https://de.wikipedia.org/w/api.php?action=feedcontributions&feedformat=atom&user=222.127.231.29Wikipedia - Benutzerbeiträge [de]2025-06-29T06:14:06ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.45.0-wmf.7https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Historikerstreit&diff=92052164Historikerstreit2011-08-04T09:15:27Z<p>222.127.231.29: Änderung 92022987 von Kopilot wurde rückgängig gemacht. kein Revert-Grund</p>
<hr />
<div>Der '''Historikerstreit''' von 1986/87 war eine [[Zeitgeschichte|zeitgeschichtliche]] Debatte um die [[Holocaustforschung#Singularitätsdebatte|Singularität]] des [[Holocaust]] und die Frage, welche Rolle dieser für ein [[identität]]sstiftendes [[Geschichtsbild]] der [[Deutschland|Bundesrepublik Deutschland]] spielen soll. <br />
<br />
Auslöser war [[Ernst Nolte]]s als Frage formulierte Darstellung des Holocaust als Reaktion der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] auf frühere Ausrottungsmaßnahmen und [[Gulag]]s in der [[Sowjetunion]]. Diese und andere Aussagen bundesdeutscher Historiker kritisierte der Philosoph [[Jürgen Habermas]] als [[Geschichtsrevisionismus|„Revisionismus“]], der ein deutsches [[Nationalismus|Nationalbewusstsein]] durch das Abschütteln einer „entmoralisierten Vergangenheit“ zu erneuern versuche. Daraus entwickelte sich eine überwiegend über [[Leserbrief]]e in der [[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]], der [[Die Zeit|Zeit]], dem [[Der Spiegel|Spiegel]] und der [[die tageszeitung|Tageszeitung]] ausgetragene, etwa einjährige Debatte, an der zahlreiche deutsche Historiker, Journalisten und andere interessierte Autoren teilnahmen.<br />
<br />
== Vorgeschichte ==<br />
Die [[Deutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre]] hatte eine gründliche [[Vergangenheitsbewältigung]] zur [[Zeit des Nationalsozialismus|NS-Zeit]] energisch gefordert und ihr Impulse gegeben. Die bundesdeutsche [[Geschichtswissenschaft]] hatte die [[NS-Forschung]] seit etwa 1965 intensiviert, jedoch bis 1986 keine eigene Gesamtdarstellung des Holocaust hervorgebracht.<ref>Ulrich Herbert: ''Der Historikerstreit. Politische, wissenschaftliche, biographische Aspekte.'' In: Martin Sabrow, Ralph Jessen, Klaus Große Kracht (Hrsg.): ''Zeitgeschichte als Streitgeschichte. Große Kontroversen seit 1945.'' München 2003, S. 101</ref> <br />
<br />
Seit etwa 1973 kam es unter bundesdeutschen Historikern zu einem Grundsatzstreit über die geschichtswissenschaftliche Methodik, der etwa in Gestalt der [[Fischer-Kontroverse]] auch andere Epochen der deutschen Geschichte betraf. Ältere, bis dahin führende Fachhistoriker zur NS-Zeit wie [[Andreas Hillgruber]] und [[Klaus Hildebrand]] konzentrierten sich traditionell auf Führungspolitiker, ihre Ideen und Handlungsspielräume und verteidigten diese Methode.<ref>z.B. Andreas Hillgruber: ''Politische Geschichte in moderner Sicht.'' In: Historische Zeitschrift 216 (1973), S. 529-552; Klaus Hildebrand: ''Geschichte oder „Gesellschaftsgeschichte“? Die Notwendigkeit einer politischen Geschichtsschreibung von den internationalen Beziehungen.'' In: Historische Zeitschrift 223 (1976), S. 328-357</ref> Jüngere Historiker wie [[Hans Mommsen]], [[Wolfgang J. Mommsen]] und [[Hans-Ulrich Wehler]], die Habermas später im Historikerstreit unterstützten, vertraten dagegen eine sozialwissenschaftliche, an Gesellschaftsstrukturen und Interessengegensätzen orientierte Herangehensweise.<ref>Hans Ulrich Wehler: ''Moderne Politikgeschichte oder „Große Politik der Kabinette“?'' In: ''Geschichte und Gesellschaft 1'' (1975), S. 345-369; ''Kritik und kritische Antikritik.'' In: Historische Zeitschrift 225 (1977), S. 347-384; Zusammenfassung: Eckart Conze: ''Moderne Politikgeschichte. Aporien einer Kontroverse.'' In: Guido Müller (Hrsg.): ''Deutschland und der Westen. Internationale Beziehungen im 20. Jahrhundert.'' Stuttgart 1988, S. 19-30</ref> Von beiden Seiten anerkannt wurde jedoch die Aufgabe einer „Historisierung“ der NS-Zeit, die [[Martin Broszat]] der deutschen Historikerzunft in einem Aufsatz 1985 stellte. Er verstand darunter eine umfassende Erforschung der historischen und sozialen Bedingungen für den Nationalsozialismus und seine Einordnung in die deutsche Gesamtgeschichte, wobei er sich bereits von geschichtspolitisch motivierten Versuchen einer Relativierung der NS-Verbrechen abgrenzte.<ref>Martin Broszat: ''Plädoyer für eine Historisierung des Nationalsozialismus.'' In: Merkur 39 (1985), S. 373-385</ref><br />
<br />
Seit etwa 1979 sahen einige dem linksliberalen Spektrum zugeordnete Wissenschaftler einen konservativen Richtungswechsel im wissenschaftlichen und öffentlichen Diskurs über die NS-Zeit. Jürgen Habermas beschrieb damals eine „[[Neue Rechte]]“, die eine „Rückeroberung von Definitionsgewalten“ geradezu strategisch plane. Auch in der NS-Forschung sahen Hans und Wolfgang Mommsen und Hans-Ulrich Wehler solche Tendenzen.<ref>Jürgen Habermas (Hrsg.): ''Stichworte zur geistigen Situation der Zeit.'' (1979) 2 Bände, Suhrkamp, 3. Auflage, Frankfurt am Main 1980, ISBN 3518110004, Vorwort S. 21; Hans Mommsen: ''Die Last der Vergangenheit'', Band 1, S. 164-184; Wolfgang J. Mommsen: ''„Wir sind wieder wer.“ Wandlungen im politischen Selbstverständnis der Deutschen'', Band 1, S. 185-209; Hans-Ulrich Wehler: ''Geschichtswissenschaft heute'', Band 2, S. 709-753</ref> Die „geistig-moralische Wende“, die Bundeskanzler [[Helmut Kohl]] 1982 in seiner Regierungserklärung ankündigte, besonders sein Diktum von der „Gnade der späten Geburt“ 1984 in [[Israel]] und sein Besuch eines Soldatenfriedhofs in [[Bitburg]], auf dem auch [[Waffen-SS]]-Mitglieder begraben sind, mit US-Präsident [[Ronald Reagan]] 1985 betrachteten viele als Zeichen und Verstärkung eines Trends, die historisch-politische Auseinandersetzung mit der NS-Zeit im Sinne einer verbreiteten [[Schlussstrich]]-Mentalität stillzulegen. Sie lehnten daher Kohls Initiative für ein [[Deutsches Historisches Museum]] in [[Berlin (West)]] und die Besetzung der Gründungskommission (darunter [[Michael Stürmer]]) vielfach als Versuch ab, ein konservatives, nationalverträgliches Geschichtsbild politisch zu verordnen.<ref>Christoph Stölzl (Hrsg.): ''Deutsches Historisches Museum. Ideen – Kontroversen – Perspektiven.'' (1988) Propyläen Verlag, 1998, ISBN 3549066821</ref><br />
<br />
Demgegenüber wurde der Holocaust in den Massenmedien seit dem Film ''[[Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiß]]'' (1978; deutsch Januar 1979) und erneut mit dem Film [[Shoah (Film)|Shoah]] (1986) verstärkt thematisiert. Am 50. Jahrestag der nationalsozialistischen „[[Machtergreifung]]“ (30. Januar 1983) und am 40. Jahrestag der [[Bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht|deutschen Gesamtkapitulation]] (8. Mai 1985) wurde der NS-Verbrechen öffentlich breit gedacht. Bundespräsident [[Richard von Weizsäcker]] beschrieb den 8. Mai 1945 erstmals vorrangig als „Tag der Befreiung“ vom [[Nationalsozialismus]], nicht mehr nur als Niederlage der [[Wehrmacht]], und bekannte sich zum Vorrang des Gedenkens an die [[NS-Opfer]].<ref> [http://www.hdg.de/lemo/html/dokumente/NeueHerausforderungen_redeVollstaendigRichardVonWeizsaecker8Mai1985/index.html Ansprache des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 in der Gedenkstunde im Plenarsaal des Deutschen Bundestages (DHG)]</ref><br />
<br />
Die bereits existierende fachhistorische Polarisierung, die politische Konstellation sowie das Austragen fachwissenschaftlicher Debatten in Massenmedien waren laut [[Klaus Große Kracht]] wesentliche Ursachen für Lagerbildung, polemische Überspitzungen und Mangel an weiterführenden Ergebnissen des späteren Historikerstreits.<ref>Klaus Große Kracht: ''Der Historikerstreit: Grabenkampf in der Geschichtskultur.'' In: Klaus Große Kracht: ''Die zankende Zunft. Historische Kontroversen in Deutschland nach 1945.'' Göttingen 2005, S. 91-114; ähnlich Richard J. Evans: ''Im Schatten Hitlers?'' Frankfurt am Main 1991, S. 27-40</ref><br />
<br />
== Debattierte Texte ==<br />
=== Ernst Nolte ===<br />
1980 hielt der Historiker Ernst Nolte den Vortrag ''Zwischen Geschichtslegende und Revisionismus'' vor der [[Carl Friedrich von Siemens Stiftung]], den die FAZ am 24. Juli 1980 gekürzt abdruckte. Einige Aussagen daraus wurden 1986 in den Streit einbezogen. <br />
<br />
Nolte konstatierte ein durchweg und anhaltend negatives Bild des [[Deutsches Reich 1933-1945|„Dritten Reichs“]], das er auf dessen Schuld am [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]], seine reaktionäre Ideologie ([[Blut und Boden]], [[Rassismus]]) und seine singulären Gewalttaten an [[Juden]], [[Slawen]], Geisteskranken und [[Roma]] (die er [[Zigeuner]] nannte), besonders auf die [[Gaskammer (Massenmord)|Gaskammern]] der [[Vernichtungslager]], zurückführte. Dies habe dazu geführt, „dass im Nachhinein bloß die Stimme der Opfer vernehmbar war“. Dies berge die Gefahr für die Wissenschaft in sich, die Geschichte nur aus dem Blickwinkel der Sieger wahrzunehmen und festzuschreiben. Heute bedürfe diese Sicht aufgrund neuer Zeitumstände einer Revision, die aber nicht Anklage durch Entschuldung ersetzen könne.<br />
<br />
Nolte referierte dann drei Bücher, die er als damals aktuelle „revisionistische Ansätze“ beschrieb, zuletzt [[David Irving]]s Buch ''Hitler und seine Feldherren'' (1975). Nachdem er Irvings Thesen zurückwies, [[Adolf Hitler]] habe von der [[Endlösung der Judenfrage|„Endlösung“]] nichts gewusst und hätte den Krieg bei besserer Umsetzung seiner strategischen Pläne gewinnen können, griff er einige Behauptungen Irvings auf: Hitler habe „gute Gründe“ gehabt, {{"|von dem Vernichtungswillen seiner Gegner sehr viel früher überzeugt zu sein als zu dem Zeitpunkt, wo die ersten Nachrichten über die Vorgänge in Auschwitz zur Kenntnis der Welt gelangt waren.}} Denn der Präsident der [[Jewish Agency]] [[Chaim Weizmann]] habe Anfang September 1939 geäußert, dass {{"|die Juden in aller Welt in diesem Krieg auf der Seite Englands kämpfen würden.}} Damit lasse sich die These begründen, {{"|dass Hitler die deutschen Juden als Kriegsgefangene behandeln und d.h. internieren durfte.}} Im April 1986 ergänzte Nolte hinter „Kriegsgefangene“ in einer Fußnote: {{"|- oder genauer gesagt, als Zivilinternierte nach dem Muster der Deutschen in England ab September 1939 oder der amerikanischen Staatsbürger japanischer Herkunft in den USA 1941-1945}}. Auch der [[Operation Gomorrah|Luftangriff auf Hamburg]] 1943 zeige einen „Vernichtungswillen der Alliierten gegenüber der deutschen Zivilbevölkerung“, der nicht durch ihre Kenntnis vom Holocaust verursacht worden sein könne.<ref>Rudolf Augstein u. a.: ''Historikerstreit. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper, München/Zürich 1987, S. 13-35, Zitate S. 24.</ref><br />
<br />
Am 6. Juni 1986 veröffentlichte Nolte in der FAZ den Vortrag ''Vergangenheit, die nicht vergehen will'', den er für die Frankfurter [[Römerberggespräche]] vorgesehen, dort aber nicht gehalten hatte. Als Gründe, warum die gemeinte NS-Zeit nicht vergehen wolle, nannte er vor allem die Erinnerung an die „Ungeheuerlichkeit der fabrikmäßigen Vernichtung von mehreren Millionen Menschen“. Dann fragte er, ob die verbreitete Schlussstrich-Mentalität nicht einen wahren Kern enthalte: Die Rede von einer „[[Kollektivschuld|Schuld der Deutschen]]“ ähnele der [[NS-Propaganda]] von der „Schuld der Juden“ und sei bei Deutschen unaufrichtig, da bloß gegen „alte Gegner“ gerichtet. Die Aufmerksamkeit für den Holocaust lenke von anderen NS-„Tatbeständen“, etwa der [[Euthanasie]] und Behandlung der russischen Kriegsgefangenen, und von gegenwärtigen Fragen ab, etwa nach dem ungeborenen Leben ([[Abtreibung]]) und danach, ob die [[Sowjetisch-Afghanischer Krieg|sowjetische Besetzung Afghanistans]] Völkermord sei. Auf diese angebliche Nichtbeachtung führte er auch damalige Skandale zurück, bei denen Politikern [[Antisemitismus (nach 1945)|Antisemitismus]] vorgeworfen wurde. Dabei mache der Film ''Shoah'' wahrscheinlich, dass [[Schutzstaffel|SS]]-Lageraufseher „auf ihre Art Opfer sein mochten“ und es unter polnischen NS-Opfern „virulenten Antisemitismus gab“. Eine Revision früherer „Schwarz-Weiß-Bilder“ erscheine gefährlich, weil die Deutschen sich mit der NS-Zeit bis 1939 identifizieren könnten. Dies sei aber schon wegen Hitlers „Vernichtungsbefehlen gegen das deutsche Volk“ im März 1945 undenkbar. <br />
<br />
