https://de.wikipedia.org/w/api.php?action=feedcontributions&feedformat=atom&user=CheCheWikipedia - Benutzerbeiträge [de]2025-04-27T13:53:18ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.44.0-wmf.25https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Stern-Gerlach-Versuch&diff=241115556Stern-Gerlach-Versuch2024-01-13T09:44:48Z<p>CheChe: PNG -> SVG</p>
<hr />
<div>[[Datei:SternGerlach2.jpg|mini|top| Tafel am Gebäude des [[Physikalischer Verein|Physikalischen Vereins]] in Frankfurt am Main]]<br />
Mit Hilfe des '''Stern-Gerlach-Versuchs''' von 1922 wurde von den Physikern [[Otto Stern (Physiker)|Otto Stern]]<ref name=":0">{{Internetquelle |url=https://frankfurter-personenlexikon.de/node/4536 |titel=Stern, Otto (1888-1969) {{!}} Frankfurter Personenlexikon |datum=22.10.2019 |sprache=de |abruf=2021-10-29}}</ref> und [[Walther Gerlach]]<ref>{{Internetquelle |url=https://frankfurter-personenlexikon.de/node/5452?treffer=Gerlach |titel=Gerlach, Walther {{!}} Frankfurter Personenlexikon |datum=22.10.2019 |sprache=de |abruf=2021-10-29}}</ref> erstmals die [[Richtungsquantelung]] von [[Drehimpuls]]en beobachtet. Der Stern-Gerlach-Versuch ist ein grundlegendes Experiment in der Physik und wird immer wieder herangezogen, um diese [[Quantenmechanik|quantenmechanische]] Erscheinung zu erläutern, die im Rahmen der klassischen Physik nicht verständlich ist.<ref>{{Internetquelle |url=https://plato.stanford.edu/entries/physics-experiment/app5.html |titel=Experiment in Physics > Appendix 5: Right Experiment, Wrong Theory: The Stern-Gerlach Experiment (Stanford Encyclopedia of Philosophy) |abruf=2021-10-29}}</ref><br />
<br />
== Beschreibung ==<br />
[[Datei:Stern-Gerlach Experiment de.png|mini|350px|Das Stern-Gerlach-Experiment, schematisch]]<br />
Ein Strahl von (elektrisch neutralen) Silber[[atom]]en durchfliegt im [[Vakuum]] den Spalt zwischen den [[Polschuh]]en eines Magneten. Der eine Polschuh hat die Form einer zum Strahl parallelen Schneide, der andere die einer flachen Rinne. Dadurch ist das [[Magnetfeld]] in der Richtung quer zum Strahl stark [[Feld (Physik)|inhomogen]]. Nachdem der Strahl das Magnetfeld durchlaufen hat, schlagen sich die Silberatome auf einer Glasplatte nieder. Es werden zwei voneinander getrennte Flecke gefunden, das heißt, das Magnetfeld spaltet den Strahl in zwei getrennte Teilstrahlen auf.<ref name=Stern-Gerlach>{{Literatur | Autor = Walther Gerlach und Otto Stern | Titel = Der experimentelle Nachweis der Richtungsquantelung im Magnetfeld | Sammelwerk = Zeitschrift für Physik | Band = 9 | Jahr = 1922 | Seiten = 349-352 | DOI = 10.1007/BF01326983}}</ref><br />
<br />
== Erklärung ==<br />
Das [[Silber]]atom hat ein [[Magnetisches Moment|magnetisches Dipolmoment]] <math>\vec{\mu}</math> bestimmter Größe, auf das im inhomogenen Feld <math>\vec{B}</math> eine Kraft wirkt:<br />
<br />
:<math>\vec{F}= \nabla\left( \vec{\mu} \cdot \vec{B} \right) = \begin{pmatrix} 0 \\ 0 \\ \mu_{z} \cdot \frac{\partial B}{\partial z} \end{pmatrix}</math><br />
(Dabei ist die Feldrichtung als <math>z</math>-Achse gewählt, in der Abbildung: die senkrechte Richtung.)<br />
Je nach Größe der <math>z</math>-Komponente <math>\mu_z</math> des magnetischen Moments, d.&nbsp;h. je nach Anstellwinkel zur Feldrichtung, erfahren die verschiedenen Atome Kräfte verschiedener Größe parallel oder antiparallel zur Feldrichtung. Klassisch erwartet man daher eine kontinuierliche Aufweitung des Strahls in <math>\pm z</math>-Richtung.<br />
<br />
Das magnetische Moment rührt von dem Drehimpuls <math>\vec{S}</math> des Atoms her und ist zu ihm parallel. Der Drehimpuls mit der Quantenzahl ½ hat in <math>z</math>-Richtung nur die Einstellmöglichkeiten <math>- \hbar / 2</math> oder <math>+ \hbar / 2\,</math> (<math>\hbar</math> ist das [[Reduziertes Plancksches Wirkungsquantum|reduzierte Plancksche Wirkungsquantum]]). Im klassischen Bild entspricht das einer mit gleicher Rotationsgeschwindigkeit links- bzw. rechtsherum rotierenden geladenen Kugel. Nach der klassischen Mechanik könnte der Drehimpulsvektor dagegen jeden beliebigen Winkel mit der Achse bilden.<br />
<br />
[[Datei:Projektion von S auf die z-Achse fuer spin einhalbe Teilchen.svg|mini|Projektion des Spins eines Spin-½-Teilchens auf die <math>z</math>-Achse]] Da <math>\vec{\mu}</math> parallel zu <math> \vec{S}</math> ist, kann auch die <math>z</math>-Komponente von <math>\vec{\mu}</math> nur einen bestimmten positiven oder einen gleich großen negativen Wert annehmen. Deshalb wirkt auf jedes Atom je nach Ausrichtung des Drehimpulses eine betragsmäßig gleiche, aber in der Richtung entgegengesetzte Kraft quer zur Flugrichtung. Der Strahl spaltet sich in zwei Teilstrahlen auf, so dass die beobachtete Verteilung entsteht.<br />
<br />
=== Besonderheit des Silberatoms ===<br />
Grundsätzlich wird das magnetische Moment eines Atoms von der Gesamtheit der [[Bahndrehimpuls]]e sowie der [[Spin]]s aller seiner Elektronen gebildet (siehe [[Landé-Faktor]] eines Atoms; der Beitrag des Atomkerns ist vernachlässigbar klein.) Im Silberatom trägt jedoch nur das 5<math>s</math>-Elektron zum magnetischen Moment bei, denn alle anderen Elektronen bilden [[Schalenmodell (Atomphysik)|abgeschlossene Schalen]] mit Drehimpuls Null. Das 5<math>s</math>-Elektron hat die Bahndrehimpulsquantenzahl <math>l = 0 </math> (es besitzt keinen Bahndrehimpuls). Der Gesamtdrehimpuls besteht also nur aus dem Spin dieses einen Elektrons, und das ganze Silberatom verhält sich wie ein einzelnes Spin-1/2-Teilchen. Im Unterschied zum Elektron ist es allerdings elektrisch neutral, kann also durch die im Magnetfeld herrschende [[Lorentzkraft]] oder durch elektrische Störfelder nicht abgelenkt werden.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
Eine Quantelung der Beträge von Bahndrehimpulsen von Elektronen im Atom hatte [[Niels Bohr]] 1913 postuliert (was von Otto Stern damals noch für Unsinn gehalten wurde).<ref name="rauchhaupt"/> Die Quantelung des Einstellwinkels zu einem Magnetfeld war von [[Peter Debye]]<ref>Debye, Quantenhypothese und Zeemaneffekt, Nachrichten Akad. Wiss. Göttingen, Math-Phys. Klasse, 1916. S. 142, und Physikalische Zeitschrift, Band 17, 1916, S. 507.</ref><ref>{{Literatur |Autor=P. Debye |Titel=Quantenhypothese und Zeemann-Effekt |Sammelwerk=Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse |Band=1916 |Datum=1916 |Seiten=142–153 |Online=https://eudml.org/doc/58956 |Abruf=2021-10-29}}</ref> und [[Arnold Sommerfeld]]<ref>Sommerfeld, ''Zur Theorie des Zeemaneffekts der Wasserstofflinien, mit einem Anhang über den Starkeffekt, Physikalische Zeitschrift'', Band S. 17, 1916, S. 491–507</ref><ref>{{Literatur |Autor=Wolfgang Pauli |Titel=Sommerfelds Beiträge zur Quantentheorie |Sammelwerk=Physik und Erkenntnistheorie |Verlag=Vieweg+Teubner Verlag |Ort=Wiesbaden |Datum=1984 |ISBN=978-3-528-08563-6 |DOI=10.1007/978-3-322-88799-3_5 |Seiten=32–41 }}</ref> 1916 im Rahmen der theoretischen Untersuchung des [[Zeemaneffekt]]s vorhergesagt worden. Auch dieser Idee stand Stern skeptisch gegenüber, sah aber die Möglichkeit der Überprüfung des Bohrschen Atommodells. Er experimentierte schon seit 1919 mit Atomstrahlen, ein Gebiet, das 1911 von [[Louis Dunoyer de Segonzac]] eröffnet worden war. Wie Gerlach sich erinnert, wurde er gleich bei seiner Ankunft in Frankfurt im Herbst 1920 von [[Max Born]] und Otto Stern zu den Atomstrahlversuchen hinzugezogen, mit denen Gerlach schon in seiner Zeit in Tübingen optische Experimente durchgeführt hatte. Stern hatte 1921 einen Versuch zum Nachweis der Richtungsquantelung vorgeschlagen<ref> Stern, ''Ein Weg zur experimentellen Prüfung der Richtungsquantelung im Magnetfeld'', Z. f. Physik, Band 7, 1921, S. 249–253</ref>. Die Durchführung des Versuchs war schwierig, auch da in der Inflationszeit die finanziellen Mittel fehlten. Max Born stellte aber Geld aus seinen Vorträgen über die Relativitätstheorie zur Verfügung, und [[Fritz Haber]] ermutigte die Experimentatoren und unterstützte sie mit Mitteln der Hoshi-Stiftung. Über Albert Einstein, den Born verständigt hatte, kam Geld für die Beschaffung des starken Magneten. Die Firma Messer spendete die flüssige Luft, mit der der Glasplatten-Detektor gekühlt wurde, und der amerikanische Bankier [[Henry Goldman]] (einer der Gründer der Bank Goldman Sachs), 400 Dollar.<ref name="rauchhaupt">Ulf von Rauchhaupt, Das Stern-Gerlach-Experiment, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 6. Februar 2022, S. 54</ref> Unterstützt wurden Stern und Gerlach vom Mechanikermeister Adolf Schmidt (1893–1971). Das Experiment selbst war ebenfalls schwierig. Die Anordnung war sehr kompakt auf kleinstem Raum (die Länge betrug nur rund zehn Zentimeter), wobei sich dem über 1000 Grad heißen Silberofen auf einer Seite die gekühlte Glasplatte zur Detektion auf der anderen Seite gegenüberstand. Es gab immer wieder Probleme mit den Vakuumpumpen, mit der Ausrichtung des Atomstrahls längs des Magneten, und die Blende für den Atomstrahl verklebte häufig mit Silber.<ref name="rauchhaupt"/> Die Experimentatoren hatten Silber aus praktischen Gründen wegen der leichten Nachweismöglichkeit gewählt (Der Silber-Niederschlag auf einer Glasplatte konnte mit Hilfe einer schwefelhaltigen Substanz schon in geringsten Mengen als schwarze Ablagerung sichtbar gemacht werden). Stern soll aus Erfahrung mit seinen billigen, schwefelhaltigen Zigarren, die er auch während des Experimentierens rauchte, auf die Idee der Verwendung von Silber gekommen sein.<ref name="rauchhaupt"/> <br />
<br />
Die Frage, ob überhaupt ein quantenmechanischer Effekt mit dem Experiment beobachtet werden könne, wurde vielfach diskutiert und war umstritten, auch wegen der technischen Schwierigkeit. Born und [[Niels Bohr]] glaubten daran; Debye glaubte nicht daran; Sommerfeld glaubte, nur ein halbklassischer Effekt wäre beobachtbar. Gerlach und Stern selbst waren offen hinsichtlich des Versuchsergebnisses. Allerdings erwartete Stern eher einen ''klassischen'' Effekt, wie Gerlach berichtet.<ref>Gerlach, Erinnerungen an Albert Einstein 1908–1930, Physikalische Blätter Band 35, 1979, Heft 3, S. 97f</ref><br />
<br />
Der Versuch wurde im Februar 1922 durch Gerlach im Gebäude des [[Physikalischer Verein|Physikalischen Vereins]] in Frankfurt am Main in der Robert-Mayer-Straße durchgeführt, nach [[Horst Schmidt-Böcking]] (nach erhaltenen Wetterbeschreibungen vom Tag des Experiments) in der Nacht vom 7. auf den 8. Februar.<ref>[http://www.fr.de/frankfurt/campus/goethe-universitaet-der-vergessene-nobelpreistraeger-a-960084 Astrid Ludwig, Der vergessene Nobelpreisträger], Frankfurter Rundschau, 28. Dezember 2010, Horst Schmidt-Böcking über Otto Stern</ref> Das Ergebnis überraschte besonders durch die Aufspaltung des Atomstrahls in gerader Anzahl, denn die zur Erklärung nötigen „halbzahligen“ Drehimpulse waren damals noch nicht bekannt. Stern und Gerlach hatten bereits nachgewiesen, dass das Silberatom in seinem Grundzustand ein von Null verschiedenes magnetisches Moment hat. Ihre wenig später durchgeführte genaue Messung dieses magnetischen Moments<ref>{{Literatur | Autor = Walther Gerlach und Otto Stern | Titel = Das magnetische Moment des Silberatoms | Sammelwerk = Zeitschrift für Physik | Band = 9 | Jahr = 1922 | Seiten = 353-355 | DOI = 10.1007/BF01326984}}</ref> ergab den erwarteten Betrag, 1 [[bohrsches Magneton]]. Im Sinne des Bohr-Sommerfeldschen Atommodells führten sie das magnetische Moment auf einen Bahndrehimpuls mit der Quantenzahl <math>l=1</math> zurück. Daher hatten sie eigentlich eine Aufspaltung in <math>2 l + 1 = 3</math> Teilstrahlen erwartet, aber der erwartete unabgelenkte mittlere Teilstrahl trat nicht auf.<br />
<br />
Gerlach teilte das Ergebnis Stern, der in Rostock war, in einem Telegramm mit den Worten mit: ''Bohr hat doch Recht''.<ref name="gentner">[http://www.orden-pourlemerite.de/band/1980 Wolfgang Gentner, Gedenkworte für Walther Gerlach], Orden Pour le Mérite, Reden und Gedenkworte, Band 16, 1980, S. 47–53, Telegramm von Gerlach an Stern S. 48, Postkarte von Pauli S. 49 </ref> In einem Glückwunschtelegramm an Gerlach vom 17. Februar 1922 von [[Wolfgang Pauli]] gab dieser zudem der Hoffnung Ausdruck, dass auch Stern nun von der Richtungsquantelung überzeugt sein würde.<ref name="gentner" /><br />
<br />
Die Richtungsquantelung als realer, beobachtbarer Effekt war mit dem Experiment erwiesen, aber die Deutung des Ergebnisses musste später berichtigt werden, nachdem 1925 der Begriff des [[Elektronenspin]]s eingeführt worden war ([[Samuel Goudsmit]], [[George Uhlenbeck]]). Die Aufspaltung der Silberatomstrahlen erfolgte wegen des magnetischen Moments des einzelnen äußeren Elektrons, dessen Bahndrehimpuls gleich Null war und nicht dazu beitrug. Der Erste, der die Aufspaltung auf das magnetische Moment des Elektrons zurückführte, war 1923 [[Alfred Landé]], er übersah dabei allerdings den dahinter stehenden Elektronenspin, dessen Entdeckung ihm damit entging.<ref name="rauchhaupt"/> 1927 führten Phipps und Taylor das Stern-Gerlach-Experiment mit Wasserstoffatomen aus und erhielten ebenfalls zwei Teilstrahlen.<ref>T. E. Phipps, J. B. Taylor: The Magnetic Moment of the Hydrogen Atom. ''[[Physical Review]]'' Band 29 (1927) S. 309–320</ref><br />
<br />
Albert Einstein äußerte sich zum Experiment nach Kenntnisnahme 1922:<ref>Einstein, Born, Briefwechsel, Langen-Müller, S. 102f, Brief Nr. 42 (ohne Datum)</ref> ''Das Interessanteste aber ist gegenwärtig das Experiment von Stern und Gerlach. Die Einstellung der Atome ohne Zusammenstöße ist nach den jetzigen Überlegungs-Methoden durch Strahlung nicht zu verstehen; eine Einstellung sollte von Rechts wegen mehr als 100 Jahre dauern. Ich habe mit [[Paul Ehrenfest|Ehrenfest]] eine kleine Rechnung darüber angestellt. [[Heinrich Rubens|Rubens]] hält das experimentelle Ergebnis für absolut sicher.''<br />
<br />
Die Originalapparaturen sind fast alle im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Eine Rekonstruktion des Experiments durch Horst Schmidt-Böcking mit einigen Originalen – einem Mikroskop aus dem Besitz von Stern (2009 durch eine Nichte von Stern an Schmidt-Böcking übergeben) und Vakuumpumpen – wurde 2014 auf einer Jubiläumsausstellung der Universität Frankfurt gezeigt.<ref name=":0" /><br />
<br />
Stern und Gerlach wurden für das Experiment mehrfach (82<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nobelprize.org/nomination/archive/show_people.php?id=8779 |titel=Nomination archive – Otto Stern |hrsg=Nobel Prize Outreach AB |datum=2020-04-01 |sprache=en-US |abruf=2021-10-29}}</ref> Nominierungen für Stern, 30<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nobelprize.org/nomination/archive/show_people.php?id=3398 |titel=Nomination archive – Walter Gerlach |datum=2020-04-01 |sprache=en-US |abruf=2021-10-29}}</ref> für Gerlach) für den Nobelpreis vorgeschlagen. Im Verlauf der Nobelpreis-Nominierungen rückte der Fokus des Preisträgers vermehrt auf Stern. Stern wurde z. B. als "führender Geist der Untersuchungen" empfohlen.<ref>{{Literatur |Titel=Otto Sterns gesammelte Briefe – Band 2 |Datum=2019 |DOI=10.1007/978-3-662-58837-6 |Seiten=293}}</ref> <br />
<br />
Bei der Verleihung 1944 an Stern (Rückwirkend für das Jahr 1943) wurde der Versuch nicht explizit erwähnt,<ref>{{Literatur |Autor=Daniel Kleppner |Titel=Our Enduring Legacy from Otto Stern |Sammelwerk=Molecular Beams in Physics and Chemistry |Verlag=Springer International Publishing |Ort=Cham |Datum=2021 |ISBN=978-3-030-63962-4 |DOI=10.1007/978-3-030-63963-1_7 |Seiten=97–117 }}</ref> sondern Sterns Beitrag zur Entwicklung der [[Molekularstrahl]]-Methode und die Entdeckung des magnetischen Moments des Protons.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nobelprize.org/prizes/physics/1943/stern/facts/ |titel=The Nobel Prize in Physics 1943 |sprache=en-US |abruf=2021-10-29}}</ref> Das Stern-Gerlach-Experiment wurde allerdings in einer Würdigung durch Nobelpreis-Komiteemitglied [[Erik Hulthén]] in der Präsentation der Nobelpreisverleihung im schwedischen Radio am 10. Dezember 1944 hervorgehoben.<ref>{{Literatur |Autor=Josef Georg Huber, Horst Schmidt-Böcking, Bretislav Friedrich |Titel=Walther Gerlach (1889–1979): Precision Physicist, Educator and Research Organizer, Historian of Science |Sammelwerk=Molecular Beams in Physics and Chemistry |Verlag=Springer International Publishing |Ort=Cham |Datum=2021 |ISBN=978-3-030-63962-4 |DOI=10.1007/978-3-030-63963-1_8 |Seiten=119–161}}</ref> Obwohl Gerlach 30-mal für den Nobelpreis vorgeschlagen worden war, zuletzt 1944 durch das einflussreiche Nobelpreiskomitee-Mitglied [[Manne Siegbahn]], wurde er bei der Preisvergabe übergangen, wahrscheinlich wegen seiner herausragenden Rolle in der deutschen physikalischen Forschung in der Zeit des Zweiten Weltkriegs.<ref>Horst Schmidt-Böcking, Alan Templeton, Wolfgang Trageser (Hrsg.), Otto Sterns Gesammelte Briefe, Band 2, Springer 2019, S. 344. Der Zusammenhang kann nach den Autoren aber nicht belegt werden.</ref><br />
<br />
== Anwendung ==<br />
Jeder der beiden Teilstrahlen im Stern-Gerlach-Versuch ist [[Spinpolarisation|polarisiert]]. Daher findet das Prinzip des Versuchs Anwendung in manchen Quellen zur Erzeugung eines polarisierten Strahls von [[Ion]]en – meist [[Proton]]en oder [[Deuteron]]en – für [[Teilchenbeschleuniger]]. Der Atomstrahl durchläuft dabei statt des [[Dipolmagnet]]en einen [[Quadrupolmagnet|Quadrupol-]] oder [[Sextupolmagnet]]en. Ein solcher Magnet fokussiert Atome mit einer der beiden Drehimpulsstellungen zur Mitte auf seine Achse, während er die anderen Atome defokussiert, also nach außen zerstreut. Aus den fokussierten Atomen lässt sich durch [[Stoßionisation]] in einem schwachen äußeren Magnetfeld durch Ausnützen der [[Hyperfeinstruktur|Hyperfeinaufspaltung]] ein polarisierter Ionenstrahl gewinnen.<ref>G. Clausnitzer, R. Fleischmann, H. Schopper, ''Zeitschrift für Physik'' Band 144 (1956) S. 336</ref><ref>H. Paetz gen. Schieck: ''Nuclear Physics with Polarized Particles.'' Heidelberg usw.: Springer, 2012. ISBN 978-3-642-24225-0</ref><br />
<br />
== Der Versuch mit anderen Teilchen ==<br />
=== Atome ===<br />
Ein Strahl [[Diamagnetismus|diamagnetischer]] Atome zeigt zunächst keine Aufspaltung, da deren Elektronenhüllen kein magnetisches Moment aufweisen. Bei sehr hoher Auflösung erkennt man aber eine Aufspaltung, die durch den [[Kernspin]] mit seinem viel kleineren magnetischen Moment verursacht wird. Bei [[Paramagnetismus|paramagnetischen]] Atomen wird jede durch die Elektronenhülle verursachte Aufspaltung durch das magnetische Moment des Kerns weiter aufgespalten.<ref>Gerthsen, Kneser, Vogel (siehe Literaturliste)</ref><br />
<br />
=== Neutronen ===<br />
Die Strahlaufspaltung im inhomogenen Magnetfeld ist gelegentlich mit Erfolg verwendet worden, um die Polarisation eines Strahls langsamer [[Neutron]]en zu messen.<ref>S. Barkan et al.: Measurement of the Polarization of Thermal Neutron Beams of Mixed Velocities. ''Review of Scientific Instruments'' Bd. 39 (1968) S. 101. {{doi|10.1063/1.1683079}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=J. E. Sherwood, T. E. Stephenson, Seymour Bernstein |Titel=Stern-Gerlach Experiment on Polarized Neutrons |Sammelwerk=Physical Review |Band=96 |Nummer=6 |Datum=1954-12-15 |DOI=10.1103/PhysRev.96.1546 |Seiten=1546–1548 }}</ref><br />
<br />
=== Geladene Teilchen ===<br />
Ein Stern-Gerlach-Versuch mit geladenen Teilchen, etwa freien Elektronen, wird meist als unmöglich angesehen, weil die Lorentzkraft auf die Ladung sehr viel größer ist als die Kraft auf das magnetische Moment; schon die Querabmessungen des Strahls sowie kleine Geschwindigkeitsunterschiede würden wegen des inhomogenen Feldes zu einer Verschmierung führen, die die spinbedingte Aufspaltung überdeckt. Diese Aussage ist 1997 durch Batelaan u. M. aus theoretischer Sicht bezweifelt worden. Sie halten es für grundsätzlich möglich, einen Polarisator für Elektronenstrahlen nach dem Prinzip des Stern-Gerlach-Versuchs zu bauen.<ref name=":1" /> Andere Forscher haben diesen Überlegungen widersprochen.<ref name=":1">{{Literatur |Autor=H. Batelaan, T. J. Gay, J. J. Schwendiman |Titel=Stern-Gerlach Effect for Electron Beams |Sammelwerk=Physical Review Letters |Band=79 |Nummer=23 |Datum=1997-12-08 |DOI=10.1103/PhysRevLett.79.4517 |Seiten=4517–4521 }}</ref><ref>{{Literatur |Autor=George H. Rutherford, Rainer Grobe |Titel=Comment on ''Stern-Gerlach Effect for Electron Beams'' |Sammelwerk=Physical Review Letters |Band=81 |Nummer=21 |Datum=1998-11-23 |DOI=10.1103/PhysRevLett.81.4772 |Seiten=4772–4772 }}</ref><br />
<br />
Für Protonen oder andere Ionen liegt eine solche Möglichkeit noch ferner als für Elektronen, weil ihr magnetisches Moment um zwei bis drei Zehnerpotenzen kleiner ist.<ref>{{Internetquelle |autor=RW |url=https://www.mpg.de/8232171/proton_magnetisches_moment |titel=Am Kern des Antimaterie-Rätsels |hrsg=MPG |datum=28.05.2014 |sprache=de |abruf=2021-10-29}}</ref><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
[[Versuch von Stern]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Wolfgang Trageser: ''Der Stern-Gerlach-Versuch - Genese, Entwicklung und Rekonstruktion eines grundlegenden Experimentes der Quantentheorie 1916 bis 1926'', Springer, 2022. ISBN 978-3-662-64198-9. [[doi:10.1007/978-3-662-64199-6]]<br />
* Gerthsen, Kneser, Vogel: ''Physik''. Springer-Verlag, 15. Auflage, 1986, ISBN 3-540-16155-4, S. 615–616<br />
* H. Haken, H. Chr. Wolf: ''Atom- und Quantenphysik''. 8. Auflage, Springer 2004, ISBN 3-540-02621-5, Seite 196–197<br />
* W. Demtröder: ''Atoms, Molecules and Photons''. Springer, 2010, ISBN 978-3-642-10297-4, Seite 175–176<br />
* Gerlach: ''Zur Entdeckung des Stern-Gerlach-Effekts'', Physikalische Blätter, Band 25, 1969, S. 472. [[doi:10.1002/phbl.19690251008]]<br />
* Casimir: ''Die Bedeutung des Stern-Gerlach-Experiments für die Entwicklung der Quantentheorie'', Physikalische Blätter, Band 37, 1981, Nr. 3, S. 57–58. [[doi:10.1002/phbl.19810370303]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* Bretislav Friedrich, Dudley Herschbach: ''Stern and Gerlach: How a Bad Cigar Helped Reorient Atomic Physics'', Physics Today 56, 53-59 (2003). [[doi:10.1063/1.1650229]]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Magnetismus]]<br />
[[Kategorie:Quantenmechanik]]<br />
[[Kategorie:Atomphysik]]<br />
[[Kategorie:Physikalisches Experiment]]<br />
[[Kategorie:Otto Stern (Physiker)]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Germantown_High_School&diff=171121323Germantown High School2017-11-13T15:40:44Z<p>CheChe: Reverting vandalism</p>
<hr />
<div>{{Infobox school<br />
| name = Germantown High School<br />
| image =<br />
| imagesize =<br />
| logo =<br />
| caption =<br />
| location = 409 Calhoun Parkway<br />[[Madison, Mississippi]]<br />
| country = USA<br />
| coordinates = {{Coord|32|32|08|N|90|06|16|W|type:edu_region:US-MS|display=inline,title}}<br />
| district = [[Madison County School District (Mississippi)|Madison County School District]]<br />
| principal = Wesley Quick<br />
| asst. principal = Syl Burrell Nason Lollar<br />
| faculty = <!-- 37.35 (on [[full-time equivalent|FTE]] basis)<ref name="nces_sch" /> --><br />
| ratio =<br />
| enrollment = ~950<br />
| enrollment_as_of =<br />
| type = [[Public school (government funded)|Public]]<br />
| us_nces_school_id = {{NCES School ID|280279001381|school_name=Germantown High School|access_date=September 17, 2014}}<br />
| grades = [[Education in the United States#School grades|9 to 12]]<br />
| conference =<br />
| motto =<br />
| mascot = <br />
| mascot image =<br />
| nickname = Mavericks<br />
| colors =<br />
| established = 2011<br />
| homepage = {{URL|www.madison-schools.com/ghs}}<br />
}}<br />
'''Germantown High School''' is in [[Madison, Mississippi]], United States. It is a [[high school]] that is managed by the [[Madison County School District (Mississippi)|Madison County School District]].<br />
<br />
==History==<br />
<br />
Germantown High School (GHS), in [[Madison, Mississippi]], is one of 11 public high schools in [[Madison County, Mississippi]].<ref name=PSR>[http://www.publicschoolreview.com/county_schools/stateid/MS/county/28089#!high "Madison County Public High Schools,"] Public School Review, www.publicschoolreview.com/ Retrieved Sept. 22, 2014.</ref> The school was launched in August 2011 as part of the [[Madison County School District (Mississippi)|Madison County School District]], one of the fastest-growing school districts in the state of [[Mississippi]].<ref name=Profile>[http://www.madison-schools.com/domain/2766 "Germantown High School: GSH School Profile,"] Madison County School District, www.madison-schools.com/ Retrieved Sept. 22, 2014.</ref><br />
<br />
==Student life==<br />
The school touts a strong college-preparatory curriculum and includes teams for 18 varsity sports, varsity band and dance programs, and more than 20 school clubs.<ref name=Profile /> The school maintains a partnership with [[Holmes Community College]] in [[Goodman, Mississippi]] allowing academically-qualified Seniors to participate in a dual enrollment program, spending part of their day on each campus and taking college-level courses.<ref name=Profile /><br />
<br />
==Demographics==<br />
<br />
During the 2014-15 school year, approximately 950 students were enrolled at Germantown High School.<ref name=Profile /> <br />
<br />
Non-[[European-American]] enrollment at the school is approximately 37%, in contrast to Mississippi's about 55% [[African-American]] majority of school-age children.<ref name=PSR /> This represents a very similar racial distribution to other schools in the city of Madison.<ref name=FTB>"Germantown High School in Madison, Mississippi," Find The Best.com, www.public-schools.findthebest.com/l/113214/Germantown-High-School</ref> Approximately 48% of the GHS student body is female, 52% male — numbers which differ only slightly from the statewide average of 49% female, 51% male.<ref name=FTB /><br />
<br />
==Extracurriculars==<br />
===Team sports===<br />
<br />
Germantown High School, with its teams named the "Mavericks," maintains 18 varsity sports.<ref name=Profile /> These include [[American football|football]], [[baseball]], [[golf]], [[soccer]], [[track and field]], [[cross country running|cross-country]], [[volleyball]], [[tennis]], [[swimming (sport)|swimming]], and [[bowling]].<ref name=Athletics>[http://www.madison-schools.com/site/Default.aspx?PageType=1&SiteID=1530&ChannelID=1546&DirectoryType=6 "Germantown High School: Athletics Directory,"] Madison County School District, www.madison-schools.com/ Retrieved Sept. 22, 2014.</ref> The school also has programs in the less-common high school sports of [[powerlifting]] and [[Dance squad|team dance]].<ref name=Athletics /><br />
<br />
===Band===<br />
<br />
The Germantown High School band<ref>[http://www.madison-schools.com/Page/5547 Germantown High School Bands] (accessed 2014-10-28).</ref> in its first year took home third place in competition.{{cn|date=October 2014}} In 2013, the band had an undefeated record and won the 5A state championship with a record score of 96.500,<ref>[http://billstatus.ls.state.ms.us/documents/2014/html/SC/SC0529IN.htm Senate Concurrent Resolution 529], [[Mississippi Legislature]] 2014 Regular Season, [https://scout.sunlightfoundation.com/item/state_bill/MSB00021439/sc-529-mississippi-commend-germantown-high-school-marching-band-for-winning-the-2013-class-5a-state-championship adopted] January 27, 2014.</ref> becoming the first band to have an undefeated season in Mississippi.{{cn|date=October 2014}} Later in the school year, the GHS band went to Georgia to compete on the national level, winning the Southern Star sweepstakes competition.<ref>[http://www.starmusicfestivals.com/atlanta/winners.php?year=2014 Winners: Southern Star Music Festivals] (accessed 2014-10-28).</ref> In the Germantown bands 2014 marching season the Germantown band took home the second place trophy.<br />
<br />
==References==<br />
{{Reflist|2}}<br />
<br />
[[Category:2011 establishments in Mississippi]]<br />
[[Category:Educational institutions established in 2011]]<br />
[[Category:Public high schools in Mississippi]]<br />
[[Category:Schools in Madison County, Mississippi]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Germantown_High_School&diff=171121322Germantown High School2017-11-13T15:36:19Z<p>CheChe: Reverting vandalism</p>
<hr />
<div>{{Infobox school<br />
| name = Germantown High School<br />
| image =<br />
| imagesize =<br />
| logo = <br />
| caption =<br />
| location = 409 Calhoun Parkway<br />[[Madison, Mississippi]]<br />
| country = USA<br />
| coordinates = {{Coord|32|32|08|N|90|06|16|W|type:edu_region:US-MS|display=inline,title}}<br />
| district = [[Madison County School District (Mississippi)|Madison County School District]]<br />
| principal = Angry Cam Cam<br />
| asst. principal = Syl Burrell Nason Lollar<br />
| faculty = <!-- 37.35 (on [[full-time equivalent|FTE]] basis)<ref name="nces_sch" /> --><br />
| ratio =<br />
| enrollment = 666<br />
| enrollment_as_of =<br />
| type = [[Public school (government funded)|Public]]<br />
| us_nces_school_id = {{NCES School ID|280279001381|school_name=Germantown High School|access_date=September 17, 2014}}<br />
| grades = [[Education in the United States#School grades|9 to 12]]<br />
| conference =<br />
| motto = "Males may not wear attire classically worn by females."<br />
| mascot = <br />
| mascot image =<br />
| nickname = Mavericks<br />
| colors =<br />
| established = 2011<br />
| homepage = {{URL|www.madison-schools.com/ghs}}<br />
}}<br />
'''Germantown High School''' is in [[Madison, Mississippi]], United States. It is a [[High school]] that is managed by the [[Madison County School District (Mississippi)|Madison County School District]].<br />
<br />
==History==<br />
<br />
Germantown High School (GHS), in [[Madison, Mississippi]], is one of 11 public high schools in [[Madison County, Mississippi]].<ref name=PSR>[http://www.publicschoolreview.com/county_schools/stateid/MS/county/28089#!high "Madison County Public High Schools,"] Public School Review, www.publicschoolreview.com/ Retrieved Sept. 22, 2014.</ref> The school was launched in August 2011 as part of the [[Madison County School District (Mississippi)|Madison County School District]], one of the fastest-growing school districts in the state of [[Mississippi]].<ref name=Profile>[http://www.madison-schools.com/domain/2766 "Germantown High School: GSH School Profile,"] Madison County School District, www.madison-schools.com/ Retrieved Sept. 22, 2014.</ref><br />
<br />
==Student Life==<br />
The school touts a strong college-preparatory curriculum and includes teams for 18 varsity sports, varsity band, and dance programs, and more than 20 school clubs.<ref name=Profile /> The school maintains a partnership with [[Holmes Community College]] in [[Goodman, Mississippi]] allowing academically-qualified Seniors to participate in a dual enrollment program, spending part of their day on each campus and taking college-level courses.<ref name=Profile /><br />
<br />
==Demographics==<br />
<br />
During the 2014-15 school year, approximately 950 students were enrolled at Germantown High School.<ref name=Profile /> <br />
<br />
Non-[[European-American]] enrollment at the school is approximately 37%, in contrast to Mississippi's about 55% [[African-American]] majority of school-age children.<ref name=PSR /> This represents a very similar racial distribution to other schools in the city of Madison.<ref name=FTB>"Germantown High School in Madison, Mississippi," Find The Best.com, www.public-schools.findthebest.com/l/113214/Germantown-High-School</ref> Approximately 48% of the GHS student body is female, 52% male — numbers which differ only slightly from the statewide average of 49% female, 51% male.<ref name=FTB /><br />
<br />
==Extracurriculars==<br />
===Team sports===<br />
<br />
Germantown High School, with its teams named the "Mavericks," maintains 18 varsity sports.<ref name=Profile /> These include [[American football|football]], [[baseball]], [[golf]], [[soccer]], [[track and field]], [[cross country running|cross-country]], [[volleyball]], [[tennis]], [[swimming (sport)|swimming]], and [[bowling]].<ref name=Athletics>[http://www.madison-schools.com/site/Default.aspx?PageType=1&SiteID=1530&ChannelID=1546&DirectoryType=6 "Germantown High School: Athletics Directory,"] Madison County School District, www.madison-schools.com/ Retrieved Sept. 22, 2014.</ref> The school also has programs in the less-common high school sports of [[powerlifting]] and [[Dance squad|team dance]].<ref name=Athletics /><br />
<br />
===Band===<br />
<br />
The Germantown High School band<ref>[http://www.madison-schools.com/Page/5547 Germantown High School Bands] (accessed 2014-10-28).</ref> in its first year took home third place in competition.{{cn|date=October 2014}} In 2013, the band had an undefeated record and won the 5A state championship with a record score of 96.500,<ref>[http://billstatus.ls.state.ms.us/documents/2014/html/SC/SC0529IN.htm Senate Concurrent Resolution 529], [[Mississippi Legislature]] 2014 Regular Season, [https://scout.sunlightfoundation.com/item/state_bill/MSB00021439/sc-529-mississippi-commend-germantown-high-school-marching-band-for-winning-the-2013-class-5a-state-championship adopted] January 27, 2014.</ref> becoming the first band to have an undefeated season in Mississippi.{{cn|date=October 2014}} Later in the school year, the GHS band went to Georgia to compete on the national level, winning the Southern Star sweepstakes competition.<ref>[http://www.starmusicfestivals.com/atlanta/winners.php?year=2014 Winners: Southern Star Music Festivals] (accessed 2014-10-28).</ref> In the Germantown band's 2014 marching season the Germantown band took home the second place trophy.<br />
