-ethnischen Bevölkerungen klassifiziert wurden.<br />
<br />
==== Vereinigte Staaten ====<br />
→ ''Hauptartikel: [[Afroamerikaner]]''<br />
<br />
In den ersten 200 Jahren bezeichneten sich Schwarze in den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] üblicherweise als Afrikaner. In Afrika identifizierten sich die Menschen primär anhand ethnischer Gruppenzugehörigkeit (eng verbunden mit ihrer Sprache) und nicht anhand der Hautfarbe. Der Einzelne wäre [[Aschanti (Volk)|Aschanti]], [[Ibo (Volk)|Igbo]], [[Bakongo]] oder [[Wolof (Volk)|Wolof]]. Doch als Afrikaner nach Amerika gebracht wurden, waren sie aus Angst vor Aufständen dazu gezwungen ihre ethnischen Verbindungen aufzugeben. Daraus resultierend vermischten sich Afrikaner mit Afrikanern anderer ethnischer Gruppen. Dies ist wesentlich, da die Afrikaner aus einer weitläufigen geographischen Region kamen, die sich entlang der [[Westafrika|westafrikanischen]] Küste von [[Senegal]] bis [[Angola]] erstreckt. Vereinzelt kamen sie auch von der Ostküste, wie zum Beispiel aus [[Mosambik]]. Eine neue Identität und Kultur, die Elemente aller verschiedener Ethnien und europäischer Kultur beinhaltete, war geboren. Hieraus entstanden unter anderem [[Afroamerikanische Religionen|afroamerikanische Kirchen]] und ein spezielles [[afroamerikanisches Englisch]]. Diese neue Identität basierte nun auf Hautfarbe und afrikanischer Abstammung anstatt auf ethnischer Zugehörigkeit.<ref name=Shahadah>{{cite web| last = Shahadah| first = Owen ’Alik| author = Owen ’Alik Shahadah| title =Linguistics for a new African reality| url=http://www.africanholocaust.net/news_ah/language%20new%20reality.htm| accessdate=2011-02-11}}</ref><br />
<br />
Im März 1807 erklärte das [[Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Irland|Vereinigte Königreich von Großbritannien und Irland]] den [[Atlantischer Sklavenhandel|atlantischen Sklavenhandel]] für illegal (nur den Sklavenhandel, nicht die Sklaverei selbst). Noch im gleichen Jahr folgten die Vereinigten Staaten mit einem entsprechenden Gesetz, welches am 1.&nbsp;Januar 1808 in Kraft trat (dem für den [[Kongress der Vereinigten Staaten]] frühest möglichem Datum nach [[s:de:Verfassung_der_Vereinigten_Staaten_von_Amerika#Abschnitt 9|Artikel I, Abschnitt 9]] der [[Verfassung der Vereinigten Staaten]].)<br />
<br />
Zu diesem Zeitpunkt war die Mehrheit der Schwarzen in den Vereinigten Staaten geboren und der Begriff „Afrikaner“ wurde problematisch. Obwohl er ursprünglich ein Wort des Stolzes war, fürchteten viele Schwarze, dass sein weiterer Gebrauch ihren Kampf um volle Bürgerrechte behindern könnte. Außerdem befürchteten sie, dass er den Befürwortern einer Rücksiedlung der Schwarzen nach Afrika zusätzlichen Aufschwung geben könnte. Im Jahr 1835 riefen schwarze Wortführer die Schwarzen dazu auf, den Begriff „African“ („Afrikaner“/„afrikanisch“) aus den Namen ihrer Organisationen zu streichen und ihn durch „[[Neger|Negro]]“ oder „Colored American“ zu ersetzen. Einige wenige Institutionen entschieden sich jedoch dafür ihren alten Namen nicht zu ändern, wie beispielsweise die [[African Methodist Episcopal Church]]. „Negro“ und „Colored“ behielten bis Ende der 1960er Jahre ihre Popularität.<ref>[http://www.amazon.com/gp/reader/1594200831/ African American Journeys to Africa S. 63-64]</ref><br />
<br />
Die Bezeichnung „Black“ („Schwarze“) war in kontinuierlichem, aber nicht häufigem Gebrauch, da sie eine gewisse Stigmatisierung transportierte.<br />
In seiner Rede „[[I Have a Dream]]“ von 1963 verwendete [[Martin Luther King|Martin Luther King, Jr.]] das Wort „Negro“ 15 Mal und „black“ vier Mal. Jedes Mal als er „schwarz“ benutzte stand es in parallelem Zusammenhang zu „weiß“ (zum Beispiel schwarze Menschen und weiße Menschen).<ref>{{cite journal| last = Smith|first= Tom W.|title = Changing Racial Labels: From "Colored" to "Negro" to "Black" to "African American"| journal = The Public Opinion Quarterly| volume = 56| issue=4|pages = 496–514|oclc=192150485| url=http://www.soc.iastate.edu/soc522a/PDF%20readings/Smith.pdf|date = Winter, 1992| publisher = Oxford University Press| doi = 10.1086/269339|format=PDF}}</ref> Mit dem Erfolg der [[Bürgerrechtsbewegung]] wurde ein neuer Begriff benötigt, um eine deutliche Trennlinie zur Vergangenheit zu schaffen und den Bezug zur legalen Diskriminierung abzulegen. An Stelle von „Negro“ wurde „Black“ als Synonym für Stolz, Wehrhaftigkeit und Kraft beworben. Einige dieser Wendepunkte waren der Gebrauch des Begriffs [[Black Power]] durch [[Stokely Carmichael]] und die Veröffentlichung von [[James Brown]]s Song „Say It Loud – I’m Black and I’m Proud“.<br />
<br />
[[Jesse Jackson]] drang die Amerikaner 1988 zur Verwendung der Bezeichnung „[[African American]]“ da sie eine historische kulturelle Basis hat. Seitdem haben die Worte „Afroamerikaner“ und „Schwarze“ einen im Wesentlichen gleichwertigen Status. Es herrscht allerdings weiterhin eine Kontroverse darüber, welcher Begriff angemessener ist. Autoren wie [[Maulana Karenga]] und [[Owen Alik Shahadah]] argumentieren dass Afroamerikaner passender ist, da es genau den geografischen und historischen Ursprung artikuliert.<ref name="Shahadah"/> Andere argumentierten, dass „Schwarze“ der bessere Begriff sei, da „Afrikaner“ Fremdheit suggeriere, ungeachtet der langen Geschichte von Schwarzen in den Vereinigten Staaten.<ref>{{cite news| last = McWhorter| first = John H.| title = Why I’m Black, Not African American| work= Los Angeles Times|date=2004-09-08| url = http://www.manhattan-institute.org/html/_latimes-why_im_black.htm| accessdate = 2010-09-26}}</ref> Dennoch glauben andere wiederum, dass der Begriff "Schwarze" ungenau sei, da Afroamerikaner eine Vielzahl unterschiedlicher Hauttöne haben.<br />
Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der schwarzen Amerikaner weder "Afroamerikaner" noch „Schwarze“ als Bezeichnung für sich bevorzugen,<ref>{{cite news|url=http://www.gallup.com/poll/28816/black-african-american.aspx|title=Black or African American?|first=Frank|last=Newport|publisher=Gallup|date=2007-09-28|accessdate=2010-09-26}}</ref> obwohl sie auch zeigen, dass eine leichte Bevorzugung von "Black" im persönlichen Bereich vorherrscht, während ''African American'' dahingegen im öffentlichen oder formalen Gebrauch bevorzugt wird.<ref>{{cite book| last = Miller| first = Pepper| coauthors = Kemp, Herb | title = What's Black About? Insights to Increase Your Share of a Changing African-American Market| publisher = Paramount Market Publishing, Inc| year= 2006| isbn = 0972529098|oclc=61694280}}</ref> Die Angemessenheit des Begriffs "African American" ist weiterhin wegen steigender Einwanderungszahlen aus Afrika, der Karibik und Lateinamerika umstritten. Die in jüngerer Zeit eingewanderten Afrikaner sehen sich manchmal selbst, und werden so gesehen, als kulturell verschieden von den einheimischen Nachfahren der afrikanischen Sklaven.<ref name="Swarns">{{cite news|url=http://query.nytimes.com/gst/fullpage.html?res=990CE5DB1F3EF93AA1575BC0A9629C8B63|title='African American' Becomes a Term for Debate|last=Swarns|first=Rachel L.|date=2004-08-29|work=The New York Times|accessdate=2008-07-22}}</ref><br />
<br />
Das [[United States Census Bureau]] betrachtet in seiner Definition von [[Race (United States Census)|Race]] „Schwarze“ als Personen mit Wurzeln in einer der schwarzen Bevölkerungsgruppen von Afrika. Eingeschlossen sind Personen die angeben sie seien „Black“, „African American“, „Negro“, „[[Kenia]]ner“, „[[Nigeria]]ner“ oder „[[Haiti]]aner“. Allerdings weist das Census Bureau darauf hin, dass diese Klassifizierungen sozio-politische Konstrukte sind und nicht als wissenschaftlich oder anthropologisch betrachtet werden sollten.<ref>[http://www.census.gov/mso/www/c2000basics/00Basics.pdf 2000 US Census basics]</ref><br />
<br />
Eine beachtliche Anzahl der sich als „Schwarze“ identifizierenden US-Bevölkerung haben [[Indianer|indianische]] oder [[Europide|europäische Vorfahren]]. So haben genetische Studien gezeigt, dass Afroamerikaner durchschnittlich zu 17–18 % europäischer Herkunft sind.<ref>[http://www.isteve.com/2002_How_White_Are_Blacks.htm How White Are Blacks? How Black Are Whites? by Steve Sailer]</ref><br />
<br />
===== One drop rule =====<br />
Ursprünglich wurde in den Vereinigten Staaten der [[Umgangssprache|umgangssprachliche]] Ausdruck ''one-drop rule'' verwendet, um eine schwarze Person als jede Person mit bekannten afrikanischen Vorfahren zu definieren.<ref name=Davis>{{cite web| last = James| first = F. Davis| title = Who is Black? One Nation's Definition| url=http://www.pbs.org/wgbh/pages/frontline/shows/jefferson/mixed/onedrop.html| publisher = [[Public Broadcasting Service|PBS]]| accessdate=2011-02-11}}</ref> Ungeachtet des äußeren Erscheinungsbildes galten jene Personen als schwarz, denen ein afrikanischer (schwarzer) Vorfahre nachgewiesen werden konnte. Rechtlich variierte die Definition jedoch von Bundesstaat zu Bundesstaat. [[Thomas Jefferson]] besaß Sklaven, welche zugleich im rechtlichen Sinne "weiß" (weniger als 25 % schwarz) und Sklaven (Mutter war Sklavin) waren. Außerhalb der USA übernahmen einige Staaten diese Praxis, aber die Definition, wer schwarz ist und das Ausmaß bis zu welchem die ''one drop rule'' verfolgt wurde, variierten.<br />
<br />
Die ''one drop rule'' entstand möglicherweise als Mittel zur Anhebung der Anzahl schwarzer Sklaven<ref>Clarence Page, [http://www.pbs.org/newshour/essays/page_5-1.html A Credit to His Races], ''The NewsHour with Jim Lehrer'', May 1, 1997.</ref> und wurde beibehalten als Versuch die Vermischung mit den Weißen zu verhindern.<ref>{{cite web|url=http://backintyme.com/essays/?p=25|title=Presenting the Triumph of the One-Drop Rule|last=Sweet|first=Frank|date=Backintyme Essays|work=The One-Drop Rule|date=2006-04-01|accessdate=2008-07-22}}</ref> Ein Resultat der ''one drop rule'' war die Festigung der afroamerikanischen Gemeinschaft und die Erhaltung einer afrikanischen Identität.<ref name=Davis/> Einige der prominentesten Bürgerrechtler hatten sowohl europäische als auch afrikanische Vorfahren und plädierten für die Gleichheit aller Menschen. Durch die Erfolge der Antidiskriminierungs- und Bürgerrechtsbewegung verlor die ''one drop rule'' seit den späten 1960er Jahren an Bedeutung.<br />
<br />
[[US-Präsident]] [[Barack Obama]] identifiziert sich selbst gleichermaßen als schwarz und als Afroamerikaner.<ref name=Kroft/> Laut einer unter den Wählern durchgeführten Umfrage vom 1. und 2. November 2006 bezeichneten ihn 55 % der Weißen und 61 %der [[Hispanics]] als "Mischling" anstatt als Schwarzer, nachdem sie darauf hingewiesen wurden, dass seine Mutter Weiße ist. Dahingegen bezeichneten 66 % der schwarzen Wähler Obama als schwarz.<ref>{{cite news| title = Obama and 'one drop of non-white blood'| publisher = BBS News|date=2007-04-13| url = http://bbsnews.net/article.php/20061222014017231| accessdate = 2009-08-05}}</ref> Eine weitere Umfrage des gleichen Instituts ergab, dass 42 % der afroamerikanischen Wähler [[Tiger Woods]] als Schwarzen beschrieben, wohingegen dies nur 7 % der weißen Wähler taten.<ref>{{cite web| last = White| first =John Kennet| title =Barack Obama and the Politics of Race| location =Catholic University of America| url=http://www.mindstorminteractive.net/clients/idonline/index.htm| accessdate=2011-02-11}}</ref><br />
<br />
===== Blackness =====<br />
[[Datei:Official portrait of Barack Obama.jpg|miniatur|hochkant|Barack Obama]][[Barack Obama]], der erste schwarze Präsident der [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]], wurde während des Wahlkampfes oftmals entweder als "zu schwarz" oder als "nicht schwarz genug" kritisiert.<ref name=obama-speech>{{cite news |url=http://news.bbc.co.uk/1/shared/bsp/hi/pdfs/18_03_08_obama_speech.pdf |title=Remarks of Senator Barack Obama: 'A More Perfect Union' (transcript) |accessdate=2008-06-27 |date=2008-03-18 |publisher=BBC News|format=pdf |quote=This is not to say that race has not been an issue in the campaign. At various stages in the campaign, some commentators have deemed me either "too black" or "not black enough." We saw racial tensions bubble to the surface during the week before the South Carolina primary. The press has scoured every exit poll for the latest evidence of racial polarization, not just in terms of white and black, but black and brown as well. |pages=p2 }} Siehe auch: [http://www.youtube.com/watch?v=pWe7wTVbLUU video]</ref><ref>{{cite news |url=http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2008/jun/27/barackobama.ralphnader?gusrc=rss&feed=commentisfree |title=Too black or not black enough, Obama just can't win |accessdate=2008-06-27 |first=Lola|last= Adesioye |date=2008-06-27 |work=The Guardian|work=Comment is Free |location=London}}</ref><ref name=obama-time>{{cite news |url=http://www.time.com/time/nation/article/0,8599,1584736,00.html |title=Is Obama Black Enough? |accessdate=2008-06-27 |first=Ta-Nehisi Paul last=Coates |date=2007-02-01 |work=Time |quote=Barack Obama's real problem isn't that he's too white — it's that he's too black.}}</ref><br />
<br />
Das Konzept der ''Blackness'' (dt. etwa "Schwärze" oder "Schwarzsein") in den Vereinigten Staaten wird beschrieben als der Grad, bis zu dem eine Person sich selbst mit dem Mainstream der afroamerikanischen Kultur und afroamerikanischen Werten verbunden fühlt. Bis zu einem gewissen Maß betrifft dieses Konzept nicht so sehr Hautfarbe oder -typ, sondern mehr Kultur und Verhalten.<br />
Der Kontrast zu ''Blackness'' ist ''acting white'', wobei hier explizit schwarze Amerikaner gemeint sind die sich in ihrem Verhalten stereotypischer Eigenschaften weißer Amerikaner bedienen. Dies gilt besonders hinsichtlich [[Mode]], [[Dialekt]] und [[Musik]]geschmack,<ref>{{cite news|url=http://www.kent.edu/Magazine/Spring2007/ActingWhite.cfm|title=Acting White|last=Edler|first=Melissa|date=Spring 2007|work=Kent State Magazine|accessdate=2008-07-22}}</ref> sowie auch, zumindest aus Sicht zahlreicher schwarzer Jugendlicher, akademische Bildungserfolge.<ref>Ogbu, J. "Black American students in an affluent suburb: a study of academic disengagement" Erlbaum Associates Press. Mahwah, NJ. 2003.</ref><br />
<br />
Der Begriff der ''Blackness'' kann auch auf nicht schwarze Menschen ausgeweitet werden. [[Toni Morrison]] beschrieb [[Bill Clinton]] einmal als den ersten schwarzen Präsidenten der USA,<ref>{{cite news|url=http://dir.salon.com/story/books/int/2002/02/20/clinton/index.html|title=Blacks and Bill Clinton|last=Hansen|first=Suzy|date=2002-02-20|work=Salon|accessdate=2008-07-22}}</ref> wegen seiner engen Kontakte zu Afroamerikanern, seinem Aufwachsen in Armut und weil er Jazzmusiker ist. Einige schwarze Aktivisten fühlten sich dadurch beleidigt und behaupteten, Clinton habe seine Kenntnisse der afroamerikanischen Kultur angewandt, um wie kein anderer Präsident zuvor<ref>{{cite news| url=http://findarticles.com/p/articles/mi_go1637/is_200204/ai_n6880693 | title=Find Articles 404 File not found|offline=yes}}</ref> die Schwarzen für politischen Profit auszunutzen und nicht schwarzen Interessen zu dienen. Sie verweisen auf sein fehlendes Handeln während dem [[Völkermord in Ruanda]],<ref>{{cite news|url=http://www.guardian.co.uk/world/2004/mar/31/usa.rwanda|title=US chose to ignore Rwandan genocide|last=Carroll|first=Rory|date=2004-03-31|work=The Guardian|accessdate=2008-07-22| location=London}}</ref>und seine Wohlfahrtsreform die zu der größten Kinder[[armut]] seit den 1960er Jahren geführt habe, <ref>{{cite web|url=http://www.wsws.org/articles/1999/jun1999/welf-j02.shtml|title=Clinton's welfare reform has increased child poverty|last=Roberts |first=Larry|date=1999-06-02|publisher=World Socialist Web Site|accessdate=2008-07-22}}</ref> sowie die Tatsache dass sich die Anzahl schwarzer Gefängnisinsassen während seiner Amtszeit erhöhte.<ref>{{cite web|url=http://www.counterpunch.org/gray1207.html|title=Soul Brother? Clinton and Black Americans|last=Gray|first=Kevin A.|date=2002-12-07|work=Counterpunch|accessdate=2008-07-22}}</ref><br />
<br />
Die Frage der ''Blackness'' kam auch im Zuge der [[Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2008|Präsidentschaftswahl 2008]] des [[Demokratische Partei (Vereinigte Staaten)|Demokraten]] [[Barack Obama]] auf. Kommentatoren, wie das [[Time magazine]], stellten die Frage ob Obama, der zum ersten schwarzen [[Präsident der Vereinigten Staaten|Präsidenten der Vereinigten Staaten]] gewählt wurde, schwarz genug sei, da seine Mutter weiße Amerikanerin und sein Vater schwarzer kenianischer Immigrant waren.<ref name=obama-speech/><ref name=obama-time/> Obama bezeichnet sich selbst gleichermaßen als Schwarzer und als [[Afroamerikaner]].<ref name=Kroft>{{cite news|url=http://www.cbsnews.com/stories/2007/02/11/60minutes/main2458530.shtml|title=A Transcript Excerpt Of Steve Kroft’s Interview With Sen. Obama|last=Kroft|first=Steve|date=2007-02-11|publisher=CBS News|accessdate=2008-07-22}}</ref><br />
<br />
==== Brasilien ====<br />
[[Datei:Filhas-de-santo moradoras do terreiro.jpeg|miniatur|200px|Afrobrasilianische Frauen während einer [[Candomblé]]-Zeremonie.]]<br />
→ ''Hauptartikel: [[Afrobrasilianer]]''<br />
<br />
Das Thema der Ethnien in Brasilien ist komplex und divers. Ein brasilianisches Kind wurde niemals automatisch mit der ethnischen Herkunft eines oder beider Elternteile identifiziert, noch gab es nur zwei Kategorien, aus denen ausgewählt werden konnte. Zwischen einem rein schwarzen und einem sehr hellen [[Mulatte]]n könnten über ein Dutzend ethnische Kategorien erkannt werden, in Einklang mit den Kombinationen aus Haarfarbe, Haarstruktur, Augenfarbe und Hautfarbe. Diese Typen gehen ineinander über wie die Farben des Farbspektrums und keine einzelne Kategorie steht besonders isoliert gegenüber den anderen. Das heißt ethnische Zuordnung nach Aussehen, nicht nach Vererbung.<ref name="skidmore">{{cite journal| first = Thomas E. | last = Skidmore | title = Fact and Myth: Discovering a Racial Problem in Brazil| journal = Working Paper| volume = 173|url=http://www.nd.edu/~kellogg/publications/workingpapers/WPS/173.pdf| month = April | year = 1992|format=PDF}}</ref><br />
<br />
Unter den Wissenschaftlern herrscht eine gewisse Uneinigkeit über den Effekt des sozialen Status auf die ethnischen Klassifikationen in Brasilien. Es wird generell angenommen, dass sozialer Aufstieg und Bildung zu einer Neueinstufung von Personen in hellhäutigere Kategorien führt. Eine beliebte These ist, dass in Brasilien arme Weiße als schwarz betrachtet werden, während wohlhabende Schwarze als weiß gelten. Einige Wissenschaftler lehnen dies ab und argumentieren, dass das "Weiß-werden" des sozialen Status für Menschen gemischter Herkunft möglich sein kann, eine schwarze Person allerdings ungeachtet von Wohlstand und sozialem Status typischerweise durchgängig als schwarz angesehen werden wird.<ref name=Telles>{{cite book| last = Edward E. | first = Telles| title = Race in Another America: The Significance of Skin Color in Brazil| pages = 95–98| publisher = [[Princeton University Press]]| year= 2004| isbn =0691118663 }}</ref><ref>{{cite journal| first = Edward E. | last = Telles| title = Racial Ambiguity Among the Brazilian Population| journal = Ethnic and Racial Studies|url=http://www.ccpr.ucla.edu/ccprwpseries/ccpr_012_01.pdf| volume = 25| pages = 415–441| date= 2002-05-03| publisher = California Center for Population Research| doi = 10.1080/01419870252932133|format=PDF}}</ref><br />
<br />
===== Statistik =====<br />
{| class="wikitable float-right"<br />
|+Demografie Brasiliens<br />
|-<br />
! Jahr!! Weiß !! Pardo!! Schwarz<br />
|-<br />
| 1835<br />
| 24,4% || 18,2%||51,4%<br />
|-<br />
| 2000<br />
| 53,7% ||38,5%||6,2%<br />
|}<br />
<br />
Vom Jahr 1500 bis zum Jahr 1850 wurden schätzungsweise 3,5 Millionen Afrikaner zwangsweise nach Brasilien verschifft.<ref name=Telles/> Circa 80 Millionen Brasilianer, fast die Hälfte der Bevölkerung, sind zumindest teilweise Nachkommen dieser Afrikaner. Brasilien ist das Land mit den meisten Einwohnern afrikanischer Abstammung außerhalb Afrikas. Im Gegensatz zu den USA bestanden in Brasilien keine Gesetze zur Rassentrennung oder zum Verbot der Mischehe und als Resultat haben Mischehen den Großteil der brasilianischen Bevölkerung beeinflusst. Selbst die Mehrheit der weißen Bevölkerung hat entweder afrikanische oder indianische Wurzeln. Laut der letzten Volkszählung bezeichneten sich 54 % als weiß, 6,2 % als schwarz und 39,5 % als ''pardo'' (eine weit gefasste Mischlingskategorie; portugiesisch für "braun").<ref>{{cite web| title = CIA World Factbook: Brazil| url=https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/br.html| accessdate=2011-02-11}}</ref><br />
<br />
Eine Philosophie des ''Whitening'' (Aufhellen) entstand im Brasilien des 19. Jahrhunderts. Bis vor kurzem führte die Regierung keine Statistik über die ethnische Herkunft. Dennoch schätzen Statistiker, dass im Jahr 1835 die Hälfte der Bevölkerung schwarz, ein Fünftel pardo und ein Viertel weiß war. Zum Jahr 2000 war die schwarze Bevölkerung auf 6,2 % gesunken und die Pardo waren auf 40 % gestiegen und die Weißen auf 55 %. Im Wesentlichen wurde der Großteil der schwarzen Bevölkerung durch Mischehen in die multiethnische Gruppe absorbiert.<ref name="skidmore"/> Einer jüngeren Studie zufolge haben mindestens 29 % der weißen Mittelschicht eine afrikanische Abstammung.<ref>[http://www.funpecrp.com.br/gmr/year2007/vol2-6/gmr0330_full_text.htm Sex-biased gene flow in African Americans but not in American Caucasians]</ref><br />
<br />
===== Ethnienverhältnis in Brasilien =====<br />
Aufgrund der Ideologie der Mischehe wurde es in Brasilien vermieden, die Gesellschaft auf Schwarz und Weiß zu polarisieren. Bittere und manchmal gewaltsame Rassenspannungen wie innerhalb der USA sind in Brasilien bemerkenswert kaum vorhanden.<br />
Dennoch herrscht in mancherlei Hinsicht ein kritisches Verhältnis. Brasilien hat einen der größten Unterschiede in der Einkommensverteilung in der Welt. Die reichsten 10 % der Bevölkerung verdienen 28-mal so viel wie der Durchschnitt der unteren 40 %. Die reichsten 10 % sind fast ausschließlich weiß. Ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der [[Armutsgrenze]], wobei Schwarze und "Mischlinge" 70 % der Armen ausmachen.<ref>{{cite web| last = Barrolle| first = Melvin Kadiri| title = African 'Americans' in Brazil| publisher =New America Media| url=http://news.newamericamedia.org/news/view_article.html?article_id=5b8d531de860940110af2433244782c6| accessdate=2009-08-05}}</ref><br />
<br />
In den USA verdienen Schwarze etwa 75 % dessen, was weiße Menschen verdienen. In Brasilien verdienen Nicht-Weiße weniger als 50 % dessen, was Weiße verdienen. Manche behaupten, dass Brasilien praktisch die ''one drop rule'' anwende, sofern sozioökonomische Faktoren betroffen sind. Dies kommt daher, dass die Lücke zwischen dem Einkommen von Schwarzen und Nicht-Weißen relativ gering ist im Vergleich zu der großen Lücke zwischen Weißen und Nicht-Weißen. Andere Faktoren wie [[Analphabetismus]] und Bildungsniveau zeigen die gleichen Muster auf.<ref>[http://www.falapreta.org.br/durban/racism.doc The Economics of Racism: People of African Descent in Brazil]</ref><br />
Anders als in den USA, wo die Afroamerikaner durch den Kampf um die Bürgerrechte geeint wurden, hat die Philosophie des ''whitening'' in Brasilien dazu geholfen, Schwarze von anderen Nicht-Weißen zu trennen und verhinderte eine aktivere Bürgerrechtsbewegung.<br />
<br />
Obwohl Afrobrasilianer die Hälfte der Bevölkerung stellen, gibt es nur wenige schwarze Politiker. Die Stadt [[Salvador da Bahia]] ist zu 80 % afro-brasilianisch, hatte aber noch niemals einen schwarzen Bürgermeister. Kritiker verweisen darauf, dass US-Städte mit schwarzer Bevölkerungsmehrheit, wie etwa [[Detroit]] und [[New Orleans]], nie mehr weiße Bürgermeister hatten, seit in den 1970ern die ersten schwarzen Bürgermeister gewählt wurden.<ref>Charles Whitaker, "[http://findarticles.com/p/articles/mi_m1077/is_n4_v46/ai_9329550/pg_3 Blacks in Brazil: The Myth and the Reality]," ''[[Ebony (Zeitschrift)|Ebony]]'', February 1991</ref><br />
<br />
Nicht-Weiße Menschen haben außerdem eine eingeschränkte Medienpräsenz. Die lateinamerikanischen Medien, besonders die brasilianischen Medien, wurden beschuldigt, ihre schwarze und indianische Bevölkerung zu verstecken. Beispielsweise gelten [[Telenovela]]s oder [[Seifenoper|Soaps]] als Tummelplatz von weißen, meist blonden und blau/grün-äugigen Schauspielern, die [[Skandinavien|Skandinaviern]] oder anderen Nordeuropäern mehr ähneln als den typischen weißen Brasilianern, welche hauptsächlich [[Südeuropa|südeuropäischen]] Ursprungs sind.<ref>[http://www.msnbc.msn.com/id/3069253/site/newsweek/%5B/url%5D Soap operas on Latin TV are lily white]</ref><ref>[http://www.washingtonpost.com/ac2/wp-dyn?pagename=article&node=&contentId=A19009-2000Aug1&notFound=true The Blond, Blue-Eyed Face of Spanish TV]</ref><ref>[http://www.boston.com/news/globe/living/articles/2004/08/19/pride_or_prejudice/ Skin tone consciousness in Asian and Latin American populations]</ref><br />
<br />
Diese Muster der Diskriminierung haben einige zu Fürsprechern der Nutzung des portugiesischen Wortes ''negro'' gemacht, um alle Nicht-Weißen zu umfassen und so ein schwarzes Bewusstsein und Identität zu erneuern, ein Prinzip basierend auf afrikanischer Herkunft.<ref>[http://www.newamerica.net/publications/articles/2006/brazil_separates_into_a_world_of_black_and_white Brazil Separates Into a World of Black and White], ''Los Angeles Times'', September 3, 2006</ref><br />
<br />
=== In Asien und Australasien ===<br />
==== China ====<br />
In [[Guangzhou]] existierte eine Kolonie arabischer Händler, die mit Sklaven aus Afrika versorgt wurde. Serge Bilé zitiert einen Text des 12. Jahrhunderts, der berichtet, dass die meisten wohlhabenden Familien in Guangzhou schwarze Sklaven besaßen, die sie aufgrund ihrer physischen Erscheinung als Wilde und Dämonen betrachteten.<ref>Roland Oliver, ''Africa in the Iron Age: c.500 BC-1400 AD'', (Cambridge University Press: 1975)</ref> In [[Macao]] hatte jede portugiesische Familie durchschnittlich fünf bis sechs männliche schwarze Sklaven (nicht mitgerechnet deren Frauen und Kinder). Viele Sklaven flüchteten vor ihren Herren in Macao und kamen nach China, schrieb [[Matteo Ricci]], und verpflichteten sich selbst zum Dienst bei lokalen chinesischen militärischen Anführern.<ref>''The Memory Palace of Matteo Ricci'' (S. 192), Jonathan Spence</ref> [[Zheng Zhilong]] und sein Sohn [[Koxinga]] hatten die ''"black guard"'', die sich hauptsächlich aus schwarzen Afrikanern, die ehemalige portugiesische Sklaven waren, zusammensetzte.<ref>''Coxinga and the Fall of the Ming Dynasty'', von Jonathan Clements (Sutton, 2005), S. 79–80</ref><br />
<br />
Basierend auf einem Bericht des ''Guangzhou Daily'' leben gegenwärtig etwa 100.000 Afrikaner in Guangzhou; eine Zahl, die laut dem Zeitungsbericht seit 2003 jährlich um 30 bis 40 % anstieg.<ref>[http://www.migrationinformation.org/Feature/display.cfm?id=690 China and Africa: Stronger Economic Ties Mean More Migration]. By Malia Politzer. ''Migration Information Source''. August 2008</ref><ref>[http://www.chinatravel.net/forum/Guangzhou-Guangzhou-Chocolate-City-Africans-Seek-Their-Dreams-in-China/1499.html Guangzhou "Chocolate City": Africans Seek Their Dreams in China]. 18-Dec-2008.</ref><br />
<br />
[[Datei:Great Andamanese couple.jpg|miniatur|150px|left| 1876: Ein einheimisches Paar der [[Große Andamanesen|Großen Andamanesen]] von den [[Andamanen]]]]<br />
[[Datei:Inde bondo 8593a.jpg|miniatur|150px|Ein junges Mädchen vom Volk der Bonda auf dem Weg zum Markt in [[Indien]]]]<br />
<br />
==== Indien und Südostasien ====<br />
Die [[Große Andamanesen|Großen Andamanesen]] sind eine von fünf einheimischen schwarzen ethnischen Gruppen ([[Adivasi]] oder Stämme) der [[Andamanen und Nikobaren]]. Sie gehören zu den ersten Bewohnern des heutigen Indiens und sind in ihrer Existenz bedroht.<ref>[http://news.bbc.co.uk/2/hi/south_asia/4314267.stm Extinction threat for Andaman natives]. ''BBC News.'' March 5, 2005.</ref> Die anderen vier Gruppen sind [[Jangil]], [[Jarawa]], [[Onge]] und [[Sentinelesen]]. Eine andere isolierte Bevölkerung stellen die [[Veddas]] auf [[Sri Lanka]] dar.<br />
<br />
In [[Indien|Südindien]] leben ebenfalls verschiedene Gruppen schwarzafrikanischen Ursprungs, wie die [[Siddi (Volk)|Siddi]], insbesondere die Siddi von [[Karnataka]], welche von [[Ostafrika|ostafrikanischen]] Sklaven abstammen. Andere ethnische Gruppen mit dunkler Haut in Indien sind die Bonda, [[Gond]], [[Bhil]] und [[Konda]].<ref>[http://www.survivalinternational.org/tribes/dongria Dongria Kondha Survival International]</ref><br />
<br />
Die [[Cochin-Juden]], deren Ursprünge in Indien zweitausend bis dreitausend Jahre zurückdatieren, scheinen identisch mit der umgebenden Bevölkerung der [[Tamilen]] zu sein. Für Jahrhunderte sahen sie sich dem Rassismus der benachbarten weißen Juden gegenüber, die sie aus der [[Paradesi Synagoge]] ausschlossen. Diese [[Apartheid]]-ähnliche Situation besserte sich erst im zwanzigsten Jahrhundert mit dem Aufstieg des "Jüdischen [[Gandhi]]", eines örtlichen Anwalts namens [[Abraham Barak Salem]]. Die meisten der Cochin-Juden emigrierten nach [[Israel]], wo ihre ethnische Herkunft sie hervorhebt und in einigen Fällen rassistische Kommentare auf sie zieht.<ref>''The Last Jews of Kerala'', Edna Fernandes, Portobello Books 2008. Especially the chapters "Son of Salem" and "Segregation in the Synagogue".</ref><br />
<br />
==== Melanesien ====<br />
[[Datei:Ati woman.jpg|miniatur|150px|Eine Frau der [[Ati]] auf den [[Philippinen]]. Die Negritos waren die ersten Bewohner [[Südostasien]]s.]]<br />
[[Datei:Indigenous-fiji-young-man.jpg|miniatur|150px|Ein [[Fidschianer]].]]<br />
[[Datei:Vanuatu blonde.jpg|miniatur|hochkant|Ein einheimischer Junge aus [[Vanuatu]].<ref>[http://news.softpedia.com/news/Naturally-Blonde-Blacks-48181.shtml Naturally blonde blacks]</ref>]]<br />
<br />
Es gibt zahlreiche Gruppen von dunkelhäutigen Menschen die in verschiedenen Teilen [[Asien]]s, [[Australien]]s und [[Ozeanien]]s leben und die manchmal als Schwarze bezeichnet werden. Diese umfassen die [[Aborigines]] und die [[Melanesier]] (nun geteilt in [[Austronesische Sprachen|austronesisch-sprachige]] Bevölkerungen, [[Papua (Völkergruppe)|Papua]] und andere Gruppen aus [[Neuguinea]]), die [[Semang]] der [[Malaiische Halbinsel|Malaien-Halbinsel]], die [[Aeta]] aus [[Luzon]], sowie die [[Ati (Volk)|Ati]] aus [[Panay (Insel)|Panay]]).<ref name=andaman>[http://www.andaman.org/BOOK/chapter6/text6.htm Chapter 6: The Negrito Race]</ref> Einheimische Fidschianer und verschiedene [[indigene Völker]] sind manchmal zusammenfassend als [[Negrito]]s bekannt.<br />
<br />
Aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes ([[Phänotyp]]) ähneln solche Völker schwarzen Afrikanern durch dunkle Haut und manchmal dicht gewickeltem Haar. Es gab Vermutungen über einen schwarzafrikanischen Ursprung. Im Fall der Großen Andamanesen ergab eine vom [[National Center for Biotechnology Information]] durchgeführte Studie allerdings dass die Andamanesen engere genetische Verbindungen zu anderen südostasiatischen Völkern aufwiesen als zur schwarzafrikanischen Bevölkerung.<ref>{{cite journal| first = Kumarasamy | last = Thangaraj| title = Genetic Affinities of the Andaman Islanders, a Vanishing Human Population|url=http://hpgl.stanford.edu/publications/CB_2002_p1-18.pdf| journal =Current Biology | volume = 13| issue=2| pages = 86–93| date= 2003-01-21| doi = 10.1080/00438240600564987|oclc=112009350|format=PDF|accessdate=2009-08-05| pmid = 12546781| last2 = Singh| first2 = L| last3 = Reddy| first3 = AG| last4 = Rao| first4 = VR| last5 = Sehgal| first5 = SC| last6 = Underhill| first6 = PA| last7 = Pierson| first7 = M| last8 = Frame| first8 = IG| last9 = Hagelberg| first9 = E}}</ref><br />
<br />
=== In Europa ===<br />
→ ''Hauptartikel: [[Schwarze in Europa]]''<br />
<br />
==== Vereinigtes Königreich ====<br />
Laut dem [[Office for National Statistics]] lebten zum Zeitpunkt der Volkszählung 2001 über eine Million schwarze Menschen im [[Vereinigtes Königreich|Vereinigten Königreich]]. Ein Prozent der Bevölkerung beschrieb sich selbst als "Black Caribbean", 0,8 Prozent als "Black African" und 0,2 Prozent als "Black other".<ref>[http://www.statistics.gov.uk/cci/nugget.asp?id=273 National Statistics Online<!-- Bot generated title -->]</ref> Das Vereinigte Königreich förderte nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] die Einwanderung von Arbeitern aus der [[Karibik]]. Die erste symbolische Einwanderungswelle erreichte mit der "MV Empire Windrush" die britischen Inseln. Der offiziell bevorzugte [[Oberbegriff]] ist "black and minority ethnic" (BME), jedoch wird der Begriff "black" manchmal eigenständig verwendet um eine vereinte Opposition gegen Rassismus auszudrücken. Dies kommt beispielsweise in der Namensgebung der [[Southall Black Sisters]], einer Londoner Menschenrechtsorganisation, die ursprünglich hauptsächlich von Briten asiatischer Herkunft gegründet wurde, zum Ausdruck.<br />
<br />
==== Frankreich ====<br />
Die [[Franzosen|Bevölkerung Frankreichs]] setzt sich aus zahlreichen Ethnien zusammen, darunter sind 2,5 – 5 Millionen schwarze Menschen.<ref>[http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A12396-2005Apr23.html Europe's Minority Politicians in Short Supply]. The Washington Post. April 24, 2005.</ref><ref>[http://www.csmonitor.com/2007/0112/p01s04-woeu.html In officially colorblind France, blacks have a dream – and now a lobby]. Csmonitor.com. January 12, 2007.</ref> Diese sind zumeist Einwanderer aus den [[afrika]]nischen und [[Karibik|karibischen]] [[Französisches Kolonialreich|Kolonien]] Frankreichs oder deren Nachkommen. Offizielle Zahlen gibt es nicht, weil die Französische Republik bei Volkszählungen nicht nach ethnischen oder religiösen Kategorien fragt.<br />
Die Einwanderung Dunkelhäutiger ins Mutterland hat eine lange Vorgeschichte. Die Bewohner der ''vieilles colonies'' in der Karibik sowie der ''[[Quatre Communes]]'' im [[Senegal]] hatten seit 1848 das französische Bürgerrecht und entsandten Abgeordnete in die [[Französische Nationalversammlung|Nationalversammlung]], etwa [[Blaise Diagne]]. Unter den Vorfahren des berühmten Schriftstellers [[Alexandre Dumas der Ältere|Alexandre Dumas]] befand sich eine schwarze Sklavin aus [[Haiti]], weswegen er oft rassistisch beleidigt wurde. In der [[Zwischenkriegszeit]] und besonders nachdem alle Bewohner der Kolonien 1946 das Wahlrecht erhalten hatten, umfassten französische Regierungen oft schwarze Minister.<br />
<br />
Die massenhafte Einwanderung von Schwarzafrikanern in das französische Mutterland begann nach der [[Dekolonisierung]] in den 1960er Jahren.<br />
Die Mehrheit der schwarzen Franzosen lebt in der Hauptstadtregion [[Île-de-France]] und im Großraum [[Marseille]]. Kritiker verweisen auf die ethnische Segregation der Bevölkerung: In den ''[[banlieue]]s'' der Großstädte, rund um Paris vor allem in den Départements [[Département Val-d’Oise|Val d'Oise]] und [[Seine-Saint-Denis]], leben afrikanische und maghrebinische Einwanderer oft unter sehr schlechten Bedingungen und sind überdurchschnittlich häufig von Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Drogenkonsum betroffen (Näheres siehe im Artikel ''banlieue''). Einwanderer aus den Überseegebieten ([[Antillen]] oder [[Französisch-Guyana]]) sind dabei tendenziell besser integriert als Einwanderer aus Schwarzafrika, da sie durch die gleiche Sprache, religiöse und kulturellen Tradition näher mit dem französischen Mutterland verbunden sind.<br />
<br />
Gesellschaftlich hervorgetreten sind Schwarze etwa als Musiker (vor allem im [[Französischer Hip-Hop|französischen Hip-Hop]]) oder Sportler ([[Yannick Noah]], [[Tony Parker]]).<br />
Die [[französische Fußballnationalmannschaft]], die bei der [[Fußball-Weltmeisterschaft 1998]] im eigenen Land den Titel gewann, umfasste drei schwarze Spieler, im Team der Vizeweltmeister von [[Fußball-Weltmeisterschaft 2006|2006]] fanden sich sogar sieben. Diese Mannschaft wurde ''équipe black-blanc-beur'' genannt, wobei ''beur'' die arabischstämmigen und ''black'' die schwarzen Franzosen bezeichnet. Die Eigenbezeichnung ''Black'' wurde dabei als Ersatz für das französische ''noir'' aus der [[Bürgerrechtsbewegung|US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung]] übernommen. ''Black-blanc-beur'' wurde so zum Symbol einer erfolgreichen multikulturellen französischen Gesellschaft, eine Vision, die jedoch in den nächsten Jahren durch Integrationsprobleme und Rassismus wieder verdunkelt wurde.<br />
<br />
In den Medien sind in den letzten Jahren, im Rahmen der Bemühungen, die ''diversité culturelle'' des Landes besser zu repräsentieren, vermehrt Menschen schwarzer Hautfarbe zu sehen. Schwarze Politiker sind, außer in den [[DOM-TOM|Überseedépartements]], selten. [[Nicolas Sarkozy]] ernannte 2005 mit [[Rama Yade]] die erste schwarze Ministerin seit dem Ende des Kolonialreiches, seit 2011 amtiert [[Christiane Taubira]] als Justizministerin.<br />
<br />
==== Italien ====<br />
Italien, jahrhundertelang eher ein Auswanderungsland, erlebte in den letzten Jahren eine verstärkte Einwanderung aus den Ländern südlich des Mittelmeeres. Daher hat das Land heute eine multiethnische Bevölkerung und es gibt auch schätzungsweise 755.000 bis 1,6 Millionen schwarzer Einwohner. Afrikanische Einwanderer haben oft mit Rassismus zu kämpfen und arbeiten in schlecht bezahlten Beschäftigungsverhältnissen. Gesellschaftlichen Aufstieg und Bekanntheit erreichten bislang nur wenige, darunter der Fußballer [[Mario Balotelli]].<br />
<br />
==== Balkan ====<br />
In der Stadt [[Ulcinj]] in [[Montenegro]] lebte eine eigene schwarze Gemeinde – Nachfahren der Sklaverei im [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reich]] welche dort blühte.<ref>[http://www.cyber-adventures.com/yugo.html Yugoslavia – Montenegro and Kosovo – The Next Conflict?]</ref> Als eine Konsequenz aus Sklavenhandel und [[Kaperbrief|Kaperei]] war eine beträchtliche Anzahl der Einwohner der Hafenstadt Ulcinj bis 1878 schwarz.<ref>[http://www.visit-montenegro.com/cities-ulcinj-h.htm ULCINJ – HISTORY]</ref> Die [[Osmanische Armee]] zählte tausende schwarzafrikanische Soldaten in ihren Reihen. Die während des [[Venezianisch-Österreichischer Türkenkrieg|Venezianisch-Österreichischen Türkenkrieges]] auf die [[Balkanhalbinsel]] entsandte Armee bestand unter anderem aus 24.000 Männern aus Afrika.<ref>[http://www.cwo.com/~lucumi/russia2.html African Slave Trade in Russia], By Dieudonne Gnammankou in La Channe et le lien, Doudou Diene, (id.) Paris, Editions UNESCO, 1988</ref><br />
<br />
==== Osteuropa ====<br />
[[Datei:Gannibal I A.jpg|miniatur|[[Ivan Gannibal]], Großvater von [[Alexander Pushkin]] Nationaldichter Russlands, Sohn des [[Abraham Petrowitsch Hannibal]].]]<br />
[[Datei:Abraham Hanibal.jpg|miniatur|[[Abraham Petrowitsch Hannibal]], russischer General und Patenkind [[Peter I. (Russland)|Peters des Großen]].]]<br />
<br />
Als die meisten afrikanischen Staaten in den 1960er Jahren ihre [[Dekolonisation|Unabhängigkeit erlangten]], bot die [[Sowjetunion]] Studienplätze für Afrikaner an. In über 40 Jahren kamen 400.000 afrikanische Studenten, von denen sich ein großer Teil dort niederließ.<ref>[http://www.mediarights.org/film/black_russians MediaRights: Film: Black Russians]</ref><ref>[http://www.africana.ru/Golden/info/black_russians_project_engl.htm Лили Голден и Лили Диксон. Телепроект "Черные русские": синопсис. Info on "Black Russians" film project in English]</ref> Diese Entwicklung erstreckte sich über die Sowjetunion hinaus auf viele Staaten des [[Ostblock]]s.<br />
<br />
==== Russland ====<br />
<br />
In [[Russland]] existiert eine kulturelle Klassifikation von "Schwarzen". Bestimmte Gruppen von Menschen die ethnisch unterschiedlich (und tendenziell dunkelhäutiger) im Vergleich zu ethnischen [[Russen]] sind, werden abwertend als "Schwarze" (''chernye'') bezeichnet und erfahren eine gewisse [[Exklusion|soziale Ausgrenzung]]. [[Roma]], [[Georgier]] und [[Tataren]] fallen in diese Kategorie.<ref> ''The Unmaking of Soviet Life: Everyday Economies After Socialism'' By Caroline Humphrey [[Cornell University]] 2002 p36–37</ref> Die als "Schwarze" bezeichneten stammen aus den Staaten der ehemaligen [[Sowjetunion]], hauptsächlich aus dem [[Kaukasus]] wie beispielsweise [[Tschetschenen]].<ref>Lisa Taylor, [http://www.hartford-hwp.com/archives/63/333.html Emergency—Explosion of State and Popular Racism follows Moscow Blasts], International Solidarity with Workers in Russia (ISWoR), 13 September 1999.</ref> Obwohl das englische Wort "Caucasian" (''dt. Kaukasier'') im [[Amerikanisches Englisch|Amerikanischen Englisch]] für "[[Europide|Weiße Menschen]]" steht, bezieht es sich in der [[Russische Sprache|Russischen Sprache]] – und den meisten anderen Varianten der [[Englische Sprache|Englischen Sprache]] – nur auf den Kaukasus und nicht generell auf Europäer oder europäischstämmige Menschen.<br />
<br />
== Debatten über Rasse ==<br />
=== Hamitische Rasse ===<br />
{{siehe auch|Hamitentheorie|Habesha}}<br />
<br />
Laut einigen Historikern war die Geschichte des [[Ham (Bibel)|Fluches über Ham]] bei [[1. Buch Mose|Genesis 9]], in welcher Noah die Nachkommen seines Sohnes Ham zur Knechtschaft verflucht, ein bahnbrechendes Ereignis für die Definition von schwarzen Menschen, da die Geschichte über Generationen an jüdische, christliche und islamische Gelehrte weitergegeben wurde.<ref>Bernard Lewis, Race and Slavery in the Middle East: An Historical Enquiry, (Oxford University Press, 1982), S. 28–117</ref> Kolumnistin Felicia R. Lee zufolge wurde Ham weithin als schwarz dargestellt. Schwarz sein, Knechtschaft und die Idee einer rassischen Hierarchie waren untrennbar miteinander verbunden.<ref>"Ham came to be widely portrayed as black; blackness, servitude and the idea of racial hierarchy became inextricably linked."</ref> Einige Menschen glauben dass die traditionelle Einteilung der Menschheit in drei große Rassen teilweise auf die Geschichten über Noahs drei Söhne zurückgeht, welche die Erde nach der [[Sintflut]] wieder bevölkerten und so zum Aufstieg der drei getrennten Rassen führten.<ref>{{cite web| title = The Descendants of Noah| url=http://www.bible-truth.org/GEN10.HTM| accessdate=2011-02-11}}</ref><br />
<br />
Die biblische Textstelle, die von den [[Völkertafel (Bibel)|Söhnen Noahs]] handelt ([[1. Buch Mose]] 9:20-27), enthält jedoch keinen Bezug auf Rassen. Der vermeintliche Fluch über Ham liegt nicht auf Ham, sondern auf [[Kanaan]], einem der Söhne Hams. Er bezieht sich somit nicht auf die Rasse, sondern auf die Geografie. Die [[Kanaaniter]], gewöhnlich mit der [[Levante]]-Region (Palästina, Libanon etc.) assoziiert, wurden nach der biblischen Erzählung von den Hebräern unterjocht, nachdem diese die Knechtschaft in Ägypten hinter sich gelassen hatten.<ref>{{cite book| last = Redford| first = Donald B. | title = Egypt, Canaan, and Israel in Ancient Times| pages = 23–87| publisher = [[Princeton University Press]]| year= 1993| isbn = 0691000867 }}</ref><ref name=Goldenberg>{{cite book| last = Goldenberg| first = David M.| title = The Curse of Ham: Race and Slavery in Early Judaism, Christianity, and Islam| publisher = [[Princeton University Press]]| date = New Ed edition (July 18, 2005)| isbn = 0691123705 }}</ref> Weder die angebliche Minderwertigkeit der hamitischen Nachkommen noch der Ursprung der drei Rassen in Noahs Söhnen sind von der biblischen Erzählung gestützt. [[Sem (Bibel)|Sem]] scheint beispielsweise keinen rassischen sondern einen linguistischen Bezug zu haben. Kurz gefasst definiert die Bibel keine schwarzen Menschen oder ordnet sie rassischen Hierarchien zu.<ref name=Goldenberg/><br />
<br />
Historiker meinen, dass der Glaube, dass schwarze Menschen von Ham abstammten bis ins 19. Jahrhundert von den Weißen der [[Südstaaten]] genutzt wurde, um die Sklaverei zu rechtfertigen.<ref name=FRLee>Felicia R. Lee, ''[http://www.racematters.org/noahscurseslaverysrationale.htm Noah's Curse Is Slavery's Rationale]'', Racematters.org, November 1, 2003</ref> Laut Benjamin Braude, Geschichtsprofessor am Boston College, war der Fluch über Ham aus Genesis 9:18-27 im Europa und Amerika des 18. und 19. Jahrhunderts der grundlegende Mythos für die kollektive Erniedrigung, üblicherweise begründet als Gottes Wille zur Verurteilung von Generationen von dunkelhäutigen Menschen aus Afrika zur Sklaverei.<ref>"in 18th- and 19th century Euro-America, Genesis 9:18–27 became the curse of Ham, a foundation myth for collective degradation, conventionally trotted out as God's reason for condemning generations of dark-skinned peoples from Africa to slavery."</ref><ref name=FRLee/><br />
<br />
Autor David M. Goldenberg argumentiert dass die Bibel kein rassistisches Werk ist. Laut Goldenberg kommen solche rassistischen Interpretationen von post-biblischen Autoren der Antike wie [[Philon von Alexandria]] und [[Origenes]] die das Schwarz sein mit Dunkelheit der Seele gleichsetzten.<ref>Goldenberg, D. M. (2005) ''The Curse of Ham: Race & Slavery in Early Judaism, Christian'', Princeton University Press</ref><br />
<br />
=== Im Afrozentrismus ===<br />
[[Datei:Egyptian races.jpg|miniatur|Zeichnung von 1820 eines [[Pfortenbuch]]-Freskos am Grab von [[Sethos I.]]. Dargestellt sind (von links): Libyer, [[Nubier]], Asiate, Ägypter.]]<br />
<br />
Eine Kontroverse über Hautfarbe und ethnischen Ursprung der [[Altes Ägypten|Alten Ägypter]] wurde als Teil der Afrozentrismus-Debatte entfacht.<ref name = "hrsvxs">[http://www.africa.upenn.edu/Articles_Gen/afrocent_roth.html Building bridges to Afrocentrism]</ref> Afrozentristische Wissenschaftler wie [[Cheikh Anta Diop]] behaupten dass das Alte Ägypten eine hauptsächlich "schwarze Zivilisation" war. Eine für dieses Argument zitierte Quelle ist [[Herodot]], der um 450 v. Chr. schrieb: "Kolcher, Äthiopier und Ägypter haben dicke Lippen, eine breite Nase, wolliges Haar und verbrannte Haut".<ref>"Colchians, Ethiopians and Egyptians have thick lips, broad nose, woolly hair and they are burnt of skin."</ref><ref>{{cite web |title=Huge Ancient Egyptian Photo Gallery| url=http://www.freemaninstitute.com/RTGhistory.htm| accessdate=2011-02-11}}</ref> Dagegen äußert [[Frank M. Snowden, Jr.]], Professor für [[Alte Geschichte]], Bedenken gegenüber dem Vertrauen auf Beschreibungen antiker Autoren von physischen Merkmalen anderer antiker Völker, da ihre Begrifflichkeit andere Bedeutungen gegenüber der heutigen westlichen Sprachgebrauch habe. Er führt auch an, dass andere antike Autoren deutlich zwischen Ägyptern und Äthiopiern unterschieden.<ref>{{cite book | last=Snowden, Jr. | first=Frank M. | editor=Mary R. Lefkowitz and Guy MacLean Rogers (eds.) | title=Black Athena Revisited | location=Chapel Hill | publisher=University of North Carolina Press | year=1996 | pages=113–14 | quote=....the Afrocentrists are mistaken in assuming that the terms ''Afri'' (Africans) and various color adjectives for dark pigmentation as used by Greeks and Romans are always the classical equivalents of Negores or blacks in modern usage.... That the pigmentation of the Egyptians was seen as lighter than that of Ethiopians is also attested by the adjective ''subfusucli'' ("somewhat dark") which Ammianus Marcellinus (22.16.23) chose to describe the Egyptians....}}</ref><br />
<br />
In dem Artikel "The Geographical Origins and Population Relationships of Early Ancient Egyptians" behandelten Keita und Boyce 1996 diese Thematik. Als [[Anthropologie|Anthropologen]] verweisen sie auf die Gefahren des Heranziehens antiker Interpretationen zur Aufklärung der biologischen Zusammensetzung einer Bevölkerung. In jedem Fall behaupten sie, die relevanten Daten deuteten auf eine größere Ähnlichkeit zwischen Ägyptern und Äthiopiern hin als zwischen dieser Gruppe und den antiken Griechen.<ref>{{cite book | last=Keita, Boyce | first=Shomarka, A.J.| editor=Theodore Celenko(ed) | title=Egypt in Africa | location=Chapel Hill | publisher=Indianapolis Museum of Art | year=1996 | pages=25–27 | quote=....''The descriptions and terms of ancient Greek writers have sometimes been used to comment on Egyptian origins. This is problematic since the ancient writers were not doing population biology. However, we can examine one issue. The Greeks called all groups south of Egypt "Ethiopians." Were the Egyptians more related to any of these "Ethiopians" than to the Greeks? As noted, cranial and limb studies have indicated greater similarity to Somalis, Kushites and Nubians, all "Ethiopians" in ancient Greek terms.''....}}</ref><br />
<br />
Antike Ägypter werden in den modernen Medien oftmals als [[Europide|Kaukasier]] dargestellt und viele Menschen, besonders Afrozentristen, haben dies kritisiert.<ref>{{cite web| title = The Identity Of Ancient| url=http://www.calumet.purdue.edu/mcnair/cynthia_research.pdf|format=PDF| accessdate=2011-02-11}}</ref> [[Ägyptologie|Ägyptologen]] zufolge war das antike Ägypten eine multikulturelle Gesellschaft mit Einflüssen aus dem Nahen Osten, Nordostafrika und der Sahara.<ref name = "hrsvxs"/><ref>[http://homelink.cps-k12.org/teachers/filiopa/files/AC383EB269C648AAAA659593B9FC358C.pdf Were the Ancient Egyptians black or white]</ref> Anthropologische und archäologische Beweise zeigen dass ein [[Negride|africoides]] Element im antiken Ägypten offensichtlich war,<ref>[http://www.lincoln.edu/history/his307/davidson/1/dif3.wmv The Nile] [[Basil Davidson]]</ref> welches während der [[Frühdynastische Periode (Ägypten)|Ersten Dynastie]] in [[Abydos (Ägypten)|Abydos]] vorherrschend war.<ref>Studies and Comments on Ancient Egyptian Biological Relationships, by S.O.Y. Keita, History in Africa, 20: 129–154 (1993)</ref><ref>{{cite journal | last=Keita | first=S.O.Y. | title=Further studies of crania from ancient northern Africa: an analysis of crania from First Dynasty Egyptian tombs | journal=American Journal of Physical Anthropology | year=1992 | month=March | volume=87 | issue= 3 | pages=245–254 | url=http://www3.interscience.wiley.com/cgi-bin/abstract/110482899/ABSTRACT?CRETRY=1&SRETRY=0 | accessdate= 2007-09-23 | quote=The predominant craniometric pattern in the Abydos [First Dynasty] royal tombs is "southern" (tropical African variant)... However, lower Egyptian, Maghrebian, and European patterns are observed also, thus making for great diversity... The centroid values of the various upper Egyptian series viewed collectively are seen to vary over time. The general trend from Badari to Nakada times, and then from the Nakadan to the First Dynasty epochs demonstrate change toward the northern-Egyptian centroid value on Function I with similar values on Function 11. This might represent an average change from an Africoid (Keita, 1990) to a northern-Egyptian-Maghreb modal pattern.... This northern modal pattern, which can be called coastal northern African, is noted in general terms to be intermediate, by the centroid scores of Function I, to equatorial African and northern European phenotypes. | doi=10.1002/ajpa.1330870302 | pmid=1562056}}</ref><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Subsahara-Afrika]]<br />
* [[Afrika#Bevölkerung|Afrikaner]]<br />
* [[Schwarzafrikaner]]<br />
* [[Afrikanische Diaspora]]<br />
* [[Afroamerikaner]]<br />
* [[Afrodeutsche]]<br />
* [[Afro-Lateinamerikaner]]<br />
* [[Afrokanadier]]<br />
* [[Afrokolumbianer]]<br />
* [[Negrito]]s<br />
* [[Black Power]], [[Black Supremacy]]<br />
* [[Négritude]]<br />
* [[Panafrikanismus]]<br />
* [[Weißsein]]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{SORTIERUNG:Schwarze}}<br />
[[Kategorie:Ethnologie]]<br />
[[Kategorie:Bevölkerungsgruppe]]<br />
[[Kategorie:Rassentheorie]]<br />
[[Kategorie:Apartheid]]<br />
<br />
[[bat-smg:Negrā]]<br />
[[ca:Raça negra]]<br />
[[en:Black people]]<br />
[[eo:Nigrulo]]<br />
[[es:Negro (persona)]]<br />
[[et:Neegrid]]<br />
[[fr:Noir (humain)]]<br />
[[ko:흑인]]<br />
[[la:Nigrita]]<br />
[[ln:Moíndo (moto)]]<br />
[[nl:Zwarten]]<br />
[[no:Svart (hudfarge)]]<br />
[[pt:Negros]]<br />
[[simple:Black people]]<br />
[[sv:Svart (hudfärg)]]<br />
[[tr:Siyahiler]]<br />
[[ug:قارا تەنلىكلەر]]<br />
[[uk:Негр]]<br />
[[wuu:黑人]]<br />
[[yi:שווארצע]]<br />
[[zh:黑人]]<br />
[[zh-yue:黑人]]<br />
[[zu:Abantu abansundu]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Indogermanische_Sprachen&diff=113126763Indogermanische Sprachen2013-01-18T16:22:07Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:لغات اندواوروبيه</p>
<hr />
<div>Die '''indogermanischen''' oder '''indoeuropäischen Sprachen''' bilden die heute sprecherreichste [[Sprachfamilie]] der Welt mit etwa drei Milliarden [[Muttersprache|Muttersprachlern]].<br />
<br />
Ihre große Verbreitung ist das Ergebnis von [[Völkerwanderung]]en im Laufe der Jahrhunderte und zuletzt auch der [[Europäische Expansion|Europäischen Expansion]] seit dem 15.&nbsp;Jahrhundert. Die dazugehörigen Sprachen zeigen weitreichende Übereinstimmungen beim [[Wortschatz]], in der [[Flexion]], in [[Grammatik|grammatischen]] Kategorien wie [[Numerus]] und [[Genus]] sowie im [[Ablaut]].<br />
<br />
[[Datei:Sprachfamilien der Welt (non Altai).png|miniatur|hochkant=1.6|Indogermanische Sprachen (hellgrün dargestellt) neben den anderen Sprachfamilien der Welt]]<br />
[[Datei:IndoEuropeanTree.svg|miniatur|hochkant=1.6|Stammbaum der Indogermanischen Sprachen]]<br />
<br />
== Die Bezeichnung ==<br />
In beiden gängigen Bezeichnungen werden je zwei Klammerbegriffe nach Wissen und Tradition des frühen 19. Jahrhunderts verwendet, als man vom [[Hethitische Sprache|Hethitischen]] und [[Tocharische Sprache|Tocharischen]] noch nichts wusste: <br />
<br />
Internationaler Standard ist der Begriff ''indoeuropäische Sprachen'', der sich an der (vorkolonialen) geografischen Verbreitung orientiert, obwohl es sowohl in Europa als auch auf dem indischen Subkontinent zahlreiche Sprachen gibt, die zu anderen Familien gehören. Die Bezeichnungen ''indoeuropäisch'' und ''Indoeuropäer'' vermeiden eine Überbetonung des germanischen Elements und werden auch häufig im deutschsprachigen Schulunterricht verwendet. <br />
<br />
Der von der deutschsprachigen Fachlinguistik bevorzugte Begriff ''indogermanisch'' orientiert sich an den äußersten Unterfamilien des (vorkolonialen) Verbreitungsgebietes<ref>[http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Indo-European_languages Verbreitungsgebiet und Liste indoeuropäischer Sprachen (englisch)]</ref>, den [[Indoarische Sprachen|indoarischen Sprachen]] im Südosten und den [[Germanische Sprachen|germanischen Sprachen]] mit dem [[Isländische Sprache|Isländischen]] im Nordwesten. Diese Bezeichnung wurde als ''langues indo-germaniques'' 1810 vom dänischen Geografen [[Conrad Malte-Brun]] (1775-1826) eingeführt <ref> Conrad Malte-Brun (1810), Précis de la géografie universelle. Bad I, S. 577.</ref><ref> Michael Meier-Brügger, (2002). Indogermanische Sprachwissenschaft, 8. Aufl., Berlin: W. de Gruyter. [E 301].</ref>, als der Begriff ''indoeuropäisch'' auch in Deutschland bereits geläufig war. <br />
<br />
Einige Forscher stellen die früh abgespaltenen [[Anatolische Sprachen|anatolischen Sprachen]] den gesamten übrigen indogermanischen Sprachen als Primärzweig gegenüber und bezeichnen die Gesamtheit dieser Sprachen als ''indo-hethitisch''. Dieser Begriff wird in der [[Indogermanistik]] heute weitgehend abgelehnt, da der anatolische Zweig trotz seiner sicherlich frühen Abspaltung als einer der Primärzweige des Indogermanischen – wie z.B. [[Germanische Sprachen|Germanisch]], [[Italische Sprachen|Italisch]], [[Keltische Sprachen|Keltisch]] oder [[Indoiranische Sprachen|Indoiranisch]] – angesehen wird. Völlig veraltet ist die im 19.&nbsp;Jahrhundert auch in der britischen Linguistik verbreitete Bezeichnung ''arische Sprachen''. (In der englischsprachigen Literatur wird ''arisch'' (''Aryan'') allerdings immer noch für die Untereinheit der indoiranischen Sprachen verwendet.)<br />
<br />
== Ursprung und Entwicklung ==<br />
Die indogermanischen Sprachen werden als genealogisch verwandt betrachtet, d.&nbsp;h. als „Tochtersprachen“ einer „Muttersprache“, des nicht mehr erhaltenen [[Indogermanische Ursprache|Urindogermanischen]]. Dass ihre Ähnlichkeit nur durch typologische Angleichung nach Art eines [[Sprachbund]]es zustande kam, kann aufgrund der zahlreichen regelmäßigen Entsprechungen ausgeschlossen werden. Die bereits seit langem bekannte Tatsache, dass die [[Romanische Sprachen|romanischen Sprachen]] als Nachfolger der [[latein]]ischen Sprache anzusehen sind, sowie einige ähnlich gelagerte Fälle wie die [[Nordgermanische Sprachen|skandinavischen Sprachen]], führte zum Konzept der [[Sprachfamilie]], das auch auf solche Gruppen von Sprachen übertragen wurde, die in gleicher Art aus einer gemeinsamen Vorläufersprache hervorgegangen erschienen, die aber nicht durch Texte bekannt war, sondern deren einstige Existenz nur hypothetisch erschlossen werden konnte.<br />
<br />
Bereits 1647 stellte der niederländische Linguist und Gelehrte [[Marcus Zuerius van Boxhorn]] erstmals eine grundlegende Verwandtschaft zwischen einer Reihe von europäischen und asiatischen Sprachen fest; ursprünglich bezog er in diese Verwandtschaft die germanischen sowie die „illyrisch-griechischen“ und italischen Sprachen einerseits und das Persische andererseits ein, später fügte er noch die slawischen, keltischen und baltischen Sprachen hinzu. Die gemeinsame Ursprache, von der all diese Sprachen abstammen sollten, bezeichnete van Boxhorn als ''Skythisch''. Jedoch konnte sich van Boxhorn mit dieser Erkenntnis im 17.&nbsp;Jahrhundert noch nicht durchsetzen.<br />
<br />
1786 erkannte der englische Orientalist [[William Jones (Indologe)|William Jones]] aus Ähnlichkeiten des [[Sanskrit]] mit [[Griechische Sprache|Griechisch]] und [[Latein]], dass es für diese Sprachen eine gemeinsame Wurzel geben müsse. Er deutete bereits an, dass dies auch für Keltisch und [[Persische Sprache|Persisch]] gelten könnte.<br />
<br />
Der Deutsche [[Franz Bopp]] brachte 1816 in seinem Buch ''Über das Conjugationssystem der Sanskritsprache in Vergleichung mit jenem der griechischen, lateinischen, persischen und germanischen Sprache'' den methodischen Beweis für die Verwandtschaft dieser Sprachen und begründete damit die deutsche [[Indogermanistik]]. Diese [[indogermanische Ursprache]] ließ sich durch [[Rekonstruktion (Sprachwissenschaft)|Rekonstruktion]] gewinnen (siehe dazu: [[Vergleichende Sprachwissenschaft]]).<br />
<br />
{{Anker|stammb}}Der deutsche Linguist [[August Schleicher]] hat versucht, die Entwicklung und Verwandtschaftsstruktur der indogermanischen Sprachen in seiner berühmten [[Stammbaumtheorie]] darzustellen. In diesem Stammbaum gibt es sowohl gesicherte als auch spekulative Verzweigungen; Letztere betreffen insbesondere ausgestorbene Sprachen, die keine Nachfolgesprachen hinterlassen haben. Schleicher versuchte das hypothetische Urindogermanische zu rekonstruieren, indem er sich ursprünglicher Formen verschiedener indogermanischer Sprachen bediente. Daraus entstand eine Übersetzung der sogenannten [[Indogermanische Fabel|indogermanischen Fabel]] ''Das Schaf und die Pferde'' als ''Avis akvasasca''.<br />
<br />
Es können sowohl [[Indogermanische Wortwurzeln|Wortwurzeln]] als auch [[Morphologie (Sprache)|morphologische]] und [[Phonologie|phonologische]], ja sogar (mit Einschränkungen) [[Syntax|syntaktische]] Merkmale des Indogermanischen rekonstruiert werden. Eine ''Grundsprache'' im Sinne eines präzisen kommunikativen Verständnisses wird mit dieser Rekonstruktion jedoch nicht erreicht.<br />
<br />
== „Urheimat“ und „Urvolk“ ==<br />
Ausgehend von Wortstämmen, die allen indogermanischen Sprachen gemeinsam sind, versucht die [[Ethnolinguistik]], in Zusammenarbeit mit der [[Archäologie]] das Ursprungsgebiet, die „Urheimat“ der [[Indogermanen]] zu bestimmen und mit prähistorischen Völkern oder Kulturen in Verbindung zu bringen. Bei der Frage nach einer Urheimat ist allerdings immer zwischen einer hypothetischen sprachhistorischen Rekonstruktion örtlicher Einflussgrößen im Rahmen der Herausbildung der frühest fassbaren indogermanischen Wurzelwörter und demgegenüber einer Identifikation von Volk, Sprache und Raum ([[Kontinuitätstheorie (Geschichtswissenschaft)|Kontinuitätstheorie]]) zu unterscheiden. <br />
<br />
Einige Hypothesen sind erheblich vom [[Nationalismus]] geprägt oder wurden von einer Ideologie vereinnahmt (z.B. Nordische Urheimat im [[Nationalsozialismus]]). Dies gilt z. B. auch für viele indische Wissenschaftler, die die indogermanische Urheimat in Indien selbst verorten und damit gleichzeitig die Trägerschaft z. B. der [[Indus-Kultur|Harappa-Kultur]] den [[Indoarische Sprachen|Indoariern]] bzw. ihren [[Indoiranische Sprachen|urindoiranisch]]- oder gar urindogermanischsprachigen Vorläufern zusprechen. Andere extreme Annahmen sehen die Urheimat z. B. in [[Südosteuropa]] oder ostwärts des Urals bis zum [[Altai]]gebirge.<br />
<br />
Wahrscheinlicher sind Hypothesen, die eine Urheimat zwischen den Extremen annehmen. Dazu gehören die Gegenden um das [[Schwarzes Meer|Schwarze Meer]], wie südlich davon [[Kleinasien]] (Renqvist, Renfrew), das östlich davon gelegene [[Transkaukasien]] (Gamkrelidze/Ivanov), oder die nördlich davon befindlichen Steppen mit der [[Kurgankultur]] (J. Mallory, D.W. Anthony).<br />
<br />
Keine dieser Herkunfts-Hypothesen hat allerdings bisher allgemeine Akzeptanz gefunden. Der britische Archäologe C. Renfrew gilt als Schöpfer der [[Anatolien-Hypothese]]. Sprachwissenschaftler hingegen neigen weiterhin zur [[Kurgan-Hypothese|Steppen-These]].<ref>{{Literatur|Autor=Benjamin W.&nbsp;Fortson|Titel=Indo-European Language and Culture: An Introduction|Auflage=2.|Verlag=Blackwell Publishing|Ort=Malden, Oxford, Victoria|Jahr=2010|Seiten=39ff.|ISBN=978-1405188951|Kommentar=engl.}}</ref> Einen neueren Überblick bietet z.&nbsp;B. der Mallory-Schüler John Day 2001 ([[#Literatur|Lit.]]: John Day 2001). <br />
<br />
Die über ein derartig weites Gebiet vom [[Atlantischer Ozean|Atlantik]] bis zum [[Tarimbecken]] erstaunlich gut erhaltenen Übereinstimmungen, wie z. B. das [[Zahlensystem]] oder die Grammatik sprechen jedoch für einen relativ engen sprachlichen Konstituierungsraum ([[Urheimat]]). Die dann vorauszusetzenden Wanderungsbewegungen ([[Migration (Soziologie)|Migrationen]]) erklären darüber hinaus weitere Elemente der indogermanischen Sprachen, wie [[Adstrat]]-, [[Superstrat (Linguistik)|Superstrat]]-Effekte, möglicherweise auch durch sich gegenseitig beeinflussende indogermanische Sprachen unterschiedlicher [[Lautverschiebung]]s- und Verbreitungsstufen.<br />
<br />
Daher erscheint die von einigen Archäologen (v. a. Alexander Häußler) vertretene Hypothese eines frühen ausgedehnten indogermanischen [[Sprachkontinuum]]s eher unwahrscheinlich. Dies hängt auch mit der Schwierigkeit zusammen, weiträumige Wanderungsbewegungen archäologisch zu fassen.<br />
<br />
== Genetik und Indogermanistik ==<br />
Populationsgenetiker wie [[Luigi Cavalli-Sforza]] versuchen, Herkunft und Verwandtschaft der indogermanische Sprachen sprechenden Völker durch [[Molekulargenetik|molekulargenetische]] Methoden zu erhellen. Bisher ist es jedoch nicht gelungen, ein Gen zu isolieren, das besonders typisch für die Träger der indogermanischen Sprachen wäre. Auch kann aus Genverteilungen nicht auf irgendwelche Migrationen geschlossen werden.<br />
<br />
== Indogermanisch und andere Sprachfamilien ==<br />
Über Außenverwandtschaften des Indogermanischen gibt es zahlreiche Hypothesen. Am häufigsten wird eine entfernte Verwandtschaft mit den [[Uralische Sprachen|uralischen Sprachen]] angenommen. Diese Annahme kann mit vielen morphologischen Kongruenzen belegt werden, wie z.&nbsp;B. im [[Pronomen|Pronominalsystem]] (vgl. z.&nbsp;B. Seebold, Elmar, 1970). Zum [[Semitisch]]en dagegen bestehen eher lexikalische Beziehungen (vgl. Linus Brunner 1969). Einige, v.&nbsp;a. sowjetische Wissenschaftler haben versucht, Belege für eine sogenannte [[nostratisch]]e Sprachfamilie zu finden, zu der neben den indogermanischen auch die [[Afroasiatische Sprachen|afroasiatischen Sprachen]] (früher hamito-semitischen Sprachen) und die als genealogische Einheit selbst umstrittenen [[Altaische Sprachen|Altaischen Sprachen]] gehören sollen. Diese Belege werden derzeit überwiegend als nicht ausreichend angesehen. <br />
<br />
In ähnlicher Weise hat der amerikanische Linguist [[Joseph Greenberg]] aufgrund lexikalischer und grammatischer Gemeinsamkeiten eine [[eurasiatisch]]e Makro-Sprachfamilie vorgeschlagen. Sie umfasst insbesondere die drei relativ umfangreichen indogermanischen, uralischen und altaischen Sprachfamilien sowie einige Kleinfamilien und Einzelsprachen Eurasiens, jedoch ausdrücklich nicht Afroasiatisch. Diese Makro-Sprachfamilie deckt sich somit teilweise mit dem Nostratischen, wobei auch grundlegendere Gemeinsamkeiten beiderseitig (Greenberg, Bomhard) festgestellt wurden. Allgemein ist es beim Eurasiatischen aber heute einfach noch zu früh, über die Gültigkeit dieser Hypothese definitiv entscheiden zu können.<br />
<br />
== Die Zweige des Indogermanischen in alphabetischer Folge ==<br />
Zu den indogermanischen Sprachen gehören die folgenden Gruppen heute noch gesprochener, lebender, und ohne Nachkommen [[Ausgestorbene Sprache|ausgestorbener]] (†) Sprachen:<br />
<br />
* [[Albanische Sprache|Albanisch]] (möglicherweise eine Nachfolgesprache des Illyrischen)<br />
* [[Anatolische Sprachen]] †<br />
* [[Armenische Sprache|Armenisch]] <br />
* [[Baltische Sprachen]] (bilden möglicherweise zusammen mit dem Slawischen die Einheit „Balto-Slawisch“)<br />
* [[Elymische Sprache|Elymisch]] † (möglicherweise eine italische Sprache oder aber nicht-indogermanisch)<br />
* [[Germanische Sprachen]]<br />
* [[Griechische Sprache|Griechisch]] <br />
* [[Illyrische Sprache|Illyrisch]] †<br />
* [[Indoiranische Sprachen]]<br />
** [[Indoarische Sprachen]] <br />
** [[Iranische Sprachen]]<br />
** [[Nuristani-Sprachen]]<br />
* [[Italische Sprachen]] (inklusive der [[Romanische Sprachen|romanischen Sprachen]])<br />
* [[Keltische Sprachen]]<br />
* [[Lusitanische Sprache|Lusitanisch]] † (möglicherweise keltisch oder mit dem Keltischen näher verwandt)<br />
* [[Makedonische Sprache|Makedonisch]] † (möglicherweise mit dem Griechischen näher verwandt)<br />
* [[Messapische Sprache|Messapisch]] † (möglicherweise mit dem Illyrischen näher verwandt)<br />
* [[Phrygische Sprache|Phrygisch]] †<br />
* [[Sikulische Sprache|Sikulisch]] † (möglicherweise italisch)<br />
* [[Slawische Sprachen]] (bilden möglicherweise zusammen mit dem Baltischen die Einheit „Balto-Slawisch“)<br />
* [[Thrakische Sprache|Thrakisch]] † (Thrakisch, Dakisch, Getisch, Moesisch)<br />
* [[Tocharische Sprache]]n †<br />
* [[Venetische Sprache|Venetisch]] † (möglicherweise italisch)<br />
<br />
Zurückgehend auf [[Peter von Bradke]] (1890) werden die indogermanischen Sprachen nach dem Einzelkriterium der Entwicklung des palatalisierten /k'/ (z.&nbsp;B. im Zahlwort *''k'mtom'' ‚hundert‘) in sogenannte ''Kentum-'' und ''Satem-Sprachen'' eingeteilt. Die ursprüngliche Annahme, diese Einteilung ginge auf eine Dialekt-[[Isoglosse]] der Indogermanischen Ursprache zurück, hat sich mit der Entdeckung des Tocharischen gegen Anfang des 20.&nbsp;Jahrhunderts als unhaltbar herausgestellt, wurde aber einige Jahrzehnte lang teilweise noch weiter vertreten. Als rein deskriptives Kriterium ist die Einteilung heute noch lebendig.<ref>z.&nbsp;B. in {{Literatur|Autor=Benjamin W.&nbsp;Fortson|Titel=Indo-European Language and Culture: An Introduction|Verlag=Blackwell Publishing|Ort=Malden,Oxford,Victoria|Jahr=2004|ISBN=978-1405103169|Kommentar=engl.}}</ref><br />
<br />
== Verwandtschaftsverhältnisse ==<br />
=== Geschichte ===<br />
Seit [[Indogermanische Sprachen#stammb|Schleicher]] wird immer wieder versucht, die oben genannten Untergruppen auf gemeinsame Zwischensprachen zurückzuführen. Durchgesetzt haben sich nur wenige, so besonders die Zusammenfassung der [[Indische Sprachen|indoarischen]] und der [[Iranische Sprachen|iranischen Sprachen]] als ''[[indoiranische Sprachen]]''. Weitgehend anerkannt ist auch die ''[[Baltische Sprachen|balto]]-[[Slawische Sprachen|slawische]] Sprachgruppe'' ([[balto-slawische Hypothese]]); strittig bleiben eine nähere Verwandtschaft zwischen den [[Italische Sprachen|italischen]] und den [[Keltische Sprachen|keltischen Sprachen]], die Zuordnung des [[Venetische Sprache|Venetischen]] sowohl zum [[Illyrische Sprache|Illyrischen]] als auch zu den italischen Sprachen, eine ''[[Thrakische Sprache|thrakisch]]-[[Phrygische Sprache|phrygische]] Sprachgemeinschaft'', die Abstammung des [[Albanische Sprache|Albanischen]] vom Illyrischen, und vieles mehr. <br />
<br />
Daher wird bei der obigen Liste auf genauere Zuordnungen verzichtet, Streitfälle stehen weiter als Einzelgruppen ohne Hinweise auf vermutete Verwandtschaftsverhältnisse.<br />
<br />
=== Gegenwart ===<br />
Die Archaismen des Urindogermanischen sind heute nur noch in wenigen der modernen Nachfolgesprachen erhalten. Dabei können Sprachen sich in einigen Eigenschaften als konservativ zeigen, in anderen aber große Veränderungen aufweisen. Meinungen, wonach eine Sprache besonders konservativ ist (z.&nbsp;B. oft für das [[Litauische Sprache|Litauische]] vertreten), müssen sich also auf konkrete Eigenschaften beziehen und sind nicht zu verallgemeinern.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
=== Grundlagen und Lehrbücher ===<br />
<br />
* Robert S.&nbsp;P.&nbsp;Beekes: ''Comparative Indo-European Linguistics. An Introduction.'' Benjamins, Amsterdam 1995, ISBN 1-55619-505-2<br />
* Warren Cowgill: ''Indogermanische Grammatik.'' Bd&nbsp;I: Einleitung; Bd II: Lautlehre. Begr. v.&nbsp;Jerzy Kuryłowicz, Hrsg.: Manfred Mayrhofer. Indogermanische Bibliothek, Reihe 1, Lehr- und Handbücher. Winter, Heidelberg 1986.<br />
* [[Ernst Kausen]]: ''Die indogermanischen Sprachen. Von der Vorgeschichte bis zur Gegenwart.'' Helmut Buske Verlag, Hamburg 2012, ISBN 978-3-87548-612-4.<br />
* Michael Meier-Brügger, Hans Krahe: ''Indogermanische Sprachwissenschaft.'' Walter de Gruyter, Berlin 2002 (8.&nbsp;Aufl.), ISBN 3-11-017243-7<br />
* Oswald Szemerényi: ''Einführung in die vergleichende Sprachwissenschaft.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990 (4.&nbsp;Aufl.), ISBN 3-534-04216-6 <br />
* Eva Tichy: ''Indogermanistisches Grundwissen.'' Hempen, Bremen 2000, ISBN 3-934106-14-5.<br />
<br />
=== Historische Werke ===<br />
<br />
* Bertold Delbrück: ''Einleitung in das Studium der indogermanischen Sprachen. Ein Beitrag zur Geschichte und Methodik der vergleichenden Sprachforschung.'' Bibliothek indogermanischer Grammatiken. Bd&nbsp;4. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1919 (6.&nbsp;Aufl.).<br />
* [[August Schleicher]]: ''Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen.'' Böhlau, Weimar 1861/62, Olms, Hildesheim 1974 (Nachdr.), ISBN 3-487-05382-9<br />
<br />
=== Archäologie und Urheimat ===<br />
<br />
* Linus Brunner: ''Die gemeinsamen Wurzeln des semitischen und indogermanischen Wortschatzes – Versuch einer Etymologie.'' Francke, Bern, München 1969.<br />
* [[Luigi Luca Cavalli-Sforza]]: ''Gene, Völker und Sprachen. Die biologischen Grundlagen unserer Zivilisation.'' dtv, München 2001, ISBN 3-423-33061-9<br />
* John V. Day: ''Indo-European origins. The anthropological evidence.'' The Institute for the Study of Man, Washington DC 2001, ISBN 0-941694-75-5<br />
* Thomas W. Gamkrelidse, Wjatscheslaw Iwanow: ''Die Frühgeschichte der indoeuropäischen Sprachen.'' In: ''[[Spektrum der Wissenschaft]]. Dossier. Die Evolution der Sprachen.'' Spektrumverlag, Heidelberg 2000,1, S.&nbsp;50–57. {{ISSN|0947-7934}}<br />
* [[Marija Gimbutas]]: ''The Kurgan Culture and the Indo-Europeanization of Europe. Selected Articles from 1952 to 1993.'' Institute for the Study of Man, Washington 1997, ISBN 0-941694-56-9<br />
* [[Marija Gimbutas]]: ''Das Ende Alteuropas. Der Einfall von Steppennomaden aus Südrussland und die Indogermanisierung Mitteleuropas.'' in: ''Archeolingua.'' series minor 6. jointly ed. by the Archaeological Institute of Hungarian Academy of Sciences and the Linguistic Institute of the University of Innsbruck. Archaeolingua Alapítvány, Budapest 1994 (auch als Buch). {{ISSN|1216-6847}} ISBN 3-85124-171-1<br />
* James P.&nbsp;Mallory: ''In Search of the Indo-Europeans. Language, Archaeology and Myth.'' Thames & Hudson, London 1991, ISBN 0-500-27616-1<br />
* James P.&nbsp;Mallory, D.&nbsp;Q.&nbsp;Adams (Hrsg.): ''Encyclopedia of Indo-European Culture.'' Fitzroy Dearborn, London 1997, ISBN 1-884964-98-2<br />
* Georges-Jean Pinault: ''La langue poétique indo-européenne – actes du colloque de travail de la Société des Études Indo-Européennes.'' Leuven, Peeters, 2006, ISBN 90-429-1781-4<br />
* Colin Renfrew: ''Archaeology and Language. The Puzzle of Indo-European Origins.'' University Press, Cambridge 1995, ISBN 0-521-38675-6<br />
* Colin Renfrew: ''Die Indoeuropäer&nbsp;– aus archäologischer Sicht.'' in: ''[[Spektrum der Wissenschaft]].'' Dossier. Die Evolution der Sprachen. Spektrumverlag, Heidelberg 2000,1, S.&nbsp;40–48. {{ISSN|0947-7934}}<br />
* Elmar Seebold: „Versuch über die Herkunft der indogermanischen Verbalendungssysteme“. In: Zeitschrift für vgl. Sprachforschung 85-2:185-210.<br />
<br />
=== Populäre Darstellungen ===<br />
<br />
<br />
* Elisabeth Hamel: ''Das Werden der Völker in Europa'', ''Forschungen aus Archäologie, Sprachwissenschaft und Genetik''. Tenea Verlag Ltd., Berlin 2007, ISBN 978-3-86504-126-5<br />
* Milan Machovec: ''Heimat Indoeuropa: Das Leben unserer Vorfahren aufgrund eines Vergleichs einzelner Sprachen.'' Verlagsatelier Wagner, Linz 2002, ISBN 3-9500891-9-5<br />
* Reinhard Schmoeckel: ''Die Indoeuropäer.'' Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 1999, ISBN 3-404-64162-0. Das Werk findet sich nur in drei deutschen Uni-Bibliotheken.<br />
* Harald Wiese: ''Eine Zeitreise zu den Ursprüngen unserer Sprache. Wie die Indogermanistik unsere Wörter erklärt'', Logos Verlag, Berlin 2010, 2.&nbsp;Auflage, ISBN 978-3-8325-1601-7.<br />
<br />
== Quellen ==<br />
<references /><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://titus.uni-frankfurt.de/didact/idg/idgstkl.htm Jost Gippert, Indogermanische Sprachen und ihre Bezeugungstiefe.] im TITUS-Projekt der Uni Frankfurt<br />
* [http://homepages.fh-giessen.de/~hg8429/klassifikationen/Indogermanisch.doc Ernst Kausen, Die Klassifikation der indogermanischen Sprachen] (DOC 215 kB)<br />
* [http://www.lrz-muenchen.de/~wolfgang_schindler/skripte/Sprachgeschichte1.pdf Wolfgang Schindler, Die sprachliche Frühgeschichte oder: Was war eigentlich vor „den Indogermanen“?] (PDF 295 kB)<br />
* [http://www.dabis.at/Anwender.htm/Alscher/contents.htm Hans-Joachim Alscher, The Ergativic Stage of Early Proto-Indoeuropean.]<br />
* [http://www.hjholm.de Mögliche Urheimat der Indogermanen] (englisch, deutsch, französisch mit Gliederung)<br />
* [http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/?artikelID=20040313 Prof. Jürgen Udolph, „Anatolien war nicht Ur-Heimat der indogermanischen Stämme“]<br />
<br />
[[Kategorie:Indogermanische Sprachen| ]]<br />
[[Kategorie:Sprachfamilie]]<br />
[[Kategorie:Iranistik]]<br />
<br />
[[af:Indo-Europese tale]]<br />
[[als:Indogermanische Sprachfamilie]]<br />
[[an:Luengas indo-europeas]]<br />
[[ang:Indo-Europisc sprǣchīred]]<br />
[[ar:لغات هندية أوروبية]]<br />
[[arz:لغات اندواوروبيه]]<br />
[[as:ভাৰত-ইউৰোপীয় ভাষা]]<br />
[[ast:Llingües indoeuropees]]<br />
[[az:Hind-Avropa dilləri]]<br />
[[bar:Indogermanische Sprochn]]<br />
[[bat-smg:Indėeuruopėitiu kalbas]]<br />
[[be:Індаеўрапейскія мовы]]<br />
[[be-x-old:Індаэўрапейскія мовы]]<br />
[[bg:Индоевропейски езици]]<br />
[[bn:ইন্দো-ইউরোপীয় ভাষা-পরিবার]]<br />
[[bo:ཧིན་རྡུ་དང་ཡོ་རོབ་ཀྱི་སྐད།]]<br />
[[br:Yezhoù indezeuropek]]<br />
[[bs:Indoevropski jezici]]<br />
[[ca:Llengües indoeuropees]]<br />
[[chr:Indo-European languages]]<br />
[[ckb:زمانە ھیندوئەورووپایییەکان]]<br />
[[co:Lingui indoauropeani]]<br />
[[cs:Indoevropské jazyky]]<br />
[[cv:Инди-европа чĕлхисем]]<br />
[[cy:Ieithoedd Indo-Ewropeaidd]]<br />
[[da:Indoeuropæiske sprog]]<br />
[[diq:Zıwanê Hind u Ewropa]]<br />
[[dsb:Indoeuropske rěcy]]<br />
[[el:Ινδοευρωπαϊκές γλώσσες]]<br />
[[en:Indo-European languages]]<br />
[[eo:Hindeŭropa lingvaro]]<br />
[[es:Lenguas indoeuropeas]]<br />
[[et:Indoeuroopa keeled]]<br />
[[eu:Indoeuropar hizkuntzak]]<br />
[[ext:Luengas induropeas]]<br />
[[fa:زبانهای هندواروپایی]]<br />
[[fi:Indoeurooppalaiset kielet]]<br />
[[fo:Indo-evropeisk mál]]<br />
[[fr:Langues indo-européennes]]<br />
[[frr:Indogermaans]]<br />
[[fur:Lenghe indoeuropean]]<br />
[[fy:Yndo-Jeropeeske talen]]<br />
[[ga:Na teangacha Ind-Eorpacha]]<br />
[[gan:印歐語系]]<br />
[[gd:Cànanan Innd-Eòrpach]]<br />
[[gl:Linguas indoeuropeas]]<br />
[[gv:Çhengaghyn Ind-Oarpagh]]<br />
[[he:שפות הודו-אירופיות]]<br />
[[hi:हिन्द-यूरोपीय भाषा-परिवार]]<br />
[[hr:Indoeuropski jezici]]<br />
[[hsb:Indoeuropske rěče]]<br />
[[hu:Indoeurópai nyelvcsalád]]<br />
[[hy:Հնդեվրոպական լեզուներ]]<br />
[[ia:Linguas indoeuropee]]<br />
[[id:Rumpun bahasa Indo-Eropa]]<br />
[[io:Indo-Europana linguaro]]<br />
[[is:Indóevrópsk tungumál]]<br />
[[it:Lingue indoeuropee]]<br />
[[ja:インド・ヨーロッパ語族]]<br />
[[jbo:xindo ropno bangu]]<br />
[[jv:Basa Indo-Eropah]]<br />
[[ka:ინდოევროპული ენები]]<br />
[[kk:Үндіеуропа тілдерi]]<br />
[[kn:ಇಂಡೋ-ಯುರೋಪಿಯನ್ ಭಾಷೆಗಳು]]<br />
[[ko:인도유럽어족]]<br />
[[ku:Malbata zimanên hind û ewropî]]<br />
[[kw:Yethow Eyndo-Europek]]<br />
[[ky:Индо-Европалык тилдер]]<br />
[[la:Linguae Indoeuropaeae]]<br />
[[lad:Linguas indoevropeas]]<br />
[[lez:Инд-европадин чIалар]]<br />
[[li:Indogermaanse taole]]<br />
[[lij:Lengue indoeuropee]]<br />
[[lmo:Lenguv Indo-Europej]]<br />
[[lt:Indoeuropiečių kalbos]]<br />
[[lv:Indoeiropiešu valodas]]<br />
[[mg:Fiteny Indô-Eorôpeanina]]<br />
[[mhr:Индоевропысо йылме-влак]]<br />
[[mk:Индоевропски јазици]]<br />
[[ml:ഇന്തോ-യുറോപ്യന് ഭാഷകള്]]<br />
[[mr:इंडो-युरोपीय भाषा]]<br />
[[ms:Bahasa-bahasa Indo-Eropah]]<br />
[[nap:Lengue innoeuropee]]<br />
[[nds:Indoeuropääsche Spraken]]<br />
[[nds-nl:Indo-Uropese taolen]]<br />
[[new:भारोपेली भाषा परिवार]]<br />
[[nl:Indo-Europese talen]]<br />
[[nn:Liste over indoeuropeiske språk]]<br />
[[no:Indoeuropeiske språk]]<br />
[[oc:Indoeuropèu]]<br />
[[os:Индоевропæйаг æвзæгтæ]]<br />
[[pa:ਹਿੰਦ-ਯੂਰਪੀ ਭਾਸ਼ਾ-ਪਰਵਾਰ]]<br />
[[pl:Języki indoeuropejskie]]<br />
[[pms:Lenghe indoeuropenghe]]<br />
[[pnb:ہند یورپی بولیاں]]<br />
[[pt:Línguas indo-europeias]]<br />
[[qu:Indu iwrupiyu rimaykuna]]<br />
[[rmy:Indo-Europikane chhiba]]<br />
[[ro:Limbile indo-europene]]<br />
[[roa-rup:Limbe indoeuropeane]]<br />
[[ru:Индоевропейские языки]]<br />
[[scn:Lingui innu-europei]]<br />
[[sco:Indo-European leids]]<br />
[[se:Indoeurohpálaš gielat]]<br />
[[sh:Indoevropski jezici]]<br />
[[si:ඉන්දු-යුරෝපීය භාෂා පවුල]]<br />
[[simple:Indo-European languages]]<br />
[[sk:Indoeurópske jazyky]]<br />
[[sl:Indoevropski jeziki]]<br />
[[so:Luqada Hindo Yurub]]<br />
[[sq:Gjuhët indo-evropiane]]<br />
[[sr:Индоевропски језици]]<br />
[[stq:Indogermaniske Sproaken]]<br />
[[sv:Indoeuropeiska språk]]<br />
[[sw:Lugha za Kihindi-Kiulaya]]<br />
[[ta:இந்திய-ஐரோப்பிய மொழிகள்]]<br />
[[tg:Забонҳои Ҳинду-Аврупоӣ]]<br />
[[th:ตระกูลภาษาอินโด-ยูโรเปียน]]<br />
[[tl:Mga wikang Indo-Europeo]]<br />
[[tpi:Indo-Yuropien famili bilong tokples]]<br />
[[tr:Hint-Avrupa dil ailesi]]<br />
[[tt:Һинд-аурупа телләре]]<br />
[[uk:Індоєвропейські мови]]<br />
[[ur:ہند۔یورپی زبانیں]]<br />
[[vec:Lengue indoeuropee]]<br />
[[vi:Hệ ngôn ngữ Ấn-Âu]]<br />
[[vls:Indo-Europees]]<br />
[[yo:Àwọn èdè Índíà-Europe]]<br />
[[zea:Indo-Europese taelen]]<br />
[[zh:印欧语系]]<br />
[[zh-classical:印歐語系]]<br />
[[zh-min-nan:Ìn-āu gí-hē]]<br />
[[zh-yue:印歐語系]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=David_Attenborough&diff=113125530David Attenborough2013-01-18T15:50:46Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:ديفيد اتينبارا</p>
<hr />
<div>[[Datei:David Attenborough.jpg|miniatur|Sir David Attenborough (2003)]]<br />
Sir '''David Frederick Attenborough''', [[Order of Merit|OM]], [[Order of the Companions of Honour|CH]], [[Royal Victorian Order|CVO]], [[Order of the British Empire|CBE]] (* [[8. Mai]] [[1926]] in [[London]]) ist ein britischer [[Tierfilm]]er und [[Naturforscher]]. David Attenborough wurde durch seine preisgekrönten [[Dokumentation|Dokumentarsendungen]] zu [[Biologie|biologischen]] Themen bekannt, die er im Auftrag der [[BBC]] produzierte. Er ist der jüngere Bruder des Regisseurs und Schauspielers [[Richard Attenborough]].<br />
<br />
== Ausbildung und berufliche Karriere ==<br />
<br />
Attenborough besuchte die Wyggeston Grammar School for Boys in [[Leicester]] und gewann ein Stipendium für das [[Clare College]], [[Universität Cambridge|Cambridge]], wo er einen Abschluss in Naturwissenschaften erwarb.<br />
<br />
Er trat 1947 in die Britische Marine ([[Royal Navy]]) ein und diente dort zwei Jahre. Danach arbeitete er für einen Verlag. 1952 knüpfte er die ersten Kontakte zur BBC. Seine Beziehung zu naturwissenschaftlichen Sendungen begann 1954 mit der Serie ''Zoo Quest''.<br />
<br />
Von 1965 bis 1968 war Attenborough als Controller von BBC 2 tätig. Anschließend war er bis 1972 Programmdirektor für die Fernsehprogramme BBC 1 und BBC 2. Er schlug das Angebot, Generaldirektor der BBC zu werden, aus und verließ 1972 das BBC-Management, um sich auf die Produktion von Sendungen zu konzentrieren.<br />
<br />
Zu den Serien, an denen er beteiligt war, gehören Match of the Day, Pot Black, The Likely Lads, Not Only... But Also, Horizon, Man Alive, Masterclass, The Forsyte Saga, [[The Old Grey Whistle Test]] und The Money Programme. Die Unterschiedlichkeit dieser Serien ging auf Attenboroughs Überzeugung zurück, dass das Angebot von BBC 2 so vielseitig wie möglich sein sollte.<br />
<br />
== Wichtige Dokumentationen ==<br />
<br />
Zu den wichtigsten TV-Dokumentarserien Attenboroughs gehört die [[Trilogie]]: ''[[Life on Earth]]'' , ''[[The Living Planet]]'' und ''[[Trials of Life]]'' ([[Spiele des Lebens]]). Diese Sendungen untersuchen die Organismen der Welt unter den Gesichtspunkten der [[Taxonomie]], [[Ökologie]] und [[Evolutionsbiologie]].<br />
<br />
Thematisch eingegrenztere Produktionen waren ''[[Das geheime Leben der Pflanzen]]'' ''(The Private Life of Plants)'', ''[[Life in the Freezer]]'' (über Anpassungen an kalte Klimate), ''[[Das Leben der Vögel]]'' ''(The Life of Birds)'', ''[[The Blue Planet]]'' (über das Leben in den Ozeanen), ''[[Das Leben der Säugetiere]]'' ''(The Life of Mammals)'' sowie ''[[The Life of Insects]]'' (''Verborgene Welten: Das geheime Leben der Insekten'').<br />
<br />
Attenborough moderiert auch die Langzeitserie ''Wildlife on One'' auf [[BBC One]] (je nach Kanal auch ''Wildlife on Two'', ''BBC Wildlife'' und ''Natural World'' genannt).<br />
<br />
Noch vor seiner Arbeit als Naturfilmer widmete er sich sehr umfassend dem weiten Feld der Stammeskunst der außereuropäischen Urvölker. Seine 7teilige Dokumentation ''The Tribal Eye'' aus dem Jahre 1975 stellt bis heute das wohl umfassendste cineastische Werk zu diesem Thema dar. Zwei Folgen widmen sich der [[Afrikanische Kunst|afrikanischen Kunst]], jeweils eine den Indianern in British Columbia, den Ureinwohnern Südamerikas, den [[Nomaden]] des Iran und den [[Sepik]]-Völkern Neu-Guineas. Eine Extra-Folge beschäftigt sich mit dem Einfluss der Stammeskunstobjekte auf die internationalen Kunstmärkte.<br />
<br />
== Ehrungen ==<br />
Die [[British Academy of Film and Television Arts|Britische Akademie für Film- und Fernsehkunst]] verlieh Attenborough 1970 den Desmond Davis Award und ernannte ihn 1979 zum Fellow. 1974 wurde er zum [[Order of the British Empire|Commander of the Order of the British Empire]] ernannt. David Attenborough wurde 1981 mit dem [[Kalinga-Preis]] für die Popularisierung der Wissenschaft ausgezeichnet. Die [[Royal Society]] wählte ihn 1983 zum Fellow, 1985 wurde er zum Ritter geschlagen. Die [[Goldene Kamera]] wurde ihm 1992 verliehen. 2004 erhielt er den Descartes-Preis für außergewöhnliche Leistungen in der Vermittlung von Wissenschaft, und 2007 verlieh ihm die naturwissenschaftliche Fakultät der Universität [[Uppsala]] die Ehrendoktorwürde im Gedenken an [[Carl von Linné]]<ref>http://www.uu.se/linne2007/index.php?option=com_content&task=view&id=98&Itemid=80&lang=en</ref>. 2009 erhielt Attenborough den [[Prinz-von-Asturien-Preis]] in der Kategorie ''Sozialwissenschaften''.<br />
<br />
Einige Leute, so der frühere BBC-Produzent Brian Leith<ref>http://www.bbc.co.uk/pressoffice/pressreleases/stories/2002/10_october/31/lifeonair_mammalspack.pdf</ref>, meinen, dass David Attenboroughs fünfzigjährige BBC-Karriere mit den zahlreichen Reisen für die Natursendungen ihn zum weitestgereisten Menschen aller Zeiten gemacht habe.<br />
<br />
Ihm zu Ehren wurde die fossile Fischart ''[[Materpiscis attenboroughi]]'' sowie die fleischfressende Pflanze ''[[Nepenthes attenboroughii]]'' benannt.<br />
<br />
== Werke ==<br />
=== Bücher ===<br />
<br />
* ''Zoo Quest to Guyana'' (Lutterworth Press, 1956)<br />
* ''Zoo Quest for a Dragon'' (Lutterworth Press, 1957)<br />
* ''Zoo Quest in Paraguay'' (Lutterworth Press, 1959)<br />
* ''The Zoo Quest Expeditions'' (Lutterworth Press, zusammenfassende Edition obiger drei Titel mit neuer Einleitung, 1980)<br />
* ''Quest in Paradise'' (1960)<br />
* ''Zoo Quest to Madagascar'' (1961)<br />
* ''Quest Under Capricorn'' (1963)<br />
* ''Fabulous Animals'' (1975)<br />
* ''The Tribal Eye'' (1976)<br />
* ''Life on Earth'' (1979)<br />
* ''Discovering Life on Earth'' (1981)<br />
* ''The Living Planet'' (1984)<br />
* ''The First Eden'' (1987)<br />
* ''The Atlas Of The Living World'' (1989)<br />
* ''The Trials of Life'' (1990)<br />
* David Attenborough: ''[[Das geheime Leben der Pflanzen]]'' ''(The Private Life of Plants)'', Scherz Verlag, Bern, München, Wien 1995, ISBN 3-502-15031-1<br />
* David Attenborough: ''Das Leben der Vögel'' ''(The Life of Birds)'', Scherz Verlag, Bern, München, Wien 1999, ISBN 3-502-15030-3<br />
* ''Life On Air'' (2002)<br />
* David Attenborough: [[Das geheime Leben der Säugetiere]] ''(Life of Mammals)'', Scherz Verlag, Bern, München, Wien 2002, ISBN 3-502-15033-8<br />
* ''Life on Air. Memoirs of a Broadcaster'' (Autobiografie; 2002)<br />
* ''Amazing Rare Things''. The Art of Natural History in the Age of Discovery (2007), deutsch: ''Wunderbare seltene Dinge''. Die Darstellung der Natur im Zeitalter der Entdeckungen [Aus dem Engl. übers. von Ursula Wulfekamp] Schirmer Mosel, München 2008, ISBN 978-3-8296-0317-1.<br />
<br />
=== DVDs ===<br />
<br />
Zahlreiche Produktionen Attenboroughs wurden auch als Video vertrieben. Folgende [[DVD]]s sind meist noch erhältlich (angegeben ist das Jahr der englischen Erstsendung bzw. der deutschen Ersterscheinung, falls nicht anders spezifiziert):<br />
<br />
* ''The Tribal Eye'' Aussereuropäische Stammeskunst (1975)<br />
* ''Life on Earth'' (1979)<br />
* ''The Living Planet'' (1984)<br />
* ''Lost Worlds, Vanished Lives'' (1989)<br />
* ''[[Spiele des Lebens]]'' (''Trials of Life,'' 1990)<br />
* ''Life in the Freezer'' (1993)<br />
* ''[[Das geheime Leben der Pflanzen]]'' (''The Private Life of Plants,'' 1995)<br />
* ''[[Das Leben der Vögel]],'' 2004 (''The Life of Birds,'' 1998)<br />
* ''[[Zur Lage des Planeten]]'' (''State of the Planet,'' 2000; Ausgabe September 2004)<br />
* ''[[Das Leben der Säugetiere]],'' 2006 (''The Life of Mammals,'' 2002)<br />
* ''[[Unser blauer Planet]],'' 2004 (''The Blue Planet,'' 2001)<br />
* ''Great Wildlife Moments With David Attenborough'' (2003, Zusammenschnitt)<br />
* ''Deep Blue'' (2004, Feature auf der Grundlage von ''The Blue Planet''; Ausgabe Oktober 2004)<br />
* ''Attenborough in Paradise and other personal voyages'' (2005)<br />
* ''[[Verborgene Welten - Das geheime Leben der Insekten]],'' 2006 (''Life in the Undergrowth,'' 2005)<br />
* ''[[Planet Erde]]'' (2006; als Sprecher)<br />
* ''[[Kaltblütig - Die Welt der Drachen, Echsen und Amphibien]],'' 2010 (''Life in Cold Blood,'' 2008)<br />
* ''The Truth About Climate Change'' (2008)<br />
* ''[[Das Wunder Leben]]'' (''Life,'' 2009)<br />
* ''First Life'', a landmark series investigating the origins of life on earth (2010)<br />
* ''[[Eisige Welten]]'', (''Frozen Planet,'' 2011)<br />
<br />
=== Blu-ray ===<br />
* ''[[Planet Erde]]'' (BD 2008)<br />
<br />
=== Produzent ===<br />
* 1986–1991, The Annual [[Queen's Christmas Message]].<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* {{DNB-Portal|124654134}}<br />
* [http://www.bbc.co.uk/nature/programmes/tv/lifeonair/ BBC – Life on Air]<br />
* [http://www.bbc.co.uk/nature/programmes/who/david_attenborough.shtml BBC biography]<br />
* [http://www.bbc.co.uk/bbcfour/audiointerviews/profilepages/attenboroughd1.shtml BBC interview from 1976, in streaming audio]<br />
* [http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/1752093_Interview-David-Attenborough-Der-Wurm-in-der-Traene-des-Nilpferds.html Der Wurm in der Träne des Nilpferds] - Interview mit David Attenborough, Feuilleton der [[Frankfurter Rundschau]], 13. Mai 2009 (abgerufen 13. Mai 2009)<br />
<br />
* {{IMDb Name|ID=0041003|NAME=David Attenborough}}<br />
<br />
{{Normdaten|PND=124654134|LCCN=n/79/142715|VIAF=41836007}}<br />
<br />
{{DEFAULTSORT:Attenborough, David}}<br />
[[Kategorie:Dokumentarfilmer]]<br />
[[Kategorie:Drehbuchautor]]<br />
[[Kategorie:Träger des Order of Merit]]<br />
[[Kategorie:Träger des Order of the Companions of Honour]]<br />
[[Kategorie:Knight Bachelor]]<br />
[[Kategorie:Commander des Royal Victorian Order]]<br />
[[Kategorie:Commander des Order of the British Empire]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Royal Society]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Linné-Gesellschaft]]<br />
[[Kategorie:Person (London)]]<br />
[[Kategorie:Brite]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1926]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Attenborough, David<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Attenborough, David Frederick (vollständiger Name)<br />
|KURZBESCHREIBUNG=britischer Dokumentarfilmer und Naturforscher<br />
|GEBURTSDATUM=8. Mai 1926<br />
|GEBURTSORT=[[London]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[ar:ديفيد أتينبارا]]<br />
[[arz:ديفيد اتينبارا]]<br />
[[be:Дэвід Атэнбора]]<br />
[[bg:Дейвид Атънбъро]]<br />
[[bn:ডেভিড অ্যাটেনব্রো]]<br />
[[ca:David Attenborough]]<br />
[[cs:David Attenborough]]<br />
[[cy:David Attenborough]]<br />
[[da:David Attenborough]]<br />
[[en:David Attenborough]]<br />
[[eo:David Attenborough]]<br />
[[es:David Attenborough]]<br />
[[et:David Attenborough]]<br />
[[eu:David Attenborough]]<br />
[[fa:دیوید اتنبرو]]<br />
[[fi:David Attenborough]]<br />
[[fr:David Attenborough]]<br />
[[ga:David Attenborough]]<br />
[[he:דייוויד אטנבורו]]<br />
[[hu:David Attenborough]]<br />
[[id:Sir David Attenborough]]<br />
[[it:David Attenborough]]<br />
[[ja:デイビッド・アッテンボロー]]<br />
[[ko:데이비드 아텐버러]]<br />
[[la:David Attenborough]]<br />
[[nl:David Attenborough]]<br />
[[no:David Attenborough]]<br />
[[pl:David Attenborough]]<br />
[[pnb:ڈیوڈ ایٹن برا]]<br />
[[pt:David Attenborough]]<br />
[[ro:David Attenborough]]<br />
[[ru:Аттенборо, Дэвид]]<br />
[[simple:David Attenborough]]<br />
[[sv:David Attenborough]]<br />
[[szl:David Attenborough]]<br />
[[ta:டேவிட் ஆட்டன்பரோ]]<br />
[[th:เดวิด แอทเทนเบอเรอห์]]<br />
[[tl:David Attenborough]]<br />
[[tr:David Attenborough]]<br />
[[tt:Дэвид Аттенборо]]<br />
[[uk:Девід Аттенборо]]<br />
[[ur:ڈیوڈ ایٹن برا]]<br />
[[zh:戴維·阿滕伯勒]]<br />
[[zh-min-nan:David Attenborough]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Michael_Palin&diff=113116468Michael Palin2013-01-18T11:46:31Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:مايكل پيلين</p>
<hr />
<div>[[Datei:Michael Palin.jpg|miniatur|Michael Palin (2005)]]<br />
'''Michael Edward Palin''' [[Order of the British Empire|CBE]] [[Royal Geographical Society|FRGS]] (* [[5. Mai]] [[1943]] in [[Sheffield]], [[England]]) ist ein englischer [[Schauspieler]], [[Gesang|Sänger]], Reisejournalist und Präsident der [[Royal Geographical Society]]. Er war Mitglied der [[Monty Python|Monty-Python]]-Gruppe, wo er oft Rollen übernahm, die nach übertriebenem Enthusiasmus oder unerschütterlicher Ruhe verlangten.<br />
<br />
== Leben ==<br />
Nach dem Besuch der Grundschule in Birkdale und eines Internats in Shrewsbury studierte Palin [[Geschichtswissenschaft]] am [[Brasenose College]] in [[University of Oxford|Oxford]]. Nach eigenen Aussagen hatte er auf der Grundschule erste Erfahrungen mit der Schauspielerei und trat in einer Aufführung von [[Charles Dickens]]' ''Eine Weihnachtsgeschichte'' auf.<br />
<br />
Nach dem Ende von [[Monty Python's Flying Circus]] arbeitete Palin mit [[Terry Jones (Komiker)|Terry Jones]], den er an der Oxford University kennengelernt hatte, zunächst an der TV-Comedy-Serie ''Ripping Yarns''. Danach übernahm er zahlreiche Rollen in den folgenden Monty-Python-Kinofilmen und trat in den frühen Filmen von [[Terry Gilliam]] auf ([[Jabberwocky (Film)|Jabberwocky]], [[Time Bandits]], [[Brazil]]).<br />
<br />
Er spielte gemeinsam mit [[John Cleese]] in der erfolgreichen Komödie ''[[Ein Fisch namens Wanda]]'' und der weniger erfolgreichen [[Fortsetzung]] ''[[Wilde Kreaturen]]''. Seine Darstellung des [[stottern]]den Ken in ''Ein Fisch namens Wanda'' brachte ihm sowohl einen [[British Academy Film Award|BAFTA Award]] als [[British Academy Film Award/Bester Nebendarsteller|bester Nebendarsteller]] als auch Kritik von Stotterern ein, was ihn dazu veranlasste, das „London Centre for Stammering Children“ (in etwa: „Londoner Zentrum für stotternde Kinder“) zu gründen, auch weil sein eigener Vater stotterte und die Rolle des Ken auf ihm basierte. Bereits in ''Das Leben des Brian'' spielte er die Rolle des Pontius Pilatus mit einem Sprachfehler, den er von einem seiner früheren Lehrer imitierte.<br />
<br />
Eine Leidenschaft von Michael Palin ist das Reisen, was ihn dazu brachte, einige Reise-[[Dokumentarfilm|Dokumentationen]] für die [[British Broadcasting Corporation|BBC]] zu filmen. Der Erfolg dieser Reihe in seinem Heimatland beruht zu einem großen Teil auf seinen humorvollen Kommentaren und den ungewöhnlichen Reiserouten. Nach fast jeder Veröffentlichung einer neuen Dokumentation kommt es zudem zum so genannten „Palin-Effekt“, einer Zunahme von Interesse an der jeweiligen Region durch das britische Publikum.<ref>[http://www.guardian.co.uk/travel/newspaper/2007/sep/16/escape.lithuania Eastern Europe braced for Palin effect] [[The Observer]], 16. September 2007, englisch, gesichtet 29. August 2008.</ref><br />
<br />
Er versuchte sich auch als Romanautor (''Hemingway's Chair''). Er schrieb das Drehbuch für [[Amerikanische Freundinnen]] und spielte darin die Hauptrolle. Die Handlung des Filmes beruht auf den Reisetagbüchern seines Urgroßvaters Edward Palin, der [[Fellow]] an der Universität Oxford war, und es 1866 aus Liebe zu einem 19 Jahre jüngeren irisch-amerikanischen Mädchen verließ.<br />
<br />
Michael Palin ist seit 1966 mit Helen Gibbins verheiratet und hat drei Kinder.<br />
<br />
Am 1. Januar 2000 wurde er von der britischen Königin [[Elisabeth II.]] zum „[[Order of the British Empire|Commander of the Order of the British Empire (CBE)]]“ ernannt.<br />
<br />
Am 1. Juni 2009 wurde Palin zum Präsidenten der [[Royal Geographical Society]] gewählt, der er zuvor über viele Jahre in verschiedenen Funktionen verbunden war.<br />
<br />
== Synchronsprecher ==<br />
Palins deutscher Standardsprecher bei Kinofilmen ist seit ''[[Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft]]'' (1971) [[Michael Nowka]], der ihn auch in anderen Pythonfilmen (''[[Der Sinn des Lebens (Film)|Der Sinn des Lebens]]''), sowie u. a. in ''[[Ein Fisch namens Wanda]]'' (1988) und dessen Fortsetzung ''[[Wilde Kreaturen]]'' (1997) gesprochen hat.<br />
<br />
Da Palin wie auch die anderen Ensemblemitglieder der Pythontruppe sowohl in ''[[Die Ritter der Kokosnuß]]'' (1974), als auch ''[[Das Leben des Brian]]'' (1979) viele verschiedene Rollen gleichzeitig übernahmen, wurde er in diesen beiden Filmen auch von einer ganzen Reihe verschiedener Sprecher synchronisiert; in ''Die Ritter der Kokosnuß'' von [[Joachim Pukaß]], [[Joachim Tennstedt]], [[Joachim Kerzel]], [[Randolf Kronberg]], [[Joachim Nottke]], [[Andreas Mannkopff]], [[Christian Rode]] und [[Norbert Gescher]], in ''Das Leben des Brian'' von [[Thomas Danneberg]], [[Mogens von Gadow]] und [[Harry Wüstenhagen]].<br />
<br />
In weiteren nennenswerten Filmen, in denen Palin mitwirkte, wurde er von den folgenden Sprechern jeweils nur einmal synchron gesprochen:<br />
*[[Wolfgang Condrus]] (Standardstimme u. a. von [[Sam Neill]]) in ''[[Jabberwocky (Film)|Jabberwocky]]'' (1977)<br />
*[[Frank Schaff]] in ''[[The Rutles]] – All you need is cash'' (1978)<br />
*[[Jürgen Thormann]] in ''[[Time Bandits]]'' (1981)<br />
*[[Arne Elsholtz]] (Standardstimme von [[Eric Idle]], [[Tom Hanks]] und [[Bill Murray]]) in ''[[Brazil]]'' (1985)<br />
<br />
Darüber hinaus wurde Palin in der in den neunziger Jahren für [[Sat.1]] entstandenen Synchronisation von ''Monty Python's Flying Circus'', die sich nicht an die mit ''Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft'' etablierten Standardstimmen hielt und daher umstritten war, von [[Kai Taschner]] gesprochen.<br />
<br />
== Filmographie (Auswahl) ==<br />
* 1967–1969: [[Do Not Adjust Your Set]]<br />
* 1968: [[How to Irritate People]]<br />
* 1969–1974: [[Monty Python’s Flying Circus]]<br />
* 1972: Monty Python's [[Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft|Wunderbare Welt der Schwerkraft]] (''And Now for Something Completely Different'')<br />
* 1975: Monty Python's [[Die Ritter der Kokosnuß]] (''Monty Python and the Holy Grail'')<br />
* 1976–1979: Ripping Yarns (TV-Serie)<br />
* 1977: [[Jabberwocky (Film)|Jabberwocky]]<br />
* 1978: [[The Rutles]]<br />
* 1979: Monty Python's [[Das Leben des Brian]] (''Monty Python's Life of Brian'')<br />
* 1981: [[Time Bandits]]<br />
* 1982: Der Missionar (''The Missionary'')<br />
* 1983: Monty Python's [[Der Sinn des Lebens (Film)|Der Sinn des Lebens]] (''Monty Python's Meaning of Life'')<br />
* 1983: Monty Python [[Monty Python Live at the Hollywood Bowl|Live at the Hollywood Bowl]]<br />
* 1984: [[Magere Zeiten – Der Film mit dem Schwein]] (''A Private Function'')<br />
* 1985: [[Brazil]]<br />
* 1988: [[Ein Fisch namens Wanda]] (''A Fish Called Wanda'')<br />
* 1991: [[Amerikanische Freundinnen]] ''(American Friends)''<br />
* 1996: Sturm in den Weiden (''Wind in the Willows'')<br />
* 1997: [[Wilde Kreaturen]] (''Fierce Creatures'')<br />
<br />
== Dokumentationen ==<br />
* 1980: Great Railway Journey (from London to Kyle of Lochalsh/Isle of Skye)<br />
* 1989: In 80 Tagen um die Welt ('Around the World in 80 Days')<br />
* 1992: Von Pol zu Pol mit Michael Palin ('Pole to Pole')<br />
* 1994: Great Railway Journey (from Derry to Kerry) Ireland<br />
* 1997: Rund um den Pazifik ('Full Circle with Michael Palin')<br />
* 1999: Michael Palin's Hemingway Adventure<br />
* 2002: Sahara<br />
* 2004: Himalaya<br />
* 2007: New Europe<br />
* 2008: Around the World in 20 Years<br />
* 2012: Brazil<br />
<br />
== Lieder ==<br />
* Every Sperm is sacred (aus ''Monty Python's Der Sinn des Lebens'')<br />
* Finland<br />
* Spam-Song (mit Terry Jones)<br />
* [[Holzfäller-Lied]] (''The Lumberjack-Song'') mit Terry Jones<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons}}<br />
* {{DNB-Portal|120113562}}<br />
* {{IMDb Name|ID=0001589|NAME=Michael Palin}}<br />
* [http://www.palinstravels.co.uk Michael Palins Reisen (Tagebuch, Fotos)]<br />
* [http://www.sueddeutsche.de/kultur/im-interview-michael-palin-es-muss-weh-tun-1.191419 ''Es muss weh tun'' – Interview der Süddeutschen Zeitung]<br />
* [http://www.bbcgermany.de/GERMANY/dokumentationen/producenten/palin.php Produzentenseite bei BBC GERMANY]<br />
<br />
{{Navigationsleiste Monty Python}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=120113562|LCCN=n/80/81800|VIAF=44394038}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Palin, Michael}}<br />
[[Kategorie:Komiker]]<br />
[[Kategorie:Schauspieler]]<br />
[[Kategorie:Britischer Künstler]]<br />
[[Kategorie:Sänger]]<br />
[[Kategorie:Monty Python]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Royal Geographical Society]]<br />
[[Kategorie:Commander des Order of the British Empire]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1943]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Palin, Michael<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Palin, Michael Edward<br />
|KURZBESCHREIBUNG=britischer Schauspieler und Sänger, Mitglied von Monty Python<br />
|GEBURTSDATUM=5. Mai 1943<br />
|GEBURTSORT=[[Sheffield]], England<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[an:Michael Palin]]<br />
[[arz:مايكل پيلين]]<br />
[[bg:Майкъл Пейлин]]<br />
[[ca:Michael Palin]]<br />
[[cs:Michael Palin]]<br />
[[cy:Michael Palin]]<br />
[[da:Michael Palin]]<br />
[[en:Michael Palin]]<br />
[[es:Michael Palin]]<br />
[[eu:Michael Palin]]<br />
[[fi:Michael Palin]]<br />
[[fr:Michael Palin]]<br />
[[he:מייקל פיילין]]<br />
[[hr:Michael Palin]]<br />
[[hu:Michael Palin]]<br />
[[it:Michael Palin]]<br />
[[ja:マイケル・ペイリン]]<br />
[[ko:마이클 페일린]]<br />
[[mk:Мајкл Палин]]<br />
[[nl:Michael Palin]]<br />
[[no:Michael Palin]]<br />
[[pl:Michael Palin]]<br />
[[pt:Michael Palin]]<br />
[[ro:Michael Palin]]<br />
[[ru:Пейлин, Майкл]]<br />
[[sh:Michael Palin]]<br />
[[simple:Michael Palin]]<br />
[[sk:Michael Palin]]<br />
[[sq:Michael Palin]]<br />
[[sv:Michael Palin]]<br />
[[tr:Michael Palin]]<br />
[[uk:Майкл Пелін]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ramses_VII.&diff=113113346Ramses VII.2013-01-18T10:06:26Z<p>GhalyBot: r2.7.2) (Bot: Ergänze: arz:رمسيس السابع</p>
<hr />
<div>{{Infobox Pharao<br />
|HORUSNAME = <hiero>E1-D40:D36-N35:D6-G17-M23-A42</hiero><br />
|HORUSNAME-ERKLÄRUNG = Ka-nacht-an-em-nesu <br /> ''{{Unicode|K3-nḫt- ˁn-m-ns.w}}'' <br /> ''Starker Stier, schön als König''<br />
|NEBTINAME = <hiero>G17-D36:V31:Y1-I6:X1*O49-G43-D36:I9:V1-Y1V-A24-N25:X1*Z1-T14-A1*B1:Z2-N25</hiero><br />
|NEBTINAME-ERKLÄRUNG = Mek-Kemet-waf-chastiu <br /> ''{{Unicode|Mk-Kmt-wˁf-ḫ3st.jw}}'' <br /> ''Beschützer Ägyptens, der die Bewohner der Fremdländer niederzwingt''<br />
|GOLDNAME = <hiero>F12-M4-M4-M4-W19-C12</hiero><br />
|GOLDNAME-ERKLÄRUNG = User-renput-mi-Atum <br /> ''{{Unicode|Wsr-rnp.wt-mj-ṮJtm}}'' <br /> ''Reich an Jahren wie [[Atum]]''<br />
|THRONNAME = <hiero>N5-F12-C12-N5-U21:N35-U6</hiero><br />
|THRONNAME-ERKLÄRUNG = User-maat-Re-setep-en-Re-meri-Amun <br /> ''{{Unicode|Wsr-m3ˁ.t-Rˁ-stp-n-Rˁ-mr.j-Jmn}}'' <br /> ''Reich an [[Maat (Ägyptische Mythologie)|Maat]], ein [[Re (Ägyptische Mythologie)|Re]], Erwählter des Re, Geliebter des [[Amun]]''<br />
|EIGENNAME = <hiero>N5-C12-F31-O34:O34-M17-X1-R8-S38-O28</hiero><br />
|EIGENNAME-ERKLÄRUNG = Ramesisuitiamunnetjerheqaiunu <br /> (Ra mesi su iti Amun netjer heqa Iunu) <br /> ''{{Unicode|Rˁ msj sw jt}}={{Unicode|j Jmn nṯr ḥq3 Jwnw}}'' <br /> ''Re ist es der ihn geboren hat, mein Vater ist Amun, Gott, Herrscher von [[Heliopolis]]'' <br />
}}<br />
<br />
'''Ramses VII.''' war der 6. [[Altes Ägypten|altägyptische]] König ([[Pharao]]) der [[20. Dynastie]]. Er übernahm am [[Peret (Altes Ägypten)#Datierungen|20.&nbsp;Peret&nbsp;II&nbsp;(9.&nbsp;November)]]&nbsp;1137&nbsp;v.&nbsp;Chr. die Herrschaft und regierte bis 1130 v. Chr. oder 1129 v. Chr.<ref>Vgl. Rolf Krauss: ''Sothis- und Monddaten: Studien zur astronomischen und technischen Chronologie Altägyptens'', Gerstenberg, Hildesheim 1985, {{Falsche ISBN|3-8067-8086-X}}, S. 133.</ref><br />
<br />
== Herkunft ==<br />
Ramses VII. war Sohn und Nachfolger von [[Ramses VI.]] und dessen Gemahlin Nubchesbed sowie Neffe seines Nachfolgers [[Ramses VIII.]]<br />
<br />
== Regentschaft ==<br />
Aus seiner Regierungszeit sind mehrere administrative und wirtschaftliche Dokumente sowie fünf [[Hymne]]n auf den Pharao erhalten.<br />
<br />
Die wirtschaftliche Krise der Zeit, die ein Ansteigen der Getreidepreise zur Folge hatte, wird in Dokumenten aus der Arbeitersiedlung von [[Deir el-Medine]] wiedergegeben. Die Resonanz darauf waren Plünderungen der [[Nekropole]], die unter Mitwirkung der lokalen Autoritäten stattfanden ([[Ramses IX.]]).<br />
<br />
== Sein Grab ==<br />
Das wichtigste [[Monument]] des Königs ist sein Grab ([[KV1]]) im [[Tal der Könige]]. Dies ist im Gegensatz zu den anderen Gräbern des Tales jedoch eher bescheiden. Von der Ausstattung ist außer dem [[Sarkophag]] (Granitdeckel über eingetiefter Grube), [[Uschebti]]s und vier bei der Cachette von [[Deir el-Bahari]] gefundenen Gefäßen aus [[Ägyptische Fayence|Fayence]] nichts erhalten. Über den Verbleib der [[Mumie]] ist nichts bekannt.<ref>Thomas Schneider: ''Lexikon der Pharaonen.'' S. 238-239</ref><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Armin A.M.A. Amer: ''A Unique Theban Tomb Inscription under Ramesses VIII.'' Göttinger Miszellen 49, Göttingen 1981, S. 9–12.<br />
* Darrell D. Baker: ''The Encyclopedia of the Egyptian Pharaohs, Volume I: Predynastic to the Twentieth Dynasty (3300-1069 BC).'' Bannerstone Press, London 2008, ISBN 978-1-905299-37-9, S. 326–328.<br />
* [[Thomas Schneider (Ägyptologe)|Thomas Schneider]]: ''Lexikon der Pharaonen.'' Albatros, Düsseldorf 2002, ISBN 3-491-96053-3, S. 238-239.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Ramses VII}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
<br /><br />
{{Folgenleiste|VORGÄNGER=[[Ramses VI.]]|NACHFOLGER=[[Ramses VIII.]]|AMT=[[Liste der Pharaonen|Pharao von Ägypten]]|ZEIT=[[20. Dynastie]]}}<br />
<br />
{{Normdaten|PND=118598198|LCCN=n/91/22633|VIAF=63181624}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Ramses 07}}<br />
[[Kategorie:Altägyptischer König (Neues Reich)]]<br />
[[Kategorie:20. Dynastie (Ägypten)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 12. Jahrhundert v. Chr.]]<br />
[[Kategorie:Gestorben im 12. Jahrhundert v. Chr.]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Ramses VII.<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=6. Pharao der 20. Dynastie<br />
|GEBURTSDATUM=12. Jahrhundert v. Chr.<br />
|GEBURTSORT=<br />
|STERBEDATUM=12. Jahrhundert v. Chr.<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[ar:رمسيس السابع]]<br />
[[arz:رمسيس السابع]]<br />
[[bg:Рамзес VII]]<br />
[[ca:Ramsès VII]]<br />
[[cs:Ramesse VII.]]<br />
[[en:Ramesses VII]]<br />
[[es:Ramsés VII]]<br />
[[eu:Ramses VII.a]]<br />
[[fa:رامسس هفتم]]<br />
[[fi:Ramses VII]]<br />
[[fr:Ramsès VII]]<br />
[[hu:VII. Ramszesz]]<br />
[[it:Ramses VII]]<br />
[[nl:Ramses VII]]<br />
[[pl:Ramzes VII]]<br />
[[pt:Ramsés VII]]<br />
[[ru:Рамсес VII]]<br />
[[sh:Ramzes VII]]<br />
[[sv:Ramses VII]]<br />
[[tl:Ramesses VII]]<br />
[[yo:Ramesses 7k]]<br />
[[zh:拉美西斯七世]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Jane_Fonda&diff=113004086Jane Fonda2013-01-15T19:22:00Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ergänze: arz:جين فوندا, gl:Jane Fonda</p>
<hr />
<div>[[Datei:Jane Fonda Cannes.jpg|rechts|miniatur|Jane Fonda auf den [[Internationale Filmfestspiele von Cannes|Internationalen Filmfestspielen von Cannes]], 2007.]]<br />
'''Jane Seymour Fonda''' (* [[21. Dezember]] [[1937]] in [[New York City|New York]]) ist eine [[Vereinigte Staaten|US]]-amerikanische [[Schauspieler]]in. Sie entwickelte sich in den 1960er und 1970er Jahren vom internationalen [[Sexsymbol]] zu einer ernsthaften [[Charakterdarsteller]]in. Die zweifache [[Oscar]]-Preisträgerin (1972 für ''[[Klute]]'' und 1979 für ''[[Coming Home – Sie kehren heim]])'' engagierte sich im Kampf gegen den [[Vietnamkrieg]] und avancierte später mit zahlreichen [[Aerobic]]-Videos zur [[Fitness]]-Queen. Nach fünfzehnjähriger Pause betätigt sich Fonda seit 2005 wieder als Filmschauspielerin.<br />
<br />
== Leben und Karriere ==<br />
<br />
Jane Fonda ist die Tochter von [[Henry Fonda]], Schwester von [[Peter Fonda]] und Tante von [[Bridget Fonda]]. Ihre Mutter, Frances Seymour Brokaw Fonda, konnte ihren Stammbaum bis zu [[Edward Seymour, 1. Duke of Somerset|Edward Seymour]], dem Bruder [[Jane Seymour]]s, einer der vielen Ehefrauen des englischen Königs [[Heinrich VIII. (England)|Heinrich&nbsp;VIII.]], zurückverfolgen. Ihre Mutter verübte 1950 wegen einer Affäre Henry Fondas mit einer wesentlich jüngeren Frau [[Suizid]]. Jane Fonda, der man erzählt hatte, die Mutter sei an einem Herzinfarkt gestorben, erfuhr erst ein Jahr später durch einen Zeitungsartikel von den Hintergründen.<br />
<br />
Bereits 1954 trat sie zusammen mit ihrem Vater am Theater auf. Ab 1958 besuchte sie das [[The Actors Studio|Actors Studio]] von [[Lee Strasberg]]. 1960 wurde sie für ihre Darstellung in dem Bühnenstück ''There Was a Little Girl'' für den [[Tony Award]] nominiert. 1960 drehte sie auch ihren ersten Kinofilm, [[Edward Dmytryk]]s Drama ''Je länger – je lieber'', der ihr 1962 den [[Golden Globe Award]] als ''[[Golden Globe Award/Beste Nachwuchsdarstellerin|Beste Nachwuchsdarstellerin]]'' einbrachte. Sie besuchte die [[Sowjetunion]], ging nach [[Frankreich]], drehte dort mehrere erfolgreiche Filme. Mit dem doppelbödigen Psychothriller ''Wie Raubkatzen'' – mit [[Alain Delon]] unter der Regie von [[René Clément]] – gelang ihr 1962 der internationale Durchbruch. Am 14. August 1965 heiratete sie [[Roger Vadim]], unter dessen Regie sie 1967 als ''[[Barbarella (Film)|Barbarella]]'' zu einem der weiblichen Sexsymbole der 1960er Jahre wurde. Die Ehe wurde 1973 geschieden.<br />
<br />
[[Datei:Ted Turner Jane Fonda 1992.jpg|miniatur|Jane Fonda und [[Ted Turner]], 1992]]<br />
Jane Fonda engagierte sich ab 1969 bis weit in die 1970er Jahre hinein vehement gegen den [[Vietnamkrieg]]. Sie besuchte Nord-[[Vietnam]] und ließ sich lächelnd auf einer [[Flugabwehrkanone]] sitzend abbilden. Die Reise brachte ihr in der Heimat den Beinamen „[[Hanoi]] Jane“ ein. Jahre später bezeichnete sie ihr Posieren neben den Waffen des [[Nationale Front für die Befreiung Südvietnams|Vietcong]] als Fehler, stand jedoch weiterhin zu ihrer Kritik am US-amerikanischen Vorgehen in [[Südostasien]]. Bemerkenswertes Zeugnis ihres Engagements gegen den Krieg ist der Film ''F.T.A.'' – das Kürzel steht für ''Free the Army'' (gemeint ist aber ''Fuck the Army)'' - der ihre Agitationstournee zu Standorten der US Army in der ganzen Welt (zusammen mit [[Donald Sutherland]]) dokumentiert. Auch der Film ''[[Coming Home – Sie kehren heim]]'' weist deutlich in diese Richtung. Anlässlich einer Demonstration am 27. Januar 2007 engagierte sich Fonda in [[Washington (District of Columbia)|Washington]] öffentlich gegen die US-Invasion im [[Irak]]. Nach der gescheiterten Ehe mit dem Politiker [[Tom Hayden]] heiratete sie 1991 [[Ted Turner]], den Gründer des Nachrichtensenders [[CNN]]. Diese Ehe hielt bis 2001.<br />