Dann fragte er, was spätere Nationalsozialisten zum Holocaust bewogen habe, die den [[Völkermord an den Armeniern]] 1915 direkt beobachtet und als Vernichtung nach „asiatischer Art“ beurteilt hätten. Hitler habe eine mögliche Antwort gezeigt, indem er 1943 nach der Niederlage von [[Schlacht um Stalingrad|Stalingrad]] auf den „Rattenkäfig“ verwiesen habe, mit dem die Sowjets gefangene deutsche Offiziere in Moskau zu Geständnissen und Zusammenarbeit bringen würden. Nolte deutete „Rattenkäfig“ nach [[George Orwell]]s Roman ''[[1984 (Roman)|1984]]'' als Androhung einer von chinesischen [[Tscheka|Tschekisten]] überlieferten Foltermethode; die Deutung auf die [[Lubjanka]], die Folterzentrale der sowjetischen Geheimpolizei, sei falsch. Ferner seien alle späteren Verbrechensmethoden der Nationalsozialisten außer der Vergasung in den 1920er Jahren schon beschrieben worden. Deshalb sei die Frage zulässig und unvermeidbar:<ref>Ernst Nolte: ''Die Vergangenheit, die nicht vergehen will. Eine Rede, die geschrieben, aber nicht gehalten werden konnte.'' FAZ, 6. Juni 1986; zitiert nach: Ernst Reinhard Pieper (Hrsg.): ''Historikerstreit. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper, München/Zürich 1987, S. 45; [http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/NeueHerausforderungen_redeNolte1986/index.html Volltext online] im [[LeMO]].</ref><br />
{{Zitat|Vollbrachten die Nationalsozialisten, vollbrachte Hitler eine ‚asiatische‘ Tat vielleicht nur deshalb, weil sie sich und ihresgleichen als potentielle oder wirkliche Opfer einer ‚asiatischen‘ Tat betrachteten? War nicht der ‚Archipel GUlag‘ ursprünglicher als [[KZ Auschwitz-Birkenau|Auschwitz]]? War nicht der ‚Klassenmord‘ der [[Bolschewiki]] das logische und faktische Prius des ‚Rassenmords‘ der Nationalsozialisten? Sind Hitlers geheimste Handlungen nicht gerade auch dadurch zu erklären, daß er den ‚Rattenkäfig‘ nicht vergessen hatte? Rührte Auschwitz vielleicht in seinen Ursprüngen aus einer Vergangenheit her, die nicht vergehen wollte?}}<br />
<br />
Diese Fragen, die zu stellen er sich früher auch gescheut habe, müssten in den größeren Zusammenhang der [[Geschichte Europas]] seit der [[Industrialisierung]] gerückt werden, in deren Brüchen immer wieder „Schuldige“ oder „Urheber“ einer als bedrohlich erlebten Entwicklung gesucht worden seien. Erst in diesem Rahmen werde der qualitative Unterschied der „biologischen“ gegenüber der „sozialen“ Vernichtung deutlich. Man könne Morde durch Vergleiche mit anderen Morden nicht rechtfertigen, aber „den anderen“ Massenmord nicht ausblenden, da hier ein „kausaler Nexus“ wahrscheinlich sei. Der Sinn dieser Geschichtsbetrachtung könne nur im „Freiwerden von der Tyrannei des kollektivistischen Denkens bestehen“, das auch die Vergangenheitsbewältigung der NS-Zeit präge.<ref>Ernst Nolte: ''Vergangenheit, die nicht vergehen will.'' In: Ernst Reinhard Pieper (Hrsg.): ''Historikerstreit. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper, München/Zürich 1987, S. 39-46</ref><br />
<br />
=== Michael Stürmer ===<br />
Am 25. April 1986 veröffentlichte der Historiker Michael Stürmer, damals politischer Berater von Bundeskanzler Helmut Kohl, in der FAZ den Artikel ''Geschichte in geschichtslosem Land''. Er konstatierte einerseits einen Erinnerungsverlust, andererseits ein Interesse an Geschichte, das er als „Rückkehr in die kulturelle Überlieferung“, „Versprechen der Normalität“ und Orientierungssuche für die Zukunft deutete:<br />
{{"|Orientierungsverlust und Identitätssuche sind Geschwister.}} Die Politik dürfe nicht ignorieren, „dass in geschichtslosem Land die Zukunft gewinnt, wer die Erinnerung füllt, die Begriffe prägt und die Vergangenheit deutet.“ <br />
<br />
Die Ungewissheit der nationalen Identität habe schon vor 1945 die deutsche Geschichte bestimmt. Erst gegenwärtig sei nicht mehr die NS-Zeit, sondern die Nachkriegszeit Zentrum der deutschen Geschichtsbetrachtung. Die historische Leistung [[Konrad Adenauer]]s, die Westbindung der Bundesrepublik, werde jedoch durch historische Fehldeutungen und konkurrierende Geschichtsbilder in Frage gestellt. Dieser Zustand könne bei unseren Nachbarn die bange Frage aufwerfen, „wohin das alles treibt“. Da die Bundesrepublik als „Mittelstück im europäischen Verteidigungsbogen“ „weltpolitische und weltwirtschaftliche Verantwortung“ trage, gehe es bei der „Suche nach der verlorenen Geschichte […] um die innere Kontinuität der deutschen Republik und ihre außenpolitische Berechenbarkeit.“<ref>Michael Stürmer: ''Geschichte im geschichtslosen Land.'' (FAZ, 25. April 1986) In: Eugen Rudolf Piper (Hrsg.): ''Historikerstreit. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper, München/Zürich 1987, S. 36-38</ref><br />
<br />
=== Andreas Hillgruber ===<br />
Der Historiker [[Andreas Hillgruber]] veröffentlichte im Frühjahr 1986 das Buch ''Zweierlei Untergang: Die Zerschlagung des Deutschen Reiches und das Ende des europaischen Judentums.'' Darin stellte er zwei unabhängig voneinander verfasste Aufsätze zusammen. Im ersten, längeren Aufsatz beschrieb er den Zusammenbruch der [[Krieg gegen die Sowjetunion 1941–1945|Ostfront]] und die folgende Flucht und Vertreibung der Ostdeutschen. Dabei erörterte er ausführlich die Frage, welche Perspektive der heutige Historiker dazu einnehmen müsse. Er nahm dann die Perspektive der damaligen Wehrmachtssoldaten und fliehenden Deutschen ein, zu denen er selber gehört habe. Er wolle damit die Sicht des 8. Mai 1945 als „Tag der Befreiung“ gegenüber Richard von Weizsäckers Rede 1985 relativieren.<ref>Andreas Hillgruber: ''Zweierlei Untergang: Die Zerschlagung des Deutschen Reiches und das Ende des europaischen Judentums.'' Corso bei Siedler, Berlin 1986, ISBN 3-88680-187-X, S. 24</ref> Im zweiten, kürzeren Aufsatz, den er zuvor für eine wissenschaftliche Tagung erstellt und dort gehalten hatte, beschrieb Hillgruber den Holocaust als alleinige Tat der Nationalsozialisten, ohne die im ersten Aufsatz erörterte Frage der richtigen Perspektive des deutschen Historikers dazu erneut aufzuwerfen.<br />
<br />
== Die Kritik von Jürgen Habermas ==<br />
Am 11. Juli 1986 veröffentlichte die [[Die Zeit|Zeit]] den Artikel ''Eine Art Schadensabwicklung'', den sie auf Seite 1 als „Kampfansage“ vorstellte. Darin kritisierte Jürgen Habermas „die apologetischen Tendenzen in der deutschen Zeitgeschichtsschreibung“ (Untertitel), namentlich in Aufsätzen von Michael Stürmer, [[Klaus Hildebrand]], Andreas Hillgruber und vor allem Ernst Nolte. Er stellte seinem Artikel ein Zitat Noltes voran, wonach Hitler eine „asiatische“ Tat - den Holocaust - als Reaktion auf bekannte stalinistische Verbrechen begangen und die Forschung diesen Zusammenhang bislang ignoriert habe.<br />
<br />
Er referierte zuerst Stürmers Auffassung, dass Geschichtswissenschaft „großenteils unbewußte Bedürfnisse nach innerweltlicher Sinnstiftung“ befolge und damit in Spannung zur wissenschaftlichen Methode zur nationalen Integration beizutragen habe. Gemäß dieser funktionalen Aufgabenstellung habe Hillgruber sich in seinem Buch ''Zweierlei Untergang'' einer „revisionistischen Operation seines Geschichtsbewußtseins“ unterzogen. Er habe den Zusammenbruch der [[Ostfront]] 1945 nur aus der Perspektive der [[Wehrmacht]]ssoldaten, deutschen Zivilbevölkerung und bewährten [[NSDAP]]-Amtsträger als Verteidigung vor „Racheorgien“ der [[Rote Armee|Roten Armee]] beschrieben, um seine Eingangsthese zu belegen, dass die [[Vertreibung]] der Deutschen keine Reaktion auf NS-Verbrechen gewesen sei. Er habe das Kriegsziel der Alliierten, Preußen zu zerschlagen, nur als Wegbereitung für den sowjetischen Vormarsch und das deutsche Ostheer als „Schutzschirm vor einem jahrhundertealten deutschen Siedlungsraum“ beschrieben. Gegenüber dieser „Zerschlagung des Deutschen Reiches“ habe er den Holocaust im zweiten Teil seines Buchs nur distanziert als „Ende des europäischen Judentums“ dargestellt: {{"|Dort die nicht-revidierten, unausgedünsteten Klischees eines aus Jugendtagen mitgeführten Jargons, hier die bürokratisch gefrorene Sprache.}} Er habe dafür nur die „radikale Rassendoktrin“ und nur Hitler allein für ihre Umsetzung verantwortlich gemacht und behauptet, Hitler sei dabei anders als bei den [[Euthanasie]]morden sogar im Führungszirkel des NS-Regimes isoliert gewesen. Dass die Bevölkerungsmehrheit den Holocaust trotz ausreichender Ahnungen davon duldete, habe Hillgruber nicht historisch-analytisch erklärt, sondern als allgemein-menschliches Phänomen beiseite geschoben.<ref>Jürgen Habermas: ''Eine Art Schadensabwicklung. Die apologetischen Tendenzen in der deutschen Zeitgeschichtsschreibung.'' (Die Zeit, 11. Juli 1986) In: Ernst Reinhard Piper (Hrsg.): ''Historikerstreit. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper, München/Zürich 1987, S. 62-68</ref><br />
<br />
Einer [[Historisierung]] der NS-Vergangenheit, wie sie [[Martin Broszat]] erst kurz zuvor gefordert hatte<ref>Martin Broszat: ''Plädoyer für eine Historisierung des Nationalsozialismus.'' In: ''Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken.'' Heft 5 (1985), S. 373-385.</ref> stimmte Habermas zu, gegen die Art, wie Nolte dies versuche, erhob er scharfe Einwände, denn sie verharmlose die NS-Verbrechen: „Die Naziverbrechen verlieren ihre [[Singularität]] dadurch, daß<!--sic--> sie als Antwort auf (heute fortdauernde) bolschewistische Vernichtungsdrohungen mindestens verständlich gemacht werden. Auschwitz schrumpft auf das Format einer technischen Innovation und erklärt sich aus der ‚asiatischen‘ Bedrohung durch einen Feind, der immer noch vor unseren Toren steht.“ Stürmer warf er vor, dieser plädiere „für ein vereinheitlichtes Geschichtsbild, das anstelle der ins Private abgedrifteten religiösen Glaubensmächte Identität und gesellschaftliche Integration sichern kann.“ Darin sah er „eine deutsch-national eingefärbte Natophilosophie.“ Wer den Deutschen die Schamröte über Auschwitz austreiben wolle, wer sie „zu einer konventionellen Form ihrer nationalen Identität zurückrufen will, zerstört die einzig verläßliche<!--sic!--> Basis unserer Bindung an den Westen“. Kurz: „Der einzige Patriotismus, der uns dem Westen nicht entfremdet, ist ein [[Verfassungspatriotismus]].“<ref>Jürgen Habermas: ''Eine Art Schadensabwicklung.'' zitiert nach Rudolf Augstein u. a.: ''Historikerstreit. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper, München/Zürich 1987, S. 71, 73, 76 und 75.</ref><br />
Die folgenden Monate des Jahres 1986 und Anfang 1987 waren von einer [[Debatte]] mit gegenseitigen Schuldzuweisungen und Unterstellungen beherrscht&nbsp;– oft in der Form von Leserbriefen. Dazu kamen längere Aufsätze in Zeitschriften, die vom Nicht-Fach-Publikum nicht unbedingt wahrgenommen wurden. Hier schrieben Historiker in dem Bemühen, den Streit zu versachlichen. Dies alles geschah vor dem [[Geschichtspolitik|geschichtspolitischen]] Hintergrund von Museumsgründungen mit dem Schwerpunkt „Deutsche Geschichte“, vorangetrieben vom damaligen [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] [[Helmut Kohl]], der noch vor seinem Amtsantritt eine „[[geistig-moralische Wende]]“ gefordert hatte.<br />
<br />
== Die Debatte ==<br />
=== Unterstützung für Habermas ===<br />
Habermas’ Behauptung, eine rechtskonservative Wende sei geplant, wurde vor allem von linksliberalen und sozialdemokratisch orientierten Historikern gestützt. Dabei folgten diese allerdings nicht immer der Linie von Habermas, die vier namentlich genannten Fachkollegen anzugreifen.<br />
<br />
[[Hans Mommsen]] kritisierte in einem Beitrag im [[Merkur (Zeitschrift)|Merkur]] (Sept./Okt. 1986) eine Tendenz in der [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|bundesrepublikanischen Geschichte]], das [[Zeit des Nationalsozialismus|Dritte Reich]] zu verdrängen. Dazu zählte er auch die „Theorie der ‚[[Totalitarismus|totalitären Diktatur]]‘“, mit welcher die Konservativen eine „prinzipielle Gleichsetzung von nationalsozialistischer Diktatur und kommunistischer Herrschaft“ vollzogen hätten. Damit habe man sich sowohl als antifaschistisch bezeichnet als auch die Linke ausgegrenzt und kriminalisiert. Nun werde versucht, „durch die historische Relativierung des Nationalsozialismus ältere [[Obrigkeitsstaat|obrigkeitsstaatliche]] Einstellungen wieder hoffähig“ zu machen.<ref>Hans Mommsen: ''Suche nach der ›verlorenen Geschichte‹? Bemerkungen zum historischen Selbstverständnis der Bundesrepublik'', in: ''Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken'', September/Oktober 1986, S. 864-874; zitiert nach Rudolf Augstein u. a.: ''Historikerstreit. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper, München/Zürich 1987, S. 157, 159, 170.</ref><br />