<br />
==Famous Attendees==<br />
<br />
Germantown High School has recently been recognized for its Alumni Instagram Star "Nooted" who had a major impact on the school's reputation and social life. After her graduation, Nooted issued a statement about the school's staff and overall morale, commenting on some of the main administrators as "Inconsiderate" and "Insensitive" in how they handled certain situations, set school policies and other issues within the school in her interview with Killer Keemstar's Drama Alert. She later developed an addiction to cocaine and decided to move to Afghanistan to reinvent herself. <ref>{[https://www.instagram.com/noot.ed/ Noot.ed's Instagram]] (accessed 2017-11-05). </ref> *Nooted is our savior, her insta and sc stories are my life, she should not be in in-school suspension# dead*<br />
<br />
==References==<br />
{{Reflist|2}}<br />
<br />
[[Category:2011 establishments in Mississippi]]<br />
[[Category:Educational institutions established in 2011]]<br />
[[Category:Public high schools in Mississippi]]<br />
[[Category:Schools in Madison County, Mississippi]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Germantown_High_School&diff=171121320Germantown High School2017-11-11T13:56:50Z<p>CheChe: Undid revision 809798611 by 96.246.138.82 (talk)</p>
<hr />
<div>{{Infobox school<br />
| name = Germantown High School<br />
| image =<br />
| imagesize =<br />
| logo = <br />
| caption =<br />
| location = 409 Calhoun Parkway<br />[[Madison, Mississippi]]<br />
| country = USA<br />
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| district = [[Madison County School District (Mississippi)|Madison County School District]]<br />
| principal = Angry Cam Cam<br />
| asst. principal = Syl Burrell Nason Lollar<br />
| faculty = <!-- 37.35 (on [[full-time equivalent|FTE]] basis)<ref name="nces_sch" /> --><br />
| ratio =<br />
| enrollment = 666<br />
| enrollment_as_of =<br />
| type = [[Public school (government funded)|Public]]<br />
| us_nces_school_id = {{NCES School ID|280279001381|school_name=Germantown High School|access_date=September 17, 2014}}<br />
| grades = [[Education in the United States#School grades|9 to 12]]<br />
| conference =<br />
| motto = "Males may not wear attire classically worn by females."<br />
| mascot = <br />
| mascot image =<br />
| nickname = Mavericks<br />
| colors =<br />
| established = 2011<br />
| homepage = {{URL|www.madison-schools.com/ghs}}<br />
}}<br />
'''Germantown High School''' is in [[Madison, Mississippi]], United States. It is a [[High school]] that is managed by the [[Madison County School District (Mississippi)|Madison County School District]].<br />
<br />
==History==<br />
<br />
Germantown High School (GHS), in [[Madison, Mississippi]], is one of 11 public high schools in [[Madison County, Mississippi]].<ref name=PSR>[http://www.publicschoolreview.com/county_schools/stateid/MS/county/28089#!high "Madison County Public High Schools,"] Public School Review, www.publicschoolreview.com/ Retrieved Sept. 22, 2014.</ref> The school was launched in August 2011 as part of the [[Madison County School District (Mississippi)|Madison County School District]], one of the fastest-growing school districts in the state of [[Mississippi]].<ref name=Profile>[http://www.madison-schools.com/domain/2766 "Germantown High School: GSH School Profile,"] Madison County School District, www.madison-schools.com/ Retrieved Sept. 22, 2014.</ref><br />
<br />
No one likes this school... All the students hate the teachers but the school won’t do anything about it. They think we are liars. 0/10 wouldn’t recommend<br />
<br />
==Demographics==<br />
<br />
During the 2014-15 school year, approximately 950 students were enrolled at Germantown High School.<ref name=Profile /> <br />
<br />
Non-[[European-American]] enrollment at the school is approximately 37%, in contrast to Mississippi's about 55% [[African-American]] majority of school-age children.<ref name=PSR /> This represents a very similar racial distribution to other schools in the city of Madison.<ref name=FTB>"Germantown High School in Madison, Mississippi," Find The Best.com, www.public-schools.findthebest.com/l/113214/Germantown-High-School</ref> Approximately 48% of the GHS student body is female, 52% male — numbers which differ only slightly from the statewide average of 49% female, 51% male.<ref name=FTB /><br />
<br />
==Extracurriculars==<br />
===Team sports===<br />
<br />
Germantown High School, with its teams named the "Mavericks," maintains 18 varsity sports.<ref name=Profile /> These include [[American football|football]], [[baseball]], [[golf]], [[soccer]], [[track and field]], [[cross country running|cross-country]], [[volleyball]], [[tennis]], [[swimming (sport)|swimming]], and [[bowling]].<ref name=Athletics>[http://www.madison-schools.com/site/Default.aspx?PageType=1&SiteID=1530&ChannelID=1546&DirectoryType=6 "Germantown High School: Athletics Directory,"] Madison County School District, www.madison-schools.com/ Retrieved Sept. 22, 2014.</ref> The school also has programs in the less-common high school sports of [[powerlifting]] and [[Dance squad|team dance]].<ref name=Athletics /><br />
<br />
===Band===<br />
<br />
The Germantown High School band<ref>[http://www.madison-schools.com/Page/5547 Germantown High School Bands] (accessed 2014-10-28).</ref> in its first year took home third place in competition.{{cn|date=October 2014}} In 2013, the band had an undefeated record and won the 5A state championship with a record score of 96.500,<ref>[http://billstatus.ls.state.ms.us/documents/2014/html/SC/SC0529IN.htm Senate Concurrent Resolution 529], [[Mississippi Legislature]] 2014 Regular Season, [https://scout.sunlightfoundation.com/item/state_bill/MSB00021439/sc-529-mississippi-commend-germantown-high-school-marching-band-for-winning-the-2013-class-5a-state-championship adopted] January 27, 2014.</ref> becoming the first band to have an undefeated season in Mississippi.{{cn|date=October 2014}} Later in the school year, the GHS band went to Georgia to compete on the national level, winning the Southern Star sweepstakes competition.<ref>[http://www.starmusicfestivals.com/atlanta/winners.php?year=2014 Winners: Southern Star Music Festivals] (accessed 2014-10-28).</ref> In the Germantown band's 2014 marching season the Germantown band took home the second place trophy.<br />
<br />
==Famous Attendees==<br />
<br />
Germantown High School (AKA a POS) has recently been recognized for its Alumni Instagram Star "Nooted" who had a major impact on the school's reputation and social life. After her graduation, Nooted issued a statement about the school's staff and overall morale, commenting on some of the main administrators as "Inconsiderate" and "Insensitive" in how they handled certain situations, set school policies and other issues within the school in her interview with Killer Keemstar's Drama Alert. She later developed an addiction to cocaine and decided to move to Afghanistan to reinvent herself. <ref>{[https://www.instagram.com/noot.ed/ Noot.ed's Instagram]] (accessed 2017-11-05). </ref> *Nooted is our savior, her insta and sc stories are my life, she should not be in in-school suspension# dead*<br />
<br />
==References==<br />
{{Reflist|2}}<br />
<br />
[[Category:2011 establishments in Mississippi]]<br />
[[Category:Educational institutions established in 2011]]<br />
[[Category:Public high schools in Mississippi]]<br />
[[Category:Schools in Madison County, Mississippi]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Dazzle_camouflage&diff=179311512Dazzle camouflage2017-02-14T17:57:04Z<p>CheChe: /* Intended purposes */ updated image to SVG format</p>
<hr />
<div>{{Distinguish|Motion dazzle}}<br />
{{Redirect|Dazzle Ships|the album|Dazzle Ships (album)}}<br />
{{good article}}<br />
{{Use British English|date=October 2013}}<br />
[[File:USS West Mahomet (ID-3681) cropped.jpg|237px|thumb|[[SS West Mahomet|USS ''West Mahomet'']] in dazzle camouflage, 1918]]<br />
<br />
'''Dazzle camouflage''', also known as '''razzle dazzle''' (US) or '''dazzle painting''', was a family of [[ship camouflage]] used extensively in [[World War I]], and to a lesser extent in [[World War II]] and afterwards. Credited to the British [[marine artist]] [[Norman Wilkinson (artist)|Norman Wilkinson]], though with a rejected prior claim by the [[zoology|zoologist]] [[John Graham Kerr]], it consisted of complex patterns of geometric shapes in contrasting colours, interrupting and intersecting each other.<br />
<br />
Unlike other forms of [[camouflage]], the intention of dazzle is not to [[crypsis|conceal]] but to make it difficult to estimate a target's range, speed, and heading. Norman Wilkinson explained in 1919 that he had intended dazzle more to mislead the enemy about a ship's course and so to take up a poor firing position, than actually to cause the enemy to miss his shot when firing.{{efn|Wilkinson said "The primary object of this scheme was not so much to cause the enemy to miss his shot when actually in firing position, but to mislead him, when the ship was first sighted, as to the correct position to take up. Dazzle was a method to produce an effect by paint in such a way that all accepted forms of a ship are broken up by masses of strongly contrasted colour, consequently making it a matter of difficulty for a submarine to decide on the exact course of the vessel to be attacked." For example, an enemy submarine might position itself poorly, leaving itself at long range or out of range altogether.<ref name=Newark74/>}}<br />
<br />
Dazzle was adopted by the [[Admiralty]] in the UK, and then by the [[United States Navy]], with little evaluation. Each ship's dazzle pattern was unique to avoid making classes of ships instantly recognisable to the enemy. The result was that a profusion of dazzle schemes was tried, and the evidence for their success was at best mixed. So many factors were involved that it was impossible to determine which were important, and whether any of the colour schemes were effective.<br />
<br />
Dazzle attracted the notice of artists such as [[Pablo Picasso|Picasso]], who claimed that [[Cubism|Cubists]] like himself had invented it.<ref name="Campbell-Johnson, Rachel">{{cite web |author=Campbell-Johnson, Rachel |url=http://entertainment.timesonline.co.uk/tol/arts_and_entertainment/visual_arts/article1543756.ece |title=Camouflage at IWM |publisher=The Times |date=21 March 2007}}</ref> [[Edward Wadsworth]], who supervised the camouflaging of over 2,000 ships during the First World War, painted a series of canvases of '''dazzle ships'''{{efn|For example, Wadsworth's ''Dazzle-ships in Drydock at Liverpool, 1919.''}}<ref>Marter, Joan M. ''The Grove Encyclopedia of American Art'', Oxford University Press, 2011, vol 1, p. 401.</ref><ref>Saunders, Nicholas J.; Cornish, Paul. (eds). ''Contested Objects: Material Memories of the Great War'', Routledge, 2014. Jonathan Black: "'A few broad stripes': Perception, Deception, and the 'Dazzle Ship' phenomenon of the First World War.", pp. 190-202.</ref><ref>[[Henry Newbolt|Newbolt, Sir Henry John Newbolt]]. ''Submarine and Anti-Submarine'', Longmans, Green and Co, 1919. p. 46. "You look long and hard at this dazzle-ship. She doesn't give you any sensation of being dazzled; but she is, in some queer way, all wrong".</ref><ref>Deer, Patrick. ''Culture in Camouflage: War, Empire, and Modern British Literature''. Oxford University Press, 2009, p. 46.</ref> after the war, based on his wartime work. [[Arthur Lismer]] similarly painted a series of dazzle ship canvases.<br />
<br />
==Intended purposes==<br />
[[File:Dazzle Camouflage Effect.svg|thumb|upright=1.7|Depiction of how [[Norman Wilkinson (artist)|Norman Wilkinson]] intended dazzle camouflage to cause the enemy to take up poor firing positions]]<br />
<br />
At first glance, dazzle seems an unlikely form of [[camouflage]], drawing attention to the ship rather than hiding it. The approach was developed after Allied navies were unable to develop effective means to hide ships in all weather conditions. The British [[zoology|zoologist]] [[John Graham Kerr]] proposed the application of camouflage to British warships in the First World War, outlining what he believed to be the applicable principle, [[disruptive camouflage]], in a letter to [[Winston Churchill]] in 1914 explaining the goal was to confuse, not to conceal, by disrupting a ship's outline. Kerr compared the effect to that created by the patterns on a series of land animals, the giraffe, zebra and jaguar.<ref name=Murphy>{{cite journal |url=http://www.cnrs-scrn.org/northern_mariner/vol19/tnm_19_171-192.pdf |title=The Dazzling Zoologist: John Graham Kerr and the Early Development of Ship Camouflage |last1=Murphy |first1=Hugh |last2=Bellamy |first2=Martin |journal=[[The Northern Mariner]] |date=April 2009 |volume=XIX |issue=2 |pages=171–192}}</ref><ref name=Forbes87>Forbes, 2009. pp. 87–89</ref><br />
<br />
[[File:Coincidence rangefinder (Warships To-day, 1936).jpg|thumb|upright|left|Eyepiece image of a naval rangefinder, image halves not yet adjusted for range. The target's masts are especially useful for rangefinding, so Kerr proposed disrupting these with white bands.<ref name=Forbes87/>]]<br />
<br />
Taking up the zebra example, Kerr proposed that the vertical lines of ships' masts be disrupted with irregular white bands. Hiding these would make ships less conspicuous, and would "greatly increase the difficulty of accurate range finding".<ref name=Forbes87/>{{efn|Kerr thought this because, as shown in the rangefinder eyepiece image, masts provide ideal verticals to align.}} However, in the same letter, Kerr also calls for [[countershading]], the use of paint to obliterate self-shading and thus to flatten out the appearance of solid, recognisable shapes. For example, he proposes to paint ships' guns grey on top, grading to white below, so the guns would disappear against a grey background. Similarly, he advised painting shaded parts of the ship white, and brightly lit parts in grey, again with smooth grading between them, making shapes and structures invisible. Kerr was thus hoping to achieve both a measure of invisibility and a degree of confusion for the enemy using a rangefinder. Whether through this mixing of goals, or the Admiralty's skepticism about "any theory based upon the analogy of animals",<ref name=Forbes87/> the Admiralty claimed in July 1915 to have conducted "various trials" and decided to paint its ships in monotone grey, not adopting any of Kerr's suggestions. It had made up its mind, and all Kerr's subsequent letters achieved nothing.<ref name=Forbes87/><br />
<br />
The American artist [[Abbott Handerson Thayer]] had developed a theory of camouflage based on countershading and disruptive coloration, which he had published in the controversial 1909 book ''[[Concealing-Coloration in the Animal Kingdom]]''.<ref name=Roosevelt>{{cite journal | url=http://digitallibrary.amnh.org/dspace/handle/2246/470 | title=Revealing and concealing coloration in birds and mammals | author=Roosevelt, Theodore | journal=Bulletin of the American Museum of Natural History | year=1911 | volume=30 | issue=Article 8 | pages=119–231}}</ref><ref name=LRB>{{cite journal |last1=Wright |first1=Patrick |title=Cubist Slugs. Review of DPM: Disruptive Pattern Material; An Encyclopedia of Camouflage: Nature – Military – Culture by Roy Behrens |journal=London Review of Books |date=23 June 2005 |volume=27 |issue=12 |pages=16–20 |url=http://www.lrb.co.uk/v27/n12/patrick-wright/cubist-slugs}}</ref> Seeing the opportunity to put his theory into service, Thayer wrote to Churchill in February 1915, proposing to camouflage submarines by countershading them like fish such as [[mackerel]], and advocating painting ships white to make them invisible.<ref name=Forbes87/> His ideas were considered by the Admiralty, but rejected along with Kerr's proposals as being "freak methods of painting ships ... of academic interest but not of practical advantage".<ref name=Forbes87/> The Admiralty noted that the required camouflage would vary depending on the light, the changing colours of sea and sky, the time of day, and the angle of the sun. Thayer made repeated and desperate efforts to persuade the authorities, and in November 1915 travelled to England where he gave demonstrations of his theory around the country. He had a warm welcome from Kerr in Glasgow, and was so enthused by this show of support that he avoided meeting the War Office, who he had been intending to win over, and instead sailed home, continuing to write ineffective letters to the British and American authorities.<ref name=Forbes87/><br />
<br />
The<!--British usage--> marine artist and [[Royal Naval Volunteer Reserve]] officer [[Norman Wilkinson (artist)|Norman Wilkinson]], agreed with Kerr that dazzle's aim was confusion rather than concealment, but disagreed about the type of confusion to be sown in the enemy's mind. What Wilkinson wanted to do was to make it difficult for an enemy to estimate a ship's type, size, speed, and heading, and thereby confuse enemy ship commanders into taking mistaken or poor firing positions.<ref name=Newark74>{{cite web |title=Camouflage |publisher=Thames and Hudson / Imperial War Museum |year=2007 |author=Newark, Tim |page=74}}</ref><ref>{{cite news |last=Wilkinson |first=Norman |title=Letters. Camouflage |newspaper=The Times |date=4 April 1939}}</ref> An observer would find it difficult to know exactly whether the stern or the bow was in view; and it would be correspondingly difficult to estimate whether the observed vessel was moving towards or away from the observer's position.<ref name="glover">[[Michael Glover (author)|Glover, Michael]]. [http://entertainment.timesonline.co.uk/tol/arts_and_entertainment/visual_arts/article1479657.ece "Now you see it... Now you don't"] ''[[The Times]]''. 10 March 2007.</ref><br />
<br />
[[File:EB1922 Camouflage Periscope View.jpg|thumb|upright=1.7<!--size for pair of images-->|Claimed effectiveness: Artist's conception of a [[U-boat]] commander's periscope view of a merchant ship in dazzle camouflage (left) and the same ship uncamouflaged (right), ''[[Encyclopædia Britannica]]'', 1922. The conspicuous markings obscure the ship's heading.]]<br />
<br />
Wilkinson advocated "masses of strongly contrasted colour" to confuse the enemy about a ship's heading.{{efn|Wilkinson said that dazzle was a "method to produce an effect by paint in such a way that all accepted forms of a ship are broken up by masses of strongly contrasted colour, consequently making it a matter of difficulty for a submarine to decide on the exact course of the vessel to be attacked."<ref name=Newark74/>}}<ref name="Newark74"/> Thus, while dazzle, in some lighting conditions or at close ranges, might actually increase a ship's visibility,<ref name=Forbes91>Forbes, 2009. pp. 90–91</ref> the conspicuous patterns would obscure the outlines of the ship's hull (though admittedly not the superstructure<ref name=Forbes97>Forbes, 2009. p. 97</ref>), disguising the ship's correct heading and making it harder to hit.<ref name=Forbes96>Forbes, 2009. p. 96</ref><br />
<br />
Dazzle was created in response to an extreme need, and hosted by an organisation, the Admiralty, which had already rejected an approach supported by scientific theory: Kerr's proposal to use "parti-colouring" based on the known camouflage methods of disruptive coloration<!--British zoological usage favours "coloration", see Cott's ''[[Adaptive Coloration in Animals]]''--> and countershading. This was dropped in favour of an admittedly non-scientific approach, led by the socially well-connected Wilkinson.<ref name=Forbes98>Forbes, 2009. pp. 98–100</ref> Kerr's explanations of the principles were clear, logical, and based on years of study, while Wilkinson's were simple and inspirational, based on an artist's perception.<ref name=Forbes91/> The decision was likely because the Admiralty felt comfortable with Wilkinson, in sharp contrast to their awkward relationship with the stubborn and pedantic Kerr.<ref name=Forbes98/><ref name=Forbes98/><ref name=Forbes92>Forbes, 2009. p. 92.</ref><ref name=Forbes92/><br />
<br />
Wilkinson claimed not to have known of the zoological theories of camouflage of Kerr and Thayer, admitting only to having heard of the "old invisibility-idea" from [[Ancient Rome|Roman times]].<ref name=Forbes91/>{{efn|[[Publius Flavius Vegetius Renatus|Vegetius]] had recorded "Venetian blue" (bluish-green, the same colour as the sea) was used for [[ship camouflage]] during the [[Gallic Wars]], when [[Julius Caesar]] had sent his scout ships to gather intelligence along the coast of Britain.<ref name=Brooklyn1917>{{cite journal |url=https://books.google.com/books?id=A1zXAAAAMAAJ&pg=RA2-PA35 |pages=35–39 |last=Murphy |first=Robert Cushman |authorlink=Robert Cushman Murphy |title=Marine camouflage |work=The Brooklyn Museum quarterly |volume=4–6 |publisher=Brooklyn Institute of Arts and Sciences |date=January 1917}}</ref>}}<br />
<br />
==Possible mechanisms==<br />
[[Image:Polish destroyer's range-finder.JPG|thumb|upright|left|A naval [[coincidence rangefinder]], c. 1930]]<br />
<br />
In 1973, the naval museum curator Robert F. Sumrall<ref>{{cite web |title=Robert F. Sumrall |url=http://navyyardassociates.net/bp1.html |publisher=Navy Yard Associates |accessdate=7 January 2016}}</ref> suggested a mechanism by which dazzle camouflage may have sown the kind of confusion that Wilkinson had intended for it. [[Coincidence rangefinder]]s used for [[naval artillery]] had an [[optics|optical mechanism]], operated by a human to compute the range. The operator adjusted the mechanism until the two half-images of the target lined up in a complete picture. Dazzle, Sumrall argued, was intended to make that hard, as clashing patterns looked abnormal even when the two halves were aligned, something that became more important when [[submarine]] [[periscope]]s included such rangefinders. Patterns sometimes also included a false [[bow wave]] to make it difficult for an enemy to estimate the ship's speed.<ref>{{cite book |author=Sumrall, Robert F. |title=Ship Camouflage (WWII): Deceptive Art |work=United States Naval Institute Proceedings |date=February 1973 |pages=67–81}}</ref><br />
<br />
[[File:Olympic WWI.jpg|thumb|upright=1.3<!--size for low image-->|{{HMT|Olympic}}, [[Titanic|RMS ''Titanic'']]'s sister ship, in dazzle camouflage while in service as a World War I [[troopship]], from September 1915]]<br />
<br />
The historian Sam Willis argued that since Wilkinson knew it was impossible to make a ship invisible with paint, the "extreme opposite"<ref name=Willis>{{cite web |last1=Willis |first1=Sam |title=How did an artist help Britain fight the war at sea? |url=http://www.bbc.co.uk/guides/zty8tfr |publisher=[[British Broadcasting Corporation]] |accessdate=7 January 2016}}</ref> was the answer, using conspicuous shapes and violent colour contrasts to confuse enemy submarine commanders. Willis pointed out, using the {{HMT|Olympic}} dazzle scheme as an example, that different mechanisms could have been at work. The contradictory patterns on the ship's funnels could imply the ship was on a different heading. The curve on the hull below the front funnel could seem to be a false bow wave, creating a misleading impression of the ship's speed. And the striped patterns at bow and stern could create confusion about which end of the ship was which.<ref name=Willis/><br />
<br />
That dazzle did indeed work along these lines is suggested by the testimony of a [[U-boat]] captain:<ref name=Newark74/><br />
<br />
{{quote|It was not until she was within half a mile that I could make out she was one ship [not several] steering a course at right angles, crossing from starboard to port. The dark painted stripes on her after part made her stern appear her bow, and a broad cut of green paint amidships looks like a patch of water. The weather was bright and visibility good; this was the best camouflage I have ever seen.<ref name=Newark74/>}}<br />
<br />
In 2011, the scientist Nicholas E. Scott-Samuel and colleagues presented evidence using moving patterns on a computer that human perception of speed is distorted by dazzle patterns. However, the speeds required are much larger than were available to First World War ships: Scott-Samuel notes that the targets in the experiment would correspond to a dazzle-patterned [[Land Rover]] vehicle at a range of 70 metres, travelling at 90 kilometres per hour. A confusion in aiming of the observed size, 7%, for a [[rocket propelled grenade]] travelling 70 metres in 0.5 seconds, would be 7% of the distance moved by the target, or 90 centimetres, perhaps enough to save life in that situation.<ref>{{cite journal |last1=Scott-Samuel |first1=Nicholas E. |last2=Baddeley |first2=Roland|last3=Palmer |first3=Chloe E.|last4=Cuthill |first4=Innes C. |title=Dazzle Camouflage Affects Speed Perception |journal=PLOS ONE |date=2011 |doi=10.1371/journal.pone.0020233 |url=http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0020233 |pmid=21673797 |pmc=3105982 |volume=6 |pages=e20233}}</ref><br />
<br />
==World War I==<br />
[[File:HMS Argus (1917) cropped.jpg|thumb|left|upright=1.2|{{HMS|Argus|I49|6}} displaying a coat of dazzle camouflage in 1918]]<br />
<br />
{{further|Camoufleurs}}<br />
<br />
In 1914, Kerr persuaded the [[First Lord of the Admiralty]], [[Winston Churchill]], to adopt a form of [[military camouflage]] which he called "parti-colouring". He argued both for [[countershading]] (following the American artist [[Abbott Thayer]]), and for [[disruptive coloration]], both as used by animals.<ref>Forbes, 2009. p. 87</ref> A general order to the British fleet issued on 10 November 1914 advocated use of Kerr's approach. It was applied in various ways to British warships such as [[HMS Implacable (1899)|HMS ''Implacable'']], where officers noted approvingly that the pattern "increased difficulty of accurate range finding". However, following Churchill's departure from the Admiralty, the [[Royal Navy]] reverted to plain grey paint schemes,<ref name=Murphy/> informing Kerr in July 1915 that "various trials had been undertaken and that the range of conditions of light and surroundings rendered it necessary to modify considerably any theory based upon the analogy of [the colours and patterns of] animals".<ref>Forbes, 2009. p. 88</ref><br />
<br />
[[File:'Dazzle-painting' was a form of camouflage, and was particularly effective in moonlight. Wilkinson was responsible for the introduction of the 'dazzle' painted effect. As is evident in this image, the paint des Art.IWMART4029.jpg|thumb|upright=1.2|A painting by [[Norman Wilkinson (artist)|Norman Wilkinson]] of a convoy wearing his dazzle camouflage, 1918]]<br />
<br />
The [[British Army]] inaugurated its Camouflage Section for land use at the end of 1916. At sea in 1917, heavy losses of merchant ships to Germany's [[unrestricted submarine warfare]] campaign led to new desire for camouflage. The marine painter [[Norman Wilkinson (artist)|Norman Wilkinson]] promoted a system of stripes and broken lines "to distort the external shape by violent colour contrasts" and confuse the enemy about the speed and dimensions of a ship.<ref>Fisher, Mark. [http://www.timesonline.co.uk/tol/news/uk/scotland/article785672.ece "Secret history: how surrealism can win a war,"] ''[[The Times]]''. 8 January 2006.</ref> Wilkinson, then a lieutenant commander on Royal Navy patrol duty, implemented the precursor of "dazzle" beginning with the merchantman SS ''Industry''. Wilkinson was put in charge of a camouflage unit which used the technique on large groups of merchant ships. Over 4000 British merchant ships were painted in what came to be known as "dazzle camouflage"; dazzle was also applied to some 400 naval vessels, starting in August 1917.<ref name=Murphy/>{{efn|In August 1917, [[HMS Alsatian|HMS ''Alsatian'']] was painted in a dazzle pattern, perhaps the first Royal Navy vessel to be camouflaged in this way.<ref>{{cite web |last1=Raven |first1=Alan |title=The Development of Naval Camouflage 1914–1945 Part I |url=http://www.shipcamouflage.com/1_4.htm |website=Ship Camouflage |accessdate=22 May 2015}}</ref>}}<br />
<br />
All British patterns were different, first tested on small wooden models viewed through a periscope in a studio. Most of the model designs were painted by women from London's [[Royal Academy of Arts]]. A foreman then scaled up their designs for the real thing. Painters, however, were not alone in the project. Creative people including sculptors, artists, and set designers designed camouflage.<ref>{{ cite journal |last=Paulk |first=Ann Bronwyn |url=http://muse.jhu.edu/login?uri=/journals/modernism-modernity/v010/10.2bronwyn.html |title=False Colors: Art, Design, and Modern Camouflage (review) |journal=[[Modernism/modernity]] |volume=10 |issue=2 |pages=402–404 |date=April 2003 |doi=10.1353/mod.2003.0035}}</ref><br />
<br />
Wilkinson's Dazzle camouflage was accepted by the [[Admiralty]], even without practical visual assessment protocols for improving performance by modifying designs and colours.<ref>Williams, 2001. p. 35</ref> The dazzle camouflage strategy was adopted by other navies. This led to more scientific studies of colour options which might enhance camouflage effectiveness.<ref>Williams, 2001. p. 40</ref><br />
<br />
After the war, starting on 27 October 1919, an Admiralty committee met to determine who had priority for the invention of dazzle. Kerr was asked whether he thought Wilkinson had personally benefited from anything he Kerr had written. Kerr avoided the question, implying that he had not, and said "I make no claim to have invented the principle of parti-colouring, this principle was, of course, invented by nature".<ref name=Forbes98/> He agreed also that he had not suggested anywhere in his letters that his system would "create an illusion as to the course of the vessel painted".<ref name=Forbes98/> In October 1920 the Admiralty told Kerr that he was not seen as responsible for dazzle painting.<ref name=Forbes98/> In 1922 Wilkinson was awarded the sum of £2000 for the invention.<ref name=Forbes98/><br />
<br />
===Effectiveness===<br />
<br />
Dazzle's effectiveness was highly uncertain at the time of the [[First World War]], but it was nonetheless adopted both in the UK and North America. In 1918, the Admiralty analysed shipping losses, but was unable to draw clear conclusions. Dazzle ships were attacked in 1.47% of sailings, compared to 1.12% for uncamouflaged ships, suggesting increased visibility, but as Wilkinson had argued, dazzle was not attempting to make ships hard to see. Suggestively, of the ships that were struck by [[torpedo]]es, 43% of the dazzle ships sank, compared to 54% of the uncamouflaged; and similarly, 41% of the dazzle ships were struck amidships, compared to 52% of the uncamouflaged. These comparisons could be taken to imply that submarine commanders did have more difficulty in deciding where a ship was heading and where to aim. However, the ships painted in dazzle were larger than the uncamouflaged ships, 38% of them being over 5000 tons compared to only 13% of uncamouflaged ships, making comparisons unreliable.<ref name="Forbes96"/><ref name="Hartcup">{{cite book |title=Camouflage: the history of concealment and deception in war |publisher=[[Pen & Sword]] |author=Hartcup, Guy |authorlink=Guy Hartcup |year=1979}}</ref><br />
<br />
With hindsight, too many factors (choice of colour scheme; size and speed of ships; tactics used) had been varied for it to be possible to determine which factors were significant or which schemes worked best.<ref name="Scott-Samuel">{{cite journal |url=http://www.plosone.org/article/info:doi/10.1371/journal.pone.0020233 |title=Dazzle Camouflage Affects Speed Perception |author1=Scott-Samuel, Nicholas E |author2=Baddeley, Roland |author3=Palmer, Chloe E |author4=Cuthill, Innes C |journal=[[PLoS ONE]] |date=June 2011 |volume=6 |issue=6 |doi=10.1371/journal.pone.0020233 |pages=e20233 |pmid=21673797 |pmc=3105982}}</ref> Thayer did carry out an experiment on dazzle camouflage, but it failed to show any reliable advantage over plain paintwork.<ref name="StevensDazzle">{{cite journal |title=Dazzle coloration and prey movement |author1=Stevens, M. |author2=Yule, D.H. |author3=Ruxton, G.D. |journal=[[Proceedings of the Royal Society B]] |year=2008 |volume=275 |issue=1651 |pages=2639–2643 |doi= 10.1098/rspb.2008.0877}}</ref><br />
<br />