<br />
Einer ihrer größten Filmerfolge war der 1979 erschienene [[Kernenergie|Kernkraft]]-kritische Thriller ''[[Das China-Syndrom]]''. Die von dem Film ausgelösten heftigen Diskussionen über die Nutzung der Kernenergie, an denen sich auch Jane Fonda öffentlich beteiligte, verursachten bei dem sogenannten „Vater der [[Wasserstoffbombe]]“, [[Edward Teller]], nach eigener Aussage einen [[Herzinfarkt]]. („Ich war das einzige Opfer von [[Kernkraftwerk Three Mile Island|Three Mile Island]]!“)<br />
1980 stand sie das erste und einzige Mal zusammen mit ihrem Vater (und [[Katharine Hepburn]]) in dem Film ''[[Am goldenen See]]'' vor der Kamera, wofür Filmlegende [[Henry Fonda]] den von ihm lange ersehnten Oscar erhielt.<br />
<br />
[[Hollywood]] ehrte die politisch umstrittene Schauspielerin bei sieben Nominierungen mit zwei Oscars (1972 für ''[[Klute]]'' und 1979 für ''Coming Home'').<br />
<br />
Im Jahr 1990 zog sie sich scheinbar endgültig aus dem Filmgeschäft zurück. 2001 hatte sie jedoch einen [[Cameo-Auftritt]] in [[Barry Levinson]]s Gangsterkomödie ''[[Banditen!]]'', in der auch ihr Sohn [[Troy Garity]] mitwirkte. 2005 übernahm Fonda als böse Schwiegermutter von [[Jennifer Lopez]] die Titelrolle in ''[[Das Schwieger-Monster]]''. Der Streifen fiel bei Filmkritikern durch, erwies sich jedoch als Fondas erster Kassenschlager seit fast einem Vierteljahrhundert. Kurz vor der Premiere des Films brachte Fonda ihre Autobiografie unter dem Titel ''My Life So Far'' auf den Markt, mit der sie die [[Bestsellerliste]]n anführte. Dazu vermarktete sie eine DVD-Ausgabe ihrer Aerobic-Videos.<br />
<br />
Die 1,73&nbsp;Meter große, stets schlank gebliebene Darstellerin gehört seit Ende der 1970er Jahre zu den [[Protagonist]]innen einer Fitness-Welle. Mit Aerobic-Videos und später auch Stretch- und Yoga-Videos schuf Fonda ein Fitness-Imperium, dessen Wert auf über 600&nbsp;Millionen Dollar geschätzt wurde.<ref>[http://www.stern.de/lifestyle/leute/605946.html?backref=%2Flifestyle%2Fleute%2F%3AJane-Fonda-Ein-Sexsymbol%2F605980.html&cp=15. Jane Fonda: Vom Sexsymbol zur Friedensaktivistin – Lifestyle – stern.de<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref><br />
Nach einigen Todesfällen von Freizeitsportlern vertrat die ursprünglich höchst radikale Anforderungen an den Körper propagierende Fonda ''(„Hintern bewegen!“)'' schließlich eine gemäßigtere Linie. Im Alter gestand sie sogar ein, mehr als dreißig Jahre an [[Bulimie]] gelitten zu haben.<br />
<br />
Jane Fonda hat eine Tochter aus ihrer Ehe mit Roger Vadim, [[Vanessa Vadim]], und einen Sohn, [[Troy Garity]], sowie eine Adoptivtochter mit [[Tom Hayden]].<br />
<br />
== Zitate ==<br />
<br />
{{Zitat|Feminismus hat einfach nichts damit zu tun, ob man Make-up trägt oder nicht. Es geht dabei um die eigene Selbstwahrnehmung! Darum, dass sich Frauen darüber im Klaren sind, dass sie ein Grundrecht darauf haben, sich selbst zu verwirklichen. Egal, ob sie zu Hause bleiben, Kinder aufziehen oder im Beruf Karriere machen. Sie haben das Recht auf gleichen Zugang, gleiche Möglichkeiten wie ein Mann. Das ist [[Feminismus]]. Ob du dabei Make-up trägst oder nicht, ist irrelevant.|Jane Fonda im Gespräch mit Mariam Schaghaghi<ref>[http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2007/1221/feuilleton/0002/index.html ''Bis zum fantastischen Gefühl ist es harte Arbeit'']. In: ''[[Berliner Zeitung]]'', 21. Dezember 2007</ref>}}<br />
<br />
== Filme (Auswahl) ==<br />
<br />
[[Datei:Jane Fonda Cannes nineties.jpg|thumb|Fonda bei den Filmfestspielen von Cannes, 2007]]<br />
* 1960: Je länger, je lieber ''(Tall story)''<br />
* 1962: [[Der Chapman-Report]] ''(The Chapman Report)''<br />
* 1962: [[Auf glühendem Pflaster]] ''(Walk on the Wild Side)''<br />
* 1962: Zeit der Anpassung ''(Period of Adjustment)''<br />
* 1963: [[Sonntag in New York]] ''(Sunday in New York)''<br />
* 1964: [[Wie Raubkatzen]] ''(Les félins)''<br />
* 1964: [[Der Reigen (1964)|Der Reigen]] ''(La Ronde)''<br />
* 1965: [[Cat Ballou – Hängen sollst du in Wyoming]] ''(Cat Ballou)''<br />
* 1966: [[Ein Mann wird gejagt]] ''(The Chase)''<br />
* 1966: Die Beute (La Curée)<br />
* 1967: [[Barfuß im Park]] ''(Barefoot in the Park)''<br />
* 1968: [[Barbarella (Film)|Barbarella]]<br />
* 1969: [[Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß]] ''(They Shoot Horses, Don't They?)''<br />
* 1971: [[Klute]] ''(Klute)''<br />
* 1973: Nora ''(A Doll's House)''<br />
* 1974: Vorstellung des Feindes ''(Introduction to the Enemy)'', [[Antikrieg]]s-Dokumentation<br />
* 1976: [[Der blaue Vogel (1976)|Der blaue Vogel]] ''(The Blue Bird)''<br />
* 1977: [[Julia (1977)|Julia]]<br />
* 1977: Das Geld liegt auf der Straße ''(Fun with Dick and Jane)''<br />
* 1978: [[Coming Home – Sie kehren heim]] ''(Coming Home)''<br />
* 1978: [[Eine Farm in Montana]] ''(Comes a Horseman)''<br />
* 1978: [[Das verrückte California-Hotel]] ''(California Suite)''<br />
* 1979: [[Der elektrische Reiter]] ''(The Electric Horseman)''<br />
* 1979: [[Das China-Syndrom]] ''(The China Syndrome)''<br />
* 1980: [[Warum eigentlich … bringen wir den Chef nicht um?]] ''(Nine to Five)''<br />
* 1981: [[Am goldenen See]] ''(On Golden Pond)''<br />
* 1981: [[Das Rollover-Komplott]] ''(Rollover)''<br />
* 1985: [[Agnes – Engel im Feuer]] ''(Agnes of God)''<br />
* 1986: [[Der Morgen danach]] ''(The Morning After)''<br />
* 1989: [[Old Gringo]]<br />
* 1990: [[Stanley und Iris]] ''(Stanley & Iris)''<br />
* 2005: [[Das Schwieger-Monster]] ''(Monster-in-Law)''<br />
* 2007: [[Georgias Gesetz]] ''(Georgia Rule)''<br />
* 2011: Und wenn wir alle zusammenziehen? ''(Et si on vivait tous ensemble?)''<br />
* 2011: Peace, Love & Misunderstanding<br />
* 2012: [[The Newsroom]] (Fernsehserie)<br />
<br />
== Auszeichnungen ==<br />
<br />
'''[[Oscar]]'''<br />
* Auszeichnungen<br />
:1972: [[Oscar/Beste Hauptdarstellerin|Beste Hauptdarstellerin]] ''(Klute)''<br />
:1979: Beste Hauptdarstellerin ''(Coming Home – Sie kehren heim)''<br />
* Nominierungen<br />
:1970: Beste Hauptdarstellerin ''(Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss)''<br />
:1978: Beste Hauptdarstellerin ''(Julia)''<br />
:1980: Beste Hauptdarstellerin ''(Das China-Syndrom)''<br />
:1982: [[Oscar/Beste Nebendarstellerin|Beste Nebendarstellerin]] ''(Am goldenen See)''<br />
:1987: Beste Hauptdarstellerin ''(Der Morgen danach)''<br />
<br />
'''[[British Academy Film Award]]'''<br />
* Auszeichnungen<br />
:1979: [[British Academy Film Award/Beste Hauptdarstellerin|Beste Hauptdarstellerin]] ''(Julia)''<br />
:1980: Beste Hauptdarstellerin ''(Das China-Syndrom)''<br />
* Nominierungen<br />
:1968: Beste ausländische Darstellerin ''(Barfuß im Park)''<br />
:1971: Beste Hauptdarstellerin ''(Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss)''<br />
:1972: Beste Hauptdarstellerin ''(Klute)''<br />
:1983: [[British Academy Film Award/Beste Nebendarstellerin|Beste Nebendarstellerin]] ''(Am goldenen See)''<br />
<br />
'''[[Golden Globe Award]]'''<br />
*Auszeichnungen<br />
:1962: [[Golden Globe Award/Beste Nachwuchsdarstellerin|Beste Nachwuchsdarstellerin]] ''(Auf glühendem Pflaster)''<br />
:1972: [[Golden Globe Award/Beste Hauptdarstellerin – Drama|Beste Hauptdarstellerin – Drama]] ''(Klute)''<br />
:1973: Henrietta Award als Beliebteste Filmschauspielerin der Welt<br />
:1978: Beste Hauptdarstellerin – Drama ''(Julia)''<br />
:1979: Beste Hauptdarstellerin – Drama ''(Coming Home – Sie kehren heim)''<br />
:1980: Henrietta Award als „Beliebteste Filmschauspielerin der Welt“<br />
* Nominierungen<br />
:1963: [[Golden Globe Award/Beste Hauptdarstellerin – Komödie oder Musical|Beste Hauptdarstellerin – Komödie oder Musical]] ''(Zeit der Anpassung)''<br />
:1966: Beste Hauptdarstellerin – Komödie oder Musical ''(Cat Ballou – Hängen sollst du in Wyoming)''<br />
:1967: Beste Hauptdarstellerin – Komödie oder Musical ''(Any Wednesday)''<br />
:1970: Beste Hauptdarstellerin – Drama ''(Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss)''<br />
:1980: Beste Hauptdarstellerin – Drama ''(Das China-Syndrom)''<br />
:1982: [[Golden Globe Award/Beste Nebendarstellerin|Beste Nebendarstellerin]] ''(Am goldenen See)''<br />
:1985: [[Golden Globe Award/Beste Hauptdarstellerin – Mini-Serie oder TV-Film|Beste Hauptdarstellerin – Mini-Serie oder TV-Film]] ''(The Dollmaker)''<br />
<br />
'''Weitere Auszeichnungen'''<br />
:1960: Laurel Award als „Beste neue weibliche Persönlichkeit“<br />
:1961: [[Hasty Pudding (Theatergesellschaft)|Hasty Pudding Frau des Jahres]]<br />
:1966: Laurel Award für die „Weibliche komödiantische Darbietung“ ''(Cat Ballou – Hängen sollst du in Wyoming)''<br />
:1969: [[New York Film Critics Circle Award]] als „Beste Hauptdarstellerin“ ''(Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss)''<br />
:1970 und 1977: Golden Apple Award<br />
:1971: [[Kansas City Film Critics Circle Award/Beste Hauptdarstellerin|Kansas City Film Critics Circle Award als „Beste Hauptdarstellerin“]] ''(Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss)''<br />
:1971: New York Film Critics Circle Award als „Beste Hauptdarstellerin“ ''(Klute)''<br />
:1972: [[Kansas City Film Critics Circle Award/Beste Hauptdarstellerin|Kansas City Film Critics Circle Award als „Beste Hauptdarstellerin“]] ''(Klute)''<br />
:1972: National Society of Film Critics Award als „Beste Hauptdarstellerin“ ''(Klute)''<br />
:1973: Fotogramas de Plata als „Beste ausländische Schauspielerin“ ''(Klute)''<br />
:1978: David di Donatello Award als „Beste ausländische Schauspielerin“ ''(Julia)''<br />
:1978: [[Los Angeles Film Critics Association|Los Angeles Film Critics Association Award]] als „Beste Hauptdarstellerin“ ''(Coming Home – Sie kehren heim)''<br />
:1979: ShoWest Convention Award als „Weiblicher Star des Jahres“<br />
:1980: American Movie Award als „Beliebtester weiblicher Filmstar“<br />
:1980: [[Jupiter (Filmpreis)|Jupiter]]-Filmpreis als „Beste Darstellerin“ ''(Das China-Syndrom)''<br />
:1980, 1981, 1982 und 1983: [[People’s Choice Awards|People’s Choice Award]] als „Beliebteste Filmschauspielerin“<br />
:1981: Women in Film Crystal Award<br />
:1982: American Movie Award als „Beste Nebendarstellerin“ in ''Am goldenen See''<br />
:1984: [[Emmy]] als „Herausragende Hauptdarstellerin in einer limitierten Serie oder einem Special“ ''(The Dollmaker)''<br />
:1993: Golden Boot Award<br />
:2001: Film Society of Lincoln Center Gala Tribute<br />
:2001: Savannah Film and Video Festival Lifetime Achievement Award<br />
:2005: [[National Board of Review]] - Career Achievement Award<br />
:2009: [[Deutscher Nachhaltigkeitspreis]] - Sonderpreis für humanitäres Engagement<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* Jane Fonda: ''My Life So Far.'' Random House, New York 2005, ISBN 0-375-50710-8 <br />
* Bill Davidson: ''Jane Fonda. Eine intime Biographie''. Volk und Welt, Berlin 1995, ISBN 3-353-01023-8 (Originaltitel: ''Jane Fonda. An Intimate Biography)''<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
<br />
{{Commons}}<br />
* [http://janefonda.com/ Offizieller Internetauftritt von Jane Fonda]<br />
* {{DNB-Portal|118534238}}<br />
* {{IMDb Name|ID=0000404|NAME=Jane Fonda}}<br />
* [http://www.ibdb.com/person.asp?ID=40806 Jane Fonda] in der [[Internet Broadway Database]]<br />
* [http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/jane-fonda/ FemBiografie Jane Fonda von Cornelia Heuer] mit Zitaten, Links und Literaturangaben<br />
* [http://www.snopes.com/military/fonda.asp ''Hanoi'd with Jane''] - [[:en:Snopes.com|Snopes.com]] über ihre Rolle als "Hanoi Jane" im Vietnamkrieg (englisch)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Gastgeber der Oscarverleihung}}<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=118534238|LCCN=n/79/103680|NDL=00439801|VIAF=37036983}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Fonda, Jane}}<br />
[[Kategorie:Schauspieler]]<br />
[[Kategorie:Oscarpreisträger]]<br />
[[Kategorie:Emmy-Preisträger]]<br />
[[Kategorie:Golden-Globe-Preisträger]]<br />
[[Kategorie:Autobiografie]]<br />
[[Kategorie:US-Amerikaner]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1937]]<br />
[[Kategorie:Frau]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Fonda, Jane<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Fonda, Jane Seymour (vollständiger Name)<br />
|KURZBESCHREIBUNG=US-amerikanische Schauspielerin<br />
|GEBURTSDATUM=21. Dezember 1937<br />
|GEBURTSORT=[[New York City]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
{{Link GA|en}}<br />
<br />
[[an:Jane Fonda]]<br />
[[ar:جين فوندا]]<br />
[[arz:جين فوندا]]<br />
[[be:Джэйн Фонда]]<br />
[[bg:Джейн Фонда]]<br />
[[ca:Jane Fonda]]<br />
[[cs:Jane Fondová]]<br />
[[cy:Jane Fonda]]<br />
[[da:Jane Fonda]]<br />
[[el:Τζέιν Φόντα]]<br />
[[en:Jane Fonda]]<br />
[[eo:Jane Fonda]]<br />
[[es:Jane Fonda]]<br />
[[et:Jane Fonda]]<br />
[[eu:Jane Fonda]]<br />
[[fa:جین فوندا]]<br />
[[fi:Jane Fonda]]<br />
[[fr:Jane Fonda]]<br />
[[fy:Jane Fonda]]<br />
[[gl:Jane Fonda]]<br />
[[he:ג'יין פונדה]]<br />
[[hr:Jane Fonda]]<br />
[[hu:Jane Fonda]]<br />
[[hy:Ջեյն Ֆոնդա]]<br />
[[id:Jane Fonda]]<br />
[[io:Jane Fonda]]<br />
[[it:Jane Fonda]]<br />
[[ja:ジェーン・フォンダ]]<br />
[[ko:제인 폰다]]<br />
[[la:Ioanna Fonda]]<br />
[[lv:Džeina Fonda]]<br />
[[mk:Џејн Фонда]]<br />
[[mr:जेन फोंडा]]<br />
[[nl:Jane Fonda]]<br />
[[no:Jane Fonda]]<br />
[[oc:Jane Fonda]]<br />
[[pl:Jane Fonda]]<br />
[[pt:Jane Fonda]]<br />
[[ro:Jane Fonda]]<br />
[[ru:Фонда, Джейн]]<br />
[[sh:Jane Fonda]]<br />
[[simple:Jane Fonda]]<br />
[[sk:Jane Fondová]]<br />
[[sl:Jane Fonda]]<br />
[[sr:Џејн Фонда]]<br />
[[sv:Jane Fonda]]<br />
[[tg:Ҷейн Фонда]]<br />
[[th:เจน ฟอนดา]]<br />
[[tl:Jane Fonda]]<br />
[[tr:Jane Fonda]]<br />
[[uk:Джейн Фонда]]<br />
[[vi:Jane Fonda]]<br />
[[war:Jane Fonda]]<br />
[[yo:Jane Fonda]]<br />
[[zh:珍·芳達]]<br />
[[zh-min-nan:Jane Fonda]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ehe&diff=113001959Ehe2013-01-15T18:39:23Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ergänze: th:การสมรส</p>
<hr />
<div>{{Begriffsklärungshinweis}}<br />
<br />
[[Datei:Brauysegen im Bett.gif|miniatur|Wye reymont vnd melusina zusamen wurdent geleit / Vnd vom bischoff gesegenet wurdent in dem bett (Holzschnitt aus der ''Schönen [[Melusine]]'' 15. Jahrhundert)]]<br />
<br />
Die '''Ehe''' ({{gohS}} für etwa ''Ewigkeit'', ''Recht'', ''Gesetz''; [[Juristische Fachsprache|rechtssprachlich]]-historisch '''[[Konnubium]]''') ist eine gesellschaftlich anerkannte, zumeist gesetzlich geregelte, gefestigte [[Lebensgemeinschaft]] von Personen, die als ''Ehe'''gatten''''' (siehe [[Begattung]]), ''Eheleute'', ''Ehepaar'' oder auch ''Ehepartner'' bezeichnet werden. <!--Bitte nach dem Einleitungssatz eine Leerzeile, damit der Erstleser erkennen kann, was der Kern des Lemmas ist. --><br />
<br />
Nur eine Minderheit von Staaten und Religionen erlaubt die [[Vielehe]]. Die Ehe ist daher üblicherweise eine Gemeinschaft von zwei Personen. Während sie historisch auf Mann und Frau beschränkt war, hat in der westlichen Welt mit dem Anfang des 21. Jahrhunderts eine Öffnung für [[Gleichgeschlechtliche Ehe|gleichgeschlechtlichen]] Paare eingesetzt.<br />
<br />
Die Bedeutung der Ehe ist stark von den [[Gesellschaft (Soziologie)|gesellschaftlichen]] und [[kultur]]ellen Rahmenbedingungen abhängig und hat sich im [[Geschichte|Zuge der menschlichen Entwicklung]] immer wieder verändert. In Deutschland bezeichnet der Begriff ''Ehe'' heute im Allgemeinen die [[Zivilehe]]. Der hier allgemein vorgesehene [[Güterstand|gesetzliche Güterstand]] ist die [[Zugewinngemeinschaft]]; darüber hinausgehende Regelungen werden in einem [[Ehevertrag]] vereinbart. Die rechtsgültige Auflösung der Ehe ist die [[Scheidung]].<br />
<br />
Als [[genealogisches Zeichen]] verwendet man <big>⚭</big> ([[Unicode]] U+26AD) oder oo.<br />
<br />
== Formen und Abgrenzung ==<br />
=== Merkmale der Ehe ===<br />
<br />
In den meisten Ländern ist eine rechtliche Voraussetzung für die Ehe die Verschiedengeschlechtlichkeit; in einigen ist dies jedoch nicht mehr der Fall - siehe dazu [[Gleichgeschlechtliche Ehe#Aktuelle Situation|gleichgeschlechtliche Ehe]]. Die weiblichen Ehepartner können mit den Begriffen ''Ehefrau'', ''Frau'' oder auch ''Gattin'', altertümlich auch ''Gemahlin'' bezeichnet werden; historisch war auch ''[[Weib]]'' dafür gebräuchlich. Vor und bei der Eheschließung wird eine Frau als ''[[Brautpaar|Braut]]'' bezeichnet. Ein männlicher Partner wird vor und bei der Eheschließung ''Bräutigam'' und nach der [[Hochzeitsfeier#Heirat|Heirat]] ''Ehemann'', ''Mann'' oder ''Gatte'', altertümlich auch ''Gemahl'' genannt. Veraltet ist auch vom ''Gespons'' (von [[Latein|lat.]] sponsus, sponsa = Bräutigam, Braut) die Rede. Umgangssprachlich wird ein Ehepartner manchmal als „bessere Hälfte“ bezeichnet.<br />
<br />
Die Vorstellungen über die Eigenart der Ehe unterscheiden sich grundlegend. Im Römischen Reich wurde die Ehe als eine nichtrechtliche gesellschaftliche Tatsache durch verwirklichte Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau gesehen. Die römisch-katholische Auffassung versteht die Ehe als ein heiliges [[Sakrament]]. Die Ansicht der Zivilehe betrachtet schließlich die Ehe immer als eine Art bürgerlichen Vertrag. Oft verlangt diese Ansicht eine Beurkundung durch eine Urkundsperson in einem besonderen Verfahren (z.&nbsp;B. durch einen [[Standesbeamter|Standesbeamten]]). <br />
<br />
Die Ehe begründet persönliche sowie wirtschaftliche Rechte und Pflichten zwischen den Ehegatten. Der genauere Inhalt des Vertrages sowie die Art und Weise seines Zustandekommens hängen in hohem Maße von der jeweiligen Kultur und Gesellschaft ab. Der Ehe kommt sehr häufig die Aufgabe der materiellen Versorgung zu. Das wird z. B. durch Ansprüche auf Unterhalt, [[güterrecht]]lichen Ausgleich oder im [[islam]]ischen Rechtskreis durch die [[Morgengabe]] verwirklicht. In vielen, insbesondere [[Patrilinearität|patrilinearen]] Gesellschaften sichert die Ehe auch eine bestimmte legitime Erblinie.<br />
<br />
=== „Ehe ohne Trauschein“ / Konkubinat ===<br />
Die Zahl der Eheschließungen geht seit einigen Jahrzehnten in Deutschland zurück. Während im Jahr 1976 noch 510.318 Paare in Deutschland (Bundesrepublik und DDR) die Ehe eingingen, waren es im Jahr 2006 nur noch 373.681<ref>Statistisches Bundesamt Deutschland: Lange Reihen – Eheschließungen, Ehescheidungen (http://www.destatis.de/indicators/d/lrbev06ad.htm)</ref>. Viele Paare binden sich heute ohne Trauschein in einer [[Eheähnliche Gemeinschaft|eheähnlichen Gemeinschaft]] (umgangssprachlich auch „[[wilde Ehe]]“ oder Lebensabschnittspartnerschaft genannt), in der Schweiz als [[Konkubinat]] bezeichnet, oder gehen Partnerschaften und Liebesbeziehungen mit geringerer Verbindlichkeit ein. Dies kann teilweise mit dem gesellschaftlichen [[Wertewandel]] und der Emanzipation der Frau erklärt werden.<br />
<br />
Zum Beispiel sieht die Anthropologin Helen Fisher eine Hauptursache in der zurückgehenden gegenseitigen Abhängigkeit der Partner, durch die bessere Ausbildung und größere ökonomische Selbstständigkeit von Frauen verursacht, was Strategien der Fortpflanzung und Familienbildung neu aktiviert, die schon seit der Frühgeschichte der Menschheit bestehen.<ref>Aus Helen Fisher: ''Anatomy of Love. A natural History of Mating, Marriage, and why we stray.'' Fawcett/Random House, New York 1992, ISBN 0-449-90897-6 Deutsche Übersetzung: ''Anatomie der Liebe.'' Droemer Knaur Verlag, 1993, Kapitel 16, S. 293: „But of all the major factors that promote marital instability, perhaps the most powerful in America today can be summed up in two words: working women. […] demographers regularly cite this correlation between working women and high divorce rates.“ S. 304: „Divorce, single parents, remarriage, stepparents, and blended families are as old as the human animal – creations of a distant prehistoric age. As [[Paul Bohannan]] summed it up, ‚The family is the most adaptable of all human institutions, changing with every social demand.‘“</ref><br />
<br />
Doch verweisen manche [[Familiensoziologie|Familiensoziologen]] darauf, dass vor dem 19. Jahrhundert die Lage statistisch ähnlich war und dass die soziale Bedeutung der Ehe deswegen nicht unbedingt gemindert werde.<br />
<br />
De facto sind unverheiratete Paare nur in wenigen Ländern Verheirateten gleichgestellt.<br />
<br />
Auch eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft, die sich an der traditionellen Ehe orientiert, kann als Ehe bezeichnet werden.<ref>Duden (1999), S. 920, „Ehe“</ref> Durch die rechtlichen Möglichkeiten der offiziellen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften schränkt sie diese Verwendung mehr auf solche Rechtsinstitute ein.<br />
<br />
== Allgemeine Rahmenbedingungen ==<br />
=== Beginn ===<br />
{{Hauptartikel|Hochzeitsfeier}}<br />
<br />
Die Ehe beginnt heutzutage in den meisten Fällen mit einer Heirat, in deren Rahmen die Aushändigung einer Urkunde durch die beauftragte Institution erfolgt. In den meisten westlichen Staaten sind die Standesämter für die Beurkundung der rechtlich verbindlichen Ehe und die Kirchen für die kirchliche Trauung berufen. In manchen Ländern sind auch Religionsgemeinschaften zuständig. Die Beschaffung der erforderlichen [[Urkunde]]n und Nachweise (in Deutschland [[Abstammungsurkunde]] für das Standesamt, [[Taufschein]] für das Pfarramt) dauert in der Regel nur wenige Wochen. In den Fällen, in denen verschiedene Rechtssysteme berührt werden (z.&nbsp;B. im Fall von binationalen Ehen), kann es jedoch wesentlich länger dauern.<br />
<br />
=== Ende ===<br />
Die Ehe endet in der Regel mit dem [[Tod]] eines Ehegatten. Je nach Rechts-, Kultur- und Religionskreis unterscheiden sich die weiteren Möglichkeiten der Abstandnahme von einer geschlossenen Ehe. Häufig können Ehen durch gerichtliche Scheidung oder [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]] beendet werden. Im islamischen Rechtskreis ist die [[Verstoßung]] Voraussetzung für die Beendigung der Ehe. Nicht nur, aber hauptsächlich im katholischen Kirchenrecht welches keine Scheidung erlaubt, dient die [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigerklärung]] dazu, eine Ehe rückwirkend zum Zeitpunkt ihres Anfangs aufzulösen.<br />
<br />
{{Belege fehlen}} <!-- Woher sind die folgenden Vermutungen? --><br />
Als häufige Ursachen für ''Ehekrisen'' und ''Scheidungen'' gelten unter anderem:<br />
* Wegfall der wirtschaftlichen Abhängigkeit eines Ehepartners von dem anderen (Wandel von der ''Versorgungsehe'' hin zu einer anderen Form der Ehe) <br />
* fehlende Ehevorbereitung<br />
* fehlende Vorbilder<br />
* Überlastung der [[Partnerschaft]], z.&nbsp;B. durch Kinder und/oder Arbeitslosigkeit<br />
* zunehmende Individualisierung<br />
* Treulosigkeit<br />
* Vernachlässigung<br />
<br />
Mindestens 35 Prozent der Ehen in Deutschland werden wieder geschieden.<br />
<br />
Viele Gesellschaften kennen das Verfahren der Scheidung für die Beendigung der Ehe. Die Anerkennung der Scheidung ist in verschiedenen [[Weltanschauung]]en unterschiedlich geregelt. Ein wichtiger Unterschied besteht darin, ob die Scheidungsvoraussetzungen an bestimmte, durch einen Ehegatten verschuldete ehewidrige Handlungen anknüpft (wie in Deutschland und den USA vor den 1970er Jahren) oder das objektive Scheitern der Ehe ausreichen lässt ([[Zerrüttungsprinzip]]). Der Befund solch einer Zerrüttung liegt in der Regel nur vor, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft über einen bestimmten Zeitraum nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung nicht mehr erwartet werden kann. In Deutschland oder Kanada ist der Zeitraum auf ein Jahr festgelegt. Er kann aber auch ein Vielfaches davon umfassen (Schweiz zwei Jahre). Da die katholische Eheauffassung keine Scheidung kennt, gibt es nur die Möglichkeit der Nichtigerklärung. Die Folge einer solchen Erklärung ist, dass die Lebensgemeinschaft rückwirkend so behandelt wird, als hätte von Anfang nie eine Ehe bestanden.<br />
<br />
Verpflichtungen der Partner über die Dauer der Ehe hinaus regeln nationale Gesetze ganz unterschiedlich (die VR China kennt z.&nbsp;B. keine Verpflichtungen, in Deutschland können sich lebenslange Unterhaltspflichten zugunsten des wirtschaftlich schwächeren Partners ergeben). Verpflichtungen für gemeinsame Kinder aus der Ehe bestehen nahezu überall. Obwohl es zwischenstaatliche Vereinbarungen zur Auflösung der Ehe gibt, bergen die oft inkompatiblen nationalen Eheauflösungsverfahren für die zunehmende Zahl binationaler Ehen erhebliche Schwierigkeiten.<br />
<br />
=== Inzesttabu ===<br />
{{Hauptartikel|Inzest}}<br />
<br />
Alle bekannten Zivilisationen haben in unterschiedlichem Grad stets die Ehe mit Blutsverwandten [[tabu]]isiert, namentlich zwischen Elternteilen und ihren Kindern. Fast alle Völker verbieten die Ehe zwischen Bruder und Schwester. Vielfach untersagt man auch die Ehe zwischen Verwandten zweiten Grades. Viele Völker haben sich weitere Beschränkungen auferlegt, so die Ehe mit Personen gleichen [[Familienname]]ns oder mit Personen mit dem gleichen [[Totem]]tier. Siehe dazu auch den Artikel [[Heiratsregel]]n.<br />
<br />
Eine Ausnahme bildete das alte [[Ägypten]], wo die Ehe zwischen Bruder und Schwester in der Familie des [[Pharao]]s gestattet war; dieses Privileg wurde dem Volk verweigert und könnte dazu gedient haben, Macht und Lebenskraft in einer Familie zu konzentrieren.<br />
<br />
Die Konsequenz des Inzesttabus ist die Forderung nach exogamer, der auf eine andere Gruppe bezogenen Heirat. Ethnologen betonen, das Inzesttabu diene also dazu, den sozialen Zusammenhalt zu fördern (siehe [[Schwägerschaft]]).<br />
<br />
=== Endogamie ===<br />
{{Hauptartikel|Endogamie}}<br />
<br />
Bestimmte Religionsgemeinschaften, gesellschaftliche Gruppen und Völker fördern auch die Ehe innerhalb einer bestimmten Gruppe (Endogamie) und fordern auf, jemanden aus den eigenen Reihen zu heiraten. Auch rassistische Gesetze der Vergangenheit, die Verbindungen unterschiedlicher Rassenangehöriger zu verbieten suchten, lassen sich als Beispiele von Endogamie ansehen.<br />
<br />
== Die Geschichte der Ehe ==<br />
=== Ur- und Frühgeschichte ===<br />
Über die Anfänge der „Ehe“ jenseits des [[Hominisation|Tier-Mensch-Übergangsfeldes]] ist empirisch nichts bekannt. Selbst ausdeutbare Grabfunde der [[Archäologie]] reichen bislang nicht so weit in der Menschheitsgeschichte zurück.<br />
<br />
Ältere Sozialevolutionisten gingen von einer linearen Evolution der Paarbindungen unter Menschen aus: Zu Beginn der Menschheit habe [[Promiskuität]] geherrscht, die sich anschließend zur [[Gruppenehe]] und schließlich über die [[Polygamie]] zur [[Monogamie]] entwickelt hätte. Dieser Ansicht nach wurde die Monogamie als die kulturell am höchsten stehende Eheform betrachtet. Nach gleicher Logik (eine spätere Entwicklung stelle zwangsläufig eine „höhere“ Entwicklungsform dar) müsste der heutzutage angesichts der hohen [[Scheidungsrate]] häufige Wechsel von Ehepartnern ebenfalls als „höhere“ Form der Ehe betrachtet werden, im Vergleich zu der früheren Regelform einer lebenslangen Ehe. Die wenigsten der älteren Sozialevolutionisten ziehen jedoch diese Konsequenz aus einer solchen [[teleologisch]]en Logik.<br />
Neuere anthropologische Untersuchungen beispielsweise von [[Helen Fisher]] zeigen viele Gemeinsamkeiten und wiederkehrende Merkmale beim menschlichen Paarungsverhalten und Wahlverwandtschaften auf.<ref>Helen Fisher: ''Anatomy of Love. A natural History of Mating, Marriage, and why we stray.'' Fawcett/Random House, New York 1992, ISBN 0-449-90897-6 Deutsche Übersetzung: ''Anatomie der Liebe.'' Droemer Knaur Verlag 1993</ref>. Christen, Juden und Muslime sehen den Anfang der Paarbindungen bei Adam und Eva als monogame Ehe <ref>Luther: ''Die Bibel.'' ISBN: 3-438-01523-4.</ref>.<br />
<br />
Monogam lebende Völker scheinen in vorchristlicher Zeit wenig verbreitet gewesen zu sein (nach [[Gaius Cornelius Tacitus|Tacitus]]’ Schriften waren die [[Germanen]] mit ihrer Einehe eine Ausnahme unter den [[Barbar]]en der Antike, wobei es aber auch eine „Dreierehe“ [[Polyandrie]] im germanischen Kulturkreis gab, die erst relativ spät von der katholischen Kirche abgeschafft wurde). Tatsächlich stellen auch heute strenge Monogamie praktizierende Gesellschaften eine Minderheit unter den menschlichen Kulturen dar. Es sind nur wenige Gesellschaften bekannt, in der [[Polygynie]] und Polyandrie gleichzeitig praktiziert wurden (siehe [[Polyamory|Gruppenehe]] und [[Pseudogruppenehe]]). Vor allem durch die Expansion [[Monotheismus|monotheistischer]] Religionen, die erfolgreiche Ausbreitung europäischer Normen und Werte seit dem 15. Jahrhundert und die christliche [[Missionierung]] wurde die Monogamie in vielen Regionen der Welt zur vorherrschenden Eheform. Doch war im alten Judentum die Monogamie kein Zwang und ist im zeitgenössischen Islam nicht die Regel.<br />
<br />
[[Datei:Wedding ring Louvre AC924.jpg|miniatur|[[Byzantinisches Reich|Byzantinischer]] [[Ehering]], 7. Jahrhundert]]<br />
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Die Eheschließung war vermutlich primär ein Friedens- und Bündnisvertrag zwischen Sippen und – mittels oft komplizierter [[Exogamie]]- und [[Endogamie]]regeln – ein Bindeglied zwischen [[Clan]]s oder [[Phratrie]]n. Sie galt seit der Antike auch als eine Vorbedingung für den Beginn einer [[Familie (Soziologie)|Familie]], die als Baustein einer Gemeinschaft und der Gesellschaft angesehen wurde. Damit diente die Installierung der Ehe nicht nur den Interessen zweier Einzelpersonen oder ihrer Kinder, sondern auch den Zwecken religiöser und weltlicher [[Elite]]n. (Bis in die Neuzeit hinein war z.&nbsp;B. im Hochadel die „Ehe zur linken Hand“ ohne Legitimierung und Erbrecht der Kinder nach dem Vater möglich.)<br />
<br />
=== Römisches Reich ===<br />
{{Hauptartikel|Ehe im Römischen Reich}}<br />
<br />
=== Mittelalter ===<br />
Im Mittelalter waren in Westeuropa längst nicht alle Menschen in der Lage zu heiraten. Von dem jeweiligen Grund- oder Gutsbesitzer sowie von entsprechenden Stellen in der Stadt (Magistrat, Gilde, Zunft) wurde nur demjenigen die Ehe und Familiengründung gestattet, der auch in der Lage war, eine Familie zu unterhalten. Dadurch war mehr als die Hälfte der Bevölkerung von der Heirat ausgeschlossen. Aufgrund der damaligen vorherrschenden religiösen und ethischen Grundsätze bedeutete dies auch einen faktischen Ausschluss von der Möglichkeit, Kinder zu zeugen und eine Familie zu gründen.<br />
<br />
=== Neuzeit ===<br />
Seit Beginn der Neuzeit befindet sich die Ehe in vielen Ländern einem voranschreitenden Prozess der [[Säkularisierung]] und Verrechtlichung. Ideell behielt die christliche Kirche dort jedoch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein einen großen Einfluss auf die Form des partnerschaftlichen Zusammenlebens. Die christliche Ehe sollte garantieren, dass Nachkommen gezeugt würden und in einem geschützten Raum aufwüchsen und wies den Eltern dabei geschlechtergetrennte Aufgabenbereiche zu.<ref>Olwen Hufton: ''Frauenleben. Eine europäische Geschichte 1500–1800.'' Aus dem Englischen von Holger Fliessbach und Rena Rassenthien, Frankfurt am Main 1998, S. 246.</ref> Das Eintreten in eine Ehe war für Frauen fast unumgänglich, da die meisten Familien nicht die finanzielle Möglichkeit aufbringen konnten, eine Frau in ihrer Ehelosigkeit zu unterhalten (etwa bei einem Klostereintritt). Für Männer stellte die Ehe aufgrund der fast kostenlosen Abnahme häuslicher Arbeit und Versorgung der gemeinsamen Nachkommen einen erstrebenswerten Zustand dar. Die Ehe entwickelte sich von einem mittelalterlichen Instrument dynastischer Vernetzung zu einer Wirtschaftsverbindung. Je nach sozialem Status der Eheleute wurden durch sie politische und wirtschaftliche Interessen verfolgt oder war sie unerlässlich für das Überleben beider Partner.<ref>Für den Abschnitt: Olwen Hufton: ''Frauenleben. Eine europäische Geschichte 1500–1800.'' Aus dem Englischen von Holger Fliessbach und Rena Rassenthien, Frankfurt am Main 1998, S. 94-95.</ref><br />
<br />
Die im Vergleich zum Mittelalter liberalere sexuelle Praxis in der Kultur der westlichen Neuzeit sowie die verhältnismäßige Einfachheit von Scheidung innerhalb des gleichen nationalen Rechtssystems und Wiederverheiratung haben während des 20. Jahrhunderts zu einem Anstieg der sogenannten [[Monogamie#Serielle Monogamie|seriellen Monogamie]] geführt. <br />
<br />
==== Ehevertrag ====<br />
{{Hauptartikel|Ehevertrag}}<br />
<br />
Um die Bedingungen der Ehe abweichend vom jeweiligen allgemeingültigen Rechtssystem oder darüber hinausgehend zu regeln, besteht die Möglichkeit, einen [[Ehevertrag]] abzuschließen, dessen Wirkung jedoch an die rechtlichen Grenzen gebunden ist. Damit können z.&nbsp;B. Näheres zur [[Schlüsselgewalt]] und dem [[Nadelgeld]] der Frau, oder aber die Vereinbarungen der Ehepartner bezüglich der Konsequenzen einer [[Ehescheidung|Scheidung]] geregelt werden. Im deutschen Rechtssystem ist es üblich, dass Eheverträge Regelungen zu folgenden Themen enthalten:<br />
* [[Güterstand]] ([[Zugewinngemeinschaft]], [[Gütertrennung]])<br />
* [[Versorgungsausgleich]]<br />
* [[Unterhalt]]<br />
<br />
Während Unterhaltsregelungen auch in anderen Rechtssystemen häufig vorkommen, hängen die Regelungen über einen ''Zugewinnausgleich'' von dem im jeweiligen Rechtssystem vorgesehenen ehelichen Güterstand ab (Voraussetzung für einen Zugewinnausgleich ist, dass die Form der ''Zugewinngemeinschaft'' bekannt ist) sowie von den Möglichkeiten des jeweiligen Sozialsystems (Voraussetzung für einen [[Versorgungsausgleich]] ist eine [[gesetzliche Rentenversicherung]] o.&nbsp;Ä.). Für Deutschland ist zu beachten, dass der Gestaltungsspielraum in Eheverträgen durch den BGH in der jüngeren Vergangenheit insbesondere bezüglich des Versorgungsausgleichs und des nachehelichen Unterhaltes deutlich eingeschränkt wurde.<br />
<br />
==== Gleichgeschlechtliche Ehe ====<br />
{{Hauptartikel|Gleichgeschlechtliche Ehe}}<br />
<br />
In den Ländern [[Belgien]], [[Niederlande]], [[Kanada]], [[Südafrika]], [[Spanien]], [[Norwegen]], [[Schweden]], [[Portugal]], [[Island]], [[Argentinien]] und [[Dänemark]], neun Bundesstaaten der [[Vereinigte Staaten|USA]] ([[Massachusetts]], [[Connecticut]], [[Iowa]], [[Vermont]], [[New Hampshire]], [[New York (Bundesstaat)|New York]], [[Maine]], [[Maryland]], [[Washinghton]]) und dem [[District of Columbia]] sowie in [[Mexiko-Stadt]] können auch gleichgeschlechtliche Paare eine Ehe eingehen. Die Anerkennung dieser Ehen ist jedoch im Allgemeinen auf diese Länder und Territorien beschränkt; Aufgrund des [[Defense of Marriage Act]]s werden solche Ehen nicht von der [[Bundesregierung (Vereinigte Staaten)|US-amerikanischen Bundesregierung]] anerkannt, die dort für wichtige Rechtsbereiche wie die Regelung der Zuwanderung und Erhebung der Bundeseinkommenssteuer zuständig ist. Auch [[Israel]] akzeptiert sämtliche im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen als gültig. In Österreich<ref>[http://oesterreich.orf.at/stories/120518/ Nach VfGH-Urteil - Erste gleichgeschlechtliche Ehe], orf.at, 5. Juli 2006</ref> und Deutschland<ref>Pressemitteilung: [http://www.lsvd.de/336+M5859df57957.0.html Neue Form der Ehe], LSVD, 27. August 2008</ref> gibt es auch gleichgeschlechtliche Ehen; diese wurden allerdings von Partnern unterschiedlichen Geschlechts eingegangen, und sind erst durch einen personenstandsrechtlichen Geschlechtswechsel im Rahmen des [[Transsexuellengesetz]]es gleichgeschlechtlich geworden.<br />
In Deutschland gibt es die eingetragene Lebenspartnerschaft als Pendant zur Ehe, diese ist jedoch stark eingeschränkt, so gelten z.B. nicht die gleichen Steuer-, Renten- und Unterhaltsregelungen wie in einer „echten“ Ehe.<br />
<br />
== Ehe und Religion ==<br />
Viele Religionsgemeinschaften kennen umfangreiche Regeln für die Ehe.<br />
<br />
=== Christentum ===<br />
{{Hauptartikel|Kirchliche Trauung}}<!-- Bitte beachten, dass hier keine Details abgehandelt werden sollen, diese gehören in den Hauptartikel Kirchliche Trauung! --><br />
<br />
[[Datei:2007-09-01trauungköln.jpg|miniatur|Christliche Trauung]]<br />
<br />
Im Schöpfungsbericht des Alten Testaments wurde der Mensch als Mann und Frau erschaffen (Gen. 1,27). Gott schuf den Mann aus Erde; und als der erkannte, dass er allein ist, schuf Gott aus seiner Rippe die Frau. „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen als sein Gegenüber“ (Gen. 2,18). Das Bilden der Frau aus der Seite des Mannes ist ein Bild der Zusammengehörigkeit und notwendigen Ergänzung zu einer Einheit. Die Schaffung von Adam und Eva gilt als Grundlage der Ehe: „Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch.“ {{Bibel|Gen|2|24}} Immer wieder wird auch von polygamen Ehen berichtet und die Könige Israels hatten nicht selten viele Frauen und Nebenfrauen (2. Samuel 5,13). Die Eifersucht und Rivalität in der polygamen Ehe wird im Leben Jakobs - einem der Stammväter Israels - in 1. Mose 30,1-23 beschrieben. Im Neuen Testament finden sich keine Beispiele der polygamen Ehe.<br />
<br />
Nach dem Sündenfall im Paradies hatte Gott den Mann als Haupt über die Frau gesetzt, so dass in der alten „biblischen Hierarchie“ die Frau ihrem Mann und beide dem Christus unterstehen (1. Korinther 11,3). Auf die Gleichheit von Frau und Mann „im Herrn“ wird anschließend hingewiesen (1. Korinther 11,11-12). Die Männer werden angewiesen, ihre Frauen so zu lieben wie Christus die Gemeinde geliebt hat, für die er sein Leben hingegeben hatte (Epheser 5,25). In gleicher Weise wie Männer und Frauen sich dem Christus unterordnen, sollen die Frauen sich ihren Männern unterordnen (1. Petrus 3,1-2) und ihre Männer und ihre Kinder lieben (Titus 2,4). Damit niemand zur Unzucht verleitet wird, soll jeder Mann seine eigene Frau haben und jede Frau ihren eigenen Mann (1. Korinther 7,2).<br />
<br />
Zur Ehescheidung sagte Jesus, dass es Ehebruch sei, wenn jemand seine Frau entlässt und eine andere heiratet, es sei denn, seine Frau habe ihn betrogen (Matthäus 19,7-9). Jeder, der die von einem Manne Entlassene heiratet, bricht ebenfalls die Ehe (Lukas 16,18). Jesus sagt außerdem in der Bergpredigt, dass wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, im Herzen bereits Ehebruch mit ihr begangen hat (Matthäus 5, 27-28). Wenn eine Frau sich von ihrem Mann trennt und einen anderen heiratet, so begeht sie Ehebruch (Markus 10,12). Wenn sie aber geschieden ist, so bleibe sie unverheiratet oder versöhne sich mit ihrem Mann (1. Korinther 7,11). Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden (Markus 10,9). Die Ehe soll von allen in Ehren gehalten werden, denn die Unzüchtigen und Ehebrecher werden von Gott gerichtet (Hebräer 13,4).<br />
<br />
Das [[Kirchenrecht]] der röm.-katholischen Kirche kennt bestimmte Gründe, die das Zustandekommen einer gültigen Eheverbindung von vornherein verhindern können und ein [[Ehenichtigkeit (Kirchenrecht)|Ehenichtigkeitsverfahren]] (auch als [[Eheannullierung]] bekannt) erlauben. Die gültig zustande gekommene Ehe ist grundsätzlich für Christen bis zum Lebensende bindend. Eine [[Scheidung#Die Position in den Religionen|Ehescheidung]] ist im Christentum nicht vorgesehen, wird aber in manchen Konfessionen als notwendiges Übel hingenommen, wie z.&nbsp;B. im Falle des [[Ehebruch]]s. Im Christentum wird in Anlehnung an die beiden Gottesbünde im [[Bund (Bibel)#Bund im Alten Testament|Alten]] und im [[Bund (Bibel)#Bund im Neuen Testament|Neuen]] Testament auch vom [[Ehebund]] gesprochen, eine Vorstellung, die auch bei der Entwicklung des sog. [[Covenant marriage]] eine wichtige Rolle spielte.<br />
<br />
In der 24. Sitzung beschäftigte sich das [[römisch-katholisch]]e [[Konzil von Trient]] ausführlich mit dem Sakrament der Ehe.<br />
<br />
=== Buddhismus ===<br />
Im [[Buddhismus]] wird die Ehe weder gestärkt noch wird davon abgeraten. Es wird jedoch gelehrt, wie man eine glückliche Ehe verbringen kann.<br />
<br />
=== Hinduismus ===<br />
{{Hauptartikel|Ehe im Hinduismus}}<br />
<br />
Der [[Hinduismus]] sieht in der Ehe eine heilige Aufgabe, die religiöse und soziale Verpflichtungen zur Folge hat. Das Paar schließt den ehelichen Bund indem es, durch verknotete Tücher verbunden, siebenmal um das heilige [[Agni|Feuer]] herumgeht. Während die Mythologie auch die Vielehe kennt, ist heute die Einehe das Ideal. Sie gilt als [[Samskara]], als hinduistisches Sakrament.<br />
<br />
=== Islam ===<br />
{{Hauptartikel|Islamische Ehe}}<br />
<br />
Nach islamischem Verständnis sind die intimen Lebensbereiche von heiratsfähigen Frauen und Männern grundsätzlich getrennt; die Ehe ist der einzige Ort, in dem diese Trennung legitimerweise aufgehoben ist. Der [[Koran]] empfiehlt die Ehe mit diesem Hintergrund in hohem Maße; sie helfe unter anderem zur geistigen Vervollkommnung und ist daher gerne gesehen. Jede Muslima und jeder Muslim, die/der zur Ehe in der Lage (u.a. finanziell und gesundheitlich) sind, sollten versuchen, dem nachzukommen.<br />
<br />
Die islamische Eheschließung erfolgt durch die einvernehmliche Willenserklärung der heiratsfähigen Muslima und des Muslims in der Gegenwart eines Imams (so die hanafitische Rechtsschule; bei anderen Rechtsschulen ist zusätzlich die Zustimmung der Brauteltern vonnöten), unter Hinzuziehung zweier muslimisch männlicher Trauzeugen sowie der MEHIR (sog. Brautgabe).<br />
<br />
Die vorherige oder zeitnahe standesamtliche Eheschließung wird zur „Absicherung“ der Ehefrau empfohlen. Eine Hochzeitsfeier oder Zeremonie ist nicht zwingend erforderlich, jedoch wird sie vom Propheten Mohammed zum Zwecke der Öffentlichmachung und Bekanntmachung der Ehe empfohlen.<br />
<br />
Die Monogamie gilt als bevorzugt, Polygamie seitens des Mannes ist zwar ungerne gesehen, aber erlaubt. Tritt die relativ seltene Polygamie ein, so muss jede Ehefrau sowohl einen eigenen Haushalt zur Verfügung gestellt bekommen, als auch finanzielle Mittel, über die die Frau frei verfügen kann. Generell ist der Ehemann verpflichtet, sowohl für die Gleichberechtigung, als auch für die Gleichbehandlung all seiner Ehefrauen zu sorgen, was oft sehr schwer ist. Zudem sind Muslime generell verpflichtet, sich an die geltenden Gesetze des Landes, in dem sie leben, zu halten, sofern diese nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen des Islams stehen.<br />
<br />
Eine Scheidung gibt es ebenfalls im Islam.<br />
<br />
=== Judentum ===<br />
Im Alten Testament gilt die Erschaffung der Frau aus der Rippe Adams als Grundlage der Ehe: „Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch.“ {{Bibel|Gen|2|24}} Immer wieder wird auch von polygamen Ehen berichtet und die Könige Israels hatten nicht selten viele Frauen und Nebenfrauen (2. Samuel 5,13). Die Eifersucht und Rivalität in der polygamen Ehe wird im Leben Jakobs - einem der Stammväter Israels - in 1. Mose 30,1-23 beschrieben. Nach dem Sündenfall im Paradies hatte Gott den Mann als Haupt über die Frau gesetzt, so dass in der „biblischen Hierarchie“ die Frau ihrem Mann untersteht.<br />
<br />
[[Orthodoxes Judentum|Orthodoxen Juden]] ist die Ehe sehr wichtig, weil sie glauben, dass ein Mann die Aufgabe hat, seine zweite Hälfte, also die Frau zu finden. Das [[Reformjudentum]], dem die Ehe ebenfalls wichtig ist, behauptet hingegen, dass es nicht allein die Aufgabe des Mannes sei, eine Frau zu finden, sondern auch umgekehrt. Für beide ist die Eheschließung eine große [[Mitzwa]] und wird als eine der größten und wichtigsten Lebensentscheidungen für beide Partner betrachtet.<br />
<br />
== Nationale Besonderheiten ==<br />
=== Deutschland ===<br />
==== Geschichtliche Entwicklung ====<br />
Bis Ende des 18. Jahrhunderts war die Eheschließung ausschließlich Sache der Kirchen und Synagogen. Der Einfluss des französischen Rechts (vgl. [[Code civil]]) begünstigte die Zivilehe, denn in vielen Territorien im westlichen Deutschland kam französisches Personenstandsrecht zur Anwendung. Zu ersten ganz eigenständigen deutschen partikularrechtlichen Gesetzen kam es erst in den 1850er Jahren (Frankfurt, Oldenburg u.&nbsp;a.). Die erste in Oldenburg durchgeführte zivilrechtliche Trauung erfolgte [[1855]] in [[Varel]]. Geheiratet haben damals der [[Baptisten]]prediger [[August Friedrich Wilhelm Haese]] und Meta Schütte. Gerade „Dissidenten“ wie sie, die keiner der damaligen großen Konfessionen angehörten und denen mancherorts eine rechtlich anerkannte kirchliche Eheschließung verweigert wurde, trugen zur Einführung und Durchsetzung der Zivilehe bei.<br />
<br />
Als Folge des [[Kulturkampf]]s wurden 1876 in ganz Deutschland staatliche [[Standesamt|Standesämter]] eingeführt, in denen die Ehe unabhängig von einem weltanschaulichen [[Bekenntnis]] geschlossen wird (Zivilehe). Eine kirchliche Eheschließung darf zusätzlich - jedoch von 1877 bis 2008 erst nach der bürgerlich-rechtlichen Eheschließung - stattfinden. Seit dem 1. Januar 2009 ist durch eine Änderung des [[Personenstandsgesetz (Deutschland)|Personenstandsgesetzes]] auch eine rein kirchliche Eheschließung ohne Rechtsfolgen erlaubt. <br />
<br />
Der Nationalsozialismus verbot „rassische Mischehen“ durch ein [[Ehegesetz (Deutschland)|Ehegesetz]], trennte häufig solche Ehen und förderte die „reinrassige“ Reproduktion für den Staat (Erbgesundheitsgesetz). Für bestimmte Personengruppen wie z.B. Angehörige der Wehrmacht war eine [[Heiratserlaubnis]]<ref>OKW vom 7. Mai 1941 Nr. 2720/41. U.a. bestand „die Forderung auf achtbaren Ruf der Frau“. Der „Persönlichkeitswert der zukünftigen Ehefrau“ brauchte „durch die frühzeitige Geburt eines Kindes nicht beeinträchtigt zu sein“.</ref>vorgeschrieben und die „Heiraten... mit Ausländerinnen .. verboten.“<ref>ebenda Ziff. 7</ref> <br />
<br />
Die verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Artikels 6 [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]] nach dem Zweiten Weltkrieg lässt sich auch vor diesem Hintergrund verstehen: Die Ehe steht unter dem besonderen Schutz des [[Staat]]es, doch ihr Kernbereich wird dessen direktem Zugriff entzogen. Für die heutige Form der Ehe gilt grundgesetzlich das Leitbild der Gleichberechtigung (Art. 3 Abs.2 GG). Im Eherecht des [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] umgesetzt wurde dies nicht gemäß Art. 117 GG bis März 1953, sondern in zahlreichen, teils widersprüchlichen Schritten wie u.a. dem [[Gleichberechtigungsgesetz]] über mehrere Jahrzehnte hinweg. Wichtige Punkte waren:<br />
* Abschaffung des Rechts auf einseitige Bestimmung der das gemeinschaftliche ehelichen Leben betreffenden Angelegenheiten, insbesondere der Wohnung und des Wohnorts durch den Mann; <br />
* Abschaffung der Notwendigkeit der Einwilligung des Mannes zur Erwerbstätigkeit der Frau (Zuvor konnte ein ohne Zustimmung des Mannes geschlossener Vertrag mit Zustimmung des Vormundschaftsgerichts durch den Mann gekündigt werden, wenn die Tätigkeit der Frau eheliche Interessen beeinträchtigte.); <br />
* Ersetzung des gesetzlichen [[Güterstand]]es der [[Nutzverwaltung]], welche die Nutzung und Verwaltung eines Teils des Vermögens der Frau durch den Mann bei gleichzeitiger Bestreitung des ehelichen Aufwands durch den Mann vorsah, durch die Zugewinngemeinschaft;<br />
* Neuregelung der elterlichen Gewalt (des [[Elterliche Sorge (Deutschland)|Sorgerechts]]) auf der Grundlage der Gleichberechtigung beider Ehegatten;<br />
* Beseitigung des Leitbildes der [[Hausfrau]]enehe.<br />
<br />
Betrachtet man die Veränderungen des Eheverständnisses in Hinblick auf gegenseitigen Rechte und Pflichten der Ehepartner, so wird eine Entwicklung weg von historischen Modellen eines Vertrages, der den Schutz des Staates hatte, hin zu einer schlichten Kenntnisnahme, mit einer gebotenen Rücksichtnahme ([[Zeugnisverweigerungsrecht]]) durch den Staat, deutlich. [[1950]] galt:<br />
* Die Ehe war ein Kontrakt auf Lebenszeit, der mit einem Verhaltenskodex gebunden war, wie der Partner zu behandeln ist.<br />
* Nur wenn ein Partner diesen Verhaltenskodex nicht einhielt, konnte der andere Partner die Auflösung der Ehe verlangen. Und zwar nur so lange, wie nicht durch Erneuerung der Ehe durch den [[Geschlechtsakt]] das Fehlverhalten getilgt wurde.<br />
* Wurde die Ehe beendet, so hatte ein Bruch des Verhaltenskodex ein Verwirken aller zivilrechtlichen Ansprüche gegen den vertragstreuen Partner zur Folge.<br />
* Die Ehe war durch den Straftatbestand des Ehebruchs strafrechtlich geschützt.<br />
* Die Ehe war zivilrechtlich insofern geschützt, als dass ein Ehebruch nach einer eventuellen schuldhaften Scheidung ein Eheverbot zum/zur Geliebten nach sich zog.<br />
* Die Ehe war die öffentlich dokumentierte freie Entscheidung in die geschlechtliche Vereinigung der Parteien.<br />
* Nur eheliche Nachkommen waren von beiden Elternteilen erbberechtigt.<br />
* Bei nicht ehelichen Nachkommen hatte der Vater die Verpflichtung, für den Lebensunterhalt mit finanziellen Mitteln aufzukommen, hatte aber weder Umgangs- noch Besuchsrecht.<br />
* Vergewaltigung in der Ehe war keine Staftat nach StGB; vielmehr unterlagen die Ehegatten der „ehelichen Pflichterfüllung“.<br />
<br />
==== Heutige Situation ====<br />
{{Hauptartikel|Eherecht (Deutschland)}}<br />
<br />
Im Vergleich stellt die Ehe sich heute (2007) wie folgt dar:<br />
* Die Ehe wird auf Lebenszeit geschlossen ({{§|1353|bgb|juris}} Abs. 1 Satz 1 [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]]). Bei Scheitern der Ehe kann die Ehe geschieden werden, ohne dass es auf ein Verschulden eines oder beider Ehepartner ankommt ({{§|1565|bgb|juris}} Abs. 1 BGB). Wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide der Scheidung zustimmen, oder wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben, wird das Scheitern der Ehe unwiderlegbar [[Vermutung (Recht)|vermutet]] ({{§|1566|bgb|juris}} BGB).<br />
* Die Ehegatten können Rechte und Pflichten während und nach der Ehe in einem [[Ehevertrag]] regeln, wobei allerdings keine unbeschränkte Gestaltungsfreiheit besteht (z. B. kann nicht auf Unterhalt für Kinder verzichtet werden). Auch ohne Ehevertrag bestehen gesetzliche Rechte und Pflichten der Ehegatten sowohl einander als auch dem Staat gegenüber.<br />
* Ehebruch ist heute kein [[Straftatbestand]] mehr.<br />
* Der Ehebrecher respektive die Ehebrecherin kann nach der Scheidung geheiratet werden.<br />
* Auch in der Ehe gilt das Recht auf [[sexuelle Selbstbestimmung]]: Die Eheschließung gilt nicht mehr als generelle Einwilligung in die geschlechtliche Vereinigung.<br />
* Die Nachkommen haben die gleichen Rechte unabhängig vom Rechtsverhältnis ihrer Eltern.<br />
* Nicht ehelichen Vätern steht die [[Elterliche Sorge (Deutschland)|elterliche Sorge]] gemeinsam mit der Mutter grundsätzlich nur zu, wenn sie die Mutter heiraten oder gleichsinnig mit der Mutter eine Sorgeerklärung abgeben.<br />
<br />
Ehegatten werden ökonomische Vorteile eingeräumt wie zum Beispiel das [[Ehegattensplitting]] bei der Berechnung der [[Einkommensteuer (Deutschland)|Einkommensteuer]], der Anspruch auf kostenlose Krankenversicherung des Partners in der [[Familienversicherung]], die Regelungen für Eheleute im Erbrecht und die Hinterbliebenenrente im Falle des Todes des Partners. Das Ehegattensplitting bringt jedoch nur dann ökonomische Vorteile, wenn die Einkommen der Ehegatten sich voneinander unterscheiden. Im Gegenzug wird der [[Sozialhilfe (Deutschland)|individuelle Sozialhilfeanspruch]] jedes Individuum gegen den Staat durch den unbedingten gegenseitigen Unterhaltsanspruch der Ehepartner erstrangig auf den Partner verlagert, da eine Ehe nach deutschem Recht eine [[Bedarfsgemeinschaft]] darstellt. Es gibt aber auch andere Formen der Bedarfsgemeinschaft ([[Lebensgefährte]]n, [[Lebenspartnerschaft]]en), für die das Splitting in der Einkommenssteuer nicht gilt, obwohl die Partner gleiche Verpflichtungen übernommen haben. Wegen seines Anreizes zur „[[Hausfrauenehe]]“ wird das Ehegattensplitting von Vertretern des [[Feminismus]] kritisiert. Weitere Vorteile wie [[Vertrauen]] und gegenseitige Anregung werden von verschiedenen Gruppen gefördert ([[Marriage Encounter]], [[Familienwerk]]e von politischer oder weltanschaulicher Seite und andere). Verloren gegangen ist jedoch, wie der Staat zwischen Eheleuten zum erhöhten Vertrauen beitragen kann oder soll, außer durch das bereits bestehende Zeugnisverweigerungsrecht.<br />
<br />
Von den 21,1 Millionen Paaren in Deutschland waren 2006 88,5 Prozent verheiratet, ihr Anteil ging seit 1996&nbsp;um vier Prozent zurück. Auch bei den Familien ist der Anteil der verheirateten Eltern seit 1996 von 95 auf 92 Prozent gesunken, ergab der Mikrozensus 2006. 9.681.000 Ehepaare lebten 2006 ohne Kinder. 6.476.000 Paare haben mindestens ein Kind unter 18 Jahren.<ref>http://www.bpb.de/files/0T388C.pdf</ref><ref>http://www.bpb.de/files/U1LDOB.pdf</ref><br />
<br />
Das durchschnittliche Heiratsalter lediger deutscher Männer und Frauen stieg von 1991 bis 2008 stetig an: bei Männern von 28,5 auf 33,0<ref>[http://de.statista.org/statistik/daten/studie/1328/umfrage/heiratsalter-lediger-maenner/ Durchschnittliches Heiratsalter lediger Männer], 1991 - 2006</ref> und bei Frauen von 26,1 auf 30,0 Jahre.<ref>[http://de.statista.org/statistik/daten/studie/1329/umfrage/heiratsalter-lediger-frauen/ Durchschnittliches Heiratsalter lediger Frauen], 1991 - 2006</ref><br />
<br />
Die in Deutschland am 1. August 2001 gesetzlich eingeführte [[eingetragene Lebenspartnerschaft]] stellt gleichgeschlechtliche Partner rechtlich weitgehend einer Ehe gleich. Ausnahmen sind Beamtenrecht, Adoptionsrecht und größtenteils Steuerrecht.<br />
<br />
{{Siehe auch|Schutz von Ehe und Familie}}<br />
<br />
==== Häufiger binationale Paare ====<br />
Von den insgesamt rund 21 Millionen verheirateten Paaren in Deutschland waren 2005 6,3 Prozent binational (gegenüber 1996 ein Anstieg um drei Prozentpunkte auf 1,3 Millionen). Bei 602.000 Ehepaaren ist die Ehefrau ausländischer Herkunft (bei 545.000 der Mann). Bei nicht verheirateten Paaren überwiegen dagegen die ausländischen Männer (104.000 zu 80.000).<br />
Das Verhältnis von Partnern aus EU-Staaten zu Partnern aus Nicht-EU-Staaten beträgt rund 2:3.<br />
<br />
==== Rein ausländische Partnerschaften ====<br />
{{Belege fehlen}}<br />
Der Anteil der rein ausländischen Partnerschaften ist zwischen 1996 und 2005&nbsp;um über 2 Prozentpunkte auf über 6 Prozent aller deutschen Paare zurückgegangen. Die Zahl der rein deutschen Paare verkleinerte sich im selben Zeitraum um mehr als 3 Prozentpunkte.<br />
<br />
=== Österreich ===<br />
{{lückenhaft}}<br />
<br />
In [[Österreich]] ist eine rein kirchliche Eheschließung ohne Weiteres möglich; solche Eheschließungen haben aber keinerlei zivilrechtliche Bedeutung.<br />
{{Hauptartikel|Ehegesetz (Österreich)}}<br />
<br />
=== Schweiz ===<br />
{{Hauptartikel|Eherecht (Schweiz)}}<br />
<br />
=== Vereinigte Staaten ===<br />
Das US-amerikanische Eherecht wird von den einzelnen [[US-Bundesstaat|Bundesstaaten]] geregelt. Das ergibt ein komplexes Flickwerk von verschiedenen Güter- und Scheidungsrechten. Als eine Art [[Vertrag]] zwischen den beiden Eheleuten werden Ehen, die in einem Bundesstaat geschlossen werden, auch in anderen Bundesstaaten anerkannt. Eine Ausnahme hierzu sind gleichgeschlechtlichen Ehen; hier erlaubt es der [[Defense of Marriage Act]] von 1996, dass der Bund und die einzelnen Staaten zur Anerkennung dieser Ehen nicht verpflichtet sind. Da dieses Gesetz nicht Verfassungsrang hat, wie die Vorschrift über gegenseitiges Anerkenntnis von Verträgen, ist derzeit umstritten, ob es verfassungskonform ist. In einigen Bundesstaaten können derzeit legal Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern eingegangen werden; diese werden auch nur von den Landes- und Kommunalbehörden der Staaten [[New York (Bundesstaat)|New York]] und [[Rhode Island]] anerkannt, sowie in ausländischen Staaten, die gleichgeschlechtliche Ehen zulassen.<br />
<br />
Viele Wirkungen der Ehe, z.&nbsp;B. bei der Veranlagung zur Bundeseinkommenssteuer oder bei Migrationsfragen, werden vom Bund geregelt. Bis 1967 wurden Ehen zwischen Menschen unterschiedlicher Rasse nicht in allen US-Bundesstaaten zugelassen. Mit Urteil vom 21. Juni 1967 hob der [[Oberster Gerichtshof der Vereinigten Staaten|Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten]] ein Gesetz des Staates [[Virginia]] auf (siehe [[Loving v. Virginia]]), das solche Ehen verboten hatte. <br />
<br />
Vor der Eheschließung muss eine [[Heiratserlaubnis]] (marriage license) beantragt werden. Nur durch sie wird die Ehe gesetzlich anerkannt. In den USA kann die religiöse und die gesetzliche Zeremonie zur Eheschließung gleichzeitig stattfinden. Falls die Ehe von einem Geistlichen geschlossen wird, kann er gleichzeitig als Standesbeamter handeln und die Ehe damit auch rechtlich in Kraft setzen. Dies erfordert die Unterzeichnung der Heiratserlaubnis. Eine rein religiöse Zeremonie ist ohne Weiteres zulässig, hat aber keinerlei Rechtsfolgen.<br />
<br />
Seit dem 19. Jahrhundert veranstalteten alternative Gruppierungen rechtlich nicht anerkannte Gruppenehen, alle erwachsenen Mitglieder heirateten sich (siehe [[Oneida]]). In noch jüngerer Zeit, nämlich zusammen mit der [[Queer]]-Bewegung und der [[Bi-Bewegung]] entstand, beginnend in den USA und hier der Region um [[San Francisco]], die [[Polyamory]]-Subkultur, für dauerhafte nichtmonogame und einvernehmliche Liebesbeziehungen zwischen mehreren Partnern. Womöglich unausdrückliche Angehörige dieser Subkultur gibt es heute wahrscheinlich in allen west- und südeuropäischen Ländern.<br />
<br />
Nach einer regulären Volkszählung im Jahre 2007 leben mehr als die Hälfte aller Frauen in den Vereinigten Staaten ohne Partner. Erstmals haben alleinerziehende und ledige Frauen ihre verheirateten Geschlechtsgenossinnen zahlenmäßig überrundet. Nur noch in 49,7 Prozent der 111,1 Millionen amerikanischen Haushalte lebten 2007 verheiratete Paare mit und ohne Kinder, 2002 waren es noch 52 Prozent gewesen.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2007/08/13/781748.html Abendblatt:Keine Lust mehr auf Ehe?]</ref><br />
<br />
=== Israel ===<br />
Israel ist einer der wenigen Staaten, die bis heute keine reine zivile Eheschließung erlauben. Im Wesentlichen durch den Einfluss orthodox-jüdischer Parteien auf die Politik können Ehen dort ausschließlich vor Geistlichen der jeweiligen Religionsgemeinschaften geschlossen werden. Im Ausland staatlich geschlossen Ehen werden aber anerkannt; nicht wenige säkulare Israelis heiraten daher heute in [[Zypern]], dem nächstgelegenen Land mit säkularer Eheschließung.<br />
<br />
=== Japan ===<br />
Die Ehe war in Japan historisch immer ein Bund, der das Fortbestehen der Familie (Linie), d. h. die Erzeugung von Stammhaltern, sicherstellen sollte. Das individuelle Bedürfnis der Heiratenden spielte dabei eine nachgeordnete Rolle. Daher war und ist auch die Scheidung dieses Bündnisses, das im Wesentlichen einen [[Vertrag]] zum gegenseitigen Nutzen von Familien darstellt, vergleichsweise leicht möglich und häufig.<br />
<br />
{{Hauptartikel|Ehe und Scheidung in Japan}}<br />
<br />
=== Saudi-Arabien ===<br />
Die Personenstandsgesetzgebung Saudi-Arabiens basiert auf dem islamischen Gesetz, der [[Scharia]]. Die gleichgeschlechtliche Ehe ist in Saudi-Arabien aufgrund des Verbots der Homosexualität nicht erlaubt. Die Ehe wird nicht als Sakrament verstanden, sondern als ziviler Vertrag. Dieser Vertrag soll von Zeugen unterschrieben werden, und legt eine gewisse Geldsumme (''„mehr“'') fest, die von dem Mann an die Frau zu zahlen ist. In den frühen 1990er Jahren betrug der Wert eines durchschnittlichen ''Mehr''s zwischen 25.000 und 40.000 [[Saudi-Rial]]; gelegentlich kam es jedoch vor, dass Paare den Brauch des ''Mehr''s gänzlich ablehnten, und einen nominalen Betrag nutzten, um die formalen Bedingungen der saudischen Ehegesetze zu erfüllen. Der Ehevertrag kann auch eine bestimmte Summe festlegen, die im Falle einer Scheidung zu zahlen ist, oder bestimmte andere Bedingungen festlegen, z.&nbsp;B. der Frau das Recht zusichern, sich scheiden zu lassen in dem Fall, dass der Mann eine zweite Frau heiratet. Bestehen solche oder ähnliche Vereinbarungen nicht, kann nur der Mann eine Scheidung einleiten. Im Scheidungsfall verbleiben die Kinder bei ihrem Vater, so dass eine Frau von ihren Kindern getrennt werden kann auf Wunsch des Mannes.<br />
<br />
=== Vatikanstaat ===<br />
Im [[Vatikanstaat]] ist die Ehe ein seltener Personenstand, da die meisten Bewohner [[Ehelosigkeit|ehelos]] leben. Viele ausländische Paare möchten allerdings im [[Petersdom]] heiraten. Sie müssen vorher die entsprechenden Papiere vorlegen und mit dem Priester der Kirche, die für die jeweilige Auslandsgemeinde in Rom zuständig ist, ein [[Ehevorbereitungsgespräch]] führen (siehe [[Brautmesse]]).<br />
<br />
== Literatur ==<br />
[[Datei:HogarthMarriage.jpg|miniatur|Zum Thema schlechter Ehen:<br />''Marriage à-la-mode''<br />[[William Hogarth]] 1745]]<br />
<br />
* [[Ulrich Beck]] und [[Elisabeth Beck-Gernsheim]]: ''Das ganz normale Chaos der Liebe''. Frankfurt/Main 1990.<br />
* [[Heinz Duchhardt]]: [http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0159-20100921192 ''Die dynastische Heirat''], [[Europäische Geschichte Online]], hrsg. vom [[Institut für Europäische Geschichte (Mainz)]], 2011, Zugriff am: 10. August 2011.<br />
* [[Arne Duncker]]: ''Gleichheit und Ungleichheit in der Ehe. Persönliche Stellung von Frau und Mann im Recht der ehelichen Lebensgemeinschaft 1700–1914.'' Köln u.&nbsp;a. 2003.<br />
* Barbara Ketelhut: ''Ehe'', in: [[Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus]], Bd. 3, Argument-Verlag, Hamburg, 1997, Sp. 40-49.<br />
* [[Felicitas von Lovenberg]]: ''Verliebe dich oft, verlobe dich selten, heirate nie? Die Sehnsucht nach der romantischen Liebe''. Droemer Verlag 2005, ISBN 3-426-27368-3<br />
* [[Klaus Jürgen Matz]]: ''Pauperismus und Bevölkerung. Die gesetzlichen Ehebeschränkungen in den süddeutschen Staaten während des 19. Jahrhunderts''. Stuttgart 1980.<br />
* [[Josef Prader]]/Heinrich J.F. Reinhardt: ''Das kirchliche Eherecht in der seelsorglichen Praxis''. Ludgerus-Verlag, Essen 2001, ISBN 3-87497-237-2<br />
* [[Carl Heinz Ratschow]], [[Josef Scharbert]], Zeev W. Falk, Bo Reicke u.&nbsp;a.: ''Ehe/Eherecht/Ehescheidung I. Religionsgeschichtlich II. Altes Testament III. Judentum IV. Neues Testament V. Alte Kirche VI. Mittelalter VII. Reformationszeit VIII. Ethisch IX. Praktisch-theologisch''. In: [[Theologische Realenzyklopädie]] 9 (1982), S. 308–362 (kulturwissenschaftlicher und theologischer Überblick mit Lit.)<br />
* Marc Schüffner: ''Eheschutz und Lebenspartnerschaft'', Duncker & Humblot 2007, ISBN 3-428-12438-3<br />
* [[Dieter Schwab]]: ''Grundlagen und Gestalt der staatlichen Ehegesetzgebung in der Neuzeit bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts.'' Bielefeld 1967.<br />
* [[Eberhard Straub]]: ''Das zerbrechliche Glück. Liebe und Ehe im Wandel der Zeit''. wjs-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-937989-12-9<br />
* [[Elmar Thurner]]: [http://members.aon.at/elmar-thurner ''Warum halten unsere Ehen nicht mehr?''] Bludenz: Rhätikonverlag 2007, ISBN 978-3-901607-29-5<br />
* Bernd Wannenwetsch: ''Freiheit der Ehe. Das Zusammenleben von Frau und Mann in der Wahrnehmung Evangelischer Ethik''. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener 1993. ISBN 3-7887-1470-0 (3-7887-1470-0)<br />
* [[Marianne Weber]]: ''Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung.'' Tübingen 1907. <br />
<br />
Belletristik über die Ehe ist zahlreich, wenn auch bei Weitem nicht so umfangreich wie über die Liebe. So gehören zum Beispiel „[[Die Wahlverwandtschaften]]“ ([[Goethe]] 1809) oder die „Künstlerehe“ ([[Leopold Schefer|Schefer]] 1828) zu den Glanzstücken.<br />
<br />
== Verwandte Themen ==<br />
* Generell: [[Verlöbnis]] – [[Heiratsverbot]] – [[Verwandtenheirat]] – [[Hochzeitsbrauch|Hochzeitsbräuche]] – [[Frauenraub]] – [[Brautgabe]] – [[Mitgift]] – [[Heirat]] – [[Matrimonium]] – [[Arrangierte Heirat]] – [[Geschwisterheirat]] – [[Vernunftehe]] – [[Morganatische Ehe]] – [[Offene Ehe]] – [[Witwe]] – [[Josefsehe]] – [[Wilde Ehe]] – [[Kameradschaftsehe]] – [[Unehelich]] – [[Vorehelich]] – [[Handschuhehe]] – [[Verliebtheit]] – [[Flitterwochen]] – [[Eheberatung]] – [[Besuchsehe]] – [[Brautdienst]] – [[Zeitehe]]<br />
<br />
* Alte Bundesrepublik: [[Golden Age of Marriage]]<br />
<br />
* Mittelalter: [[Friedelehe]] – [[Muntehe]] – [[Wittum]] – [[Wahlbruderschaft]] – [[Kebsehe]] – [[Winkelehe]]<br />
<br />
* Römisches Recht: [[Conubium]]<br />
<br />
== Quellen ==<br />
<references /><br />
1. Statistisches Bundesamt Deutschland: Lange Reihen – Eheschließungen, Ehescheidungen (https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Indikatoren/LangeReihen/Bevoelkerung/lrbev06.html?nn=50736)<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Wiktionary|Ehe}}<br />
{{Wikiquote|Ehe}}<br />
* {{HLS|7975}}<br />
* [http://www.ekd.de Evangelische Sicht der Ehe]<br />
* [http://www.katholisch.de/de/katholisch/glaube/unser_glaube/ehe/verteilerseite_ehe.php katholisch.de (Katholische Kirche in Deutschland): Die Ehe]<br />
* [[SELK]]: [http://www.lutherischegemeinde.de/html/body_trauung.html Ehe und kirchliche Trauung aus der Sicht der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche]<br />
* [http://www.judentum-projekt.de/religion/juedischerlebenskreis/hochzeit/ Ehe im Judentum]<br />
* [http://www.law.umkc.edu/faculty/projects/ftrials/conlaw/loving.html Urteil in Loving vs. Virginia]<br />
<br />
{{Rechtshinweis}}<br />
<br />
[[Kategorie:Ehe| ]]<br />
[[Kategorie:Eheform|!Ehe]]<br />
[[Kategorie:Liebesbeziehung]]<br />
[[Kategorie:Form der Lebensgemeinschaft]]<br />
[[Kategorie:Hochzeitsbrauch]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht]]<br />
[[Kategorie:Sakrament]]<br />
<br />
{{Link FA|sh}}<br />
<br />
[[am:ጋብቻ]]<br />
[[an:Matrimonio]]<br />
[[ar:زواج]]<br />
[[arc:ܙܘܘܓܐ]]<br />
[[arz:جواز]]<br />
[[ay:Jaqichasiña]]<br />
[[bat-smg:Sosėvėnčiavuojėms]]<br />
[[be:Шлюб]]<br />
[[be-x-old:Шлюб]]<br />
[[bg:Брак]]<br />
[[bn:বিবাহ]]<br />
[[br:Priedelezh]]<br />
[[bs:Brak]]<br />
[[ca:Matrimoni]]<br />
[[cs:Manželství]]<br />
[[da:Ægteskab]]<br />
[[el:Γάμος]]<br />
[[en:Marriage]]<br />
[[eo:Geedzeco]]<br />
[[es:Matrimonio]]<br />
[[et:Abielu]]<br />
[[eu:Ezkontza]]<br />
[[ext:Matrimoñu]]<br />
[[fa:ازدواج]]<br />
[[ff:Dewgal]]<br />
[[fi:Avioliitto]]<br />
[[fr:Mariage]]<br />
[[fy:Boask]]<br />
[[gan:婚姻]]<br />
[[gd:Pòsadh]]<br />
[[gl:Matrimonio]]<br />
[[he:נישואים]]<br />
[[hi:विवाह]]<br />
[[hif:Saadi]]<br />
[[hr:Brak]]<br />
[[ht:Maryaj]]<br />
[[hu:Házasság]]<br />
[[hy:Ամուսնություն]]<br />
[[ia:Maritage]]<br />
[[id:Perkawinan]]<br />
[[io:Mariajo]]<br />
[[is:Hjónaband]]<br />
[[it:Matrimonio]]<br />
[[ja:結婚]]<br />
[[ka:ქორწინება]]<br />
[[kaa:Neke]]<br />
[[kk:Неке]]<br />
[[ko:혼인]]<br />
[[krc:Юйдегилениу]]<br />
[[la:Matrimonium]]<br />
[[ln:Libála]]<br />
[[lt:Santuoka]]<br />
[[lv:Laulība]]<br />
[[mk:Брак]]<br />
[[ml:വിവാഹം]]<br />
[[ms:Perkahwinan]]<br />
[[my:လက်ထပ်ထိမ်းမြားခြင်း]]<br />
[[mzn:Hemraver]]<br />
[[nds-nl:Brulfte]]<br />
[[new:इहिपा]]<br />
[[nl:Huwelijk]]<br />
[[nn:Ekteskap]]<br />
[[no:Ekteskap]]<br />
[[oc:Maridatge]]<br />
[[or:ବିବାହ]]<br />
[[pl:Małżeństwo]]<br />
[[pnb:ویاہ]]<br />
[[pt:Casamento]]<br />
[[qu:Kasarakuy]]<br />
[[ro:Căsătorie]]<br />
[[ru:Брачный союз]]<br />
[[rue:Манжелство]]<br />
[[sah:Кэргэн буолуу]]<br />
[[sh:Brak]]<br />
[[si:විවාහය]]<br />
[[simple:Marriage]]<br />
[[sk:Manželstvo]]<br />
[[sl:Zakonska zveza]]<br />
[[sq:Martesa]]<br />
[[sr:Брак]]<br />
[[sv:Äktenskap]]<br />
[[sw:Ndoa]]<br />
[[ta:திருமணம்]]<br />
[[te:పెళ్ళి]]<br />
[[th:การสมรส]]<br />
[[tl:Kasal (institusyon)]]<br />
[[tr:Evlilik]]<br />
[[tt:Öylänü]]<br />
[[uk:Шлюб]]<br />
[[ur:شادی]]<br />
[[uz:Nikoh]]<br />
[[vi:Hôn nhân]]<br />
[[wa:Mariaedje]]<br />
[[war:Kasal]]<br />
[[wuu:婚姻]]<br />
[[yi:אישית]]<br />
[[zh:婚姻]]<br />
[[zh-yue:婚禮]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kokosinseln&diff=113000248Kokosinseln2013-01-15T17:56:15Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ergänze: tl:Kapuluan ng Cocos (Keeling)</p>
<hr />
<div>{{Dieser Artikel| behandelt die zu Australien gehörenden Kokosinseln im Indischen Ozean. Für weitere Inseln mit gleichem oder ähnlichem Namen, siehe [[Kokosinsel|Kokosinsel (Begriffsklärung)]].}}<br />
{{Infobox Staat<br />
|NAME = <span style="font-size:1.4em">'''Territory of the Cocos (Keeling) Islands'''</span><br /><br />
Kokosinseln<br />
|BILD-FLAGGE = Flag of the Cocos (Keeling) Islands.svg<br />
|BILD-FLAGGE-RAHMEN = ja<br />
|ARTIKEL-FLAGGE = Flagge der Kokosinseln<br />
|BILD-WAPPEN = Armoiries des îles Cocos.svg<br />
|BILD-WAPPEN-BREITE = 100 px<br />
|ARTIKEL-WAPPEN = Wappen der Kokosinseln<br />
|AMTSSPRACHE = [[Englische Sprache|Englisch]]<br />
|HAUPTSTADT = [[West Island (Kokosinseln)|West Island]]<br />
|STAATSFORM = [[Australische Außengebiete|australisches Außengebiet]]<br />
|STAATSOBERHAUPT = Königin [[Elisabeth II.]]<br />
|REGIERUNGSCHEF =<br />
|FLÄCHE = 14<br />
|EINWOHNER = 596<br />
|BEV-DICHTE = 44,9<br />
|HDI =<br />
|WÄHRUNG = [[Australischer Dollar]] (AUD)<br />
|WURDE EIN AUSSENGEBIET AUSTRALIENS = 1955<br />
|NATIONALHYMNE =<br />
|NATIONALFEIERTAG =<br />
|ZEITZONE = [[UTC+6:30|UTC +6½]]<br />
|KFZ-KENNZEICHEN =<br />
|INTERNET-TLD = [[.cc]]<br />
|TELEFON-VORWAHL = +61 891<br />
|ANMERKUNGEN =<br />
|BILD-LAGE = Cocos (Keeling) Islands in its region.svg<br />
|BILD1 = Kokosinseln.png<br />
|BILD2 =<br />
|BILD2-BREITE =<br />
|BILD2-BESCHREIBUNG =<br />
}}<br />
Die '''Kokosinseln''', auch als '''Keelinginseln''' bekannt, (englisch ''Cocos Islands'' oder ''Keeling Islands'') sind eine [[Inselgruppe]] im [[Indischer Ozean|Indischen Ozean]]. Sie sind ein [[Australische Außengebiete|australisches Außengebiet]] und liegen auf dem [[Investigatorrücken]]. Im Jahr 2005 lag die Bevölkerungszahl bei 628 Einwohnern, bis Juli 2010 sank sie auf 596<ref>laut [https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ck.html CIA World Factbook] (engl.)</ref>. Die Fläche beträgt 14,2&nbsp;km², das Wachstum der Bevölkerung 0,4 % (Stand: 2007). Unter den Bewohnern befinden sich etwa 450 [[Cocos Malays]], eine [[Ethnie]], die sich im Verlauf der Geschichte auf den Inseln bildete.<br />
<br />
Die Hauptinsel mit [[Cocos (Keeling) Islands Airport|Flughafen]] ist [[West Island (Kokosinseln)|West Island]]. Dort leben etwa 150 Einwohner, etwa 450 leben auf [[Home Island]]. Die übrigen Inseln sind nicht dauerhaft bewohnt.<br />
<br />
Die Inselgruppe liegt etwa 2.768&nbsp;km nordwestlich von [[Perth]], 3.685&nbsp;km westlich von [[Darwin (Northern Territory)|Darwin]], 900&nbsp;km südwestlich der [[Weihnachtsinsel (Australien)|Weihnachtsinsel]] und etwa 1.000&nbsp;km südwestlich von [[Java (Insel)|Java]] und [[Sumatra]] entfernt. Der nächstgelegene Festlandspunkt Australiens ist das Kap ''Low Point'' auf der Halbinsel [[North West Cape]], in einer Entfernung von 2109&nbsp;km.<br />
<br />
== Geologie ==<br />
[[Datei:Cocos keelingISS002-E-9900.PNG|thumb|NASA-Astronautenbild der Kokosinseln]]<br />
Die Kokosinseln bestehen aus den zwei [[Atoll]]en [[North Keeling]] und [[South Keeling Islands|South Keeling]], die sich im Abstand von 24&nbsp;Kilometern auf den Spitzen von etwa 5000&nbsp;Meter hohen untermeerischen Vulkanen gebildet haben, die als ''Cocos Rise'' bezeichnet werden. Sie sind Teil eines Bergrückens, der sich bis zur Weihnachtsinsel erstreckt. Die Atolle sind mit einem Plateau verbunden, das in einer Meerestiefe von 700-800&nbsp;Metern liegt. [[Charles Darwin]] besichtigte 1836&nbsp;die Atolle (es waren die einzigen, die er je untersuchte) und entwickelte eine Theorie ihrer Bildung, die bis zum heutigen Tag anerkannt ist. <br />
<br />
Die Atolle weisen eine Gesamtfläche von etwa 14&nbsp;Quadratkilometern auf. Sie sind eben und flach, der höchste Punkt liegt lediglich 9&nbsp;Meter über dem Meeresspiegel. Der [[Tidenhub]] beträgt nicht mehr als 2&nbsp;Meter. Beide Atolle sind Koralleninseln, die sich im Durchschnitt 3&nbsp;bis 5&nbsp;Meter über den Meeresspiegel erheben und ringförmig eine seichte Lagune einschließen. Während sie an den Außenseiten relativ steil aus dem Meer aufsteigen, fallen sie zur Lagune hin sanft ab.<ref>[http://www.environment.gov.au/parks/cocos/index.html environment.gov.au]: ''Pulu Keeling National Park. Geologie'', in englischer Sprache, abgerufen am 11. September 2011</ref><br />
<br />
== Geographie ==<br />
Das kleinere nördliche Atoll, North Keeling, besteht aus nur einer einzigen, c-förmigen Insel mit einer Länge von etwa 2,0&nbsp;km und 1,3&nbsp;km Breite. Sie steht seit 1986 unter striktem Naturschutz und ist Teil des [[Pulu-Keeling-Nationalpark]]s.<br />
<br />
Das südliche Atoll, ''South Keeling'', besteht aus 26 Inseln, welche eine birnenförmige [[Lagune]] mit einem Durchmesser von etwa 9 Kilometern und einer Tiefe von bis zu 20 Metern umschließen. Die größte Insel, West Island, ist etwa 10 Kilometer lang und einen halben Kilometer breit. Auf den Inseln gibt es keine Flüsse oder Seen. Die einzigen Süßwasserressourcen sind flache unterirdische Wasserlinsen, die sich auf einigen der größeren Inseln durch Regenwasser bilden, das auf dem schwereren Salzwasser schwimmt.<br />
<br />
Die Kokosinseln liegen nahezu [[Antipode|antipodisch]] zur [[Kokos-Insel (Costa Rica)]].<br />
<br />
== Flora und Fauna ==<br />
[[Datei:Birgus latro.jpg|thumb|left|Der [[Palmendieb]], der aufgrund seiner Größe Kokosnüsse knacken kann]]<br />
Auf den Kokosinseln gab es vor der menschlichen Besiedlung aufgrund ihrer abgelegenen Lage keine Landsäugetiere. Es gibt zahlreiche Seevögel: Im Pulu-Keeling-Nationalpark wurden 24 Vogelarten gezählt, darunter der [[Rotfußtölpel]] mit mehr als 30.000 Brutpaaren, [[Bindenfregattvogel]], [[Arielfregattvogel]] und die endemische [[Keeling-Bindenralle]]. Es gibt [[Suppenschildkröte]]n und [[Echte Karettschildkröte]]n. Die einzige [[Seeschlangen]]art, die auf den südlichen Atollen gesichtet wurde, ist die [[Plättchen-Seeschlange]]. Im Meer um die Inseln kommen zahlreiche [[Weichtiere]], Fischarten, [[Krebstiere]], [[Stachelhäuter]] und riffbildende [[Steinkorallen]] vor.<ref>[http://www.environment.gov.au/parks/cocos/nature-science/fauna.html enviroanment.gov.au]: ''Pulu Keeling National Park. Fauna'', in englischer Sprache, abgerufen am 11. September 2011</ref><br />
<br />
Da die Kokosinseln zu keiner Zeit mit einem Festland verbunden waren, konnten Pflanzensamen vor der menschlichen Besiedlung lediglich durch Wind, Wasser oder Vögel eingetragen werden. In einem [[Geologie|geologischen]] Umfeld, das durch Vulkanismus und Korallenwachstum geprägt ist, entwickelten sich verhältnismäßig wenige Pflanzenarten. 61&nbsp;Arten von Pflanzen wurden auf den Kokosinseln gezählt, davon ist eine endemisch, die [[Pandanus tectorius]]. Auf den Atollen wachsen vor allem [[Pisonia]], [[Kokospalme]]n- , [[Samtblatt]], [[Tee (Pflanze)|Teepflanzen]] und Gräser der [[Portulak-Keilmelde]]<ref>[http://www.environment.gov.au/parks/cocos/nature-science/flora.html environment.gov.au]: ''Pulu Keeling National Park. Flora'', in englischer Sprache, abgerufen am 11. September 2011</ref> und in den Gewässern der Atolle [[Tangwald|Tangwälder]], [[Seegraswiese]]n und tropische Meerespflanzen.<ref>[http://www.environment.gov.au/cgi-bin/wetlands/ramsardetails.pl?refcode=46 environment.gov.au]: ''Pulu Keeling Nationalpark: Overview'', in englischer Sprache, abgerufen am 11. September 2011</ref><br />
<br />
<!--=== Flora und Fauna ===--><br />
<br />
[[Datei:Keelingpalms.jpg|thumb|Palmen auf den Kokosinseln]]<br />
{{Klimatabelle <br />
| TABELLE = deaktiviert<br />
| DIAGRAMM TEMPERATUR = rechts <br />
| DIAGRAMM NIEDERSCHLAG = deaktiviert <br />
| DIAGRAMM NIEDERSCHLAG HÖHE = 200 <br />
| QUELLE = Bureau of Meteorology, Australia, Daten: 1977-2006<ref>{{Internetquelle | url=http://worldweather.wmo.int/185/c00683.htm | titel=Klimainformationen Cocos Island| autor=Bureau of Meteorology, Australia | hrsg=World Meteorological Organization | zugriff=2012-04-06}}</ref> <br />
| Überschrift = <br />
| Ort = Cocos Island<br />
<!-- durchschnittliche Höchsttemperatur für den jeweiligen Monat in °C --> <br />
| hmjan = 29.8 | hmfeb = 29.9 | hmmär = 30.1 | hmapr = 29.8 | hmmai = 29.3 | hmjun = 28.5 | hmjul = 28.0 | hmaug = 28.0 | hmsep = 28.1 | hmokt = 28.6 | hmnov = 29.0 | hmdez = 29.4<br />
<!-- durchschnittliche Niedrigsttemperatur für den jeweiligen Monat in °C --> <br />
| lmjan = 25.1 | lmfeb = 25.2 | lmmär = 25.5 | lmapr = 25.5 | lmmai = 25.3 | lmjun = 24.7 | lmjul = 24.2 | lmaug = 24.1 | lmsep = 24.1 | lmokt = 24.5 | lmnov = 24.7 | lmdez = 24.8<br />
<!-- durchschnittliche Niederschlagsmenge für den jeweiligen Monat in mm --> <br />
| nbjan = 159.9 | nbfeb = 173.5 | nbmär = 228.1 | nbapr = 257.6 | nbmai = 204.7 | nbjun = 202.9 | nbjul = 203.5 | nbaug = 105.3 | nbsep = 85.3 | nbokt = 77.8 | nbnov = 79.8 | nbdez = 92.6<br />
<!-- durchschnittliche Regentage für den jeweiligen Monat in d --> <br />
| rdjan = 12.7 | rdfeb = 14.1 | rdmär = 17.8 | rdapr = 18.4 | rdmai = 18.9 | rdjun = 19.2 | rdjul = 21.3 | rdaug = 17.6 | rdsep = 13.2 | rdokt = 9.6 | rdnov = 9.8 | rddez = 10.7<br />
}}<br />
== Geschichte ==<br />
=== Entdeckung ===<br />
<br />
Die Inseln sollen 1609 von [[William Keeling]], einem [[Kapitän]] der [[Britische Ostindien-Kompanie|Britischen Ostindien-Kompanie]] entdeckt worden sein. Beweise für diese These fehlen allerdings. Erst in einem niederländischen [[Atlas (Kartografie)|Atlas]] von 1659 ist erstmals von den „Cocos Eylanden“ die Rede, 1703 nannte sie der britische [[Hydrographie|Hydrograph]] Thornton „Keeling Islands“. Eine erste genaue Beschreibung findet sich 1753 im Buch „Zeefakkel“ des Niederländers Gerard Hulst van Keulen. Der britische Hydrograph [[James Horsburgh]] fertigte 1805 genaue Seekarten dieser Gewässer an und bezeichnete die Inseln als „Cocos-Keeling-Islands“. In den Folgejahren strandeten mehrere Schiffe vor den Inseln (1825 die ''Mauritius'' aus [[Frankreich]] sowie 1826 die ''Sir Francis Nicholas Burton'' und 1834 die ''Earl of Liverpool'' aus [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]]).<br />
<br />
=== Anfangszeit ===<br />
<br />
Im Jahre 1826 siedelten die Niederländer den ehemaligen britischen [[Kommissar|Commissioner]] von [[Borneo]], [[Alexander Hare]], mit seinem Gefolge und malayischen [[Leibeigenschaft|Leibeigenen]] auf den ihrer Kolonie [[Java (Insel)|Java]] vorgelagerten Inseln an. Er kultivierte [[West Island (Kokosinseln)|West Island]], [[Horsburgh Island]] und [[Direction Island]], auf denen er [[Kokosöl]] produzierte. 1831 verließ Hare die Inseln und starb auf dem Weg nach Großbritannien. Sein Verwalter [[John Clunies-Ross]] aus [[Schottland]] eignete sich daraufhin die Inseln an. Auch er produzierte Kokosöl, das er erfolgreich in Niederländisch-Java verkaufte. Außerdem dienten die Inseln als Zwischenstation für [[Walfänger|Walfangschiffe]] auf dem Weg in die Antarktis. Clunies-Ross errichtete auf den Inseln eine autoritäre Herrschaft mit eigenen Gesetzen und eigenem, nur auf seinen Inseln gültigem Geld, das erst 1978 abgeschafft wurde. Eine britische Kommission sollte die Zustände auf der Insel überprüfen. Die Briten fanden jedoch keinen Grund zum Eingreifen. Den Wunsch von Clunies-Ross nach britischer Herrschaft über die Insel lehnten die Briten jedoch ab. 1841 hisste er daher aufgrund seiner guten Handelsbeziehungen nach Java die niederländische Flagge, was ihm aber von der niederländischen Regierung verboten wurde.<br />
<br />
=== Britische Inbesitznahme ===<br />
<br />
[[Datei:Cocos Islands 1889.jpg|thumb|left|Karte von 1889]]<br />
Nach dem Tod von John Clunies-Ross im Jahre 1854 übernahm sein Sohn John George die Inseln. 1857 nahm Großbritannien die Cocos-Inseln versehentlich offiziell in Besitz. Eigentlich sollte das Schiff der Kolonialverwaltung die Cocos-Inseln in den [[Andamanen]] besetzen. John George Clunies-Ross holte weitere Arbeitskräfte, meist Gefangene aus Java, auf die Inseln. Es kam zu zahlreichen Aufständen und Plünderungen.<br />
<br />
Nach dem Tod seines Vaters schaffte der neue Besitzer George Clunies-Ross 1871 die Zwangsarbeit ab und ersetzte die Gefangenen durch malayische Arbeiter. 1876 zerstörte ein [[Tropischer Wirbelsturm|Zyklon]] über die Hälfte der Kokosplantagen. Clunies-Ross baute die Infrastruktur der Inseln wieder auf. 1901 errichtete die „Eastern Extension Telegraphy Company“ auf Direction Island eine Relais-Station für ihr Unterwasserkabelnetz. Ein weiterer Zyklon verwüstete 1909 die Inseln vollständig, 90 % der Palmen und 95 % der Häuser wurden zerstört. Nach der Zerstörung seines Lebenswerkes starb George Clunies-Ross im Jahre 1910, und sein Sohn Sydney Clunies-Ross übernahm die Herrschaft über die Inseln. Er ließ zwei Malayen, die einen Landsmann ermordet haben sollten, zum Tode verurteilen und mit Gewichten an den Füßen bei lebendigem Leib im Meer versenken.<br />
<br />
=== Erster Weltkrieg ===<br />
<br />
[[Datei:WW1 Landing at Direction Island.jpg|thumb|Der deutsche Landungstrupp der SMS Emden im November 1914]]<br />
Auf Direction Island wurde 1910 auch eine Funkstation errichtet. Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] waren Kabel- und Funkstation auf der Insel am 9. November 1914 Ziel des Angriffs eines deutschen Landungsunternehmens des [[Kleiner Kreuzer|Kleinen Kreuzers]] ''[[SMS Emden (1908)|SMS Emden]]''. Während des Angriffes wurde die ''SMS Emden'' vom australischen [[Leichter Kreuzer|Leichten Kreuzer]] ''[[HMAS Sydney (1912)|HMAS Sydney]]'' entdeckt und angegriffen. Die kleine deutsche Restbesatzung erwiderte zwar das Feuer, und die ''Sydney'' drehte sogar ab, kehrte jedoch gleich um, als klar wurde, dass die ''Emden'' nicht folgte, und feuerte erneut auf die ''Emden'', auf der es Tote gab. Das Schiff wurde in diesem Gefecht so stark beschädigt, dass es von der eigenen Besatzung auf das Riff gesetzt und aufgegeben werden musste. Das Landungskorps der Emden, das bei dem Gefecht der Kriegsschiffe zurückgeblieben war, setzte mit dem Schoner [[Ayesha (Schiff)|Ayesha]] nach Sumatra über und erreichte später unter außerordentlichen Schwierigkeiten mit dem deutschen Dampfer ''Choising'' die arabische Küste und von dort aus über Konstantinopel (Istanbul) die Heimat.<br />
<br />
=== Zweiter Weltkrieg ===<br />
<br />
Nach dem Ersten Weltkrieg waren alle Inseln besiedelt, und die Bevölkerung belief sich 1940 auf 1450 Menschen, deren Versorgung durch den [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] zunehmend kritisch wurde. Aufgrund der Lebensbedingungen auf seinen Inseln entging Sydney Clunies-Ross nur knapp einer Anklage durch die britische Anti-Sklaven-Liga.<br />
<br />
[[Datei:Cocos (Keeling) Islands Airport - RWY33.jpg|thumb|left|Der Flughafen auf der Hauptinsel West Island]]<br />
Zum Schutz der Kabelstation vor den Japanern wurde Küstenartillerie auf [[Horsburgh Island]] und Infanterie auf Direction-Island stationiert. Trotzdem beschoss 1942 ein japanisches Kriegsschiff die Inseln, und bis Kriegsende erfolgten zahlreiche Luftangriffe. In der Nacht vom 8. Mai zum 9. Mai 1942 [[Meuterei|meuterten]] [[Sri Lanka|ceylonesische]] Artilleristen der Garnison auf Horsburgh Island. Ihr Führer war Artillerieunteroffizier [[Gratien Fernando]], der seine Kameraden überzeugte, dass Asien den „Asiaten“ vorbehalten sein solle. Ihre als [[Kokosinseln-Meuterei]] bekannte Aktion wurde niedergeschlagen, und drei von ihnen, darunter Fernando, wurden zum Tode verurteilt. Sie waren die einzigen während des Zweiten Weltkrieges wegen Meuterei hingerichteten Soldaten des [[Commonwealth of Nations|Britischen Commonwealth]]. Bei dem schwersten Luftangriff im August 1944 wurden 27 Häuser zerstört, und es gab mehrere Tote. Sydney Clunies-Ross starb kurz darauf. Von März bis Mai 1945 bauten die Alliierten auf West-Island eine Landebahn. Auf den Kokosinseln wurden 8300 Soldaten stationiert.<br />
<br />
=== Australische Inbesitznahme ===<br />
<br />
1946 wurde die Landebahn geschlossen, und das Militär zog ab. Die wirtschaftliche Situation der Inseln verschlechterte sich. Sydney Clunies-Ross’ Sohn John-Cecil übernahm die Inseln, konnte die Abwanderung der Arbeiter aber trotz neuer Häuser und Elektrizität kaum stoppen. Die Landebahn wurde 1952 als Zwischenstopp für den zivilen Luftverkehr wieder in Betrieb genommen. 1955 erklärte [[Australien]] die Inseln zu seinem Territorium. In den Folgejahren zerstörten Zyklone die nach dem Krieg wieder aufgebauten Kokosplantagen. Erst 1968 wurde die australische Regierung auf die feudalen Zustände auf den Inseln aufmerksam. Ein Regierungsmitglied fertigte nach einem Besuch 1971 einen Bericht über die Missstände auf den Inseln an. Die UNO forderte 1974 einen Bericht zu den Kokosinseln von Australien.<br />
<br />
[[Datei:Cocos(keeling) 76.jpg|thumb|Karte der Kokosinseln, 1976]]<br />
Schließlich kaufte die Regierung Australiens 1978 John-Cecil Clunies-Ross den größten Teil der Inseln für 6,25 Millionen australische Dollar ab. Erstmals wurden demokratische Wahlen abgehalten und das Inselgeld von Clunies-Ross wurde abgeschafft. Eine Schule wurde gebaut und die medizinische Versorgung sichergestellt. In der Volksabstimmung von 1984 stimmte eine Mehrheit der Inselbewohner für einen Verbleib bei Australien. Die [[Kopra]]-Produktion musste 1987 wegen Unwirtschaftlichkeit eingestellt werden. Die Bevölkerung hofft nun auf den Tourismus. Der ehemalige Insel-Besitzer John-Cecil Clunies-Ross verkaufte 1992 auch seinen letzten Grundbesitz auf den Inseln, nachdem er nach einer fehlgeschlagenen Investition in Schiffe insolvent geworden war.<ref>Regional Surveys of the World: ''The Far East and Australasia 2003''. 34th Edition. S. 145 f. Routledge 2002. ISBN 1-85743-133-2 [http://books.google.com.au/books?id=e5Az1lGCJwQC&pg=PA145&dq=%22alexander+hare%22+cocos&hl=en&ei=5c1eTa6xCIW6cZLL_JIK&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1&ved=0CC8Q6AEwAA#v=onepage&q=%22alexander%20hare%22%20cocos&f=false Online auf Google Books], in englischer Sprache, abgerufen am 19. September 2011</ref><br />
<br />
== Wirtschaft ==<br />
1979 wurde ein Postamt eingerichtet, das Briefmarken herausgibt und damit Erträge für die Inselgemeinschaft erwirtschaftet. 1987 wurde die Kopra- und Kokosölproduktion, bis dahin die hauptsächliche Einnahmequelle der Inselbewohner, eingestellt. Die lokale Fischerei und der Anbau von Bananen, Gemüse und Papayas tragen zur Ernährung bei, die meisten Lebensmittel müssen jedoch ebenso wie andere Konsumartikel importiert werden. 1999 beliefen sich die Importe auf 2&nbsp;Millionen [[Australischer Dollar|AUD]], 2002 auf 11&nbsp;Millionen AUD; ihnen standen keinerlei Exporte gegenüber. 2000 unterstützte die australische und die regionale Verwaltung ein Forschungsprojekt zur Herstellung hochwertiger Karbonfasern aus Kokosprodukten. 2000 wurde die inseleigene Internet-Domain .cc an einen US-amerikanischen Radiosender verkauft, was eine kontinuierliche Einnahmequelle darstellt. Die bei der Volkszählung von 2006 ermittelte Arbeitslosenquote von 11,3 %<ref>[http://www.censusdata.abs.gov.au/ABSNavigation/prenav/LocationSearch?locationLastSearchTerm=cocos&locationSearchTerm=cocos&newarea=910053009&submitbutton=View+QuickStats+%3E&mapdisplay=on&collection=Census&period=2006&areacode=910053009&geography=&method=Place+of+Usual+Residence&productlabel=&producttype=QuickStats&topic=&navmapdisplayed=true&javascript=true&breadcrumb=PL&topholder=0&leftholder=0&currentaction=104&action=401&textversion=false&subaction=1 Australian Bureau of Statistics: 2006 Census Quick Stats] abgerufen am 2. Oktober 2011</ref> ist vermutlich zu niedrig angesetzt; Schätzungen gehen bis zu einer Quote von 65 %.<ref>[http://www.theaustralian.com.au/news/administrator-to-head-cocos-islands/story-e6frg6no-1225768150108 theaustralian.com.au]: Paige Taylor: ''Administrator to head Cocos Islands'', [[The Australian]] vom 1. September 2011, in englischer Sprache, abgerufen am 19. September 2011</ref> Eine Entspannung des lokalen Arbeitsmarktes wird von der Etablierung eines Touristenzentrums mit 79 Arbeitsplätzen für muslimische Touristen aus dem pazifischen Raum erwartet.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
<br />
* [[Fußballauswahl der Kokosinseln]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
<br />
{{Commonscat|Cocos (Keeling) Islands|Kokosinseln}}<br />
* [http://www.regionalaustralia.gov.au/Info.aspx?NodeID=38&ResourceID=1725 Seite des australischen Verkehrs- und Regionalministeriums über die Cocos-Inseln]<br />
* [http://www.ag.gov.au/www/agd/agd.nsf/Page/TerritoriesofAustralia_Cocos(Keeling)Islands_Cocos(Keeling)Islands Seite des australischen Justizministeriums]<br />
* [http://www.eardex.com/cost-of-living/calculator.php?city_name=default&region_name=default&country_name=Kokosinseln%20%28Keelinginseln%29&continent_name=Ozeanien&table_name=tourismtravel&id=CC&region_id=default&country_id=CC&continent_id=Ozeanien&calcFor=country&language_code=DE&compareMode=false Übersicht über Lebenshaltungskosten auf den Kokosinseln (Keelinginseln)]<br />
* [http://www.awm.gov.au/journal/j34/cocosmutiny.htm Noel Crusz, ''Der Cocos-Insel-Aufstand'', Rezension]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
{{NaviBlock<br />
|Navigationsleiste Bundesstaaten und Territorien Australiens<br />
|Navigationsleiste Staaten in Ozeanien}}<br />
{{Coordinate |NS=12/9/37/S |EW=96/51/31/E |type=isle |region=CC}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=g|GND=4298716-7}}<br />
<br />
[[Kategorie:Kokosinseln| ]]<br />
[[Kategorie:Inselgruppe (Asien)]]<br />
[[Kategorie:Inselgruppe (Indischer Ozean)]]<br />
[[Kategorie:Atoll]]<br />
[[Kategorie:Abhängiges Gebiet (Australien)]]<br />
[[Kategorie:Inselgruppe nach abhängigem Gebiet (Australien)]]<br />
<br />
[[af:Kokoseilande]]<br />
[[ar:جزر كوكس]]<br />
[[arz:جزر كوكوس]]<br />
[[az:Kokos adaları]]<br />
[[be:Какосавыя астравы]]<br />
[[be-x-old:Какосавыя астравы]]<br />
[[bg:Кокосови острови]]<br />
[[bpy:কোকোস (কিলিং) দ্বীপমালা]]<br />
[[br:Inizi Cocos (Keeling)]]<br />
[[bs:Kokosova ostrva]]<br />
[[ca:Illes Cocos]]<br />
[[ckb:دوورگەکانی کۆکۆس]]<br />
[[cs:Kokosové ostrovy]]<br />
[[cu:Кокосовꙑ острова]]<br />
[[cy:Ynysoedd Cocos]]<br />
[[da:Cocosøerne]]<br />
[[el:Νησιά Κόκος]]<br />
[[en:Cocos (Keeling) Islands]]<br />
[[eo:Kokosinsuloj]]<br />
[[es:Islas Cocos]]<br />
[[et:Kookossaared]]<br />
[[eu:Cocosak]]<br />
[[fa:جزایر کوکوس]]<br />
[[fi:Kookossaaret]]<br />
[[fr:Îles Cocos]]<br />
[[gl:Illas Cocos]]<br />
[[gu:કોકોસ (કીલીંગ) દ્વીપ]]<br />
[[gv:Ellanyn Cocos (Keeling)]]<br />
[[he:איי קוקוס]]<br />
[[hi:कोकोस (कीलिंग) द्वीपसमूह]]<br />
[[hif:Cocos (Keeling) Islands]]<br />
[[hr:Kokosovi otoci]]<br />
[[hu:Kókusz (Keeling)-szigetek]]<br />
[[hy:Կոկոսյան կղզիներ]]<br />
[[id:Kepulauan Cocos (Keeling)]]<br />
[[is:Kókoseyjar]]<br />
[[it:Isole Cocos e Keeling]]<br />
[[ja:ココス諸島]]<br />
[[jv:Kapuloan Cocos (Keeling)]]<br />
[[ka:ქოქოსის კუნძულები]]<br />
[[ko:코코스 제도]]<br />
[[kw:Ynysow Cocos (Keeling)]]<br />
[[lb:Kokosinselen]]<br />
[[lij:Isoe Cocos]]<br />
[[lt:Kokosų (Kilingo) Salos]]<br />
[[lv:Kokosu (Kīlinga) Salas]]<br />
[[mk:Кокосови Острови]]<br />
[[mn:Кокос (Кийлинг) Арлууд]]<br />
[[mr:कोकोस द्वीपसमूह]]<br />
[[ms:Kepulauan Cocos (Keeling)]]<br />
[[ne:कोकोस टापु]]<br />
[[nl:Cocoseilanden]]<br />
[[nn:Kokosøyane]]<br />
[[no:Kokosøyene]]<br />
[[pam:Cocos (Keeling) Islands]]<br />
[[pl:Wyspy Kokosowe]]<br />
[[pt:Ilhas Cocos (Keeling)]]<br />
[[ro:Insulele Cocos]]<br />
[[ru:Кокосовые острова]]<br />
[[rw:Ibirwa bya Koko]]<br />
[[sh:Kokosovi Otoci]]<br />
[[simple:Cocos (Keeling) Islands]]<br />
[[sk:Kokosové ostrovy]]<br />
[[sr:Кокосова острва]]<br />
[[su:Kapuloan Cocos (Keeling)]]<br />
[[sv:Kokosöarna]]<br />
[[sw:Visiwa vya Cocos (Keeling)]]<br />
[[ta:கொக்கோசு (கீலிங்) தீவுகள்]]<br />
[[th:หมู่เกาะโคโคส]]<br />
[[tl:Kapuluan ng Cocos (Keeling)]]<br />
[[tr:Cocos Adaları]]<br />
[[ug:كەئەلىڭ كوكوس تاقىم ئاراللىرى]]<br />
[[uk:Кокосові острови]]<br />
[[ur:جزائر کوکوس]]<br />
[[vi:Quần đảo Cocos (Keeling)]]<br />
[[war:Kapuropud-an Cocos (Keeling)]]<br />
[[wo:Dunu Kokos]]<br />
[[wuu:科科斯群岛]]<br />
[[xmf:ქოქოსიშ კოკეფი]]<br />
[[yo:Àwọn Erékùṣù Kókósì]]<br />
[[zh:科科斯(基林)群島]]<br />
[[zh-classical:科科斯(基林)群島]]<br />
[[zh-min-nan:Cocos (Keeling) Kûn-tó]]<br />
[[zh-yue:可可斯 (基林) 群島]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Benedikt_XVI.&diff=112993029Benedikt XVI.2013-01-15T14:36:57Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Benedicto XVI zu tl:Papa Benedicto XVI</p>
<hr />
<div>[[Datei:Papa Benedetto.jpg|right|miniatur|Benedikt XVI. (2006)]] <br />
[[Datei:Pope Benedict XVI Signature.svg|miniatur|Unterschrift Benedikts XVI.]]<br />
'''Benedikt XVI.''' (* [[16. April]] [[1927]] in [[Marktl]]<!-- ja, ohne am Inn -->, Oberbayern; [[latein]]isch '''Benedictus [[Papst#Titel|PP]]. XVI'''; bürgerlich '''Joseph Aloisius Ratzinger''') ist [[Papst]] und damit Oberhaupt der [[Römisch-katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] und des Staates [[Vatikanstadt]].<br />
<br />
Vor seinem [[Pontifikat]] war er zuletzt [[Kardinaldekan|Dekan des Kardinalskollegiums]] und [[Kardinalpräfekt|Präfekt]] der [[Kongregation für die Glaubenslehre]]. Er galt als einer der einflussreichsten [[Kardinal|Kardinäle]] und in theologischen und kirchenpolitischen Fragen als rechte Hand seines Vorgängers Papst [[Johannes Paul II.]] Im relativ kurzen [[Konklave 2005|Konklave am 18. und 19.&nbsp;April 2005]], an dem 115&nbsp;Kardinäle teilnahmen, wurde er nach nur 26&nbsp;Stunden im vierten Wahlgang zum 265. Papst gewählt.<br />
<br />
== Jugend und Studium ==<br />
<br />
[[Datei:PopeBenedicts1stHome.jpg|miniatur|Haus in Marktl, in dem Papst Benedikt XVI. als Joseph Ratzinger geboren wurde]]<br />
[[Datei:Taufkapelle Marktl.JPG|miniatur|Taufstein in der Pfarrkirche St. Oswald in Marktl]]<br />
Joseph Ratzinger wurde am 16.&nbsp;April 1927, einem [[Karsamstag]], als Sohn des [[Gendarmerie]]meisters Joseph (* 6. März 1877; † 25. August 1959) und der Köchin Maria, geb. Peintner (* 7. Januar 1884; † 16. Dezember 1963) geboren und am gleichen Tag in der [[St. Oswald (Marktl)|Pfarrkirche St. Oswald]] in Marktl getauft. Er hat zwei Geschwister, Maria Ratzinger (* 7. Dezember 1921; † 2. November 1991) und [[Georg Ratzinger (Kirchenmusiker)|Georg Ratzinger]] (* 15. Januar 1924). Da das Umfeld, in dem er aufwuchs, tief religiös geprägt war, wurde er als Kind [[Ministrant]]. Sein Großonkel war der [[Priester (Christentum)|Priester]], Landtags- und Reichstagsabgeordnete und Schriftsteller [[Georg Ratzinger (Abgeordneter)|Georg Ratzinger]] (1844–1899).<br />
<br />
Zwei Jahre nach seiner Geburt, am 11.&nbsp;Juli 1929, zog die Familie nach [[Tittmoning]] an der [[Salzach]], am 5.&nbsp;Dezember 1932 nach [[Aschau am Inn]], wo Joseph seine Grundschulzeit verbrachte. Im Jahr 1933 kaufte der Vater ein kleines Bauernhaus in [[Hufschlag (Surberg)|Hufschlag]] bei [[Traunstein]], das die Familie nach der [[Pensionierung]] des Vaters Anfang April 1937 bezog. Hier, so Ratzinger in seinen Erinnerungen, sei die eigentliche Heimat der Familie gewesen, da der Vater während seiner gesamten Dienstzeit als [[Polizeivollzugsbeamter|Gendarm]] beruflich flexibel sein musste. Trotz der finanziellen Belastung schickten die Eltern nach seinem Bruder Georg auch Joseph Ratzinger auf das erzbischöfliche [[Studienseminar St. Michael]] in Traunstein, in das er am 16.&nbsp;April 1939 eintrat. Er besuchte dort das staatliche Chiemgau-Gymnasium, wo der Schüler durch seine besonderen Leistungen in den [[Geisteswissenschaften|geisteswissenschaftlichen]] Fächern auffiel.<br />
<br />
Gemäß der am 25.&nbsp;März 1939 gesetzlich verordneten „[[Hitlerjugend#Durchsetzung der Dienstpflicht|Jugenddienstpflicht]]“ wurde Joseph Ratzinger 1941 mit 14 Jahren zwangsweise in die [[Hitlerjugend]] aufgenommen.<br />
<br />
Im Alter von 16&nbsp;Jahren wurde Ratzinger am 2.&nbsp;August 1943, zusammen mit den anderen Seminaristen aus Traunstein, als [[Flakhelfer|Luftwaffenhelfer]] nach München geschickt. Zunächst zu einer Flakbatterie nach Unterföhring, dann zum Schutz der [[BMW]]-Fabrik [[Allach-Untermenzing|Allach]] in [[Siedlung Ludwigsfeld|Ludwigsfeld]] im Norden [[München]]s; später wurde seine Batterie nach [[Gilching]] verlegt, wo er nur noch Dienst in der Telefonvermittlung leisten musste und 1944 einen direkten Angriff auf die Batterie überlebte. Während dieser Zeit besuchte Ratzinger das [[Maximiliansgymnasium München|Maximiliansgymnasium]] in München. Auf die Frage eines Vorgesetzten nach seinem Berufsziel gab er schon damals das [[Priester]]amt an. Nach zwei Monaten [[Reichsarbeitsdienst]] im [[österreich]]ischen [[Burgenland]], wo er unter anderem bei der Errichtung des sog. Südwalls für den Bau von [[Panzersperre]]n eingesetzt wurde, wurde Ratzinger am 13.&nbsp;Dezember 1944 zur [[Wehrmacht]] eingezogen. Seine Grundausbildung leistete er in der Traunsteiner Infanterie-Kaserne ab. Nach dem Tod Hitlers verließ Ratzinger eigenmächtig die Kaserne und kehrte nach Hufschlag zurück. Er kam 1945 kurzzeitig in amerikanische [[Kriegsgefangener|Kriegsgefangenschaft]] in das Lager [[Neu-Ulm]], aus der er am 19.&nbsp;Juni 1945 entlassen wurde. Sobald es die Umstände ermöglichten, besuchte er in Traunstein wieder das Gymnasium und machte das [[Abitur]].<br />
<br />
Von 1946 bis 1951 studierte Ratzinger [[katholische Theologie]] und [[Philosophie]], zunächst an der [[Philosophisch-theologische Hochschule Freising|Philosophisch-theologischen Hochschule Freising]] und ab 1.&nbsp;September 1947 an der neu eröffneten Universität in München, anschließend war er Seminarist am [[Herzogliches Georgianum|''Herzoglichen Georgianum'']] der [[Ludwig-Maximilians-Universität München]]. In Freising trat er der katholischen [[Studentenverbindung]] K.St.V. Lichtenstein-Hohenheim zu Freising-Weihenstephan im [[Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine|KV]] bei.<br />
<br />
Nach eigener Auskunft wurde der nach Abkehr von der Dominanz des [[Neukantianismus]] suchende Student insbesondere durch Werke von [[Gertrud von le Fort]], [[Ernst Wiechert]], [[Fjodor Michailowitsch Dostojewski|Fjodor Dostojewski]], [[Elisabeth Langgässer]], [[Theodor Steinbüchel]], [[Martin Heidegger]] und [[Karl Jaspers]] beeinflusst.<ref>Joseph Ratzinger: ''Aus meinem Leben. Erinnerungen (1927–1977)'', Stuttgart 1998, S. 48f.</ref> Als Schlüssellektüre bezeichnete er Steinbüchels ''Umbruch des Denkens''.<ref>Joseph Ratzinger: ''Aus meinem Leben. Erinnerungen (1927–1977)'', Stuttgart 1998, S. 49.</ref> Zum Abschluss seines Studiums sah er sich eher zum tatkräftigen [[Augustinus von Hippo|Augustinus]], einem der älteren [[Kirchenvater|Kirchenväter]], als zu [[Thomas von Aquin]] hingezogen; bei den [[Scholastik]]ern interessierte er sich für den heiligen [[Johannes Bonaventura]].<br />
<br />
Als besonders prägende Professoren in München führt Ratzinger in erster Linie [[Gottlieb Söhngen]] an, daneben [[Richard Egenter]], [[Friedrich Wilhelm Maier]], [[Friedrich Stummer]], [[Joseph Pascher]] und [[Franz Xaver Seppelt]].<ref>Joseph Ratzinger: ''Aus meinem Leben. Erinnerungen (1927–1977)'', Stuttgart 1998, S. 55ff.</ref><br />
<br />
== Akademische Laufbahn ==<br />
Im Juli 1953 wurde Ratzinger nach Ablegung der dazugehörenden Prüfungen zum [[Doctor Theologiae|Doktor der Theologie]] [[Promotion (Doktor)|promoviert]].<ref>Joseph Ratzinger: ''Aus meinem Leben. Erinnerungen (1927–1977)'', Stuttgart 1998, S. 75 f.</ref> Seine [[Dissertation]] ''[[Volk und Haus Gottes in Augustins Lehre von der Kirche]]'' hatte er 1951 eingereicht, sie erhielt das Prädikat ''[[summa cum laude]].''<ref>Joseph Ratzinger: ''Aus meinem Leben. Erinnerungen (1927–1977)'', Stuttgart 1998, S. 68–71</ref> Nach seiner Zeit als Kaplan wurde Ratzinger zum 1. Oktober 1952 als Dozent an das Freisinger Priesterseminar berufen. 1957 [[Habilitation|habilitierte]] er sich an der Ludwig-Maximilians-Universität München gegen den Widerstand des dort hoch angesehenen Dogmatikers [[Michael Schmaus]] bei Gottlieb Söhngen im Fach [[Fundamentaltheologie]] mit der Schrift ''[[Das Offenbarungsverständnis und die Geschichtstheologie Bonaventuras|Die Geschichtstheologie des hl. Bonaventura]]''. Ratzinger musste auf Schmaus’ Intervention hin die Schrift überarbeiten. Die von Schmaus beanstandeten und 1957 nicht wieder eingereichten Teile der [[Habilitationsschrift]] wurden erst im Jahr 2009 veröffentlicht.<br />
<br />
1958 trat der damals 31-Jährige eine [[Professur]] für [[Dogmatik]] und Fundamentaltheologie an der [[Philosophisch-theologische Hochschule|Philosophisch-Theologischen Hochschule]] Freising (die Lehrstühle der Hochschule wurden nach deren Schließung an die [[Ludwig-Maximilians-Universität München]] verlegt) an. <br />
1959 wurde er an die [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn]] auf den Lehrstuhl für Fundamentaltheologie berufen. Seine Antrittsvorlesung hielt er am 24. Juni 1959 über das Thema ''„Der Gott des Glaubens und der Gott der Philosophen“''. Nach einem kurzen Aufenthalt im Theologenkonvikt [[Collegium Albertinum (Konvikt)|Collegium Albertinum]] wohnte er in seiner Bonner Zeit in [[Bad Godesberg]]; seine Schwester Maria führte ihm den Haushalt.<ref>[http://www.general-anzeiger-bonn.de/index.php?k=loka&itemid=10490&detailid=607809 ''In Bonn hat sein Weg nach Rom begonnen''; General-Anzeiger Bonn, 25. Juni 2009]</ref> Den Bonner Lehrstuhl hatte er inne, bis er 1963 dem Ruf an das Seminar für [[Dogmatik]] und [[Dogmengeschichte]] der [[Westfälische Wilhelms-Universität|Westfälischen Wilhelms-Universität]] [[Münster (Westfalen)|Münster]] folgte. Seine [[Antrittsvorlesung]] ''Offenbarung und Überlieferung'' hielt er vor einem überfüllten [[Hörsaal]].<br />
<br />
1966 erhielt Ratzinger auf Empfehlung von [[Hans Küng]] einen Lehrstuhl für Katholische Dogmatik an der [[Katholisch-Theologische Fakultät Tübingen|Katholisch-Theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen]].<ref>[http://web.archive.org/web/20080307012804/http://www.uni-tuebingen.de/uni/qvo/Tun/tun122/tun122-extra-4.html ''Benedikt VXI. und Tübingen'']. Website der Universität Tübingen bei web.archive.org, Stand 7. März 2008, mit [http://web.archive.org/web/20070731012459im_/http://www.uni-tuebingen.de/uni/qvo/Tun/tun122/gifs/benedikt.jpg Bewerbungsbild anlässlich der Berufung]. Abgerufen am 1. Dezember 2012.</ref> Aus Vorlesungen aus dieser Zeit für die Hörer aller Fakultäten entstand sein 1968 veröffentlichtes Buch ''[[Einführung in das Christentum]]''. Unmittelbar betroffen von den Studentenprotesten der ausgehenden 1960er-Jahre nahm er 1969 den Ruf an die [[Universität Regensburg]] an. Dort lehrte er Dogmatik und Dogmengeschichte und gründete zusammen mit [[Alma von Stockhausen]] die [[Gustav-Siewerth-Akademie]]. 1976 wurde er Vizepräsident der Universität und ''[[Prälat|Päpstlicher Ehrenprälat]]'', ehe er 1977 zum [[Erzbischof]] ernannt wurde. Seitdem ist er [[Honorarprofessor]] in Regensburg.<br />
<br />
Ratzinger, der sich auch eingehend mit der [[Eschatologie]] und hier auch mit Schriften von Kirchenschriftstellern wie [[Origenes]] beschäftigte, den er wiederholt in seinen Werken zitiert, wurde in der Öffentlichkeit zunehmend als ein Theologe wahrgenommen, der die christliche Botschaft vor Beliebigkeit und Gefährdung des Glaubens bewahren will. Dies und seine herausragende theologische Begabung werden als die Gründe für seine spätere Ernennung zum Präfekten der [[Kongregation für die Glaubenslehre]] genannt.<br />
<br />
Benedikt XVI. beherrscht mehrere Sprachen ([[Deutsche Sprache|Deutsch]], [[Italienische Sprache|Italienisch]], [[Französische Sprache|Französisch]], [[Latein]], [[Englische Sprache|Englisch]] und [[Spanische Sprache|Spanisch]]) und liest außerdem [[Griechische Sprache|Altgriechisch]] und [[Hebräische Sprache|Hebräisch]].<br />
<br />
== Zweites Vatikanisches Konzil ==<br />
Während des [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweiten Vatikanischen Konzils]] (1962–1965) war Ratzinger Berater und Redenschreiber des [[Köln]]er [[Erzbischof]]s [[Joseph Frings|Kardinal Frings]], welcher Mitglied des zehnköpfigen Konzilspräsidiums war,<ref>Referate Ratzingers vor den Konzilsvätern finden sich in: Jared Wicks: ''Six texts by Prof. Joseph Ratzinger as peritus before and during Vatican Council II''. In: ''Gregorianum'', 89, 2, 2008, S. 233–311. [http://www.scotthahn.com/download/attachment/3459 Artikel im Web], PDF-Dokument</ref> und wurde 1963 von Papst [[Paul VI.]] zum [[Konzilstheologe]]n (Peritus) ernannt. Insbesondere zur Besetzung von Kommissionen oder zum [[Kurie]]ntext über die Offenbarung vertrat er eine reformfreudige Auffassung. Die von Ratzinger verfasste Rede Kardinal Frings’ verlangte Transparenz in der Kurie. Sie richtete sich gegen die neoscholastische Erstarrung Roms und gegen Missstände im [[Heiliges Offizium|Heiligen Offizium]]. Von den Zuhörern des Zweiten Vatikanischen Konzils mit starkem Beifall bedacht, wirkte sie als Paukenschlag und als [[Brandrede]]. Sie machte Ratzinger schlagartig in Kirchenkreisen bekannt. Ein Referat Ratzingers, gehalten am Abend vor Konzilsbeginn zum von der vorbereitenden Konzilskommission vorgelegten Schema ''De fontibus revelationis'', trug dazu bei, dass dieses Schema verworfen wurde und schließlich die Konstitution [[Dei Verbum]] verabschiedet wurde.<ref>Jared Wicks: ''Six texts by Prof. Joseph Ratzinger as peritus before and during Vatican Council II''. In: ''Gregorianum'', 89, 2, 2008, S. 233–311. Zu dem Referat vgl. S. 241 ff., das Referat ist wörtlich wiedergegeben auf S. 295-309. [http://www.scotthahn.com/download/attachment/3459 Artikel im Web], PDF-Dokument</ref><ref>Joseph Ratzinger: ''Aus meinem Leben. Erinnerungen (1927–1977)'', Stuttgart 1998, S. 106–132, bes. S. 130</ref><br />
<br />
== Geistliches Amt: Diakon, Priester und Erzbischof ==<br />
<br />
Die [[Niedere Weihe|niederen Weihen]] (Ostiariat, Lektorat, Exorzistat und Akolythat) empfing Joseph Ratzinger am 8. und 9.&nbsp;Mai 1948 in der Kirche [[Verklärung Christi (München)|Verklärung Christi]] in München-[[Fürstenried]] durch [[Michael von Faulhaber|Michael Kardinal von Faulhaber]]. Weihbischof [[Johannes Neuhäusler]] weihte ihn am 28. und 29.&nbsp;Oktober 1950 zum [[Subdiakon]] und [[Diakon]] im [[Freisinger Dom]].<ref>[http://www.universitaetsarchiv.uni-muenchen.de/kleine_austellungen/geistliche_mitgliedr/2_joseph_ratzinger/curriculum_vitae.html Curriculum Vitae Joseph Ratzinger im Universitätsarchiv der Universität München]</ref><br />
<br />
[[Datei:St-oswald.JPG|miniatur|Papst Benedikts Primizkirche St. Oswald in [[Traunstein]]]]<br />
[[Datei:Freisinger_Dom_Hauptaltar.jpg|miniatur|hochkant|Hauptaltar des [[Freisinger Dom]]s]]<br />
<br />
Am 29. Juni 1951 empfing er zusammen mit seinem Bruder Georg Ratzinger im [[Freisinger Dom]] das [[Sakrament]] der Priesterweihe durch den damaligen Erzbischof von München und Freising, Kardinal [[Michael von Faulhaber|von Faulhaber]]. Seine [[Primiz]] feierte er zusammen mit seinem Bruder am 8. Juli 1951 in der Stadtpfarrkirche St. Oswald in [[Traunstein]]. Am 30. Juli 1951 feierten die beiden Brüder ihre [[Primiz#Nachprimiz|Nachprimiz]] in [[Rimsting]], dem Heimatort der Mutter.<br />
<br />
Ab August 1951 wirkte er als [[Kaplan]] in der [[Pfarrei]] [[Neue Pfarrkirche St. Martin (Moosach)|St. Martin]] im [[München]]er Stadtteil [[Moosach (München)|Moosach]] (bis September 1951 als Krankheitsvertretung für Stadtpfarrer Joseph Knogler), dann<!--fest (Stellenbesetzung)--> ein Jahr in der Pfarrei [[Heilig Blut (München)|Heilig Blut]] im Stadtteil [[Bogenhausen]].<ref>F.A. Brockhaus: [http://www.brockhaus.de/aktuell/thema.php?t_id=9&jahr=2005 Der deutsche Papst – Benedikt XVI.], Brockhaus-Infothek 2005</ref><ref>Albert Meisl: [http://www.merkur-online.de/nachrichten/specials/papst/wurzeln/art7887,701114.html?fCMS=1fbdd578707cf35781e910a53975da46 Wo der Papst ins kalte Wasser sprang], ''Münchner Merkur'', 16. August 2006</ref><br />
<br />
Am 24. März 1977 ernannte Papst [[Paul VI.]] Joseph Ratzinger, inzwischen Professor an der Universität Regensburg, zum [[Erzbischof]] von [[Erzbistum München und Freising|München und Freising]]. Die Bischofsweihe empfing er am 28. Mai 1977 durch den Bischof von [[Würzburg]], [[Josef Stangl]], im Münchner [[Frauenkirche (München)|Dom zu Unserer Lieben Frau]]; [[Konsekration|Mitkonsekratoren]] waren der Bischof von [[Bistum Regensburg|Regensburg]], [[Rudolf Graber (Bischof)|Rudolf Graber]], sowie der [[Weihbischof]] in München und Freising, [[Ernst Tewes]]. Ratzingers [[Wahlspruch]] lautet seitdem: ''Cooperatores veritatis'' („(Die) Mitarbeiter der Wahrheit“<!-- Anm.: Cooperatores ist die Pluralform! -->) und entstammt dem [[3. Brief des Johannes]] {{Bibel|3 Joh|8}}. Bereits einen Monat später wurde er am 27. Juni 1977 als [[Kardinalsklasse|Kardinalpriester]] mit der [[Titelkirche]] ''[[Santa Maria Consolatrice al Tiburtino]]'' in das [[Kardinalskollegium]] aufgenommen. Als neuernannter [[Kardinal]] empfing er den polnischen [[Bischofskonferenz|Episkopat]] in München, darunter auch Karol Wojtyła, den späteren Papst [[Johannes Paul II.]] und nahm an beiden [[Konklave]]n des Jahres 1978 teil.<ref>http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/biography/documents/hf_ben-xvi_bio_20050419_short-biography_ge.html</ref><br />
<br />