<br />
[[Eberhard Jäckel]] schrieb in der ''Zeit'' vom 12. September 1986, dass die Frage nach der Einzigartigkeit des Holocausts gar nicht so entscheidend sei. Wichtiger sei die Behauptung eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen bolschewistischen und nationalsozialistischen Morden. In diesem Punkt kritisiert er die seiner Meinung nach „abstruse […] Assoziationskette“ Noltes, mit der Rattenkäfig-Anekdote und dem Wort von der „asiatischen Tat“. Dass zuerst der Gulag, dann erst Auschwitz kam, also „[[Cum hoc ergo propter hoc#post hoc ergo propter hoc (zeitliches Nacheinander)|post hoc, ergo propter hoc]]“, sei kein ausreichender logischer Schluss, „es sei denn, es gelinge der Nachweis, daß Hitlers Entschluß, die Juden zu töten, von solchen Ängsten bestimmt war.“ Hitler habe hingegen viele Male von seiner Motivation erzählt, die Juden zu töten. Ein Rattenkäfig oder eine Angst vor den Bolschewiki komme darin nicht vor. „Im Gegenteil war Hitler immer der Ansicht, Sowjetrußland sei, gerade weil es von Juden beherrscht werde, ein wehrloser Koloß auf tönernen Füßen. Der Arier hatte keine Angst vor slawischen und jüdischen Untermenschen“, dagegen habe Hitler es jedoch „vorzüglich“ verstanden, die „[[Antibolschewismus|antibolschewistischen]] Ängste der [[Bourgeoisie]] für seine Zwecke zu mobilisieren“. Noltes These vom kausalen Nexus wolle „die These von einem Präventivmord“ suggerieren.<ref>Eberhard Jäckel: ''Die elende Praxis der Untersteller. Das Einmalige der nationalsozialistischen Verbrechen läßt sich nicht leugnen.'' In: ''Die Zeit.'' 12. September 1986; zitiert nach Rudolf Augstein u. a.: ''Historikerstreit. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper, München/Zürich 1987, S. 119–121.</ref><br />
<br />
[[Rudolf Augstein]] listete im ''[[Der Spiegel|Spiegel]]'' vom 6. Oktober 1986 unter der Überschrift „Die neue Auschwitz-Lüge“ einige Thesen Noltes und anderer von Habermas kritisierter Wissenschaftler auf. Er zitierte den Klappentext von Hillgrubers ''Zweierlei Untergang'', der sich gegen die landläufige Meinung wendet, die Zerschlagung des Deutschen Reiches sei eine Antwort auf die NS-Verbrechen gewesen, und schrieb über Hillgruber: „Wer so denkt und spricht, ist ein konstitutioneller Nazi, einer, wie es ihn auch ohne Hitler geben würde.“ Augstein warf Nolte vor, mit der Eingemeindung der „deutschen Hitlerverbrechen“ in die „Verbrechen aller Jahrtausende“ aus der Bundesrepublik wieder einen normalen Staat machen zu wollen. „Nicht umsonst verrät uns Ernst Nolte“, dass die [[Kulak]]en schon vor Hitlers Machtergreifung vernichtet worden seien. „Aber [[Josef Stalin|Stalins]] Wahn war, anders als der Hitlers, ein realistischer Wahn […] Hitler war einer der glaubwürdigsten Politiker. Er hat sein Programm angekündigt und durchgeführt.“<ref>Rudolf Augstein: ''Die neue Auschwitz-Lüge.'' In: ''Der Spiegel.'' 6. Oktober 1986 [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13519376.html (online)], Zugriff am 4. Oktober 2010</ref><br />
<br />
Weitere Historiker und Publizisten, die im Großen und Ganzen Habermas’ Unbehagen teilten, waren unter anderem [[Wolfgang J. Mommsen]], [[Heinrich August Winkler]] und [[Kurt Sontheimer]]. {{"|Der ‚kausale Nexus‘ wurde von den weitaus meisten Diskutanten zurückgewiesen, und zwar häufig mit der Begründung, dass die deutsche Schuld und Verantwortung relativiert werden würde, wenn die deutschen Verbrechen nur eine Art Notwehrreaktion gewesen sein sollten}}, fasste [[Wolfgang Wippermann]] nach 20 Jahren knapp zusammen und verwies dazu auf [[Dan Diner]], [[Hans-Ulrich Wehler]] und [[Richard J. Evans]].<ref>Wolfgang Wippermann: ''„Deutsche Katastrophe“. Meinecke, Ritter und der erste Historikerstreit''. In: Gisela Bock, Daniel Schönpflug (Hrsg.): ''Friedrich Meinecke in seiner Zeit''. Steiner, Stuttgart 2006, ISBN 3-515-08962-4, S. 177–191, hier S. 177.</ref><br />
<br />
Von amerikanischen Historikern wurde die Kritik an Noltes Thesen einhellig unterstützt.<ref>{{"-en|American historians were unanimous in their opposition to Ernst Nolte’s apologetics regarding the singularity of National Socialism and the Holocaust.|Übersetzung=Amerikanische Historiker waren einmütig in ihrer Gegnerschaft gegen Ernst Noltes Apologetik betreffend die Einzigartigkeit von Nationalsozialismus und Holocaust.}} Philipp Stelzel: ''Working Toward a Common Goal? American Views on German Historiography and German-American Scholarly Relations during the 1960s''. In: ''Central European History'' 41, 2008, S. 639–671, {{DOI|10.1017/S0008938908000873}}, hier S. 641. Vgl. als Beispiele [[Charles Maier]]: ''The Unmasterable Past: History, Holocaust, and German National Identity''. Harvard University Press, Cambridge 1988; [[Gordon A. Craig]]: ''Review of Ernst Nolte, Der europäische Bürgerkrieg''. In: ''[[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte]]'' 36, 1988, S. 772f.</ref><br />
<br />
=== Kritik an Habermas ===<br />
<br />
Habermas' These, es gebe einen unguten Trend in der Geschichtswissenschaft, die Erinnerung an die NS-Verbrechen zugunsten eines einheitlichen und politisch nutzbaren Geschichtsbilds in den Hintergrund rücken zulassen, wurde von anderen Historikern zum Teil scharf kritisiert. Noltes Thesen wurden dabei aber nur teilweise inhaltlich verteidigt. Keine Zustimmung fand etwa die Idee, Chaim Weizmanns Äußerungen seien eine [[Kriegserklärung]] mit „verständlichen“ Folgen. Der Tenor dieser Kritiker ist der, dass Habermas’ Vorwürfe keine inhaltliche, sondern eine politisch motivierte Anklage darstellten.<br />
<br />
[[Andreas Hillgruber]] stellte im [[Rheinischer Merkur|Rheinischen Merkur]] vom 31. Oktober 1986 seine Beziehungen zu Nolte, Hildebrand, Stürmer sowie dem F. A. Z.-Herausgeber [[Joachim Fest]] dar: Mit Hildebrand, der durch eine Rezension in einer Fachzeitschrift „in diese attackierte Gruppe mit hineingeraten“ sei, fühle er sich eng verbunden. Zu Nolte und Stürmer habe er ein „freundlich-kollegiales Verhältnis“, doch mit ihren „ganz anderen wissenschaftlichen Ansätzen“ habe er nichts zu tun. „Habermas ‚mischt‘ alles zusammen, um seine Unterstellung eines von uns angeblich gemeinsam vertretenen ‚[[Geschichtsrevisionismus|Revisionismus]]‘ in der Zeitgeschichte zu belegen.“ Dass er von Augstein als „konstitutioneller Nazi“ bezeichnet wurde, sei „absolut indiskutabel“, doch habe der Spiegel-Herausgeber seine Vorwürfe anscheinend juristisch prüfen lassen.<ref> ''Für die Forschung gibt es kein Frageverbot.'' Interview mit Andreas Hillgruber, In: ''Rheinischer Merkur.'' / ''Christ und Welt.'' 31. Oktober 1986; zitiert nach Rudolf Augstein u. a.: ''Historikerstreit. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper, München/Zürich 1987, S. 233, 235.</ref><br />
<br />
[[Joachim Fest|Joachim C. Fest]] reagierte in der F. A. Z. vom 6. September 1986: Seit Ende der 1960er Jahre sei es üblich, abweichende historische Wahrnehmungen einer Komplizenschaft mit dem „Faschismus“ zu bezichtigen. Nicht um wissenschaftliche Befunde, sondern um „häufig bloß vermutete […] Motive“ gehe es. Diese „elende Praxis“ führe Habermas fort, der einige renommierte Historiker unter „Nato-Verdacht“ stelle. Fest verteidigte Nolte, der die Singularität der NS-Vernichtungsaktionen gar nicht leugne, aber in einen kausalen Zusammenhang mit dem Bolschewismus stelle. <br />
<br />
{{Zitat|Falls es sich nicht um eine Form akademischer Legasthenie [d. h. von Habermas, der dies überlesen habe,] handelt, bleibt nur die Annahme, daß hier ein ideologisches Vorurteil sich die Dinge erst zurechtrückt, um sie dann attackieren zu können. […] Gewiß bedeuten die Gaskammern […] eine besonders abscheuerregende Form des Massenmords […]. Aber läßt sich wirklich sagen, daß jene Massenliquidierung durch Genickschuß, wie sie während des [[Roter Terror|Roten Terrors]] über Jahre hin üblich waren, etwas qualitativ anderes waren? Ist nicht, bei allen Unterschieden, das Vergleichbare doch stärker?<ref>Joachim Fest: ''Die geschuldete Erinnerung. Zur Kontroverse über die Unvergleichbarkeit der nationalsozialistischen Massenverbrechen.'' In: ''FAZ.'' 6. September 1986; Abdruck in: ''Historikerstreit. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper, München/Zürich 1987, S. 100f., 103.</ref>}}<br />
<br />
[[Karl Dietrich Bracher]] kritisierte in einem Leserbrief, den die F. A. Z. am selben Tag abdruckte, dass die Totalitarismusthese tabuisiert und die „[[Faschismus]]formel“ seinerzeit auch von Nolte und Habermas inflationiert worden sei. Dadurch sei das Gemeinsame von linker und rechter Diktatur unterdrückt worden, die Fragestellung sei so verbogen und vernebelt worden.<ref>Karl Dietrich Bracher: ''Das Gemeinsame wurde ausgeblendet.'' In: ''FAZ.'' 6. September 1986; zitiert nach Rudolf Augstein u. a.: ''Historikerstreit. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper, München/Zürich 1987, S. 113.</ref><br />
<br />
[[Hagen Schulze]] nannte Habermas in der ''Zeit'' vom 26. September 1986 einen Vereinfacher, der eine übersichtliche Frontstellung präsentiert habe: hier die aufgeklärten Liberalen, die aus einer verfehlten deutschen Geschichte gelernt hätten, dort eine Clique fragwürdiger Historiker, die von konservativer Seite gefördert würde. Aber Habermas gehe es „im Kern um Politik, ja eigentlich um [[Moral]], der Angriff zielt auf wissenschaftspraktische und wissenschaftstheoretische Positionen“. [[Wissenschaft]] habe jedoch mit der Welt des Seins zu tun, Moral und Politik mit der Welt des Sollens. Habermas mische „virtuos direkte mit indirekten Zitaten, und die inkriminierenden Aussagen über die angeblichen Absichten jener vier ‚Regierungshistoriker‘ finden sich fast durchweg im indirekten Teil“, sie seien Habermas’ Interpretationen. In der Bundesrepublik, in der „auch eine regierungsfreundliche Meinung keinen privilegierten Zugang zur Öffentlichkeit besitzt“, sei ein „vereinheitlichtes und regierungsfrommes Geschichtsbild“ auch gar nicht möglich. „Nichts spricht gegen eine saftige Polemik. Aber die Diskussion darf nicht mit den Mitteln manichäischer Wirklichkeitsreduktion und künstlicher Feindbilder geführt werden“.<ref>Hagen Schulze: ''Fragen, die wir stellen müssen. Keine historische Haftung ohne nationale Identität.'' In: ''Die Zeit.'' 26. September 1986; zitiert nach Rudolf Augstein u. a.: ''Historikerstreit. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper, München/Zürich 1987, S. 143, 144, 147, 149.</ref><br />
<br />
[[Imanuel Geiss]] kritisierte zwar ebenfalls Noltes These von kausalen Verknüpfung zwischen den Verbrechen der Bolschewiki und der Nationalsozialisten „als wissenschaftlich unhaltbar und moralisch strikt zu verwerfen“. Das Hauptaugenmerk seiner Kritik richtete er aber gegen Habermas, den er als den eigentlichen Verursacher des Streits ansah: Es gebe eigentlich keinen Historikerstreit, sondern eine „Habermas-Kontroverse“.<ref>Imanuel Geiss: ''Die Habermas-Kontroverse. Ein deutscher Streit.'' Siedler, Berlin 1988.</ref> Die Vorwürfe von ihm und Augstein kämen einer „öffentlich-moralischen Hinrichtung“ der von ihnen Kritisierten gleich. Dies stelle in letzter Konsequenz einen Angriff auf die Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland dar, „weil sie durch die Art ihrer Attacken die Polarisierung weiter eskalierten und mit ihrem ›historischen Moralismus‹ […] die freie Diskussion am liebsten nach rechts abschneiden möchten“. Eine „historische Einordnung des an sich Unfaßbaren“ sei „ohne historische Vergleiche und damit ohne eine gewisse Relativierung nicht möglich“.<ref>Imanuel Geiss: ''Zum Historikerstreit.'' In: ''Evangelische Kommentare.'' Heft 2, Februar 1987, zitiert nach Rudolf Augstein u. a.: ''Historikerstreit. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper, München/Zürich 1987, S. 373-380, die Zitate S. 375, 378-379. </ref> <br />
<br />