The American data were analysed by [[Harold Van Buskirk]] in 1919. About 1,256 ships were painted in dazzle between 1 March 1918 and the end of the war on 11 November that year. Among American merchantmen 2,500 tons and over, 78 uncamouflaged ships were sunk, and only 18 camouflaged ships; out of these 18, 11 were sunk by torpedoes, 4 in collisions and 3 by mines. No US Navy ships (all camouflaged) were sunk in the period.<ref name=Buskirk>{{cite journal |last1=Buskirk |first1=Harold Van |title=Camouflage |journal=Transactions of the Illuminating Engineering Society |date=1919 |volume=14 |issue=5 |pages=225–229 |url=http://www.forgottenbooks.com/readbook_text/Illuminating_Engineering_v14_1000185898/421}}</ref>{{efn|Thus we know, as Buskirk claimed, that less than 1% of the US merchant ships painted in dazzle were lost; what we do not know is how many non-camouflaged ships there were, so the comparative rates of loss cannot be calculated.}}<br />
<br />
==World War II==<br />
{{further|Ship camouflage#Second World War|l1=Ship camouflage in World War II|World War II ship camouflage measures of the United States Navy}}<br />
[[File:The Outside Viewing-tank Directorate of Camouflage Naval Section (1943) (Art. IWM ART LD 2759).jpg|thumb|upright|Dazzle under development: the "Outside Viewing-tank" on the roof of the Directorate of Camouflage Naval Section. James Yunge-Bateman, 1943]]<br />
<br />
However effective dazzle camouflage may have been in World War I, it became less useful as rangefinders and especially aircraft became more advanced, and, by the time it was put to use again in [[World War II]], [[radar]] further reduced its effectiveness. However, it may still have confounded enemy submarines.<ref name="proceedings">{{cite journal |author=Sumrall, Robert F. |title=Ship Camouflage (WWII): Deceptive Art |journal=United States Naval Institute Proceedings |date=February 1973 |pages=67–81}}</ref><br />
<br />
In the [[Royal Navy]], dazzle paint schemes reappeared in January 1940. These were unofficial, and competitions were often held between ships for the best camouflage patterns. The Royal Navy's Camouflage Department came up with a scheme devised by a young naval officer, [[Peter Scott]], a wildlife artist, which were developed into the ''[[Western Approaches Command|Western Approaches]] Schemes''. In 1942 the ''Admiralty Intermediate Disruptive Pattern'' came into use, followed in 1944 by the ''Admiralty Standard Schemes''.<ref>{{cite web |last1=Warneke |first1=Jon |last2=Herne |first2=Jeff |url=http://www.steelnavy.com/rnchips.htm |title=Royal Navy Colour Chips |publisher=Steelnavy.com |accessdate=7 January 2012}}</ref><br />
<br />
[[File:USS Northampton (CA-26).jpg|thumb|left|[[USS Northampton (CA-26)|USS ''Northampton'']] wearing Measure 5, a false [[bow wave]]]]<br />
<br />
The [[United States Navy]] implemented a [[World War II ship camouflage measures of the United States Navy|camouflage painting program in World War II]], and applied it to many ship classes, from patrol craft and auxiliaries to [[battleships]] and some [[Essex-class aircraft carrier|''Essex''-class aircraft carriers]]. The designs (known as Measures, each identified with a number) were not arbitrary, but were standardised in a process which involved a planning stage, then a review, and then fleet-wide implementation.<ref name="proceedings"/> Not all United States Navy measures involved dazzle patterns; some were simple or even totally unsophisticated, such as a false bow wave on traditional Haze Grey, or Deck Blue replacing grey over part or all of the ship (the latter to counter the [[kamikaze]] threat).<ref>{{cite web |author=Short, Randy |url=http://www.shipcamouflage.com/measures.htm |title=USN Camouflage Measures |publisher=Snyder and Short Enterprises |accessdate=27 July 2015}}</ref> Dazzle measures were used until 1945; in February 1945 the United States Navy's Pacific Fleet decided to repaint its ships in non-dazzle measures against the kamikaze threat, while the Atlantic Fleet continued to use dazzle, ships being repainted if transferred to the Pacific.<ref name="brand">{{cite web |url=http://www.researcheratlarge.com/Ships/S19-7/1945_S19_631Application.html |title=Camouflage Instructions – Carriers, Cruisers, Destroyers, Destroyer Escorts, Assigned to the Pacific Fleet |publisher=Navy Department Bureau of Ships |date=26 February 1945 |accessdate=8 April 2013 |author=Brand, C. L.}}</ref><br />
<br />
Nazi Germany's ''[[Kriegsmarine]]'' first used camouflage in the 1940 [[Norwegian campaign]]. A wide range of patterns were authorised, but most commonly black and white diagonal stripes were used. Most patterns were designed to hide ships in harbour or near the coast; they were often painted over with plain grey when operating in the Atlantic.<!--<ref>{{cite web|last=Jones |first=Daniel H. |url=http://smmlonline.com/articles/kriegsmarinecamo/kreigsmarine.html |title=Kreigsmarine Camouflage 1939–45 |publisher=Smmlonline.com |date= |accessdate=January 7, 2012 |deadurl=yes |archiveurl=https://web.archive.org/web/20120116125600/http://smmlonline.com/articles/kriegsmarinecamo/kreigsmarine.html |archivedate=January 16, 2012 }}</ref>--><ref>{{cite web |last1=Asmussen |first1=John |title=Bismarck Paint Schemes |url=http://www.bismarck-class.dk/bismarck/paint_schemes/paintbism1941rheinubung.html |accessdate=17 July 2015}}</ref><ref>{{cite book |author1=Asmussen, John |author2=Leon, Eric |title=German Naval Camouflage Volume One 1939-1941 |date=2012 |publisher=Seaforth Publishing |isbn=978-1-84832-142-7}}</ref><br />
<br />
==Arts==<br />
[[File:Blast2.jpg|thumb|upright|Dazzle has been compared to the contemporary [[Vorticist]] art,<ref name=Forbes98/> here the cover of ''Blast'' by [[Wyndham Lewis]], 1915]]<br />
<br />
The abstract patterns in dazzle camouflage inspired artists including Picasso. With characteristic [[hyperbole]],<ref>Forbes, 2009. p. 104</ref> he claimed credit for camouflage experiments, which seemed to him a quintessentially Cubist technique.<ref name="Campbell-Johnson, Rachel"/> In a conversation with [[Gertrude Stein]] shortly after he first saw a painted cannon trundling through the streets of Paris he remarked, "Yes it is we who made it, that is cubism".<ref name=glover/> In Britain, Edward Wadsworth, who supervised dazzle camouflage painting in the war, created a series of canvases after the war based on his dazzle work on ships. In Canada, [[Arthur Lismer]] used dazzle ships in some of his wartime compositions.<ref>{{cite news |last1=Kelly |first1=Gemey |title=The Group of Seven and the Halifax Harbour Explosion: Focus on Arthur Lismer |url=http://www.cbc.ca/halifaxexplosion/he7_teachers/focus_arthur_lismer.pdf |publisher=Canadian Broadcasting Corporation |accessdate=10 June 2015}}</ref> In America, [[Burnell Poole]] painted canvases of United States Navy ships in dazzle camouflage at sea.<ref name=NHHC>{{cite web |title="A Fast Convoy" by Burnell Poole |url=http://www.history.navy.mil/research/library/exhibits/fast-convoy.html |publisher=Naval History and Heritage Command |accessdate=12 January 2016}}</ref> The historian of camouflage Peter Forbes comments that the ships had a [[Modernist art|Modernist]] look, their designs succeeding as avant-garde or [[Vorticist]] art.<ref name=Forbes98/><br />
<br />
In 2007, the art of camouflage, including the evolution of dazzle, was featured as the theme for a show at the [[Imperial War Museum]].<ref>{{cite book |title=Camouflage |publisher=Thames & Hudson with Imperial War Museum |author=Newark, Tim |year=2007 |pages=Inside cover}}</ref> In 2009, the Fleet Library at the [[Rhode Island School of Design]] exhibited its rediscovered collection of lithographic printed plans for the camouflage of American World War I merchant ships, in an exhibition titled "Bedazzled".<ref>{{cite web |title=Fleet Library Special Collections: Dazzle Camouflage |url=http://dazzle.risd.edu/ |accessdate=7 January 2016}}</ref><br />
<br />
In 2014, the Centenary Art Commission backed three [[dazzle artwork ship|dazzle camouflage installations]] in Britain:<ref>{{cite web |url=http://www.1418now.org.uk/whats-on/dazzle-ships |title=Dazzle Ships |accessdate=7 January 2016}}</ref> [[Carlos Cruz-Diez]] covered the pilot ship ''Edmund Gardner'' in Liverpool's Canning Dock with bright multi-coloured dazzle artwork, as part of the city's 2014 [[Liverpool Biennial]] art festival;<ref name="dazzlecarlos">{{cite web |url=http://www.biennial.com/collaborations/carlos-cruz-diez-dazzle-ship |accessdate=7 January 2015 |title=Liverpool Biennial – 2014 – Carlos Cruz-Diez}}</ref> and [[Tobias Rehberger]] painted [[HMS President (1918)|HMS ''President'']], anchored since 1922 at [[Blackfriars Bridge]] in [[London]], to commemorate the use of dazzle, a century on.<ref>{{cite web |author=Brown, Mark |url=https://www.theguardian.com/artanddesign/2014/jul/14/dazzle-ships-recreated-first-world-war-centenary |title=First world war dazzle painting revived on ships in Liverpool and London |publisher=[[The Guardian]] |date=14 July 2014 |accessdate=14 July 2014}}</ref><ref>{{cite web |url=http://www.hmspresident.com/dazzle-ship-london/ |title=HMS President Dazzle Ship London |accessdate=22 May 2015}}</ref> [[Peter Blake (artist)|Peter Blake]] was commissioned to design exterior paintwork for ''Snowdrop'', a [[Mersey Ferry]], which he called "Everybody Razzle Dazzle", combining his trademark motifs (stars, targets etc.) with First World War dazzle designs.<ref>{{cite web |url=http://www.liverpoolecho.co.uk/whats-on/arts-culture-news/razzle-dazzle-mersey-ferry-unveiled-8968150 |title=Razzle Dazzle Mersey Ferry unveiled by Sir Peter Blake |date=2 April 2015 |first=Catherine |last=Jones |publisher=Liverpool Echo}}</ref><br />
<!--Please do not add anything without a full citation, as it will be removed.--><br />
<br />
<gallery><br />
File:USS Leviathan escorted by USS Allen by Burnell Poole 1918.jpg|Two American ships<!--not Leviathan, it had 3 funnels--> in dazzle camouflage, painted by [[Burnell Poole]], 1918<br />
File:Arthur Lismer - Olympic with Returned Soldiers.jpg|[[RMS Olympic|RMS ''Olympic'']] in dazzle at [[Halifax Regional Municipality|Halifax, Nova Scotia]] painted by [[Arthur Lismer]], 1919<br />
File:Dazzle-ships in Drydock at Liverpool.jpg|''Dazzle-ships in Drydock at Liverpool'', by [[Edward Wadsworth]], 1919<br />
File:HMS President Dazzle 2.jpg|[[HMS President (1918)|HMS ''President'']], painted by [[Tobias Rehberger]] in 2014 to commemorate the use of dazzle in World War I<br />
</gallery><br />
<br />
==Other uses==<br />
Patterns reminiscent of dazzle camouflage are sometimes used to mask test cars during trials.<ref>{{cite web |last1=Rabe |first1=Mattias|title=Lamborghini kör med vidvinkel-extraljus i Norrland |url=http://teknikensvarld.se/lamborghini-kor-med-vidvinkel-extraljus-i-norrland-177292/ |publisher=Teknikens Värld |accessdate=9 March 2015 |date=9 March 2015 |language=Swedish}}</ref> During the 2015 [[Formula 1]] testing period, the [[Red Bull Racing|Red Bull]] [[Red Bull RB11|RB11]] car was painted in a scheme intended to confound rival teams' ability to analyse its aerodynamics.<ref>{{cite news |url=http://www.bbc.co.uk/sport/0/31142004 |accessdate=22 February 2015 |work=BBC Sports |agency=BBC News |publisher=BBC |title=Formula One Testing:Tom Clarkson's Jerez Round-Up |author=Clarkson, Tom}}</ref> <br />
The designer Adam Harvey has similarly proposed a form of camouflage reminiscent of dazzle<!--unclear whether it actually is dazzle, arguably not historically, perhaps this is for another article?--> for personal camouflage from face-detection technology. It attempts to block detection by facial recognition technologies such as [[DeepFace]] "by creating an 'anti-face'".<ref>{{cite web |title=The Anti-Surveillance State: Clothes and Gadgets Block Face Recognition Technology, Confuse Drones and Make You (Digitally) Invisible |url=http://www.alternet.org/news-amp-politics/anti-surveillance-state-clothes-and-gadgets-block-face-recognition-technology |website=AlterNet |date=21 April 2015 |accessdate=3 November 2015 |first=Janet |last=Burns}}</ref> It uses occlusion, covering certain facial features; transformation, altering the shape or colour of parts of the face; and a combination of the two.<ref>{{cite journal |title=Facilitating Fashion Camouflage Art |first1=Ranran |last1=Feng |first2=Balakrishnan |last2=Prabhakaran |url=http://doi.acm.org/10.1145/2502081.2502121 |publisher=ACM |journal=Proceedings of the 21st ACM International Conference on Multimedia |date=2013 |isbn=978-1-4503-2404-5 |pages=793–802 |series=MM '13 |doi=10.1145/2502081.2502121}}</ref> Since 2009, the [[Sea Shepherd Conservation Society]] has used dazzle patterns on its fleet.<ref>{{cite web |title=Sea Shepherd Fleet Gets Ready for Upcoming Campaigns |url=http://www.seashepherd.org.au/news-and-commentary/news/sea-shepherd-fleet-sets-sail-for-summer-campaigns.html |publisher=Sea Shepherd |accessdate=5 January 2016 |date=15 April 2011}}</ref><br />
<br />
==Notes==<br />
{{notelist}}<br />
<br />
==References==<br />
{{Research help|Mil}}<br />
{{reflist|28em}}<br />
<br />
==Sources==<br />
* Forbes, Peter (2009). ''Dazzled and Deceived: Mimicry and Camouflage''. Yale University Press. ISBN 978-0-300-17896-8.<br />
* Williams, David. (2001). [https://books.google.com/books?id=0vomT0cjY9IC&dq=Naval+camouflage,+1914-1945+:+a+complete+visual+reference&client=firefox-a&source=gbs_summary_s&cad=0 ''Naval camouflage, 1914–1945: a complete visual reference.''] [[Naval Institute Press]]. ISBN 978-1-55750-496-8.<br />
<br />
==Further reading==<br />
<br />
* Behrens, Roy R., ed. (2012). ''Ship Shape: A Dazzle Camouflage Sourcebook''. Bobolink Books. ISBN 978-0-9713244-7-3.<br />
<br />
==External links==<br />
{{Commons category}}<br />
* [http://dazzle.risd.edu/ Newly discovered dazzle plans at Rhode Island School of Design]<br />
* [http://www.shipcamouflage.com/1_4.htm The development of naval camouflage 1914–1945]<br />
* [http://www.bobolinkbooks.com/Camoupedia/CamouflageArtists.html Artists and other contributors to camouflage in the 20th century]<br />
* [http://www.bobolinkbooks.com/Camoupedia/DazzleCamouflage.html Camoupedia: dazzle camouflage]<br />
* [http://www.gotouring.com/razzledazzle/articles/dazzle.html Razzle dazzle camouflage]<br />
* [https://books.google.com/books?id=7igDAAAAMBAJ&pg=PA55 "She's All Dressed Up For Peace", ''Popular Science'' (February 1919), p.55.]<br />
* [https://books.google.com/books?id=_CgDAAAAMBAJ&pg=PA17 "Fighting the U-Boat with Paint", ''Popular Science'' (April 1919), p.17-19.]<br />
* [http://www.ussslater.org/tour/exterior/exterior.html Destroyer Escort Historical Museum: USS Slater] painted in 1945 Dazzle camouflage<br />
* [http://www.navsource.org/archives/12/05170.htm US Navy PT Boats in Dazzle Camouflage] <br />
* [http://usndazzle.com/1Web/Index Catalogue of US Navy World War II ships in Dazzle Camouflage] <br />
<!--Please do not add news items here. They will be removed. If genuinely notable, add them to the article.--><br />
<br />
{{Camouflage}}<br />
<br />
[[Category:Military camouflage]]<br />
[[Category:Naval warfare]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Schuppe_(Schmetterling)&diff=162646209Schuppe (Schmetterling)2017-02-14T17:49:24Z<p>CheChe: /* Färbung und Reflexion */ updated image to SVG format</p>
<hr />
<div>[[Datei:Mottenflügel in Mikroskop.jpg|mini|hochkant=1.2|Rand eines Mottenflügels mit lamellären Schuppen<br />Ausschnitt ca. 600&nbsp;µm × 600&nbsp;µm in ca. 200-facher Vergrößerung unter [[Polarisationsfilter]]]]<br />
Die '''Schuppen''' der [[Schmetterlinge]] finden sich auf ihren [[Schmetterlingsflügel|Flügeloberseiten]] und werden auch „Schmetterlingsstaub“ genannt.<ref name="planet wissen" /> Sie sind charakteristisch für die Ordnung der Schmetterlinge<ref name="Galant" /> und waren auch namensgebend für ihre wissenschaftliche Bezeichnung als „Lepidoptera“ (aus {{ELSalt2}} λεπίδος ''lepidos'' ‚Schuppe‘ und πτερόν ''pteros'' ‚Flügel‘).<ref name="Scoble scale" /> Schuppen können auch auf Kopf- (Caput), Brust- ([[Thorax (Gliederfüßer)|Thorax]]) und Hinterleibabschnitt ([[Abdomen (Gliederfüßer)|Abdomen]]) sowie Genitalien ausgebildet sein. Die Schuppe ist der kleinste mosaikförmige Teil der Farbgebung des Schmetterlingsflügels.<ref name="Galant" /> Beschuppung der Schmetterlinge bezieht sich immer nur auf deren [[Adult]]formen, die fertig ausgebildeten [[Imago (Zoologie)|Imagines]].<br />
<br />
Außer Schmetterlingen tragen nur einige [[Köcherfliegen]] ähnliche Schuppen auf ihren Flügeln, z.&nbsp;B. die afrikanische [[Art (Biologie)|Art]] ''Pseudoleptocerus chirindensis''.<ref>{{cite journal |last=Huxley |first=John |coauthors=Peter C. Barnard |title=Wing‐scales of Pseudoleptocerus chirindensis Kimmins (Trichoptera: Leptoceridae) |journal=Zoological journal of the Linnean Society |volume=92 |issue=3 |date=1988-03-15 |pages=285–312 |doi=10.1111/j.1096-3642.1988.tb01514.x|language=en |accessdate=2013-03-15}}</ref><br />
<br />
== Form ==<br />
Die Schuppen sind meist Hohlstrukturen, nur einige primitive Motten ([[Urmotten]], Micropterigidae) bilden kompakte Schuppen. Sie können aufgrund ihrer äußeren Form in drei Klassen eingeteilt werden:<ref name="Scoble scale" /><br />
* Dachpfannenförmige oder lamelläre Schuppen, typischerweise von etwa 0,1 Millimeter Länge und 0,05 Millimeter Breite<ref name="planet wissen" /><br />
* Haarförmige oder piliforme Schuppen (z.&nbsp;B. bei [[Zwergwickler]], ''[[Nepticuloidea]]'', [[Roter Apollo]], ''[[Hemaris]]'', ''[[Micropterix aruncella]]'')<br />
* Andere Formen (z.&nbsp;B. besitzt ''[[Agdistis (Schmetterling)|Agdistis]]'' keilförmige, ''[[Smerinthus]]'' stachelförmige Schuppen)<br />
<br />
== Aufbau ==<br />
Unterhalb der Oberkante ihrer Unterseite besitzen die Schuppen, ähnlich wie [[Dachpfanne]]n, eine stiftförmige Ausbildung.<ref name="planet wissen" /> Diese ist in einer zylindrischen Ausformung der Flügeloberseite des Schmetterlings verhakt.<ref name="Scoble scale" /> Die Verhakung kann mechanisch gelöst werden, womit sich die Schuppe irreversibel vom Flügel löst,<ref>Heinz Schumacher, stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft rheinisch-westfälischer Lepidopterologen, zitiert durch<br />{{cite web| url=http://www.planet-wissen.de/alltag_gesundheit/sauberkeit/staub/schmetterlingsstaub.jsp| title=Was ist Schmetterlingsstaub?| accessdate=2013-03-07| publisher=Planet Wissen| language=deutsch}}</ref> ohne weitere Verletzungen auszulösen.<br />
<br />
Die äußere Oberfläche der Schuppen ist fein strukturiert (oft parallel rillenförmig), während die aufliegende Seite glatt ist.<ref name="Scoble scale" /><br />
<br />
Das Hauptmaterial der Schuppen besteht wie das der [[Cuticula]] aus [[Chitin]]. Es besitzt gegen Luft einen [[Brechungsindex]] von 1,58.<ref name="Biró" /><br />
<gallery><br />
SEM image of a Peacock wing, slant view 1.JPG|[[Rasterelektronenmikroskop|Rasterelektronen-Mikroskopische (REM)]] Aufnahme eines beschuppten Flügels von ''[[Inachis io]]'' (×&nbsp;50)<br />
SEM image of a Peacock wing, slant view 2.JPG|REM Aufnahme eines lamellär beschuppten Flügels (×&nbsp;200)<br />
SEM image of a Peacock wing, slant view 3.JPG|REM Aufnahme von lamellären Flügelschuppen (×&nbsp;1000)<br />
SEM image of a Peacock wing, slant view 4.JPG|REM Aufnahme der Feinstruktur einer Schuppe (×&nbsp;5000)<br />
</gallery><br />
<br />
== Färbung und Reflexion ==<br />
<br />
Das Farb- und Reflexionsmuster des Schmetterlingsflügels ergibt sich aus dem [[mosaik]]förmigen Zusammenwirken vieler tausender Einzelschuppen sowie dem physikalischen Zusammenwirken von [[Absorption (Physik)|Absorption]] und [[Reflexion (Physik)|Reflexion]] des einfallenden Lichtes auf den Flügel.<ref name="Vukusic nature" /><br />
<br />
=== Farbstoffe ===<br />
Die dunkle Färbung der Flügel wird überwiegend durch [[Pigment (Biologie)|Pigmentierung]] der Schuppen mittels [[Melanin]] erreicht, welche [[Lichtabsorption|Licht absorbieren]].<ref name="Mason" /> Jede Schuppe ist im Wesentlichen einfarbig,<ref name="planet wissen" /> Farbverläufe kommen vor.<br />
<br />
=== UV-Muster ===<br />
Manche [[Ritterfalter]] produzieren [[Ultraviolettstrahlung|UV]]-Flügelmuster entweder durch UV-Absorption oder UV-Reflexion, um artspezifische Signale austauschen zu können (etwa zur [[Territorialverhalten|Revierabgrenzung]] oder Partnersuche), die von ihren [[Prädator]]en kaum erkannt werden.<ref>{{cite journal |last=Silberglied |first=Robert E. |coauthors= O. R. Taylor |year=1973 |title=Ultraviolet differences between sulfur butterflies, [[Colias eurytheme]] and [[Colias philodice]], and a possible isolating mechanism |journal=Nature |volume=241 |pages=406–408 |language=en}}</ref><ref>{{cite journal |title=Communication in the ultraviolet |first=Robert E. |last=Silberglied |journal=Annual Review of Ecology and Systematics |volume=10 |year=1979 |pages=373–398 |language=en}}</ref><br />
<br />
=== Polarisationsmuster ===<br />
Manche auffallend bunte [[Schmetterlingsflügel]] produzieren [[Polarisationsmuster]], welche allerdings meist nicht durch die Schuppen erzeugt werden, sondern vielmehr durch Mikrostrukturen der darunterliegenden Cuticula.<ref>{{cite journal |last=Douglas|first=Jonathan M.|coauthors=''et al.''|title=Light habitats and the role of polarized iridescence in the sensory ecology of neotropical nymphalid butterflies (Lepidoptera: Nymphalidae)|journal=The Journal of Experimental Biology|volume=210|pages=788–799|doi=10.1242/jeb.02713|date=2007-05-01|language=en}}</ref> Die transparenten Schuppen (Glasschuppen) der [[Ritterfalter]] (wie ''[[Graphium sarpedon]]'') können Polarisationsmuster erzeugen.<ref>{{cite journal |last=Stavenga|first=Doekele G.|coauthors=''et al.''|title=Glass scales on the wing of the swordtail butterfly Graphium sarpedon act as thin film polarizing reflectors|journal=The Journal of Experimental Biology|volume=215|issue=4 |pages=657–662|accessdate=2013-03-07|date=2012-02-15|doi=10.1242/jeb.066902|language=en}}</ref><ref>{{cite journal |last=Stavenga |first=Doekele G.|coauthors=Marco A. Giraldo, Hein L. Leertouwer |title=Butterfly wing colors: glass scales of Graphium sarpedon cause polarized iridescence and enhance blue/green pigment coloration of the wing membrane |journal=Journal of Experimental Biology|year=2010 |volume=213|issue=Pt 10|pages=1731–1739 |pmid=20435824 |language=en}}</ref><br />
<br />
[[Datei:Emerald Swallowtail Papilio palinurus scale structure diagrams.svg|mini|500px|Mikrostrukturen auf Schuppen des ''[[Papilio palinurus]]'' erzeugen ein leuchtendes Grün, bestehend aus [[Reflexion (Physik)|Reflexionen]] von blauem und gelbem Licht.<ref name="Vukusic nature" />]]<br />
[[Datei:Emerald Swallowtail.jpg|mini|''Papilio palinurus'': leuchtendes Grün aus Doppelreflexion von Blau und Gelb]]<br />
=== Reflexionseffekte ===<br />
<br />
Auffällige Reflexionsmuster (Metallglanz, Irisieren, Schimmern, Schillern) produziert häufig nur [[Sexualdimorphismus|eines der Geschlechter]]. Starke Lichtreflexionen ermöglichen innerartliche Signale über größere Sichtentfernungen.<ref name="Vukusic 1999" /><br />
<br />
Spezielle [[Reflexion (Physik)|Reflexionseigenschaften]] entstehen durch [[Interferenz_(Physik)|Interferenz]] des Lichts an feinen Oberflächenstrukturierungen (''[[Strukturfarbe]]'' genannt).<ref name="Biró" /><ref name="Mason" /><ref name="Vukusic 1999" /><ref>{{cite journal |last=Vukusic|first= P.|coauthors= J. R. Sambles and H. Ghiradella |year=2000|title= Optical classification of microstructure in butterfly wing-scales |journal= Photonics Science News|volume= 6|pages= 61–66 |url=http://newton.ex.ac.uk/research/emag/butterflies/classification_page.htm|archiveurl=https://web.archive.org/web/20061108123534/http://newton.ex.ac.uk/research/emag/butterflies/classification_page.htm|archivedate=2006-11-08|language=en}}</ref><ref>{{cite journal |doi=10.1242/jeb.02051 |year=2006 |month=02 |last=Prum|first= Ro|coauthors= T. Quinn, Rh. Torres |title=Anatomically diverse butterfly scales all produce structural colours by coherent scattering |volume=209 |issue=Pt 4 |pages=748–765 |issn=0022-0949|pmid=16449568 |journal=The Journal of experimental biology |format=Free full text|language=en}}</ref> Die Mikrostrukturen sind vor Allem aus Chitin aufgebaut.<ref name="Biró" /> Reflexionsmuster können für den Menschen sichtbares [[Licht]] wie [[Ultraviolettstrahlung|UV-Licht]] als Einstrahlquelle reflektieren und sichtbares Licht oder UV-Licht abgeben, manchmal auch als Polarisationsmuster. Dabei können die Reflexionsmuster von einer Vielzahl Eigenschaften der Lichtquelle wie der Oberflächenstrukturen abhängen. Es gilt, dass die der Reflexion zugrunde liegenden Mikrostrukturen die Größenordnung der Wellenlänge des Lichtes einnehmen müssen. Das Grundelement wird als [[Photonischer Kristall]] bezeichnet.<ref name="Biró" /> Diese Strukturen müssen sich periodisch öfters wiederholen, um z.&nbsp;B. [[Bragg-Gleichung|Bragg-Reflexionen]] zu erzeugen, wie z.&nbsp;B. in der häufig vorkommenden feinen Riffelung (die in den REM-Bildern oben gut zu sehen ist).<br />
[[Datei:Braggs Law.svg|mini|[[Bragg-Gleichung|Bragg-Reflexion]],<br />links additive [[Interferenz (Physik)|Interferenz]], rechts subtraktive]]<br />
<br />
=== Beispiele ===<br />
* Viele '''[[Bläulinge]]''' erzeugen einen Farbschimmer zu einer andersfarbigen Grundfarbe. Um die zugrunde liegenden Mikrostrukturen zu analysieren, wurden die vorkommenden Strukturraster untersucht.<ref>{{cite journal| last=Márk| first= G. I.| coauthors=Z. Vértesy, K. Kertész, Z. Bálint, L. P. Biró| title=Order-disorder effects in structure and color relation of photonic-crystal-type nanostructures in butterfly wing scales| journal=Phys Rev E Stat Nonlin Soft Matter Phys| date=2009-11-09| volume=80| issue=5 Part 1|pmid=20365002| language=en}}</ref> ''[[Albulina metallica]]'' erzeugt stark gelbgrüne Reflexionsmuster durch relativ gleichmäßig angeordnete geschichtete Mikrostrukturen.<ref name="Biró" /> ''[[Cyanophrys remus]]'' erzeugt Reflexionsmuster durch dorsal angeordnete lange und ventral kurze Mikrostrukturen.<ref name="Biró" /><br />
[[Datei:Apatura iris Weinsberg 20080618 1.jpg|mini|Männlicher [[Großer Schillerfalter]]: Braun durch Pigmentierung, Lila durch Reflexion bei 380&nbsp;nm ± 50&nbsp;nm<ref name="Pantelić" />]]<br />
* Das typische Schillern der '''[[Großer Schillerfalter|Schillerfalter]]''' (sowohl für ''Apatura ilia'' wie ''Apatura iris'') hat seine Ursache in besonderen Hohlräumen in den Schuppen der männlichen Tiere, während die Schuppen bei beiden Geschlechtern braun pigmentiert sind.<ref>{{Literatur | Autor=J. Heath, Emmet A. Maitland |Jahr=1989|Titel= The moths and butterflies of Great Britain and Ireland|Band=7 |Nummer= 1|Verlag= Harley Books Ltd.|Ort= Colchester|ISBN=0-946589-25-9}}</ref> Die Reflexion im Lilabereich liegt bei einer Wellenlänge von bei 380&nbsp;nm ± 50&nbsp;nm und tritt nur in einem Winkel von 18° aus.<ref name="Pantelić">{{cite journal| last=Pantelić| first= Dejan| coauthors=''et al.''| title=High angular and spectral selectivity of purple emperor (Lepidoptera: Apatura iris and A. ilia) butterfly wings| journal=Optics Express| volume=19| issue=7| year=2011| pages=5817–5826| language=en| doi=10.1364/OE.19.005817| accessdate=2013-03-11}}</ref> Die Reflexionen werden durch das Zusammenspiel zweier Typen von Schuppen erzeugt. Typ I liegt zuoberst, Typ II darunter. Typ I erzeugt die schimmernde Reflexionswirkung aufgrund seiner Nanostrukturen, ähnlich wie bei [[Blauer Morphofalter|Morphofaltern]].<ref>{{cite journal| last=Ćurčić| first=Srećko B.| coauthors=''et al.''| title=Micro‐and nanostructures of iridescent wing scales in purple emperor butterflies (Lepidoptera: Apatura ilia and A. iris)| journal=[[Microscopy Research and Technique]]| year=2012| doi=10.1002/jemt.22021| language=en}}</ref><br />
* Leuchtend schimmernde Reflexionserscheinungen erzeugen manche '''''[[Blauer Morphofalter|Morpho]]'''''-Arten durch Mikrostrukturen ihrer Schuppen. Im blauen [[Laser]] konnte an zwei Arten experimentell ermittelt werden, dass bis zu 75 % des blauen Lichtes reflektiert werden unter verschiedenen Einstrahlwinkeln. Dabei spielen Interferenzen zwischen zwei Lagen von Schuppen eine Rolle, wobei die obere Lage weitgehend transparent (ohne Pigmentierung) ist, während die untere komplexere Feinstrukturen auf ihrer Oberfläche trägt.<ref name="Vukusic 1999" /><br />
<gallery><br />
Tropical butterfly.jpg|[[Blauer Morphofalter]]: strahlendes Blau durch Doppelreflexion an transparenten und pigmentierten Schuppen<br />
Morphocypris2.JPG|''[[Morpho cypris]]'': strahlendes Blau durch Reflexion<br />
Morphocyprislateral.JPG|''Morpho cypris'': weitgehend braune Pigmentierung bei flacher Beleuchtung<br />
</gallery><br />
[[Datei:MP - papilio ulysses.jpg|mini|''[[Papilio ulysses]]'': strahlendes Hellblau durch [[Ultraviolettstrahlung|UV]]-Doppel[[Reflexion (Physik)|reflexion]]]]<br />
* Einige männliche '''''[[Papilio (Gattung)|Papilio]]'''''-Arten zeigen ein sehr effektvolles [[Reflexion (Physik)|Reflexionsverhalten]], beispielsweise ''[[Papilio ulysses]]'' und ''[[Papilio blumei]]''. Sie sind im sichtbaren Licht gut unterscheidbar. Unter UV-Licht zeigt ''P. ulysses'' zwei Reflexionsmaxima. Das eine stammt von einer Mikro-Vertiefung, das andere von einer Mikro-Erhöhung auf seinen Schuppen. Unter verschiedenen UV-Einstrahlwinkeln ändern sich die Reflexionsmaxima. Die leuchtend hellblaue Farbe des P. ulysses setzt sich aus zwei unterschiedlichen [[Spektralfarbe]]n zusammen, welche je nach UV-Lichtwinkeleinfall alternieren. ''P. blumei'' weist gleichartige Feinstrukturen auf, aber Änderungen des Einstrahlwinkels haben keinen Effekt; er weist nur ein Reflexionsmaximum im Grünbereich auf, welches aber deutlich ausgeprägt ist. Hier geht die blaue Reflexion auf starke Polarisierungseffekte seiner Schuppenmikrostrukturen zurück.<ref>{{cite journal|first=Ying-Ying|last=Diao|coauthors=Xiang-Yang Liu|title=Mysterious coloring: structural origin of color mixing for two breeds of Papilio butterflies|journal=Opt Express|date=2011-05-09|volume=19|issue=10|pages=9232–9241| doi= 10.1364/OE.19.009232|pmid=21643177|accessdate=2013-03-09|language=en}}</ref><br />
<gallery><br />
Papilioblumeifelder.jpg|''[[Papilio blumei]]'': Grün durch Pigmentierung<br />
Papilio blumei praep.JPG|''Papilio blumei'': Blau durch polarisierte Reflexion und grüne Pigmentierung<br />
</gallery><br />
<br />
== Funktionen ==<br />
<br />
=== Flügelmusterung ===<br />
<br />
Die Flügelmusterung spielt vielfältige Rollen bei [[Tarnung (Biologie)|Tarnung]], eventueller [[Mimese]], [[Warnfarbe|Warnfärbung]], [[Mimikry]], [[Partnerwahl]] und innerartlicher Kommunikation.<ref name="Scoble scale" /><br />
<br />
Zwecke der Tarnung und Mimese (Phytomimese) sind bei vielen unscheinbaren oder formauflösenden Flügelmusterungen offensichtlich.<br />
<br />
[[Datei:Batesplate ArM.jpg|mini|Abbildung von [[Henry Walter Bates]] (1862). Die obere und die dritte Reihe zeigen Dismorphia-[[Art (Biologie)|Arten]] ([[Mimikry]]), die zweite und die letzte Reihe zeigen [[Danainae|Ithomiini]]-Arten ([[Aposematismus]]).]]<br />
==== Warnfärbung ====<br />
Manche deutlich kontrastreichen Musterungen besonders mit großen gegliederten Gelb- und Rotanteilen werden als Warnfärbung ([[Aposematismus]]) interpretiert, zumal wenn deren Träger [[Toxine]] für ihre möglichen Fressfeinde tragen (z.&nbsp;B. [[Danainae|Ithomiini]]-Arten, ''[[Altinote dicaeus callianira]]'').<ref>{{cite web|url=http://www.learnaboutbutterflies.com/Survival%20Strategies%203.htm|accessdate=2013-03-09|title=Aposematic colourations|language=en}}</ref><br />
<br />
==== Mimikry ====<br />
Mimikry (oder [[Mimikry#Bates’sche Mimikry|Bates’sche Mimikry]]) wird z.&nbsp;B. den großen Flecken des [[Tagpfauenauge]]s als [[Scheinauge]]n zugeschrieben, die beim Auffliegen ein Wirbeltierauge imitieren.<ref>{{cite web|url=http://www.learnaboutbutterflies.com/Survival%20Strategies%203.htm|accessdate=2013-03-09|title=Diematic patterns|language=en}}</ref> Mimikry beinhaltet auch die Nachahmung aposematistisch gefärbter Tiere einer anderen Art, ohne jedoch über Toxine zu verfügen.<br />
<br />
==== Innerartliche Kommunikation ====<br />
[[Sexualdimorphismus|Geschlechterspezifischen]] Musterungen kommt besondere Bedeutung zu bei der Partnersuche, Partnerwahl und [[Territorialverhalten|Reviermarkierung]]. Insbesondere auffällige Erscheinungen der Flügelmusterung ermöglichen Signalweitergabe über größere Sichtentfernungen<ref name="Vukusic 1999" /> und spielen oft eine Rolle in der innerartlichen Kommunikation, das plötzliche Zur-Schau-Stellen beim Aufklappen der Flügel kann aber auch starke Signalwirkung besitzen und einen [[Panik#Kollektive Panik|panikartigen]] Fluchtreflex anderer Individuen auslösen.<br />
<br />
Da UV- und Polarisationsmuster für [[Auge|Wirbeltieraugen]] kaum erkennbar sind, bieten diese speziellen Musterformen eine gute Möglichkeit zur innerartlichen Signalübermittlung, ohne die Aufmerksamkeit der Fressfeinde zu erregen.<br />
<br />
=== Auftriebshilfe ===<br />
Als Hohlkörper tragen die Schuppen zur Flugfähigkeit bei und verleihen dem Flügelschlag Stabilität.<ref name="planet wissen" /><ref name="Scoble scale" /> Bei Aufwärtsbewegungen der Flügel werden sie auf den Untergrund gepresst und verhalten sich aerodynamisch, aber da sie locker beweglich angebracht sind, üben sie einen zusätzlichen Luftwiderstand bei Abwärtsbewegungen aus, wodurch weniger Muskelarbeit benötigt wird und eine Bremswirkung beim Absenken zu Landemanövern erreicht wird.<br />
<br />