Die Zeit als [[Erzbischof]] nimmt in den meisten biografischen Blicken auf Joseph Ratzinger wegen ihrer Kürze nur einen geringen Platz ein.<ref>vgl. nur ''Allen'', Kardinal Ratzinger, Patmos 2002.</ref> In den Blick der Öffentlichkeit geriet die Amtszeit Joseph Ratzingers als [[Erzbischof]] von München und Freising im März 2010, als bekannt wurde, dass 1980 ein Priester von [[Essen]] nach München versetzt worden war, der dort sexuellen Missbrauchs verdächtigt wurde.<ref>A. Ramelsberger/ K. Prummer/ D. Stawski: ''[http://www.sueddeutsche.de/politik/missbrauch-in-der-katholischen-kirche-paedophiler-pfarrer-in-ratzingers-bistum-1.14013 Pädophiler Priester in Ratzingers Bistum]'', in: [[Süddeutsche Zeitung]] vom 12. März 2010.</ref> Der Priester wurde auf Bitten des [[Bistum Essen|Bistums Essen]] im Januar 1980 als Kaplan in der [[Erzdiözese]] München und Freising aufgenommen. Er sollte in München eine Therapie machen. Das Erzbistum München und Freising stellt hierzu in einer Erklärung vom 12. März 2010 fest: „Aufgrund der Aktenlage muss die Arbeitsgruppe des Ordinariates davon ausgehen, dass damals bekannt war, dass er diese Therapie vermutlich wegen sexueller Beziehungen zu Jungen machen sollte. 1980 wurde beschlossen, ihm Unterkunft in einem Pfarrhaus zu gewähren, damit er die Therapie wahrnehmen könne. Diesen Beschluss hat der damalige Erzbischof mit gefasst.“<ref name="Missbrauch">[http://www.vatican.va/resources/resources_comunicato-monaco-2010_ge.html Priester trotz Missbrauchsvorwürfen und Verurteilung in der Seelsorge eingesetzt]</ref> In den 1980er Jahren hielt man [[Pädophilie]] allgemein für durchaus therapierbar. Nach umfangreichen Untersuchungen der [[Erzdiözese]] München und Freising wurde festgestellt, dass der damalige [[Generalvikar]], als Personalverantwortlicher der [[Erzdiözese]], den Priester abweichend von diesem Beschluss jedoch „uneingeschränkt zur Seelsorgemithilfe in einer Münchner Pfarrei angewiesen“ hatte. In der Erklärung der [[Erzdiözese]] heißt es weiter: „Der wiederholte Einsatz [des Priesters] in der Pfarrseelsorge war ein schwerer Fehler“. Der damalige [[Generalvikar]] Gruber „übernimmt für die falschen Entscheidungen die volle Verantwortung“.<ref name="Missbrauch" /> Der Psychiater des Priesters hatte die Erzdiözese davor gewarnt, den Geistlichen in der Kinder- und Jugendarbeit einzusetzen, dies schriftlich jedoch erst 1985.<ref name="sueddeutsche.de">[http://www.sueddeutsche.de/politik/kirche-missbrauch-der-paedophile-pfarrer-ein-begnadeter-schauspieler-1.24937-2 Kirche: Missbrauch – was wusste Joseph Ratzinger?] sueddeutsche.de vom 20. März 2010</ref> Eine vereinzelt diskutierte Verwicklung des damaligen Erzbischofs in diese Personalentscheidung ist zu verneinen: „Es waren seine Untergebenen, die glaubten, sie hätten [den Priester] im Griff, der Weihbischof, der Generalvikar.“<ref name="sueddeutsche.de" /><br />
<br />
== Präfekt der Glaubenskongregation ==<br />
[[Datei:Coat of arms of Joseph Ratzinger.svg|miniatur|left|Kardinalswappen von Joseph Kardinal Ratzinger]]<br />
[[Datei:Ratzinger-Rom88.JPG|miniatur|hochkant|Joseph Ratzinger als Kardinal, 1988]]<br />
=== Überblick ===<br />
<br />
Papst Johannes Paul II. beabsichtigte gleich am Anfang seines Pontifikates, Kardinal Ratzinger zum Präfekten der Glaubenskongregation zu ernennen. Erst seit anderthalb Jahren als Münchner Erzbischof im Amt, bat Ratzinger um Bedenkzeit. Er sagte drei Jahre später zu, als Johannes Paul II. die Berufung mit Nachdruck wiederholte: „Jetzt muss ich Sie aber unbedingt haben.“ Zugleich sicherte ihm Papst Johannes Paul II. zu, dass er auch weiterhin persönliche Schriften veröffentlichen könne.<ref>Fernsehinterview mit Joseph Kardinal Ratzinger, [[Bayerischer Rundfunk]], ausgestrahlt am 17. April 2005, dem Vorabend der Eröffnung des Konklave, in dem er zum Papst gewählt wurde.</ref> Kardinal Ratzinger war vor seiner Wahl zum Papst, seit seiner Ernennung durch Papst Johannes Paul II. am 25. November 1981, [[Kardinalpräfekt|Präfekt]] der Kongregation für die Glaubenslehre (Dienstantritt in Rom war der 1. März 1982) mit einem Stab von 40&nbsp;Mitarbeitern. Mit der Aufnahme der Tätigkeit im Dienst des Heiligen Stuhls erhielt er die [[vatikanische Staatsbürgerschaft]], die funktionsbezogen und in der Regel auf die Dauer der Funktion im Vatikan beschränkt ist. Da sie grundsätzlich kumulierbar ist, wird sie zusätzlich zu einer bereits vorhandenen erworben.<br />
<br />
Der Kardinal trat als Präfekt der Glaubenskongregation für den priesterlichen [[Zölibat]], gegen einige Aspekte der [[Befreiungstheologie]], gegen die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen und für die Aktualität der in [[Humanae vitae]] definierten katholischen Sexuallehre ein.<ref>[http://www.zenit.org/article-16055?l=german ''Benedikt XVI. bekräftigt Aktualität von „Humanae vitae“'']. In: ''Zenit.org'', 3. Oktober 2008, abgerufen am 22. März 2011.</ref> Aus der Sicht seiner Kritiker war er auch gegen [[Pluralismus (Theologie)|pluralistische Ansätze]] in der Kirche und Forderungen nach Dezentralisation der Kirche.<br />
<br />
Als Präfekt der Glaubenskongregation ordnete Kardinal Ratzinger im Januar 1998 die Öffnung der zuvor streng geheimen Archive der [[Inquisition]] und [[Indexkongregation]] an.<br />
<br />
Die umfangreichen Aufgaben der römischen Weltkirche veranlassten Ratzinger selbst, den Papst wiederholt um seine Entlassung zu bitten, um sich in seiner bayerischen Heimat [[Pentling]] bei [[Regensburg]] der Schriftstellerei widmen zu können. Zu seinem 75.&nbsp;Geburtstag (im Jahr 2002) wollte er das Rücktrittsgesuch stellen, das traditionellerweise beim Erreichen dieses Alters eingereicht wird. Papst Johannes Paul II. sagte ihm davor: „Sie brauchen den Brief gar nicht zu schreiben, denn ich will Sie bis zum Ende haben.“<ref>Benedikt XVI.: ''Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit. Ein Gespräch mit Peter Seewald''. Herder, Freiburg im Breisgau 2010, ISBN 978-3-451-32537-3.</ref> Der Papst lehnte seinen Rücktritt ab, und so setzte Ratzinger den Dienst als Kurienkardinal bis zu seiner Wahl zum Papst fort.<br />
<br />
=== Positionen und Haltungen ===<br />
<br />
Ratzingers Haltung in Fragen der [[Ökumenische Theologie|Ökumene]] wurde während seiner Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation unterschiedlich bewertet. 1999 wurde Ratzinger als ''„Motor der Ökumene“''<ref>ZDF: [http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/8/0,3672,181768,00.html Joseph Ratzinger – Leiter der Papstwahl], 12. April 2005.</ref> gepriesen, nachdem er entscheidend an dem <!--welchem?-->gemeinsamen Papier zur [[Rechtfertigungslehre]] mitgewirkt hatte. Nach der Veröffentlichung des päpstlichen [[Lehrschreiben]]s ''[[Dominus Iesus]]'', bei dem Ratzinger federführend war, befürchteten viele Befürworter des engeren ökumenischen [[Interreligiöser Dialog|interreligiösen Dialogs]] einen Schaden für die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem [[Protestantismus]]. Die Beispiele zeigen, dass Ratzinger für einen ökumenischen Dialog eintritt, dieser für ihn aber nicht bedeuten kann, dass die katholische Kirche eigene Glaubensprofile, Überzeugungen und Selbstverständnisse ignoriert, verändert oder aufgibt. 2003 entzündete sich infolge des [[Ökumenischer Kirchentag 2003|Ökumenischen Kirchentages]] in Berlin ein Konflikt zwischen den Kardinälen Meisner, Ratzinger und Lehmann.<ref>Gerrit Schulte: [http://www.tdh-online.de/archiv_1996_bis_2007/artikel/1453.php ''Diese Kritik ist auch persönlich verletzend. Kardinal Lehmann reagiert auf Äußerungen der Kardinäle Ratzinger und Meisner zum ÖKT'']. In: ''[[Tag des Herrn (Zeitung)|Tag des Herrn]]'' 53, Nr. 31, 2003.</ref><br />
<br />
Im interreligiösen Dialog ist seine Teilnahme am [[Weltgebetstreffen]] in [[Assisi]] 2002 zu erwähnen, das er als {{"|wichtiges Zeichen für den Frieden}} bezeichnete. Dies könne jedoch nur überzeugen, wenn die Religionen untereinander Frieden machten.<br />
<br />
Die [[Frauenordination (Christentum)|Frauenordination]] bleibt auch unter Benedikt XVI. verboten. Das zugrundeliegende Lehrschreiben ''[[Ordinatio Sacerdotalis]]'' seines Vorgängers [[Johannes Paul II.]] wurde von ihm bestätigt. Teile des deutschen Episkopats, darunter auch [[Karl Lehmann|Kardinal Lehmann]], hatten zumindest das Frauen[[diakon]]at für denkbar gehalten, weswegen sich ein Konflikt entwickelte.<br />
<br />
Dieser betraf auch die Teilnahme an der Eucharistie von nach einer Scheidung wieder verheirateten Katholiken. Kardinal Lehmann musste in dieser Frage gegenüber Rom einlenken.<br />
<br />
Großen Anteil hatte Ratzinger am [[Katechismus der Katholischen Kirche]], in dessen drittem Teil unter anderem die [[Sexualmoral]] in Glaubenssätzen und Lehrregeln der katholischen Kirche vorgegeben wird. Kritiker bemängeln diese Festlegungen, da Begründungen für diese Abschnitte fehlten oder [[Tautologie (Logik)|tautologisch]] seien, insbesondere dort, wo sie – zum Teil sehr weit – über jene der [[Zehn Gebote]] hinausgehen. Von der [[Römisch-katholische Kirche|katholischen Kirche]] wird dieser Einwand mit dem Hinweis zurückgewiesen, dass nach römisch-katholischem Verständnis die Kirche die Berechtigung habe, die Bibel verbindlich auszulegen. Als Papst übergab er am 28. Juni 2005 ein Kompendium der katholischen Lehre, eine Kurzfassung des Katechismus der Katholischen Kirche, der Öffentlichkeit. Auch an dessen Fertigstellung wirkte er bereits als Präfekt der Glaubenskongregation wesentlich mit.<br />
<br />
Joseph Ratzinger kritisierte bestimmte Ausprägungen der Befreiungstheologie und sah sie dann nicht mit der katholischen Lehre vereinbar, wenn sie grundlegende Glaubenswahrheiten leugnete, sich politisch instrumentalisieren ließ, marxistische Forderungen vertrat oder die gewaltsame Umsetzung ihrer Anliegen propagierte.<ref>Vgl. Instructio de quibusdam rationibus «Theologiae Liberationis», 6. August 1984, in: AAS 76 (1984) 876-909; DOCUMENTA 57, v.a. Absatz VI.ff., insbesondere VIII.-XI.</ref><ref>Vgl. Instructio de libertate christiana et liberatione, 22. März 1986, in: AAS 79 (1987) 554-599; DOCUMENTA 60, v.a. Absatz 75.ff.</ref> Dies führte zu ausgeprägten Konflikten u.a. mit [[Leonardo Boff]] und [[Gustavo Gutiérrez]].<br />
<br />
Kritik erfährt Ratzinger unter anderem von Homosexuellenverbänden<ref>Dyana Bagby: [http://replay.waybackmachine.org/20090604104011/http://www.washblade.com/2005/12-30/news/national/bad-pope.cfm ''Blessed bigotry: Pope Benedict XVI is Anti-Gay Person of the Yea<!--sic-->. ‘God’s rottweiler’ actively pursues political agenda against gay marriage, priests'']. In: ''[[Washington Blade]]'', 30. Dezember 2005, abgerufen am 22. März 2011; Micha Müller: [http://www.queer.de/szene_politik_international_detail.php?article_id=2706&ptitle=Papst%20Ratzinger:%20Entsetzen%20in%20der%20Szene ''Papst Ratzinger: Entsetzen in der Szene'']. In: ''queer.de'', 20. April 2005, abgerufen am 22. März 2011.</ref> für seine ablehnende Haltung gegenüber der rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen [[Homosexualität|homosexuellen]] Personen.<ref>Joseph Ratzinger, Angelo Amato: [http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_20030731_homosexual-unions_ge.html ''Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen'']. Hrsg. von der Kongregation für die Glaubenslehre. In: ''vatican.va'', 3. Juni 2003, abgerufen am 22. März 2011.</ref> Diese staatlichen Anerkennungen wurden in vielen westlichen Staaten, unter anderem in katholisch geprägten Ländern wie Frankreich, Spanien, Belgien, Luxemburg oder Kanada (Quebec), z.&nbsp;T. während seiner Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation eingeführt.<br />
<br />
Ratzinger hat in Fragen der [[Schwangerschaftsabbruch|Abtreibung]] und [[Sterbehilfe]] die Linie seines Vorgängers Johannes Paul II. entscheidend mitgeprägt.<br />
<br />
In [[Deutschland]] trieb Ratzinger den Ausstieg aus dem staatlichen System der [[Schwangerschaftskonfliktberatung]] voran, da er in der Teilnahme eine Form der Mitwirkung an Abtreibungen sah und dies der Haltung Papst Johannes Pauls II. widersprach, jegliches menschliche Leben zu schützen, das nach katholischer Lehre bereits mit der Zeugung beginnt. Der Ausstieg geschah gegen die Mehrheitsmeinung der deutschen Bischöfe, die der Überzeugung waren, dass die Schwangerenberatung einen wichtigen Beitrag zum Schutz von ungeborenem Leben leiste.<br />
<br />
Kritiker werteten 2004 ein Schreiben Ratzingers als Einmischung in den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf zu Lasten [[John Kerry]]s. In diesem hatte er den US-Bischöfen die Empfehlung gegeben, dass Politikern, die in ihrem Wahlkampf- und Stimmverhalten durchgängig für sehr freizügige Abtreibungs- und [[Sterbehilfe]]gesetze eintreten, die Kommunion zu verweigern sei.<ref>Joseph Ratzinger: [http://www.chiesa.espressonline.it/dettaglio.jsp?id=7055&eng=y ''Worthiness to Receive Holy Communion. General Principles'']. In: ''chiesa.espressonline.it'', 3. Juli 2004.</ref><br />
<br />
== Aufgaben im Kardinalskollegium ==<br />
<br />
Am 5. April 1993 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum [[Kardinalsklasse|Kardinalbischof]] der [[Suburbikarisches Bistum|suburbikarischen Diözese]] [[Bistum Velletri-Segni|Velletri-Segni]]. Ab 1998 war Kardinal Ratzinger [[Dekan (Kirche)|Subdekan]] des [[Kardinalskollegium]]s; 2002 wurde er zum [[Kardinaldekan]] gewählt und von Johannes Paul II. in diesem Amt bestätigt.<ref>Paul Badde: ''[http://www.welt.de/print-welt/article282140/Papst_ernennt_Ratzinger_zur_Nummer_drei_der_katholischen_Kirche.html Papst ernennt Ratzinger zur Nummer drei der katholischen Kirche]'', in: [[Die Welt]] vom 2. Dezember 2002.</ref><ref>Guido Horst: ''[http://www.die-tagespost.de/Archiv/titel_anzeige.asp?ID=2306 Die beiden Kardinäle des „fine papato“. Joseph Ratzinger wird Dekan des obersten „Kirchensenats“ – Angelo Sodano darf noch ein Weilchen Staatssekretär bleiben.]'', in: [[Die Tagespost]] vom 30. November 2002.</ref> Gleichzeitig wurde er damit auch zum Kardinalbischof von [[Bistum Ostia|Ostia]] ernannt. Am 8. April 2005 leitete Ratzinger als Kardinaldekan die Begräbnisfeierlichkeiten für Papst Johannes Paul&nbsp;II. in Rom.<ref>Daniel J. Wakin/ Mark Landler: ''[http://www.nytimes.com/2005/04/08/international/worldspecial2/08ratzinger.html?scp=5&sq=Ratzinger%20Dean&st=cse German Cardinal Has a Major Voice at the Funeral]'', in: [[The New York Times]] vom 8. April 2005.</ref> Außerdem fiel ihm in dieser Position zu, während der [[Sedisvakanz]] die täglich stattfindende Generalkongregation zu leiten und dem [[Konklave]] vom 18. bis 19. April 2005 vorzustehen, aus dem er als [[Papst]] hervorging.<ref>Thomas Götz: ''[http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2005/0402/seite1/0070/index.html Hüter des Interregnums]'', in: [[Berliner Zeitung]] vom 2. April 2005.</ref><br />
<br />
== Pontifikat ==<br />
[[Datei:BenedictusXVI 02.jpg|miniatur|Mosaik in [[St. Paul vor den Mauern]]]]<br />
[[Datei:Pope johnpaul funeral.jpeg|miniatur|Kardinal Ratzinger bei den Begräbnisfeierlichkeiten für [[Johannes Paul II.|Papst Johannes Paul II.]] am 8. April 2005, wenige Tage vor seiner Wahl zu dessen Nachfolger]]<br />
[[Datei:Benedikt XVI im Papamobil.jpg|miniatur|Benedikt XVI. nach dem Gottesdienst zur Amtseinführung im [[Papamobil]]]]<br />
[[Datei:Petersplatz-fahnen.jpg|miniatur|Petersplatz: Mit deutschen und bayerischen Fahnen feiern deutsche Pilger die Wahl Benedikts XVI.]]<br />
[[Datei:BentoXVI-30-10052007.jpg|miniatur|hochkant||300pix|Papst Benedikt XVI., 2007]]<br />
[[Datei:Castel Gandolfo Papst.JPG|miniatur|Der Papst in seiner Sommerresidenz [[Castel Gandolfo]], August 2009]]<br />
[[Datei:München2.jpg|miniatur|300pix|[[Papstbesuch in Deutschland 2006|Heimatbesuch 2006]], München.]]<br />
[[Datei:Traunstein 008.JPG|miniatur|300pix|Büste von Papst Benedikt XVI. vor der Pfarrkirche St. Oswald in Traunstein]]<br />
[[Datei:Papstdenkmal.Frauenkirche.München.jpg|miniatur|hochkant|Bronzerelief des Papstes im Münchener [[Frauenkirche (München)|Liebfrauendom]]]]<br />
[[Datei:Benedikt.Messe.Freiburg.Papst.nah.jpg|miniatur|300pix|[[Papstbesuch in Deutschland 2011|Apostolische Reise nach Deutschland 2011]], Freiburg.]]<br />
[[Datei:Benedictus XVI Marke.jpg|miniatur|Deutsche Sondermarke anlässlich des 80. Geburtstags von Papst Benedikt XVI. im [[Briefmarken-Jahrgang 2007 der Bundesrepublik Deutschland|April 2007]] (siehe auch: [[Personen, die zu Lebzeiten auf einer Briefmarke der Bundesrepublik Deutschland abgebildet wurden|Lebende Persönlichkeiten auf deutschen Briefmarken]])]]<br />
=== Wahl ===<br />
<br />
Nach der Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Papst Johannes Paul II. im Januar 2005 wurde Ratzinger in der Presse immer wieder als dessen möglicher Nachfolger gehandelt.<ref>Heimo Schwilk: ''[http://www.welt.de/print-wams/article123060/Der_naechste_Papst_koennte_Deutscher_sein.html Der nächste Papst könnte Deutscher sein]'', in: [[Die Welt]] vom 13. Februar 2005.</ref><ref>Paul Badde: ''[http://www.welt.de/print-welt/article424008/Spekulationen_um_Nachfolge_des_Papstes.html Spekulationen um Nachfolge des Papstes]'', in: [[Die Welt]] vom 10. Februar 2005.</ref><ref>Jeff Israely: ''[http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,1013240,00.html The Next Pope: Rome Eyes A Hard-Liner]'', in: [[Time|Time Magazine]] vom 3. Januar 2005.</ref> Die Wahl galt als offen: In den Wahlen zuvor wurden die ''[[Papabile|papabili]]'' selten zum Papst gewählt, jedoch wurden Ratzinger große Chancen als Übergangspapst nach dem vorangegangenen langen Pontifikat eingeräumt.<ref>Paul Badde: ''[http://www.welt.de/print-welt/article563166/Die_Liste_der_Kandidaten_ist_lang.html Die Liste der Kandidaten ist lang]'', in: [[Die Welt]] vom 2. April 2005.</ref> Im Vorfeld des Konklaves galt er als einer der einflussreichsten Kardinäle und sowohl als Papstanwärter als auch als Papstmacher.<ref>Christiane Kohl: ''[http://www.sueddeutsche.de/politik/joseph-kardinal-ratzinger-vorhang-auf-fuer-cardinale-no-1.840134 Vorhang auf für Cardinale No]'', in: [[Süddeutsche Zeitung]] vom 4. April 2005.</ref><ref>Gernot Facius: ''[http://www.welt.de/print-welt/article572472/Papstmacher_Kardinal_Joseph_Ratzinger.html Papstmacher: Kardinal Joseph Ratzinger]'', in: [[Die Welt|Welt online]] vom 6. April 2005.</ref> Kurz vor Beginn des Konklaves wurde er schließlich zu den aussichtsreicheren Favoriten auf die Papstnachfolge gezählt.<ref>Robert Sullivan: ''[http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,1044740,00.html The Men Who Might Be Pope]'', in: [[Time|Time Magazine]] vom 3. April 2005.</ref><ref>''[http://ricerca.repubblica.it/repubblica/archivio/repubblica/2005/04/13/ratzinger-50-si-al-suo-nome-sodano.html Ratzinger, 50 sì al suo nome e Sodano dimentica l' Iraq]'', in: [[La Repubblica]] vom 13. April 2005.</ref><ref>''Mehrere Kardinäle für Ratzinger. Italienische Medien sprechen von bis zu sechzig Purpurträgern'', in: [[Frankfurter Allgemeine Zeitung]] vom 15. April 2005.</ref><ref>Luigi Accattoli: ''[http://www.corriere.it/Primo_Piano/Cronache/2005/04_Aprile/17/conclave.shtml I cardinali in Conclave senza intesa sul nome]'', in: [[Corriere della Sera]] vom 17. April 2005.</ref><ref>Otto Kallscheuer: ''Drei Parteien im Konklave. Von morgen an wird der nächste Papst gewählt. Wird er ein Glaubensstrenger, ein Reformer oder einer sein, der die Basis der Kirche stärken will?'', in: [[Frankfurter Allgemeine Zeitung|Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung]] vom 17. April 2005, S. 3.</ref><br />
<br />
Am Nachmittag des 19. April 2005 wurde Joseph Ratzinger im [[Konklave 2005|Konklave]] zum 264. Nachfolger des hl. Petrus gewählt. Er gab sich den [[Papstname]]n ''Benedikt XVI.'' Nach eigener Aussage gab er sich den Namen im Gedenken an den Ordensgründer [[Benedikt von Nursia]], Patron Europas, aber auch an seinen Namensvorgänger [[Benedikt XV.]] (Pontifikat 1914–1922), der als „Friedenspapst“ bezeichnet wurde, obwohl seiner Friedensinitiative bei den Krieg führenden Parteien des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] kein Erfolg beschieden war.<ref>Benedikt XVI.: ''[http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/audiences/2005/documents/hf_ben-xvi_aud_20050427_ge.html Generalaudienz am 27. April 2005]''</ref><br />
<br />
Drei Tage vor seiner Wahl zum Papst wurde Joseph Ratzinger 78&nbsp;Jahre alt und ist damit der älteste gewählte Kandidat seit [[Clemens XII.]] (1730).<br />
<br />
Er diente mit fast 28&nbsp;Jahren als Kardinal länger als jeder andere Papst vor ihm seit [[Benedikt XIII. (Papst)|Benedikt XIII.]] (Wahl 1724), ebenso ist er der dritte Papst in Folge, welcher von [[Paul VI.]] zum Kardinal erhoben wurde. Als erster [[Liste der deutschen Päpste|deutscher Papst]] seit [[Hadrian VI.]] (1522–1523), wurde seine Wahl besonders in Deutschland begrüßt – so verkündete die [[Bild (Zeitung)|Bildzeitung]] stolz: „[[Wir sind Papst!]]“<br />
<br />
=== Verlauf des Pontifikats ===<br />
Am Sonntag, dem 24. April 2005, erhielt Benedikt XVI. im Rahmen eines festlichen Gottesdienstes am Petersplatz den [[Fischerring]] und das [[Pallium]] als Zeichen des Petrusdienstes. Vor mehreren hunderttausend Gläubigen und Regierungsvertretern aus aller Welt betonte er, dass er keine Regierungserklärung abgeben wolle. Er sprach von einem ''unerhörten Auftrag, der doch alles menschliche Vermögen überschreitet''. Zugleich betonte er: ''Die Kirche lebt, die Kirche ist jung!''<br />
<br />
Im August 2005 besuchte Benedikt XVI. den [[Weltjugendtag 2005|XX. Weltjugendtag]] in [[Köln]]. Am 24. September 2005 empfing er den vom Vatikan 1979 gemaßregelten Tübinger Theologen [[Hans Küng]] zu einem Gespräch. Vom 25. Mai bis 28. Mai 2006 besuchte er die Heimat seines Vorgängers Johannes Paul II. in [[Polen]].<br />
<br />
Kurz nach seiner Amtseinführung bestätigte der neue Papst Kardinal [[Angelo Sodano]] in seinem Amt als [[Kardinalstaatssekretär]] sowie alle Leiter der [[Kurie#Kongregationen|Kongregation]]en. Seine eigene ehemalige Funktion als Vorsitzender der [[Kongregation für die Glaubenslehre]] übertrug er knapp einen Monat später dem damaligen [[Erzbischof]] von [[San Francisco]], [[William Joseph Levada]]. Am 11. März 2006 begann Benedikt XVI. eine lange erwartete [[Kurie]]nreform und legte die Ämter mehrerer päpstlicher Räte zusammen. Personelle Neubesetzungen folgten mit der Ernennung von Kardinal [[Ivan Dias]] zum Präfekten der [[Kongregation für die Evangelisierung der Völker]] am 20. Mai, [[Tarcisio Bertone]]s zum Kardinalstaatssekretär und [[Giovanni Lajolo]]s zum Präsidenten der [[Päpstliche Kommission für den Staat der Vatikanstadt|Päpstlichen Kommission für den Staat der Vatikanstadt]] und des [[Governatorat der Vatikanstadt|Governatorats der Vatikanstadt]] am 22. Juni sowie [[Cláudio Hummes]]’ zum Präfekten der [[Kongregation für den Klerus]] am 31. Oktober 2006.<br />
<br />
In mehreren kleinen Entscheidungen, etwa hinsichtlich der (vorübergehenden) Benutzung eines [[Pallium]]s im alten Stil oder der Wortwahl bei seiner Besitzergreifung der [[Lateran]]basilika, ist eine Orientierung an der [[Tradition]] der ungeteilten Kirche vor 1054 zu erkennen sowie eine bescheidenere und weniger zentralistische Art der Amtsführung, was sich zum Beispiel in der Rückübertragung der [[Seligsprechung]]<nowiki />sfeiern an die [[Ortskirche]]n zeigt.<br />
<br />
Im innerchristlichen Dialog sind vor allem die Bemühungen um eine Annäherung an die [[Orthodoxe Kirchen]] anzumerken. Zu Beginn des Jahres 2006 entschied Benedikt XVI., den Ehrentitel ''[[Patriarch des Abendlandes]]'' abzulegen, den die Päpste seit dem 5.&nbsp;Jahrhundert geführt hatten. Er wurde daraufhin im [[Annuario Pontificio]] 2006 aus der offiziellen Titulatur entfernt. Bereits zuvor kam es zwischen dem Papst und dem Patriarchen von Moskau zu einem Briefwechsel, in welchem er Geburtstagsgrüße und die Bitte um Zusammenarbeit gegen die säkularisierte Welt sandte, sowie dem Briefwechsel mit dem Patriarchen von Konstantinopel zum Anlass des [[Andreas (Apostel)|Andreasfestes]]. Diesem letztgenannten Briefwechsel folgte die Einladung von [[Bartholomäus I.]] an den Papst, ihn im November 2006 zu besuchen. Auch wurde am 18. Mai 2006 die erste [[Russisch-Orthodoxe Kirche]] in Rom durch den [[Metropolit]]en [[Kyrill I.]], den Leiter des Russisch-Orthodoxen Außenamts, eingeweiht. Im Zuge dieses Rombesuches kam es auch zu einem Treffen mit dem Papst.<br />
<br />
Spannungen zwischen der [[Volksrepublik China]] und dem Vatikan traten im Mai 2006 auf, nachdem die von der Staatsführung in China autorisierte [[Chinesische Katholisch-Patriotische Vereinigung|Katholisch-Patriotische Vereinigung]] binnen zwei Wochen zwei Bischöfe weihte und einen in sein Amt einführte, ohne auf die Zustimmung des Vatikans zu warten. Der Papst, der die Vereinigung und ihre Grundsätze mit der katholischen Lehre unvereinbar hält, kritisierte später offen die Einschränkungen der Religions- und Gewissensfreiheit in China.<ref>[http://www.welt.de/aktuell/article11831374/Papst-spendet-verfolgten-Christen-in-China-Trost.html ''Papst spendet verfolgten Christen in China Trost''], Die Welt, 26. Dezember 2010; &nbsp;[http://www.zenit.org/article-21995?l=german ''Katholiken in China''], Zenit, 2. Dezember 2010.</ref><br />
<br />
Zum Weltfriedenstag 2007 betonte Benedikt XVI. die Pflicht, das {{"|Bewusstsein des Doppelaspekts der [[Begabung|Gabe]] und der Aufgabe zu pflegen}}.<br />
<br />
In Italien kam es im Frühjahr 2007 zwischen der Kirche und der Regierung unter [[Romano Prodi]] zu Spannungen, da die Regierung in Italien plante, homosexuelle Paare staatlicherseits anzuerkennen. Verschiedene Politiker in Italien, Journalisten und Künstler warfen dem Vatikan und Papst daher eine ihrer Meinung nach unberechtigte Einflussnahme in die Innenpolitik Italiens vor.<ref>''[http://www.focus.de/politik/ausland/papst/vatikan_aid_120788.html Vatikan wettert gegen „Ehen ohne Trauschein“]'', in: [[Focus Online]] 10. Dezember 2006.</ref><ref>Bettina Gabbe: ''[http://www.netzeitung.de/ausland/637050.html Vatikan beschimpft Komiker als Terrorist]'', in: [[Netzeitung]], 3. Mai 2007.</ref><br />
<br />
Bei der Eröffnung der [[CELAM|lateinamerikanischen Bischofskonferenz]] im brasilianischen [[Aparecida (São Paulo)|Aparecida]]<ref>[http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/speeches/2007/may/documents/hf_ben-xvi_spe_20070513_conference-aparecida_ge.html Rede von Benedikt XVI. zur Eröffnung der lateinamerikanischen Bischofskonferenz am 13. Mai 2007 (dt. Fassung)]</ref> am 13. Mai 2007 äußerte sich Benedikt zur [[Christianisierung]] Lateinamerikas, die keine Oktroyierung einer fremden Kultur, sondern von den Ureinwohnern unbewusst herbeigesehnt worden sei. Diese Darstellung stieß auf Widerspruch von Repräsentanten der Indios, die die Rede als {{"|arrogant und respektlos}} bezeichneten. {{"|Zu sagen, dass die kulturelle Dezimierung unserer Volkes eine Reinigung darstellt, ist beleidigend und – offen gesagt – beängstigend.|Autor=Sandro Tuxa}}.<ref>[http://www.azonline.ch/pages/index.cfm?dom=113&rub=100004699&arub=100211487&orub=100211474&osrub=100211474&Artikel_ID=101559021 Indianer empört über Aussagen des Papstes] azonline.ch vom 14. Mai 2007</ref> Der deutsche Lateinamerika-Historiker Hans-Jürgen Prien erblickte in diesen Äußerungen {{"|eine unglaubliche [[Geschichtsklitterung]]}} und einen Rückschritt gegenüber der Position von Johannes Paul II., der 1992 in einer Rede Fehler bei der [[Evangelisierung]] der einheimischen Stämme und Völker eingeräumt hatte.<ref>[http://www.ksta.de/html/artikel/1176113434543.shtml#Szene_1 „Eine unglaubliche Geschichtsklitterung“], Interview des [[Kölner Stadt-Anzeiger]]s mit Hans-Jürgen Prien vom 17. Mai 2007.</ref> Demgegenüber erklärte der Papst, Jesus und sein Evangelium zu verkünden, setze zu keiner Zeit eine Entfremdung der [[präkolumbisch]]en Kulturen voraus, und es sei auch kein Aufzwingen einer fremden Kultur gewesen.<ref>[[Radio Vatikan]]: [http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=134194 Kritik an Papstäußerung zu Lateinamerika] 17. Mai 2007.</ref><br />
[[Venezuela]]s Präsident [[Hugo Chávez]] verlangte eine Entschuldigung des Papstes: {{"|Mit allem gebührenden Respekt, Sie sollten sich entschuldigen, denn es gab hier wirklich einen Völkermord und wenn wir das leugnen würden, würden wir unser tiefstes Selbst verleugnen.<ref>[http://derstandard.at/text/?id=2887079 ''Chavez fordert Entschuldigung vom Papst''], in: [[Der Standard]] vom 20. Mai 2007.</ref>}}<br />
<br />
Am 26. Juni 2007 erließ Papst Benedikt XVI. das [[Motu Proprio]] ''[[De aliquibus mutationibus in normis|De aliquibus mutationibus in normis de electione Romani Pontificis]],'' durch das die [[Apostolische Konstitution]] ''[[Universi Dominici Gregis]]'' teilweise rückgängig gemacht wird.<br />
<br />
Aufgrund einer Rede<ref>[http://www.domradio.com/benedikt/artikel_37583.html „Keine kurzschlüssige Apologetik aufbauen“ Die umstrittene Ratzinger-Rede in der Sapienza von 1990], in: [[domradio]].</ref> als damaliger Präfekt der [[Glaubenskongregation]] aus dem Jahr 1990 in [[Parma]], in der Joseph Ratzinger den österreichischen Philosophen [[Paul Feyerabend]] zitierte, der das Urteil gegen [[Galileo Galilei]] im Jahr 1633 als {{"|rational und gerecht}}<ref>Paul Feyerabend, Wider den Methodenzwang, Suhrkamp 1986, S. 8 und S. 206.</ref><ref>kath.net: [http://www.kath.net/detail.php?id=18756 Die 'Skandalrede' von Parma], 15. Januar 2008.</ref> bezeichnet hatte, stieß der Papst auf Ablehnung einer Gruppe von 67&nbsp;Professoren der 4500&nbsp;Dozenten der Universität [[La Sapienza]] und sagte daher einen geplanten Besuch an der Universität ab.<ref>''[http://www.welt.de/politik/article1556933/Papst_kapituliert_vor_dem_Protest_der_Studenten.html#article_readcomments Papst kapituliert vor dem Protest der Studenten]'', in: [[Die Welt|Welt online]], 15. Januar 2008.</ref> Die Proteste, die zur Absage führten, lösten in Italien wenig Verständnis aus.<ref>Paul Badde: ''[http://www.welt.de/politik/article1560041/Italien_empoert_sich_ueber_Proteste_gegen_Papst.html Italien empört sich über Proteste gegen Papst]'', in: [[Die Welt|Welt online]] vom 16. Januar 2008.</ref><br />
<br />
In seiner Botschaft zum [[Weltfriedenstag]]&nbsp;2008 machte Benedikt XVI. die Bedeutung der christlichen Familie für den Frieden in der Welt deutlich.<br />
<br />
Bei einer sechstägigen Reise in die [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] wurde er am 16. April 2008 von Präsident [[George W. Bush]] empfangen. Benedikt äußerte beim Empfang unter anderem: {{"|Demokratie könne nur aufblühen, wenn sich die politischen Führer von der Wahrheit leiten lassen}}. Während seiner Reise, die am 21. April 2008 endete, äußerte sich Benedikt tief beschämt über pädophile Priester und rief die [[Römisch-katholische Kirche in den Vereinigten Staaten|katholische Kirche in den USA]] nach den [[Sexueller Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche|Missbrauchsskandalen]] mehrfach zur Reinigung und Erneuerung auf. Er traf sich in einer symbolischen Geste auch mit Männern und Frauen, die als Kinder oder Jugendliche von Priestern missbraucht worden waren. Lobend würdigte Benedikt dagegen die tiefe Spiritualität in den USA.<br />
<br />
Bei einer Rede vor der UN-Generalversammlung in New York forderte er die Vereinten Nationen zu einer Politik der vorbeugenden Konfliktlösung auf. Dabei müssten alle diplomatischen Mittel und {{"|selbst die geringfügigsten Zeichen}} von Dialogbereitschaft genutzt werden. Zugleich schloss er aber {{"|kollektive Aktionen der internationalen Gemeinschaft}} nicht aus.<ref>Alexander Schwabe: ''[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,548411,00.html Benedikt XVI. vor der UNO. Rückfall ins Professoren-Latein]'', in: [[Spiegel Online]], 19. April 2008.</ref> Zum Abschluss seiner USA-Reise besuchte der Papst [[Ground Zero]], den Ort der [[Terroranschläge am 11. September 2001|Anschläge gegen das World Trade Center]] am 11. September 2001 und feierte eine Heilige Messe im [[Yankee Stadium (1923)|Yankee-Stadion]] vor zehntausenden Besuchern.<br />
<br />
Ein weiterer Schritt der Annäherung an die Orthodoxie war am 28. Juni 2008 die Eröffnung des [[Paulusjahr]]es zum Gedenken an das ungefähre 2000. Geburtsjahr des [[Paulus von Tarsus|Apostels Paulus]] mit dem [[Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel|Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel]] in der Basilika [[Sankt Paul vor den Mauern]] und die in Anwesenheit des Patriarchen [[Bartholomäus I.]] gefeierte Heilige Messe in St. Peter am folgenden Tag, dem Patronatsfest [[Peter und Paul]]. In dieser feierten Benedikt XVI. und Bartholomäus I. gemeinsam den Wortgottesdienst, beide hielten eine Predigt, sprachen das [[Nicäno-Konstantinopolitanum|Nicänische Glaubensbekenntnis]] auf Griechisch und erteilten zusammen den Segen.<br />
<br />
Einen besonderen Schwerpunkt in seinem Pontifikat legt Benedikt XVI. auf die Neuevangelisierung der Länder, in denen der Glaube immer mehr nachlässt. Hierzu kündigte er am 29. Juni 2010 die Einrichtung des [[Päpstlicher Rat zur Förderung der Neuevangelisierung|Päpstlichen Rates zur Förderung der Neuevangelisierung]] für nachchristentümliche Gemeinschaften ein.<ref>Vgl. Benedikt XVI. (2010): Licht der Welt: Der Papst die Kirche und die Zeichen der Zeit - ein Gespräch mit Peter Seewald, Città del Vaticano, Freiburg 2010. S. 249.</ref> Er soll sich besonders um eine erneuerte [[Evangelisierung]] in den Ländern kümmern, in denen der christliche Glaube schon sehr lange beheimatet ist, aber durch die fortschreitende Säkularisierung an Bedeutung verloren hat.<ref>''[http://www.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=404080 Vatikan: Benedikt XVI. gründet Päpstlichen Rat für die erneuerte Evangelisierung]'', in: [[Radio Vatikan]] vom 30. Juni 2010.</ref> <br />
<br />
Am 11. Oktober 2011 erließ Papst Benedikt XVI. das [[Apostolisches Schreiben|Apostolische Schreiben]] in Form eines [[Motu Proprio]] ''[[Porta fidei]] (Pforte des Glaubens)'', in dem er ein [[Jahr des Glaubens]] ankündigte.<ref>[http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/motu_proprio/documents/hf_ben-xvi_motu-proprio_20111011_porta-fidei_ge.html ''Apostolisches Schreiben Porta Fidei'']. Website des Vatikans. Abgerufen am 19. Oktober 2011.</ref> Es beginnt am 11. Oktober 2012, dem 50. Jahrestag der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils, und endet am Christkönigsfest 2013 (24. November 2013).<ref>[http://www.dbk.de/presse/details/?presseid=1988&cHash=4bc6be9df63ff82acc7034305cee3c5b ''Deutsche Bischofskonferenz begrüßt „Jahr des Glaubens“'']. Website der Deutschen Bischofskonferenz. Abgerufen am 18. Oktober 2011.</ref><br />
<br />
In das Pontifikat Papst Benedikts XVI. fällt die sogenannte [[Vatileaks]]-Affäre, bei welcher interne Dokumente aus dem Vatikan an die Öffentlichkeit gelangt sind.<br />
<br />
=== Päpstliche Reisen ===<br />
{{Hauptartikel|Auslandsreisen des Papstes Benedikt XVI.}}<br />
<br />
=== Öffentliche Wirkung und Kritik ===<br />
==== Allgemeines ====<br />
Bereits in den ersten Monaten nach seiner Wahl ist Benedikt XVI. auch mit Vertretern des [[Judentum]]s (Rom, Köln, Wien<ref>Paul Badde: [http://www.welt.de/politik/article1166594/Papst_gedenkt_in_Wien_der_Opfer_des_Holocaust.html Papst gedenkt in Wien der Opfer des Holocaust], in: [[Die Welt|Welt online]], 7. September 2007.</ref>) sowie muslimischer Gemeinden (Köln) zusammengetroffen. Dabei betonte er stets, den Dialog der Religionen und Kulturen in der Tradition des 2. Vatikanischen Konzils (vgl. dessen Erklärung ''[[Nostra aetate]]'') und seines Vorgängers, Johannes Pauls II., fortsetzen zu wollen.<br />
<br />
Auf der [[Forbes Magazine|Forbes]]-Liste der 70 mächtigsten Menschen der Welt steht Benedikt XVI. derzeit (Dez. 2012) auf Platz 5.<ref>Vgl. [http://www.forbes.com/powerful-people/], Forbes, 5. Dezember 2012</ref><br />
<br />
==== Jesusbild und Theologie ====<br />
Das unter Verzicht auf lehramtliche Autorität 2007 veröffentlichte Buch [[Jesus von Nazareth. Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung]] sowie der [[Jesus von Nazareth. Vom Einzug in Jerusalem bis zur Auferstehung|Folgeband]] wurden als persönliches Glaubenszeugnis<ref>[http://www.herder.de/suche/details?k_tnr=29861 Darstellung beim Verlag Herder]</ref> und „theologisches Lesebuch“ (so eine Charakterisierung Joseph Ratzingers selbst) geschätzt. Der Versuch, [[historisch-kritische Methode|historisch-kritische]] und [[Biblische_Exegese#Theologische_Exegeseformen|theologische]] [[Exegese]] zu verbinden, wurde innerhalb der [[Historische Jesusforschung|Historischen Jesusforschung]] teils als prinzipiell wichtige Erweiterung begrüßt.<ref>[[Klaus Berger (Theologe)|Klaus Berger]]: [http://www.kirchgemeinde.ch/landeskirchenforum/index.php?seite=lkf-bericht-jesusbuch Ernstfall für die Exegeten, Rheinischer Merkur Nr. 21, 24. Mai 2007]</ref> In dieser Form wurde er jedoch weitgehend als methodisch unzureichend, unzulässige Vereinheitlichung der Evangelien vom [[Johannesevangelium]] her und „kritiklose[s] Vertrauen“<ref>Wolfgang Stegemann: ''Jesus und seine Zeit'', 2010, S. 220</ref> in die Quellen eingeordnet und selten direkt aufgegriffen.<ref name="weren">W.J.C. Weren, The Pope’s Jesus book and the Christologies of the gospels. ''HTS Teologiese Studies / Theological Studies'' 67(1), Art. #831, 2011. [http://www.hts.org.za/index.php/HTS/article/download/831/1449 PDF]</ref> <br />
<br />
Der Papst jedoch weist in seinem Jesus-Buch oft auf Differenzen hin, mit denen die Verfasser der Evangelien in ihrer Überlieferung die Gestalt Jesu aufbewahrt hätten. Er sieht in der [[Johannes (Evangelist)|johanneischen]] [[Menschwerdung Gottes#Christentun|Inkarnationstheologie]] („Mensch-werden Gottes“ – das ''Sein'' Gottes in Mensch als Erlösende) und der [[Paulus von Tarsus|paulinischen]] [[Kreuzestheologie]] (das ''Tun'' Gottes in Kreuz und Auferstehung als Erlösung der Menschen) nicht synthetisierbare Polaritäten der gleichen Wahrheit, die „nur in ihrer Zueinander auf das Ganze verweisen“ (''[[Einführung in das Christentum]]'', Seite 186). Durch seine auch im Jesus-Buch vertretene These, dass Jesus mit seiner Botschaft und seinem Werk identisch sei (Ineinandergreifen von ''Sein'' und ''Tun'' Jesu) entdeckt er aber Einheitsmomente beider historischen Wege der [[Christologie]], die im Jesus-Buch so besonders hervorgehoben werden.<br />
<br />
==== Einzigartigkeit der römisch-katholischen Kirche ====<br />
Kritik von Seiten einiger Vertreter des [[Protestantismus]] erntete das am 10. Juli 2007 veröffentlichte Dokument der [[Kongregation für die Glaubenslehre]], das die Einzigartigkeit der römisch-katholischen Kirche betont.<ref>[http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_20070629_responsa-quaestiones_ge.html „Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche“ (dt. Fassung)]</ref> Demnach seien die [[Orthodoxe Kirchen|orthodoxen Kirchen]] als {{"|echte Teilkirchen}} zu bezeichnen, weil sie in der [[Apostolische Sukzession|Apostolischen Sukzession]] stünden; jedoch litten sie unter einem {{"|Mangel}}, weil ihnen die Gemeinschaft mit der römischen Kirche und dem Papst fehle. Die Protestanten bildeten hingegen nicht {{"|Kirchen im eigentlichen Sinn}}, sondern lediglich {{"|kirchliche Gemeinschaften}}, die sich eben nicht, wie die römisch-katholische oder orthodoxe Kirche, auf die Apostolische Sukzession berufen könnten. Die Glaubenskongregation bekräftigte damit die im Jahr 2000 veröffentlichte Erklärung ''[[Dominus Iesus]]'', die von ihr unter dem Vorsitz des damaligen Präfekten Joseph Ratzinger herausgegeben worden war.<br />
<br />
Dass die protestantischen Kirchen in der Tradition von [[Unitatis redintegratio]] - dem Abschlussdokument des 2. Vatikanischen Konzils über den Ökumenismus – also nicht als „Kirchen“, sondern „nur“ als „kirchliche Gemeinschaften“ angesprochen werden, empfinden viele evangelische Christen als Herabsetzung. Der Ratsvorsitzende der [[Evangelische Kirche in Deutschland|Evangelischen Kirche in Deutschland]], Bischof [[Wolfgang Huber]], sprach in Zusammenhang mit den Aussagen des Papstes von einem {{"|Rückschlag für die Ökumene}}.<ref>[http://www.nzz.ch/nachrichten/wissenschaft/vatikan_una_sancta_1.526185.html Vatikan betont Einzigartigkeit der katholischen Kirche], in: [[Neue Zürcher Zeitung]], 11. Juli 2007.</ref><ref name="Drobinski, Matthias" /> [[Metropolit]] Kyrill von [[Smolensk]] und [[Kaliningrad]], Vorsitzender des kirchlichen Außenamtes des Moskauer Patriarchats, lobte hingegen {{"|die [[Ehrlichkeit]] des Kirchenverständnisses des Vatikans}}, obwohl er den Standpunkt des Heiligen Stuhls nicht teile.<ref>RIA Novosti: [http://de.rian.ru/culture/20070711/68768265.html Russisch-Orthodoxe loben Ehrlichkeit des Kirchenverständnisses des Vatikans], 11. Juli 2007</ref> Der bayrische Landesbischof [[Johannes Friedrich]] erklärte, dass man evangelischerseits so, wie die katholische Kirche sich definiert, auch nicht Kirche sein wolle und bewertete das Dokument als {{"|keine Absage an die ökumenischen Bestrebungen.}}<ref name="Drobinski, Matthias">[[Matthias Drobinski]]: [http://www.sueddeutsche.de/panorama/kritik-an-neuem-papst-papier-rueckschlag-fuer-die-oekumene-1.659271 „Rückschlag für die Ökumene“], in: [[Süddeutsche Zeitung]], 11. Juli 2007.</ref><br />
<br />
Aus katholischer Sicht kann in dieser Bezeichnung jedoch sogar besondere Wertschätzung gesehen werden, da sie nicht nur als ''Gläubigenvereine'' oder ''christliche'' Gemeinschaften angesprochen werden, sondern ihnen, unter der Voraussetzung des katholisch-theologischen Kirchenbegriffs, ausdrücklich ''kirchliche'' Elemente zugebilligt werden. Die [[Kommission für Glauben und Kirchenverfassung]] bemüht sich daher in einer [[theologisch]]en Studie um eine Verständigung in der Frage des Kirchenverständnisses ([[Ekklesiologie]]).<br />
<br />
==== Vorlesung in Regensburg – Dialog mit dem Islam ====<br />
Bei seinem zweiten Besuch als Papst in Deutschland hielt Benedikt XVI. vor Wissenschaftlern an der [[Universität Regensburg]] eine Vorlesung.<ref>Dazu [[Werner Thiede]]: ''Die gekreuzigte Vernunft''. Der Regensburger Papst-Vortrag im Spiegel der Entgegnung Wolfgang Hubers, in: ders. (Hg.): Der Papst aus Bayern, Leipzig 2010, S. 131-150.</ref> Darin zitierte er eine Aussage des spätmittelalterlichen [[Byzantinisches Reich|byzantinischen]] Kaisers [[Manuel II.]] zur Rolle der Gewalt im [[Islam]]. Das als ''[[Papstzitat von Regensburg]]'' bekannt gewordene Diktum wurde von einer Reihe von Vertretern des [[Islam]] als [[Hasspredigt]] bezeichnet und heftig kritisiert. Konziliant zeigten sich dagegen 38 hochrangige islamische Gelehrte, die in einem offenen Brief vom 12. Oktober 2006<ref>[http://www.al-sakina.de/inhalt/artikel/vernunft_glaube/offener_brief/offener_brief.html Offener Brief islamischer Gelehrter an Papst Benedikt XVI.] – Quelle: www.al-sakina.de</ref> der Darstellung ihres Glaubens im verwendeten Zitat in der Rede des Papstes zwar widersprachen, zugleich aber für eine Fortführung des Dialogs zwischen Christentum und Islam eintraten.<br />
<br />
Insbesondere nach dem Türkeibesuch Papst Benedikt XVI. beurteilten viele zunächst kritische Stimmen die Rede neu. Die islamische Zeitung „Zaman“ sprach davon, dass „der Dialog der Religionen nun wirklich in Gang gekommen sei“ und Die Zeit – zunächst sehr barsch in ihrer Kritik - sprach nun anerkennend vom „Weisen im Morgenland“ der „in der islamischen Welt zur wichtigsten Autorität des Westens wird“.<ref>Vgl. Benedikt XVI. (2010): Licht der Welt: Der Papst die Kirche und die Zeichen der Zeit – Ein Gespräch mit Peter Seewald, Città del Vaticano, Freiburg 2010. S. 124.</ref> Abschließend meinte Kardinal Lehmann, der damalige Vorsitzende der [[Deutsche Bischofskonferenz|Deutschen Bischofskonferenz]], in Bezug auf die Vorlesung von Regensburg, dass es nichts zurückzunehmen oder zu entschuldigen gebe. Wenn die Diskussion um die Rede dazu gedient haben sollte, dass der Dialog zwischen Christentum und Islam ernsthafter werde, habe sie ihren guten Sinn gehabt.<ref>[[Kath.net]]: [http://www.kath.net/detail.php?id=15591 Lehmann: Beim interreligiösen Dialog „leichtsinnig und zu blauäugig“], 29. Dezember 2006</ref> Kardinalstaatssekretär [[Tarcisio Bertone]] bezeichnete gegenüber [[Radio Vatikan]] den {{"|Fall Regensburg}} als {{"|archäologisches Relikt}}. Der Papst habe bewiesen, dass er für einen wahren [[Dialog]] mit dem Islam offen sei, so Kardinal Bertone.<ref>[[Radio Vatikan]]: [http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=110525 Vatikan: Kardinal Bertone, „Fall Regensburg“ geschlossen], 30. Dezember 2006</ref><br />
<br />
Am 2. Mai 2008 empfing Papst Benedikt XVI. eine Delegation schiitischer Muslime aus dem [[Iran]] unter Führung von [[Mahdi Mostafavi]]. Der Heilige Stuhl und die iranischen Theologen hatten sich vorher in Rom auf eine gemeinsame Erklärung zum Thema „Glaube und Vernunft im Christentum und im Islam“ geeinigt. In der Erklärung wird unter anderem betont, dass Glaube und Vernunft {{"|von sich aus gewaltlos}} seien und niemals für Gewalttätigkeit benutzt werden sollten.<ref>Martin Zöller: [http://www.welt.de/welt_print/article1960856/Vatikan_und_iranische_Theologen_legen_gemeinsame_Grundstze_fest.html Vatikan und iranische Theologen legen gemeinsame Grundsätze fest], in: [[Die Welt|Welt online]], 3. Mai 2008.</ref><br />
<br />
==== Beziehungen zum Judentum ====<br />
Bei verschiedenen Anlässen seines Pontifikats nutzte Benedikt XVI. die Gelegenheit zu Begegnung und Dialog mit Vertretern des Judentums. Während seiner Reise zum Weltjugendtag 2005 besuchte er am 19. August als erster Papst überhaupt mit der [[Synagoge Köln|Kölner Synagoge]] ein in Deutschland gelegenes jüdisches Gotteshaus und verurteilte dort bei einer Ansprache jede Form von [[Rassismus]] und [[Antisemitismus]].<ref>''[http://www.welt.de/vermischtes/article689507/Erster_Papstbesuch_einer_Synagoge_in_Deutschland.html Erster Papstbesuch einer Synagoge in Deutschland]'', in: [[Die Welt]] vom 19. August 2005.</ref> Darüber hinaus gab er bekannt, er wolle den von Johannes Paul II. eingeleiteten {{"|vertrauensvollen Dialog}} zwischen Juden und Christen {{"|mit voller Kraft}} fortsetzen, erinnerte aber auch an {{"|die komplexen und oft schmerzlichen Beziehungen}} zwischen Christen und Juden.<ref>Johannes Nitschmann: ''[http://www.sueddeutsche.de/panorama/papst-besucht-synagoge-benedikt-warnt-vor-neuem-antisemitismus-1.860195 Benedikt warnt vor neuem Antisemitismus]'', in: [[Süddeutsche Zeitung]] vom 19. August 2005.</ref><ref>''[http://www.morgenpost.de/printarchiv/politik/article322745/Besuch_in_der_Koelner_Synagoge.html Besuch in der Kölner Synagoge]'', in: [[Berliner Morgenpost]] vom 19. August 2005.</ref> Des Weiteren sprach er sich bei diesem Besuch für einen aufrichtigen und vertrauensvollen Dialog zwischen den beiden Religionen aus und betonte deren gemeinsame Wurzeln.<ref>''[http://www.nzz.ch/2005/08/20/al/articled2mj7_1.164608.html Der Papst besucht die Kölner Synagoge. Verbeugung Benedikts vor den Opfern des Holocausts]'', in: [[Neue Zürcher Zeitung]] vom 20. August 2005.</ref> Dem Besuch des Versammlungsraums der Synagoge war die Teilnahme am [[Kaddisch]], einem jüdischen [[Totengebet]], für die 11.000 Kölner Juden, die dem Holocaust zum Opfer gefallen waren, vorausgegangen.<ref>''[http://www.nzz.ch/2005/08/19/al/newzzeck7q9z2-12_1.164384.html Papst besucht Synagoge in Köln. Geste des interreligiösen Dialogs]'', in: [[Neue Zürcher Zeitung]] vom 19. August 2005.</ref> Von Synagogenvorsteher Abraham Lehrer, der sagte, Benedikt stehe für Akzeptanz und Toleranz gegenüber dem Judentum, war der Papst als {{"|größter Brückenbauer}} zwischen den Religionen begrüßt worden.<ref>''[http://www.rp-online.de/public/article/politik/deutschland/103087/Gebet-in-der-Synagoge.html Weltjugendtag. Gebet in der Synagoge]'', in: [[Rheinische Post]] vom 19. August 2005.</ref> Der Vorsitzende des [[Zentralrat der Juden in Deutschland|Zentralrats der Juden in Deutschland]], [[Paul Spiegel]], würdigte die Rede des Papstes danach als hoffnungsvolles Zeichen der Verständigung zwischen Juden und Christen.<ref>''Papst besucht Synagoge. „Für die gesamte Judenheit ein großes Ereignis“'', in: [[Frankfurter Allgemeine Zeitung]] vom 19. August 2008.</ref><br />
<br />
Während seiner Apostolischen Reise nach [[Polen]] besuchte Benedikt XVI. am 28. Mai 2006 das [[KZ Auschwitz-Birkenau]].<ref>Thomas Urban: ''[http://www.sueddeutsche.de/politik/benedikt-xvi-in-polen-stille-an-der-letzten-station-1.919978 Benedikt XVI. in Polen. Stille an der letzten Station]'', in: [[Süddeutsche Zeitung]] vom 28. Mai 2006.</ref> Während Überlebende des Holocausts wie [[Marek Edelman]] den Besuch und die dort gehaltene Rede lobten, wurde vom polnischen Oberrabbiner [[Michael Schudrich]] kritisiert, dass sich der Papst in Auschwitz nicht zum Thema Antisemitismus in Polen, wie ihn beispielsweise der nationalkonservative katholische Radiosender [[Radio Maryja]] verbreitet, äußerte.<ref>Alexander Smoltczyk: ''[http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,418511,00.html Das doppelte Schweigen]'', in: [[Spiegel Online]] vom 29. Mai 2006.</ref> Ebenfalls Kritik äußerte [[Daniel Goldhagen]], der dem Papst Vernebelung historischen Verstehens vorwarf und ihm anlastete, moralischer Verantwortung auszuweichen und sich vor politischer Pflicht zu drücken.<ref>Daniel Jonah Goldhagen: ''[http://www.welt.de/print-welt/article221115/Benedikts_Versagen.html Benedikts Versagen]'', in: [[Die Welt|Welt online]] vom 3. Juni 2006.</ref><br />
<br />
Die Aufhebung der Exkommunikation von vier Bischöfen der Piusbruderschaft, darunter Richard Williamson, belastete die Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Judentum. Am 12. Februar 2009 konnte der Papst während einer Privataudienz für Delegierten der Conference of Presidents of Major American Jewish Organizations,<ref>[http://www.ccjr.us/index.php/dialogika-resources/documents-and-statements/roman-catholic/pope-benedict-xvi/471-b1609feb12.html Pope Benedict XVI: Address to Delegates of the Conference of Presidents of Major American Jewish Organizations]</ref> in der er das [[Johannes Paul II.#Interreligiöser Dialog|Gebet]] von Papst [[Johannes Paul II.]] im Jahr 2000 an der [[Klagemauer]] wiederholte, den Holocaust schärfstens verurteilte und die unwiderrufliche Verpflichtung der Kirche zu einem respektvollen und harmonischen Umgang mit dem Volk des [[Bund (Bibel)|Bundes]] betonte, die Kritik entkräften. Rabbi David Rosen, der damalige Vorsitzende des International Jewish Committee for Interreligious Consultations (IJCIC) sagte daraufhin, Papst Benedikt habe damit ein Minus in ein Plus verwandelt.<ref>[http://www.ajc.org/site/apps/nlnet/content3.aspx?c=ijITI2PHKoG&b=1530705&ct=6791623 American Jewish Committee: The Latest Catholic-Jewish Crisis: Turning a Minus into a Plus]</ref><br />
<br />
Im Juli 2012 äußerte Rabbi Rosen, die Beziehungen zwischen Juden und Katholiken seien nie besser gewesen. Er wies darüber hinaus die gegen Benedikt XVI. geäußerte Kritik hinsichtlich eines angeblich unsensiblen Verhaltens des Papstes gegenüber dem Judentum bei zurückliegenden Entscheidungen – wie beispielsweise der Aufhebung der Exkommunikation der Bischöfe der Piusbruderschaft und der Neuformulierung der Karfreitagsfürbitte – entschieden zurück.<ref>http://www.die-tagespost.de/-Die-Beziehungen-zwischen-Juden-und-Katholiken-waren-nie-besser;art456,136042</ref><br />
<br />
==== Umgang mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. ====<br />
Nachdem er am 29. August 2005 mit dem Generaloberen der [[Katholischer Traditionalismus|traditionalistischen]] [[Priesterbruderschaft St. Pius X.]], [[Bernard Fellay]], sprach, unternahm Benedikt XVI. weitere Annäherungsschritte, indem er im Januar 2009 die 1988 ausgesprochene [[Exkommunikation]] von vier durch [[Marcel Lefebvre]] ohne Einwilligung des damaligen Papstes geweihten Bischöfen aufhob, die der Priesterbruderschaft St. Pius X. angehören.<ref>[http://www.kath.net/detail.php?id=21925 ''Nachlass der Exkommunikation Latae sententiae''], kath.net vom 24. Januar 2009.</ref> Wie Benedikt XVI. 2010 noch einmal klar stellte, mussten die vier Bischöfe „schon aus rein rechtlichen Gründen, von der Exkommunikation losgesprochen werden“, da sie zuvor in einem Schreiben das Primat des Papstes im Allgemeinen und des amtierenden Papstes im Besonderen anerkannt hatten und daher der Grund der 1988 ausgesprochenen Exkommunikation – die Bischofsweihe ohne Zustimmung des Papstes – nicht mehr existent war. Benedikt XVI. stellte auch dar, dass es sich hierbei um den gleichen Vorgang handele, der auch in China analog zur Anwendung komme: Wenn ein dort ohne Zustimmung des Papstes geweihter Bischof das Primat anerkenne, werde die gegen ihn verhängte Exkommunikation ebenfalls aufgehoben, da sie nicht mehr begründet sei.<ref>Benedikt XVI., ''Licht der Welt: Der Papst die Kirche und die Zeichen der Zeit - Ein Gespräch mit Peter Seewald", Città del Vaticano, Freiburg 2010. S. 38f.</ref> Durch diese Entscheidung dürfen die vier Bischöfe wieder die Sakramente – insbesondere die Kommunion und das Bußsakrament – empfangen, sie bleiben jedoch weiterhin suspendiert, dürfen also ihr Amt nicht ausüben, so dass ihre sämtlichen Amtshandlungen als unerlaubt angesehen werden. Zu diesen Bischöfen gehörte, neben Fellay selbst, auch der kurz zuvor durch [[Holocaustleugnung]] aufgefallene [[Richard Williamson]].<ref>{{Der Spiegel|ID=63637421|Titel=Problem für den Papst|Autor=Peter Wensierski|Jahr=2009|Nr=4|Seiten=32|Kommentar=}}</ref><ref>Philip Willan: ''[http://www.independent.co.uk/news/world/europe/pope-readmits-holocaustdenying-priest-to-the-church-1515339.html Pope readmits Holocaust-denying priest to the church]'', in: [[The Independent]] vom 25. Januar 2009.</ref><br />
<br />
Dieser Schritt des Papstes habe, nach einer Stellungnahme der [[Anti-Defamation League]] in den Vereinigten Staaten, die guten Beziehungen zwischen Katholiken und Juden untergraben.<ref>Rachel Donadio: [http://www.nytimes.com/2009/01/25/world/europe/25pope.html Pope Reinstates Four Excommunicated Bishops], in: [[The New York Times]], 24. Januar 2009.</ref> Auch in Deutschland wurde der Schritt von [[Dieter Graumann]], dem Vizepräsidenten des [[Zentralrat der Juden in Deutschland|Zentralrats der Juden in Deutschland]], bedauert;<ref>Peter Wensierski: [http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,603618,00.html „Rechtsextremisten feiern Holocaust-Leugner Williamson“], in: ''[[Spiegel Online]]'', 26. Januar 2009.</ref> die Priesterbruderschaft St. Pius X. selbst kritisierte Williamsons Aussagen und bat den Papst um Vergebung.<ref>heute.de: [http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/20/0,3672,7509748,00.html ''„Bruderschaft bittet Papst um Vergebung“'', 27. Januar 2009]</ref> Der Papst bezeichnete am 28. Januar 2009, ohne Williamson namentlich zu erwähnen, die Vernichtung der Juden in der [[Zeit des Nationalsozialismus]] als {{"|Mahnmal gegen jedes Vergessen und Leugnen}}<ref>[[Süddeutsche Zeitung]]: [http://www.sueddeutsche.de/politik/holocaust-leugner-papst-beschwichtigt-maulkorb-fuer-bischof-1.490435 ''Holocaust-Leugner. Papst beschwichtigt – Maulkorb für Bischof.''] vom 28. Januar 2009, abgerufen am 29. Januar 2009 auf ''sueddeutsche.de''.</ref> und versicherte dem jüdischen Volk seine {{"|volle und unbestreitbare Solidarität.}}<ref>[[Radio Vatikan]]: [http://www.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=261924 ''Papst zur Shoah: „Juden waren unschuldige Opfer“''], 28. Januar 2009.</ref> Am 4. Februar 2009 verlautbarte das [[Staatssekretariat (Vatikan)|Vatikanische Staatssekretariat]], dass die vier Bischöfe der Piusbruderschaft weiterhin von Priester- und Bischofsamt suspendiert seien und dass Richard Williamson {{"|auf absolut unzweideutige und öffentliche Weise auf Distanz zu seinen Stellungnahmen zur Shoah gehen}} müsse, um zu einer Funktion als Bischof in der katholischen Kirche zugelassen zu werden; zudem wurde erklärt, dass Benedikt XVI. zum Zeitpunkt der Aufhebung der Exkommunikation keine Kenntnis von Williamsons Leugnung des Holocausts hatte.<ref>[[Radio Vatikan]]: [http://www.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=263696 ''Vatikan: „Papst kannte Williamson-Äußerungen nicht“; Williamson muss widerrufen''], 4. Februar 2009</ref><ref>Vatikanisches Staatssekretariat: ''[http://212.77.1.245/news_services/bulletin/news/23319.php?index=23319&lang=ge Nota della Segreteria di Stato]'', in: Presseamt des Heiligen Stuhls: ''Tägliches Bulletin'', 4. Februar 2009</ref> Benedikt XVI. machte 2010 noch einmal deutlich, dass er andernfalls die Exkommunikation Willamson nicht unterzeichnet hätte und „zunächst der Fall Williams hätte abgetrennt werden müssen“ und separat von der Aufhebung der Exkommunikation der anderen drei Bischöfe behandelt werden müssen.<ref>Vgl. Benedikt XVI. (2010): Licht der Welt: Der Papst die Kirche und die Zeichen der Zeit - Ein Gespräch mit Peter Seewald, Città del Vaticano, Freiburg 2010. S. 149</ref> Der damalige Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, Pater [[Eberhard von Gemmingen (Theologe)|Eberhard von Gemmingen]], äußerte am selben Tag Kritik am Papst und an den medialen Beratern des Papstes: {{"|Der Papst hat bis jetzt kein Gespür, beziehungsweise keinen Berater, der ihm sagt, was für politische Folgen diese oder jede<!--sic!, siehe Referenz und auch Diskussionsseite!--> Aussage hat.}}<ref>[http://www.ndrkultur.de/programm/vatikan104.html Kritik des Leiters der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan im NDR]</ref><br />
<br />
Es gab jedoch auch etliche jüdische Stimmen, die diesen Wortmeldungen widersprachen und die die Entscheidung des Papstes als interne Angelegenheit der katholischen Kirche betrachten, die den [[jüdisch-christlicher Dialog|jüdisch-christlichen Dialog]] nicht in Gefahr bringt. Rabbiner David Rosen erklärte, das jüdisch-katholische Verhältnis sei nicht in Gefahr. Er habe nie geglaubt, dass Benedikt XVI. der Dialog kein wichtiges Anliegen sei: „Wer seine Schriften und seine bisherigen Aussagen kennt, wird das nicht ernsthaft annehmen.“<ref>http://kath.net/detail.php?id=26430</ref> Gary L. Krupp, jüdischer Präsident der Stiftung „Pave the Way“, kritisierte die seiner Meinung nach „verkürzten“ öffentlichen Berichte über die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der Piusbruderschaft und betonte, in der Vergangenheit hätten die durch Exkommunikationen verursachten Schismen zur Entstehung neuer religiöser Gemeinschaften geführt. Hätte der Papst, so Krupp, im Falle der Piusbruderschaft, die seiner Ansicht zufolge immerhin über schätzungsweise eine Million Anhänger verfüge, jetzt nicht die Initiative ergriffen, um dieses Schisma zu beenden, „könnten eines Tages unsere Kinder und Enkelkinder eine bösartige rechts gerichtete Religion hervorkommen sehen“. Mit Bezug auf Williamson fragte Krupp: „Sollen wir es zulassen, dass bizarre Aussagen und Überzeugungen dieses einen Mannes den jüdisch-katholischen Dialog schädigen, der dauernd als Hauptschwerpunkt der Kirche und dieses Pontifikats behandelt wurde? Wir sagen, nein!“<ref>http://www.kath.net/detail.php?id=22050</ref><br />
<br />
In einem Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche bedauerte der Papst am 10. März 2009, {{"|daß die Aufhebung der Exkommunikation überlagert wurde von dem Fall Williamson. Der leise Gestus der Barmherzigkeit gegenüber vier gültig, aber nicht rechtmäßig geweihten Bischöfen erschien plötzlich als etwas ganz anderes: als Absage an die christlich-jüdische Versöhnung}}. Weiter schreibt der Papst, {{"|Ich höre, daß aufmerksames Verfolgen der im Internet zugänglichen Nachrichten es ermöglicht hätte, rechtzeitig von dem Problem Kenntnis zu erhalten. Ich lerne daraus, daß wir beim Heiligen Stuhl auf diese Nachrichtenquelle in Zukunft aufmerksamer achten müssen.}} Er stellt aber auch fest, dass vieles in der Berichterstattung ungenau oder gar falsch dargestellt wurde und fährt fort: {{"|Betrübt hat mich, daß auch Katholiken, die es eigentlich besser wissen konnten, mit sprungbereiter Feindseligkeit auf mich einschlagen zu müssen glaubten. Um so mehr danke ich den jüdischen Freunden, die geholfen haben, das Mißverständnis schnell aus der Welt zu schaffen und die Atmosphäre der Freundschaft und des Vertrauens wiederherzustellen, die – wie zur Zeit von Papst Johannes Paul II. – auch während der ganzen Zeit meines Pontifikats bestanden hatte und gottlob weiter besteht.}}<ref>[http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/letters/2009/documents/hf_ben-xvi_let_20090310_remissione-scomunica_ge.html Brief Papst Benedikts XVI. an die katholischen Bischöfe am 10. März 2009]</ref><br />
<br />
==== Bioethik und Schutz des Lebens ====<br />
<br />
Benedikt hat betont, dass er in Fragen der [[Schwangerschaftsabbruch|Abtreibung]] und der [[Sterbehilfe]] bei seiner [[Benedikt_XVI.#Positionen_und_Haltungen|früheren Haltung]] bleibe: {{"|Als er [[Johannes Paul II.]] sich den fälschlichen Interpretationen von Freiheit gegenübersah, hat er unmissverständlich die Unverletzlichkeit des menschlichen Wesens unterstrichen, die Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod.}}<br />
<br />
Benedikt XVI. ist ein Gegner der [[Gentechnik]], die er im Widerspruch zur göttlichen Schöpfung sieht.<br />
<br />
In seiner Enzyklika [[Caritas in veritate]] von 2009 würdigte er [[Technologie]] als Mittel, materielle Beschränkungen zu überwinden. Gleichzeitig betonte er Verantwortung – es dürfe nicht nur nach dem „wie“, sondern müsse genauso nach dem „warum“ gefragt werden. Er warnt vor {{"|Entwicklung und Förderung von [[In-vitro-Fertilisation]], [[Embryonenforschung]], Möglichkeiten des [[Klonen]]s und der [[Hybride|Hybridisierung]] des Menschen.}} Zukünftig mögliche „systematische [[Eugenik|eugenische]] Geburtenplanung“ sei ebenso wie Abtreibung Ausdruck einer „Kultur des Todes“. Im gleichen Zusammenhang verurteilt Benedikt wiederum Sterbehilfe als {{"|Ausdruck der Herrschaft über das Leben, das unter bestimmten Bedingungen als nicht mehr lebenswert betrachtet wird.}}<ref>Papst Benedikt XVI.: [http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/encyclicals/documents/hf_ben-xvi_enc_20090629_caritas-in-veritate_ge.html ''Enzyklika Caritas in veritate.''] Der Heilige Stuhl, 29. Juni 2009, deutschsprachige Version, §§ 69f., 75.</ref><br />
<br />
=== Liturgie ===<br />
[[Datei:Pope Benedict XVI Blessing.jpg|miniatur|Benedikt mit dem neuen rundgewebten [[Pallium]]]]<br />
[[Datei:Benedictus PP XVI Zagreb 04062011 201.jpg|miniatur|Benedikt mit der weißen [[Mozetta]] der Osterzeit]]<br />
[[Datei:Benedikt XVI.jpg|miniatur|Benedikt mit dem roten [[Saturno]]]]<br />
<br />
Neben den Akzenten in der Ökumene, dem interreligiösen Dialog und der Neuevangelisierung zeigt sich die Frage nach Wesen und Gestalt der [[Liturgie]] als ein Schwerpunkt des Pontifikats. Auf Wunsch des Papstes wurde die Edition seiner „Gesammelten Schriften“, von Erzbischof [[Gerhard Ludwig Müller]] herausgegeben,<ref>http://www.institut-papst-benedikt.de/aktuelle-informationen/aktuelle-informationen-einzelansicht/article/bischof-gerhard-ludwig-mueller-von-papst-benedikt-xvi-zum-praefekt-der-glaubenskongregation-berufen.html</ref> 2008 mit seinen Beiträgen zur Liturgie (Band 11) eröffnet, weil diese {{"|für mein Denken bezeichnend ist.<ref>[http://www.zenit.org/article-13989?l=german Regensburg: Bischof Müller gibt „Gesammelte Werke“ von Papst Benedikt heraus]</ref>}} Schon als Kardinal kritisierte Ratzinger verschiedene Erscheinungen in der Umsetzung der [[Liturgiereform]] nach dem Zweiten Vatikanum<ref>So etwa in seinem Buch „Der Geist der Liturgie“, 6. Auflage, 2002, S. 68.</ref> und zeigte sich persönlich davon {{"|überzeugt, daß die Kirchenkrise, die wir heute erleben, weitgehend auf dem Zerfall der Liturgie beruht.<ref>Aus meinem Leben, Stuttgart 1998, S. 174.</ref>}} Er beschrieb in seinem im Jahr 2000 erschienenen Buch „Der Geist der Liturgie“, dass die Kirche beim liturgischen Vollzug stets auf die gemeinsame Ausrichtung von Priester und Gläubigen nach Osten (ersatzweise nach einem „Osten des Glaubens“) zu achten habe.<ref>„Der Geist der Liturgie“, 6. Auflage, 2002, S. 66ff.; vgl. 'Zum Eröffnungsband meiner Schriften' [= Bd. 11 der Herder-Gesamtausgabe, Freiburg i. Br., 2º 2008, S. 7]: „Der Gedanke, daß Priester und Volk sich beim Gebet gegenseitig anschauen sollten, ist erst in der Moderne entstanden und der alten Christenheit gänzlich fremd.“</ref> Die Gleichrichtung der Versammelten habe eine Prozession des teilnehmenden Gottesvolks versinnbildlicht, während die Wendung des Priesters zum Volk einen in sich geschlossenen Kreis forme, also keinen Aufbruch mehr symbolisiere.<ref>„Der Geist der Liturgie“, 6. Auflage, 2002, S. 70.</ref> Dabei machte er darauf aufmerksam, dass diese Auffassung von Liturgie in der Neuzeit verdunkelt worden sei und {{"|jede Zeit das Wesentliche neu finden und ausdrücken}} müsse.<ref>„Der Geist der Liturgie“, 6. Auflage, 2002, S. 69f.</ref> In diesem Sinne befürwortete er jene Heranrückung des Altars und damit des eigentlichen Ortes des Meßopfers an das Volk, welche die Liturgiereform gebracht hatte.<ref>„Der Geist der Liturgie“, 6. Auflage, 2002, S. 70f.</ref> Er plädierte dafür, dem [[Altarkreuz]] seinen zentralen Platz in der Liturgie zurückzugeben, es also wieder in die Mitte des Altars zu stellen, damit sich Priester und Gläubige sichtbar {{"|zum Herrn hin}} wänden.<ref>„Der Geist der Liturgie“, 6. Auflage, 2002, S. 73.</ref><br />
<br />
Im Juli 2007 erklärte Papst Benedikt XVI. im apostolischen Schreiben [[Summorum Pontificum]], dass die [[Heilige Messe]] von jedem Priester außer in der ordentlichen Form ''(forma ordinaria)'' des [[Römischer Ritus|römischen Ritus]] nach dem [[Messbuch]] Pauls VI. die [[Heilige Messe]] ohne weiteres auch in der außerordentlichen Form ''(forma extraordinaria)'' des römischen Ritus nach dem zuletzt unter [[Johannes XXIII.]] 1962 gedruckten [[Messbuch]] gefeiert werden dürfe, da diese überlieferte Form nie abgeschafft worden sei.<ref>Motu Proprio Summorum Pontificum, Art. 1 ff.</ref> In einem Begleitbrief an alle Bischöfe betonte der Papst den pastoralen Aspekt seiner Anordnung. Nach Ansicht einiger Beobachter stellte er mit diesem Schritt die theologische Grundlegung der auf das Zweite Vatikanische Konzil folgenden [[Liturgiereform]] in Frage. Nachdem eine von Benedikt 2008 in der Sixtina am historischen [[Hochaltar]] statt am zwischenzeitlich gebrauchten [[Volksaltar]] zelebrierte Messe die diesbezügliche Diskussion erneut aufkommen ließ,<ref>[http://www.eurotopics.net/de/archiv/aehnliche/archiv_article/ARTICLE23736-Papst-wendet-der-Gemeinde-den-Ruecken-zu La Repubblica vom 14. Januar 2008: Papst wendet der Gemeinde den Rücken zu]</ref> erklärte der Vatikan, der Papst beabsichtige nicht, die Liturgiereform rückgängig zu machen, und verwies dabei auf die von der Form unabhängigen theologischen Grundgedanken der Feier in gemeinsamer Ausrichtung.<ref>[[Radio Vatikan]]: [http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=181670 Vatikan: Keine Abkehr von der Liturgiereform], 22. Januar 2008.</ref><br />
<br />
Auf die nach Benedikts [[Motu Proprio]] „[[Summorum Pontificum]]“ lautgewordene kirchliche und jüdische Kritik an der Verwendung der früheren [[Karfreitagsfürbitte für die Juden]] reagierte der Papst mit der Abfassung und Verordnung einer Neuformulierung dieser Bitte allein für die außerordentliche Form.<ref>[[Radio Vatikan]]: [http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=184633 Vatikan: Fürbitte „Für die Juden“], 5. Februar 2008.</ref> Dass er nicht die von einigen als [[Antijudaismus|antijudaistisch]] beurteilte Fürbitte vollständig zugunsten der für die ordentliche Form seit 1970 geltenden Fassung abschaffte, löste eine öffentliche Diskussion aus und belastete nach Meinung einiger Beobachter den jüdisch-christlichen Dialog.<br />
<br />
Die Betonung liturgischer Kontinuität kommt im Pontifikat des Papstes auch zeichenhaft zum Ausdruck. Nach der Neubesetzung der Stelle des Päpstlichen Zeremonienmeisters mit dem italienischen Priester Guido Marini wurden die im Buch „Der Geist der Liturgie“ angedachten Änderungen in der päpstlichen Liturgie umgesetzt. Zudem benutzt der Papst häufig Paramente, die in ihrer Formensprache an gotische oder barocke Ausführungen erinnern. Die modern gestaltete [[Ferula (Kreuzstab)|Ferula]], die seit Paul VI. benutzt worden war, ließ er 2009 - auch aufgrund ihrer Größe und ihres hohen Gewichts, welches zusammen mit den schweren Paramenten beim Gehen hinderlich ist<ref>[http://www.kath.net/detail.php?id=24734 kath.net-Bericht]</ref><ref>[[L'Osservatore Romano]] 49/2009, S. 7.</ref> - durch ein an klassische Ausführungen angelehntes Modell ersetzen, welches ihm vom römischen Wohltätigkeitsverband „Circolo San Pietro“ geschenkt wurde.<br />
<br />
== Wappen ==<br />
[[Datei:BXVI CoA like gfx PioM.svg|miniatur|Papstwappen von Benedikt XVI. (seit 2010)]]<br />
Benedikt XVI. nahm als Papst ein neues [[Wappen]] an, das von [[Andrea Cordero Lanza di Montezemolo]] entworfen wurde.<ref>http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/elezione/stemma-benedict-xvi_ge.html Ausführliche offizielle Erklärung des Wappens Benedikt XVI.</ref> Sein [[Papstwappen]] enthält Symbole, die sich bereits in seinem erzbischöflichen Wappen fanden: den [[Korbiniansbär]]en des Diözesanpatrons [[Korbinian]] aus dem Stadtwappen [[Freising]]s sowie den gekrönten [[Mohr (Heraldik)|Mohren]] aus dem Wappen der [[Liste der Bischöfe von Freising und der Erzbischöfe von München und Freising#Erzbischöfe von München und Freising|Erzbischöfe von München-Freising]], ergänzt durch eine [[Muschel (Wappentier)|Muschel]] als Anspielung auf eine Legende über des Papstes Lieblingstheologen [[Augustinus von Hippo|Augustinus]] und das Pilgersymbol der [[Jakobsmuschel]].<br />
<br />
Benedikt ließ überraschenderweise die sich jahrhundertelang mit den gekreuzten [[Schlüssel (Heraldik)|Schlüsseln]] über dem Wappenschild erhebende päpstliche [[Tiara]] durch eine einfache bischöfliche [[Mitra]] ersetzen, die aber ähnlich wie bei den Kronreifen der Tiara mit drei goldenen Bändern geschmückt ist, die für die drei Gewalten des Papstes stehen: Weiheamt, Jurisdiktion und Lehramt. Diese sind vertikal im Zentrum miteinander verbunden, um so ihre Einheit in derselben Person aufzuzeigen. Durch die Wahl der Mitra anstelle der Tiara im päpstlichen Wappen soll die von Benedikt XVI. immer wieder betonte [[Kollegialität]] der [[Bischöfe]] dargestellt werden. Unter dem Wappen ist – als Zeichen der Aufsicht und des [[Guter Hirte|Hirtenamtes]] eines [[Metropolit]]en – erstmals das [[Pallium]] in einem [[Papstwappen]] dargestellt.<br />
{{Siehe auch|Papstwappen|Kirchliche Heraldik}}<br />
<br />
== Auszeichnungen, Ehrungen und Mitgliedschaften ==<br />
{{Hauptartikel|Auszeichnungen, Ehrungen und Mitgliedschaften von Benedikt XVI.}}<br />
<br />
Im Jahr 1991 wurde Ratzinger Mitglied der [[Europäische Akademie der Wissenschaften und Künste|Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste]] in Salzburg/Österreich.<ref>[http://www.theology.de/theologie/theologen/papstbenediktxvi.php theology] → Biografie Joseph Kardinal Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI.→ Mitgliedschaften → EuropAcad → 1991</ref><ref>[http://www.abitur-werne.de/religion/bio-ratzinger.html Biografie Joseph Kardinal Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI.] → Mitgliedschaften → Mitgliedschaften → EuropAcad → 1991</ref> Darüber hinaus ist Benedikt XVI. Mitglied bzw. korrespondierendes Mitglied weiterer wissenschaftlicher [[Akademie]]n in [[Europa]], [[Ehrendoktor]] von acht Hochschulen und [[Ehrenbürger]] der Gemeinden [[Pentling]] (1987), [[Marktl am Inn]] (1997), [[Traunstein]] (2006), [[Regensburg]] (2006), [[Aschau am Inn]] (2006), [[Altötting]] (2006), [[Tittmoning]] (2007), [[Brixen]] (2008), [[Mariazell]] (2009), [[Freising]] (2010), [[Romano Canavese]] (2010)<ref>[http://storico.radiovaticana.org/ted/storico/2010-03/365316_vatikan_italien_papst_ist_ehrenburger_von_bertones_heimatort.html ''Vatikan/Italien: Papst ist Ehrenbürger von Bertones Heimatort'']. In: ''[[Radio Vatikan]]'', 18. März 2010, abgerufen am 23. März 2011.</ref> und [[Natz-Schabs]] (2011).<ref>[http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/42859.html ''Vatikan/Italien: Papst empfing Ehrenbürgerurkunde von Natz-Schabs''] In: ''kathweb.at'', 9. November 2011, abgerufen am 9. November 2011.</ref> Er erhielt bereits vor seinem Pontifikat in Deutschland, Italien und in anderen Ländern zahlreiche Orden und Auszeichnungen; dazu gehören unter anderem das ''Großkreuz des nationalen Verdienstordens der Republik Ecuador'' (1977), das [[Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland|Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband]] (1985), der [[Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst|Bayerische Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst]] (1995) sowie auch der [[Karl-Valentin-Orden]] des Münchner [[Karneval, Fastnacht und Fasching|Faschings]] (1989). Für seine schriftstellerische Tätigkeit wurde er in Italien mit drei [[Literaturpreis]]en bedacht.<br />
<br />
== Lehrschreiben ==<br />
=== Enzykliken ===<br />
* Am 25. Januar 2006 wurde die erste [[Enzyklika]] Papst Benedikts XVI. veröffentlicht. Die Enzyklika heißt ''[[Deus caritas est]]'' („Gott ist Liebe“) und zielt auf das Zentrum der christlichen Botschaft ab. Es wird erwartet, dass dieses Werk auch zum Wegweiser seines Pontifikates wird.<br />
* Am 30. November 2007 wurde die zweite Enzyklika ''[[Spe salvi]]'' („Auf Hoffnung hin (sind wir) gerettet“) veröffentlicht. Sie ist der [[Hoffnung]] gewidmet und nimmt Bezug auf eine Stelle im [[Brief des Paulus an die Römer]]: „Denn wir sind gerettet, doch in der Hoffnung. Hoffnung aber, die man schon erfüllt sieht, ist keine Hoffnung. Wie kann man auf etwas hoffen, das man sieht?“ {{Bibel|Röm|8|24}}.<br />
* Am 29. Juni 2009 unterzeichnete Papst Benedikt seine erste Sozialenzyklika mit dem Titel ''[[Caritas in veritate]]'' („Die Liebe in der Wahrheit“). Sie wurde zum 7. Juli 2009 veröffentlicht.<ref>[http://www.ku-eichstaett.de/www/PressReleases/ZZj4X40v1oRNUL Veröffentlichung der päpstlichen Enzyklika am 8. Juli 2009]</ref><ref>[http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/verlautbarungen/VE_186.pdf Deutsche Bischofskonferenz: „Caritas in veritate“ (deutsch)] (Zugriff am 9.&nbsp;Mai 2012)</ref><br />
<br />
=== Apostolische Schreiben (Auswahl) ===<br />
* Nachsynodales [[Apostolisches Schreiben|Apostolische Schreiben]] ''[[Sacramentum Caritatis]]'' (dt. „Sakrament der Liebe“) über die Eucharistie - Quelle und Höhepunkt von Leben und Sendung der Kirche (22. Februar 2007). Hierin werden die Ergebnisse der XI. Ordentlichen Vollversammlung der [[Bischofssynode]], die vom 2. bis 23. Oktober 2005 im Vatikan stattfand ,vorgestellt.<br />
* Nachsynodales [[Apostolisches Schreiben|Apostolische Schreiben]] ''[[Verbum Domini]]'' über das Wort Gottes in Leben und Sendung der Kirche (30. September 2010). Hierin werden die Ergebnisse der XII. Ordentlichen Vollversammlung der Bischofssynode, die vom 5. bis zum 26. Oktober 2008 im Vatikan stattfand, vorgestellt.<br />
* Nachsynodales Apostolisches Schreiben ''[[Africae munus]]'' über die Kirche in Afrika im Dienst der Versöhnung, der Gerechtigkeit und des Friedens (19. November 2011). Hierin werden die Ergebnisse der II. Sonderversammlung der Bischofssynode für Afrika, die vom 4. bis zum 25. Oktober 2009 im Vatikan stattfand, vorgestellt.<br />
<br />
* [[Apostolische Konstitution]] [[Anglicanorum coetibus]] über die Errichtung von Personalordinariaten für Anglikaner, die in die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche eintreten (4. November 2009)<br />
<br />
* Motu Proprio zur Approbation und Veröffentlichung des ''Kompendiums des Katechismus der Katholischen Kirche'' (28. Juni 2005)<br />
* Motu Proprio [[De aliquibus mutationibus in normis de electione Romani Pontificis|De aliquibus mutationibus in normis]] (26. Juni 2007)<br />
* Motu Proprio [[Summorum Pontificum]] (7. Juli 2007)<br />
* Motu Proprio [[Antiqua ordinatione]] (21. Juni 2008)<br />
* Motu Proprio [[Ecclesiae unitatem]] (2. Juli 2009)<br />
* Motu Proprio [[Omnium in mentem]] zur Änderung einiger Normen des Codex des Kanonischen Rechts (26. Oktober 2009)<br />
* Motu Proprio [[Ubicumque et semper]] mit dem der Päpstliche Rat zur Förderung der Neuevangelisierung errichtet wird (21. September 2010)<br />
* Motu Proprio über die Vorbeugung und Abwehr illegaler Aktivitäten im Bereich des Finanz- und Währungswesens (30. Dezember 2010).<ref>Vergleiche hierzu: [http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/motu_proprio/documents/hf_ben-xvi_motu-proprio_20101230_attivita-illegali_it.html Veröffentlichung des Vatikans] (italienisch)</ref> Ausgangspunkt dieses Schreibens sind die Vorwürfe gegen das vatikanische [[Istituto per le Opere di Religione]], der sog. Vatikanbank, wegen [[Geldwäsche]]. In diesem Apostolischen Schreiben legt der Papst internationale Standards für das [[Finanzwesen]] des Vatikans fest. Darüber hinaus soll der globalen Geldwäsche und einer möglichen Finanzierung des [[Terrorismus]] vorgebeugt werden. Er verfügt, dass zur Einhaltung und Überwachung der Gesetze eine „Autorität für Finanzinformation“, einer Art Aufsichtsbehörde, eingesetzt werden soll. Weiteres Ziel dieser Bestimmungen ist es, auf die „[[Weiße Liste]]“ der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ([[OECD]]) zu gelangen. Diese Liste vereint die Staaten mit scharfen Kontrollen gegen illegale Finanzgeschäfte.<ref>[http://gloria.tv/?media=120314 Motu Proprio über vatikanische Finanzgeschäfte]</ref><br />
* Motu Proprio [[Porta fidei]] mit dem ein Jahr des Glaubens 2012-2013 ausgerufen wird (11. Oktober 2011)<br />
* Motu proprio [[Latina Lingua]] mit dem die Päpstliche Akademie für die lateinische Sprache „Pontificia Academia Latinitatis“ ad experimentum für die Dauer von fünf Jahren errichtet wurde. (10. November 2012)<br />
<br />
== Schriften (Auswahl) ==<br />
Die Publikationen Ratzingers belaufen sich auf über 600&nbsp;Titel. Vieles von seiner wissenschaftlichen Arbeit führte nicht unmittelbar zu eigenen Veröffentlichungen, fand aber seinen Niederschlag in unterschiedlichen Gremien, Kommissionen und kirchenamtlichen Dokumenten.<br />
<br />
Einen umfassenden Überblick über Ratzingers Werk bis zu seiner Wahl zum Papst bietet eine im Augsburger Sankt Ulrich Verlag erschienene [[Bibliografie]].<ref>Schülerkreis Papst Benedikt XVI. (Hrsg.), [[Vinzenz Pfnür]] (Red.): ''Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI. Das Werk. Veröffentlichungen bis zur Papstwahl.'' Sankt Ulrich Verlag, Augsburg 2009, ISBN 978-3-86744-002-8. [http://ivv7srv15.uni-muenster.de/mnkg/pfnuer/Das-Werk.pdf Bibliografie im Web], PDF-Dokument</ref> Ein Großteil des Werkes Ratzingers wird ab 2008 vom Regensburger [[Institut Papst Benedikt XVI.]] im [[Herder Verlag]] in der auf 16 Bände angelegten Buchreihe ''[[Joseph Ratzinger Gesammelte Schriften|Joseph Ratzinger: Gesammelte Schriften (JRGS)]]'' neu ediert.<ref>[http://www.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=239377 ''Vatikan: Ratzingers Gesammelte Werke vorgestellt'']. In: ''[[Radio Vatikan]]'', 22. Oktober 2008.</ref> Hier folgt eine Auswahl von wichtigen Veröffentlichungen:<br />
* ''[[Jesus von Nazareth (Werk von Papst Benedikt XVI.)|Jesus von Nazareth]]'' (Trilogie über die Gestalt und Botschaft von Jesus Christus), Herder, Freiburg im Breisgau-Basel–Wien, 2007–2012<br />
* ''Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit. Ein Gespräch mit [[Peter Seewald]].'', Herder, Freiburg i. Brsg. 2010, ISBN 978-3-451-32537-3<br />
* ''Kirchliche Bewegungen und neue Gemeinschaften – Unterscheidungen und Kriterien''. Neue Stadt, 2007, ISBN 978-3-87996-710-0<br />
* ''Glaube&Zukunft''. Kösel, 2007, ISBN 978-3-466-36753-5<br />
* ''Glaube und Vernunft. Die Regensburger Vorlesung''. Mit Kommentierungen von [[Gesine Schwan]], [[Adel Theodor Khoury]], [[Karl Lehmann]], Herder Verlag 2007, ISBN 978-3-451-29597-3<br />
* ''[[Deus caritas est]] – Gott ist Liebe'' (Enzyklika). 2006, ISBN 3-7171-1135-3 [http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/encyclicals/documents/hf_ben-xvi_enc_20051225_deus-caritas-est_ge.html Online]<br />
* ''Wort Gottes – Schrift, Tradition, Amt''. Freiburg im Breisgau 2005, ISBN 3-451-28909-1<br />
* ''Werte in Zeiten des Umbruchs''. Freiburg im Breisgau 2005, ISBN 3-451-05592-9<br />
* ''Unterwegs zu Jesus Christus''. Augsburg 2003, ISBN 3-936484-21-X<br />
* ''Glaube – Wahrheit – Toleranz. Das Christentum und die Weltreligionen''. 2. Aufl., Freiburg i. Brsg. 2003, ISBN 3-451-28110-4.<br />
* ''Gott ist uns nah. Eucharistie: Mitte des Lebens''. Hrsg. von Stephan Otto Horn und [[Vinzenz Pfnür]]. Augsburg 2001, ISBN 3-929246-69-4<br />
* ''Gott und die Welt. Glauben und Leben in unserer Welt. Ein Gespräch mit Peter Seewald'', Köln 2000, ISBN 3-426-77592-1<br />
* ''Der Geist der Liturgie. Eine Einführung''. 4. Aufl., Freiburg i. Brsg. 2000, ISBN 3-451-27247-4<br />
* ''Aus meinem Leben. (1927–1977)''. Stuttgart 1998, ISBN 3-453-16509-8<br />
* ''Vom Wiederauffinden der Mitte. Texte aus vier Jahrzehnten''. Freiburg i. Brsg. 1997, ISBN 3-451-26417-X<br />
* ''Im Anfang schuf Gott. Vier Predigten über Schöpfung, Fall und Konsequenzen des Schöpfungsglaubens''. Johannes, Neuausg. 1996. ISBN 3-89411-334-0<br />
* ''Salz der Erde. Christentum und katholische Kirche an der Jahrtausendwende. Ein Gespräch mit Peter Seewald''. Wilhelm Heyne Verlag, München, 1996, ISBN 3-453-14845-2<br />
* ''Das Fest des Glaubens. Versuche über die kirchliche Liturgie''. 3. Aufl., Johannes, Einsiedeln 1993, ISBN 3-89411-199-2<br />
* ''Wahrheit, Werte, Macht. Prüfsteine der pluralistischen Gesellschaft''. Freiburg/ Basel/ Wien 1993, ISBN 3-7820-0812-X<br />
* ''Zur Gemeinschaft gerufen. Kirche heute verstehen''. Freiburg/ Basel/ Wien 1991, ISBN 3-451-22299-X<br />
* ''Auf Christus schauen. Einübung in Glaube, Hoffnung, Liebe''. Freiburg/ Basel/ Wien 1989, ISBN 3-451-21481-4<br />
* ''Abbruch und Aufbruch. Die Antwort des Glaubens auf die Krise der Werte''. München 1988, ISBN 3-597-30061-8<br />
* ''Liturgie und Kirchenmusik. Vortrag zur Eröffnung des VIII. Internationalen Kongresses für Kirchenmusik in Rom im Europäischen Jahr der Musik am 17. November 1985 (Reden zur Musik)''. Sikorski, H, 1987, ISBN 3-920880-23-4<br />
* ''Kirche, Ökumene und Politik. Neue Versuche zur Ekklesiologie [Robert Spaemann zum 60. Geburtstag zugeeignet]''. Johannes, Einsiedeln 1987, ISBN 3-89411-201-8<br />
* ''Politik und Erlösung. Zum Verhältnis von Glaube, Rationalität und Irrationalem in der sogenannten Theologie der Befreiung'' (Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften: G (Geisteswissenschaften), Bd. 279). Opladen 1986, ISBN 3-531-07279-X<br />
* ''Die Krise der Katechese und ihre Überwindung. Rede in Frankreich''. Mit Reden v. Ryan, Dermot J; Danneels, Gotfried; Macharski, Franciszek (Sammlung Kriterien, 00064). Johannes, Einsiedeln 1983, ISBN 3-89411-200-X<br />
* ''Theologische Prinzipienlehre. Bausteine zur Fundamentaltheologie''. 2. Aufl., Wewel, München 2005, ISBN 3-87904-080-X ([http://www.sankt-ulrich-verlag.de/index.php/content/download/3410/17632/file/Inhalt+978-3-87904-080-3.pdf Inhaltsverzeichnis])<br />
* ''Das Fest des Glaubens. Versuche zur Theologie des Gottesdienstes''. 3. Aufl., Johannes, Einsiedeln 1993, ISBN 3-89411-199-2<br />
* ''Eschatologie – Tod und ewiges Leben''. 2. Aufl., Pustet, Regensburg 2007, ISBN 978-3-7917-2070-8<br />
* ''Glaube, Erneuerung, Hoffnung. Theologisches Nachdenken über die heutige Situation der Kirche''. Hrsg. von Kraning, Willi. Leipzig 1981.<br />
* ''Umkehr zur Mitte. Meditationen eines Theologen''. Leipzig 1981.<br />
* ''Zum Begriff des Sakramentes (Eichstätter Hochschulreden, Bd. 79)''. München 1979.<br />
* ''Die Tochter Zion. Betrachtungen über den Marienglaube der Kirche''. Einsiedeln 1977.<br />
* ''Der Gott Jesu Christi. Betrachtungen über den Dreieinigen Gott''. Kösel-Verlag, 2006, ISBN 3-466-36716-6<br />
* ''Dogma und Verkündigung''. 3. Aufl., München 1973, ISBN 3-87904-050-8<br />
* ''Das neue Volk Gottes. Entwürfe zur Ekklesiologie''. Patmos, Düsseldorf 1984, ISBN 3-491-71001-4<br />
* ''Die Einheit der Nationen. Eine Vision der Kirchenväter''. Bücherei der Salzburger Hochschulwochen. Salzburg unter anderem 1971.<br />
* ''[[Einführung in das Christentum]]. Vorlesungen über das Apostolische Glaubensbekenntnis''. München 1968, ISBN 3-466-20089-X<br />
* ''Das Problem der Dogmengeschichte in der Sicht der katholischen Theologie''. Arbeitsgemeinschaft für Forschungen des Landes Nordrhein-Westfalen: Geisteswissenschaften, Bd. 139. Köln unter anderem 1966.<br />
* ''Die sakramentale Begründung christlicher Existenz''. Freising-Meitingen, 1966<br />
* ''Die letzte Sitzungsperiode des Konzils (Konzil, Bd. 4)''. Köln 1966.<br />
* ''Vom Sinn des Christseins, Drei Predigten''. Kösel Verlag, 1966.<br />
* ''Ereignisse und Probleme der dritten Konzilsperiode (Konzil, Bd. 3)''. Köln 1965.<br />
* ''Die erste Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils. Ein Rückblick (Konzil, Bd. 1)''. Köln 1963.<br />
* ''Das Konzil auf dem Weg. Rückblick auf die 2. Sitzungsperiode des 2. Vatikanischen Konzils (Konzil, Bd. 2)''. Bachem, Köln 1964.<br />
* ''Die christliche Brüderlichkeit''. München 1960 (Neuauflage Kösel-Verlag, 2006, ISBN 3-466-36718-2).<br />
*''[[Das Offenbarungsverständnis und die Geschichtstheologie Bonaventuras|Offenbarung und Heilsgeschichte nach der Lehre des heiligen Bonaventura]]''. Habilitationsschrift (Originalfassung), 1955. In: ''[[Joseph Ratzinger Gesammelte Schriften]], Band 2. Offenbarungsverständnis und Geschichtstheologie Bonaventuras'', Herder, Freiburg i. Brsg. 2009, ISBN 978-3-451-30130-8.<br />
* ''Die Geschichtstheologie des heiligen Bonaventura''. Habilitationsschrift, München 1959 (eingereichte Fassung = 2. Teil der Originalfassung. Neuauflage: EOS Verlag, St. Ottilien 1992, ISBN 3-88096-081-X).<br />
* ''[[Volk und Haus Gottes in Augustins Lehre von der Kirche]]'', Dissertationsschrift, München 1954 (Neuauflage: EOS Verlag, St. Ottilien 2005, ISBN 3-88096-207-3, Münchner theologische Studien 2/7; Neuveröffentlichung in: ''[[Joseph Ratzinger Gesammelte Schriften]], Band 1'', Herder, Freiburg i. Brsg. 2011, ISBN 978-3-451-34053-6).<br />
<br />
== Literatur ==<br />
=== Biographisch ===<br />
* John L. Allen Jr: ''Cardinal Ratzinger. The Vatican's enforcer of the faith''. Continuum, New York 2000. Englisch: ISBN 0-8264-1361-7, Deutsch: ISBN 3-491-72457-0.<br />
* John L. Allen Jr: ''The rise of Benedict XVI. The inside story of how the pope was elected and what it means for the world''. Image, 2006, ISBN 978-0-385-51321-0.<br />
* [[Paul-Henri Campbell]]: ''Papst Benedikt XVI. Hörbuch.'' Monarda Publishing House, 2012, ISBN 3-939-51380-6.<br />
* [[Gerhard Feldbauer]]: ''Der Heilige Vater. Benedikt XVI.: Ein Papst und seine Tradition.'' Papyrossa-Verlag, Köln 2010, ISBN 978-3-89438-415-9.<br />
* [[Christian Feldmann]]: ''Papst Benedikt XVI. Eine kritische Biographie.'', [[Rowohlt Verlag]] 2006, 255 Seiten, ISBN 3-498-02115-X<br />
* [[Heinz-Joachim Fischer]]: ''Benedikt XVI. Ein Porträt''. 2. Aufl. Herder, Freiburg 2005, ISBN 978-3-451-27681-1.<br />
* [[Horst Herrmann]]: ''Benedikt XVI. Der neue Papst aus Deutschland''. Berlin 2005, ISBN 3-7466-2210-7.<br />
* [[Alexander Kissler]]: ''Der deutsche Papst. Benedikt XVI. und seine schwierige Heimat''. Herder, Freiburg 2005, ISBN 978-3-451-28867-8.<br />
* [[Stephan Kulle]]: ''Papa Benedikt: Die Welt des deutschen Papstes''. Fischer, Frankfurt 2007, ISBN 978-3-596-17557-4.<br />
* Klaus-Rüdiger Mai: ''Benedikt XVI. Joseph Ratzinger: sein Leben – sein Glaube – seine Ziele''. Lübbe, 2005, ISBN 978-3-7857-2236-7.<br />
* [[Alan Posener]]: ''Benedikts Kreuzzug'', Berlin : Ullstein, 2009. ISBN 978-3-550-08793-6.<br />
* [[Georg Ratzinger (Kirchenmusiker)|Georg Ratzinger]] (mit [[Michael Hesemann]]): ''Mein Bruder, der Papst''. Herbig, München 2011, ISBN 978-3776626780<br />
* Joseph Ratzinger (autobiographisch) : ''Aus meinem Leben. (1927–1977)''. Stuttgart 1998, ISBN 3-453-16509-8<br />
* [[Johannes Reiter]]: ''Wissenschaftler – Hochschullehrer – Papst: Ein Porträt Benedikts XVI.''. in: [[Forschung und Lehre (Zeitschrift)|Forschung & Lehre]] 2005; 12:374f. A 7.<br />
* Helmut S. Ruppert: ''Benedikt XVI. Der Papst aus Deutschland''. 2. Aufl. Echter, Würzburg 2005, ISBN 978-3-429-02744-5.<br />
* [[Peter Seewald]]: ''Benedikt XVI. Ein Porträt aus der Nähe''. Ullstein, Berlin 2005, ISBN 978-3-550-07833-0.<br />
* Peter Seewald: ''Benedikt XVI. Leben und Auftrag''. Weltbild, Augsburg 2006, ISBN 978-3-89897-474-5.<br />
* Karl Wagner: ''Kardinal Ratzinger. Der Erzbischof in München und Freising in Wort und Bild''. Pfeiffer, München 1977, ISBN 978-3-7904-0253-7.<br />
<br />
=== Theologisch ===<br />
* [[Hans Albert]], ''Joseph Ratzingers Rettung des Christentums: Beschränkungen des Vernunftgebrauchs im Dienste des religiösen Glaubens'', Aschaffenburg 2008, ISBN 978-3-86569-037-1.<br />
* [[Maximilian Heim|Maximilian H. Heim OCist]]: ''Joseph Ratzinger – Kirchliche Existenz und existenzielle Theologie unter dem Anspruch von Lumen gentium''. 2. Aufl., (Diss.), Peter Lang, Frankfurt 2005, ISBN 978-3-631-54273-6.<br />
* [[Josef Kreiml]]: ''Christliche Antworten auf die Fragen der Gegenwart: Grundlinien der Theologie bei Papst Benedikt XVI.'', Pustet Regensburg 2010, ISBN 3791722956<br />
* Peter Kuhn (Hrsg.): ''Gespräch über Jesus. Papst Benedikt XVI. im Dialog mit [[Martin Hengel]] und [[Peter Stuhlmacher]]'', Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2010 ISBN 978-3-16-150441-9.<br />
* Aidan Nichols OP: ''The Theology of Joseph Ratzinger. An Introductory Study''. T & T Clark, Edinburgh 1988, ISBN 0-567-29148-0.<br />
* Achim Pfeiffer: ''Religion und Politik in den Schriften Papst Benedikt XVI. – Die politischen Implikationen von Joseph Ratzinger''. Tectum, Marburg 2007, ISBN 978-3-8288-9227-9.<br />
* Tracey Rowland: ''Ratzinger's Faith. The Theology of Pope Benedict XVI'', Oxford University Press 2008<br />
* [[Wigand Siebel]]: ''Zur Philosophie und Theologie Joseph Ratzingers''. Saka, Saarbrücken 2005, ISBN 3-928198-03-3.<br />
* Norbert Sommer, Thomas Seiterich (Hrsg.): ''Rolle rückwärts mit Benedikt: Wie ein Papst die Zukunft der Kirche verbaut.'' Publik-Forum, 1. Auflage 2009, ISBN 3-88095-189-6.<br />
* [[Werner Thiede]] (Hg.): ''Der Papst aus Bayern: protestantische Wahrnehmungen''. Leipzig 2010, ISBN 978-3-374-02751-4.<br />
* [[Hansjürgen Verweyen]]: ''Joseph Ratzinger – Benedikt XVI.: die Entwicklung seines Denkens.'' Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft; Primus 2007. ISBN 978-3-89678-587-9.<br />
* Hansjürgen Verweyen: ''Ein unbekannter Ratzinger. Die Habilitationsschrift von 1955 als Schlüssel zu seiner Theologie''. Pustet, Regensburg 2010, ISBN 978-3-7917-2286-3<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons|Benedictus XVI|Benedikt XVI.}}<br />
{{Wikiquote|Benedikt XVI.}}<br />
* {{DNB-Portal|118598546}}<br />
* [http://ivv7srv15.uni-muenster.de/mnkg/pfnuer/Das-Werk.pdf Das Werk: Bibliographisches Hilfsmittel zur Erschließung des literarisch-theologischen Werkes von Joseph Ratzinger bis zur Papstwahl (Hrsg.: Schülerkreis)]<br />
* {{LeMO|BenediktXVI|Benedikt XVI.|Regina Haunhorst}}<br />
* {{dmoz|World/Deutsch/Gesellschaft/Religion_und_Spiritualität/Christentum/Glaubensrichtungen/Katholische/Personen/Päpste/Benedikt_XVI/|Benedikt XVI}}<br />
* [http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/ Offizielle Webseite des Vatikans] zu Benedikt XVI. mit Dokumenten und einer [http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/biography/documents/hf_ben-xvi_bio_20050419_short-biography_ge.html Kurzbiographie].<br />
* Franz Norbert Otterbeck: [http://www.kas.de/wf/doc/kas_11989-544-1-30.pdf ''Stimmen zum Papst'']. In: ''[[Die Politische Meinung]]'' Nr. 455, Oktober 2007, S. 72–74 (Sammelbesprechung von vier Büchern zu Denken und Wirken Benedikts XVI., PDF, 730 KB).<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
{{Folgenleiste multi<br />
|VORGÄNGER =[[Johannes Paul II.]]<br />
|NACHFOLGER= --<br />
|AMT=[[Datei:CoA Benedictus XVI.svg|25px]][[Papst]]<br />
|ZEIT=seit 2005<br />
|VORGÄNGER2 = [[Bernardin Gantin|Bernardin Kardinal Gantin]]<br />
|NACHFOLGER2 = [[Angelo Sodano|Angelo Kardinal Sodano]]<br />
|AMT2 = [[Liste der Dekane des Kardinalskollegiums|Kardinaldekan]]<br />
|ZEIT2 = 2002–2005<br />
|VORGÄNGER3 = [[Franjo Šeper|Franjo Kardinal Šeper]]<br />
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|ZEIT4 = 1977–1982<br />
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|ZEIT5 = 1993–2005<br />
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}}<br />
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<br />
{{Lesenswert|3. Juli 2005|7405747}}<br />
<br />
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<br />
{{SORTIERUNG:Benedikt 16}}<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Amtierendes Staatsoberhaupt]]<br />
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[[Kategorie:Christliche Literatur]]<br />
[[Kategorie:Ehren- und Devotions-Großkreuz-Bailli des Malteserordens]]<br />
[[Kategorie:Ehrendoktor der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt]]<br />
[[Kategorie:Ehrendoktor der Katholischen Universität Lublin]]<br />
[[Kategorie:Ehrendoktor der Babeș-Bolyai-Universität Cluj]]<br />
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[[Kategorie:Mitglied der Ehrenlegion (Kommandeur)]]<br />
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[[Kategorie:Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband]]<br />
[[Kategorie:Träger des Großen Goldenen Ehrenzeichens am Bande für Verdienste um die Republik Österreich]]<br />
[[Kategorie:Träger des Bayerischen Maximiliansordens für Wissenschaft und Kunst]]<br />
[[Kategorie:Träger des Bayerischen Verdienstordens]]<br />
[[Kategorie:Träger der Bayerischen Verfassungsmedaille in Gold]]<br />
[[Kategorie:Ehrenbürger von Altötting]]<br />
[[Kategorie:Ehrenbürger von Brixen]]<br />
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[[Kategorie:Ehrenbürger von Regensburg]]<br />
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[[Kategorie:Leopold-Kunschak-Preisträger]]<br />
[[Kategorie:Deutscher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1927]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
[[Kategorie:Wikipedia:Artikel-Feedback/Zusätzliche Artikel]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Benedikt XVI.<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Ratzinger, Joseph Alois<br />
|KURZBESCHREIBUNG=265. Papst, Bischof von Rom, Staatsoberhaupt des Vatikans<br />
|GEBURTSDATUM=16. April 1927<br />
|GEBURTSORT=[[Marktl]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
{{Link FA|fi}}<br />
{{Link GA|no}}<br />
<br />
[[af:Pous Benedictus XVI]]<br />
[[als:Benedikt XVI.]]<br />
[[an:Benedet XVI]]<br />
[[ang:Benedictus XVI Pāpa]]<br />
[[ar:بندكت السادس عشر]]<br />
[[arz:بينيديكتوس الستاشر]]<br />
[[ast:Benedictu XVI]]<br />
[[ay:Binidiktu XVI]]<br />
[[az:XVI Benedikt]]<br />
[[bar:Benedikt XVI.]]<br />
[[bat-smg:Benedikts XVI]]<br />
[[bcl:Benedicto XVI]]<br />
[[be:Бенедыкт XVI, Папа Рымскі]]<br />
[[be-x-old:Бэнэдыкт XVI]]<br />
[[bg:Бенедикт XVI]]<br />
[[br:Benead XVI]]<br />
[[bs:Papa Benedikt XVI]]<br />
[[ca:Benet XVI]]<br />
[[cbk-zam:Papa Benedicto XVI]]<br />
[[ceb:Benedicto XVI]]<br />
[[cs:Benedikt XVI.]]<br />
[[csb:Benedikt XVI]]<br />
[[cy:Pab Bened XVI]]<br />
[[da:Pave Benedikt 16.]]<br />
[[el:Πάπας Βενέδικτος ΙΣΤ΄]]<br />
[[en:Pope Benedict XVI]]<br />
[[eo:Benedikto la 16-a]]<br />
[[es:Benedicto XVI]]<br />
[[et:Benedictus XVI]]<br />
[[eu:Benedikto XVI.a]]<br />
[[ext:Beneditu XVI]]<br />
[[fa:بندیکت شانزدهم]]<br />
[[fi:Benedictus XVI]]<br />
[[fo:Benadikt XVI]]<br />
[[fr:Benoît XVI]]<br />
[[frp:Benêt XVI]]<br />
[[fur:Pape Benedet XVI]]<br />
[[fy:Benediktus XVI]]<br />
[[ga:Pápa Beinidict XVI]]<br />
[[gd:Pàpa Beinidict XVI]]<br />
[[gl:Bieito XVI, papa]]<br />
[[he:בנדיקטוס השישה עשר]]<br />
[[hi:जोज़फ़ रैत्सिंगर]]<br />
[[hr:Benedikt XVI.]]<br />
[[hsb:Benedikt XVI.]]<br />
[[ht:Benwa XVI]]<br />
[[hu:XVI. Benedek pápa]]<br />
[[hy:Բենեդիկտոս XVI]]<br />
[[id:Paus Benediktus XVI]]<br />
[[ie:Benedict XVI]]<br />
[[ilo:Papa Benedicto XVI]]<br />
[[io:Benedictus 16ma]]<br />
[[is:Benedikt 16.]]<br />
[[it:Papa Benedetto XVI]]<br />
[[ja:ベネディクト16世 (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Benediktus XVI]]<br />
[[ka:ბენედიქტე XVI]]<br />
[[ko:교황 베네딕토 16세]]<br />
[[ksh:Benedikt XVI.]]<br />
[[la:Benedictus XVI]]<br />
[[lad:Benedictus XVI]]<br />
[[lb:Benoît XVI. (Poopst)]]<br />
[[li:Benedictus XVI]]<br />
[[ln:Pápa Benwa XVI]]<br />
[[lt:Benediktas XVI]]<br />
[[lv:Benedikts XVI]]<br />
[[mk:Папа Бенедикт XVI]]<br />
[[ml:ബെനെഡിക്ട് പതിനാറാമൻ മാർപ്പാപ്പ]]<br />
[[mn:XVI Бенедикт]]<br />
[[mr:पोप बेनेडिक्ट सोळावा]]<br />
[[ms:Paus Benedict XVI]]<br />
[[mt:Papa Benedittu XVI]]<br />
[[na:Benedictus XVI]]<br />
[[nah:Benedictus XVI]]<br />
[[nap:Papa Benedetto XVI]]<br />
[[nds:Benedikt XVI.]]<br />
[[nds-nl:Paus Benedictus XVI]]<br />
[[nl:Paus Benedictus XVI]]<br />
[[nn:Pave Benedikt XVI]]<br />
[[no:Benedikt XVI]]<br />
[[nov:Papo Benedikt XVI]]<br />
[[nrm:Benedictus XVI]]<br />
[[nv:Pope Benedict XVI]]<br />
[[oc:Beneset XVI]]<br />
[[pam:Papa Benedict XVI]]<br />
[[pcd:Bénouet XVI]]<br />
[[pdc:Baapscht Benedict XVI]]<br />
[[pl:Benedykt XVI]]<br />
[[pt:Papa Bento XVI]]<br />
[[qu:Binidiktu XVI]]<br />
[[ro:Papa Benedict al XVI-lea]]<br />
[[roa-rup:Papa Benedictu XVI]]<br />
[[roa-tara:Papa Benedìtte XVI]]<br />
[[ru:Бенедикт XVI]]<br />
[[scn:Binidittu XVI]]<br />
[[sco:Pape Benedict XVI]]<br />
[[sh:Benedikt XVI]]<br />
[[simple:Pope Benedict XVI]]<br />
[[sk:Benedikt XVI.]]<br />
[[sl:Papež Benedikt XVI.]]<br />
[[sq:Papa Benedikti XVI]]<br />
[[sr:Папа Бенедикт XVI]]<br />
[[sv:Benedictus XVI]]<br />
[[sw:Papa Benedikto XVI]]<br />
[[szl:Benedykt XVI]]<br />
[[ta:திருத்தந்தை பதினாறாம் பெனடிக்ட்]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาเบเนดิกต์ที่ 16]]<br />
[[tl:Papa Benedicto XVI]]<br />
[[tpi:Benedict XVI]]<br />
[[tr:XVI. Benedictus]]<br />
[[uk:Бенедикт XVI]]<br />
[[ur:بطریق اعظم بینیڈکٹ شانزدہم]]<br />
[[vec:Papa Benedeto XVI]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Biển Đức XVI]]<br />
[[vls:Paus Benedictus XVI]]<br />
[[war:Papa Benedicto XVI]]<br />
[[wuu:本笃十六世]]<br />
[[yo:Pópù Benedict 16k]]<br />
[[zh:本篤十六世]]<br />
[[zh-min-nan:Benedictus 16-sè]]<br />
[[zh-yue:本篤十六世]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Belarus&diff=112990305Belarus2013-01-15T13:23:52Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Belarus zu tl:Biyelorusya</p>
<hr />
<div>{{Weiterleitungshinweis|Belarus}}<br />
{{Infobox Staat<br />
|NAME = <span style="font-size:1.4em">'''Рэспубліка Беларусь'''</span> (weißrussisch)<br /><span style="font-size:1.4em">'''Республика Беларусь'''</span> (russisch)<br /> <br />
<span style="font-size:1.4em">'''Respublika Belarus'''</span><br /><br />
'''Republik Weißrussland'''<br />
|BILD-FLAGGE = Flag of Belarus.svg<br />
|BILD-FLAGGE-RAHMEN = ja<br />
|ARTIKEL-FLAGGE = Flagge Weißrusslands<br />
|BILD-WAPPEN = Coat of arms of Belarus.svg<br />
|BILD-WAPPEN-BREITE = 100px<br />
|ARTIKEL-WAPPEN = Wappen Weißrusslands<br />
|WAHLSPRUCH = <br />
|AMTSSPRACHE = [[Weißrussische Sprache|Weißrussisch]], [[Russische Sprache|Russisch]]<br />
|HAUPTSTADT = [[Minsk]]<br />
|STAATSFORM = [[Republik]]<br />
|REGIERUNGSSYSTEM = [[Präsidentielles Regierungssystem|Präsidialsystem]]<br />
|STAATSOBERHAUPT = Präsident [[Aljaksandr Lukaschenka]]<br />
|REGIERUNGSCHEF = Ministerpräsident [[Michail Mjasnikowitsch]]<br />
|FLÄCHE = 207.595<br />
|EINWOHNER = 9.457.000 <small>(2012)</small><br />
|BEV-DICHTE = 46<br />
|BIP = 2011<ref>[http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2012/01/weodata/index.aspx World Economic Outlook Database, April 2012] des [[Internationaler Währungsfonds|Internationalen Währungsfonds]]</ref><br />
* 55,483 Milliarden USD <small>([[Liste der Länder nach Bruttoinlandsprodukt|72.]])</small><br />
* 141,77 Milliarden USD <small>([[Liste der Länder nach Bruttoinlandsprodukt|60.]])</small><br />
* 5.881 USD <small>([[Liste der Länder nach Bruttoinlandsprodukt pro Kopf|84.]])</small><br />
* 15.028 USD <small>([[Liste der Länder nach Bruttoinlandsprodukt pro Kopf|62.]])</small><br />
|BIP-ERWEITERT =<br />
* Total (nominal)<br />
* Total ([[Kaufkraftparität|PPP]])<br />
* BIP/Einw. (nominal)<br />
* BIP/Einw. (PPP)<br />
|HDI = {{Gestiegen}} 0,756 <small>(65.)</small><ref>[http://hdrstats.undp.org/en/countries/profiles/BLR.html Human Development Index]</ref><br />
|WÄHRUNG = [[Weißrussischer Rubel]]<br />
|UNABHÄNGIGKEIT = Erklärung [[25. August]] [[1991]], faktisch Dezember 1991<br />
|NATIONALHYMNE = ''[[My Belarusy]]'' (Мы, беларусы)<br />
|ZEITZONE = [[UTC+3]]<br />
|KFZ-KENNZEICHEN = [[Kfz-Kennzeichen (Belarus)|BY]]<br />
|INTERNET-TLD = [[.by]]<br />
|TELEFON-VORWAHL = +375<br />
|BILD-LAGE = Belarus in Europe.svg<br />
|BILD-LAGE-IMAGEMAP = Europa1<br />
|BILD1 = <br />
}}<br />
<br />
{{ Positionskarte+ | Weißrussland | width=330 | float=right | maptype=relief | caption= | places=<br />
{{ Positionskarte~ | Weißrussland | position=3 | lat=53/54// | long=27/33// | region=BY | label='''[[Minsk]]'''}}<br />
{{ Positionskarte~ | Weißrussland | position=3 | lat=52/05// | long=23/42// | region=BY | label=<small>[[Brest (Weißrussland)|Brest]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Weißrussland | position=9 | lat=52/27// | long=30/59// | region=BY | label=<small>[[Homel]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Weißrussland | position=3 | lat=53/40// | long=23/49// | region=BY | label=<small>[[Hrodna]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Weißrussland | position=6 | lat=53/54// | long=30/20// | region=BY | label=<small>[[Mahiljou]]</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Weißrussland | position=9 | lat=55/11// | long=30/10// | region=BY | label=<small>[[Wizebsk]]</small>}}<br />
<br />
{{ Positionskarte~ | Weißrussland | position=10 | lat=53/52// | long=26/59// | region=BY | mark=RedMountain.svg | marksize=12 | label=<small>[[Dsjarschynskaja Hara]]</small>}}<br />
<br />
{{ Positionskarte~ | Y=15 | X=15 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=Litauen}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=0 | X=38 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Lettland</small>}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=0 | X=85 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=Russland}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=90 | X=27 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=Ukraine}}<br />
{{ Positionskarte~ | Y=60 | X=6 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Polen</small>}}<br />
}}<br />
<br />
'''Weißrussland''' ({{beS|Беларусь}}/''Belarus'', {{ruS|Беларусь}}/''Belarus'' bzw. traditionell Белоруссия/''Belorussija'') –&nbsp;in zwischenstaatlichen Dokumenten amtlich '''Belarus'''&nbsp;– ist ein [[Binnenstaat]] in [[Osteuropa]], der an [[Polen]], die [[Ukraine]], [[Russland]], [[Lettland]] und [[Litauen]] grenzt. Früher wurde das Land auch '''Weiß[[ruthenien]]''' und im [[Sprachgebrauch in der DDR]] '''Belorußland''' genannt. Bei der [[Auflösung der Sowjetunion]] 1991 wurde der Staat unabhängig; 1994 wurde [[Aljaksandr Lukaschenka]] Präsident, der das Land [[Autoritarismus|autoritär]] regiert. Westliche Beobachter bezeichnen das Land häufig als „letzte Diktatur Europas“.<br />
<br />
== Land ==<br />
=== Name ===<br />
{{Belege fehlen}}<br />
<br />
Der Name Belarus ist seit dem Mittelalter überliefert und wurde im 19.&nbsp;Jahrhundert allgemein üblich, ist aber mit „Weiße Rus“ ungenau übersetzt. ''[[Rus]]'' war der [[Ostslawische Sprachen|ostslawische]] Name für [[Skandinavier|skandinavisch]]-slawische Herrschaftsgebiete wie das der [[Kiewer Rus]], zu dem das Land von der Gründung an gehörte. Das Adjektiv ''„bely“'' bedeutete im Mittelalter im geografischen Sinne „westlich“ und/oder „nördlich“, Belarus ist demnach mit „Westliche Rus“ zu übersetzen. Daneben gibt es in Weißrussland auch Ansichten über andere mögliche Bedeutungen. Die Verwendung des Wortes ''Belarus'' bietet sich also an, um Unklarheiten zu vermeiden. Jedoch ist im [[Deutsche Sprache|Deutschen]] die Bezeichnung ''Weißrussland'' traditionell verbreitet. Die weißrussischen offiziellen Stellen wie auch die deutsche Diplomatie verwenden in offiziellen deutschsprachigen Texten den Namen ''Belarus'', um die Unterscheidung von Russland zu verdeutlichen. Laut Auswärtigem Amt kann auf Landkarten sowie in nicht-diplomatischen Texten weiterhin die traditionelle Bezeichnung ''Weißrussland'' verwendet werden.<br />
Es gibt auch die Variante ''Bielarus'', die von manchen genutzt wird.<br />
<br />
=== Geographie ===<br />
{{Lückenhaft|1=Klima -- <span style="font-family:Comic Sans MS;">[[Benutzer:Chaddy|''Chaddy'']] <small>· [[Benutzer Diskussion:Chaddy|D]]</small> – <small>[[Wikipedia:Dateiüberprüfung|''DÜP'']]</small> –</span> 19:48, 7. Jun. 2012 (CEST)}}<br />
<br />
Die größte Ausdehnung des Landes vom Westen nach Osten beträgt 650&nbsp;km – von Nord nach Süd sind es 560&nbsp;km.<br />
Unter den europäischen Staaten ist Weißrussland flächenmäßig an 13. Stelle und der größte Binnenstaat, der vollständig in [[Europa]] liegt.<br />
<br />
[[Datei:Swamp lake Balarus.jpg|miniatur|Sumpfgebiet in der Nähe des Prypjat]]<br />
<br />
Die [[Staatsgrenze]]n zu Russland und Ukraine machen je etwa 1000&nbsp;km und insgesamt zwei Drittel des [[Grenzverlauf]]s aus, während auf Polen, Litauen und Lettland das letzte Drittel entfällt. Der Grenzverlauf ist unregelmäßig und folgt nur nach Polen teilweise Gewässern ([[Bug (Fluss)|Bug]]), vornehmlich verläuft die Grenze aber über [[Sumpf]]- und [[Hügelland]].<br />
<br />
Die Entfernung von der Hauptstadt Minsk zu den Hauptstädten der Nachbarstaaten beträgt:<br />
* nach [[Vilnius]]: 215&nbsp;km<br />
* nach [[Riga]]: 470&nbsp;km<br />
* nach [[Warschau]]: 550&nbsp;km<br />
* nach [[Kiew]]: 580&nbsp;km<br />
* nach [[Moskau]]: 700&nbsp;km<br />
<br />
Weißrussland liegt in der Osteuropäischen Ebene und wird von [[Hügelland|Hügelketten]] der eiszeitlichen [[Endmoräne]]n ([[Weißrussischer Höhenrücken]]) und breiten, naturbelassenen [[Fluss|Flüssen]] durchzogen. Etwa 70 % des Landes entwässern nach Süden zum [[Prypjat (Fluss)|Prypjat]] (weißrussisch ''Prypjaz'') und zum [[Dnepr]] (weißrussisch ''Dnjapro''), der weiter durch die [[Ukraine]] ins [[Schwarzes Meer|Schwarze Meer]] fließt. (siehe auch: [[Liste der Flüsse in Weißrussland]]).<br />
<br />
Im Süden liegen die [[Pinskische Sümpfe|Pripjatsümpfe]] (russisch ''Polessje''). 30 % des Landes sind bewaldet. Die höchste Erhebung ist die [[Dsjarschynskaja Hara]] (345&nbsp;m) im Weißrussischen Höhenrücken, die tiefsten Flussniederungen liegen etwa 50 Meter über dem Meer.<br />
<br />
Die größten Flüsse in Weißrussland sind [[Dnepr]], [[Bjaresina|Beresina]] (weißrussisch ''Bjaresina''), [[Prypjat (Fluss)|Prypjat]] und [[Memel (Fluss)|Memel]] (weißrussisch ''Njoman''). Nicht groß, aber als Grenze zu Polen und damit zur EU relevant, ist der [[Bug (Fluss)|Bug]]. Größter See ist der [[Naratsch]] im Norden des Landes nahe der Grenze zu [[Litauen]].<br />
<br />
=== Umwelt ===<br />
[[Datei:Białowieski Park Narodowy03 23a.jpg|miniatur|Der [[Wisent]], hier im [[Białowieża-Nationalpark|Belowescha-Nationalpark]], gilt als Nationaltier Weißrusslands]]<br />
<br />
Weißrussland ist am stärksten von der [[Katastrophe von Tschernobyl]] (1986) betroffen, die ca. 25 % der Landesfläche, besonders im Osten und Süden, nachhaltig kontaminiert hat.<br />
<br />
=== Verwaltungsgliederung ===<br />
Weißrussland gliedert sich in sechs Verwaltungsbezirke ([[Woblasz]]e) mit 118 Kreisen ([[Rajon]]e). Die Hauptstadt Minsk hat einen Sonderstatus und gehört keiner der Woblasze an.<br />
{|<br />
|{{Imagemap Weissrussland1|Belarus, administrative divisions - de - colored.svg|left|200px|Die weißrussischen Verwaltungsbezirke}}<br />
|<br />
# Stadt [[Minsk]]<br />
# [[Breszkaja Woblasz]]<br />
# [[Homelskaja Woblasz]]<br />
# [[Hrodsenskaja Woblasz]]<br />
# [[Mahiljouskaja Woblasz]]<br />
# [[Minskaja Woblasz]]<br />
# [[Wizebskaja Woblasz]]<br />
|}<br />
<br />
=== Größte Städte ===<br />
[[Datei:Victory-square.jpg|thumb|miniatur|Siegesplatz in der Hauptstadt Minsk]]<br />
<br />
(Einwohner 1. Januar 2004)<br />
{| border="0"<br />
|-<br />
| <br />
* [[Minsk]] – 1.832.800<br />
* [[Homel]] – 481.197<br />
* [[Mahiljou]] – 365.102<br />
* [[Wizebsk]] – 342.381<br />
* [[Hrodna]] – 314.833<br />
* [[Brest (Weißrussland)|Brest]] – 298.329<br />
* [[Babrujsk]] – 220.823<br />
* [[Baranawitschy]] – 168.553<br />
* [[Baryssau]] – 150.375<br />
* [[Pinsk]] – 130.517<br />
* [[Orscha]] – 125.276<br />
* [[Masyr]] – 111.770<br />
* [[Salihorsk]] – 101.394<br />
* [[Nawapolazk]] – 101.304<br />
* [[Maladsetschna]] – 98.384<br />
* [[Lida]] – 98.231<br />
| width="40%" |<br />
* [[Polazk]] – 82.769<br />
* [[Schlobin]] – 72.791<br />
* [[Swetlahorsk]] – 71.661<br />
* [[Retschyza]] – 66.213<br />
* [[Sluzk]] – 62.278<br />
* [[Schodsina]] – 60.836<br />
* [[Slonim]] – 51.586<br />
* [[Kobryn]] – 50.751<br />
* [[Waukawysk]] – 46.839<br />
* [[Kalinkawitschy]] – 37.876<br />
* [[Smarhon]] – 36.738<br />
* [[Rahatschou]] – 34.727<br />
* [[Assipowitschy]] – 34.685<br />
* [[Horki]] – 33.974<br />
* [[Nawahradak]] – 30.803<br />
|}<br />
<br />
{{Siehe auch|Liste der Städte in Weißrussland}}<br />
<br />
== Bevölkerung ==<br />
[[Datei:Belarus-demography.png|miniatur|rechts|miniatur|Bevölkerungsentwicklung Weißrusslands von 1992 bis 2003]]<br />
Gemäß der Volkszählung aus dem Jahr 2009 beträgt die Bevölkerung Weißrusslands knapp 9,5 Millionen Einwohner (Stand 2009). Das [[Bevölkerungswachstum]] beträgt zurzeit etwa −0,15 %. Seit 1993 sank die Einwohnerzahl stetig um insgesamt etwa 6 %. Die [[Lebenserwartung]] in der Bevölkerung liegt bei 68,14 Jahren; bei Männern sind es 62,06 Jahre, bei Frauen 74,52. Die [[Alphabetisierungsquote]] ist mit 98 % auf europäischem Standard-Niveau.<br />
<br />
=== Zusammensetzung ===<br />
Das Staatsvolk bilden die ostslawischen [[Weißrussen]] mit ca. 83 % der Gesamtbevölkerung. Neben ihnen gibt es zu 8,3 % [[Russen]], zu 3,1 % [[Polen (Volk)|Polen]] und zu 2,4 % [[Ukrainer]]. Die ehemals sehr stark vertretene [[Juden|jüdische]] Minderheit (Größenordnung eher im oberen einstelligen Prozentbereich, über eine halbe Million) betrug als Folge des [[Holocaust]]s auf weißrussischem Gebiet 1959 nur noch rund 1,9 % der Bevölkerung (etwa eine siebtel Million), 2009 wurden nur noch 12.926 (0,1 %) gezählt. <br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|+<br />
'''Bevölkerung Weißrusslands nach Volksgruppen 1959-2009'''<br />
|-bgcolor="#e0e0e0"<br />
! rowspan="2" | Volks-<br />gruppe<br />
! colspan="2" | Zensus 1959<sup>1</sup><br />
! colspan="2" | Zensus 1970<sup>2</sup><br />
! colspan="2" | Zensus 1979<sup>3</sup><br />
! colspan="2" | Zensus 1989<sup>4</sup><br />
! colspan="2" | Zensus 1999<sup>5</sup><br />
! colspan="2" | Zensus 2009<sup>6</sup><br />
|-bgcolor="#e0e0e0"<br />
! Zahl<br />
! %<br />
! Zahl<br />
! %<br />
! Zahl<br />
! %<br />
! Zahl<br />
! %<br />
! Zahl<br />
! %<br />
! Zahl<br />
! %<br />
|-<br />
| [[Weißrussen]]<br />
| align="right" | 6.532.035<br />
| align="right" | 81,1<br />
| align="right" | 7.289.610<br />
| align="right" | 81,0<br />
| align="right" | 7.567.955<br />
| align="right" | 79,4<br />
| align="right" | 7.904.623<br />
| align="right" | 77,9<br />
| align="right" | 8.158.900<br />
| align="right" | 81,2<br />
| align="right" | 7.957.252<br />
| align="right" | 83,7<br />
|-<br />
| [[Russen]]<br />
| align="right" | 659.093<br />
| align="right" | 8,2<br />
| align="right" | 938.161<br />
| align="right" | 10,4<br />
| align="right" | 1.134.117<br />
| align="right" | 11,9<br />
| align="right" | 1.342.099<br />
| align="right" | 13,2<br />
| align="right" | 1.141.700<br />
| align="right" | 11,4<br />