Fast genau 25 Jahre nach der Habermas-Replik in der ZEIT auf Noltes Thesen nahm der Althistoriker [[Egon Flaig]] das Jubiläum zum Anlass, um in der [[Frankfurter Allgemeine Zeitung|F.A.Z.]] vom 13. Juli 2011 eine Polemik gegen [[Jürgen Habermas]] zu veröffentlichen.<ref>Egon Flaig: Die Habermas-Methode. In: F.A.Z., 13. Juli 2011, Beilage „Geisteswissenschaften“, Nr. 160, S. N4. [http://www.faz.net/artikel/C31315/historikerstreit-die-habermas-methode-30462111.html (online)] Gekürzte Fassung eines Aufsatzes aus: Mathias Brodkorb (Hrsg.): Singuläres Auschwitz? Ernst Nolte, Jürgen Habermas und 25 Jahre „Historikerstreit“. Adebor Verlag, Banzkow 2011, S. 67–94, ISBN 978-3-9809375-9-7 (im Erscheinen; vom Verlag an die Deutsche Nationalbibliothek gemeldet unter dem Titel: „Auschwitz ohnegleichen? Ernst Nolte, Jürgen Habermas und 25 Jahre ‚Historikerstreit‘“).</ref> Flaig greift die Vorwürfe auf, Habermas habe Zitate nachweislich verfälscht und damit Positionen dramatisiert und aus ihren Kontext gerissen „ohne von den theoretischen Voraussetzungen, mit denen etwa Nolte operierte“, eine Ahnung zu haben. Die „journalistischen Tricks“, „die sonst dem Lumpenjournalismus vorbehalten waren“, hätten zu einer beabsichtigten Eskalation der Debatte geführt, in der sich Habermas zum moralischen Inquisitor aufgeschwungen habe. Flaig verknüpft diesen Angriff auf Habermas mit einer allgemeineren Auseinandersetzung zur aktuellen deutschen Gedächtnispolitik angesichts eines seiner Meinung nach herrschenden „moralischen Terrors“ durch „die pestartige Virulenz der [[Politische Korrektheit|Political Correctness]] und des [[Gutmensch|Gutmenschentums]] mit seiner spezifischen Intelligenz“.<br />
<br />
Weitere Kritiker von Habermas waren unter anderem [[Horst Möller]] und [[Thomas Nipperdey]], sowie die ebenfalls angegriffenen Historiker [[Klaus Hildebrand]] und [[Michael Stürmer]].<br />
<br />
== Bilanz ==<br />
Darüber, welches Ergebnis der Streit hatte und wie es zu bewerten ist, herrscht bis heute keine Einigkeit. Der Politikwissenschaftler [[Martin Greiffenhagen]] bezweifelt, dass „solche intellektuellen Geistesschlachten für die Bildung eines [[Geschichtsbewusstsein|Geschichtsbewußtseins]] überhaupt etwa austragen, das doch umfänglich verwurzelt sein muß“. Wenn der Historikerstreit überhaupt eine öffentliche Wirkung gehabt habe, so habe er rechtsextreme Positionen gestärkt.<ref>Martin und Sylvia Greiffenhagen, ''Ein schwieriges Vaterland. Zur politischen Kultur im vereinigten Deutschland'', List, München und Leipzig 1993, S. 250 </ref> <br />
<br />
Der Berliner Historiker [[Henning Köhler (Historiker)| Henning Köhler]] meint, im Historikerstreit hätte sich die These von Einzigartigkeit der NS-Verbrechen und ihrer alles überragenden Bedeutung für die deutsche Geschichte im Sinne einer „Verinnerlichung der [[Deutsche Teilung|Teilung]]“ nachhaltig durchgesetzt:<br />
{{Zitat|Auschwitz erhielt die Bedeutung eines singulären Jahrhundertverbrechens, für das den Deutschen mit der Teilung ihres Staates eine gerechte Strafe auferlegt war.<ref>Henning Köhler, ''Deutschland auf dem Weg zu sich selbst. Eine Jahrhundertgeschichte''. Hohenheim-Verlag, Stuttgart 2002, S. 640</ref>}}<br />
Auch Hans-Ulrich Wehler ist der Ansicht, dass in der Bilanz die Gegner Noltes, Stürmers und Hillgrubers obsiegt hätten, bewertet dies aber positiv: „Die selbstkritische Haltung, mit der die mühsam etablierte [[Politische Kultur]] der Bundesrepublik verteidigt worden war“, habe sich durch den Historikerstreit verbreitert. „Insgesamt wurde dadurch die Bereitschaft gefestigt, das soziopolitische System der Bundesrepublik gegen künftige Anfechtungen zu verteidigen.“<ref>Hans-Ulrich Wehler: ''Deutsche Gesellschaftsgeschichte'', Band 5: ''Bundesrepublik und DDR'', C.H. Beck, München 2008, S. 287</ref><br />
<br />
Der Münsteraner Zeithistoriker Klaus Große Kracht bestreitet, dass der mit so viel Polemik und massenmedialer Aufmerksamkeit ausgetragene Historikerstreit empirische oder analytisch-reflexive Ergebnisse erbracht habe: Es handle sich um einen Konflikt innerhalb einer bestimmten Historikergeneration, die ihre verschiedenen Deutungsansätze nicht mehr fachintern hätten vereinbaren können – „vielleicht auch deshalb, weil sich in ihren eigenen Biografien Erfahrungsschichten aus der Zeit des Nationalsozialismus mit bundesrepublikanischen Karrieremustern überlagerten“.<ref>Klaus Große Kracht: ''Debatte: Der Historikerstreit'', auf [[Docupedia]] ([http://docupedia.de/zg/Historikerstreit#Vorgeschichte_und_Hintergr.C3.BCnde online])</ref><br />
<br />
Der Rostocker Althistoriker [[Egon Flaig ]] sieht die Wirkung des Historikerstreits insbesondere in der der Ausbreitung der „[[Politische Korrektheit|Political Correctness]]“: Medien und Fachwissenschaftler hätten sich nicht getraut, die fachliche Inkompetenz und die Manipulation von Zitaten zu kritisieren, die Flaig in Habermas' Argumentation wahrnimmt.<ref>http://www.faz.net/artikel/C31315/historikerstreit-die-habermas-methode-30462111.html</ref><br />
<br />
== Rezeption außerhalb Deutschlands ==<br />
<br />
Dem deutschen Historikerstreit folgten ähnliche Kontroversen in anderen Ländern. Der Historiker Øystein Sørensen nahm in ''Historisk Tidsskrift'' die deutsche Debatte zum Anlass, nach dem Zusammenhang von Geschichtsschreibung und nationaler Identität in [[Norwegen]] zu fragen. Dabei ging es vor allem um eine Einengung der norwegischen Geschichtsschreibung auf die Widerstandsbewegung unter Aneignung deren moralischer Wertung. Auch Nils Johan Ringdal kritisierte, dass sich die norwegische Geschichtsschreibung nach Magne Skodvin nicht von der Perspektive des Widerstands gelöst hätte. Hans Fredrik Dahl forderte eine neutralere Sicht auf Ideologie und Motive der [[Nasjonal Samling]], die nicht als Landesverräter, sondern in diesem Sinne als Revolutionäre zu sehen seien. Dies wurde u.&nbsp;a. von Arnfinn Moland kritisiert, der die moralische Wertung in der Geschichtsschreibung mit der norwegischen [[Staatsräson]] in Verbindung bringt.<ref>Susanne Maerz: [http://edoc.hu-berlin.de/nordeuropaforum/2005-2/maerz-susanne-43/XML/ ''Landesverrat versus Widerstand – Stationen und Probleme der „Vergangenheitsbewältigung“ in Norwegen''] In: NORDEUROPAforum (2005:2), S.&nbsp;43-73</ref><br />
<br />
== Literatur ==<br />
; Primärtexte<br />
* Ernst Reinhard Piper (Hrsg.): ''„Historikerstreit“. Die Dokumentation der Kontroverse um die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Judenvernichtung.'' Piper Verlag, München/Zürich 1987, ISBN 3-492-10816-4 <br />
* Ernst Nolte: ''Das Vergehen der Vergangenheit. Antwort an meine Kritiker im sogenannten Historikerstreit.'' Ullstein, 1987, ISBN 3550072171<br />
<br />
; Verlauf<br />
* [[Reinhard Kühnl]] (Hrsg.): ''Vergangenheit, die nicht vergeht. Die „Historiker-Debatte“. Dokumentation, Darstellung und Kritik.'' Pahl-Rugenstein, Köln 1987, ISBN 3-7609-1114-5.<br />
* [[Imanuel Geiss]]: ''Die Habermas-Kontroverse. Ein deutscher Streit.'' Berlin 1988, ISBN 3-88680-328-7.<br />
* Landeszentrale für Politische Bildung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): ''Streitfall deutsche Geschichte. Geschichts- und Gegenwartsbewußtsein in den 80er Jahren.'' Hobbing, 1988, ISBN 3920460391<br />
* Klaus Oesterle, Siegfried Schiele: ''Historikerstreit und politische Bildung.'' (Didaktische Reihe der Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg) J.B. Metzler, Stuttgart 1989, ISBN 3476303128<br />
* [[Richard J. Evans]]: ''Im Schatten Hitlers? Historikerstreit und Vergangenheitsbewältigung in der Bundesrepublik.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-518-11637-1.<br />
* [[Jürgen Peter]]: ''Der Historikerstreit und die Suche nach einer nationalen Identität der achtziger Jahre.'' Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main/ New York 1995, ISBN 3-631-49294-4. [http://www.all-at-one.de/allatone/JuergenPeter/Historikerstreit2.pdf (Volltext] [[Portable Document Format|PDF]], 893 KB).<br />
* Ulrich Herbert: ''Der Historikerstreit. Politische, wissenschaftliche, biographische Aspekte.'' In: Martin Sabrow, Ralph Jessen, Klaus Große Kracht (Hrsg.): ''Zeitgeschichte als Streitgeschichte. Große Kontroversen seit 1945.'' C. H. Beck, München 2003, ISBN 3406494730, S. 94-113<br />
* Nicolas Berg: ''Der Holocaust und die westdeutschen Historiker. Erforschung und Erinnerung.'' Wallstein Verlag, Göttingen 2003, ISBN 3-89244-610-5<br />
* Klaus Große Kracht: ''Der Historikerstreit: Grabenkampf in der Geschichtskultur.'' In: Klaus Große Kracht: ''Die zankende Zunft. Historische Kontroversen in Deutschland nach 1945.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2005, ISBN 3-525-36280-3, [http://books.google.de/books?id=xVCtQo26CtMC&pg=PA91#v=onepage&q&f=false S. 91]-114 <br />
<br />
; Stellungnahmen<br />
* Imanuel Geiss: ''Der Hysterikerstreit. Ein unpolemischer Essay.'' Bonn und Berlin 1992, ISBN 3-416-02370-6.<br />
* Dan Diner (Hrsg.): ''Ist der Nationalsozialismus Geschichte? Zu Historisierung und Historikerstreit.'' Frankfurt am Main 1987, Fischer TB, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3596243912<br />
* [[Hans-Ulrich Wehler]]: ''Entsorgung der deutschen Vergangenheit? Ein polemischer Essay zum „Historikerstreit“''. Beck, München 1988, ISBN 3-406-33027-4.<br />
[http://www.gbv.de/du/services/agi/C5369DC45331D8A8C1257124002CCDEB/000A063090.pdf (Inhaltsverzeichnis], [[Portable Document Format|PDF]], 5 KB).<br />
* [[Michael Schneider (Historiker)|Michael Schneider]]: ''„Volkspädagogik“ von rechts. Ernst Nolte, die Bemühungen um die „Historisierung“ des Nationalsozialismus und die „selbstbewußte Nation“.'' Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1995, ISBN 3-86077-463-8. [http://www.fes.de/fulltext/historiker/00024toc.htm (Volltext als Electronic ed.], Bibliothek der [[Friedrich-Ebert-Stiftung|FES]], 1998).<br />
<br />
; Rezeption<br />
* Hans-Hermann Wiebe: ''Die Gegenwart der Vergangenheit: Historikerstreit und Erinnerungsarbeit.'' (Band 2 von Zeitkritische Beiträge der Evangelischen Akademie Nordelbien) Verlag Wäser, 1989<br />
* Ralf Dahrendorf, Gina Thomas (Hrsg.): ''The unresolved past: a debate in Germany history: a conference.'' Wheatland Foundation, Verlag Weidenfeld and Nicolson, 1990, ISBN 0297820338<br />
* Barbara Hahn, Philippe Despoix: ''Der deutsche Historikerstreit aus mitteleuropäischer Sicht.'' Junius Verlag GmbH, 1991, ISBN 3885060035<br />
* Charles S. Maier: ''Die Gegenwart der Vergangenheit. Geschichte und nationale Identität der Deutschen.'' Campus, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-593-34523-4.<br />
* Steffen Kailitz: ''Die politische Deutungskultur im Spiegel des Historikerstreits. What's right? What's left?'' VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2001, ISBN 3531137018<br />
* Steffen Kailitz (Hrsg.): ''Die Gegenwart der Vergangenheit.'' VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-16132-7. ([http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2009-2-101 Rezension])<br />
* Volker Kronenberg: ''Zeitgeschichte, Wissenschaft und Politik: der „Historikerstreit“ - 20 Jahre danach.'' Vs Verlag, 2008, ISBN 3531161202 ([http://books.google.de/books?id=8aTl2n3Q9ZAC&pg=PA5&dq=#v=onepage&q&f=false Textauszug online])<br />
* [[Mathias Brodkorb]] (Hrsg.): ''Singuläres Auschwitz? Ernst Nolte, Jürgen Habermas und 25 Jahre „Historikerstreit“''. Adebor Verlag, Schwerin 2011, ISBN 978-3-9809375-9-7.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
'''Originaltexte'''<br />
* Ernst Nolte: [http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/NeueHerausforderungen_redeNolte1986/index.html ''Die Vergangenheit, die nicht vergehen will. Eine Rede, die geschrieben, aber nicht gehalten werden konnte.''] Deutsches Historisches Museum. Quelle: ''Frankfurter Allgemeine Zeitung'', 6. Juni 1986.<br />
* Rudolf Augstein: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13519376.html ''Die neue Auschwitz-Lüge.''] In: ''Der Spiegel.'' 6. Oktober 1986.<br />
<br />
'''Rückblick'''<br />
* Götz Aly: [http://zeus.zeit.de/text/2006/23/Holocaust-Forschung_xml ''Logik des Grauens. Was wissen wir heute wirklich vom Holocaust? Eine Bestandsaufnahme 20 Jahre nach dem Historikerstreit.''] In: ''Die Zeit.'' 1. Juni 2006.<br />
* Konrad Adam: [http://www.welt.de/data/2006/06/07/904559.html ''Glaubenskrieg der alten Republik. Zwanzig Jahre danach ist der Historikerstreit auf dem besten Wege, historisiert zu werden.''] In: ''Die Welt'', 7. Juni 2006.<br />
* Sven Felix Kellerhoff: [http://www.welt.de/data/2006/07/11/953390.html ''Eine Art Schadensentwicklung. 20 Jahre Historikerstreit: Wie der Sozialphilosoph Jürgen Habermas eine Verschwörung von „Regierungshistorikern“ erfand und damit durchkam.''] In: ''Die Welt'', 11. Juli 2006.<br />
* Jochen Böhmer (Shoa.de): [http://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/nachkriegsdeutschland/gedenkkulturen-nach-1945/764.html ''Der Historikerstreit'']<br />