Der Verlust großer Teile der Beschuppung kann daher das Flugverhalten und die Flugfähigkeit beeinträchtigen.<br />
<br />
=== Tarnung des Geleges ===<br />
<br />
Verschiedene weibliche Schmetterlinge [[Tarnung (Biologie)|tarnen]] ihre Gelege bei Eiablage mit einigen Flügelschuppen ([[Afterwolle]] genannt), z.&nbsp;B. [[Augen-Eulenspinner]], [[Frühlings-Kreuzflügel]], [[Südliches Kleines Nachtpfauenauge]].<ref name="Pittaway" /><ref name="Nässig" /><br />
<br />
=== Wärmespeicherung ===<br />
Melanin der Schuppen kann als Wärmeabsorber und -speicher dienen und die gespeicherte Sonnenwärme an den Körper abgegeben werden. Dunkle Flügelmuster konnten bei [[Weißlinge]]n (''[[Pieris (Schmetterling)|Pieris]]'') in Relation mit differentieller Körperwärmeverteilung gebracht werden.<ref>{{cite journal| last=Kingsolver| first= Joel G. |title=Thermoregulatory significance of wing melanization in Pieris butterflies (Lepidoptera: Pieridae): physics, posture, and pattern |journal=Oecologia |volume=66 |issue=4 |year=1985 |pages=546–553 |language=en}}</ref><br />
<br />
=== Wachsschuppen ===<br />
<br />
Frisch in einem [[Ameisennest]] geschlüpfte [[Myrmecophilie|myrmecophile]] Schmetterlinge wie [[Ameisenbläuling]]e können entkommen, da sie [[Wachs|bewachste]] Schuppen tragen, welche die sie verfolgenden [[Knotenameisen]] irritieren und eine Weile behindern, den jungen Schmetterling zu überwältigen.<ref name="Scoble scale" /><ref name="Bellmann" /><br />
<br />
=== Schuppenbüschel zum Aussteuern ===<br />
[[Taubenschwänzchen]] nutzen spezielle verlängerte Schuppen, die wie Haarbüschel aussehen und die zur Namensgebung der Tiere beitrugen, zur Aussteuerung ihres kolibrihaften [[Schwirrflug]]verhaltens.<br />
<br />
=== Duftschuppen ===<br />
Viele männliche [[Colias]]arten und [[Monarchfalter]] tragen [[Duftschuppen]], welche anderen „normalen“ Schuppen ähneln, aber [[Insektenpheromone|Pheromone]] verteilen helfen, um Weibchen anzulocken. Damit die Pheromone nicht durch Flügelschläge verweht und verschwendet werden, sitzen die Duftschuppen auf den Hinterflügeloberseiten an einer Stelle, an der sich Vorder- und Hinterflügel überdecken.<ref>{{cite journal |last=Lundgren |first=Lennart |coauthors=Gunnar Bergström |title=Wing scents and scent-released phases in the courtship behavior ofLycaeides argyrognomon (Lepidoptera: Lycaenidae) |journal=Journal of Chemical Ecology |volume=1 |issue=4 |year=1975 |pages=399–412 |language=en }}</ref><br />
<br />
== Evolutionäre Entwicklung ==<br />
Die stammesgeschichtliche Entwicklung der Schmetterlingsschuppen war eine entscheidende Eigenschaft, welche Schmetterlinge von anderen Insekten unterscheidet.<ref name="Galant" /> Die Schuppen entwickelten sich aus Sinnesborsten der gemeinsamen Insektenvorfahren.<ref name="Galant" /> Die Schuppen sind z.&nbsp;B. den Sinnesborsten von ''Drosophila'' [[Homologie (Biologie)|homolog]], entsprechende Gene wurden als homolog charakterisiert.<ref name="Galant" /> Da auch wenige [[Köcherfliegen]] ähnlich beschuppte Flügel tragen, werden die beiden Ordnungen Lepidoptera und Trichoptera auf einen gemeinsamen Vorfahren [[Amphiesmenoptera]] zurückgeführt.<ref>{{cite journal |author=Paul Whalley |title=A review of the current fossil evidence of Lepidoptera in the Mesozoic |journal=Biological Journal of the Linnean Society |volume=28 |issue=3 |pages=253–271 |date=2008-06-28 |doi=10.1111/j.1095-8312.1986.tb01756.x |language=en}}</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references><br />
<ref name="planet wissen">{{cite web|url=http://www.planet-wissen.de/alltag_gesundheit/sauberkeit/staub/schmetterlingsstaub.jsp|title=Was ist Schmetterlingsstaub?|accessdate=2013-03-07|publisher=Planet Wissen|language=deutsch}}<br />
</ref><br />
<ref name="Galant">{{cite journal|last=Galant |first= Ron |coauthors= ''et al.'' |title=Expression pattern of a butterfly achaete-scute homolog reveals the homology of butterfly wing scales and insect sensory bristles |journal=Current biology |volume=8 |issue=14 |date=1998-07-02 |pages=807–813 |format=PDF |doi=10.1016/S0960-9822(98)70322-7|accessdate=2013-03-13 }}<br />
</ref><br />
<ref name="Scoble scale"><br />
M.J. Scoble: ''The Lepidoptera: Form, Function, and Diversity''. 2005, Seite 63 ({{Google Buch|BuchID=gnpd_5iNTiwC|Seite=63|Hervorhebung=Lepidoptera morphology}}, abgerufen am 21. August 2009).<br />
</ref><br />
<ref name="Vukusic nature">{{cite journal |last=Vukusic |first= P. |coauthors=J. R. Sambles and C. R. Lawrence |title=Structural colour: Colour mixing in wing scales of a butterfly |journal=Nature |volume=404 |issue=6777 |year=2000 |pages= 457–457| date=2000-03-30| doi=10.1038/35006561 |language=en |accessdate=2013-03-11}}<br />
</ref><br />
<ref name="Biró">{{cite journal| last=Biró |first= L. P.| coauthors=''et al.''| title=Living photonic crystals: butterfly scales—nanostructure and optical properties| journal=Materials Science and Engineering| volume=C 27| issue=5–8| year=2007| pages=941–946| doi=10.1016/j.msec.2006.09.043| language=en| accessdate= 2013-03-11}}<br />
</ref><br />
<ref name="Mason">{{cite journal |doi=10.1021/j150273a001 |year=1926|month=01 |first=Mason|last=C. W.|title=Structural colors in insects. II |journal=The Journal of Physical Chemistry |volume=31|issue=3 |pages=321 |language=en}}<br />
</ref><br />
<ref name="Vukusic 1999">{{cite journal|first=Vukusic|last=P.|coauthors=''et al.''|title=Quantified interference and diffraction in single Morpho butterfly scales|journal= Proceedings of the Royal Society of London Series B: Biological Sciences|volume=266|issue=1427|year=1999|pages=1403–1411|url=http://rspb.royalsocietypublishing.org/content/266/1427/1403.short|accessdate=2013-03-11}}<br />
</ref><br />
<ref name="Pittaway">{{Internetquelle|hrsg=A.R. Pittaway|titel=Saturniidae of Europe|zugriff=2011-03-22|url=http://tpittaway.tripod.com/silk/s_pvl.htm}}<br />
</ref><br />
<ref name="Nässig">{{Internetquelle|hrsg=Wolfgang A. Nässig|titel=Unterschiede zwischen ''Saturnia pavonia'' und ''Saturnia pavoniella'' in Mittel- und Südeuropa|zugriff=2011-03-22|url=http://www.schmetterling-raupe.de/pdf/pavoniella.pdf|format=PDF; 609&nbsp;kB}}<br />
</ref><br />
<ref name="Bellmann">{{BibISBN|3440093301|Seite=150}}<br />
</ref><br />
</references><br />
<br />
[[Kategorie:Lepidopterologie]]<br />
[[Kategorie:Kommunikation (Biologie)]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vorzeichen_(Zahl)&diff=158579579Vorzeichen (Zahl)2016-10-08T18:03:09Z<p>CheChe: /* Vorzeichen von Winkeln */ Updated image to SVG format</p>
<hr />
<div>{{Zeichen|−}}<br />
{{Zeichen|+}}<br />
Ein '''Vorzeichen''' oder '''Signum''' (von {{LaS}} ''signum'' Zeichen) ist ein [[Zeichen]], das einer [[reelle Zahl|reellen Zahl]] vorangestellt wird, um sie als [[Positive und negative Zahlen|positiv oder negativ]] auszuweisen. Eine negative Zahl wird immer mit dem [[Minuszeichen]] versehen, während einer positiven Zahl ein [[Pluszeichen]] optional vorangestellt werden kann. Die Zahl [[Null]] wird meist als vorzeichenlos angesehen, bei der [[Maschinenzahl|Zahldarstellung im Computer]] wird jedoch manchmal auch eine [[vorzeichenbehaftete Null]] verwendet.<br />
<br />
Streng genommen muss das Vorzeichen, das immer [[Einstellige Verknüpfung|unär]] ist, vom [[mathematischer Operator|mathematischen Operator]] für [[Addition]] (binäres Plus) oder [[Subtraktion]] (binäres Minus) und vom [[Inverses Element#Definition|Inversionsoperator]] der Addition ([[unäres Minus]]) unterschieden werden. Letzteres kommt dem Vorzeichen einer Zahlkonstanten noch am nächsten. Es gibt aber [[Programmiersprache]]n, die ein separates Sonderzeichen zur Kenntlichmachung negativer Zahlkonstanten kennen, beispielsweise [[APL (Programmiersprache)|APL]].<ref>Dies macht eine Einklammerung der negativen Zahlkonstanten überflüssig.</ref><br />
<br />
Für das Vorzeichen gerichteter Größen, wie beispielsweise Dreh[[winkel]] und [[Richtung]]en, gibt es oft unterschiedliche Vorzeichen[[konvention]]en.<br />
<br />
== Plus- und Minuszeichen ==<br />
In der [[Arithmetik]] wird das Vorzeichen einer [[Zahl]] (genauer: einer reellen Zahlkonstanten) durch ein vorangestelltes [[Pluszeichen|Plus-]] oder ein [[Minuszeichen]] angezeigt. Hierbei werden dieselben Zeichen verwendet wie für die Addition und die Subtraktion zweier Zahlen. Das Vorzeichen wird dabei ohne [[Leerraum]] direkt an die erste Ziffer angeschlossen. Beispielsweise bezeichnen<br />
:<math>+3</math> &nbsp; und &nbsp; <math>-3</math><br />
jeweils die positive und die negative Zahl [[Drei]]. Wird kein Vorzeichen angegeben, wird eine Zahl als positiv angesehen. In der [[Algebra]] wird das Minuszeichen auch als [[unäres Minus]] zur „Vorzeichenumkehr“ verwendet, wodurch die jeweilige [[Additiv Inverses|Gegenzahl]] erhalten wird. Beispielsweise gilt<br />
:<math>-(-x) = x</math><br />
für alle <math>x</math> in einer additiven Gruppe. Letztere muss dazu nicht [[Angeordnete Gruppe|angeordnet]] sein.<br />
<br />
Durch die [[Betragsfunktion]] wird das Vorzeichen einer negativen Zahl umgekehrt, während eine positive Zahl unverändert bleibt. Zum Beispiel sind<br />
<br />
:<math>|-3| = +3</math> &nbsp; und &nbsp; <math>|+3| = +3</math>.<br />
<br />
Mit dem [[Plusminuszeichen]] <math>\pm</math> wird eine Zahl gekennzeichnet, die ein positives oder negatives Vorzeichen haben kann.<br />
<br />
== Vorzeichen der Null ==<br />
{{Hauptartikel|Vorzeichenbehaftete Null}}<br />
<br />
Die Zahl Null ist weder [[Positive und negative Zahlen|positiv noch negativ]] und hat demnach kein Vorzeichen. Die Gegenzahl der Zahl Null ist die Null selbst. Somit bezeichnen<br />
<br />
:<math>+0</math> &nbsp; und &nbsp; <math>-0</math><br />
<br />
die gleiche Zahl Null. Bei [[Maschinenzahl]]en werden jedoch die positive und die negative Null manchmal als zwei verschiedene Zahlen angesehen. Beispiele sind das [[Einerkomplement]] ganzer Zahlen oder der [[IEEE 754]]-Standard für [[Gleitkommazahl]]en. In manchen Anwendungen ist auch die Notation <math>-0</math> gebräuchlich, wenn eine negative Zahl auf Null gerundet wurde. In der [[Analysis]] wird die Schreibweise <br />
<br />
:<math>\lim_{x \to 0+}</math> &nbsp; oder &nbsp; <math>\lim_{x \to 0{-}}</math><br />
<br />
bei der Bildung eines [[Grenzwert (Funktion)#Beispiele|rechtsseitigen oder linksseitigen Grenzwerts]] verwendet.<br />
<br />
== Vorzeichenfunktion ==<br />
[[Datei:Signum function.svg|miniatur|Die Vorzeichenfunktion <math>\sgn</math>]]<br />
{{Hauptartikel|Vorzeichenfunktion}}<br />
<br />
Mit Hilfe der Vorzeichenfunktion oder Signumfunktion kann das Vorzeichen einer ([[reelle Zahl|reellen]]) [[Variable (Mathematik)|Zahlvariablen]] <math>x</math> ermittelt werden. Die Vorzeichenfunktion ist üblicherweise durch<br />
<br />
:<math> \sgn(x) = \begin{cases}<br />
-1 & \text{falls } x < 0, \\<br />
~~\, 0 & \text{falls } x = 0, \\<br />
~~\, 1 & \text{falls } x > 0. \end{cases}</math><br />
<br />
definiert. Demnach ist <math>\sgn(x)=1</math>, falls die Zahl <math>x</math> positiv ist und <math>\sgn(x)=-1</math>, falls sie negativ ist. Ist <math>x \neq 0</math>, dann kann die Signumfunktion auch mit Hilfe der Betragsfunktion durch<br />
<br />
:<math> \sgn(x) = \frac{x}{|x|}</math><br />
<br />
definiert werden.<br />
<br />
== Vorzeichenkonventionen ==<br />
Für viele gerichtete Größen erfolgt die Zuordnung eines Vorzeichens, das heißt welche Werte als positiv und welche als negativ angesehen werden, auf natürliche Weise. In manchen Fällen ist jedoch die Wahl des Vorzeichens willkürlich und wird höchstens aus Konsistenzgründen einheitlich gewählt. In diesen Fällen spricht man von einer Vorzeichenkonvention.<br />
<br />
=== Vorzeichen von Winkeln ===<br />
[[Datei:Angles on the unit circle.svg|right|miniatur|Winkel gegen den Uhrzeigersinn werden als positiv und Winkel im Uhrzeigersinn als negativ angesehen.]]<br />
<br />
Ein [[Winkel#Definition|gerichteter Winkel]] besitzt, im Gegensatz zu einem ungerichteten Winkel, eine [[Orientierung (Mathematik)|Orientierung]], die über ein Vorzeichen vor der Größe des Winkels angegeben wird. Insbesondere gibt bei einem [[Winkel|Drehwinkel]] das Vorzeichen an, ob die [[Drehung]] im oder gegen den [[Uhrzeigersinn]] erfolgt. Auch wenn hierfür verschiedene Konventionen verwendet werden, ist es in der [[Mathematik]] üblich, Drehungen gegen den Uhrzeigersinn als positiv anzusehen und Drehungen im Uhrzeigersinn als negativ.<br />
<br />
Es ist auch möglich, einer Drehung in drei Dimensionen ein Vorzeichen zuzuordnen, sofern die [[Rotationsachse]] eine Orientierung besitzt. Nach der [[Drei-Finger-Regel|Rechte-Hand-Regel]] wird eine Drehung um eine orientierte Achse entgegen dem Uhrzeigersinn in einem [[Rechtssystem (Mathematik)|Rechtssystem]] als positiv und in einem Linkssystem als negativ angesehen.<br />
<br />
=== Vorzeichen von Änderungen ===<br />
Verändert sich eine Größe <math>x</math> über die Zeit, dann ist die [[Differenzenrechnung|Größenänderung]] <math>\Delta x</math> typischerweise definiert als<br />
<br />
:<math>\Delta x = x_\text{ende} - x_\text{start}</math>.<br />
<br />
Mit dieser Konvention entspricht ein Anwachsen von <math>x</math> einer positiven Änderung, während eine Verringerung von <math>x</math> einer negativen Änderung entspricht. In der Analysis wird dieselbe Konvention bei der Definition der [[Differentialrechnung|Ableitung]] verwendet. Als Folge besitzt eine [[Monoton wachsende Funktion|monoton wachsende]] differenzierbare Funktion eine positive Ableitung, während eine monoton fallende Funktion eine negative Ableitung besitzt.<br />
<br />
=== Vorzeichen von Richtungen ===<br />
In der [[Analytische Geometrie|analytischen Geometrie]] und in der [[Physik]] werden oft bestimmte [[Richtung]]en als positiv oder negativ ausgezeichnet. Als grundlegendes Beispiel wird die [[Zahlengerade]] üblicherweise mit den positiven Zahlen auf der rechten und den negativen Zahlen auf der linken Seite gezeichnet:<br />
<br />
[[File:Number-line.svg|center|600px]]<br />
<br />
Daher werden im Kontext [[Gleichförmige Bewegung|gleichförmiger Bewegungen]] [[Verschiebungsvektor|Verschiebungs-]] oder [[Geschwindigkeitsvektor]]en, die nach rechts zeigen, üblicherweise als positiv angesehen, während ein Vektor, der nach links zeigt, als negativ angesehen wird.<br />
<br />
In einem [[Kartesisches Koordinatensystem|kartesischen Koordinatensystem]] werden die Richtungen nach rechts und oben üblicherweise als positiv angesehen, wobei die Richtung nach rechts der positiven x-Achse und die Richtung nach oben der positiven y-Achse entspricht. Wird ein Verschiebungs- oder Geschwindigkeitsvektor in seine Komponenten zerlegt, dann wird der vertikale Anteil für eine Bewegung nach oben positiv und für eine Bewegung nach unten negativ sein. In [[Kartesisches Koordinatensystem (Geodäsie)|geodätischen Koordinatensystemen]] sind allerdings x- und y-Achse vertauscht. Beim [[3D|dreidimensionalen]] Koordinatensystem wird nach [[Koordinatensystem#Rechts-_und_linksh.C3.A4ndige_Koordinatensysteme|„linkshändigen“ und „rechtshändigen“]] Definitionen unterschieden, die unterschiedlichen Vorzeichenkonventionen der [[Drehrichtung#Mathematische_Definitionen_bez.C3.BCglich_Koordinatensystemen|Drehrichtung]] entsprechen.<br />
<br />
=== Vorzeichen physikalischer Größen ===<br />
Auch die [[elektrische Ladung]] ist mit einem Vorzeichen versehen, wobei die Ladung von [[Elektron]]en als negativ definiert ist. Dem entspricht die Konvention der [[Elektrische Stromrichtung|„technischen Stromrichtung“]] als Bewegungsrichtung (oft nur gedachter) positiver [[Ladungsträger (Physik)|Ladungsträger]].<br />
<br />
{{Siehe auch|Vorzeichenkonventionen in der allgemeinen Relativitätstheorie}}<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Orientierte Fläche]]<br />
* [[Vorzeichen (Permutation)]]<br />
* [[Vorzeichentabelle]]<br />
* [[Vorzeichentest]]<br />
* [[Vorzeichenwechsel]]<br />
* [[Signiertes Maß]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* {{Literatur|Autor=[[Heinz-Dieter Ebbinghaus]] et al.|Titel=Zahlen|Verlag=Springer|Ort=Berlin|Jahr=1992|ISBN=3-540-55654-0}}<br />
<br />
== Bemerkungen ==<br />
<references/><br />
<br />
[[Kategorie:Mathematisches Zeichen]]<br />
[[Kategorie:Zahlensystem]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Lockheed_F-117&diff=156337595Lockheed F-1172016-07-21T11:57:18Z<p>CheChe: Updated image to svg format</p>
<hr />
<div>{{Infobox Flugzeug<br />
|Name = Lockheed Martin F-117 ''Nighthawk''<br />
|Bild = [[Datei:F-117 Nighthawk Front.jpg|300px|Frontansicht einer F-117 „Nighthawk“]]<br />''Frontansicht einer F-117 „Nighthawk“''<br />
|Typ = [[Tarnkappenflugzeug]]<br />
|Entwicklungsland = {{USA}}<br />
|Hersteller = [[Lockheed|Lockheed Corporation]]<br />
|Erstflug = 18. Juni 1981<br />
|Indienststellung = Oktober 1983<br />
|Produktionszeitraum = 1982–1990<br />
|Stückzahl = 64<br />
}}<br />
<br />
Die '''F-117A Nighthawk''' ist ein [[Zweistrahliges Flugzeug|zweistrahliges]], einsitziges Flugzeug, das von [[Lockheed]] in den 1970er-Jahren für die [[United States Air Force|US Air Force]] entwickelt und bis 1990 mit geringfügigen Modifikationen gefertigt wurde. Es handelt sich um das weltweit erste Kampfflugzeug, das erfolgreich [[Tarnkappentechnik]] zur Vermeidung von detektierbaren Abwärme- und Radarrückstrahlungen benutzte.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
<br />
=== Hintergrund und Lockheed Have Blue ===<br />
{{Hauptartikel|Lockheed Have Blue}}<br />
Bei der Lockheed Have Blue handelt es sich um einen [[Proof of Concept|Machbarkeitsnachweis]] für ein Flugzeug mit Tarnkappentechnik, das schließlich in die F-117A mündete.<br />
[[Datei:Havef117.png|mini|Skizzen der [[Lockheed Have Blue]] und Größenvergleich mit der F-117 in der Aufsicht]]<br />
<br />
=== Senior Trend und F-117A ===<br />
1978 fiel die Entscheidung, die F-117 zu kaufen, als ein entsprechender Vertrag mit den Skunk Works in [[Burbank (Los Angeles County)|Burbank]] zustande kam (Codename: ''Senior Trend'').<br />
<br />
Der [[Erstflug]] fand bereits 31 Monate später, am 18.&nbsp;Juni 1981 durch den Piloten Hal Farley von der [[Tonopah Test Range]] in Nevada statt. Die erste F-117A wurde am 23.&nbsp;August 1982 ausgeliefert, die letzte im Sommer 1990.<br />
<br />
Die Existenz der Maschine wurde vom US-Verteidigungsministerium erst am 10.&nbsp;November 1988 bestätigt.<br />
<br />
Die bis heute einzige F-117-Einheit der Air Force, die ''4450th Tactical Group'' (inzwischen ''49th Fighter Wing'', [[Holloman Air Force Base]], New Mexico), war ab Oktober 1983 einsatzbereit. Die bemerkenswert schnelle Fertigstellung der ersten Serienflugzeuge innerhalb von nur fünf Jahren ist vor allem dem ''Aeronautical Systems Center'' der Air Force auf der [[Wright-Patterson Air Force Base]] in [[Ohio]] zu verdanken, die dies durch ein optimiertes Testprogramm und die gute Zusammenarbeit mit dem Hersteller ermöglichte.<br />
<br />
Der erste Einsatz einer F-117A erfolgte am 19./20.&nbsp;Dezember 1989, als sechs Maschinen von Tonopah aus zum Bombenabwurf über Panama ([[US-Invasion in Panama|Operation Just Cause]]) aufbrachen.<ref>Nick Veronico, Jim Dunn: ''21st Century U.S. Air Power.'' Zenith Imprint, 2004, ISBN 978-0-7603-2014-3, S. 32–35, hier S. 34 (englisch; [http://books.google.de/books?id=3zz3KLbOvYUC&pg=PA34&dq=F117A+19./20.+Dezember+1989&hl=de&sa=X&ei=te2vUZ-ADsmDOIWhgNgM&ved=0CDkQ6AEwAQ#v=onepage&q=F117A%2019.%2F20.%20Dezember%201989&f=false online]).</ref> Am 17.&nbsp;Januar 1991 eröffneten F-117A mit Angriffen auf Bagdad die [[Zweiter Golfkrieg|Operation Desert Storm]] gegen den Irak. Im Dritten Golfkrieg wurden dabei 40 F-117A eingesetzt und flogen 1270 Kampfeinsätze. Am 20.&nbsp;März 2003 leiteten sie die [[Irakkrieg|Operation Iraqi Freedom]] ein.<ref>''Nr.1 fliegt nicht mehr. USAF mustert F-117A aus.'' In: ''[[Flug Revue]]'', Juli 2008, S. 6–12.</ref><br />
<br />
1998 betrugen die Stückkosten für eine F-117 nach Angaben der USAF rund 80 Millionen US-Dollar.<br />
<br />
Ende Oktober 2006 bestätigte die US-Luftwaffe, dass die F-117A innerhalb der nächsten Jahre außer Dienst gestellt und durch die [[Lockheed Martin F-22|F-22 Raptor]] ersetzt werden soll.<ref>Matthew Bates: ''[http://www.af.mil/news/story.asp?storyID=123030185 F-117: A long, storied history that is about to end.]'' Air Force Print News, 28. Oktober 2006</ref> Zum 31.&nbsp;Dezember 2006 legte die USAF die ersten zehn Nighthawks still und deaktivierte die 7th Fighter Squadron.<ref>Laura London: ''[http://www.alamogordonews.com/news/ci_4933430 Holloman replacing F-117 with F-22.]'' Alamogordo Daily News, 2. Januar 2007.</ref> Am 12.&nbsp;März 2007 wurden die ersten sechs Maschinen zur Einlagerung zur Tonopah Test Range geflogen.<ref>Terri Barriere: ''[http://www.acc.af.mil/news/story.asp?id=123044456 F-117A retirement bittersweet occasion.]'' 49th Fighter Wing Public Affairs office, 12. März 2007.</ref> Einen Tag vor der offiziellen Außerdienststellung fanden die letzten F-117-Flüge am 21.&nbsp;April 2008 statt.<ref>Peter Pae: [http://articles.latimes.com/2008/apr/23/business/fi-stealth23 ''Stealth fighters fly off the radar'']. In: ''[[Los Angeles Times]]'', 23. April 2008, abgerufen am 6. Juni 2013 (englisch).</ref> Von der Holloman AFB aus starteten die letzten F-117 in Richtung Tonopah Test Range in Nevada.<ref>[http://www.airforcetimes.com/news/2008/04/airforce_nighthawk_f117_042108w/ Air Force Times: ''Nighthawk makes its final flight'', 21. April 2008] (engl.)</ref> Die ersten beiden F-22 kamen am 2.&nbsp;Juni 2008 in Holloman AFB an.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.f-22raptor.com/news_view.php?nid=355&yr=2008|titel=The Raptors have arrived @ Holloman|hrsg=f-22raptor.com|datum=2008-6-3|zugriff=2013-04-04}}</ref> Es ist geplant, die F117-Maschinen in naher Zukunft, eventuell bereits ab 2016, nach Tucson auf die Davis Monthan Air Force Base zu überführen und sie dort der Verschrottung zuzuführen, um Wartungskosten zu sparen.<ref>{{Internetquelle|url=http://alert5.com/2016/04/28/f-117-might-finally-be-going-to-the-boneyard/|titel=Alert 5 » F-117 might finally be going to the Boneyard - Military Aviation News|zugriff=2016-05-08}}</ref><br />
<br />
[[Datei:Lockheed F-117.ogg|mini|thumbtime=32|Flugvorführung Lockheed F-117]]<br />
<br />
== Tarnkappen-Eigenschaften ==<br />
[[Datei:F-117 Nighthawk fighter during an end of runway check.jpg|mini|F-117 am Boden]]<br />
[[Datei:Lockheed F-117A Nighthawk USAF.jpg|mini|Auf diesem Bild ist die Facettierung der F-117 gut zu erkennen]]<br />
Die Tarnkappen-Eigenschaften der F-117 beruhen auf ihrer besonderen Form mit aus ebenen Flächen zusammengesetztem Flugwerk und auf einer speziellen Beschichtung der Außenhaut. Diese besteht unter anderem aus elektrisch leitenden Kunststoff-Dipolen, abgestimmt auf die zu absorbierende Frequenz. Rund 80–90&nbsp;Prozent der auftreffenden Radarstrahlung werden im Idealfall absorbiert. Auch die Cockpitverglasung enthält Dipolelemente, während die Lufteinläufe für die Triebwerke durch Gitter mit entsprechenden Eigenschaften abgedeckt sind.<br />
<br />
Die Form ist so gewählt, dass bei normaler Fluglage am ganzen Flugzeug keine Flächenanordnung existiert, die Radarstrahlen direkt oder indirekt zum Empfänger reflektiert.<br />
<br />
Unvermeidbar rückstrahlende Bauelemente sind einziehbar oder verdeckt angebracht. Die beiden Waffenschächte werden, wie die Fahrwerksbuchten, lediglich bei Bedarf geöffnet, die Kanten der Cockpitverglasung, Ruderflächen, Betankungseinrichtung und Sensorik sind entsprechend den oben genannten Prinzipien gestaltet.<br />
<br />
Alle Methoden zusammengenommen vermindern effektiv den [[Radarquerschnitt]], die Rückstrahlfläche und -intensität des Flugzeugs. Es gibt jedoch Radaranordnungen, die diese Methode unwirksam werden lassen. Bei modernen Tarnkappenflugzeugen wie der [[Northrop B-2]] wird die facettierte Form nicht mehr verwendet, was unter anderem aerodynamische Vorteile bringt. Ein Grund, Facetten in der Flugzeugform zu benutzen, war es, die Konstruktion so weit zu vereinfachen, dass die damals verfügbaren [[Supercomputer]] zur Berechnung ihres Radarechos in der Lage waren.<br />
<br />
Die Beplankung der Außenhaut wird in Handarbeit gefertigt und beschichtet. Dies bedeutet auch, dass kein Flugzeug dem anderen gleicht, sie unterscheiden sich teilweise um mehrere Zentimeter in den Abmessungen. Ein defektes Beplankungselement kann daher in der Regel nicht einfach ersetzt werden, da man kaum ein passendes Teil im Lager finden wird. Es muss stattdessen vermessen und vom Hersteller nach diesen Maßen als Einzelstück gefertigt werden. Dies wird als einer der größten Nachteile der F-117 angesehen.<br />
<br />
Das F-117A-Programm hat nachgewiesen, dass es möglich ist, ein verlässliches und&nbsp;– die Außenhaut ausgenommen&nbsp;– wartungsfreundliches Tarnkappenflugzeug zu entwickeln und zu bauen. Die Wartungsstatistiken entsprechen in etwa denen anderer taktischer Kampfflugzeuge ähnlicher [[Komplexität]]. Das ursprünglich geplante [[Kampfwertsteigerung]]sprogramm, wobei die unterschiedlichen Flugzeuge dann auch einander angeglichen werden sollten, wurde nicht weiterverfolgt.<br />
<br />
== Triebwerk und Avionik ==<br />
[[Datei:LOCKHEED F-117A NIGHT HAWK.svg|mini|Risszeichnung Lockheed F-117]]<br />
Der Antrieb besteht aus zwei [[General Electric F404]] [[Turbofan]]-Triebwerken, die baugleich mit denen der [[F/A-18 Hornet]] sind, allerdings nicht mit einem Nachbrenner ausgestattet sind. Die Flugkontrollsysteme in [[Fly-by-wire]]-Technik sind vierfach [[Redundanz (Technik)|redundant]] ausgelegt und mit künstlicher Stabilität ausgerüstet.<br />
<br />
Durch die Möglichkeit zur Luftbetankung kann die F-117 weltweit eingesetzt werden; die Reichweite wird nur durch die Leistungsfähigkeit des Piloten beschränkt.<br />
<br />
'''Weitere Ausrüstung'''<br />
* [[Instrumentenlandesystem]] (ILS)<br />
* [[HOTAS]]<br />
* [[Synthetic Aperture Radar]] (SAR), ein Präzisions-Bodenkartographierungsradar<br />
* [[Radarwarnanlage]] [[AN/ALR-56|Loral ALR-56M]] (RWR)<br />
* [[AN/APG-63|APG-70]] Luftabfangradar<br />
* [[Global Positioning System]] (GPS)<br />
* JTIDS-Terminals ([[Joint Tactical Information Distribution System]]), ein [[Local Area Network]] (LAN) mit anderen ausgerüsteten Waffenträgern beispielsweise E-3 Sentry AWACS oder E-8 Joint-STARS-Bodenüberwachungsflugzeugen. JTIDS arbeitet auf dem L-Band (960 bis 1215&nbsp;MHz) unter Verwendung von Frequenzsprüngen und Verschlüsselung. Reichweite über 500&nbsp;km.<br />
* [[Forward Looking Infrared|Forward Looking Infrared (FLIR)]]-System<br />
* Advanced Concept Ejection Seat (ACES II), [[Schleudersitz]]<br />
<br />
== Bewaffnung ==<br />
Die F-117 besitzt zwei Bombenschächte. Darüber hinaus ist die F-117 mit einem passiven Infrarot-Such-und-Zielsystem, genannt [[Forward Looking Infrared|FLIR]] und DLIR, für Forward- bzw. Downward-Looking-Infra-Red ausgerüstet. Mit diesem ist die F-117 in der Lage, ein Ziel punktgenau zu treffen.<br />
<br />
Die F-117 kann einen Großteil der derzeit in den Vereinigten Staaten produzierten [[lasergelenkte Bombe|lasergelenkten Bomben]] ('''L'''aser '''G'''uided '''B'''ombs, LGBs) einsetzen und ist mit fortschrittlichen Navigations- und Angriffssystemen ausgestattet, die in eine [[Avionik]]-Ausrüstung auf dem derzeitigen Stand der Technik integriert sind, die die Missionseffektivität steigert und den Piloten entlastet. Für Missionen, die in gut verteidigte Zielgebiete führen, wurde ein automatisiertes Missionsplanungssystem entwickelt, um die Fähigkeiten der F-117 voll ausnutzen zu können. Dazu gehört ein auf [[Global Positioning System|GPS]]-Daten basierendes Terrain-Folgesystem für längeren Tiefflugeinsatz mit integrierter automatischer Echtzeit-Fluglagesteuerung, die selbsttätig die programmierten Ziele anzufliegen in der Lage ist, wobei [[Täuschung]]s- und [[Ablenkungsmanöver]] aufschaltbar sind.<br />
<br />
Waffenzuladung von ca. 2000 kg in den zwei internen Waffenschächten.<br />
<br />
'''Gelenkte Bomben'''<br />
* 2 × [[Paveway|Lockheed-Martin GBU-12C/B „Paveway II“]] (lasergelenkte 227-kg-Gleitbombe basierend auf einer Mk.82-Sprengbombe mit Steuerung vorn und Lenksatz hinten)<br />
* 2 × [[Paveway|Lockheed-Martin GBU-10E/B „Paveway II“]] (lasergelenkte Gleitbombe 945 kg basierend auf einer Mk.84-Sprengbombe mit Steuerung vorn und Lenksatz hinten)<br />
* 2 × [[Paveway|Lockheed-Martin GBU-27C/B „Paveway III“]] (lasergelenkte 984-kg-Gleitbombe basierend auf einer mit BLU-109/B-Penetrationsgefechtskopf versehenen Bombe mit Steuerung vorn und Lenksatz hinten)<br />
* 5 × [[JDAM|GBU-31 Joint Direct Attack Munitions (JDAM]], satellitennavigationsgelenkte 1000-kg-Bombe basierend auf einer Mk.84-Sprengbombe mit Steuerflügeln mittig)<br />
<br />
'''Ungelenkte Bomben'''<br />
* 2 × [[B61 (Kernwaffe)|B61]] (taktische 340-kt-Nuklear-Freifallbombe)<br />
<br />
== Abstürze ==<br />
* Der erste Absturz ereignete sich am 20.&nbsp;April 1982, als bei der Inbetriebnahme des Fluglagereglers ein Fehler unterlief. Die Signale der [[Giergeschwindigkeit|Gier-]] und [[Nickgeschwindigkeit]]saufnehmer wurden vertauscht. Mit der Aktivierung des Systems unmittelbar nach dem Abheben und der damit steigenden Nickrate wurde ein Gierimpuls aktiviert. Das Flugzeug wurde damit unkontrollierbar, geriet in Rückenlage und stürzte unmittelbar danach ab. Der Pilot [[Robert Riedenauer]] wurde schwer verletzt und musste seine Pilotenlaufbahn aufgeben. Dieser Absturz ist in die Geschichte der schwerwiegenden [[Programmierfehler]] im [[Software Engineering]] eingegangen. (Flugzeug-Nummer 80-0785)<br />
* Am 11. Juli 1986 flog eine Maschine während eines Übungsfluges bei [[Bakersfield]] (Kalifornien) direkt in einen Berg. Der Pilot kam dabei ums Leben. Offiziell wurden keine Gründe für den Absturz genannt. Sowohl ein Versagen der Terrainverfolgung oder des Autopiloten, als auch eine Desorientierung des Piloten könnten die Ursache gewesen sein. (Flugzeug-Nummer 80-0792)<br />
* Ein Pilotenfehler war die Ursache für den Absturz am 14. Oktober 1987 in der Nähe von [[Tonopah (Nevada)|Tonopah]]. (Flugzeug-Nummer 80-0815)<br />
* Am 14. August 1992 stürzte eine Maschine bei La Luz ab. Der Pilot konnte sich mit dem Schleudersitz retten. Grund war die fehlerhafte Montage einer Rohrleitung am Triebwerk. (Flugzeug-Nummer 80-0801)<br />
* Am 10. Mai 1995 stürzte eine Maschine in der Nähe von Zuni während eines Übungsfluges ab, bei dem die Ausnutzung der Stealth-Eigenschaften und der Terrainverfolgung geübt werden sollten. Der Pilot kam uns Leben. (Flugzeug-Nummer 80-0822)<br />
* Am 14. September 1997 brach bei einer Flugvorführung in der Nähe von Baltimore eine Tragfläche einer F-117 ab. Der Pilot konnte sich retten. Trotz schwerer Feuer an der Absturzstelle gab es keine ernsthaft Verletzten. Grund war das Fehlen von vier Befestigungsbolzen nach inkorrekt durchgeführten Wartungen, was zum Flattern der Tragfläche und deren Bruch führte. (Flugzeug-Nummer 80-0793)<br />
<br />
Da mit den Maschinen häufig während der Nacht geflogen wird und eine Desorientierung zum direkten Absturz führen kann, wurden die Maschinen mit einer Schaltung ausgerüstet, die einen [[Controlled flight into terrain|Flug direkt in den Boden]] verhindern soll.<br />
<br />
== Verluste bei Kampfhandlungen ==<br />
[[Datei:F-117 canopy.jpg|mini|Teile der abgeschossenen F-117]]<br />
Mindestens eine F-117 ging im Kampf verloren. Während der NATO-Luftangriffe auf Ziele in Jugoslawien ([[Operation Allied Force]]) gelang es dem 3. Bataillon der serbischen Raketen-Brigade 250, ausgerüstet mit einem [[P-18]]-Radar<ref>http://www.airspacemag.com/military-aviation/unconventional-weapon-23371597/?page=5</ref> und [[S-125 Newa|SA-3-Goa]]-Raketenstationen, am 27.&nbsp;März 1999 die F-117A mit der Kennung 82-0806 abzuschießen. Der Pilot konnte sich mit dem Fallschirm retten.<ref>''[http://www.cnn.com/WORLD/europe/9903/27/nato.attack.07/index.html U.S. plane shot down, pilot rescued.]'' CNN, 27. März 1999</ref><ref>''[http://www.cnn.com/WORLD/europe/9903/28/nato.strike.02/index.html Stealth Nighthawk downed in Yugoslavia.]'' CNN, 28. März 1999</ref><ref>''[http://www.cnn.com/WORLD/europe/9903/28/downed.plane.03/index.html NATO stealth missions continue after crash.]'' CNN, 28. März 1999</ref><ref>{{Der Spiegel|ID=52559434|Titel=Torte mit Schleudersitz|Jahr=2007|Nr=33|Seiten=|Datum=2007-08-13}}</ref><br />
<br />
Die Serben machten die Wrackteile später russischen Ingenieuren zur Untersuchung zugänglich.<ref>[http://archive.newsmax.com/archives/articles/2001/12/12/140853.shtml Russia Offers India $8 Billion Weapons Deal<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref> Teile des Luftfahrzeugs befinden sich heute im Luftfahrtmuseum am [[Flughafen Belgrad]].<br />
<br />
Eine weitere Maschine wurde während der NATO-Luftangriffe so stark beschädigt, dass sie außer Dienst gestellt werden musste.<br />
<br />
== Technische Daten ==<br />
{| class='wikitable'<br />
|- bgcolor="#DDDDDD"<br />
! Bezeichnung<br />
! Kenndaten<br />
|-<br />
| Typ || Tarnkappenbomber<br />
|-<br />
| Länge || 20,08 m<br />
|-<br />
| Spannweite || 13,20 m<br />
|-<br />
| Höhe || 3,78 m<br />
|-<br />
| Tragfläche || 105,9 m²<br />
|-<br />
| Leergewicht || 13.381 kg<br />
|-<br />
| Maximales Startgewicht || 23.814 kg<br />
|-<br />
| Treibstoffkapazität || 10.644 l (8.546 kg)<br />
|-<br />