| align="right" | 785.084<br />
| align="right" | 8,3<br />
|-<br />
| [[Polen (Volk)|Polen]]<br />
| align="right" | 538.881<br />
| align="right" | 6,7<br />
| align="right" | 382.600<br />
| align="right" | 4,3<br />
| align="right" | 403.169<br />
| align="right" | 4,2<br />
| align="right" | 417.720<br />
| align="right" | 4,1<br />
| align="right" | 395.700<br />
| align="right" | 3,9<br />
| align="right" | 294.549<br />
| align="right" | 3,1<br />
|-<br />
| [[Ukrainer]]<br />
| align="right" | 133.061<br />
| align="right" | 1,7<br />
| align="right" | 190.839<br />
| align="right" | 2,1<br />
| align="right" | 230.985<br />
| align="right" | 2,4<br />
| align="right" | 291.008<br />
| align="right" | 2,9<br />
| align="right" | 237.000<br />
| align="right" | 2,4<br />
| align="right" | 158.723<br />
| align="right" | 1,7<br />
|-<br />
| [[Juden]]<br />
| align="right" | 150.084<br />
| align="right" | 1,9<br />
| align="right" | 148.011<br />
| align="right" | 1,6<br />
| align="right" | 135.450<br />
| align="right" | 1,4<br />
| align="right" | 111.975<br />
| align="right" | 1,1<br />
| align="right" | 27.800<br />
| align="right" | 0,3<br />
| align="right" | 12.926<br />
| align="right" | 0,1<br />
|-<br />
| [[Armenier]]<br />
| align="right" | 1.751<br />
| align="right" | 0,0<br />
| align="right" | 2.362<br />
| align="right" | 0,0<br />
| align="right" | 2.751<br />
| align="right" | 0,0<br />
| align="right" | 4.933<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 10.200<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 8.512<br />
| align="right" | 0,1<br />
|-<br />
| [[Tataren]]<br />
| align="right" | 8.650<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 9.992<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 10.851<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 12.436<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 10.100<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 7.316<br />
| align="right" | 0,1<br />
|-<br />
| [[Roma]]<br />
| align="right" | 4.662<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 6.843<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 8.408<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 10.762<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 9.900<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 7.079<br />
| align="right" | 0,1<br />
|-<br />
| [[Aserbaidschaner]]<br />
| align="right" | 1.402<br />
| align="right" | 0,0<br />
| align="right" | 1.335<br />
| align="right" | 0,0<br />
| align="right" | 2.654<br />
| align="right" | 0,0<br />
| align="right" | 5.009<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 6.300<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 5.567<br />
| align="right" | 0,1<br />
|-<br />
| [[Litauer]]<br />
| align="right" | 8.363<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 8.092<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 6.993<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 7.606<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 6.400<br />
| align="right" | 0,1<br />
| align="right" | 5.087<br />
| align="right" | 0,1<br />
|-<br />
| Andere<br />
| align="right" | 16.666<br />
| align="right" | 0,2<br />
| align="right" | 24.493<br />
| align="right" | 0,3<br />
| align="right" | 29.183<br />
| align="right" | 0,3<br />
| align="right" | 43.635<br />
| align="right" | 0,4<br />
| align="right" | 41.200<br />
| align="right" | 0,4<br />
| align="right" | 261.712<br />
| align="right" | 2,8<br />
|-bgcolor="#e0e0e0"<br />
! align="left" | Total<br />
! colspan="2" | 8.054.648<br />
! colspan="2" | 9.002.338<br />
! colspan="2" | 9.532.516<br />
! colspan="2" | 10.151.806<br />
! colspan="2" | 10.045.200<br />
! colspan="2" | 9.503.807<br />
|-<br />
| colspan="13" | <small><sup>1</sup> Quelle: [http://demoscope.ru/weekly/ssp/sng_nac_59.php?reg=3]. <sup>2</sup> Quelle: [http://demoscope.ru/weekly/ssp/sng_nac_70.php?reg=3]. <sup>3</sup> Quelle: [http://demoscope.ru/weekly/ssp/sng_nac_79.php?reg=3]. <sup>4</sup> Quelle: [http://demoscope.ru/weekly/ssp/sng_nac_89.php?reg=3]. <sup>5</sup> Quelle: [http://belstat.gov.by/homep/en/census/p5.php]. <sup>6</sup> Anmerkung: Zahl der Anderen enthält 31847 Zugehörige zu anderen Volksgruppen (0,3 %) und 225.921 mit unbekannter Zugehörigkeit (2,4 %). Quellen: [http://belstat.gov.by/homep/en/census/2009/volume3.zip Seite 8] [http://data.un.org/Data.aspx?d=POP&f=tableCode:26 Belarus,2009, Total, both sexes anklicken]. </small><br />
|}<br />
[[Datei:Bychaŭski Stroj stamp.jpg|miniatur|rechts|miniatur|Weißrussische Nationalkleidung]]<br />
=== Sprachen ===<br />
[[Datei:The Moscow Patriarchate Kathedral in Miensk.JPG|miniatur|Die Allerheiligen-Kathedrale in Minsk]]<br />
Die offiziellen Amtssprachen des Landes sind [[Weißrussische Sprache|Weißrussisch]] und [[Russische Sprache|Russisch]]. Die russische Sprache ist jedoch im Alltag dominierend, etwa 75 % der Bevölkerung nutzt inzwischen das Russische als Hauptumgangssprache und nur noch knapp 12 % das Weißrussische.<ref>http://www.informador.com.mx/cultura/2009/139096/6/tres-de-cada-cuatro-bielorrusos-emplean-en-su-vida-cotidiana-el-ruso.htm</ref> Seit der Unabhängigkeit hat die Bedeutung des Weißrussischen zwar zugenommen, das Russische dominiert das öffentliche Leben jedoch nach wie vor. Verbreitet ist auch das [[Trasjanka]], eine mündliche Mischform aus weißrussischer und russischer Sprache.<br />
<br />
=== Religionen ===<br />
Die größte Kirche in Weißrussland ist die [[orthodoxe Kirche]], die im [[Weißrussisch-Orthodoxe Kirche|Weißrussischen Exarchat]], welches dem [[Russisch-Orthodoxe Kirche|Patriarchen von Moskau]] untersteht, organisiert ist. Nach Schätzungen von 1997 gehören ihr ca. 80 % der Bevölkerung an – vor allem Weißrussen, Ukrainer und Russen. Die restlichen 20 % der Bevölkerung verteilen sich auf mehrere Konfessionen (vor allem römisch-katholische, aber auch [[protestant]]ische, [[Islam in Polen, Litauen und Weißrussland|moslemische]] und [[Judentum|jüdische Gemeinden]]).<ref>Vgl. [https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bo.html CIA World Factbook über Belarus], Abschnitt Religionen, Zahlangaben von 1997, Link eingesehen am 29. Mai 2011.</ref> Weißrussland war eines der schwerpunktmäßig betroffenen Gebiete des [[Holocaust]]. Vorher lebte hier eine große jüdische Bevölkerungsgruppe. Seit 1989 wanderte ein großer Teil der Nachkommen überlebender Juden aus.<br />
<br />
[[Römisch-katholische Kirche in Weißrussland|Römisch-katholisch]] sind die meisten [[Polen (Volk)|Polen]] und [[Litauer]] sowie die Weißrussen im Westen und Norden des Landes. Es gibt eine kleine Minderheit der [[Unierte Katholiken in Weißrussland|griechisch-katholischen Christen]] von etwa 10.000 Gläubigen. Insgesamt umfasst die katholische Kirche nach eigenen Angaben zwischen 10 %<ref>Vgl. die Angaben im [[Annuario pontificio]] 2005 zu den weißrussischen Diözesen.</ref> und 14 %<ref>[http://www.catholic.by/ Першая :: Рыма-каталіцкі Касцёл на Беларусі<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref> der Bevölkerung. Die [[Letten]] und die [[Zigeuner|ziganischen]] Gruppen wie Jerli (auch [[Sinti]], [[Lowara]], [[Manusch]], [[Roma]] und [[Kalderasch]]) bekennen sich vorwiegend zur evangelisch-lutherischen Kirche.<br />
<br />
== Soziales ==<br />
=== Bildungswesen ===<br />
==== Hochschulen ====<br />
Die [[Universität]]en und Hochschulen sind großteils in der Hauptstadt:<br />
* [[Verwaltungsakademie beim Präsidenten der Republik Belarus]], [[Minsk]]<br />
* [[Weißrussische Staatliche Universität]], Minsk<br />
* Weißrussische Staatliche [[Technische Hochschule|Polytechnische Akademie]], Minsk<br />
* Weißrussische Staatliche Linguistische Universität, Minsk<br />
* Weißrussische Staatliche [[Universität für Wirtschaft]], Minsk<br />
* Nationale [[Akademie der Wissenschaften]], Minsk<br />
* Staatliche Universität für [[Medizin]], Minsk<br />
* Staatliche Universität für [[Agrarwissenschaft]], Minsk<br />
* [[Europäische Humanistische Universität]] (Exiluniversität) zurzeit in [[Vilnius]].<br />
* Belarussische Staatliche Pädagogische Maxim Tank Universität, Minsk<br />
<br />
{{Siehe auch|Liste der Universitäten in Weißrussland}}<br />
<br />
==== Schulkontakte ins Ausland ====<br />
Einige tausend junge Weißrussen studieren in [[Deutschland]] und eine etwas größere Zahl in [[Russland]] oder Ländern des [[Westliche Welt|Westens]].<br />
<br />
Mit den erstgenannten drei Hochschulen hat der [[Internationaler Hilfsfond|Internationale Hilfsfonds]]<ref>http://www.internation-hilfsfonds.org/projekte/unikoop.htm</ref> von EU und Deutschland Partnerschaften in den Westen eröffnet. Die oft beklagte Isolation war für Weißrussland schon zu Zeiten der [[Sowjetunion]] schmerzhaft. Seit der Unabhängigkeit des Landes wuchs die Hoffnung der Universitäten auf Kooperationen, was aber wegen der autoritären [[Staatspolitik]] kaum gelang.<br />
<br />
Die 1992 gegründete einzige [[Privatuniversität]], die „Europäische Humanistische Universität“, wurde im August 2004 auf staatlichen Druck geschlossen. Sie hatte, größtenteils aus westlichen Mitteln finanziert, Europastudien, Sprach- und Politikwissenschaften angeboten. Auch das Institut für Deutschlandstudien befand sich dort. Die Hochschule wurde im [[Juni 2005]] im [[Exil]] in [[Vilnius]] (Litauen) wiedereröffnet.<br />
<br />
=== Gesundheitswesen ===<br />
==== Verbreitung von Krankheiten ====<br />
Zum 1. April 2004 wurden offiziell 5751 [[HIV]]-Infektionen, 107 [[AIDS]]-Fälle und 439 AIDS-Tote in der Republik Weißrussland gemeldet. HIV tauchte 1996 zum ersten Mal unter den spritzenden Drogenabhängigen in [[Swetlahorsk]] ([[Homelskaja Woblasz]]) auf. Bis September 1998 waren in derselben Stadt 2173 HIV-Fälle offiziell registriert. Dies macht 81 % aller gemeldeten Fälle im gesamten Land zu dieser Zeit aus. Die Zahl der infizierten Drogenabhängigen stieg auf 74 %. HIV-Tests sind Pflicht für Blutspender, Gefängnisinsassen, Patienten mit sexuell übertragbaren Krankheiten, Drogenabhängige und [[Prostitution|Prostituierte]]. Die HIV-Fälle, in welchen die Ansteckungsursache dokumentiert wurde, listen für das Jahr 2003 auf, dass sich 76 % (im Vorjahr: 64 %) durch nicht sterilisierte Spritzen beim Drogenkonsum und 23 % (im Vorjahr 35 %) durch [[Sexualkontakt|heterosexuelle Kontakte]] infiziert haben. 2002 lebten von den 319 dokumentierten Fällen einer heterosexuellen Ansteckung 52 % mit Risikopartnern, hauptsächlich Drogenabhängigen. Wie auch in Russland ist die Krankheit nicht im gesamten Land gleich verteilt, sondern zeigt die höchsten Zahlen in der Homelskaja Woblasz (3380 Fälle, oder 224,5 auf 100.000 Einwohner) und in Minsk (823 Fälle, oder 47,3 auf 100.000 Einwohner).<br />
<br />
==== Kinderverschickung ====<br />
Nach der [[Katastrophe von Tschernobyl|Reaktorkatastrophe von Tschernobyl]] wurde in verschiedenen Ländern eine Reihe privater [[Hilfsorganisation]]en gegründet, die den Kindern aus den vom [[Radioaktiver Niederschlag|radioaktiven Niederschlag]] betroffenen Gebieten Erholungsaufenthalte bieten. Dadurch wird das [[Immunsystem]] der Kinder gestärkt und die Völkerverständigung gefördert. Vom Staat Weißrussland und von der Deutschen Botschaft werden diese Erholungsaufenthalte unterstützt.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
{{Hauptartikel|Geschichte Weißrusslands}}<br />
[[Datei:Rus de Kiev en 1237.png|miniatur|[[Rus]]-Fürstentümer im Verband der [[Kiewer Rus]]]]<br />
[[Datei:Rzeczpospolita2nar.png|miniatur|Bis 1793 gehörte Weißrussland [[Polen-Litauen]] (hier in den Grenzen von 1619)]]<br />
[[Datei:Soviet_guerilla.jpg|thumb|Partisanen in Weißrussland 1943]]<br />
Das im Süden Weißrusslands gelegene Gebiet [[Polesien]] gilt als eine mögliche Urheimat der [[Slawen]] insgesamt. Im frühen Mittelalter war der Großteil des heutigen Weißrussland von [[Ostslawen|ostslawischen]] Stämmen besiedelt, darunter die [[Dregowitschen]], die [[Radimitschen]] und die [[Polotschanen]]. Im Nordwesten lebten [[Balten|baltische]] Stämme. Der Landstrich wurde Teil des [[Kiewer Rus|Kiewer Reiches]], des ersten ostslawischen Großstaates. Zu dessen Bestandteilen auf dem Gebiet Weißrusslands zählten das [[Fürstentum Polozk]] und das [[Fürstentum Turow-Pinsk]]. Bis 1240 zerstörte der [[Mongolensturm]] aus dem Osten die Kiewer Rus. Bis zum 14. Jahrhundert hatte sich die altrussische Einheit aufgelöst. Aus der Kiewer Rus entstanden mehrere Volksgruppen:<br />
* Auf dem Gebiet der heutigen [[Ukraine]] entstand das [[Königreich Galizien|Galizische Fürstentum]], das sich von den nördlichen Hängen der Karpaten über das heutige Ostgalizien und Wolhynien erstreckte. Dieses Königreich bestand bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts und bildete den Grundstein für die spätere ukrainische Volksgruppe, fiel dann aber unter litauisch-polnische Herrschaft. <br />
* Auf dem Gebiet Weißrusslands bildete sich allmählich die [[Weißrussen|belorussische]] Volksgruppe heraus. Die Bezeichnung „Weiß“-Russland (Belorussland) ist dabei vermutlich ein Synonym für die Freiheit von tatarisch-mongolischer Tributherrschaft.<br />
* [[Russland|Großrussland]] fiel bis 1480 unter tatarische Herrschaft, bis es sich unter Moskauer Führung vom tatarischen Joch lösen konnte.<br />
<br />
Im 14. Jahrhundert wurde das weißrussische Gebiet mit dem [[Fürstentum Smolensk]] und dem [[Fürstentum Polazk]] jedoch vom weit nach Osten expandierenden [[Großfürstentum Litauen]] erobert. Dessen Herrscher führte den Titel ''magnus dux Littwanie, Samathie et Rusie'' (siehe auch [[Goldenes Zeitalter (Weißrussland)]]). Die beiden Völker (Weißrussen und Litauer) nennen sich selber in ihren Sprachen Litauer (''lietuvis'' bzw. ''litwin''). Aufgrund der Bevölkerungsanteile war in dieser Zeit die Amtssprache weitgehend das ostslawische [[Ruthenische Sprache|Ruthenisch]]. Nach der Union von 1386 wurde Weißrussland als Teil Litauens Bestandteil des Doppelstaates [[Polen-Litauen]], bei dem es bis zum Ende des 18. Jahrhunderts verblieb.<br />
<br />
Mit der ersten und zweiten [[Teilungen Polens|Teilung Polens]] gelangte das Gebiet des heutigen Weißrussland bis 1793 vollständig unter russische Herrschaft, was von der russischen Seite als eine Wiedervereinigung gesehen wurde. Der Anschluss der Weißen Rus wurde durch [[Katharina II. (Russland)|Katharina die Große]] unter dem Motto ''Отторгнутое возвратихъ'' vollzogen&nbsp;– „ich habe das Entrissene zurückgeholt“.<br />
<br />
Nach dem Einmarsch des [[Deutsches Heer (Deutsches Kaiserreich)|deutschen Heeres]] in Minsk Anfang 1918 bestand zeitweise eine nominell unabhängige weißrussische Republik. In den Jahren 1919/1920 war Weißrussland zwischen dem wiederentstandenen [[Polen|polnischen]] Staat und Sowjetrussland umkämpft und wurde 1920 nach dem Sieg der polnischen Truppen über die Rote Armee teilweise an Polen angegliedert. Aus dem sowjetischen Teil wurde die [[Weißrussische Sozialistische Sowjetrepublik]] gebildet, die 1922 Gründungsmitglied der [[Sowjetunion]] wurde. Ebenso wie der sowjetische Teil war auch der polnische Teil mehrheitlich weißrussisch besiedelt.<br />
<br />
Zu Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] wurde 1939 der zuvor zu Polen gehörende Landesteil von sowjetischen Truppen besetzt und in die Weißrussische SSR eingegliedert. Im Sommer 1941 wurde ganz Weißrussland von der deutschen Wehrmacht erobert. Die deutsche Besatzungsherrschaft richtete große materielle Zerstörungen an und führte zum Tod von ca. 25 % der Bevölkerung, darunter fast die gesamte jüdische Bevölkerung des Landes. Weißrussland war von 1941 an mit über 1.000 Gruppen ein Hauptgebiet des sowjetischen [[Sowjetische Partisanen|Partisanenkampfes]] gegen die deutschen Besatzer. Von Ende 1943 an wurde das Land von der Roten Armee zurückerobert und galt im Sommer 1944 als vollständig von der deutschen Besatzung befreit. 1945 war Weißrussland Gründungsmitglied der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]].<br />
<br />
Etwa 8 bis 9 % aller ermordeten europäischen Juden stammten aus Weißrussland. Fast alle Städte des Landes waren völlig zerstört. Die Industriebetriebe waren um 85 %, die Industriekapazität um 95 %, die Saatfläche um 40 bis 50 %, der Viehbestand um 80 % zurückgegangen. Es gab nach Kriegsende 3 Millionen Obdachlose. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Weißrussland 10 Millionen Menschen. Erst gegen Ende der 1980er Jahre war die weißrussische Bevölkerung wieder auf diese Vorkriegszahlen gewachsen.<br />
<br />
Stark betroffen ist Weißrussland durch die [[Katastrophe von Tschernobyl]] am 26. April 1986 im ukrainischen [[Tschornobyl]], in deren Folge weite Teile des Landes durch [[Radioaktiver Niederschlag|radioaktiven Niederschlag]] kontaminiert wurden.<br />
<br />
Seit Ende 1991 ist das Land ein eigenständiger Staat. 1991 bis 1994 wurde es von [[Stanislau Schuschkewitsch]] regiert. Er wurde von [[Aljaksandr Lukaschenka]] abgelöst, der bis heute regiert und zunehmende Macht auf sich vereint. Lukaschenkas Politik wird von westlichen Beobachtern als undemokratisch, autoritär und marktfeindlich beschrieben. Das Land ist in Europa wirtschaftlich und politisch stark isoliert. Seine wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Partner sind Russland, der Iran und Venezuela. Mit Russland wurde eine Zoll- und Verteidigungsgemeinschaft gegründet, eine weitergehende [[Russisch-Weißrussische Union|Union]] mit gemeinsamer Währung und gemeinsamer Außenpolitik wird seit den 90er Jahren ohne große Fortschritte immer wieder angekündigt. Die Präsidentschaftswahlen vom 19. März 2006 wurden von zahlreichen internationalen Beobachtern als undemokratisch bezeichnet. Vertreter der GUS-Staaten und die traditionell dem Staat freundlich gesinnte [[Gesellschaft für Bürgerrechte und Menschenwürde]] führten gegensätzliche Ansichten auf.<br />
<br />
== Politik ==<br />
=== Innenpolitik ===<br />
[[Datei:Belarus Staatsaufbau.png|miniatur|500px|Staatsaufbau Weißrusslands]]<br />
<br />
Präsident Lukaschenka ist bereits seit 1994 im Amt. Laut der früheren weißrussischen [[Verfassung]] durfte er eigentlich nicht mehr an der [[Präsidentschaftswahlen in Weißrussland 2006|Präsidentschaftswahl 2006]] teilnehmen, doch per [[Referendum]] ließ er im Oktober 2004 die Verfassung so ändern, dass für ihn keine Beschränkungen der Amtszeiten mehr gelten.<br />
<br />
Aufgrund zahlreicher demokratischer Defizite und eines autoritären Regierungsstils wird Weißrussland auch als letzte [[Diktatur]] Europas bezeichnet.<ref>[http://www.zeit.de/2010/51/Weissrussland ZEIT-Artikel]</ref><br />
<br />
Das Vertretungs- und Gesetzgebungsorgan der Republik Weißrussland ist das Parlament – die Nationalversammlung. Es setzt sich aus zwei Kammern, der [[Repräsentantenhaus (Weißrussland)|Repräsentantenkammer]] und dem [[Rat der Republik (Weißrussland)|Rat der Republik]] zusammen. Die Repräsentantenkammer besteht aus 110 Abgeordneten, die in allgemeiner, freier, gleicher, direkter und geheimer Wahl gewählt werden sollen. Der Rat der Republik ist die Kammer der territorialbezogenen Vertretung. Für jede [[Woblasz]] und die Stadt Minsk werden je acht Abgeordnete des Rats der Republik in geheimer Abstimmung gewählt. Acht Mitglieder werden vom Präsidenten berufen.<br />
<br />
{{Siehe auch|Präsidentschaftswahlen in Weißrussland 2006}}<br />
<br />
==== Wahlen ====<br />
{{Hauptartikel|Parlamentswahlen in Weißrussland 2008|Präsidentschaftswahlen in Weißrussland 2010}}<br />
Die [[Opposition (Politik)|Oppositionsparteien]] einigten sich auf [[Aljaksandr Milinkewitsch]] als gemeinsamen Kandidaten für die Wahlen 2006. Durch politische Besuche in Russland und [[Europäische Union|EU]]-Ländern suchte Milinkewitsch sich im Vorfeld abzusichern. Seinen Mitbewerbern [[Aljaksandr Kasulin]] und [[Sjarhej Hajdukewitsch]] wurden nach Ansicht von Beobachtern von vornherein keine reellen Wahlchancen eingeräumt. Umfragen ließen keinen Zweifel daran, dass Amtsinhaber Lukaschenka die Wahl für sich entscheidet. Die Wahlen wurden von der Ankündigung des Geheimdienstes begleitet, gegen Gegner der Regierung mit lebenslanger Haft und sogar [[Todesstrafe]]n vorzugehen.<ref>[http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2011/0112/politik/0035/index.html]</ref><br />
Von russischer Seite wurden die Wahlen und deren Verlauf nicht kritisiert. Auch in der Beurteilung der Politik Lukaschenkas steht Russland konträr zu EU und USA. Nachdem Lukaschenka bei den [[Präsidentschaftswahlen in Weißrussland 2006|Präsidentschaftswahlen am 19. März 2006]] laut offiziellen Angaben 83 % der Stimmen geholt hatte, demonstrierten nach Schließung der Wahllokale mehr als 200 Menschen auf dem zentralen Oktoberplatz in [[Minsk]] und forderten Neuwahlen, da sie das Wahlergebnis für gefälscht hielten.<ref>{{Tagesschau|ID=meldung125982|Beschreibung=|AlteURL=http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5339922_NAV_REF1,00.html}}</ref> Milinkewitsch, der auf sechs Prozent der Stimmen kam, bezeichnete die Wahl als Farce und sagte, dass die Opposition die Angst besiegt habe und kündigte an, die Wahl nicht anzuerkennen und auch mit internationaler Hilfe eine Annullierung der Wahl anzustreben.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,406838,00.html ''Wahl-Farce in Weißrussland: Demonstranten trotzen Lukaschenkas Drohungen – Politik – SPIEGEL ONLINE – Nachrichten''<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref><br />
<br />
==== Menschenrechte ====<br />
Die Menschenrechte sind in Weißrussland extrem eingeengt. [[Amnesty International]] dokumentierte für das Jahr 2010 neben drei Todesurteilen diverse Verletzungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung und des Versammlungs- und Demonstrationsrechts.<ref>[http://www.amnesty.de/laenderbericht/belarus Länderbericht von Amnesty International, Stand Dezember 2010]</ref> Nachdem diverse Oppositionelle wegen regimekritischer Äußerungen auf Demonstrationen verhaftet worden waren, begann die Opposition Schweigemärsche durchzuführen. Um auch diesen entgegenzuwirken, wurde auch gegen diese ein Gesetz erlassen, das „nicht sanktionierten Handlungen oder nicht sanktionierte Tatenlosigkeit“ seit September 2011 unter Strafe stellt.<ref> [http://www.newsgrape.com/a/skandal-in-weissrussland-ist-jetzt-sogar-das-schweigen-verboten/ Weißrussland stellt Schweigemärsche unter Strafe]</ref><ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,790294,00.html Weißrussland verbietet Demonstranten sogar das Schweigen]</ref> Mit dem 6. Januar 2012 traten neue Regelungen im Internetverkehr in Kraft: Benutzer in öffentlich zugänglichen Internetlokalitäten müssen registriert und deren Verkehr protokolliert werden, jegliche Internetgeschäfte müssen über weißrussische Server abgewickelt werden. Vollstreckt wird das Gesetz durch Polizei, Steuerbehörden und Staatssicherheitsorgane.<ref> [http://pravo.by/main.aspx?guid=71393 Gesetz vom 21. Dezember 2011 (Weißrussisch)] </ref><ref> [http://www.loc.gov/lawweb/servlet/lloc_news?disp3_l205402929_text Information von der US Law Library of Congress (Englisch)] </ref> Im August 2012 wurden 14 politische Gefangene gezählt.<ref>[http://spring96.org/en/news/49539 List of political prisoners], abgerufen 25. August 2012</ref><br />
<br />
=== Außenpolitik ===<br />
[[Datei:Dmitry Medvedev in Kazakhstan (2010-07-05).jpeg|miniatur|Weißrussischer Präsident Lukaschenka mit den Präsidenten anderer [[Gemeinschaft Unabhängiger Staaten|GUS]]-Staaten 2010]]<br />
Weißrussland ist Mitglied in der [[Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit]] und bildet mit Russland die [[Russisch-Weißrussische Union]], die in letzter Zeit jedoch starken Belastungen ausgesetzt war. Außerdem ist Weißrussland Mitglied in der [[Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft|Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft]]. Freundschaftliche Verbindungen werden daneben zu [[Venezuela]], zu [[Ecuador]], zu [[Syrien]], zum [[Iran]], zu [[Nordkorea]], zur [[Volksrepublik China]] und zu [[Kuba]] gepflegt.<ref>http://orf.at/stories/2128998/2128996/</ref> Die Beziehungen zu den [[NATO]]-Staaten gelten als gespannt, diejenigen zur [[Ukraine]] als ambivalent. Im Jahr 2011 kündigte Lukaschenka an, mit Russland und Kasachstan eine [[Eurasische Union]] zu gründen.<ref>[http://www.eurasischesmagazin.de/artikel/?artikelID=20111205] </ref> <br />
<br />
==== Beziehungen zur Europäischen Union ====<br />
Seit die [[Europäische Union]] 1991 Weißrussland als unabhängigen Staat anerkannt hat, wurden die gegenseitigen Beziehungen ausgebaut. Nach dem Amtsantritt von Aljaksandr Lukaschenka 1994 verschlechterte sich das Verhältnis. Trotz Vorbehalten, die sich auf das Demokratiedefizit Weißrusslands beziehen, wurde 1995 ein [[Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen]] unterzeichnet. Im Mai 2009 hat die EU Weißrussland in die [[Östliche Partnerschaft]] aufgenommen. Angesichts der sich nach Ansicht der Verantwortungsträger der Europäischen Union zunehmend verschlechternden Lage der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in Weißrussland, verhängte der [[Rat der Europäischen Union]] im Juni 2011 ein Waffenembargo und ein Exportverbot für Materialien, die zu interner Repression verwendet werden könnten, und erweiterte die Liste der Personen, denen die Einreise verwehrt wird.<ref>[http://www.bafa.de/ausfuhrkontrolle/de/embargos/belarus/be2011_357.pdf Beschluss 2011/357/GASP des Rates vom 20. Juni 2011 (Belarus)], Website des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, abgerufen am 22. September 2011.</ref> Auch zeigte sich die EU besorgt über Einschränkungen der Medienfreiheit und Nichtbeachtung diplomatischer Immunitäten. Die Lage in Weißrussland werde von der EU weiterhin genau verfolgt.<ref>[http://www.cdep.ro/afaceri_europene/CE/2011/ST11824.EN11.PDF PDF bei www.cdep.ro]</ref><br />
<br />
2012 kam es zu einem diplomatischen Streit zwischen Schweden und Weißrussland. Der Streit hat offenbar mehrere Hintergründe. Schweden kritisiert offen die undemokratischen Zustände in Weißrussland und unterstützt die Opposition. Zum Beispiel traf der schwedische Botschafter Oppositionelle. Hinzu kam eine Aktion mit Teddybären, die die weißrussische Führung düpierte. Schwedischen Medienberichten zufolge war Anfang Juli 2012 ein Leichtflugzeug von Litauen aus unerkannt in den weißrussischen Luftraum geflogen. Über der Kleinstadt Iwjanets wurden demnach an Fallschirmen hunderte Teddybären abgeworfen, an denen Schilder mit Bürger- und Menschenrechtsforderungen befestigt waren.<br />
Kurz darauf begannen die diplomatischen Querelen zwischen Schweden und der weißrussischen Führung. Diese verwies den schwedischen Botschafter des Landes. Die 27 EU-Länder zeigten sich zur Folge solidarisch mit Schweden und bestellten die weißrussischen Botschafter in ihren Staaten zu Gesprächen ein, um gegen die Schließung der schwedischen Botschaft ins Minsk zu protestieren. <ref>[http://www.tagesschau.de/ausland/belarus100.html; Eine Teddybär-Affäre zieht Kreise<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref><br />
<br />
Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Belarus bestand ab 2008 bis mindestens 2011 eine sicherheitspolitische Zusammenarbeit, bei der Sicherheitskräfte Lukaschenkas in Deutschland geschult wurden. Fast 400 Grenzschützer, leitende Milizionäre und Kriminaltechniker wurden von deutschen Beamten zudem direkt in Weißrussland geschult und 2010 beobachteten weißrussische Sicherheitskräfte deutsche Polizisten mehrere Tage im Einsatz beim [[Atommülltransport|Castor-Transport]] ins niedersächsische Gorleben.<ref>[http://www.sueddeutsche.de/politik/weissrussland-deutsche-polizei-schulte-lukaschenkos-sicherheitskraefte-1.1448967 Deutsche Polizei schulte Lukaschenkos Sicherheitskräfte] in sueddeutsche.de, 23. August 2012</ref><br />
<br />
==== Beziehungen zu Russland ====<br />
Nach wiederholten Zerwürfnissen zwischen Weißrussland und Russland im Jahre 2007, die sich um die Themen Gaspreise, Energiepolitik und Öltransit drehten, wird die russisch-weißrussische Integration von vielen Beobachtern für faktisch tot angesehen. Die Beendigung der Vorzugsbehandlung durch Russland bei den Rohstofflieferungen führte bis zum Ende des Jahres zu einer starken Annäherung Weißrusslands an Venezuela.<br />
<br />
Im Januar 2008 hat das Land den Bau seines ersten [[Kernkraftwerk]]s auf den Weg gebracht, um seine Abhängigkeiten von Russland zu verringern. Bauen soll es jedoch ein russisches Unternehmen.<ref>[http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/Kernkraft-Weissrussland;art1117,2456615 Weißrussland errichtet erstes Atomkraftwerk<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref><br />
<br />
==== Beziehungen zu Venezuela ====<br />
Zwischen [[Venezuela]] und Weißrussland sind seit dem ersten Besuch des Präsidenten [[Hugo Chávez|Chávez]] 2006 enge wirtschaftliche und diplomatische Beziehungen entstanden.<br />
<br />
Auf diplomatischer Ebene verbindet die beiden Staaten insbesondere das Ziel, eine multipolare Weltordnung aufzubauen und die hegemoniale Stellung der [[Vereinigte Staaten|USA]] zu begrenzen. Weißrussland unterstützt Venezuela zudem insbesondere durch Lieferung von Rüstungsgütern sowie Transfer von militärischer Technologie beim Umbau seiner Streitkräfte.<br />
<br />
Die wirtschaftliche Zusammenarbeit erfasst u.&nbsp;a. die Bereiche Energie, Handel, Landwirtschaft und eine wissenschaftlich-technologische Kooperation. So existieren in Venezuela u.&nbsp;a. ''Joint Ventures'' für die Förderung von Öl und Gas, den Bau von Traktoren, Autobussen und Lastwagen. Zudem engagiert sich Weißrussland in [[Venezuela]] im Bereich des Wohnungsbaus. Venezuela dient Weißrussland zudem als Zentrum für den Handel mit anderen Staaten Lateinamerikas. Der Wert der wirtschaftlichen Zusammenarbeit betrug 2009 rund 200 Mio. US-Dollar, wobei offizielle Quellen einen erheblichen Ausbau planen.<ref>[http://www.infolatam.com/entrada/venezuelabielorrusia_chavez_y_lukashenko-19544.html Bericht vom Staatsbesuch Lukaschenkas in Venezuela im März 2009 – Infolatam]</ref><br />
<br />
== Militär ==<br />
{{Hauptartikel|Weißrussische Streitkräfte}}<br />
[[Datei:Su-27UBM Radom 2009 c.JPG|miniatur|Eine [[Su-27]] der weißrussischen Luftwaffe]]<br />
Die Streitkräfte Weißrusslands wurden am 20. März 1992 offiziell gebildet und umfassten anfangs die Truppen des Weißrussischen Militärbezirks der [[Sowjetunion]] ohne strategische Einheiten. Am 4. Februar 1992 ratifiziert das Parlament den [[Strategic Arms Reduction Treaty]] (Vertrag zur Verringerung der Strategischen Nuklearwaffen). Bis Dezember 1995 wurden 63 [[Interkontinentalrakete]]n vom Typ [[RS-12M|RS-12M Topol (NATO-Code: SS-25 Sickle)]] aus Weißrussland abgezogen. Die letzten beiden einsatzfähigen mobilen Regimenter mit rund 18 Atomraketen wurden bis Ende 1996 nach Russland verlegt. Am 19. Dezember 1997 wurde ein ''Vertrag zwischen der Republik Belarus und der Russischen Föderation über militärische Zusammenarbeit'' und das ''Abkommen über die gemeinsame Gewährleistung regionaler Sicherheit im Militärbereich'' abgeschlossen. Am 22. Januar 1998 erfolgte auf einer Sitzung des Höchsten Rates der [[Russisch-Weißrussische Union|Russisch-Weißrussischen Union]] in [[Moskau]] die Einigung über eine Konzeption für die gemeinsame Verteidigungspolitik. Seit der Streitkräftereform 2001 gibt es zwei Territorialkommandos in [[Hrodna]] (vormals der Sitz der 28. Armee) und [[Baryssau]] (vormals 65. Armee). Im Rahmen einer gemeinsamen GUS-Luftabwehr unterhält Russland eine Radarstation bei [[Baranawitschy]]. Außerdem haben beide Seiten ihre Rüstungsindustrien sowie -exporte eng aufeinander abgestimmt.<br />
<br />
=== Nachrichtendienst ===<br />
{{Hauptartikel|KGB (Weißrussland)|titel1=Komitee für Staatssicherheit (KGB) der Republik Weißrussland}}<br />
<br />
== Wirtschaft ==<br />
=== Allgemein ===<br />
[[Datei:Belarus-2000-Bill-500-Obverse.jpg|miniatur|links|500 weißrussische Rubel]]<br />
<br />
Die weißrussische [[Wirtschaft]] wurde nicht in eine [[Marktwirtschaft]] umgewandelt, da die [[Planwirtschaft]] von der Regierung bevorzugt wird. Aufgrund sehr guter Wirtschaftsbeziehungen zu Russland (starker Export, verbilligter [[Rohstoff]]import) war die wirtschaftliche Situation bislang stabil. [[Industrie]] und Landwirtschaft sind größtenteils in Staatshand. Die Anhebung der Rohölpreise durch Russland brachte die durch die bisherige Vorzugsbehandlung bei den Rohstoffpreisen subventionierte Wirtschaft in Schwierigkeiten.<br />
<br />
Die Landwirtschaft, auf die 15 % der Beschäftigung entfällt, wird durch [[Kollektivierung]] mit zwei Hauptzweigen beherrscht: den Anbau von [[Kartoffel]]n und [[Viehzucht]]. Historisch gesehen sind wichtige Industriezweige die [[Textilindustrie]] und die Holzverarbeitung. Seit 1965 wurde der [[Maschinenbau]] ([[Traktor]]en, [[Kühlschrank|Kühlschränke]]) verstärkt ausgebaut. Innerhalb der [[Sowjetunion]] gehörte Weißrussland zu den am weitesten entwickelten Teilrepubliken. Wirtschaftlich engagiert sich das Land neben der [[Gemeinschaft unabhängiger Staaten|GUS]] in der [[Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft|Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft]] und in der [[Russisch-Weißrussische Union|Russisch-Weißrussischen Union]].<br />
<br />
Ende 2006 übernahm die russische Gazprom für 2,5 Milliarden US-Dollar einen 50-Prozent-Anteil an dem weißrussischen Energie- und Gasunternehmen [[Beltransgaz]].<br />
[[Datei:BelAZ-75214 truck in Russia.jpg|miniatur|Ein BelAZ-Großmuldenkipper]]<br />
Weitere bedeutende weißrussische Unternehmen sind neben den Verkehrsbetrieben Belaruskaja Tschyhunka und der Belavia Belarusian Airlines das weißrussische Automobilwerk [[BelAZ]], der [[Kalisalz|Kaliproduzent]] [[Belaruskali]], der Reifenhersteller [[Belshina]], das [[Lutsch|Minsker Armbanduhrenwerk Strahl (Lutsch)]], der Fahrzeug- und Rüstungsproduzent [[Minski Awtomobilny Sawod]] (MAZ), der Fahrzeughersteller [[Minski Sawod Koljosnych Tjagatschei]] (MZKT), die [[Minski Traktorny Sawod|Minsker Traktorenwerke]] (MTS) und der Halbleiterhersteller [[NPO Integral]].<br />
<br />
Die weißrussische Industrie zählt heute rund 600 staatliche Unternehmen, die 30 Prozent der gesamten Produktion erzeugen. Mit dem IWF wurde 2009 eine Pilot-Privatisierung von fünf der größten Staatsbetriebe vereinbart. Zudem sind schon rund 160 staatliche Großbetriebe in Industrie, Bauwirtschaft und Transportsektor in Aktiengesellschaften überführt worden, darunter das Erdöl verarbeitende Kombinat Naftan-Polimir, der Fahrzeug- und Rüstungsproduzent [[Minski Awtomobilny Sawod]] (MAZ), die [[Minski Traktorny Sawod|Minsker Traktorenwerke]] (MTS) und das Stahlwerk in [[Schlobin]]. Federführend bei der Privatisierung ist Vize-Ministerpräsident [[Andrei Kobjakow]].<br />
<br />
Zurzeit befindet sich Weißrussland in einer der stärksten Finanzkrisen seit der Unabhängigkeit. Das nutzt [[Russland]] aus und kontrolliert sieben der 32 Banken. Auch die Streitkräfte könnten bald unter die Kontrolle von Moskau geraten und so Russland in den Kaukasusregionen helfen. <ref>http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/731763/Bericht_Moskau-soll-Lukaschenkos-Armee-bezahlen?_vl_backlink=/home/politik/aussen.politik/index.do</ref>Weißrussland besitzt den höchsten Leitzins Europas. Ende 2012 soll der Wert 22 bis 23 Prozent betragen.<ref>http://www.ftd.de/finanzen/maerkte/anleihen-devisen/:100-prozent-inflation-weissrussland-ist-zinsweltmeister/70016014.html</ref><br />
<br />
In den letzten Jahren nahmen auch die Direktinvestitionen von Unternehmen aus dem Westen zu und betrugen im Jahr 2007 nach Angaben der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) rund 1,8 Milliarden US-Dollar. Zu den wichtigsten ausländischen Unternehmen in Weißrussland gehören:<br />
* Dänemark<br />
** Maersk Medical A/S<br />
* Deutschland<br />
** [[Carl Zeiss (Unternehmen)|Carl Zeiss]]<br />
** Fenox Automotive GmbH<br />
** [[Fresenius]] Beteiligungsgesellschaft mbH<br />
** [[Minski Awtomobilny Sawod|MAZ]]-[[MAN]]<br />
** Vicos Nahrungsmittel GmbH<br />
* Italien/Estland<br />
** Milavitsa<br />
* Österreich<br />
** Henkel Bautechnik<br />
** [[Raiffeisen Zentralbank]]<br />
** [[Telekom Austria]]<br />
* Polen<br />
** Inko-Food<br />
* Russland<br />
** [[Mobile TeleSystems]]<br />
* USA<br />
** [[Coca-Cola]] Beverages Byelorussia<br />
** [[McDonald’s]] Restaurants (u.&nbsp;a. mit fünf Filialen in Minsk)<br />
** Double Star International Ltd.<br />
* Zypern<br />
** SB Telecom Ltd. (gehört zu 70 Prozent zur Telekom Austria), zugleich ist SB Telecom Haupteigentümer des 1999 gegründeten weißrussischen Mobilfunkbetreibers Belarus JV “MDC” Ltd. (Mobile Digital Communications) (Marke: ''Velcom'').<br />
<br />
=== Kenndaten ===<br />
Mit der beginnenden Einführung marktwirtschaftlicher Strukturen im Jahre 1990 sank die Wirtschaftsproduktion. 1996 begann wieder eine Wachstumsphase, wodurch 2001 sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Industrie die Werte von 1990 wieder erreicht wurden. Das [[Bruttoinlandsprodukt]] nom. des Jahres 2007 lag bei 44,8 Milliarden US-Dollar, was ungefähr 4.620 US-Dollar pro Kopf entsprach. Im Jahr 2007 lag bei einer Inflationsrate von 12,1 Prozent das reale Wachstum bei 8,2 Prozent. Weißrussland hat laut der [[Vereinte Nationen|UNO]] den höchsten Lebensstandard in den GUS-Staaten – das durchschnittliche Monatseinkommen wuchs von 20 US-Dollar auf 225 US-Dollar innerhalb der letzten zehn Jahre. Im Mai 2009 betrug laut Statistikamt der Republik Belarus dieses 347 US-Dollar.<ref>[http://news.tut.by/economics/142677.html news.tut.by über die Wirtschaft Weißrusslands]</ref> Die Arbeitslosenrate lag nach Angaben der weißrussischen Regierung 2007 bei etwa 1 %. Experten sagen jedoch, dass die tatsächliche Rate höher ist. Das andere Problem der Wirtschaft ist jedoch die Landeswährung. Diese ist seit der Unabhängigkeit der [[Weißrussischer Rubel|Weißrussische Rubel]]. Infolge der Russisch-Weißrussischen Union gab es Verhandlungen über eine Währungsunion. Die Auslandsverschuldung nahm ebenfalls in den letzten Jahren zu. 2007 umfassten diese 12,7 Milliarden US-Dollar gegenüber 5,1 Milliarden US-Dollar im Jahr 2005.<br />
<br />
=== Wirtschaftsdaten ===<br />
Die wichtigen Wirtschaftskennzahlen Bruttoinlandsprodukt, Inflation, Haushaltssaldo und Außenhandel entwickelten sich in den letzten Jahren folgendermaßen:<br />
<br />
{| class="wikitable" width="560"<br />
|-bgcolor="#dddddd"<br />
! colspan="15" | Veränderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), real<br />
|-bgcolor="#f0f0f0"<br />
! colspan="15" | in % gegenüber dem Vorjahr<br />
|-bgcolor="#d7d7d7"<br />
|bgcolor="#d3d3d3" | Jahr<br />
|align="right" |1998<br />
|align="right" |1999<br />
|align="right" |2000<br />
|align="right" |2001<br />
|align="right" |2002<br />
|align="right" |2003<br />
|align="right" |2004<br />
|align="right" |2005<br />
|align="right" |2006<br />
|align="right" |2007<br />
|align="right" |2008<br />
|align="right" |2009<br />
|align="right" |2010<br />
|align="right" |2011<br />
|-<br />
| bgcolor="#d3d3d3" | Veränderung in % gg. Vj.<br />
| align="right" | 8,4<br />
| align="right" | 3,4<br />
| align="right" | 5,8<br />
| align="right" | 4,7<br />
| align="right" | 5,0<br />
| align="right" | 7,0<br />
| align="right" |11,4<br />
| align="right" |11,5<br />
| align="right" | 9,9<br />
| align="right" | 8,6<br />
| align="right" |10,0<br />
| align="right" | 0,2<br />
| align="right" |~2,4<br />
| align="right" |~4,6<br />
|-<br />
| bgcolor="#eeeeee" colspan="13" |<small>Quelle: bfai<ref name="Bfai"> Entwicklung des BIP von Belarus [http://www.gtai.de/ext/anlagen/MktAnlage_5821.pdf?show=true bfai, 2010, siehe: Wirtschaftsdaten kompakt]</ref></small><br />
! bgcolor="#eaeaea" colspan="3" |<small>~ = geschätzt </small><br />
|}<br />
<br />
{| class="wikitable" width="560"<br />
|-bgcolor="#dddddd"<br />
! colspan="12" | Entwicklung des BIP (nominal)<br />
|-bgcolor="#f0f0f0"<br />
! colspan="6" width="280" | absolut (in Mrd. US-Dollar)<br />
! bgcolor="#f0f0f0" colspan="6" width="280" | je Einwohner (in Tsd. US-Dollar)<br />
|-bgcolor="#dddddd"<br />
| bgcolor="#d7d7d7" |Jahr<br />
|align="right" | 2003<br />
|align="right" | 2004<br />
|align="right" | 2005<br />
|align="right" | 2006<br />
|align="right" | 2007<br />
| bgcolor="#d7d7d7" | Jahr<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2003<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2004<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2005<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2006<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2007<br />
|-<br />
| bgcolor="#d7d7d7"| BIP in Mrd. US-Dollar<br />
|align="right" |17,8<br />
|align="right" |23,1<br />
|align="right" |30,2<br />
|align="right" |37,0<br />
|align="right" |44,8<br />
| bgcolor="#d7d7d7" | BIP je Einw.<br />(in Tsd. US-Dollar)<br />
|align="right" |1,81<br />
|align="right" |2,36<br />
|align="right" |3,09<br />
|align="right" |3,82<br />
|align="right" |4,62<br />
|-<br />
| bgcolor="#eeeeee" colspan="12" |<small>Quelle: bfai<ref name="Bfai"/> </small><br />
|}<br />
<br />
{| class="wikitable" width="560"<br />
|-bgcolor="#dddddd"<br />
! colspan="7" width="280" | Entwicklung der Inflationsrate<br />
! bgcolor="#d7d7d7" colspan="7" width="280" | Entwicklung des Haushaltssaldos<br />
|-bgcolor="#f0f0f0"<br />
! colspan="7" | in % gegenüber dem Vorjahr<br />
! bgcolor="#f0f0f0" colspan="7" | in % des BIP<br />(„minus“ = Defizit im Staatshaushalt)<br />
|-bgcolor="#dddddd"<br />
| bgcolor="#d7d7d7" |Jahr<br />
|align="right" |2003<br />
|align="right" |2004<br />
|align="right" |2005<br />
|align="right" |2006<br />
|align="right" |2007<br />
|align="right" |2008<br />
| bgcolor="#d7d7d7" | Jahr<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2003<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2004<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2005<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2006<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2007<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2008<br />
|-<br />
| bgcolor="#d7d7d7"| Inflationsrate<br />
|align="right" | 28,4<br />
|align="right" | 18,1<br />
|align="right" | 8,0<br />
|align="right" | 6,6<br />
|align="right" | 12,1<br />
|align="right" | ~11,2<br />
| bgcolor="#d7d7d7" | Haushaltssaldo<br />
|align="right" |−1,2<br />
|align="right" | 0,1<br />
|align="right" |−0,6<br />
|align="right" | 2,2<br />
|align="right" | 0,6<br />
|align="right" |~-1,9<br />
|-<br />
| bgcolor="#eeeeee" colspan="11" |<small>Quelle: bfai<ref name="Bfai"/></small><br />
! bgcolor="#eaeaea" colspan="2" |<small>~ = Prognose </small><br />
|}<br />
<br />
{| class="wikitable" width="560"<br />
|-bgcolor="#dddddd"<br />
! colspan="4" | Haupthandelspartner (2007)<br />
|-bgcolor="#f0f0f0"<br />
! colspan="2" width="280" | Ausfuhr (in %) nach<br />
! bgcolor="#f0f0f0" colspan="2" width="280" | Einfuhr (in %) von<br />
|-<br />
| bgcolor="#e3e3e3" width="240" | Russland<br />
|align="right" | 36,1<br />
| bgcolor="#e3e3e3" width="240" | Russland<br />
| bgcolor="#ffffff" align="right" | 59,8<br />
|-<br />
| bgcolor="#e3e3e3" | Niederlande<br />
|align="right" | 17,8<br />
| bgcolor="#e3e3e3" | Deutschland<br />
| bgcolor="#ffffff" align="right" | 7,6<br />
|-<br />
| bgcolor="#e3e3e3"| Vereinigtes Königreich<br />
|align="right" | 6,3<br />
| bgcolor="#e3e3e3" | Ukraine<br />
| bgcolor="#ffffff" align="right" | 5,4<br />
|-<br />
| bgcolor="#e3e3e3"| Ukraine<br />
|align="right" | 6,0<br />
| bgcolor="#e3e3e3" | China<br />
| bgcolor="#ffffff" align="right" | 2,9<br />
|-<br />
| bgcolor="#e3e3e3"| Polen<br />
|align="right" | 5,0<br />
| bgcolor="#e3e3e3" | Polen<br />
| bgcolor="#ffffff" align="right" | 2,9<br />
|-<br />
| bgcolor="#e3e3e3"| Lettland<br />
|align="right" | 4,1<br />
| bgcolor="#e3e3e3" | Italien<br />
| bgcolor="#ffffff" align="right" | 2,2<br />
|-<br />
| bgcolor="#e3e3e3"| Deutschland<br />
|align="right" | 3,0<br />
| bgcolor="#e3e3e3" |<br />
| bgcolor="#ffffff" align="right" |<br />
|-<br />
| bgcolor="#e3e3e3"| sonstige Länder<br />
|align="right" | 21,7<br />
| bgcolor="#e3e3e3" | sonstige Länder<br />
| bgcolor="#ffffff" align="right" | 19,2<br />
|-<br />
| bgcolor="#e3e3e3"| alle EU-Länder zusammen<br />
|align="right" | 43,6<br />
| bgcolor="#e3e3e3" | alle EU-Länder zusammen<br />
| bgcolor="#ffffff" align="right" | 21,7<br />
|-<br />
| bgcolor="#eeeeee" colspan="4" |<small>Quelle: bfai<ref name="Bfai"/></small><br />
|}<br />
<br />
{| class="wikitable" width="560"<br />
|-bgcolor="#dddddd"<br />
! colspan="4" | Hauptprodukte des Außenhandels (2007)<br />
|-bgcolor="#f0f0f0"<br />
! colspan="2" width="240" | Ausfuhrgüter (Anteil in %)<br />
! bgcolor="#f0f0f0" colspan="2" width="240" | Einfuhrgüter (Anteil in %)<br />
|-<br />
| bgcolor="#e3e3e3" width="240" | mineralische Rohstoffe und [[Primärenergie]]träger<br />
|align="right" | 35,6<br />
| bgcolor="#e3e3e3" width="240" | mineralische Rohstoffe und [[Primärenergie]]träger<br />
| bgcolor="#ffffff" align="right" | 36,4<br />
|-<br />
| bgcolor="#e3e3e3"| Chemie- und Kunststofferzeugnisse<br />
|align="right" | 13,6<br />
| bgcolor="#e3e3e3" | Maschinen, Kernreaktoren und Ausrüstung<br />
| bgcolor="#ffffff" align="right" | 11,6<br />
|-<br />
| bgcolor="#e3e3e3"| Transportmittel<br />
|align="right" | 11,9<br />
| bgcolor="#e3e3e3" | Chemie- und Kunststofferzeugnisse<br />
| bgcolor="#ffffff" align="right" | 11,3<br />
|-<br />
| bgcolor="#eeeeee" colspan="4" |<small>Quelle: bfai<ref name="Bfai"/> </small><br />
|}<br />
<br />
{| class="wikitable" width="560"<br />
|-bgcolor="#d0d0d0"<br />
! colspan="11" | Entwicklung des Außenhandels<br />
|-bgcolor="#f0f0f0"<br />
! colspan="11" |in Mrd. US-Dollar und seine Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %<br />
|-bgcolor="#dddddd"<br />
|<br />
! colspan="2" | 2003<br />
! colspan="2" | 2004<br />
! colspan="2" | 2005<br />
! colspan="2" | 2006<br />
! colspan="2" | 2007<br />
|-bgcolor="#eeeeee"<br />
| bgcolor="#dddddd"|<br />
| bgcolor="#dadada" |Mrd. US-Dollar<br />
| % gg. Vj.<br />
| bgcolor="#dadada" |Mrd. US-Dollar<br />
| % gg. Vj.<br />
| bgcolor="#dadada" |Mrd. US-Dollar<br />
| % gg. Vj.<br />
| bgcolor="#dadada" |Mrd. US-Dollar<br />
| % gg. Vj.<br />
| bgcolor="#dadada" |Mrd. US-Dollar<br />
| % gg. Vj.<br />
|-<br />
|bgcolor="#d5d5d5" align="left" | Einfuhr<br />
|align="right" | 11,5<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 26<br />
|align="right" | 16,5<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 43<br />
|align="right" | 16,7<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 1,3<br />
|align="right" | 22,4<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 33,8<br />
|align="right" | 28,7<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 28,3<br />
|-<br />
|bgcolor="#d5d5d5" align="left" | Ausfuhr<br />
|align="right" | 10,0<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 24<br />
|align="right" | 13,8<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 38<br />
|align="right" | 16,0<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 16<br />
|align="right" | 19,7<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 23,5<br />
|align="right" | 24,4<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 23,3<br />
|-<br />
|bgcolor="#e6e6e6" align="left" | Saldo<br />
|bgcolor="#e6e6e6" align="right" | −1,5<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" |<br />
|bgcolor="#e6e6e6" align="right" | −2,7<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" |<br />
|bgcolor="#e6e6e6" align="right" | −0,7<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" |<br />
|bgcolor="#e6e6e6" align="right" | -2,6<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" |<br />
|bgcolor="#e6e6e6" align="right" | -4,3<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" |<br />
|-<br />
| bgcolor="#eeeeee" colspan="11" |<small>Quelle: bfai<ref name="Bfai"/></small><br />
|}<br />
<br />
=== Staatshaushalt ===<br />
Der [[Haushaltsplan|Staatshaushalt]] umfasste 2009 Ausgaben von umgerechnet 22,5 Mrd. [[US-Dollar]], dem standen Einnahmen von umgerechnet 22,1 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich ein [[Haushaltssaldo|Haushaltsdefizit]] in Höhe von 0,9 % des [[Bruttoinlandsprodukt|BIP]].<ref name="CIA">[https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bo.html ''The World Factbook'']</ref><br /><br />
<br />
2006 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:<br />
* [[Gesundheitssystem|Gesundheit]]:<ref name="Fischer">''Der Fischer Weltalmanach 2010: Zahlen Daten Fakten'', Fischer, Frankfurt 8. September 2009, ISBN 978-3-596-72910-4</ref> 6,4 %<br />
* [[Bildungssystem|Bildung]]:<ref name="CIA"/> 6,1 %<br />
* [[Militär]]:<ref name="CIA"/> 1,4 % (2005)<br />
<br />
=== Tourismus ===<br />
{{Hauptartikel|Tourismus in Weißrussland}}<br />
[[Datei:Mir39.JPG|miniatur|Schloss Mir]]<br />
Weißrussland ist für den internationalen Tourismus wenig erschlossen. Ähnlich wie für Russland benötigt man ein Visum; mit entsprechendem Aufwand – meistens gut organisiert durch spezialisierte Reisebüros – gelangt man zu den entsprechenden Einreisedokumenten. Hauptanziehungsmagnet stellt die Hauptstadt selber dar, diese verfügt über ein umfangreiches Netzwerk von kulturellen Einrichtungen mit 18 Museen und zwölf Theatern. Es gibt zudem zahlreiche interessante historische Orte und Baudenkmäler.<br />
<br />
== Infrastruktur ==<br />
Für Russland ist Weißrussland (zusammen mit Litauen) das Haupttransitland zu seiner [[Exklave]], der [[Oblast Kaliningrad]]. Die Hauptverkehrsachse von ([[Westeuropa]]–[[Warschau]]–)[[Brest (Weißrussland)|Brest]] über [[Baranawitschy]]–[[Minsk]]–[[Baryssau]] nach [[Orscha]](–[[Moskau]]) verläuft von Südwest nach Nordost quer durch das Land. Sie besteht aus einer von der staatlichen belarussischen Eisenbahn [[Belaruskaja Tschyhunka]] betriebenen elektrifizierten [[Eisenbahn]]linie mit parallel verlaufender [[autobahn]]artig ausgebauter Fernstraße.<br />
<br />
=== Pipelines ===<br />
Weißrussland ist zwar aufgrund seiner Lage ein wichtiges [[Transitverkehr|Transitland]] zwischen [[Mitteleuropa]] und [[Russland]]. 50 % des russischen Erdöls fließen durch die [[Druschba-Pipeline]], die auf weißrussischem Gebiet durch das Unternehmen [[Gomel Transneft]] betreut wird, und 25 % des Erdgases fließen über Pipelines des staatlichen Beltransgas-Verteilsystems. Wegen der politischen Verhältnisse weicht man jedoch zunehmend auf [[Nordeuropa]] oder die [[Ukraine]] aus. 2005 wurde der Bau einer Pipeline durch die Ostsee [[Nord Stream|von Russland nach Deutschland]] beschlossen. Dies wird auch Auswirkungen auf den Gastransit durch Weißrussland haben.<br />
<br />
Anfang 2007 forderte die weißrussische Regierung von Russland Transitgebühren für die Benutzung der Ölpipelines nach Westeuropa. Mit dem Geld sollten die Verluste kompensiert werden, die durch die Erhöhung der Gaspreise durch den russischen [[Gazprom]]-Konzern entstanden waren. Dieser Konflikt hatte einerseits ein Aussetzen der russisch-weißrussischen Integrationspläne zur Folge, andererseits wurde von mehreren Politikern in der EU die Abhängigkeit von russischer Energie beklagt und eine Umorientierung gefordert.<br />
<br />
=== Eisenbahn ===<br />
Die Hauptverkehrsachse besteht aus einer von der staatlichen belarussischen Eisenbahn [[Belaruskaja Tschyhunka]] betriebenen elektrifizierten [[Eisenbahn]]linie. Die Eisenbahnstrecke erreicht aus Polen kommend die weißrussische Grenze bei Brest in [[Normalspur]] (1435&nbsp;mm [[Spurweite (Eisenbahn)|Spurweite]]) und führt von dort in russischer [[Breitspur]] (1520&nbsp;mm) weiter. Auch die Kupplungssysteme der Bahnen des westlichen Europa ([[Schraubenkupplung]]) und der Bahnen in Nachfolge der sowjetischen Staatsbahn ([[Mittelpufferkupplung|Mittelpuffer-]][[Klauenkupplung]]) sind unterschiedlich, was im [[Brest Passaschyrski|Bahnhof Brest]] einen Aufenthalt zum Auswechseln der Drehgestelle und Kupplungen erforderlich macht. Der Aufenthalt beläuft sich zwar oft auf einige Stunden, die eigentliche Tauschprozedur dauert aber nur ca. 20 Minuten.<br />
<br />
=== Straße ===<br />
[[Datei:AKCM-201 in Minsk 01.jpg|miniatur|O-Bus in Minsk]]<br />
Die Hauptverkehrsachse besteht aus einer parallel zur Eisenbahnmagistrale verlaufenden [[autobahn]]artig ausgebauten Fernstraße. Rund um Minsk besteht ein Schnellstraßenring mit Ausläufern nach [[Litauen]]/[[Hrodna]] und nach [[Babrujsk]]/[[Homel]] im Südosten des Landes. Außerdem sind noch [[Polazk]] über [[Wizebsk]] und [[Orscha]] sowie [[Mahiljou]] über [[Babrujsk]] an Minsk angeschlossen.<br />
<br />
{{Siehe auch|Fernstraßen in Weißrussland}}<br />
<br />
=== Schifffahrt ===<br />
Im Osten des Landes durchquert in Nord-Süd-Richtung der [[Dnepr]] Belarus. In Ost-West-Richtung wird das Land im Süden vom [[Prypjat (Fluss)|Prypjat]] durchquert. Weißrussland besitzt eine Handelsflotte, die in lettischen Ostseehäfen stationiert ist.<br />
<br />
=== Flugverkehr ===<br />
Bei Minsk befinden sich ein internationaler und ein nationaler [[Flughafen]], daneben bestehen verschiedene Regionalflughäfen. Nationale Fluggesellschaft ist die [[Belavia]]. Der internationale [[Flughafen Minsk]] (Minsk-2, IATA Code: MSQ) transportiert jährlich über eine Million Passagiere. Täglich zwischen 7:10 und 22:35 Uhr verbindet ein Pendelbus den internationalen Flughafen und die Hauptstadt mit stündlichen Abfahrten.<br />
Visahinweis: Aus Russland kommende Flugreisende aller Nationalitäten mit Zwischenstopp in Minsk benötigen ein Transitvisum (40 Euro und ca. 30 min Zeitaufwand), obwohl sie den Flughafen nicht verlassen. Dies entspricht weder der üblichen internationalen Praxis noch den Bestimmungen welche für Weißrussen in der EU gelten. Entsprechend sollte dies bei scheinbar günstigen Flügen mit Belavia berücksichtigt werden.<br />
<br />
== Kultur ==<br />
[[Datei:Brest Kirche.jpg|miniatur|Russisch-orthodoxe Kirche in [[Brest (Weißrussland)|Brest]]]]<br />
<br />
Neben einigen erhaltenen architektonischen Denkmälern aus der Epoche der [[Kiewer Rus]] hat Weißrussland ein reiches kulturelles Erbe aus der Zeit der Zugehörigkeit zur [[Polen-Litauen|polnisch-litauischen Adelsrepublik]] zu bieten. Hierzu zählen bedeutende Schlösser im Westen des Landes wie das [[Schloss Mir]] und barocke Kirchengebäude. Als [[Liste des UNESCO-Welterbes (Europa)|UNESCO-Weltkulturerbe]] zählen neben dem Schloss Mir der [[Struve-Bogen]] und die Residenz der Familie [[Radziwiłł]] in [[Njaswisch]]. Hinzu kommt eine reiche Volkskultur.<br />
<br />
Ein weiterer kulturell prägender Faktor war die jahrhundertelang bestehende große [[Judentum|jüdische]] Bevölkerungsgruppe. Wahrscheinlich einer der bekanntesten Kulturschaffenden aus Weißrussland ist der Maler [[Marc Chagall]], der in [[Wizebsk]] geboren wurde und später lange Zeit in [[Frankreich]] lebte. Bekannt wurde ferner die Schutzheilige Weißrusslands, [[Euphrosyne von Polazk]].<br />
<br />
Bedeutende Schriftsteller sind bzw. waren [[Jakub Kolas]], [[Janka Kupala]], [[Maksim Bahdanowitsch]], [[Wassil Bykau]], [[Ales Adamowitsch]] und [[Swjatlana Aleksijewitsch]].<br />
<br />
=== Sport ===<br />
Beliebteste Sportart der Weißrussen ist [[Eishockey]]. Die höchste nationale Spielklasse heißt [[Extraliga (Weißrussland)|Extraliga]], die zweite Spielklasse ist die [[Wysschaja Liga (Weißrussland)|Wysschaja Liga]]. Die [[weißrussische Eishockeynationalmannschaft]] steht nach der Weltmeisterschaft 2010 auf Platz zehn der [[IIHF-Weltrangliste]]. Bei den [[Olympische Winterspiele 2002|Olympischen Winterspielen 2002]] in den [[Vereinigte Staaten|USA]] erreichten die Weißrussen den vierten Platz. Seit 2008 spielt der [[HK Dinamo Minsk]] in der Nachfolgeliga der [[Superliga (Russland)|russischen Superliga]], der [[Kontinentale Hockey-Liga|KHL]]. <br />
<br />
Der weißrussische Fußball durchlebt momentan einen leichten Aufschwung. Doch es mangelt dem osteuropäischen Land an genügend Spielern von Format um konstante Leistungen zu bringen. <br />
Bekannte Spieler sind u.&nbsp;a. [[Aliaksandr Hleb]], [[Anton Puzila]] oder [[Wassili Chomutowski]]. Die [[Weißrussische Fußballnationalmannschaft|Nationalmannschaft]] belegt Rang 40 der [[FIFA-Weltrangliste]] und erreichte bei der Qualifikation zur [[Fußball-Europameisterschaft 2008|Europameisterschaft 2008]] einen guten vierten Platz. Bekanntester Verein des Landes ist der sowjetische Meister von 1982, der [[FK Dinamo Minsk]].<br />
<br />
Ähnlich sieht es im Handball aus. Die [[Weißrussische Männer-Handballnationalmannschaft|weißrussische Nationalmannschaft]] nahm bisher einmal an einer Welt- und zweimal an einer Europameisterschaft teil (WM 1995, EM 1994 und 2008). In der Vergangenheit bescherte der Hauptstadtclub [[SKA Minsk]] dem weißrussischen Handballsport zumindest auf internationaler Vereinsebene große Erfolge. Bekannteste Handballer des Landes sind [[Sjarhej Harbok]] und&nbsp;– der seit 2005 für Deutschland spielende –&nbsp;[[Andrej Klimovets]], die beide ihr Geld in der deutschen [[Handball-Bundesliga]] verdienen.<br />
<br />
Bei den Olympischen Spielen konnten insgesamt 80 Sportler aus Weißrussland 72 olympische Medaille erringen (10 Gold, 20 Silber, 39 Bronze). Im [[Ewiger Medaillenspiegel der Olympischen Sommerspiele|ewigen Medaillenspiegel der Olympischen Sommerspiele]] belegt Weißrussland den 40. Rang und bei den Olympischen Winterspielen Rang 29. Bekannte Medaillengewinner sind der Weltmeister im [[Hammerwerfen]] [[Iwan Zichan]], die zur Weltspitze zählende Diskuswerferin [[Iryna Jattschanka]], die mehrfache Weltmeisterin und Olympiasiegerin im [[Rudern]] [[Ekaterina Karsten]] und die [[Leichtathletik|Leichtathletin]] [[Julija Neszjarenka]].<br />
<br />
Erfolgreichster [[Tischtennis]]spieler ist [[Wladimir Samsonow]]. Er wurde 1995 Vizeweltmeister im Doppel und 1997 Vizeweltmeister im Einzel.<ref>{{internetquelle |autor= |hrsg=International Table Tennis Federation (ITTF) |url=http://www.ittf.com/ittf_stats/All_events3.asp?ID=6223&NAMES=SAMSONOV+Vladimir+(BLR)&Assoc1=BLR&Assoc=&s_Gender=&s_Names=Samson& |format= |sprache= |titel=ITTF Database SAMSONOV Vladimir (BLR) |werk= |seiten= |datum= |zugriff=2. April 2009}}</ref> Neben vielen weiteren Erfolgen wurde er dreimal Europameister im Einzel und gewann viermal das europäische [[Europe TOP-12|Ranglistenturnier TOP-12]].<br />
<br />
=== Medien ===<br />
{{Hauptartikel|Presse in Weißrussland}}<br />
{{Hauptartikel|Radio Belarus}}<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
{{Portal|Weißrussland}}<br />
* [[89 Millimeter]]: Dokumentarfilm<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* [http://www.buergerimstaat.de/4_05/bis04_05.pdf ''Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg: Nach der „Orangenen Revolution“''; Der Bürger im Staat, Heft 4, 2005; Aufsätze zur Entwicklung von Politik und Wirtschaft in der Ukraine, Russland und Weißrussland] (PDF-Datei; 1,60 MB)<br />
* [http://www.osw.waw.pl/files/report_bielarus_d.pdf ''Ośrodek Studiów Wschodnich, OSW; Centre for Eastern Studies, Warschau: Belarus – der unbekannte Nachbar der Europäischen Union – Politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Lage Weißrusslands, September 2005''] (PDF-Datei; 710 kB)<br />
* Dietrich Beyrau, Rainer Lindner: ''Handbuch der Geschichte Weißrußlands'', Göttingen, 2001 ISBN 3-525-36255-2<br />
* Thomas M. Bohn, Victor Shadurski (Hg.): Ein weißer Fleck in Europa ... Die Imagination der Belarus als Kontaktzone zwischen Ost und West. Bielefeld: transcript, 2011. ISBN 978-3-8376-1897-6<br />
* Dirk Holtbrügge: ''Weißrussland'', München 2002: C.H. Beck<br />
* Evelyn Scheer: ''Weißrussland entdecken'', Berlin 2002: Trescher Verlag<br />
* [http://www.ibb-d.de/belarus.html ''Belarus Perspektiven], Quartalszeitschrift zu Politik, Wirtschaft und Gesellschaft'', 1998 bis heute, hrsg. vom Internationalen Bildungs- und Begegnungswerk Dortmund.<br />
<br />
'''Spezialisierte Literatur'''<br />
* Olga Abramova: ''Integration zwischen Realität und Simulation. Die belarussisch-russländischen Beziehungen seit 1991'', Untersuchungen des Forschungsschwerpunktes Konflikt- und Kooperationsstrukturen in Osteuropa an der [[Universität Mannheim]] (FKKS) 19, Mannheim, 1998<br />
* Claudia M. Buch: ''Währungsreformen im Vergleich: monetäre Strategien in Russland, Weißrussland, Estland und der Ukraine'', Kieler Studien 270, Tübingen, 1995<br />
* Irina Bugrova, Svetlana Naumova: ''Parliamentary elections and foreign policy orientations of Belarus'', in: Vector – Belarusian Journal of International Politics, 1/1, S. 2–7, 1996<br />
* Herbert Dederichs, Jürgen Pillath, Burkhard Heuel-Fabianek, Peter Hill, Reinhard Lennartz: ''Langzeitbeobachtung der Dosisbelastung der Bevölkerung in radioaktiv kontaminierten Gebieten Weißrusslands – Korma-Studie'', Verlag [[Forschungszentrum Jülich]] 2009, ISBN 978-3-89336-562-3<br />
* Eugen (Frhr.) von Engelhardt: ''Weissruthenien – Volk und Land'', Berlin, Amsterdam, Prag, Wien 1943<ref>ein nationalsozialistisches Machwerk</ref><br />
* Heinrich Linus Förster: ''Von der Diktatur zur Demokratie – und zurück? Eine Auseinandersetzung mit der Problematik der Systemtransformation am Beispiel der ehemaligen Sowjetrepublik Belarussland.'', Hamburg, 1998<br />
* [http://www.swp-berlin.org/de/produkte/diskussionspapier_short.php?id=5681&PHPSESSID=17881b76f45198e0e35edf606344acbd Folkert Garbe / Rainer Lindner: Wahlfarce in Belarus – Inszenierter Urnengang und neuer Widerstand] Diskussionspapier der Stiftung Wissenschaft und Politik, April 2006<br />
* Rainer Lindner: ''Historiker und Herrschaft. Nationsbildung und Geschichtspolitik in Weißrussland im 19. und 20. Jahrhundert'', Ordnungssysteme 5, München, 1999<br />
* Rainer Lindner: ''Präsidialdiktatur in Weißrussland: Wirtschaft, Politik und Gesellschaft unter Lukaschenko'', in: Osteuropa 47/10–11, S. 1038–1052, 1997<br />
* Astrid Sahm: ''Schleichender Staatsstreich in Belarus. Hintergründe und Konsequenzen des Verfassungsreferendums im November 1996'', in: Osteuropa, 47/9, 1997, S. 475–487<br />
* Roland Scharff: ''Belarus zwischen Europa und Russland'', Osnabrück, 2001<br />
* Eberhard Schneider: ''Der erste Mann Weißrusslands: Stanislau Schuschkewitsch'', in: Osteuropa, 43/12, 1993, S. 1147–1151<br />
* Silvia von Steinsdorff: ''Das politische System Weißrußlands (Belarus)'', in: Wolfgang Ismayr: ''Die politischen Systeme Osteuropas'', S. 429–468, Opladen, 2004<br />
* Jan Zaprudnik: ''Historical dictionary of Belarus'', London, 1998<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Wiktionary}}<br />
{{Commonscat|Belarus|Weißrussland}}<br />
{{Wikinews|Kategorie:Weißrussland|Weißrussland}}<br />
{{Wikiatlas|Belarus}}<br />
* [http://www.diplo.de/Belarus ''Länderinformationen des Auswärtigen Amtes zu Belarus'']<br />
* [http://www.dbg-online.org ''Webseite der Deutsch-Belarussischen Gesellschaft'']<br />
* [http://www.jef-freiburg.de/belarus_bibliographie.htm ''Umfangreiche Bibliographie zu Belarus mit vielen Webressourcen'']<br />
* [http://zuender.zeit.de/2005/36/politik/lukaschenko ''Artikel des ZEIT-Jugendportals „Zuender“ über Präsident Lukaschenko'']<br />
* [http://www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/0,1518,564935,00.html Spiegel Online: ''Jugend in Weißrussland – Die Gehorsamen und die Ungehorsamen'']<br />
* [http://tobelarus.com ''Sehenswürdigkeiten und Reisemöglichkeiten in Belarus'']<br />
* [http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/51a43250d61caccfc1256aa1003d7d38/24fec6cc7c8fe7dcc12571a7004ab75d?OpenDocument ''Amnesty International – Jahresbericht zu Weißrussland 2006'']<br />
* [http://www.osteuropa-netzwerk.de/belarus/index.htm ''Linksammlungen zu Belarus des Osteuropa-Netzwerks'']<br />
* [http://www.minsk.diplo.de/ ''Deutsche Botschaft Minsk'']<br />
* [http://www.hkat-minsk.by/d/ ''Österreichisches Honorarkonsulat Minsk'']<br />
* [http://www.germany.belembassy.org/de ''Weißrussische Botschaft in Deutschland'']<br />
* [http://www.austria.belembassy.org/dee ''Weißrussische Botschaft in Österreich'']<br />
* [http://www.belarusnews.de/ ''Informationsportal BelarusNews'']<br />
* [http://www.uni-graz.at/geowww/geo/geoweb_magazin_artikel_detail.php?recordID=41 ''Geographische Notizen zu Weißrussland/Belarus'']<br />
* [http://www.moct.de/ ''MOCT – Brücke der Freundschaft zwischen Deutschland und Weißrussland'']<br />
* [http://www.eurocult.org/uploads/docs/947.pdf Vidanava, Iryna: ''Belarus’ Creative Opposition''] (Englisch)<br />
* Belarus on the [http://www.belarus.by/en official website] (Englisch)<br />
* [http://belarusdigest.com/ Belarus Digest – Independent News and Analytics] (englisch)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
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[[fiu-vro:Valgõvinne]]<br />
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[[gd:A' Bhealaruis]]<br />
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[[hak:Pha̍k-ngò-lò-sṳ̂]]<br />
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[[lez:Беларусия]]<br />
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[[lmo:Bielurüssia]]<br />
[[ln:Bielorusia]]<br />
[[lt:Baltarusija]]<br />
[[ltg:Boltkrīveja]]<br />
[[lv:Baltkrievija]]<br />
[[mdf:Беларузмастор]]<br />
[[mhr:Белоруссий]]<br />
[[mi:Pērara]]<br />
[[mk:Белорусија]]<br />
[[ml:ബെലാറുസ്]]<br />
[[mn:Беларусь]]<br />
[[mr:बेलारूस]]<br />
[[ms:Belarus]]<br />
[[mt:Belarus]]<br />
[[my:ဘီလာရုဇ်နိုင်ငံ]]<br />
[[na:Berarut]]<br />
[[nah:Belarus]]<br />
[[nap:Bielorussia]]<br />
[[nds:Wittrussland]]<br />
[[nds-nl:Wit-Ruslaand]]<br />
[[ne:बेलारुस]]<br />
[[new:बेलारुस]]<br />
[[nl:Wit-Rusland]]<br />
[[nn:Kviterussland]]<br />
[[no:Hviterussland]]<br />
[[nov:Belarus]]<br />
[[oc:Bielorussia]]<br />
[[or:ବେଲାଋଷ]]<br />
[[os:Белорусси]]<br />
[[pam:Bielorusya]]<br />
[[pap:Belarus]]<br />
[[pcd:Biélorussie]]<br />
[[pih:Belerus]]<br />
[[pl:Białoruś]]<br />
[[pms:Bielorussia]]<br />
[[pnb:بیلارس]]<br />
[[pnt:Λευκορουσία]]<br />
[[ps:بېلاروس]]<br />
[[pt:Bielorrússia]]<br />
[[qu:Bilarus]]<br />
[[rm:Bielorussia]]<br />
[[ro:Belarus]]<br />
[[roa-rup:Arusia albã]]<br />
[[roa-tara:Russie Vianghe]]<br />
[[ru:Белоруссия]]<br />
[[rue:Білорусія]]<br />
[[rw:Belarusi]]<br />
[[sa:बेलारूस]]<br />
[[sah:Беларусь]]<br />
[[scn:Bielurussia]]<br />
[[sco:Belaroushie]]<br />
[[se:Vilges-Ruošša]]<br />
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[[sk:Bielorusko]]<br />
[[sl:Belorusija]]<br />
[[so:Belarus]]<br />
[[sq:Bjellorusia]]<br />
[[sr:Белорусија]]<br />
[[srn:Belarusikondre]]<br />
[[ss:IBhelalasi]]<br />
[[stq:Wietruslound]]<br />
[[su:Bélarus]]<br />
[[sv:Vitryssland]]<br />
[[sw:Belarus]]<br />
[[szl:Bjołoruś]]<br />
[[ta:பெலருஸ்]]<br />
[[te:బెలారస్]]<br />
[[tg:Беларус]]<br />
[[th:ประเทศเบลารุส]]<br />
[[tk:Belorussiýa]]<br />
[[tl:Biyelorusya]]<br />
[[tpi:Belaras]]<br />
[[tr:Beyaz Rusya]]<br />
[[ts:Belarus]]<br />
[[tt:Беларусия]]<br />
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[[udm:Белоруссия]]<br />
[[ug:بېلورۇسسىيە]]<br />
[[uk:Білорусь]]<br />
[[ur:بیلاروس]]<br />
[[uz:Belarus]]<br />
[[vec:Biełorusia]]<br />
[[vep:Vaugedvenäma]]<br />
[[vi:Belarus]]<br />
[[vo:Belarusän]]<br />
[[war:Belarus]]<br />
[[wo:Belaarus]]<br />
[[wuu:白俄罗斯]]<br />
[[xal:Цаһанорсин Орн]]<br />
[[xmf:ბელარუსი]]<br />
[[yi:בעלארוס]]<br />
[[yo:Bẹ̀lárùs]]<br />
[[zea:Wit-Rusland]]<br />
[[zh:白俄罗斯]]<br />
[[zh-min-nan:Belarus]]<br />
[[zh-yue:白俄羅斯]]<br />
[[zu:IBelarusi]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Proletariat&diff=112986133Proletariat2013-01-15T11:35:08Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere sk:Proletariát (marxizmus) zu sk:Proletariát (sociológia)</p>
<hr />
<div>[[Datei:Pyramid of Capitalist System.png|miniatur|Kritische Zeichnung zur Verdeutlichung der [[Klassengesellschaft]]]]<br />
<br />
Das '''Proletariat''' (von {{laS|''proles''}} ‚die Nachkommenschaft‘) bezeichnete im [[Römisches Reich|antiken Rom]] die [[Sozialstruktur|gesellschaftliche Schicht]] der landlosen und lohnabhängigen Besitzlosen im Stadtstaat, die aber nicht [[Sklave|versklavt]] waren. Seit dem [[19. Jahrhundert]] findet der Begriff Anwendung auf die infolge der [[Industrielle Revolution|Industriellen Revolution]] entstandene Industriearbeiterschaft. Nach [[Karl Marx]] sind Proletarier Menschen, die nur durch den [[Lohnarbeit|Verkauf ihrer Arbeitskraft]] ihren überwiegenden [[Lebensunterhalt]] erzielen können.<br />
<br />
Aus der [[Marxismus|marxistischen]] Weltsicht stehen sie in einer [[Kapitalismus|kapitalistischen]] Gesellschaft im unversöhnlichen Gegensatz zur besitzenden Klasse, der [[Bourgeoisie]]. <br />
<br />
Während in der [[Soziologie]] heute von ''dem neuen Proletariat'' gesprochen wird, kommt im alltäglichen Sprachgebrauch der Begriff ''Proletariat'' selbst kaum mehr vor. Allerdings sind in der einfachen Umgangssprache die davon abgeleiteten Begriffe „Prolet“ bzw. neuerdings „Proll“ als [[Schimpfwort|Schimpfwörter]] bzw. diskriminierende Bezeichnungen gebräuchlich. Dahinter verbergen sich [[klischee]]artige abwertende Zuschreibungen. Der Begriff „Prolet“ und insbesondere der Begriff „Proll“ sind vergleichsweise unscharf und entfernen sich in der Benutzung teilweise erheblich von der Bezeichnung einer gesellschaftlichen Gruppe im soziologischen Sinne (Schicht, Klasse, Milieu); sie assoziieren (anstelle ökonomischer Ungleichheit) meist eher kulturelle Wertungen im Sinne von derb, [[vulgär]], nicht [[kultiviert]], [[Bildung|ungebildet]] oder sogar [[barbar]]isch oder [[kultur]]los, manchmal auch in Abgrenzung zu [[Intellektueller|intellektuell]]. ''Näheres dazu ist im zugehörigen Artikel unter [[Prolet]] zu finden.''<br />
<br />
== Etymologie ==<br />
Der deutsche Begriff ''Proletariat'' stammt vom lateinischen Begriff ''proletarius''. Der ursprünglichen Wortbedeutung folgend bedeutet ''proletarius'' „die Nachkommenschaft betreffend“. Abgeleitet davon erschließt sich die heutige Wortbedeutung: Das Proletariat ist die Bevölkerungsgruppe, die ''den Staat nur mit ihrer Nachkommenschaft trägt und nicht mit ihrem Vermögen''.<ref>http://de.wiktionary.org/wiki/proletarius</ref><br />
<br />
== Das Proletariat im alten Rom ==<br />
Während der Ausbreitungsphase des [[Imperium Romanum]] wurden [[Sklaverei im antiken Rom|Sklaven]] als Kriegsbeute in Massen nach Rom gebracht und auf [[Latifundie|Großgrundbesitzungen]] als Landarbeiter eingesetzt. Da diese großen landwirtschaftlichen Betriebe wesentlich effizienter produzieren konnten als das bis dahin vorherrschende Kleinbauerntum, verlor dieses seine Existenzgrundlage. Kleinbauern zogen in die Hauptstadt, wo sie als landlose, aber dennoch freie [[Römisches Bürgerrecht|römische Bürger]] neben den adligen [[Patrizier]]n und den nichtadligen [[Plebejer]]n (vor allem Bauern und Handwerker) lebten.<br />
<br />
Da sie außer ihrem [[Stimmrecht]] nichts mehr besaßen, verkauften die Proles dieses gegen Lebensmittel an die reiche Oberschicht.<br />
<br />
== Das Arbeiterproletariat der Industriellen Revolution ==<br />
[[Datei:Adolph_Menzel_-_Eisenwalzwerk_-_Google_Art_Project.jpg|miniatur|„Eisenwalzwerk“ (1872–1875) von [[Adolph Menzel]]]]<br />
<br />
Genau wie das antike Proletariat handelte es sich auch beim ''Proletariat'' der Zeit der Industriellen Revolution um Menschen, welche ihre bäuerlichen oder kleingewerblichen Existenzen aufgeben mussten und in die Städte zogen. Grund war die Industrialisierung, beginnend mit der [[Textilindustrie]]. Das oft mit [[Heimarbeit]] verbundene [[Verlagssystem]] stellte eine Vorform der Industrialisierung dar. Mit deren wesentlich effizienterer Produktionsweise konnte das kleine Handwerk nicht mehr mithalten. Auf der anderen Seite benötigten die neu entstehenden Fabriken Arbeitskräfte, so dass mehr und mehr die vormaligen Handwerker und Bauern unter Aufgabe ihres Landbesitzes oder ihrer Werkstatt in die Städte gingen und zu (Industrie-)[[Arbeiter]]n wurden.<br />
<br />
Sie wurden dort in einer bis dahin unbekannten Weise [[Ausbeutung|ausgebeutet]], die tägliche [[Arbeitszeit]] betrug bis zu 18 Stunden. Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen gab es nicht. In [[Kohlebergbau|Kohlebergwerken]] wurde die billigere [[Frauenarbeit]] und [[Kinderarbeit]] üblich. Diese Missstände führten nach langen Verboten und Kämpfen letztlich zur Gründung von [[Gewerkschaft]]en und zur Entstehung der [[Arbeiterbewegung]] wie des [[Marxismus]].<br />
<br />
== Proletariat nach Marx ==<br />
[[Datei:Jakob Becker Heimkehrende Schnitter.jpg|miniatur|''Heimkehrende Schnitter'' von [[Jakob Becker (Maler)|Jakob Becker]]: Blick eines [[Romantik|romantischen]] Malers auf das Landproletariat im 19. Jahrhundert]]<br />
[[Datei:Theodor-schuez Mittagsgebet.jpg|miniatur|''Mittagsgebet bei der Ernte'', Gemälde von Theodor Schüz, 1861: Blick aus [[Spätromantik#Malerei|spätromantischer]] Sicht]]<br />
Das Proletariat ist nach der Definition von [[Karl Marx]] eine neue Klasse, die mit der Entwicklung der Industriellen Revolution entstanden ist. Während es vorher im Wesentlichen relativ freie Handwerker und leibeigene oder Pacht-Bauern gab, die über [[Produktionsmittel]] wie Werkzeuge und Agrarland verfügten, entstand mit dem Proletariat eine neue Klasse, die nicht mehr über Produktionsmittel oder nicht mehr über gesellschaftlich konkurrenzfähige Produktionsmittel (z.&nbsp;B. Weber) verfügte, die aber - im Gegensatz zu leibeigenen Bauern - frei über ihre Arbeitskraft verfügten. Am Beispiel England beschreibt Marx wie die Einführung der maschinellen Webstühle den Bedarf an Wolle und die Preise für Wolle steigerte und zur Umwandlung des an Bauern verpachteten Ackerlands in Schafsweiden für die Steigerung der Wollproduktion stattfand. Die vom Bauernhof vertriebenen und so hungrig im ganzen Land herumgetriebenen Bauern, konnten nur dort überleben, wo die entstehenden Manufakturen oder Fabriken diese neue Klasse von abhängigen Proleten gebrauchen konnte. Die Besonderheit dieser neuen Klasse und ihre Definition besteht nach Marx im „doppelt freien Arbeiter“ - frei von Produktionsmitteln, die ihm ermöglichten sich selbst zu versorgen und frei, ihren einzigen Besitz, sich selbst bzw, genauer ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Die Definition des Proletariats umfasste zu Marx Lebenszeit überwiegend Fabrikarbeiter, aber schließt prinzipiell alle ein, die ihren Lebensunterhalt ausschließlich oder überwiegend nur durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft verdienen können. Damit sind auch die heutigen größeren Gruppen von Arbeitskräften wie Angestellte, Beamte, ja sogar angestellte Betriebsleiter, die Funktionen von Kapitalisten ausführen, per Definition Proletarier und zumindest heute die mit Abstand größte Klasse. Marx ging davon aus, dass wegen der zunehmenden Oligopolisierung und Globalisierung des Kapitalismus und seiner immanenten Krisenbehaftetheit, insbesondere der [[Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate|tendenzielle Fall der Profitrate]], in gravierenden Krisen die Selbstbefreiung des Proletariats mit sich bringen wird und zu einer klassenlosen Gesellschaft führe. [[Karl Heinz Roth]] spricht, im Zuge einer Neuprojektierung revolutionärer Praxis, von der (neuen) ''Proletarität''.<br />
<br />
=== Definition von Proletariat nach Immanuel Wallerstein ===<br />
Nachdem [[Immanuel Wallerstein|Wallerstein]] die Bourgeoisie dadurch charakterisiert, dass sie über Mehrwerte verfügt, die sie nicht selbst erwirtschaftet hat und in der Lage ist, diese in [[Kapitalgut|Kapitalgüter]] zu investieren, ergibt sich daraus für das Proletariat, dass es aus jenen besteht, die Teile des von ihnen erwirtschafteten [[Mehrwert (Marxismus)|Mehrwertes]] an andere abgeben. Der Erhalt von Lohnzahlungen ist an sich kein Merkmal des Proletariats. Denn der Produzent schafft den Wert, den er nicht im gesamten behält, sondern in Teilen oder im Ganzen an jemand anderen gibt, wofür er wiederum abhängig von der Arbeitsform nichts oder Güter oder eben einen Lohn erhält. Somit ergibt sich im Kapitalismus eine strukturelle Polarität zwischen der Bourgeoisie auf der einen und dem Proletariat auf der anderen Seite.<br />
<br />
Den Prozess der Proletarisierung charakterisiert Wallerstein durch die Verbreitung der Lohnarbeit im Laufe der historischen Entwicklung der kapitalistischen Weltwirtschaft. Erklärt wird diese dadurch, dass die dem Kapitalismus innewohnende Notwendigkeit der Expansion regelmäßig Engpässe aufgrund mangelnder globaler Nachfrage zu überwinden hat, und eine Möglichkeit zur Überwindung solcher Engpässe stellt die Verbreitung von Lohnarbeit dar. Denn dadurch erhöht sich der Anteil des Mehrwertes, den der Produzent behält und über den er folglich zur Konsumtion verfügt. Entsprechend erhöht sich somit auch die globale Nachfrage. Stetige Expansion gelingt also nur durch Löhne, da diese Nachfrage erzeugen.<br />
<br />
Die Lohnarbeit ist zudem von politischer Bedeutung. Denn mit steigendem Lohnniveau weiten sich auch die formellen Rechte der Proletarier und damit verbunden auch ihr Klassenbewusstsein aus. Dies geschieht jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt, und zwar, bis der Proletarier faktisch zu einem Bourgeois wird. <ref>Wallerstein, Immanuel (1998): Der Klassenkonflikt in der kapitalistischen Weltwirtschaft, in: Balibar, Etienne/Wallerstein, Immanuel (1998): Rasse, Klasse, Nation. Ambivalente Identitäten, Hamburg, S. 141–153</ref><br />
<br />
== Konkurrierende Begriffe zum Begriff „Proletariat“ ==<br />
{{Hauptartikel|Sozialstruktur}}<br />
<br />
Die Begriffe „Proletariat“ und „Arbeiterklasse“ werden besonders stark im marxistischen Kontext verwendet und assoziieren [[Ausbeutung]]srealitäten sowie [[Emanzipation]]sbestrebungen (durch [[Reform]] oder [[Revolution]]). Der [[Soziale Klasse|Klassenbegriff]] grenzt sich dabei von Anfang an scharf ab gegen den Begriff des [[Ständeordnung|sozialen Standes]]. Seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist der Klassenbegriff auch in Konkurrenz zum Begriff [[Soziale Schichtung|Schicht]] sowie seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch in Ergänzung und/oder Konkurrenz zum Begriff des [[Soziales Milieu|sozialen Milieus]] zu sehen. Bezogen auf das Proletariat sind die konkurrierenden – wenn auch nicht deckungsgleichen – Begriffe [[Vierter Stand]], [[Unterschicht]] und Arbeitermilieu. Dabei wird z.T. zwischen ''traditionellem'' und ''traditionslosem Arbeitermilieu'' unterschieden. Bei [[Gerhard Schulze (Soziologe)|Gerhard Schulze]] treten an deren Stelle ''Harmoniemilieu'' und ''Unterhaltungsmilieu'', also Milieus, die stärker über Freizeitgestaltung und gewähltem Lebensstil charakterisiert werden. Seit wenigen Jahren taucht in der Diskussion auch der Begriff der [[Neue Unterschicht|Neuen Unterschicht]] auf, der nun eher aus dem linken Lager eingebracht wird.<br />
<br />
In den 1950er Jahren gab es auch Ansätze, die die Klassengegensätze gänzlich als obsolet betrachteten. Sie sprachen von der [[Nivellierte Mittelstandsgesellschaft|Nivellierten Mittelstandsgesellschaft]]. Dagegen hat zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine Diskussion unter dem Begriff [[Prekariat]] neu begonnen.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Operaismus]]<br />
* [[Akademisches Proletariat]]<br />
* [[Lumpenproletariat]]<br />
* [[Avantgarde des Proletariats]]<br />
* [[Diktatur des Proletariats]]<br />
<br />
== Literatur == <br />
* Götz Briefs: ''Das gewerbliche Proletariat.'' In: Grundriss der Sozialökonomik, IX. Abteilung. Das soziale System des Kapitalismus, 1. Teil, S. 142-240, Tübingen 1926.<br />
* Werner Conze: ''Vom 'Pöbel' zum 'Proletariat'. Sozialgeschichtliche Voraussetzungen für den Sozialismus in Deutschland.'' In: Hans-Ulrich Wehler (Hrsg.), Moderne deutsche Sozialgeschichte, Köln 1973. <br />
* {{Literatur<br />
|Autor=Peter Decker/Konrad Hecker<br />
|Titel=Das Proletariat. Politisch emanzipiert – Sozial diszipliniert – Global ausgenutzt – Nationalistisch verdorben – Die große Karriere der lohnarbeitenden Klasse kommt an ihr gerechtes Ende<br />
|Verlag=GegenStandpunkt Verlag<br />
|Ort=München<br />
|Jahr=2002<br />
|ISBN=3-929211-05-X}}<br />
* Marianne Feuersenger (Hrsg.): ''Gibt es noch ein Proletariat?'' Mit Beiträgen von [[Hans Paul Bahrdt]], [[Walter Dirks]], [[Walter Maria Guggenheimer]], [[Paul Jostock]], [[Burkart Lutz]] und Heinz Theo Risse. Dokumentation einer Sendereihe des [[Bayerischer Rundfunk|Bayerischen Rundfunks]]. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1962. <br />
* [[Chris Harman]]: ''Workers of the World – Die Arbeiterklasse im 21. Jahrhundert.'' Übersetzung aus dem Englischen von Thomas Walter. Edition aurora, Frankfurt am Main. ISBN 3-934536-08-5<br />
* [[Karl Heinz Roth]]: ''Die neuen Klassenverhältnisse und die Perspektive der Linken - Schwächen und Stärken eines überfälligen Diskussionsvorschlags''. In: Ders., (Hg.) Die Wiederkehr der Proletarität. Dokumentation der Debatte, Köln (1994)<br />
* [[Edward P. Thompson]]: ''[[Die Entstehung der englischen Arbeiterklasse]].'' 2 Bände, Frankfurt a. M. 1987. Original: ''The Making of the English Working Class'' (1963, Neudruck als Penguin Book 1980).<br />
* {{Literatur<br />
|Autor=[[Michael Vester]]<br />
|Titel=Die Entstehung des Proletariats als Lernprozeß. Die Entstehung antikapitalistischer Theorie und Praxis in England 1792–1848<br />
|Ort=Frankfurt am Main<br />
|Jahr=1970}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Wikiquote|Proletariat}}<br />
* [http://www.nadir.org/nadir/archiv/PolitischeStroemungen/krise/node22.html www.nadir.org/...] – Text zur „neuen Proletarität“<br />
<br />
[[Kategorie:Römische Gesellschaft]]<br />
[[Kategorie:Marxistische Theorie]]<br />
[[Kategorie:Sozialstruktur]]<br />
[[Kategorie:Arbeitermilieu]]<br />
<br />
[[an:Proletariato]]<br />
[[ar:بروليتاريا]]<br />
[[arz:بروليتاريا]]<br />
[[ast:Proletariáu]]<br />
[[be:Пралетарыят]]<br />
[[be-x-old:Пралетарыят]]<br />
[[bg:Пролетариат]]<br />
[[ca:Proletariat]]<br />
[[cs:Proletariát]]<br />
[[da:Proletariat]]<br />
[[el:Προλεταριάτο]]<br />
[[en:Proletariat]]<br />
[[eo:Proleto]]<br />
[[es:Proletariado]]<br />
[[et:Proletariaat]]<br />
[[eu:Proletario]]<br />
[[fa:پرولتاریا]]<br />
[[fi:Proletariaatti]]<br />
[[fr:Prolétariat]]<br />
[[gl:Proletariado]]<br />
[[he:מעמד הפועלים]]<br />
[[hi:प्रोलितारियत]]<br />
[[hr:Proleteri]]<br />
[[hu:Proletariátus]]<br />
[[hy:Պրոլետարիատ]]<br />
[[id:Proletariat]]<br />
[[io:Proletariaro]]<br />
[[it:Proletariato]]<br />
[[ja:プロレタリアート]]<br />
[[ka:პროლეტარიატი]]<br />
[[kk:Пролетариат гегемониясы]]<br />
[[ko:프롤레타리아트]]<br />
[[ku:Prolêtar]]<br />
[[ky:Пролетариат]]<br />
[[lt:Proletariatas]]<br />
[[lv:Proletariāts]]<br />
[[ms:Proletariat]]<br />
[[nl:Proletariaat]]<br />
[[pl:Proletariat]]<br />
[[pnb:پرولتاریہ]]<br />
[[pt:Proletariado]]<br />
[[ro:Proletariat]]<br />
[[ru:Пролетариат]]<br />
[[sh:Proletarijat]]<br />
[[simple:Proletariat]]<br />
[[sk:Proletariát (sociológia)]]<br />
[[sl:Proletariat]]<br />
[[sr:Пролетаријат]]<br />
[[sv:Proletariat]]<br />
[[tr:Proletarya]]<br />
[[uk:Пролетаріат]]<br />
[[wuu:无产阶级]]<br />
[[zh:无产阶级]]<br />
[[zh-min-nan:Bû-sán-kai-kip]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Panama&diff=112984594Panama2013-01-15T10:57:51Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere ckb:پاناما zu ckb:پەنەما</p>
<hr />
<div>{{Begriffsklärungshinweis}}<br />
{{Infobox Staat<br />
|NAME = <span style="font-size:1.4em">'''República de Panamá'''</span><br /><br />
Republik Panama<br />
|BILD-FLAGGE = Flag of Panama.svg<br />
|BILD-FLAGGE-RAHMEN = ja<br />
|ARTIKEL-FLAGGE = Flagge Panamas<br />
|BILD-WAPPEN = Coat of Arms of Panama.svg<br />
|BILD-WAPPEN-BREITE = 100px<br />
|ARTIKEL-WAPPEN = Wappen Panamas<br />
|WAHLSPRUCH = ''„Pro Mundi Beneficio“''<br />{{laS}} für ''Für das Wohl der Welt''<br />
|AMTSSPRACHE = [[Spanische Sprache|Spanisch]]<br />
|HAUPTSTADT = [[Panama-Stadt]] <br />
|STAATSFORM = [[Präsidialrepublik]]<br />
|STAATSOBERHAUPT = [[Liste der Präsidenten Panamas|Präsident]] [[Ricardo Martinelli]]<br />
|REGIERUNGSCHEF = <br />
|FLÄCHE = 75.517<br />
|EINWOHNER = 3.332.576<ref>[http://www.contraloria.gob.pa/inec/] POP</ref><br />
|BEV-DICHTE = 44,1<br />
|BIP = 24.711.000.000 (nominal)<ref>[http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2010/01/weodata/weorept.aspx?sy=2009&ey=2009&ssd=1&sic=1&sort=country&ds=%2C&br=1&pr1.x=64&pr1.y=16&c=512%2C941%2C914%2C446%2C612%2C666%2C614%2C668%2C311%2C672%2C213%2C946%2C911%2C137%2C193%2C962%2C122%2C674%2C912%2C676%2C313%2C548%2C419%2C556%2C513%2C678%2C316%2C181%2C913%2C682%2C124%2C684%2C339%2C273%2C638%2C921%2C514%2C948%2C218%2C943%2C963%2C686%2C616%2C688%2C223%2C518%2C516%2C728%2C918%2C558%2C748%2C138%2C618%2C196%2C522%2C278%2C622%2C692%2C156%2C694%2C624%2C142%2C626%2C449%2C628%2C564%2C228%2C283%2C924%2C853%2C233%2C288%2C632%2C293%2C636%2C566%2C634%2C964%2C238%2C182%2C662%2C453%2C960%2C968%2C423%2C922%2C935%2C714%2C128%2C862%2C611%2C716%2C321%2C456%2C243%2C722%2C248%2C942%2C469%2C718%2C253%2C724%2C642%2C576%2C643%2C936%2C939%2C961%2C644%2C813%2C819%2C199%2C172%2C184%2C132%2C524%2C646%2C361%2C648%2C362%2C915%2C364%2C134%2C732%2C652%2C366%2C174%2C734%2C328%2C144%2C258%2C146%2C656%2C463%2C654%2C528%2C336%2C923%2C263%2C738%2C268%2C578%2C532%2C537%2C944%2C742%2C176%2C866%2C534%2C369%2C536%2C744%2C429%2C186%2C433%2C925%2C178%2C746%2C436%2C926%2C136%2C466%2C343%2C112%2C158%2C111%2C439%2C298%2C916%2C927%2C664%2C846%2C826%2C299%2C542%2C582%2C967%2C474%2C443%2C754%2C917%2C698%2C544&s=NGDP_RPCH%2CNGDPD&grp=0&a=] BIP 2009 nach Ländern in der World Economic Outlook Database, April 2010 des Internationalen Währungsfonds </ref><br />
|BIP-ERWEITERT = <br />
|BIP/EINWOHNER = 7.133&nbsp;US$ (nominal)<ref>[http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2010/01/weodata/weorept.aspx?sy=2008&ey=2009&ssd=1&sic=1&sort=country&ds=%2C&br=1&pr1.x=27&pr1.y=19&c=512%2C941%2C914%2C446%2C612%2C666%2C614%2C668%2C311%2C672%2C213%2C946%2C911%2C137%2C193%2C962%2C122%2C674%2C912%2C676%2C313%2C548%2C419%2C556%2C513%2C678%2C316%2C181%2C913%2C682%2C124%2C684%2C339%2C273%2C638%2C921%2C514%2C948%2C218%2C943%2C963%2C686%2C616%2C688%2C223%2C518%2C516%2C728%2C918%2C558%2C748%2C138%2C618%2C196%2C522%2C278%2C622%2C692%2C156%2C694%2C624%2C142%2C626%2C449%2C628%2C564%2C228%2C283%2C924%2C853%2C233%2C288%2C632%2C293%2C636%2C566%2C634%2C964%2C238%2C182%2C662%2C453%2C960%2C968%2C423%2C922%2C935%2C714%2C128%2C862%2C611%2C716%2C321%2C456%2C243%2C722%2C248%2C942%2C469%2C718%2C253%2C724%2C642%2C576%2C643%2C936%2C939%2C961%2C644%2C813%2C819%2C199%2C172%2C184%2C132%2C524%2C646%2C361%2C648%2C362%2C915%2C364%2C134%2C732%2C652%2C366%2C174%2C734%2C328%2C144%2C258%2C146%2C656%2C463%2C654%2C528%2C336%2C923%2C263%2C738%2C268%2C578%2C532%2C537%2C944%2C742%2C176%2C866%2C534%2C369%2C536%2C744%2C429%2C186%2C433%2C925%2C178%2C746%2C436%2C926%2C136%2C466%2C343%2C112%2C158%2C111%2C439%2C298%2C916%2C927%2C664%2C846%2C826%2C299%2C542%2C582%2C967%2C474%2C443%2C754%2C917%2C698%2C544&s=NGDPRPC%2CNGDPDPC&grp=0&a=] BIP pro Kopf 2009 nach Ländern in der World Economic Outlook Database, April 2010 des Internationalen Währungsfonds </ref><br />
|HDI = {{Gestiegen}} 0,768 <small>(58.)</small><ref>[http://hdr.undp.org/en/statistics/ Human Development Index]</ref><br />
|WÄHRUNG = [[Panamaischer Balboa|Balboa]], US Dollar<br />
|UNABHÄNGIGKEIT = von [[Spanien]] seit 28. November [[1821]] / von [[Kolumbien]] seit 3. November [[1903]]<br />
|NATIONALHYMNE = ''[[Himno Istmeño]]''<br />
|ZEITZONE = [[Coordinated Universal Time|UTC]]−5<br />
|KFZ-KENNZEICHEN = PA<br />
|INTERNET-TLD = [[.pa]]<br />
|TELEFON-VORWAHL = +507<br />
|BILD-LAGE = Panama on the globe (Americas centered).svg<br />
|BILD-LAGE-IMAGEMAP = AmerikaGlobus1<br />
}}<br />
{{Positionskarte+ | Panama | maptype=relief | width=450 | float=right | caption= | places=<br />
{{Positionskarte~ | Panama | position=6 | lat=9 | long=-79.5 | region=PA | label='''[[Panama-Stadt]]'''}}<br />
{{Positionskarte~ | Panama | position=12 | lat=9.341667 | long=-79.894444 | region=PA | label=<small>[[Colón (Stadt, Panama)|Colón]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Panama | position=3 | lat=9.333333 | long=-82.25 | region=PA | label=<small>[[Bocas del Toro (Stadt)|Bocas del Toro]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Panama | position=8 | lat=8.433333 | long=-82.433333 | region=PA | label=<small>[[David (Panama)|David]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Panama | position=9 | lat=8.105714 | long=-80.971128 | region=PA | label=<small>[[Santiago de Veraguas|Santiago]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Panama | position=12 | lat=9.556944 | long=-78.947222 | region=PA | label=<small>[[El Porvenir (Panama)|El Porvenir]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Panama | position=3 | lat=8.41 | long=-78.15 | region=PA | label=<small>[[La Palma (Panama)|La Palma]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Panama | position=6 | lat=8.18 | long=-77.68 | region=PA | label=<small>[[Yaviza]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Panama | position=3 | lat=8.24 | long=-80.54 | region=PA | label=<small>[[Aguadulce (Panama)|Aguadulce]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=15 | X=5 | position=bottom | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=Costa Rica}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=85 | X=100 | position=left| label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=Kolumbien}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=97 | X=65 | position=top | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=Pazifik}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=3 | X=30 | position=bottom | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=Atlantik}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=3 | X=85 | position=bottom | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=<small>Karibisches Meer</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=65 | X=65 | position=bottom | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=<small>Golf von Panama</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=37 | X=46 | position=top| label=<small>''[[Gatúnsee]]''</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=35 | X=78 | position=top| label=<small>''[[Bayanosee]]''</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=85 | X=25 | position=top | label=<small>''[[Nationalpark Coiba|Coiba]]''</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=63 | X=67 | position=top | label=<small>''[[Isla del Rey (Panama)|Isla del Rey]]''</small>}}<br />
}}<br />
<br />
'''Panama''' ({{esS|''Panamá''}}) ist ein [[Staat]] in [[Mittelamerika]], der an [[Costa Rica]] im Westen und [[Kolumbien]] im Osten grenzt. Der das Land durchquerende [[Panamakanal]] verbindet die [[Karibik|Karibische See]] im Norden und den [[Pazifischer Ozean|Pazifischen Ozean]] im Süden.<br />
<br />
== Geographie ==<br />
[[Datei:Panama_city_skyline.jpg|miniatur|Panama-Stadt]]<br />
[[Datei:Isla El Porvenir.jpg|miniatur|Die Isla El Porvenir im Gebiet der Kuna Yala]]<br />
<br />
Der Staat Panama hat eine Fläche von 75.517&nbsp;km², davon sind 210&nbsp;km² Binnenwasserflächen. Seine Küstenlinie ist 1.915&nbsp;km lang.<br />
<br />
Panama nimmt den schmalsten Teil der zentralamerikanischen Landbrücke ein, die hier vom Panamakanal durchbrochen wird. Die zentralamerikanische [[Kordilleren|Kordillere]], die Panama küstenparallel durchzieht, trägt im Westen mit dem Vulkankegel des [[Volcán Barú]] (3477&nbsp;m) den höchsten Berg des Landes.<br />
<br />
Die am dichtesten besiedelten Gebiete liegen an der pazifischen Küste und um die Kanalzone. Über die Hälfte der Bevölkerung lebt in Städten.<br />
<br />
{{Siehe auch|Liste der Städte in Panama}}<br />
<br />
Panama grenzt im Westen an [[Costa Rica]] und im Osten an [[Kolumbien]] mit Grenzlängen von 330 bzw. 225 Kilometern.<br />
<br />
Die Landesgrenzen haben eine Gesamtlänge von 555 Kilometer.<br />
<br />
=== Karibik ===<br />
An der nördlichen, der [[Karibik|karibischen]] Küste ist von Januar bis März/April „[[Trockenzeit]]”, ab Ende Juli bis September „kleine Trockenzeit”. Die Inselgruppe [[Bocas del Toro]] im äußersten Nordwesten Panamas beherbergt einen [[Meeres-Nationalpark Insel Bastimentos|Nationalpark]] und ist mit ihren weißen Stränden eines der beliebtesten Touristenziele von Panama. Die Flora und Fauna ist durch den [[Tourismus]] zunehmend bedroht. Die nord-östliche Karibikküste ist Heimat der [[Kuna Yala|Kuna Yala-Indianer]] (auch ''San Blas''), die anerkannte Autonomie innerhalb der Region besitzen.<br />
<br />
=== Halbinsel Azuero – Umgebung von Chitré ===<br />
Die Halbinsel [[Azuero]] liegt etwa auf halber Strecke zwischen [[Panama-Stadt]] und [[David (Panama)|David]]. Auf der gesamten Fahrt via [[Chitré]] und [[Pedasi]] überwiegen Weideflächen, die nur gelegentlich von Reis- und Maisanbauten unterbrochen werden. Nach und nach geht die Strecke in das [[Canajagua-Bergland]] über, in dem die Erosion eigenartige, kegelartige Hügel hinterlassen hat. Im südwestlichen Teil, dem trockensten Gebiet Panamas, liegt der etwa 8.000&nbsp;ha große, halbwüstenartige Nationalpark [[Parque Nacional Sarigua]].<br />
<br />
=== Darién ===<br />
Die Provinz [[Darién]] ist großteils durch [[Tropischer Regenwald|tropischen Regenwald]] gekennzeichnet. Für Touristen ist der Osten und Süden der Provinz gefährlich. Insbesondere im Grenzgebiet zu Kolumbien bestehen hohe Sicherheitsrisiken, da hier Schmuggler und Drogenhändler aus Kolumbien sowie Widerstandskämpfer die staatliche Ordnung und Sicherheit weitgehend ausgeschaltet haben.<br />
<br />
{{Siehe auch|Nationalparks in Panama|titel1=Liste der Nationalparks in Panama}}<br />
<br />
== Bevölkerung ==<br />
Die amtliche Bezeichnung der Einwohner lautet „Panamaer/in”.<ref>[http://www.duden.de/definition/panamaer www.duden.de]</ref> Umgangssprachlich wird auch oft die Bezeichnung „Panamenier” abgeleitet von span. „Panameños” oder Englisch „Panamanians” benutzt. Die Lebenserwartung beträgt bei den Männern 75 und bei den Frauen 80 Jahre.<ref>[https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pm.html] (vom 30. Juli 2010)</ref> In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes [[Gallup Organization|Gallop]]<ref>http://www.gallup.com/poll/159254/latin-americans-positive-world.aspx</ref> vom Dezember 2012, zählen die Einwohner des Landes mit zu den glücklichsten Menschen auf der Erde.<ref>http://bazonline.ch/leben/gesellschaft/Das-Glueck-wohnt-in-Lateinamerika/story/22273447</ref><br />
<br />
=== Ethnische Gliederung ===<br />
Zwei Drittel (rund 60 %) der Panamaer sind [[Mestizen]], also Mischlinge aus Indios und Europäern. Sie leben vor allem im Westen (in den Provinzen [[Provinz Coclé|Coclé]], [[Provinz Herrera|Herrera]] und [[Provinz Veraguas|Veraguas]], wo sie bis zu 90 % der dortigen Bevölkerung ausmachen). Die zweitstärkste Gruppe bilden die [[Schwarze]]n und [[Mulatten]] mit ca. 15 % (in den Provinzen [[Provinz Darién|Darién]] und [[Provinz Bocas del Toro|Bocas del Toro]], jeweils um 50 %). Sie lassen sich in zwei Gruppen einteilen, die jeweils die Hälfte aller Afropanamaer ausmachen. Sie stammen meist entweder von Spaniern aus Afrika verschleppten Sklaven ab und sprechen daher spanisch, oder von Einwanderern von den westindischen Inseln, welche somit des kreolischen Englisch mächtig sind. Auf die Afropanamaer folgen mit 13 % die [[Kreolen]] (Weiße; in den Provinzen [[Provinz Panamá|Panamá]], [[Provinz Los Santos|Los Santos]], [[Provinz Colón|Colón]] und [[Provinz Chiriquí|Chiriquí]] über 15 %). Die [[Indigene]]n haben einen Anteil von 8,3 % an der Bevölkerung (größte Gruppen: [[Guaymí]] und [[Kuna (Volksstamm)|Cuna]]). Asiaten machen einen Anteil von rund 4 % an der Bevölkerung aus.<br />
<br />
=== Religion ===<br />
{{Belege fehlen| Bitte die Zahlen belegen}}<br />
Die Bevölkerung Panamas ist überwiegend [[Christentum|christlich]]; 78–80 % sind [[Römisch-katholische Kirche|Katholiken]] und 15 % [[Protestantismus|Protestanten]] (hauptsächlich [[Adventisten]] und Anhänger der [[Pfingstbewegung]]). Es gibt jeweils ungefähr 10.000 [[Juden]] und [[Muslim]]e.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
{{Hauptartikel|Geschichte Panamas}}<br />
<br />
[[Datei:Asis dia.jpg|miniatur|Die Kirche San Francisco de Asis]]<br />
<br />
Im Jahr 1821 spaltete sich Panama von Spanien ab und wurde Teil von [[Großkolumbien]] unter [[Simón Bolívar]].<br />
<br />
Mit Unterstützung der [[Vereinigte Staaten|USA]] spaltete sich das heutige Panama nach dem ''[[Panamakonflikt]]'' am 3. November 1903 von Kolumbien ab. Gleich darauf unterzeichnete [[Philippe Bunau-Varilla]] als panamaischer Unterhändler den [[Hay-Bunau-Varilla-Vertrag]], der den USA erlaubte, den [[Panama-Kanal]] zu bauen und gleichzeitig die [[Hoheit (Staatsrecht)|Hoheitsrechte]] für das Gebiet um den [[Kanal (Wasserbau)|Kanal]] für sich zu beanspruchen. Es entstand dabei die ''[[Panamakanalzone|Panamakanal-Zone]]''. Zwischen 1904 und 1914 errichteten [[Ingenieur]]e der [[United States Army|US Army]] den Panama-Kanal. Erste Arbeiten an dem Kanal hatten allerdings schon unter französischer Führung im Jahre 1881 begonnen.<br />
<br />
Von 1959 bis 1962 wurde die „[[Puente de las Américas]]”, eine den Kanal überspannende Brücke, unter den US-Amerikanern erbaut, die über 40 Jahre die einzige Landverbindung zwischen Nord- und Südamerika bleiben sollte. Am 15. August 2004 wurde eine zweite Brücke namens „Puente del Centenario” unter der scheidenden Präsidentin [[Mireya Moscoso]] eröffnet. Sie wurde allerdings erst 2005 in Betrieb genommen. <br />
<br />
1964 kam es in der Panamakanalzone zum [[Flaggenstreit zwischen den USA und Panama 1964|Flaggenstreit zwischen den USA und Panama]].<br />
<br />
Am 7. September 1977 wurden die [[Torrijos-Carter-Verträge]] unterzeichnet (dem Vertrag den Namen gegeben haben der damalige De-facto-Präsident Panamas, [[Omar Torrijos]], und der damalige US-Präsident [[Jimmy Carter]]), der die Übertragung der gesamten Kanalzone von den USA an Panama bis Ende 1999 zusicherte. <br />
<br />
Im Dezember 1989 wurde der [[Diktatur|Diktator]] [[Manuel Noriega]], der Panama nach dem mysteriösen Tod von Omar Torrijos 1981 mit Hilfe des Militärs regierte, durch die USA (unter [[George H. W. Bush]]) in der [[Operation Just Cause]] gestürzt. Bis zu seinem Sturz war Noriega einer der wichtigsten Verbündeten der Vereinigten Staaten in Mittelamerika. Der General wird oft fälschlicherweise als Präsident von 1983 bis 1989 angesehen. Er war jedoch lediglich der Chef der Nationalgarde, die später in die Panama Defence Forces ungewandelt wurden. Fünf Tage vor seiner Festnahme erhob ihn die Nationalversammlung zum Chef der Regierung mit außerordentlichen und zeitlich unbeschränkten Rechten.<br />
<br />
Am 31. Dezember 1999 um 12:00 Uhr nach dem Toriijos-Carter-Vertrag, wurden das gesamte US-Gebiet entlang des Kanals sowie alle US-amerikanischen Militärbasen offiziell an Panama übergeben. Der Betrieb und die Verwaltung des Kanals wurden von der panamaischen [[Panama Canal Authority]] (Autoridad del Canal de Panamá – ACP) übernommen. Nach Angaben der Regierung ist aber geplant, dass die USA zwei Marinestützpunkte in Panama errichten werden, in Bahia Piña und Punta Coca.<ref> [http://www.monde-diplomatique.de/pm/2010/02/12.mondeText.artikel,a0073.idx,20 Le Monde diplomatique: Vorgeschobene Einsatzpunkte] (vom 12. Februar 2010)</ref><br />
<br />
== Politik ==<br />
Das [[Parlament]] in Panama ist die [[Nationalversammlung (Panama)|Nationalversammlung]]. Seit Juli 2009 ist Ricardo Martinelli (57) Präsident Panamas.<br />
<br />
Am 22. Oktober 2006 wurde in einer Volksabstimmung für den Ausbau des [[Panama-Kanal]]s entschieden. 78 % stimmte dabei für den Ausbau (bei einer Wahlbeteiligung von 44 %). Der Kanal, eine der Haupteinnahmequellen des Landes, hatte seine Kapazitätsgrenze von 14.000 Schiffen pro Jahr erreicht.<br />
<br />
{{Siehe auch|Liste der Staatspräsidenten von Panama}}<br />
<br />
== Verwaltungsgliederung ==<br />
[[Datei:Countries-Panama-provinces-2005-10-18-en.png|rechts|400px|Karte von Panama inklusive Provinzen]]<br />
[[Datei:Panamá Provincias and Comarcas numbered.png|rechts|400px|Verwaltungsgliederung von Panama]]<br />
<br />
Panama ist verwaltungsmäßig in neun Provinzen (provincias) und fünf Territorien ([[Comarca|comarcas]]) eingeteilt. In den autonomen Territorien gibt es eine Selbstverwaltung der vier indianischen Volksgruppen [[Kuna (Volksstamm)|Kuna]], [[Ngöbe-Buglé]], [[Emberá]] und [[Wounaan]]: <br />
<br />
Provinzen (in Klammer die Provinzhauptstadt):<br />
* 1 [[Provinz Bocas del Toro|Bocas del Toro]] ([[Bocas del Toro (Stadt)|Bocas del Toro)]]<br />
* 2 [[Provinz Chiriquí|Chiriquí]] ([[David (Panama)|David]])<br />
* 3 [[Provinz Coclé|Coclé]] (Penonomé)<br />
* 4 [[Provinz Colón|Colón]] ([[Colón (Stadt, Panama)|Colón]])<br />
* 5 [[Provinz Darién|Darién]] (La Palma)<br />
* 6 [[Provinz Herrera|Herrera]] (Chitre)<br />
* 7 [[Provinz Los Santos|Los Santos]] (Las Tablas)<br />
* 8 [[Provinz Panamá|Panamá]] ([[Panama-Stadt|Ciudad de Panamá]])<br />
* 9 [[Provinz Veraguas|Veraguas]] (Santiago)<br />
<br />
Autonome [[Indigene Völker|indigene]] Territorien mit Provinzstatus:<br />
* C1 [[Emberá-Wounaan (Territorium)|Emberá]] (Cirilo Guainora)<br />
* C2 [[Guna Yala]] (El Porvenir)<br />
* C4 [[Ngöbe-Buglé]] (Quebrada Guabo)<br />
<br />
Comarcas ohne vollständigen Provinzstatus<br />
* C3 [[Kuna de Madugandí|Madugandí]] (Akua Yala)<br />
* C5 [[Kuna de Wargandí|Wargandí]] (Nurra)<br />
<br />
== Infrastruktur ==<br />
[[Datei:Centenario1_(1).jpg|miniatur|Puente del Centenario über den Panamakanal]]<br />
<br />
=== Panamericana / Der Tapón del Darién ===<br />
Die Hauptverbindungsstraße ist die [[Panamericana]], die durch ganz Panama führt. Die Panamericana (engl. ''Pan American Highway'') verbindet eigentlich Nordamerika mit Südamerika und führt von [[Alaska]] bis Süd-[[Chile]], doch im Grenzgebiet zwischen Panama und Kolumbien, im Urwaldgebiet des [[Darién]], befindet sich eine Lücke, der so genannte ''[[Tapón del Darién]]'' (auch unter dem englischen Namen ''Darien Gap'' bekannt), die bisher noch nicht geschlossen wurde. Die Gründe dafür liegen vor allem daran, dass das Gebiet von Sümpfen durchzogen ist und darüber hinaus von kolumbianischen Guerrilleros gehalten wird, die dort Schmuggel und Drogenhandel betreiben, so dass der Aufwand für die Sicherheit beim Bau der Straße sehr hoch wäre. Zudem sind auch Bedenken von Umweltschützern laut geworden, so dass die panamerikanische Nord-Süd-Verbindung wohl in naher Zukunft nicht fertiggestellt werden wird.<br />
<br />
=== Transistmica ===<br />
Die Nord-Süd-Verbindung zwischen [[Atlantik]] und [[Panama-Stadt]] am [[Pazifik]] ist als Transistmica bekannt. Heute verläuft neben dem [[Panama-Kanal|Kanal]] die Bahnstrecke (vor kurzem renoviert) sowie in einiger Entfernung eine Straßenverbindung zwischen Panama-Stadt und [[Colón (Stadt, Panama)|Colón]]. Auf ihr passieren viele Unfälle (durch hohes Verkehrsaufkommen und schlechten Zustand). Von 2007 bis 2009 wurde parallel zur Transistmica eine 42&nbsp;km lange neue Autobahn durch den brasilianischen [[Organisation Odebrecht|Odebrecht]]-Konzern gebaut, um die Fahrt zwischen Colón und Panama-Stadt zu verkürzen und sicherer zu machen.<br />
<br />
=== Energie ===<br />
2005 wurden 5,8 Terawattstunden elektrischer Strom erzeugt, davon 36 Prozent in Wärmekraftwerken und der Rest fast ausschließlich in Wasserkraftwerken.<br />
<br />
== Wirtschaft ==<br />
=== Allgemein ===<br />
[[Datei:Ship_Providence_Bay_at_panama_canal.jpg|miniatur|Kanalschleuse des Panamakanals]]<br />
<br />
Wichtigste Einkunftsquellen der panamaischen Volkswirtschaft sind der [[Panamakanal]], in dessen Verwaltung, Betrieb und Instandhaltung rund 8000 Menschen arbeiten, sowie die Registrierung von Schiffen. In Panama sind weltweit die meisten Schiffe registriert, fast jedes fünfte. Der Grund dafür sind das vergleichsweise unkomplizierte Verfahren und die geringen Steuern.<br />
<br />
Die größte Einkommensquelle Panamas hängt mit dem Betrieb des Panamakanals zusammen, der lange Zeit unter der gemeinsamen Verwaltung Panamas und der Vereinigten Staaten stand und seit dem 31. Dezember 1999 der alleinigen Verfügungsgewalt Panamas unterliegt. Für die Wirtschaft, die bereits unter den Sanktionen der Vereinigten Staaten litt, bedeutete der amerikanische Einmarsch vom Dezember 1989 einen weiteren Rückschlag. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt 13 733 Millionen US-Dollar (2004; Dienstleistungen: 74 Prozent, Industrie: 18 Prozent, Landwirtschaft: 8 Prozent); daraus ergibt sich ein BIP pro Kopf von 4210 US-Dollar.<br />
<br />
Die Gesamtzahl der Arbeitskräfte Panamas, die einer regulär bezahlten Arbeit nachgehen, liegt bei weniger als einem Drittel der Gesamtbevölkerung. Der Rest arbeitet für den Eigenbedarf, lebt von der Schwarzarbeit oder ist arbeitslos (2005: 9,6 Prozent). 19 Prozent der regulär beschäftigten Erwerbstätigen arbeiten in der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei, 62 Prozent sind im Handels-, Finanz- und Dienstleistungsbereich beschäftigt, 19 Prozent in der Industrie. Fast 17 Prozent aller Lohnarbeiter sind gewerkschaftlich organisiert.<br />
<br />
=== Landwirtschaft ===<br />
8,8 Prozent der Bodenfläche Panamas werden landwirtschaftlich genutzt. Hauptsächlich werden [[Bananen]], [[Kochbanane|Plátanos]], [[Zuckerrohr]], [[Reis]], [[Ananas]], [[Mais]] und [[Kaffee]] angebaut. Zum Tierbestand gehören [[Rinder]], [[Hausschwein|Schweine]] und [[Haushuhn|Hühner]].<br />
<br />
=== Forstwirtschaft und Fischerei ===<br />
Wälder bedecken etwa 45 Prozent der Landesfläche. Eine nationale Forstbehörde verwaltet den Großteil der Waldflächen – etwa zwei Drittel stehen unter Schutz, das verbleibende Drittel wird als Wirtschaftswald genutzt. <br />
<br />
Die Fischerei ist ein führender Wirtschaftszweig. Zu den wichtigsten Fangprodukten gehören Garnelen und Krabben.<br />
<br />
=== Bergbau und Industrie ===<br />
In Panama werden geringe Mengen Gold und Silber abgebaut; Salz wird an der Pazifikküste gewonnen. Die meisten Erzeugnisse der Fertigungsindustrie wie Zement, Zigaretten, Schuhe, Bekleidung, Seife, verarbeitete Nahrungsmittel und alkoholische Getränke sind für den einheimischen Markt bestimmt. Erdölraffinerien produzieren hauptsächlich für die Ausfuhr.<br />
<br />
=== Währung und Außenhandel ===<br />
Die Währungseinheit von Panama ist der [[Panamaischer Balboa|Balboa]] (PAB), dabei ist 1 PAB in 100 Centésimos unterteilt. Der US-Dollar ist ebenfalls offizielles Zahlungsmittel. Der Balboa ist 1 zu 1 an den US-Dollar gekoppelt. Neben US-Cent-Münzen sind auch Balboa-Münzen im Umlauf. Ab 1 PAB/USD wird nur noch mit US-Dollar-Scheinen bezahlt. Die Nationalbank von Panama ist die 1904 gegründete Staatsbank.<br />
<br />
Die wichtigsten Exportgüter des Landes sind Bananen, Ananas, Erdölerzeugnisse, Garnelen, Rohzucker und Kaffee. Über 60 Prozent davon gehen in die Vereinigten Staaten. Die Importe stammen hauptsächlich aus den Vereinigten Staaten und China. Weitere Hauptlieferanten Panamas sind Mexiko und Japan. Eingeführt werden in erster Linie fossile Brennstoffe, Textilien, Konserven, Maschinen, Chemikalien, Fördereinrichtungen und Rohstoffe. Die Handelsbilanz ist negativ.<br />
<br />
=== Staatshaushalt ===<br />
Der [[Haushaltsplan|Staatshaushalt]] umfasste 2009 Ausgaben von umgerechnet 6,4 Mrd. [[US-Dollar]], dem standen Einnahmen von umgerechnet 6,1 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich ein [[Haushaltssaldo|Haushaltsdefizit]] in Höhe von 1,2 % des [[Bruttoinlandsprodukt|BIP]].<ref name="CIA">[https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pm.html The World Factbook]</ref><br /><br />
Die [[Staatsverschuldung]] betrug 2009 11,2 Mrd. US-Dollar oder 44,7 % des BIP.<ref name="CIA"/><br />
<br />
2006 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:<br />
* [[Gesundheitssystem|Gesundheit]]:<ref name="Fischer">Der Fischer Weltalmanach 2010: Zahlen Daten Fakten, Fischer, Frankfurt, 8. September 2009, ISBN 978-3-596-72910-4</ref> 7,3 %<br />
* [[Bildungssystem|Bildung]]:<ref name="CIA"/> 3,8 % (2004)<br />
* [[Militär]]:<ref name="CIA"/> 1,0 %<br />
<br />
== Verkehr ==<br />
=== Straße ===<br />
Panamas Straßennetz ist einschließlich eines Abschnitts des Pan-American Highway 11.400 Kilometer lang.<br />
<br />
=== Eisenbahn ===<br />
Das Land verfügte einst über rund 450 Schienenkilometer, wovon rund 380&nbsp;km [[Schmalspurbahn]]en waren, die letzten wurden 2008/2009 abgebaut. Die etwa 75&nbsp;km lange Hauptstrecke der Eisenbahn verläuft quer durch den [[Isthmus (Geographie)|Isthmus]] und verbindet die Stadt Colón an der Karibik mit Panama-Stadt am Pazifik, immer mehr oder weniger parallel dem Kanal entlang. Die Panama Canal Railroad besaß die Spurweite von 1524 mm, sie wurde in den 1990er Jahren privatisiert und von der Kansas Southern Industries aus den USA übernommen, modernisiert und auf 1435 mm umgespurt. Es findet reger Güterverkehr statt, zudem verkehrt an Werktagen ein Personenzug in jede Richtung und für die Reisenden von Kreuzfahrtschiffen werden Charterzüge gefahren.<br />
<br />
=== Schifffahrt ===<br />
Der [[Panamakanal]] verbindet das Karibische Meer mit dem Pazifischen Ozean. Die größten Häfen des Landes sind [[Balboa (Panama)|Balboa]], [[Cristóbal (Panama)|Cristóbal]], [[Bocas del Toro (Stadt)|Bocas del Toro]], [[Almirante (Panama)|Almirante]] und [[Puerto Armuelles]]. Die Handelsflotte von Panama ist mit 6184 Schiffen z.&nbsp;Zt. die größte der Welt, was allerdings auf die Praxis der [[Ausflaggung]] zurückzuführen ist: fast alle hier registrierten Schiffe befinden sich in ausländischem Besitz und sind mit ausländischen Mannschaften besetzt.<br />
<br />
=== Flugverkehr ===<br />
In der Nähe der Stadt Panama liegt der internationale Flughafen [[Flughafen Panama|Aeropuerto Internacional de Tocumen]] (PTY) nahe [[Tocumen]].<br />
Außerdem befindet sich in der ehemaligen Kanalzone in unmittelbarer Nähe des zentralen Busterminals der Regionalflughafen Marco A. Gelabert. Von dort aus erreicht man Provinzhauptstädte wie David (Chiriqui) oder Changinola und Isla Colon (Bocas del Toro). Die Inlandfluggesellschaften sind [[Aeroperlas Regional]] (zur Grupo [[TACA]] gehörend) und die private [[Air Panama]].<br />
Die Fluggesellschaft Aeroperlas Regional hat Anfang April Konkurs angemeldet und seidem den regionalen Flugverkehr komplett eingestellt.<br />
<br />
== Kultur ==<br />
[[Nationalfeiertag]] ist der [[3. November]], an dem der Unabhängigkeit von [[Kolumbien]] gedacht wird.<br />
<br />
=== Musik und Tanz ===<br />
Ein herausragend bereichernder Teil der panamaischen Kultur ist, wie in den meisten lateinamerikanischen Staaten, Musik und Tanz. Historische, typische sowie moderne Tänze aus dem Nachbarland [[Kolumbien]] und den Bruderstaaten aus der [[Karibik]] formen, zusammen mit den typischen lateinamerikanischen Tänzen, eine große Vielfalt.<br />