* Friedrich Pohlmann: [http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/essay/rueckschau/-/id=659832/nid=659832/did=1866116/1963ha9/index.html ''Der „Historikerstreit“ in Deutschland - Eine rückblickende Bewertung.''] SWR2, 22. Januar 2007 (mit Sendemanuskript)<br />
* Klaus Große Kracht: [http://docupedia.de/docupedia/index.php?title=Historikerstreit ''Debatte: Der Historikerstreit.''] In: ''Docupedia-Zeitgeschichte.'' <br />
<br />
'''Kritik'''<br />
* Peter Ullrich: [http://www.fo-gy.de/download/Geschichte/Klasse%2012/Theorien_Kontroversen/13ge_historikerstreit.pdf ''Historikerstreit - Geschichtsrevisionismus: Gegen die „Entsorgung der deutschen Vergangenheit“.'']<br />
* [[Reinhard Kühnl]] (Hg.): [http://www.scribd.com/doc/48991541/Kuhnl-Streit-um-Geschichtsbild ''Streit ums Geschichtsbild'']. Pahl-Rugenstein Verlag, Kleine Bibliothek 481, Köln, 1987.<br />
* [[Egon Flaig]]: [http://www.faz.net/artikel/C31315/historikerstreit-die-habermas-methode-30462111.html ''Die Habermas-Methode''], FAZ, 17. Juli 2011.<br />
* Heinrich August Winkler: [http://www.zeit.de/2011/30/Historikerstreit ''Historikerstreit: Hellas statt Holocaust''], Die Zeit, 23. Juli 2011.<br />
* Micha Brumlik: [http://www.taz.de/!74563/ ''Historikerstreit recycelt: Hellenische Übermenschen''], taz, 15. Juli 2011.<br />
* Henryk M. Broder: [http://www.welt.de/kultur/history/article13487409/Relativiert-da-etwa-jemand-den-Holocaust.html ''Relativiert da etwa jemand den Holocaust?''], Die Welt, 15. Juli 2011.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
<br />
{{Normdaten|SWD=4203188-6}}<br />
[[Kategorie:Deutsche Geschichte (Nachkriegszeit)]]<br />
[[Kategorie:Geschichtswissenschaftliche Kontroverse]]<br />
[[Kategorie:Aufarbeitung des Holocaust]]<br />
<br />
[[ca:Historikerstreit]]<br />
[[en:Historikerstreit]]<br />
[[es:Historikerstreit]]<br />
[[fr:Historikerstreit]]<br />
[[lv:Vēsturnieku strīds]]<br />
[[nl:Historikerstreit]]<br />
[[simple:Historikerstreit]]<br />
[[sv:Tyska historikerstriden]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Liste_der_Stadtoberh%C3%A4upter_von_Frankfurt_am_Main&diff=91707161Liste der Stadtoberhäupter von Frankfurt am Main2011-07-26T05:08:11Z<p>222.127.231.29: hier nicht notwendig</p>
<hr />
<div>Das Amt des '''Frankfurter Oberbürgermeisters''' existiert erst seit 1868. Zuvor gab es zwei jeweils ein Jahr lang amtierende Stadtoberhäupter, ''älterer'' und ''jüngerer Bürgermeister'' genannt. Der letzte, [[Viktor Fellner]], tötete sich 1866, als die [[Freie Stadt Frankfurt]] von [[Preußen]] annektiert wurde.<br />
<br />
== Freie Reichsstadt Frankfurt am Main (bis 1806) ==<br />
Im [[Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation|Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation]] war Frankfurt eine [[Freie Reichsstadt]] und somit einzig dem Kaiser unterstellt. Die Verwaltung lag anfangs ausschließlich in den Händen der [[Vogt#Landvögte|Landvögte]]. Im Jahre 1220, zur Zeit der staufischen Kaiser wurde die Frankfurter Vogtei abgeschafft und ein [[Schultheiß|Reichsschultheiß]] eingeführt, um die Reichsrechte, vor allem die [[Fiskus|fiskalischen]], stärker nutzbar zu machen. Wie die Frankfurter Vögte stammten die Schultheißen meist aus den Reihen der [[Ministeriale|Reichsdienstmannen]] in der [[Wetterau]]. Einige der Frankfurter Schultheiße waren auch Burggrafen von [[Friedberg (Hessen)|Friedberg]], zeitweise sogar gleichzeitig. Nur wenige Familien stellten die Schultheiße, und öfter folgte der Sohn dem Vater. Während anfangs staufische Ritter mit persönlichem Treueverhältnis zum staufischen König das Schultheißenamt innehatten, geriet es später in die Hände von kapitalkräftigen Reichsbeamten.<br />
<br />
Der Bürgergemeinde gelang es durch diese Entwicklung, mehr und mehr Privilegien zu erwerben, beispielsweise durch die Auslösung verpfändeter [[Regalien]], d.&nbsp;h. königlicher Vorrechte wie Steuern und Zölle. Seit 1266 ist ein aus 42 Mitgliedern bestehender ''Rat'' urkundlich bezeugt. Die erste Ratsbank bestand aus 14 [[Schöffe]]n, Vertretern der [[Patrizier]]familien, die sich nach dem [[Anciennität]]sprinzip durch [[Kooptation]] ergänzten. Die 14 Mitglieder der zweiten Bank waren ebenfalls Patrizier der sogenannten ''Gemeinde'', während die 14 Ratsherren der dritten Bank Handwerker der ''ratsfähigen [[Zunft|Zünfte]]'' waren. Ab 1377 waren das die Zünfte der Wollweber, Metzger, Kürschner, Bäcker, Schuhmacher, Lohgerber, Fischer, Schneider, Schiffer, Steindecker, Zimmerleute, Steinmetze, Bender, Gärtner und Schmiede.<br />
<br />
Im Mai 1372 erwarb der Rat von Kaiser [[Karl IV. (HRR)|Karl IV.]] das verpfändete Reichsschultheißenamt. Der Reichsschultheiß war seitdem nur noch Vorsitzender des Frankfurter Reichsgerichtes als Vertreter des Königs und besaß ein Mitwirkungsrecht an der Ernennung der obersten Richter.<ref>Friedrich Schunder: ''Das Reichsschultheißenamt in Frankfurt am Main bis 1372'' in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Heft 42, Frankfurt 1954, S. 71f.</ref> <br />
<br />
=== Königliche Landvögte bis 1220 ===<br />
{| border="0" bgcolor="#E0E0E0" cellspacing="2" cellpadding="2" width="800px"<br />
|----- align="center" valign="top"<br />
! colspan="2" | Amtszeit<br />
! Name<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1189 <br />
| 1196<br />
| align="left" | Wolfram I.<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1211<br />
|<br />
| align="left" | Johannes<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1216<br />
| 1220<br />
| align="left" | Heinrich I. von Praunheim<br />
|}<br />
<br />
=== Reichsschultheiße 1220 bis 1372 ===<br />
{| border="0" bgcolor="#E0E0E0" cellspacing="2" cellpadding="2" width="800px"<br />
|----- align="center" valign="top"<br />
! colspan="2" | Amtszeit<br />
! Name<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1220<br />
| 1223<br />
| align="left" | Heinrich I. von Praunheim<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1225 <br />
| 1226 <br />
| align="left" |Ripert von Sachsenhausen<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1227 <br />
| 1228 <br />
| align="left" |Eberwin von Kransberg<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1230 <br />
| 1236 <br />
| align="left" |Ludolf<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1238 <br />
| 1240 <br />
| align="left" |Rupert von Karben<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1242 <br />
| <br />
| align="left" |Eberhard<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1243 <br />
| <br />
| align="left" |Eberhard und Eberwin von Gonterskirchen<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1244 <br />
| <br />
| align="left" |Eberhard<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1245 <br />
| <br />
| align="left" |Eberwin von Gonterskirchen<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1248 <br />
| 1261 <br />
| align="left" |Wolfram II. von Praunheim<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1263 <br />
| 1268 <br />
| align="left" |Konrad von Sachsenhausen<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1269 <br />
| 1273 <br />
| align="left" |Wolfram II. von Praunheim<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1284 <br />
| 1288 <br />
| align="left" |Volrad von Seligenstadt<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1288 <br />
| 1291 <br />
| align="left" |Elias<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1292 <br />
| <br />
| align="left" |Heinrich III. von Praunheim<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1292 <br />
| 1297 <br />
| align="left" |Volrad von Seligenstadt<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1298 <br />
| <br />
| align="left" |Eberwin von Kransberg<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1298 <br />
| 1300 <br />
| align="left" |Konrad von Erlenbach<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1300 <br />
| <br />
| align="left" |Volrad von Seligenstadt<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1300 <br />
| 1303 <br />
| align="left" |Gottfried Beier von Boppard<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1303 <br />
| 1305 <br />
| align="left" |Heinrich III. von Praunheim<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1305 <br />
| 1322 <br />
| align="left" |Volrad von Seligenstadt<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1312 <br />
|<br />
| align="left" |Wiegand von Büches<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1322 <br />
| 1323 <br />
| align="left" |Herman von Ofenbach gen. Knoblauch<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1323 <br />
| 1324 <br />
| align="left" |Burkhard Binthamer<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1325 <br />
| 1329 <br />
| align="left" |Rulmann Weiß von Limburg<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1330 <br />
| 1333 <br />
| align="left" |Friedrich von Karben<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1334 <br />
| 1341 <br />
| align="left" |Rudolf von Sachsenhausen<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1341 <br />
| 1343 <br />
| align="left" |Friedrich von Hutten<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1346 <br />
| 1348 <br />
| align="left" |Walter von Kronberg<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1349 <br />
| 1366 <br />
| align="left" |[[Ulrich III. von Hanau]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1366 <br />
| 1372 <br />
| align="left" | [[Siegfried zum Paradies]] (1373, 1379, 1381 und 1385 auch [[Liste der Stadtoberhäupter von Frankfurt am Main#.C3.84ltere B.C3.BCrgermeister der Freien Reichsstadt|Älterer Bürgermeister]], s.u.).<br />
|}<br />
<br />
=== Stadtschultheiße nach 1372 ===<br />
<br />
{| border="0" bgcolor="#E0E0E0" cellspacing="2" cellpadding="2" width="800px"<br />
|----- align="center" valign="top"<br />
! colspan="2" | Amtszeit<br />
! Name<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1696 <br />
| 1716<br />
| align="left" | [[Johann Erasmus Seyffart von Klettenberg und Rhoda]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1716 <br />
| 1721<br />
| align="left" | [[Johann Georg von Holzhausen]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1721 <br />
| 1741<br />
| align="left" | [[Johann Heinrich Werlin]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1741 <br />
| 1747<br />
| align="left" | [[Johann Christoph Ochs von Ochsenstein]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1747 <br />
| 1771<br />
| align="left" | [[Johann Wolfgang Textor]] (''[[Johann Wolfgang Goethe|Goethes]] Großvater'')<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1771 <br />
| 1777<br />
| align="left" | [[Johann Isaac Moors]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1777 <br />
| 1788<br />
| align="left" | [[Johann Martin Ruppel]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1788 <br />
| 1802<br />
| align="left" | [[Johann Friedrich Maximilian von Stalburg]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1788 <br />
| 1806<br />
| align="left" | [[Wilhelm Carl Ludwig Moors]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1806 <br />
| 1806<br />
| align="left" | [[Friedrich Carl Schweitzer]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1806 <br />
| 1815<br />
| align="left" | [[Friedrich Maximilian von Günderrode|Friedrich Maximilian Freiherr von Günderrode]]<br />
|}<br />
<br />
=== Ältere Bürgermeister der Freien Reichsstadt ===<br />
1311 erreichte die Stadt eine wichtige Stufe auf dem Weg zur Selbstverwaltung mit der Einrichtung eines [[Bürgermeister]]amtes. Seitdem wählten die 42 Ratsherren für jeweils ein Jahr zwei Ratsmitglieder durch das Verfahren der [[Kugelung]] zu Bürgermeistern. Die Wiederwahl war möglich, aber nicht im unmittelbar darauffolgenden Jahr. Manche angesehenen und einflussreichen Ratsmitglieder wurden bis zu sechsmal zum Bürgermeister gewählt, so etwa der ehemalige Stadtschultheiß [[Siegfried zum Paradies]] viermal in den Jahren 1373, 1379, 1381 und 1385.<br />
<br />
Stadtoberhaupt war der ''Ältere Bürgermeister'', sein Vertreter der ''Jüngere Bürgermeister''. Der Titel hatte nichts mit dem Lebens- oder Dienstalter des Amtsinhabers zu tun, sondern bezog sich auf die traditionelle Geschäftsverteilung der Ressorts. Der ''Ältere Bürgermeister'' entstammte immer der Schöffenbank. Er führte den Vorsitz im Rat und vertrat die Stadt nach außen, so daß er zu recht als eigentliches Stadtoberhaupt gilt.<br />
<br />
{| border="0" bgcolor="#E0E0E0" cellspacing="2" cellpadding="2" width="800px"<br />