| Höchstgeschwindigkeit || 1.040 km/h<br />
|-<br />
| Dienstgipfelhöhe || 15.560 m<br />
|-<br />
| Einsatzradius || 1.112 km<br />
|-<br />
| Überführungsreichweite || 2110 km<br />
|-<br />
| Triebwerke || 2 × [[Turbofan|Mantelstromtriebwerke]] [[General Electric F404]]-F1D2<br />
|-<br />
| Schubkraft || 2 × 48,06 kN<br />
|-<br />
| Versionen ||<br />
* 2 [[Lockheed Have Blue|Have Blue]]-Prototypen<br />
* 5 YF-117-Vorserienmaschinen<br />
* 59 F-117A-Serienmaschinen<br />
|-<br />
| Kosten je Einheit: || 122 Mio. US-Dollar<br />
|}<br />
<br />
== Bezeichnung und Spitzname ==<br />
Der offizielle Name der Lockheed F-117 ist laut dem [[Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten|Department of Defence (DoD)]] ''Night Hawk''<ref name="dtic10">[http://www.dtic.mil/whs/directives/corres/pdf/412015l.pdf ''DOD 4120.15-L: Model Designation of Military Aerospace Vehicles''], S. 18, ''United States Department of Defense'', 12. Mai 2004, abgerufen am 3. September 2014</ref>, wobei ''Nighthawk'' selbst offiziell ebenso geläufig ist.<br />
<br />
Die Maschine wurde von manchen Testpiloten „Wobblin’ Goblin“ ''(Flattergeist)''<ref name="faq1">{{Internetquelle | url= http://www.f-117a.com/FAQ.html| titel=F-117A: Frequently Asked Questions | hrsg=f-117a.com| datum=2002-04-01 | zugriff=2014-09-03 | sprache=en}}</ref> genannt, speziell wegen ihrer unruhigen Flugeigenschaften beim Langsamflug und bei der [[Luftbetankung]]. Dieser Spitzname stammt aber noch aus der Have-Blue-Zeit, als die Maschine Stabilisierungsprobleme hatte und später Softwareprobleme bei der Stabilisierung von frühen F-117-Maschinen auftraten. Die Bezeichnung „Cockroach“ ''(Kakerlake)'' ist ebenfalls geläufig, jedoch wurde diese Bezeichnung von Programminsidern nie genutzt, sondern stammt vielmehr von Außenstehenden, nachdem das Flugzeug „öffentlich“ wurde.<ref name="faq1"/><br />
<br />
Der erste interne Name war allerdings „Scorpion“, der auf einen verirrten Skorpion zurückging, der sich in einem Hangar der Testbasis fand.<ref name="faq1"/><br />
<br />
Während der Operation Desert Storm bekamen sie auch den Spitznamen „Shaba“, dem arabischen Wort für ''Geist''.<ref name="faq1"/><ref name="shaba">[http://www.defensemedianetwork.com/stories/emerging-from-the-shadows/ ''Gulf War 20th: Emerging from the Shadows''], DefenseMediaNetwork, 21. Januar 2011, abgerufen am 3. September 2014</ref><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons|F-117 Nighthawk}}<br />
* [http://www.fas.org/man/dod-101/sys/ac/f-117.htm F-117A Nighthawk bei fas.org]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{NaviBlock<br />
|Navigationsleiste US-Jagdflugzeuge<br />
|Navigationsleiste Lockheed Martin}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4470942-0}}<br />
<br />
[[Kategorie:Bomber]]<br />
[[Kategorie:Jagdflugzeug (1980–1989)]]<br />
[[Kategorie:Zweistrahliges Flugzeug]]<br />
[[Kategorie:Lockheed Martin]]<br />
[[Kategorie:Wikipedia:Artikel mit Video]]<br />
[[Kategorie:Tarnkappenflugzeug]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Konvexe_Menge&diff=156316427Konvexe Menge2016-07-20T15:06:12Z<p>CheChe: /* Krümmung von Kurven */ Updated image to SVG format</p>
<hr />
<div>[[Datei:Convex set.svg|mini|eine konvexe Menge]]<br />
[[Datei:Non Convex set.svg|mini|eine nichtkonvexe Menge]]<br />
<br />
In der [[Mathematik]] heißt eine [[geometrische Figur]] oder allgemeiner eine [[Teilmenge]] eines [[Euklidischer Raum|euklidischen Raums]] '''konvex''', wenn für je zwei beliebige Punkte, die zur Menge gehören, auch stets deren Verbindungs[[Strecke (Geometrie)|strecke]] ganz in der Menge liegt. Dies garantiert, dass die Menge an keiner Stelle eine ([[Krümmung|konkave]]) Einbuchtung hat.<br />
<br />
== Geschichte und Anwendung ==<br />
Die [[Konvexgeometrie|Theorie der konvexen Mengen]] begründete [[Hermann Minkowski]] in seinem Werk ''Geometrie der Zahlen'', Leipzig 1910. Anwendung finden konvexe Mengen z.&nbsp;B. in der [[Konvexe Optimierung|konvexen Optimierung]] oder der [[Computeranimation]], wo [[Polytop (Geometrie)#Konvexe Polytope|konvexe Polytope]] in verschiedener Hinsicht einfacher zu handhaben sind als Nichtkonvexe.<br />
<br />
== Definition für Vektorräume ==<br />
Eine Teilmenge <math>M</math> eines [[reelle Zahl|reellen]] oder [[komplexe Zahl|komplexen]] [[Vektorraum]]s <math>V</math> heißt ''konvex'', wenn für alle <math>a,b\in M</math> und für alle <math>\lambda \in \R</math> mit <math>0\leq\lambda\leq1</math> stets gilt:<br />
<br />
:<math>\lambda a+(1-\lambda)b\in M.</math><br />
<br />
Diese Definition basiert auf der [[Parameterdarstellung]] der Verbindungsstrecke zwischen <math>a</math> und <math>b</math>:<br />
<br />
:<math>\overline{ab} := \{ \lambda a+(1-\lambda)b\mid\lambda \in \R,0\leq\lambda\leq1\}.</math><br />
<br />
Tatsächlich schließt obige Definition auch Objekte mit [[Planarität|planaren]] Rändern wie [[Quadrat (Geometrie)|Quadrate]] mit ein, die man umgangssprachlich nicht unbedingt als [[Krümmung|konvex]] bezeichnen würde.<br />
<br />
== Beispiele ==<br />
[[Datei:KonkaveFiguren.png|miniatur|Beispiele für nichtkonvexe Figuren der Ebene]]<br />
<br />
* Jeder Vektorraum, der <math>\R</math> enthält, ist konvex, ebenso [[Halbebene]]n und [[Halbraum|Halbräume]].<br />
* Beispiel-Teilmengen des anschaulichen [[euklidischer Raum|euklidischen Raumes]]:<br />
** Die [[leere Menge]] und jede einelementige Menge sind konvex.<br />
** [[Endliche Menge]]n sind genau dann konvex, wenn sie höchstens ein Element enthalten.<br />
** [[Strecke (Geometrie)|Strecken]] und [[Gerade (Geometrie)|Geraden]] sind konvexe Mengen.<br />
** Jede [[Dreiecksfläche]] und alle einfachen [[Regelmäßiges Polygon|regelmäßigen Polygonflächen]] sind konvex.<br />
** [[Kreis (Geometrie)|Kreisscheiben]] und [[Kugel]]n sind konvex, sogar streng konvex.<br />
** Unter den [[Viereck]]en sind z.&nbsp;B. die [[Parallelogramm]]e konvex, während es [[Trapez (Mathematik)|Trapeze]] und [[Drachenviereck]]e gibt, die nichtkonvex sind, wie das ''verschränkte Trapez'' oder das [[Pfeilviereck]].<br />
** [[Würfel (Geometrie)|Würfel]], [[Platonische Körper]] und [[Parallelepiped|Spate]] sind konvex.<br />
** Die Teilmenge die über- bzw. unterhalb des [[Funktionsgraph|Graphen]] einer [[konvexe und konkave Funktionen|konvexen bzw. konkaven Funktion]] liegt, ist konvex.<br />
** Ein [[Torus]] ist nicht konvex.<br />
** Der [[Rand (Topologie)|Rand]] einer konvexen Menge ist im Allgemeinen nichtkonvex.<br />
<br />
== Eigenschaften ==<br />
* Jede konvexe Menge ist [[Sterngebiet|sternförmig]], derart, dass jeder Punkt als Sternzentrum gewählt werden kann. Insbesondere ist jede nichtleere konvexe Teilmenge eines reellen oder komplexen Vektorraums [[Zusammenhängender Raum|zusammenhängend]] und auf einen Punkt [[Kontrahierbarkeit|kontrahierbar]], kann also keinerlei Löcher haben.<br />
<br />
* Der [[Schnittmenge|Durchschnitt]] beliebig (auch unendlich) vieler konvexer Mengen ist konvex. Somit bilden die konvexen Teilmengen eines Vektorraumes ein [[Hüllensystem]]. Insbesondere gibt es zu jeder Teilmenge die davon erzeugte konvexe Menge, die sogenannte [[konvexe Hülle]] dieser Menge. Das ist nichts anderes als der Durchschnitt aller konvexen Mengen, die die vorgegebene Teilmenge umfassen.<br />
<br />
* Die Vereinigung konvexer Mengen ist im Allgemeinen nicht konvex. Aber die Vereinigung einer aufsteigenden Kette konvexer Mengen ist wieder konvex.<br />
<br />
* In [[lokalkonvexer Raum|lokalkonvexen Räumen]] ist eine [[Kompakter Raum|kompakte]], konvexe Menge <math>M</math> der Abschluss der [[Konvexkombination]]en ihrer [[Extremalpunkt]]e ([[Satz von Krein-Milman]]). Dabei ist ein Extremalpunkt ein Punkt, der nicht zwischen zwei Punkten aus <math>M</math> liegt. In endlichdimensionalen Räumen kann man sogar auf die Abschlussbildung verzichten, denn nach dem [[Satz von Carathéodory]] ist jeder Punkt einer kompakten, konvexen Teilmenge eines n-dimensionalen Raums eine Konvexkombination von höchstens n+1 Extremalpunkten dieser Menge.<br />
<br />
== Stabilität unter Operationen ==<br />
Die Konvexität einer Menge ist stabil unter gewissen Operationen. Beispiele dafür sind:<br />
* Bilder und Urbilder konvexer Mengen unter einer affinen Funktion <math> f(x)=Ax+b </math> mit <math> A \in \mathbb{R}^{m \times n} </math> und <math> b \in \mathbb{R}^m </math> sind wieder konvex. Dies enthält als Spezialfall die Translation um den Vektor <math> b </math> (Setze <math> A=E </math> die Einheitsmatrix) und die Skalierung um den Faktor <math> a </math> (Setze <math> A=a E, \, b=0 </math>).<br />
* Die [[Minkowski-Summe]] zweier konvexer Mengen <math> K_1+K_2=\{x_1+x_2| \, x_1 \in K_1, \, x_2 \in K_2\} </math> ist wieder konvex.<br />
* Das [[Kartesisches Produkt|kartesische Produkt]] <math> K_1 \times K_2 </math> zweier konvexer Mengen ist wieder konvex.<br />
* Jede Projektion <math> f(x)=x_i </math> einer konvexen Menge auf eine Koordinatenachse ist wieder konvex.<br />
* Ist für jedes <math> x \in K </math> der Term <math> c^Tx+d>0 </math>, so ist das Bild der konvexen Menge <math> K </math> unter der Funktion<br />
::<math> f(x)=\frac{Ax+b}{c^Tx+d}</math><br />
:wieder konvex. Analog ist das Urbild einer konvexen Menge unter dieser Funktion wieder konvex.<br />
<br />
== Spezialfälle ==<br />
Konvexe Mengen können auf verschiedene Weisen noch weiter eingeschränkt werden:<br />
* Eine Menge <math>M</math> heißt ''streng konvex'', wenn die [[Offene Strecke|offene]] Verbindungsstrecke zweier beliebiger Punkte der Menge vollständig im [[Innerer Punkt|Inneren]] der Menge liegt.<ref>{{Literatur|Autor=Robert Plato|Titel=Numerische Mathematik kompakt|Verlag=Springer|Jahr=2013|ISBN=978-3-322-93922-7|Seiten=365}}</ref> Anschaulich besitzen streng konvexe Mengen keine geradlinigen Berandungsteile.<br />
* Eine Menge <math>M</math> heißt ''glatt konvex'', wenn jeder Randpunkt der Menge eine eindeutige [[Stützhyperebene]] besitzt.<ref>{{Literatur|Autor=Jürg T. Marti|Titel=Konvexe Analysis|Verlag=Springer|Jahr=2013|ISBN=978-3-034-85910-3|Seiten=108}}</ref> Anschaulich besitzen glatte konvexe Mengen keine Ecken oder Kanten.<br />
<br />
== Normierte Räume ==<br />
=== Konvexitätsbedingungen ===<br />
In [[Normierter Raum|normierten Räumen]] <math>(V,\|\cdot \|)</math>, das heißt in Vektorräumen <math>V</math> mit einer [[Norm (Mathematik)|Norm]] <math>\|\cdot\|</math>, die jedem Vektor <math>x\in V</math> seine Länge <math>\|x\|</math> zuordnet, kann man mittels der Norm konvexe Mengen konstruieren. Die für die Theorie der normierten Räume wichtigste konvexe Menge ist die [[Einheitskugel]] <math>B_V := \{x\in V;\,\|x\|\le 1\}</math>.<br />
<br />
Gewisse [[Konvexitätsbedingung]]en, die man an die Einheitskugel eines normierten Raums stellen kann und die die Konvexität der Einheitskugel verschärfen, definieren Raumklassen normierter Räume. Das führt zu Begriffsbildungen wie zum Beispiel [[Strikt konvexer Raum|strikt konvexer]], [[Gleichmäßig konvexer Raum|gleichmäßig konvexer]] oder [[Glatter Raum|glatter Räume]].<br />
<br />
=== Normale Struktur ===<br />
Ein Punkt <math>x</math> einer beschränkten, konvexen Mengen <math>M\subset V</math> heißt ''diametral für M'', wenn <math>\sup\{\|x-y\|;\, y\in M\}</math> gleich dem Durchmesser von <math>M</math> ist. In der Einheitskugel sind genau die Randpunkte, das heißt die Vektoren der Länge 1, diametral. Für eine Strecke in einem normierten Raum sind genau die Endpunkte dieser Strecke diametral.<br />
In diesen beiden Beispielen gibt es auch stets nicht-diametrale Punkte. Das betrachtet man als eine "normale" Eigenschaft und definiert:<br />
<br />
Eine beschränkte, konvexe Menge hat ''normale Struktur'', wenn jede darin enthaltene abgeschlossene und konvexe Teilmenge <math>M</math> mit mindestens zwei Punkten nicht-diametrale Punkte bzgl. <math>M</math> enthält. <br />
<br />
Man kann zeigen, dass jede kompakte, konvexe Menge in einem normierten Raum normale Struktur hat.<ref>Vasile I. Istratescu: ''Strict Convexity and Complex Strict Convexity, Theory and Applications'', Taylor & Francis Inc. (1983), ISBN 0-8247-1796-1, Satz 2.11.20</ref> Da beschränkte, abgeschlossene Mengen in endlichdimensionalen Räumen nach dem [[Satz von Heine-Borel]] kompakt sind, haben also alle beschränkten, konvexen Mengen in endlichdimensionalen Räumen normale Struktur. Das Auftreten beschränkter, konvexer Mengen ohne normale Struktur ist daher ein rein uendlichdimensionales Phänomen.<br />
<br />
== Verallgemeinerungen ==<br />
Allgemein genügen für die sinnvolle Definition von Konvexität schon erheblich schwächere Voraussetzungen an die Geometrie, die auf <math>M</math> gilt, man braucht aus [[Hilberts Axiomensystem der euklidischen Geometrie]] lediglich die Axiome der Verknüpfung und die der Anordnung. Die Konvexität hängt insbesondere von der Definition einer geraden Verbindungsstrecke ab. So ist die Halbebene, die durch <math>\{(x,y)\in\mathbb R^2\mid x+y \leq 0\}</math> definiert wird konvex in der [[euklidische Ebene|euklidischen Ebene]], aber nichtkonvex in der [[Moulton-Ebene]]: Beispielsweise läuft die „Gerade“ zwischen <math>(-1,1)</math> und <math>(1,-1)</math> über den (nicht in der Menge enthaltenen) Punkt <math>(0,\tfrac{1}{3})</math>. Siehe auch [[kollinear]].<br />
<br />
Je nach mathematischem Kontext werden unterschiedliche Verallgemeinerungen benutzt, die auch teilweise nicht kohärent sind.<br />
<br />
=== Konvexitätsraum ===<br />
Folgende Axiomatik verallgemeinert die grundlegenden Eigenschaften konvexer Mengen auf einem Niveau, das vergleichbar ist mit dem der [[Axiomensysteme der Allgemeinen Topologie|Topologie]].<br />
<br />
Eine Menge <math>X</math> zusammen mit einer [[Potenzmenge|Menge von Teilmengen]] <math>\mathcal{K} \subseteq \mathcal{P}(X)</math> wird ''Konvexitätsraum'' genannt, wenn für <math>\mathcal{K}</math> Folgendes gilt:<br />
* die [[leere Menge]] und <math>X </math> selbst liegen in <math> \mathcal{K}</math><br />
* die [[Schnittmenge]] beliebig vieler Mengen aus <math>\mathcal{K}</math> liegt wieder in <math>\mathcal{K}</math><br />
* Falls eine Teilmenge <math>K \subset \mathcal{K}</math> [[Totalordnung|total geordnet]] ist [[Teilmenge#Die Inklusion als Ordnungsrelation|bezüglich Inklusion]], so liegt die [[Vereinigungsmenge|Vereinigung]] aller Mengen aus <math>K</math> in <math>\mathcal{K}</math>.<br />
<br />
Dann werden die Mengen aus <math>\mathcal{K}</math> die ''konvexen Mengen von'' <math>X</math> genannt.<br />
<br />
=== Metrisch konvexer Raum ===<br />
[[Datei:Circle-convex-metric-space.svg|mini|Ein [[Kreis (Geometrie)|Kreis]] ist metrisch konvex, aber als Teilmenge des euklidischen Raums nichtkonvex.]]<br />
<br />
Ein [[metrischer Raum]] <math>(X,d)</math> wird ''metrisch konvex'' genannt, wenn zu je zwei Punkten <math>x,y \in X</math> stets ein (dazwischenliegender) Punkt <math>z \in X</math> existiert, so dass in der [[Dreiecksungleichung]] Gleichheit gilt:<br />
: <math>d(x,y)=d(x,z)+d(z,y)</math><br />
<br />
Hier gilt allerdings nicht mehr, dass der Schnitt von metrisch konvexen Mengen wieder metrisch konvex wäre. So ist die Kreislinie mit der Metrik der [[Bogenlänge]] metrisch konvex, zwei abgeschlossenen [[Halbkreis]]e, die bis auf ihre beiden Endpunkte <math>x,y</math> [[disjunkt]] sind, sind auch metrisch konvexe (Teil)mengen, ihr zweielementiger Schnitt <math>\{ x,y \}</math> aber nicht.<br />
<br />
=== Geodätisch konvexe Mannigfaltigkeiten ===<br />
[[Semi-Riemannsche Mannigfaltigkeit]]en <math>(M,g)</math> haben eine innewohnende Metrik, die die [[Geodäte]]n der Mannigfaltigkeit festlegt. Wenn jedes Paar von Punkten in einer Umgebung durch eine einzige Geodäte der Mannigfaltigkeit verbunden werden kann, die vollständig in dieser Umgebung liegt, nennt man diese Umgebung [[Exponentialabbildung|einfach konvex]].<br />
<br />
Eine Untermannigfaltigkeit <math>C\subset M</math> einer riemannschen Mannigfaltigkeit <math>(M,g)</math> heißt ''geodätisch konvex'', wenn sich je zwei beliebige Punkten <math>x,y\in C</math> durch eine Kurve in <math>C</math> verbinden lassen, die eine ''in <math>(M,g)</math> global längenminimierende Geodäte'' ist.<br />
<br />
=== Beispiele und Unterschiede ===<br />
* Die [[rationale Zahl|rationalen Zahlen]] mit dem üblichen Abstand bilden eine metrisch konvexe Teilmenge von <math>\R</math>, die nicht konvex ist.<br />
* Gleiches gilt für <math>\R^2\backslash \{ 0 \}</math>, was als riemannsche Mannigfaltigkeit auch nicht geodätisch konvex ist.<br />
* Eine konvexe Teilmenge des euklidischen Raumes ist stets auch metrisch konvex, bezüglich der von der [[Norm (Mathematik)|Norm]] induzierten Metrik. Für [[Abgeschlossene Menge|abgeschlossene]] Teilmengen gilt auch die Umkehrung.<br />
<br />
== Krümmung von Kurven ==<br />
[[Datei:Convex supergraph.svg|mini|Eine [[Konvexe Funktion|Funktion]] ist genau dann konvex, wenn ihr [[Epigraph (Mathematik)|Epigraph]], in diesem Bild die grüne Menge über dem blauen [[Funktionsgraph]]en, eine konvexe Menge ist.]]<br />
<br />
Im [[Ebene (Mathematik)|Zweidimensionalen]] kann die [[Krümmung]] einer [[Differenzierbarkeit|stetig differenzierbaren]] [[Kurve (Mathematik)|Kurve]] in einem Punkt <math>x_0</math> in Relation zum Betrachter untersucht werden:<br />
* Liegen die [[Umgebung (Mathematik)|benachbarten]] Punkte von <math>x_0</math> in der gleichen [[Tangente|Tangential]]-[[Halbebene]] wie der Betrachter, so ist sie dort für ihn ''konkav gekrümmt''.<br />
* Existiert eine Umgebung um <math>x_0</math>, so dass alle Punkte daraus in der anderen Tangential-Halbebene liegen, so ist die Kurve in <math>x_0</math> für den Betrachter ''konvex gekrümmt''.<br />
<br />
[[Ecke]]n werden konvex genannt, wenn alle [[Innenwinkel]] höchstens 180° betragen.<br />
<br />
Analog kann in höheren Dimensionen die Krümmung von [[Hyperebene]]n untersucht werden, dazu muss das Objekt aber [[Orientierung (Mathematik)|orientierbar]] sein.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Absolutkonvexe Menge]]<br />
* [[Hilbert-Metrik]]<br />
* [[Konvexe Funktion]]<br />
* [[Satz von Minkowski]]<br />
* [[Simplex (Mathematik)]]<br />
* [[Trennungssatz]]<br />
* [[Verallgemeinerte Konvexität]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* [http://eom.springer.de/C/c026340.htm ''Convex set''] in der [[Encyclopaedia of Mathematics]]<br />
* Otto Kerner, Joseph Maurer, Jutta Steffens, Thomas Thode, Rudolf Voller: ''Vieweg Mathematik Lexikon''. Vieweg 1988, ISBN 3-528-06308-4, S. 159–160<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Convexity|(nicht)konvexe Mengen}}<br />
* [http://planetmath.org/encyclopedia/Convex.html ''Convex''] auf [[PlanetMath]]<br />
* Niels Lauritzen: [http://home.imf.au.dk/niels/lecconset.pdf ''Lectures on Convex Sets'' (pdf)]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Geometrie]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Extremalpunkt&diff=155410642Extremalpunkt2016-06-18T11:11:47Z<p>CheChe: /* Beispiele */ Updated image to svg format</p>
<hr />
<div>Ein '''Extremalpunkt''' einer [[konvexe Menge|konvexen Menge]] ''K'' eines reellen [[Vektorraum]]s ist ein Punkt ''x'' aus ''K'', der sich nicht als [[Konvexkombination]] zweier verschiedener Punkte aus ''K'' darstellen lässt, also zwischen keinen zwei anderen Punkten aus ''K'' liegt. Das heißt, es gibt keine Punkte <math> a \ne b \in K </math> mit <math>x = \lambda a+(1-\lambda)b</math> für ein <math>0 < \lambda < 1</math>.<br />
<br />
== Beispiele ==<br />
[[Image:Extreme_points.svg|thumb|right|Extremalpunkte ''(rot)'' einer konvexen Menge K ''(blau und rot)'' können nicht als Konvexkombination zweier verschiedener Punkte aus K dargestellt werden]]<br />
# Ein [[Dreieck]] ist eine konvexe Menge, die Extremalpunkte sind genau die Ecken des Dreiecks.<br />
# Eine [[abgeschlossene_Menge|abgeschlossene]] [[Kugel]] im <math>R^n</math> ist konvex, die Extremalpunkte sind genau die [[Randpunkt]]e. Das gilt in allen [[Hilbertraum|Hilberträumen]] oder allgemeiner in allen [[Strikt konvexer Raum|strikt konvexen Räumen]]. Eine [[Offene_Menge|offene]] Kugel hat keine Extremalpunkte.<br />
# Die positiven [[Funktional]]e mit [[Norm (Mathematik)|Norm]] 1 einer kommutativen [[C*-Algebra]] bilden eine konvexe Menge. Die Extremalpunkte sind genau die multiplikativen Funktionale.<br />
# Nach dem [[Satz von Birkhoff und von Neumann]] sind die Permutationsmatrizen genau die Extremalpunkte der doppelt-stochastischen Matrizen.<br />
<br />
== Anwendungen ==<br />
* Die Extremalpunkte eines [[Polyeder]]s nennt man [[Ecke]]n. Sie spielen eine wichtige Rolle der [[Lineare Optimierung#Geometrische Interpretation|geometrischen Interpretation der linearen Optimierung]].<br />
* In vielen Situationen gelingen Charakterisierungen von Extremalpunkten als Objekte mit besonderen Eigenschaften wie im Beispiel 3. Der [[Satz von Krein-Milman]] führt dann zu Sätzen über die Existenz solcher Objekte.<br />
* In der [[Choquet-Theorie]] wird die Vorstellung, dass ein Punkt einer konvexen Menge als Mittelung über deren Extremalpunkte darstellbar ist, präzisiert.<br />
<br />
== Abschlusseigenschaften ==<br />
[[Datei:ExtremalpunkteDoppelkegel.PNG|miniatur|links]]<br />
Die Menge der Extremalpunkte ist im Allgemeinen nicht abgeschlossen. Ein dreidimensionales Beispiel erhält man durch das Zusammenfügen zweier schiefer Kegel zu einem Doppelkegel, so dass die Verbindungsstrecke zwischen den Spitzen <math>P</math> und <math>R</math> (siehe nebenstehende Skizze) auf den Mantelflächen verläuft und die gemeinsame Kreislinie in einem Punkt <math>Q</math> trifft. Die Menge der Extremalpunkte dieses Doppelkegels besteht aus den Kegelspitzen <math>P</math> und <math>R</math> und allen Punkten der Kreislinie ohne <math>Q</math>, denn dieser Punkt lässt sich ja aus <math>P</math> und <math>R</math> konvex kombinieren. <math>Q</math> liegt aber im Abschluss der Extremalpunktmenge.<br />
<br />
[[Datei:ExtremalpunkteEinheitskugel.PNG|miniatur]]<br />
Im unendlichdimensionalen Fall kann die Menge der Extremalpunkte dicht liegen. Ein einfaches Beispiel ist die Einheitskugel <math>U</math> in einem unendlichdimensionalen [[Hilbertraum]] <math>H</math> mit der [[schwache Topologie|schwachen Topologie]] (bezüglich dieser ist <math>U</math> kompakt). <br />
Die Extremalpunktmenge ist die Menge aller Vektoren mit Länge 1. <br />
Um zu sehen, dass die Extremalpunktmenge dicht in <math>U</math> liegt, sei <math>x_0</math> ein Vektor mit <math>\|x_0\|<1</math> und <math>V</math> eine schwache Umgebung von <math>x_0</math>. Dann gibt es Vektoren <math>y_1,\ldots,y_n \in H</math> und ein <math>\varepsilon > 0</math> mit <math>\{x\in H;\,|\langle x-x_0, y_i\rangle | < \varepsilon\,\mbox{ für alle } i=1,\ldots n\} \subset V</math>. Da <math>H</math> unendlichdimensional ist, gibt es einen zu den <math>y_i</math> orthogonalen Vektor <math>y</math> und dann ein <math>\lambda > 0</math>, so dass der Vektor <math>x_0+\lambda y</math> die Länge 1 hat und folglich ein Extremalpunkt ist. Da <math>\langle (x_0+\lambda y)-x_0,y_i\rangle = \lambda \langle y,y_i\rangle = 0</math>, folgt <math>x_0+\lambda y \in V</math>. Damit ist gezeigt, dass jede schwache Umgebung eines Vektors der Länge < 1 einen Extremalpunkt enthält. Daher fällt der Abschluss der Extremalpunktmenge mit <math>U</math> zusammen.<br />
<br />
== Extremale Mengen ==<br />
Die Definition eines Extremalpunktes lässt sich auf natürliche Weise auf Mengen übertragen: Eine '''extremale Menge''' ist eine [[Teilmenge]] einer [[konvexe Menge|konvexen Menge]] mit der Eigenschaft, dass sich Punkte aus dieser Menge nur dann als [[Konvexkombination]] von Punkten aus der konvexen Menge darstellen lassen, wenn diese Punkte bereits in der Teilmenge selbst enthalten sind. Formal:<br />
:Sei <math>X</math> ein Vektorraum, <math>K\subset X</math> konvex und <math>M\subset K</math>. Dann ist <math>M</math> eine extremale Menge, falls gilt:<br />
:<math>\forall\, \alpha \in (0, 1) ~ \forall \, x_1,x_2\in K\!:~ \alpha x_1+(1-\alpha)x_2\in M ~ \Rightarrow ~ x_1,x_2\in M.</math><br />
Typische Beispiele sind Seiten oder Kanten von Polyedern. Ein oft benutzter Satz ist, dass Extremalpunkte von extremalen Mengen bereits Extremalpunkte der umgebenden konvexen Menge sind.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* [[Richard Kadison|R.V. Kadison]], [[John Ringrose|J. R. Ringrose]]: ''Fundamentals of Operator Algebras'', Academic Press 1983<br />
<br />
[[Kategorie:Geometrie]]<br />
<br />
[[fr:Points et parties remarquables de la frontière d'un convexe]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Satz_von_Krein-Milman&diff=155410632Satz von Krein-Milman2016-06-18T11:11:14Z<p>CheChe: Updated image to svg format</p>
<hr />
<div>[[Image:Extreme_points.svg|thumb|right|Für eine kompakte konvexe Menge ''K'' (hellblau) und die Menge ihrer Extremalpunkte ''B'' (rot) gilt, dass ''K'' die abgeschlossene konvexe Hülle von ''B'' ist.]]<br />
<br />
Der '''Satz von Krein-Milman'''<ref>M. Krein, D. Milman (1940): "''On extreme points of regular convex sets''", Studia Mathematica 9, 133–138.</ref> (nach [[Mark Grigorjewitsch Krein]] und [[David Milman]]) ist eine Aussage aus dem [[Teilgebiete der Mathematik|mathematischen Teilgebiet]] der [[Funktionalanalysis]].<br />
<br />
== Aussage ==<br />
Ist <math>E</math> ein [[lokalkonvexer Raum]] und <math>\mathcal{C}\subseteq E</math> eine [[kompakter Raum|kompakte]] und [[Konvexe Menge|konvexe]] Teilmenge von ihm, so ist <math>\mathcal{C}</math> gleich der [[Abgeschlossene Hülle|abgeschlossenen]] [[Konvexe Hülle|konvexen Hülle]] der Menge ihrer [[Extremalpunkt]]e.<br />
<br />
Dieser Satz hat eine teilweise Umkehrung, die oft [[Satz von Milman]] genannt wird: Ist <math>\mathcal{C}\subseteq E</math> eine kompakte, konvexe Menge und ist <math>T\subseteq \mathcal{C}</math>, so dass <math>\mathcal{C}</math> die abgeschlossene konvexe Hülle von <math>T</math> ist, so muss der Abschluss von <math>T</math> alle Extremalpunkte von <math>\mathcal{C}</math> enthalten.<br />
<br />
Der [[Satz von Choquet]] verschärft den Satz von Krein-Milman. In endlichdimensionalen Räumen gilt mit dem [[Satz von Minkowski]] und dem [[Satz von Minkowski#Satz von Carathéodory|Satz von Carathéodory]] eine noch wesentlich schärfere, dimensionsabhängige Aussage.<br />
<br />
== Anwendung ==<br />
Der [[Banachraum]] <math>c_0</math> der reellen oder komplexen Nullfolgen mit der [[Supremumsnorm]] <math>\|\cdot\|_\infty</math> ist kein [[Dualraum]].<br />
<br />
Wäre er ein Dualraum, so wäre die Einheitskugel nach dem [[Satz von Banach-Alaoglu]] kompakt in der [[schwach-*-Topologie]], hätte also nach obigem Satz von Krein-Milman Extremalpunkte. Ist aber <math>x=(x_n)_n</math> ein beliebiger Punkt aus der Einheitskugel, so gibt es einen Index <math>m</math> mit <math>|x_m|<\tfrac{1}{2}</math>, denn die Folge konvergiert gegen 0. Ist nun <math>h=(h_n)_n</math> definiert durch <math>h_n=0</math> für <math>n \not= m</math> und <math>h_m=\tfrac{1}{2}</math>, so ist <math>\|x+h\|_\infty \le 1</math> und <math>\|x-h\|_\infty \le 1</math> und <math>x=\tfrac{1}{2}(x+h) + \tfrac{1}{2}(x-h)</math>, das heißt, der beliebig vorgegebene Punkt <math>x</math> ist kein Extremalpunkt. Also hat die Einheitskugel von <math>c_0</math> keine Extremalpunkte und <math>c_0</math> kann daher kein Dualraum sein.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Choquet-Theorie]]<br />
* [[Krein-Milman-Eigenschaft]]<br />
* [[Satz von Russo-Dye]]<br />
<br />
== Quelle ==<br />
* [http://books.google.de/books?id=Qki6XWyXzacC&pg=PA362&lpg=PA362&dq=krein-milman&source=bl&ots=haKPaArFTb&sig=9w3NKxqqiqlJiXUzWG_kAEfv7lw&hl=de&ei=y7yxSe_gH5HD_gbTis3IBA&sa=X&oi=book_result&resnum=7&ct=result Harro Heuser: ''Funktionalanalysis'', Theorie und Anwendung,] Teubner, November 2006, 362-363.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /> <br />
<br />
<br />
[[Kategorie:Funktionalanalysis]]<br />
[[Kategorie:Satz (Mathematik)|Krein-Milman]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gau%C3%9Fsche_Zahl&diff=154432735Gaußsche Zahl2016-05-16T16:16:23Z<p>CheChe: Updated image to SVG format</p>
<hr />
<div>[[Datei:Gaussian integer lattice.svg|thumb|Gaußsche Zahlen als Gitterpunkte in der [[Komplexe Zahl|komplexen]] Zahlenebene]]<br />
<br />
Die '''gaußschen Zahlen''' (nach [[Carl Friedrich Gauß]]; engl. ''Gaussian integer'') sind eine Verallgemeinerung der [[Ganze Zahl|ganzen Zahlen]] in den [[Komplexe Zahlen|komplexen Zahlen]]. Jede gaußsche Zahl liegt auf einem ganzzahligen Koordinatenpunkt der komplexen Ebene. Die gaußschen Zahlen bilden den [[Ganzheitsring]] des [[Quadratischer Zahlkörper|quadratischen Zahlkörpers]] <math>\mathbb{Q}(\mathrm{i})</math>. Außerdem bilden die gaußschen Zahlen einen [[Euklidischer Ring|euklidischen Ring]] und damit insbesondere einen [[Faktorieller Ring|faktoriellen Ring]].<ref>{{Literatur| Autor= Scheid| Seiten=108}}</ref> Sie treten beispielsweise bei der Formulierung des [[Biquadratisches Reziprozitätsgesetz|biquadratischen Reziprozitätsgesetzes]] auf. Eine etwas kompliziertere Verallgemeinerung ganzer Zahlen, die auch in die komplexe Ebene eingebettet werden können, sind die [[Eisenstein-Zahlen]]. <br />
<br />
== Definition ==<br />
<br />
Eine gaußsche Zahl <math>g</math> ist durch<br />
: <math> g = a + b {\mathrm i} </math><br />
gegeben, wobei <math>a</math> und <math>b</math> ganze Zahlen sind.<ref>{{Literatur |Titel=Gaußsche Zahl |Autor= |Herausgeber=Guido Walz |Sammelwerk=Lexikon der Mathematik |Auflage=1 |Verlag=Spektrum Akademischer Verlag |Ort=Mannheim/Heidelberg |Jahr=2000 |ISBN=3-8274-0439-8}}</ref><br />
<br />
Der [[Ring (Algebra)|Ring]] der gaußschen Zahlen heißt auch '''Gaußscher Zahlring'''<ref>{{Literatur| Autor= Bundschuh| Seiten=76}}</ref> und wird mit <math>\mathbb Z[\mathrm i]</math> bezeichnet. Er entsteht also aus <math>\mathbb Z</math> durch [[Adjunktion (Algebra)|Adjunktion]] der [[Imaginäre Einheit|imaginären Einheit]] <math>\mathrm i</math>.<br />
<br />
Die gaußschen Zahlen sind die Punkte mit ganzzahligen Koordinaten in der [[Gaußsche Zahlenebene|gaußschen Zahlenebene]]. Sie bilden ein [[Gitter (Mathematik)|zweidimensionales Gitter]].<br />
<br />
== Primelemente ==<br />
<br />
[[Datei:Spec_Zi.png|thumb|right|250px|Das [[Spektrum eines Ringes|Spektrum]] von <math>\mathbb{Z}[\mathrm{i}]</math> veranschaulicht diese Zusammenhänge: Die Kleckse entsprechen den Primelementen im Ring der gaußschen Zahlen, die in der Faktorisierung der jeweils unten angegebenen Primzahl auftauchen.]]<br />
[[Datei:Gaussian-primes.svg|thumb|right|250px|Primelemente in der komplexen Ebene. Durch Multiplikation mit den Einheiten entsteht die Rotationssymmetrie um 90°. Weil mit <math>a+\mathrm{i}b</math> auch <math>b+\mathrm{i}a</math> Primelement ist, liegen die Primelemente zusätzlich symmetrisch zu den Winkelhalbierenden <math>a=\pm b</math> zwischen der reellen und der imaginären Achse.]]<br />
Wie in jedem Ring kann man –&nbsp;analog zu <math>\Z</math>&nbsp;– auch in <math>\mathbb{Z}[\mathrm{i}]</math> [[Zahlentheorie]] betreiben. Insbesondere lassen sich [[Primelement]]e als Verallgemeinerung des Begriffes [[Primzahl]] definieren. Die Eindeutigkeit der Primfaktordarstellung gilt dann auch für die gaußschen Zahlen.<ref>[/media/wikiversity/de/5/5f/ZahlentheorieOS2008Vorlesung9.pdf Vorlesung] (PDF; 79&nbsp;kB) Holger Brenner, Universität Osnabrück</ref><br />
<br />
Die Primelemente im Ring der gaußschen Zahlen haben einen engen Bezug zu den gewöhnlichen Primzahlen. Sie zerfallen in drei Klassen (jeweils bis auf Multiplikation mit <math>\pm 1</math> und <math>\mathrm \pm \mathrm{i}</math>, den [[Einheit (Mathematik)|Einheiten]] des Ringes der gaußschen Zahlen):<br />
; Der doppelte Primfaktor von 2<nowiki>:</nowiki><br />
Die Zahl 2 kann als [[Produkt (Mathematik)|Produkt]] der Primelemente <math>1+\mathrm i</math> und <math>1-\mathrm i</math> geschrieben werden, die sich aber eben nur um eine Einheit unterscheiden (2 ist ''[[Verzweigung (Algebra)|verzweigt]]''):<br />
: <math>1+\mathrm i = \mathrm i\cdot (1-\mathrm i) = -\mathrm i \cdot (\mathrm i-1) = - (-\mathrm i-1)</math><br />
Also ist<br />
: <math>2 = -\mathrm i\cdot (1+\mathrm i)^2 = (1+ \mathrm i)(1- \mathrm i)</math><br />
die Primfaktorzerlegung der Zahl 2 im Ring der gaußschen Zahlen. Sie ist eindeutig, aber es kann keiner Darstellung der Vorzug gegeben werden, da die komplexen Zahlen und damit auch die gaußschen Zahlen und deren Einheiten nicht [[Geordneter Körper|angeordnet]] werden können.<br />
; Faktoren von Primzahlen der Form 4''k'' + 1<nowiki>:</nowiki><br />
Ist <math>p</math> eine Primzahl der Form <math>p=4k+1</math> mit einer ganzen Zahl <math>k</math> hat, so lässt sich <math>p</math> auf im Wesentlichen eindeutige Weise als Summe zweier Quadratzahlen schreiben:<br />
: <math>p = a^2 + b^2</math> mit gewissen <math>a,b\in\mathbb Z.</math><br />
Dann ist<br />
: <math>p = (a + b\mathrm i)(a - b\mathrm i)</math><br />
die Primfaktorzerlegung von <math>p</math>, <math>p</math> selbst ist also ''kein'' Primelement im Ring der gaußschen Zahlen, sondern Produkt von zwei zueinander [[Konjugation (Mathematik)#Verallgemeinerung|konjugierten]] Primelementen (<math>p</math> ist ''zerlegt''). Beispielsweise ist <math>5 = (2+\mathrm{i})(2-\mathrm{i})</math> ''kein'' Primelement, aber <math>2+\mathrm i</math> und <math>2-\mathrm i</math> sind zwei Primelemente.<br />
; Primzahlen der Form 4''k'' + 3<nowiki>:</nowiki><br />