<br />
Zu nennen sind dazu:<br />
* der Tipico und [[Vallenato]], die aus der früheren Staatengemeinschaft mit [[Kolumbien]] erhalten geblieben sind;<br />
* die Kongotänze, welche von den [[Sklave]]n [[afrika]]nischen Ursprungs bis heute am Leben erhalten wurden;<br />
* der [[Reggae]], [[Reggaeton|Reggaetón]] (der dazugehörige Tanz heißt [[Perreo]], wird auch Rákata genannt) aus [[Puerto Rico]], der [[Dominikanische Republik|Dominikanischen Republik]] und Panama selbst;<br />
* Tänze der verschiedenen Ureinwohnergruppen, unter anderem der [[Kuna Yala]];<br />
* der Haitano aus [[Haiti]];<br />
* die typischen lateinamerikanischen Tänze [[Salsa (Tanz)|Salsa]], [[Merengue]], [[Bachata]], [[Cumbia]].<br />
<br />
Einer der bekanntesten Salsa-Musiker der Welt stammt aus Panama: [[Rubén Blades]], er war von 2004 bis Juni 2009 Tourismusminister seines Landes.<br />
<br />
Die meisten Tänze werden nach wie vor von breiten Teilen der Bevölkerung beherrscht.<br />
<br />
=== Literatur ===<br />
Panama hat zahlreiche Schriftsteller hervorgebracht, deren Werke allerdings in der Regel bislang nicht ins Deutsche übersetzt wurden. Zu den bekannten Autoren gehören unter anderem [[Ricardo Miró]] (1883–1940), [[Joaquín Beleño]] (1922–1988) und [[Tristán Solarte]] (* 1924).<br />
<br />
=== Sport ===<br />
Zu den beliebtesten Sportarten in Panama gehören [[Baseball]] und [[Fußball]].<br />
<br />
Der [[Panamaische Fußballnationalmannschaft|Panamaischen Fußballnationalmannschaft]] ist es bisher noch nicht gelungen sich für ein WM-Turnier zu qualifizieren.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der Hörfunksender in Panama]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Arq. Samuel Gutierrez: Arquitectura Caribeña (Puerto Limon – Bocas del Toro). Auf Spanisch zur Architektur des Gebiets. Viele interessante alte Fotos und Geschichten. ISBN 958-9082-61-0<br />
* Mellander, Gustavo Adolfo & Nelly Mellander Maldonado: ″The Panama Years″. San Juan (Puerto Rico): Editorial Plaza Mayor 1999. ISBN 1-56328-155-4 <br />
* Mellander, Gustavo A. (1971). The United States in Panamanian Politics: The Intriguing Formative Years. Danville, Ill.: Interstate Publishers. OCLC 138568.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Wiktionary|Panama}}<br />
{{Commonscat|Panama}}<br />
{{Wikiatlas|Panama}}<br />
{{Wikivoyage|Panama}}<br />
* [http://www.faz.net/s/RubB4457BA9094E4B44BD26DF6DCF5A5F00/Doc~EE7AD66CC08D547FEB713B6966ED6AC76~ATpl~Ecommon~Scontent.html Panama: Zwischen den Ländern und zwischen den Meeren] – Artikel von [[Nadja Einzmann]] in [[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]<br />
<br />
{{NaviBlock<br />
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}}<br />
{{Coordinate|article=DMS|NS=8/41/42.248897/N|EW=80/3/46.318359/W|type=country|pop=3242173|dim=650000|region=PA}}<br />
<br />
[[Kategorie:Staat in Mittelamerika]]<br />
[[Kategorie:Panama| ]]<br />
<br />
[[ace:Panama]]<br />
[[af:Panama]]<br />
[[als:Panama]]<br />
[[am:ፓናማ]]<br />
[[an:Panamá]]<br />
[[ar:بنما]]<br />
[[arz:باناما]]<br />
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[[ay:Panama]]<br />
[[az:Panama]]<br />
[[bat-smg:Panama]]<br />
[[bcl:Panama]]<br />
[[be:Панама]]<br />
[[be-x-old:Панама]]<br />
[[bg:Панама]]<br />
[[bm:Panama]]<br />
[[bn:পানামা]]<br />
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[[ceb:Panama]]<br />
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[[crh:Panama]]<br />
[[cs:Panama]]<br />
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[[cy:Panama]]<br />
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[[diq:Panama]]<br />
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[[pnb:پانامہ]]<br />
[[ps:پاناما]]<br />
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[[rw:Panama]]<br />
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[[scn:Panamà]]<br />
[[sco:Panama]]<br />
[[se:Panama]]<br />
[[sh:Panama]]<br />
[[simple:Panama]]<br />
[[sk:Panama (štát)]]<br />
[[sl:Panama]]<br />
[[so:Banama]]<br />
[[sq:Panamaja]]<br />
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[[ss:IPhanama]]<br />
[[stq:Panama]]<br />
[[su:Panama]]<br />
[[sv:Panama]]<br />
[[sw:Panama]]<br />
[[szl:Panama]]<br />
[[ta:பனாமா]]<br />
[[te:పనామా]]<br />
[[tg:Панама]]<br />
[[th:ประเทศปานามา]]<br />
[[tl:Panama]]<br />
[[tpi:Panama]]<br />
[[tr:Panama]]<br />
[[tt:Панама]]<br />
[[ug:پاناما]]<br />
[[uk:Панама]]<br />
[[ur:پاناما]]<br />
[[uz:Panama]]<br />
[[vec:Pànama]]<br />
[[vi:Panama]]<br />
[[vo:Panamän]]<br />
[[war:Panamá]]<br />
[[wo:Panamaa]]<br />
[[wuu:巴拿马]]<br />
[[xal:Панамудин Орн]]<br />
[[yi:פאנאמא]]<br />
[[yo:Panamá]]<br />
[[zh:巴拿马]]<br />
[[zh-classical:巴拿馬]]<br />
[[zh-min-nan:Panamá]]<br />
[[zu:Panama]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Italien&diff=112978922Italien2013-01-15T08:37:24Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere bi:Italy zu bi:Itali</p>
<hr />
<div>{{Begriffsklärungshinweis|Für weitere Bedeutungen, siehe [[Italien (Begriffsklärung)]]}}<br />
{{Infobox Staat<br />
| NAME = <span style="font-size:1.4em;">'''Repubblica Italiana'''</span><br /><br />
'''Italienische Republik'''<br />
| BILD-FLAGGE = Flag of Italy.svg<br />
| BILD-FLAGGE-RAHMEN = ja<br />
| ARTIKEL-FLAGGE = Flagge Italiens<br />
| BILD-WAPPEN = Italy-Emblem.svg<br />
| BILD-WAPPEN-BREITE = 100px<br />
| ARTIKEL-WAPPEN = Wappen Italiens<br />
| WAHLSPRUCH =<br />
| AMTSSPRACHE = [[Italienische Sprache|Italienisch]]<br />
<small>regional auch [[Deutsche Sprache|Deutsch]], [[Französische Sprache|Französisch]], [[Ladinische Sprache|Ladinisch]] und [[Slowenische Sprache|Slowenisch]]{{FN|1}}</small><br />
| HAUPTSTADT = [[Rom]]<br />
| STAATSFORM = [[parlamentarische Republik]]<br />
| STAATSOBERHAUPT = [[Präsident der Italienischen Republik|Präsident]] [[Giorgio Napolitano]]<br />
| REGIERUNGSCHEF = [[Präsident des Ministerrats (Italien)|Ministerratspräsident]] [[Mario Monti]] ''([[ad interim]])''<br />
| FLÄCHE = 301.338<br />
| EINWOHNER = 60.626.442 <small>(1. Januar 2011)</small><ref>[http://demo.istat.it/bil2010/index.html ISTAT: Demographische Bilanz 2010]</ref><br />
| BEV-DICHTE = 201,19<br />
|BEV-ZUNAHME = {{Steigen}} +0,504 %<br />
|BIP = 2011<ref>[http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2012/01/weodata/index.aspx World Economic Outlook Database, April 2012] des [[Internationaler Währungsfonds|Internationalen Währungsfonds]]</ref><br />
* 2.198 Milliarden USD <small>([[Liste der Länder nach Bruttoinlandsprodukt|8.]])</small><br />
* 1.846 Milliarden USD <small>([[Liste der Länder nach Bruttoinlandsprodukt|10.]])</small><br />
* 36.267 USD <small>([[Liste der Länder nach Bruttoinlandsprodukt pro Kopf|25.]])</small><br />
* 30.464 USD <small>([[Liste der Länder nach Bruttoinlandsprodukt pro Kopf|30.]])</small><br />
|BIP-ERWEITERT =* Total (nominal)<br />
* Total ([[Kaufkraftparität|PPP]])<br />
* BIP/Einw. (nominal)<br />
* BIP/Einw. (PPP)<br />
| HDI = {{Gestiegen}} 0,874 <small>(24.)</small><ref>{{cite web|url=http://hdr.undp.org/en/media/HDR_2011_EN_Summary.pdf|title=2011 Human development Report|publisher=[[Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen]]|pages=17-20|accessdate=2012-12-27}}</ref><br />
| WÄHRUNG = [[Euro]] ([[Schweizer Franken]] in der Exklave [[Campione d’Italia]])<br />
| GRÜNDUNG = 1861{{FN|2}}<br />
| NATIONALHYMNE = ''[[Fratelli d’Italia]]''<br />[[Datei:Inno di Mameli instrumental.ogg|zentriert|noicon|50px]]<br />
| NATIONALFEIERTAG = 25. April, 2. Juni<br />
| ZEITZONE = [[Koordinierte Weltzeit|UTC]]+1 [[Mitteleuropäische Zeit|MEZ]]<br />UTC+2 [[Sommerzeit|MESZ]] (März bis Oktober)<br />
| KFZ-KENNZEICHEN = [[Kfz-Kennzeichen (Italien)|I]]<br />
|ISO 3166 = ITA<br />
| INTERNET-TLD = [[.it]]<br />
| TELEFON-VORWAHL = +39{{FN|3}}<br />
| ANMERKUNGEN = {{FNZ|1|Mehr dazu siehe [[#Sprachen und Dialekte|Sprachen und Dialekte]]}} {{FNZ|2|1866 Venedig zu Italien, 1870 Rom, nach dem Ersten Weltkrieg Trient und Triest}} {{FNZ|3|In [[Campione d’Italia]] die Schweizer Vorwahl +41}}<br />
| BILD-LAGE = Italy in the European Union on the globe (Europe centered).svg<br />
| BILD-LAGE-IMAGEMAP = EuropaGlobus1<br />
| BILD1 = Italy, administrative divisions (regions+provinces) - de - colored.svg<br />
| BILD1-BESCHREIBUNG = Administrative Gliederung Italiens<br />
}}<br />
{{Positionskarte+ | Italien | maptype=relief | width=330 | float=right | caption= | places=<br />
{{Positionskarte~ | Italien | position=9 | lat=41.883333 | long=12.483333 | region=IT | label='''[[Rom]]'''}}<br />
{{Positionskarte~ | Italien | position=5 | lat=45.4625 | long=9.186389 | region=IT | label=<small>[[Mailand]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Italien | position=3 | lat=45.4375 | long=12.335833 | region=IT | label=<small>[[Venedig]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Italien | position=9 | lat=40.833333 | long=14.25 | region=IT | label=<small>[[Neapel]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Italien | position=5 | lat=45.066667 | long=7.7 | region=IT | label=<small>[[Turin]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Italien | position=3 | lat=44.493889 | long=11.342778 | region=IT | label=<small>[[Bologna]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Italien | position=5 | lat=43.783333 | long=11.25 | region=IT | label=<small>[[Florenz]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Italien | position=10 | lat=38.115833 | long=13.361389 | region=IT | label=<small>[[Palermo]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Italien | position=3 | lat=41.133333 | long=16.866667 | region=IT | label=<small>[[Bari]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Italien | position=3 | lat=37.5025 | long=15.087222 | region=IT | label=<small>[[Catania]]</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Italien | position=6 | lat=44.416667 | long=8.933333 | region=IT | label=<small>[[Genua]]</small>}}<br />
<br />
{{Positionskarte~ | Italien| position=1 | lat=45/49/00 | long=06/52/00 | region=IT | mark=RedMountain.svg | marksize=12 | label=<small>[[Mont Blanc de Courmayeur|Mont Blanc]]</small>}}<br />
<br />
{{Positionskarte~ | Y=33 | X=0 | position=3 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=Frankreich}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=3 | X=13 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=Schweiz}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=1 | X=60 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=Österreich}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=7 | X=67 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Slowenien</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=13 | X=85 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=Kroatien}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=20 | X=87 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=<small>Bosnien u. Herzegowina</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=90 | X=25 | position=6 | label_style=bold/uppercase|label_color=#646464 | label=Tunesien}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=76 | X=20 | position=6 | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=Mittelmeer}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=63 | X=42 | position=6 | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=<small>Tyrrhenisches Meer</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=35 | X=72 | position=6 | label_style=bold/italic/letterspacing/uppercase|label_color=#2A6DB5 | label=<small>Adriatisches Meer</small>}}<br />
<br />
{{Positionskarte~ | Y=80 | X=55 | position=6 | label=<small>''[[Sizilien]]''</small>}}<br />
{{Positionskarte~ | Y=58 | X=22 | position=6 | label=<small>''[[Sardinien]]''</small>}}<br />
}}<br />
<br />
'''Italien''' (amtlich ''Italienische Republik'', ital. {{lang|it|''Repubblica Italiana''}}, Kurzform ''{{lang|it|Italia}}'') ist ein Staat in [[Südeuropa]], der zum größten Teil auf der vom [[Mittelmeer]] umschlossenen [[Apennin]]halbinsel liegt. Seine Hauptstadt ist [[Rom]].<br />
<br />
Das Gebiet des heutigen Italiens war in der [[Antike]] die Kernregion des [[Römisches Reich|Römischen Reiches]] mit Rom als Hauptstadt. Die heute italienische [[Toskana]] war das Kernland der [[Renaissance]]. Seit dem [[Risorgimento]] besteht der moderne italienische Staat.<br />
<br />
== Geografie ==<br />
Italien liegt großteils auf einer länglichen Nordwest-Südost-gerichteten Halbinsel. Die maximale Nord-Süd-Ausdehnung beträgt etwas weniger als 1200&nbsp;km.<ref name="istat.it">[http://www.istat.it/dati/catalogo/20100518_00/italiaincifre2010.pdf ISTAT: Italien in Zahlen, 2010, S. 3.] (PDF).</ref> Angrenzende Staaten sind [[Frankreich]] (Länge der gemeinsamen Staatsgrenze: 488&nbsp;km), die [[Italienisch-schweizerische Grenze|Schweiz]] (734,2&nbsp;km), [[Österreich]] (430&nbsp;km), [[Slowenien]] (232&nbsp;km) sowie die [[Enklave]]n [[San Marino]] (39&nbsp;km) und die [[Vatikanstadt]] (3&nbsp;km). Italien besitzt mit [[Campione d’Italia]] eine von der Schweiz umgebene [[Exklave]]. Eine weitere Grenze ist die zu [[Kroatien]] (Seegrenze).<br />
<br />
=== Morphologie ===<br />
[[Datei:Gran Paradiso.jpg|miniatur|links|Der [[Gran Paradiso]] im [[Aostatal]]]]<br />
Der Gebirgszug des [[Apennin]]s durchzieht das Land entlang der Längsachse und erreicht seine größte Höhe im [[Gran Sasso]] (2.912&nbsp;m). Im Norden gehört ein großer Teil der [[Alpen]] zu Italien: Höchster Gipfel ist der [[Mont Blanc]] (Monte Bianco) mit 4.810&nbsp;m,<ref>Der [[Grenzverlauf auf dem Mont Blanc]] ist jedoch umstritten. Nach französischer Auffassung wäre dann der [[Mont Blanc de Courmayeur]] mit seinen 4.748&nbsp;m der höchste Gipfel Italiens.</ref> an der Grenze zu Frankreich. Das höchste Bergmassiv, das vollständig auf italienischem Boden steht, ist der [[Gran Paradiso]] mit 4.061&nbsp;m in den [[Grajische Alpen|Grajischen Alpen]].<br />
<br />
Entlang der Westküste Italiens ziehen sich von Norden in Richtung Süden unter anderem die [[Italienische Riviera]] in [[Ligurien]] und den [[Golf von Neapel]] in [[Kampanien]]. Die Ostküste wird von [[Triest]] bis zum [[Gargano]] im Norden [[Apulien]]s (nach anderen Darstellungen: bis zur [[Straße von Otranto]]) als die [[Adriatisches Meer|Italienische Adriaküste]] bezeichnet. Die gesamte Küstenlänge beträgt 7.375&nbsp;km.<br />
<br />
Die [[Poebene]] (ital. Pianura Padana) im Norden ist mit einem Flächenausmaß von 50.000&nbsp;km² die größte [[Ebene (Geographie)|Ebene]] Italiens.<br />
<br />
=== Gewässer ===<br />
[[Datei:Benacus creino.jpg|miniatur|[[Gardasee]], [[Nago-Torbole]]]]<br />
[[Hydrografie|Hydrografisch]] gehört Italien fast ausschließlich zum [[Mittelmeer]]. Einzig das Tal des [[Lago di Livigno]] und der oberste Teil des [[Val d’Uina]] entwässern via [[Inn]] und [[Donau]] ins [[Schwarzes Meer|Schwarze Meer]]. Dorthin entwässert ebenfalls die [[Drau]], die im [[Pustertal]] in [[Südtirol]] entspringt, sowie die [[Gailitz (Fluss)|Gailitz]], die das Gebiet um [[Tarvis]] durchfließt. Ferner entwässert das Tal des [[Lago di Lei]] über den [[Rhein]] in die [[Nordsee]]. Die längsten Flüsse sind [[Po (Fluss)|Po]] (652&nbsp;km), [[Etsch]] (410&nbsp;km) und [[Tiber]] (405&nbsp;km), gefolgt von [[Adda (Fluss)|Adda]] und [[Oglio]]. Zu den größten italienischen [[See (Gewässer)|Seen]] zählen der [[Gardasee]], der [[Lago Maggiore]] und der [[Comer See]] in Oberitalien sowie der [[Bolsenasee]] und der [[Trasimenischer See|Trasimenische See]] in Mittelitalien.<br />
{{Siehe auch|Liste der Seen in Italien|Liste der Flüsse in Italien}}<br />
<br />
=== Inseln ===<br />
Zu Italien gehören die Mittelmeerinseln [[Sizilien]] und [[Sardinien]] sowie die Inselgruppen der [[Liparische Inseln|Liparischen]] und [[Ägadische Inseln|Ägadischen Inseln]] nördlich bzw. westlich von Sizilien. Rund um Sardinien liegen zahlreiche kleine Inseln, unter anderem [[Sant’Antioco (Insel)|Sant'Antioco]], [[Asinara]], [[San Pietro (Insel)|San Pietro]] und die Inselgruppe [[La Maddalena]]. Die [[Pontinische Inseln|Pontinischen Inseln]] erstrecken sich vor der Küste Latiums. Im [[Tyrrhenisches Meer|Tyrrhenischen Meer]] befinden sich zudem der [[Kampanischer Archipel|Kampanische Archipel]] (darunter die Insel [[Capri]]) und der [[Toskanischer Archipel|Toskanische Archipel]] (auch [[Elba]]). In der [[Adriatisches Meer|Adria]] liegen die [[Tremiti-Inseln]]. Die [[Pelagische Inseln|Pelagischen Inseln]], zu denen auch [[Lampedusa]] gehört, und die Insel [[Pantelleria]] gehören geologisch bereits zu [[Afrika]].<br />
{{Siehe auch|Liste italienischer Inseln}}<br />
<br />
=== Vulkane ===<br />
[[Datei:Etna eruption seen from the International Space Station.jpg|miniatur|Eruption des Ätnas im Jahre 2002, fotografiert aus der [[Internationale Raumstation|ISS]]]]<br />
Neben dem [[Vesuv]] auf dem italienischen Festland stehen auf italienischen Inseln gleich zwei weitere bekannte [[Vulkan]]e, der [[Ätna]] und der [[Stromboli]].<br />
<br />
=== Klima ===<br />
Italien gehört zur [[warmgemäßigtes Klima|warmgemäßigten Klimazone]]. Nur vereinzelt steigen die Temperaturen über 40 Grad im Sommer bzw. unter minus 10 Grad im Winter. Dabei ist das Klima regional ziemlich unterschiedlich.<ref>[http://www.italica.rai.it/principali/lingua/culture/clima.htm Das Klima in Italien (Il clima in Italia)], RAI Internazionale.</ref><br />
<br />
Norditalien wird von den Alpen und dem toskanisch-emilianischen Apennin umsäumt, wodurch der Einfluss des Mittelmeeres auf das Klima nicht spürbar ist. Die Winter sind kalt, in den Städten der Po-Ebene kommt es mitunter zu Schneefällen; die Sommer sind sehr warm oder heiß, die Luftfeuchtigkeit ist hoch. Mittelitalien hat ein vergleichsweise mildes, [[Mittelmeerklima]] mit trockenen und warmen bis heißen Sommern und milden, feuchten Wintern. Die Temperaturschwankungen sind nicht so hoch wie im Norden.<br />
<br />
Der Süden und die italienischen Inseln haben ein allgemein warmes, [[mediterranes Klima]]. Die geringe Niederschlagshäufigkeit kann dort zu Trockenperioden führen. Die Winter sind nicht zu kalt, Herbst und Frühjahr haben sommerliche Temperaturen.<br />
<br />
In den Alpen und im Apennin herrscht aufgrund der großen Höhen ein meist kaltes [[Gebirgsklima]], die Sommer fallen dort hingegen mild aus. Auf der [[Pala di San Martino]] im Trentino wurde im Dezember 2010 mit minus 48,3 Grad ein neuer italienischer Kälterekord gemessen. Die Höchsttemperatur von 47,0 Grad wurde im Juni 2007 an der Wetterstation Foggia Amendola in Apulien festgestellt.<br />
<br />
=== Geologie ===<br />
Aufgrund der geologischen Verhältnisse kommt es in Italien immer wieder zu Erdbeben. Das verheerendste Beben des 20. Jahrhunderts mit einer Stärke von 7,2 auf der Richterskala ereignete sich in [[Erdbeben von Messina 1908|im Jahr 1908 in Messina und Reggio Calabria ]] und verursachte zirka 120.000 Tote. 1915 forderte ein Erdbeben bei [[Avezzano]] in den Abruzzen 30.000 Menschenleben. Die süditalienische Region [[Irpinia]] wurde 1980 von mehreren starken Beben getroffen, deren Ausläufer von [[Portici]] bei [[Neapel]] bis nach [[Potenza]] in der [[Basilikata]] reichten; dabei starben 3.000 Menschen. Am 31. Oktober 2002 kam es zu einem starken Beben in [[San Giuliano di Puglia]] (Region [[Molise]]): 30 Menschen, davon 27 Kinder, wurden in den Trümmern eines eingestürzten Schulgebäudes verschüttet. Auch Norditalien bleibt nicht von Erdbeben verschont. Ein katastrophales Erdbeben 1976 im [[Friaul]] forderte 965 Menschenleben. Bei weitere kleineren Beben kam es Sachschäden und Todesopfern.<br />
<br />
Am 6. April 2009 ereignete sich [[Erdbeben von L’Aquila|L’Aquila]] ein schweres Erdbeben mit einer Stärke von 5,9 auf der Richterskala in. Das Erdbeben forderte in der [[Provinz L’Aquila]] 298 Opfer und zerstörte zahlreiche Gebäude und ganze Dörfer.<ref>[http://www.ilmessaggero.it/articolo_app.php?id=17421&sez=HOME_INITALIA&npl=&desc_sez= Corriere della sera, 5. Mai 2009, Fazit zum Erdbeben in den Abruzzen am 6. April 2009] abgerufen am 12. Mai 2009.</ref>. Im Jahr 2012 kam es zu mehreren starken Erdbeben in [[Erdbeben in Norditalien 2012|Norditalien]] mit hohen Sachschäden sowie Todesopfern<br />
<br />
=== Naturparks ===<br />
[[Datei:Monte Pollino e Serra del Prete dal contrafforte ovest di Serra delle Ciavole..PNG|miniatur|Der [[Nationalpark Pollino]], der größte Italiens]]<br />
{{Hauptartikel|Nationalparks in Italien|Regionalparks in Italien}}<br />
Derzeit gibt es in Italien 24 [[Nationalparks in Italien|Nationalparks]] mit einer Gesamtfläche von rund 1.500.000 ha (15.000&nbsp;km²), das entspricht etwa fünf Prozent des Staatsgebietes. Der [[Nationalpark Gran Paradiso]] wurde als erster im Jahr 1922 eingerichtet. Größter Naturpark ist der [[Nationalpark Pollino]], der sich über 190.000&nbsp;ha in den süditalienischen Regionen Kalabrien und Basilikata erstreckt.<br />
<br />
Darüber hinaus sind 134 [[Regionalparks in Italien|Regionalparks]] eingerichtet worden, mit einer Fläche von 1.300.000 ha (13.000&nbsp;km²). Damit stehen weitere vier Prozent der Landesfläche unter besonderem Schutz.<br />
<br />
== Bevölkerung ==<br />
Italien hat eine Einwohnerzahl von 60.862.521 Einwohnern (zum 1. Mai 2012) und rangiert in der Weltrangliste auf Platz 23, innerhalb der Europäischen Union liegt das Land auf dem vierten Rang hinter [[Deutschland]], [[Frankreich]] und dem [[Vereinigtes Königreich|Vereinigten Königreich]].<br />
<br />
=== Stadt- und Landbevölkerung ===<br />
Rund 67 % der Einwohner Italiens, vornehmlich im Norden, leben in [[Stadt|Städten]]. Vor allem von 1950 bis 1960 herrschte eine starke Abwanderung aus den unterentwickelten Landregionen in die Städte ([[Landflucht]]). Seit den 1980er Jahren hat sich dieser Trend zu Gunsten der [[Vorort]]e und [[Kleinstadt|Kleinstädte]] umgekehrt ([[Suburbanisierung]]).<br />
<br />
In der Zeit von 1951 und 1974 kam es darüber hinaus zu einer starken [[Binnenwanderung]] nach Norditalien: etwa vier Millionen Süditaliener wanderten in die Industriezentren im Norden aus.<ref>[http://www.rai.it/RAInet/societa/Rpub/raiRSoPubArticolo2/0,7752,id_obj=32350%5Esezione=associazioniinrete,00.html RAI – Das Phänomen Migration]</ref><br />
<br />
=== Die größten Metropolregionen ===<br />
Die Tabelle zeigt die zehn größten [[Metropolregion]]en.<ref>Centro Studi Economici e Sociali: [http://www.webcitation.org/5nhWNMCeb ''Convivere nelle mega cities'', in ''Rapporto annuale 2008'', S. 19–23.]</ref><br />
<br />
{| class="wikitable sortable zebra" style="text-align:right; width:50%"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Rang !! Metropolregion !! Bevölkerung<br />(2007) !! Fläche<br />in km² !! Dichte<br />in Ew./km²<br />
|-<br />
| 1. || align="left" | [[Mailand]] || 8.047.125 || 8.362,1 || 965,6<br />
|-<br />
| 2. || align="left" | [[Neapel]] || 4.996.084 || 3.841,7 || 1.300,5<br />
|-<br />
| 3. || align="left" | [[Rom]] || 4.339.112 || 4.766,3 || 910,4<br />
|-<br />
| 4. || align="left" | [[Venedig]]-[[Padua]]-[[Verona]] || 3.267.420 || 6.679,6 || 489,2<br />
|-<br />
| 5. || align="left" | [[Bari]]-[[Tarent]]-[[Lecce]] || 2.603.831 || 6.127,7 || 424,9<br />
|-<br />
| 6. || align="left" | [[Rimini]]-[[Pesaro]]-[[Ancona]] || 2.359.068 || 5.404,8 || 436,5<br />
|-<br />
| 7. || align="left" | [[Turin]] || 1.997.975 || 1.976,8 || 1.010,7<br />
|-<br />
| 8. || align="left" | [[Bologna]]-[[Piacenza]] || 1.944.401 || 3.923,6 || 495,6<br />
|-<br />
| 9. || align="left" | [[Florenz]]-[[Pisa]]-[[Siena]] || 1.760.737 || 3.795,9 || 629,8<br />
|-<br />
| 10. || align="left" | [[Messina]]-[[Catania]]-[[Syrakus]] || 1.693.173 || 2.411,7 || 702,1<br />
|}<br />
<br />
=== Gesundheit ===<br />
Italien hat eine der höchsten [[Lebenserwartung]]en der Welt. Sie betrug im Jahr 2005 80,4 Jahre und liegt folglich ungefähr zwei Jahre über dem OECD-Durchschnitt von 78,6.<ref name="oecd 2007" /> Italien liegt damit an siebter Stelle unter allen OECD-Staaten. Die Lebenserwartung beträgt für Frauen rund 83 Jahre, für Männer 78. Ungefähr 19 % der [[Italiener]] sind älter als 65 Jahre. Gelegentlich wird die hohe Lebenserwartung auf die [[Mittelmeerküche|mediterrane Kost]] zurückgeführt, die beispielsweise viel Fisch, Olivenöl und Gemüse enthält.<br />
<br />
Trotzdem lässt sich auch in Italien, wie in so gut wie allen OECD-Staaten, ein Anstieg des Anteils [[Adipositas|übergewichtiger Personen]] beobachten. So stieg dieser Wert von 7,0 % im Jahr 1994 auf 9,9 % im Jahr 2005 (in Deutschland lag diese Quote im selben Jahr bei 13,6 %).<ref name="oecd 2007">[[OECD]]: ''[http://www.oecd.org/dataoecd/15/1/39001235.pdf OECD-Gesundheitsdaten 2007 – Deutschland im Vergleich]'', abgerufen am 29. Januar 2008.</ref> Mittlerweile gibt es auch in Italien eigene Krankenhausstrukturen für diese Personengruppe.<br />
<br />
Die Kindersterblichkeit lag in Italien 2005 bei 4,7&nbsp;[[Promille|‰]] (OECD: 5,4&nbsp;‰).<ref name="oecd 2007" /><br />
<br />
Der Anteil täglicher Raucher fiel im Vergleichszeitraum 1990 bis 2005 von 27,8 % auf 22,3 % (OECD: 24,3 %).<ref name="oecd 2007" /> Seit 10. Januar 2005 gilt außerdem ein generelles [[Rauchverbot]] in allen öffentlich zugänglichen Gebäuden. Wer trotzdem raucht, muss mit Bußgeldern zwischen 27,50 und 275 Euro rechnen, Wirte, die nicht für die Einhaltung des Verbots sorgen, mit 220 bis 2200 Euro.<br />
<br />
=== Religion ===<br />
[[Datei:Facade San Giovanni in Laterano 2006-09-07.jpg|miniatur|Die [[Lateranbasilika]], Sitz des [[Bistum Rom|Bistums Rom]]]]<br />
Italien ist ein katholisch geprägtes Land. Die [[katholische Kirche in Italien]] ist traditionell einflussreich, was sich in einer hohen Zahl an Priestern (51.259), Bischöfen (155) und Kardinälen (38) widerspiegelt.<ref>[http://www.nationmaster.com/red/country/it-italy/rel-religion&b_cite=1 NationMaster, Europe, Italy, Religion]</ref><br />
<br />
51 Millionen Italiener bekennen sich zum katholischen Glauben. Die zweitgrößte christliche Glaubensgemeinschaft bilden die [[Orthodoxe Kirche in Italien|Orthodoxen]], mit 1.187.130 Anhängern: Deren Anteil ist durch die Einwanderung von Rumänen besonders stark gestiegen. Die Protestanten (unter anderem [[Waldenser]] und [[Baptisten in Italien|Baptisten]]) sind mit 547.825 Gläubigen vertreten. Zu weiteren christlichen Konfessionen bekennen sich etwa 500.000 in Italien lebende Personen.<br />
<br />
Unter den Nichtchristen bilden die Moslems mit 1.293.704 die größte Glaubensgemeinschaft (siehe auch [[Islam in Italien]]). Zudem leben in Italien 197.931 [[Buddhisten]] und 108.950 [[Hindus]]. Die Jüdische Gemeinschaft zählt etwa 45.000 Mitglieder.<br />
<br />
Vier Millionen Menschen bekennen sich zu keiner Konfession.<ref>Alle Daten wurden aus dem Dossier 2008 der Caritas/Migrantes entnommen und beziehen sich auf die Wohnbevölkerung Italiens.</ref><br />
<br />
=== Sprachen und Dialekte ===<br />
Neben der staatlichen Amtssprache [[Italienische Sprache|Italienisch]] gibt es noch die regionalen Amtssprachen [[Deutsche Sprache|Deutsch]] und [[Ladinische Sprache|Ladinisch]] in [[Trentino-Südtirol]], [[Französische Sprache|Französisch]] im [[Aostatal]] sowie [[Slowenische Sprache|Slowenisch]] in [[Friaul-Julisch Venetien]].<br />
<br />
<gallery><br />
Carta identita Alto Adige.jpg|Zweisprachiger Ausweis Italienisch-Deutsch<br />
Carta identita valledaosta.jpg|Zweisprachiger Ausweis Italienisch-Französisch<br />
Carta d'identità ita-slo.jpg|Zweisprachiger Ausweis Italienisch-Slowenisch<br />
</gallery><br />
<br />
Darüber hinaus sieht ein staatliches Gesetz aus dem Jahr 1999<ref>[http://www.camera.it/parlam/leggi/99482l.htm G. Nr. 482/1999]</ref> den Schutz folgender Minderheitensprachen vor:<br />
* [[Albanische Sprache|Albanisch]] (siehe [[Arbëresh]]), verteilt im gesamten [[Süditalien|Mezzogiorno]]<br />
* [[Franko-Provenzalische Sprache|Franko-Provenzalisch]], die eigentliche Volkssprache des Aostatals sowie einiger Täler im Piemont mit kleinen Sprachinseln in Apulien<br />
* [[Furlanische Sprache|Furlan]], die Sprache des Friaul<br />
* [[Griechische Sprache|Griechisch]] (siehe [[Griko]]) in Apulien und Kalabrien<br />
* [[Katalanische Sprache|Katalanisch]] in [[Alghero]] auf Sardinien<br />
* [[Moliseslawische Sprache|Molisekroatisch]] in der Region Molise<br />
* [[Okzitanische Sprache|Okzitanisch]] in einigen Alpentälern des Piemont<br />
* [[Sardische Sprache|Sardisch]], die Sprache Sardiniens.<br />
Bisher ist dieses Gesetz bis auf einige Ausnahmen nicht umgesetzt worden. Die Einrichtung von mehrsprachigen Ämtern, der muttersprachliche Schulunterricht und die Förderung von Radio- und Fernsehprogrammen, wie sie das Gesetz vorsieht, sind nicht verwirklicht worden. Nur in der Ortsnamensgebung sind einige Fortschritte gemacht worden: So tragen zahlreiche Verkehrsschilder im Friaul auch die furlanische Bezeichnung, während auf Sardinien neben dem italienischen gegebenenfalls auch der sardische Ortsname steht. In den Schulen des Friauls ist es zudem möglich, Unterricht in furlanischer Sprache zu nehmen.<br />
<br />
[[Fersentalerisch]] und [[Zimbern|Zimbrisch]] sind bairische Mundarten, die in einigen Sprachinseln in Nordostitalien verbreitet sind: Im [[Trentino]] werden sie als Minderheitensprachen geschützt. In einigen Alpentälern im Nordwesten wird der höchstalemannische Dialekt der [[Walser]] gesprochen, der in der autonomen Region [[Aostatal]] anerkannt ist und gefördert wird.<br />
<br />
Darüber hinaus werden in Italien zahlreiche Dialekte des [[Italienische Sprache|Italienischen]] gesprochen. Diese können in drei große Dialektgruppen unterschieden werden:<ref>Für diese Unterteilung siehe Universität Mailand-Bicocca [https://docs.google.com/viewer?a=v&q=cache:gawZvj2aDaEJ:www.formazione.unimib.it/DATA/Insegnamenti/4_982/materiale/lez3.ppt+unimib+dialetti+settentrionali+toscani&hl=de&gl=de&pid=bl&srcid=ADGEESjNfKmF-EVyBf_hyhF8NmKHRMOuItBZIM_G4-eOj62424fuFTxS02psseueS0djIftuUcxwtHIX6fXoFh3_hg1UYX2YpCeXwuzn0OyKHlX0Ulv0hvyVg48_po81NhusQ9G5EMxP&sig=AHIEtbQ1Rdk4TgN6CaL30v_M5YIhX8c_cg Einführung in die Sprachwissenschaft] (italienisch).</ref><br />
* [[Norditalienisch|norditalienische Dialekte]]: Dazu gehören die [[Galloitalisch|galloitalischen Dialekte]] (z.&nbsp;B. [[Lombardische Sprache|Lombardisch]]) und das [[Venetische Sprache (Romanisch)|Venetische]];<br />
* [[Toskana|toskanische]] Dialekte;<br />
* mittel- und [[süditalienisch]]e Dialekte: Dazu gehören unter anderem der [[römischer Dialekt|römische Dialekt]] und das [[Sizilianische Sprache|Sizilianische]].<br />
Die Anerkennung der Dialekte als eigenständige Sprachen ist in der Sprachwissenschaft umstritten, ebenso in der Politik. Die Verkehrsbeschilderung einiger Gemeinden, besonders jener, die von der Lega Nord verwaltet sind, ist zum Beispiel um die mundartliche Bezeichnung des Ortes erweitert worden.<br />
<br />
<gallery><br />
Road sign in Friulian.jpg|Beschilderung Italienisch-Furlan<br />
Segnaletica bilingue Sardegna.gif|Beschilderung Italienisch-Sardisch<br />
Maschito bilingual.jpg|Beschilderung Italienisch-Albanisch in [[Maschito]]<br />
20080106Cartello2m.jpg|Beschilderung Italienisch-lombardischer Dialekt<br />
</gallery><br />
<br />
=== Einwanderung ===<br />
Die Anzahl der in Italien wohnhaften Ausländer nimmt seit den 1990er Jahren konstant zu. Laut dem nationalen Statistikinstitut [[Istituto Nazionale di Statistica|ISTAT]] waren zum 1. Januar 2011 4.563.000 ausländische Staatsbürger in Italien wohnhaft, das macht 7,5 % der Gesamtbevölkerung aus.<br />
<br />
{| class="wikitable sortable zebra" style="text-align:right; font-size:95%; width:50%;"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Pos. !! Herkunftsland !! Anzahl<br />
|-<br />
| 1 || align="left" | {{ROU}} || 997.000<br />
|-<br />
| 2 || align="left" | {{ALB}} || 491.000<br />
|-<br />
| 3 || align="left" | {{MAR}} || 457.000<br />
|-<br />
| 4 || align="left" | {{CHN}} || 201.000<br />
|-<br />
| 5 || align="left" | {{UKR}} || 192.000<br />
|-<br />
| 6 || align="left" | {{PHL}} || 131.000<br />
|-<br />
| 7 || align="left" | {{MDA}} || 123.000<br />
|-<br />
| 8 || align="left" | {{IND}} || 118.000<br />
|-<br />
| 9 || align="left" | {{POL}} || 111.000<br />
|-<br />
| 10 || align="left" | {{TUN}} || 107.000<br />
|-<br />
| 11 || align="left" | {{MKD}} || 98.000<br />
|-<br />
| 12 || align="left" | {{PER}} || 95.000<br />
|-<br />
| 13 || align="left" | {{ECU}} || 91.000<br />
|-<br />
| 14 || align="left" | {{EGY}} || 87.000<br />
|-<br />
| 15 || align="left" | {{BGD}} || 82.000<br />
|-<br />
| 16 || align="left" | {{LKA}} || 81.000<br />
|-<br />
| 17 || align="left" | {{SEN}} || 77.000<br />
|-<br />
| 18 || align="left" | {{SRB}}<br />{{MNE}}<br />{{KOS}} || 76.000<br />
|-<br />
| 19 || align="left" | {{PAK}} || 72.000<br />
|-<br />
| 20 || align="left" | {{NGA}} || 52.000<br />
|}<br />
<br />
:<small>Quelle: Demographische Indikatoren 2010, ISTAT (1. Januar 2011).<ref>[http://www.istat.it/salastampa/comunicati/in_calendario/inddemo/20110124_00/testointegrale20110124.pdf ISTAT: Demographische Indikatoren für das Jahr 2010] (Schätzung).</ref></small><br />
<br />
Zudem leben in Italien rund 120.000 [[Roma]], von denen 70.000 Staatsbürger sind.<br />
<br />
Die [[Unerlaubte Migration|illegalen Einwanderer]] sind in der Statistik nicht berücksichtigt. Die [[OECD]] rechnet mit 500.000 bis 750.000, die Caritas geht davon aus, dass sich 1 Million Ausländer illegal aufhalten.<ref>[http://www.corriere.it/cronache/09_agosto_10/focus_8c0ab4f0-8572-11de-8be5-00144f02aabc.shtml 1 Million illegale Einwanderer in Italien], Corriere della Sera, 10. August 2009.</ref> Damit würden sich in Italien bis zu 5 Millionen Ausländer aufhalten.<br />
<br />
Die meisten Einwanderer sind im Norden und im Zentrum Italiens angesiedelt, dort machen sie einen Anteil von 10,1 % bzw. 9,7 % an der Bevölkerung aus. In den süditalienischen Regionen liegt der Ausländeranteil bei 2,9 %.<ref>[http://www.istat.it/salastampa/comunicati/in_calendario/inddemo/20110124_00/testointegrale20110124.pdf ISTAT: Demographische Indikatoren für das Jahr 2010, S. 8.]</ref> Die Städte mit dem größten Anteil an Ausländern sind: Rom (242.725), Mailand (181.393), Turin (114.710), Genua (42.744), Florenz (40.898), Bologna (39.480), Verona (34.465), Brescia (31.512), Padua (25.596), Neapel (24.384), Reggio Emilia (24.401), Prato (24.153), Venedig (23.928) und Modena (22.857).<ref>ISTAT, Jahr 2009.</ref><br />
<br />
=== Italiener im Ausland ===<br />
[[Datei:Italienische Emigration pro Region 1876-1915.svg|miniatur|hochkant=2|Anzahl der Auswanderer nach Herkunftsregion in den Zeiträumen 1876–1900 bzw. 1901–1915]]<br />
Zwischen 1876 und 1915 war Italien von einer [[Italienische Auswanderung|massiven Auswanderungswelle]] betroffen. Schätzungsweise 14 Millionen Bürger verließen das Land, um hauptsächlich in Amerika – in den Vereinigten Staaten als Arbeiter, in Argentinien und Brasilien als Landwirte – ihr Glück zu suchen. Die Zahl ist beeindruckend, vor allem wenn man bedenkt, dass Italien zur Jahrhundertwende 33 Millionen Einwohner zählte. 1913 war das Jahr mit der höchsten aufgezeichneten Auswanderungswelle: Über 870.000 [[Italiener]] verließen ihre Heimat.<ref>[http://www.emigrati.it/Emigrazione/Esodo.asp Quelle: Aufarbeitung von Daten von ISTAT, in Gianfausto Rosoli, Un secolo di emigrazione italiana 1876–1976, Roma, Cser, 1978]</ref><br />
<br />
Die faschistische Diktatur versuchte der Auswanderung entgegenzuwirken, konnte aber nicht verhindern, dass weitere 2,6 Millionen [[Italiener]] das Land verließen. Vor allem Argentinien und Frankreich waren zwischen den Weltkriegen beliebte Auswanderungsländer, zumal die Vereinigten Staaten und Brasilien strengere Einwanderungsregeln eingeführt hatten.<br />
<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg richtete sich die Auswanderung zunehmend in Richtung europäischer Staaten. Viele, die vorübergehend als [[Gastarbeiter]] nach Belgien, Deutschland, Frankreich, in die Schweiz gekommen waren, ließen sich schließlich auf unbestimmte Zeit in ihren neuen Heimatländern nieder.<br />
<br />
Im konsularischen Personenregister sind nach wie vor 4.106.640 Auslandsitaliener registriert. Die folgende Tabelle weist jene Länder (außer Italien) aus, in denen die meisten [[Italienische Staatsbürgerschaft|italienischen Staatsbürger]] wohnhaft sind.<br />
<br />
{| class="wikitable sortable zebra" style="width:50%;"<br />
|+ Staaten mit den meisten italienischen Staatsangehörigen<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Staat !! Einwohnerzahl<br />
|-<br />
| {{ARG}} || align="right" | 659.655<br />
|-<br />
| {{DEU}} || align="right" | 648.453<br />
|-<br />
| {{CHE}} || align="right" | 533.821<br />
|-<br />
| {{FRA}} || align="right" | 343.197<br />
|-<br />
| {{BRA}} || align="right" | 297.137<br />
|-<br />
| {{BEL}} || align="right" | 251.466<br />
|-<br />
| {{USA}} || align="right" | 199.284<br />
|-<br />
| {{GBR}} || align="right" | 187.363<br />
|-<br />
| {{VEN}} || align="right" | 124.133<br />
|-<br />
| {{AUS}} || align="right" | 122.863<br />
|-<br />
| {{CAN}} || align="right" | 121.465<br />
|-<br />
| {{ESP}} || align="right" | 104.637<br />
|-<br />
| {{URY}} || align="right" | 90.231<br />
|-<br />
| {{CHL}} || align="right" | 48.966<br />
|-<br />
| {{NLD}} || align="right" | 32.730<br />
|-<br />
| andere Staaten || align="right" | 341.239<br />
|}<br />
:<small>Quelle: Italienisches Außenministerium<ref>[http://www.esteri.it/MAE/Pubblicazioni/AnnuarioStatistico/Capitolo2_Annuario2009.pdf Italienisches Außenministerium: Statistisches Jahrbuch 2009, S. 121–129.]</ref></small><br />
<br />
Die [[Italiener]] im Ausland dürfen bei den Parlamentswahlen wählen und sind durch 12 Abgeordnete und 6 Senatoren vertreten. Zudem dürfen sie an den [[Volksabstimmung (Italien)|nationalen Volksabstimmungen]] teilnehmen.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
{{Hauptartikel|Urgeschichte Italiens|Geschichte Italiens}}<br />
<br />
=== Ur- und Frühgeschichte ===<br />
Italien war vor mindestens 1,3 Millionen Jahren von [[Hominiden]] bewohnt, seit 700.000 Jahren durchgängig. Der Vorgänger des heutigen Menschen erschien vor 43.000 bis 45.000 Jahren in Italien und lebte mehrere Jahrtausende neben dem [[Neandertaler]]. Bis ins 6. Jahrtausend v. Chr. bildeten Jagd, Fischfang und Sammeln die Grundlagen der Existenz, doch ab 6100 v. Chr. brachten erste Gruppen wohl aus Südanatolien und dem Nahen Osten, die [[Landwirtschaft]] mit. Im 2. Jahrtausend entwickelten sich aus den Dörfern frühe stadtähnliche Siedlungen, [[Hierarchie]]n entstanden. Neben italischen Völkern kamen [[Etrusker]] ins Land, deren Herkunft ungeklärt ist. Im 8. Jahrhundert v. Chr. begann die [[griechische Kolonisation]] des süditalienischen Festlandes und Siziliens, an der Westküste der Insel siedelten [[Phönizier]], später [[Karthago|Karthager]].<br />
<br />
=== Antike ===<br />
Schon in vorrömischer Zeit war Italien, vor allem Mittel- ([[Etrurien]]) und Süditalien ([[Magna Graecia]]), ein wichtiges [[Europa|europäisches]] [[Kultur]]zentrum. Über Jahrhunderte war es schließlich der Mittelpunkt des [[Römisches Reich|Römischen Reichs]]. Zur Zeit [[Julius Caesar|Caesars]] wurde Italien, das zuvor bis zum [[Rubikon]] bei Rimini reichte, um die Provinz [[Gallia Cisalpina]] erweitert. Sizilien und Sardinien (sowie Korsika) wurden erst im Zuge von Kaiser [[Diokletian]]s Gebietsreform dem Mutterland Italien (''Dioecesis Italiae'') angegliedert.<br />
<br />
=== Mittelalter ===<br />
Nach dem Einfall der [[Goten]] und der [[Langobarden]] (410 bzw. 568) zersplitterte das Land in eine Reihe von Herrschaftsgebieten. Im 8. und 9. Jahrhundert, besonders unter Pippin und Karl dem Großen, dominierten die Franken, doch entwickelte sich unter den Nachfolgern Karls ein eigenes Königreich Italien. Seit [[Otto I. (HRR)|Otto dem Großen]] gehörte Italien überwiegend zum [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich]], der Süden blieb dabei lange [[Byzantinisches Reich|byzantinisch]]. Jedoch eroberten zunächst Araber ab 827 Sizilien und Teile Süditaliens. Im frühen 11. Jahrhundert begannen Normannen (aus der Normandie) mit der Eroberung Süditaliens bis zum Ende des 11. Jahrhunderts.<br />
<br />
Durch den Aufschwung von Handel und Verkehr gewannen insbesondere die Städte Norditaliens im 11. Jahrhundert zunehmende Selbstständigkeit. Die Normannen und zahlreiche Städte Oberitaliens unterstützten während des [[Investiturstreit]]s den Papst. Mit dem Untergang ihrer Dynastie 1268 scheiterten die Versuche der [[Staufer]], die schwindende Reichsgewalt in Italien zu erneuern, obwohl Heinrich VI. das unteritalienische Normannenreich durch Heirat gewonnen hatte. Den Süden beherrschte ab 1268 die französische Dynastie der Anjou, der Norden zerfiel in eine Reihe von formal dem Heiligen Römischen Reich zugehörigen, jedoch beinahe selbstständigen Städten mit ihrem Umland.<br />
<br />
Im 14. und 15. Jahrhundert entstanden im Zeitalter der [[Renaissance]] Mittelmächte mit einem enormen wirtschaftlichen und kulturellen Vorsprung. Fünf Mächte, das süditalienische Königreich, der [[Kirchenstaat]], [[Florenz]], [[Mailand]] und [[Republik Venedig|Venedig]] teilten sich in wechselnden Koalitionen die politische Macht und die Ressourcen der Halbinsel.<br />
<br />
=== Neuzeit ===<br />
[[Datei:Italy 1494 shepherd.jpg|miniatur|Italien um 1494]]<br />
Der Niedergang Italiens begann unmittelbar nach der Entdeckung Amerikas, mit der Verlagerung des Handels in die Überseekolonien westeuropäischer Staaten, auch angesichts der osmanischen Kontrolle über das Mittelmeer. Politisch wurde Italien zum Spielball fremder Mächte. Im 16. Jahrhundert kämpften Frankreich und Spanien um die Vormachtstellung auf der Halbinsel. Die [[Schlacht bei Pavia (1525)]] besiegelte die Vorherrschaft Spaniens, das sich die unmittelbare Kontrolle Süditaliens und der Lombardei sichern konnte.<br />
<br />
1796 rissen französische Revolutionstruppen die Macht an sich. 1805 krönte sich [[Napoleon]] in Mailand zum [[Königreich Italien (1805–1814)|König von Italien]]. Nach dem Zusammenbruch seiner Herrschaft fiel Italien in den Einflussbereich des österreichischen Kaiserreiches. Vom 16. bis hinein ins 19. Jahrhundert stand der Großteil Italiens somit unter Fremdherrschaft.<br />
<br />
Die anschließende Nationalbewegung im 19. Jahrhundert ging als [[Risorgimento]] in die Geschichte ein. Unter Führung der Dynastie der Savoyer, Könige von [[Königreich Sardinien|Sardinien-Piemont]], angetrieben durch die Freiwilligenverbände unter [[Giuseppe Garibaldi]], gelang in [[Italienische Unabhängigkeitskriege|drei Unabhängigkeitskriegen]] die Vereinigung Italiens. Am 17. März 1861 wurde [[Viktor Emanuel II.]] in Turin zum König Italiens ausgerufen. 1865 wechselte die Hauptstadt nach Florenz. 1866 kamen mit dem [[Italienische Unabhängigkeitskriege|dritten Unabhängigkeitskrieg]] auch das österreichische [[Venetien]] sowie das [[Friaul]] zum Königreich Italien. Rom wurde dann 1870 erobert und ein Jahr später zur Hauptstadt des Landes erkoren. Darüber hinaus versuchte Italien, ähnlich wie andere europäische Mächte, als Kolonialmacht Fuß zu fassen, am Horn von Afrika (Eritrea, erst später Äthiopien) und in Libyen.<br />
<br />
[[Datei:Kingdom of Italy 1919 map.svg|miniatur|Italien nach dem [[Vertrag von St. Germain]]]]<br />
Italien löste sich während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] aus dem [[Dreibund]] und trat der [[Triple Entente|Entente]] bei. Nachdem diese territoriale Zugewinne anbot (siehe [[Erster Weltkrieg#Italien|Italiens Kriegsziele]]), konnte das Königreich auf der Seite der Siegermächte [[Julisch Venetien]], das [[Trentino]] sowie das deutschsprachige [[Südtirol]] annektieren.<br />
<br />
Im Oktober 1922 übernahmen [[Benito Mussolini]] und seine ''[[Faschismus|Fascisti]]'' genannten Gefolgsleute durch den [[Marsch auf Rom]] die Macht. Schritt für Schritt wandelte Mussolini das Königreich in einen totalitären Staat um und setzte sich selbst als „Duce“ (Führer) an die Spitze von Volk und Staat.<br />
[[Italienisch-Äthiopischer Krieg (1935–1936)|Am 3. Oktober 1935]] überfiel Italien das [[Kaiserreich Abessinien]] (heute [[Äthiopien]]) und [[Annexion|annektierte]] das Land. Diese [[völkerrecht]]swidrige Besetzung war Teil von Mussolinis erklärtem Ziel, das antike [[Römisches Reich|Römische Reich]] wieder aufleben zu lassen. Durch verschiedene Abkommen band sich Mussolini an das Deutsche Reich und [[Adolf Hitler]]. Schließlich trat Italien auf der Seite der [[Achsenmächte]], nach merklichem Zögern des ''Duce'', in den [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] ein. Mit dem Rückzug der italienischen Truppen vor den anrückenden [[Alliierte]]n und dem Sturz der faschistischen Regierung im Herbst 1943 brach Italien den [[Dreimächtepakt]], wechselte die Fronten und erklärte nunmehr seinem vormals Verbündeten den Krieg.<br />
<br />
Der folgende Einmarsch der deutschen [[Wehrmacht]] stieß auf den Widerstand der ''[[Resistenza]]''. Nach der Befreiung Mussolinis durch deutsche [[Fallschirmjäger]] in den [[Apenninen]] erfolgte die Installation einer [[Marionettenregierung]] unter Mussolini in Norditalien bis nach Rom am 23. September 1943 ([[Republik von Salò|Italienische Sozialrepublik]]). Dieser neue Staat blieb mit Deutschland verbündet und erklärte seinerseits dem von den Alliierten besetzten Teil Italiens den Krieg. Eine frischrekrutierte Armee von 40.000 Freiwilligen (''[[Schwarze Brigaden]]'') standen als vermeintlich legitime Staatsgewalt von Beginn an in einer Art Bürgerkrieg gegen die italienischen Partisanen, der sich die letzten 18 Monate bis zum Ende des Krieges hinzog.<ref>arte.tv: Geschichte am Mittwoch (Mussolini, 2. Teil); gesendet am 4. März 2009.</ref> Als sich die deutschen Verbände im Juni 1944 bis zur „[[Gotenstellung|Gotenlinie]]“ im [[Apennin]] zurückzogen und italienische Partisanen ihre Überfälle auf deutsche Soldaten verstärkten, kam es zu [[Massaker]]n an der Zivilbevölkerung und weiteren schweren Kriegsverbrechen durch die deutschen Besatzer und Truppen der faschistischen [[Sozialrepublik Italien]]. Am 28. April 1945 kapitulierten die Wehrmachtsverbände in Italien vor den Westalliierten, die Kämpfe hielten aber noch bis zum 2. Mai 1945 an.<br />
<br />
Nach Kriegsende verlor Italien sämtliche [[Italienische Kolonien|Kolonien]]. Das italienische Mutterland blieb von größeren Gebietsabtretungen verschont (der Großteil von [[Julisch Venetien]] an [[Jugoslawien]] bzw. das heutige [[Slowenien]] und [[Kroatien]], der [[Italienische Ägäis-Inseln|italienische Dodekanes]] an [[Griechenland]], die Gemeinden [[Tende]] und [[La Brigue]] an Frankreich).<br />
<br />
Eine verfassungsgebende Versammlung beschloss die neue ''[[Italienische Verfassung|Costituzione della Repubblica Italiana]]'' am 22. Dezember 1947. Sie trat zum 1. Januar 1948 in Kraft.<br />
<br />
Die Nachkriegsgeschichte Italiens zeichnet sich innenpolitisch durch häufige Regierungswechsel, allerdings bis 1990 vier Jahrzehnte unter Führung oder Hauptbeteiligung der ''[[Democrazia Cristiana]]'' (Christdemokraten), außenpolitisch durch die Gründungsmitgliedschaft in der [[Europäische Wirtschaftsgemeinschaft]] und wirtschaftlich durch das [[Wirtschaftswunder]] (''miracolo economico'') aus. Nach Jahrzehnten hoher Inflation (die [[Italienische Lira|Lira]] verlor einen Großteil ihres Wertes) wurde in den 1990er Jahren die Neuverschuldung deutlich gebremst, um die [[Maastricht-Kriterien]] zu erfüllen und den [[Euro]] als Währung einführen zu können.<br />
<br />
Anfang der 90er Jahre wurde die politische Elite des Landes vom Korruptionsskandal [[Tangentopoli]] und den Aufklärungsmaßnahmen der [[Mani pulite]] weggefegt. Von etwa 1994 bis Ende 2011 wurde die Politik Italiens von Parteienbündnissen um [[Silvio Berlusconi]] sowie wechselnden Mitte-links-Koalitionen bestimmt. 2011 wurde [[Mario Monti]] sein Nachfolger, insbesondere infolge der seit 2009 schwelenden [[Staatsschuldenkrise im Euroraum]] und der [[PIIGS|als zu hoch kritisierten Staatsverschuldung Italiens]], und bildete ein Kabinett von parteilosen Fachleuten ([[Kabinett Monti]]).<br />
<br />
== Recht ==<br />
{{Hauptartikel|Recht Italiens}}<br />
<br />
== Politik ==<br />
=== Politisches System ===<br />
{{Hauptartikel|Politisches System Italiens}}<br />
<br />
Italien ist seit 1946 eine [[Parlamentarisches Regierungssystem|parlamentarische]] [[Republik]]. [[Staatsoberhaupt]] ist der [[Präsident der Italienischen Republik|Staatspräsident]], das [[Parlament]] besteht aus zwei Kammern ([[Camera dei deputati|Abgeordnetenkammer]] und [[Senato della Repubblica|Senat]]), die alle fünf Jahre gewählt werden und absolut gleichberechtigt sind. Daneben gibt es vom Staatspräsidenten ausgezeichnete verdiente Persönlichkeiten, die als Senatoren auf Lebenszeit dem Senat angehören. Auch die früheren Staatspräsidenten sind Senatoren auf Lebenszeit. [[Regierungschef]] ist der [[Ministerpräsident]], seit November 2011 [[Mario Monti]].<br />
<br />
Zudem ist Italien Mitglied in mehreren überstaatlichen [[Organisation]]en. Mit dem 4. April 1949 erfolgte der Eintritt in die [[NATO]]. Seit dem 14. Dezember 1955 gehört Italien den [[UNO|Vereinten Nationen]] an. Zudem ist das Land als Gründungsmitglied der [[Europäische Union|Europäischen Union]] am 1. Januar 1952 ein bedeutender Ansprechpartner in Europa.<br />
<br />
{{Siehe auch|Politische Parteien in Italien|Liste der italienischen Ministerpräsidenten}}<br />
<br />
=== Politische Gliederung ===<br />
Italien ist politisch in [[Italienische Regionen|20 Regionen]] (''regioni'') mit jeweils eigener [[Regierung]] gegliedert. Diese Regionen sind in insgesamt [[Italienische Provinzen|109 Provinzen]] (''province'') und diese in 8.094 [[Gemeinde (Italien)|Gemeinden ''(comuni)'']] unterteilt.<br />
<br />
==== Regionen ====<br />
{{Hauptartikel|Italienische Regionen}}<br />
{{Imagemap Italien1|Italy, administrative divisions - de - colored.svg|thumb|380px|Italienische Regionen}}<br />
Die italienischen Regionen verfügen über eine als Statut bezeichnete Landesverfassung. Fünf Regionen haben ein Sonderstatut (''statuto speciale''), das ihnen eine große Autonomie gewährt; diese sind in der folgenden Liste mit einem Stern markiert.<br />
<br />
{| class="wikitable sortable zebra" style="width:50%;"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Region !! Hauptstadt !! Einwohner !! Fläche (km²) !! Einw./km²<br />
|-<br />
| {{IT-25}}<!-- Lombardei --><br />
| align="left" | [[Mailand]]<br />
| align="right" | 9.781.682<br />
| align="right" | 23.863<br />
| align="right" | 408<br />
|-<br />
| {{IT-72}}<!-- Kampanien --><br />
| align="left" | [[Neapel]]<br />
| align="right" | 5.815.251<br />
| align="right" | 13.590<br />
| align="right" | 428<br />
|-<br />
| {{IT-62}}<!-- Latium --><br />
| align="left" | [[Rom]]<br />
| align="right" | 5.650.977<br />
| align="right" | 17.236<br />
| align="right" | 326<br />
|-<br />
| {{IT-82}}&nbsp;*<!-- Sizilien --><br />
| align="left" | [[Palermo]]<br />
| align="right" | 5.037.499<br />
| align="right" | 25.711<br />
| align="right" | 196<br />
|-<br />
| {{IT-34}}<!-- Venetien --><br />
| align="left" | [[Venedig]]<br />
| align="right" | 4.899.371<br />
| align="right" | 18.399<br />
| align="right" | 266<br />
|-<br />
| {{IT-21}}<!-- Piemont --><br />
| align="left" | [[Turin]]<br />
| align="right" | 4.440.226<br />
| align="right" | 25.402<br />
| align="right" | 174<br />
|-<br />
| {{IT-45}}<!-- Emilia-Romagna --><br />
| align="left" | [[Bologna]]<br />
| align="right" | 4.357.164<br />
| align="right" | 22.446<br />
| align="right" | 194<br />
|-<br />
| {{IT-75}}<!-- Apulien --><br />
| align="left" | [[Bari]]<br />
| align="right" | 4.079.638<br />
| align="right" | 19.358<br />
| align="right" | 211<br />
|-<br />
| {{IT-52}}<!-- Toskana --><br />
| align="left" | [[Florenz]]<br />
| align="right" | 3.720.366<br />
| align="right" | 22.994<br />
| align="right" | 161<br />
|-<br />
| {{IT-78}}<!-- Kalabrien --><br />
| align="left" | [[Catanzaro]]<br />
| align="right" | 2.007.997<br />
| align="right" | 15.081<br />
| align="right" | 133<br />
|-<br />
| {{IT-88}}&nbsp;*<!-- Sardinien --><br />
| align="left" | [[Cagliari]]<br />
| align="right" | 1.670.539<br />
| align="right" | 24.090<br />
| align="right" | 69<br />
|-<br />
| {{IT-42}}<!-- Ligurien --><br />
| align="left" | [[Genua]]<br />
| align="right" | 1.615.441<br />
| align="right" | 5.422<br />
| align="right" | 298<br />
|-<br />
| {{IT-57}}<!-- Marken --><br />
| align="left" | [[Ancona]]<br />
| align="right" | 1.573.445<br />
| align="right" | 9.366<br />
| align="right" | 166<br />
|-<br />
| {{IT-65}}<!-- Abruzzen --><br />
| align="left" | [[L’Aquila]]<br />
| align="right" | 1.338.103<br />
| align="right" | 10.763<br />
| align="right" | 124<br />
|-<br />
| {{IT-36}}&nbsp;*<!-- Friaul-Julisch Venetien --><br />
| align="left" | [[Triest]]<br />
| align="right" | 1.232.291<br />
| align="right" | 7.858<br />
| align="right" | 157<br />
|-<br />
| {{IT-32}}&nbsp;*<!-- Trentino-Südtirol --><br />
| align="left" | [[Trient]]<br />
| align="right" | 1.022.528<br />
| align="right" | 13.607<br />
| align="right" | 75<br />
|-<br />
| {{IT-55}}<!-- Umbrien --><br />
| align="left" | [[Perugia]]<br />
| align="right" | 897.611<br />
| align="right" | 8.456<br />
| align="right" | 106<br />
|-<br />
| {{IT-77}}<!-- Basilikata --><br />
| align="left" | [[Potenza]]<br />
| align="right" | 589.632<br />
| align="right" | 9.995<br />
| align="right" | 59<br />
|-<br />
| {{IT-67}}<!-- Molise --><br />
| align="left" | [[Campobasso]]<br />
| align="right" | 320.360<br />
| align="right" | 4.438<br />
| align="right" | 72<br />
|-<br />
| {{IT-23}}&nbsp;*<!-- Aostatal --><br />
| align="left" | [[Aosta]]<br />
| align="right" | 127.430<br />
| align="right" | 3.263<br />
| align="right" | 39<br />
|- class="hintergrundfarbe5 sortbottom"<br />
| {{ITA}}<!-- Italien gesamt --><br />
| align="left" |<br />
| align="right" | '''60.177.551'''<br />
| align="right" | '''301.338'''<br />
| align="right" | '''199'''<br />
|}<br />
<br />
==== Provinzen ====<br />
{{Hauptartikel|Italienische Provinzen}}<br />
Liste der zehn größten Provinzen nach Einwohnern (Stand: 1. Januar 2009).<ref name="autogenerated1">[http://demo.istat.it/bilmens2008gen/index02.html ISTAT: Demographische Datenbank 2008]</ref><br />
<br />
{| class="wikitable sortable zebra" style="text-align:right; width:50%;"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Rang !! Provinz !! Einwohnerzahl<br />
|-<br />
| 1. || align="left" | [[Provinz Rom|Rom]] || 4.115.911<br />
|-<br />
| 2. || align="left" | [[Provinz Mailand|Mailand]] || 3.170.273<br />
|-<br />
| 3. || align="left" | [[Provinz Neapel|Neapel]] || 3.078.629<br />
|-<br />
| 4. || align="left" | [[Provinz Turin|Turin]] || 2.196.313<br />
|-<br />
| 5. || align="left" | [[Provinz Bari|Bari]] || 1.251.072<br />
|-<br />
| 6. || align="left" | [[Provinz Palermo|Palermo]] || 1.244.426<br />
|-<br />
| 7. || align="left" | [[Provinz Brescia|Brescia]] || 1.225.681<br />
|-<br />
| 8. || align="left" | [[Provinz Salerno|Salerno]] || 1.090.782<br />
|-<br />
| 9. || align="left" | [[Provinz Catania|Catania]] || 1.078.532<br />
|-<br />
| 10. || align="left" | [[Provinz Bergamo|Bergamo]] || 1.065.596<br />
|}<br />
<br />
Die [[Südtirol|Autonome Provinz Bozen-Südtirol]] ist mit 7.399,97&nbsp;km² die flächenmäßig größte Provinz.<br />
<br />
==== Gemeinden ====<br />
{{Hauptartikel|Italienische Gemeinden|Liste der Städte in Italien}}<br />
Die zehn größten Gemeinden (Stand: 1. Januar 2010).<ref name="comuni italiani">http://www.comuni-italiani.it/citta.html</ref><br />
<br />
{| class="wikitable sortable zebra" style="text-align:right; width:50%;"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Rang !! Stadt !! Einwohnerzahl<br />
|-<br />
| 1. || align="left" | [[Rom]] || 2.761.477<br />
|-<br />
| 2. || align="left" | [[Mailand]] || 1.324.110<br />
|-<br />
| 3. || align="left" | [[Neapel]] || 959.574<br />
|-<br />
| 4. || align="left" | [[Turin]] || 907.563<br />
|-<br />
| 5. || align="left" | [[Palermo]] || 655.875<br />
|-<br />
| 6. || align="left" | [[Genua]] || 607.906<br />
|-<br />
| 7. || align="left" | [[Bologna]] || 380.181<br />
|-<br />
| 8. || align="left" | [[Florenz]] || 371.282<br />
|-<br />
| 9. || align="left" | [[Bari]] || 320.475<br />
|-<br />
| 10. || align="left" | [[Catania]] || 293.458<br />
|}<br />
<br />
=== Gesundheitssystem ===<br />
[[Datei:Tessera sanitaria.png|miniatur|Italienische Sanitätskarte]]<br />
Das [[Gesundheitssystem]] in Italien ist auf regionaler Ebene strukturiert. Die lokalen Sanitätsbetriebe (''Aziende Sanitarie Locali'') unterstehen den jeweiligen Regionalregierungen. Die regionale Ausprägung führt dazu, dass die Qualität der Dienstleistungen von Region zu Region sehr unterschiedlich ist. Es ist ein scharfes Nord-Süd-Gefälle zu verzeichnen, das einen starken „Gesundheitstourismus“, vor allem in Richtung Venetien, Lombardei und Emilia-Romagna verursacht.<br />
<br />
Die ausgezeichneten Leistungen dieser Regionen haben die [[Weltgesundheitsorganisation|WHO]] im Jahr 2000 dazu veranlasst, Italien nach Frankreich auf den zweiten Platz in der Weltrangliste der Gesundheitssysteme zu stellen.<ref>[http://www.who.int/whr/2000/media_centre/press_release/en/ World Health Organization Assesses the World's Health Systems]</ref> Als negativ werden die langen Wartezeiten (oft mehrere Monate) auf stationäre Behandlung gesehen.<br />
<br />
Hausärzte erhalten in Italien eine Kopfpauschale für die Patienten, die in einer Liste registriert wurden. Zahnärztliche Leistungen müssen überdies von den Bürgern vollständig selbst getragen werden.<br />
<br />
Die gesamten Gesundheitsausgaben betrugen im Jahr 2009 9,5 % des [[Bruttoinlandsprodukt|BIP]], und entsprachen damit exakt dem OECD-Durchschnitt. Der überwiegende Anteil dieser Ausgaben (77,9 %) wird vom öffentlichen Sektor getragen (OECD: 71,7 %).<ref>OECD Health Data 2011: ''[http://www.oecd.org/dataoecd/45/52/43216313.pdf How Does Italy Compare]'', Zugriff am 7. Oktober 2011</ref><br />
<br />
=== Polizei ===<br />
[[Datei:Alfa-Romeo159-Carabinieri-di-Roma.JPG|miniatur|[[Alfa Romeo 159]] der Carabinieri in Rom]]<br />
{{Hauptartikel|Polizei (Italien)}}<br />
<br />
Das italienische Polizeiwesen ist mehrgliedrig und teilweise militärisch organisiert. Die einzelnen Polizeiorganisationen unterstehen verschiedenen Ministerien oder den unteren Gebietskörperschaften. Dieses althergebrachte System hat sich aus Gründen der Tradition erhalten, aber auch, um zu verhindern, dass zu viel polizeiliche Gewalt in einer Hand bzw. in einem Ministerium gebündelt wird. Auf der nationalen Ebene gibt es die zivile [[Polizia di Stato]] (Staatspolizei), die dem Innenministerium unterstellt ist. Sie übernimmt hauptsächlich polizeiliche Aufgaben innerhalb der großen Städte. Die Staatspolizei wird ergänzt durch die [[Carabinieri]], einer [[Gendarmerie]]truppe, die dem Verteidigungsministerium untersteht und nach Weisung des Innenministeriums Polizeidienst versieht, vor allem auch auf dem Land. Vergleichbare Strukturen finden sich auch in Frankreich ([[Gendarmerie Nationale]]) und in Spanien ([[Guardia Civil]]). Daneben verfügt das italienische Finanzministerium über die [[Guardia di Finanza]] (Finanzwacht), eine Finanz- und Zollpolizei, die auch Grenzschutzaufgaben übernimmt. Auf lokaler Ebene gibt es unter anderem die [[Gemeindepolizei]]en ([[Polizia Municipale]]), die sich vorwiegend um den örtlichen Straßenverkehr kümmern. Das [[Feuerwehr in Italien|Feuerwehrwesen]] ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, im nationalen Rahmen organisiert.<br />
<br />
=== Militär ===<br />
Die [[Italienische Streitkräfte|italienische Armee]] ist eine [[Berufsarmee]] und besteht aus den Teilstreitkräften [[Italienisches Heer|Heer]], [[Italienische Marine|Marine]], [[Italienische Luftwaffe|Luftwaffe]] und den [[Carabinieri]]. Insgesamt dienen rund 180.000 Männer und Frauen in den Streitkräften, dazu kommen 110.000 Carabinieri und 33.000 zivile Mitarbeiter.<br />
<br />
Die allgemeine [[Wehrpflicht]] ist in Italien seit dem 1. Juli 2005 ausgesetzt.<br />
<br />
== Wirtschaft ==<br />
Italien ist ein [[Industriestaat]] mit einer vormals stark [[Gelenkte Volkswirtschaft|gelenkten Volkswirtschaft]]: Der staatliche Konzern [[Istituto per la Ricostruzione Industriale|IRI]] (1933-2002) unterhielt zwischenzeitlich 1.000 Tochtergesellschaften und zählte bis zu 500.000 Beschäftigte.<ref>[http://www.referenceforbusiness.com/history2/98/Istituto-per-la-Ricostruzione-Industriale-S-p-A.html Istituto per la Ricostruzione Industriale S.p.A. – Company Profile]</ref> Im Laufe der 90er Jahre wurden die Staatsunternehmen nach und nach [[Privatisierung|privatisiert]], auch um die Schulden der öffentlichen Hand zu bedienen, die Märkte wurden geöffnet und [[Deregulierung|dereguliert]].<br />
<br />
Die italienische Wirtschaft ist mit einem [[Bruttoinlandsprodukt]] (BIP) von rund 2 Billionen US-Dollar (IWF 2010) achtgrößte [[Volkswirtschaft]] der Welt. Das Land liegt im weltweiten Vergleich des BIP je Einwohner auf dem 23. Platz, in der [[Europäische Union|EU]] nimmt Italien hierzu den 13. Rang ein.<br />
<br />
Ferner ist zu bemerken, dass die [[Schattenwirtschaft]] in Italien traditionell sehr hoch ist. Die [[Agenzia delle Entrate|Agentur der Einnahmen]] schätzt ihren Anteil am BIP auf zwischen 17 % und 18,1 %, andere Beobachter gehen von bis zu 30 % aus. Tatsache ist, dass bei der Ermittlung des BIP die Schattenwirtschaft auf Basis von Schätzungen mitberücksichtigt wird.<br />
<br />
Das Wirtschaftswachstum liegt seit über einem Jahrzehnt unter dem Durchschnitt der EU-Länder. Im Jahr 2007 wuchs die italienische Wirtschaft um lediglich 1,5 %, 2008 schrumpfte sie bereits um 1 % und 2009 um 5,1 %. 2010 gab es wieder ein Wachstum von 1,3 %.<br />
<br />
Wichtigster Handelspartner Italiens ist Deutschland, mit einem Exportanteil von 12,7 % und einem Importanteil von 15,9 %, gefolgt von Frankreich, mit 11,2 % bzw. 8,5 %. Zu den wichtigsten Ausfuhrmärkten für italienische Produkte gehören auch Spanien (6,5 %), die USA (6,2 %) und das Vereinigte Königreich (5,2 %). Die meisten Einfuhren bezieht Italien des Weiteren aus China (6,2 %), den Niederlanden (5,3 %), Libyen (4,6 %) und Russland (4,2 %).<ref name="CIA">[https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/it.html The World Factbook]</ref><br />
<br />
{{Siehe auch|Ministerium für Wirtschaft und Finanzen (Italien)}}<br />
<br />
=== Staatshaushalt ===<br />
Der [[Haushaltsplan|Staatshaushalt]] umfasste [[Finanzkrise ab 2007|im Krisenjahr 2009]] Ausgaben von 785 Milliarden [[Euro]] und Einnahmen von 705 Mrd. Euro: Das Haushaltsdefizit von etwa 80 Milliarden Euro entsprach 5,3 % des [[Bruttoinlandsprodukt|BIP]]. Im Jahr 2010 sank die Neuverschuldung auf 4,6 %. Die [[Staatsverschuldung]] betrug 2009 1.763,6 Milliarden Euro oder 116 % des BIP.<ref name="Eurostat">[http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_PUBLIC/2-15112010-AP/DE/2-15112010-AP-DE.PDF Bereitstellung der Daten zu Defizit und Verschuldung 2009]</ref> 2010 stiegen die Gesamtschulden auf 119 % des BIP an.<br /> Italien hatte in der [[Europäische Union|EU]] jahrelang die höchste Schuldenquote, ist aber mittlerweile von [[Griechenland]] überholt worden. Ein Großteil der Schulden wurde während der [[1980er]] und Anfang der [[1990er]] Jahre gemacht: 1979 betrug die Verschuldung noch 62,4 %, 1994 wurde ein Höchststand von 124,5 % erreicht.<ref>[{{WBA | url=http://web.archive.org/web/20070714115845/http://www.delpt.unina.it/stof/15_pdf/15_5.pdf}} Anmerkungen zur italienischen Staatsverschuldung von 1885 bis 2001], von Prof. [[Roberto Artoni]], S. 10.</ref><br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- style="background:#d7d7d7;"<br />
| style="background:#d3d3d3;"| Jahr<br />
! 1999 !! 2000 !! 2001 !! 2002 !! 2003 !! 2004 !! 2005 !! 2006 !! 2007 !! 2008 !! 2009 !! 2010 !! 2011<br />
|-<br />
| style="background:#d3d3d3;"|[[Staatsverschuldung]] || 113,7 % || 109,2 % || 108,8 % || 105,7 % || 104,4 % || 103,8 % || 105,8 % || 106,6 % || 103,6 % || 106,3 % || 116,0 % || 118,6 % || 120,1 %<br />
|-<br />
| style="background:#d3d3d3;"|[[Haushaltssaldo]] || −1,7 % || −0,8 % || −3,1 % || −2,9 % || −3,5 % || −3,5 % || −4,3 % || −3,4 % || −1,5 % || −2,7 % || −5,3 % || −4,6 %<br />
|-<br />
| style="background:#eee;" colspan="13" | <small>Quelle: Eurostat<ref>[http://epp.eurostat.ec.europa.eu/tgm/table.do?tab=table&init=1&plugin=1&language=en&pcode=tsieb090 EUROSTAT: Finanzstatistik des Sektors Staat, Haupttabellen]</ref></small><br />
|}<br />
<br />
Der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) betrug in folgenden Bereichen:<br />
* [[Gesundheitssystem|Gesundheit]]:<ref name="Fischer">Der Fischer Weltalmanach 2010: Zahlen Daten Fakten, Fischer, Frankfurt, 8. September 2009, ISBN 978-3-596-72910-4.</ref> 9,0 (2006);<br />
* [[Bildungssystem|Bildung]]:<ref name="CIA" /> 4,5 (2005);<br />
* [[Militär]]:<ref name="CIA" /> 1,8 (2005).<br />
<br />
=== Öffentliche Einnahmen, Steuern, Abgaben ===<br />
Der Anteil der öffentlichen Einnahmen am BIP [die Abgabenquote im weiteren Sinn] liegt mit 43 % (Stand 2010) deutlich über dem OECD-Mittel von 33,8 % (Stand 2009); zum Vergleich: Deutschland 36,3 % und Dänemark 48,2 % (beide Stand 2010).<br />
<br />
Die Steuerquote (nicht zu verwechseln mit dem Anteil der öffentlichen Lasten am BIP oder der Abgabenquote im engeren Sinne) liegt mit 29,4 % (Stand 2010) im internationalen Vergleich im oberen Drittel; zum Vergleich: Deutschland 22,1 % (Stand 2010).<br />
<br />
Wichtigste Steuern sind:<br />
* die IRPEF (Einkommensteuer für natürliche Personen), die in 4 verschiedenen Sätzen von 23 % bis 43 % reicht;<br />
* die IRES (Körperschaftssteuer), mit einem Einheitssatz von 27,5 %;<br />
* die IVA (Umsatzsteuer), die im Regelfall 21 %, ausnahmsweise 10 % oder 4 % beträgt;<br />
* die IRAP (die regionale Wertschöpfungssteuer), deren Regelsatz bei 3,9 % liegt und in etwa mit der deutschen [[Gewerbesteuer]] vergleichbar ist.<br />
* die IMU (Gemeindeimmobiliensteuer), in Kraft getreten mit Art. 13 der Eilverordnung Nr. 201/2011, umgewandelt in Gesetz Nr. 214/2011 (Monti-Dekret)<br />
<br />
Die Abgabenquote (im engeren Sinn) liegt bei 13,6 % des BIP (Stand 2010).<br />
<br />
=== EU-Beitragszahlungen ===<br />
[[Datei:Euro accession.svg|miniatur|Italien ist Teil des [[Europäischer Binnenmarkt|Europäischen Binnenmarkts]]. Zusammen mit 17 EU- Mitgliedstaaten (blau) bildet es eine Währungsunion, die [[Eurozone]].]]<br />
<br />
Italien ist nach Deutschland und Frankreich der drittgrößte [[Haushalt der Europäischen Union|Beitragszahler der EU]], mit über 15 Milliarden Euro im Jahr 2008, was einen Anteil am Gesamtbudget von 13,6 % ausmacht.<ref>[{{Toter Link |inline=ja |date=2011-03 | url=http://www.cep.eu/menu-right/deutschland-in-der-eu/d-und-eu-finanzen/d-als-beitragszahler/}} Centrum für Europäische Politik, Beitragszahlungen der Mitgliedsstaaten an die EU 2008]</ref> Rechnet man die erhaltenen Zahlungen dagegen, war Italien im Jahr 2008 nach Deutschland und vor Frankreich mit 4,1 Milliarden der zweitgrößte Nettozahler der Union.<ref>[http://www.europarl.europa.eu/brussels/website/media/modul_07/Zusatzthemen/Pdf/Nettozahler.pdf Europaparlament: Zusatzthema zu Modul 7 Der Haushalt der EU Nettozahler und Nettoempfänger in der EU]</ref><ref>[http://www.ftd.de/politik/europa/:zugestaendnis-an-tschechien-eu-reformvertrag-vor-dem-durchbruch/50030482.html FTD, 30. Oktober 2009 EU-Reformvertrag vor dem Durchbruch, Grafik „Die größten Nettobeitragszahler und -empfänger der EU-Staaten“]</ref><br />
<br />
Im Jahr 2009 war das Land mit 5,06 Milliarden drittgrößter Nettobeitragszahler hinter der Bundesrepublik und Frankreich.<ref>[http://www.bpb.de/wissen/P16RQL,0,0,Top_5_Nettozahler_und_Nettoempf%E4nger_der_EU.html Bundeszentrale für politische Bildung: Top 5 Nettozahler und Nettoempfänger in der EU]</ref> Im Jahr 2010 avancierte das Vereinigte Königreich zum zweitgrößten Beitragszahler, Italien befand sich nun mehr an vierter Stelle mit 4,53 Milliarden.<ref>[http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/europa/70580/nettozahler-und-nettoempfaenger Bundeszentrale für politische Bildung: Top 5 Nettozahler und Nettoempfänger in der EU]</ref><ref>Dänisches Parlament: [http://www.euo.dk/euo_en/spsv/all/79/?print=1 Zusammenfassung über die Nettozahler und - empfänger von 2000 bis 2010]</ref><br />
<br />
=== Währung ===<br />
Seit 2002 ist der [[Euro]] in Italien gesetzliches Zahlungsmittel und löste die [[italienische Lira]] ab. In der Exklave [[Campione d’Italia]] ist nicht der Euro, sondern der [[Schweizer Franken]] gesetzliches Zahlungsmittel.<br />
<br />
=== Rohstoffe ===<br />
Italien besitzt kaum natürliche Ressourcen bis auf Erdgasvorkommen in der [[Poebene]] und in der [[Adriatisches Meer|Adria]]; auf einige Erdölvorkommen in den Regionen Basilikata und Sizilien; auf Eisenerzvorkommen, vor allem auf der Insel Elba.<br />
<br />
=== Energieversorgung ===<br />
Italien hatte im Jahr 2011 einen [[Energieverbrauch]] von 334.600 GWh, was ein Anstieg von 1,3 % zum Vorjahr darstellt.<ref>http://www.terna.it/LinkClick.aspx?fileticket=%2fVFowCFDG3o%3d&tabid=649.</ref><br />
[[Datei:Italienische Energieproduktion seit 1950.png|miniatur|Schaubild zur italienischen Energieversorgung seit 1950]]<br />
Heute produziert Italien seinen Strom vor allem in thermischen Kraftwerken, wobei 64,4 % davon mit [[Erdgas]], den Rest mit Erdöl und durch weitere Brennstoffe produziert wird. Das größte Kraftwerk ''Centrale termoelettrica Alessandro Volta'' liegt in [[Montalto di Castro]] und liefert eine Leistung von 3600 MW. Etwa 15 % wird durch [[Wasserkraft]] produziert, wobei im Jahr 2011 der Anteil der Energieproduktion durch erneuerbare Energien um 7,8 % zum Vorjahr gestiegen ist. Der Fotovoltaikanteil ist im Laufe 2011 sogar um 268 % gestiegen, deckt aber dennoch nur einen geringen Teil der Gesamtproduktion. Fotovoltaikanlagen deckten 2011 3,1 % des gesamten Bedarfs, während die Windkraftanlagen (vor allem in [[Apulien]] und dem restlichen Süden) rund 2,8 % liefern. Geothermische Energie wird insbesondere in Mittelitalien, [[Larderello]], gewonnen und deckt 1,6 % des Verbrauchs.<br /><br />
Italien hatte vor 1990 vier [[Liste der Kernkraftwerke#Italien|Kernkraftwerke]]. Ausgelöst durch die [[Katastrophe von Tschernobyl|Tschernobyl-Katastrophe]] (26. April 1986) führte Italien ab 1987 einen schrittweisen [[Atomausstieg]] durch. 1990 wurde das letzte italienische Atomkraftwerk abgeschaltet. Der Neueinstieg des Landes in die Atomenergie wurde mit einem Referendum 2011, nach 1987 erneut vereitelt.<br />
<br />
Die größten Energieproduzenten sind [[Enel]], [[Edison (Unternehmen)|Edison]], [[A2A (Unternehmen)|A2A]] und [[Sorgenia]], während für das Verteilungsnetz [[Terna]] zuständig ist.<br />
<br />
=== Landwirtschaft, Industrie und Dienstleistungen ===<br />
Die Landwirtschaft spielt zwar volkswirtschaftlich nur noch eine geringe Rolle (ca. 2 %), bringt jedoch einige wichtige Erzeugnisse hervor. Bedeutend sind der Weinbau, da das Land mit ca. 47 Millionen Hektolitern nach Frankreich der zweitgrößte Weinproduzent der Welt (Stand: 2009) ist, sowie die Erzeugung von [[Olivenöl]]: Italien ist auch hier der zweitgrößte Produzent (nach Spanien), mit 626.800 Tonnen im Jahr 2006.<br />
<br />
Die Stärke der italienischen Wirtschaft liegt im [[Verarbeitendes Gewerbe|verarbeitenden Gewerbe]], vor allem in kleinen und mittelständischen familiengeführten Unternehmen. Laut zentralem [[Istituto Nazionale di Statistica|Statistikinstitut ISTAT]] zählen 95,2 % zu den Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten.<ref>[http://www.istat.it/salastampa/comunicati/non_calendario/20040916_00/ ISTAT: Unternehmen in Italien]</ref> In Relation zu anderen Volkswirtschaften verfügt Italien daher über weniger Großunternehmen. Das italienische Unternehmen mit dem höchsten [[Erlös|Umsatz]] ist der Öl- und Gaskonzern [[Eni (Unternehmen)|ENI]].<br />
<br />
[[Datei:Monti - via Nazionale Palazzo Koch 1000117.JPG|miniatur|rechts|[[Banca d’Italia|Italienische Zentralbank]] in Rom]]<br />
Zu den wichtigsten Industrien zählen der [[Maschinenbau|Maschinen-]], Flugzeug- ([[Agusta]], [[Alenia]], [[Finmeccanica]]), Schiff- ([[Fincantieri]]) und [[Automobilbau]] ([[Fiat]]-Konzern, [[Ferrari]] dazugehörend), die [[Chemieindustrie]] und die Herstellung elektronischer Produkte ([[STMicroelectronics]]). Die [[Textilindustrie]] ist sehr stark vertreten und steht mit ihren bekannten Markennamen für den Inbegriff des „made in Italy“. [[Luxottica]] ist der weltgrößte Brillenhersteller. Zu den wichtigsten italienischen Exportgütern zählen auch die Erzeugnisse der Nahrungsmittelindustrie. Das größte Unternehmen der Branche ist [[Ferrero (Unternehmen)|Ferrero]].<ref>[http://www.ilsole24ore.com/art/SoleOnLine4/Economia%20e%20Lavoro/2010/02/largo-consumo-classifica-deloitte.shtml?uuid=68c4ba4e-22a8-11df-8394-ca219c0f0fc1&DocRulesView=Libero Bei Konsumgütern hinkt Italien hinterher], Il Sole 24 Ore, 26. Februar 2010</ref><br />
<br />
Im Dienstleistungssektor ist Italien vor allem durch Großbanken wie [[Unicredit]] und [[Intesa Sanpaolo]] international vertreten. Die [[Assicurazioni Generali]] ist eine der größten [[Versicherungsgesellschaft]]en der Welt.<br />
<br />
Große Bedeutung besitzt die Tourismusbranche. Italien, das in den 1970er Jahren noch das meistbesuchte Land der Welt war, befindet sich heute mit seinen 43,7 Millionen Touristen (2005) an 5. Stelle (hinter Frankreich, Spanien, USA und China).<ref>[{{Toter Link |inline=ja |date=2011-03 | url=http://www.world-tourism.org/facts/eng/pdf/highlights/2005_eng_high.pdf UNWTO Tourism}} Highlights, Ausgabe 2005]</ref><br />
<br />
{{Siehe auch|Liste der größten Unternehmen in Italien}}<br />
<br />
=== Arbeitsmarkt ===<br />
Dank jüngster Arbeitsrechtsreformen hat Italien einen starken Rückgang der Arbeitslosenzahlen gegenüber den 1990er Jahren verzeichnen können. Laut [[Istituto Nazionale di Statistica|ISTAT]] betrug die Arbeitslosenquote 6,7 % im Jahr 2008<ref>[http://www.istat.it/dati/catalogo/20090511_00/italiaincifre2009.pdf ISTAT: Italien in Zahlen, 2009]</ref> bzw. 7,8 % im Jahr 2009.<ref>[http://www.istat.it/dati/catalogo/20100518_00/italiaincifre2010.pdf ISTAT: Italien in Zahlen, 2010]</ref> 2010 lag sie bei 8,7 %.<ref>[http://www.istat.it/salastampa/comunicati/in_calendario/forzelav/20110401_00/ ISTAT: Beschäftigte und Arbeitslose in Italien, 1. April 2011]</ref> Die Erwerbsquote bleibt hingegen mit 58 % relativ niedrig: Das ist damit zu erklären, dass die Beteiligung der Frauen am Arbeitsmarkt sehr gering ist. Als problematisch gilt auch die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die im Jahr 2008 bei 21,3 % lag. Die OECD hat auch festgestellt, dass die Erwerbseinkommen in Italien zu den niedrigsten unter den industrialisierten Ländern gehören. Auf nur 19.861 Dollar beläuft sich das durchschnittliche Nettoeinkommen der Italiener, die somit auch von Griechen und Spaniern überholt werden. Der OECD-Schnitt liegt bei 24.660 Dollar.<br />
<br />
Die Selbständigenquote ist in Italien umso höher. Sie liegt bei etwa 33 % der Erwerbspersonen (zum Vergleich 17 % in Spanien und 10 % in Deutschland).<ref>[http://www.ilsole24ore.com/fc?cmd=document&file=/art/SoleOnLine4/Economia%20e%20Lavoro/2008/08/tabella-vento-favore1.pdf?cmd=art Il Sole 24 Ore, August 2008]</ref><br />
<br />
=== Regionale Unterschiede ===<br />
==== Nord-Süd-Gefälle ====<br />
Charakteristisch für Italien ist die wirtschaftliche Zweiteilung des Landes. Der stark industrialisierte Norden steht dem unterentwickelten Süden gegenüber.<br />
<br />
Die großen Wirtschaftszentren Mailand, Turin und Genua, die das sogenannte ''triangolo industriale'' (''industrielles Dreieck'') bilden, sind Teil des europäischen Wirtschaftskernraumes [[Blaue Banane]]. Der gesamte oberitalienische Raum verfügt über einen gut entwickelten Dienstleistungssektor und gehört zu den wirtschaftlich stärksten Gebieten Europas. Vor der Finanzkrise herrschte auch weitestgehend Vollbeschäftigung (Arbeitslosenquote 2008 von 3,9 %), danach ist die Arbeitslosenquote auf 6,2 % gestiegen (2010). Zahlreiche Klein- und Kleinstunternehmen haben es aber schwer, sich am globalisierten Markt gegen die Konkurrenz aus Billiglohnländern zu behaupten. Andererseits sind Industriebranchen wie die Elektrotechnik und der Maschinenbau durchaus wettbewerbsfähig. So ist Italien etwa der viertgrößte Hersteller von Maschinenbauerzeugnissen, noch vor Frankreich und Großbritannien, mit einem Weltmarktanteil von 7,5 %.<ref>[{{Toter Link |inline=ja |date=2011-03 | url=http://www.bfai.de/DE/Content/bfai-online-news/2008/09/medien/lm1-wechsel-an-der-poleposition.html}} Bundesagentur für Außenwirtschaft]</ref><br />
<br />
Mittelitalien verfügt über eine Wirtschaft, die auf Unternehmen im Textil-, Schuh- und Möbelsektor und besonders auf Tourismus basiert. Zudem ist Rom Sitz sämtlicher Verwaltungen, vieler internationaler Unternehmen (ENI, [[ENEL]], Finmeccanica) und Organisationen ([[Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation|FAO]]) und Herz der italienischen Filmindustrie ([[Cinecittà]]). Die Arbeitslosigkeit in Mittelitalien liegt im nationalen Schnitt bei 8,1 % (2010).<br />
<br />
Der Süden des Landes, auch [[Süditalien|Mezzogiorno]] genannt, stellt eine der strukturschwächsten Regionen Westeuropas dar. Die Folge daraus sind sehr hohe [[Arbeitslosigkeit|Arbeitslosenquoten]] (über 13 %), die für die [[Jugend]] Extreme annimmt - die saisonbereinigte Jugendarbeitslosigkeit überstieg 2011 in Süditalien die 40-Prozent-Marke<ref>Italien, [[Der Spiegel|Spiegel]]-Serie zur Euro-Krise in der Ausgabe 32/2012, Grafik S.49</ref>. Auch eine erhöhte [[Kriminalität]]srate und nicht zuletzt das [[Mafia|organisierte Verbrechen]], das besonders in [[Kampanien]], [[Kalabrien]] und auf [[Sizilien]] die Kontrolle über viele Wirtschaftszweige ausübt.<br />
<br />
Des Weiteren hat eine Untersuchung der Entwicklung der Unternehmen, Beschäftigten und der Unternehmensgrößen in den 1970er Jahren in Italien deutlich gemacht, dass es sich in den Regionen der westlichen [[Po-Ebene]] und entlang der [[Via Emilia]] mit ihren traditionell stark vernetzten und verstädterten Strukturen eine spezielle Industriestruktur herausgebildet hat.<br />
So wird seit den 1970er Jahren der Nordosten und die Mitte Italiens unter dem Fachterminus [[Drittes Italien]] zusammengefasst und beschreibt damit die italienischen [[Industriedistrikte]], die sich in diesem Gebiet akkumulierten.<br />
{{Hauptartikel|Drittes Italien}}<br />
<br />
==== BIP nach Regionen/[[NUTS-2]] ====<br />
Das durchschnittliche BIP pro Kopf fällt nach der Erhebung von Eurostat für das Jahr 2005<ref>[http://www.webcitation.org/5rHyMKlZd EUROSTAT: Regionales BIP je Einwohner in der EU27] (PDF)</ref> je nach Region sehr unterschiedlich aus.<br />
<br />
{| class="wikitable" class="wikitable sortable" style="width:50%"<br />
|-<br />
! Region/NUTS-2 || [[BIP]]<br />gesamt Mio.€ || [[BIP]]<br />pro Kopf €<br />
|-<br />
| [[Piemont]] || align="right" | 115.256 || align="right" | 26.582<br />
|-<br />
| [[Aostatal]] || align="right" | 3.522 || align="right" | 28.537<br />
|-<br />
| [[Ligurien]] || align="right" | 39.928 || align="right" | 24.936<br />
|-<br />
| [[Lombardei]] || align="right" | 298.285 || align="right" | 31.618<br />
|-<br />
| '''Nordwestitalien''' || align="right" | '''456.991''' || align="right" | '''29.493'''<br />
|-<br />
| [[Südtirol]] || align="right" | 15.195 || align="right" | 31.665<br />
|-<br />
| [[Trentino]] || align="right" | 14.213 || align="right" | 28.426<br />
|-<br />
| [[Venetien]] || align="right" | 135.171 || align="right" | 28.643<br />
|-<br />
| [[Friaul-Julisch Venetien]] || align="right" | 32.893 || align="right" | 27.263<br />
|-<br />
| [[Emilia-Romagna]] || align="right" | 123.709 || align="right" | 29.670<br />
|-<br />
| '''Nordostitalien''' || align="right" | '''321.181''' || align="right" | '''29.001'''<br />
|-<br />
| [[Toskana]] || align="right" | 95.504 || align="right" | 26.462<br />
|-<br />
| [[Umbrien]] || align="right" | 19.700 || align="right" | 22.817<br />
|-<br />
| [[Marken]] || align="right" | 36.868 || align="right" | 24.195<br />
|-<br />
| [[Latium]] || align="right" | 156.746 || align="right" | 29.645<br />
|-<br />
| '''Mittelitalien''' || align="right" | '''308.819''' || align="right" | '''27.369'''<br />
|-<br />
| [[Abruzzen]] || align="right" | 25.685 || align="right" | 19.723<br />
|-<br />
| [[Molise]] || align="right" | 5.785 || align="right" | 17.997<br />
|-<br />
| [[Kampanien]] || align="right" | 89.709 || align="right" | 15.494<br />
|-<br />
| [[Apulien]] || align="right" | 64.227 || align="right" | 15.781<br />
|-<br />
| [[Basilikata]] || align="right" | 10.247 || align="right" | 17.213<br />
|-<br />
| [[Kalabrien]] || align="right" | 31.389 || align="right" | 15.641<br />
|-<br />
| '''Süditalien''' || align="right" | '''227.042''' || align="right" | '''16.119'''<br />
|-<br />
| [[Sizilien]] || align="right" | 78.322 || align="right" | 15.617<br />
|-<br />
| [[Sardinien]] || align="right" | 30.693 || align="right" | 18.570<br />
|-<br />
| '''Insularisches Italien''' || align="right" | '''109.015''' || align="right" | '''16.349'''<br />
|-<br />
! '''Italien''' || align="right" | 1.423.048 || align="right" | 24.281<br />
|}<br />
<br />
=== Soziale Unterschiede ===<br />
Italien ist ein Land, das nicht nur von starken lokalen Unterschieden geprägt ist, sondern auch eine relativ ungleiche [[Einkommensverteilung]] aufweist. In der [[Liste der Länder nach Einkommensverteilung]] liegt Italien mit einem [[Gini-Koeffizient]] von 36 an 52. Stelle, einen Platz hinter Großbritannien. Zum Vergleich liegt Deutschland an 14., Österreich an 19. und die Schweiz an 37. Stelle.<br />
<br />
Laut Forbes (2010) ist der Süßigkeitenfabrikant [[Michele Ferrero]] mit einem Vermögen von 17 Milliarden Dollar reichster Italiener, gefolgt von [[Leonardo Del Vecchio]] ([[Luxottica]]) und dem Medienunternehmer und ehemaligen Ministerpräsidenten [[Silvio Berlusconi]]. Zu den reichsten Italienern gehören auch der Modedesigner [[Giorgio Armani]] und die Familie [[Benetton Group|Benetton]].<br />
<br />
== Verkehr ==<br />
=== Straßenverkehr ===<br />
[[Datei:Rete autostradale italiana.svg|miniatur|Das heutige Autobahnnetz Italiens]]<br />
Die Gesamtlänge des italienischen Straßennetzes betrug im Jahr 2009 182.136&nbsp;km.<ref name="istat.it" /> Davon sind 6.621&nbsp;km Autobahnen, die größtenteils in privater Hand und [[Maut in Italien|mautpflichtig]] sind. Alle anderen Straßen sind Eigentum der öffentlichen Hand. Man unterscheidet zwischen Staats-, Regional-, Provinzial- und Kommunalstraßen. Die meist befahrenen Autobahnen sind die [[A1 (Italien)|A1]] von [[Mailand]] bis [[Neapel]], die [[A4 (Italien)|A4]] von [[Turin]] über [[Mailand]] und [[Verona]] nach [[Venedig]], die [[A14 (Italien)|A14]] von [[Bologna]] bis [[Tarent]] und unter anderem auch die [[Brennerautobahn]] [[A22 (Italien)|A22]], die von [[Modena]] bis zur Grenze mit [[Österreich]] führt.<br />
<br />
{{Siehe auch|Liste der Autobahnen in Italien}}<br />
<br />
=== Schienenverkehr ===<br />
[[Datei:Naples, Central station, gorgeous long-distance train.jpg|miniatur|[[FS ETR 500]], italienischer Hochgeschwindigkeitszug]]<br />
Die Gesamtlänge des Schienennetzes betrug im Jahr 2009 16.530&nbsp;km, von denen etwa zwei Drittel elektrifiziert sind. Sowohl das Netz als auch der Transport sind in den Händen des Staates, bis auf wenige Ausnahmen (vgl. [[Vinschgaubahn]], [[Ferrovia Trento–Malè]]). Im Geschäftsjahr 2010 schrieb das Staatsunternehmen [[Ferrovie dello Stato]] 129 Millionen Euro Gewinn. Seit 2012 bietet auch die private Eisenbahngesellschaft [[Nuovo Trasporto Viaggiatori]] Hochgeschwindigkeitsverbindungen zwischen italienischen Großstädten an.<br />
<br />
Im europäischen Vergleich ist Bahnfahren in Italien ausgesprochen günstig. Eine einfache Fahrt von Mailand nach Venedig (267&nbsp;km) mit dem Eurostar Italia kostet etwa 31 Euro, während man für die Strecke Paris-St. Pierre des Corps (253&nbsp;km) mit dem TGV 51,50, für die Trasse Frankfurt-Göttingen mit dem ICE rund 56 Euro ausgeben muss.<ref>Il Sole 24 Ore, 8. Januar 2008.</ref><br />
<br />
Mit der Eröffnung der letzten noch fehlenden Streckenabschnitte zwischen Novara und Mailand sowie zwischen Bologna und Florenz im Dezember 2009 verfügt Italien über eine gut 900&nbsp;km lange durchgehende [[Schnellfahrstrecke#Italien|Schnellfahrstrecke]] von Turin über Mailand, Bologna, Florenz, Rom und Neapel bis nach Salerno. Außerdem sind verschiedene internationale Verbindungen nach Frankreich ([[Mont-Cenis-Basistunnel]] mit Anschluss an das TGV-Netz) sowie via Schweiz ([[Neat]]) und via Österreich nach Deutschland ([[Brennerbasistunnel]]) sowie nach Slowenien angedacht.<br />
<br />
Das [[Streckengleis]] befindet sich im Gegensatz zu Deutschland auf der linken Seite. Das [[Metropolitana di Roma|U-Bahn-System in Rom]] ist so aufgebaut, dass man bei Umsteigevorgängen in jedwede Richtung nur wenige Minuten warten muss, lediglich in das Umland ist die Umsteigezeit etwas länger. [[Metropolitana di Milano|Mailand]] hat mit einer Gesamtlänge von 74,6&nbsp;km das am besten ausgebaute U-Bahn-Netz Italiens. Auch [[Metropolitana di Napoli|Neapel]], [[Metropolitana di Torino|Turin]], [[Metropolitana di Genova|Genua]] und [[Metropolitana di Catania|Catania]] verfügen über eine U-Bahn.<br />
<br />
=== Schifffahrt ===<br />
[[Datei:Panorma di Genova (porto).jpg|miniatur|Der [[Hafen Genua]]]]<br />
Die Gesamtlänge der schiffbaren Wasserwege beträgt 2.400&nbsp;km.<br />
<br />
Den höchsten Passagierfluss verzeichnen die Häfen von Messina und Reggio Calabria, zumal es sich um die wichtigste Verbindung zwischen Sizilien und dem Festland handelt. Größte Container-Umschlagplätze sind [[Gioia Tauro]] und [[Hafen Genua|Genua]]. Weitere bedeutende Handelshäfen sind [[Hafen von Triest|Triest]] und [[Tarent]].<br />
<br />
Die wichtigsten [[Marinearsenal]]e befinden sich in [[La Spezia]], Tarent und Augusta.<br />
<br />
Sämtliche Verbindungen im Mittelmeer werden von der Reederei [[Tirrenia di Navigazione]] mit Sitz in Neapel gewährleistet.<br />
<br />
=== Luftfahrt ===<br />
[[Datei:Rom Fiumicino 06.jpg|miniatur|Der [[Flughafen Rom-Fiumicino]] mit Tower]]<br />
Die größten Flughäfen Italiens 2007 nach Anzahl der Passagiere:<br />
<br />
{| class="wikitable" style="width:70%"<br />
|-<br />
! Pos. || Flughafen || Region || Code<br />(IATA) || Anzahl Passagiere || Pos.<br />2006 || Veränderung %<br />
|-<br />
| 1 || [[Flughafen Rom-Fiumicino|Rom-Fiumicino]] || [[Latium]] || FCO || 32.945.223 || 1 || +9,2<br />
|-<br />
| 2 || [[Flughafen Mailand-Malpensa|Mailand-Malpensa]] || [[Lombardei]] || MXP || 23.885.391 || 2 || +9,7<br />
|-<br />
| 3 || [[Flughafen Mailand-Linate|Mailand-Linate]] || [[Lombardei]] || LIN || 9.926.530 || 3 || +2,4<br />
|-<br />
| 4 || [[Flughafen Venedig-Marco Polo|Venedig-Tessera]] || [[Venetien]] || VCE || 7.076.114 || 4 || +11,6<br />
|-<br />
| 5 || [[Flughafen Catania|Catania-Fontanarossa]] || [[Sizilien]] || CTA || 6.083.735 || 5 || +12,7<br />
|-<br />
| 6 || [[Flughafen Neapel|Neapel-Capodichino]] || [[Kampanien]] || NAP || 5.775.838 || 7 || +13,3<br />
|-<br />
| 7 || [[Flughafen Bergamo|Bergamo-Orio al Serio]] || [[Lombardei]] || BGY || 5.741.734 || 6 || +9,5<br />
|-<br />
| 8 || [[Flughafen Rom-Ciampino|Rom-Ciampino]] || [[Latium]] || CIA || 5.401.475 || 8 || +9,2<br />
|-<br />
| 9 || [[Flughafen Falcone Borsellino Palermo|Palermo-Punta Raisi]] || [[Sizilien]] || PMO || 4.511.165 || 9 || +5,4<br />
|-<br />
| 10 || [[Flughafen Bologna|Bologna-Borgo Panigale]] || [[Emilia-Romagna]] || BLQ || 4.361.951 || 10 || +9,0<br />
|}<br />
<br />
Größte Fluggesellschaft ist die angeschlagene [[Alitalia]], im Zuge deren Restrukturierung der Flugverkehr in Malpensa zu Gunsten von Fiumicino stark eingeschränkt wurde. Auch die Lufthansa ist auf dem italienischen Flugmarkt tätig: [[Air Dolomiti]], eine hundertprozentige Tochter der deutschen Fluggesellschaft, bedient zahlreiche Flüge, hauptsächlich zwischen Norditalien, München und Frankfurt.<br />
<br />
== Gesellschaft ==<br />
=== Schulwesen und Bildung ===<br />
{{Hauptartikel|Schulsystem in Italien}}<br />
<br />
Das [[Schulwesen]] Italiens ist – was den Aufbau und die Gliederung betrifft – durch große Einheitlichkeit gekennzeichnet. Die wesentlichen Bestimmungen für Unterricht und Erziehung sind in [[Mailand]] nicht anders als in [[Palermo]]. Unterschiede gibt es lediglich im Bereich der beruflichen Bildung, die zum Kompetenzbereich der einzelnen Regionen gehört. Das Schulsystem gliedert sich in folgende Stufen: [[Vorschule]] (''scuola dell'infanzia'', vormals ''scuola materna'', drei Jahre, 3-6), [[Grundschule]] (''scuola primaria'', vormals ''scuola elementare'', fünf Jahre, 6-11), [[Mittelschule]] (''scuola secondaria di primo grado'', vormals ''scuola media inferiore'', drei Jahre, 11-14) und [[Sekundarstufe I|Oberschulen]] (''scuola secondaria di secondo grado'', vormals ''scuola media superiore'', fünf Jahre, 14-19). Die staatlichen Oberschulen gliedern sich in Gymnasien, Fachoberschulen und Berufsfachschulen. Im Bereich der Gymnasien gibt es einen humanistischen, einen naturwissenschaftlichen und einen neusprachlichen Zweig (''liceo classico, scientifico, linguistico'') sowie das so genannte Kunstgymnasium (''liceo artistico''). Die Fachoberschulen (''istituto tecnico''), die zur allgemeinen Hochschulreife und auch zu einem berufsqualifizierenden Abschluss führen, untergliedern sich in mehrere Ausbildungsrichtungen, in denen wiederum zahlreiche Spezialisierungen angeboten werden. Den Bereich der beruflichen Ausbildung decken einerseits die staatlichen Berufsfachschulen (''istituto professionale'') ab, an denen nach drei Jahren ein berufsqualifizierender Abschluss erlangt werden kann, nach zwei weiteren Jahren die Hochschulreife. Auf der anderen Seite stehen die von den [[Italienische Regionen|italienischen Regionen]] unterhaltenen oder beaufsichtigten Berufsausbildungszentren (''centro di formazione professionale'')<br />
<br />
Die Schulpflicht ist in den letzten Jahren schrittweise angehoben worden. In der Vergangenheit betrug sie acht Jahre (6-14), womit die Grund- und Mittelschule zur Pflichtschule (''scuola dell'obbligo'') wurde. Ende der 1990er Jahre erfolgte eine Anhebung auf neun Jahre. 2004 wurde dann eine zwölfjährige Schul- und Berufsausbildungspflicht eingeführt. Diese kann nach Abschluss der Mittelschule entweder durch den Besuch der staatlichen Oberschulen oder der regionalen Berufsschulen erfüllt werden. Alternativ kann auch eine betriebliche Ausbildung durchgeführt werden, wobei auch Kurse an regionalen Berufsschulen zu absolvieren sind. Werden die Ausbildungsgänge an regionalen Berufsausbildungszentren mit einer Staatsprüfung abgeschlossen, steht der Weg zum beruflichen Abitur frei. Wer vor Vollendung des 18. Lebensjahres einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss erreicht, ist von der zwölfjährigen Schul- und Ausbildungspflicht freigestellt.<br />
<br />
Italien hat in der Fremdsprachenausbildung in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht: Englisch wird bereits in der Grundschule unterrichtet, eine zweite lebende Fremdsprache kann ab der Mittelschule (ab dem 6. Schuljahr) zusätzlich erlernt werden. Die fünfjährigen Gymnasien sehen daneben i.&nbsp;d.&nbsp;R. Lateinunterricht vor, beim altsprachlichen ''Liceo Classico'' kommt noch Altgriechisch dazu.<br />
<br />
Die [[PISA-Studie]] 2003 erteilte der italienischen Schule insgesamt ein relativ schlechtes Zeugnis. Allerdings sind die regionalen Unterschiede noch stärker als z.&nbsp;B. in Deutschland. In der Mathematik-Kompetenz lag Italien mit 466 Punkten weit abgeschlagen (Deutschland 503, Österreich 506). Gut abgeschnitten haben die Lombardei (519) und Venetien (511); das Trentino (547) und Südtirol (536) gehören (möglicherweise allerdings nur dank fehlerhaft gezogener Stichproben<ref>Entgegen internationalen Regeln wurden in Südtirol Berufsschulen von der PISA-Testung ausgeschlossen: [http://www.messen-und-deuten.de/pisa/Putz08.pdf M. Putz: PISA – Jedem das seine … Wunschergebnis]</ref>) sogar zur internationalen Spitzengruppe (zum Vergleich: Finnland 544).<ref>[http://www.schule.suedtirol.it/pi/themen/pisa03_1.htm Ergebnisse Pisa 2003 laut Südtiroler Schulamt]</ref> Ähnlich verhält es sich in den anderen Prüfungsbereichen.<br />
<br />
[[Datei:Palazzo Carovana Pisa.jpg|miniatur|Das Hauptgebäude der [[Scuola Normale Superiore di Pisa]]]]<br />
Im Hochschulbereich gibt es, anders als in den deutschsprachigen Ländern, keine eigenständigen Fachhochschulen. Mit dem [[Bologna-Prozess]] entstand auch an italienischen Universitäten die Unterteilung in ein dreijähriges Bachelorstudium (''laurea triennale'' oder ''laurea breve'') mit nachfolgendem zweijährigem Masterstudiengang (''laurea magistrale'', vormals ''laurea specialistica''). Jura wird als fünfjährige ''laurea magistrale'' angeboten. Was die Hochschuleinrichtungen angeht, kann man folgende Unterscheidungen treffen:<br />
* ''Università'': Universitäten im klassischen Sinn;<br />
* ''Politecnici'': Technische Universitäten;<br />
* ''Scuole superiori'': [[Eliteuniversität]]en, die begabte Studierende fördern. Die bekannteste ist die [[Scuola Normale Superiore di Pisa|Scuola Normale Superiore]] in Pisa, meist nur ''Normale'' genannt, die von Napoleon gegründet wurde.<br />
* ''Istituti superiori di educazione fisica (ISEF)'': Sporthochschulen;<br />
* ''Istituti di alta formazione artistica e musicale'': Kunst- und Musikhochschulen, die keine eigentlichen Universitäten sind, aber zur höheren Bildung gehören.<br />
<br />
67 der 95 Universitäten<ref>[http://www.ricercaitaliana.it/universita_chifaricerca.htm Ricerca Italiana].</ref> in Italien sind staatlich.<ref>[http://www.ihf.bayern.de/dateien/monographien/Monographie_61.pdf Ewald Berning – Hochschulen und Studium in Italien]</ref> Bekannteste Privat-Universitäten sind die [[Wirtschaftsuniversität Luigi Bocconi|Bocconi]] in Mailand und die [[LUISS]] in Rom. Die [[Universität Bologna]] ist die älteste Hochschule Italiens und weltweit, sie wurde im Jahr 1088 gegründet. Insgesamt sind 1.809.186 Studenten an italienischen Hochschulen eingeschrieben.<ref>[http://statistica.miur.it/scripts/IU/IU2007_02_sintesi.pdf MIUR – Unterrichtsministerium: Studierende 2006/7]</ref> 1960/61 waren es nur 217.000. Die [[Universität La Sapienza]] in Rom ist die größte Italiens und europaweit, mit nahezu 140.000 Studierenden.<br />
<br />
{{Siehe auch|Liste der Universitäten in Italien}}<br />
<br />
Relativ neu ist auch der Ausbau der Alten- und [[Volkshochschule]]n (''università per la terza età'').<br />
<br />
=== Feiertage ===<br />
{{Hauptartikel|Feiertage in Italien}}<br />
<br />
{| class="wikitable" style="width:70%"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Datum !! Bezeichnung !! Italienischer Name !! Anmerkung<br />
|-<br />
| [[1. Januar]] || Neujahrstag || Capodanno ||<br />
|-<br />
| [[6. Januar]] || [[Erscheinung des Herrn|Epiphanias]] || Epifania ||<br />
|-<br />
| – || [[Ostern]] || Pasqua || Ostersonntag<br />
|-<br />
| – || [[Ostermontag]] || Pasquetta ||<br />
|-<br />
| [[25. April]] || Tag der Befreiung || Giorno della Liberazione || Befreiung vom Nazifaschismus,<br />Ende der deutschen Besatzung 1945<br />
|-<br />
| [[1. Mai]] || [[Tag der Arbeit]] || Festa del Lavoro ||<br />
|-<br />
| [[Ostersonntag]] + 50 Tage || [[Pfingstmontag]] || Lunedì di Pentecoste || Nur in [[Südtirol]]<br />
|-<br />
| [[2. Juni]] || Tag der Republik || Festa della Repubblica || Gründung der italienischen Republik 1946<br />
|-<br />
| [[15. August]] || [[Maria Himmelfahrt]] || [[Ferragosto]] ||<br />
|-<br />
| [[1. November]] || [[Allerheiligen]] || Ognissanti ||<br />
|-<br />
| [[8. Dezember]] || [[Mariä Empfängnis]] || Immacolata ||<br />
|-<br />
| [[25. Dezember]] || [[Weihnachten]] || Natale ||<br />
|-<br />
| [[26. Dezember]] || [[Stefanstag]] || Santo Stefano ||<br />
|}<br />
<br />
=== Medien ===<br />
Die italienische Medienlandschaft ist vor allem im Fernseh- und Rundfunkbereich von einer außergewöhnlich hohen [[Medienkonzentration|Konzentration]] geprägt. Die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt [[Radiotelevisione Italiana|RAI]] und der von Familie [[Silvio Berlusconi|Berlusconi]] dominierte private Medienkonzern [[Mediaset]] teilten sich im Jahr 2006 87,5 % des Marktes.<br />
<br />
Diese erhebliche Medienkonzentration veranlasste die Organisation [[Freedom House]] dazu, Italien zwischen 2004 und 2006 und erneut seit 2009 bezüglich der [[Pressefreiheit]] als „teilweise frei“ einzustufen, wegen der möglichen Einflussnahme des damaligen Ministerpräsidenten Berlusconi auf die staatliche Sendergruppe RAI.<ref>[[Freedom House]]: ''[http://www.freedomhouse.org/template.cfm?page=251&year=2004 Press Freedom 2004 – Italy]'', ''[http://www.freedomhouse.org/template.cfm?page=251&year=2005 2005]'', ''[http://www.freedomhouse.org/template.cfm?page=251&year=2006 2006]'' und ''[http://www.freedomhouse.org/template.cfm?page=251&year=2007 2007]'', alle in Englisch, abgerufen am 29. Januar 2008</ref> Italien ist somit der einzige Staat Westeuropas, dessen Medien von Freedom House nicht als „frei“ eingestuft werden.<br />
<br />
==== Presse ====<br />
[[Datei:La Gazzetta dello Sport.jpg|La Gazzetta dello Sport|miniatur|250px]]<br />
Die meisten Tageszeitungen nennen sich zwar ''quotidiano indipendente'', also „unabhängige Tageszeitung“, sind jedoch mehr oder weniger von politischen und kommerziellen Interessen beeinflusst. Die Bezeichnung stammt daher, dass sie sich von Zeitungen wie den linken ''[[L’Unità]]'' und ''[[Il Manifesto]]'' sowie reinen Parteizeitungen, wie dem publizistischen Organ der Lega Nord, ''[[La Padania]]'', unterscheiden, welche ihre Parteilichkeit nicht leugnen.<br />
<br />
Die meisten Tageszeitungen sind in einer relativ anspruchsvollen Aufmachung und [[Gestaltung]], es wird sehr bewusst nach einem qualitativen und intellektuellen Schreibstil gestrebt. Dennoch wird im europäischen Vergleich in Italien wenig Zeitung gelesen. Eine Besonderheit der italienischen Presselandschaft stellen die täglichen Sportzeitungen dar. Derzeit existieren immerhin drei Tageszeitungen, die sich nur mit Sport beschäftigen und allesamt relativ hohe Auflagen erreichen. Die meistgelesene italienische Sportzeitung, ''[[La Gazzetta dello Sport]]'', erreicht an ihrem umsatzstärksten Tag in etwa die Auflage der meistverbreiteten italienischen Tageszeitung.<br />
<br />
Die wichtigsten Verleger nationaler Tageszeitungen sind die [[RCS MediaGroup]] (''[[Corriere della Sera]]'' und ''Gazzetta dello Sport'') und der [[Gruppo Editoriale L’Espresso]] (''[[La Repubblica]]''). ''[[Il Giornale]]'' gehört [[Paolo Berlusconi]], dem Bruder von [[Silvio Berlusconi]]. ''[[Il Sole 24 Ore]]'' ist die meistgelesene Wirtschaftszeitung und Eigentum des Arbeitgeberverbandes [[Confindustria]]. Die katholische ''[[Avvenire]]'' ist der [[Italienische Bischofskonferenz|Italienischen Bischofskonferenz]] zugehörig. Die meistverkauften Tageszeitungen mit italienweiter Verbreitung, die alle auch sonntags erscheinen, sind in folgender Tabelle aufgelistet (Beobachtungszeitraum August 2008-Juli 2009).<br />
<br />
{| class="wikitable" style="width:70%;"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Nationale Tageszeitung !! verteilte Exemplare !! verkaufte Exemplare<br />
|-<br />
| [[Corriere della Sera]] || style="text-align:left;"| 577.364 || 510.081<br />
|-<br />
| [[La Repubblica]] || style="text-align:left;"| 501.317 || 454.424<br />
|-<br />
| [[La Gazzetta dello Sport]] || style="text-align:left;"| 350.358 || 307.427<br />
|-<br />
| [[Il Sole 24 Ore]] || style="text-align:left;"| 313.956 || 176.195<br />
|-<br />
| [[La Stampa]] || style="text-align:left;"| 307.541 || 264.038<br />
|-<br />
| [[Corriere dello Sport – Stadio]] || style="text-align:left;"| 208.417 || 204.366<br />
|-<br />
| [[Il Giornale]] || style="text-align:left;"| 176.886 || 170.616<br />
|-<br />
| [[Libero (Zeitung)|Libero]] || style="text-align:left;"| 116.831 || 103.408<br />
|-<br />
| [[Tuttosport]] || style="text-align:left;"| 113.285 || 111.361<br />
|-<br />
| [[Avvenire]] || style="text-align:left;"| 105.643 || 20.729<br />
|-<br />
| [[Italia Oggi]] || style="text-align:left;"| 73.763 || 24.138<br />
|-<br />
| [[L’Unità|L'Unità]] || style="text-align:left;"| 50.879 || 47.461<br />
|-<br />
| [[Il Tempo]] || style="text-align:left;"| 46.162 || 44.058<br />
|-<br />
| [[Il Manifesto]] || style="text-align:left;"| 23.588 || 19.901<br />
|}<br />
<br />
Daneben gibt es zahlreiche regionale Tageszeitungen, deren wichtigsten Verleger die Caltagirone-Gruppe (''Il Messaggero'' und ''Il Gazzettino'') sowie der [[Gruppo Editoriale L’Espresso]] (''Il Tirreno, La Nuova Sardegna, Messaggero Veneto – Giornale del Friuli'' sowie die in Südtirol erscheinende ''Alto Adige'') sind. Die Lokalzeitungen mit mindestens 50.000 verkauften Kopien sind in der folgenden Tabelle aufgelistet.<br />
<br />
{| class="wikitable" style="width:70%;"<br />
|- class="hintergrundfarbe5"<br />
! Regionale Tageszeitung !! Verbreitung !! verkaufte Exemplare<br />
|-<br />
| [[Il Messaggero]] || style="text-align:left;"| Latium, Umbrien, Marken, Abruzzen, Molise || style="text-align:left;"| 206.895<br />
|-<br />
| [[Il Resto del Carlino]] || style="text-align:left;"| Emilia-Romagna, Marken, Venetien (Provinz Rovigo) || style="text-align:left;"| 158.642<br />
|-<br />
| [[La Nazione]] || style="text-align:left;"| Toskana, Umbrien, Ligurien || style="text-align:left;"| 129.817<br />
|-<br />
| [[Il Secolo XIX]] || style="text-align:left;"| Ligurien || style="text-align:left;"| 98.063<br />
|-<br />
| [[Il Gazzettino]] || style="text-align:left;"| Venetien, Friaul-Julisch Venetien || style="text-align:left;"|84.721<br />
|-<br />
| [[Il Tirreno]] || style="text-align:left;"| Toskana || style="text-align:left;"| 80.793<br />
|-<br />
| [[Il Mattino]] || style="text-align:left;"| Kampanien || style="text-align:left;"| 77.691<br />
|-<br />
| [[L'Unione Sarda]] || style="text-align:left;"| Sardinien || style="text-align:left;"| 68.358<br />
|-<br />
| [[Il Giorno]] || style="text-align:left;"| Lombardei || style="text-align:left;"| 67.709<br />
|-<br />
| [[Il Giornale di Sicilia]] || style="text-align:left;"| Sizilien || style="text-align:left;"| 66.995<br />
|-<br />
| [[La Sicilia]] || style="text-align:left;"| Sizilien || style="text-align:left;"| 63.243<br />
|-<br />
| [[La Nuova Sardegna]] || style="text-align:left;"| Sardinien || style="text-align:left;"| 59.608<br />
|-<br />
| [[L'Eco di Bergamo]] || style="text-align:left;"| Lombardei || style="text-align:left;"| 54.308<br />
|-<br />
| [[Dolomiten (Zeitung)|Dolomiten]] || style="text-align:left;"| Südtirol || style="text-align:left;"| 51.858<br />
|-<br />
| [[Messaggero Veneto – Giornale del Friuli]] || style="text-align:left;"| Friaul-Julisch Venetien || style="text-align:left;"| 50.867<br />
|}<br />
<br />
Die Bandbreite der italienischen Wochenzeitschriften ist vergleichbar mit der des deutschsprachigen Raumes. Dabei kann man auch die Unterscheidung zwischen [[Klatschpresse]] und anspruchsvollen Magazinen erkennen. Doch auch populäre Wochenzeitschriften, z.&nbsp;B. ''[[Oggi]]'' und ''[[Gente]]'', bemühen sich um sehr hohe Qualität. Zu den seriösen Wochenmagazinen gehören der linksliberale ''[[L'Espresso]]'' und das zu Berlusconis [[Mondadori]]-Gruppe gehörende ''[[Panorama (Zeitschrift)|Panorama]]''.<br />
<br />
==== Rundfunk und Fernsehen ====<br />
[[Datei:Torre Mediaset.png|miniatur|Der Mediaset-Turm in [[Cologno Monzese]] bei Mailand]]<br />
Seit der Umstellung auf [[DVB-T]] und der Abschaltung der Analogssignale im Jahr 2011, verfügt Italien über ein vielfältiges, frei empfangbares Fernsehangebot.<br />
<br />
Neben den drei nationalen [[Radio]]programmen und den herkömmlichen Fernsehsendern [[Rai Uno]], [[Rai Due]] und [[Rai Tre]] strahlt die staatlich kontrollierte [[Radiotelevisione Italiana]] siebzehn weitere Sender aus.<br />
<br />
Daneben existiert eine Vielzahl an [[Privatfernsehen|Privatsendern]], die ihre Stationen in fast jeder größeren Stadt haben. Diese finanzieren sich durch einen sehr hohen Anteil an [[Werbung]], das Programm besteht zu großen Teilen aus [[Musik]] und [[Show]]s. Dabei gibt es große qualitative Unterschiede. Einige wenige etablierte Sender schlossen sich zu einem großen Sendernetz zusammen, andere hingegen beschränken sich auf die Ausstrahlung von [[Filmkunst|Filmen]], deren Qualität teilweise fraglich ist. Insgesamt existieren in Italien rund 1.700 Fernsehsender, die rund 30 Millionen Zuschauer erreichen.<br />
<br />
Unter dem Namen [[Mediaset]] sind die [[Privatsender]] [[Canale 5]], [[Italia 1]] und [[Rete 4]] zusammengefasst. Berlusconi kaufte diese Sender in den Jahren 1980 bis 1984 auf. Sie erreichen täglich ein Millionenpublikum und strahlen populäre Sendeformate wie [[Reality Show]]s und Sportübertragungen aus. Durch die Umstellung auf DVB-T sind zehn weitere frei empfangbare Mediaset-Programme hinzugekommen.<br />
<br />
Darüber hinaus gibt es mit [[Rupert Murdoch]]s ''[[SKY Italia]]'' ein sehr umfangreiches Bezahlfernsehen, das nach eigenen Angaben im September 2009 4.800.000 Abonnenten zählte.<br />
<br />
=== Neue Medien ===<br />
Etwa 42 % der Bevölkerung nutzt einen [[Internet]]anschluss; auf 100 Einwohner kommen etwa 18,9 [[Breitband-Internetzugang|Breitbandanschlüsse]].<ref>[http://www.itu.int/ITU-D/icteye/DisplayCountry.aspx?countryId=111 International Telecommunication Union – BDT<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref><br />
<br />
=== Sport ===<br />
==== Fußball ====<br />
Die beliebteste italienische Sportart ist der [[Fußball]] (''Calcio''). Der [[Fußball in Italien|italienische Fußball]] verfügt über sehr bekannte Fußballvereine, die bei internationalen [[Turnier]]en viele Erfolge errangen, wie der [[AC Mailand]], [[Inter Mailand]] und [[Juventus Turin]]. Der AC Mailand ist mit sieben Erfolgen im Pokal der Landesmeister bzw. der [[UEFA Champions League|Champions League]] nach [[Real Madrid]] der erfolgreichste europäische Fußballverein. Auch die italienischen Fans („[[Tifoso|Tifosi]]“) sind international sehr bekannt, aus Italien stammt z.&nbsp;B. die [[Ultrà-Bewegung]]. Allerdings mehren sich in jüngster Zeit [[Rechtsextremismus|rechtsextreme]] Handlungen in Zusammenhang mit Fußballspielen. So wurden z.&nbsp;B. dunkelhäutige Spieler in Stadien wiederholt ausgepfiffen. Die Nationalmannschaft Italiens gewann schon viermal den Weltmeistertitel ([[Fußball-Weltmeisterschaft 1934|1934]], [[Fußball-Weltmeisterschaft 1938|1938]], [[Fußball-Weltmeisterschaft 1982|1982]] und [[Fußball-Weltmeisterschaft 2006|2006]]) und konnte [[Fußball-Europameisterschaft 1968|1968]] den Europameistertitel erringen. Mit ihren vier WM-Titeln ist die italienische Nationalmannschaft die erfolgreichste nach der brasilianischen Nationalmannschaft.<br />
<br />
==== Motorsport ====<br />
[[Datei:MotoGP 2011 Malaysia Test 1.jpg|miniatur|Der neunfache [[Motorrad-Weltmeisterschaft|Motorrad-Weltmeister]] [[Valentino Rossi]] 2011 auf Ducati]]<br />
[[Motorsport]] erfreut sich in Italien großer Beliebtheit, schon vor dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] begründeten Fahrer wie [[Tazio Nuvolari]] und die Hersteller [[Alfa Romeo Motorsport|Alfa Romeo]] und [[Fiat]] die großartige italienische Rennsporttradition. Nach dem Krieg wurde [[Scuderia Ferrari|Ferrari]] das bekannteste und erfolgreichste Team der [[Formel 1]]. Mit [[Giuseppe Farina]] ([[Formel-1-Saison 1950|1950]]) und [[Alberto Ascari]] ([[Formel-1-Saison 1952|1952]] und [[Formel-1-Saison 1953|1953]]) stellte Italien zwei Formel-1-Weltmeister.<br />
<br />
Auch der [[Motorradsport|Motorradrennsport]] ist sehr beliebt. [[Giacomo Agostini]] ist der erfolgreichste Fahrer in der Geschichte der [[Motorrad-Weltmeisterschaft]], heute wird diese Tradition vor allem von Publikumsliebling [[Valentino Rossi]] fortgesetzt. Auch die Hersteller [[Moto Guzzi]], [[Gilera]], [[MV Agusta]], [[Ducati]] oder [[Aprilia]] sind in aller Welt für ihre Erfolge bekannt. Zu den Formel-1- und Motorradrennen auf den Traditionsrennstrecken von [[Autodromo Nazionale Monza|Monza]], [[Autodromo Enzo e Dino Ferrari|Imola]] und [[Autodromo Internazionale del Mugello|Mugello]] strömen alljährlich hunderttausende Zuschauer.<br />
<br />
==== Radsport ====<br />
Des Weiteren gilt Italien auch als ein [[Radsport]]land. Der [[Giro d’Italia]] gilt nach der [[Tour de France]] als zweitbedeutendstes Radrennen der Welt. Wichtige Eintagesrennen, die zu den [[Monument des Radsports|Klassikern]] gerechnet werden, sind [[Mailand-Sanremo]] und die [[Lombardei-Rundfahrt]]. Zu den wichtigsten Radsportlern gehören unter anderem der verstorbene [[Marco Pantani]] und [[Mario Cipollini]] bzw. in der Radsportgeschichte [[Fausto Coppi]] und [[Gino Bartali]].<br />
<br />
==== Skisport ====<br />
Außer in Apulien gibt es in allen italienischen Regionen gut ausgestattete Skigebiete, wobei für ausländische [[Fremdenverkehr|Touristen]] vor allem die Skiorte in den Alpen von Bedeutung sind. Zwei der heute bekanntesten aktiven Skifahrer sind bei den Herren der Olympiasieger 2010 im Slalom, [[Giuliano Razzoli]] und bei den Damen [[Manuela Mölgg]]. Der im Ausland vermutlich berühmteste italienische Skifahrer ist [[Alberto Tomba]].<br />
<br />
==== Sonstige ====<br />
Daneben gehören in Italien [[Wasserball]], [[Basketball]], [[Volleyball]] und [[Rugby Union]] zu den beliebtesten Sportarten.<br />
<br />
== Kultur ==<br />
Der italienische Beitrag zum kulturellen und historischen Erbe Europas und der Welt ist beachtenswert. Als Kreuzweg der Zivilisationen des Mittelmeerraumes, Zentrum des [[Römisches Reich|Römischen Reiches]], Sitz des [[Papsttum]]s und Wiege der [[Renaissance]] spielte Italien eine entscheidende Rolle und wurde zum Ausgangsland der europäischen Kunst, Kultur und Forschung.<br />
<br />
Die Auswanderung zahlreicher [[Italiener]] im 19. und 20. Jahrhundert trug auch dazu bei, die italienische Kultur zu etablieren.<br />
<br />
Italien hat insgesamt schätzungsweise 100.000 Denkmäler jeglicher Art (Museen, Schlösser, Gebäude, Statuen, Kirchen, Galerien, Villen, Brunnen, historische Häuser und archäologische Funde).<ref>Eyewitness Travel (2005), S. 19.</ref> Es ist das Land mit den meisten [[UNESCO-Welterbe|Welterbestätten der UNESCO]] (45).<br />
<br />
=== Architektur ===<br />
[[Datei:Cathedral of Pisa (2004-11-13).jpg|miniatur|links|Dom und [[Der Schiefe Turm von Pisa|Schiefer Turm von Pisa]]]]<br />
Einige der bedeutendsten Bauwerke der [[Westliche Welt|westlichen Welt]], wie das [[Kolosseum]] in Rom, der [[Mailänder Dom]] und der [[Dom von Florenz]], der [[Schiefer Turm von Pisa|Schiefe Turm von Pisa]] und die Paläste [[Venedig]]s, befinden sich in Italien.<br />