|----- align="center" valign="top"<br />
! colspan="2" | Amtszeit<br />
! Name<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1699<br />
| 1700<br />
| align=left | Philipp Nicolaus Lersner<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1700<br />
| 1701<br />
| align=left | Heinrich von Barckhausen <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1701<br />
| 1702<br />
| align=left | Johann Adolph Stephan von Cronstetten II<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1702<br />
| 1703<br />
| align=left | Dominicus Heyden <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1703<br />
| 1704<br />
| align=left | Nicolaus August Ruland<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1704<br />
| 1705<br />
| align=left | Johann Arnold Mohr von Mohrenhelm<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1705<br />
| 1706<br />
| align=left | Johann Adolph von Glauburg I<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1706<br />
| 1707<br />
| align=left | Heinrich von Barckhausen <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1707<br />
| 1708<br />
| align=left | Johann Adolph Stephan von Cronstetten II<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1708<br />
| 1709<br />
| align=left | Dominicus Heyden <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1709<br />
| 1710<br />
| align=left | Philipp Jacob Fleckhammer von Aystetten<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1710<br />
| 1711<br />
| align=left | Johann Georg von Holzhausen <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1711<br />
| 1712<br />
| align=left | Johann Philipp Orth II <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1712<br />
| 1713<br />
| align=left | Johann Adolph von Glauburg I<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1713<br />
| 1714<br />
| align=left | Heinrich von Barckhausen <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1714<br />
| 1715<br />
| align=left | Johann Georg von Holzhausen <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1715<br />
| 1716<br />
| align=left | Johann Philipp Orth II <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1716<br />
| 1717<br />
| align=left | Johann Martin von den Birgden<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1717<br />
| 1718<br />
| align=left | Johann Heinrich Werlin<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1718<br />
| 1719<br />
| align=left | Johann Philipp von Kellner I<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1719<br />
| 1720<br />
| align=left | Konrad Hieronymus Eberhard gen. Schwind<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1720<br />
| 1721<br />
| align=left | Ludwig Adolph von Syvertes<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1721<br />
| 1722<br />
| align=left | Johann Christoph von Stetten<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1722<br />
| 1723<br />
| align=left | Bartholomäus von Barckhausen<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1723<br />
| 1724<br />
| align=left | Georg Friedrich Faust von Aschaffenburg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1724<br />
| 1725<br />
| align=left | Johann Hieronymus von Glauburg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1725<br />
| 1726<br />
| align=left | Johann Christoph Ochs von Ochsenstein<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1726<br />
| <br />
| align=left | Johann Adolph von Glauburg II (amtierend)<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1726<br />
| 1727<br />
| align=left | Konrad Hieronymus Eberhard gen. Schwind<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1727<br />
| 1728<br />
| align=left | [[Achilles Augustus von Lersner]]<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1728<br />
| 1728<br />
| align=left | Johann Daniel Fleischbein von Kleeberg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1728<br />
| <br />
| align=left | Johann Adolph von Glauburg III (amtierend)<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1728<br />
| 1729<br />
| align=left | Achilles Augustus von Lersner<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1729<br />
| 1730<br />
| align=left | Johann Christoph Ochs von Ochsenstein<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1730<br />
| 1731<br />
| align=left | Achilles Augustus von Lersner<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1731<br />
| 1732<br />
| align=left | Johann Carl von Kaib <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1732<br />
| 1733<br />
| align=left | Johann Jacob von Bertram <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1733<br />
| 1734<br />
| align=left | Johann Hieronymus von Holzhausen<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1734<br />
| 1735<br />
| align=left | Johann Jacob von Bertram <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1735<br />
| 1736<br />
| align=left | Johann Philipp von Syvertes<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1736<br />
| 1737<br />
| align=left | Johann Carl von Kaib <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1737<br />
| 1738<br />
| align=left | Johann Philipp von Kellner II<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1738<br />
| 1739<br />
| align=left | [[Johann Wolfgang Textor]] <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1739<br />
| 1740<br />
| align=left | Johann Carl von Kaib <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1740<br />
| 1741<br />
| align=left | Johann Philipp von Syvertes<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1741<br />
| <br />
| align=left | Johann Christoph Ochs von Ochsenstein<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1741<br />
| <br />
| align=left | Remigius Seyffart von Klettenberg (amtierend)<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1741<br />
| 1742<br />
| align=left | Johann Wolfgang Textor <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1742<br />
| 1743<br />
| align=left | Johann Carl von Kaib <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1743<br />
| 1744<br />
| align=left | Johann Wolfgang Textor <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1744<br />
| 1745<br />
| align=left | Johann Georg Schweitzer Edler von Wiederhold<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1745<br />
| 1746<br />
| align=left | Johann Carl von Fichard <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1746<br />
| 1747<br />
| align=left | Friedrich Maximilian von Günderrode<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1747<br />
| 1748<br />
| align=left | Friedrich Maximilian von Lersner I<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1748<br />
| 1749<br />
| align=left | Johann Georg Schweitzer Edler von Wiederhold<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1749<br />
| 1750<br />
| align=left | Friedrich Maximilian von Günderrode<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1750<br />
| 1751<br />
| align=left | Johann Carl von Fichard <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1751<br />
| 1752<br />
| align=left | Friedrich Maximilian von Lersner I<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1752<br />
| 1753<br />
| align=left | Johann Georg Schweitzer Edler von Wiederhold<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1753<br />
| 1754<br />
| align=left | Johann Carl von Fichard <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1754<br />
| 1755<br />
| align=left | Remigius Seyffart von Klettenberg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1755<br />
| 1756<br />
| align=left | Johann Carl von Fichard <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1756<br />
| 1757<br />
| align=left | Friedrich Wilhelm von Völcker<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1757<br />
| 1758<br />
| align=left | Erasmus Schlösser <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1758<br />
| 1759<br />
| align=left | Philipp Jacob von Stallburg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1759<br />
| 1760<br />
| align=left | Remigius Seyffart von Klettenberg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1760<br />
| 1761<br />
| align=left | Johann Carl von Fichard <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1761<br />
| 1762<br />
| align=left | Johann Maximilian von Holzhausen<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1762<br />
| 1763<br />
| align=left | Johann Friedrich Armand von Uffenbach<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1763<br />
| 1764<br />
| align=left | Johann Isaac Moors <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1764<br />
| 1765<br />
| align=left | Erasmus Schlösser <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1765<br />
| 1766<br />
| align=left | Hieronymus Maximilian von Glauburg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1766<br />
| 1767<br />
| align=left | Johann Carl von Fichard <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1767<br />
| 1768<br />
| align=left | Friedrich Maximilian Baur von Eysseneck<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1768<br />
| 1769<br />
| align=left | Johann Philipp von Heyden <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1769<br />
| 1770<br />
| align=left | Johann Isaac Moors <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1770<br />
| 1771<br />
| align=left | Hieronymus Maximilian von Glauburg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1771<br />
| 1772<br />
| align=left | Johann Daniel von Olenschlager<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1772<br />
| 1773<br />
| align=left | Johann Philipp von Heyden <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1773<br />
| 1774<br />
| align=left | Hieronymus Maximilian von Glauburg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1774<br />
| 1775<br />
| align=left | Friedrich Adolph von Glauburg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1775<br />
| 1776<br />
| align=left | Johann Philipp von Heyden <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1776<br />
| 1777<br />
| align=left | Hieronymus Maximilian von Glauburg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1777<br />
| 1778<br />
| align=left | Johann Friedrich von Wiesenhütten<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1779<br />
| 1780<br />
| align=left | Friedrich Adolph von Glauburg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1780<br />
| 1781<br />
| align=left | Johann Daniel Fleischbein von Kleeberg II<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1781<br />
| 1782<br />
| align=left | Johann Friedrich von Wiesenhütten<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1782<br />
| 1783<br />
| align=left | Friedrich Adolph von Glauburg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1783<br />
| 1784<br />
| align=left | Johann Christoph von Adlerflycht<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1784<br />
| 1785<br />
| align=left | Johann Friedrich von Wiesenhütten<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1785<br />
| 1786<br />
| align=left | Johann Christoph von Adlerflycht<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1786<br />
| 1787<br />
| align=left | Friedrich Adolph von Glauburg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1787<br />
| 1788<br />
| align=left | Johann Friedrich Maximilian von Stallburg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1788<br />
| 1789<br />
| align=left | Friedrich Adolph von Glauburg<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1789<br />
| 1790<br />
| align=left | Friedrich Maximilian von Lersner II<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1790<br />
| 1791<br />
| align=left | Johann Christoph von Lauterbach<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1791<br />
| 1792<br />
| align=left | [[Adolph Carl von Humbracht]]<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1792<br />
| 1793<br />
| align=left | Johann Christoph von Lauterbach<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1793<br />
| 1794<br />
| align=left | Johann Nicolaus Olenschlager von Olenstein<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1794<br />
| 1795<br />
| align=left | Adolph Carl von Humbracht <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1795<br />
| 1796<br />