Ist <math>p</math> eine Primzahl der Form <math>4k+3</math> mit einer ganzen Zahl <math>k</math>, so ist <math>p</math> auch im Ring der gaußschen Zahlen ein Primelement (<math>p</math> bleibt prim; es ist ''träge'').<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* {{Literatur<br />
|Autor=Peter Bundschuh<br />
|Titel=Einführung in die Zahlentheorie<br />
|Auflage=6., überarbeitete und aktualisierte<br />
|Verlag=[[Springer Science+Business Media|Springer-Verlag]]<br />
|Ort=Berlin [u.a.]<br />
|Jahr=2008 <br />
|ISBN=978-3-540-76490-8<br />
}}<br />
* {{Literatur<br />
|Autor=Harald Scheid<br />
|Titel=Zahlentheorie<br />
|Auflage=3.<br />
|Verlag=[[Spektrum Akademischer Verlag]]<br />
|Ort=Heidelberg u. a.<br />
|Jahr=2003<br />
|ISBN=3-8274-1365-6<br />
}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Gaussian integers|Gaußsche Zahl}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{SORTIERUNG:Gausssche Zahl}}<br />
[[Kategorie:Zahl]]<br />
[[Kategorie:Algebraische Zahlentheorie]]<br />
[[Kategorie:Carl Friedrich Gauß]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Skalarproduktnorm&diff=154008518Skalarproduktnorm2016-05-01T16:01:22Z<p>CheChe: /* Parallelogrammgleichung */ Updated image to SVG format</p>
<hr />
<div>Eine '''Skalarproduktnorm''', '''Innenproduktnorm''' oder '''Hilbertnorm''' ist in der [[Mathematik]] eine von einem [[Skalarprodukt]] '''induzierte''' (abgeleitete) [[Norm (Mathematik)|Norm]]. In einem endlichdimensionalen [[Reelle Zahl|reellen]] oder [[Komplexe Zahl|komplexen]] [[Vektorraum]] mit dem [[Standardskalarprodukt]] entspricht die Skalarproduktnorm gerade der [[Euklidische Norm|euklidischen Norm]]. Allgemein besitzt jeder [[Prähilbertraum]] eine zugeordnete Skalarproduktnorm und ist mit dieser Norm ein [[normierter Raum]]. Eine Norm ist dabei genau dann von einem Skalarprodukt induziert, wenn sie die [[Parallelogrammgleichung]] erfüllt. Jede Skalarproduktnorm erfüllt weiterhin die [[Cauchy-Schwarzsche Ungleichung|Cauchy-Schwarz-Ungleichung]] und ist [[Invariante (Mathematik)|invariant]] unter [[Unitäre Abbildung|unitären Transformationen]].<br />
<br />
== Definition ==<br />
[[File:Beziehungen zwischen mathematischen Räumen.svg|miniatur|Beziehungen zwischen Skalarprodukt, Norm und Metrik]]<br />
<br />
Ist <math>V</math> ein [[Vektorraum]] über den [[Körper (Algebra)|Körper]] <math>{\mathbb K}</math> der [[Reelle Zahl|reellen]] oder [[Komplexe Zahl|komplexen]] Zahlen und <math>\langle \cdot , \cdot \rangle</math> ein [[Skalarprodukt]] auf <math>V \times V</math>, dann ist <math>( V, \langle \cdot , \cdot \rangle )</math> ein [[Prähilbertraum|Skalarproduktraum]]. Die von diesem Skalarprodukt induzierte [[Norm (Mathematik)|Norm]] ist für einen Vektor <math>v \in V</math> dann definiert als<br />
<br />
:<math>\| v \| := \sqrt{\langle v, v\rangle}</math>,<br />
<br />
also die [[Quadratwurzel|Wurzel]] aus dem Skalarprodukt des Vektors mit sich selbst. Diese Definition ist wohldefiniert, da das Skalarprodukt eines Vektors mit sich selbst reell und nichtnegativ ist.<br />
<br />
Diese Norm heißt auch Skalarproduktnorm,<ref>{{Literatur|Autor=Kosmol|Titel=Optimierung und Approximation|Verlag=de Gruyter|Jahr=2010|Seiten=100}}</ref> Innenproduktnorm<ref>{{Literatur|Autor=Heuser|Titel=Funktionalanalysis: Theorie und Anwendung|Jahr=2006|Seiten=148}}</ref> oder Hilbertnorm<ref>{{Literatur|Autor=Amann, Escher|Titel=Analysis I|Jahr=2006|Seiten=168}}</ref> und wird in reellen Skalarprodukträumen gelegentlich als (allgemeine) [[euklidische Norm]] bezeichnet.<ref>{{Literatur|Autor=Bronstein et al.|Titel=Taschenbuch der Mathematik|Jahr=2008|Seiten=368}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=Beutelspacher|Titel=Lineare Algebra|Jahr=2003|Seiten=259}}</ref> Mit der Skalarproduktnorm ist der Vektorraum <math>V</math> ein [[normierter Raum]] <math>(V, \| \cdot \|)</math>. Weiterhin ist <math>V</math> mit der von der Norm induzierten Metrik <math>d</math> ein [[metrischer Raum]] <math>(V, d)</math> und mit der [[Normtopologie]] <math>\mathcal T</math> ein [[topologischer Raum]] <math>(V, {\mathcal T})</math>.<br />
<br />
== Beispiele ==<br />
<br />
Wichtige Beispiele für Skalarproduktnormen sind:<br />
<br />
*die [[euklidische Norm]] auf dem [[Euklidischer Raum|euklidischen Raum]] der endlichdimensionalen Vektoren,<br />
*die [[Norm (Mathematik)#ℓp-Normen|''ℓ<sup>2</sup>''-Norm]] auf dem [[Folgenraum|Raum ''ℓ<sup>2</sup>'']] der quadratisch summierbaren Folgen,<br />
*die [[Norm (Mathematik)#Lp-Normen|''L<sup>2</sup>''-Norm]] auf dem [[Lp-Raum|Raum ''L<sup>2</sup>'']] der quadratisch Lebesgue-integrierbaren Funktionen,<br />
*die [[Norm (Mathematik)#Sobolev-Normen|Sobolev-Norm]] auf dem [[Sobolev-Raum|Sobolev-Raum ''H<sup>s</sup>'']] der Funktionen, deren gemischte schwache Ableitungen bis zum Grad <math>s</math> quadratisch Lebesgue-integrierbar sind,<br />
*die [[Frobeniusnorm]] auf dem [[Matrix (Mathematik)#Vektorräume von Matrizen|Raum der Matrizen]],<br />
*die [[Hilbert-Schmidt-Operator#Motivation und Definition|Hilbert-Schmidt-Norm]] auf dem Raum der [[Hilbert-Schmidt-Operator]]en.<br />
<br />
== Eigenschaften ==<br />
=== Normaxiome ===<br />
[[File:Vector triangle inequality vw.PNG|miniatur|Vektoren in der [[Dreiecksungleichung]]]]<br />
<br />
Jede Skalarproduktnorm erfüllt die drei [[Norm (Mathematik)#Definition|Normaxiome]] [[Definitheit]], [[Homogene Funktion|absolute Homogenität]] und [[Additivität#Sub- und Superadditivität|Subadditivität]]. Die Definitheit folgt für <math>v \in V</math> aus der Eindeutigkeit der Nullstelle der Wurzelfunktion über<br />
<br />
:<math>\| v \| = 0 \; \Leftrightarrow \; \sqrt{ \langle v, v \rangle } = 0 \; \Rightarrow \; \langle v, v \rangle = 0 \; \Leftrightarrow \; v = 0</math>,<br />
<br />
die absolute Homogenität folgt für <math>v \in V</math> und <math>\alpha \in \mathbb K</math> aus <br />
<br />
:<math>\| \alpha v \|^2 = \langle \alpha v, \alpha v \rangle = \bar{\alpha} \alpha \langle v, v \rangle = | \alpha |^2 \| v \|^2</math><br />
<br />
und die Subadditivität (oder [[Dreiecksungleichung]]) folgt für <math>v, w \in V</math> über die [[Cauchy-Schwarzsche Ungleichung|Cauchy-Schwarz-Ungleichung]] (siehe den folgenden Abschnitt) aus<br />
<br />
:<math>\begin{align} \| v + w \|^2 & = \langle v + w, v + w \rangle = \langle v, v \rangle + \langle v, w \rangle + \langle w, v \rangle + \langle w, w \rangle = \| v \|^2 + \langle v, w \rangle + \overline{\langle v, w \rangle} + \| w \|^2 \\ & = \| v \|^2 + 2 \operatorname{Re} \langle v, w \rangle + \| w \|^2 \leq \| v \|^2 + 2 \, \| v \| \, \| w \| + \| w \|^2 = \left( \| v \| + \| w \| \right)^2 \, ,\end{align}</math><br />
<br />
wobei <math>\operatorname{Re}</math> den Realteil der komplexen Zahl angibt und in den beiden letzten Fällen noch die (positive) Wurzel auf beiden Seiten gezogen werden muss.<br />
<br />
=== Parallelogrammgleichung ===<br />
[[File:Parallelogram equality.svg|miniatur|Vektoren in der [[Parallelogrammgleichung]]]]<br />
{{Hauptartikel|Parallelogrammgleichung}}<br />
<br />
Für eine Skalarproduktnorm gilt zudem die Parallelogrammgleichung<br />
<br />
:<math>\| v + w \|^2 + \| v - w \|^2 = 2 ( \| v \|^2 + \| w \|^2 )</math><br />
<br />
für alle Vektoren <math>v, w \in V</math>. Umgekehrt gilt nach dem [[Satz von Jordan-von Neumann]]: erfüllt eine Norm <math>\| \cdot \|</math> die Parallelogrammgleichung, so ist sie von einem Skalarprodukt induziert. Dieses Resultat erhält man durch eine [[Polarisationsformel]], bei reellen Vektorräumen zum Beispiel durch<br />
<br />
:<math>\langle v, w \rangle = \frac{1}{4} (\| v + w \|^2 - \| v - w \|^2 )</math>.<br />
<br />
=== Unitäre Invarianz ===<br />
<br />
Eine Skalarproduktnorm ist weiterhin [[Invariante (Mathematik)|invariant]] unter [[Unitäre Abbildung|unitären Transformationen]]. Ist <math>U\colon V \rightarrow W</math> ein [[unitärer Operator]] (im endlichdimensionalen Fall eine [[Unitäre Matrix|unitäre]] bzw. [[Orthogonale Matrix|orthogonale Matrix]]) von <math>V</math> in einen weiteren Skalarproduktraum <math>W</math> mit zugehöriger Norm, dann gilt<br />
<br />
:<math>\| U v \| = \| v \|</math>,<br />
<br />
was unmittelbar aus<br />
<br />
:<math>\| U v \|^2 = \langle U v, U v \rangle = \langle U^{\ast} U v, v \rangle = \langle v, v \rangle = \| v \|^2</math><br />
<br />
folgt, wobei <math>U^{\ast}</math> der zu <math>U</math> [[Adjungierter Operator|adjungierte Operator]] (im endlichdimensionalen Fall die [[Adjungierte Matrix|adjungierte]] bzw. [[Transponierte Matrix|transponierte Matrix]]) ist. Eine Skalarproduktnorm ändert ihren Wert somit unter unitären Transformationen des Vektors nicht. Im reellen, endlichdimensionalen Fall sind solche Transformationen beispielsweise [[Drehmatrix|Drehungen]] des Vektors um den [[Nullpunkt]].<br />
<br />
=== Cauchy-Schwarz-Ungleichung ===<br />
{{Hauptartikel|Cauchy-Schwarzsche Ungleichung}}<br />
<br />
Eine Skalarproduktnorm erfüllt für alle Vektoren <math>v, w \in V</math> die Cauchy-Schwarz-Ungleichung<br />
<br />
:<math>\left|\langle v, w \rangle\right| \leq \| v \| \, \| w \|</math>,<br />
<br />
wobei Gleichheit genau dann gilt, wenn <math>v</math> und <math>w</math> [[Lineare Unabhängigkeit|linear abhängig]] sind. Im reellen Fall können die Betragsstriche auch weglassen werden. Aus der Cauchy-Schwarz-Ungleichung folgt dann unmittelbar<br />
<br />
:<math>\frac{\langle v, w \rangle}{\| v \| \, \| w \|}\leq 1</math>,<br />
<br />
daher kann man den [[Winkel]] <math>\varphi</math> zwischen zwei reellen Vektoren über<br />
<br />
:<math>\cos(\varphi) = \frac{\langle v, w \rangle}{\| v \| \, \| w \|}</math><br />
<br />
definieren. Der Winkel <math>\varphi</math> liegt damit im Intervall <math>[0, \pi]</math>, also zwischen <math>0^\circ</math> und <math>180^\circ</math>. Für Winkel zwischen komplexen Vektoren gibt es eine Reihe unterschiedlicher Definitionen.<ref>{{Literatur|Autor=Klaus Scharnhorst|Titel=Angles in complex vector spaces|Sammelwerk=Acta Applicandae Math.|Band=69|Seiten=95–103|Jahr=2001}}</ref><br />
<br />
=== Satz des Pythagoras ===<br />
{{Hauptartikel|Satz des Pythagoras}}<br />
<br />
Allgemein werden zwei Vektoren <math>v,w \in V</math> [[Orthogonalität|orthogonal]] genannt, wenn ihr Skalarprodukt <math>\langle v, w \rangle=0</math> ist. Für orthogonale Vektoren gilt dann der Satz des Pythagoras für Skalarprodukträume<br />
<br />
:<math>\| v + w \|^2 = \| v \|^2 + \| w \|^2</math>,<br />
<br />
was direkt aus dem ersten Teil der obigen Herleitung der Dreiecksungleichung folgt. Der Satz des Pythagoras kann auch auf eine endliche Summe paarweise orthogonaler Vektoren <math>v_1 , \ldots , v_n \in V</math> erweitert werden und es gilt dann<br />
<br />
:<math>\| v_1 + \ldots + v_n \|^2 = \| v_1 \|^2 + \ldots + \| v_n \|^2</math>.<br />
<br />
Die entsprechende Erweiterung auf unendlich viele Summanden in einem [[Hilbertraum]] ist die [[Parsevalsche Gleichung]].<br />
<br />
== Verallgemeinerung ==<br />
<br />
Verzichtet man auf die [[Definitheit|positive Definitheit]] des Skalarprodukts, erhält man die folgende Verallgemeinerung. Jede positiv semidefinite [[hermitesche Sesquilinearform]] (im reellen Fall [[symmetrische Bilinearform]]) <math>( \cdot, \cdot ) \colon V \times V \rightarrow {\mathbb K}</math> induziert für <math>v \in V</math> durch<br />
<br />
:<math>p(v) = \sqrt{( v, v )}</math><br />
<br />
eine [[Halbnorm]]. Mit dieser Halbnorm ist dann <math>(V, p)</math> ein [[halbnormierter Raum]], der aber im Allgemeinen kein metrischer Raum ist. Durch [[Restklasse]]nbildung lässt sich aus einer Halbnorm aber eine zugehörige Norm ableiten und so erhält man wieder einen normierten Raum und damit auch einen metrischen und einen topologischen Raum.<br />
<br />
=== Beispiel ===<br />
Die [[Kovarianz (Stochastik)|Kovarianz]] ist eine Bilinearform auf dem Raum der [[Zufallsvariable]]n mit endlichen [[Moment (Stochastik)|zweiten Momenten]], und wird zu einem Skalarprodukt auf dem [[Faktorraum|Quotientenraum]] der Zufallsvariablen, die sich nur durch eine Konstante unterscheiden. Die von diesem Skalarprodukt induzierte Norm ist dann schlicht die [[Standardabweichung]] einer Zufallsvariablen.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* {{Literatur|Autor=Herbert Amann, [[Joachim Escher (Mathematiker)|Joachim Escher]]|Titel=Analysis I|Verlag=Birkhäuser|Ort=Basel|Jahr=2006|ISBN=3-7643-7755-0}}<br />
* {{Literatur|Autor=[[Albrecht Beutelspacher]]|Titel=Lineare Algebra|Verlag=Vieweg|Auflage=6.|Jahr=2003|ISBN=3-528-56508-X}}<br />
* {{Literatur|Autor=Bronstein et al.|Titel=Taschenbuch der Mathematik|Verlag=Harri Deutsch|Auflage=7.|Jahr=2008|ISBN=978-3-8171-2007-9}}<br />
* {{Literatur|Autor=[[Harro Heuser]]|Titel=Funktionalanalysis: Theorie und Anwendung|Verlag=Vieweg|Jahr=2006|ISBN=978-3-8351-0026-8}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Lineare Algebra]]<br />
[[Kategorie:Norm (Mathematik)]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Euklidische_Norm&diff=154008493Euklidische Norm2016-05-01T16:00:47Z<p>CheChe: Updated image to svg format</p>
<hr />
<div>[[Datei:Vector-2-Norm qtl1.svg|miniatur|Euklidische Norm in zwei reellen Dimensionen]]<br />
Die '''euklidische Norm''', '''Standardnorm''' oder '''2-Norm''' ist eine in der [[Mathematik]] häufig verwendete [[Vektornorm]]. Im zwei- und dreidimensionalen [[Euklidischer Raum|euklidischen Raum]] entspricht die euklidische Norm der anschaulichen [[Länge (Mathematik)|Länge]] oder dem [[Vektor#Länge/Betrag eines Vektors|Betrag]] eines Vektors und kann mit dem [[Satz des Pythagoras]] berechnet werden. Allgemeiner wird die euklidische Norm auch für [[Reelle Zahl|reelle]] und [[Komplexe Zahl|komplexe]] [[Vektorraum|Vektorräume]] beliebiger endlicher [[Dimension (Mathematik)|Dimension]] definiert und ist dann die vom [[Standardskalarprodukt]] abgeleitete [[Norm (Mathematik)|Norm]].<br />
<br />
Sie besitzt als eine von einem Skalarprodukt [[Skalarproduktnorm|induzierte Norm]] neben den drei [[Norm (Mathematik)#Definition|Normaxiomen]] eine Reihe weiterer Eigenschaften, wie die Gültigkeit der [[Cauchy-Schwarzsche Ungleichung|Cauchy-Schwarz-Ungleichung]] und der [[Parallelogrammgleichung]], sowie eine [[Invariante (Mathematik)|Invarianz]] unter [[Unitäre Abbildung|unitären Transformationen]]. Für [[Orthogonalität|orthogonale]] Vektoren erfüllt die euklidische Norm selbst eine allgemeinere Form des Satzes des Pythagoras.<br />
<br />
Von der euklidischen Norm werden Begriffe wie der [[Euklidischer Abstand|euklidische Abstand]] und die euklidische [[Topologischer Raum|Topologie]] abgeleitet. Sie kann auf unendlichdimensionale Vektorräume verallgemeinert werden, beispielsweise auf [[Folgenraum|Folgenräume]] durch die [[Norm (Mathematik)#ℓp-Normen|''ℓ<sup>2</sup>''-Norm]] und auf [[Funktionenraum|Funktionenräume]] durch die [[L²-Norm|''L<sup>2</sup>''-Norm]].<br />
<br />
== Definitionen ==<br />
=== Reelle Vektoren in zwei und drei Raumdimensionen ===<br />
[[Datei:Betrag qtl1.svg|miniatur|Die Länge des Vektors <math>\scriptstyle \vec{v} = (4, 3)</math> ist nach dem [[Satz des Pythagoras]] <math>\scriptstyle | \vec{v} | = \sqrt{4^2 + 3^2} = 5</math>.]]<br />
<br />
Ein [[Vektor]] <math>\vec{v}</math> in der [[Euklidischer Raum|euklidischen Ebene]] lässt sich über seine Komponenten <math>x</math> und <math>y</math> im [[Kartesisches Koordinatensystem|kartesischen Koordinatensystem]] durch <math>\vec{v} = (x, y)</math> darstellen. Die Länge oder der Betrag des Vektors wird durch [[Senkrechter Strich|Betragsstriche]] <math>| \cdot |</math> um den Vektor gekennzeichnet und kann mit Hilfe des [[Satz des Pythagoras|Satzes des Pythagoras]] durch<br />
<br />
:<math>| \vec{v} | = \sqrt{x^2 + y^2}</math><br />
<br />
berechnet werden. Im dreidimensionalen euklidischen Raum wird die Länge eines Vektors <math>\vec{v} = (x, y, z)</math> analog zum zweidimensionalen Fall über<br />
<br />
:<math>| \vec{v} | = \sqrt{x^2 + y^2 + z^2}</math><br />
<br />
ermittelt. In der [[Physik]] wird der Betrag eines Vektors manchmal dadurch gekennzeichnet, dass man die Betragsstriche und den Vektorpfeil weglässt: <math>v=|\vec{v}|</math>. Werden Vektoren im Text fettgeschrieben, wird manchmal auch nur der Fettdruck weggelassen: <math>v=|\mathbf{v}|</math>. Die natürliche Länge eines Vektors wird auch euklidische Norm oder 2-Norm des Vektors genannt und, um sie von anderen [[Vektornorm]]en zu unterscheiden, mit <math>| \vec{v} |_2</math> oder <math>\| \vec{v} \|_2</math> bezeichnet.<br />
<br />
=== Reelle Vektoren endlicher Dimension ===<br />
<br />
Ist <math>\R^n</math> der [[Vektorraum]] der reellen <math>n</math>-dimensionalen Vektoren <math>v = ( v_1, v_2, \dotsc, v_n )</math>, dann ist die euklidische Norm eines Vektors als die Wurzel aus der Summe der Quadrate der Vektorkomponenten definiert:<ref name="amann">{{Literatur|Autor=Amann, Escher|Titel=Analysis I|Jahr=2006|Seiten=169}}</ref><br />
<br />
:<math>\| v \|_2 := \sqrt{ ( v_1 )^2 + ( v_2 )^2 + \dotsb + ( v_n )^2 } = \left( \sum_{i=1}^n ( v_i )^2 \right)^{1/2}</math>.<br />
<br />
Für einen eindimensionalen Vektor ergibt sich als Spezialfall der [[Betragsfunktion#Reelle Betragsfunktion|Betrag einer reellen Zahl]] und für einen zwei- oder dreidimensionalen Vektor erhält man dessen Länge in der Ebene oder im Raum wie im vorangegangenen Abschnitt. Die euklidische Norm ist dabei vom [[Standardskalarprodukt]] zweier reeller Vektoren <math>v, w \in \R^n</math><br />
<br />
:<math> \langle v, w\rangle = v_1 w_1 + v_2 w_2 + \dotsb + v_n w_n</math><br />
<br />
[[Skalarproduktnorm|abgeleitet]], denn es gilt<br />
<br />
:<math>\| v \|_2 = \sqrt{\langle v, v \rangle}</math>.<br />
<br />
=== Komplexe Vektoren endlicher Dimension ===<br />
<br />
Ist nun <math>\C^n</math> der Vektorraum der komplexen <math>n</math>-dimensionalen Vektoren <math>v = ( v_1, v_2, \dotsc, v_n )</math>, dann ist die euklidische Norm eines Vektors als die Wurzel aus der Summe der [[Betragsquadrat]]e der Vektorkomponenten definiert:<ref name="amann" /><br />
<br />
:<math>\| v \|_2 := \sqrt{ | v_1 |^2 + | v_2 |^2 + \dotsb + | v_n |^2 } = \left( \sum_{i=1}^n | v_i |^2 \right)^{1/2}</math>.<br />
<br />
Dabei dürfen die Betragsstriche in der Definition nicht weggelassen werden. Für einen eindimensionalen Vektor ergibt sich als Spezialfall der [[Betragsfunktion#Komplexe Betragsfunktion|Betrag einer komplexen Zahl]] entsprechend der Länge ihres Vektors in der [[Gaußsche Zahlenebene|Gaußschen Zahlenebene]]. Die euklidische Norm ist vom Standardskalarprodukt zweier komplexer Vektoren <math>v, w \in \C^n</math><br />
<br />
:<math> \langle v, w\rangle = {\bar v}_1 w_1 + {\bar v}_2 w_2 + \dotsb + {\bar v}_n w_n</math><br />
<br />
induziert, wobei <math>\bar z</math> die [[Komplexe Konjugation|Konjugierte]] der komplexen Zahl <math>z</math> ist.<br />
<br />
== Beispiele ==<br />
<br />
Die euklidische Norm des reellen Vektors <math>v = (3, -2, 6) \in \R^3</math> ist<br />
<br />
:<math>\| v \|_2 = \sqrt{3^2 + (-2)^2 + 6^2} = \sqrt{9 + 4 + 36} = \sqrt{49} = 7</math>.<br />
<br />
Die euklidische Norm des komplexen Vektors <math>v = ( 3, i, 5 - i ) \in \C^3</math> ist<br />
<br />
:<math>\| v \|_2 = \sqrt{ | 3 |^2 + | i |^2 + | 5 - i |^2} = \sqrt{ 9 + 1 + 26 } = \sqrt{36} = 6</math>.<br />
<br />
== Eigenschaften ==<br />
<br />
Im Weiteren wird vom Allgemeinfall reeller oder komplexer Vektoren endlicher Dimension <math>v \in {\mathbb K}^n</math> mit <math>{\mathbb K} = \R</math> oder <math>{\mathbb K} = \C</math> ausgegangen. Die nun folgenden Eigenschaften sind dabei lediglich Spezialfälle der entsprechenden Eigenschaften allgemeiner von einem Skalarprodukt [[Skalarproduktnorm|induzierten Normen]].<br />
<br />
=== Normaxiome ===<br />
[[File:Vector triangle inequality vw.PNG|miniatur|Vektoren in der [[Dreiecksungleichung]]]]<br />
<br />
Die euklidische Norm erfüllt die drei [[Norm (Mathematik)#Definition|Normaxiome]]. Die [[Definitheit]]<br />
<br />
:<math>\| v \|_2 = 0 \; \Rightarrow \; v = 0</math><br />
<br />
bedeutet, dass, wenn die Länge eines Vektors <math>v \in {\mathbb K}^n</math> [[Null]] ist, er der [[Nullvektor]] sein muss. Die [[Homogene Funktion|absolute Homogenität]]<br />
<br />
:<math>\| \alpha \cdot v \|_2 = | \alpha | \cdot \| v \|_2</math><br />
<br />
besagt, dass, wenn die Komponenten eines Vektors mit einer Zahl <math>\alpha \in \mathbb K</math> multipliziert werden, sich die Länge des Vektors mit dem Betrag dieser Zahl ändert. Die [[Dreiecksungleichung]] ([[Additivität#Sub- und Superadditivität|Subadditivität]])<br />
<br />
:<math>\| v + w \|_2 \leq \| v \|_2 + \| w \|_2</math><br />
<br />
sagt schließlich aus, dass die Länge der Summe zweier Vektoren <math>v, w \in {\mathbb K}^n</math> höchstens so groß wie die Summe der beiden Längen ist. Gleichheit gilt dabei genau dann, wenn die beiden Vektoren in die gleiche Richtung zeigen. Der Beweis der Dreiecksungleichung basiert dabei auf der [[Cauchy-Schwarzsche Ungleichung|Cauchy-Schwarz-Ungleichung]]<br />
<br />
:<math>\left|\langle v, w \rangle\right| \leq \| v \|_2 \cdot \| w \|_2</math>.<br />
<br />
=== Einheitssphäre und Einheitskugel ===<br />
[[File:Unit disc 2-norm qtl1.svg|miniatur|Einheitssphäre (blau) und offene Einheitskugel (rot) in zwei Dimensionen]]<br />
<br />
Die euklidische Norm ist eine spezielle [[p-Norm|''p''-Norm]] für die Wahl von <math>p=2</math> und heißt deswegen auch 2-Norm. Die [[Einheitskugel|Einheitssphäre]] der euklidischen Norm, also die Menge<br />
<br />
:<math>\{ v \in {\mathbb K}^n \colon \| v \|_2 = 1 \}</math><br />
<br />
der Vektoren mit Norm [[Eins]] hat in zwei reellen Dimensionen die Form eines [[Kreis (Geometrie)|Kreises]], in drei reellen Dimensionen die Form einer [[Kugel]]oberfläche und in allgemeinen Dimensionen die Form einer [[Sphäre (Mathematik)|Sphäre]]. Analog dazu nennt man die Menge<br />
<br />
:<math>\{ v \in {\mathbb K}^n \colon \| v \|_2 \leq 1 \}</math> bzw. <math>\{ v \in {\mathbb K}^n \colon \| v \|_2 < 1 \}</math><br />
<br />
die abgeschlossene bzw. die offene [[Einheitskugel]] der euklidischen Norm. Sie hat in zwei reellen Dimensionen die Form einer Kreisscheibe und in drei und höheren Dimensionen die Form einer [[Kugel]]. Die euklidische Norm kann auch über ihre Einheitskugel als [[Minkowski-Funktional]] definiert werden.<br />
<br />
=== Parallelogrammgleichung ===<br />
{{Hauptartikel|Parallelogrammgleichung}}<br />
[[File:Parallelogram equality.svg|miniatur|Vektoren in der [[Parallelogrammgleichung]]]]<br />
<br />
Die euklidische Norm genügt für alle Vektoren <math>v, w \in {\mathbb K}^n</math> der [[Parallelogrammgleichung]]<br />
<br />
:<math>\| v + w \|_2^2 + \| v - w \|_2^2 = 2 ( \| v \|_2^2 + \| w \|_2^2 )</math><br />
<br />
und ist die einzige ''p''-Norm mit dieser Eigenschaft, siehe dazu auch den [[Satz von Jordan-von Neumann]].<br />
<br />
=== Unitäre Invarianz ===<br />
<br />
Die euklidische Norm ist – ebenfalls als einzige ''p''-Norm – [[Invariante (Mathematik)|invariant]] unter [[Unitäre Abbildung|unitären Transformationen]]. Ist demnach <math>U \in {\mathbb K}^{n \times n}</math> eine [[Unitäre Matrix|unitäre Matrix]] (im komplexen Fall) oder [[Orthogonale Matrix|orthogonale Matrix]] (im reellen Fall), dann gilt<br />
<br />
:<math>\| U v \|_2 = \| v \|_2</math>,<br />
<br />
was aus der [[Standardskalarprodukt#Verschiebungseigenschaft|Verschiebungseigenschaft des Standardskalarprodukts]] über<br />
<br />
:<math>\| U v \|^2_2 = \langle U v, U v \rangle = \langle v, U^H U v \rangle = \langle v, U^{-1} U v \rangle = \langle v, v \rangle = \| v \|^2_2</math><br />
<br />
folgt. Die euklidische Norm ändert sich also unter unitären Transformationen nicht. Für reelle Vektoren sind solche Transformationen beispielsweise [[Drehung]]en des Vektors um den [[Nullpunkt]]. Diese Eigenschaft wird zum Beispiel bei der numerischen Lösung [[Ausgleichsrechnung|linearer Ausgleichsprobleme]] über die [[Methode der kleinsten Quadrate]] mittels [[QR-Zerlegung]]en genutzt.<br />
<br />
== Abgeleitete Begriffe ==<br />
<br />
=== Winkel ===<br />
Über das Standardskalarprodukt und die euklidische Norm kann der [[Winkel]] <math>\varphi</math> zwischen zwei reellen Vektoren <math>v, w \in {\mathbb R}^n</math> durch<br />
<br />
:<math>\cos(\varphi) = \frac{\langle v, w \rangle}{\| v \|_2 \, \| w \|_2}</math><br />
<br />
definiert werden. Mit dieser Winkeldefinition erhält man die folgende Verallgemeinerung des [[Kosinussatz]]es:<br />
<br />
:<math>\| v + w \|_2^2 = \| v \|_2^2 + \| w \|_2^2 + 2 \| v \|_2 \| w \|_2 \cos(\varphi)</math>.<br />
<br />
Für Winkel zwischen komplexen Vektoren gibt es eine Reihe unterschiedlicher Definitionen.<ref>{{Literatur|Autor=Klaus Scharnhorst|Titel=Angles in complex vector spaces|Sammelwerk=Acta Applicandae Math.|Band=69|Seiten=95–103|Jahr=2001}}</ref> Allgemein werden zwei Vektoren <math>v, w \in {\mathbb K}^n</math> [[Orthogonalität|orthogonal]] genannt, wenn ihr Skalarprodukt <math>\langle v, w \rangle=0</math> ist. Für orthogonale Vektoren gilt dann eine allgemeinere Form des [[Satz von Pythagoras#Innenprodukträume|Satzes des Pythagoras]]<br />
<br />
:<math>\| v + w \|_2^2 = \| v \|_2^2 + \| w \|_2^2</math>.<br />
<br />
=== Euklidischer Abstand ===<br />
[[File:Beziehungen zwischen mathematischen Räumen.svg|miniatur|Beziehungen zwischen Skalarprodukt, Norm, Metrik und Topologie]]<br />
{{Hauptartikel|Euklidischer Abstand}}<br />
<br />
Weiterhin kann mittels der euklidischen Norm durch Differenzbildung zweier Vektoren <math>v, w \in {\mathbb K}^n</math> eine [[Metrischer Raum|Metrik]]<br />
<br />
:<math>d(v, w) = \| v - w \|_2 = \sqrt{|v_1 - w_1|^2 + \cdots + |v_n - w_n|^2}</math>,<br />
<br />
die [[Euklidischer Abstand|euklidische Metrik]], definiert werden. Eine Metrik erlaubt es, den [[Abstand]] zweier Vektoren zu messen. Da die euklidische Metrik von einer Norm herrührt ist sie [[Translationsinvarianz|translationsinvariant]].<br />
<br />
=== Euklidische Topologie ===<br />
Zudem lässt sich über die euklidische Norm bzw. Metrik auf dem Vektorraum <math>{\mathbb K}^n</math> eine [[Topologischer Raum|Topologie]], die euklidische Topologie, definieren. Sie ist die [[Normtopologie]], die erzeugt wird von dem Mengensystem der [[Offene Menge|offenen Kugeln]]<br />
<br />
:<math>U_\varepsilon(v) = \{\, w \in {\mathbb K}^n, \, \| v - w \|_2 < \varepsilon \, \}</math>,<br />
<br />
die alle Vektoren mit einem Abstand kleiner als <math>\varepsilon</math> von einem gegebenen Vektor <math>v \in {\mathbb K}^n</math> enthalten. Über diese [[Umgebung (Mathematik)|ε-Kugeln]] lassen sich dann Begriffe wie [[Stetigkeit]] und [[Grenzwert (Folge)|Grenzwert]] definieren: Beispielsweise strebt eine [[Folge (Mathematik)|Folge]] von Vektoren <math>(v_n)</math> genau dann gegen einen Grenzwert <math>v</math>, wenn <math>\|v_n-v\|_2 \rightarrow 0</math> für <math>n \rightarrow \infty</math> gilt. Tatsächlich sind auf dem Vektorraum <math>{\mathbb K}^n</math> alle Normen äquivalent zur euklidischen Norm und erzeugen deshalb dieselbe Topologie.<br />
<br />
== Verallgemeinerungen ==<br />
Sieht man eine [[Matrix (Mathematik)|Matrix]] mit reellen oder komplexen Einträgen als entsprechend langen Vektor an, so kann die euklidische Norm auch für Matrizen definiert werden und heißt dann [[Frobeniusnorm]]. Die euklidische Norm kann auch auf unendlichdimensionale Vektorräume über den reellen oder komplexen Zahlen verallgemeinert werden und hat dann zum Teil eigene Namen. Die wichtigsten Verallgemeinerungen sind dabei wie folgt.<br />
<br />
=== ''ℓ<sup>2</sup>''-Norm ===<br />
<br />
Die [[Norm (Mathematik)#ℓp-Normen|''ℓ<sup>2</sup>''-Norm]] ist die Verallgemeinerung der euklidischen Norm auf den [[Folgenraum]] <math>\ell^2</math> der quadratisch summierbaren [[Folge (Mathematik)|Folgen]] <math>(a_n)_n \in {\mathbb K}^{\N}</math>. Hierbei wird lediglich die endliche Summe durch eine unendliche ersetzt und die ''ℓ<sup>2</sup>''-Norm ist dann gegeben als<br />
<br />
:<math>\|(a_n)\|_{\ell^2} = \left( \sum_{n=1}^\infty |a_n|^2 \right)^{1/2}</math>.<br />
<br />
Der Raum <math>\ell^2</math> ist ein [[Hilbertraum]] mit dem Skalarprodukt zweier Folgen<br />
<br />
:<math>\left\langle \, (a_n), (b_n) \, \right\rangle_{\ell^2} = \sum_{n=1}^\infty \overline{a_n} \cdot b_n</math>.<br />
<br />
=== ''L<sup>2</sup>''-Norm ===<br />
<br />
Weiter kann die euklidische Norm auf den [[Funktionenraum]] <math>L^2(\Omega)</math> der auf einer [[Menge (Mathematik)|Menge]] <math>\Omega</math> quadratisch integrierbaren [[Funktion (Mathematik)|Funktionen]] verallgemeinert werden, was in zwei Schritten geschieht. Zunächst wird die <math>{\mathcal L}^2</math>-Norm einer quadratisch [[Lebesgue-Integral|Lebesgue-integrierbaren]] Funktion <math>f \colon \Omega \rightarrow {\mathbb K}</math> als<br />
<br />
:<math>\| f \|_{{\mathcal L}^2(\Omega)} = \left( \int_\Omega | f(x) |^2 \, dx \right)^{1/2}</math>,<br />
<br />
definiert, wobei im Vergleich zur ''ℓ<sup>2</sup>''-Norm lediglich die Summe durch ein Integral ersetzt wurde. Dies ist zunächst nur eine [[Halbnorm]], da nicht nur die [[Nullfunktion]], sondern auch alle Funktionen, die sich nur an einer Menge mit Lebesgue-Maß Null von der Nullfunktion unterscheiden, zu Null integriert werden. Daher betrachtet man die Menge der [[Äquivalenzklasse]]n von Funktionen <math>[ f ] \in L^2(\Omega)</math>, die fast überall gleich sind, und erhält auf diesem [[Lp-Raum|''L<sup>2</sup>''-Raum]] die [[L²-Norm|''L<sup>2</sup>''-Norm]] durch<br />
<br />
:<math>\| \, [ f ] \, \|_{L^2(\Omega)} = \| f \|_{{\mathcal L}^2(\Omega)}</math>.<br />
<br />
Der Raum <math>L^2(\Omega)</math> ist ein Hilbertraum mit dem Skalarprodukt zweier Funktionen<br />
<br />
:<math>\langle f,g \rangle_{L_2(\Omega)} = \int_\Omega \overline{f(x)} \cdot g(x) \, dx</math>.<br />
<br />
Er lässt sich von dem [[Lebesgue-Maß]] auch auf allgemeine [[Maß (Mathematik)|Maße]] verallgemeinern.<br />
<br />
=== Allgemeine Vektorräume ===<br />
<br />
Noch allgemeiner kann die euklidische Norm in beliebigen unendlichdimensionalen Vektorräumen <math>V</math> über eine zugehörige [[Basis (Vektorraum)|Hamelbasis]] definiert werden. Ist <math>\{ x_i \}_{i \in I}</math> eine solche Hamelbasis von <math>V</math>, wobei <math>I</math> eine [[Index (Mathematik)|Indexmenge]] ist, dann lässt sich jeder Vektor <math>v \in V</math> als [[Linearkombination]] <math>\textstyle v = \sum_{i \in I} a_i x_i</math> mit Koeffizienten <math>a_i \in {\mathbb K}</math> darstellen (hierbei sind nur endlich viele der Koeffizienten <math>a_i</math> von 0 verschieden). Die euklidische Norm eines Vektors ist dann definiert als<ref>{{Literatur|Autor=Scheja, Storch|Titel=Lehrbuch der Algebra: Unter Einschluss der linearen Algebra|Band=2. Band|Verlag=Vieweg|Jahr=1988|Seiten=465}}</ref><br />
<br />
:<math>\| v \|_2 = \left( \sum_{i \in I} | a_i |^2 \right)^{1/2}</math><br />
<br />
und dabei von dem Skalarprodukt<br />
<br />
:<math>\langle v, w \rangle = \left\langle \sum_{i \in I} a_i x_i, \sum_{i \in I} b_i x_i \right\rangle := \sum_{i \in I} \bar{a}_i b_i</math><br />
<br />
für Vektoren <math>v,w \in V</math> induziert.<br />
<br />
Gelegentlich wird auch eine von einem beliebigen Skalarprodukt auf einem reellen [[Prähilbertraum|Skalarproduktraum]] induzierte Norm als euklidische Norm bezeichnet.<ref>{{Literatur|Autor=Bronstein et al.|Titel=Taschenbuch der Mathematik|Jahr=2008|Seiten=368}}</ref><ref>{{Literatur|Autor=Beutelspacher|Titel=Lineare Algebra|Jahr=2003|Seiten=259}}</ref><br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* {{Literatur|Autor=Herbert Amann, [[Joachim Escher (Mathematiker)|Joachim Escher]]|Titel=Analysis I|Verlag=Birkhäuser|Ort=Basel|Jahr=2006|ISBN=3-7643-7755-0}}<br />
* {{Literatur|Autor=[[Albrecht Beutelspacher]]|Titel=Lineare Algebra|Verlag=Vieweg|Auflage=6.|Jahr=2003|ISBN=3-528-56508-X}}<br />
* {{Literatur|Autor=Bronstein et al.|Titel=Taschenbuch der Mathematik|Verlag=Harri Deutsch|Auflage=7.|Jahr=2008|ISBN=978-3-8171-2007-9}}<br />
* {{Literatur|Autor=Gerd Fischer|Titel=Lineare Algebra|Verlag=vieweg|Auflage=9.|ISBN=3-528-57217-5}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
<br />
* {{MathWorld|title=L^2-Norm|urlname=L2-Norm}}<br />
<br />
[[Kategorie:Lineare Algebra]]<br />
[[Kategorie:Norm (Mathematik)]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Parabel_(Mathematik)&diff=153910840Parabel (Mathematik)2016-04-28T16:16:25Z<p>CheChe: /* Parabeln und numerische Integration */ Updated image to SVG format</p>
<hr />
<div>[[Datei:Kegelschnitt.png|300px|mini|hochkant=1|Die Parabel ist einer der [[Kegelschnitt]]e.]]<br />
[[Datei:Bouncing ball strobe edit.jpg|mini|hochkant=1|Ein hüpfender Ball beschreibt –&nbsp;wenn man Reibungsverluste vernachlässigt&nbsp;– Parabelbögen.]]<br />
[[Datei:ParabolicWaterTrajectory.jpg|mini|hochkant=1|Wasserstrahlen beschreiben ebenfalls Parabeln, wenn man die Reibung vernachlässigt.]]<br />
In der [[Mathematik]] ist eine '''Parabel''' (von [[Latein|lat.]] ''parabola'' zu [[Altgriechische Sprache|altgriechisch]] {{lang|grc|παραβολή}} ''parabolḗ'' ,Nebeneinanderstellung, Vergleichung, Gleichnis, Gleichheit‘; zurückzuführen auf {{lang|grc|παρά}} ''pará'' ‚neben‘ und {{lang|grc|βάλλειν}} ''bállein'' ‚werfen‘)<ref name="GEMOLL">{{Literatur | Autor=[[Wilhelm Gemoll]] | Titel=Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch | Auflage= | Verlag=G. Freytag Verlag/Hölder-Pichler-Tempsky | Ort=München/Wien | Jahr=1965 | ISBN=}}</ref> eine [[Kurve (Mathematik)|Kurve]] zweiter Ordnung. Neben dem [[Kreis]], der [[Ellipse]] und der [[Hyperbel (Mathematik)|Hyperbel]] zählt sie zu den [[Kegelschnitt]]en: Sie entsteht beim Schnitt eines geraden Kreiskegels mit einer Ebene, die parallel zu einer Mantellinie verläuft und nicht durch die Kegelspitze geht. Eine Parabel kann daher als Ellipse angesehen werden, bei der einer der beiden [[Brennpunkt (Ellipse)|Brennpunkte]] im Unendlichen liegt.<br />