<br />
Schon die [[Römisches Reich|alten Römer]] setzten Maßstäbe im architektonischen Bereich und führten den Bau von Bögen und Kuppeln ein. Die [[Renaissance]] wurde von italienischen Architekturtheoretikern wie [[Leon Battista Alberti]] und Architekten wie [[Filippo Brunelleschi]] geprägt.<br />
<br />
Das Werk des Venetianers [[Andrea Palladio]] inspirierte einen klassizistisch geprägten Baustil. Vom späten 17. bis ins frühe 20. Jahrhundert beeinflusste der [[Palladianismus]] die Architektur der ganzen Welt, insbesondere in Großbritannien, Australien und den USA.<br />
<br />
Wichtige Architekten der Gegenwart sind [[Renzo Piano]] (Genua), [[Flavio Albanese]] (Vicenza) und [[Massimiliano Fuksas]] (Rom).<br />
<br />
=== Plastik ===<br />
Bildhauer aus der italienischen Halbinsel prägten die Kunst sämtlicher Epochen: beispielsweise die [[Magistri Comacini]] die Romanik, [[Arnolfo di Cambio]] und andere die Gotik (wo aber Frankreich führte), [[Donatello]] die Frührenaissance; [[Michelangelo]] die Hochrenaissance; [[Giovanni Lorenzo Bernini]] das italienische Barock; [[Antonio Canova]] den Klassizismus.<br />
<br />
=== Malerei ===<br />
Die italienische Malerei genoss über Jahrhunderte eine wichtige Stellung in Europa, von der romanischen zur gotischen Epoche, von der [[Renaissance]] bis zum [[Barock]]. Zu den bedeutendsten Malern zählen [[Giotto]], [[Fra Angelico]], [[Botticelli]], [[Michelangelo]], [[Raffael]], [[Leonardo da Vinci]], [[Tizian]], [[Tintoretto]], [[Caravaggio]].<br />
<br />
Mit dem Ende des Barock erlebte die Malerei in Italien einen empfindlichen Niedergang. Erst im 20. Jahrhundert mit dem [[Futurismus]] konnte Italien wieder in die künstlerische Avantgarde vorstoßen, vor allem durch die Werke von [[Umberto Boccioni]] und [[Giacomo Balla]].<br />
<br />
[[Giorgio de Chirico]]s [[Pittura metafisica]] gilt zudem als Vorläufer des [[Surrealismus]].<br />
<br />
=== Literatur ===<br />
{{Hauptartikel|Italienischen Literatur}}<br />
[[Datei:Dante Büste.jpg|miniatur|hochkant|[[Büste]] Dantes]]<br />
Der Florentiner [[Dante Alighieri]] schuf mit seinem Werk die [[Göttliche Komödie]] die Grundlagen der modernen italienischen Sprache und eines der größten Werke der Weltliteratur. Der Dichter [[Francesco Petrarca]] machte das [[Sonett]] als Gedicht-Form bekannt. Zu den großen Literaten Italiens zählen auch [[Giovanni Boccaccio]], [[Ludovico Ariosto]], [[Torquato Tasso]], [[Giacomo Leopardi]] und [[Alessandro Manzoni]].<br />
<br />
Italienische [[Literaturnobelpreis]]träger sind der Dichter [[Giosuè Carducci]] (1906), Schriftstellerin [[Grazia Deledda]] (1926), Theaterautor [[Luigi Pirandello]] (1936), Dichter [[Salvatore Quasimodo]] (1959), [[Eugenio Montale]] (1975) sowie der Satiriker, Theaterautor und -Schauspieler [[Dario Fo]] (1997).<br />
<br />
=== Philosophie ===<br />
[[Niccolò Machiavelli]] gilt aufgrund seines Werks [[Il Principe]] („Der Fürst“) als einer der bedeutendsten Staatsphilosophen der Neuzeit.<br />
<br />
Zu den prominentesten Philosophen aus Italien gehören auch [[Giordano Bruno]], [[Marsilio Ficino]] und [[Giambattista Vico]].<br />
<br />
=== Musik ===<br />
[[Datei:Verdi.jpg|miniatur|hochkant|Giuseppe Verdi (Porträt von [[Giovanni Boldini]], 1886)]]<br />
Italien zählt auch namhafte Komponisten: [[Giovanni Pierluigi da Palestrina|Palestrina]] und [[Claudio Monteverdi|Monteverdi]] in der Renaissance, [[Domenico Scarlatti|Scarlatti]], [[Arcangelo Corelli|Corelli]] und [[Antonio Vivaldi|Vivaldi]] im Barock, [[Niccolò Paganini|Paganini]] und [[Gioacchino Rossini|Rossini]] in der Klassik, [[Giuseppe Verdi|Verdi]] und [[Giacomo Puccini|Puccini]] in der Romantik.<br />
<br />
Italien ist weithin bekannt als Geburtsort der [[Oper]]. Aus der Feder von [[Gioacchino Rossini|Rossini]], [[Vincenzo Bellini|Bellini]], [[Gaetano Donizetti|Donizetti]], [[Giuseppe Verdi|Verdi]] und [[Giacomo Puccini|Puccini]] stammen mit die berühmtesten Opern überhaupt, die heute weltweit aufgeführt werden, unter anderem an der [[Teatro alla Scala|Scala]] in Mailand. Klassische Interpreten wie [[Enrico Caruso]], [[Alessandro Bonci]], [[Beniamino Gigli]], [[Luciano Pavarotti]] und [[Andrea Bocelli]] haben sich um die [[Oper]] verdient gemacht.<br />
<br />
Zu den bekanntesten italienischen Sängern von Chansons sowie Rock- und Popmusik gehören [[Domenico Modugno]], [[Adriano Celentano]], [[Gigliola Cinquetti]], [[Paolo Conte]], [[Toto Cutugno]], [[Gianna Nannini]] und [[Eros Ramazzotti]].<br />
Auch in weniger frequentierten Genres wie [[Power Metal]] ([[Rhapsody of Fire|Rhapsody]]) und [[Punkrock]] ([[Vanilla Sky (Band)|Vanilla Sky]] oder [[Evolution So Far]]) sind die Italiener vertreten.<br />
<br />
Das [[Sanremo-Festival]] ist Italiens größter Musikwettbewerb und wird seit 1951 jährlich in der ligurischen Stadt [[Sanremo]] abgehalten.<br />
<br />
=== Film ===<br />
[[Datei:Federico Fellini NYWTS 2.jpg|miniatur|Der Regisseur [[Federico Fellini]]]]<br />
{{Hauptartikel|Italienischer Film|Italienischer Neorealismus|Italowestern}}<br />
Die italienische [[Filmindustrie]] nahm bereits zwischen 1903 und 1908 konkrete Formen an. Während des Faschismus wurde das Kino auch zu Zwecken der Regime-Propaganda eingesetzt. Im Südosten Roms wurde sogar eine eigene Filmstadt errichtet, [[Cinecittà]].<br />
<br />
Bedeutende Regisseure der Nachkriegszeit sind [[Vittorio De Sica]], [[Roberto Rossellini]], [[Luchino Visconti]], [[Michelangelo Antonioni]], [[Federico Fellini]], [[Pier Paolo Pasolini]], [[Sergio Leone]] und [[Bernardo Bertolucci]]. Unter den Schauspielern haben insbesondere [[Anna Magnani]], [[Sophia Loren]], [[Claudia Cardinale]], [[Monica Vitti]], [[Marcello Mastroianni]], [[Giulietta Masina]] und [[Vittorio Gassman]] internationale Anerkennung erlangt. Zu den bekanntesten italienischen Filmproduktionen gehören [[Fahrraddiebe]], [[Rom, offene Stadt]], [[Der Leopard (Film)|Der Leopard]], [[La Strada – Das Lied der Straße]], [[Das süße Leben]] sowie die [[Italo-Western]] [[Spiel mir das Lied vom Tod]] und [[Zwei glorreiche Halunken]].<br />
<br />
In den letzten drei Jahrzehnten haben italienische Filme nur noch vereinzelt internationale Aufmerksamkeit bekommen, etwa [[Cinema Paradiso]] von [[Giuseppe Tornatore]], [[Der Postmann]] mit [[Massimo Troisi]] oder [[Das Leben ist schön]] von und mit [[Roberto Benigni]].<br />
<br />
=== Wissenschaft ===<br />
[[Datei:Justus Sustermans - Portrait of Galileo Galilei, 1636.jpg|miniatur|links|hochkant|[[Galileo]] (Porträt von Justus Sustermans, 1636)]]<br />
Der vielleicht berühmteste Universalgelehrte in der Geschichte, [[Leonardo da Vinci]], hat mehrere Beiträge zu einer Vielzahl von Bereichen wie Kunst, Biologie und Technologie geleistet. [[Galileo Galilei]] war Physiker, Mathematiker und Astronom und leitete eine wissenschaftliche Revolution ein.<br />
<br />
Hier ein kurzer Überblick über einige andere namhafte Persönlichkeiten der Wissenschaft: der Astronom [[Giovanni Domenico Cassini]]; der Physiker [[Alessandro Volta]], Erfinder der elektrischen Batterie; die Mathematiker [[Joseph-Louis Lagrange|Lagrange]] (geboren Giuseppe Lodovico Lagrangia), [[Leonardo Fibonacci|Fibonacci]] und [[Gerolamo Cardano|Cardano]]; der Arzt [[Marcello Malpighi]], Begründer der mikroskopischen Anatomie; [[Lazzaro Spallanzani]], dessen wichtigsten Entdeckungen auf dem Gebiet der Physiologie liegen; der Wissenschaftler und Nobelpreisträger [[Camillo Golgi]] (nach ihm ist der [[Golgi-Apparat]] benannt); [[Guglielmo Marconi]], Nobelpreisträger für Physik, Erfinder des Radios; der Physiker [[Enrico Fermi]], ebenfalls Nobelpreisträger, bekannt für die Nuklearforschung.<br />
<br />
=== Mode und Design ===<br />
Italienische Mode hat eine lange Tradition. Mailand ist Italiens wichtigste Modemetropole, auch Rom, Turin, Neapel, Genua, Bologna, Venedig und Vicenza sind bedeutende Zentren. Zu den großen italienischen Mode-Labels gehören [[Gucci]], [[Prada]], [[Versace]], [[Valentino]], [[Armani]], [[Dolce & Gabbana]], [[Missoni]], [[Fendi]], [[Moschino]], [[Max Mara]] und [[Ferragamo]], um nur einige zu nennen.<br />
<br />
Italien ist auch führend im Bereich Design, insbesondere Innenarchitektur. [[Gio Ponti]] und [[Ettore Sottsass]] sind in diesem Zusammenhang erwähnenswert.<br />
<br />
=== Küche ===<br />
[[Datei:Eq it-na pizza-margherita sep2005 sml.jpg|miniatur|Pizza Margherita]]<br />
{{Hauptartikel|Italienische Küche}}<br />
Die italienische Küche besteht aus einer Vielzahl von [[Regionalküche]]n und kann auf eine Vielzahl von Zutaten und Spezialitäten zurückgreifen.<br />
<br />
Aus der [[Italienische Küche|italienischen Küche]] haben Speisen und Gerichte wie [[Pizza]], [[Pasta]], [[Pesto]], [[Speiseeis]], [[Panettone]], oder [[Tiramisu]] internationale Berühmtheit erlangt.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Klaus Rother, Franz Tichy: ''Italien. Geographie, Geschichte, Wirtschaft, Politik.'' [[Wissenschaftliche Buchgesellschaft|WBG]], Darmstadt 2008, ISBN 978-3-534-13701-5<br />
* Ernst Ulrich Große, Günter Trautmann: ''Italien verstehen.'' Primus, Darmstadt 1997, ISBN 3-89678-052-2<br />
* Stefan Köppl: ''Das politische System Italiens. Eine Einführung.'' [[VS Verlag|Verlag für Sozialwissenschaften]], Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-14068-1<br />
**dsb. mit Karoline Rörig, Ulrich Glassmann Hgg.: ''Länderbericht Italien.'' Schriftenreihe, 1240. [[Bundeszentrale für politische Bildung]] BpB, Bonn 2012 ISBN 9783838902401<ref>1. Historische und kulturelle Grundlagen: * Guido Crainz, Die historischen Voraussetzungen des heutigen Italien * Mario Caciagli, Alte Sitten im neuen Gewand. Die politische Kultur Italiens * Franco Garelli, Religion und Gesellschaft ** 2. Die italienische Gesellschaft zwischen Tradition und Erneuerung * Clementina Casula, Die italienische Gesellschaft * Chiara Saraceno, Die italienische Familie im Wandel * Ilvo Diamanti und Luigi Ceccarini, Die Jugend: eine »behütete Minderheit« * Gabriele Ballarino, Das italienische Bildungs- und Ausbildungs-System ** 3. Die italienische Republik im Umbruch. Reformen des politischen Systems und neue politische Ausrichtungen * Alexander Grasse und Francesca Gelli, Zentralismus, regionale Autonomie, Föderalismus * Köppl, Entwicklungen und Reformen in Parteiensystem und Wahlsystem * Luca Verzichelli, Das italienische Regierungssystem * Carlo Guarnieri, Die Rolle der Justiz in der italienischen Politik * Carlo Masala, Italienische Außen- und Sicherheitspolitik ** 4. Die italienische Wirtschaft vor globalen Herausforderungen * Glassmann, Die ital. Volkswirtschaft. Historische Entwicklung und gegenwärtige Lage * Luigi Burroni, Die lokale Wirtschaft Italiens im Wandel * Chiara Rapallini, Die italienische Wirtschafts- und Finanzpolitik * Glassmann, Der italienische Wohlfahrtsstaat ** 5. Intermediäre Gewalten * Mimmo Carrieri, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände * Gianpietro Mazzoleni, Die ital. Medien * Letizia Paoli, [[Mafia]] und organisierte Kriminalität in Italien * Glassmann, Köppl und Rörig, Vergangene und gegenwärtige Herausforderungen. ** Anhänge: Wahlergebnisse ** Tabellen zu Wirtschaft und Gesellschaft S. 490 - 502</ref> <br />
* Richard Brütting (Hrsg.): ''Italien-Lexikon. Schlüsselbegriffe zu Geschichte, Gesellschaft, Wirtschaft, Politik, Justiz, Gesundheitswesen, Verkehr, Presse, Rundfunk, Kultur und Bildungswesen.'' Erich Schmidt, Berlin 1997, ISBN 3-503-03772-1.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
{{Portal|Italien}}<br />
* [[Italianistik]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons|Italy|Italien}}<br />
{{Wiktionary}}<br />
{{Wikiquote|Italienische Sprichwörter}}<br />
{{Wikisource}}<br />
{{Wikinews|Portal:Italien|{{PAGENAME}}}}<br />
{{Wikivoyage}}<br />
* [http://www.ambberlino.esteri.it/Ambasciata_Berlino Italienische Botschaft in Berlin] (italienisch, deutsch)<br />
* [http://www.ambberna.esteri.it/Ambasciata_Berna Italienisches Konsulat in Bern] (italienisch, deutsch)<br />
* [http://www.ambvienna.esteri.it/ambasciata_vienna Italienische Botschaft in Wien] (italienisch, deutsch)<br />
* [http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/Fachveroeffentlichungen/Laenderprofile/Content75/Italien,property=file.pdf Länderprofil] des Statistischen Bundesamtes<br />
* [http://www.istat.it/ Offizielle statistische Daten über Italien] (italienisch)<br />
* [http://www.enit-italia.de/ Seite der ENIT, des Staatlichen Italienischen Fremdenverkehrsamts]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
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{{NaviBlock<br />
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}}<br />
<br />
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[[Kategorie:Staat in Europa]]<br />
[[Kategorie:Italien| ]]<br />
[[Kategorie:Gruppe der Acht]]<br />
[[Kategorie:Mitgliedstaat der Europäischen Union]]<br />
[[Kategorie:Mitglied des Europarats]]<br />
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[[uk:Італія]]<br />
[[ur:اطالیہ]]<br />
[[uz:Italiya]]<br />
[[vec:Itałia]]<br />
[[vep:Italii]]<br />
[[vi:Ý]]<br />
[[vls:Itoalië]]<br />
[[vo:Litaliyän]]<br />
[[wa:Itåleye]]<br />
[[war:Italya]]<br />
[[wo:Itaali]]<br />
[[wuu:意大利]]<br />
[[xal:Италмудин Орн]]<br />
[[xmf:იტალია]]<br />
[[yi:איטאליע]]<br />
[[yo:Itálíà]]<br />
[[zea:Itâlië]]<br />
[[zh:意大利]]<br />
[[zh-classical:義大利]]<br />
[[zh-min-nan:Italia]]<br />
[[zh-yue:意大利]]<br />
[[zu:ITaliya]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Alma_Mater&diff=112973497Alma Mater2013-01-15T02:30:26Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ergänze: ky:Альма-матер</p>
<hr />
<div>{{Quelle|Bisher sind keinerlei Quellen angegeben. --[[Benutzer:DF5GO|<span style="font-family:Georgia,serif ">''DF5GO</span>'']] 18:31, 16. Aug. 2012 (CEST)|Dieser Artikel}}<br />
[[Datei:Alma Mater, Lorado Taft.jpg|miniatur|Alma Mater als Statue in den USA]]<br />
<br />
'''Alma Mater''' (von [[latein]]isch ''alma'' „nährend, gütig“ und ''mater'' „Mutter“) ist im deutschen Sprachraum heute eine Bezeichnung für [[Universität]]en.<br />
<br />
== Verwendung im Bildungsbereich ==<br />
Universitäten werden als Alma Mater bezeichnet, da Studierende dort [[Metapher|metaphorisch]] mit [[Bildung]] und [[Wissen]] genährt werden. Der Ausdruck in dieser Verwendung stammt vom Motto ''„Alma mater studiorum“'' der [[Universität Bologna]], die als älteste Universität Europas im Jahr 1088 gegründet wurde. Im deutschsprachigen Raum findet sich die Bezeichnung beispielsweise bei der [[Universität Leipzig|Alma Mater Lipsiensis]] (1409) und der [[Alma Mater Viadrina]] (1506).<br />
<br />
Diese Begriffsverwendung, die im [[Britisches Englisch|britischen Englisch]] eher selten ist, wird im [[Amerikanisches Englisch|amerikanischen Englisch]] neben der Universität auch auf andere Schulen bis hin zur [[Grundschule]] ausgedehnt. Außerdem bezeichnet ''alma mater'' dort häufig Schul- oder Universitäts-[[Hymne]]n, die in USA oft mit diesen Worten beginnen (→[[Incipit]]).<br />
<br />
== Ursprüngliche Bedeutung ==<br />
Im [[Römisches Reich|Römischen Reich]] war ''alma'' ein [[Epithet]] für nährende, segenspendende Göttinnen, so z. B. ''alma [[Ceres]]'', ''alma [[Tellus]]'' oder auch ''alma [[Venus (Mythologie)|Venus]]''. Im [[Mittelalter]] war mit ''alma mater'' meist die [[Maria (Mutter Jesu)|Gottesmutter Maria]] gemeint (z.&nbsp;B. in der [[Marianische Antiphon|Marianischen Antiphon]] des [[Brevier (Liturgie)|Breviers]] in der [[Advent]]s- und Weihnachtszeit, ''[[Alma redemptoris mater]]'').<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
<br />
* [[Alumni]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Alma mater|Alma Mater}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
<references/><br />
<br />
[[Kategorie:Hochschulsystem]]<br />
[[Kategorie:Lateinische Phrase]]<br />
<br />
[[ar:مدرسة أم]]<br />
[[arz:الما ماتار]]<br />
[[az:Alma mater]]<br />
[[bg:Алма матер]]<br />
[[ca:Alma mater]]<br />
[[cs:Alma mater]]<br />
[[da:Alma mater]]<br />
[[en:Alma mater]]<br />
[[es:Alma máter]]<br />
[[fa:مادر علمی]]<br />
[[fi:Alma mater]]<br />
[[fr:Alma mater]]<br />
[[gl:Alma mater]]<br />
[[he:אלמה מאטר]]<br />
[[hi:आलमा माटर]]<br />
[[hr:Alma mater]]<br />
[[hy:Ալմա մատեր]]<br />
[[id:Almamater]]<br />
[[it:Alma mater]]<br />
[[ja:アルマ・マータ]]<br />
[[ka:ალმა-მატერი]]<br />
[[ko:모교]]<br />
[[ku:Alma mater]]<br />
[[ky:Альма-матер]]<br />
[[lmo:Alma mater]]<br />
[[lt:Alma mater]]<br />
[[lv:Alma mater]]<br />
[[ms:Alma mater]]<br />
[[nl:Alma mater]]<br />
[[no:Alma mater]]<br />
[[pl:Alma Mater]]<br />
[[pt:Alma mater]]<br />
[[ro:Alma mater]]<br />
[[ru:Альма-матер]]<br />
[[sh:Alma mater]]<br />
[[simple:Alma mater]]<br />
[[sk:Alma mater]]<br />
[[sl:Alma mater]]<br />
[[sq:Alma Mater]]<br />
[[sv:Alma mater]]<br />
[[tl:Inang diwa]]<br />
[[tr:Alma mater]]<br />
[[uk:Альма-матер]]<br />
[[ur:الما ماتر]]<br />
[[vi:Alma mater]]<br />
[[zh:母校]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hormisdas_(Papst)&diff=112972532Hormisdas (Papst)2013-01-15T00:54:12Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Hormisdas zu tl:Papa Hormisdas</p>
<hr />
<div>'''Hormisdas''' (auch: ''Hormisda''; * in [[Frosinone]], Campagna di Roma, [[Latium]]; † [[6. August]] [[523]] in [[Rom]]) war vom 20.&nbsp;Juli 514 bis zu seinem Tode [[Papst]].<br />
<br />
== Leben und Wirken ==<br />
Der heilige Hormisdas war ein Witwer und römischer [[Diakon]], als er den [[Papst|päpstlichen]] Thron bestieg. Sein Sohn wurde als [[Silverius]] später ebenfalls Bischof von Rom.<br />
<br />
Eine der ersten Sorgen des Bischofs war es, die letzten Spuren des [[Laurentius (Gegenpapst)|Laurentianischen]] Schismas aus Rom zu entfernen und die übrig gebliebenen Abtrünnigen in die Kirche zurückzuführen. Der größte Teil seines Pontifikats beschäftigte sich mit der Heilung des [[Schisma]]s ''([[Akakianisches Schisma]])'', das seit 484 zwischen Ost und West bestanden hatte und auf der Exkommunikation des [[Acacius von Konstantinopel]] unter Vorwurf des [[Nestorianismus]] gründete. 519 wurde mit Hilfe eines Glaubensbekenntnisses, welches die ''Formel von Hormisdas (formula Hormisdae)'' genannt wird, das Schisma beendet und die Kirche von Rom mit der von [[Konstantinopel]] wieder vereinigt. Hormisdas hatte das Schreiben 515 an den [[Timotheus I. (Patriarch)|Patriarchen Timotheos&nbsp;I.]] gesandt, und 519 sandte es dessen Nachfolger [[Johannes II. Kappadokes|Johannes&nbsp;II. Kappadokes]] akzeptiert zurück.<br />
<br />
Es ist auch ein Briefwechsel zwischen Hormisdas und Patriarch [[Epiphanios von Konstantinopel]], dem Nachfolger des Johannes Kappadokes, erhalten, in dem es um die endgültige Beilegung des Schismas geht.<br />
<br />
Er ist der [[Schutzheiliger|Schutzheilige]] der [[Stallbursche]]n und [[Reitknecht]]e, sowie der Stadt [[Frosinone]]. Der katholische Gedenktag ist der [[6. August|6.&nbsp;August]].<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Walter Haacke: ''Die Glaubensformel des Papstes Hormisdas im Arcadischen Schisma'' (Analecta Gregoriana; Bd. 10). Rom 1939 (zugl. Dissertation, Universität Rom 1939). <br />
* Stefan Schima: ''Papsttum und Nachfolgebeeinflußung. Von den Anfängen bis zur Papstwahlordnung 1179'' (Kirche und Recht; Bd. 26). Verlag Plöchl, Freistadt 2011, ISBN 978-3-901479-72-4, S. 141–143 (zugl. Habilitationsschrift, Universität Wien 2004). <br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Hormisdas|Papst Hormisdas}}<br />
* {{BBKL|h/hormisdas_p|autor=Friedrich Wilhelm Bautz}}<br />
* [http://www.heiligenlexikon.de/BiographienH/Hormisdas.html Ökumenisches Heiligenlexikon]<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/07470a.htm}}<br />
* [http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0514-0523-_Hormisdas,_Sanctus.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]<br />
<br />
{{Folgenleiste Papst|VG=[[Symmachus (Papst)|Symmachus]]|NF=[[Johannes I. (Papst)|Johannes I.]]|ZEIT=514–523}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=100946321|VIAF=71750231}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Hormisdas}}<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Frosinone]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (6. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (6. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Historische Person (Italien)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 5. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 523]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Hormisdas<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Hormisda<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Papst (514–523)<br />
|GEBURTSDATUM=5. Jahrhundert<br />
|GEBURTSORT=[[Frosinone]], Campagna di Roma, Latium<br />
|STERBEDATUM=6. August 523<br />
|STERBEORT=[[Rom]]<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Hormisdas]]<br />
[[arz:القديس هرمزيدا]]<br />
[[be:Гармізд, Папа Рымскі]]<br />
[[bg:Хормисд]]<br />
[[br:Hormisdas]]<br />
[[ca:Hormisdes I]]<br />
[[ceb:Hormisdas]]<br />
[[cs:Hormisdas]]<br />
[[el:Πάπας Ορμίσδας]]<br />
[[en:Pope Hormisdas]]<br />
[[eo:Hormisdaso]]<br />
[[es:Hormisdas]]<br />
[[et:Hormisdas]]<br />
[[eu:Hormisdas]]<br />
[[fa:هورمیسداس]]<br />
[[fi:Pyhä Hormisdas]]<br />
[[fr:Hormisdas]]<br />
[[gl:Hormisdas, papa]]<br />
[[he:הורמיסדס]]<br />
[[hr:Hormizda]]<br />
[[hu:Hormiszdasz pápa]]<br />
[[id:Paus Hormidas]]<br />
[[it:Papa Ormisda]]<br />
[[ja:ホルミスダス (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Hormisdas]]<br />
[[ka:ჰორმიზდასი]]<br />
[[ko:교황 호르미스다]]<br />
[[la:Hormisdas (papa)]]<br />
[[mk:Папа Хормизд]]<br />
[[mr:पोप हॉर्मिस्दस पहिला]]<br />
[[mzn:هورمیسداس]]<br />
[[nl:Paus Hormisdas]]<br />
[[pl:Hormizdas]]<br />
[[pt:Papa Hormisdas]]<br />
[[ro:Papa Hormisdas]]<br />
[[ru:Гормизд (папа римский)]]<br />
[[sco:Pape Hormisdas]]<br />
[[sh:Hormizda]]<br />
[[sk:Hormizdas]]<br />
[[sl:Papež Hormizd]]<br />
[[sr:Папа Хормизд]]<br />
[[sv:Hormisdas]]<br />
[[sw:Papa Hormisdas]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาฮอร์มิสดัส]]<br />
[[tl:Papa Hormisdas]]<br />
[[tr:Hormisdas]]<br />
[[uk:Гормізд]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Hormisđa]]<br />
[[war:Papa Hormisdas]]<br />
[[yo:Pópù Hormisdas]]<br />
[[zh:教宗何弥]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Felix_III.&diff=112972412Felix III.2013-01-15T00:42:18Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Félix IV zu tl:Papa Félix IV</p>
<hr />
<div>[[Datei:Mosaic_of_Felix_IV_(III)_in_Santi_Cosma_e_Damiano,_Rome,_Italy_(527–530).jpg|miniatur|hochkant|Mosaik des Felix III. (um 527–530 entstanden, später restauriert)]]<br />
<br />
'''Felix III.''' (* in [[Samnium]]; † [[530]]) war von 526 bis zu seinem Tode [[Bischof von Rom]]. Sein Name bedeutet: „Der Glückliche“.<br />
<br />
In einer anderen Zählung, die Papst [[Felix II. (Gegenpapst)|Felix II.]] als rechtmäßigen Papst anerkennt, erscheint er als Felix IV. Folglich wird Felix III. manchmal als „Felix III. (IV.)“ bzw. „Felix IV. (III.)“ bezeichnet.<br />
<br />
Felix stammte aus [[Samnium]], wo er als Sohn eines gewissen Castorius geboren wurde. Nach dem Tode von Papst [[Johannes I. (Papst)|Johannes I.]], der vom König der [[Ostgoten]] [[Theoderich der Große|Theoderich]] inhaftiert worden war, wurde er nach einer [[Sedisvakanz]] von zwei Monaten am 12. Juli gewählt. Theoderich hatte sich für seine Wahl eingesetzt; dies wird ein Grund dafür gewesen sein, dass sich Felix ostgotenfreundlich verhielt.<br />
<br />
Felix verurteilte den [[Semipelagianismus]] und erhielt von der [[Konzil von Orange|Synode von Orange]] 529 die Bestätigung seiner Haltung.<br />
<br />
Felix versuchte, seinen eigenen Nachfolger zu designieren – [[Bonifatius II.|Bonifatius II]]. Das zog jedoch eine Reaktion des Senats nach sich, der die Diskussion über den Nachfolger des Amtsinhabers zu dessen Lebzeiten verbot, ebenso die Annahme einer derartigen Nomination.<br />
<br />
Die Mehrheit des Klerus wählte nach Felix’ Tod [[Dioskur (Gegenpapst)|Dioskur]], während eine Minderheit Bonifatius II. favorisierte. Das [[Schisma]] wurde durch den baldigen Tod Dioskurs beendet.<br />
<br />
[[Gebotener Gedenktag|Gebotener]] katholischer Gedenktag ist der 12. Oktober.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* {{RE|VI,2|2169||Felix 21|[[Adolf Jülicher]]|RE:Felix 21}} <br />
* {{BBKL|f/felix_iv|autor=Friedrich Wilhelm Bautz|artikel=Felix IV|band=2|spalte=10}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
<br />
{{commonscat|Felix III|Felix III.}}<br />
* [http://www.heiligenlexikon.de/BiographienF/Felix_IV.htm Ökumenisches Heiligenlexikon]<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/06031a.htm}}<br />
<br />
{{Folgenleiste Papst|VG=[[Johannes I. (Papst)|Johannes I.]]|NF=[[Bonifatius II.]]|ZEIT=526–530}}<br />
<br />
{{Normdaten|PND=102432406}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Felix 03}}<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Bischof (6. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (6. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Historische Person (Italien)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 5. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 530]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Felix III.<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Felix IV.; Felix III. (IV.); Felix IV. (III.); Felix de Bénévent; Felice del Sannio<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Papst (526−530)<br />
|GEBURTSDATUM=5. Jahrhundert<br />
|GEBURTSORT=[[Samnium]]<br />
|STERBEDATUM=530<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Felix IV]]<br />
[[arz:القديس فيلكس الرابع]]<br />
[[be:Фелікс IV, Папа Рымскі]]<br />
[[bg:Феликс IV]]<br />
[[br:Feliks IV]]<br />
[[ca:Fèlix IV]]<br />
[[ceb:Félix IV]]<br />
[[cs:Felix III.]]<br />
[[el:Πάπας Φήλιξ Δ΄]]<br />
[[en:Pope Felix IV]]<br />
[[eo:Felikso la 4-a]]<br />
[[es:Félix IV]]<br />
[[et:Felix IV]]<br />
[[eu:Felix IV.a]]<br />
[[fa:فلیکس چهارم]]<br />
[[fi:Pyhä Felix IV]]<br />
[[fr:Félix IV]]<br />
[[gl:Fiz III, papa]]<br />
[[he:פליקס הרביעי]]<br />
[[hr:Feliks IV.]]<br />
[[hu:IV. Félix pápa]]<br />
[[id:Paus Feliks IV]]<br />
[[it:Papa Felice IV]]<br />
[[ja:フェリクス4世 (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Felix IV]]<br />
[[ka:ფელიქს IV (პაპი)]]<br />
[[ko:교황 펠릭스 4세]]<br />
[[la:Felix IV]]<br />
[[mk:Папа Феликс IV]]<br />
[[mr:पोप फेलिक्स चौथा]]<br />
[[mzn:فلیکس چاروم]]<br />
[[nl:Paus Felix III (IV)]]<br />
[[nn:Pave Felix III]]<br />
[[no:Felix III]]<br />
[[pl:Feliks IV]]<br />
[[pt:Papa Félix IV]]<br />
[[ro:Papa Felix al IV-lea]]<br />
[[ru:Феликс IV (III) (папа римский)]]<br />
[[sh:Feliks IV]]<br />
[[sl:Papež Feliks IV.]]<br />
[[sr:Папа Феликс IV]]<br />
[[sv:Felix IV]]<br />
[[sw:Papa Felix IV]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาเฟลิกซ์ที่ 4]]<br />
[[tl:Papa Félix IV]]<br />
[[uk:Фелікс IV (III)]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Fêlix IV]]<br />
[[war:Papa Felix IV]]<br />
[[yo:Pópù Felix 4k]]<br />
[[zh:教宗斐理斯四世]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Cajus_(Bischof_von_Rom)&diff=112972255Cajus (Bischof von Rom)2013-01-15T00:28:27Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Cayo (Papa) zu tl:Papa Cayo</p>
<hr />
<div>[[File:PCaius.jpg |miniatur|Cajus (Phantasiedarstellung)]]<br />
'''Cajus''' oder '''Gajus''' (* in [[Dalmatien]]; † [[22. April]] [[296]]) war [[Bischof]] von [[Rom]] vom 17. Dezember 283 bis 22. April 296.<br />
<br />
Er war der Sohn von Gajus oder - seiner Nichte, der Heiligen [[Susanna von Concordia]] zufolge - ein Verwandter des Kaisers [[Diokletian]]. Unter seiner Leitung erlebten die Christen eine Zeit der Ruhe zwischen der Verfolgung unter [[Valerian]] und unter Diokletian.<br />
Außer den Informationen des ''[[Liber Pontificalis]]'' ist nur wenig über ihn bekannt.<br />
<br />
== Leben und Wirken ==<br />
Gabinus ist der Name des Vaters der Heiligen Susanna. Daher wird angenommen, dass Cajus der Onkel der Heiligen Susanna ist.<br />
<br />
Während seiner Amtszeit nahm die Christenverfolgung zu, obwohl neue Kirchen und Friedhöfe gebaut werden konnten. Wahrscheinlich starb er nicht als Märtyrer, denn die Christenverfolgung Diokletians begann erst im Jahre 303, also nach Cajus' mutmaßlichem Tod, und Diokletian war auf seinem Weg zum Kaiser den Christen gegenüber nicht immer feindlich eingestellt. Als Bischof von Rom verfügte Cajus, dass ein zukünftiger Bischof zuerst [[Lektor (katholisch)|Lektor]], [[Exorzismus|Exorzist]], [[Akolyth]], [[Subdiakon]], [[Diakon]] und [[Priester]] gewesen sein musste. <br />
<br />
[[Datei:Martyrdom of Pope Caius.jpg|miniatur|250px|Darstellung des Märtyrertodes Cajus durch [[Lorenzo Monaco]]. Ursprünglich Teil der Altarmalerein in der Kirche San Gaggio in Florenz.]]<br />
<br />
Cajus' Grab, in dem sich auch sein Siegelring befand, wurde mit der originalen Grabinschrift in der [[Calixtus-Katakombe]] in [[Rom]] entdeckt. Im Jahre 1631 wurde sein mutmaßlicher Amtssitz in eine Kirche umgewandelt, die jedoch 1880 dem italienischen Verteidigungsministerium weichen musste, so dass seine Reliquien zur Kapelle der Familie [[Barberini]] überführt wurden.<br />
<br />
== Verehrung als Heiliger ==<br />
Sein Gedenktag ist, gemeinsam mit dem des [[Soterus]], der 22. April. In der Kunst wird der Heilige Cajus mit der [[Tiara]] mit einem Bild des [[Nereus (Heiliger)|Heiligen Nereus]] dargestellt. Er wird hauptsächlich in [[Dalmatien]] und [[Venedig]] verehrt.<br />
<br />
In [[Florenz]] ist ihm die Kirche San Gaggio geweiht.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der Seligen und Heiligen]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{commonscat|Caius|Cajus}}<br />
* {{ws | [[s:RE:Gaius 8|Gaius]] in ''[[Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft]]''}}<br />
* {{BBKL|c/cajus_p}}<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/03144c.htm}}<br />
* [http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0283-0296-_Caius,_Sanctus.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]<br />
<br />
{{Folgenleiste Bischof von Rom|VORGÄNGER=[[Eutychianus]]|NACHFOLGER=[[Marcellinus (Bischof von Rom)|Marcellinus]]|Bischof von Rom|ZEIT=283–296}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=118921363}}<br />
<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 3. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 296]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Cajus<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Gajus<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Bischof von Rom (283–296)<br />
|GEBURTSDATUM=3. Jahrhundert<br />
|GEBURTSORT=Dalmatien<br />
|STERBEDATUM=22. April 296<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Gajus]]<br />
[[ar:كايوس]]<br />
[[arz:القديس كايوس]]<br />
[[bg:Кай]]<br />
[[br:Kae (sant)]]<br />
[[ca:Gai I]]<br />
[[cs:Caius]]<br />
[[da:Pave Caius 1.]]<br />
[[el:Πάπας Γάιος]]<br />
[[en:Pope Caius]]<br />
[[eo:Papo Kaio]]<br />
[[es:Cayo (papa)]]<br />
[[et:Caius]]<br />
[[eu:Kaio (aita santua)]]<br />
[[fa:کایوس]]<br />
[[fi:Pyhä Caius]]<br />
[[fr:Caïus (pape)]]<br />
[[gl:Caio, papa]]<br />
[[he:קאיוס]]<br />
[[hr:Kajo]]<br />
[[hu:Kájusz pápa]]<br />
[[id:Paus Kaius]]<br />
[[it:Papa Caio]]<br />
[[ja:カイウス (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Caius]]<br />
[[ka:გაიუსი (პაპი)]]<br />
[[ko:교황 카이오]]<br />
[[la:Caius]]<br />
[[mk:Папа Каус]]<br />
[[mr:पोप कैयस]]<br />
[[mzn:کایوس]]<br />
[[nl:Paus Cajus]]<br />
[[no:Caius (pave)]]<br />
[[pl:Kajus (papież)]]<br />
[[pt:Papa Caio]]<br />
[[ro:Papa Caius]]<br />
[[ru:Гай (папа римский)]]<br />
[[sco:Pape Caius]]<br />
[[sh:Kajo]]<br />
[[sk:Kajus]]<br />
[[sl:Papež Kaj]]<br />
[[sv:Gajus (påve)]]<br />
[[sw:Papa Caio]]<br />
[[ta:காயுஸ் (திருத்தந்தை)]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาไกอุส]]<br />
[[tl:Papa Cayo]]<br />
[[uk:Гай (папа)]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Caiô]]<br />
[[war:Papa Cayo]]<br />
[[yo:Pópù Caius]]<br />
[[zh:教宗加犹]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Cornelius_(Bischof_von_Rom)&diff=112972143Cornelius (Bischof von Rom)2013-01-15T00:20:03Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Cornelio zu tl:Papa Cornelio</p>
<hr />
<div>[[Datei:PopeCornelius.jpg|miniatur|rechts|Cornelius - [[Mosaik]] aus dem 12. Jahrhundert in der [[Apsis]] der Kirche von [[Santa Maria in Trastevere]], [[Rom]]]]<br />
'''Cornelius''' († Juni [[253]] in Centumcellae, heute [[Civitavecchia]], [[Italien]]) war [[Bischof]] von [[Rom]] von März 251 bis Juni 253.<br />
<br />
Sein Name bedeutet „Der Hornträger“ (aus dem Lateinischen) oder rührt von dem altrömischen Geschlecht der [[Cornelier]] her.<br />
<br />
== Leben ==<br />
Im Jahre 251 wurde er nach einer [[Sedisvakanz]] von über einem Jahr, während einer kurzen Ruhephase der [[Christenverfolgung]] durch Kaiser [[Trajanus Decius]], gewählt.<br />
[[Novatian]] warf ihm vor, dass er sich bei der Verfolgung unter Decius gegen Geld eine Bescheinigung verschafft habe, dass er den Göttern geopfert habe. Drei süditalienische Bischöfe weihten Novatian zum Gegenbischof. Da Novatian eine Wiederaufnahme der Abgefallenen ([[Latein|lat.]] ''[[lapsi]]'') ablehnte, Cornelius aber eine milde Haltung vertrat, kam es zum endgültigen Bruch und zur wahrscheinlich ersten Kirchenspaltung (siehe [[Hippolyt von Rom#Schisma|hippolytisches Schisma]] im Jahre 217). Auf einer Synode in Rom im Herbst 251, an der 60 Bischöfe teilnahmen, wurden Novatian und seine Anhänger exkommuniziert (Novatianisches [[Schisma]]).<br />
<br />
Cornelius baute die Hierarchie der [[Kirche (Organisation)|Kirche]] aus und war ein guter Bekannter des [[Cyprian von Karthago|Cyprian]], der ihn gegen die Angriffe des Novatian unterstützte. Eine wichtige Quelle für den Streit mit Novatian stellt der Briefwechsel zwischen Cornelius und Cyprian dar; in der Briefsammlung Cyprians sind die Briefe ep. 49 und ep. 50 von Cornelius an Cyprian gerichtet; acht weitere Briefe (ab ep. 44) sind von Cyprian an Cornelius gerichtet. <br />
<br />
Unter Kaiser [[Trebonianus Gallus]] wurde er 253 nach Centumcellae (Civitavecchia) in Exil geschickt, wo er auch starb. Sein Bildnis ist auf einem Wandgemälde der <br />
[[Calixtus-Katakombe]] zu sehen.<br />
<br />
Cornelius gehört zusammen mit den Heiligen [[Quirinus von Neuss|Quirinus]], [[Hubertus von Lüttich|Hubertus]] und [[Antonius der Große|Antonius]] zu den [[Vier Marschälle Gottes|Vier heiligen Marschällen Gottes]]. Sein Gedenktag ist der 16. September, der jedoch nicht sein Todestag ist, er starb im Juni 253. Gebotener Gedenktag ([[Erheben der Gebeine|Niederlegung der Gebeine]]) ist der 14. September.<br />
<br />
== Märtyrer oder nicht? ==<br />
Cornelius, der in der [[Römisch-katholische Kirche|katholischen Kirche]] schon immer als [[Heiliger]] verehrt wurde, gilt auch als [[Märtyrer]], obwohl die Situation nicht eindeutig ist.<br />
Nach der [[Legenda aurea]] heilte Cornelius eine seit fünf Jahren gelähmte Frau und wurde in Rom mit anderen Christen zu Tode gemartert. In anderen aber ebenfalls nicht sicheren Quellen wird präzisiert, er sei mit dem Schwert enthauptet worden, weil er sich weigerte, dem Gott [[Mars (Mythologie)|Mars]] zu opfern. <br />
In Veröffentlichungen aus den letzten Jahrzehnten wird in der Regel bezweifelt, wenn nicht sogar abgelehnt, dass [[Papst]] Cornelius als Märtyrer starb. Er starb anscheinend im Jahre 253 während seiner Verbannung in Centumcellae an Erschöpfung. Anscheinend wurde er zunächst nicht offiziell als Märtyrer betrachtet, obwohl Cyprian ihn als solchen grüßte. Er ist nicht in der Depositio Martyrum aufgeführt, einer Auflistung von Märtyrern aus dem 4. Jahrhundert. <br />
Sein Leichnam wurde anscheinend gegen Ende des 3. Jahrhunderts in die Calixtus-Katakombe überführt, die an prominenter Stelle liegt, nämlich an der [[Via Appia]] Antica vor den ehemaligen Stadtmauern Roms. An dieser Straße waren auch die meisten Vertreter des berühmten [[Patrizier]]geschlechts der [[Cornelier]] bestattet. Seit dem 3. Jahrhundert war die Calixtus-Katakombe die wichtigste christliche Begräbnisstätte Roms. Das Grab des Cornelius liegt etwas abseits von den übrigen Papstgräbern in dem früher selbständigen [[Coemeterium]] (= Grabanlage) der [[Lucina (Christentum)|Lucina]], unmittelbar an der Via Appia.<br />
<br />
Auf einer Marmorplatte für Cornelius, die später in der Lucina-Krypta gefunden wurde, war das Wort MARTYR von späterer Hand hinzugefügt worden. Jedenfalls wurde Cornelius von einem bestimmten Zeitpunkt an in den Katakomben als Märtyrer verehrt. Auch im [[Hochgebet|Kanon]] der Messe wird Cornelius unter den zwölf in der römischen Mutterkirche besonders verehrten Märtyrern der ersten vier Jahrhunderte genannt.<br />
<br />
== Aus dem Geschlecht der Cornelier? ==<br />
Unklar ist des Weiteren, ob Cornelius dem Patriziergeschlecht der Cornelier entstammte, das zu den angesehensten im [[Römisches Reich|römischen Reich]] gehörte. Allein aus dem Namen kann dies nicht hergeleitet werden. Damals trug eine große Anzahl Menschen den Namen eines der berühmten römischen Geschlechter, ohne dass ein Verwandtschaftsverhältnis bestand. In Rom war es nämlich üblich, dass [[Freigelassener|Freigelassene]] den Namen desjenigen trugen, der ihnen die Freiheit verschafft hatte. Dies dürfte eine weit größere Zahl gewesen sein als die der eigentlichen Angehörigen des betreffenden Geschlechts. So soll allein der Politiker und Feldherr [[Lucius Cornelius Sulla Felix|Lucius Cornelius Sulla]] rund 10.000 Menschen freigelassen haben, die dann den Namen Cornelius trugen. <br />
Nach dem ''[[Liber Pontificalis]]'' war Papst Cornelius Römer und Sohn eines gewissen Castinus, der zum Corneliergeschlecht gehörte. Wenngleich diese Quelle als nicht verlässlich gilt, sprechen mehrere Indizien dafür, dass Papst Cornelius tatsächlich ein Angehöriger dieses Geschlechts war.<br />
<br />
== Wiederentdeckung der Cornelius-Gruft ==<br />
Das Cornelius-Grab war viele Jahrhunderte lang verschollen, wie überhaupt im Mittelalter die Katakomben weitgehend aus dem Bewusstsein geraten waren. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde es von dem [[Archäologen]] [[Giovanni Battista de Rossi]] entdeckt. Beim Durchstöbern von Schutt in einem verlassenen Kirchlein nahe der Via Appia fand er 1849 das Bruchstück einer Marmortafel, die die Inschrift ...NELIUS MARTYR trug. De Rossi kombinierte sogleich, dass dies CORNELIUS bedeutete und dann auch die [[Gruft]] dieses Papstes nicht weit sein konnte. 1852 stieß er bei der weiteren Suche auf einen Raum, der später zweifelsfrei als die Gruft des Papstes Cornelius identifiziert werden konnte. Wie sich herausstellte, hatte er eine der bedeutendsten Katakomben, nämlich die Calixtus-Katakombe, wiederentdeckt. In der Grabnische fand sich ein weiteres Bruchstück der Marmorplatte mit den Buchstaben COR und EP, das genau zu dem drei Jahre vorher gefundenen Fragment passte und nun die Inschrift CORNELIUS MARTYR EP (= Cornelius Märtyrer Bischof) ergab.<br />
Die Auffindung des verschollenen Cornelius-Grabes in der Calixtus-Katakombe erregte seinerzeit großes Aufsehen und gilt als Beginn der wissenschaftlichen Katakombenforschung.<br />
<br />
== Darstellungen in der Kunst ==<br />
Die frühesten Abbildungen von Papst Cornelius stammen aus dem 6. Jahrhundert. Es handelt sich um ein [[Fresko]] nahe seinem Grab in der Calixtus-Katakombe, das ihn zusammen mit dem heiligen Cyprian zeigt. Cornelius ist dargestellt mit [[Tonsur]], ohne [[Tiara]], ein geschlossenes Buch vor sich in den Händen haltend. <br />
In ähnlicher Weise ist Cornelius auf einem [[Mosaik]] aus dem 6. Jahrhundert zu sehen, und zwar in der ''Prozession der Märtyrer'' in der Kirche S. Apollinare Nuovo in [[Ravenna]], hier mit einer Krone in verhüllten Händen. Eine weitere Abbildung, die vielleicht noch älter ist, könnte das Bruchstück eines [[Porträt]]s aus dem [[Kloster]] S. Paolo fuori le Mura in Rom sein. Seine frühe Verehrung in Rom bezeugt auch eine Darstellung im Mosaik der [[Apsis]] der Kirche S. Maria in [[Trastevere]] aus dem 12. Jahrhundert sowie ein Bild im Vorgängerbau des [[Petersdom]]es. Etwa zur gleichen Zeit wurde Cornelius in den [[Miniaturmalerei|Miniaturen]] der ''Leidensgeschichte von Stuttgart'' mit [[Heiligenschein]] und in bischöflichem [[Ornat]] wiedergegeben.<br />
Aus dem 14. Jahrhundert stammen ein Fresko in der [[St. Severin (Köln)|Severinskirche]] in Köln und ein Cornelius-Reliquiar in der Abteikirche [[St. Kornelius (Kornelimünster)|St. Kornelius]] von [[Kornelimünster]]. <br />
In der [[Alte Pinakothek|Alten Pinakothek]] in München ist ein um 1440/45 von [[Stephan Lochner]] geschaffenes Altarbild ausgestellt, das Cornelius zwischen [[Antonius der Große|Antonius dem Einsiedler]] und [[Maria Magdalena]] zeigt. Es dürfte eine der frühesten Darstellungen sein, auf denen Cornelius mit einem [[Horn]] zu sehen ist. Eine andere frühe Darstellung mit Horn befindet sich im Aachener Domschatz, die um 1460 wahrscheinlich von dem so genannten Aachener Meister gemalt wurde. In der [[Kathedrale von Burgos]] in Spanien ist das Gemälde eines unbekannten deutschen Malers vom Ende des 15. Jahrhunderts zu sehen, das Cornelius mit einem anderen Heiligen und Christus in der Mitte als Schmerzensmann zeigt. In der [[Sixtinische Kapelle|Sixtinischen Kapelle]] in Rom ist eines der von [[Sandro Botticelli]] (1481–1482) gemalten elf Papstbildnisse das des Cornelius. <br />
<br />
Aufgrund der großen Popularität des Heiligen ist noch eine Vielzahl weiterer Bilder und Statuen geschaffen worden, vor allem vom 16. Jahrhundert an. <br />
Es gibt auch mehrere neuzeitliche Darstellungen. Zu erwähnen sind das nach 1945 von Professor G. Fünders geschaffene Glasfenster im Hauptchor der Pfarrkirche von [[Dülken]] und der so genannte Jahrhundertbogen von 1989 des Bildhauers W. Klenk neben dem Kirchturm der [[Pfarrkirche]] von [[Lippborg]] oder die überlebensgroße Cornelius-Statue außen an der 1951 eingeweihten Pfarrkirche von Alsdorf-[[Hoengen]]. Die bemerkenswerteste Darstellung dürfte wohl das 1985 von dem niederländischen Künstler Siem van Bleisem geschaffene Gemälde in der Pfarrkirche von Limmen in Nordholland sein. <br />
<br />
Die meisten Darstellungen zeigen Cornelius als Papst, vor allem kenntlich gemacht durch die Tiara, die dreifache Papstkrone, und den Papststab mit dem dreifachen Kreuz. Da es eine Anzahl heiliger Päpste gab, bekam er wie viele andere Heilige im Mittelalter zur eindeutigen Kenntlichmachung noch ein so genanntes [[Attribut (Kunst)|Attribut]], ein Horn, abgeleitet von seinem Namen, in dem das lateinische Wort ''cornu'' = Horn steckt. Bei einer Anzahl von Darstellungen hält Cornelius aber kein Horn in der Hand, sondern ein Schwert, weil er der [[Legende]] nach enthauptet wurde, oder eine [[Palmengewächse|Palme]] als Zeichen für sein Märtyrertum. Einige Bilder zeigen auch Szenen seines legendenhaften Märtyrertodes. Oft ist er auch mit einem Buch dargestellt, teilweise mit Buch und Horn. Manche Darstellungen zeigen ihn als Patron des Hornviehs mit einem Rind.<br />
<br />
=== Corneliushorn (Kornelimünster) ===<br />
Das Korneliushorn gehört neben der Büste des Hl. Cornelius und seines Armknochens zu den wichtigsten Kultgegenständen der [[Reichsabtei Kornelimünster]].<br />
<br />
Es stammt aus dem 10. Jahrhundert und befand sich ursprünglich in der [[Kloster Stablo|Abtei Stavelot]]. Laut [[Matthias Zender]], dem bedeutendsten Forscher des Cornelius-Kultes, handelt es sich hierbei um das Horn eines [[Wasserbüffel]]s, welches als Trinkgefäß für geweihtes Wasser gedient haben könnte. <br />
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Das Corneliushorn von Kornelimünster wurde Schätzungen nach im 15. oder 16. Jahrhundert in graviertem Silber gefasst und ist auf zwei silbernen Greifenklauen befestigt worden. An seiner dicksten Stelle befindet sich ein angebrachtes [[Medaillon (Behälter)|Medaillon]] mit einer kleinen [[Reliquie]]. Zwischen diesem und den Greifenklauen wurde schließlich noch eine Darstellung des Hl. Cornelius eingraviert<ref>[http://www.bildindex.de/obj20061726.html#|0 Corneliushorn von Kornelimünster auf Bildindex]</ref>.<br />
<br />
== Beschützer des Hornviehs ==<br />
Viele Jahrhunderte hindurch galt – und gilt in geringerem Umfang noch heute – Cornelius vor allem als Helfer bei Erkrankungen von Haustieren oder bei [[Epilepsie]] und anderen [[Neuropathie|Nervenkrankheiten]]. Dies geht jedoch nicht auf das Leben des Papstes zurück, auch nicht in seiner legendenhaften Form. Als Schutzpatron bei Viehkrankheiten gilt er wegen seines Namens, in dem das lateinische Wort ''cornu'' = Horn steckt. Dies hat sich erhalten in den Sprachen, die aus dem Lateinischen hervorgegangen sind. So nennt sich im Französischen das Hornvieh „bêtes à cornes“. Auch bei anderen Heiligen wird deren Helfereigenschaft allein aus ihrem Namen hergeleitet wie zum Beispiel [[Valentin von Terni|Valentin]] bei der „fallenden Krankheit“ oder Epilepsie, [[Lucia]] und [[Klara]] bei Augenleiden, Blasius als Patron der Hornbläser, [[Lambert von Lüttich|Lambertus]] als Helfer gegen Lahmheit. Allerdings ist in der deutschen Sprache ''corn'' nicht gleich ''Horn'' wie im Lateinischen, Italienischen und Französischen. Im deutschen Sprachgebiet wurde also die Verbindung zum Hornvieh nicht geknüpft. Vermutlich hatte die in der Bretagne schon früh einsetzende Verehrung des Heiligen als Schutzpatron des Hornviehs Ausstrahlungen auf den niederländisch-deutschen Sprachraum. Die seit der Mitte des 15. Jahrhundert zu beobachtenden Darstellungen des Heiligen mit einem Horn in der Hand dürften diesen Trend verstärkt haben. Ursprünglich war Cornelius nur der Schutzheilige für das Hornvieh; dies dehnte sich dann im Laufe der Zeit auf andere Haustiere aus. <br />
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Es wurde Brauch, aus dem Horn geweihtes Wasser zu trinken, wie es von vielen [[Wallfahrt]]sorten des heiligen Cornelius bekannt ist. Darüber hinaus hat man das Horn vielfach wegen seiner Seltenheit als [[Reliquie]]ngefäß genommen. Man sah die Hörner oft als [[Klaue (Biologie)|Klauen]] des legendären [[Greif]]en an, eines vogelähnlichen [[Monster]]s, um das sich viele Geschichten rankten. Laut Legende war das Cornelius-Horn in Kornelimünster eine Greifenklaue, die Cornelius als Trinkgefäß benutzt habe. Mehrere Orte haben im Wappen ein Horn, das auf die dortige Verehrung des Heiligen zurückgeht, so unter anderem Kornelimünster und die beiden Aachener Ortsteile [[Brand (Aachen)|Brand]] und [[Eilendorf]] als Zeichen der ehemaligen Zugehörigkeit zur [[Reichsabtei Kornelimünster]] sowie [[Wallscheid]], Monschau-[[Rohren]], [[Riveris (Gemeinde)|Riveris]] und Wanroy in den [[Niederlande]]n.<br />
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Im 14./15. Jahrhundert waren auch spezielle Pilgerhörner aus Ton in Gebrauch, „Heiltumshorn“ oder „Aachenhorn“ genannt. Da sich an die alle sieben Jahre stattfindende [[Aachenfahrt|„Heiltumsfahrt“]] nach Aachen auch jeweils ein [[Heiligtumsfahrt Kornelimünster|Abstecher nach Kornelimünster]] anschloss, dürfte mit dem „Aachenhorn“ das Cornelius-Horn in Kornelimünster gemeint sein. <br />
Das Horn war aber nicht allein das Attribut des heiligen Cornelius. Auch die Heiligen [[Hubertus von Lüttich]], [[Oswald (Northumbria)|Oswald]], König von Northumbria, [[Blasius von Sebaste]] und [[Eustachius]] wurden mit einem Horn abgebildet.<br />
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== Helfer bei der Kornelkrankheit ==<br />
Daneben war Cornelius lange Zeit der wichtigste Heilige bei der Fallsucht (Epilepsie) und anderen Nervenkrankheiten. Seine Anrufung war so populär, dass die Epilepsie auch als „Kornelkrankheit“ oder „Corneliuskrankheit“ bekannt war. Vereinfacht ist zu sagen: In den romanisch sprechenden Ländern war Cornelius - wegen der sprachlichen Gleichheit von ''Corn'' = ''Horn'' = ''Hornvieh'' - vor allem der [[Schutzpatron]] bei Viehkrankheiten, während im niederländisch-/deutschsprachigen Raum die Hilfe bei der Fallsucht im Vordergrund stand. Die Verehrung als Fallsuchtpatron trat erst relativ spät auf, im Allgemeinen erst im 15. Jahrhundert und später. Sie war besonders stark mit volkstümlichem Brauchtum durchsetzt, weil die Epilepsie bis in die jüngste Zeit geheimnisvoll und von magischen Kräften verursacht erschien. <br />
Das Volk trennte nicht stark zwischen ihr und Krankheiten mit ähnlichen Erscheinungsformen. So wurde Cornelius bei allen [[krampf]]artigen Anfällen bis hin zum [[Keuchhusten]] angerufen. Da man den Ursprung dieser Krankheiten im Kopf sah, rief man schließlich bei allen Erkrankungen des Kopfes wie [[Schlaganfall]], Ohrenschmerzen und Blindheit Cornelius als Helfer an. Traten ähnliche Erscheinungsbilder beim Vieh auf, galt das gleiche, insoweit völlig unabhängig von seinem Patronat für das Hornvieh. So wurde Cornelius in [[Nusbaum]]-Freilingen in der [[Eifel]] als Helfer gegen Pferde- und Schweinekrankheiten angerufen, in den belgischen Orten Aalbeke bei [[Menen (Belgien)|Menen]], Rossem bei Wolverthem, in Bekkerzeel und Erps als Schutzpatron gegen Hühnerkrankheiten.<br />
<br />
Bei der Fallsucht ist die Erklärung des Patronats schwieriger. Das Schrifttum schweigt sich zu dieser Frage weitgehend aus. Die Erklärung könnte vielleicht darin liegen, dass eine der wichtigsten Taten dieses Papstes darin bestand, dass er für die - vom Glauben - ''Abgefallenen'' eintrat und daher auch als Fürsprecher für die an der Fallsucht Leidenden ausgewählt wurde. In der Cornelius-Litanei der Pfarre [[Lamersdorf]], Kreis Düren, wird von der „fallenden Krankheit“ gesprochen. Im Niederländischen heißt Fallsucht ''vallende ziekte'', die Abgefallenen ''afgevallenen''. <br />
Eine andere Erklärung wäre die, dass laut Legende Cornelius eine Nervenkranke geheilt hat, nämlich Sallustia, die Frau des Hauptmanns Cerealis, die „15 Jahre bettlägerig war durch Lähmung infolge einer Nervenkrankheit“.<br />
Der wahrscheinlichste Grund dürfte aber sein, dass das Haupt des Cornelius in Kornelimünster aufbewahrt wird und der Kopf als Sitz der Nervenkrankheiten galt; vielleicht auch noch, weil er der Legende nach enthauptet worden war. Es gibt ähnlich gelagerte Fälle wie zum Beispiel beim heiligen [[Apollinaris von Ravenna|Apollinaris]], der in [[Apollinariskirche (Remagen)|Remagen]] wegen Fallsucht angerufen wird, weil sich dort sein Haupt befindet, und bei [[Johannes der Täufer|Johannes dem Täufer]], im [[Mittelalter]] Patron gegen Kopfleiden und Krämpfen, weil er enthauptet worden war. Häufig wurden im Rheinland Johannes der Täufer und Papst Cornelius gemeinsam als Fallsuchtspatrone verehrt, wobei mit der Zeit Johannes durch Cornelius ersetzt wurde. <br />
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Neben Kornelimünster beanspruch(t)en auch andere Orte, das Haupt des Papstes Cornelius zu besitzen. So führt eine gefälschte Urkunde, das so genannte Silvester-Agritiusdiplom, in den Gesta Trevirorum bereits um das Jahr 1000 unter den angeblich von der heiligen [[Helena (Heilige)|Helena]], der Mutter [[Konstantin der Große|Konstantins des Großen]], nach [[Trier]] gebrachten Reliquien das Haupt des Cornelius auf. Darüber hinaus glaubten in der Trierer Gegend zwei [[Zisterzienserinnen]]<nowiki />klöster, nämlich das auf dem Helenenberg und das ehemalige [[Kloster Machern]] a. d. Mosel im Besitz seines Hauptes zu sein, und zwar bereits seit dem 13. Jahrhundert. Auch in der Klosterkirche St. Veit im bayerischen [[Freising]] befand sich laut einer Urkunde bereits aus dem Jahre 860 eine Kopfreliquie des Cornelius (und des Cyprian), die bis 1803 an bestimmten Festtagen ausgestellt wurde. Ferner glaubten Rom, [[Compiègne]] in Frankreich, [[Ninove]] in Belgien sowie einige andere Orte das Haupt des Heiligen oder doch Teile davon zu besitzen. Als Erklärung für dieses Phänomen ist zu vermuten, dass bei den meisten dieser Orte die Entwicklung in umgekehrter Reihenfolge verlief: Da der Heilige dort vor allem wegen der Fallsucht verehrt wurde, führte dies zu der Annahme, man besitze das Haupt.<br />
<br />
== Namensformen ==<br />
Die Popularität von Papst Cornelius zeigt sich auch darin, dass sich in verschiedenen Sprachen eine eigene Form dieses Namens bildete. In der deutschen Sprache hat man zwar die ursprüngliche Form nicht verändert, aber immerhin die Schreibweise im 19. Jahrhundert und vor allem nach der Rechtschreibreform von 1901 eingedeutscht und Cornelius mit K geschrieben. So schreibt sich Kornelimünster inzwischen mit K und dementsprechend seinen Patronatsheiligen ebenfalls mit K. Auch im offiziellen katholischen Schrifttum wird fast immer „Kornelius“. geschrieben. <br />
Im Französischen heißt der Papst ''Corneille''. In der Bretagne nennt man ihn ''Cornély'' oder ''Cornéli''. Im Italienischen und Spanischen ist aus Cornelius ''Cornelio'' geworden. Dies gilt sowohl für die berühmten Politiker und Schriftsteller der Römer aus dem Geschlecht der Cornelier, für den [[Hauptmann Kornelius|Hauptmann Cornelius]] aus der Apostelgeschichte, für Papst Cornelius (papa Cornelio im Italienischen) wie für spätere Träger des Namens Cornelius. Die Portugiesen schreiben ''Cornélio'' (also mit Akzent auf dem e). Im Niederländischen wurde der Name zu ''Cornelis'', offiziell blieb es aber bei Cornelius. Im Englischen heißt der Papst unverändert Cornelius (wird aber englisch ausgesprochen), im Griechischen in lateinischer Schrift ''Kornilios'' und im Polnischen ''Korneliusz'' (sz wird dort sch ausgesprochen). <br />
Im [[Belgisches Niederländisch|Flämischen]] sind oder waren neben dem halboffiziellen ''Cornelis'' (Anfangsbuchstabe auch K) mit der Verkleinerungsform ''Cornelisje'', (ausgesprochen kornelische) die Formen ''Sint Knilles'' oder ''Sinterkurnellis'' im Umlauf. In Nordholland wird auch die populäre Kurzform ''Cor'' verwendet. In [[Luxemburg]] gibt es im [[Moselfränkische Dialektgruppe|moselfränkischen Dialekt]] die Bezeichnung ''St. Cornilli''; im nordluxemburgischen Eppeldorf wurde Cornelius einfach ''Conni'' genannt. Die Bewohner des deutschsprachigen Teils von Belgien nahe Kornelimünster nennen mundartlich den Ort ''Krinelle-Mönster ''und die Messe zu Ehren des Heiligen ''Kornällesmess''. <br />
<br />
Die Gründe für die große Popularität des heiligen Cornelius sind nicht ganz eindeutig. Er war nur gut zwei Jahre Papst und es ist nur wenig über ihn bekannt. Sie dürfte weitgehend darauf beruhen, dass er als Helfer bei Vieh- und Nervenkrankheiten in früheren Jahrhunderten erhebliche Bedeutung für das Leben der Menschen hatte. Er stand aber schon vorher in hohem Ansehen. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass im Jahre 875 der damalige Papst [[Johannes VIII. (Papst)|Johannes VIII.]] die Gebeine des Cornelius [[Karl der Kahle|Karl dem Kahlen]] bei der Kaiserkrönung zum Geschenk machte. Cornelius und Cyprian dürften auch im 9. Jahrhundert zu den Familien-Patronen des karolingischen Königshauses gehört haben. Dies strahlte wohl auch aus auf den mit dem Königshaus verbundenen [[Adel]], so dass dieser bei Kirchengründungen die Verehrung der beiden Heiligen besonders förderte, wie die Patronate in [[Bad Buchau]], Compiègne und [[Metelen]] vermuten lassen. Verstärkt wurde die hohe Wertschätzung wohl auch dadurch, dass Cornelius zu den wenigen Personen gehört, die im [[Hochgebet|Mess-Kanon]] aufgeführt sind.<br />
<br />
== Verbreitung des Kults ==<br />
Im Laufe des 9. Jahrhunderts tauchten Cornelius-Reliquien fast schlagartig an ganz verschiedenen Stellen im Norden auf, ohne dass eine bestimmte Abhängigkeit der einzelnen Kultstätten voneinander nachzuweisen wäre. Die Klärung dieser sehr verwickelten Verhältnisse ist kaum möglich. Das wichtigste und größte Gebiet des Cornelius-Kultes seit dem 11. Jahrhundert sind die [[Rheinlande]] sowie die [[Niederlande]] in den alten Grenzen (also einschließlich des flämisch sprechenden Teils Belgiens).<br />
<br />
In dem Werk von Professor Dr. Zender ''Räume und Schichten mittelalterlicher Heiligenverehrung'', 1973, sind in den von ihm untersuchten Ländern etwa 630 Cornelius-Kultstätten aufgeführt. Hiervon entfallen rund 210 oder etwa 33 % auf [[Belgien]], 185 oder rund 30 % auf [[Deutschland]], etwa 80 oder 13 % auf [[Frankreich]], rund 70 oder 11 % auf die Niederlande und 20 oder 3 % auf Luxemburg, jeweils in den heutigen politischen Grenzen. Im Gegensatz zu vielen anderen Heiligen ließ im Volk die Cornelius-Verehrung erst seit den 1970er Jahren nach, als die allgemeine Verweltlichung immer stärker wurde.<br />
<br />
=== Gemeinsam verehrt mit Cyprian ===<br />
Sehr häufig wird Cornelius gemeinsam mit dem heiligen [[Cyprian von Karthago|Cyprian]] verehrt. Sie gelten als „liturgische Zwillinge“. Eines der frühesten Zeugnisse hierfür ist das Fresko in der Gruft des Cornelius in der Calixtus-Katakombe, das wahrscheinlich im 6. Jahrhundert entstand und beide Heilige nebeneinander auf demselben Bild zeigt. Als Kaiser Karl der Kahle von seiner Kaiserkrönung 875 in Rom die Gebeine des Cornelius nach Compiègne überführte, brachte er möglicherweise auch die des Cyprian mit. Cyprians Haupt und Arm, die als die wichtigsten Reliquien eines Heiligen gelten, befinden sich heute in Kornelimünster ebenso wie Schädeldecke und Arm des Cornelius. Der Grund für die gemeinsame Verehrung ist wahrscheinlich ihr (anscheinend) gemeinsamer Todes- oder Begräbnistag, der 16. September, verstärkt dadurch, dass Cyprian nachhaltig beim damaligen Schisma für Cornelius eintrat und ihn in der Verbannung tröstete. Später wurde der Festtag der beiden Heiligen wegen anderer Feiertage auf den 16. September verlegt.<br />
In der Volksfrömmigkeit war offenbar die Verehrung des Cornelius stärker ausgeprägt als die des Cyprian, der als Schutzpatron gegen die [[Pest]] angerufen wurde.<br />
<br />
=== Italien ===<br />
In Rom genoss Cornelius ganz besondere Verehrung, zumindest bis die Gebeine 875/76 von Kaiser Karl dem Kahlen nach Compiègne überführt wurden. Papst Leo der Große errichtete im 5. Jahrhundert zu Ehren des Cornelius eine [[Basilika (Bautyp)|Basilika]]. Ende des 8. Jahrhundert sollen seine Gebeine von Papst [[Hadrian I.]] in das Gebiet von Capracoro in Agro Veiente verbracht worden sein. <br />
Unter Papst [[Gregor IV.]] wurden die Gebeine zur Kirche [[Santa Maria in Trastevere]] überführt. Schon dieser Papst sandte einige der Gebeine an die Abtei [[Fulda]] in Deutschland und in die [[Abtei Cysoing]] in Nordfrankreich. In Trastevere wurde den Gebeinen anscheinend große Verehrung zuteil. Sie wurden innerhalb der Kirche nochmals umgebettet. Von dort brachte Kaiser Karl der Kahle 875/76 den Großteil der Gebeine nach Compiègne in Frankreich, das er zur Hauptstadt seines Reiches ausersehen hatte.<br />
<br />
=== Frankreich ===<br />
Um noch weitere angesehene Reliquien zu erhalten, tauschte der Kaiser - so die überwiegende Meinung - Schädeldecke und rechten Arm des Cornelius sowie ein Stück der Schädeldecke des Cyprian gegen eine Hälfte des Grabtuchs Christi aus dem Kloster im späteren Kornelimünster. In Compiègne ruht aber noch heute der wohl größte Teil der Gebeine der beiden Heiligen. Infolge des Reliquientausches entwickelte sich später, von Kornelimünster ausgehend, das Rhein-Maas-Gebiet zum Mittelpunkt der Cornelius-Verehrung. <br />
In Frankreich selbst sind Compiègne und die [[Bretagne]] die bedeutsamsten Stätten der Cornelius-Verehrung. Über das ganze Land verteilt sind es insgesamt mehr als 80 Orte, davon allein 26, in denen Papst Cornelius Pfarrkirchen- oder Klosterpatron war oder ist. Vier Orte haben sogar anscheinend ihren Namen aufgrund der Cornelius-Verehrung erhalten, nämlich Cornilly – früher ''Corneliacum'' genannt –, St. Cornier-des-Landes, St. Corneille bei Montfort-le-Rotrou/Sarthe und St. Corneille-au-Bois. <br />
Nach einer allerdings nicht sehr wahrscheinlichen Annahme soll die erste Cornelius-Reliquie nördlich der Alpen bereits 801/806 nach [[Lyon]] gekommen sein; von dort sei sie 875/877 nach Compiègne überführt worden. Sicher ist jedoch, dass die Verehrung des Cyprian in Südfrankreich schon sehr früh, noch vor der Jahrtausendwende, intensiv eingesetzt hat. <br />
Im Gegensatz zu Deutschland, Belgien und den Niederlanden wird in Frankreich Cornelius nahezu ausschließlich als Beschützer des Viehs verehrt, nicht oder kaum als Patron gegen die Fallsucht und andere Nervenkrankheiten.<br />
<br />
=== Deutschland ===<br />
In der Bundesrepublik Deutschland sind es heute 32 Kirchen, deren Patron Papst Cornelius ist – meist zusammen mit Cyprian. Sie befinden sich alle im westlichsten Gebiet und verteilen sich auf sieben Bistümer, davon neun im Bistum Trier, acht im Bistum Aachen, fünf im Bistum Rottenburg-Stuttgart, vier im Bistum Münster, drei im Bistum Köln, zwei im Bistum Freiburg und eine im Bistum Augsburg.<br />
<br />
Eine Sonderstellung in Bezug auf Cornelius nimmt [[Fulda]] ein, obwohl der Ort weitab von den traditionellen Zentren seiner Verehrung liegt. Er dürfte die älteste Kultstätte des Heiligen in Deutschland sein, allerdings insoweit in gewisser Konkurrenz mit [[St. Severin (Köln)|St. Severin]] in Köln und Bad Buchau. Auch kamen die Reliquien in Fulda nicht etwa über Compiègne/Kornelimünster oder Köln dorthin, sondern direkt aus Rom. <br />
Möglicherweise sind auch schon sehr früh Cornelius-Reliquien nach [[Bayern]] gekommen. Sie blieben dort aber ohne größere Auswirkungen auf den Heiligenkult. Schon in einer Urkunde von 860 wird erwähnt, dass in [[Freising]] in der ehemaligen Klosterkirche S. Vitus Reliquien vom Kopf des Cornelius und auch des Cyprian ruhen. Bis 1803 wurde das Haupt des Cornelius bei bestimmten Festen ausgestellt. Auch an anderen Orten Bayerns gibt es Cornelius-Reliquien, so in [[Bamberg]], Regensburg ([[Kloster Sankt Emmeram]]) und [[Probstried]]. Insgesamt gesehen war Cornelius im bayerisch-österreichischen Raum selten, dagegen im [[Schwäbisch|schwäbisch-alemannischen]] Gebiet häufiger, insbesondere in der heutigen [[Schweiz]]. <br />
In der Mitte und im Osten Deutschlands (in den früheren Grenzen) hat sich eine Cornelius-Verehrung kaum ausgebildet. Einige Kultstätten finden sich aber auch hier, so in [[Halberstadt]] (Kirche St. Stephan), [[Hildesheim]] (Dom), [[Braunschweig]] (Blasiuskirche), [[Erfurt]], [[Głogów|Glogau]] (Dom), [[Breslau]] (Dom) und in Kieth/[[Mecklenburg]]. <br />
<br />
Bedingt durch die Strömungen der [[Aufklärung]] und des [[Rationalismus]] ging in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts die Heiligenverehrung allgemein deutlich zurück. Viele Anzeichen sprechen aber dafür, dass die Cornelius-Verehrung davon weniger betroffen war und im 19. Jahrhundert und in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts zumindest im Rheinland sogar wieder einen gewissen Aufschwung nahm. Viele [[Liturgie|liturgische]] Texte scheinen in diesem Zeitraum entstanden oder doch überarbeitet worden zu sein.<br />
<br />
=== Belgien ===<br />
Auf dem Gebiet des heutigen Belgien, wo mit Abstand die meisten Cornelius-Kultstätten liegen, ist umstritten, wie weit diese auf Compiègne in Frankreich oder auf Kornelimünster in Deutschland zurückgehen. Wahrscheinlich war auch hier der Einfluss von Kornelimünster bestimmend. Überwiegend wurde Cornelius um Beistand gegen die Fallsucht angerufen. <br />
Im nördlichen, flämischen Teil Belgiens sind heute vier Kirchen Cornelius geweiht, nämlich in [[Ninove]], Gebrode, [[Horebeke]] und Ruien. Neben Ninove, wo die im 12. Jahrhundert gegründete [[Prämonstratenser]]-Abtei von Anfang an Cornelius und Cyprian als Patrone hatte, war [[Ronse]] ein Hauptort der Cornelius-Verehrung. Schon im Jahre 860 sollen seine Reliquien von Kornelimünster hierhin gebracht worden sein. Verehrt wird Cornelius in der St.-Hermeskerk, der Hauptkirche der Stadt. <br />
<br />
=== Niederlande ===<br />
In den Niederlanden gibt es elf [[Kirchengemeinde]]n, die Cornelius zum Patron haben und nach ihm benannt sind, nämlich in Achtmaal, [[Beuningen]], ([[Maastricht]]-)Borgharen, Den Hout, Lamswaarde, Limmen, Luttenberg, Swartbroek, Vortum en Mullem, Wanroy, Steenbergen Welberg. Insgesamt sind 28 [[Liste von Wallfahrtsorten|Wallfahrtsorte]] zu Ehren des Heiligen bekannt. <br />
Die meisten dieser Orte liegen im Südosten der Niederlande in den Provinzen [[Limburg (Niederlande)|Limburg]] und [[Nordbrabant]], also in relativer Nähe zu Kornelimünster. Allerdings ist ein großer Teil der Niederlande [[Protestantismus|protestantisch]], so dass insoweit keine Verehrung des Heiligen mehr in Betracht kommt, selbst wenn dies vor der [[Reformation]] der Fall gewesen sein sollte.<br />
<br />
=== Weitere Länder ===<br />
Im Großherzogtum Luxemburg sind drei Orte bekannt, an denen heute Cornelius verehrt wird, und zwar Angelsberg, Eppeldorf und [[Winseler]]. Wahrscheinlich war die Verehrung in früheren Zeiten ausgeprägter. Die Untersuchung von Professor Matthias Zender über die Heiligenverehrung im Mittelalter führt für Luxemburg 20 Kultstätten auf. <br />
In [[Österreich]] hat ähnlich wie in Bayern eine Cornelius-Verehrung nur in geringem Umfang bestanden. Bei Professor Zender sind nur zwei Orte zu finden: das 1138 gegründete [[Stift Zwettl|Zisterzienserstift Zwettl]] in [[Niederösterreich]], das bereits im 13. Jahrhundert eine Cornelius-Reliquie besaß, sowie [[Hall in Tirol]], wo sich Reliquien aus dem niederländischen Bereich im Heiltum des [[Ritter]]s Waldauf befanden und Cornelius als einer der vier Marschalle verehrt wurde. Hinzu kommt die [[Pfarrkirche St. Corneli]] in Tosters.<br />
In England gibt es nur Spuren einer früheren Cornelius-Verehrung. In der Kirche von Portlemouth ([[Devon (England)|Devon]]) befindet sich im [[Lettner]] ein Gemälde des Heiligen, gekleidet als Papst und in den Händen das Papstkreuz und ein Horn haltend. Für zwei Kirchen sind auch Reliquien des Heiligen bezeugt, nämlich für die [[Kathedrale St. Peter (Exeter)|Kathedrale von Exeter]] bereits im Jahre 1030 und für die [[Durham Cathedral|Kathedrale von Durham]] in Nordengland im 14. Jahrhundert. In [[Cornwall]] gibt es einen Ort namens Cornelly. Früher soll er S. Cornelius geheißen haben mit Cornelius als Kirchenpatron. <br />
In [[Dänemark]] gibt es zwei [[Minoriten]]<nowiki />kirchen mit Cornelius-Reliquien: in [[Roskilde]], dort zusammen mit denen des Cyprian, und in [[Kopenhagen]]. <br />
In der deutschsprachigen Schweiz ist oder war als Teil des [[Alemannische Dialekte|alemannischen]] Raums der Cornelius-Kult weit verbreitet. Professor Zender zählt 22 Orte auf. <br />
Über die Verehrung des Cornelius in Spanien ist wenig bekannt. Es gibt zwei Orte, deren Pfarrkirche Cornelius und Cyprian geweiht ist: [[San Cebrián de Campos]], etwa 20 km nördlich der Stadt [[Palencia]] und San Cebrián de Mudá, etwa 20 km nordwestlich des Stausees Aguilar de Campoo gelegen. <br />
Im Dommuseum der Kathedrale von Burgos hängt ein Gemälde mit Papst Cornelius vom Ende des 15. Jahrhunderts, dessen Inschriften teilweise in Deutsch abgefasst sind. <br />
<br />
Wie weit es eine Cornelius-Verehrung in weiteren Ländern gibt, bleibt offen. Östlich von Deutschland dürfte nicht viel zu erwarten sein, da schon in Deutschland selbst nach Osten hin die Cornelius-Kultstätten sehr stark abnehmen. Allerdings ist in [[Polen]] und [[Ungarn]] Cornelius als Vorname nicht unbekannt.<br />
<br />
== Verehrungsbräuche ==<br />
Fast alle Kirchen, in denen Cornelius verehrt wird, besitzen eine Cornelius-Reliquie, manchmal auch zwei oder mehr. An seinem Festtag, dem 16. September, wurde vielfach innerhalb der Kirche oder auch um die Kirche eine [[Prozession]] oder ein Umzug abgehalten, wobei Reliquien des Heiligen oder eine Statue mitgeführt wurden. Hierbei sang und betete man auch spezielle Cornelius-Lieder oder -Litaneien. In vielen Orten wurde mit der Cornelius-Reliquie ein Cornelius-Segen erteilt, häufig auch – vor allem in Belgien und den Niederlanden – ein spezieller Kindersegen. Kinder sah man als durch Krämpfe und ähnliche Beschwerden besonders gefährdet an. Weit verbreitet war die Abgabe von Cornelius-Wasser und Cornelius-Brot. Zur Verehrung legen die Gläubigen an vielen Orten die Hand auf den Behälter mit den Reliquien; in früheren Zeiten wurde dieser meist geküsst. Vielfach ist unter bestimmten Bedingungen ein [[Ablass]] mit dem Besuch der Kirche verbunden. Der Festtag des Heiligen wurde häufig als eine Art Volksfest begangen zusammen mit einer Kirmes. An vielen Orten gab es spezielle Bräuche. Nachstehend die bemerkenswertesten hiervon: <br />
<br />
=== „Aufwiegen“ des Körpergewichts ===<br />
An mehreren Wallfahrtsorten wurde das Wiegen praktiziert. Seinen Ursprung soll dieser Brauch in Kornelimünster gehabt haben. Dort pflegten früher kranke Pilger Weizen entsprechend ihrem Körpergewicht mitzubringen und diesen dem hl. Cornelius zu opfern. Von diesem Weizen wurde dann Brot gebacken und kostenlos an die Pilger verteilt. Auch heute noch erhalten [[Pilger]] und Besucher bei der jährlichen Korneli- [[Oktav (Liturgie)|Oktav]] ein kleines trockenes, ohne Salz gebackenes Weißbrötchen, das so genannte „Kornelibrötchen“, kostenlos zur Stärkung. Man gab sie früher auch dem Vieh ins Futter. <br />
Auch in den niederländischen Wallfahrtsorten Heerlerheide, Dieteren und Posterholt war früher das Wiegen in Übung, um als Epileptiker von seiner Krankheit zu genesen. So musste in Heerlerheide der Kranke so viel Korn sammeln, wie er wog und den Gegenwert dieses Korns in Geld in den Opferstock der Kirche legen. Anschließend durfte er ein Jahr lang freitags nur eine Mahlzeit einnehmen. Den Namenstag des Cornelius hatte er wie einen Sonntag zu begehen und er musste jedes Jahr der Kirche einen Silberpfennig bringen. Ähnlich war es in Sint Pieters-Voeren in Belgien. Cornelius wurde auch dort vor allem von Epileptikern angerufen. Der Kranke opferte sein Gewicht in Korn oder den Gegenwert in Geld. Am Corneliustag war für ihn Arbeitsruhe, er hatte einen silbernen Pfennig zu opfern und - er oder ein Stellvertreter - zu [[fasten]]. In Achtmaal (Niederlande) hielt man zur Genesung von Krämpfen dem Patienten einen silbernen [[Belgischer Franken|Franken]] an die Stirne und legte ihm [[Sauerteig]] auf die Füße; der Franken wurde anschließend geopfert. In Hekelgem (Belgien) wurde das Opfergeld vom Kranken vor dem Opfer in das [[Weihwasser]] des Krankenzimmers getaucht.<br />
<br />
=== Bei Kinderkrankheiten ===<br />
In Leur (Niederlande) brachten Mütter ihre Kleinen bei der „kindjeskermis“, die am Corneliusfest (16. September) oder dem nächstgelegenen Sonntag stattfand, zur Kirche, um sie mit einer Reliquie des Heiligen segnen zu lassen. In Machern an der Mosel wurden die Reliquien der Heiligen Cornelius und Valentin zum Segnen von Wasser benutzt, das in neun Tagen dreimal täglich zu trinken war. Dadurch sollten Kinder gesund werden oder sie würden sterben. In Meerlo (Niederlande) reihten die Gläubigen in der Kirche die so genannten „S. Cornelius-kralen“, geweihte Samenkörner der Pfingstrose, auf einer Schnur auf und hängten sie Kindern um den Hals als Mittel gegen Krämpfe. Dazu sollte der Betroffene neun Tage lang täglich die Corneliuslitanei beten. In Bokhoven (Niederlande) ließen viele Mitglieder der dortigen Cornelius-[[Bruderschaft]] schon ihre Neugeborenen als Mitglieder aufnehmen und nannten dies „sich gegen Krämpfe einschreiben lassen“; den Kindern wurde dann eine Cornelius-Medaille ans Hemdchen geheftet. In Gutschoven (Belgien) opferte man Haare und Flechten von Kindern sowie Kinderkleidchen. Die Pilger dort ließen ein Kuhhorn weihen und gaben daraus den Kindern geweihtes Wasser zu trinken. In Diegem (Belgien) wurde bei Kinderkrämpfen ein lebendes Kaninchen geopfert. Im niederländischen Lamswaarde bekamen die Kinder am Corneliusfest jeweils neue Kleidung. <br />
<br />
An verschiedenen Orten wurde Cornelius noch bei weiteren Leiden angerufen, so bei Lahmheit, ansteckenden Krankheiten, Pest, Fieberkrankheiten, Kopfleiden, Blindheit, Hirnhautentzündung, [[Mutterkorn]]pilz, Ohrenschmerzen, Halskrankheiten, Keuchhusten, [[Krätze]], Warzen, Blutungen, Bruchleiden, Kinderlosigkeit (Ninove in Belgien), Stress und Beziehungsproblemen, gegen Schlaganfall und plötzlichem Tod, zur Erhaltung der Keuschheit und als Patron der Liebenden (Neuss-[[Selikum]]).<br />
<br />
=== Bei Tierleiden ===<br />
In der Bretagne, wo man Cornelius vor allem als Schutzpatron des Hornviehs verehrte, wurden bei den Wallfahrten nach Plumélieu beim Corneliusfest die Rinder gesegnet und die Pilger opferten Vieh. Sie erhielten dafür geweihte Bänder, mit denen man gegen Fieber, [[Kolik]] und Zittern über den Leib des Tieres strich. Ein anderer Brauch war, ein Tier aufzuziehen und es ganz oder zur Hälfte nach zwei bis drei Jahren dem Heiligen zu schenken. Das Tier wurde dann bei der Wallfahrt verkauft und der Erlös je nach Gelöbnis ganz oder teilweise an die Kirche gegeben. In Passchendaele in Belgien opferte man am Festtag des Cornelius Kühe und Pferde. Ein Priester segnete sie, dann kaufte man sie zurück und ließ sie frei im Hof herumlaufen. Sie durften nicht verkauft werden, sondern starben eines natürlichen Todes. <br />
In Denderbelle (Belgien) wie auch an mehreren anderen Orten wurde „een levend hart“ (= ein lebendes Herz) geopfert. Gemeint war damit ein lebendes Tier, das zugunsten der Kirche verkauft wurde; in Denderbelle war es ein Huhn. Auch in [[Lützkampen]]-Welchenhausen pflegten Schafzüchter und Schäfer lebende Schafe und Lämmer, so genannte Kapellenschafe, sowie Wolle zu opfern. Die geopferten Schafe wurden dann von ihnen unentgeltlich weitergefüttert. Den Erlös aus dem Verkauf der Tiere lieferte man an die Kapelle ab. Ähnlich war es in Scheid. In Aalbeke (Belgien) wurden für jeden Pilger zwei Hühner gesegnet; eines wurde geopfert, das andere blieb auf dem Hof als Schutz.<br />
<br />
== Andere Heilige namens Cornelius ==<br />
Außer dem römischen [[Hauptmann Kornelius|Hauptmann Cornelius]] aus der Apostelgeschichte und Papst Cornelius gibt es noch eine ganze Anzahl weiterer Heiliger dieses Namens. Das wohl umfangreichste Werk in deutscher Sprache hierzu, nämlich das Vollständige Heiligen-Lexikon von 1858, führt 22 Heilige namens Cornelius auf, zusätzlich drei Cornelia und zwei Cornelianus. Einige von ihnen sind wiederum nach Papst Cornelius benannt. Heiligenbücher aus jüngerer Zeit führen viel weniger Heilige seines Namens auf, dort in der Regel mit K geschrieben. Sie schwanken zwischen neun und ein oder zwei Kornelius in heutigen Werken; meist sind es dann Papst und Hauptmann. Darüber hinaus gibt es noch eine Anzahl Heilige mit dem Vornamen Cornelius. Über die meisten von ihnen ist nur wenig bekannt. Erwähnt seien hier drei von ihnen:<br />
<br />
Cornelius von [[Damaskus]], dessen Gedenktag am 28. Mai begangen wird, gilt als Patron der Schauspieler und Gaukler. Er soll beschlossen haben, die Christen genau zu studieren, um sie auf der Bühne verspotten zu können. Durch das Studium sei er aber bald selbst ein überzeugter Christ geworden. <br />
<br />
Cornelius McConchailleach wurde 1120 in [[Armagh]] in Nordirland geboren und 1174 auf den Bischofssitz dieser Diözese berufen. Er starb 1176 auf der Rückkehr von einer Reise nach Rom in Lémenc nahe [[Chambéry]] in Frankreich in der dortigen [[Kloster|Priorei]]. Von dort, wo in einer Kapelle seine Gebeine ruhen, verbreitete sich seine Verehrung in der gesamten Region bis nach [[Grenoble]]. Im 17. Jahrhundert hatte sie ihren Höhepunkt. Nach anderen Quellen lautet sein ursprünglicher Name nicht Cornelius, sondern Conor, und zwar abgeleitet von dem [[Keltische Sprachen|keltischen]] Namen Conchoard. In Frankreich wurde er unter dem Namen Concors und Concord verehrt. <br />
<br />
John Cornelius, der um 1557 in Cornwall als Sohn irischer Eltern geboren wurde, war katholischer Priester. Ursprünglich nannte er sich John Conor O’Mahoney; Conor wurde dann latinisiert zu Cornelius. Wegen seiner priesterlichen Tätigkeit wurde er zum Tode verurteilt und 1594 in [[Dorchester (Dorset)|Dorchester]] mit drei anderen Katholiken, die ihn unterstützt hatten, als Hochverräter gehängt.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
*[[Liste der Seligen und Heiligen]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*Albert Altenähr OSB: ''Das Grab des hl. Cornelius in der Calixtus-Katakombe zu Rom.'' Als Manuskript vervielfältigt, Aachen 1991.<br />
*Peter Jan Margry und Charles Caspers: ''Bedevaartsplaatsen in Nederland.'' Amsterdam 1987.<br />
*Matthias Zender: ''Räume und Schichten mittelalterlicher Heiligenverehrung in ihrer Bedeutung für die Volkskunde. Die Heiligen des mittleren Maaslandes und der Rheinlande in Kultgeschichte und Verbreitung.'' 2. Auflage, Bonn 1973.<br />
* {{Heiligenlexikon-1858|1|673|673|spezialkapitel=Cornelius, SS.|BK-Nummer=10|kapiteltext=Cornelius, SS. (10)|bemerkung=ausführlicherer Titel: ''Vollständiges Heiligen-Lexikon oder Lebensgeschichten aller Heiligen, Seligen etc etc aller Orte und aller Jahrhunderte, deren Andenken in der katholischen Kirche gefeiert oder sonst geehrt wird...''''|kurz=}}<br />
* {{BBKL|c/cornelius_pp|autor=Friedrich Wilhelm Bautz|artikel=Cornelius|band=1|spalte=1130–1131}}<!--<br />
*John Chapman: [http://www.newadvent.org/cathen/04375c.htm ''Pope Cornelius'']. In: ''The Catholic Encyclopedia.'' Band 4, Robert Appleton Company, New York 1908.--><br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/04375c.htm|Pope Cornelius|John Chapman|Band=4}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Cornelius}}<br />
* {{Hl-Lex|b|Cornelius.htm|Cornelius}}<br />
*[http://www.cornelissen.de/cor_pap4.htm Die Wiederentdeckung der Cornelius-Gruft]<br />
*[http://www.cornelissen.de/cor_pap6.htm Der Heilige mit dem Horn]<br />
*[http://www.cornelissen.de/cor_ver1.htm Stätten der Cornelius-Verehrung]<br />
*[http://www.cornelissen.de/cor_hei1.htm Noch mehr Heilige namens Cornelius]<br />
<!--*[http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0251-0253-_Cornelius,_Sanctus,_Martyr.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]--><br />
<br />
== Einzelnachweis ==<br />
<references/><br />
<br />
{{Folgenleiste Bischof von Rom|VORGÄNGER=[[Fabianus]]|NACHFOLGER=[[Lucius I.]]|ZEIT=251–253}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=102385718|VIAF=59475749}}<br />
<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 2. oder 3. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 253]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Cornelius<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Bischof von Rom von März 251 bis Juni 253<br />
|GEBURTSDATUM=2. Jahrhundert oder 3. Jahrhundert<br />
|GEBURTSORT=<br />
|STERBEDATUM=Juni 253<br />
|STERBEORT=Centumcellae heute [[Civitavecchia]], [[Italien]]<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Cornelius]]<br />
[[an:Cornel I]]<br />
[[ar:كورنيلوس (بابا)]]<br />
[[arz:القديس كورنيلوس]]<br />
[[bg:Корнелий (папа)]]<br />
[[br:Korneli]]<br />
[[ca:Corneli I]]<br />
[[ceb:Cornelio]]<br />
[[cs:Kornélius]]<br />
[[da:Pave Cornelius 1.]]<br />
[[el:Πάπας Κορνήλιος]]<br />
[[en:Pope Cornelius]]<br />
[[eo:Kornelio]]<br />
[[es:Cornelio]]<br />
[[et:Cornelius]]<br />
[[eu:Kornelio]]<br />
[[fa:کورنلیوس]]<br />
[[fi:Cornelius]]<br />
[[fr:Corneille (pape)]]<br />
[[gl:Cornelio, papa]]<br />
[[he:קורנליוס]]<br />
[[hr:Kornelije]]<br />
[[hu:Kornél pápa]]<br />
[[id:Paus Kornelius]]<br />
[[it:Papa Cornelio]]<br />
[[ja:コルネリウス (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Kornelius]]<br />
[[ka:კორნელიუსი (პაპი)]]<br />
[[ko:교황 고르넬리오]]<br />
[[la:Cornelius (papa)]]<br />
[[lt:Šventasis Kornelijus]]<br />
[[mk:Папа Корнелиј]]<br />
[[mzn:کورنلیوس]]<br />
[[nl:Paus Cornelius]]<br />
[[no:Kornelius]]<br />
[[pl:Korneliusz (papież)]]<br />
[[pt:Papa Cornélio]]<br />
[[ro:Papa Corneliu]]<br />
[[ru:Корнелий (папа римский)]]<br />
[[sh:Papa Kornelije]]<br />
[[sk:Kornel (pápež)]]<br />
[[sl:Papež Kornelij]]<br />
[[sr:Папа Корнелије]]<br />
[[sv:Cornelius (påve)]]<br />
[[sw:Papa Kornelio]]<br />
[[ta:கொர்னேலுயுஸ் (திருத்தந்தை)]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาคอร์เนลิอุส]]<br />
[[tl:Papa Cornelio]]<br />
[[uk:Корнелій]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Côrnêliô]]<br />
[[war:Papa Cornelio]]<br />
[[yo:Pópù Cornelius]]<br />
[[zh:教宗科尔乃略]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Zephyrinus&diff=112971995Zephyrinus2013-01-15T00:08:48Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Ceferino zu tl:Papa Ceferino</p>
<hr />
<div>Der heilige '''Zephyrinus''' († [[20. Dezember]] [[217]] in [[Rom]]) war [[Bischof von Rom]] von etwa 198 bis 217. Sein Name bedeutet: „Der Westwind“ (griech./[[latein]].)<br />
<br />
In der katholischen Kirche ist sein Gedenktag der 20. Dezember. Er wird als Mann von wenig Intelligenz oder Charakterstärke beschrieben, und die Kontroversen seiner Amtszeit werden besser [[Hippolyt von Rom|Hippolytus]] und [[Calixt I.|Calixt]] zugeschrieben, letzterer sein wichtigster Ratgeber und dann auch Nachfolger. Von ihm ist aber die erste dogmatische Erklärung im Wortlaut überliefert: ''„Ich weiß einen Gott, Jesu Christus, und außer ihm keinen anderen, der geboren ist und gelitten hat.“''<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der Seligen und Heiligen]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{commonscat|Zephyrinus}}<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/15756c.htm}}<br />
* [http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0199-0217-_Zephyrinus,_Sanctus,_Martyr.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]<br />
<br />
<br />
{{Folgenleiste Bischof von Rom|VORGÄNGER=[[Viktor I.]]|NACHFOLGER=[[Calixt I.]]|ZEIT=199–217}}<br />
<br />
{{Normdaten|PND=119222825}}<br />
<br />
{{DEFAULTSORT:Zephyrinus}}<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (2. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (2. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 2. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 217]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Zephyrinus<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Heiliger Zephyrinus<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Papst und Heiliger<br />
|GEBURTSDATUM=2. Jahrhundert<br />
|GEBURTSORT=<br />
|STERBEDATUM=20. Dezember 217<br />
|STERBEORT=[[Rom]]<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Zefirinus]]<br />
[[ar:زيفرينوس]]<br />
[[arz:القديس زيفرينوس]]<br />
[[ast:Ceferín]]<br />
[[bg:Зефирин]]<br />
[[br:Zefyrin]]<br />
[[ca:Zeferí I]]<br />
[[ceb:Ceferino]]<br />
[[cs:Zefyrinus]]<br />
[[da:Pave Zefyrinus 1.]]<br />
[[el:Πάπας Ζεφυρίνος]]<br />
[[en:Pope Zephyrinus]]<br />
[[eo:Zefireno]]<br />
[[es:Ceferino]]<br />
[[et:Zephyrinus]]<br />
[[eu:Zeferino]]<br />
[[fa:زفیرنیوس]]<br />
[[fi:Pyhä Zephyrinus]]<br />
[[fr:Zéphyrin]]<br />
[[gl:Ceferino, papa]]<br />
[[he:זפרינוס]]<br />
[[hr:Zefirin]]<br />
[[hu:Zefirin pápa]]<br />
[[id:Paus Zephyrinus]]<br />
[[it:Papa Zefirino]]<br />
[[ja:ゼフィリヌス (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Zephyrinus]]<br />
[[ka:ზეფირინუსი]]<br />
[[ko:교황 제피리노]]<br />
[[la:Zephyrinus]]<br />
[[lt:Zefyrinas]]<br />
[[mk:Папа Зефириниј]]<br />
[[mr:पोप झेफिरिनस]]<br />
[[mzn:زفیرنیوس]]<br />
[[nds:Zephyrinus]]<br />
[[nl:Paus Zefyrinus]]<br />
[[no:Zefyrinus]]<br />
[[pl:Zefiryn (papież)]]<br />
[[pt:Papa Zeferino]]<br />
[[ro:Papa Zefirin]]<br />
[[ru:Зефирин (папа римский)]]<br />
[[sh:Zefirin]]<br />
[[sk:Zeferinus]]<br />
[[sl:Papež Zefirin]]<br />
[[sr:Папа Зефирин]]<br />
[[sv:Zephyrinus]]<br />
[[sw:Papa Zephyrinus]]<br />
[[ta:செஃபிரீனுஸ் (திருத்தந்தை)]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาเซฟิรินุส]]<br />
[[tl:Papa Ceferino]]<br />
[[tr:Zephyrinus]]<br />
[[uk:Зеферин]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Đêphyrinô]]<br />
[[war:Papa Ceferino]]<br />
[[yo:Pópù Zephyrinus]]<br />
[[zh:教宗则斐琳]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fabianus&diff=112971844Fabianus2013-01-14T23:59:27Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Fabián zu tl:Papa Fabián</p>
<hr />
<div>[[Datei:Ravensburg_Gesellschaftskapelle_Fenster_4_Fabianus.jpg|thumb|upright|Heiliger Fabianus (Glasgemälde des 15. Jahrhunderts, Ev. Stadtkirche [[Ravensburg]])]]<br />
Der heilige '''Fabian''' oder '''Fabianus''', nach einer Quelle '''Flavius''' (* vor 200 in [[Rom]]; † [[20. Januar]] [[250]] ebenda), [[Bischof]] und [[Märtyrer]], wurde im Januar 236 zum [[Bischof von Rom]] gewählt und am 10. Januar 236, nach siebentägiger Sedisvakanz als Nachfolger von [[Anterus]] [[Inthronisation|inthronisiert]]. Sein Name bedeutet: „aus dem Geschlecht der Fabier“ (lateinisch).<br />
<br />
== Leben ==<br />
[[Eusebius von Caesarea]] berichtet, wie die [[Christen]], die sich in Rom versammelt hatten, um einen neuen Bischof zu wählen, sahen, wie sich auf dem Haupte Fabians eine Taube niederließ. Fabian, ein Laie und Fremder in der Stadt, wurde dadurch als für diese Würde auserwählt betrachtet und zum Bischof ernannt, obwohl es zahlreiche andere, starke Kandidaten für die Besetzung des vakanten Stuhls gab. Die Stellung als Bischof von Rom hatte er bis zu seinem Tod inne. Fabian starb als Märtyrer während der Verfolgungen Kaisers [[Trajanus Decius]] am 20. Januar 250. Er wurde in der [[Calixtus-Katakombe]] in Rom bestattet. Sein [[Sarkophag]] wurde 1915 entdeckt.<br />
<br />
Auch wenn es wenig bestätigte Quellen aus jener Zeit gibt, gibt es doch genug Hinweise darauf, dass Fabianus [[Bischof|Episkopat]] große Bedeutung für die Geschichte der frühen Kirche hatte. Er soll die Kirche neu organisiert und zahlreiche Gemeinden im heutigen [[Frankreich]] gegründet haben.<br />
<br />
Er stand in Glaubensfragen mit [[Origenes]], dem großen Kirchenlehrer des Ostens, in Verbindung. Nach der Überlieferung teilte er Rom in sieben Diakonatsbezirke mit 7 [[Diakon]]en und 46 [[Presbyter]]n ein: es ist die früheste Grundlage der späteren [[Titelkirche|Kardinalstitelkirchen]], wie sie heute bestehen.<br />
<br />
== Schutzpatron ==<br />
Der heilige Fabian ist zusammen mit dem heiligen [[Sebastian (Heiliger)|Sebastian]] der [[Schutzpatron]] der Stadt [[Selm]] in [[Westfalen]]. Zudem gilt er als [[Schutzpatron|Patron]] der Töpfer und Zinngießer (Handwerker). <br />
<br />
Seine Attribute sind das Papstkreuz, das Schwert und eine Taube. <br />
<br />
In seiner Heimatstadt Rom ist der heilige Fabian der Namens- und Schutzpatron der [[Titelkirche]] ''[[Santi Fabiano e Venanzio a Villa Fiorelli|Santi Fabiano e Venanzio]]''. Darüber hinaus ist er Patron zahlreicher Kirchen. <br />
{{Hauptartikel|Fabianskirche}}<br />
<br />
Ein Teil der [[Reliquien]], darunter auch das Haupt des heiligen Fabians, stehen auf dem Hauptaltar im [[Dom zu Fulda]]. Die Gebeine des Heiligen kamen wahrscheinlich mit [[Rabanus Maurus]] nach [[Fulda]]. Sein Hauptgrab mit dem größten Teil der Gebeine befindet sich in der römischen Kirche Santa Prassede. Hierhin wurden sie von den Kallixtus-Katakomben überführt.<br />
<br />
== Gedenktag ==<br />
* Katholisch: 20. Januar ([[Nicht gebotener Gedenktag]] im [[Allgemeiner Römischer Kalender|Allgemeinen Römischen Kalender]]).<br />
* Orthodox: 5. August<br />
<br />
== Bauernregeln ==<br />
Auf den Gedenktag des Heiligen beziehen sich zahlreiche [[Liste von Bauernregeln|Bauernregeln]]:<br />
* An Fabian und Sebastian fängt der rechte Winter an.<br />
* Um Fabian und Sebastian, da fängt der Baum zu saften an.<br />
* Sturm und Frost an Fabian, ist allen Saaten wohlgetan.<br />
* Fabian im Nebelhut, der tut den Bäumen gar nicht gut.<br />
* Tanzen um Fabian schon die Mücken, muss man später den Kühen das Futter bezwicken.<br />
* Sonnenschein um Fabian und Sebastian, der lässt den Tieren das Futter ausgah'n.<br />
* Um Fabian und Sebastian, da nimmt auch der Tauber die Taube an.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der Seligen und Heiligen]]<br />
* [[St. Fabian]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat}}<br />
* {{BBKL|f/fabian_p}}<br />
* [http://www.heiligenlexikon.de/index.htm?BiographienF/Fabianus.htm Ökumenisches Heiligenlexikon]<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/05742d.htm}}<br />
* [http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0236-0250-_Fabianus,_Sanctus,_Martyr.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]<br />
<br />
{{Folgenleiste Bischof von Rom|VORGÄNGER=[[Anterus]]|NACHFOLGER=[[Cornelius (Bischof von Rom)|Cornelius]]|ZEIT=236–250}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=119222841}}<br />
<br />
{{DEFAULTSORT:Fabianus}}<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Märtyrer]]<br />
[[Kategorie:Bischof (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 2. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 250]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Fabianus<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Heiliger Fabian, Flavius<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Papst und Märtyrer, Papst und Bischof von Rom<br />
|GEBURTSDATUM=vor 200<br />
|GEBURTSORT=Rom<br />
|STERBEDATUM=20. Januar 250<br />
|STERBEORT=Rom<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Fabianus]]<br />
[[an:Fabián I]]<br />
[[ar:فابيان]]<br />
[[arz:القديس فابيان]]<br />
[[be:Фабіян, Папа Рымскі]]<br />
[[bg:Фабиан]]<br />
[[br:Fabianus]]<br />
[[ca:Fabià I]]<br />
[[ceb:Fabián (papa)]]<br />
[[cs:Svatý Fabián]]<br />
[[da:Pave Fabian 1.]]<br />
[[el:Πάπας Φαβιανός]]<br />
[[en:Pope Fabian]]<br />
[[eo:Fabiano]]<br />
[[es:Fabián (papa)]]<br />
[[et:Fabianus]]<br />
[[eu:Fabian]]<br />
[[fa:فابین]]<br />
[[fi:Pyhä Fabianus]]<br />
[[fr:Fabien (pape)]]<br />
[[gl:Fabiano, papa]]<br />
[[he:פביאנוס]]<br />
[[hr:Fabijan]]<br />
[[hu:Fábián pápa]]<br />
[[id:Paus Fabianus]]<br />
[[it:Papa Fabiano]]<br />
[[ja:ファビアヌス (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Fabianus]]<br />
[[ka:ფაბიანე (პაპი)]]<br />
[[ko:교황 파비아노]]<br />
[[la:Fabianus (papa)]]<br />
[[lt:Šventasis Fabijonas]]<br />
[[mk:Папа Фабијан]]<br />
[[mr:पोप फाबियान]]<br />
[[mzn:فابین]]<br />
[[nl:Paus Fabianus]]<br />
[[no:Fabian]]<br />
[[pl:Fabian (papież)]]<br />
[[pt:Papa Fabiano]]<br />
[[ro:Papa Fabian]]<br />
[[ru:Фабиан (папа римский)]]<br />
[[sh:Papa Fabijan]]<br />
[[sk:Fabián (pápež)]]<br />
[[sl:Papež Fabijan]]<br />
[[sr:Папа Фабијан]]<br />
[[sv:Fabianus]]<br />
[[sw:Papa Fabian]]<br />
[[ta:ஃபேபியன் (திருத்தந்தை)]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาฟาเบียน]]<br />
[[tl:Papa Fabián]]<br />
[[uk:Фабіан]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Fabianô]]<br />
[[war:Papa Fabian]]<br />
[[yo:Pópù Fabian]]<br />
[[zh:教宗法比盎]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Felix_I.&diff=112971636Felix I.2013-01-14T23:50:27Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Félix I zu tl:Papa Félix I</p>
<hr />
<div>[[File:PopeFelixI.jpg |miniatur|Fresko (Phantasiedarstellung) in der [[Sixtinische Kapelle|Sixtinischen Kapelle]]]]<br />
'''Felix I.''' (* in [[Rom]]; † [[30. Dezember]] [[274]] ebenda) wurde am 5. Januar 269 zum [[Bischof von Rom]] gewählt, nachdem sein Vorgänger [[Dionysius (Bischof von Rom)|Dionysius]] am 26. Dezember 268 gestorben war. Sein Name bedeutet: der Glückliche.<br />
<br />
Es gibt wenige authentische Quellen hinsichtlich seines Episkopats. Man schreibt ihm zu, dass er den jährlichen Messen an den Gräbern der Märtyrer den kirchlichen Segen gab, einer schon lange gepflegten Tradition. Auch das Gesetz zur Einsegnung von Kirchen wird auf ihn zurückgeführt. Er soll sich stark für die von Kaiser [[Aurelian]] verfolgten Christen eingesetzt haben, weshalb er auch – möglicherweise unberechtigt – als [[Märtyrer]] geführt wird.<br />
<br />
Ein Fragment in einem Brief an [[Maximus von Alexandria|Maximus]], [[Bischof]] von [[Alexandria]], welches sich für die Doktrin der [[Dreifaltigkeit]] ausspricht, stammt vielleicht von Felix, drei andere Briefe werden ihm wohl zu Unrecht zugeschrieben.<br />
<br />
Felix starb am 30. Dezember 274 und wurde in der [[Calixtus-Katakombe]] beigesetzt. Sein Gedenktag ist der 30. Dezember.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der Seligen und Heiligen]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* {{RE|VI,2|2168||Felix 18|[[Adolf Jülicher]]|RE:Felix 18}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{commonscat|Felix I|Felix I.}}<br />
* {{BBKL|f/felix_i}}<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/06029b.htm}}<br />
* [http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0269-0274-_Felix_I,_Sanctus,_Martyr.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]<br />
<br />
{{Folgenleiste Bischof von Rom|VORGÄNGER=[[Dionysius (Bischof von Rom)|Dionysius]]|NACHFOLGER=[[Eutychianus]]|ZEIT=ca. 269–274}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=100988687}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Felix 01}}<br />
[[Kategorie:Heiliger (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Bischof (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 2. oder 3. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 274]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Felix I.<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Bischof von Rom (269–274)<br />
|GEBURTSDATUM=2. Jahrhundert oder 3. Jahrhundert<br />
|GEBURTSORT=Rom<br />
|STERBEDATUM=30. Dezember 274<br />
|STERBEORT=Rom<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Felix I]]<br />
[[ar:فليكس الأول]]<br />
[[arz:القديس فليكس الاول]]<br />
[[be:Фелікс I, Папа Рымскі]]<br />
[[be-x-old:Фэлікс I (папа рымскі)]]<br />
[[bg:Феликс I]]<br />
[[br:Feliks Iañ]]<br />
[[ca:Fèlix I]]<br />
[[ceb:Félix I]]<br />
[[cs:Felix I.]]<br />
[[da:Pave Felix 1.]]<br />
[[el:Πάπας Φήλιξ Α΄]]<br />
[[en:Pope Felix I]]<br />
[[eo:Felikso la 1-a]]<br />
[[es:Félix I]]<br />
[[et:Felix I]]<br />
[[eu:Felix I.a]]<br />
[[fa:فلیکس یکم]]<br />
[[fi:Pyhä Felix I]]<br />
[[fr:Félix Ier]]<br />
[[gl:Fiz I, papa]]<br />
[[he:פליקס הראשון]]<br />
[[hr:Feliks I.]]<br />
[[hu:I. Félix pápa]]<br />
[[id:Paus Feliks I]]<br />
[[it:Papa Felice I]]<br />
[[ja:フェリクス1世 (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Felix I]]<br />
[[ka:ფელიქს I (პაპი)]]<br />
[[ko:교황 펠릭스 1세]]<br />
[[la:Felix I]]<br />
[[mk:Папа Феликс I]]<br />
[[mzn:فلیکس اول]]<br />
[[nl:Paus Felix I]]<br />
[[no:Felix I]]<br />
[[pl:Feliks I]]<br />
[[pt:Papa Félix I]]<br />
[[ro:Papa Felix I]]<br />
[[ru:Феликс I (папа римский)]]<br />
[[sh:Papa Feliks I]]<br />
[[sk:Felix I.]]<br />
[[sl:Papež Feliks I.]]<br />
[[sv:Felix I]]<br />
[[sw:Papa Felix I]]<br />
[[ta:முதலாம் ஃபெலிக்ஸ் (திருத்தந்தை)]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาเฟลิกซ์ที่ 1]]<br />
[[tl:Papa Félix I]]<br />
[[uk:Фелікс I]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Fêlix I]]<br />
[[war:Papa Felix I]]<br />
[[yo:Pópù Felix 1k]]<br />
[[zh:教宗斐理斯一世]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Damasus_I.&diff=112971473Damasus I.2013-01-14T23:41:26Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Dámaso I zu tl:Papa Dámaso I</p>
<hr />
<div>[[File:San Damaso I.jpg |miniatur|Damasus I., Fantasiedarstellung in der Basilika [[Sankt Paul vor den Mauern]]]]<br />
'''Damasus I.''', auch '''Damasius I.''' ([[Latein|lat]].: ''der Diamantene''; * um 305 wahrscheinlich in [[Portugal]] oder in [[Rom]]; † [[11. Dezember]] [[384]] in [[Rom]]) war [[Bischof von Rom]] ([[Papst]]) vom 1. Oktober 366 bis 11. Dezember 384. Er wurde als Diakon des römischen Bischofs [[Liberius (Bischof von Rom)|Liberius]] zum Papst gewählt. Damasus wurde später heiliggesprochen.<br />
<br />
Er kam vermutlich als Sohn eines Antonio und einer Laurentia im heutigen Portugal zur Welt und wirkte in Rom an der Kirche des heiligen Märtyrers Laurentius („San Lorenzo in Panisperna“, auch „San Lorenzo in Formosa“ genannt).<br />
<br />
Obwohl Damasus mit großer Mehrheit zum Papst gewählt wurde, musste er sich erst in langwierigen und gewalttätigen Auseinandersetzungen gegen den von der Minderheit zum [[Gegenpapst]] gewählten [[Ursinus (Gegenpapst)|Ursinus]] durchsetzen; er wurde schließlich vom heidnischen [[Stadtpräfekt]]en [[Vettius Agorius Praetextatus]] bestätigt. Sein Versuch, beim Kaiser die privilegierte Rechtsstellung des Bischofs von Rom durchzusetzen, scheiterte, doch erhielt er die kirchliche Gerichtshoheit im Westen zugebilligt.<br />
<br />
Damasus beauftragte [[Hieronymus (Kirchenvater)|Hieronymus]] mit einer neuen Bibelübersetzung ins Lateinische, woraus die so genannte [[Vulgata]] wurde. In die Zeit seines Episkopats fiel die endgültige Beilegung des [[Arianischer Streit|arianischen Streits]] zugunsten des [[Bekenntnis von Nicäa|Nicäanischen Bekenntnisses]] und gegen den [[Arianismus]]. Er verwarf 368 die Haltung der arianischen Bischöfe Valens und Ursacius und war um die Erhaltung der altchristlichen Gräber in den [[Katakombe]]n bemüht. Damasus forderte den Zölibat und festigte die Vorrangstellung des Bischofs von Rom, den er als den legitimen Nachfolger des Apostels Petrus verstand.<br />
<br />
Sein Grab lag in Rom zunächst an der Via Ardeatina, später wurde es in die Laurentiuskirche im [[Palazzo della Cancelleria|Palast der Cancelleria]] ([[San Lorenzo in Damaso]]) verlegt.<br />
<br />
Er wurde heiliggesprochen, sein Namenstag ist der 11. Dezember. Er gilt als Schutzheiliger gegen Fieber.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* [[Adolf Lippold]]: ''Ursinus und Damasus.'' In: ''[[Historia (Zeitschrift)|Historia]].'' 14, 1965, S. 105–128.<br />
* Ursula Reutter: ''Damasus, Bischof von Rom (366–384). Leben und Werk'' (= ''Studien und Texte zu Antike und Christentum.'' Bd. 55). Mohr Siebeck, Tübingen 2009, ISBN 978-3-16-149848-0 (Zugleich: Jena, Univ., Diss., 1999).<br />
* [[Franz Xaver Seppelt|Franz X. Seppelt]]: ''Geschichte der Päpste von den Anfängen bis zur Mittel des zwanzigsten Jahrhunderts.'' Band: 1: ''Die Entfaltung der päpstlichen Machtstellung im frühen Mittelalter. Von Gregor dem Grossen bis zur Mitte des elften Jahrhunderts.'' 2. neu bearbeitete Auflage (von [[Georg Schwaiger (Historiker)|Georg Schwaiger]]). Kösel, München 1955, S. 109–126.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Damasus I|Damasus I.}}<br />
* {{DNB-Portal|118878689}}<br />
* [http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0366-0383-_Damasus_I,_Sanctus.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]<br />
<br />
{{Folgenleiste Bischof von Rom|VORGÄNGER=[[Liberius (Bischof von Rom)|Liberius]]|NACHFOLGER=[[Siricius]]|ZEIT=366–384}}<br />
<br />
{{Normdaten|PND=118878689|LCCN=n/85/257304|VIAF=89008443}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Damasus 01}}<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (4. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (4. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 4. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 384]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Damasus I.<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Damasius I.<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Bischof von Rom (366–384)<br />
|GEBURTSDATUM=um 305<br />
|GEBURTSORT=unsicher: Portugal oder Rom<br />
|STERBEDATUM=11. Dezember 384<br />
|STERBEORT=[[Rom]]<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Damasus I]]<br />
[[ar:داماسوس الأول]]<br />
[[arz:القديس داماسوس]]<br />
[[be:Дамас I, Папа Рымскі]]<br />
[[be-x-old:Дамас I (папа рымскі)]]<br />
[[bg:Дамас I]]<br />
[[br:Damasus Iañ]]<br />
[[ca:Damas I]]<br />
[[ceb:Dámaso I]]<br />
[[cs:Damasus I.]]<br />
[[da:Pave Damasus 1.]]<br />
[[el:Πάπας Δάμασος Α΄]]<br />
[[en:Pope Damasus I]]<br />
[[eo:Damaso la 1-a]]<br />
[[es:Dámaso I]]<br />
[[et:Damasus I]]<br />
[[eu:Damaso I.a]]<br />
[[fa:دامازوس]]<br />
[[fi:Damasus I]]<br />
[[fr:Damase Ier]]<br />
[[gl:Dámaso I, papa]]<br />
[[he:דמסוס הראשון]]<br />
[[hr:Damaz I.]]<br />
[[hu:I. Damáz pápa]]<br />
[[id:Paus Damasus I]]<br />
[[it:Papa Damaso I]]<br />
[[ja:ダマスス1世 (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Damasus I]]<br />
[[ka:დამასუს I]]<br />
[[ko:교황 다마소 1세]]<br />
[[la:Damasus I]]<br />
[[lt:Damasas I]]<br />
[[mk:Папа Дамасиј I]]<br />
[[ml:ദമാസൂസ് ഒന്നാമൻ]]<br />
[[mzn:دامازوس]]<br />
[[nl:Paus Damasus I]]<br />
[[no:Damasus I]]<br />
[[pl:Damazy I]]<br />
[[pt:Papa Dâmaso I]]<br />
[[ro:Papa Damasus I]]<br />
[[ru:Дамасий I (папа римский)]]<br />
[[sc:Damasu]]<br />
[[sh:Damaz I]]<br />
[[sk:Damazus I.]]<br />
[[sl:Papež Damaz I.]]<br />
[[sv:Damasus I]]<br />
[[sw:Papa Damaso I]]<br />
[[ta:முதலாம் தாமசுஸ் (திருத்தந்தை)]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาดามาซุสที่ 1]]<br />
[[tl:Papa Dámaso I]]<br />
[[uk:Дамасій I]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Đamasô I]]<br />
[[war:Papa Damaso I]]<br />
[[yo:Pópù Damasus 1k]]<br />
[[zh:達瑪穌一世]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Dionysius_(Bischof_von_Rom)&diff=112971290Dionysius (Bischof von Rom)2013-01-14T23:32:16Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:San Dionisio zu tl:Papa Dionisio</p>
<hr />
<div>[[Datei:Pope Dionysius.jpg |miniatur|Dionysius (Phantasiedarstellung)]]<br />
'''Dionysius''' (* vor 22. Juli 260; † [[26. Dezember]] [[268]]) war [[Bischof von Rom]] vom 22. Juli 260 bis zu seinem Tode. Sein Name bedeutet „dem [[Dionysos]] geweiht“ (griech./latein.).<br />
Die Kirche und das Kloster von [[San Dionigi alle Qattro Fontane]] und [[San Silvestro in Capite]] in [[Rom]] sind ihm geweiht.<br />
<br />
== Leben und Lehre ==<br />
Dionysius wurde wahrscheinlich in [[Griechenland]] geboren. Nachdem er 260 nach den Verfolgungen Kaiser [[Valerian]]s gewählt worden war, fiel ihm die Aufgabe zu, die [[Römisch-Katholische Kirche|römische Kirche]], die in dieser Zeit im Chaos lag, neu zu organisieren. <br />
<br />
Als römischer Presbyter war er an einem theologischen Streit über die Gültigkeit der [[Taufe]] durch [[Häretiker]] beteiligt.<br />
<br />
Er kämpfte mit dem von der Kirche als Irrlehre verurteilten [[Subordinatianismus]], der im Gegensatz zu dem unter [[Calixt I.]] bekämpften [[Monarchianismus]] stand: Während seines Pontifikats wandten sich ägyptische Kleriker wegen Lehrstreitigkeiten an ihn. Er berief eine Synode ein, die den [[Sabellianismus]] und Subordinatianismus verurteilte. Die Beschlüsse dieser Synode teilte er [[Dionysius von Alexandria]] in einer Lehrschrift mit. Darin stellte er dem ''Geschaffensein des Logos'' sein ''Gezeugtsein'' gegenüber: der Logos („das Wort“) kann nicht geworden sein, da es sonst eine Zeit gegeben haben müsste, in der der Logos nicht war; er war aber immer, da er im Vater und des Vaters Logos, Macht und Weisheit ist, ohne die Gott niemals gewesen sein könne. [[Dionysius von Alexandria]] widerrief daraufhin seine christologische Anschauung von der ''Geschöpflichkeit des Logos'' und übernahm in einer ausführlichen Schrift die Lehre der römischen Synode. In ihr betonte er die Ewigkeit des Logos und seine Wesenseinheit mit dem Vater. Mit diesem Einlenken war dieser theologische Streit überwunden.<br />
<br />
Dionysius sandte an die Kirchen [[Kappadokien]]s, welche von marodierenden [[Goten]] verwüstet worden waren, große Geldsummen, um diese wieder aufzubauen und die Gefangenen freizukaufen.<br />
<br />
Die Neuordnung der Kirche und der Friede mit Kaiser [[Gallienus]] brachten eine Zeit der Ruhe für die römische Kirche. Dionysius ist der erste Bischof von Rom, der definitiv nicht als Märtyrer gestorben ist. Er starb am 26. Dezember 268.<br />
<br />
Seine Gedenktage sind:<br />
<br />
* katholisch: 26. Dezember<br />
* in Augsburg und Frankreich: Auffindung der Gebeine: 22. April<br />
<br />
== Darstellungen ==<br />
In [[San Paolo fuori le Mura]] wurde er mit [[Tunika]], [[Pallium]] und [[Tonsur]] dargestellt, in der [[Sixtinische Kapelle|Sixtinischen Kapelle]] wird er im Ornat mit Buch in der Reihe der Papstfresken gezeigt.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* {{RE3|4|702|703|Dionysius, Bischof von Rom|W. Möller; Hauck}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{commonscat|Dionysius|Dionysius (Bischof von Rom)}}<br />
* {{Hl-Lex|b|Dionysius.htm|Dionysius}}<br />
* {{BBKL|d/dionysius_p}}<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/05009b.htm}}<br />
* [http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0260-0268-_Dionysius,_Sanctus.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der Seligen und Heiligen]]<br />
<br />
{{Folgenleiste Bischof von Rom|VORGÄNGER=[[Sixtus II.]]|NACHFOLGER=[[Felix I.]]|ZEIT=ca. 260–268}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=119221616}}<br />
<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 268]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 2. oder 3. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Dionysius<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Papst<br />
|GEBURTSDATUM=vor 22. Juli 260<br />
|GEBURTSORT=Griechenland<br />
|STERBEDATUM=26. Dezember 268<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Dionisius]]<br />
[[an:Dionís I]]<br />
[[ar:ديونيسيوس (بابا روما)]]<br />
[[arz:القديس ديونيسيوس الاول]]<br />
[[be:Дыянісій, Папа Рымскі]]<br />
[[be-x-old:Дыянісіюс (папа рымскі)]]<br />
[[bg:Дионисий (папа)]]<br />
[[br:Denez (pab)]]<br />
[[ca:Papa Dionís I]]<br />
[[ceb:Dionisio (papa)]]<br />
[[cs:Dionýsius (papež)]]<br />
[[da:Pave Dionysius 1.]]<br />
[[el:Πάπας Διονύσιος]]<br />
[[en:Pope Dionysius]]<br />
[[eo:Papo Dionizio]]<br />
[[es:Dionisio (papa)]]<br />
[[et:Dionysius (paavst)]]<br />
[[eu:Dionisio (aita santua)]]<br />
[[fa:دیونیسیوس]]<br />
[[fi:Dionysius (paavi)]]<br />
[[fr:Denys (pape)]]<br />
[[gl:Dionisio, papa]]<br />
[[he:דיוניסיוס (אפיפיור)]]<br />
[[hr:Dionizije]]<br />
[[hu:Dénes pápa]]<br />
[[id:Paus Dionisius]]<br />
[[it:Papa Dionisio]]<br />
[[ja:ディオニュシウス (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Dionysius]]<br />
[[ka:დიონისიუსი (პაპი)]]<br />
[[ko:교황 디오니시오]]<br />
[[la:Dionysius (papa)]]<br />
[[mk:Папа Дионисиј]]<br />
[[ml:വിശുദ്ധ ഡയണീഷ്യസ്]]<br />
[[mzn:دیونیسیوس]]<br />
[[nl:Paus Dionysius]]<br />
[[no:Dionysius (pave)]]<br />
[[pl:Dionizy (papież)]]<br />
[[pt:Papa Dionísio]]<br />
[[ro:Papa Dionisiu]]<br />
[[ru:Дионисий (папа римский)]]<br />
[[sh:Papa Dionizije]]<br />
[[sk:Dionýz (pápež)]]<br />
[[sl:Papež Dionizij]]<br />
[[sr:Папа Дионисије]]<br />
[[sv:Dionysius]]<br />
[[sw:Papa Dionysius]]<br />
[[ta:தியோனீசியுஸ் (திருத்தந்தை)]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาดิโอนีซุส]]<br />
[[tl:Papa Dionisio]]<br />
[[uk:Діонісій (папа)]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Điônisiô]]<br />
[[war:Papa Dionisio]]<br />
[[yo:Pópù Dionysius]]<br />
[[zh:教宗狄约尼削]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Julius_I.&diff=112971050Julius I.2013-01-14T23:22:52Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Julio I zu tl:Papa Julio I</p>
<hr />
<div>[[Datei:PopeJuliusI.jpg|miniatur|hochkant|Papst Julius I., [[Mosaik]] aus dem 12. Jahrhundert in der [[Apsis]] der Kirche von [[Santa Maria in Trastevere]], [[Rom]]]]<br />
<br />
'''Julius I.''' ([[Latein|lat]].: ''aus dem Geschlecht der Julier''; * in [[Rom]]; † [[12. April]] [[352]]) wurde am 6. Februar 337 nach viermonatiger [[Sedisvakanz]] zum [[Bischof von Rom]] ([[Papst]]) gewählt und hatte dieses Amt bis zu seinem Tod am 12. April 352 inne.<br />
<br />
Er ist insbesondere für seine Rolle während der [[Arianischer Streit|arianischen Kontroverse]] bekannt.<br />
<br />
Nachdem die Anhänger von [[Eusebius von Nikomedia]] auf der [[Synode]] von [[Antiochia]] im Jahre 341 die Absetzung von [[Athanasius der Große|Athanasius dem Großen]] erneuert hatten, beschlossen diese<!-- wer denn eigentlich?? -->, Delegierte zum weströmischen Kaiser [[Constans]] und zu Papst Julius zu senden. Letzterer lud beide Parteien ein, nachdem er seine Athanasius bevorzugende Meinung kundgetan hatte, ihre Fälle einer von ihm geleiteten Synode vorzulegen. Die Bischöfe der östlichen Kirche lehnten diesen Vorschlag jedoch ab.<br />
<br />
Während seiner zweiten Verbannung aus Alexandria kam Athanasius nach Rom und wurde dort von der 342 abgehaltenen Synode als regulärer [[Bischof]] anerkannt. Auf dem Konzil von [[Sofia|Sardica]] zogen sich die 76 teilnehmenden östlichen Bischöfe nach [[Plowdiw|Philippopolis]] zurück und verkündeten die Absetzung von Julius, Athanasius und anderen. Die 300 westlichen Bischöfe bestätigten die Beschlüsse der römischen Synode. Durch die im 3., 4. und 5. [[Dekret]] von Julius beanspruchten Revisionsrechte und die Bestätigung auf diesem Konzil wurde die Position des Papsttums deutlich gestärkt.<br />
<br />
Er gilt als Erbauer der Kirchen [[Santa Maria in Trastevere]] und [[Santi Apostoli (Rom)|Santi Apostoli]] in Rom. Er war es auch, der den Geburtstag von [[Jesus Christus]] endgültig auf den [[25. Dezember]] festlegte.<br />
<br />
Er wurde in Rom schon früh als Heiliger verehrt. Sein (katholischer) Gedenktag ist der 12. April. Er gilt als [[Schutzpatron]] der [[Toilette|Latrinenreiniger]].<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der Seligen und Heiligen]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{commonscat|Iulius I|Julius I.}}<br />
* {{BBKL|j/Julius_I}}<br />
* [http://www.heiligenlexikon.de/BiographienJ/Julius_I.html Ökumenisches Heiligenlexikon]<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/08561a.htm}}<br />
* [http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0337-0352-_Iulius_I,_Sanctus.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]<br />
<br />
{{Folgenleiste Bischof von Rom<br />
|VORGÄNGER=[[Marcus (Bischof von Rom)|Marcus]]<br />
|NACHFOLGER=[[Liberius (Bischof von Rom)|Liberius]]<br />
|ZEIT=337–352<br />
}}<br />
<br />
{{Normdaten|PND=11922285X}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Julius 01}}<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (4. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (4. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 3. oder 4. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 352]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Julius I.<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Bischof von Rom (337–352)<br />
|GEBURTSDATUM=3. Jahrhundert oder 4. Jahrhundert<br />
|GEBURTSORT=[[Rom]]<br />
|STERBEDATUM=12. April 352<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Julius I]]<br />
[[ar:يوليوس الأول]]<br />
[[arz:القديس جوليوس الاول]]<br />
[[be:Юлій I, Папа Рымскі]]<br />
[[be-x-old:Юліюс I (папа рымскі)]]<br />
[[bg:Юлий I]]<br />
[[br:Jul Iañ]]<br />
[[ca:Juli I]]<br />
[[ceb:Julio I]]<br />
[[cs:Julius I.]]<br />
[[da:Pave Julius 1.]]<br />
[[el:Πάπας Ιούλιος Α΄]]<br />
[[en:Pope Julius I]]<br />
[[eo:Julio la 1-a]]<br />
[[es:Julio I]]<br />
[[et:Julius I]]<br />
[[eu:Julio I.a]]<br />
[[fa:ژولیوس یکم]]<br />
[[fi:Pyhä Julius I]]<br />
[[fr:Jules Ier]]<br />
[[gl:Xulio I, papa]]<br />
[[he:יוליוס הראשון]]<br />
[[hr:Julije I.]]<br />
[[hu:I. Gyula pápa]]<br />
[[it:Papa Giulio I]]<br />
[[ja:ユリウス1世 (ローマ教皇)]]<br />
[[ka:იულიუს I]]<br />
[[ko:교황 율리오 1세]]<br />
[[la:Iulius I]]<br />
[[mk:Папа Јулиј I]]<br />
[[mr:पोप पहिला ज्युलियस]]<br />
[[mzn:ژولیوس اول]]<br />
[[nds:Julius I.]]<br />
[[nl:Paus Julius I]]<br />
[[no:Julius I]]<br />
[[pl:Juliusz I]]<br />
[[pt:Papa Júlio I]]<br />
[[ro:Papa Iuliu I]]<br />
[[ru:Юлий I]]<br />