| align=left | Johann Nicolaus Olenschlager von Olenstein<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1796<br />
| 1797<br />
| align=left | Johann Christoph von Lauterbach<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1797<br />
| 1798<br />
| align=left | Adolph Carl von Humbracht <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1798<br />
| 1799<br />
| align=left | Friedrich Maximilian von Lersner II<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1799<br />
| 1800<br />
| align=left | Adolph Carl von Humbracht <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1800<br />
| 1801<br />
| align=left | [[Anton Ulrich von Holzhausen]]<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1801<br />
| 1802<br />
| align=left | Adolph Carl von Humbracht <br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1802<br />
| 1803<br />
| align=left | Johann Nicolaus Olenschlager von Olenstein<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1803<br />
| 1804<br />
| align=left | Johann Friedrich von Riese<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1804<br />
| 1805<br />
| align=left | Johann Nicolaus Olenschlager von Olenstein<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1805<br />
| 1806<br />
| align=left | Friedrich August von Wiesenhütten<br />
|----- align=center valign=top bgcolor=#F0F0F0<br />
| 1806<br />
| 1806<br />
| align=left | Anton Ulrich Carl von Holzhausen<br />
|}<br />
<br />
== Großherzoge von Frankfurt ==<br />
1806 fiel die Freie Reichsstadt Frankfurt an den Fürstprimas des Rheinbundes, [[Karl Theodor von Dalberg]], der es seinem [[Fürstentum Aschaffenburg]] zuschlug. Von 1810 bis 1813 bestand das [[Großherzogtum Frankfurt]], dessen Oberhaupt der Großherzog war. Dalberg dankte am 28. Oktober 1813 zugunsten von [[Eugène de Beauharnais]] ab, doch zerfiel das Großherzogtum nach der [[Völkerschlacht bei Leipzig]], ehe er sein Amt antreten konnte.<br />
<br />
{| border="0" bgcolor="#E0E0E0" cellspacing="2" cellpadding="2" width="800px"<br />
|----- align="center" valign="top"<br />
! colspan="2" | Amtszeit<br />
! Name<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1810 <br />
| 1813<br />
| align="left" | [[Karl Theodor von Dalberg]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1813 <br />
| 1813<br />
| align="left" | [[Eugène de Beauharnais]]<br />
|}<br />
<br />
Die Verwaltung der Stadt lag von 1807 bis 1810 in den Händen des von Dalberg ernannten ''Ersten Bürgermeisters'' [[Adolph Carl von Humbracht]]. 1810 bis 1813 führte Senator [[Jakob Guiollett]] die städtischen Amtsgeschäfte als [[Maire]] und ''Präfekturrat für das großherzogliche Departement Frankfurt am Main''. Präfekt des Departements Frankfurt war [[Friedrich Maximilian von Günderrode|Friedrich Wilhelm Freiherr von Günderrode]]. Ende 1813, nach der provisorischen Wiederherstellung der Frankfurter Souveränität unter der Aufsicht des ''Vorsitzenden des Zentralverwaltungsrates für die Verwaltung aller durch die Truppen der Verbündeten besetzten Länder'', des [[Freiherr vom Stein|Freiherrn vom Stein]], wurde das Amt des ''Älteren Bürgermeisters'' wiederhergestellt. Bis zum Inkrafttreten der [[Konstitutionsergänzungsakte]] 1816 blieben Bürgermeister Humbracht und Stadtschultheiß Günderrode in ihren Ämtern.<br />
<br />
== Ältere Bürgermeister der Freien Stadt Frankfurt (1816-1866) ==<br />
Die [[Freie Stadt Frankfurt]] war einer von vier [[Stadtstaat]]en im [[Deutscher Bund|Deutschen Bund]]. Stadt- und Staatsoberhaupt war der ''Ältere Bürgermeister'', sein Stellvertreter der ''Jüngere Bürgermeister''. Beide Bürgermeister wurden jeweils für nur ein Jahr vom [[Senat]] durch [[Kugelung]] gewählt, konnten aber im übernächsten Jahr erneut gewählt werden. Die Amtsperiode dauerte jeweils vom 1. Januar bis zum 31. Dezember. Die Rollenverteilung beider Ämter entsprach der alten reichsstädtischen Verfassung von vor 1806.<br />
<br />
[[Datei:Georg Friedrich von Guaita.jpg|thumb|Georg Friedrich von Guaita (1772–1851)]][[Datei:Samuel Gottlieb Müller.jpg|thumb|Samuel Gottlieb Müller (1802–1880)]][[Datei:Philipp Friedrich Gwinner.jpg|thumb|Philipp Friedrich Gwinner (1796–1868)]][[Datei:Carl Constanz Viktor Fellner.jpg|thumb|right|Karl Konstanz Viktor Fellner (1807-1866)]]<br />
{| border="0" bgcolor="#E0E0E0" cellspacing="2" cellpadding="2" width="800px"<br />
|----- align="center" valign="top"<br />
! colspan="2" | Amtszeit<br />
! Name<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1816 <br />
| 1817<br />
| align="left" | [[Johann Wilhelm Metzler]] (1755-1837)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1818 <br />
| <br />
| align="left" | [[Georg Steitz]] (1756-1819)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1819 <br />
| <br />
| align="left" | Johann Wilhelm Metzler<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1820 <br />
| <br />
| align="left" | [[Carl Wilhelm von Günderrode|Carl Wilhelm Freiherr von Günderrode]] (1765-1823)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1821 <br />
| <br />
| align="left" | [[Johann Büchner]] (1756-1834)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1822 <br />
| <br />
| align="left" | [[Georg Friedrich von Guaita]] (1772-1851)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1823 <br />
| <br />
| align="left" | Johann Wilhelm Metzler<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1824 <br />
| <br />
| align="left" | Georg Friedrich von Guaita<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1825 <br />
| <br />
| align="left" | [[Johann Friedrich von Meyer]] (1772-1849)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1826 <br />
| <br />
| align="left" | Georg Friedrich von Guaita<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1827 <br />
| <br />
| align="left" | [[Friedrich Wilhelm Philipp Freiherr von Malapert]], gen. Neufville (1784-1852)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1828 <br />
| <br />
| align="left" | [[Ferdinand Maximilian Starck]] (1778-1857)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1829 <br />
| <br />
| align="left" | [[Johann Peter Hieronymus Hoch]] (1779-1831)<br />
| <br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1830 <br />
| <br />
| align="left" | Friedrich Wilhelm Philipp Freiherr von Malapert<br />
| <br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1831 <br />
| <br />
| align="left" | Georg Friedrich von Guaita<br />
| <br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1832 <br />
| <br />
| align="left" | [[Johann Gerhard Christian Thomas]] (1785-1838)<br />
| <br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1833 <br />
| <br />
| align="left" | Georg Friedrich von Guaita<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1834 <br />
| <br />
| align="left" | Ferdinand Maximilian Stark<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1835 <br />
| <br />
| align="left" | Johann Gerhard Christian Thomas<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1836 <br />
| <br />
| align="left" | Ferdinand Maximilian Stark<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1837 <br />
| <br />
| align="left" | Georg Friedrich von Guaita<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1838 <br />
| <br />
| align="left" | Johann Gerhard Christian Thomas<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1839 <br />
| <br />
| align="left" | Georg Friedrich von Guaita<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1840 <br />
| <br />
| align="left" | [[Gottfried Scharff]] (1782-1855)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1841 <br />
| <br />
| align="left" | [[Friedrich Carl Hector Wilhelm von Günderrode|Friedrich Carl Hector Wilhelm Freiherr von Günderrode gen. von Kellner]] (1786-1862)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1842 <br />
| <br />
| align="left" | Gottfried Scharff<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1843 <br />
| <br />
| align="left" | Johann Friedrich von Meyer<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1844 <br />
| <br />
| align="left" | Gottfried Scharff<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1845 <br />
| <br />
| align="left" | [[Carl Heinrich Georg von Heyden]] (1793-1866)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1846 <br />
| <br />
| align="left" | Gottfried Scharff<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1847 <br />
| <br />
| align="left" | Friedrich Carl Hector Wilhelm Freiherr von Günderrode<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1848 <br />
| <br />
| align="left" | Carl Heinrich Georg von Heyden<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1849 <br />
| <br />
| align="left" | [[Samuel Gottlieb Müller]] (1802-1880)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1850 <br />
| <br />
| align="left" | Carl Heinrich Georg von Heyden<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1851 <br />
| <br />
| align="left" | Friedrich Carl Hector Wilhelm Freiherr von Günderrode<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1852 <br />
| <br />
| align="left" | [[Johann Georg Neuburg]] (1795-1866)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1853 <br />
| <br />
| align="left" | Carl Heinrich Georg von Heyden<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1854 <br />
| <br />
| align="left" | Johann Georg Neuburg<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1855 <br />
| <br />
| align="left" | [[Eduard Ludwig von Harnier]] (1800-1868)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1856 <br />
| <br />
| align="left" | Johann Georg Neuburg<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1857 <br />
| <br />
| align="left" | Eduard Ludwig von Harnier<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1858 <br />
| <br />
| align="left" | Johann Georg Neuburg<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1859 <br />
| <br />
| align="left" | Eduard Ludwig von Harnier<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1860 <br />
| <br />
| align="left" | Samuel Gottlieb Müller<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1861 <br />
| <br />
| align="left" | Friedrich Carl Hector Wilhelm Freiherr von Günderrode<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1862 <br />
| <br />
| align="left" | Johann Georg Neuburg<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1863 <br />
| <br />
| align="left" | Samuel Gottlieb Müller<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1864 <br />
| <br />
| align="left" | [[Anton Heinrich Emil von Oven]] (1817-1903)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1865 <br />
| <br />
| align="left" | [[Philipp Friedrich Gwinner]] (1796-1868)<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1866 <br />
| <br />
| align="left" | [[Karl Konstanz Viktor Fellner]] (1817-1866)<br />
|}<br />
<br />
Am 16. Juli 1866 wurde die Freie Stadt Frankfurt durch preußische Truppen unter dem Kommando von [[Ernst Eduard Vogel von Falckenstein]] (1797-1885) besetzt. Der bisherige Senat blieb als Bevollmächtigter der Militärregierung im Amt. Nach dem Selbstmord des Bürgermeisters Fellner übernahm Senator [[Samuel Gottlieb Müller]] die Amtsgeschäfte des Bürgermeisters bis zur Konstitutierung des ersten Magistrats am 27. Februar 1868. Sein Vorgesetzter war [[Guido von Madai]], der zunächst als preußische Zivilkommissar amtierte und ab 1. Oktober 1867 als preußischer Polizeipräsident und Landrat des [[Stadtkreis Frankfurt|Kreises Frankfurt]].<br />
<br />
== Oberbürgermeister seit 1868 ==<br />
{{Vorlage:Zeitleiste der Frankfurter Bürgermeister}}<br />
Frankfurt war von 1867 bis 1946 kreisfreie Stadt in [[Preußen]] ([[Provinz Hessen-Nassau]]), seit 1946 im Land [[Hessen]]. Stadtoberhaupt ist der ''Oberbürgermeister'', sein Vertreter heißt ''Bürgermeister''.<br />
{| border="0" bgcolor="#E0E0E0" cellspacing="2" cellpadding="2" width="800px"<br />
|----- align="center" valign="top"<br />
! colspan="2" | Amtszeit<br />
! Name<br />
! Partei<br />
! Anmerkungen<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1868 <br />
| 1880<br />
| align="left" | [[Daniel Heinrich Mumm von Schwarzenstein]]<br />
| - <br />
| "Gastgeber" des [[Friede von Frankfurt|Frankfurter Friedens]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1880 <br />
| 1890<br />
| align="left" | [[Johannes von Miquel]]<br />
| [[Nationalliberale Partei|Nationalliberal]]<br />
| Später preußischer Finanzminister<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1890 <br />