<br />
Die Parabel wurde von [[Menaichmos (Mathematiker)|Menaichmos]] entdeckt und von [[Apollonios von Perge]] (etwa 262–190 v. Chr.) als ''parabolḗ''<ref>Peter Proff: ''Die Deutung der Begriffe „Ellipse“, „Parabel“ und „Hyperbel“ nach Apollonios v. Perge.'' In: ''„gelêrter der arzeniê, ouch apotêker“. Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte. Festschrift zum 70. Geburtstag von Willem F. Daems.'' Hrsg. von Gundolf Keil, Horst Wellm Verlag, Pattensen/Hannover 1982 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen, 24), ISBN 3-921456-35-5, S. 17–34; hier S. 17.</ref> benannt.<br />
<br />
Obwohl die Parabel ein Sonderfall unter den Kegelschnitten ist, spielt sie doch im täglichen Leben eine große Rolle: [[Parabol-Antenne]]n und [[Parabolspiegel|Parabol-Spiegel]] haben große technische Bedeutung. Dies beruht auf der geometrischen Eigenschaft der Parabel, parallel zu ihrer Achse einfallende Strahlen im Brennpunkt zu sammeln (siehe [[#Brennpunkt|weiter unten]]). Ein schräg nach oben geworfener Stein bewegt sich näherungsweise auf einer parabelförmigen Bahn, der [[Wurfparabel]] (s. hüpfender Ball, Springbrunnen). In einem Flugzeug, das sich entlang einer Wurfparabel bewegt, herrscht ein schwereloser Zustand. Solche [[Parabelflug|Parabelflüge]] werden zum Training von Astronauten verwendet. Parabeln werden in der Mathematik häufig zur [[Approximation]] komplizierterer Funktionen verwendet, da sie nach den Geraden (Gleichung: <math>y=mx+b</math>) die einfachsten gekrümmten Graphen (Gleichung: <math>y=ax^2+bx+c</math>) besitzen und sich besser als Geraden an einen Funktionsgraphen anschmiegen können. Im CAD-Bereich (Computer Aided Design) treten Parabeln als [[Bézierkurve]]n auf. Ein großer Vorteil der Parabeln (im Gegensatz zu Kreis, Ellipse und Hyperbel) ist die Möglichkeit, sie mit Hilfe von [[Polynom]]en (2.&nbsp;Grades) beschreiben zu können.<br />
<br />
== Definition mit Leitlinie ==<br />
[[Datei:Parabel-def-p-s.svg|280px|mini|Parabel: Definition mit Brennpunkt und Leitlinie, Halbparameter p]]<br />
Eine Parabel kann geometrisch als [[Ortslinie]] beschrieben werden:<br />
<br />
: Eine Parabel ist der [[Geometrischer Ort|geometrische Ort]] aller [[Punkt (Geometrie)|Punkte]] <math>P</math>, deren [[Abstand]] <math>d(P,F)</math> zu einem speziellen festen Punkt –&nbsp;dem [[Brennpunkt (Ellipse)|Brennpunkt]] <math>F</math>&nbsp;– gleich dem Abstand <math>d(P,l)</math> zu einer speziellen Geraden –&nbsp;der Leitlinie <math>l</math>&nbsp;– ist.<br />
<br />
Als Punktmenge notiert:<br />
<br />
:<math>\{P \mid d(P,F) = d(P,l)\}</math><br />
<br />
Der Punkt, der in der Mitte zwischen Brennpunkt und Leitgerade liegt, heißt ''Scheitel'' oder ''Scheitelpunkt'' <math>S</math> der Parabel. Die [[Verbindungsgerade]] von Brennpunkt und Scheitel wird auch ''Achse'' der Parabel genannt. Sie ist die einzige [[Achsensymmetrie|Symmetrieachse]] der Parabel.<br />
<br />
Führt man Koordinaten so ein, dass <math>F=(0,f)\ ,f>0</math> ist und die Leitlinie die Gleichung <math>y=-f</math> besitzt, so ergibt sich für <math>P=(x,y)</math> aus <math>d(P,F) = d(P,l)</math> die Gleichung<br />
:<math>y=\tfrac{1}{4f}x^2</math><br />
einer nach oben geöffneten Parabel.<br />
<br />
Die halbe Weite <math>p</math> der Parabel in der Höhe des Brennpunktes ergibt sich aus <math>y=f=\tfrac{1}{4f}x^2</math> zu <math>p=2f</math> und heißt (analog zu Ellipse und Hyperbel) der ''Halbparameter'' der Parabel.<br />
Der Halbparameter <math>p</math> ist wie bei Ellipse (im Hauptscheitel) und Hyperbel der ''Scheitelkrümmungskreisradius,'' also der Radius des Krümmungskreises an den Scheitelpunkt.<br />
Bei einer Parabel ist <math>p</math> außerdem der Abstand des Brennpunktes zur Leitlinie.<br />
Die Gleichung der Parabel lässt sich damit auch in der folgenden Form schreiben:<br />
:<math> x^2=2py</math><br />
<br />
Vertauscht man <math>x</math> und <math>y</math>, so erhält man mit<br />
: <math> y^2=2px</math><br />
die Gleichung einer nach rechts geöffneten Parabel.<br />
<br />
== Parabel als Funktions-Graph ==<br />
[[Datei:Parabeln-var-s.svg|250px|mini|Parabeln <math>y=ax^2</math>]]<br />
Eine beliebige nach oben oder unten geöffnete Parabel mit Scheitel im Nullpunkt (0,0) und der y-Achse als Achse wird (in kartesischen Koordinaten) durch eine Gleichung<br />
:<math>y = a x^2 \text{ mit } a \ne 0</math><br />
beschrieben. Für <math>a>0</math> sind die Parabeln nach oben geöffnet, für <math>a<0</math> nach unten (siehe Bild). Dabei gilt:<br />
<br />
* Der ''Brennpunkt'' ist <math>(0,\tfrac{1}{4a})</math>,<br />
* der ''Halbparameter'' ist <math>p=\tfrac{1}{2a}</math>,<br />
* die ''Leitlinie'' hat die Gleichung <math>y=-\tfrac{1}{4a}</math> und<br />
* die ''[[Tangente]]'' im Punkt <math>(x_0,ax^2_0)</math> hat die Gleichung <math>y=2ax_0x-ax^2_0</math>.<br />
<br />
Für <math>a=1</math> erhält man die '''Normalparabel''' <math>y=x^2</math>.<br />
Ihr Brennpunkt ist <math>(0,\tfrac{1}{4})</math>, der Halbparameter <math>p=\tfrac{1}{2}</math> und die Leitlinie hat die Gleichung <math>y=-\tfrac{1}{4}</math>.<br />
<br />
Nach einer Verschiebung <math>(x,y)\to (x+x_0,y+y_0)</math> erhält man die '''Scheitelform''' einer beliebigen nach oben oder unten geöffneten Parabel:<br />
:<math>y=a(x-x_0)^2 + y_0 \ ,\ a\ne 0</math> mit dem Scheitel <math>S=(x_0,y_0)</math><br />
<br />
Durch Ausmultiplizieren ergibt sich die allgemeine Gleichung einer nach unten oder oben geöffneten Parabel:<br />
:<math>y = ax^2 + bx + c \text{ mit } a,b,c \in \R, a \ne 0</math><br />
<br />
Sie ist der [[Funktionsgraph|Graph]] der [[Quadratische Funktion|quadratischen Funktion]]<br />
:<math>f(x) = ax^2 + bx + c</math>.<br />
<br />
Ist die Funktion <math>f(x) = ax^2 + bx + c</math> gegeben, so findet man den Scheitel durch [[quadratische Ergänzung]]:<br />
:<math>S=(x_0,y_0)=(-\tfrac{b}{2a},c-\tfrac{b^2}{4a})</math><br />
<br />
== Parabel als Sonderfall der Kegelschnitte ==<br />
[[Datei:Kegelschnitt-schar-s.svg|200px|mini|Kegelschnittschar mit Scharparameter<math>\varepsilon</math>]]<br />
Die Schar der Kegelschnitte, deren Achse die x-Achse ist und die einen Scheitelpunkt im Ursprung (0,0) mit dem Scheitelkrümmungskreisradius <math>p</math> (beliebig, aber fest) haben, lässt sich durch die Gleichung<br />
:<math> y^2= 2px +(\varepsilon^2 -1) x^2 \qquad, \ \varepsilon\ge 0</math><br />
beschreiben.<br />
* Für <math>\varepsilon=0</math> erhält man einen ''Kreis'' (Scheitelkrümmungskreis aller Kegelschnitte der Schar),<br />
* für <math> 0<\varepsilon <1</math> eine ''Ellipse,''<br />
* für <math>\varepsilon=1</math> eine ''Parabel'' und<br />
* für <math>\varepsilon>1</math> eine Hyperbel (s. Bild).<br />
<br />
Die allgemeine Gleichung für Kegelschnitte lautet<br />
:<math>a x^2 + bx y + c y^2 + dx + e y + f = 0 \quad,</math> a, b, c nicht alle 0.<br />
Um zu erkennen, welcher Kegelschnitt durch eine konkrete Gleichung beschrieben wird, muss man eine [[Hauptachsentransformation]] (Drehung und anschließende Verschiebung des Koordinatensystems) durchführen. Siehe hierzu [[Kegelschnitt]].<br />
{{Absatz}}<br />
<br />
== Parabel als Kegelschnitt ==<br />
[[Datei:Dandelin-parab-s.svg|200px|mini|Dandelin-Kugel: Parabel-Fall (Grund- und Aufriss)]]<br />
Schneidet man einen senkrechten Kreiskegel mit einer Ebene <math>\pi</math>, deren Neigung gleich der Neigung der Mantellinien des Kegels ist, so ergibt sich eine Parabel als Schnittkurve (s. Bild, rote Kurve). Den Nachweis der definierenden Eigenschaft bzgl. Brennpunkt und Leitlinie (s. oben) führt man mit Hilfe einer [[Dandelinsche Kugel|Dandelin’schen Kugel]], d.&nbsp;i. eine Kugel, die den Kegel in einem Kreis <math>c</math> und die Parabel-Ebene in einem Punkt <math>F</math> berührt. Es stellt sich heraus, dass <math>F</math> der ''Brennpunkt'' der Schnittparabel und die Schnittgerade der Ebene des Berührkreises <math>c</math> mit der Ebene <math>\pi</math> die ''Leitlinie'' <math>l</math> ist.<br />
# <math>P</math> sei ein beliebiger Punkt der Schnittkurve.<br />
# Die Strecken <math>\overline{PF}</math> und <math>\overline{PA}</math> sind tangential zur Kugel und damit gleich lang.<br />
# Die Ebenen durch die Mantellinie <math>m_0</math> schneiden die Parabelebene in einer Schar paralleler Geraden, die senkrecht zur Geraden <math>l</math> sind (<math>m_0 \parallel \pi</math>!).<br />
# Anwendung des Strahlensatzes auf die sich in <math>A</math> schneidenden Geraden <math>ZP, BD</math> und die parallelen Strecken <math>\overline{BP}, \overline{ZD}</math> liefert die Gleichheit der Länge der Strecken <math>\overline{PA}, \overline{PB}</math>. (Man beachte: <math>\overline{ZA}, \overline{ZD}</math> sind gleich lang!).<br />
# Aus der Gleichheit der Länge der Strecken <math>\overline{PF}</math> und <math>\overline{PA}</math> folgt schließlich<br />
::<math>|PF|=|Pl|</math>.<br />
<br />
== Steiner-Erzeugung einer Parabel und der zu ihr dualen Parabel ==<br />
=== Parabel ===<br />
[[Datei:Parabel-steiner-s.svg|250px|mini|Parabel: Steiner-Erzeugung]]<br />
Die folgende Idee, einzelne Punkte einer Parabel zu konstruieren, beruht auf der [[Satz von Steiner (Geometrie)|Steiner-Erzeugung eines Kegelschnitts]] (nach dem Schweizer Mathematiker [[Jakob Steiner]]):<br />
: Hat man für zwei Geradenbüschel in zwei Punkten <math>U,\, V</math> (alle Geraden durch den Punkt <math>U</math> bzw. <math>V</math>) eine ''projektive,'' aber nicht perspektive Abbildung <math>\pi</math> des einen Büschels auf das andere, so bilden die Schnittpunkte zugeordneter Geraden einen nicht ausgearteten Kegelschnitt.<ref>Erich Hartmann: [http://www.mathematik.tu-darmstadt.de/~ehartmann/progeo.pdf ''Projektive Geometrie.''] (PDF; 180&nbsp;kB). Kurzskript, Uni Darmstadt, S.&nbsp;16.</ref><ref>''Jacob Steiner’s Vorlesungen über synthetische Geometrie.'' B. G. Teubner, Leipzig 1867 ([http://books.google.de/books?id=jCgPAAAAQAAJ bei Google Books]), 2.&nbsp;Teil, S.&nbsp;96.</ref><br />
<br />
Für die Erzeugung einzelner Punkte der Parabel <math>y=ax^2</math> gehen wir von dem Geradenbüschel im Scheitel <math>S</math> und dem Parallelbüschel <math>\Pi_y</math> der Parallelen zur y-Achse aus (d.&nbsp;i. das Geradenbüschel des Fernpunktes der y-Achse). Seien nun <math>P=(x_0,y_0)</math> ein Punkt der Parabel und <math>A=(0,y_0)</math>, <math>B=(x_0,0)</math>. Wir unterteilen die Strecke <math>\overline{BP}</math> in n gleich lange Stücke und übertragen diese Unterteilung mittels einer Parallelprojektion in Richtung <math>AB</math> auf die Strecke <math>\overline{AP}</math> (s.&nbsp;Bild). Die benutzte Parallelprojektion vermittelt die nötige projektive Abbildung des Büschels in <math>S</math> und des Parallelbüschels <math>\Pi_y</math>. Die Schnittpunkte der zugeordneten Geraden <math>SB_i</math> und der i-ten Parallele zur y-Achse liegen dann auf der durch die Vorgaben eindeutig bestimmten Parabel (s.&nbsp;Bild).<br />
<br />
Der ''Beweis'' ergibt sich durch eine einfache Rechnung. Siehe auch: [[Projektiver Kegelschnitt#Steiner-Erzeugung des Kegelschnitts|projektiver Kegelschnitt]].<br />
<br />
''Bemerkung:'' Die linke Hälfte der Parabel erhält man durch Spiegelung an der y-Achse.<br />
<br />
''Bemerkung:''<br />
# Auch für [[Ellipse#Konstruktion|Ellipsen]] und [[Hyperbel (Mathematik)#Steiner-Erzeugung einer Hyperbel|Hyperbeln]] gibt es die Steiner-Erzeugung.<br />
# Statt des Scheitels der Parabel und der Scheiteltangente kann man auch einen beliebigen Punkt und seine Tangente benutzen.<br />
<br />
=== Duale Parabel ===<br />
*Eine duale Parabel besteht aus der Menge der Tangenten einer (gewöhnlichen) Parabel.<br />
Die vorige Steiner-Erzeugung einer Parabel lässt sich ''dualisieren,'' d.&nbsp;h., die Bedeutung von Punkten und Geraden wird vertauscht:<br />
*Hat man für zwei Punktreihen zweier Geraden <math>u,\, v</math> eine ''projektive,'' aber nicht perspektive Abbildung <math>\pi</math> der einen Punktreihe auf die andere, so bilden die Verbindungsgeraden zugeordneter Punkte einen nicht ausgearteten dualen Kegelschnitt (s. [[Satz von Steiner (Geometrie)|Satz von Steiner]]). Die Geraden <math>u,v</math> sind auch Tangenten, also Elemente des dualen Kegelschnitts.<br />
[[File:Parabel-bezier.svg|400px|thumb|Duale Parabel und Bezierkurve vom Grad 2 (rechts: Kurvenpunkt und Teilpunkte <math>Q_0,Q_1</math> zu <math>t=0.4</math>)]]<br />
In der Praxis<br />
#gibt man drei Punkte <math>P_0,P_1,P_2</math> vor,<br />
#unterteilt sowohl die Strecke <math>P_0 P_1</math> als auch <math>P_1P_2</math> in n jeweils gleiche Teile und nummeriert sie wie im Bild.<br />
#Die Geraden <math>P_0P_1,P_1P_2,\; (1,1),(2,2),\dotsc</math> sind dann die Tangenten einer Parabel (die Elemente einer dualen Parabel).<br />
#Die Parabel ist eine [[Parabel (Mathematik)#Parabeln als quadratische Bézierkurven|Bezierkurve]] vom Grad 2 mit den Punkten <math>P_0,P_1,P_2</math> als Kontrollpunkte.<br />
<br />
;Beweis:<br />
Sind <math>\vec p_0, \vec p_1, \vec p_2</math> die Ortsvektoren der Punkte <math>P_0,P_1,P_2</math>, so ist<br />
:<math> \vec c(t) = (1 - t)^{2}\vec p_0 + 2t(1 - t)\vec p_1 + t^{2}\vec p_2 </math><br />
die zugehörige Bezierkurve (Parabel). Die Ableitung (der Tangentenvektor) ist<br />
:<math> \vec c'(t)=\cdots=2\left((1-t)\vec p_1+t\vec p_2 - (1-t)\vec p_0-t\vec p_1 \right)=2\left(\vec q_1(t)-\vec q_0(t)\right).</math><br />
Dabei sind <math>Q_0(t):\;\vec q_0(t)=(1-t)\vec p_0+t\vec p_1, \ Q_1(t):\;\vec q_1(t)=(1-t)\vec p_1+t\vec p_2 </math> die zum Parameter <math>t</math> gehörigen Teilpunkte der Strecken <math>P_0P_1</math> und <math>P_1P_2</math>. Man rechnet nach, dass <math>\vec c(t)=(1-t)\vec q_0(t)+t\vec q_1(t)</math> ist. Also ist die Gerade <math>Q_0(t)Q_1(t)</math> Tangente im Parabelpunkt <math>\vec c(t)</math>.<br />
<br />
''Bemerkung:'' Der Beweis ergibt sich auch aus den ersten zwei Schritten des ''[[de Casteljau-Algorithmus]]'' für eine Bezierkurve vom Grad 2.<br />
<br />
== Parabel als affines Bild der Normalparabel ==<br />
[[Datei:Parabel-aff-s.svg|300px|mini|Parabel als affines Bild der Normalparabel]]<br />
Eine andere Definition der Parabel benutzt eine spezielle geometrische Abbildung, nämlich die [[Affinität (Mathematik)|Affinität]]. Hier ist eine Parabel als ''affines Bild der Normalparabel <math>y=x^2</math>'' definiert. Eine affine Abbildung in der reellen Ebene hat die Form <math>\vec x \to \vec f_0+A\vec x</math>, wobei <math>A</math> eine reguläre Matrix (Determinante nicht 0) und <math>\vec f_0</math> ein beliebiger Vektor ist. Sind <math>\vec f_1, \vec f_2</math> die Spaltenvektoren der Matrix <math>A</math>, so wird die Normalparabel <math>(t,t^2), t \in \R,</math> auf die Parabel<br />
::<math>\vec x=\vec p(t) = \vec f_0 +\vec f_1 t +\vec f_2 t^2</math><br />
abgebildet. <math>\vec f_0</math> ist ein Punkt der Parabel und <math>\vec f_1</math> Tangentenvektor in diesem Punkt. <math>\vec f_1, \vec f_2</math> stehen i.&nbsp;A. nicht senkrecht aufeinander. D.&nbsp;h., <math>\vec f_0</math> ist i.&nbsp;A. ''nicht'' der Scheitel der Parabel. Aber: Die Parabelachse (Symmetrieachse durch den Scheitel) ist parallel zu <math>\vec f_2</math>. Diese Definition einer Parabel liefert eine einfache Parameterdarstellung einer beliebigen Parabel.<br />
<br />
Da im ''Scheitel'' die Tangente zur Parabelachse senkrecht steht und die Tangentenrichtung in einem Parabelpunkt <math>\vec p'(t) = \vec f_1 +2t\vec f_2</math> ist, ergibt sich der Parameter <math>t_0</math> des Scheitels aus der Gleichung<br />
:<math>\vec p'(t)\cdot \vec f_2 = \vec f_1\cdot \vec f_2 +2t\vec f_2^{\,2} =0</math> zu <math> t_0= -\tfrac{\vec f_1\cdot \vec f_2}{2\vec f_2^{\,2}}</math>.<br />
{{Anker|Scheitelform}}Die '''Scheitelform''' der Parameterdarstellung der Parabel ist<br />
:<math>\vec x=\vec p(t) = \vec p(t_0) +\vec p'(t_0)(t-t_0) +\vec f_2 (t-t_0)^2</math>.<br />
<br />
'''Beispiele:'''<br />
#<math>\vec f_0=\begin{pmatrix} 0 \\ 0 \end{pmatrix},\ \vec f_1=\begin{pmatrix} 1 \\ 0 \end{pmatrix},\ \vec f_2=\begin{pmatrix} 0 \\ a \end{pmatrix}</math> liefert die übliche Parameterdarstellung der Parabel <math>y=ax^2: \quad (t,at^2)</math>.[[Datei:Parabel-sf-s.svg|250px|mini|Parabel: Transformation auf Scheitelform (Beispiel 3)]]<br />
#<math>\vec f_0=\begin{pmatrix} x_0 \\ y_0 \end{pmatrix},\ \vec f_1=\begin{pmatrix} \cos \varphi \\ \sin \varphi\end{pmatrix},\ \vec f_2=\begin{pmatrix} -a\sin \varphi \\ a \cos \varphi\end{pmatrix}</math> liefert die Parameterdarstellung der Parabel, die aus <math>y=ax^2</math> durch Drehung um den Winkel <math>\varphi</math> und anschließende Verschiebung um <math>\vec f_0</math> hervorgeht. Die Parameterdarstellung ist schon in Scheitelform: Der Scheitel ist <math>(x_0,y_0).</math><br />
#<math> \vec f_0=\begin{pmatrix} 0 \\ 0 \end{pmatrix},\ \vec f_1=\begin{pmatrix} 1 \\ 0 \end{pmatrix},\ \vec f_2=\begin{pmatrix} 1 \\ 1 \end{pmatrix}</math> liefert die Parabel <math>\vec x=\vec p(t)=\begin{pmatrix} 1 \\ 0 \end{pmatrix}t+\begin{pmatrix} 1 \\ 1 \end{pmatrix}t^2.</math><br />
: Die Parameterdarstellung ist nicht in Scheitelform. Der Scheitelparameter ist <math>t_0=-\tfrac{1}{2\cdot2}=-\tfrac{1}{4}</math> und die Scheitelform:<br />
:<math>\vec x=\vec p(t)=\tfrac{1}{16}\begin{pmatrix} -3 \\ 1 \end{pmatrix}<br />
+\tfrac{1}{2} \begin{pmatrix} 1 \\ -1 \end{pmatrix}(t+\tfrac{1}{4})<br />
+\begin{pmatrix} 1 \\ 1 \end{pmatrix}(t+\tfrac{1}{4})^2</math>.<br />
<br />
''Bemerkung:'' Sind die Vektoren <math>\vec f_0, \vec f_1, \vec f_2</math> aus dem <math>\R^3</math>, so erhält man eine Parameterdarstellung einer Parabel im Raum.<br />
<br />
== Affine Selbstabbildungen der Parabel y=x² ==<br />
Nicht jede affine Abbildung der reellen affinen Ebene (s.&nbsp;[[#Parabel als affines Bild der Normalparabel|vorigen Abschnitt]]) bildet die Normparabel <math>y=x^2</math> auf eine andere Parabel ab. Die folgenden affinen Abbildungen lassen die Parabel <math>y=x^2</math> als Ganzes invariant:<br />
*<math>(x,y) \rightarrow (ax + b, a^2y + 2abx + b^2), a \ne 0.</math><br />
Dies sind die einzigen affinen Abbildungen, die die Parabel <math>y=x^2</math> invariant lassen.<br />
<br />
Zum ''Beweis:'' Setze <math>y=x^2</math> und wende die 1.&nbsp;binomische Formel an.<br />
<br />
Spezialfälle:<br />
# Für <math>a=1,\, b=0</math> bleibt jeder Punkt der Ebene fest. Diese Abbildung heißt ''Identität.''<br />
# Für <math>a=1,\, b\ne 0</math> wird jeder Punkt der Parabel bewegt, d.&nbsp;h., es gibt ''keinen Fixpunkt'' auf der Parabel.<br />
# Für <math>a=-1</math> ist die Abbildung ''involutorisch,'' d.&nbsp;h., zweimal ausgeführt ist sie die Identität. Man nennt solch eine Abbildung ''Schrägspiegelung,'' da eine Gerade, nämlich <math>\textstyle x=\frac b 2</math>, punktweise fest bleibt (siehe Abschnitt „[[#Mittelpunkte paralleler Sehnen|Mittelpunkte paralleler Sehnen]]“). In diesem Fall gibt es genau ''einen Fixpunkt'' auf der Parabel: <math>(\tfrac{b}{2},\tfrac{b^2}{4})</math>. Nur im Fall <math>b=0</math> ist eine Schrägspiegelung eine „normale“ Spiegelung an der y-Achse.<br />
<br />
''Bemerkung:'' Ergänzt man die reelle affine Ebene durch eine Ferngerade und deren Fernpunkte zu einer ''[[Projektive Ebene|projektiven Ebene]]'' und fügt der Parabel <math>y=x^2</math> den Fernpunkt der y-Achse hinzu, so erhält man einen ''nicht ausgearteten [[Projektiver Kegelschnitt|projektiven Kegelschnitt]]'' und hat mehr Abbildungen, ''projektive Kollineationen,'' zur Verfügung. Z.&nbsp;B. lässt die projektive Kollineation mit<br />
:<math>(x,y) \rightarrow (\textstyle \frac{x}{y},\tfrac{1}{y})</math><br />
die so erweiterte Parabel invariant. Diese Abbildung ist involutorisch, lässt die Parabelpunkte <math>(1,1),(-1,1)</math> fix und vertauscht den Parabelpunkt <math>(0,0)</math> mit dem Fernpunkt der y-Achse.<br />
<br />
== Eigenschaften ==<br />
=== Brennpunkt ===<br />
[[Datei:Parabel-brennp-s.svg|350px|mini|Parabel: Brennpunkt-Eigenschaft]]<br />
Wird ein [[Strahl (Geometrie)|Strahl]], der parallel zur Achse einfällt, an der Parabel –&nbsp;d.&nbsp;h. an ihrer Tangente&nbsp;– gespiegelt, so geht der gespiegelte Strahl durch den Brennpunkt. Dieser gespiegelte Strahl wird auch ''Brennlinie'' oder'' Brennstrahl'' des betreffenden Parabelpunktes genannt. Die entsprechende Eigenschaft hat auch ein [[Rotationsparaboloid]], also die Fläche, die entsteht, wenn man eine Parabel um ihre Achse dreht; sie wird häufig in der [[Technik]] verwendet (siehe [[Parabolspiegel]]).<br />
<br />
Um diese Eigenschaft einer Parabel nachzuweisen, gehen wir von einer Parabel der Form <math>y=ax^2</math> aus. Dies ist keine Einschränkung, da jede Parabel in einem geeigneten Koordinatensystem so dargestellt werden kann. Die Tangente in einem Parabelpunkt <math>P=(x_0,ax^2_0)</math> hat die Gleichung <math>y=2ax_0(x-x_0)+ax^2_0</math> (Die Steigung der Tangente ergibt sich aus der Ableitung <math>y'=2ax</math>.) Die Tangente schneidet die y-Achse im Punkt <math>T=(0,-ax^2_0)</math>. Der Brennpunkt ist <math>F=(0,f),\ f=\tfrac{1}{4a}</math>. Der Lotfußpunkt des Lotes von <math>P</math> auf die Leitlinie <math>l</math> ist <math>L=(x_0,-f)</math>. Für eine Parabel ist <math> |PF|=|PL|</math>. Aus dem Bild erkennt man, dass <math>|FT|=|PL|</math> ist. Damit ist das Viereck <math>PFTL</math> eine [[Raute]] und die Tangente ist eine Diagonale dieser Raute und damit eine Winkelhalbierende. Hieraus folgt:<br />
* Der Brennstrahl <math>PF</math> ist die Spiegelung des einfallenden Strahls an der Tangente/Parabel.<br />
<br />
=== Mittelpunkte paralleler Sehnen ===<br />
[[Datei:Parabel-psehnen-s.svg|mini|Parabel: Mittelpunkte paralleler Sehnen]]<br />
Für jede Parabel gilt:<br />
* Die Mittelpunkte paralleler Sehnen (s. Bild) liegen auf einer Gerade. Diese Gerade ist parallel zur Parabelachse.<br />
D.&nbsp;h., zu jedem Punktepaar <math>P,Q</math> einer Sehne <math>s</math> gibt es eine ''Schrägspiegelung'' an einer Gerade <math>m</math>, die die Punkte <math>P,Q</math> vertauscht und die Parabel auf sich abbildet. Dabei versteht man unter einer Schrägspiegelung eine Verallgemeinerung einer gewöhnlichen Spiegelung an einer Gerade <math>m</math>, bei der alle Strecken Punkt-Bildpunkt zwar parallel zueinander aber nicht unbedingt senkrecht zur Spiegelachse <math>m</math> sind. Sind die Sehnen senkrecht zur Parabelachse, so ist die Gerade <math>m</math> die Parabelachse und die Schrägspiegelung eine gewöhnliche Spiegelung.<br />
<br />
Den Nachweis dieser Eigenschaft führt man am einfachsten an der Normalparabel <math>y=x^2</math> durch. Da alle Parabeln affine Bilder der Normalparabel sind (s.o.) und bei einer affinen Abbildung Mittelpunkte von Strecken in die Mittelpunkte der Bildstrecken übergehen, gilt die obige Eigenschaft für alle Parabeln.<br />
<br />
=== Punktkonstruktion ===<br />
Eine beliebige Parabel kann in einem geeigneten Koordinatensystem durch eine Gleichung <math>y=ax^2</math> beschrieben werden.<br />
<br />
[[Datei:Parabel-pk-s.svg|250px|mini|Parabel: Punktkonstruktion, P1, P2, P3 -> P4]]<br />
Eine weitere Möglichkeit Parabelpunkte zu konstruieren, setzt die Kenntnis von drei Parabelpunkten und der Richtung der Parabelachse voraus:<br />
<br />
Für eine Parabel <math>y=ax^2</math> gilt: Sind<br />
*<math>P_1=(x_1,y_1),\, P_2=(x_2,y_2),\, P_3=(x_3,y_3),\, P_4=(x_4,y_4)</math> vier Punkte der Parabel <math>y=ax^2</math> und<br />
*<math>Q_2</math> der Schnittpunkt der Sekante <math>P_1P_4</math> mit der Geraden <math>x=x_2</math> sowie<br />
*<math>Q_1</math> der Schnittpunkt der Sekante <math>P_2P_3</math> mit der Geraden <math>x=x_1</math> (s.&nbsp;Bild),<br />
dann ist die Sekante <math>P_3P_4</math> parallel zur Geraden <math>Q_1Q_2</math>. <math>x=x_1</math> und <math>x=x_2</math> sind Parallelen zur Parabelachse.<br />
<br />
Sind die drei Punkte <math>P_1,\, P_2,\, P_3</math> einer Parabel gegeben, so kann durch Vorgabe einer Geraden durch <math>P_3</math> (nicht parallel zur Parabelachse und keine Tangente) mit dieser Eigenschaft der Parabelpunkt <math>P_4</math> auf dieser Geraden konstruiert werden.<br />
<br />
Zum ''Beweis:'' Da nur Schneiden, Verbinden und Parallelität eine Rolle spielen, kann man den Beweis an der affin äquivalenten Normalparabel <math>y=x^2</math> führen. Eine kurze Rechnung zeigt, dass die Gerade <math>Q_1Q_2</math> parallel zur Geraden <math>P_3P_4</math> ist.<br />
<br />
''Bemerkung:'' Diese Eigenschaft einer Parabel ist eine affine Version der 5-Punkte-Ausartung des [[Satz von Pascal|Satzes von Pascal]].<br />
<br />
=== Tangentenkonstruktion ===<br />
[[Datei:Parabel-tk-s.svg|250px|mini|Parabel: Tangentenkonstruktion, P0,P1,P2 -> Tangente in P0]]<br />
[[Datei:Parabel-tk-2-s.svg|mini|Parabel: Tangentenkonstruktion: P1,P2,Tang. in P1 -> Tang. in P2]]<br />
Eine beliebige Parabel kann in einem geeigneten Koordinatensystem durch eine Gleichung <math>y=ax^2</math> beschrieben werden.<br />
<br />
==== 1. Methode ====<br />
Für eine Parabel <math>y=ax^2</math> gilt:<br />
* Sind <math>P_0=(x_0,y_0),P_1=(x_1,y_1),P_2=(x_2,y_2)</math> drei Punkte der Parabel <math>y=ax^2</math> und<br />
: <math>Q_2</math> der Schnittpunkt der Sekante <math>P_0P_1</math> mit der Gerade <math>x=x_2</math>, sowie<br />
: <math>Q_1</math> der Schnittpunkt der Sekante <math>P_0P_2</math> mit der Gerade <math>x=x_1</math> (s. Bild),<br />
: dann ist die Tangente im Punkt <math>P_0</math> parallel zur Gerade <math>Q_1Q_2</math>.<br />
: (<math>x=x_1</math> und <math>x=x_2</math> sind Parallelen zur Parabelachse.)<br />
<br />
Diese Eigenschaft kann zur Konstruktion der Tangente im Punkt <math>P_0</math> benutzt werden.<br />
<br />
Zum ''Beweis:'' Da nur Schneiden, Verbinden und Parallelität eine Rolle spielt, kann man den Beweis an der affin äquivalenten Normalparabel <math>y=x^2</math> führen. Eine kurze Rechnung zeigt, dass die Gerade <math>Q_1Q_2</math> die Steigung <math>2x_0</math> hat. Dies ist die Steigung der Tangente im Punkt <math>P_0</math>.<br />
<br />
''Bemerkung:'' Diese Eigenschaft einer Parabel ist eine affine Version der 4-Punkte-Ausartung des [[Satz von Pascal|Satzes von Pascal]].<br />
==== 2. Methode ====<br />
Eine zweite Möglichkeit, die Tangente in einem Punkt zu konstruieren, beruht auf der folgenden Eigenschaft einer Parabel <math>y=ax^2</math>:<br />
<br />
* Sind <math>P_1=(x_1,y_1),P_2=(x_2,y_2)</math> zwei Punkte der Parabel <math>y=ax^2</math> und<br />
: <math>Q_2</math> der Schnittpunkt der Tangente in <math>P_1</math> mit der Gerade <math>x=x_2</math>, sowie<br />
: <math>Q_1</math> der Schnittpunkt der Tangente in <math>P_2</math> mit der Gerade <math>x=x_1</math> (s. Bild),<br />
: dann ist die Sekante <math>P_1P_2</math> parallel zur Gerade <math>Q_1Q_2</math>.<br />
: (<math>x=x_1</math> und <math>x=x_2</math> sind Parallelen zur Parabelachse.)<br />
<br />
Zum ''Beweis:'' Da nur Schneiden, Verbinden und Parallelität eine Rolle spielen, kann man den Beweis an der affin äquivalenten Normalparabel <math>y=x^2</math> führen.<br />
<br />
''Bemerkung:'' Diese Eigenschaft einer Parabel ist eine affine Version der 3-Punkte-Ausartung des [[Satz von Pascal|Satzes von Pascal]].<br />
<br />
=== Achsenrichtung-Konstruktion ===<br />
[[Datei:Parabel-ak-s.svg|250px|mini|Parabel: Achsenrichtung-Konstruktion]]<br />
Bei der Punktkonstruktion und der Tangentenkonstruktion (s.&nbsp;o.) wird jeweils die Achsenrichtung der Parabel als bekannt vorausgesetzt. Ist die Achsenrichtung nicht bekannt, so lässt sie sich entweder<br />
: 1) mit Hilfe der Mittelpunkte zweier paralleler Sehnen (s. oben) ''oder''<br />
: 2) mit Hilfe der folgenden Eigenschaft einer Parabel, die die Kenntnis zweier Parabelpunkte und deren Tangenten voraussetzt,<br />
konstruieren.<br />
<br />
Eine beliebige Parabel kann in einem geeigneten Koordinatensystem durch eine Gleichung <math>y=ax^2</math> beschrieben werden.<br />
<br />
Für eine Parabel <math>y=ax^2</math> gilt: Sind<br />
*<math>P_1=(x_1,y_1),\, P_2=(x_2,y_2)</math> zwei Punkte der Parabel,<br />
*<math>t_1,\, t_2</math> die zugehörigen Tangenten,<br />
*<math>Q_1</math> der Schnittpunkt der beiden Tangenten <math>t_1,\, t_2</math>,<br />
*<math>Q_2</math> der Schnittpunkt der Parallele zu <math>t_1</math> durch den Punkt <math>P_2</math> mit der Parallele zu <math>t_2</math> durch <math>P_1</math> (s.&nbsp;Bild),<br />
dann ist die Gerade <math>Q_1Q_2</math> parallel zur Parabelachse und hat die Gleichung<br />
:<math>x=\tfrac{x_1+x_2}{2a}.</math><br />
<br />
Zum ''Beweis:'' Wie bei den vorigen Parabeleigenschaften kann man den Beweis für die Normalparabel <math>y=x^2</math> durchrechnen.<br />
<br />
''Bemerkung:'' Die hier beschriebene Eigenschaft ist eine affine Version des Satzes über ''perspektive Dreiecke'' eines nicht ausgearteten Kegelschnitts.<ref>Erich Hartmann: [http://www.mathematik.tu-darmstadt.de/~ehartmann/circlegeom.pdf ''Planar Circle Geometries, an Introduction to Moebius-, Laguerre- and Minkowski-planes.''] Auf: ''mathematik.tu-darmstadt.de.'' S.&nbsp;36 (PDF; 757&nbsp;kB).</ref><br />
<br />
=== Pol-Polare-Beziehung ===<br />
[[Datei:Parabel-pol-s.svg|250px|mini|Parabel: Pol-Polare-Beziehung]]<br />
Eine Parabel lässt sich in einem geeigneten Koordinatensystem immer durch eine Gleichung der Form <math>y=ax^2</math> beschreiben. Die Gleichung der Tangente in einem Parabelpunkt <math>P_0=(x_0,y_0), y_0=ax^2_0 </math> ist <math>y=2ax_0(x-x_0) + y_0=2ax_0x -ax^2_0=2ax_0x-y_0</math>. Lässt man im rechten Teil der Gleichung zu, dass <math>P_0=(x_0,y_0)</math> ein beliebiger Punkt der Ebene ist, so wird<br />
: dem Punkt <math>P_0=(x_0,y_0)</math> die Gerade <math>y=2ax_0x - y_0</math> zugeordnet.<br />
Und umgekehrt kann man<br />
: der Gerade <math>y=mx+d</math> den Punkt <math>(\tfrac{m}{2a},-d)</math> zuordnen.<br />
Solch eine Zuordnung Punkt <-> Gerade nennt man eine ''Polarität'' oder [[Pol und Polare|'''Pol-Polare-Beziehung''']]. Der ''Pol'' ist der Punkt, die ''Polare'' ist die zugehörige Gerade.<br />
<br />
Die Bedeutung dieser Pol-Polare-Beziehung besteht darin, dass die möglichen Schnittpunkte der Polare mit der Parabel die Berührpunkte der Tangenten durch den Pol an die Parabel sind.<br />
* Liegt der Punkt (Pol) auf der Parabel, so ist seine Polare die Tangente in diesem Punkt (s. Bild: <math>P_1,\ p_1</math>).<br />
* Liegt der Pol außerhalb der Parabel, so sind die Schnittpunkte der Polare mit der Parabel die Berührpunkte der Tangenten durch den Pol an die Parabel (s. Bild: <math>P_2,\ p_2</math>).<br />
* Liegt der Punkt innerhalb der Parabel, so hat seine Polare keinen Schnittpunkt mit der Parabel (s. Bild: <math>P_3,\ p_3</math> und <math>P_4,\ p_4</math>).<br />
<br />
Zum ''Beweis:'' Die Bestimmung der Schnittpunkte der Polaren eines Punktes <math>(x_0,y_0)</math> mit der Parabel <math>y=ax^2</math> und die Suche nach Parabelpunkten, deren Tangenten den Punkt <math>(x_0,y_0)</math> enthalten, führen auf dieselbe quadratische Gleichung.<br />
<br />
''Bemerkung:''<br />
# Der Schnittpunkt zweier Polaren (z.&nbsp;B. im Bild: <math>p_3,p_4</math>) ist der Pol der Verbindungsgerade der zugehörigen Pole (hier: <math>P_3,P_4</math>).<br />
# Brennpunkt und Leitlinie sind zueinander polar.<br />
# Zur Parabelachse parallele Geraden haben keine Pole. Man sagt: „Ihre Pole liegen auf der [[Ferngerade]]n.“<br />
<br />
''Bemerkung:'' Pol-Polare-Beziehungen gibt es auch für Ellipsen und Hyperbeln. Siehe auch [[Projektiver Kegelschnitt#Polarität und v. Staudt-Kegelschnitt|projektiver Kegelschnitt]].<br />
<br />
=== Orthogonale Tangenten ===<br />
[[Datei:Isoptic.png|mini|Parabel: zueinander orthogonale Tangenten]]<br />
Eine Parabel besitzt folgende Eigenschaft:<br />
* Zueinander orthogonale Tangenten schneiden sich auf der Leitlinie.<br />
''Beweis:'' Eine Parabel lässt sich in geeigneten Koordinaten durch eine Gleichung <math>y=ax^2, \ a\ne 0,</math> beschreiben. Die Tangenten in zwei Parabelpunkten <math>P_1=(x_1,ax^2_1), P_2=(x_2,ax^2_2)</math> haben die Gleichungen<br />
: <math>y=2ax_1x-ax^2_1, \quad y=2ax_2x-ax^2_2.</math><br />
Durch Multiplikation der ersten Gleichung mit <math>x_2</math> und der zweiten Gleichung mit <math>x_1</math> lässt sich <math>x</math> eliminieren. Man erhält zunächst <math>y(x_2-x_1)=ax_1x_2(x_2-x_1)</math>. Hieraus ergibt sich<br />
: <math> (*) \ y=ax_1x_2.</math><br />
Für orthogonale Tangenten muss das Produkt ihrer Steigungen −1 sein, d.&nbsp;h., es gilt <math> 4a^2x_1x_2=-1</math>. Damit folgt aus der Gleichung <math>(*)</math>:<br />
:<math>y=-\frac{1}{4a}</math><br />
Dies ist die Gleichung der Leitlinie (s. o.).<br />
<br />
''Bemerkung:'' Der geometrische Ort aller Punkte, in denen sich Tangenten einer gegebenen Kurve orthogonal schneiden, heißt ''[[Orthoptische Kurve]].'' Bei einer Parabel ist also ihre Leitlinie die zugehörige orthoptische Kurve.<br />
<br />
=== Fußpunktkurve ===<br />
[[File:Parabola-antipodera.gif|thumb|right|200px|Fußpunktkurve einer Parabel bezüglich ihres Brennpunktes]]<br />