[[sh:Julije I]]<br />
[[sk:Július I.]]<br />
[[sl:Papež Julij I.]]<br />
[[sv:Julius I]]<br />
[[sw:Papa Julius I]]<br />
[[ta:முதலாம் ஜூலியுஸ் (திருத்தந்தை)]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาจูเลียสที่ 1]]<br />
[[tl:Papa Julio I]]<br />
[[uk:Юлій I]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Giuliô I]]<br />
[[war:Papa Julio I]]<br />
[[yo:Pópù Julius 1k]]<br />
[[zh:教宗儒略一世]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Eutychianus&diff=112970727Eutychianus2013-01-14T23:08:26Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Eutiquiano zu tl:Papa Eutiquiano</p>
<hr />
<div>{{Dieser Artikel|behandelt den Bischof von Rom namens Eutychianus; zum gleichnamigen Historiker siehe [[Eutychianos]].}}<br />
[[File:Eutychian.jpg |miniatur|Eutychianus, Phantasiedarstellung in der Basilika [[Sankt Paul vor den Mauern]]]]<br />
'''Eutychianus''' (von [[Griechische Sprache|griech.]] ''Eutychianos'' = „der Beglückte“, kurz ''Eutychian''; † [[7. Dezember]] [[283]]) war von 275 bis 283 [[Bischof von Rom]]. Seine Grabinschrift wurde in der [[Calixtus-Katakombe]] in [[Rom]] entdeckt. Eutychians Gedenktag ist der 7. Dezember.<br />
<br />
Über Leben und Wirken Eutychians ist kaum etwas bekannt. Selbst die Daten seines Episkopats sind ungesichert. Dem ''[[Liber Pontificalis]]'' zufolge amtierte er 8 Jahre und 11 Monate lang, vom 4. Januar 275 bis zum 7. Dezember 283. Der Kirchenhistoriker [[Eusebius von Caesarea]] berichtet allerdings, Eutychian sei nur 10 Monate lang Bischof von Rom gewesen.<br />
<br />
Legenden zufolge erlaubte er das Segnen von Weintrauben und Bohnen auf dem Altar und beerdigte 324 Märtyrer mit seinen eigenen Händen. Einige Historiker bezweifeln diese Überlieferung, da aus der Amtszeit Eutychians keine größeren Verfolgungen bekannt sind und das Segnen der Feldfrüchte allgemein einer späteren Periode zugeschrieben wird.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{commonscat|Eutychius|Eutychianus}}<br />
* {{BBKL|e/eutychianus_p}}<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/05638a.htm}}<br />
* [http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0275-0283-_Eutychianus,_Sanctus.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]<br />
<br />
{{Folgenleiste Bischof von Rom|VORGÄNGER=[[Felix I.]]|NACHFOLGER=[[Cajus (Bischof von Rom)|Cajus]]|ZEIT=275–283}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=119222507}}<br />
<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 2. oder 3. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 283]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Eutychianus<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Eutychian; Eutychianos<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Bischof von Rom (275–283)<br />
|GEBURTSDATUM=2. Jahrhundert oder 3. Jahrhundert<br />
|GEBURTSORT=<br />
|STERBEDATUM=7. Dezember 283<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Eutichianus]]<br />
[[ar:إيوتشيان]]<br />
[[arz:القديس ايوتشيان]]<br />
[[bg:Евтихий]]<br />
[[br:Eutykianus]]<br />
[[bs:Papa Eutihijan]]<br />
[[ca:Eutiquià I]]<br />
[[cs:Eutychianus]]<br />
[[da:Pave Eutychianus 1.]]<br />
[[el:Πάπας Ευτυχιανός]]<br />
[[en:Pope Eutychian]]<br />
[[eo:Eŭtikiano]]<br />
[[es:Eutiquiano]]<br />
[[et:Eutychianus]]<br />
[[eu:Eutikiano]]<br />
[[fa:اوتوکین]]<br />
[[fi:Eutychian]]<br />
[[fr:Eutychien]]<br />
[[gl:Eutiquiano, papa]]<br />
[[he:אאוטיכיאנוס]]<br />
[[hr:Eutihijan]]<br />
[[hu:Eutükhianosz pápa]]<br />
[[it:Papa Eutichiano]]<br />
[[ja:エウティキアヌス (ローマ教皇)]]<br />
[[ka:ეუტიხიანე (პაპი)]]<br />
[[ko:교황 에우티키아노]]<br />
[[la:Eutychianus]]<br />
[[lt:Šventasis Eutichijus]]<br />
[[mk:Папа Евтихиј]]<br />
[[mr:पोप युटिचीयन]]<br />
[[mzn:اوتوکین]]<br />
[[nl:Paus Eutychianus]]<br />
[[no:Eutychian]]<br />
[[pl:Eutychian]]<br />
[[pt:Papa Eutiquiano]]<br />
[[ro:Papa Eutichie]]<br />
[[ru:Евтихий (папа римский)]]<br />
[[sh:Eutihijan]]<br />
[[sk:Eutychián]]<br />
[[sl:Papež Evtihijan]]<br />
[[sv:Eutychianus]]<br />
[[sw:Papa Eutychian]]<br />
[[ta:யுட்டீக்கியன் (திருத்தந்தை)]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปายูตีเชียน]]<br />
[[tl:Papa Eutiquiano]]<br />
[[uk:Євтихій]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Êutykianô]]<br />
[[war:Papa Eutiquiano]]<br />
[[yo:Pópù Eutychian]]<br />
[[zh:教宗恩狄]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Eusebius_(Bischof_von_Rom)&diff=112970447Eusebius (Bischof von Rom)2013-01-14T23:00:04Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Eusebio zu tl:Papa Eusebio</p>
<hr />
<div>[[File:Eusebius.jpg |miniatur|Eusebius (Phantasiedarstellung aus dem Jahr 1911)]]<br />
'''Eusebius''' ([[Griechische Sprache|griech]].: ''der Gottesfürchtige''; † [[17. August]] [[309]] auf [[Sizilien]]) war für kurze Zeit [[Bischof von Rom]].<br />
<br />
Nach dem [[Liste der Päpste|Liberianischen Papstkatalog]] war er vom 18. April bis 17. August 309 Bischof von Rom. Der unter [[Marcellus I.]] begonnene Streit über die Wiederaufnahme der Christen, die während der Verfolgung durch [[Diokletian]] abgefallen waren, setzte sich unter ihm fort.<br />
Eusebius trat für eine Rückkehr der Abgefallenen nach einer Bußzeit ein. Der Streit darüber führte zu Unruhen und Gewalttätigkeiten. Kaiser [[Maxentius]] verbannte ihn und seinen Gegner [[Heraklius]] nach [[Sizilien]], wo Eusebius starb. Sein Leichnam wurde wahrscheinlich im Jahre 311 nach Rom gebracht und in der [[Calixtus-Katakombe]] beigesetzt. Nach seinem Tod war das Bischofsamt eine Zeit lang vakant.<br />
<br />
Einige Quellen setzen seinen Tod und entsprechend seine Amtszeit ein Jahr später an. Demnach wäre er im Jahre 310 Bischof von Rom gewesen und auch in diesem Jahr verstorben.<br />
<br />
Er wird als [[Märtyrer]] und [[Heiliger]] verehrt. Sein Festtag ist der 17. August (früher 26. September).<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der Seligen und Heiligen]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* {{BBKL|e/eusebius_p}}<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/05615b.htm}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{commonscat|Eusebius}}<br />
* [http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0309-0310-_Eusebius,_Sanctus.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]<br />
<br />
{{Folgenleiste Bischof von Rom|VORGÄNGER=[[Marcellus I.]]|NACHFOLGER=[[Miltiades (Bischof von Rom)|Miltiades]]|ZEIT=309}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=119222612}}<br />
<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (4. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (4. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 3. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben im 4. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Eusebius<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Bischof von Rom im Jahr 309 oder 310<br />
|GEBURTSDATUM=3. Jahrhundert<br />
|GEBURTSORT=<br />
|STERBEDATUM=17. August 309 oder 310<br />
|STERBEORT=[[Sizilien]]<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Eusebius]]<br />
[[ar:أوسابيوس]]<br />
[[arz:القديس اوسابيوس]]<br />
[[bg:Евсевий (папа)]]<br />
[[br:Eusebius (pab)]]<br />
[[ca:Eusebi I]]<br />
[[cs:Eusebius (papež)]]<br />
[[da:Pave Eusebius 1.]]<br />
[[el:Πάπας Ευσέβιος]]<br />
[[en:Pope Eusebius]]<br />
[[eo:Eŭsebio (papo)]]<br />
[[es:Eusebio (papa)]]<br />
[[et:Eusebius (paavst)]]<br />
[[eu:Eusebio (aita santua)]]<br />
[[fa:پاپ اوزبیوس]]<br />
[[fi:Eusebius (paavi)]]<br />
[[fr:Eusèbe (pape)]]<br />
[[gl:Eusebio, papa]]<br />
[[hr:Euzebije, papa]]<br />
[[hu:Euszebiosz pápa]]<br />
[[id:Paus Eusebius]]<br />
[[it:Papa Eusebio]]<br />
[[ja:エウセビウス (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Eusebius]]<br />
[[ka:ეუსებიუსი (პაპი)]]<br />
[[ko:교황 에우세비오]]<br />
[[la:Eusebius (papa)]]<br />
[[lt:Šventasis Euzebijus]]<br />
[[lv:Eisebijs]]<br />
[[mk:Папа Евсебиј]]<br />
[[mzn:اوزبیوس]]<br />
[[nl:Paus Eusebius]]<br />
[[no:Eusebius (pave)]]<br />
[[pl:Euzebiusz (papież)]]<br />
[[pt:Papa Eusébio]]<br />
[[ro:Papa Eusebiu]]<br />
[[ru:Евсевий (папа римский)]]<br />
[[sh:Papa Euzebije]]<br />
[[sk:Eusébius (pápež)]]<br />
[[sl:Papež Evzebij]]<br />
[[sr:Евсевије (папа римски)]]<br />
[[sv:Eusebius]]<br />
[[sw:Papa Eusebius]]<br />
[[ta:யூசேபியஸ் (திருத்தந்தை)]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปายูเซบิอุส]]<br />
[[tl:Papa Eusebio]]<br />
[[uk:Євсевій (папа римський)]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Êusêbiô]]<br />
[[war:Papa Eusebio]]<br />
[[yo:Pópù Eusebius]]<br />
[[zh:教宗欧瑟伯]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Anicetus&diff=112970162Anicetus2013-01-14T22:51:18Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Aniceto zu tl:Papa Aniceto</p>
<hr />
<div>'''Anicetus''' (* um 92/100 in Emesa, dem heutigen [[Homs]] am [[Nahr al-Asi|Orontes]]; † 17. April (?) 160/166 (?) in [[Rom]]) war [[Bischof von Rom]] von etwa 154 bis 166. Er war [[Syrien|Syrer]] aus [[Homs|Emesa]].<br />
<br />
Während seines [[Pontifikat]]s besuchte [[Polykarp von Smyrna]] die römische Kirche. Er und Anicetus diskutierten das Datum des [[Ostern|Osterfestes]], welches die Kirche von [[İzmir|Smyrna]] zum [[Judentum|jüdischen]] [[Pessach]]fest feierte, während die römische Kirche es stets an einem [[Sonntag]] feierte, da dies der Tag der [[Auferstehung]] des [[Jesus von Nazareth|Herrn]] sei, weswegen auch der Sonntag der heilige Tag im [[Christentum]] ist. Anicetus und Polycarp konnten sich nicht einigen, doch Anicetus erlaubte Polycarp, seiner [[Tradition]] zu folgen. Diese Kontroverse flammte in den kommenden Jahrhunderten wieder auf.<br />
<br />
Auch der christliche Historiker [[Hegesippus]] besuchte Rom zu dieser Zeit. Dieser Besuch wird häufig als Beleg für die Bedeutung der Bischöfe von Rom für die Kirche genommen.<br />
<br />
Anicetus war der erste Bischof von Rom, der eine [[Häresie]] verdammte, indem er den [[Montanismus]] verbot. Er stellte sich auch öffentlich gegen die [[Gnostizismus|Gnostiker]] und den [[Marcion|Markionismus]]. Laut dem ''[[Liber Pontificalis]]'' gebot Anicetus, dass Priester keine langen Haare tragen dürfen (vielleicht weil die Gnostiker sie so trugen). Dies wurde jedoch nur für die Westkirche allgemeiner Brauch.<br />
<br />
Dass Anicetus als [[Märtyrer]] starb (an einem 16., 17. oder 20. April), gilt als unhistorisch. Sein Gedenktag ist der 17. April.<br />
<br />
Der Name bedeutet „Der Unbesiegte“ ([[Griechische Sprache|griech]].)<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der Seligen und Heiligen]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* {{BBKL|a/anicet_p|autor=Friedrich Wilhelm Bautz|artikel=Anicet|band=1|spalte=176}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat}}<br />
* [http://www.heiligenlexikon.de/BiographienA/Anicetus.html Ökumenisches Heiligenlexikon]<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/01514a.htm}}<br />
* [http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0155-0166-_Anicetus,_Sanctus.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]<br />
<br />
{{Folgenleiste Bischof von Rom|VORGÄNGER=[[Pius I.]]|NACHFOLGER=[[Soterus]]|AMT=[[Liste der Päpste|Bischof von Rom]]|ZEIT=154/155–166}} <!-- keine DNB-Treffer 23. März 2010 --><br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=119222361|VIAF=20485971}}<br />
<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (2. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (2. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 1. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben im 2. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Anicetus<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Bischof von Rom<br />
|GEBURTSDATUM=um 95<br />
|GEBURTSORT=[[Emesa]], dem heutigen Hims am [[Nahr al-Asi|Orontes]]<br />
|STERBEDATUM=um 163<br />
|STERBEORT=[[Rom]]<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Anicetus]]<br />
[[ar:أنكيتوس]]<br />
[[arz:القديس انكيتوس]]<br />
[[ast:Anicetu]]<br />
[[be:Аніцэт, Папа Рымскі]]<br />
[[be-x-old:Аніцэт (папа рымскі)]]<br />
[[bg:Аникет]]<br />
[[br:Anicetus (pab)]]<br />
[[ca:Anicet I]]<br />
[[ceb:Aniceto]]<br />
[[cs:Anicetus]]<br />
[[da:Pave Anicetus 1.]]<br />
[[el:Πάπας Ανίκητος]]<br />
[[en:Pope Anicetus]]<br />
[[eo:Aniceto]]<br />
[[es:Aniceto]]<br />
[[et:Anicetus]]<br />
[[eu:Anizeto]]<br />
[[fa:آنیستوس]]<br />
[[fi:Anicetus]]<br />
[[fr:Anicet (pape)]]<br />
[[gl:Aniceto, papa]]<br />
[[he:אניקטוס]]<br />
[[hr:Anicet]]<br />
[[hu:Anicét pápa]]<br />
[[id:Paus Anisetus]]<br />
[[it:Papa Aniceto]]<br />
[[ja:アニケトゥス (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Anisetus]]<br />
[[ka:ანიკეტუსი (პაპი)]]<br />
[[ko:교황 아니체토]]<br />
[[la:Anicetus (papa)]]<br />
[[lt:Anicetas]]<br />
[[lv:Anikets]]<br />
[[mk:Папа Анцетиј]]<br />
[[mzn:آنیستوس]]<br />
[[nl:Paus Anicetus]]<br />
[[no:Anicetus]]<br />
[[pl:Anicet (papież)]]<br />
[[pt:Papa Aniceto]]<br />
[[ro:Papa Anicet]]<br />
[[ru:Аникет (папа римский)]]<br />
[[scn:Anicetu]]<br />
[[sh:Anicet]]<br />
[[sk:Anicet]]<br />
[[sl:Papež Anicet]]<br />
[[sr:Папа Аницет]]<br />
[[sv:Anicetus]]<br />
[[sw:Papa Anicetus]]<br />
[[ta:அனிசேட்டஸ் (திருத்தந்தை)]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาอนิเซตุส]]<br />
[[tl:Papa Aniceto]]<br />
[[tr:Anicetus]]<br />
[[uk:Анікет]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Anicêtô]]<br />
[[war:Papa Aniceto]]<br />
[[yo:Pópù Anicetus]]<br />
[[zh:教宗启德]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Anastasius_I.&diff=112969820Anastasius I.2013-01-14T22:38:51Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Anastasio I (papa) zu tl:Papa Anastasio I</p>
<hr />
<div>[[Datei:Anastasius I.jpg|thumb|Anastasius I. (Phantasiedargestellung)]] <br />
Der heilige '''Anastasius I.''' († [[19. Dezember]] [[401]]) war vom 27. November 399 (nach [[Prosper Tiro von Aquitanien]] 398) bis Dezember 401 [[Papst]]. [[Anastasius]] bedeutet: der Auferstandene (griech.).<br />
<br />
Über das Leben und Wirken Anastasius' I. sind nur wenige Nachrichten überliefert. Nur drei Briefe sind erhalten, in denen er sich der Verurteilung des [[Origenes]] anschließt. Zu seinen Freunden zählten der Heilige [[Augustinus von Hippo|Augustinus]], der Heilige [[Hieronymus (Kirchenvater)|Hieronymus]] und der Heilige [[Paulinus von Nola]]. Kurz vor seinem Tod in Rom berief er ein [[Konzil]] ein.<br />
<br />
Hieronymus berichtet, Anastasius sei der Vater seines Nachfolgers [[Innozenz I.]] gewesen.<br />
<br />
Die [[Reliquie]]n des hl. Anastasius wurden 846 zusammen mit denen seines Nachfolgers Innozenz vom sächsischen Grafen [[Liudolf (Sachsen)|Liudolf]] nach [[Bad Gandersheim|Gandersheim]] gebracht, wo sie bis heute in der Krypta der ehemaligen Stiftskirche ruhen. <br />
<br />
Sein Gedenktag ist der 19. Dezember.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Anastasios I.]], oströmischer Kaiser<br />
* [[Anastasios I. von Antiochien]], Patriarch<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{commonscat|Anastasius I|Anastasius I.}}<br />
* {{BBKL|a/anastasius_i_p}}<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/01454c.htm}}<br />
* [http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0399-0401-_Anastasius_I,_Sanctus.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]<br />
* {{RE|I,2|2068||Anastasios 5|[[Adolf Jülicher]]|RE:Anastasios 5}} <br />
<br />
{{Folgenleiste Papst|VG=[[Siricius]]|NF=[[Innozenz I.]]|ZEIT=399–401}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=119222396|VIAF=5736378}}<br />
<br />
{{DEFAULTSORT:Anastasius 01.}}<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (4. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (5. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (4. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (5. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 4. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 401]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Anastasius I.<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Papst (27. November 399 bis Dezember 401)<br />
|GEBURTSDATUM=4. Jahrhundert<br />
|GEBURTSORT=<br />
|STERBEDATUM=Dezember 401<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Anastasius I]]<br />
[[ar:أناستاسيوس الأول (بابا)]]<br />
[[arz:القديس انستاسيوس الاول]]<br />
[[bg:Анастасий I (папа)]]<br />
[[br:Anastaz Iañ]]<br />
[[ca:Anastasi I de Roma]]<br />
[[ceb:Anastasio I]]<br />
[[cs:Anastasius I.]]<br />
[[da:Pave Anastasius 1.]]<br />
[[el:Πάπας Αναστάσιος Α΄]]<br />
[[en:Pope Anastasius I]]<br />
[[eo:Anastazio la 1-a]]<br />
[[es:Anastasio I (papa)]]<br />
[[et:Anastasius I (paavst)]]<br />
[[eu:Anastasio I.a (aita santua)]]<br />
[[fa:آناستازیوس یکم]]<br />
[[fi:Anastasius I (paavi)]]<br />
[[fr:Anastase Ier (pape)]]<br />
[[gl:Anastasio I, papa]]<br />
[[he:אנסטסיוס הראשון (אפיפיור)]]<br />
[[hr:Anastazije I., papa]]<br />
[[hu:I. Anasztáz pápa]]<br />
[[id:Paus Anastasius I]]<br />
[[it:Papa Anastasio I]]<br />
[[ja:アナスタシウス1世 (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Anastasius I]]<br />
[[ka:ანასტასიუს I (პაპი)]]<br />
[[ko:교황 아나스타시오 1세]]<br />
[[la:Anastasius I (papa)]]<br />
[[mk:Папа Анастасиј I]]<br />
[[mr:पोप अनास्तासियस पहिला]]<br />
[[mzn:آناستازیوس اول]]<br />
[[nl:Paus Anastasius I]]<br />
[[no:Anastasius I (pave)]]<br />
[[pl:Anastazy I]]<br />
[[pt:Papa Anastácio I]]<br />
[[ro:Papa Anastasie I]]<br />
[[ru:Анастасий I (папа римский)]]<br />
[[sh:Papa Anastazije I]]<br />
[[simple:Pope Anastasius I]]<br />
[[sk:Anastáz I.]]<br />
[[sl:Papež Anastazij I.]]<br />
[[sv:Anastasius I]]<br />
[[sw:Papa Anastasio I]]<br />
[[ta:முதலாம் அனஸ்தாசியுஸ் (திருத்தந்தை)]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาอนาสตาซิอุสที่ 1]]<br />
[[tl:Papa Anastasio I]]<br />
[[uk:Анастасій I]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Anastasiô I]]<br />
[[war:Papa Anastasio I]]<br />
[[yo:Pópù Anastasius 1k]]<br />
[[zh:教宗亚纳大削一世]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Anterus&diff=112969531Anterus2013-01-14T22:30:19Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Antero zu tl:Papa Antero</p>
<hr />
<div>Der heilige '''Anterus''' (auch '''Anteros''', * ? in [[Griechenland]]; † [[3. Januar]] [[236]] in [[Rom]]) war der [[Bischof von Rom]] und als solcher der Nachfolger von [[Pontianus]], der zusammen mit dem [[Gegenpapst]] [[Hippolyt von Rom|Hippolytus]] auf Befehl des Kaisers [[Maximinus Thrax]] nach [[Sardinien]] deportiert wurde. Sein Name ist eine Latinisierung des griechischen Gottes der erwiderten Liebe [[Anteros]].<br />
<br />
Anterus wurde nach siebentägiger [[Sedisvakanz]] am 21. November 235 gewählt. Über Ereignisse während seines kurzen [[Pontifikat]]s, das nur einige Wochen währte, ist nichts Gesichertes überliefert. Er gilt als der erste historisch gesicherte Amtsinhaber. Laut dem um 530 entstandenen ''[[Liber Pontificalis]]'' soll er [[Martyrologium|Märtyrerakten]] gesammelt haben, wofür er mit dem Tod bestraft worden sei. Der Tod als [[Märtyrer]], der auch zur Heiligsprechung führte, ist historisch nicht belegbar. Er wurde in der [[Calixtus-Katakombe]] in Rom bestattet. Das Grab wurde 1854 wiederentdeckt.<br />
<br />
== Gedenktage ==<br />
* katholisch: 3. Januar<br />
* orthodox: 5. August<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der Seligen und Heiligen]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{commonscat|Anterus}}<br />
* {{BBKL|a/anteros_p}}<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/01553a.htm}}<br />
* [http://www.documentacatholicaomnia.eu/01_01_0235-0236-_Anterus,_Sanctus.html Gesamtwerk von Migne Patrologia Latina mit Inhaltsverzeichnis]<br />
<br />
{{Folgenleiste Bischof von Rom|VORGÄNGER=[[Pontianus]]|NACHFOLGER=[[Fabianus]]|ZEIT=235–236}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=119222388}}<br />
<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (3. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 2. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 236]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Anterus<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Anteros<br />
|KURZBESCHREIBUNG=[[Papst]]<br />
|GEBURTSDATUM=2. Jahrhundert<br />
|GEBURTSORT=[[Griechenland]]<br />
|STERBEDATUM=3. Januar 236<br />
|STERBEORT=[[Rom]]<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Anterus]]<br />
[[ar:أنتيروس]]<br />
[[arz:القديس انتروس]]<br />
[[be:Антэр, Папа Рымскі]]<br />
[[bg:Антер]]<br />
[[br:Anterus]]<br />
[[ca:Anter I]]<br />
[[ceb:Antero]]<br />
[[cs:Anterus]]<br />
[[da:Pave Anterus 1.]]<br />
[[el:Πάπας Ανθηρός]]<br />
[[en:Pope Anterus]]<br />
[[eo:Papo Antero]]<br />
[[et:Anterus]]<br />
[[eu:Antero]]<br />
[[fa:آنتروس]]<br />
[[fi:Anterus]]<br />
[[fr:Antère]]<br />
[[gl:Antero, papa]]<br />
[[he:אנטרוס]]<br />
[[hr:Anter]]<br />
[[hu:Anterósz pápa]]<br />
[[id:Paus Anterus]]<br />
[[it:Papa Antero]]<br />
[[ja:アンテルス (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Anterus]]<br />
[[ka:ანტეროსი (პაპი)]]<br />
[[ko:교황 안테로]]<br />
[[la:Anterus]]<br />
[[lt:Šventasis Anteras]]<br />
[[mk:Папа Антерус]]<br />
[[mr:पोप अँटेरस]]<br />
[[mzn:آنتروس]]<br />
[[nl:Paus Anterus]]<br />
[[no:Anterus]]<br />
[[pl:Anteros (papież)]]<br />
[[pt:Papa Antero]]<br />
[[ro:Papa Anteriu]]<br />
[[ru:Антер (папа римский)]]<br />
[[sh:Papa Anter]]<br />
[[sk:Anter (pápež)]]<br />
[[sl:Papež Anter]]<br />
[[sr:Папа Антерије]]<br />
[[sv:Anterus]]<br />
[[sw:Papa Antero]]<br />
[[ta:அந்தேருஸ் (திருத்தந்தை)]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาแอนเทรุส]]<br />
[[tl:Papa Antero]]<br />
[[uk:Антер]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Antêrô]]<br />
[[war:Papa Antero]]<br />
[[yo:Pópù Anterus]]<br />
[[zh:教宗安塞罗]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Agapitus_I.&diff=112967000Agapitus I.2013-01-14T21:39:40Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere tl:Agapito I zu tl:Papa Agapito I</p>
<hr />
<div>[[File:Agapitus I.jpg|thumb|Agapitus I. (Phantasiedargestellung)]]<br />
'''Agapitus I.''' (auch '''Agapetus'''; * in [[Rom]]; † [[22. April]] [[536]]) war [[Bischof von Rom]] und somit Papst vom 13. Mai 535 bis zu seinem Tode. Sein Name bedeutet „der Geliebte“ (griech.).<br />
<br />
Er war Sohn des römischen Priesters Gordian, der bei Unruhen erschlagen wurde.<br />
<br />
Er arbeitete mit [[Cassiodorus]] zusammen, um in Rom eine Bibliothek kirchlicher Autoren in Griechisch und [[Latein]] zu begründen, was Cassiodorus auch bei seinem Projekt in [[Vivarium (Kloster)]] half, wo er die großen griechischen [[Philosophie|Philosophen]] ins Lateinische übersetzte.<br />
<br />
Der König der [[Ostgoten]] [[Theodahad]] bat Agapitus nach [[Konstantinopel]] zu reisen, um Kaiser [[Justinian I.]] zu beruhigen und von einer Invasion Italiens nach dem Tod der gotischen Königin [[Amalasuntha]], die dem Kaiser freundlich gesinnt war, abzuraten. Zwar gelang es ihm nicht, Justinian von seinem Vorhaben abzubringen, sein Aufenthalt führte aber zu einer Auseinandersetzung mit dem von der Kaisergattin [[Theodora]] unterstützten, beim orientalischen Klerus aber unbeliebten Patriarchen [[Anthemius I.]], der Anhänger des [[Monophysitismus]] war. Diese Lehre war im [[Konzil von Chalcedon]] verworfen worden, und Agapitus gelang es, die Unterstützung des Kaisers für die Absetzung von Anthemius zu erlangen. Er ernannte und weihte [[Menas (Patriarch)|Menas]] zu dessen Nachfolger.<br />
<br />
Agapitus starb kurze Zeit später. Sein Wirken führte zu einer Entspannung zwischen West- und Ostkirche und er wird auch von den Orthodoxen noch heute als Heiliger verehrt.<br />
<br />
== Gedenktage ==<br />
<br />
* katholisch: 22. April<br />
* orthodox: 17. April und 22. April<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* {{RE|I,1|734|735|Agapetos 8|[[Adolf Jülicher]]|RE:Agapetos 8}} <br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Liste der Seligen und Heiligen]]<br />
* [[Liste der Päpste]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{commonscat|Agapetus I|Agapitus I.}}<br />
* {{BBKL|a/agapet_i_p|autor=Friedrich Wilhelm Bautz}}<br />
* [http://www.heiligenlexikon.de/BiographienA/Agapitus_I.htm Ökumenisches Heiligenlexikon]<br />
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/01202c.htm}}<br />
<br />
{{Folgenleiste Papst|VG=[[Johannes II. (Papst)|Johannes II.]]|NF=[[Silverius]]|ZEIT=535–536}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=100935532|VIAF=22494338}}<br />
<br />
{{DEFAULTSORT:Agapitus 01.}}<br />
[[Kategorie:Papst]]<br />
[[Kategorie:Heiliger (6. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Bischof (6. Jahrhundert)]]<br />
[[Kategorie:Historische Person (Italien)]]<br />
[[Kategorie:Person (Rom)]]<br />
[[Kategorie:Geboren im 5. Jahrhundert]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 536]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Agapitus I.<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Agapetus<br />
|KURZBESCHREIBUNG=[[Papst]]<br />
|GEBURTSDATUM=5. Jahrhundert<br />
|GEBURTSORT=[[Rom]]<br />
|STERBEDATUM=22. April 536<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[af:Pous Agapetus I]]<br />
[[ar:أغابيتس الأول]]<br />
[[arz:القديس اجابيتس الاول]]<br />
[[be:Агапій I, Папа Рымскі]]<br />
[[bg:Агапет I]]<br />
[[br:Agapetus Iañ]]<br />
[[ca:Agapit I]]<br />
[[ceb:Agapito I]]<br />
[[cs:Agapetus I.]]<br />
[[el:Πάπας Αγαπητός Α΄]]<br />
[[en:Pope Agapetus I]]<br />
[[eo:Agapeto la 1-a]]<br />
[[es:Agapito I]]<br />
[[et:Agapetus I]]<br />
[[eu:Agapeto I.a]]<br />
[[fa:آگاپتوس یکم]]<br />
[[fi:Agapetus I]]<br />
[[fr:Agapet Ier]]<br />
[[gl:Agapito I, papa]]<br />
[[he:אגאפטוס הראשון]]<br />
[[hr:Agapet I.]]<br />
[[hu:I. Agapét pápa]]<br />
[[id:Paus Agapitus I]]<br />
[[it:Papa Agapito I]]<br />
[[ja:アガペトゥス1世 (ローマ教皇)]]<br />
[[jv:Paus Agapetus I]]<br />
[[ka:აგაპეტუს I]]<br />
[[ko:교황 아가피토 1세]]<br />
[[la:Agapetus I]]<br />
[[mk:Папа Агапит I]]<br />
[[mr:पोप अगापेटस पहिला]]<br />
[[mzn:آگاپتوس اول]]<br />
[[nl:Paus Agapitus I]]<br />
[[pl:Agapit I]]<br />
[[pt:Papa Agapito I]]<br />
[[ro:Papa Agapet I]]<br />
[[ru:Агапит I]]<br />
[[sco:Pape Agapetus I]]<br />
[[sh:Papa Agapet I]]<br />
[[sk:Agapet I.]]<br />
[[sl:Papež Agapit I.]]<br />
[[sr:Папа Агапит I]]<br />
[[sv:Agapetus I]]<br />
[[sw:Papa Agapeto I]]<br />
[[th:สมเด็จพระสันตะปาปาอกาเปตุสที่ 1]]<br />
[[tl:Papa Agapito I]]<br />
[[uk:Агапіт I]]<br />
[[vi:Giáo hoàng Agapêtô I]]<br />
[[war:Papa Agapito I]]<br />
[[yo:Pópù Agapetus 1k]]<br />
[[zh:教宗亚加一世]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=As-Suy%C5%ABt%C4%AB&diff=112962730As-Suyūtī2013-01-14T19:52:20Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere kk:Джалалуддин ас-Суюти zu kk:Джалалуддин әс-Суюти</p>
<hr />
<div>{{DISPLAYTITLE:as-Suyūtī}}<br />
{{Belege fehlen}}<br />
'''as-Suyūtī ''' ({{arS|جلال الدين السيوطي|d=Ǧalālu d-Dīn as-Suyūṭī}}; * [[1445]]; † [[1505]]), vollständiger Name: ʿAbd ar-Rahmān ibn Kamāl ad-Dīn Abū Bakr ibn Muhammad, Dschalāl ad-Dīn al-Chudairī as-Suyūtī asch-Schāfiʿī al-Aschʿarī, auch bekannt als ''Ibn al-kutub'' (Sohn der Bücher), war [[Idschtihad|Mudschtahid]] und gilt als Erneuerer des 9. Jahrhunderts islamischer Zeitrechnung. Er war ein Gelehrter des [[Hadith]], Jurist ([[Fiqh]]-Gelehrter), [[Tafsīr (Koranexegese)|Tafsīr]]-Gelehrter, Scholastiker und Historiker. Er ist Autor von Werken über praktisch jede [[islam]]ische Wissenschaftsrichtung.<br />
<br />
Er befolgte die [[Schafiiten|schafiitische]] Rechtsschule und daher auch die [[Abu l'Hasan al-Asch'ari|ascharitische]] Theologieschule, zu deren Scholastikern er gehörte.<br />
<br />
Bis heute prägend ist, dass as-Suyūtī die Ansicht vertrat, alle der wenigen Koranstellen, die eine zumindest neutrale Position oder gar günstig gegenüber „Ungläubigen“ Stellung beziehen, als wirkungslos zu betrachten seien. „As-Suyutis Meinung wird von vielen modernen [[Ulama]] geteilt und beeinflusst entsprechende Rechtsgutachten, auf die sich die heutigen Mudschahidun und islamischen Terroristen gerne berufen.“<ref>Rainer Glagow: ''Die Dschihad-Tradition im Islam.'' In: Reinhard C. Meier-Walser, Rainer Glagow (Hrsg.): ''Die islamische Herausforderung.'' (= ''Aktuelle Analysen.'' Bd. 26). [[Hanns-Seidel-Stiftung]], München 2001, ISBN 3-88795-241-3, S. 37–66, hier S. 60 ([http://www.hss.de/downloads/aktuelle_analysen_26.pdf online]).</ref><br />
<br />
== Studium ==<br />
Er konnte den [[Koran]] mit 8 Jahren auswendig, war also ein [[Hafiz]]. Danach lernte er Werke zum islamischen Recht, zu Grundlagen der Rechtswissenschaft und zur arabischen Sprachwissenschaft.<br />
Danach widmete er sich dem Studium der islamischen Wissenschaften bei mehr als 150 Gelehrten. Unter ihnen waren die führenden Gelehrten der schafiitischen und [[Hanafiten|hanafitschen]] Rechtsschulen dieser Zeit.<br />
Auf Empfehlung von ''Imam Kamaluddin ibn al-Humam'' wurde er für einige Zeit oberster Hadith-Lehrer an der ''Schaikhuniya''-Schule in [[Kairo]].<br />
<br />
== Suyutis Rückzug aus dem öffentlichen Leben ==<br />
Ibn Iyas gibt in seinem ''Tarikh Misr'' (''Die Geschichte Ägyptens'') an, dass Suyuti, als er sein 40. Lebensjahr erreicht hatte, fortan die Gemeinschaft der Menschen mied und sich in die Gärten von al-Miqyas seitlich des Nils zurückzog. Ibn Ilyas schreibt weiter:<br />
<br />
{{Zitat| Er mied seine ehemaligen Kollegen so, als ob er sie nie gekannt hätte. In seiner dortigen Zurückgezogenheit schrieb er die meisten seiner fast 600 Bücher und Abhandlungen. Wohlhabende Gläubige und Prinzen besuchten ihn und boten ihm Geld und Geschenke, doch er lehnte ab. Sogar die mehrmalige Einladung des [[Bayezid II.|Osmanischen Sultans]], zu ihm zu kommen, schlug er aus. Er sagte einmal zu einem Gesandten des Sultans: ‚Komm niemals wieder mit einem Geschenk zu uns zurück, denn die Wahrheit ist, dass [[Allah]] all diesen Bedürfnissen [nach Geschenken] in uns ein Ende gesetzt hat.‘| Ibn Iyas in ''Tarikh Misr'' (''Die Geschichte Ägyptens'')}}<br />
<br />
In dieser Zeit verfasste und erweiterte er die meisten seiner Werke.<br />
<br />
== Bekannteste Werke ==<br />
* [[Tafsīr al-Dschalālain]]<br />
* Alfiyyah al-Hadith<br />
* Al-Jaami' al-Kabîr<br />
* Al-Jaami' al-Saghîr<br />
* Dur al-Manthur<br />
* Tadrib al-Rawi<br />
<br />
Suyuti schrieb im Laufe seines Lebens über 500 Werke, 283 davon listete er selbst in seiner Schrift ''Husn al-Muhađarah'' auf.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* {{DNB-Portal|118757954}}<br />
<br />
== Quellen ==<br />
* Ibn Fahd: ''Dhail Tadhkira al-Huffadh.'' S. 6–10.<br />
* as-Suyuti: ''Tarikh al-Khulafa.'' Einleitung, S. 5–10.<br />
* Nuh Keller: ''Reliance of the Traveller.'' Sunna Books, Evanston 1994, ISBN 0-9638342-2-3, S. 1100.<br />
* Zusammenfassung von G.F Haddad: [http://sunnah.org/history/Scholars/Al-Suyuti.htm AL-SUYUTI By Dr. G. F. Haddad]<br />
<references /><br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=118757954|LCCN=n/80/81636|VIAF=90051632}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Suyuti}}<br />
[[Kategorie:Islamischer Rechtswissenschaftler]]<br />
[[Kategorie:Koranexeget]]<br />
[[Kategorie:Hadithwissenschaftler]]<br />
[[Kategorie:Islamischer Geistlicher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1445]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 1505]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=As-Suyūṭī<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Sujuti; Abdurrahman ibn Kamaluddin Abu Bakr ibn Muhammad ibn Sabiquddin, Dschalaluddin al-Misri as-Sujuti asch-Schafi`i al- Asch`ari; Ibn al Kutb<br />
|KURZBESCHREIBUNG=islamischer Theologe, Philosoph, Jurist, Scholastiker und Historiker<br />
|GEBURTSDATUM=1445<br />
|GEBURTSORT=<br />
|STERBEDATUM=1505<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[ar:جلال الدين السيوطي]]<br />
[[arz:السيوطى]]<br />
[[en:Al-Suyuti]]<br />
[[fa:جلالالدین سیوطی]]<br />
[[fr:Al-Suyūtī]]<br />
[[id:As-Suyuthi]]<br />
[[it:Al-Suyuti]]<br />
[[jv:As-Suyuthi]]<br />
[[kk:Джалалуддин әс-Суюти]]<br />
[[ko:알수유티]]<br />
[[ms:Jalaluddin al-Suyuti]]<br />
[[ru:Ас-Суюти]]<br />
[[sk:Džalál ad-Dín as-Sujútí]]<br />
[[tr:Celaleddin Suyuti]]<br />
[[ur:جلال الدین السیوطی]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Franz%C3%B6sische_Revolution&diff=112956932Französische Revolution2013-01-14T17:38:49Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ergänze: ckb:شۆڕشی فەڕەنسا</p>
<hr />
<div>[[Datei:Declaration of Human Rights.jpg|miniatur|hochkant=1.5|''Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen''|Die [[Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte]] in zeitgenössischer Darstellung]]<br />
Die '''Französische Revolution''' von 1789 bis 1799 gehört zu den folgenreichsten Ereignissen der [[Neuzeit|neuzeitlichen]] [[Geschichte Europas|europäischen Geschichte]]. Die Abschaffung des [[Absolutismus|feudalabsolutistischen]] [[Ständegesellschaft|Ständestaats]] sowie die [[Propaganda|Propagierung]] und Umsetzung grundlegender Werte und Ideen der [[Aufklärung]] als Ziele der Französischen Revolution – das betrifft insbesondere die [[Menschenrechte]] – waren mitursächlich für tiefgreifende macht- und gesellschaftspolitische Veränderungen in ganz Europa und haben das moderne [[Demokratie]]verständnis entscheidend beeinflusst. Die heutige [[Frankreich|Französische Republik]] als liberal-demokratischer [[Verfassungsstaat]] westlicher Prägung stützt ihr Selbstverständnis unmittelbar auf die Errungenschaften der Französischen Revolution.<br />
<br />
Die [[revolution]]äre Umgestaltung und [[Nation]]werdung der französischen Gesellschaft war ein Prozess, bei dem [[Zeittafel zur Französischen Revolution|drei Phasen]] zu unterscheiden sind.<br />
* Die erste Phase (1789–1791) stand im Zeichen des Kampfes für [[Bürger|bürgerliche]] [[Freiheit]]srechte und für die Schaffung einer [[Konstitutionelle Monarchie|konstitutionellen Monarchie]].<br />
* Die zweite Phase (1792–1794) führte angesichts der inneren wie äußeren [[Konterrevolution|gegenrevolutionären]] Bedrohung zur Errichtung einer [[Republik]] mit radikaldemokratischen Zügen und zur Ausbildung einer Revolutionsregierung, die mit Mitteln des [[Terrorherrschaft|Terrors]] und der [[Guillotine]] alle „Feinde der Revolution“ verfolgte.<br />
* In der dritten Phase, der [[Direktorium (Frankreich)|Direktorialzeit]] von 1795 bis 1799, behauptete eine von [[Bourgeoisie|besitzbürgerlichen]] Interessen bestimmte politische Führung die Macht nur mühsam gegen Volksinitiativen für soziale [[Gleichheit]] einerseits und gegen monarchistische [[Restauration (Geschichte)|Restaurationsbestrebungen]] andererseits.<br />
<br />
Ausschlaggebender Ordnungs- und Machtfaktor wurde in dieser Lage zunehmend das in den Revolutionskriegen entstandene Bürgerheer, dem [[Napoleon Bonaparte]] seinen Aufstieg und den Rückhalt bei der Verwirklichung seiner sich über Frankreich hinaus erstreckenden politischen Ambitionen verdankte.<br />
<br />
== Ein wirkungsgeschichtliches Hauptereignis der europäischen Geschichte ==<br />
<br />
[[Datei:Répulique Françase - Liberté Egalité Fraternité.JPG|miniatur|Motto der Französischen Revolution: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit]]<br />
Als ein Gründungsereignis, das so tief wie kaum ein anderes die Geschichte der Moderne geprägt habe, wird die Französische Revolution in einer neueren Überblicksdarstellung bezeichnet.<ref>Thamer, S. 7.</ref> Nicht nur im Bewusstsein der Franzosen hat diese Revolution eine enorme Bedeutung. Mit der [[Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte]] vom 26. August 1789 wurden auf dem europäischen Kontinent jene Prinzipien bekräftigt und gegen absolutistische Monarchien in Stellung gebracht, die in der [[Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten|Unabhängigkeitserklärung der nordamerikanischen Kolonisten]] angelegt waren und die heutzutage von den [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] weltweit propagiert und eingefordert werden.<br />
<br />
Für Staaten mit schriftlich fixierter [[Verfassung]] und entsprechenden Bürgerrechtsgarantien hat die dreiphasige Revolution gleich mehrere Modelle hervorgebracht, die jeweils abweichende Akzente hinsichtlich Freiheit, Gleichheit und Vermögensdifferenzierung (etwa beim [[Wahlrecht]]) aufwiesen. Zeitgenossen des Revolutionsgeschehens meinten schon bald nach dem 14. Juli 1789 ([[Sturm auf die Bastille]]): „Wir haben in drei Tagen den Raum von drei Jahrhunderten durchquert.“<ref>Zit. n. Thamer, S. 9.</ref><br />
<br />
Als Erfahrungs- und Forschungsobjekt für die Wechselwirkungen von Innen- und Außenpolitik wie von Krieg und Bürgerkrieg, als ein Beispiel für Gefährdungen und Labilität einer demokratischen Ordnung wie für die Eigendynamik revolutionärer Prozesse bleibt die Französische Revolution auch künftig ein ergiebiges Studienfeld.<br />
<br />
== Die vorrevolutionäre Krise des französischen Absolutismus ==<br />
<br />
Bei der Vielzahl der Ursachen, die im Zusammenhang mit der Französischen Revolution in der Geschichtsforschung diskutiert werden, kann zwischen kurzfristig-akut wirksamen und längerfristig-latenten unterschieden werden. Zu den letzteren werden z.&nbsp;B. [[Sozioökonomie|sozioökonomische]] Strukturveränderungen wie der in Entwicklung befindliche [[Kapitalismus]] gezählt, der mitsamt der sich seiner bedienenden [[Bourgeoisie]] durch das feudalabsolutistische [[Ancien Régime]] in seiner Entfaltung eingeengt war. Der Wandel des politischen Bewusstseins, der mit der Aufklärung vor allem im Bürgertum Rückhalt fand, konnte so gesehen von diesem als Instrument zur Durchsetzung eigener wirtschaftlicher Interessen genutzt werden. Für die konkrete Entstehung der revolutionären Ausgangssituation des Jahres 1789 waren aber vor allem die in aktueller Zuspitzung wirksamen Faktoren ausschlaggebend: die Finanznot der Krone, die Opposition des Amtsadels (und damit zusammenhängend die Reformunfähigkeit des Landes, weil der Adel nötige Reformen blockierte) sowie die [[teuerung]]sbedingte Brotnot speziell in [[Paris]]. <br />
<br />
=== Finanznöte als Dauerproblem ===<br />
[[Datei:Jacques Necker.jpg|miniatur|hochkant|Jacques Necker]]<br />
<br />
Als der Generalkontrolleur der Finanzen [[Jacques Necker]] 1781 erstmals die Zahlen des französischen Staatsbudgets (''Compte rendu'') veröffentlichte, war dies als Befreiungsschlag zur Herstellung allgemeiner Reformbereitschaft in einer ansonsten ausweglosen Finanzkrise gemeint. Seine Amtsvorgänger hatten da bereits vergebliche Anläufe zur Stabilisierung der Staatsfinanzen unternommen. Neckers Zahlenwerk schockierte: Einnahmen von 503 Millionen Livres (Pfund) standen Ausgaben von 620 Millionen gegenüber, wovon allein die Hälfte auf Zins und Tilgung für die enorme Staatsverschuldung entfiel. Weitere 25 % verschlang das Militär, 19 % die Zivilverwaltung und ca. 6 % die königliche Hofhaltung. Dass für höfische Feste und Pensionszahlungen an Höflinge eine Summe von 36 Millionen Livres anfiel, wurde als besonders skandalös angesehen.<ref>Vgl. Kuhn, S. 34.</ref><br />
<br />
Zu dem Schuldenberg erheblich beigetragen hatte die Beteiligung der französischen Krone am [[Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg|Unabhängigkeitskrieg]] der amerikanischen Kolonisten gegen das britische Mutterland. Zwar war die beabsichtigte Niederlage und machtpolitische Schwächung des Handels- und Kolonialmacht-Rivalen eingetreten, aber der Preis für das Regime [[Ludwig XVI.|Ludwigs XVI.]] war ein doppelter: Nicht nur wurden die Staatsfinanzen dadurch zusätzlich enorm belastet, sondern die aktive Beteiligung französischer Militärs an den Befreiungskämpfen der amerikanischen Kolonisten und die Beachtung von deren Anliegen in der meinungsbildenden französischen Öffentlichkeit schwächten die Position der absolutistischen Herrschaft auch auf ideologischer Ebene nachhaltig.<br />
<br />
=== Reformblockade der Privilegierten ===<br />
[[Datei:Louis xvi.jpg|miniatur|hochkant|Ludwig XVI.]]<br />
<br />
Wie alle Amtskollegen vor und nach ihm stieß Necker mit seinen Plänen zur Verbesserung der Staatseinnahmen auf energischen Widerstand, der einen bereits geschwächten monarchischen [[Absolutismus]] schließlich zu Konsequenzen zwang. Das Einnahmen- und Verwaltungssystem des Ancien Régime war trotz zentralistischer Tendenzen, wie sie vor allem von den [[Intendantur|Intendanten]] als königlichen Verwaltungsbeauftragten in den Provinzen verkörpert wurden, uneinheitlich und zum Teil ineffektiv (vgl. [[Historische Provinzen Frankreichs]]). Neben solchen Provinzen, in denen die Besteuerung unmittelbar durch königliche Beamte geregelt werden konnte (''pays d’Élection''), gab es andere, wo die Zustimmung der [[Ständeordnung|Provinzialstände]] für Steuergesetze nötig war (''pays d’État''). Von direkten Steuern ausgenommen waren dabei die ersten Stände, [[Adel]] und [[Klerus]]. Die Hauptsteuerlast trugen die [[Bauernstand|Bauern]], die zusätzlich Abgaben an [[Grundherrschaft|Grundherrn]] und [[Zehnt|Kirchensteuern]] aufzubringen hatten. Für die Steuereintreibung waren Steuerpächter zuständig, die gegen einen an die Krone abzuführenden Festbetrag die Abgaben bei den Steuerpflichtigen erhoben und dabei Überschüsse für sich behalten konnten – eine gleichsam institutionalisierte Einladung zum Missbrauch. Die Haupteinnahmen wurden bei der [[Salzsteuer]] (Gabelle) erzielt, die dafür nach zahlreichen Erhöhungen im Volk besonders verhasst war.<br />
<br />
Von ausschlaggebender Bedeutung als Reformbremse waren schließlich die Obersten Gerichtshöfe ([[Parlement]]s), die den von der monarchischen Regierung erlassenen Gesetzen durch Einregistrierung Gültigkeit verleihen, Einwände erheben oder ihnen die Zustimmung verweigern konnten. Die Parlamente waren eine Domäne des Amtsadels ([[Noblesse de robe]]). Innerhalb ihres Standes waren die Amtsadligen Emporkömmlinge, die sich zumeist durch [[Ämterkauf]] den Adelsstatus erworben hatten. Bei der Wahrung ihrer [[Privileg]]ien und Interessen waren sie aber nicht weniger engagiert als der alteingesessene [[Schwertadel]] (noblesse d’épée). Die in den Parlamenten praktizierte zunehmende Verweigerungshaltung gegenüber Steuergesetzen der Krone fand Rückhalt auch im Volk. Nachdem alle Einschüchterungsversuche des Hofes erfolglos geblieben waren und auch die Initiative Ludwigs XVI. gescheitert war, die Privilegierten in einer 1787 und 1788 eigens zusammengerufenen [[Notabelnversammlung (1787)|Notabelnversammlung]] auf seinen Kurs zu verpflichten, versuchte die Regierung die Privilegien der Parlamente zu beschneiden. Es kam daraufhin zu einer breiten Solidarisierung mit den Parlamentsangehörigen. Diese gipfelte in Unruhen, die in Grenoble am „[[Tag der Ziegel]]“ Verlauf und Forderungen der späteren Revolution in mancher Hinsicht vorausnahmen. Letztlich kam der König an der Wiedereinberufung der seit 1614 ausgesetzten [[Generalstände von 1789|Generalstände]] nicht mehr vorbei, wollte er die Krise der Staatsfinanzen nicht weiter eskalieren lassen.<br />
<br />
=== Aufklärerisches Denken und Politisierung ===<br />
<br />
Nicht nur auf einem zentralen Feld praktischer Politik und im institutionellen Bereich wies der vorrevolutionäre französische Absolutismus Schwächen auf. Aufklärerisches politisches Denken stellte auch seine Legitimationsgrundlage in Frage und eröffnete neue Optionen der Herrschaftsorganisation. Aus der französischen [[Aufklärung]] des 18. Jahrhunderts ragen zwei Denker wegen ihrer besonderen Bedeutung für unterschiedliche Phasen der Französischen Revolution hervor: [[Charles de Secondat, Baron de Montesquieu|Montesquieus]] Modell einer [[Gewaltenteilung]] zwischen [[Legislative|gesetzgebender]], [[Exekutive|ausführender]] und [[Judikative|richterlicher]] Gewalt kam im Laufe der ersten Revolutionsphase zur Anwendung, die in die Schaffung einer konstitutionellen Monarchie mündete.<br />
<br />
[[Datei:Louis-Michel van Loo 001.jpg|miniatur|hochkant|Denis Diderot]]<br />
Für die radikaldemokratische zweite Revolutionsphase hat [[Jean-Jacques Rousseau|Rousseau]] wichtige Impulse geliefert, unter anderem, indem er das Eigentum als Ursache der Ungleichheit zwischen den Menschen ansah und Gesetze kritisierte, die ungerechte Besitzverhältnisse schützten. Er propagierte die Unterordnung des Einzelnen unter den allgemeinen Willen ([[Volonté générale]]), sah von einer Gewaltenteilung ab und die Richterwahl durch das Volk vor. Verbreitung fand aufklärerisches Denken im 18. Jahrhundert zunehmend in [[Debattierclub]]s und [[Freimaurerei|Freimaurerlogen]] sowie durch [[Lesezirkel]], Salons und Kaffeehäuser, die im geselligen Rahmen zur Lektüre und Diskussion der Lesefrüchte anregten. Auch der Meinungsaustausch zu aktuellen politischen Fragen hatte hier zwanglos-selbstverständlich seinen Ort. Hauptnutzer waren bildungsbürgerliche Schichten und Berufsstände, wie z.&nbsp;B. Juristen, Ärzte, Lehrer und Professoren.<br />
<br />
Ein breitenwirksames Produkt und Kompendium aufklärerischen Denkens stellte die von [[Denis Diderot]] und [[Jean Baptiste le Rond d’Alembert]] herausgegebene [[Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers|Encyclopédie]] dar, die erstmals zwischen 1751 und 1772 erschien. Sie wurde – in mehrere Sprachen übertragen – zu dem Aufklärungslexikon schlechthin für die europäische Bildungswelt des 18. Jahrhunderts: „Verpackt zwischen vielen Bildtafeln und Artikeln über Technik, Handwerk und Gewerbe standen die geisteswissenschaftlichen Artikel, die die modernen Ideen vertraten und Sprengstoff enthielten, um mehr als ein Ancien régime zu unterminieren.“<ref>Kuhn, S. 53.</ref><br />
<br />
=== Teuerung als sozialer Treibsatz ===<br />
<br />
Der Großteil der Bevölkerung im Ancien régime war an Aufklärungsdenken und Politisierung wenig interessiert, am Brotpreis umso mehr. Die Bauern, die vier Fünftel der Bevölkerung stellten, hatten 1788 infolge der [[Kleine Eiszeit#Französische Revolution|''Kleinen Eiszeit'']] eine schlimme Missernte erlitten und danach einen harten Winter durchlebt. Die klimatischen Extrema dieser Dekade können auch zusätzlich durch den [[Liste großer historischer Vulkanausbrüche#Grímsvötn1784|Vulkanausbruch vom 8. Juni 1783 auf Island]] verstärkt worden sein. Während es den Bauern am Nötigsten fehlte, sahen sie die Speicher der weltlichen und geistlichen Grundherren, denen sie Abgaben zu entrichten hatten, noch gut gefüllt. Es kam zu Protesten und Forderungen nach Verkauf zu einem „gerechten Preis“, als bei der eingetretenen Knappheit die Getreidepreise im Gegenteil gerade mächtig anzogen. Noch empfindlicher traf die Teuerung die kleinen Leute in den Städten, für die das tägliche Brot Hauptnahrungsmittel war. Zur Jahresmitte 1789 war Brot teurer als zu jedem anderen Zeitpunkt des 18. Jahrhunderts in Frankreich und kostete das Dreifache des Preises der besseren Jahre. Das bedeutete für den städtischen Handwerker, dass er etwa die Hälfte seines Einkommens allein für die Brotversorgung ausgeben musste. Jede Preissteigerung wirkte da existenzbedrohend und ließ die Nachfrage nach anderen Gütern des täglichen Bedarfs sinken. „Nun erreichten Unzufriedenheit und Erregung auch diejenigen, die von der öffentlichen Auseinandersetzung um die Finanzmisere und die Funktionsunfähigkeit des Staates noch nicht unmittelbar erreicht und mobilisiert worden waren. Die wirtschaftliche Not, die infolge der Teuerung und Unterproduktion die städtischen Konsumenten und dann auch Handel und Gewerbe betraf, brachte die ‚Massen’ auf die politische Bühne.“<ref>Thamer, S. 27.</ref><br />
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== 1789 – ein vielschichtiges Revolutionsjahr ==<br />
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Im allgemeinen Bewusstsein ist 1789 das am engsten mit der Französischen Revolution verknüpfte Jahr, nicht nur, weil es den Beginn eines großen politischen und sozialen Umwälzungsprozesses markiert, sondern auch, weil in diesem Jahr die maßgeblichen Voraussetzungen für das Bewusstsein der nationalen Zusammengehörigkeit aller Franzosen geschaffen wurden. Möglich war dies auch wegen der Mehrgleisigkeit des revolutionären Geschehens, das nach und nach die gesamte Bevölkerung in seinen Bann schlug und bei dem drei Komponenten zusammen- und ineinanderwirkten: die Wendung der Volksvertreter gegen die absolutistische Monarchie, die Erhebung der städtischen Bevölkerung gegen die überkommenen Herrschafts- und Verwaltungsorgane und die Revolte der Bauern gegen das ländliche [[Feudalismus|Feudalregime]]. Ohne die mit je besonderen Motiven verbundenen Volksaktionen wären die aufklärerisch inspirierten, zu Reformen entschlossenen Vertreter des Bildungs- und Besitzbürgertums mit ihren politischen Vorstellungen 1789 kaum weit gekommen.<br />
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=== Von den Generalständen zur Nationalversammlung ===<br />
[[Datei:Schloss Versailles Gartenfassade.jpg|miniatur|hochkant=2|[[Schloss Versailles]]]]<br />
[[Datei:Troisordres.jpg|miniatur|hochkant|Zeitgenössische Karikatur: Der Dritte Stand trägt den Klerus und den Adel]]<br />
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Zur Einberufung der [[Generalstände]] war es durch die Blockadehaltung und auf Druck der Privilegierten in Parlamenten und Provinzialständen gekommen. Positive Erwartungen daran knüpften aber vor allem die Mitglieder des [[Dritter Stand|Dritten Standes]], die mehr als 95 % der Bevölkerung ausmachten. In den [[Cahiers de Doléances|Beschwerdeheften]], die bei solcher Gelegenheit traditionell verfasst und den Abgeordneten zur Versammlung mitgegeben wurden, forderten die Bauern Erleichterungen bei den Abgaben und Sonderrechten, die ihre Grundherren beanspruchten, während die von aufklärerischen Vorstellungen bestimmten Teile des Bürgertums bereits auf die Umgestaltung der Monarchie nach englischem Vorbild zielten. Als gemeinsames Anliegen wurde die Forderung formuliert, dass der Dritte Stand in den Generalständen eine Aufwertung gegenüber Klerus und Adel erfahren müsste. Noch bei ihrer letzten Zusammenkunft 1614 war jeder der drei Stände mit etwa 300 Köpfen vertreten, wobei das Votum jedes Standes einheitlich abgegeben werden musste, was letztlich auf eine 2:1-Entscheidung für die privilegierten Stände hinauslief.<br />
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[[Datei:David - Emmanuel Joseph Sieyès.png|miniatur|hochkant|Emmanuel Joseph Sieyès (Porträt von [[Jacques-Louis David]] aus dem Jahr 1817)]]<br />
[[Datei:Lafayette, Marie Joseph Paul Yves Roch Gilbert Du Motier, marquis de.jpg|miniatur|hochkant|Marquis de La Fayette]]<br />
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Ludwig XVI. reagierte auf die Forderungen taktierend: Dem Dritten Stand wurde zwar die Verdoppelung der Abgeordnetenzahl zugestanden, der Abstimmungsmodus in den Generalständen blieb aber offen. Das Eröffnungszeremoniell am 5. Mai 1789 in [[Versailles]] verhieß nichts Gutes: Die beiden ersten Stände kamen in großer Festgarderobe auf reservierten Plätzen zu sitzen; die Abgeordneten des Dritten Standes, denen einfacher schwarzer Anzug vorgeschrieben war, mussten selbst sehen, wie sie sich platzierten. In den Ansprachen gab es von Seiten des Hofes noch immer keinen Hinweis auf die Geschäftsordnung. Mehr als ein Monat verging danach mit ergebnislosen Debatten, da die privilegierten Stände mehrheitlich auf dem alten Tagungs- und Abstimmungsmodus beharrten: getrennte Beratung der Stände, je einheitliche Stimmabgabe pro Stand.<br />
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Doch vor allem beim volksnahen niederen Klerus, den Dorf- und Gemeindepfarrern, begann die Front massiv zu bröckeln, als sich seit dem 12. Juni einige dem Dritten Stand anschlossen und dessen Beratungen zu folgen begannen. Von da an überstürzten sich die Ereignisse. Auf Antrag des [[Emmanuel Joseph Sieyès|Abbé Sieyès]], der die überragende Rolle des Dritten Standes schon vordem wirksam propagiert hatte, erklärten dessen Vertreter sich am 17. Juni zu Repräsentanten von mindestens 96 % der französischen Bevölkerung, gaben sich den Namen [[Nationalversammlung (Frankreich)|Nationalversammlung]] und forderten beide anderen Stände auf, sich ihnen anzuschließen. Diesem Aufruf folgte der Klerus am 19. Juni mit knapper Mehrheit, während der Adel bis auf 80 seiner Vertreter die Unterstützung des Königs zur Erhaltung der alten Ordnung suchte.<br />
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[[Datei:Le Serment du Jeu de paume.jpg|miniatur|Der Ballhausschwur. Historiengemälde von [[Jacques-Louis David]], 1791]]<br />
Ludwig XVI. beraumte für den 23. Juni eine königliche Sitzung an und sperrte bis dahin den Sitzungssaal. Die nunmehr entschlossenen Deputierten organisierten aber am 20. Juni ein Treffen im [[Ballhaus (Versailles)|Ballhaus]], bei dem sie [[Ballhausschwur|schworen]], sich nicht zu trennen, bevor eine neue Verfassung geschaffen wäre. Sie widerstanden dann auch allen Drohungen des Königs in der Sitzung vom 23. Juni. [[Jean-Sylvain Bailly|Bailly]] als gewählter Präsident der Versammlung verweigerte dem die Auflösungsorder überbringenden Zeremonienmeister den Gehorsam mit dem markanten Ausspruch, dass die versammelte Nation von niemandem Befehle entgegenzunehmen habe. Dem Gebrauch von Waffengewalt gegen den Dritten Stand stellten sich auch einige Adlige in den Weg. Als der [[Louis-Philippe II. Joseph de Bourbon, duc d’Orléans|Herzog von Orléans]], Cousin des Königs, sich mit einer ganzen Reihe weiterer Adliger auf die Seite der [[Konstituante|Nationalversammlung]] stellte, gab Ludwig XVI. am 27. Juni nach und befahl nunmehr seinerseits beiden privilegierten Ständen die Mitwirkung.<br />
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=== Vom Sturm auf die Bastille zum Kampf gegen die Feudalherrschaft ===<br />
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[[Datei:Prise de la Bastille.jpg|miniatur|Der Sturm auf die [[Bastille]] am 14. Juli 1789]]<br />
Die politischen Erfolge des Dritten Standes waren einstweilen vorläufige, denn zeitgleich mit seinem Nachgeben hatte der König Truppen nach Paris beordert, die die Öffentlichkeit beunruhigten und das Volk – zumal angesichts des wie nie zuvor teuren Brotes – eine nochmalige Verschlechterung der Nahrungsmittelversorgung fürchten ließen. Als der beim Dritten Stand als sein Interessenwahrer bei Hofe relativ angesehene Finanzminister Necker am 11. Juli vom König entlassen wurde, galt dies der Pariser Bevölkerung als unheilvolles Signal. Der Rechtsanwalt [[Camille Desmoulins]] trat als Wortführer des Volkszorns hervor: „Die Entlassung Neckers ist die Sturmglocke zu einer [[Bartholomäusnacht]] der Patrioten! Die Bataillone der Schweizer und Deutschen werden uns noch heute den Garaus machen. Nur ein Ausweg bleibt uns: zu den Waffen zu greifen!“<ref>Zit. n. Schulin, S. 64.</ref> Zahlreiche Stadtzollhäuser wurden spontan zerstört, die königlichen Zolleinnehmer verjagt.<br />
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Angesichts der aufgeheizten Stimmung formierten die unterdessen in die königliche Pariser Stadtverwaltung integrierten Wahlmänner des Dritten Standes am 13. Juli eine Bürgermiliz als ordnendes Element, die spätere [[Nationalgarde]]. Das Volk aber drängte zur Bewaffnung. Nach Plünderung eines Waffenlagers zog man am 14. Juli zur [[Bastille]], um dort zusätzlich Waffen und Pulver zu beschaffen. Hier fanden sich weitere Aufstandsbereite zu gemeinsamer Aktion gegen das Negativsymbol der absolutistischen Herrschaft ein, eine etwa 5000-köpfige Menge insgesamt. Das Stadtgefängnis beherbergte zu diesem Zeitpunkt allerdings nur sieben Gefangene ohne politischen Hintergrund.<br />
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[[Datei:Map of Paris in 1789 by William R Shepherd (died 1834).jpg|miniatur|Plan von [[Paris]] 1789]]<br />
Der nur mit kleiner Besatzung operierende Bastille-Kommandant [[Bernard-René Jordan de Launay|Launay]] ließ die Menge ungehindert in die Vorhöfe eindringen, dann aber unter Feuer nehmen. 98 Tote und 73 Verwundete hatten die Belagerer am Ende des Tages zu beklagen. Als die erregte Menge die Stadtverwaltung unter Druck setzte, wurden mit Hilfe von Militärs vier Kanonen vor der Bastille in Stellung gebracht; Launay kapitulierte. Die über die heruntergelassenen Brücken einströmenden Massen, denen die vorherige Beschießung als Verrat galt, töteten drei Soldaten und drei Offiziere; Launay wurde erst weggeschleift, dann umgebracht, sein Kopf ebenso wie der des Vorstehers der königlichen Stadtverwaltung Flesselles auf Piken gespießt und zur Schau gestellt.<br />
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Die Spitzen des Ancien Régime reagierten geschockt-defensiv. Die Pariser Truppen wurden zurückgezogen und der Nationalversammlung Anerkennung und Schutz zugesichert. An die Spitze der Pariser Verwaltung trat als Bürgermeister nun Bailly; Befehlshaber der Nationalgarde wurde der vom amerikanischen Unabhängigkeitskrieg mitgeprägte liberale [[Marquis de La Fayette]]. Ähnlich umgestaltet wurden in der Folge auch die Stadtverwaltungen in den Provinzen Frankreichs (munizipale Revolution). Am 17. Juli morgens verließ der [[Karl X. (Frankreich)|Graf von Artois]], Bruder des Königs, als erster Emigrant das Land, während sich Ludwig XVI. unter Druck des Volkes nach Paris begab und zum Zeichen der Billigung des Geschehenen sich die blau-weiß-rote [[Kokarde (Abzeichen)|Kokarde]]<ref>Blau und Rot waren die Farben von Paris, Weiß die des Königtums.</ref> an den Hut steckte.<br />
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„Bis zum 14. Juli war so gut wie nicht von den Bauern die Rede gewesen“, so der Historiker [[Georges Lefebvre|Lefèbvre]]; doch ohne ihre Unterstützung, meint er, wäre die Revolution schwerlich gelungen.<ref>Lefèbvre 1989, S. 129.</ref> Der bäuerliche Eigenbesitz an Grund und Boden machte gegenüber dem von Adel, Klerus und Bürgertum etwa 30 Prozent aus. [[Leibeigenschaft|Leibeigene]] gab es nur noch in einzelnen Regionen. Der Anteil der landlosen Bauern, die Abgaben an den Grundherrn zu entrichten hatten, schwankte regional zwischen 30 und 75 Prozent. „Im allgemeinen stand dem Besitzer die Hälfte von der Ernte und vom Viehzuwachs zu, aber er setzte immer häufiger alle möglichen anderen Abgaben durch…“<ref>Lefèbvre 1989, S. 132.</ref> Vielfach wurden im Laufe des 18. Jahrhunderts von den adligen und bürgerlichen Grundherren Rechte wieder geltend gemacht und in die Grundbücher eingetragen, die teilweise bereits in Vergessenheit geraten waren. Eine neuere Deutung dieses häufig als „feudale Reaktion“ bezeichneten Phänomens lautet: „Der Kapitalismus drang überall durch die Ritzen der alten Ordnung und bediente sich ihrer Möglichkeiten.“<ref>Thamer, S. 16.</ref><br />
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Missernten und Teuerung trafen viele kleinbäuerliche Existenzen, deren Produktion zur Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln nicht ausreichte, doppelt, da die Teuerung auch die bäuerlichen Zuverdienstmöglichkeiten in der Stadt minderte. „Im Frühjahr 1789 tauchten überall organisierte Bettlerbanden auf, die von Hof zu Hof zogen, bei Tag und bei Nacht, und mit heftigen Drohungen auftraten.“<ref>Lefèbvre 1989, S. 141.</ref> Im Reizklima der Wahlen zu den Generalständen und in Reaktion auf die Ereignisse in Versailles und Paris entwickelte sich auf dem Lande die sogenannte ''Große Furcht'' ([[Grande Peur]]) vor dem „aristokratischen Komplott“, das für alle misshelligen Entwicklungen und Umtriebe verantwortlich gemacht wurde und in vielerlei bloßen Gerüchten zusätzlich Gestalt annahm. Das Phänomen der Grande Peur herrschte zwischen Mitte Juli und Anfang August 1789, erfasste nahezu ganz Frankreich und begleitete die massiven bäuerlichen Angriffe auf Schlösser und Klöster, die vom 17./18. Juli an geplündert und in Brand gesteckt wurden mit dem Ziel, die Archive mit den Urkunden über die Herrenrechte zu vernichten und den Verzicht der Grundherren auf ihre feudalen Rechte zu erzwingen.<ref>Eine Regionalstudie dazu bietet das Kapitel „Brennende Schlösser in den Weinbergen des Mâconnais im Juli 1789“ in: Rolf E. Reichardt, Das Blut der Freiheit. Französische Revolution und demokratische Kultur, Frankfurt am Main 1998, S. 30ff.; zusammenfassend ebenda das Kapitel „Die Bauernrevolution im Überblick“, S. 54ff.</ref><br />
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=== Ende der Ständegesellschaft, Erklärung der Menschenrechte und Triumphzug der Pariser Frauen ===<br />
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Die Heftigkeit und das Ausgreifen der Revolution auf dem Lande alarmierten auch Hof und Nationalversammlung in Versailles. Letztere war infolge der Ereignisse des 14. Juli zur allein maßgeblichen politischen Autorität geworden, von der die Neuordnung der Verhältnisse erwartet wurde. Nun geriet sie unter Zugzwang: Die bis dahin bereits kontrovers diskutierte Frage, ob eine Menschenrechtserklärung schon vor Abschluss der Verfassungsberatungen verkündet werden sollte, wurde plötzlich akut.<br />
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Etwa 100 Abgeordnete des Dritten Standes, die sich zu gemeinsamen Beratungen im [[Bretonischer Klub|Bretonischen Klub]] zusammengefunden hatten, bereiteten einen Überrumpelungscoup in der Versammlung vor, mit dem der hinhaltende Widerstand der privilegierten Stände, die auf wieder etwas günstigere Zeiten zur Wahrung ihrer Besitzstände hofften, ausgehebelt werden sollte. Das Manöver gelang mit Unterstützung von liberalen Adligen, die in der Nachtsitzung vom 4./5. August 1789 mit großer Geste als Vorreiter des Verzichts agierten. Das betraf alle an die Person gebundenen Dienste, [[Hand- und Spanndienste]], die [[Niedere Gerichtsbarkeit|grundherrliche Gerichtsbarkeit]], den privilegierten Ämterzugang, die Abschaffung des Ämterkaufs und des [[Zehnt|Kirchenzehnten]], dazu Vorrechte wie das der Jagd und der Taubenhaltung. Die Leibeigenschaft, die Steuerbefreiung der privilegierten Stände sowie alle Sonderrechte der Provinzen und Städte wurden aufgehoben: „In wenigen Stunden hatte die Versammlung die Einheit der Nation vor dem Recht hergestellt, hatte grundsätzlich mit dem Feudalsystem und der Herrschaft der Aristokratie auf dem Lande aufgeräumt, hatte das Element ihres Reichtums, das sie vom Bürgertum unterschied, beseitigt und die Finanz-, Justiz- und Kirchenreform jedenfalls eingeleitet.“<ref>Lefèbvre 1989, S. 160.</ref> Es war das Ende des ständestaatlich organisierten Ancien Régime.<br />
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Der in Windeseile sich verbreitende und die Revolution auf dem Lande nahezu schlagartig beendende Eingangssatz des die Beschlüsse dieser Nachtsitzung zusammenfassenden Dekrets lautete: „Die Nationalversammlung zerbricht vollständig das Feudalregime.“<ref>“L’Assemblée nationale détruit entièrement le régime féodal.“ Zit. n. Georges Lefèbvre, ''La Révolution Française.'' Paris 1968, S. 149.</ref> Die frohe Kernbotschaft enthielt für die Bauern allerdings nicht die ganze Wahrheit. Zwar waren Leibeigenschaft und Frondienste ersatzlos abgeschafft, aber die übrigen Herrenrechte wurden lediglich rückkäuflich bzw. ablösbar gemacht, bei jährlich 3,3 Prozent Zinsen: „das politische Kalkül liegt darin, dass man das alte Herrenrecht in gutes bürgerliches Geld umrechnet und den Zins so lange zahlen lässt, wie das Kapital nicht zurückgezahlt ist. Die Adligen retten, was überhaupt zu retten ist, und die Grundbesitzer des Dritten Standes haben einen großen Vorteil durch die Gleichstellung von adeligen und bürgerlichen Gütern.“<ref>Furet /Richet 1981, S. 111.</ref><br />
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Nachdem auf diese Weise die ländliche Bevölkerung hatte beruhigt werden können, setzte die Nationalversammlung ihre Arbeit an einer [[Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte]] fort, die am 26. August 1789 verabschiedet wurde und mit der Zusicherung beginnt: „Von ihrer Geburt an sind und bleiben die Menschen frei und an Rechten einander gleich.“<ref>“Les hommes naissent et demeurent libre et égaux en droits.“ Dt. Übersetzung zit. n. Kuhn, S. 218.</ref> Verbürgt werden u.&nbsp;a. auch Eigentum, Sicherheit und das Recht auf Widerstand gegen Unterdrückung, [[Rechtsstaat|rechtsstaatliche Prinzipien]], [[Religionsfreiheit|Religions-]], Meinungs- und [[Pressefreiheit]] sowie [[Volkssouveränität]] und [[Gewaltenteilung]]. Furet/Richet urteilen: „Diese siebzehn kurzen Artikel von wunderbarem Stil und geistiger Dichte sind nicht mehr Ausdruck des vorsichtigen Taktierens und der Ängstlichkeit des Bürgertums: indem die Revolution ihre Ziele und ihre Errungenschaften frei definiert, gibt sie sich in der natürlichsten Weise eine Fahne, die von der ganzen Welt respektiert werden muß.“ Der bürgerliche Individualismus habe damit seine öffentlich-rechtliche [[Magna Carta|Magna Charta]] erhalten.<ref>Furet /Richet 1981, S. 113f.</ref><br />
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[[Datei:Olympe de Gouges.jpg|miniatur|hochkant|Olympe de Gouges]]<br />
Dass sich die Erklärung nur auf Männer bezieht, wird im Text nicht ausdrücklich erwähnt, verstand sich jedoch dem Zeitgeist entsprechend nahezu von selbst – nicht jedoch für die französische Rechtsphilosophin und Schriftstellerin [[Olympe de Gouges]], die 1791 die ''Déclaration des droits de la femme et de la citoyenne'' („[[Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin]]“) veröffentlichte, in der sie die völlige [[Gleichberechtigung|Gleichstellung]] der Frau mit dem Mann forderte.<br />
<br />
[[Datei:Women's March on Versailles01.jpg|miniatur|Zug der Frauen nach Versailles]]<br />
Ludwig XVI., dessen Unterschrift gebraucht wurde, damit die Dekrete der Nationalversammlung in Kraft treten konnten, machte allerlei juristische Vorbehalte geltend und versuchte als Gegenleistung für seine Zustimmung eine möglichst starke Veto-Position in der künftigen Verfassung herauszuschlagen. Zudem beorderte er neuerlich ein auswärtiges flandrisches Regiment nach Versailles, dessen Offiziere bei einem königlichen Bankett am 1. Oktober die blau-weiß-rote Kokarde unter ihren Stiefeln zertraten. Der Vorgang wurde in Paris bekannt und heizte eine bei anhaltend hohem Brotpreis und Versorgungsmängeln ohnehin aufgeladene Stimmung weiter an. [[Jean-Paul Marat]], der im September 1789 seine Zeitung [[L'Ami du Peuple|„Der Volksfreund“]] gegründet hatte, hielt mit anderen gemeinsam die Pariser auf dem Laufenden und mit Warnhinweisen auf die „Verschwörung der Aristokraten“ gegen das Volk in revolutionärer Spannung.<br />
<br />
Am 5. Oktober versammelte sich vor dem Rathaus eine hauptsächlich aus Frauen ([[Poissarden]]) bestehende mehrtausendköpfige Menge in der Absicht, nach Versailles zu ziehen, um ihre Forderungen vor Ort geltend zu machen. Unter dem Geläut der Sturmglocken verließen sie Paris; später folgten ihnen 15.000 Nationalgardisten und zwei Vertreter der Stadtverwaltung mit dem Auftrag, den König nach Paris zu bringen. Ludwig XVI. empfing die Frauen, versprach Lebensmittellieferungen und unterschrieb unter dem Eindruck der Bedrängnis die Dekrete der Nationalversammlung. Die Lage schien entspannt; doch die Frauen blieben über Nacht, bewachten das Schloss und setzten auch der Nationalversammlung mit ihren Brotforderungen und Zwischenrufen zu.<br />
<br />
Am darauffolgenden Vormittag drängten sie ins Schloss und erzwangen gemeinsam mit Stadtbeauftragten und Nationalgardisten das Zugeständnis des Königs, nach Paris umzuziehen. Die Nationalversammlung schloss sich an. „Am frühen Nachmittag machte sich der endlose Zug lärmend auf den Weg nach Paris. An der Spitze marschierten Einheiten der Nationalgarde; auf jedem Bajonett steckte ein Brotlaib. Dann folgen die Frauen, mit Piken und Flinten bewaffnet oder Pappelzweige schwingend; sie begleiten die Getreidewagen und die Kanonen. Hinter den entwaffneten königlichen Soldaten mit der Trikoloren-Kokarde der Leibgarde, dem Flandrischen Regiment und der [[Schweizergarde (Frankreich)|Schweizergarde]] rollt langsam wie ein Leichenwagen die Karosse mit der königlichen Familie[…] Daran schließen sich die Wagen der Abgeordneten, und den Schluss bildet die riesige Volksmenge mit dem Hauptteil der Nationalgarde. Als sei die Symbolkraft dieses Zuges noch nicht einleuchtend genug, rufen die Leute: ‚Wir bringen den Bäcker, die Bäckersfrau und den Bäckerjungen!’“<ref>Furet /Richet 1981, S. 122f.</ref> Monarch und Nationalversammlung würden fortan den Pressionen des Volkes in der Kapitale Paris ausgesetzt sein.<br />
<br />
== Die konstitutionelle Monarchie ==<br />
<br />
Der Umzug von König und Hofstaat nach Paris, gefolgt von einer Begrenzung der Finanzmittel, die der Krone fernerhin im Rahmen einer von der Nationalversammlung bewilligten sogenannten Zivilliste zur Verfügung standen, schwächte die Stellung Ludwigs XVI. zwar zusätzlich, doch blieb er eine zentrale Figur im politischen Kräftespiel. Von einer kleinen Minderheit abgesehen, beabsichtigte niemand in der Nationalversammlung die Abschaffung des Königtums. Wohl aber gab es unterschiedliche Positionen dazu, wie viel politischer Einfluss dem Monarchen im Rahmen der künftigen Verfassung zukommen sollte. Von seiner Zustimmung hing aber wiederum ab, ob die neue Verfassungskonstruktion überhaupt funktionieren könnte. An einer prinzipiellen Weigerungshaltung des Königs musste jede konkrete Fassung der konstitutionellen Monarchie scheitern.<br />
<br />
=== Die Nationalversammlung auf dem Weg zur Verfassung ===<br />
→ ''Hauptartikel: [[Konstituante]] und [[Verfassung des 3. September 1791]]''<br />
<br />
[[Datei:Charles Thévenin - La Fête de la Fédération.jpg|miniatur|Die ''Fête de la Fédération'' auf dem Pariser Marsfeld am 14. Juli 1790]]<br />
[[Datei:France departments 1791 (1).jpg|miniatur|Frankreich 1791]]<br />
Den stürmischen Unruhen und Umbrüchen von 1789 folgte, begünstigt durch eine gute Ernte und die verbesserte Versorgungslage, das „glückliche Jahr“ 1790, das seinen Höhepunkt im Föderationsfest auf dem [[Champ de Mars]] zum Jahrestag der Bastille-Eroberung hatte: „Vor Hunderttausenden jubelnder Zuschauer leisteten hier 60.000 Nationalgardisten aus allen Teilen des Landes mit der Nationalversammlung den Eid der Treue für die Nation, das Gesetz und den König am ‚Altar des Vaterlandes’ und begingen feierlich die Verbrüderung der französischen Nation.“<ref>Griewank, S. 48. Weitere Umstände dieses strahlendsten Festes der Revolutionsjahre schildert Schulin (106): „Deputationen aus allen Departements waren erschienen; jeder 200. Mann der Bürgerwehren, jeder 200. der Regimenter war zu diesem Fest abgeordnet. Man veranschaulichte also deutlich die bewaffnete Nation. Es war eigentlich ein Militärfest. [[Alexandre Angélique de Talleyrand-Périgord|Talleyrand]] zelebrierte die Messe mit 200 Priestern in Meßgewändern, mit der Trikolore als Gürtel. Alle sprachen unter Kanonendonner den Eid […] Zur gleichen Zeit wurde in allen Teilen Frankreichs der gleiche Eid gesprochen. Und es gab gleichzeitig Feiern in London, in Hamburg und in anderen deutschen Städten. Der König nahm mit dem üblichen stillen inneren Widerstand, äußerlich lässig und halb desinteressiert teil.“</ref><br />
<br />
Die Verfassungsberatungen der Nationalversammlung, die sich in eine Vielzahl themenbezogener Ausschüsse gegliedert hatte, machten beachtliche Fortschritte. Noch vor Jahresende 1789 nahm man das vordringliche Problem einer Sanierung der Staatsfinanzen mit revolutionärem Elan in Angriff: Sämtliche Kirchengüter wurden verstaatlicht und in [[Nationalgüter]] umgewandelt. Die Gesamtheit dieser Nationalgüter diente als Deckung einer neuen Papiergeld-Währung, der [[Assignat]]en. Da den Geistlichen aus Kirchenbesitz nun keine Einkünfte mehr zur Verfügung standen, waren sie auf staatliche Besoldung angewiesen. Die Zivilverfassung des Klerus legte schließlich fest, dass Pfarrer wie andere Beamte zu wählen waren, und ein Dekret schrieb ihnen vor, die Verordnungen der Nationalversammlung von der Kanzel herab zu verlesen und zu kommentieren.<ref>Soboul 1977, S. 172.</ref> Anfang 1790 wurden die bis dahin ungleich gestellten Provinzen durch eine Neuaufteilung in 83 [[Département|Departements]] mit einheitlicher Untergliederung und Verwaltungsstruktur abgelöst. Die Stadt- und Binnenzölle innerhalb Frankreichs wurden aufgehoben. Im Gerichtswesen wurde anstelle der Ämterkäuflichkeit die Wahl der Richter – unter juristisch Vorgebildeten – eingeführt, für Verhaftete das richterliche Gehör binnen 24 Stunden und die Pflichtverteidigung durch einen Anwalt vorgeschrieben.<br />
<br />
Im Wahlrecht gaben die besitzbürgerlichen Vorbehalte in der Versammlung den Ausschlag; man ging hinter das für die Wahlen zu den Generalständen praktizierte allgemeine (Männer-)Wahlrecht zurück: Wählen durften nur sogenannte Aktivbürger mit einem bestimmten Steuermindestaufkommen. Als maßgebliche Begründung für diese Position diente die Überlegung, dass nur ein nicht käuflicher und damit unabhängiger Bürger das Wahlrecht ausüben sollte. Einzig der Rechtsanwalt [[Maximilien de Robespierre|Robespierre]] geißelte dies als Verstoß gegen die in der Menschenrechtserklärung garantierte Rechtsgleichheit. Das heikelste Problem der Konstituante blieb aber die Frage, ob und wie es gelingen könnte, Ludwig XVI. in das neue politische System einzubauen. Vor allem in dieser Frage gab es sehr unterschiedliche Vorstellungen und den Hang zu politischer Lagerbildung, die das Rechts-links-Schema, wie es späterhin geläufig geworden ist, begründet hat. Auf den Ehrenplätzen zur Rechten des Parlamentspräsidenten saßen die „Aristokraten“, Mitglieder der beiden ersten Stände und Anhänger des Ancien Régime, die Ludwig XVI. nicht nur die ausführende Gewalt überlassen, sondern ihm auch ein absolutes Veto in der Gesetzgebung verschaffen wollten. Richtung Saalmitte und nach links hinüber folgten dann in Abstufungen jene Abgeordneten, die eine Mitwirkung des Königs im Gesetzgebungsverfahren nur in geringem Umfang befürworteten oder völlig ablehnten.<br />
<br />
[[Datei:French constitution of 1791.svg|miniatur|400px|Die französische Verfassung von 1791]]<br />
In dem Auslotungs- und Vermittlungsprozess zwischen Versammlung und König haben sich eine ganze Reihe herausragender Gestalten dieser ersten Revolutionsphase – letztlich vergeblich – engagiert und z.&nbsp;T. durch vermeintliche oder tatsächliche Nähe zu den höfischen Interessen kompromittiert, wie z.&nbsp;B. die zeitweiligen Präsidenten der Nationalversammlung Bailly, [[Jean-Joseph Mounier|Mounier]] und [[Gabriel de Riqueti, comte de Mirabeau|Mirabeau]], der Kommandant der Nationalgarde [[Marie-Joseph Motier, Marquis de La Fayette|La Fayette]] und das „Triumvirat“ [[Antoine Barnave|Barnave]], [[Adrien Duport|Duport]] und [[Alexandre de Lameth|Lameth]]. Laut Verfassungstext wurde dem König schließlich ein [[Suspensives Veto|aufschiebendes Vetorecht]] eingeräumt, das ein Gesetzesprojekt für zwei Legislaturperioden blockieren konnte. Andererseits war er als Spitze der [[Exekutive]] in seinen Wirkungsmöglichkeiten eingeschränkt. Denn infolge des Wahlprinzips waren Justiz und Verwaltung vom König und seinen Ministern nicht abhängig, zumal da die Verwaltungsvorschriften nicht von den Ministerien, sondern von der Nationalversammlung erlassen wurden. Zwar blieb er Chef der Streitkräfte, hatte das Offiziersernennungsrecht aber nur mehr für die höchsten Ränge, während die Mannschaften vielfach mit der Revolution sympathisierten und mit Aufständischen [[Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit|fraternisierten]].<ref>Vgl. Griewank, S. 49.</ref><br />
<br />
=== Die Kräfte der Gegenrevolution ===<br />
<br />
Das Revolutionsgeschehen zwischen Juli und Oktober 1789 hatte innerhalb der beiden vormals privilegierten Stände Emigrationswellen ausgelöst und zu Sammelpunkten an kleinen Fürstenhöfen etwa in Turin, Mainz und Trier geführt, von denen gegenrevolutionäre Umtriebe ausgingen, die sowohl die Destabilisierung der neuen Ordnung in Frankreich als auch die Herbeiführung einer ausländischen Intervention zum Ziel hatten. Moderate Unterstützung dafür kam von russischer, spanischer und schwedischer Seite, wo man sich in monarchischer Solidarität für die Wiederherstellung des Ancien Régime aussprach – zu mehr aber einstweilen nicht bereit war.<br />
<br />
Die Abschaffung des Feudalwesens in Frankreich berührte auch teilweise Ansprüche ausländischer Fürsten, z.&nbsp;B. bei päpstlichen Besitzungen in Südfrankreich und bei denen deutscher Reichsfürsten im [[Elsass]]. Weder deren an Kaiser [[Leopold II. (HRR)|Leopold II.]], den Bruder der französischen Königin [[Marie Antoinette]], gerichtete Aufforderung zum Einschreiten noch eine persönliche Begegnung mit dem emigrierten Grafen von Artois, dem Bruder Ludwigs XVI., vermochten den [[Habsburg]]er aber vorerst zu militärischem Handeln zu bewegen. Nicht nur er hatte aufgrund anderer kriegerischer Verwicklungen, wie dem Krieg [[Russisches Kaiserreich|Russlands]] und [[Österreich]]s gegen das [[Osmanisches Reich|Osmanische Reich]] 1790 und die im Jahr darauf folgende nationale Erhebung [[Polen]]s, kein Interesse an einem Krieg gegen Frankreich und ließ sich für die Zwecke der Emigranten nicht einspannen. Deren grenznahe militärische Aktivitäten, die von Stützpunkten wie z.&nbsp;B. Koblenz und Worms aus gestartet wurden, hatten vorläufig nicht die gewünschte Wirkung, auch wenn sie im Osten panische Ängste vor der Verschwörung der Aristokraten schürten.<br />
<br />
Energischen und anhaltenden Widerstand, der teilweise bald die Form offener Rebellion und eines Religionskriegs annahm, löste dagegen ein Dekret der Nationalversammlung im Zusammenhang mit der Zivilverfassung des Klerus aus, das am 27. November 1790 allen Priestern den Eid auf die neue Verfassung vorschrieb. Papst [[Pius VI.]], der bereits die Erklärung der Menschenrechte als „gottlos“ bezeichnet hatte, verbot den Eid bei Strafe der [[Exkommunikation]]. Nur knapp die Hälfte der Geistlichen, hauptsächlich aus dem niederen Klerus, leistete daraufhin den Eid. Frankreich war fortan religiös gespalten, denn insbesondere die Landbevölkerung suchte für die Taufe und andere religiöse Kernzeremonien mehrheitlich die „guten“, also eidverweigernden Priester auf. „Die Revolution lieferte damit dem Generalstab der Gegenrevolution, der ohne Truppen war, das nötige Fußvolk: die eidverweigernden Priester und ihre Schäflein.“<ref>Furet/Richet, S. 163. Ähnlich urteilt Schulin, S. 105: „Die eigentliche Gegenmacht zur Revolution war damit in Frankreich selbst geschaffen worden, – eine Gegenmacht, die der König und der Adel nicht hatten darstellen können.“</ref><br />
<br />
=== Die Flucht des Königs als Störung des Gleichgewichts ===<br />
<br />
[[Datei:211.5 Les Tuileries vues du Louvre.jpg|miniatur|Tuilerien-Palast, Hoffassade, Fotografie um 1865]]<br />
Die Kirchenpolitik der Konstituante stellte auch für Ludwig XVI., der im [[Palais des Tuileries|Tuilerien-Schloss]] den Gottesdienst in der hergebrachten Weise praktizierte, eine zusätzliche Herausforderung dar, da er im öffentlichen Rahmen genötigt war, von eidverweigernden Priestern die [[Kommunion]] zu empfangen. Im Februar 1791 appellierte Marie-Antoinette brieflich an Leopold II., nicht länger zu säumen und der weiter rasch fortschreitenden Revolution, die sich auch auf die [[Österreichische Niederlande|Österreichischen Niederlande]] auszubreiten drohe, mit militärischen Mitteln entgegenzutreten. Als Ludwig XVI. dann im April von der Volksmenge daran gehindert wurde, Paris für einen seiner gewohnten Kuraufenthalte in [[Saint-Cloud]] zu verlassen, dürften heimliche Fluchtpläne der königlichen Familie vordringlich geworden sein. In der Nacht vom 20./21. Juni 1791 gelang es ihr, aus dem von Nationalgardisten bewachten Schloss in Verkleidung unerkannt zu entkommen, um in Kutschen außer Landes zu gelangen. Ziel waren die Österreichischen Niederlande, mit deren militärischer Unterstützung Ludwig XVI. auf Rückkehr nach Frankreich und Restauration seiner absolutistischen Herrschaft hoffte.<br />
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Besondere Vorsicht ließ der König [[Flucht nach Varennes|während der Flucht]] nicht walten, sodass er bei Aufenthalten mehrfach erkannt wurde. Die ohnehin im Zeitplan nachhängende Reisegesellschaft wurde von den Meldungen ihres Unterwegsseins überholt und schließlich nicht sehr weit vor der belgischen Grenze bei [[Varennes-en-Argonne|Varennes]] gestoppt. Die Rückführung der königlichen Familie löste in Paris einen Massenauflauf aus, der auch die Häuserdächer einschloss. Von der lärmenden Begeisterung, die noch die erzwungene Ankunft des Königs im Oktober 1789 bei den Parisern ausgelöst hatte, war allerdings nichts geblieben. Ein lastendes Schweigen lag über der Szene.<ref>Vgl. Furet/Richet, S. 184.</ref> In der Nationalversammlung, die ihr Verfassungswerk gefährdet sah, wurde an Ludwig XVI. auf widersprüchliche Weise festgehalten. Einerseits wurde wider besseres Wissen die Lesart verbreitet, der König sei entführt worden; andererseits wurde er von seinen monarchischen Funktionen so lange entbunden, bis ihm die noch zu vollendende Verfassung zur Unterschrift vorgelegt werden konnte. Barnave mahnte in der Debatte vom 15. Juli 1791: „Wollen wir die Revolution beenden oder wollen wir von neuem mit ihr beginnen? […] Mit noch einem Schritt voran würden wir Unheil und Schuld auf uns laden, ein Schritt weiter auf dem Weg der Freiheit wäre die Zerstörung des Königtums, ein Schritt weiter auf dem Wege der Gleichheit wäre die Zerstörung des Eigentums.“<ref>Zit. n. Soboul, 2. Aufl. 1977, S. 196.</ref><br />
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Bei seiner Flucht hatte Ludwig XVI. eine gegenrevolutionäre Proklamation hinterlassen, die der Öffentlichkeit vorerst unbekannt blieb. Darin hervorgehoben hatte er u.&nbsp;a. die aus seiner Sicht unheilvolle Rolle der politischen Klubs und deren maßgebliche Einflussnahme auf die Beschlüsse der Konstituante. Wie sich nun zeigte, war es aber gerade seine Flucht, die zu einer Neuformierung und Radikalisierung dieser außerparlamentarischen politischen Organisationen führte. Der bis zum Oktober 1789 in Versailles maßgebliche Bretonische Klub hatte in Paris als „Gesellschaft der Freunde der Verfassung“ seinen Tagungsort im [[Jakobinerkloster Paris|Jakobinerkloster]] gefunden und wurde folglich [[Jakobiner]]-Klub genannt. Bereits bis Ende 1790 breitete er sich in 150 Filialen über das ganze Land aus und entfaltete als Ort der politischen Meinungsbildung tatsächlich große Wirkung, wobei das Pariser Original zugleich vorberatenden Einfluss auf die Beschlussfassung in der Nationalversammlung ausübte. Die Flucht der königlichen Familie führte in der Frage der Absetzung Ludwigs XVI. zur Spaltung des Jakobinerklubs: Da die Linke um Robespierre für die Absetzung des Königs eintrat, zog die Mehrheit der die Linie von La Fayette und Barnave teilenden Klubmitglieder aus und gründete im Feuillantiner-Kloster den Klub der [[Feuillants]]. Auch bei den Tochtergesellschaften kam es zu Abspaltungen; doch gelang es den Pariser Jakobinern auch mittels einer nun erst einsetzenden Kampagne für das allgemeine Wahlrecht, in den namensgleichen Filialen ein deutliches Übergewicht zu behalten.<br />
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[[Datei:Jean-paul marat 1.jpg|miniatur|hochkant|Jean-Paul Marat]]<br />
Da die Mitgliedsbeiträge im Jakobinerklub relativ hoch waren, gab es alsbald neben ihm zahlreiche weitere Klubs und Volksgesellschaften mit erleichtertem Zugang. Der einflussreichste unter ihnen war der im Franziskaner-Kloster tagende Klub der Cordeliers, ein Diskussions- und Kampf-Klub für die Durchsetzung der Menschenrechte und zur Aufdeckung von Missbräuchen der öffentlichen Gewalt. Marat, Desmoulins und [[Georges Danton|Danton]] führten darin maßgeblich das Wort und gelangten über ihn zu politischem Einfluss. Nach der Flucht des Königs ging von hier zuerst die Forderung nach Abschaffung der Monarchie und nach Errichtung einer Republik aus. Am 14. Juli 1791 und noch einmal drei Tage später fanden [[Massaker auf dem Marsfeld|Großdemonstrationen auf dem Champ de Mars]] statt, wo nun am Altar des Vaterlandes Unterschriften für die Absetzung des Königs gesammelt wurden. La Fayette ließ die zweite Versammlung durch die Nationalgarde mit Gewehrsalven auseinander treiben, wobei es zahlreiche Tote gab. Ein unübersehbarer Riss trennte nun Nationalversammlung und Pariser Volksgesellschaften.<br />
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=== Ein vielseitig motivierter Krieg ===<br />
[[Datei:Leopold II.jpg|miniatur|hochkant|Leopold II.]]<br />
{{Hauptartikel|Erster Koalitionskrieg}}<br />
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Die Höfe, mit deren Unterstützung Ludwig XVI. bei seiner Flucht gerechnet hatte, ließen sich gut einen Monat Zeit für eine Reaktion. Dann erklärten Kaiser Leopold II. und der preußische König [[Friedrich Wilhelm II. (Preußen)|Friedrich Wilhelm II.]] in der [[Pillnitzer Deklaration|Deklaration von Pillnitz]] die nach der Flucht eingetretene Lage Ludwigs XVI. zum gemeinsamen Interesse für alle Könige Europas. Beide Monarchen stellten militärisches Eingreifen zugunsten Ludwigs XVI. in Aussicht, falls es zu einer großen Koalition der europäischen Mächte mit diesem Ziel käme. Ernsthafte Anstrengungen zur Verwirklichung dieses Plans wurden dann aber nicht unternommen. Bewirkt wurde mit der Drohung nur, dass die französischen Revolutionsanhänger eine noch größere Erbitterung gegen das „aristokratische Komplott“ hegten.<br />
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[[Datei:French constitution proclamation 1791.jpg|miniatur|Proklamation der Verfassung am 14. September 1791 in Paris, zeitgenössischer Stich]]<br />
Im September 1791 trat das Verfassungswerk der Konstituante unter Mitwirkung Ludwigs XVI., der den Eid auf die Verfassung ablegte, in Kraft. Am 1. Oktober konstituierte sich die neugewählte Legislative, der kein Mitglied der Konstituante mehr angehören durfte. Die Feuillants stellten gegenüber den Jakobinern eine deutliche Mehrheit; die größte Abgeordnetengruppe gehörte aber keinem der beiden Lager an.<br />
<br />
Das große Thema und die Ursache für das nicht einmal einjährige Bestehen der Legislative sollte der Revolutionskrieg werden. Der ging aber nicht von den europäischen Mächten aus, sondern von Frankreich selbst. Gemäß der neuen Verfassung war dafür das Zusammenwirken von König und Legislative nötig. Für Ludwig XVI. und Marie-Antoinette war ein Krieg nach dem gescheiterten Fluchtversuch der verbliebene Weg zur Wiederherstellung für sie akzeptabler Verhältnisse. Sie rechneten mit einer schnellen Niederlage des französischen Heeres und mit der Hilfe der Sieger bei der Rückabwicklung der revolutionsbedingten Veränderungen.<br />
<br />
[[Datei:Jacques Pierre Brissot.jpg|miniatur|hochkant|Jacques Pierre Brissot]]<br />
In der Legislative waren die Motive und Argumente selbstverständlich von anderer Art, führten aber zum nämlichen Ergebnis der Kriegsbefürwortung. Unter Feuillants wie La Fayette herrschte die Vorstellung, ein kurzer, begrenzter Krieg würde die Generäle stärken und sie in die Lage versetzen, die Revolution zu stabilisieren.<ref>Furet / Richet, S. 191.</ref> Eine regelrechte revolutionäre Kriegsbegeisterung wurde aber durch den Abgeordneten [[Jacques Pierre Brissot|Brissot]] von der Linken angefacht: „Die Kraft der Überlegung und der Tatsachen hat mich davon überzeugt, dass ein Volk, das nach 10 Jahrhunderten der Sklaverei die Freiheit errungen hat, Krieg führen muß. Es muß Krieg führen, um die Freiheit auf unerschütterliche Grundlagen zu stellen; es muß Krieg führen, um die Freiheit von den Lastern des Despotismus rein zu waschen, und es muß schließlich Krieg führen, um aus seinem Schoß jene Männer zu entfernen, die die Freiheit verderben könnten.“<ref>Zit. n. Walter Markov, ''Revolution im Zeugenstand. Frankreich 1789–1799.'' Band 2, Leipzig 1982, S. 198 f.</ref> Der Abgeordnete [[Maximin Isnard|Isnard]] sekundierte: „Glaubt nicht, unsere gegenwärtige Lage verwehre es uns, jene entscheidenden Schläge zu führen! Ein Volk im Zustand der Revolution ist unbesiegbar. Die Fahne der Freiheit ist die Fahne des Sieges.“<ref>Zit. n. Walter Grab (Hrsg.), ''Die Französische Revolution. Eine Dokumentation.'' München 1973, S. 94.</ref> Nur Robespierre hielt im Jakobinerklub nachdrücklich dagegen: „Die ausgefallenste Idee, die im Kopf eines Politikers entstehen kann, ist die Vorstellung, es würde für ein Volk genügen, mit Waffengewalt bei einem anderen Volk einzudringen, um es zur Annahme seiner Gesetze und seiner Verfassung zu bewegen. Niemand mag die bewaffneten Missionare; und der erste Rat, den die Natur und die Vorsicht einem eingeben, besteht darin, die Eindringlinge wie Feinde zurückzuschlagen.“<ref>Zit. n. Walter Grab (Hrsg.), ''Die Französische Revolution. Eine Dokumentation.'' München 1973, S. 98.</ref><br />
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Gegen die Kriegserklärung an den König von Böhmen und Ungarn<ref>Die Kaiserkrönung [[Franz II. (HRR)|Franz II.]] stand nach dem Tod Leopolds II. noch aus.</ref> stimmten am 20. April 1792 lediglich sieben Abgeordnete der Legislative. In der Euphorie der ersten Tage nach diesem Beschluss entstand für die Rheinarmee in Straßburg jene [[Marseillaise|Hymne]], die die Nation noch heute zusammenruft: „Allons enfants de la patrie…“<br />
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[[Datei:Sansculottes.jpg|miniatur|hochkant|Männer mit Jakobinermützen]]<br />
Die Kriegswirklichkeit zeigte sich dagegen schnell ernüchternd und verbitternd. Offiziere und Mannschaften setzten den verbündeten Österreichern und Preußen so wenig Widerstand entgegen, dass sehr bald Verrat gewittert wurde und eine Mobilisierung in den Pariser Sektionen<ref>Paris war ursprünglich für die Organisation der Wahlen in 48 Sektionen aufgeteilt; im Fortgang der Revolution waren diese Wahlbezirke aber auch zu Organisationseinheiten der politisch interessierten Bürger für die Abfassung von Forderungen und für die Koordination und Durchführung von Volksaktionen geworden.</ref> einsetzte, durch die mit Piken bewaffnete [[Sansculottes|Sansculotten]] zum ständigen Erscheinungsbild in den Straßen und auf den Tribünen der Stadt wurden. Ein konzentrierter Vorstoß in die Tuilerien am 20. Juni 1792 endete noch friedlich damit, dass der bedrängte König, der gerade eine unliebsame neue Ministerriege aus Feuillants berufen hatte, sich die rote [[Phrygische Mütze|Jakobinermütze]] aufsetzte.<br />
<br />
Doch am 11. Juli erließ die Legislative eine Proklamation, durch die das „Vaterland in Gefahr“ erklärt wurde. Alle waffenfähigen Bürger wurden zur Einregistrierung als Freiwillige aufgefordert, sollten die Nationalkokarde anlegen und wurden zu den Armeen geschickt. In den Provinzen verschärfte sich die königsfeindliche Stimmung. Man sprach wegen der in wichtigen Feldern unkooperativen Haltung Ludwigs XVI. und Marie-Antoinettes gegenüber der Legislative unterdessen oft nur noch abschätzig von „Monsieur et Madame Veto“ sowie vom „Österreichischen Komitee“, das bei Hofe herrsche und die patriotischen Anstrengungen sabotiere. Von [[Marseille]] aus brach ein Bataillon aus Freiwilligen nach Paris zum Föderationsfest auf. Durch ihre Gesänge wurde das Lied aus den ersten Kriegstagen als [[Marseillaise]] (Hymne der Marseiller) bekannt und verbreitet.<ref>Marseille als eine Hochburg des revolutionären Geschehens fernab von Paris erweist das Kapitel „Marseille: ‚Schutzschild der Revolution’“ in: Rolf E. Reichardt, Das Blut der Freiheit. Französische Revolution und demokratische Kultur, Frankfurt am Main 1998, S. 93ff.</ref><br />
<br />
== Die erste französische Republik ==<br />
<br />
Bei den Vorgängen, die den Sturz der Monarchie, die [[Erste Französische Republik|Errichtung der Republik]] und die Ausbildung von Revolutionsregierung und Terror in der radikal-demokratischen Phase bis Juli 1794 bewirkten, hat der Revolutionshistoriker Lefèbvre eine spezifische revolutionäre Mentalität als ursächlich gedeutet, die bereits den Sturm auf die Bastille und die anderen Volksaktionen des Jahres 1789 bestimmt habe und die sich erst nach der Festigung der revolutionären Errungenschaften allmählich zurückgebildet habe. Sie bestand nach Lefèbvre aus drei Komponenten: der Furcht (peur) vor dem „aristokratischen Komplott“, der Abwehrreaktion (réaction défensive), die die Selbstorganisation von Volksgruppen und die Durchführung von Widerstandsmaßnahmen umfasste, und dem Willen zur Bestrafung der revolutionsfeindlichen Widersacher (volonté punitive).<ref>Lefèbvre 1989, S. 140f.</ref> Der von Hiobsbotschaften für die Revolutionsanhänger geprägte Kriegssommer 1792 setzte in dieser Hinsicht nachhaltige Akzente. Er führte nach 1789 in eine „zweite Revolution.“<ref>Vgl. u.&nbsp;a. Furet/Richet, S. 165f.</ref><br />
<br />
=== Durch Volkserhebung zum Nationalkonvent ===<br />
<br />
Anfang August 1792 wurde in Paris das [[Manifest des Herzogs von Braunschweig]] bekannt, des [[Oberbefehlshaber]]s der [[Preußische Armee|preußischen]] und österreichischen Truppen, die zum Einmarsch in Frankreich bereitstanden. Darin wurde mit Blick auf das Ziel, die königliche Familie aus der Gefangenschaft zu befreien und Ludwig XVI. in seine angestammten Rechte wiedereinzusetzen, zu widerstandsloser Unterwerfung der französischen Truppen, Nationalgardisten und Bevölkerung aufgerufen. Wo immer dagegen eine Verteidigung stattfände, drohte das Manifest mit Wohnungszerstörung und Niederbrennen. Paris wurde speziell hervorgehoben und allen irgend politisch Verantwortlichen der Stadt wurde bei Widersetzlichkeit [[Militärgericht|Kriegsgericht]] und [[Todesstrafe]] in Aussicht gestellt.<ref>Vgl. z.&nbsp;B. Walter Grab (Hrsg.), Die Französische Revolution. Eine Dokumentation. München 1973, S. 108ff.</ref><br />
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[[Datei:Jean Duplessi-Bertaux 001.jpg|miniatur|[[Tuileriensturm|Sturm auf die Tuilerien]] am 10. August 1792]]<br />
Die beabsichtigte Wirkung dieser Proklamation verkehrte sich ins Gegenteil. In den Pariser Sektionen, die sich bis auf eine bereits für die Absetzung des Königs ausgesprochen hatten – wenn auch gegenüber der Nationalversammlung erfolglos -, wurden nun Aufstandsvorbereitungen getroffen. Am Morgen des 10. August 1792 bildeten die Sektionen eine aufständische Kommune (commune insurrectionelle), die die bisherige Stadtverwaltung verjagte und an deren Stelle trat. Der amtierende Kommandeur der Nationalgarde wurde umgebracht und durch den Bierbrauer [[Antoine Joseph Santerre|Santerre]] ersetzt. Massen von Handwerkern, Kleinhändlern und Arbeitern zogen gemeinsam mit den in Paris ebenfalls seit Wochen auf Absetzung Ludwigs XVI. drängenden auswärtigen Föderierten vor die Tuilerien und erstürmten sie gegen den aufopfernden Widerstand der [[Schweizergarde (Frankreich)|Schweizergarde]]. Hunderte von Toten auf beiden Seiten waren der Preis des [[Tuileriensturm]]s. Die königliche Familie hatte sich bereits vor dem Angriff in die Nationalversammlung geflüchtet, die aber unter dem Druck der aufgebrachten Volksmassen nun doch die vorläufige Absetzung des Königs und seine Gefängnisverwahrung beschloss.<br />
<br />
Mit der revolutionären Kommune von Paris war neben die Nationalversammlung ein rivalisierendes politisches Organ getreten, das in der Folgezeit maßgeblichen eigenen Einfluss beanspruchte. Indem nicht wahlberechtigte sogenannte Passivbürger erst in den Pariser Sektionsversammlungen und dann bei der Kommune ihre Interessen zunehmend zur Geltung bringen konnten, büßte die nach dem [[Zensuswahlrecht]] gebildete Legislative durch die Volksaktion des 10. August schlagartig ihre Autorität ein. Daher sah sie sich zur Selbstauflösung im Zuge von Neuwahlen nach allgemeinem (Männer-) Wahlrecht für einen Nationalkonvent genötigt. Für die Übergangszeit wurde ein provisorischer Exekutivrat mit den bisherigen Regierungsfunktionen des Königs betraut. Die Verfassung von 1791 hatte damit ausgedient.<br />
<br />
Bis Ende August gestaltete sich der Vormarsch der preußisch-österreichischen Truppen mit der Einnahme [[Longwy]]s und [[Verdun]]s für Paris immer bedrohlicher. Eine Sonderaushebung von 30.000 Mann zur Verteidigung der [[Hauptstadt]] beschloss daraufhin die Legislative, die Kommune sogar die doppelte Anzahl. Unterdessen hatten die Sektionen nach dem Umsturz des 10. August Überwachungsausschüsse für alle als revolutionsfeindlich Verdächtigten eingerichtet. Sie sorgten mittels Haussuchungen und Verhaftungen, denen vor allem Hofbedienstete, Feuillants, Journalisten und eidverweigernde Priester ausgesetzt waren, für völlig überfüllte Gefängnisse. In der Situation, da nun die Freiwilligen-Trupps sich zum Abrücken gegen die preußisch-österreichischen Verbände unter dem Herzog von Braunschweig bereit machten, erschienen die Gefängnisinsassen als Bedrohung der Revolutionsmetropole von innen. In einer Spontanaktion von Föderierten, Nationalgardisten und Sansculotten, die damit Beschlüsse einzelner Sektionsversammlungen umsetzten, wurden vom [[Septembermassaker|2. bis 6. September]] zwischen 1.100 und 1.400 Gefängnisinsassen hingemetzelt.<br />
<br />
In dieser angespannten Lage fanden bei nur etwa 10 % Beteiligung die Wahlen zum Nationalkonvent statt. In Paris geschah dies bei offener Stimmabgabe unter Ausschluss der Anhänger des Königtums. Als der Nationalkonvent am 21. September 1792 zu seiner Eröffnungssitzung zusammenkam, schienen die Vorzeichen günstiger als noch kurz zuvor: Es war der Tag nach der [[Kanonade von Valmy]], in der das französische Revolutionsheer siegte und die äußere Bedrohung bis auf Weiteres abwendete.<br />
<br />
=== Girondins, Montagnards und das Urteil gegen Ludwig XVI. ===<br />
<br />
Der Begriff [[Nationalkonvent]] (''convention nationale'') für die nunmehr dritte französische Nationalversammlung signalisierte zwei Kernkompetenzen: die Ausarbeitung einer neuen Verfassung und die vorläufig ungeteilte Ausübung aller Kompetenzen der nationalen Souveränität (bzw. staatlichen Gewalt).<ref>Vgl. Furet/Richet, S. 228.</ref> Der Konvent sorgte in dieser Hinsicht mit seinen ersten Beschlüssen für klare Verhältnisse. Die Monarchie wurde abgeschafft, die Republik gegründet und eine neue Zeitrechnung eingeführt: Der 22. September 1792 war der erste Tag des Jahres I der Republik.<br />
<br />
Dieses relativ einmütige Bekenntnis zu der zweiten Revolution vom 10. August verdeckte zunächst jene politischen Lager, die alsbald in der Sitzordnung der Konventsmitglieder zum Ausdruck kamen. Auf der rechten Seite des Hauses sammelten sich die Anhänger Brissots, damals Brissotins genannt, später [[Girondisten|Girondins]] (nach dem [[Gironde (Département)|Departement Gironde]], aus dem einige prominente Mitglieder stammten). Sie standen mit ihrem Eintreten für Eigentumsschutz, freien Handel und Marktpreisbildung auf der Seite der Wirtschaftsbourgeoisie. Den Forderungen der Pariser Sektionsversammlungen und der aufständischen Kommune standen sie ablehnend gegenüber und versuchten dagegen den Einfluss der Föderierten in den Departements geltend zu machen.<br />
<br />
Ihre Widersacher im Konvent saßen in den höheren Sitzreihen, gleichsam auf dem Berg, und wurden deshalb [[Bergpartei|Montagnards]] genannt. Wie die große Mehrheit der Konventsmitglieder gehörten auch sie zur Schicht des mittleren und gehobenen Bürgertums, darunter vor allem Beamte und Angehörige der freien Berufe, besonders Juristen. Sie hielten über ihre führenden Köpfe – u.&nbsp;a. Danton, Robespierre, Marat – anders als die Girondins engen Kontakt zu den Sektionen und Volksgesellschaften, öffneten sich deren Interessen und machten sich zu ihren Wortführern im Konvent.<br />
<br />
[[Datei:Gjdanton.jpg|miniatur|rechts|hochkant|[[Georges Danton|Danton]]]]<br />
In der „Ebene“ (plaine) bzw. im „Sumpf“ ([[Marais (Französische Revolution)|marais]]) zwischen Girondins und Montagnards saß jene Mehrheit von Abgeordneten, die keinem der beiden Lager beitrat, sondern je nach Sachgegenstand und politischer Großwetterlage mal mit der einen, mal mit der anderen Seite stimmte. Dass bei einer Gesamtzahl von 749 Konventsmitgliedern 200 Girondins die ca. 120 Montagnards<ref>Vgl. Kuhn, S. 91.</ref> zahlenmäßig zunächst deutlich überwogen, musste deshalb nicht den Ausschlag geben, auch wenn die Girondins in der Entspannungsphase nach Valmy für ihren liberalen Kurs mehrheitlich Unterstützung fanden und sogar von Justizminister Danton umworben wurden.<br />
<br />
Die schwelende Frage, wie mit dem abgesetzten und inhaftierten König weiter zu verfahren sei, kam Ende November drängend auf die Tagesordnung des Konvents, als in einem Geheimschrank in den Tuilerien belastende Korrespondenz Ludwigs XVI. mit Emigranten und revolutionsfeindlichen Fürsten entdeckt wurde. Hiernach erwies sich ein Hochverratsprozess als unvermeidlich. Der Konvent selbst bildete den Gerichtshof. Gegen die widerstrebenden Girondins, die den König schonen wollten und den Jakobinerclub verließen, als sie sich dort nicht durchsetzen konnten, entschied der Konvent nach zwei Anhörungen des Angeklagten am 11. und 26. Dezember 1792 in seinen Beratungen vom 16. bis 18. Januar 1793 mehrheitlich, dass Ludwig XVI. sich der Verschwörung gegen die Freiheit schuldig gemacht habe, dass das Volk – anders als die Girondins es wollten – darüber nicht durch Plebiszit zu entscheiden habe, dass er die Todesstrafe erleiden solle, und zwar ohne Aufschub.<br />
<br />
[[Datei:Hinrichtung Ludwig des XVI.png|miniatur|Hinrichtung Ludwigs XVI.]]<br />
Am 21. Januar wurde der im Prozess nur noch als Louis Capet Angesprochene auf der „Place de la Révolution“ (heute [[Place de la Concorde]]) durch die Guillotine hingerichtet. Von einzelnen royalistischen Protestaktionen abgesehen, blieb es weitgehend ruhig im Lande: „außer in Paris und in den Versammlungen ruft der Prozess gegen Ludwig den XVI. keinerlei Begeisterung hervor. Dieses Schweigen eines ganzen Volkes beim Tod seines Königs beweist, wie tief der Bruch mit den jahrhundertealten Empfindungen der Menschen schon ist. Der Gesalbte Gottes, der mit allen Heilskräften Begabte wird ein für allemal mit Ludwig XVI. zu Staub. Man kann zwar zwanzig Jahre später die Monarchie wieder aufrichten, nicht aber die Mystik des geweihten Königs.“<ref>Furet/Richet, S. 239.</ref><br />
<br />
=== Jakobiner und Sansculotten im Radikalisierungsprozess ===<br />
<br />
[[Datei:Pitt the Younger.jpg|miniatur|150px|William Pitt der Jüngere]]<br />
Heftige Reaktionen löste die Guillotinierung Ludwigs XVI. im Ausland aus. Zur treibenden Kraft entwickelte sich dabei Großbritannien, wo der Hof Trauerkleidung anlegte und der französische Gesandte ausgewiesen wurde. Auch die seit den Siegen von Valmy und [[Schlacht von Jemappes|Jemappes]] offensive Kriegführung und [[Annexion]]spolitik des Konvents sowie die Schädigung britischer Wirtschaftsinteressen in Holland machten den britischen Premierminister [[William Pitt der Jüngere|Pitt]] nach der französischen Kriegserklärung vom 1. Februar 1793 zum Haupt einer [[Erster Koalitionskrieg|Koalition der europäischen Mächte]] gegen das republikanische Frankreich. Bereits zwei Monate später kämpften die zurückgedrängten Revolutionsheere wieder um die Verteidigung der eigenen Landesgrenzen – und innerhalb Frankreichs um den Fortbestand der Revolutionsergebnisse.<br />
<br />
Angesichts der gegnerischen Übermacht hatte der Konvent am 23. Februar die Aushebung weiterer 300.000 Mann beschlossen und es den Departements überlassen, mit welchem Verfahren sie das ihnen zugeteilte Kontingent zusammenbrachten. Konterrevolutionären Unmut löste diese Vorgabe vor allem in der bäuerlich-konservativ geprägten westfranzösischen [[Vendée]] aus, wo sich seit Anfang März bewaffnete Erhebungen wie ein Flächenbrand ausbreiteten und binnen kurzem zu einem Bürgerkrieg eskalierten, der auch in anderen Teilen des Landes Nahrung fand. Das Dekret des Konvents, das allen bewaffneten Rebellen die Todesstrafe und die Eigentumsbeschlagnahme androhte, bewirkte vorerst ebenso wenig wie der Einsatz von Revolutionstruppen.<br />
<br />
Zusätzlich unter Druck stand der Konvent im Frühjahr 1793 durch die Pariser Sansculotten, deren Unruhe auch noch durch eine Preisinflation angetrieben wurde. Allein von Ende Januar bis Anfang April war der Nennwert der Assignaten von 55 % auf 43 % gesunken.<ref>Furet/Richet, S. 253.</ref> Trotz zufriedenstellender Ernte 1792 hielten die Bauern in Erwartung weiterer Preissteigerungen das Marktangebot gering. Die wirtschaftspolitischen Forderungen der Sansculotten, die in solcher Lage regelmäßig erhoben wurden, zielten auf Feststellung der vorhandenen Bestände an Nahrungsmittelvorräten, Beschlagnahme gehorteter Teile der Produktion bei Bauern und Händlern, Festsetzung von Höchstpreisen (bzw. eines Preismaximums) und des Kurses der Assignaten sowie auf die Bestrafung von Wucherern.<br />
<br />
Während die Girondisten es strikt ablehnten, sich auf solche Forderungen einzulassen, zeigten sich die Montagnards bereitwilliger und zogen unter dem Druck der Umstände die Mehrheit der Plaine-Abgeordneten mit sich, denen daran lag, dass der Konvent die politische Initiative behielt und nicht von den Pariser Sektionen und der Kommune überrollt wurde. Girondistischen Warnungen vor der Diktatur hielt Marat entgegen: „Die Freiheit muss mit Gewalt geschaffen werden, und jetzt ist der Augenblick gekommen, um auf eine gewisse Zeit den Despotismus der Freiheit zu organisieren, um den Despotismus der Könige zu zerschmettern!“<ref>Zit. n. Furet/Richet, S. 258.</ref><br />
<br />
Im März 1793 wurde ein Revolutionstribunal geschaffen, das über Revolutionsgegner und Verdächtige zu urteilen hatte; als Zulieferer dienten die danach in den Gemeinden eingerichteten Überwachungsausschüsse. Der Zwangskurs für Assignaten, ein Preismaximum für Korn und Mehl sowie eine bei den Reichen zu erhebende Zwangsanleihe folgten im April und Mai. Für die Regierungsfunktionen wurde ein [[Wohlfahrtsausschuss]] geschaffen, in den am 11. April zunächst eine Mehrheit von Plaine-Abgeordneten gewählt wurde, in dem aber Danton den maßgeblichen politischen Einfluss ausübte. Seine Richtlinie bei der Einrichtung des Revolutionstribunals lautete in Erinnerung an die Septembermorde des Vorjahres: „Seien wir schrecklich, damit das Volk es nicht zu sein braucht!“<ref>Zit. n. Furet/Richet, S. 256.</ref><br />
<br />
Die Girondisten dagegen suchten die Auseinandersetzung mit den Pariser Sansculotten, betonten, dass Paris nur ein Departement neben 83 anderen war, und setzten im Konvent eine rein girondistisch zusammengesetzte Kommission zur Kontrolle der Umtriebe in den Pariser Sektionen durch. Der Abgeordnete Isnard eskalierte den Konflikt mit einer Drohung, die an das Manifest des Herzogs von Braunschweig erinnerte: „[…] sollte jemals durch einen Aufruhr, wie er seit dem 10. August unaufhörlich neu angezettelt wird, … die Vertretung der Nation in Mitleidenschaft gezogen werden, so erkläre ich hiermit im Namen ganz Frankreichs, daß Paris vom Erdboden getilgt werden würde; bald würde man sich beim Anblick des [[Seine]]-Ufers fragen, ob es dieses Paris wirklich einmal gegeben hat.“<ref>Zit. n. Furet/Richet, S. 260.</ref><br />
<br />
Die Entscheidung wurde abseits der normalerweise die Volksbewegung anführenden Sektionen und der Kommune von einem aufständischen Komitee vorbereitet, dem es in mehreren Anläufen vom 31. Mai bis 2. Juni 1793 schließlich gelang, den Konvent mit 80.000 Mann umstellen und mit über 150 Kanonen bedrohen zu lassen. Gegen den Widerstand auch der Montagnards wurde ultimativ die Auslieferung der führenden Girondins verlangt, sodass der Konvent letztlich den Beschluss fasste, diese unter Hausarrest zu stellen. Mit dem Ausscheiden der Girondins aus dem Konvent begann jener Abschnitt der Französischen Revolution, der vielfach als „Jakobinerherrschaft“ bezeichnet wird.<ref>Im Zuge der Vertreibung der Girondins durch die Ereignisse des 2. Juni 1793 kam es zu einer nochmaligen Vereinheitlichung der politischen Linie im Netz der Jakobiner-Klubs, die jedoch wie gesehen bereits vordem in Gang gekommen war: „Von 1793 an wurde die Säuberung zum Medium der bis dahin nicht erreichten politischen Einheit. In Paris wurde sie im März/April 1793 von einem ernannten, nicht gewählten Komitee durchgeführt, denn Robespierre hatte geltend gemacht, daß ‚die Gesellschaft viele Feinde in ihrer Mitte hat, die daran interessiert sind, diejenigen Mitglieder zu entfernen, deren Strenge sie fürchten.‘“ Furet/Ozouf 1996, Bd. 2, S. 787.</ref><br />
<br />
=== Eine Revolutionsdiktatur zur Rettung der Republik ===<br />
[[Datei:French constitution of 1793 german.svg|miniatur|400px|Die republikanische [[Französische Verfassung (1793)|Verfassung von 1793]]]]<br />
<br />
Durch die Vertreibung der Girondins aus dem Konvent war auch der wesentlich von dem Aufklärungsphilosophen [[Marie Jean Antoine Nicolas Caritat, Marquis de Condorcet|Condorcet]] geprägte Verfassungsentwurf hinfällig, der strikte Gewaltenteilung, ein konsequentes Repräsentativsystem und eine stärkere politische Eigenständigkeit und Mitgestaltungskompetenz der Departements vorsah. Eilig wurden bis zur Verabschiedung der neuen [[Französische Verfassung (1793)|Verfassung]] am 24. Juni 1793 – im Wesentlichen durch [[Marie-Jean Hérault de Séchelles]], [[Georges Couthon]] und [[Louis Antoine de Saint-Just]] – nun noch Akzente zugunsten der sozialen Gleichheit verschoben, ein Recht auf Arbeit und die Pflicht zum Widerstand gegen eine volksfeindliche Regierung hervorgehoben sowie neben dem Recht des Einzelnen auf Eigentum und freie Verfügung darüber auch die Verpflichtung zur Unterordnung unter den allgemeinen Willen betont. Die Inkraftsetzung dieser per Volksabstimmung bestätigten republikanischen Verfassung<ref>Die Wahlbeteiligung lag bei ungefähr einem Drittel der Wahlberechtigten.</ref> wurde allerdings vom Konvent in der bedrohlichen Kriegslage, die durch den von Anhängern der Girondins in den Departements geschürten Bürgerkrieg noch verschärft wurde, auf Friedenszeiten verschoben und ist tatsächlich nie erfolgt.<br />
<br />
[[Datei:Charlotte corday.jpg|miniatur|hochkant|Charlotte Corday]]<br />
Die Ermordung des radikalen Revolutionärs Marat durch die Monarchistin [[Charlotte Corday]] am 13. Juli 1793 sowie Aufstände gegen die Herrschaft des Pariser Rumpfkonvents, die u.&nbsp;a. in Lyon, Marseille, [[Belagerung von Toulon (1793)|Toulon]], Bordeaux und Caen ausbrachen, hielten die Sansculotten in gespannter Erregung und den Konvent im Zugzwang. Nun erst wurde die endgültige Befreiung der Bauern von sämtlichen noch zur Ablösung verbliebenen urkundlich belegbaren Feudallasten beschlossen und damit den 1789 auf dem Lande geweckten Erwartungen entsprochen. Zugleich begann der Verkauf enteigneter und in Kleinparzellen zerlegter Emigrantengüter. Damit war die Bindung der noch vermehrten Menge von Kleinbauern an die Revolution erreicht. Die Pariser Sansculotten konnten so aber nicht zufriedengestellt werden.<br />