Die ''Fußpunktkurve'' (engl.: ''pedal curve'') einer (regulären) [[Kurve (Mathematik)|Kurve]] ist die Gesamtheit der Lotfußpunkte von einem festen Punkt <math>P</math> aus auf die Tangenten der Kurve.<br />
Für eine Parabel gilt:<br />
*Die Fußpunktkurve einer Parabel bezüglich ihres ''Brennpunktes'' <math>F</math> ist die Tangente im Scheitel.<br />
<br />
;Beweis:<br />
Der Brennpunkt der Parabel <math>y=ax^2</math> ist der Punkt <math>F=(0,\tfrac{1}{4a})</math>. Die Tangente in einem beliebigen Parabelpunkt <math>(x_0,ax_0^2)</math> hat die Gleichung<br />
:<math>y=2ax_0x-ax_0^2.</math><br />
Für <math>x_0=0</math> ist die Behauptung richtig, sodass im Folgenden <math>x_0\ne0</math> vorausgesetzt werden kann.<br /><br />
Das Lot vom Brennpunkt aus auf die Tangente hat die Gleichung<br />
: <math>y=-\frac{x}{2ax_0}+\frac{1}{4a} \quad \leftrightarrow \quad 2ax_0x-ax_0^2=-(2ax_0)^2y.</math><br />
Für den Schnittpunkt der Tangente mit dem Lot muss also<br />
:<math>y=-(2ax_0)^2y</math><br />
erfüllt sein, was nur für <math>y=0</math> möglich ist.<br />
<br />
== Parabeln der Form y=ax²+bx+c ==<br />
=== Peripheriewinkelsatz für Parabeln ===<br />
Parabeln der Form <math>y=ax^2+bx+c</math> sind Funktionsgraphen, die durch die 3 Parameter <math>a,b,c</math> eindeutig bestimmt sind. Man benötigt also 3 Punkte, um diese Parameter zu ermitteln. Eine schnelle Methode beruht auf dem Peripheriewinkelsatz für Parabeln.<br />
<br />
[[Datei:Parabel-pws-s.svg|250px|mini|Parabel: Peripheriewinkelsatz]]<br />
Um einen ''Winkel'' zwischen zwei Sehnen zu messen führen wir für zwei Geraden, die nicht zur y-Achse parallel sind, ein '''Winkelmaß''' ein:<br />
<br />
: Für zwei Geraden <math>y=m_1x+d_1, \ y=m_2x + d_2</math> messen wir den zu gehörigen Winkel mit der Zahl <math>m_1-m_2</math>.<br />
<br />
Zwei Geraden sind parallel, wenn <math>m_1=m_2</math> und damit das Winkelmaß =0 ist.<br />
<br />
Analog zum Peripheriewinkelsatz für Kreise gilt hier der<br />
<br />
'''Peripheriewinkelsatz (für Parabeln):'''<br />
: Für vier Punkte <math>P_i=(x_i,y_i),\ i=1,2,3,4,\ x_i\ne x_k, i\ne k</math> (s. Bild) gilt:<br />
: Die vier Punkte liegen nur dann auf einer Parabel der Form <math>y=ax^2+bx+c</math>, wenn die Winkel bei <math>P_3</math> und <math>P_4</math> im obigen Winkelmaß gleich sind, d.&nbsp;h., wenn<br />
:<math>\frac{(y_4-y_1)}{(x_4-x_1)}-\frac{(y_4-y_2)}{(x_4-x_2)}=\frac{(y_3-y_1)}{(x_3-x_1)}-\frac{(y_3-y_2)}{(x_3-x_2)}.</math><br />
<br />
(Beweis durch Nachrechnen. Dabei kann man für die eine Richtung voraussetzen, dass die Punkte auf einer Parabel <math>y=ax^2</math> liegen.)<br />
<br />
=== 3-Punkte-Form einer Parabel ===<br />
Analog zur 2-Punkteform einer Gerade (Steigungswinkel werden mit der Steigung gemessen) folgt aus dem Peripheriewinkelsatz für Parabeln die<br />
<br />
'''3-Punkte-Form (für Parabeln):'''<br />
: Die Gleichung der Parabel durch 3 Punkte <math>P_i=(x_i,y_i),\ i=1,2,3,\ x_i\ne x_k, i\ne k</math> ergibt sich durch Auflösen der Gleichung<br />
: <math>\frac{({\color{red}y}-y_1)}{({\color{green}x}-x_1)}-\frac{({\color{red}y}-y_2)}{({\color{green}x}-x_2)}=\frac{(y_3-y_1)}{(x_3-x_1)}-\frac{(y_3-y_2)}{(x_3-x_2)}</math><br />
: nach y.<br />
<br />
== Parabel in Polarkoordinaten ==<br />
Eine Parabel, die in kartesischen Koordinaten durch <math>y^2=4fx</math> beschrieben ist, erfüllt in Polarkoordinaten die Gleichung<br />
<br />
:<math>r(\varphi) = 4f \frac{\cos(\varphi)}{\sin^2(\varphi)} \quad \text{mit} \varphi \in \left[ -\tfrac{\pi}{2} , \tfrac{\pi}{2} \right] \setminus\{0\}.</math><br />
<br />
Ihr Brennpunkt ist <math>(f,0)</math>. Legt man den Koordinatenursprung in ihren Brennpunkt, gilt für sie die polare Gleichung<br />
<br />
:<math>r(\varphi) = \frac{2f}{1-\cos(\varphi)}\text{ mit }\varphi \ne 2\pi k.</math><br />
<br />
== Graphische Multiplikation ==<br />
[[Datei:ParabelAlsRechenmaschine-2.svg|mini|hochkant=1.3|Graphische Multiplikation von 2 und 3 mithilfe einer Normalparabel]]<br />
Eine Normalparabel ist eine „Multiplikationsmaschine“: Man kann mit ihr auf graphischem Wege das [[Produkt (Mathematik)|Produkt]] zweier Zahlen berechnen. Dazu zeichnet man zunächst die Normalparabel <math>y = x^2</math> in ein kartesisches Koordinatensystem ein. Die zu multiplizierenden Faktoren trägt man auf der <math>x</math>-Achse ab und bestimmt für jeden Wert einen Punkt auf der Parabel. Sind die Zahlen mit <math>a</math> und <math>b</math> bezeichnet, ergeben sich also zwei Punkte <math>P(a|a^2)</math> und <math>Q(b|b^2)</math>. Die Gerade durch <math>P</math> und <math>Q</math> schneidet die <math>y</math>-Achse in einem Punkt, dessen <math>y</math>-Koordinate den Wert <math>-a \cdot b</math> hat. Im Grenzfall <math>a=b</math> ergibt sich die Gerade als Tangente an die Parabel.<br />
<br />
Falls <math>a</math> und <math>b</math> gleiches Vorzeichen haben, ist es praktikabler, einen der Faktoren in negativer Richtung aufzutragen anstatt später das Vorzeichen des Ergebnisses umzudrehen, so geschehen im Beispiel mit den Werten <math>a=3</math> und <math>b=2</math>. Hier trägt man die Faktoren als <math>x</math>-Werte mit unterschiedlichen Vorzeichen in das Koordinatensystem ein, nämlich als <math>P(-3|9)</math> und <math>Q(2|4)</math>. Verbindet man die Punkte durch eine Gerade, so erkennt man, dass der Schnittpunkt der Geraden mit der <math>y</math>-Achse gleich {{Zeile|1=6 = 2·3}} ist.<br />
<br />
== Parabel und Kettenlinie ==<br />
[[Datei:Cosh-approx-s.svg|250px|mini|Approximation von cosh durch eine Parabel (rot)]]<br />
[[Katenoide|Kettenlinien]] ähneln Parabeln, sind aber keine. Das Seil einer Hängebrücke, das durch sein Eigengewicht durchhängt, beschreibt eine Kettenlinie. Diese wird nicht durch eine quadratische Funktion, sondern durch den [[Sinus Hyperbolicus und Kosinus Hyperbolicus|Kosinus Hyperbolicus]] beschrieben. Mathematisch drückt sich die Ähnlichkeit dadurch aus, dass der [[Sinus Hyperbolicus und Kosinus Hyperbolicus|Kosinus Hyperbolicus]] sich in die Reihe<br />
:<math>\cosh x = \sum_{n=0}^\infty \frac{x^{2n}} {(2n)!} = {\color{red}1+ \frac{x^2}{2}} + \frac{x^4}{24} + \frac{x^6}{720} + \dots</math><br />
entwickeln lässt. Die ersten beiden Terme (rot) beschreiben eine Parabel und können als [[Approximation]] der cosh-Funktion für kleine <math>x</math> verwendet werden.<br />
<br />
== Parabeln als quadratische Bézierkurven ==<br />
[[Datei:Bezier quadratic anim.gif|Konstruktion einer quadratischen Bézierkurve]]<br />
<br />
Eine [[Bezierkurve#quadratische Bézierkurve|quadratische Bézierkurve]] ist eine Kurve, deren Parameterdarstellung <math>\vec c(t)</math> durch drei Punkte <math>P_0:\vec p_0</math>, <math>P_1:\vec p_1</math> und <math>P_2:\vec p_2</math> bestimmt wird:<br />
<br />
:<math>\begin{align}<br />
\vec c(t) \ & =\ \sum_{i=0}^2 \binom 2 i t^i (1-t)^{2-i} \vec p_i \\<br />
\ & =\ (1 - t)^{2}\vec p_0 + 2t(1 - t)\vec p_1 + t^{2}\vec p_2 \\<br />
\ & =\ (\vec p_0 - 2\vec p_1 + \vec p_2)t^{2} + (-2\vec p_0 + 2\vec p_1)t + \vec p_0 \text{ , } t \in [0,1]<br />
\end{align}</math><br />
<br />
Diese Kurve ist ein Parabelbogen (s. Abschnitt: Parabel als affines Bild der Normalparabel).<br />
<br />
== Parabeln und numerische Integration ==<br />
[[Datei:Simpsons method illustration.svg|mini|Simpson-Regel: Parabelbogen ersetzt Kurventeil]]<br />
Bei der [[Numerische Integration|numerischen Integration]] nähert man den Wert eines bestimmten Integrals dadurch an, dass man den Graphen der zu integrierenden Funktion<br />
durch ''Parabel''bögen annähert und integriert diese. Dies führt zur [[Simpson-Regel]], siehe Bild.<br />
:<math>\int_{a}^{b}f(x)\,dx \approx \frac{b-a}{6} \cdot \left( f(a)+4f \left( \frac{a+b}{2} \right)+f(b) \right)</math><br />
Die Güte der Approximation wird dadurch erhöht, dass man die Unterteilung vergrößert und den Graphen durch entsprechend viele Parabelbögen ersetzt und diese integriert.<br />
<br />
== Parabeln als ebene Schnitte von Quadriken ==<br />
Folgende Flächen zweiter Ordnung ([[Quadrik]]en) besitzen Parabeln als ebene Schnitte:<br />
* Elliptischer [[Kegel (Geometrie)|Kegel]]<ref>[http://www.mathematik.tu-darmstadt.de/~ehartmann/cdg-skript-1998.pdf CDKG: Computerunterstützte Darstellende und Konstruktive Geometrie (TU Darmstadt)] (PDF; 3,4&nbsp;MB), S.&nbsp;107.</ref> (siehe auch [[Kegelschnitt]])<br />
* Parabolischer [[Zylinder (Geometrie)|Zylinder]]<br />
* [[Paraboloid#Eigenschaften von P1|Elliptisches Paraboloid]]<ref>[http://www.mathematik.tu-darmstadt.de/~ehartmann/cdg-skript-1998.pdf CDKG: Computerunterstützte Darstellende und Konstruktive Geometrie (TU Darmstadt)] (PDF; 3,4&nbsp;MB), S.&nbsp;95.</ref><br />
* [[Paraboloid#Eigenschaften von P2|Hyperbolisches Paraboloid]]<br />
* [[Hyperboloid#Einschaliges Hyperboloid|Einschaliges Hyperboloid]]<ref>[http://www.mathematik.tu-darmstadt.de/~ehartmann/cdg-skript-1998.pdf CDKG: Computerunterstützte Darstellende und Konstruktive Geometrie (TU Darmstadt)] (PDF; 3,4&nbsp;MB), S.&nbsp;117.</ref><br />
* [[Hyperboloid#Zweischaliges Hyperboloid|Zweischaliges Hyperboloid]]<ref>[http://www.mathematik.tu-darmstadt.de/~ehartmann/cdg-skript-1998.pdf CDKG: Computerunterstützte Darstellende und Konstruktive Geometrie (TU Darmstadt)] (PDF; 3,4&nbsp;MB), S.&nbsp;123.</ref><br />
<br />
<gallery><br />
Quadric Cone.jpg|Elliptischer Kegel<br />
Parabolic Cylinder Quadric.png|Parabolischer Zylinder<br />
Paraboloid.png|Elliptisches Paraboloid<br />
Hyperbol Paraboloid.pov.png|Hyperbolisches Paraboloid<br />
Hyperboloid1.png|Einschaliges Hyperboloid<br />
Hyperboloid2.png|Zweischaliges Hyperboloid<br />
</gallery><br />
<div style="clear:both;"></div><br />
<br />
== Laguerre-Ebene: Geometrie der Parabeln ==<br />
Eine [[Laguerre-Ebene]] ist im klassischen Fall eine Inzidenzstruktur, die im Wesentlichen die Geometrie der Kurven <math>y=ax^2+bx+c</math>, das sind Parabeln und Geraden, in der reellen Anschauungsebene beschreibt. Als Verbindungskurven stehen hier nicht nur Geraden sondern auch Parabeln zur Verfügung. Z. B. gibt es in einer Laguerre-Ebene zu drei Punkten mit verschiedenen x-Koordinaten genau eine solche Verbindungskurve.<br />
<br />
== Parabel ''höherer Ordnung'' ==<br />
Unter einer ''Parabel der Ordnung n'' versteht man den Graph eines [[Polynom]]s <math>y=ax^n+\dotsc</math> (im Gegensatz zu den Graphen von e-Funktion oder Wurzelfunktion, …). Eine Parabel 3. Ordnung wird auch [[kubische Parabel]] genannt.<br />
<br />
Also: nur im Fall n=2 ist eine Parabel höherer Ordnung eine gewöhnliche Parabel.<br />
<br />
== Neilsche Parabel ==<br />
Die '''[[Neilsche Parabel]]''' oder '''semikubische Parabel''' ist eine [[algebraische Kurve]] 3. Ordnung:<br />
<br />
* Kartesische Koordinatengleichung: <math>y^2 - a^2 x^3 \, = \, 0</math> mit einem reellen Parameter <math>a > 0</math><br />
* explizit: <math>y = \pm a x^{\frac{3}{2}}.</math><br />
<br />
Sie ist keine Parabel im üblichen Sinne.<br />
<br />
== Parabel y=x² über einem beliebigen Zahlkörper ==<br />
Betrachtet man in einer affinen Ebene über einem beliebigen (kommutativen) [[Körper (Algebra)|Körper]] <math>K</math> die Punktmenge, die der Parabelgleichung <math>y=x^2</math> genügt, so bleiben viele Eigenschaften der reellen Normalparabel, die mit „schneiden“, „verbinden“ und „parallel“ formuliert werden und deren Beweise nur Multiplikation/Division und Addition/Subtraktion verwenden, erhalten.<ref>Erich Hartmann: [http://www.mathematik.tu-darmstadt.de/~ehartmann/progeo.pdf ''Projektive Geometrie.''] (PDF; 180&nbsp;kB). Kurzskript, Uni Darmstadt, S.&nbsp;12–16.</ref> Z.&nbsp;B.:<br />
* Eine Gerade schneidet die Parabel <math>y=x^2</math> in ''höchstens zwei Punkten.''<br />
* Durch jeden Parabelpunkt <math>(x_0,x_0^2)</math> gibt es (neben der Geraden <math>x=x_0</math>) genau eine Gerade, die mit der Parabel ''nur'' den Punkt <math>(x_0,x^2_0)</math> gemeinsam hat, die ''[[Tangente]]:'' <math>y=2x_0x-x^2_0</math>. Eine Gerade ''ohne'' Schnittpunkt heißt ''[[Passante#Gerade und Kegelschnitt|Passante]],'' eine mit ''zwei'' Schnittpunkten ''[[Sekante#Kurvensekante|Sekante]].''<br />
<br />
Unterschiede zum reellen Fall:<br />
# Für <math>K=\Q</math> (rationale Zahlen) ist die Gerade <math>y=2</math> eine Passante, denn die Gleichung <math>x^2=2</math> hat in <math>\Q</math> keine Lösung.<br />
# Für <math>K=\C</math> (komplexe Zahlen) gibt es keine Passanten. Z.&nbsp;B.: <math>y=-1</math> schneidet die Parabel in den Punkten <math>(i,-1),(-i,-1)</math>.<br />
# Hat der Körper die Charakteristik 2 (d.&nbsp;h., es gilt <math>1+1=0</math>), so gibt es unter den Geraden <math>y=d</math> keine Sekanten, da jede Gleichung <math>x^2=d</math> im Fall Charakteristik 2 höchstens eine Lösung hat (es gibt kein „<math>\pm</math>“). Die Tangente im Parabelpunkt <math>(x_0,x^2_0)</math> hat (bei Charakteristik 2) die Gleichung <math>y=x^2_0</math>. D.&nbsp;h., alle Tangenten sind parallel zur x-Achse!<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Peter Proff: ''Die Deutung der Begriffe „Ellipse“, „Parabel“ und „Hyperbel“ nach Apollonios v. Perge.'' In: ''„Gelêrter der arzeniê, ouch apotêker“. Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte. Festschrift zum 70. Geburtstag von Willem F. Daems.'' Hrsg. von Gundolf Keil, Horst Wellm Verlag, Pattensen/Hannover 1982 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen, 24), ISBN 3-921456-35-5, S. 17–34.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Parabolas|Parabeln}}<br />
{{Wiktionary|Parabel}}<br />
* [http://www.mathematische-basteleien.de/parabel.htm ''Parabeln.''] Auf: ''mathematische-basteleien.de.''<br />
* {{Serlo|Autor=|Titel=Parabel|Id=1855}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
[[Kategorie:Kurve (Geometrie)]]</div>CheChehttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Simpsonregel&diff=153910810Simpsonregel2016-04-28T16:15:14Z<p>CheChe: Updated image to svg format</p>
<hr />
<div>Die '''Simpsonregel''' oder '''Simpsonsche Formel''' (nach [[Thomas Simpson (Mathematiker)|Thomas Simpson]]), manchmal auch '''Kepler'sche Fassregel''' (nach [[Johannes Kepler]]) ist ein Verfahren der [[numerische Integration|numerischen Integration]], bei dem eine Näherung zum [[Integralrechnung|Integral]] einer [[Funktion (Mathematik)|Funktion]] <math>f(x)</math> im [[Intervall (Mathematik)|Intervall]] <math>[a,b]</math> berechnet wird, indem man die schwer zu integrierende Funktion <math>f(x)</math> durch eine exakt integrierbare [[Parabel (Mathematik)|Parabel]] <math>P(x)</math> annähert. <br />
[[Bild:Simpsons method illustration.svg|mini|Simpsonsche Formel]]<br />
<br />
Die Parabel <math>P(x)</math> wird als [[Interpolationspolynom]] durch Funktionswerte an den Stellen <math>a, b, m=\tfrac{(a+b)}2</math> gelegt. Das Integral nähert man dann durch das Integral der Parabel an. Die Simpsonregel ist damit eine sogenannte [[Newton-Cotes-Formeln|abgeschlossene Newton-Cotes-Formel]]. Für die Näherung <math>S(f)</math> von <math>\int_a^b f(x) dx</math> ergibt sich dann <br />
<br />
:<math>S(f) = \frac{b-a}{6} \cdot \left( f(a)+4f \left( \frac{a+b}{2} \right)+f(b) \right).</math><br />
<br />
== Geschichte ==<br />
Die Formel wurde erstmals von dem 1608 geborenen [[Evangelista Torricelli]] benutzt, ist aber nach dem 1710 geborenen englischen Mathematiker Thomas Simpson benannt. Sie entspricht der Keplerschen Fassregel, die [[Johannes Kepler]] bereits 1615 aufstellte.<br />
<br />
Über die Entstehungsgeschichte berichtet Kepler in der Widmung der späteren Veröffentlichung. Nachdem 1611 Keplers erste Frau in Prag gestorben war, heiratete er – nun in Linz arbeitend – 1613 wieder. Er kaufte für die Hochzeit einige Fässer Wein. Als der Wein eingekellert war, kam der Verkäufer mit einer Messrute und bestimmte den Inhalt für alle Fässer ohne Überlegung oder Rechnung nach der gleichen Methode. Die Messrute wurde mit ihrer metallenen Spitze durch das Spundloch quer bis zu den Rändern der beiden Böden eingeführt und die Marke am Spundloch ergab den Rauminhalt. Kepler wunderte sich, dass eine Diagonale durch die Fasshälfte ein Maß für den Rauminhalt abgeben sollte, und bezweifelte die Richtigkeit dieser Methode, da ein sehr niedriges Fass mit etwas breiteren Böden und daher sehr viel kleinerem Rauminhalt die gleiche Visierlänge besitzen könnte.<br />
<br />
Kepler verfasste daraufhin die Schrift ''Nova Stereometria doliorum vinariorum'' 1615 (Neue Inhaltsberechnung von Weinfässern), in der er nach überprüfbaren Methoden zur Inhaltsberechnung von Weinfässern suchte. Eine dieser Methoden bestand darin, die Krümmung des Fasses durch eine Parabel anzunähern, da Inhaltsberechnungen mit Hilfe von [[Parabel (Mathematik)|Parabeln]] seit [[Archimedes]] exakt durchgeführt werden konnten.<br />
<br />
Unter anderem beschrieb er darin eine Formel zur Berechnung der Kapazität (genauer des [[Volumen]]s) von [[Fass|Weinfässern]] mit unregelmäßigen Formen. Diese Formel liefert exakte Werte für den [[Kreiszylinder]], [[Kegelstumpf]] (einschließlich [[Kegel (Geometrie)|Kegel]]), [[Kugel]], [[Rotationsellipsoid]], [[elliptisches Paraboloid]] und [[einschaliges Hyperboloid]].<br />
<br />
== Beispiel ==<br />
<br />
: <math> J(f) = \int_{0}^{2}3^{3x-1} \, \mathrm{d}x = \left.\frac{3^{3x-2}}{\ln(3)}\right|_0^2 = \frac{728}{9 \ln(3)} = 73{,}6282396649\dots</math><br />
Mit Hilfe der im Folgenden erklärten Simpsonregel soll dieses bestimmte Integral näherungsweise berechnet werden.<br />
<br />
== Fehlerabschätzung ==<br />
<br />
Das '''Restglied''' (alternativ der '''Quadraturfehler''') <math>E(f)</math> beschreibt die Differenz des tatsächlichen Integrals und der Näherung durch die Simpsonregel:<br />
<br />
:<math>J(f) = \int_a^b f(x)\, \mathrm dx = S(f) + E(f).</math><br />
<br />
Ist <math>f(x)</math> viermal stetig differenzierbar in <math>[a,b]</math>, dann gilt für das Restglied <math>E(f)</math> die Abschätzung<br />
<br />
:<math>\left| E(f) \right| \le \frac{(b-a)^5}{2880} \max_{a\le x \le b} {\left| f^{(4)}(x) \right|}.</math><br />
<br />
Ist <math>f(x)</math> zusätzlich noch reellwertig, dann gilt mit einer geeigneten Zwischenstelle <math>\zeta</math> aus <math>[a,b]</math> für das Restglied<br />
<br />
:<math>E(f) = - \frac{(b-a)^5}{2880}{f^{(4)}(\zeta)}.</math><br />
<br />
Diese Restglieddarstellung wurde 1887 von [[Giuseppe Peano]] gefunden. Sie besagt insbesondere, dass die Simpsonregel Polynome vom Grad drei exakt integriert, also einen Grad höher als man nach Konstruktion erwarten würde. Diese Eigenschaft haben alle (abgeschlossenen und offenen) Newton-Cotes-Formeln von geradem Grad.<br />
<br />
== Veranschaulichung durch Rechteckflächen ==<br />
[[Bild:Simpsons3bk.jpg|mini|Simpsonsche Formel Veranschaulichung]]<br />
Das Integral der Näherungs-Parabel ist gleich der schraffierten Fläche von sechs Rechtecken, deren Breite jeweils 1/6 des Intervalls <math>[a,b]</math> ist. Ein Rechteck hat dabei die Höhe <math>f(a)</math>, ein Rechteck die Höhe <math>f(b)</math> und vier Rechtecke die Höhe <math>f(m)</math>.<br />
<br />
Hier sieht man auch den Zusammenhang mit der [[Trapezregel#Sehnentrapezformel|Sehnentrapezformel]] <math>T(f)=\frac{b-a}2\bigl(f(a)+f(b)\bigr)</math> und der [[Tangententrapezformel]] <math>M(f)=(b - a) \ f\left(\frac{a + b}{2} \right)</math><br />
<br />
Während die zwei äußeren Rechtecke der Näherung durch die (mit 1/3 skalierte) Sehnentrapezformel entsprechen, entsprechen die übrigen Rechtecke der (mit 2/3 skalierten) Tangententrapezformel:<br />
<br />
:<math> S(f)=\frac 13 \left( T(f)+2M(f) \right).</math><br />
<br />
== Summierte simpsonsche Formel ==<br />
Um das Integral noch besser annähern zu können, unterteilt man das Intervall <math>[a,b]</math> in nebeneinanderliegende, gleich große Teilintervalle. <br />
In jedem Teilintervall wendet man die simpsonsche Formel für die einzelnen Teilflächen an und addiert danach die entstandenen Näherungen. Damit erhält man die ''summierte'' oder ''zusammengesetzte'' Simpsonregel.<br />
Es gibt unterschiedliche Notationen für die Unterteilung in Teilintervalle, die zu verschiedenen Formulierungen der Summierten simpsonschen Formel führen.<br />
<br />
=== Variante 1 ===<br />
[[Datei:Composite Simpsons rule.png|right|mini|450px|Summierte simpsonsche Formel für N=2]]<br />
Hier unterteilt man das Intervall <math>[a,b]</math> in <math>N</math> nebeneinanderliegende, gleich große Teilintervalle <math>[x_i,x_{i+1}]</math> der Länge <math>h</math>. <br />
In jedem Teilintervall wendet man die simpsonsche Formel <br />
<math>\frac{h}{6} \cdot (f(x_i) + 4 \cdot f \left( \frac{x_{i}+x_{i+1}}2 \right) + f(x_{i+1}))</math><br />
an und addiert danach die entstandenen Näherungen.<br />
Mit <math>h = \frac{b-a}{N}</math> und <math>x_k=a+k\cdot h</math> erhält man:<br />
:<math>S^{(N)}(f)=\frac h6 \cdot \left( f(x_0) + 4 \cdot f \left( \frac{x_0+x_1}2 \right) + 2 \cdot f(x_1) + 4 \cdot f \left( \frac{x_1+x_2}2 \right)+ \dotsb + 2 \cdot f(x_{N-1}) + 4 \cdot f \left( \frac{x_{N-1}+x_N}2 \right) + f(x_{N})\right)</math><br />
bzw.<br />
:<math>S^{(N)}(f)=\frac h6 \cdot \left(f(x_0)+2\sum_{k=1}^{N-1}f(x_k)+f(x_N)+4\sum_{k=1}^{N}f \left(\frac{x_{k-1}+x_k}2 \right)\right)</math><br />
<br />
==== Beispiel ====<br />
Angewandt auf obiges Beispiel:<br />
<br />
Sei <math>N = 3</math> und somit die Schrittweite <math>h = \tfrac 23</math>. Dann ist<br />
:<math>\begin{align}<br />
S^{(3)}(f) &= \frac 2{18}\left( f(0) + 2\left(f\left(\frac 23\right) + f\left(\frac 43\right)\right) + f(2)<br />
+4\left(f\left(\frac{1}{3}\right) + f\left(\frac{3}{3}\right) + f\left(\frac{5}{3}\right) \right)\right)\\<br />
&=\frac{2002}{27} = 74{,}\overline{148}\\<br />
\end{align}</math><br />
<br />
Sei <math>N = 6</math> und somit die Schrittweite <math>h = \tfrac 26 = \tfrac 13</math>. Dann ist<br />
:<math>\begin{align}<br />
S^{(6)}(f) &= \frac 1{18}\left( f(0) + 2\left(f\left(\frac 13\right) + f\left(\frac 23\right) + f(1) + f\left(\frac 43\right) + f\left(\frac 53\right)\right) + f(2)\right)\\<br />
&+\frac 1{18}\left(4\left(f\left(\frac{1}{6}\right) + f\left(\frac{3}{6}\right) + f\left(\frac{5}{6}\right) + f\left(\frac{7}{6}\right) + f\left(\frac{9}{6}\right) + f\left(\frac{11}{6}\right) \right)\right)\\<br />
&=\frac 13 \left(T^{(6)}(f)+2M^{(6)}(f)\right) = \frac{4 \cdot T^{(12)}(f)-T^{(6)}(f)}{3} = \frac{728 \cdot (\sqrt 3 + 1)}{27} = 73{,}66418473741264\dots\\<br />
\end{align}</math><br />
<br />
Dabei ist <math> T^{(6}(f) </math> der Wert der [[Sehnentrapezregel]] und <math> M^{(6)}(f) </math> der Wert der [[Tangententrapezregel]].<br />
<br />
==== Fehlerabschätzung ====<br />
Die Fehlerabschätzung für das Restglied <math>E(f) = \int_{a}^{b} f(x)\,dx - Q(f)</math> lautet<br />
<br />
:<math>\left| E(f) \right| \le \frac{(b-a)}{2880}h^4 \max_{a\le x \le b} {\left| f^{(4)}(x) \right|},</math><br />
<br />
beziehungsweise für reellwertige Funktionen mit einer geeigneten Zwischenstelle <math>\zeta</math> aus dem Intervall <math>[a,b]</math><br />
<br />
:<math>E(f)=-\frac{(b-a)}{2880}h^4f^{(4)}(\zeta).</math><br />
Der Faktor <math> h^4 </math> in obiger Formel bedeutet, dass bei einer Halbierung der Schrittweite (Verdoppelung der Intervalle), wie es beim [[Romberg-Verfahren]] mit der Romberg-Folge der Fall ist, der Fehler in etwa um den Faktor 16 kleiner wird, wie auch nachfolgendes Beispiel zeigt:<br />
<br />
===== Beispiel =====<br />
<br />
Angewandt auf obiges Beispiel:<br />
<br />
Mit <math>f^{(4)}(x)=3^{3x+3} \cdot \ln(3)^4</math> folgt<br />
:<math>\max_{0\le x\le 2} \left|f^{(4)}(x)\right|=3^{3\cdot2+3} \cdot \ln(3)^4=3^9\cdot(\ln(3))^4</math> <br />
und somit die Fehlerabschätzung <br />
:<math>\left| E^{(3)}(f)\right|\le\frac{2}{2880} \cdot \left(\frac{2}{3}\right)^{4}\cdot3^9\cdot(\ln(3))^4=\frac{27\cdot(\ln(3))^4}{10}= 3{,}933\dots</math>, <br />
die erwartungsgemäß einen größeren Wert ergibt als den exakten Wert<br />
:<math> E^{(3)}(f)=-0{,}5199\dots.</math><br />
Analog erhält man die Fehlerabschätzung<br />
:<math>\left| E^{(6)}(f)\right|\le\frac{2}{2880} \cdot \left(\frac{1}{3}\right)^{4}\cdot3^9\cdot(\ln(3))^4=\frac{27\cdot(\ln(3))^4}{160}= 0{,}2458\dots</math>, <br />
die erwartungsgemäß einen größeren Wert ergibt als den exakten Wert<br />
:<math>E^{(6)}(f)=-0{,}0359\dots.</math><br />
Es gilt<br />
:<math>\left| E^{(6)}(f)\right|=0{,}0359\dots \approx \frac{\left| E^{(3)}(f)\right|}{16}=\frac{0{,}5199\dots}{16}=0{,}03249\dots.</math><br />
<br />
==== Fehlerschätzung ====<br />
<br />
Rechnet man die Simpsonregel zweimal mit 2 verschiedenen Anzahlen von Intervallen <math>N \ne M </math>, so erhält man folgende Fehlerschätzung: <br />
<br />
:<math> E^{(N)}(f)\approx \frac{M^4}{M^4-N^4}\left(S^{(M)}(f)-S^{(N)}(f)\right).</math><br />
<br />
Speziell bei der Verdoppelung der Intervalle <math> M=2N </math> (Halbierung der Schrittweite) erhält man die Fehlerschätzung:<br />
:<math> E^{(N)}(f)\approx \frac {16}{15} \left(S^{(2N)}(f)-S^{(N)}(f)\right).</math><br />
<br />
Angewandt auf das obige Beispiel erhält man<br />
:<math>\begin{align} <br />
E^{(3)}(f)=-0{,}5199\dots &\approx \frac {16}{15} \left(S^{(6)}(f)-S^{(3)}(f)\right)\\<br />
&=-0{,}5162\dots.<br />
\end{align}</math><br />
<br />
=== Variante 2 ===<br />
[[Datei:Composite Simpsons rule2.png|right|mini|450px|Summierte simpsonsche Formel für N=4]]<br />
Hier unterteilt man das Intervall <math>[a,b]</math> in <math>n=N/2</math> nebeneinanderliegende, gleich große Teilintervalle <math>[x_i,x_{i+2}]</math> mit Mittelpunkt <math>x_{i+1}</math> und Länge <math>2h</math> mit <math>h = \frac{b-a}{N}</math>.<br />
Da <math>N</math> jetzt gegenüber Variante 1 doppelt so groß ist, ist <math>h</math> gegenüber Variante 1 nur halb so groß. Somit muss in allen Formeln von Variante 1 das <math>h</math> durch <math>2h</math> ersetzt werden. <br />
<br />
Für jedes gerade <math>i</math> wendet man auf das Intervall <math>[x_i,x_{i+2}]</math> die simpsonsche Formel <br />
:<math>\frac{2h}{6} \cdot (f(x_i) + 4 \cdot f(x_{i+1}) + f(x_{i+2}))=\frac{h}{3} \cdot (f(x_i) + 4 \cdot f(x_{i+1}) + f(x_{i+2}))</math> <br />
an und addiert danach die entstandenen Näherungen.<br />
<br />
Für gerades <math>N</math> gilt nun <math>n=N/2</math>, <math>h = \frac{b-a}{N}</math> und <math>x_k=a+k\cdot h</math> und man erhält:<br />
<br />
:<math>S^{(n)}(f)=\frac{h}{3}\left( f(x_0)+4\cdot f(x_1)+2\cdot f(x_2)+4\cdot f(x_3)+2\cdot f(x_4)+\dotsb +4\cdot f(x_{N-1})+f(x_N)\right).</math><br />
bzw.<br />
<br />
:<math>S^{(n)}(f)= \frac{h}{3}\left( f(x_0)+ 2 \sum_{k=1}^{n-1}f(x_{2k})+ f(x_{2n}) + 4\sum_{k=1}^{n}f(x_{2k-1}) \right)</math><br />
<br />
==== Beispiel ====<br />
Angewandt auf obiges Beispiel:<br />
<br />
Sei <math>N = 6</math>, <math>n = N/2= 3</math> und die Schrittweite <math>h = \tfrac 26 = \tfrac 13</math>. Dann ist<br />
:<math>\begin{align}<br />
S^{(3)}(f) &= \frac 19\left( f(0) + 2\left(f\left(\frac 23\right) + f\left(\frac 43\right)\right) + f(2)<br />
+4\left(f\left(\frac{1}{3}\right) + f\left(\frac{3}{3}\right) + f\left(\frac{5}{3}\right) \right)\right)\\<br />
&=\frac{2002}{27} = 74{,}\overline{148}\\<br />
\end{align}</math>.<br />
Das ist das gleiche Resultat wie in Variante 1.<br />
<br />
==== Fehlerabschätzung ====<br />
<br />
Die Fehlerabschätzung für das Restglied <math>E^{(n)}(f) = \int_{a}^{b} f(x)\,dx - S^{(n)}(f)</math> lautet nun<br />
<br />
:<math>\left| E^{(n)}(f) \right| \le \frac{(b-a)}{2880}(2h)^4 \max_{a\le x \le b} {\left| f^{(4)}(x) \right|}=\frac{(b-a)}{180}h^4 \max_{a\le x \le b} {\left| f^{(4)}(x) \right|},</math><br />
<br />
beziehungsweise für reellwertige Funktionen mit einer geeigneten Zwischenstelle <math>\zeta</math> aus dem Intervall <math>[a,b]</math><br />
<br />
:<math>E^{(n)}(f)=-\frac{(b-a)}{180}h^4f^{(4)}(\zeta).</math><br />
<br />
== Zusammenhang mit anderen Formeln == <br />
Addiert man zum Näherungswert <math> S^{(N)}(f)</math> die Fehlerschätzung für <math> E^{(N)}(f)</math>, so erhält man die i.A. bessere Formel:<br />
<br />
:<math> R^{(N)}(f) = S^{(N)}(f) + \frac{16}{15}\left(S^{(2N)}(f)-S^{(N)}(f)\right) = \frac{16 \cdot S^{(2N)}(f)-S^{(N)}(f)}{15}.</math> <br /><br />
Das ist die Formel für die 3. Spalte des Rechenschemas der [[Romberg-Integration]] bei Verwendung der Romberg-Folge und gleichzeitig das Resultat der Milne-Regel (Abgeschlossene [[Newton-Cotes-Formel]] mit Genauigkeitsgrad 5) bei Anwendung auf <math> N</math> Teilintervalle von <math> [a,b].</math> <br />
<br />
Angewandt auf obiges Beispiel erhält man mit <br />
<br />
:<math> R^{(3)}(f) = \frac{16 \cdot S^{(6)}(f)-S^{(3)}(f)}{15} = \frac{16 \cdot 73{,}664\dots-74{,}\overline{148}}{15}=73{,}63192\dots </math><br />
<br />
eine bessere Näherung für das exakte Integral <math> J(f) = \int_{0}^{2}3^{3x-1} \, \mathrm{d}x = 73{,}6282396649\dots</math> <br />
<br />
als mit <math> S^{(3)}(f)= 74{,}\overline{148}</math> oder <math> S^{(6)}(f)= 73{,}664\dots, </math><br />
<br />
bei gleicher Anzahl auszuwertender Funktionswerte wie bei <math> S^{(6)}(f) </math>, nämlich 13 Stück.<br />
<br />
== Volumenberechnung ==<br />
<br />
Der Name Fassregel lässt sich durch die folgende Anwendung begründen: Zur Berechnung des Volumens eines [[Weinfass]]es sei <math>q(x)</math> die Querschnittsfläche quer zur Längsachse in der Entfernung <math>x</math> vom Boden des Fasses; sie lässt sich durch Bestimmung des Umfanges leicht ausrechnen. Ist <math>h</math> die Höhe des Fasses, so ist das Volumen gleich<br />
: <math>V = \int_0^h q(x)\,\mathrm dx.</math><br />
Die Keplersche Fassregel gibt nun<br />
: <math>V \approx \frac{h}{6} \cdot \left(q(0) + 4q \left( \frac{h}{2} \right) + q(h)\right)</math><br />
als Näherungswert für das Volumen eines Körpers, dessen Querschnitt an drei Stellen bekannt ist. Ist der Körper ein Rotationskörper, so gilt bei Rotation der Funktion <math>g(x)</math> um die x-Achse:<br />
<br />
:<math>\begin{align}<br />
V &= \pi \cdot \int_0^h (g(x))^2 \mathrm{d}x\\<br />
&\approx \pi \frac{h}{6} \cdot \left(\left(g(0)\right)^2 + 4\left(g \left( \frac{h}{2} \right)\right)^2 + (g(h))^2\right)<br />
\end{align}</math><br />
<br />
Für bestimmte Rotationskörper wie [[Kegel (Geometrie)|Kegel]] und [[Kegelstumpf]], [[Zylinder (Geometrie)|Zylinder]], [[Rotationsellipsoid]] und [[Rotationsparaboloid]] gibt diese Formel das genaue Volumen an.<br />
<br />
Ist <math>u</math> der Umfang von Boden und Deckel und <math>U</math> der Umfang in der Mitte des Fasses, so ergibt sich daraus der Näherungswert <math> N </math><br />
<br />
:<math> V \approx N = \pi \frac{h}{6}\cdot \left[ 2 \left( {\frac{u}{2\pi}} \right)^2 + 4 \left( {\frac{U}{2\pi}} \right)^2 \right] \ <br />
<br />
= \pi \frac{h}{6}\cdot \left[ 2 \left( \frac{u^2}{4\pi^2} \right) + 4 \left( \frac{U^2}{4\pi^2} \right) \right]=\frac h{12\pi}\cdot \left[u^2 + 2U^2\right].</math><br />
<br />
Hat das Fass eine parabolische Krümmung, so erhält man das Fass durch Rotation der Funktion <math>g(x)=ax^2+bx+c</math> um die x-Achse. Legt man zur Vereinfachung das Achsenkreuz in die Mitte des Fasses, so gilt <br />
<br />
:<math>g(x)=2 {\frac{u-U}{\pi h^2}}x^2+{\frac{U}{2\pi}}.</math>.<br />
<br />
Als exakten Wert erhält man <br />
<br />
:<math> V = \pi \cdot \int_{-\frac{h}{2}}^\frac{h}{2} (g(x))^2\,\mathrm dx=\frac{h}{60\pi}\cdot \left[3u^2 + 4Uu + 8 U^2 \right].</math><br />
<br />
Als Fehler erhält man<br />
<br />
:<math> E(f) = V - N = \frac{h}{60\pi}\cdot \left[3u^2 + 4Uu + 8 U^2 \right]-\frac h{12\pi}\cdot \left[u^2 + 2U^2\right]=- \frac{h}{30\pi}\cdot (u-U)^2.</math><br />
<br />
An diesem Beispiel kann man die Gültigkeit der oben angegebenen Formel<br />
<br />
:<math>E(f) = - \frac{(b-a)^5}{2880}{f^{(4)}(\zeta)}</math><br />
<br />
gut verifizieren. Hier ist <math>b-a=h</math> und <br />
<br />
:<math>f(x)=\pi \cdot (g(x))^2=\pi \cdot \left({2\frac{u-U}{\pi h^2}}x^2+{\frac{U}{2\pi}} \right)^2</math><br />
<br />
ein Polynom vom Grad 4 mit konstanter 4. Ableitung: <br />
<br />
:<math>f^{(4)}(x)=\frac{96\cdot (u-U)^2}{\pi \cdot h^4}.</math>.<br />
<br />
Für den Fehler erhält man <br />
<br />
:<math> E(f) = - \frac{h^5}{2880}\cdot \frac{96\cdot (u-U)^2}{\pi \cdot h^4}=- \frac{h}{30\pi}\cdot (u-U)^2\le0,</math>,<br />
<br />
somit den gleichen Wert wie oben.<br />
<br />
Der Fehler ist kleiner/gleich 0, somit ist die Näherung <math> N </math> größer/gleich als das exakte Volumen <math> V </math>. Der Fehler ist umso größer, je mehr sich <math> u </math> und <math> U </math> unterscheiden, je gewölbter das Fass ist. Der Fehler ist genau dann 0, wenn <math> u=U </math>, wenn also das Fass ein Zylinder ist, in Übereinstimmung mit obiger Aussage, dass die Formel für Zylinder exakt ist.<br />
<br />
== Verwendung als Runge-Kutta-Verfahren ==<br />
<br />
Die Simpsonregel lässt sich auch als [[Runge-Kutta-Verfahren]] darstellen, und zwar mit dem Butcher-Schema<br />
<br />
:<math>\begin{array}{c|ccc}<br />
0 & 0 & 0 & 0\\<br />
\frac{1}{2} & \frac{1}{2} & 0 & 0\\<br />
1 & -1 & 2 & 0\\<br />
\hline<br />
& \frac{1}{6} & \frac{4}{6} & \frac{1}{6}<br />
\end{array}.</math><br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* Hans R. Schwarz, Norbert Köckler: ''Numerische Mathematik.'' 6. Auflage, Teubner, Stuttgart 2006, ISBN 3-519-42960-8, S. 311-316.<br />
* Johannes Kepler: ''Neue Stereometrie der Fässer''. Aus dem Lateinischen übersetzt und herausgegeben von R. Klug. W. Engelmann. Leipzig, 1908.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.keplerraum.at/fass.html Website des Museumsraum zu Johannes Kepler des Bundesrealgymnasium Kepler, Graz]<br />
<br />
[[Kategorie:Numerische Mathematik]]</div>CheChe