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[[Jacques Roux]], der Wortführer einer besonders radikalen Sansculotten-Gruppierung, hatte bereits am Tag nach der Verfassungsverabschiedung, am 25. Juni 1793, im Konvent das „Manifest der Enragés“ (der Wütenden) vorgetragen, in dem es u.&nbsp;a. hieß: „Nun wird das Verfassungswerk dem Souverän übergeben. Habt ihr darin das Spekulantentum geächtet? Nein. Habt ihr die Todesstrafe für Schieber ausgesprochen? Nein. […] Nun so erklären wir euch, ihr habt für das Glück des Volkes nicht genug getan.“<ref>Zit. n. Walter Markov, ''Revolution im Zeugenstand. Frankreich 1789–1799.'' Band 2, Leipzig 1982, S. 450.</ref> Am 26. Juli beschloss der Konvent daraufhin die Todesstrafe für Kornaufkäufer. Auch bei den Maßnahmen zur militärischen Verteidigung der Republik gegen die äußeren und inneren Feinde wurde der Konvent im August 1793 – entgegen seinen Bedenken hinsichtlich der organisatorischen Folgeprobleme – zum Äußersten getrieben: „Von diesem Augenblick an bis zu dem Zeitpunkt, wo alle Feinde vom Territorium der Republik verjagt sein werden, befinden sich alle Franzosen im ständigen Aufgebot für den Armeedienst. Die jungen Männer ziehen in den Kampf; die verheirateten werden Waffen schmieden und Versorgungsgüter befördern; die Frauen werden Zelte und Kleidung herstellen und in den Krankenhäusern arbeiten; die Kinder werden aus alter Wäsche Verbandsmull machen, und die alten Leute begeben sich auf die öffentlichen Plätze, um dort die Kampfmoral der Krieger zu stärken und den Haß auf die Könige sowie die Einheit der Republik zu verkünden.“<ref>Dekret vom 23. August 1793. Zit. n. Soboul, 2. Aufl. 1977, S. 295.</ref><br />
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[[Datei:Hebert-1.jpg|miniatur|hochkant|Jacques-René Hébert]]<br />
Anfang September wurden bei nochmals verschlechterter Versorgungslage erneut wirtschaftspolitische Forderungen etwa aus der Sektion Sans-Culottes laut: „Jedem Departement wird eine genügende Summe bewilligt, damit der Preis der Grundnahrungsmittel für alle Einwohner der Republik auf gleicher Höhe gehalten werden kann. […] Es soll ein Maximum für Vermögen festgesetzt werden. […] Keiner soll mehr Ländereien pachten dürfen, als für eine festgesetzte Anzahl von Pflügen gebraucht wird. Ein Bürger soll nicht mehr als eine Werkstatt oder einen Laden besitzen dürfen.“<ref>Zit. n. Walter Markov, ''Revolution im Zeugenstand. Frankreich 1789–1799.'' Band 2, Leipzig 1982, S. 491 f.</ref> Ein weiterer Sprecher des radikalen Flügels der Sansculotten, [[Jacques-René Hébert]], Herausgeber der Volkszeitung „[[Le père Duchesne]]“, erhob Anklage gegen die „Einschläferer“ im Konvent und trug wesentlich dazu bei, dass es am 5. September 1793 zu einer weiteren Aktion der Pariser kleinen Leute kam, die den Konvent massenhaft umstellten und dann friedlich besetzten, um den Abgeordneten-Beratungen nachzuhelfen. Sie erreichten unmittelbar, dass eine Revolutionsarmee aus Sansculotten gebildet wurde, die die Hauptstadtversorgung mit Getreide und Mehl sicherstellen sowie Wucherer und Schieber verfolgen sollte. Auf Anregung Dantons sollten zudem allen Bedürftigen fortan Tagegelder von 40 Sous auf Staatskosten für den Besuch von wöchentlich zwei Sektionsversammlungen ausgezahlt werden. Außerdem wurde die Verhaftung der Verdächtigen beschlossen und damit der Weg in die Schreckensherrschaft geöffnet. Mit der Einführung des [[Maximumgesetz|Allgemeinen Maximums]] für Preise – wie aber auch für Löhne – wurde Ende September schließlich eine weitere wirtschaftspolitische Kernforderung der Sansculotten berücksichtigt.<br />
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[[Datei:Saint Just.jpg|miniatur|hochkant|Louis Antoine de Saint-Just]]<br />
Führungsanspruch und Entschlossenheit gingen in dieser Revolutionsphase hauptsächlich von dem umgebildeten Wohlfahrtsausschuss aus, in dem Robespierre nach dem Ausscheiden Dantons die Fäden zog. Am 10. Oktober 1793 mahnte [[Antoine de Saint-Just|Saint-Just]] als enger Weggefährte Robespierres im Konvent ein klares Mandat für die Revolutionsregierung des Wohlfahrtsausschusses an: „In Anbetracht der Umstände, denen sich die Republik gegenwärtig ausgesetzt sieht, kann die Verfassung nicht in Kraft gesetzt werden; man würde die Republik durch die Verfassung selbst zugrunde richten. […] Ihr selbst seid zu weit weg von allen Verbrechen. Das Schwert des Gesetzes muß allerorts mit reißender Geschwindigkeit dazwischenfahren, und eure Macht muß allgegenwärtig sein, um dem Verbrechen Einhalt zu gebieten. […] Ihr könnt auf gutes Gedeihen nur dann hoffen, wenn ihr eine Regierung bildet, die milde und nachsichtig gegenüber dem Volk, sich selbst gegenüber aber durch die Tatkraft ihrer Beschlüsse schrecklich sein wird. […] Es ist auch nützlich, den Volksvertretern bei den Armeen mit Nachdruck ins Gedächtnis zurückzurufen, worin ihre Pflichten bestehen. Sie sollten in den Armeen Väter und Freunde der Soldaten sein. Sie sollen im Zelt schlafen, bei militärischen Übungen zugegen sein, sich nicht in Vertraulichkeiten mit den Generälen einlassen, damit der Soldat mehr Vertrauen in ihre Gerechtigkeit und Unparteilichkeit hat, wenn er ihnen ein Anliegen vorträgt. Tags wie nachts soll der Soldat die Volksvertreter bereit finden, ihm Gehör zu schenken.“<ref>Zit. n. Walter Markov, ''Revolution im Zeugenstand. Frankreich 1789–1799.'' Band 2, Leipzig 1982, S. 515 ff.</ref><br />
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[[Datei:Lazare carnot.jpg|miniatur|hochkant|Lazare Carnot]]<br />
Tatsächlich hatte die Republik in dieser Zeit vor allem einen militärischen Überlebenskampf zu führen. Der Konvent entsandte Kommissare (die von Saint-Just angesprochenen Volksvertreter) an die verschiedenen Kriegs- und Bürgerkriegsfronten, die vor allem mit unzuverlässigen Armeeführungen schonungslos aufräumen sollten. Der Nachlässigkeit verdächtige Generäle sollten militärgerichtlich abgeurteilt und durch erprobte und tatendurstige jüngere Offiziere ersetzt werden, zum Teil auf Vorschlag der Mannschaften. Die Umorganisation der Revolutionsheere wurde hauptsächlich von dem Militäringenieur [[Lazare Nicolas Marguerite Carnot|Lazare Carnot]] geleitet, ebenfalls Mitglied des Wohlfahrtsausschusses. Dabei wurden die Reste der alten Linientruppen mit den jüngst erst Ausgehobenen zu neuen Truppenkörpern vereinigt, die loyal zur Revolutionsregierung standen. Zur Jahreswende 1793/1794 zeichneten sich erste Erfolge dieser Maßnahmen ab, auch weil infolge des Massenaufgebots nun das zahlenmäßige Übergewicht der Revolutionsheere den Druck des Mehrfrontenkriegs aufzuwiegen begann. Ein Ende der Bedrohung für die Republik schien aber sowohl in der [[Aufstand der Vendée|Vendée]] als auch an den nordöstlichen Grenzen Frankreichs noch weit entfernt.<br />
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=== Legalisierter Terror und Entchristianisierung ===<br />
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Das im März 1793 geschaffene [[Revolutionstribunal]] hatte bis zur Septemberaktion der Pariser Sansculotten von 260 Angeklagten etwa ein Viertel (66 Personen) zum Tode verurteilt.<ref>Soboul, 2. Aufl. 1977, S. 306.</ref> Den Aufständischen erschien das offensichtlich völlig unzureichend, wie aus ihrer dem Konvent vorgelegten Petition vom 5. September 1793 hervorging: „Gesetzgeber, es ist an der Zeit, dem seit 1789 andauernden unheiligen Kampf zwischen den Kindern der Nation und jenen, die sie im Stich gelassen haben, ein Ende zu bereiten. Euer und unser Schicksal sind mit der unveränderlichen Einrichtung der Republik verknüpft. Entweder müssen wir ihre Feinde vernichten oder sie uns. […] Geheiligte Montagne, werde ein Vulkan, dessen heiße Lava die Hoffnung der Bösewichter für alle Zeiten zerstört und jene Herzen verbrennt, denen noch ein Gedanke an das Königtum innewohnt! Weder Gnade noch Erbarmen mehr mit den Verrätern! Denn kommen wir ihnen nicht zuvor, werden sie uns zuvorkommen. Errichten wir zwischen ihnen und uns die Schranke der Ewigkeit!“<br />
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Auch in dieser Hinsicht verfehlte der Massenauftritt der Sansculotten im Konvent die beabsichtigte Wirkung nicht. Am 17. September beschlossen die Montagnards und Plaine-Abgeordnete das Gesetz über die Verdächtigen, zu denen alle gezählt wurden, „die sich durch ihr Verhalten oder ihre Beziehungen oder durch mündlich oder schriftlich geäußerten Ansichten als Parteigänger der Tyrannen, des Föderalismus und Feinde der Freiheit zu erkennen gegeben haben“; dazu alle vormaligen Adligen und deren Verwandte, „die nicht dauernd ihre Verbundenheit mit der Revolution unter Beweis gestellt haben“, sowie sämtliche nach Frankreich zurückgekehrten Emigranten. Die örtlich zuständigen Überwachungsausschüsse hatten eine Liste der verdächtigen Personen aufzustellen, die Verhaftungsbefehle zu fertigen und die Überstellung ins Gefängnis zu veranlassen, wo die Inhaftierten bis zum Friedensschluss auf eigene Kosten verwahrt werden sollten. Eine Liste der Internierten war zentral dem Allgemeinen Sicherheitsausschuss des Konvents zu übersenden.<ref>Vgl. z.&nbsp;B. Walter Grab (Hrsg.), Die Französische Revolution. Eine Dokumentation. München 1973, S. 176ff.</ref><br />
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[[Datei:Pierre Vergniaud.jpg|miniatur|hochkant|Pierre Vergniaud]]<br />
Gleichfalls auf der von den Sansculotten geforderten Linie lag eine Verfahrensbeschleunigung im Revolutionstribunal, das mit den Angeklagten zunehmend kurzen Prozess machte: In den [[Liste während der Französischen Revolution hingerichteter Personen|Verurteilten dieses Zeitraums]] spiegelte sich bereits das Drama der Revolutionsgeschichte bis dahin. Neben Marie-Antoinette, Charlotte Corday und Olympe de Gouges mussten auch [[Feuillants]] und Girondins das [[Schafott]] besteigen, darunter führende Persönlichkeiten der unterdessen drei aufeinander folgenden Nationalversammlungen wie Bailly, Barnave und Brissot. [[Pierre Vergniaud|Vergniaud]], einer der prominentesten Redner der Gironde und selbst Betroffener, goss das Geschehen in die Formel: „Die Revolution, gleich Saturn, frisst ihre eigenen Kinder.“<ref>Zit. n. Schulin, S. 213.</ref><br />
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Während die verurteilten Girondins am Morgen des 20. Oktober 1793 auf Karren zum [[Hinrichtung]]splatz gefahren wurden, stimmten sie lautstark die Marseillaise an und wurden jeweils erst durch die Guillotine zum Verstummen gebracht: „Der Chor wurde immer schwächer, je öfter die Sichel fiel. Nichts konnte die Überlebenden davon abhalten, weiter zu singen. Immer weniger hörte man sie auf dem riesigen Platz. Als die ernste und heilige Stimme Vergniauds zuletzt allein sang, hätte man glauben können, die ersterbende Stimme der Republik und des Gesetzes zu hören…“<ref>Jules Michelet, Bilder aus der Französischen Revolution (ausgewählt und überarbeitet von Melanie Walz). München 1989, S. 248.</ref> Als [[Madame Roland]], die ehedem einflussreiche Frau des vormaligen girondistischen Innenministers [[Jean-Marie Roland, vicomte de la Platière|Roland]] am 8. November das Schafott auf der Place de la Révolution bestieg, grüßte sie die nahebei aufgestellte monumentale Freiheitsstatue: „O Freiheit, was für Verbrechen werden in deinem Namen begangen!“<ref>Zit. n. Schulin, S. 214.</ref><br />
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[[Datei:Notre-Dame de Paris 2792x2911.jpg|miniatur|hochkant|Notre-Dame de Paris]]<br />
Unter den frühen Widersachern der Revolution waren die eidverweigernden Priester; nach der Ausschaltung der Girondins aus dem Konvent war im Sommer 1793 aber auch der konstitutionelle Klerus großteils ins gegenrevolutionäre Lager übergegangen. Dadurch wurden z.&nbsp;T. bereits vorhandene antikirchliche Strömungen verstärkt und brachen sich mancherorts Bahn. Besonders hervorgetan hat sich dabei im Rahmen einer Konventsmission gegen föderalistische Aufstandsgebiete der Abgeordnete [[Joseph Fouché|Fouché]], der in [[Nevers]] u.&nbsp;a. für das Einschmelzen der Kirchenglocken sorgte, in der Kathedrale eine [[Marcus Iunius Brutus|Brutus]]-Büste weihen ließ und ein Bürgerfest veranstaltete. Ähnliches geschah am 7. November in Paris, wo der Bischof [[Jean Baptiste Joseph Gobel]] zur [[Abdikation|Abdankung]] vor dem Konvent genötigt und die Kathedrale [[Notre Dame de Paris|Notre Dame]] in einen Tempel der Vernunft umgewidmet wurde. Ein Konventsdekret stellte es jeder Gemeinde frei, sich von der Religion loszusagen. In Paris sorgten Revolutionsausschüsse und Volksgesellschaften dafür, dass Ende November alle Kirchen der Hauptstadt der Vernunft geweiht waren und dass in sämtlichen Pariser Sektionen ein [[Revolutionskult|Kult für die Märtyrer der Freiheit]] (Marat, [[Louis-Michel Le Peletier de Saint-Fargeau|Lepeletier]], Chalier) eingeführt wurde.<ref>Vgl. Soboul, 2. Aufl. 1977, S. 313.</ref> Zwar hat auf Initiative Robespierres der Konvent am 6. Dezember 1793 ein Dekret erlassen, das das Recht auf freie Religionsausübung bekräftigte, doch haben [[Entchristianisierung]] und vorläufige Kirchenschließung dauerhafte Spuren hinterlassen.<ref>Mona Ozouf unterstreicht bezüglich der „revolutionären Dechristianisierung“ Aspekte der Nachhaltigkeit: „der Aufbruch von Millionen von Priestern in die Emigration und die Amtsniederlegung – oft ohne Rückkehr – von Tausenden anderer Priester haben eine Ruinenlandschaft zurückgelassen – Gemeinden ohne Pfarrer, verlassene Pfarrhäuser, Gläubige ohne Sakramentenspendung. […] die revolutionäre Krise beschleunigt den Rückgang der männlichen Beteiligung an der österlichen Kommunion und bringt die beiden gegensätzlichen Örtlichkeiten der dörflichen Soziabilität im 19. Jahrhundert auf den Weg: die Kirche für die Frauen, die Schenke für die Männer.“ Furet/Ozouf, Band 1, S. 45.</ref><br />
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=== Robespierristen, Hébertisten und Dantonisten im Entscheidungskampf ===<br />
[[Datei:Robespierre.jpg|miniatur|hochkant|Anonymes Porträt Robespierres um [[1793]], [[Musée Carnavalet]]]]<br />
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In seiner Wendung gegen die Auswüchse der Entchristianisierungskampagne, in der er mit Danton einig war, suchte Robespierre den radikalen Gruppierungen unter den Sansculotten Schranken zu setzen. Als stetiger Wächter der Volksinteressen und des allgemeinen Willens in Anlehnung an Rousseau hatte er sich bereits in der Konstituante profiliert und den Ruf des „Unbestechlichen“ („L’Incorruptible“) erworben. „Er wird es weit bringen“, hatte Mirabeau prophezeit, „er glaubt alles, was er sagt.“ Seit März 1790 war Robespierre Vorsitzender des Jakobinerklubs und hatte dort sowohl die Abspaltung der Feuillants als auch der Girondins mit eigenem Autoritätsgewinn überstanden.<ref>Furet/Ozouf, Band 1, S. 507ff.</ref> Als er am 25. Dezember 1793 vor den Konvent trat, um über die Grundsätze der Revolutionsregierung zu referieren, stand er als strategischer Kopf des Wohlfahrtsausschusses im Zenit seiner Macht. Teile seiner damaligen Ansprache werfen ein erhellendes Licht auf die nachfolgende Entwicklung bis zu seinem Sturz.<br />
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Die Revolutionsregierung mahnte er zur Wachsamkeit gegenüber zwei gleichermaßen ins Verderben führenden gegensätzlichen Polen: „Sie muß zwischen zwei Klippen, der Schwachheit und der Verwegenheit, dem Moderantismus und der Maßlosigkeit, hindurchsteuern: dem Moderantismus, der für die Mäßigung ist, was die Impotenz für die Keuschheit ist; der Maßlosigkeit, die der Tatkraft ähnelt wie die Wassersucht der Gesundheit.“<ref>Zit. n. Walter Markov, ''Revolution im Zeugenstand. Frankreich 1789–1799.'' Band 2, Leipzig 1982, S. 562 ff.</ref> Weder dem Moderantismus, wie Robespierre ihn im Sinne falscher Beschwichtigungs- und Mäßigungspolitik mehr und mehr den Dantonisten (Danton-Anhängern) unterstellte, noch einer maßlosen Radikalität, wie sie sich für ihn bei den [[Enragés]] und den [[Hébertisten]]<ref>Diese wurden zeitgenössisch als „Exagérés“, also als „Übertriebene, Unbescheidene“ bezeichnet.</ref> zeigte, durfte also Raum gelassen werden, wenn nicht den Absichten der konterrevolutionären europäischen Fürsten in die Hände gespielt werden sollte:<br />
:„Die Höfe des Auslands beratschlagen in unseren Verwaltungen und in unseren Sektionsversammlungen mit; sie verschaffen sich Zutritt zu unseren Klubs. Sie haben sogar Sitz und Stimme im Heiligtum der Volksvertretung. […] Zeigt ihr Schwäche, preisen sie eure Vorsicht; legt ihr Vorsicht an den Tag, zeihen sie euch der Schwäche. Euren Mut heißen sie Tollkühnheit, euren rechtlichen Sinn Grausamkeit. Laßt ihr ihnen Schonung angedeihen, zetteln sie vor aller Augen [[Verschwörung]]en an…“<ref>Zit. n. Walter Markov, ''Revolution im Zeugenstand. Frankreich 1789–1799.'' Band 2, Leipzig 1982, S. 566 f.</ref><br />
Der Tenor der Rede konnte leicht so verstanden werden: Wer – in welcher Richtung immer – vom Kurs der Revolutionsregierung abwich, beging Hochverrat.<br />
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[[Datei:Camille Desmoulins-1.jpg|miniatur|hochkant|Camille Desmoulins, Stich von Geoffroy]]<br />
Während die Hébertisten die Revolutionsregierung als noch zu wenig energisch gegenüber Revolutionsfeinden und in der Durchsetzung sansculottischer Wirtschaftsvorstellungen angriffen, drängte Dantons enger Freund Camille Desmoulins im „Vieux Cordelier“ auf Milderung der Schreckensherrschaft durch die Freilassung von 200.000 Verdächtigen und auf Schaffung eines Begnadigungsausschusses; schließlich forderte er auch die Umbesetzung des Wohlfahrtsausschusses. Beide gegnerischen Fraktionen entstammten dem Klub der Cordeliers, gehörten zu den Montagnards oder standen ihnen politisch nahe. Das schützte sie aber nicht vor dem Zugriff der Revolutionsregierung. Sowohl die Hébertisten als auch einige der Gefährten Dantons, insbesondere [[Fabre d'Églantine]], hatten sich durch zwielichtige Kontakte mit ausländischen Waffenhändlern und Geschäftemachern angreifbar gemacht und standen unter Korruptionsverdacht. Nacheinander wurde ihnen der Prozess gemacht.<br />
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Danton selbst, auf dessen Initiative das Revolutionstribunal ein Jahr zuvor eingerichtet worden war, fand sich nun als Angeklagter vor ihm wieder. Auf die Frage nach seiner Adresse meinte er: „Meine Wohnung? Bis jetzt rue Marat. Bald wird sie im Nichts sein. Und dann im Pantheon der Geschichte.“<ref>Zit. n. Schulin, S. 222.</ref> Dantons Selbstverteidigung imponierte über die Mauern des Gerichtssaals hinaus und drohte einen Volksaufstand auszulösen. Der Ankläger [[Antoine Quentin Fouquier-Tinville|Fouquier-Tinville]], dem der Prozessverlauf entglitten war, erwirkte über den Wohlfahrtsausschuss ein Dekret des Konvents, das den Ausschluss Dantons von der Verhandlung wegen Störung der öffentlichen Ordnung ermöglichte. Die Hébertisten kamen am 24. März 1794 unter die Guillotine, die als „[[Indulgenten|Gemäßigte]]“ (Indulgents) bezeichneten Männer um Danton am 5. April.<br />
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=== Erosion und Ende der Schreckensherrschaft ===<br />
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Nach diesem Doppelschlag gegen wichtige Identifikationsfiguren breiter Volksschichten bröckelte die Basis von Montagnards und Revolutionsregierung unter den Sansculotten mehr und mehr, zumal diese sich durch die Festlegung eines Lohnmaximums erneut in ungünstiger wirtschaftlicher Lage sahen. Die Entchristianisierungskampagne, die die hergebrachte Religion durch einen Kult der Vernunft und der Revolutionsmärtyrer ersetzt hatte, suchte [[Maximilien de Robespierre|Robespierre]] zu entschärfen und in ihrer Wirkung nach innen und gegenüber dem Ausland unschädlich zu machen, indem er den Konvent im Mai 1794 dekretieren ließ: „Das französische Volk anerkennt die Existenz eines Höchsten Wesens und die Unsterblichkeit der Seele.“<ref>Zit. n. Furet/Richet, S. 326.</ref> Mit einem unter großem Zeremoniell und persönlicher Leitung Robespierres begangenen „Fest des Höchsten Wesens und der Natur“ am 8. Juni 1794 suchte Robespierre schließlich die Nation ideologisch auszusöhnen und auszurichten.<br />
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Die [[Großer Terror (Frankreich)|Schreckensherrschaft]] wurde aber auch nach der Ausschaltung von Hébertisten und Dantonisten nicht gelockert, im Gegenteil: zwei Tage nach dem Fest des Höchsten Wesens wurde das [[Gesetz vom 22. Prairial]] verabschiedet, das den Kreis der potentiell Verdächtigen noch einmal nahezu beliebig erweiterte, indem als Feind des Volkes u.&nbsp;a. gelten sollte, „wer Mutlosigkeit zu verbreiten sucht mit der Absicht, die Unternehmungen der gegen die Republik verbündeten Tyrannen zu fördern; wer falsche Nachrichten ausstreut, um das Volk zu spalten oder zu verwirren“.<ref>Zit. n. Walter Grab (Hrsg.), ''Die Französische Revolution. Eine Dokumentation.'' München 1973, S. 225.</ref><br />
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[[Datei:Jean-Baptiste Carrier.jpg|miniatur|hochkant|Jean-Baptiste Carrier]]<br />
Vor dem stark erweiterten Revolutionstribunal gab es fortan für die Angeklagten keine Verteidiger mehr, im Falle des Schuldspruchs aber nur noch ein Strafmaß: die Hinrichtung. Die damit eingeleitete Phase der „Grande Terreur“ (des „Großen Schreckens“) vom 10. Juni bis 27. Juli 1794 führte zu 1285 Todesurteilen allein am Pariser Revolutionsgerichtshof.<ref>Furet/Richet, S.326.</ref> Noch summarischer hatte die Schreckensherrschaft bis dahin schon in den vom Bürgerkrieg betroffenen Regionen Frankreichs gewütet. Bei den Strafaktionen gegen Marseille, Lyon, Bordeaux und Nantes spielte die Guillotine, das Instrument der Einzelexekution, nicht die Hauptrolle. In Lyon praktizierten die Konventskommissare [[Jean-Marie Collot d'Herbois|Collot d'Herbois]] und [[Joseph Fouché|Fouché]] Massenexekutionen durch [[Füsilieren|Füsilladen]] und Mitrailladen. Ihr Kollege [[Jean-Baptiste Carrier|Carrier]] ließ in Nantes außerdem Massenertränkungen in der Loire vornehmen.<br />
<br />
Collot d'Herbois und Fouché gehörten nach ihrer Rückkehr in den Konvent neben [[Paul de Barras|Barras]] schließlich auch zu den treibenden Kräften beim Sturz Robespierres und seiner engsten Mitarbeiter im Wohlfahrtsausschuss. Beide sahen sich in Gefahr, als Robespierre ohne Namensnennung am 26. Juli 1794 vor dem Konvent sein politisches Testament ausbreitete: „In wessen Händen sind heute die Armeen, die Finanzen und die innere Verwaltung der Republik? In den Händen der Koalition, die mich verfolgt. […] Man muß die Verräter bestrafen […] Ich fühle mich berufen, das Verbrechen zu bekämpfen, nicht aber, über das Verbrechen zu herrschen. Die Zeit ist noch nicht gekommen, wo die rechtschaffenen Menschen ohne Gefahr dem Vaterland dienen können; solange die Horde der Schurken regiert, werden die Verteidiger der Freiheit geächtet sein.“<ref>Zit. n. Walter Grab (Hrsg.), ''Die Französische Revolution. Eine Dokumentation.'' München 1973, S. 228 ff.</ref><br />
<br />
In der darauffolgenden Nacht formierte sich das Komplott zum Sturz Robespierres, nach Soboul eine [[9. Thermidor|Augenblickskoalition]], die einzig durch Angst zusammengehalten wurde,<ref>Zit. n. Soboul, 2. Aufl. 1977, S. 376.</ref> die es aber verstand, Robespierre und Saint-Just am Folgetag im Konvent nicht mehr nennenswert zu Wort kommen zu lassen, sondern sie und weitere ihrer Weggefährten zu verhaften und am 28. Juli 1794 – nach einem halbherzigen Befreiungsunternehmen einiger Pariser Sektionen – ohne Urteil hinrichten zu lassen. In einem pointierten Resümee zu der damit endenden radikalen Phase der Französischen Revolution heißt es: „Diese Revolutionsdiktatur ist, wie sie sich schließlich gestaltete, an sich selbst zusammengebrochen, aber es war ihr Werk, dass nach ihr das Alte, welches sie endgültig hinweggefegt hatte, nicht mehr wiederkehren konnte.“<ref>Griewank, S. 91.</ref><br />
<br />
== Thermidorianer und Direktorium – das Besitzbürgertum an der Macht (1794–1799) ==<br />
<br />
In der dritten Phase der Französischen Revolution – mit gut fünfjähriger Dauer etwa ebenso lang wie die erste und zweite Phase zusammengenommen – lassen sich noch einmal drei Abschnitte unterscheiden: der etwa einjährige Abschnitt des um die Rückberufung der noch lebenden Girondins erweiterten [[Thermidorianer]]-Konvents sowie die beiden Abschnitte des ersten und zweiten [[Direktorium (Frankreich)|Direktoriums]], die jeweils etwa 2 Jahre währten und auf der am 22. August 1795 in Kraft gesetzten neuen Verfassung beruhten.<br />
<br />
Sturz und Hinrichtung Robespierres und seiner engsten Anhänger geschahen kaum zufällig zu einem Zeitpunkt, da die Revolutionsregierung ihren selbstgesetzten Zweck erfüllt hatte. Die Bedrohung der revolutionären Errungenschaften durch innere und äußere Feinde war mit äußerster Radikalität und Konsequenz abgewendet worden. Nun hieß es für die bis dahin gefügige Mitte der Konventsmitglieder, die Früchte der Revolution im Rahmen einer neuen Verfassung zu sichern. Die Thermidorianer<ref>Der Name “Thermidorianer“ meint die nach dem Sturz der Revolutionsregierung unter Robespierre herrschende Konventsmehrheit und bezieht sich gemäß Revolutionskalender auf den „Hitzemonat“ (Juli) 1794, der diesen Einschnitt der Revolutionsgeschichte brachte.</ref> standen auf dem Boden der Republik, hatten dem Sturz der Monarchie das eigene Mandat zu verdanken und hatten die revolutionsbedingten kulturellen Neuerungen mitvollzogen.<br />
<br />
=== Die Revolution als Motor kulturellen Wandels ===<br />
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[[Datei:Calendrier-republicain-debucourt2.jpg|miniatur|hochkant|Der neue republikanische Kalender.]]<br />
Die Französische Revolution hat nicht nur in politischer und sozialer Hinsicht zu Umwälzungen geführt, sondern auch Alltagsleben und Kultur durchgreifend verändert. Mit der Einführung des [[Französischer Revolutionskalender|Revolutionskalenders]] war nicht nur eine neue Zeitrechnung (beginnend mit dem Jahr I der Republik) verbunden; der Tag wurde in zehn entsprechend längere Stunden aufgeteilt. Auch die Monatsnamen wurden geändert und auf jahreszeitliche Merkmale bezogen. So hießen die im Frühling liegenden Monate nun Germinal (für die da sprießenden Keime), Floréal (für die sich ausbreitende Blumenblüte) und Prairial (Wiesenmonat).<ref>In historischen Darstellungen ist es durchaus bis heute üblich, für wichtige Ereignisse der französischen Geschichte, die zwischen dem 22. September 1792 (1. Vendémiaire I) und dem 31. Dezember 1805 (10. Nivôse XIV) stattfanden, die Daten sowohl nach dem Gregorianischen wie nach dem Revolutionskalender anzugeben.</ref> Die Woche wurde in der alten Form abgeschafft und ein Zehn-Tage-Zyklus eingeführt, sodass nicht mehr jeder siebte, sondern nur noch jeder zehnte Tag arbeitsfrei gestellt war.<ref>Vor allem auf dem Lande war die Umstellung aber schwer durchsetzbar und die Erleichterung groß, als 1802 der Sonntagsrhythmus und 1805 der vorrevolutionäre Kalender insgesamt wieder eingeführt wurden.</ref> Auch Maße, Münzen und Gewichte wurden auf das Dezimalsystem umgestellt.<br />
<br />
Kommuniziert wurde das Revolutionsgeschehen einschließlich der damit verbundenen Neuerungen durch das Zeitungswesen, das sich in dieser Zeit sprunghaft entwickelte. Die Blätter vervielfachten z.&nbsp;T. ihre Auflage und wechselten von monatlicher zu wöchentlicher Erscheinungsweise. Auch die Bildpublizistik nahm mit [[Vignette]]n und [[Karikatur]]en zu politischen Themen einen bedeutenden Aufschwung. Beliebte Motive waren die Freiheitsgöttin [[Marianne]], der Altar des Vaterlandes, auch Gesetzestafeln der Verfassung.<ref>Thamer, S. 100. Für weitere Motive in der populären Bildpublizistik vgl. Martin Höppl (2010): [http://www.helikon-online.de/2010/Hoeppl_Druckgraphik.pdf ''Druckgraphik der Französischen Revolution. Kunstgeschichte, Kulturanthropologie und Kollektivpsyche.'' In: ''Helikon. A Multidisciplinary Online Journal'' 1, S. 144–183].</ref> Auf diese Weise wurde die politische Kultur von den Medien angeregt und mitgeprägt.<br />
<br />
Als Meinungsbildungs- und Kommunikationsforen dienten aber wesentlich auch die politischen Klubs, deren Spektrum von intellektuellen Diskussionszirkeln bis zu Volksgesellschaften reichte und die die jeweilige Bandbreite der politischen Interessen abdeckten. Für Frauen bildete diese Organisationsform nahezu die einzige Möglichkeit eigener Interessenartikulation während der Revolution, da ihnen das Wahlrecht durchgängig verwehrt blieb. In der Phase der Jakobinerherrschaft beanspruchten manche der Volksgesellschaften eine Kontrollfunktion auch dem Konvent gegenüber und betrieben Gesinnungsschnüffelei bis hin zur Überwachung bestimmter Revolutionssymbole (z.&nbsp;B. der Kokarden) und der Teilnahme an politischen Feiern.<ref>Thamer, S. 94.</ref><br />
<br />
Der Identifikationsbereitschaft mit Revolution und Nation dienten die mit großem Aufwand und Engagement durchgeführten Revolutionsfeste, bei denen traditionelle und religiöse Formen und Rituale wie Eidesleistungen und Prozessionen in eine neue säkulare und entchristlichte Formensprache überführt wurden. Man trug festliche Kleidung und die Kokarden der Bürgergesellschaft, präsentierte die [[Trikolore]], die Freiheitsgöttin mit phrygischer Mütze (von den Jakobinern als Erkennungszeichen getragen) und ab 1792 auch zeitweise eine Herkules-Gestalt als Symbol der Gleichheit des Volkes.<ref>Thamer, S. 102.</ref> Während aber das Fest der Einheit und Verbrüderung, das auf den 10. August 1792 bezogen war, nach dem Sturz der Jakobinerherrschaft verblasste, blieb das auf den 14. Juli 1789 gerichtete Revolutionsfest bis heute das stolzeste Ereignis der Nation und französischer [[Nationalfeiertag]].<br />
<br />
=== Stabilisierungsversuche zwischen Volksaktion und monarchistischer Reaktion ===<br />
<br />
Weitgehend einig waren sich die während der dritten Revolutionsphase im Konvent vorherrschenden Kräfte in der Wahrung ihrer besitzbürgerlichen Eigentums- und wirtschaftlichen Interessen. Dabei unterdrückten sie sowohl die verbliebenen Kräfte der Volksbewegung in Gestalt von Sansculotten und Jakobinern, als auch die Royalisten auf der anderen Seite des politischen Spektrums, die die Rückkehr zur Königsherrschaft und zum Ständestaat anstrebten.<br />
<br />
Die Höchstpreisgesetze wurden am 24. Dezember 1794 aufgegeben und der Getreidehandel völlig freigegeben mit der Folge, dass der Spekulation mit Nahrungsmitteln neuerlich Tür und Tor geöffnet waren. Die begleitende [[Inflation]] entwertete das Papiergeld der [[Assignat]]en rasch völlig, sodass Bauern und Kaufleute nur mehr Münzgeld akzeptierten. Nahrungsmittelknappheit und Hunger nahmen z.&nbsp;T. katastrophale Ausmaße an.<ref>Kuhn, S. 121.</ref> Davon unberührt blieben das handeltreibende Großbürgertum, Armeelieferanten und Aufkäufer von [[Nationalgüter]]n. Die Sprösslinge der unter diesen Voraussetzungen sich entwickelnden Schicht von Neureichen, die mit der sprechenden Bezeichnung [[Jeunesse dorée]] (goldene Jugend) belegt wurden, schlossen sich zu Großbanden zusammen und machten gelegentlich regelrecht Jagd auf Jakobiner und Sansculotten.<br />
<br />
Die führungslos gewordene Pariser Volksbewegung versuchte in der ersten Jahreshälfte 1795 etwa im [[Prairialaufstand]] zwar erneut, den Konvent unter Druck zu setzen, wurde aber mit der Nationalgarde niedergehalten. Todesurteile, [[Deportation]]en und Zwangsarbeit wurden verhängt. Die Niederlage der Volksbewegung wiederum rief die Royalisten auf den Plan, die die Stunde gekommen sahen, den im Exil in [[Verona]] seine Thronansprüche anmeldenden Bruder Ludwigs XVI. zu unterstützen.<ref>Nachdem der Sohn Ludwigs XVI. am 8. Juni 1795 im Gefängnis gestorben war, firmierte sein Onkel unter dem Namen Ludwig XVIII. und konnte als dieser nach Napoleons I. endgültiger Niederlage 1815 auf den französischen Thron gelangen.</ref> Ende Juni 1795 landete eine von der britischen Flotte unterstützte Emigrantentruppe auf der Halbinsel [[Quiberon]], wurde aber von Regierungstruppen aufgerieben. Auch in Paris scheiterte Anfang Oktober 1795 ein royalistischer Aufstand an den von [[Napoleon Bonaparte]] geführten regierungstreuen Soldaten.<br />
<br />
=== Neue Verfassung und erstes Direktorium ===<br />
<br />
Die vom Konvent am 22. August 1795 beschlossene neue Verfassung wurde per Volksabstimmung bestätigt und am 23. September in Kraft gesetzt. Erstmals wurde in Frankreich ein Zweikammersystem geschaffen, bestehend aus einem Rat der 500, der die [[Gesetzesinitiative]] hatte, und einem 250 Mitglieder umfassenden Rat der Alten (hier waren nur über 40-Jährige zugelassen gegenüber mindestens 30-Jährigen im Rat der 500), dessen Zustimmung zu Gesetzesvorlagen nötig war. Der Rat der Alten wählte aufgrund einer Vorschlagsliste des Rates der 500 ein aus fünf Mitgliedern bestehendes [[Direktorium (Frankreich)|Direktorium]], das die Exekutive bildete und die Minister der einzelnen Ressorts bestimmte. Um die Fortdauer der neuen Machtverhältnisse zu sichern, hatte der Konvent in einer Zusatzbestimmung festgelegt, dass zwei Drittel der neuen Abgeordneten aus den Reihen der bisherigen Volksvertreter stammen mussten.<br />
<br />
[[Datei:Babeuf.jpg|miniatur|hochkant|François Noël Babeuf]]<br />
Die radikaldemokratische Opposition, organisiert von [[François Noël Babeuf|Babeuf]], der Neujakobiner und Frühsozialisten in einer „[[Verschwörung der Gleichen|Verschwörung für die Gleichheit]]“ um sich scharte, bereitete einen neuen Volksaufstand vor. Im „Manifest der Plebejer“ präsentierte Babeuf ein den Thermidorianern fundamental entgegengesetztes Gesellschaftskonzept: die sozialistische Gütergemeinschaft. Vorgesehen waren für alle gleiches Recht und gleiche Pflicht zur Arbeit, gemeinschaftliche Arbeitsorganisation und Verfügung über die Arbeitsprodukte.<ref>Kuhn, S. 132.</ref> Unmittelbar vor der geplanten Erhebung wurden Babeuf und die führenden Mitverschwörer am 10. Mai 1796 verhaftet, er selbst nach mehrmonatiger Untersuchungshaft und Prozess ein Jahr später zum Tode verurteilt.<br />
<br />
[[Datei:Napoleon - 2.jpg|miniatur|hochkant|Napoleon Bonaparte (1792)]]<br />
Von neuem führte die Niederlage der radikal auf Gleichheit zielenden Bewegung zu einer Stärkung der Royalisten, wie die Wahlen im April 1797 zeigten. Drei der fünf Direktoren entschlossen sich mit Unterstützung von Truppen, die die Generäle [[Lazare Hoche|Hoche]] und Bonaparte zur Verfügung stellten, im September 1797 zum [[Putsch|Staatsstreich]], um einer royalistischen Wende vorzubeugen. Paris wurde militärisch besetzt, zwei der Direktoren und einige Abgeordnete festgenommen. In 49 Departements wurden die Wahlergebnisse und damit 177 Abgeordnetenmandate für ungültig erklärt. Die monarchistischen Kräfte waren mit verfassungswidrigen Mitteln vorerst kaltgestellt, die republikanische Verfassung dadurch aber diskreditiert und das zweite Direktorium delegitimiert, noch bevor es sich mit den drei bisherigen und zwei neuen Direktoren formiert hatte. Auch in dieser Konstellation kam es im Mai 1798 und Juni 1799 zu weiteren „kleinen“ Staatsstreichen, bevor Bonaparte schließlich zur Macht gelangte.<br />
<br />
=== Revolutionsexport ===<br />
<br />
Der noch unter jakobinischer Führung zustande gekommene Befreiungsschlag gegen die Österreicher in der [[Schlacht bei Fleurus (1794)|Schlacht bei Fleurus]] am 26. Juni 1794 zog die französische [[Annexion]] der [[Österreichische Niederlande|Österreichischen Niederlande]] nach sich. Die Thermidorianer kassierten im Januar 1795 den früheren Beschluss der Jakobiner, auf die Einmischung in die Angelegenheiten anderer Völker zu verzichten und betrieben aktiv [[Revolutionsexport]]. In Holland wurde nach dem Vordringen des Revolutionsheeres die [[Batavische Republik]] gegründet. Auch die linksrheinischen deutschen Gebiete gerieten unter französische Vorherrschaft, ohne allerdings den Status einer unabhängigen Republik zu erlangen.<br />
<br />
Zum [[Friede von Basel|Friedensschluss mit Preußen]] kam es am 5. April 1795 in Basel; Österreichs Friedensbereitschaft erzwang der von Napoleon Bonaparte befehligte [[Italienfeldzug]] 1796/97. Im [[Frieden von Campo Formio]] gab Österreich die Ansprüche auf Belgien auf und akzeptierte vorerst die eigene Schwächung in Norditalien zugunsten der von Frankreich abhängigen [[Cisalpinische Republik|Cisalpinischen Republik]]. Zu den weiteren machtpolitischen Erfolgen Bonapartes in Italien zählten die Gründung der [[Ligurische Republik|Ligurischen Republik]] und die Unterwerfung des [[Vatikanstadt|Vatikans]], verbunden mit der Verschleppung von Papst [[Pius VI.]]<br />
<br />
In der Direktorialzeit überwog – anders als in einer zweiten Revolutionsphase, wo das Befreiungsmotiv in den von Revolutionssoldaten eroberten Gebieten dominierte – das Motiv der Ressourcenausbeutung eroberter Ländereien und Republik-Gründungen. Unterschiedliche Konzeptionen gab es daneben aber bezüglich des Status, den diese Gebiete künftighin haben sollten. Der eine Ansatz sah einen Gürtel von halb selbständigen Republiken vor, zu denen neben der Batavischen und Cisalpinischen noch eine die Schweiz einbeziehende [[Helvetische Republik]] und eine linksrheinische [[Cisrhenanische Republik]] hätten gehören sollen. Auf eine solche Perspektive hofften auch die freiheitlich-republikanisch eingestellten Revolutionssympathisanten der gemeinten Ländereien.<ref>Vgl. Kuhn, S. 135.</ref><br />
<br />
Das andere Konzept knüpfte an die außenpolitischen Ziele des französischen Absolutismus an und setzte auf eine Politik der natürlichen Grenzen mit Einschluss aller linksrheinischen deutschen Gebiete. Dieses Konzept orientierte sich stärker an diplomatischen Verständigungsmöglichkeiten mit den deutschen Fürsten als an den emanzipatorischen Interessen der Bürger. Während des ersten Direktoriums überwogen noch die Anhänger der Schwesterrepubliken, unter dem zweiten dagegen dominierte der Expansionsdrang.<br />
<br />
[[Datei:Jean-Léon Gérôme 002.jpg|miniatur|hochkant|„General Bonaparte in Kairo“ (Gemälde von [[Jean-Léon Gérôme]])]]<br />
Nach den Siegen der französischen Revolutionsarmee unter Bonaparte in Italien blieb für das zweite Direktorium nur mehr Großbritannien als militärischer Gegner übrig. Im Oktober 1797 wurde eine Armee unter Bonapartes Oberbefehl für die Kanalüberquerung gebildet, das Unternehmen im folgenden Februar wegen der Stärke der britischen Flotte aber wieder eingestellt. Das zweite Direktorium verlegte sich nun darauf, die britischen Exporte auf den europäischen Kontinent nach Kräften zu blockieren, um den Gegner wirtschaftspolitisch auszumanövrieren (später – 1806–1814 – verhängte Napoleon eine [[Kontinentalsperre]]). Der Schwächung Großbritanniens sollte auch die von Bonaparte betriebene [[Ägyptische Expedition]] dienen, die im Sommer 1798 erfolgreich anlandete. Am ersten August allerdings brachte die britische Flotte unter [[Horatio Nelson|Admiral Nelson]] den Franzosen bei [[Abukir]] eine vernichtende Niederlage bei, ein Fiasko, das Bonaparte nicht daran hinderte, in [[Ägypten]] zu Lande weiter voranzukommen und den mitgenommenen Wissenschaftlern ein reiches Forschungsfeld zugänglich zu machen. Nach einem Syrienfeldzug gegen das [[Osmanisches Reich|Osmanische Reich]], bei dem er zwar [[Gaza (Stadt)|Gaza]] und [[Jaffa]] eroberte, dann aber aufgrund großer Verluste umkehren musste, legte Bonaparte im August des Folgejahres sein ägyptisches Kommando eigenmächtig nieder und schiffte sich nach Frankreich ein, wo er die politische Lage für die eigenen Machtambitionen reif vorfand.<br />
<br />
== Napoleon Bonaparte – Usurpator und Stabilisator der Revolutionsergebnisse ==<br />
<br />
Die nach der Entwertung des Papiergelds eingetretene Wirtschaftsdepression, die vor allem durch einen Preisverfall für bäuerliche Produkte und als Folge davon durch eine anhaltende allgemeine Geschäftsflaute bedingt war, hatte breite Kreise der Bevölkerung mehr und mehr gegen das Direktorium aufgebracht.<ref>Vgl. Soboul 1996, S. 120.</ref> In den Wahlen des Frühjahrs 1799 hatte die jakobinische Opposition deutlich an Boden gewonnen und im Sommer die Ersetzung zweier Direktoren durchgesetzt. [[Pressefreiheit]] und politische Clubs lebten wieder auf, eine jakobinische Renaissance schien sich abzuzeichnen. In dieser Situation ergriff [[Emmanuel Joseph Sieyès|Sieyès]] als einer der Direktoren die Initiative für einen neuerlichen [[Staatsstreich]] mit militärischer Rückendeckung, die er bei Bonaparte suchte und fand. Am 9/10. November [[Staatsstreich des 18. Brumaire VIII|(18./19. Brumaire VIII)]] zwang dieser als Kommandant der Pariser Truppen beide gesetzgebenden Kammern, der Abschaffung der geltenden Verfassung zuzustimmen. Als [[Französisches Konsulat|Erster Konsul]] eines Dreier-Kollegiums übernahm Bonaparte faktisch die Macht der neuen provisorischen Regierung, präsentierte bereits am 13. Dezember 1799 eine neue Verfassung und verkündete abschließend: „Bürger, die Revolution ist auf die Grundsätze gebracht, von denen sie ausgegangen ist; sie ist beendet.“<ref>“Citoyens, la révolution est fixée aux principes qui l’ont commencée: elle est finie.“ Zit. n. Kuhn, S. 150.</ref><br />
<br />
Seinen Aufstieg und die Machtsicherung verdankte Bonaparte hauptsächlich dem Revolutionsheer und den mit seinen Soldaten errungenen militärischen Erfolgen. In der Konsulatsverfassung war zudem die Garantie enthalten, dass die mit der Revolution verbundene Besitzverschiebung erhalten bleiben sollte. Die Nationalgüter königlicher, kirchlicher oder adliger Herkunft blieben also rechtmäßiger Besitz derer, die sie im Zuge der Revolution erworben hatten – eine wichtige Voraussetzung zur Herstellung des sozialen Friedens.<br />
<br />
Den Emigranten, die ihren Besitz verloren hatten, wurde eine Entschädigung aus dem Staatsschatz angeboten, was etwa 140.000 zur Rückkehr nach Frankreich veranlasste. Auch mit dem [[Heiliger Stuhl|Vatikan]] und den papsttreuen, eidverweigernden Priestern gelangte Bonaparte zu einem Ausgleich. In dem<br />
[[Konkordat von 1801|Konkordat vom 15. Juli 1801]] mit [[Pius VII.]] wurde der Katholizismus als mehrheitliche Religion der Franzosen anerkannt und die freie Religionsausübung an Sonntagen und kirchlichen Feiertagen wieder offiziell gestattet. Andererseits blieb es bei der [[Trennung zwischen Kirche und Staat]] und bei der revolutionsbedingten Enteignung von Kirchenbesitz. Die „[[Organische Artikel|Organischen Artikel]]“ vom 8. April 1802 (18 germinal an X) folgten dem [[Konkordat]] als Ausführungsgesetz. Die ohne Beteiligung der Kurie verfassten 77 Artikel sicherten abermals die staatliche [[Prärogative]] sowie die Notwendigkeit der staatlichen Zustimmung zu päpstlichen Dekretalen.<br />
<br />
[[Datei:Jacques-Louis David, The Coronation of Napoleon.jpg|miniatur|400px|Die Krönung in Notre Dame (1804). Napoleon, der sich zuvor selbst gekrönt hat, setzt seiner Gemahlin Joséphine die Krone auf. Rechts von Napoleon sitzt Papst Pius VII. (Gemälde von Jacques-Louis David)]]<br />
Mit dem [[Code Civil]] als [[Bürgerliches Gesetzbuch|Bürgerlichem Gesetzbuch]], das am 24. März 1804 verkündet wurde, bot die Herrschaft Napoleon Bonapartes schließlich konkrete rechtliche Grundlagen zur dauerhaften Sicherung des Eigentums gegen feudale Restaurationsansprüche wie gegen Forderungen nach sozialer Gleichheit. Staatsbürgerliche Gleichheit wurde damit als Rechtsgleichheit aller Franzosen fixiert. Anstelle regelmäßiger Wahlen jedoch ließ Bonaparte [[Plebiszit]]e zu ausgewählten wichtigen Fragen abhalten. Seiner Erhebung als Napoleon I. zum Kaiser der Franzosen – mit eigenhändiger Krönung in Anwesenheit des Papstes am 2. Dezember 1804 in der [[Notre Dame de Paris|Kathedrale Notre Dame]] – stimmten dreieinhalb Millionen Franzosen bei 2500 Gegenstimmen in einem Plebiszit zu.<ref>Kuhn, S. 152.</ref><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Zeittafel zur Französischen Revolution]]<br />
* [[Liste während der Französischen Revolution hingerichteter Personen]]<br />
* [[Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit]] (französisch: ''liberté, égalité, fraternité''), Wahlspruch der heutigen Französischen Republik<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* [[Hannah Arendt]]: ''[[Über die Revolution]]'' („On Revolution“). Piper, München 2000, ISBN 3-492-21746-X.<br />
* Peter R. Campbell (Hrsg.): ''The origins of the French revolution''. Palgrave Macmillan, Basingstoke 2006, ISBN 0-333-94971-4.<br />
* [[Thomas Carlyle]]: ''Die Französische Revolution.'' Neue illustrierte Ausgabe. 3 Bde. Hrsg. von Theodor Rehtwisch. Verlag von Georg Wigand, Leipzig o. J.<br />
* Roger Chartier: ''Die kulturellen Ursprünge der Französischen Revolution''. Campus-Verlag, Frankfurt/M. 1995, ISBN 3-593-35358-X.<br />
* [[François Furet]] / [[Mona Ozouf]]: ''Kritisches Wörterbuch der Französischen Revolution''. 2 Bände, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1996. (Französische Originalausgabe: ''Dictionnaire critique de la Révolution française'', Paris 1988.)<br />
* François Furet / Denis Richet: ''Die Französische Revolution''. Lizenzausgabe im Beck-Verlag, München 1981. (Französische Originalausgabe: ''La Révolution''. Zwei Bände, Paris 1965 und 1966.)<br />
* Albert Goodwin (Hrsg.): ''Die Französische Revolution. 1789–1795''. Fischer, Frankfurt/M. 1964<br />
* [[Karl Griewank]]: ''Die Französische Revolution''. 6. Aufl., Köln 1975.<br />
* Daniel Guérin: ''Klassenkampf in Frankreich 1793–1795'' («Bourgeois et bras nus»). Suhrkamp, Frankfurt/M. 1979, ISBN 3-518-07528-4.<br />
* Axel Kuhn: ''Die Französische Revolution''. Reclam, Ditzingen 1999, ISBN 3-15-017017-6.<br />
* [[Georges Lefèbvre]]: ''1789. Das Jahr der Revolution''. Dtv, München 1989, ISBN 3-423-04491-8.<br />
* [[Jules Michelet]]: ''Geschichte der französischen Revolution''. Eichborn-Verlag, Frankfurt/M. 1989, ISBN 3-8218-5019-1 (10 Teile in 5 Bänden)<br />
* Rolf Reichardt: ''Das Blut der Freiheit. Französische Revolution und demokratische Kultur''. Fischer, Frankfurt/M. 2002, ISBN 3-596-60135-5.<br />
* Rolf Reichardt: [http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0159-2010101173 ''Die Französische Revolution als europäisches Medienereignis''], in: [[Europäische Geschichte Online]], hrsg. vom [[Institut für Europäische Geschichte (Mainz)]], 2010 Zugriff am: 13. Juni 2012.<br />
* Shirley E. Roessler: ''Out of the Shadows. Women and Politics in the French Revolution, 1789–95''. Lang, New York 1998, ISBN 0-8204-4012-4.<br />
* [[Simon Schama]]: ''Citizens: A Chronicle of the French Revolution''. Vintage Books, New York 1990<br />
* [[Ernst Schulin]]: ''Die Französische Revolution'', 4. Aufl., C.H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51262-3.<br />
* [[Albert Soboul]]: ''Die Große Französische Revolution''. 2. Auflage, Frankfurt am Main 1977. (Französische Originalausgabe: Précis de l’histoire de la révolution française, Paris 1965 und 1966)<br />
* [[Albert Soboul]]: ''Kurze Geschichte der Französischen Revolution''. Wagenbach, Berlin 1996, ISBN 3-8031-2365-8.<br />
* [[Anne Germaine de Staël]]: ''Considérations sur la révolution française''. Tallandier, Paris 1988, ISBN 2-235-01482-8 (Repr. d. Ausg. Paris 1881) [http://archive.org/details/considrations02sta ''Considérations sur la Révolution française'']<br />
* [[Hans-Ulrich Thamer]], [[Michael Welply]]: ''Die Französische Revolution. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit''. Gerstenberg, Hildesheim 2007, ISBN 978-3-8067-4868-0. (Kinderbuch)<br />
* Hans-Ulrich Thamer: ''Die Französische Revolution.'' 3. Auflage, C.H. Beck, München 2009, ISBN 3-406-50847-2.<br />
<br />
== Film ==<br />
* ''[[Die Französische Revolution]]''; Frankreich, (West-)Deutschland, Italien, Großbritannien, Kanada 1989, Regie: [[Robert Enrico]], Richard T. Heffron, Dauer: 351 Minuten (teils staatlich gefördertes als durchgängiger Spielfilm dramaturgisch aufbereitetes Historiendrama zum 200. Jahrestag des Revolutionsbeginns – verdichtet auf die Darstellung der Ereignisse der maßgeblichen ersten fünf Jahre der Revolution zwischen 1789 und 1794)<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|French Revolution|Französische Revolution}}<br />
{{Wiktionary}}<br />
{{Wikisource}}<br />
* [http://www.gasl.org/refbib/Carlyle__Revolution.pdf Thomas Carlyle: ''Die französische Revolution''] (pdf-Datei; 20,36 MB)<br />
* http://www.republique.de/ – Fundgrube<br />
* [http://geschichtsverein-koengen.de/FranzRevolution.htm Französische Revolution bei geschichtsverein-koengen.de] – bis zum Thermidoraufstand (Juli 1794)<br />
* http://www.glasnost.de/hist/fr/ – mit Quellenteil<br />
* http://www.historicum.net/themen/franzoesische-revolution/zeitleiste/<br />
* [http://www.historicum.net/themen/franzoesische-revolution/einfuehrung/ historicum.net] – Schwerpunkt: Entstehungsgeschichte<br />
* [http://www.thermidor.de/ thermidor.de] – Hintergründe und Verlauf<br />
* [http://acumen.lib.ua.edu/c/u0002_0000006 French Revolutionary Pamphlets], ca. 320 Digitalisate, University of Alabama<br />
* [http://www2.uni-wuppertal.de/FBA/nachkriegsliteratur/Parfuem/PDFE/DemografieParis.pdf Die Demographische Entwicklung im Frankreich des 18. Jahrhunderts online]<br />
<br />
== Anmerkungen ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4018183-2}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Franzosische Revolution}}<br />
[[Kategorie:Französische Revolution| ]]<br />
[[Kategorie:Revolution]]<br />
[[Kategorie:Aufklärung]]<br />
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[[Kategorie:1799]]<br />
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[[af:Franse Rewolusie]]<br />
[[als:Französische Revolution]]<br />
[[am:የፈረንሳይ አብዮት]]<br />
[[an:Revolución francesa]]<br />
[[ar:الثورة الفرنسية]]<br />
[[arz:الثوره الفرنسيه]]<br />
[[ast:Revolución Francesa]]<br />
[[az:Böyük Fransa inqilabı]]<br />
[[bar:Französische Revolution]]<br />
[[bat-smg:Dėdliuojė Prancūzu revuoliocėjė]]<br />
[[be:Вялікая французская рэвалюцыя]]<br />
[[be-x-old:Француская рэвалюцыя]]<br />
[[bg:Френска революция]]<br />
[[bn:ফরাসি বিপ্লব]]<br />
[[br:Dispac'h Gall]]<br />
[[bs:Francuska revolucija]]<br />
[[ca:Revolució Francesa]]<br />
[[ceb:Rebolusyong Pranses]]<br />
[[ckb:شۆڕشی فەڕەنسا]]<br />
[[cs:Velká francouzská revoluce]]<br />
[[cy:Y Chwyldro Ffrengig]]<br />
[[da:Den Franske Revolution]]<br />
[[el:Γαλλική Επανάσταση]]<br />
[[en:French Revolution]]<br />
[[eo:Franca revolucio de 1789]]<br />
[[es:Revolución francesa]]<br />
[[et:Prantsuse revolutsioon]]<br />
[[eu:Frantziako Iraultza]]<br />
[[fa:انقلاب فرانسه]]<br />
[[fi:Ranskan suuri vallankumous]]<br />
[[fiu-vro:Suur Prantsusõ riigipööreq]]<br />
[[fo:Franska Kollveltingin]]<br />
[[fr:Révolution française]]<br />
[[fy:Frânske revolúsje]]<br />
[[ga:Réabhlóid na Fraince]]<br />
[[gl:Revolución Francesa]]<br />
[[gn:Revolusiõ Hyãsiapegua]]<br />
[[gv:Irree Magh ny Frank (1789)]]<br />
[[he:המהפכה הצרפתית]]<br />
[[hi:फ़्रान्सीसी क्रान्ति]]<br />
[[hif:French Revolution]]<br />
[[hr:Francuska revolucija]]<br />
[[hu:Francia forradalom]]<br />
[[hy:Ֆրանսիական հեղափոխություն]]<br />
[[ia:Revolution francese]]<br />
[[id:Revolusi Perancis]]<br />
[[ie:Francés Revolution]]<br />
[[ilo:Pranses a Rebolusion]]<br />
[[io:Franca revoluciono]]<br />
[[is:Franska byltingin]]<br />
[[it:Rivoluzione francese]]<br />
[[ja:フランス革命]]<br />
[[jv:Revolusi Prancis]]<br />
[[ka:საფრანგეთის რევოლუცია]]<br />
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[[kk:Француз төңкерісі]]<br />
[[kn:ಫ್ರೆಂಚ್ ಕ್ರಾಂತಿ]]<br />
[[ko:프랑스 혁명]]<br />
[[krc:Уллу француз революция]]<br />
[[ku:Şoreşa Fransayê]]<br />
[[kw:Domhwelans Frynkek]]<br />
[[la:Res novae Francicae]]<br />
[[lb:Franséisch Revolutioun]]<br />
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[[pms:Rivolussion fransèisa]]<br />
[[pnb:انقلاب فرانس]]<br />
[[pt:Revolução Francesa]]<br />
[[rm:Revoluziun franzosa]]<br />
[[ro:Revoluția franceză]]<br />
[[ru:Великая французская революция]]<br />
[[rue:Велика французьска револуція]]<br />
[[sc:Revolutzione frantzesa]]<br />
[[scn:Rivuluzzioni francisa]]<br />
[[sh:Francuska revolucija]]<br />
[[si:ප්රංශ විප්ලවය]]<br />
[[simple:French Revolution]]<br />
[[sk:Francúzska revolúcia]]<br />
[[sl:Francoska revolucija]]<br />
[[sq:Revolucioni francez]]<br />
[[sr:Француска револуција]]<br />
[[sv:Franska revolutionen]]<br />
[[sw:Mapinduzi ya Ufaransa]]<br />
[[szl:Francusko rewolucyja]]<br />
[[ta:பிரெஞ்சுப் புரட்சி]]<br />
[[te:ఫ్రెంచ్ విప్లవం]]<br />
[[th:การปฏิวัติฝรั่งเศส]]<br />
[[tl:Himagsikang Pranses]]<br />
[[tr:Fransız Devrimi]]<br />
[[uk:Велика французька революція]]<br />
[[ur:انقلاب فرانس]]<br />
[[vi:Cách mạng Pháp]]<br />
[[vls:Fransche Revoluusje]]<br />
[[war:Rebolusyon Pranses]]<br />
[[xmf:საფრანგეთიშ რევოლუცია]]<br />
[[yi:פראנצויזישע רעוואלוציע]]<br />
[[yo:Ìjídìde Fránsì]]<br />
[[zh:法国大革命]]<br />
[[zh-min-nan:Hoat-kok Kek-bēng]]<br />
[[zh-yue:法國大革命]]</div>GhalyBothttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vereinte_Nationen&diff=112951674Vereinte Nationen2013-01-14T15:36:19Z<p>GhalyBot: r2.7.3) (Bot: Ändere gu:યુનાઈટેડ નેશન્સ zu gu:સંયુક્ત રાષ્ટ્રસંઘ</p>
<hr />
<div>{{Weiterleitungshinweis|''UN'' und ''UNO''|Weitere Bedeutungen sind unter [[UN (Begriffsklärung)]] und [[UNO (Begriffsklärung)]] aufgeführt.<br />''United Nations'' ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Für den gleichnamigen Asteroiden siehe [[(6000) United Nations]].|mehrzahl=ja}}<br />
<br />
{{Infobox Zwischenstaatliche Organisation<br />
| Name = Vereinte Nationen<br />
| englisch = United Nations Organization<br />
| französisch = Organisation des Nations unies<br />
| Eigensprache = Weitere<br />
| Sonstige Sprache = <br />
* [[Arabische Sprache|Arabisch]]: الأمم المتحدة<br />
* [[Hochchinesisch|Chinesisch]]: 联合国<br />
* [[Russische Sprache|Russisch]]: Организация Объединённых Наций<br />
* [[Spanische Sprache|Spanisch]]: Organización de las Naciones Unidas<br />
| Flagge = Flag of the United_Nations.svg<br />
| Flaggentext = [[Flagge der Vereinten Nationen]]<br />
| Bild = United Nations Members.svg<br />
| Bildunterschrift = [[Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen|Mitgliedstaaten]]<br />
| Organisationsart = [[Internationale Organisation (Völkerrecht)|Internationales]] [[Völkerrechtssubjekt]]<br />
| Kürzel = UN / UNO<br />
| Feiertag = 24. Oktober ([[Tag der Vereinten Nationen]])<br />
| Einwohner = > 7.000.000.000<br />
| Fläche = 135.700.000<br />
| Bevölkerungsdichte = 50,3<br />
| Generalsekretär = [[Ban Ki-moon]] ([[Generalsekretär der Vereinten Nationen|Generalsekretär]])<br />
| Status = aktiv<br />
| Gründung = 26. Juni 1945;<br />Inkrafttreten der [[Charta der Vereinten Nationen|UN-Charta]] am 24.&nbsp;Oktober 1945<br />
| Sitz = [[New York City]] ([[Hauptquartier der Vereinten Nationen|Hauptquartier]])<br />
| Website = '''[http://www.un.org/ www.un.org]'''<br />
| Sprachen =<br />
* [[Englische Sprache|Englisch]]<br />
* [[Französische Sprache|Französisch]]<br />
| Amtssprachen =<br />
* [[Arabische Sprache|Arabisch]]<br />
* [[Hochchinesisch|Chinesisch]]<br />
* [[Russische Sprache|Russisch]]<br />
* [[Spanische Sprache|Spanisch]]<br />
| Gliedzahl = 193 (Siehe: [[Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen|UN-Mitgliedstaaten]])<br />
}}<br />
[[Datei:UN HQ 157652121 5b5979da9e2.jpg|miniatur|Blick auf die [[United Nations Plaza (Manhattan)|United Nations Plaza]] und das [[UN-Hauptquartier|Hauptquartier]] der Vereinten Nationen in [[New York City|New York]]]]<br />
[[Datei:UN building, Genevra.jpg|miniatur|[[Palais des Nations]] in [[Genf]]]]<br />
[[Datei:Uno_City_Kaiserwasser.jpg|miniatur|[[Vienna International Centre|UNO-City]] in [[Wien]]]]<br />
<br />
Die '''Vereinten Nationen''' ('''VN'''), {{enS|'''United Nations''' ('''UN''')}}, häufig auch '''UNO''' für {{lang|en|''United Nations Organization''}} ({{deS|''Organisation der Vereinten Nationen''}}), sind ein zwischenstaatlicher Zusammenschluss von [[Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen|193 Staaten]] und als globale [[Internationale Organisation (Völkerrecht)|Internationale Organisation]] uneingeschränkt anerkanntes [[Völkerrechtssubjekt]].<br />
<br />
Die wichtigsten Aufgaben der Organisation sind gemäß [[UN-Charta|ihrer Charta]] die Sicherung des [[Weltfrieden]]s, die Einhaltung des [[Völkerrecht]]s, der Schutz der [[Menschenrechte]] und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit. Im Vordergrund stehen außerdem Unterstützung im wirtschaftlichen, sozialen und [[humanitär]]en Gebiet (siehe auch die [[Millennium-Entwicklungsziele]] der UNO).<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
{{Hauptartikel|Geschichte der Vereinten Nationen}}<br />
<br />
=== Wurzeln ===<br />
Ihre Wurzeln haben die Vereinten Nationen in den [[Haager Friedenskonferenzen]] und im [[Völkerbund]], der nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] mit dem Ziel gegründet wurde, den Frieden auf der Welt dauerhaft zu sichern. Allerdings erhielt der Völkerbund durch mangelndes Beitrittsinteresse (so waren etwa die [[Vereinigte Staaten|USA]] kein Mitglied im Völkerbund) nicht den nötigen Einfluss, um seine Ziele durchsetzen zu können, und war mit Ausbruch des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] praktisch gescheitert.<br />
<br />
[[Präsident der Vereinigten Staaten|US-Präsident]] [[Franklin D. Roosevelt]] unternahm nach dem Scheitern des [[Völkerbund]]es noch während des Zweiten Weltkrieges einen zweiten Versuch, eine Organisation zur Sicherung des Friedens zu schaffen, und erarbeitete zusammen mit dem britischen Premierminister [[Winston Churchill]] die [[Atlantik-Charta]]. Am 1. Januar 1942 beriefen sich 26 Staaten in der [[Deklaration der Vereinten Nationen]] auf die Prinzipien der Atlantik-Charta. Durch die Mitarbeit der [[Sowjetunion]] und der [[Republik China]] an der neuen Friedensordnung kam es am 30. Oktober 1943 zur [[Moskauer Deklaration]] der Vier Mächte, die auf eine schnellstmögliche Schaffung einer allgemeinen, auf dem Prinzip der souveränen Gleichheit aller friedliebenden Staaten aufbauenden Organisation zur Aufrechthaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit zielte. Bei der [[Konferenz von Dumbarton Oaks]] wurde weiter über die Gründung der UN beraten. Nach Einbeziehung [[Frankreich]]s in den Kreis der hauptverantwortlichen Mächte konnte die [[Charta der Vereinten Nationen]] 1945 auf der [[Erklärung von Jalta|Konferenz von Jalta]] fertiggestellt werden. Sie wurde am 26. Juni 1945 in [[San Francisco]] von 50 Staaten unterzeichnet. Polen unterzeichnete die Charta erst später, zählt aber zu den 51 Gründungsmitgliedern.<br />
<br />
=== Charta ===<br />
{{Hauptartikel|Charta der Vereinten Nationen}}<br />
<br />
Die [[Charta]] ist die „Verfassung“ und Rechtsgrundlage für die Vereinten Nationen und wurde am 26. Juni 1945 im Theatersaal des [[Veterans War Memorial Building]] in [[San Francisco]] unterzeichnet. In Kraft trat die Charta am 24. Oktober 1945. [[Polen]], das 51. Gründungsmitglied, hatte an der Konferenz nicht teilnehmen können und unterschrieb später. Die Charta ist ein zeitlich nicht begrenzter [[völkerrecht]]licher Vertrag und wurde seit ihrer Gründung an nur vier Stellen geändert, nämlich die Artikel 23, 27, 61 und 109. Sie besteht aus einer [[Präambel]] und 19 Kapiteln mit 111 Artikeln. (Im Gegensatz dazu hatte die Satzung des [[Völkerbund]]es nur 26 Artikel.) Die Kapitel beschäftigen sich unter anderem mit den verschiedenen Hauptorganen der UN, der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten, den Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen sowie ihren Zielen und Grundsätzen.<br />
<br />
=== Gründung ===<br />
Die Charta trat am 24. Oktober desselben Jahres in Kraft, nachdem China, [[Frankreich]], die [[Sowjetunion]], das [[Vereinigtes Königreich|Vereinigte Königreich]], die [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten von Amerika]] und die Mehrheit der Gründungsstaaten die Charta ratifiziert hatten.<br />
<br />
Die Vereinten Nationen haben ihren [[UN-Hauptquartier|Hauptsitz]] in [[New York City|New York]] und drei weitere Sitze in [[Genf]] ([[United Nations Office at Geneva|Büro der Vereinten Nationen in Genf]]), [[Nairobi]] ([[Büro der Vereinten Nationen in Nairobi]]) und [[Wien]] ([[Vienna International Centre|Büro der Vereinten Nationen in Wien]]). Dabei ist Genf wegen seiner zahlreichen UN-Organisationen der größte UN-Standort mit dem meisten Personal.<ref>[http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/027/1702726.pdf Bundestagsdrucksache 17/2726], S. 9.</ref> In [[Den Haag]] befindet sich der [[Internationaler Gerichtshof|Internationale Gerichtshof]]. Die UN-Sitze befinden sich nach offiziellem Sprachgebrauch nicht in dem jeweiligen Staat, sondern sind nur von diesen Staaten umgeben. In den UN gelten Regeln eigener Art, und die Staatsmacht des jeweiligen Sitzlandes darf dort keine Zwangsmaßnahmen ausüben, wodurch ihre Souveränität insoweit nicht infrage steht. Dass Einrichtungen der UN eine Art „internationales Territorium“ darstellen würden, ist völkerrechtlich nicht anerkannt. Jedoch genießen ihre Einrichtungen völkerrechtliche [[Politische Immunität|Immunität]], ähnlich wie Botschaften.<br />
<br />
=== Ruanda-Krise ===<br />
{{Hauptartikel|Völkermord in Ruanda}}<br />
<br />
1994 wurde in [[Ruanda]] eines der schwersten Verbrechen der Geschichte begangen. Durch einen Gewaltausbruch kamen 800.000 Angehörige der Volksstämme [[Hutu]] und [[Tutsi]] ums Leben. Ein Eingreifen der [[Friedenstruppen der Vereinten Nationen|UN-Blauhelmsoldaten]] war aufgrund eines fehlenden Mandates durch die UN und der zu geringen Anzahl an Soldaten nicht möglich. Dieses Ereignis gilt gemäß Aussage von [[Kofi Annan]] als das größte Versagen der UN.<br />
<br />
=== Bosnien-Krise ===<br />
{{Hauptartikel|Jugoslawienkriege|Bosnienkrieg}}<br />
<br />
Ende Mai 1995 kam es in [[Bosnien und Herzegowina]] nach [[NATO]]-Luftangriffen auf ein Munitionsdepot der bosnischen [[Serben]] in [[Pale (Bosnien und Herzegowina)|Pale]] zu einer aufsehenerregenden Geiselnahme von [[Friedenstruppen der Vereinten Nationen|UN-Soldaten]]. Als Folge der Luftangriffe wurden ausgewiesene NATO-Schutz-Zonen von bosnischen Serben überfallen, UN-Soldaten als Geiseln genommen, an taktischen Positionen angekettet und zur Schau gestellt.<br />
<br />
== Erfolge ==<br />
Seit ihrer Gründung konnten die UN mehrere beachtliche Erfolge erzielen, unter anderem:<br />
* Sie wirkten bei der Gründung des Staates [[Israel]] 1947–1949 mit<br />
* Sie entschärften die [[Berliner Luftbrücke|Berlinkrise]] 1948–1949<br />
* Sie entschärften die [[Kubakrise]] 1962<br />
* Sie entschärften die [[Jom-Kippur-Krieg|Nahostkrise]] 1973<br />
* Sie wirkten in [[Föderation von Rhodesien und Njassaland|Rhodesien]] 1976 auf die Einführung des [[Wahlrecht]]s für Farbige hin<br />
* Beendigung des [[Erster Golfkrieg|Ersten Golfkriegs]] 1988<br />
<br />
Sie sicherten direkt den Frieden unter anderem in<br />
* [[Kambodscha]] (1993)<br />
* [[Mosambik]] (1994)<br />
* [[Angola]] (1995)<br />
* [[Guatemala]] (1996)<br />
* [[Republik Zypern|Zypern]]<br />
<br />
Viele Ziele haben die Vereinten Nationen bereits erreicht:<br />
* Ausarbeitung der [[Menschenrechte]] im Jahre 1948<br />
* Ausrottung oder Eindämmung von Krankheiten (z.&nbsp;B. [[Pocken]])<br />
* Flüchtlingsschutz ([[UNHCR]])<br />
* Ausbildung von [[Mine (Waffentechnik)|Minensuchern]] (z.&nbsp;B. gibt es in [[Afghanistan]] zehn Millionen verlegte Minen)<br />
* 70 Prozent der Aktivitäten der UN sind [[Entwicklungshilfe]] und humanitäre Hilfe<br />
* Das [[Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen|Welternährungsprogramm]] der UN stellt jährlich mehr als die Hälfte der weltweit geleisteten [[Nahrungsmittelhilfe]] bereit<br />
<br />
Die Tätigkeitsfelder liegen damit hauptsächlich bei der Friedenssicherung, Menschenrechtspolitik und Entwicklungszusammenarbeit.<br />
<br />
=== Friedenssicherung ===<br />
[[Datei:UN Soldiers in Eritrea.jpeg|links|miniatur|Soldaten der [[Friedenstruppen der Vereinten Nationen]] im Grenzgebiet von Eritrea und Äthiopien]]<br />
<br />
Die [[Frieden]]ssicherung ist eine der Hauptaufgaben der Vereinten Nationen. Sie sind der Vermeidung und Beendigung internationaler [[Konflikt]]e zentral verpflichtet. Der hohe Stellenwert wird dadurch deutlich, dass bereits im ersten Artikel der UN-Charta das [[Ziel]] formuliert wird, <br />
: {{Zitat|… den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen.|[[Charta der Vereinten Nationen|UN-Charta]], Art. 1 Ziff. 1}}<br />
<br />
Die Vereinten Nationen haben durch die freiwillige Einbindung ihrer [[Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen|Mitgliedstaaten]] ein ''System kollektiver Sicherheit'' geschaffen. Kern dieses kollektiven Sicherheitssystems ist das allgemeine Gewaltverbot:<br />
: {{Zitat|Alle Staaten unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.|[[Charta der Vereinten Nationen|UN-Charta]], Art. 2 Ziff. 4}}<br />
<br />
Trotz des allgemeinen Gewaltverbots schließt die Charta die Gewaltanwendung nicht völlig aus. Sie ist neben dem individuellen Selbstverteidigungsrecht jedes Landes auf den Sicherheitsrat konzentriert: kollektive Maßnahmen gegen Friedensstörer unter Beachtung des Kapitels VII, wie wirtschaftliche, kommunikative und sonstige nichtmilitärische [[UN-Sanktion|Sanktionen]] bis erforderlichenfalls hin zur Gewaltanwendung. Der Sicherheitsrat wird dadurch zum Träger des „Gewaltmonopols“. Bevor der Sicherheitsrat entsprechende Maßnahmen beschließen kann, muss er zunächst eine Bedrohung oder einen Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung feststellen. Sollte dies der Fall sein, so hat er grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Er kann sowohl Empfehlungen an die UN-Mitglieder als auch Zwangsmaßnahmen gegenüber dem Friedensstörer selbst sowie gegenüber allen anderen Mitgliedstaaten aussprechen.<br />
<br />
Bei Zwangsmaßnahmen sind sowohl nichtmilitärische [[Sanktion]]en als auch ein direktes militärisches Eingreifen durch die UN selbst oder durch entsprechend mandatierte Mitglieder möglich. Das Aufstellen von Truppen unter dem direkten Kommando der UN ist in der Charta zwar vorgesehen, kam jedoch nie zustande. Zu den nichtmilitärischen Sanktionen gehören die {{"|vollständige oder teilweise Unterbrechung der Wirtschaftsbeziehungen, des Eisenbahn-, See- und Luftverkehrs, der Post-, Telegraphen- und Funkverbindung sowie sonstiger Verkehrsmöglichkeiten und den Abbruch der diplomatischen Beziehungen|[[Charta der Vereinten Nationen|UN-Charta]], Art. 41}}.<br />
<br />
Eine Skulptur auf der Visitor’s Plaza vor dem UN-Gebäude in New York versinnbildlicht das Ziel der Friedenssicherung durch die Darstellung eines Revolvers mit zugeknotetem Lauf. Die Skulptur wurde geschaffen von dem schwedischen Künstler [[Carl Fredrik Reuterswärd]] und trägt den Namen „Non-Violence“ (''Gewaltlosigkeit''). Sie ist ein Geschenk der Regierung [[Luxemburg]]s an die Organisation.<br />
<br />
=== „Blauhelme“ ===<br />
{{Hauptartikel|Friedenstruppen der Vereinten Nationen}}<br />
<br />
Die „Blauhelme“ sind die Friedenssoldaten der UN. Sie waren als Mittel der passiven Friedenssicherung nicht in der Charta vorgesehen. Doch [[Dag Hammarskjöld]] und [[Lester Pearson]] entwarfen die Idee der Friedenssoldaten in Krisensituationen. Blauhelmsoldaten tragen zur leichteren Erkennbarkeit neben der Uniform ihres Landes entweder einen blauen Helm oder ein blaues [[Barett]] mit einem UN-Abzeichen. Die getragenen Waffen sollen aber nur der Selbstverteidigung dienen. Ein Mandat zur Entsendung von Blauhelmen kann nur der UN-Sicherheitsrat erteilen, doch die Regierung jedes Landes darf selbst entscheiden, ob sie Soldaten zu einem solchen Einsatz entsendet. Bis 1990 haben die UN bereits 500.000 Soldaten und Zivilpersonen zu Maßnahmen zur Erhaltung des Friedens eingesetzt – nicht aber zur Friedensherstellung.<br />
<br />
=== Medienarbeit ===<br />
Seit 1946 werden durch das ''United Nations Radio'' international Rundfunksendungen ausgestrahlt. Die Sendungen können über [[World Radio Network|WRN]] täglich empfangen werden. Ein Internet-Audio-[[Live-Stream]] wird ebenfalls täglich ausgestrahlt; siehe URL in den Weblinks.<br />
<br />
== Organisation ==<br />
=== Mitglieder ===<br />
{{Hauptartikel|Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen}}<br />
<br />
Derzeit sind 193 Staaten Mitglieder der Vereinten Nationen.<br />
<br />
Die 51 Gründungsmitglieder der UN im Jahre 1945 waren:<br />
<br />
[[Ägypten]], [[Äthiopien]], [[Argentinien]], [[Australien]], [[Belgien]], [[Bolivien]], [[Brasilien]], [[Chile]], [[Republik China]] (heute die [[Volksrepublik China]]), [[Costa Rica]], [[Dänemark]], [[Dominikanische Republik]], [[Ecuador]], [[El Salvador]], [[Frankreich]], [[Griechenland]], [[Guatemala]], [[Haiti]], [[Honduras]], [[Indien]], [[Irak]], [[Iran]], [[Jugoslawien]], [[Kanada]], [[Kolumbien]], [[Kuba]], [[Libanon]], [[Liberia]], [[Luxemburg]], [[Mexiko]], [[Neuseeland]], [[Nicaragua]], [[Königreich der Niederlande|Niederlande]], [[Norwegen]], [[Panama]], [[Paraguay]], [[Peru]], [[Philippinen]], [[Polen]], [[Saudi-Arabien]], [[Sowjetunion]], [[Südafrika]], [[Syrien]], [[Tschechoslowakei]], [[Türkei]], [[Ukrainische SSR]], [[Vereinigte Staaten]], [[Vereinigtes Königreich]], [[Uruguay]], [[Venezuela]] und [[Weißrussische SSR]].<br />
<br />
1955 traten unter anderem [[Italien]] und [[Österreich]] den Vereinten Nationen bei. 1973 folgten die [[Deutsche Demokratische Republik]] und die [[Deutschland|Bundesrepublik Deutschland]] als 133. und 134. Mitglied, [[Liechtenstein]] schließlich 1990, die [[Schweiz]] 2002.<br />
<br />
Weißrussland und Ukraine waren neben der Sowjetunion gleichberechtigte Gründungsmitglieder, wobei sich die Mitgliedschaft der Sowjetunion auf die gesamte UdSSR unter Einbeziehung von Weißrussland und der Ukraine erstreckte. Damit war die Sowjetunion faktisch mit drei Stimmen in den Vereinten Nationen vertreten. Seit der Auflösung der UdSSR im Dezember 1991 wird die sowjetische Mitgliedschaft von der [[Russische Föderation|Russischen Föderation]] wahrgenommen; die übrigen ehemaligen Sowjetrepubliken haben sich teilweise bereits kurz vor und teilweise nach der Auflösung erfolgreich um eine eigenständige Mitgliedschaft beworben.<br />
<br />
Keine Mitglieder sind unter anderem die [[Vatikanstadt]] (deren völkerrechtliche Vertretung, der [[Heiliger Stuhl|Heilige Stuhl]], jedoch Beobachterstatus hat) und die nicht von allen Ländern anerkannten Staaten [[Palästinensische Autonomiegebiete|Palästina]] (seit 29. November 2012 ebenfalls mit Beobachterstatus), [[Demokratische Arabische Republik Sahara|(West-)Sahara]] (Demokratische Arabische Republik Sahara), die [[Türkische Republik Nordzypern]] (TRNZ), die [[Kosovo|Republik Kosovo]], die kaukasischen Republiken [[Abchasien]] und [[Südossetien]], die [[Cookinseln]] und die [[Republik China]] (Taiwan). Die Republik China nimmt hier jedoch eine Sonderstellung ein, da sie von 1945 bis 1971 das Gründungsmitglied China innerhalb der Vereinten Nationen repräsentierte und damit auch den chinesischen Sitz im UN-Sicherheitsrat innehatte. Im Jahr 1971 wurde auf eine [[Resolution 2758 der UN-Generalversammlung|Resolution]] der Generalversammlung hin die Vertretung Chinas dergestalt geändert, dass China seitdem nur noch von Delegierten der [[Volksrepublik China]] repräsentiert wird. Faktisch führte dies zu einem Ausscheiden Taiwans aus den Vereinten Nationen; eine eigene Mitgliedschaft ist aufgrund der [[Ein-China-Politik]] der [[Volksrepublik China]] nicht zu erwarten.<br />
<br />
=== Amtssprachen ===<br />
Obwohl die Vereinten Nationen eine Weltorganisation sind, werden schon aus praktischen Gründen nicht alle [[Einzelsprache|Sprachen]] der Welt offiziell benutzt. Tatsächlich beschränkt man sich auf sechs [[Amtssprache]]n: [[Arabische Sprache|Arabisch]], [[Chinesische Sprache|Chinesisch]], [[Englische Sprache|Englisch]], [[Französische Sprache|Französisch]], [[Russische Sprache|Russisch]] und [[Spanische Sprache|Spanisch]].<ref>United Nations: ''UN official languages''. http://www.un.org/en/aboutun/languages.shtml, abgerufen am 5. August 2011.</ref> Von diesen sechs sind zwei – Englisch und Französisch – Arbeitssprachen. Dies ist in der [[UN-Resolution|Resolution]] 2 festgelegt, die von der Generalversammlung im Jahr 1946 angenommen wurde.<br />
<br />
Amtssprache bedeutet, dass in jeder offiziellen Sitzung eine [[Übersetzung (Sprache)|Übersetzung]] nach und aus diesen Sprachen zu erfolgen hat und dass alle sitzungsvorbereitenden Dokumente, alle Resolutionsentwürfe und alle Protokolle und Berichte in angemessenem zeitlichen Rahmen in diesen Sprachen zur Verfügung stehen müssen. Für die Arbeitssprachen gilt, dass alle organisationsinternen Arbeitsabläufe (mündlich und schriftlich) in diesen beiden Sprachen ablaufen können. Im Umgang mit dem Sekretariat der Vereinten Nationen hat jeder Delegierte das Recht, sich mündlich und schriftlich in der Arbeitssprache seiner Wahl auszudrücken. Auch müssen alle offiziellen Äußerungen des Sekretariats in den beiden Arbeitssprachen ablaufen (Anzeigen, Beschilderungen, etwa das bekannte „Security Council/Conseil de sécurité“ in New York, Broschüren, Führungen usw.). Dieses Regelwerk schließt einsprachige Auftritte prinzipiell aus. Der Deutsche Übersetzungsdienst der Vereinten Nationen, gemeinsam finanziert von Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein und Belgien, bietet die wichtigsten Dokumente zeitnah in deutscher Sprache an.<br />
<br />
Einige interessante Einzelheiten waren in dem populären Film ''[[Die Dolmetscherin]]'' – einem Thriller aus dem Jahre 2005 von [[Sydney Pollack]] – zu sehen; erstmals wurde die Erlaubnis erteilt, im Hauptsitz der UN zu filmen.<br />
<br />
=== Organe ===<br />
Gemäß Artikel 7 der UN-Charta setzen sich die Vereinten Nationen aus sechs Hauptorganen zusammen, die für die Entscheidungsprozesse maßgeblich sind. Neben den Hauptorganen gehören eine Reihe von Nebenorganen und Sonderorganisationen zum System der Vereinten Nationen, die mit der Wahrnehmung spezifischer Aufgaben befasst sind.<br />
<br />
==== Hauptorgane ====<br />
<div style="overflow-x:auto;"><br />
{| cellspacing="0" cellpadding="2" style="background:#E0E0E0; width:100%"<br />
|- style="text-align:center" <br />
| width=34% | <div class="NavHead">[[UN-Generalversammlung]]</div><br />
<div class="NavContent"><p>Versammlung aller [[UN-Mitgliedstaaten]] <br />(pro Staat eine Stimme)</p></div><br />
| rowspan="7" style="background:white" |<br />
| width=34% | <div class="NavHead">[[UN-Sekretariat]]</div><br />
<div class="NavContent"><p>Verwaltungsorgan der UNO – <br />Vorsitzender ist der [[UN-Generalsekretär]]</p></div><br />
| rowspan="7" style="background:white" |<br />
| width=34% | <div class="NavHead">[[Internationaler Gerichtshof]]</div><br />
<div class="NavContent"><p>Universelles [[völkerrecht]]liches [[Gericht]] <br />(Sitz in [[Den Haag]])</p></div><br />
|- style="text-align: center"<br />
| <div style="position:relative; height:120px; overflow:hidden"><br />
<div style="position:relative; top:-30px; left:0px;"><div style="overflow-x:hidden; overflow:hidden; width:100%"><br />
[[Datei:UN General Assembly hall.jpg|260px|UN-Generalversammlung]]</div></div></div><br />
| <div style="position:relative; height:120px; overflow:hidden"><br />
<div style="position:relative; top:-47px; left:0px;"><div style="overflow-x:hidden; overflow:hidden; width:100%"><br />
[[Datei:UN HQ 157652121 5b5979da9e2.jpg|260px|Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York City]]</div></div></div><br />
| <div style="position:relative; height:120px; overflow:hidden"><br />
<div style="position:relative; top:-32px; left:0px;"><div style="overflow-x:hidden; overflow:hidden; width:100%"><br />
[[Datei:International Court of Justice.jpg|260px|Internationaler Gerichtshof]]</div></div></div><br />
|-<br />
| valign="top" style="padding-left:15px; padding-bottom:10px"|<br />
* kann unverbindliche Empfehlungen an Staaten oder Vorschläge an den [[UNSC]] aussprechen (kein [[Parlament]]!)<br />
* entscheidet über die Aufnahme neuer Mitglieder<br />
* verabschiedet den Etat<br />
* wählt die nichtständigen Mitglieder des [[UNSC]], alle Mitglieder des [[ECOSOC]], auf Vorschlag des [[UNSC]] den [[UN-Generalsekretär]], sowie die 15 Richter des [[Internationaler Gerichtshof|IGH]]<br />
| valign="top" style="padding-left:15px; padding-bottom:10px" |<br />
* unterstützt die anderen UN-Organe administrativ, z.&nbsp;B. bei der Organisation von [[Konferenz]]en, beim Verfassen von [[Studie]]n bzw. [[Bericht]]en und der Aufstellung eines [[Haushaltsplan]]s<br />
* hat neben [[UN-Hauptquartier|seinem Hauptsitz]] in [[New York City]] drei Außenstellen in [[Genf]], [[Nairobi]] und [[Wien]]<br />
* Der Vorsitzende – der [[UN-Generalsekretär]] – wird von der [[UN-Generalversammlung]] auf fünf Jahre gewählt und ist der wichtigste [[Repräsentant]] der UNO<br />
| valign="top" style="padding-left:15px; padding-bottom:10px" |<br />
* entscheidet [[Rechtsstreitigkeit]]en zwischen Staaten, die seine [[Gerichtsbarkeit]] anerkennen, und erstattet [[Rechtsgutachten]]<br />
* Die 15 Richter werden von der [[UN-Generalversammlung]] auf neun Jahre gewählt. Sie fällen ihre Urteile mit [[Relative Mehrheit|relativer Stimmenmehrheit]]<br />
* Parteien vor dem IGH können nur Staaten sein, jedoch keine internationalen Organisationen und andere [[Völkerrechtssubjekt]]e (nicht zu verwechseln mit dem [[IStGH]])<br />
|-<br />
| colspan="7" style="background:white" |<br />
|- style="text-align:center" <br />
| <div class="NavHead">[[UN-Sicherheitsrat]]</div><br />
<div class="NavContent"><p>für weltpolitische Sicherheitsfragen</p></div><br />
| | <div class="NavHead">[[UN-Wirtschafts- und Sozialrat]]</div><br />
<div class="NavContent"><p>für globale Wirtschafts- und Sozialangelegenheiten</p></div><br />
| | <div class="NavHead">[[UN-Treuhandrat]]</div><br />
<div class="NavContent"><p>für die Verwaltung von [[Treuhandgebiet]]en <br />(derzeit nicht aktiv)</p></div><br />
|- style="text-align: center"<br />
| <div style="position:relative; height:120px; overflow:hidden"><br />
<div style="position:relative; top:-40px; left:0px;"><div style="overflow-x:hidden; overflow:hidden; width:100%"><br />
[[Datei:UN security council 2005.jpg|260px|UN-Sicherheitsrat]]</div></div></div><br />
| <div style="position:relative; height:120px; overflow:hidden"><br />
<div style="position:relative; top:-50px; left:0px;"><div style="overflow-x:hidden; overflow:hidden; width:100%"><br />
[[Datei:United Nations Economic and Social Council.jpg|260px|UN-Wirtschafts- und Sozialrat]]</div></div></div><br />
| <div style="position:relative; height:120px; overflow:hidden"><br />
<div style="position:relative; top:0px; left:0px;"><div style="overflow-x:hidden; overflow:hidden; width:100%"><br />
[[Datei:UN Trusteeship Council.jpg|260px|UN-Treuhandrat]]</div></div></div><br />
|-<br />
| valign="top" style="padding-left:15px; padding-bottom:10px" |<br />
* zuständig für die Wahrung des [[Weltfrieden]]s und der internationalen Sicherheit<br />
* mächtigstes Organ der UNO, da er als einziges verbindliche [[UN-Resolution]]en erlassen kann<br />
* beschließt [[Friedenssicherung|friedenssichernde]] und [[friedenserzwingende Maßnahme]]n sowie nichtmilitärische Druckmittel wie z. B. [[Handelsembargo]]s<br />
* hat 15 Mitglieder, davon [[Volksrepublik China|China]], [[Russland]], [[Frankreich]], [[Vereinigtes Königreich]] und die [[Vereinigte Staaten|USA]] als sog. [[UNO-Vetomacht|ständige Mitglieder]] mit [[Veto]]-Recht<br />
| valign="top" style="padding-left:15px; padding-bottom:10px" |<br />
* zuständig für die Zusammenarbeit der Staaten auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet (Hebung des allgemeinen [[Lebensstandard]]s, Lösung wirtschaftlicher, sozialer und gesundheitlicher Probleme, Förderung der [[Menschenrechte]], [[Kultur]] und [[Erziehung]] sowie [[humanitäre Hilfe]])<br />
* hat hierzu zahlreiche Fach- und Regionalkommissionen eingerichtet<br />
* koordiniert die Zusammenarbeit mit den zahlreichen [[Sonderorganisationen der Vereinten Nationen]]<br />
* hat [[Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen|54 Mitglieder]], die von der [[UN-Generalversammlung]] auf 3 Jahre gewählt werden<br />
| valign="top" style="padding-left:15px; padding-bottom:10px" |<br />
* war ursprünglich dazu gedacht, [[Kolonie|koloniale Besitzungen]] als [[Mandat (Völkerrecht)|Völkerbundsmandate]] zu verwalten<br />
* hat seine Aufgaben suspendiert, da es seit 1994 keine solche [[Treuhandgebiet]]e mehr gibt<br />
|}<br />
</div><br />
<br />
==== Nebenorgane ====<br />
Nebenorgane der UN können von der Generalversammlung nach Artikel&nbsp;22 der Charta und vom Sicherheitsrat nach Artikel&nbsp;29 der Charta eingesetzt werden. Sie berichten zumeist ihren einsetzenden Hauptorganen, teils dem Wirtschafts- und Sozialrat. Obwohl sie gegenüber Partnern außerhalb der UN vielmals autonom auftreten, verfügen sie über keinen eigenen völkerrechtlichen Status.<br />
<br />
Ihre Aufgaben lassen sich in folgende Bereiche aufschlüsseln:<br />
<br />
* Entwicklungspolitische Hilfsprogramme<br />
** Menschenrechtsrat ([[UN-Menschenrechtsrat|HRC]]) in Genf (Schweiz)<br />
** Entwicklungsprogramm ([[United Nations Development Programme|UNDP]]) in New York (USA)<br />
** Umweltprogramm ([[United Nations Environment Programme|UNEP]]) in Nairobi (Kenia)<br />
** Kinderhilfswerk ([[UNICEF]]) in New York (USA)<br />
** Konferenz für Handel und Entwicklung ([[United Nations Conference on Trade and Development|UNCTAD]]) in Genf (Schweiz)<br />
** Welternährungsprogramm ([[Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen|WFP]]) in Rom (Italien)<br />
** Welternährungsrat ([[Welternährungsrat|WFC]]) in Rom (Italien)<br />
** Bevölkerungsprogramm ([[Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen|UNFPA]])<br />
** Abrüstungskonferenz ([[UNCD]]) in Genf (Schweiz)<br />
<br />
* Humanitäre Angelegenheiten<br />
** Hochkommissar für Menschenrechte ([[UNHCHR]]) in Genf (Schweiz)<br />
** Hochkommissar für Flüchtlinge ([[Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen|UNHCR]]) in Genf (Schweiz)<br />
** Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten ([[UN-Nothilfekoordinator#OCHA|OCHA, Office for the Coordination of Humanitarian Affairs]])<br />
** Hilfsprogramm für die Palästina-Flüchtlinge ([[Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten|UNRWA]]) in Gaza (Palästinensische Autonomiegebiete)<br />
** Katastrophenhilfe ([[UNDRO]]) in Genf (Schweiz)<br />
** Drogenkontrollprogramm ([[United Nations Office on Drugs and Crime|UNODC]]) in Wien (Österreich)<br />
** Weltsiedlungskonferenz ([[HABITAT]]) in Nairobi (Kenia)<br />
<br />
* Sicherheitspolitische Nebenorgane<br />
** Friedenssicherungsmissionen wie z.&nbsp;B. [[Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan|UNAMA]] und [[United Nations Transitional Authority in Cambodia|UNTAC]]<br />
** Territoriale Verwaltungsmissionen wie z.&nbsp;B. [[United Nations Interim Administration Mission in Kosovo|UNMIK]] und [[Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen für Osttimor|UNTAET]]<br />
** Ad-hoc-Strafgerichte wie z.&nbsp;B. [[Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien|ICTY]] in Den Haag (Niederlande) und [[Internationaler Strafgerichtshof für Ruanda|ICTR]] in Arusha (Tansania)<br />
<br />
* Ausbildungs- und Forschungsaktivitäten<br />
** Universität der Vereinten Nationen ([[Universität der Vereinten Nationen|UNU]]) mit ihrem Hauptsitz in Tokio (Japan)<br />
** Institut für Ausbildung und Forschung ([[Ausbildungs- und Forschungsinstitut der Vereinten Nationen|UNITAR]]) in Genf (Schweiz)<br />
<br />
==== Sonderorganisationen ====<br />
{{Hauptartikel|Sonderorganisationen der Vereinten Nationen}}<br />
Die [[Sonderorganisationen der Vereinten Nationen|Sonderorganisationen]] sind rechtlich, organisatorisch und finanziell selbstständige Organisationen, die durch nach Artikel&nbsp;63 der Charta geschlossene [[Völkerrechtlicher Vertrag|völkerrechtliche Abkommen]] mit den UN verbunden sind. Dies sind derzeit 17 Organisationen. Ihre Zusammenarbeit mit den UN und auch untereinander wird durch den Wirtschafts- und Sozialrat koordiniert.<br />
<br />
{| class="wikitable sortable" style="font-size:90%; text-align:left;"<br />
|+ style="padding-top:1em;" |Sonderorganisationen der UNO<br />
! !! Abkürzung !! class="unsortable" | Logo/Flagge !! Name !! Sitz !! class="unsortable" | Vorsitz !! Gegründet<br />
|-<br />
| 1 || FAO || [[Datei:FAO logo.svg|center|x25px|Food and Agriculture Organization]] || [[Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation]]||{{ITA|#}} [[Rom]]|| {{BRA|#}} [[José Graziano da Silva]] || 1945<br />
|-<br />
| 2 || IAEA || [[Datei:Flag of IAEA.svg|center|x25px|International Atomic Energy Agency]] || [[Internationale Atomenergie-Organisation]]||{{AUT|#}} [[Wien]] || {{JPN|#}} [[Yukiya Amano]] || 1957<br />
|-<br />
| 3 || ICAO || [[Datei:Flag of ICAO.svg|center|x25px|International Civil Aviation Organization]] || [[Internationale Zivilluftfahrtorganisation]]||{{CAN|#}} [[Montreal]] || {{FRA|#}} [[Raymond Benjamin]] || 1947<br />
|-<br />
| 4 || IFAD || [[Datei:Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung Logo.svg|center|x25px|International Fund for Agricultural Development]] || [[Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung]]|| {{ITA|#}} Rom || {{NIG|#}} [[Kanayo F. Nwanze]]|| 1977<br />
|-<br />
| 5 || ILO || [[Datei:Flag of ILO.svg|center|x25px|International Labour Organization]] || [[Internationale Arbeitsorganisation]]||{{SUI|#}} [[Genf]] || {{CHL|#}} [[Juan Somavía]]|| 1946 (1919)<br />
|-<br />
| 6 || IMO || [[Datei:Flag of the International Maritime Organization.svg|center|x25px|International Maritime Organization]] || [[Internationale Seeschifffahrts-Organisation]]||{{GBR|#}} [[London]] || {{GRE|#}} [[Efthimios E. Mitropoulos]]|| 1948<br />
|-<br />
| 7 || IMF || [[Datei:Logo IWF.svg|center|x25px|International Monetary Fund]] || [[Internationaler Währungsfonds]]|| {{USA|#}} [[Washington D.C.]] || {{FRA|#}} [[Christine Lagarde]]|| 1945 (1944)<br />
|-<br />
| 8 || ITU || [[Datei:Flag of ITU.svg|center|x25px|International Telecommunication Union]] || [[Internationale Fernmeldeunion]]||{{CHE|#}} Genf || {{MLI|#}} [[Hamadoun Touré]] || 1947 (1865)<br />
|-<br />
| 9 || UNESCO || [[Datei:Flag of UNESCO.svg|center|x25px|United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization]] || [[Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur|Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur]]||{{FRA|#}} [[Paris]] || {{BUL|#}} [[Irina Bokova]] || 1946<br />
|-<br />
| 10 || UNIDO || [[Datei:Flag of the United Nations Industrial Development Organization.svg|center|x25px|United Nations Industrial Development Organization]] || [[Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung|Organisation für industrielle Entwicklung]]||{{AUT|#}} [[Wien]] || {{SLE|#}} [[Kandeh Yumkella]] || 1967<br />
|-<br />
| 11 || UPU || [[Datei:Flag of UPU.svg|center|x25px|Universal Postal Union]] ||[[Weltpostverein]]||{{CHE|#}} [[Bern]] || {{FRA|#}} [[Edouard Dayan]] || 1947 (1874)<br />
|-<br />
| 12 || WB || [[Datei:Weltbank-Logo.svg|center|x25px|World Bank]] || [[Weltbank]]||{{USA|#}} Washington D.C.|| {{USA|#}} [[Jim Yong Kim]]|| 1945 (1944)<br />
|-<br />
| 13 || WFP || [[Datei:WFPlogo130.svg|center|x25px|World Food Programme]] || [[Welternährungsprogramm]]||{{ITA|#}} Rom || {{USA|#}} [[Ertharin Cousin]] || 1963<br />
|-<br />
| 14 || WHO || [[Datei:Flag of WHO.svg|center|x25px|World Health Organization]] || [[Weltgesundheitsorganisation]]||{{CHE|#}} Genf ||{{HKG|#}} [[Margaret Chan]]|| 1948<br />
|-<br />
| 15 || WIPO || [[Datei:Logo-WIPO-OMPI.svg|center|x25px|World Intellectual Property Organization]] || [[Weltorganisation für geistiges Eigentum]]||{{CHE|#}} Genf || {{AUS|#}} [[Francis Gurry]] || 1974<br />
|-<br />
| 16 || WMO || [[Datei:Flag of the World Meteorological Organization.svg|center|x25px|World Meteorological Organization]] || [[Weltorganisation für Meteorologie]]|| {{CHE|#}} Genf || {{RUS|#}} [[Alexander Bedritsky]] || 1950 (1873)<br />
|-<br />
| 17 || UNWTO || [[Datei:Logo of the World Tourism Organization.jpg|center|x25px|World Tourism Organization]] || [[Welttourismusorganisation]]||{{ESP|#}} [[Madrid]] || {{JOR|#}} [[Taleb Rifai]] || 1974<br />
|}<br />
<br />
=== Generalsekretäre ===<br />
{{Hauptartikel|Generalsekretär der Vereinten Nationen}}<br />
[[Datei:Ban Ki-moon 1-2.jpg|miniatur|hochkant|[[Ban Ki-moon]] – derzeitiger [[Generalsekretär der Vereinten Nationen]]]]<br />
<br />
Der [[Generalsekretär der Vereinten Nationen]] ist der Vorsitzende des [[UN-Sekretariat]]s und somit höchster Verwaltungsbeamter der UNO. Außerdem repräsentiert er die UNO nach außen und ist somit meist das bekannteste Gesicht der Organisation.<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|-<br />
! Amtszeit !! Generalsekretär<br />
|-<br />
| seit 2007 || {{KOR|#}} [[Ban Ki-moon]]<br />
|-<br />
| 1997–2006 || {{GHA|#}} [[Kofi Annan]]<br />
|-<br />
| 1992–1996 || {{EGY|#}} [[Boutros Boutros-Ghali]]<br />
|-<br />
| 1982–1991 || {{PER|#}} [[Javier Pérez de Cuéllar]]<br />
|-<br />
| 1972–1981 || {{AUT|#}} [[Kurt Waldheim]]<br />
|-<br />
| 1961–1971 || [[Datei:Flag of Burma (1948-1974).svg|border|20px|Burma]] [[U Thant]]<br />
|-<br />
| 1953–1961 || {{SWE|#}} [[Dag Hammarskjöld]]<br />
|-<br />
| 1946–1952 || {{NOR|#}} [[Trygve Lie]]<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
== Budget und Finanzierung ==<br />
{| class="wikitable float-right"<br />
|+Top 10 der Finanzierer <br />der Vereinten Nationen 2011<ref name=unbudget>[http://www.un.org/zh/members/contribution_2011.pdf Veröffentlichung des Sekretariats bezüglich der Finanzierung 2011], abgerufen am 3. Januar 2012.</ref><br />
! [[Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen|Mitgliedstaat]]<br />
! Beitrag<br /><small>(in Prozent)</small><br />
|-<br />
| {{USA}} || style="text-align:center" | 22,0 %<br />
|-<br />
| {{JPN}} || style="text-align:center" | 12,5 %<br />
|-<br />
| {{GER}} || style="text-align:center" | 8,0 %<br />
|-<br />
| {{GBR}} || style="text-align:center" | 6,6 %<br />
|-<br />
| {{FRA}} || style="text-align:center" | 6,1 %<br />
|-<br />
| {{ITA}} || style="text-align:center" | 5,0 %<br />
|-<br />
| {{CAN}} || style="text-align:center" | 3,2 %<br />
|-<br />
| {{CHN}} || style="text-align:center" | 3,2 %<br />
|-<br />
| {{ESP}} || style="text-align:center" | 3,2 %<br />
|-<br />
| {{MEX}} || style="text-align:center" | 2,4 %<br />
|-<br />
| Restliche UN-Mitglieder || style="text-align:center" | 27,8 %<br />
|-<br />
| colspan="2" style="text-align:center" | '''insgesamt 233.881.713 US-$'''<br />
|}<br />
Die UN finanzieren sich hauptsächlich aus Beiträgen ihrer Mitgliedstaaten. Man unterscheidet Pflichtbeiträge, Pflicht-Beitragsumlagen und freiwillige Beitragsleistungen.<br />
<br />
Die ''Pflichtbeiträge'' der einzelnen Mitgliedstaaten dienen der Finanzierung des ordentlichen Haushaltes der Organisation sowie teilweise auch der Verwaltungsaufgaben ihrer Nebenorgane. Die Höhe der prozentualen Pflichtanteile aller Mitgliedstaaten wird mit Hilfe eines Beitragsschlüssels berechnet. Dieser wird alle drei Jahre auf Empfehlung eines Beitragsausschusses neu von der Generalversammlung festgelegt. Die letzte und derzeit gültige Änderung des Berechnungsschlüssels wurde im Dezember 2000 beschlossen und trat am 1. Januar 2001 in Kraft. Die Höhe der Beiträge wird seitdem auf Grundlage des Bruttoinlandproduktes eines Landes im Durchschnitt der letzten viereinhalb Jahre (davor sechs Jahre) sowie in Abhängigkeit von der Schuldenbelastung, des Pro-Kopf-Einkommens und der Währungsschwankungen berechnet. Dabei ist festgelegt, dass jedes Land mindestens 0,001 Prozent zum ordentlichen Haushalt beitragen muss und höchstens 25 Prozent des Haushalts tragen darf. Staaten wie Südkorea, Singapur und Brasilien mussten nach einer Übergangsphase ab 2004 einen höheren Prozentanteil des UN-Haushaltes übernehmen. Japan konnte aufgrund seiner rückläufigen Wirtschaftsentwicklung mit einer leichten Beitragssenkung rechnen. Die Beiträge der USA wurden reduziert, der Anteil Deutschlands blieb in etwa gleich. Einnahmeverluste, die infolge der dreijährigen Übergangsphase entstanden, wurden durch eine Privatspende des Medienunternehmers [[Ted Turner]] (CNN) in Höhe von 34 Mio. US-Dollar ausgeglichen.<ref name="TAZ-2000-12-28 " /> Die größten Finanzierer in den Beitragsjahren 2004–2006 sind die USA mit 22 Prozent, Japan mit 19,5 Prozent, Deutschland mit 8,7 Prozent, Vereinigtes Königreich mit 6,1 Prozent und Frankreich mit 6 Prozent. Alle anderen Länder tragen weniger als 5 Prozent bei, etwa die Hälfte bezahlt nur den Mindestbeitrag von 0,001 Prozent. Der Stichtag zur Begleichung der Beiträge der einzelnen Mitgliedstaaten ist der 31. Januar des jeweiligen Jahres.<ref name="HSFK-98-02 " /> Das Zweijahresbudget (nur Pflichtbeiträge) der UN für 1998/1999 betrug 2,8 Mrd. US-Dollar. Die regulären Budgeteinnahmen der UN sanken jedoch von 405 Mio. US-Dollar 1997 auf nur noch 279 Mio. US-Dollar 1998. Zum Stichtag im Jahre 1998 hatten lediglich 27 von 185 Mitgliedstaaten ihre Beiträge in voller Höhe gezahlt. Ca. 75 Prozent der Rückstände am regulären Budget und ca. 50 Prozent der Beiträge beim {{lang|en|Peacekeeping}} waren zu diesem Zeitpunkt auf die Beitragseinbehaltung der USA zurückzuführen.<ref name="HSFK-98-02" /><br />
<br />
Bei den ''Pflichtbeitragsumlagen'' handelt es sich ebenfalls um von den Mitgliedstaaten zu zahlende Pflichtbeiträge. Diese dienen jedoch ausschließlich der Finanzierung von Friedensoperationen. Die derzeit gültigen Beitragssätze für die Pflicht-Beitragsumlagen wurden 1973 von der Generalversammlung festgelegt. Die wirtschaftlich am wenigsten entwickelten UN-Staaten zahlen demnach nur 10 Prozent ihres Pflichtbeitrags am ordentlichen UN-Haushalt, also 0,0001 Prozent. Die übrigen Entwicklungsländer müssen Mittel in Höhe von 20 Prozent ihres Pflichtbeitrags entrichten. Die Industrieländer bezahlen einen Betrag in Höhe ihres vollen Pflichtbeitrags. Die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates entrichten Beträge in Höhe ihrer Pflichtbeiträge zuzüglich der infolge der Entlastung der Entwicklungsländer entstandenen Mindereinnahmen. Letztere werden nach dem Verhältnis der Höhe der einzelnen Pflichtbeiträge gewichtet umgelegt. Für die Pflicht-Beitragsumlagen werden vom ordentlichen Haushalt getrennte Konten verwendet.<ref name="KH-UNF-2006" /><br />
<br />
''Freiwillige Beitragsleistungen'' werden für die Finanzierung von Nebenorganen der UN wie z.&nbsp;B. dem [[United Nations Development Programme|UNDP]] (Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen), [[UNICEF]] (Kinderhilfswerk), [[UNFPA]] (Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen), [[Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen|UNHCR]] (Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge) und [[Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen|WFP]] (Welternährungsprogramm) verwendet. Staaten können durch die freie Entscheidung der Höhe ihrer freiwilligen Leistungen erheblichen Einfluss auf die Schwerpunkte der Tätigkeiten der UN geltend machen.<ref name="KH-UNF-2006" /><br />
<br />
;Die Sonderrolle der USA<br />
<br />
Mit Beginn der Regierungszeit [[Ronald Reagan|Reagans]] (1981–1989) begannen die USA, einen zunehmenden Teil ihrer Pflichtbeiträge zum UN-Haushalt sowie zum Friedenssicherungsbudget der UN zurückzubehalten. Diesen Verstoß gegen die Vereinbarungen begründeten die USA anfangs mit politischer Kritik an einigen UN-Programmen, seit Ende der 1980er Jahre unter Präsident [[George H. W. Bush|George Bush]] warfen sie den UN Ineffizienz und Geldverschwendung vor. Bis 1992 war der Schuldenbetrag der USA an die Vereinten Nationen auf 1,5 Mrd. US-Dollar angewachsen. Der US-Kongress bezifferte den Schuldenbetrag 1997 unter Verweis auf angeblich erbrachte nichtgeldliche Leistungen an UN-Friedenssicherungseinsätze auf 926 Mio. US-Dollar und setzte die Zahlung als Druckmittel zur Reduzierung des prozentualen Pflichtanteiles der USA ein.<ref name="TAZ-2000-12-28" /> Zudem nutzten sie die Zurückhaltung ihres Budgetbeitrages wie im Falle des ehemaligen Generaldirektors der [[Organisation für das Verbot chemischer Waffen]] [[José Bustani]], des Generalsekretärs [[Boutros Boutros-Ghali]] oder im Falle der Besetzung von UN-Kommissionen im Jahre 2001 als Druckmittel, um personelle Änderungen innerhalb der Vereinten Nationen zu erzwingen.<ref name="embargos" /><ref name="HSFK-98-02" /><ref name="Drohung" /> Die US-Regierung unter [[Bill Clinton]] handelte am 10. Juni 1997 im sogenannten [[Helms-Biden-Abkommen]] eine Senkung des US-Beitrages zum regulären UN-Budget von 25 Prozent auf 20 Prozent und eine Senkung des US-Beitrages für Friedenssicherungseinsätze von 31 Prozent auf 25 Prozent aus.<ref name="HSFK-98-02" /><br />
<br />
== Kritik ==<br />
{{Belege fehlen|1=-> [[Diskussion:Vereinte_Nationen#Abschnitt_Kritik]]}}<br />
=== UN-Sicherheitsrat ===<br />
Kritiker bemängeln die Zusammensetzung und Organisation des [[Sicherheitsrat der Vereinten Nationen|Sicherheitsrats]]. Die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats machten in der Vergangenheit regen Gebrauch von ihrem Vetorecht, um Verurteilungen und [[Sanktion]]en gegen sich selbst oder befreundete Staaten abzuwenden. Von 1946 bis 1964 legte die [[Sowjetunion]] 103 Mal ein [[Veto]] gegen im Übrigen einstimmige Mehrheiten ein. Bei 69 Konventionen zu [[Israel]] legten die [[Vereinigte Staaten|USA]] in 20 Fällen ein Veto ein.<br />
<br />
=== Kompetenzen ===<br />
Ein zentrales Problem der Vereinten Nationen sind und bleiben die kaum vorhandenen Kompetenzen. Es gelang den Vereinten Nationen vor allem deshalb nahezu alle Staaten der Welt unter einem Dach zu vereinen, weil die Charta an entscheidenden Stellen so flexibel interpretierbar ist, dass sie von praktisch allen kulturellen Überzeugungen und politischen Ideologien – auch wenn diese sich z.&nbsp;T. gegenseitig ausschließen – in deren Sinne und zu deren Gunsten entsprechend der Situation ausgelegt werden kann. Damit das Konzept einer handlungsfähigen Weltorganisation vollständig aufgehen kann, wäre eine massive Abgabe nationalstaatlicher Kompetenzen an diese Organisation in allen [[Gewaltenteilung|drei Bereichen staatlicher Gewalt]] ([[Exekutive]], [[Legislative]] und [[Judikative]]) notwendig. Dazu ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt aber kaum ein Staat bereit.<br />
<br />
Letztlich vereiteln nationale Alleingänge die meisten Ansätze, zu mehr Verbindlichkeit innerhalb der UN zu gelangen. Dies betrifft insbesondere die USA, die oftmals einen Willen zur Unterwerfung unter das völkerrechtliche Gewaltmonopol des Sicherheitsrats vermissen lassen und stattdessen im Alleingang oder mit Koalitionen unter ihrer Führung ihre militärischen Interessen durchzusetzen versuchen. Zugleich hat sich bislang gezeigt, dass die Vereinten Nationen kaum – oder gar nicht – in der Lage sind, eigene Politiken zu betreiben, die den Interessen der USA entgegenlaufen, da sie mit ihnen finanziell, personell und auch historisch stark verwoben sind.<br />
<br />
Wenngleich es den UN nur auf einer sehr rudimentären Ebene gelang, einheitliche kulturelle und politische Vorstellungen der Menschheit zu definieren, waren doch einige UN-Missionen durchaus erfolgreich, und ob die zwischenstaatliche Konfliktbewältigung ohne die UN-Vermittlung besser abliefe, darf ebenfalls bezweifelt werden.<br />
<br />
=== Weitere Kritik ===<br />
* Viele Kommentatoren kritisieren das 1960 erstellte [[Entwicklungshilfe]]-Konzept. Die Länder der [[Dritte Welt|Dritten Welt]] erhielten Geld, um sich zu entwickeln, doch der Aufbau eines erfolgreichen Handelssystems unterblieb weitestgehend. Vielfach wird deren zunehmende Abhängigkeit von [[Transferleistung]]en als eine Folge ungleicher Handelsbeziehungen angesehen.<br />
* Den UN wird vorgeworfen, dass sie sich im Laufe der Zeit nur in jene Konflikte eingeschaltet haben, die die stärkste Beachtung in den Medien fanden, und sie nur unzureichend in Konflikte in [[Sudan]], [[Armenien]], [[Bangladesch]], [[Myanmar]], [[Kolumbien]], [[Völkermord in Ruanda|Ruanda]] und [[Peru]] involviert waren.<br />
* Den Industriestaaten wird häufig ein relatives Desinteresse an allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten der UN vorgeworfen; wenn sich tatsächlich Probleme einstellen, die man ernst nimmt, würden diese oft nach stillschweigender Übereinkunft außerhalb oder beiläufig in den Vereinten Nationen behandelt.<br />
* 1946 scheiterte der Plan der [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]], die [[Kernwaffe|nuklearen Waffen]] unter die Kontrolle der UN zu stellen. Einerseits wollten die USA auf die Atombomben nicht verzichten, solange sie nicht sicher sein konnten, dass kein anderes Land sie bauen kann, andererseits wollte die [[Sowjetunion]] ihre Forschung nicht einstellen, solange Washington über das Nuklearwaffen-[[Monopol]] verfügte. Während des [[Kalter Krieg|Kalten Krieges]] versuchte jede [[Weltmacht]], weitere Staaten auf ihre Seite zu ziehen, sie wurden mit großzügigen Wirtschaftshilfen und Ausrüstungen gelockt. Infolgedessen brachen viele Kriege aus, die diese Staaten stellvertretend für die Supermächte ausfochten ([[Stellvertreterkrieg]]e).<br />
* Ein weiterer umstrittener Kritikpunkt ist, dass sich die UN überproportional mit der Verurteilung [[Israel]]s befassen würden. Mit den Stimmen der arabischen Staaten wurden in Vollversammlungen so viele Resolutionen gegen Israel erlassen und so viele Sondersitzungen zum Thema [[Nahostkonflikt]] einberufen wie zu keinem anderen Thema. Im Sicherheitsrat werden diese Resolutionsentwürfe gewöhnlich nicht angenommen, da die [[Vereinigte Staaten|USA]] meist zugunsten Israels ihr Veto einlegen. Somit sind sie auch nicht völkerrechtlich bindend. Dagegen würden [[Menschenrechte|Menschenrechtsverletzungen]] in der arabischen Welt selten thematisiert. So ist ein Resolutionsentwurf, der erstmals in der Geschichte der UN explizit den [[Judenfeindlichkeit|Antisemitismus]] verurteilen sollte, auch mit den Stimmen der arabischen Staaten abgelehnt worden. Einen Höhepunkt erreichte dies auf einem von den UN organisierten Kongress in [[Durban]] 1975, wo der [[Zionismus]] als eine Form von [[Rassismus]] definiert wurde. Diese Resolution wurde jedoch am 16. Dezember 1991 – gegen den Widerstand der arabischen Staaten – wieder aufgehoben.<br />
* Die UN unterstützten den 1969 im [[Act of Free Choice]] stattfindenden [[Wahlbetrug|Betrug]], mit dessen Hilfe [[Indonesien]] einerseits das New Yorker Abkommen erfüllte, einen [[Volksentscheid]] durchzuführen, ob [[West-Neuguinea]] unabhängig oder Teil Indonesiens sein möchte, und andererseits sich den eigenen Wunsch realisierte, ein indonesisches Territorium von Sabang bis Merauke in den Grenzen [[Niederländisch-Indien]]s vor dem Zweiten Weltkrieg zu besitzen. Die UN entsandten die im New Yorker Abkommen in Artikel 16 vereinbarten Experten zur Vorbereitung einer [[Freie Wahl|freien Wahl]] nicht, und sie akzeptierten in ihrer Resolution 2504 (XXIV), dass die Abstimmung entsprechend „indonesischer Praxis“ durchgeführt worden war, anstatt, wie in Artikel 18 vereinbart, „in Übereinstimmung mit der internationalen Praxis“. Die britische United Nations Association konstatierte:<br />
{{Zitat|Eine außerordentliche Situation wurde so geschaffen: Die ursprünglich nach West Papua entsendete UN-Mission zur Beratung, Unterstützung und Hilfe bei der Ausführung der UN-Vereinbarung [New Yorker Abkommen] endete damit, aktiv dagegen zu arbeiten.|John Saltford|The United Nations and the Indonesian Takeover of West Papua, 1962–1969: The anatomy of a betrayal.<ref name="saltford" />}}<br />
* UN-Mitgliedstaaten wie z.&nbsp;B. die Bundesrepublik Deutschland oder Japan sind heute noch in der [[UN-Feindstaatenklausel]] eingetragen. Artikel 53 und 107 der [[Charta der Vereinten Nationen|UN-Charta]] erlauben jedem Unterzeichnerstaat, gegen einen Feindstaat Maßnahmen zu ergreifen, sofern sich diese Maßnahmen als Folge des Zweiten Weltkriegs darstellen. Allerdings entfalten diese Bestimmungen unstrittig keine materiellrechtliche Wirksamkeit mehr.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* United Nations (Hrsg.): ''Wissenswertes über die Vereinten Nationen''. United Nations, New York 2006, ISBN 92-1-100936-7 ([http://www.unric.org/html/german/wissenswertes.pdf PDF]).<br />
* [[Hans von Mangoldt (Jurist)|Hans von Mangoldt]], [[Volker Rittberger]], Franz Knipping (Hrsg.): ''Das System der Vereinten Nationen und seine Vorläufer''. Unter Mitarbeit von Martin Mogler u. Stephan Wilske. 3 Bände in 2 Teilbänden. Bern: Stämpfli + CIE AG 1995 u. München: C.H. Beck 1995, ISBN 3-7272-9374-8 (Stämpfli), ISBN 3-406-39107-9 (C.H. Beck).<br />
* Dieter Göthel: ''Die Vereinten Nationen: Eine Innenansicht''. 2. Aufl., Auswärtiges Amt, Berlin 2002.<br />
* [[Sabine von Schorlemer]] (Hrsg.): ''Praxishandbuch UNO – Die Vereinten Nationen im Lichte globaler Herausforderungen''. Springer, Berlin 2003, ISBN 3-540-43907-2.<br />
* Günther Unser, [[Ingo Winkelmann]]: ''ABC der Vereinten Nationen''. 5. Aufl., Auswärtiges Amt, Berlin 2003 ([http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Infoservice/Broschueren/ABCVN.pdf PDF]).<br />
* Günther Unser: ''Die UNO – Aufgaben, Strukturen, Politik''. dtv, München 2004, ISBN 3-423-05254-6.<br />
* [[Klaus Dieter Wolf]]: ''Die UNO – Geschichte, Aufgaben, Perspektiven''. C.H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-50878-2.<br />
* [[Aus Politik und Zeitgeschichte]] 22/2005: ''60 Jahre Vereinte Nationen''. [[Bundeszentrale für politische Bildung]], Bonn 2005 ([http://www.bpb.de/files/4M2XRE.pdf PDF]).<br />
* Swen Bernhard Gareis, [[Johannes Varwick]]: ''Die Vereinten Nationen''. 4. Aufl., Budrich, Opladen 2006, ISBN 3-8252-8328-3.<br />
* [[Paul Kennedy]]: ''Parlament der Menschheit: Die Vereinten Nationen und der Weg zur Weltregierung''. München 2007, ISBN 3-406-56328-7. Der Autor beschreibt treffend die Funktion, neue Aufgaben und Erfolge der UN – durchaus auch kritisch.<br />
* ''The Oxford Handbook on the United Nations'' (Oxford Handbooks) [Taschenbuch] hrg. von Thomas G. Weiss und Sam Daws, Oxford University Press 2008, 848 S., ISBN 0-19-956010-2<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons|United Nations|Vereinten Nationen}}<br />
{{wikinews|Portal:Vereinte Nationen}}<br />
* [http://www.un.org/ Internationale Seite der Vereinten Nationen] {{UN-Sprachen}}<br />
* [http://web.archive.org/web/20100821113733/http://www.un.org/depts/german/orgastruktur/vn-organigramm-dez2007.pdf Das System der Vereinten Nationen]. (PDF-Datei; 46&nbsp;kB)<br />
* [http://www.un.org/Depts/german/ Vereinte Nationen: Dokumente der Vereinten Nationen in deutscher Sprache]<br />
* [http://www.unric.org/index.php?option=com_content&task=view&id=1097&Itemid=232 Übersicht Übereinkommen, Erklärungen und andere Rechtsinstrumente in deutscher Übersetzung]<br />
* [http://www.uno.de/ UNRIC – regionales Informationszentrum der Vereinten Nationen für Westeuropa]<br />
* {{nobel-fr|2001|die Vereinten Nationen}}<br />
* [http://www.unmultimedia.org/tv/webcast/index.html United Nations Webcast] Live-Stream und Archiv von UN-Sitzungen<br />
* [http://www.unmultimedia.org/radio/english/ United Nations Radio Live-Stream] (Englisch u.&nbsp;a.)<br />
* Grafik: [http://www.bpb.de/wissen/7WLR9U Die Entwicklung der Mitgliedschaft der Vereinten Nationen, 1945 bis 2006 (Stand: Okt. 2009)] bei bpb.de<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references><br />
<ref name="TAZ-2000-12-28">{{Internetquelle | url=http://www.bits.de/zumach/2000/281200-2.htm | titel=Erpressung zahlt sich aus | autor=Andreas Zumach | datum=28. Dezember 2000 | zugriff=2010-06-25 | kommentar=erschienen in der [[Die tageszeitung|TAZ]]}}</ref><br />
<ref name="HSFK-98-02">{{Internetquelle | url=http://www.hsfk.de/downloads/sp0298.pdf | titel=Die USA und die UN: Reform oder Abbau der Weltorganisation? | hrsg=Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung | werk=StandPunkte 2/98 | zugriff=2010-06-25}}</ref><br />
<ref name="KH-UNF-2006">{{Internetquelle | url=http://www.dgvn.de/fileadmin/user_upload/DOKUMENTE/UN_Finanzierung/Finanzierung_Gesamtdarstellung.pdf | autor=Klaus Hüfner | titel=Die Finanzierung des VN-Systems Gesamtdarstellung | kommentar=Stand 2005 | zugriff=2010-06-25 }}</ref><br />
<ref name="embargos">{{Internetquelle | url=http://www.embargos.de/irak/post1109/staatsstreich_uno.htm | titel=Staatsstreich in der UNO | autor=Joachim Guilliard | datum=28. April 2002 | zugriff=2010-06-25 | kommentar=erschienen in der linken Tageszeitung [[Junge Welt]]}}</ref><br />
<ref name="Drohung">{{Internetquelle | url=http://www.netzeitung.de/ausland/142918.html | hrsg=Netzzeitung | titel=Die USA drohen der UNO | datum=9. Mai 2001 | zugriff=2010-06-25 }}</ref><br />
<ref name="saltford">[http://www.freewestpapua.org/docs/saltford.htm www.freewestpapua.org John Saltford: ''The United Nations and the Indonesian Takeover of West Papua, 1962–1969: The anatomy of a betrayal.'' Datum: 2000, ISBN 0-415-40625-0, in PDF-Sammlung (3,4&nbsp;MB; S. 352)]</ref><br />
</references><br />
<br />
{{Normdaten|TYP=k|GND=333-5|SWD=4078794-1}}<br />
<br />
[[Kategorie:Vereinte Nationen| ]]<br />
[[Kategorie:Internationale Organisation]]<br />
[[Kategorie:Institution der Diplomatie]]<br />
[[Kategorie:Friedensnobelpreisträger]]<br />
[[Kategorie:Organisation (New York City)]]<br />
<br />
{{Link FA|nl}}<br />
{{Link FA|sr}}<br />
{{Link FA|th}}<br />
{{Link FA|ur}}<br />
{{Link FA|vi}}<br />
<br />
[[ab:Еидгылоу Амилаҭқәа Рорганизациа]]<br />
[[af:Verenigde Nasies]]<br />
[[als:Vereinte Nationen]]<br />
[[am:የተባበሩት መንግስታት]]<br />
[[an:Organización d'as Nacions Unitas]]<br />
[[ar:الأمم المتحدة]]<br />
[[arz:الأمم المتحده]]<br />
[[as:ৰাষ্ট্ৰসংঘ]]<br />
[[ast:Organización de les Naciones Xuníes]]<br />
[[az:Birləşmiş Millətlər Təşkilatı]]<br />
[[bar:UNO]]<br />
[[bat-smg:Jongtėniu Tautū Uorganėzacėjė]]<br />
[[bcl:Nagkakasararong Nacion]]<br />
[[be:Арганізацыя Аб'яднаных Нацый]]<br />
[[be-x-old:Арганізацыя Аб’яднаных Нацыяў]]<br />
[[bg:Организация на обединените нации]]<br />
[[bi:Yunaeted Nesen]]<br />
[[bn:জাতিসংঘ]]<br />
[[bo:མཉམ་འབྲེལ་རྒྱལ་ཚོགས།]]<br />
[[bpy:জাতিসংঘ]]<br />
[[br:Aozadur ar Broadoù Unanet]]<br />
[[bs:Ujedinjeni narodi]]<br />
[[bxr:Нэгэдэмэл Үндэhэнэй Байгуулга]]<br />
[[ca:Organització de les Nacions Unides]]<br />
[[ceb:Hiniusang mga Nasod]]<br />
[[ckb:نەتەوە یەکگرتووەکان]]<br />
[[crh:Birleşken Milletler Teşkilâtı]]<br />
[[cs:Organizace spojených národů]]<br />
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[[rue:Орґанізація Зъєдиненых Націй]]<br />
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[[se:Ovttastuvvan našuvnnat]]<br />
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[[sk:Organizácia Spojených národov]]<br />
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