| 1912<br />
| align="left" | [[Franz Adickes]]<br />
| [[Liberalismus|Liberal]]<br />
| Mitbegründer der [[Johann Wolfgang Goethe-Universität]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1912 <br />
| 1924 <br />
| align="left" | [[Georg Voigt (Oberbürgermeister)|Georg Voigt]]<br />
| [[Deutsche Demokratische Partei|DDP]]<br />
| <br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1924 <br />
| 1933<br />
| align="left" | [[Ludwig Landmann]]<br />
| [[Deutsche Demokratische Partei|DDP]]<br />
| Mitbegründer der [[HaFraBa]]-Ig<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1933 <br />
| 1945<br />
| align="left" | [[Friedrich Krebs (Bürgermeister)|Friedrich Krebs]]<br />
| [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] <br />
| <br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1945 <br />
| 1945 <br />
| align="left" | [[Wilhelm Hollbach]]<br />
| - <br />
| Von der Besatzung eingesetzt<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1945 <br />
| 1946 <br />
| align="left" | [[Kurt Blaum]]<br />
| [[CDU]] <br />
| Von der Besatzung eingesetzt<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1946 <br />
| 1956 <br />
| align="left" | [[Walter Kolb]]<br />
| [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] <br />
| <br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1956 <br />
| 1964<br />
| align="left" | [[Werner Bockelmann]]<br />
| [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] <br />
| Onkel von [[Udo Jürgens]]<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1964 <br />
| 1970<br />
| align="left" | [[Willi Brundert]]<br />
| [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] <br />
| Widerstandskämpfer<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1970 <br />
| 1971 <br />
| align="left" | [[Walter Möller]]<br />
| [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] <br />
| <br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1972 <br />
| 1977 <br />
| align="left" | [[Rudi Arndt]]<br />
| [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] <br />
| Bekannt als ''Dynamit-Rudi''<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1977 <br />
| 1986<br />
| align="left" | [[Walter Wallmann]]<br />
| [[CDU]] <br />
| Erster Bundesumweltminister<br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1986 <br />
| 1989 <br />
| align="left" | [[Wolfram Brück]]<br />
| [[CDU]] <br />
| <br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1989 <br />
| 1991 <br />
| align="left" | [[Volker Hauff]]<br />
| [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] <br />
| <br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1991 <br />
| 1995<br />
| align="left" | [[Andreas von Schoeler]]<br />
| [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] <br />
| <br />
|----- align="center" valign="top" bgcolor="#F0F0F0"<br />
| 1995 <br />
| ''heute'' <br />
| align="left" | [[Petra Roth]]<br />
| [[CDU]] <br />
| Erstmals direkt gewählt<br />
|}<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Geschichte von Frankfurt am Main]]<br />
* [[Freie Stadt Frankfurt]]<br />
* [[Römer (Frankfurt)]]<br />
<br />
== Quellen ==<br />
* [http://www.worldstatesmen.org/German_States2.html#Frankfurt%20(am%20Main) Liste der Stadtoberhäupter] auf worldstatesmen.org<br />
<references/><br />
<br />
[[Kategorie:Liste (Bürgermeister in Hessen)|Frankfurt am Main]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (Frankfurt am Main)|!]]<br />
<br />
[[en:List of mayors of Frankfurt]]<br />
[[mk:Список на градоначалници на Франкфурт]]<br />
[[no:Frankfurt am Mains byoverhoder]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Betty_Ford&diff=91017365Betty Ford2011-07-09T00:58:50Z<p>222.127.231.29: + Quelle</p>
<hr />
<div>[[Datei:Betty Ford, official White House photo color, 1974.jpg|thumb|Betty Ford (1974)]]<br />
<br />
'''Betty Ford''' (eigentlich ''Elizabeth Ann Bloomer Warren Ford''; * [[8. April]] [[1918]] in [[Chicago]], [[Illinois]]; † [[8. Juli]] [[2011]] <ref>http://www.cnn.com/2011/US/07/08/betty.ford.dies/index.html</ref>) ist die Witwe des 38. US-Präsidenten [[Gerald Ford]] und war die First Lady der [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten von Amerika]] vom 8. August 1974 bis zum 20. Januar 1977.<br />
<br />
== Jugend und Studium ==<br />
Betty Ford ist das dritte Kind und die einzige Tochter von Hortense Neahr und William Stephenson Bloomer. Sie hat zwei ältere Brüder, Robert und William jr.<br />
<br />
Sie wuchs seit dem Alter von drei Jahren in [[Grand Rapids (Michigan)]] auf und absolvierte die dortige Central High School. Sie studierte [[Tanz]] im Calla Travis Dance Studio und legte dort 1935 ihren Abschluss ab.<br />
<br />
Nach dem [[Schwarzer Donnerstag|Schwarzen Donnerstag]], den Betty als Elfjährige miterlebte, begann sie als [[Model]] zu arbeiten und andere Kinder im Tanzen zu unterrichten. Dabei lehrte sie [[Foxtrott (Tanz)|Foxtrott]], [[Walzer (Musik)|Walzer]] und [[Big Apple]]. Während der [[Weltwirtschaftskrise]] hatte die unabhängige First Lady [[Eleanor Roosevelt]] einen großen Einfluss auf Betty Bloomer.<br />
<br />
Als Betty sechzehn war, starb ihr Vater. 1936 beendete sie die High School und wollte ihr Tanzstudium in New York fortsetzen. Ihre Mutter weigerte sich, ihr dies zu erlauben. Stattdessen besuchte Betty zwei Sommer lang die Bennington School of Dance in Bennington, [[Vermont]], wo sie von [[Martha Graham]] unterrichtet wurde. Martha war eine harte, anspruchsvolle Lehrerin, die das Leben der jungen Betty Bloomer dominierte.<br />
<br />
== Berufsleben ==<br />
Betty zog nach [[Chelsea (Manhattan)|Chelsea]] in [[Manhattan]] um und arbeitete als Mannequin für die John Robert Powers-Firma. Sie führte Hüte und Kleider vor, um ihre Stunden mit Martha Graham bezahlen zu können. Betty wurde auserwählt, in deren Helfergruppe zu arbeiten und durfte in der [[Carnegie Hall]] üben. <br />
<br />
Bettys Mutter Hortense war gegen die Karrierewahl ihrer Tochter und verlangte deren Rückkehr nach Hause, doch Betty weigerte sich. Schließlich wurden sie sich jedoch einig.<br />
<br />
Infolgedessen kehrte Betty 1941 nach Grand Rapids zurück, sie wurde Modedesignerin für das Kaufhaus Herpolscheimer's. Sie organisierte ihre eigene Tanzgruppe und unterrichtete Tanz an zahlreichen Orten in Grand Rapids. Unter ihren Schülern befanden sich auch behinderte Kinder. Betty setzte sich aktiv für Soziales ein.<br />
<br />
== Ehe und Familie ==<br />
Unter den Männern, mit denen sie sich verabredete, befand sich William G. ("Bill") Warren, ein Möbelhändler, den sie seit dem Alter von zwölf Jahren gekannt hatte. Bettys Mutter und ihr Stiefvater, Arthur Godwin, billigten das Zusammensein der beiden nicht. Schließlich willigten sie in die Hochzeit von Betty und Bill ein, die bei ihnen Zuhause im Jahr 1942 stattfand. Sie ließen sich 1947 aufgrund einiger Unverträglichkeiten scheiden.<br />
<br />
Nicht lange danach begann sie, sich mit Gerald Ford jr. zu verabreden, der am [[College]] ein [[American Football|Footballstar]] geworden war und an der University of Michigan und Yale Law School promoviert hatte und bald für den Parteitag kandidierte. Am 15. Oktober 1948 heiratete sie ihn in der Grace [[Episcopal Church in the USA|Episcopal Church]] in Grand Rapids. Sie war 30, er 35.<br />
<br />
Sie hatten vier Kinder:<br />
[[Datei:Betty Ford.gif|thumb|Offizielles Portrait]]<br />
* Michael Gerald Ford (* 1950), Seelsorger<br />
* John Garnder „Jack“ Ford (* 1952), Journalist und PR-Berater<br />
* Steven Meigs Ford (* 1956), Schauspieler und Rodeoreiter<br />
* Susan Elizabeth Ford Vance Bales (* 1957), Fotografin<br />
<br />
2005 waren die Fords siebenfache Großeltern.<br />
<br />
1974 trat der 1973 zum [[Vizepräsident der Vereinigten Staaten|US-Vizepräsidenten]] ernannte Gerald Ford die Nachfolge [[Richard Nixon]]s als US-Präsident an, nachdem dieser in Folge der [[Watergate-Affäre]] zurücktrat.<br />
<br />
Betty Ford litt längere Zeit an [[Alkoholismus]] und vermochte sich schließlich therapeutisch im ''Long Beach Naval Hospital'' von dieser Krankheit zu befreien.<br />
<br />
== Späteres Leben ==<br />
1978 veröffentlichte Ford ihre Autobiografie ''The Times of My Life''. 1982 gründete sie das [[Betty Ford Center]], in dem Alkoholismus erfolgreich bekämpft wird und in dem sich auch Prominente - etwa [[Elizabeth Taylor]] - behandeln ließen. 1987 wurde sie auf dem „Michigan Women's Hall of Fame“ verewigt. 1999 wurde Gerald und Betty Ford die „Congressional Gold Medal“ verliehen.<br />
<br />
== Trivia ==<br />
1999 wurde der Track "Betty Ford" der Musikgruppe [[Alter Ego (Musik)|Alter Ego]] zu einem der bekanntesten Club-Hits des Jahres.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* {{Commons|Betty Ford}}<br />
* [http://www.whitehouse.gov/about/first-ladies/bettyford Biographie auf der Website des Weißen Hauses (Englisch)]<br />
* [http://www.congressionalgoldmedal.com/GeraldandBettyFord.htm Congressional Gold Medal Recipients] (engl.)<br />
* [http://www.fordlibrarymuseum.gov/grf/bbfbiop.asp Betty Ford Biografie] (engl.)<br />
<br />
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<br />
{{SORTIERUNG:Ford, Betty}}<br />
[[Kategorie:First Lady (Vereinigte Staaten)]]<br />
[[Kategorie:Gerald Ford]]<br />
[[Kategorie:US-Amerikaner]]<br />
[[Kategorie:Person (Chicago)]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1918]]<br />
[[Kategorie:Frau]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Ford, Betty<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Bloomer Warren Ford, Elizabeth Ann<br />
|KURZBESCHREIBUNG=US-amerikanische First Lady<br />
|GEBURTSDATUM=8. April 1918<br />
|GEBURTSORT=[[Chicago]], Illinois, USA<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[be:Беці Форд]]<br />
[[be-x-old:Бэці Форд]]<br />
[[bg:Бети Форд]]<br />
[[ca:Betty Ford]]<br />
[[cs:Betty Fordová]]<br />
[[da:Betty Ford]]<br />
[[en:Betty Ford]]<br />
[[es:Betty Ford]]<br />
[[fi:Betty Ford]]<br />
[[fr:Betty Ford]]<br />
[[he:בטי פורד]]<br />
[[hr:Betty Ford]]<br />
[[id:Betty Ford]]<br />
[[it:Betty Ford]]<br />
[[ja:ベティ・フォード]]<br />
[[ko:베티 포드]]<br />
[[la:Elisabetha Ford]]<br />
[[nl:Betty Ford]]<br />
[[no:Betty Ford]]<br />
[[pl:Betty Ford]]<br />
[[pt:Betty Ford]]<br />
[[ru:Форд, Бетти]]<br />
[[simple:Betty Ford]]<br />
[[sl:Betty Ford]]<br />
[[sv:Betty Ford]]<br />
[[th:เบ็ตตี ฟอร์ด]]<br />
[[zh:贝蒂·福特]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Betty_Ford&diff=91017352Betty Ford2011-07-09T00:57:07Z<p>222.127.231.29: </p>
<hr />
<div>[[Datei:Betty Ford, official White House photo color, 1974.jpg|thumb|Betty Ford (1974)]]<br />
<br />
'''Betty Ford''' (eigentlich ''Elizabeth Ann Bloomer Warren Ford''; * [[8. April]] [[1918]] in [[Chicago]], [[Illinois]]; † 8. Juli 2011) ist die Witwe des 38. US-Präsidenten [[Gerald Ford]] und war die First Lady der [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten von Amerika]] vom 8. August 1974 bis zum 20. Januar 1977.<br />
<br />
== Jugend und Studium ==<br />
Betty Ford ist das dritte Kind und die einzige Tochter von Hortense Neahr und William Stephenson Bloomer. Sie hat zwei ältere Brüder, Robert und William jr.<br />
<br />
Sie wuchs seit dem Alter von drei Jahren in [[Grand Rapids (Michigan)]] auf und absolvierte die dortige Central High School. Sie studierte [[Tanz]] im Calla Travis Dance Studio und legte dort 1935 ihren Abschluss ab.<br />
<br />
Nach dem [[Schwarzer Donnerstag|Schwarzen Donnerstag]], den Betty als Elfjährige miterlebte, begann sie als [[Model]] zu arbeiten und andere Kinder im Tanzen zu unterrichten. Dabei lehrte sie [[Foxtrott (Tanz)|Foxtrott]], [[Walzer (Musik)|Walzer]] und [[Big Apple]]. Während der [[Weltwirtschaftskrise]] hatte die unabhängige First Lady [[Eleanor Roosevelt]] einen großen Einfluss auf Betty Bloomer.<br />
<br />
Als Betty sechzehn war, starb ihr Vater. 1936 beendete sie die High School und wollte ihr Tanzstudium in New York fortsetzen. Ihre Mutter weigerte sich, ihr dies zu erlauben. Stattdessen besuchte Betty zwei Sommer lang die Bennington School of Dance in Bennington, [[Vermont]], wo sie von [[Martha Graham]] unterrichtet wurde. Martha war eine harte, anspruchsvolle Lehrerin, die das Leben der jungen Betty Bloomer dominierte.<br />
<br />
== Berufsleben ==<br />
Betty zog nach [[Chelsea (Manhattan)|Chelsea]] in [[Manhattan]] um und arbeitete als Mannequin für die John Robert Powers-Firma. Sie führte Hüte und Kleider vor, um ihre Stunden mit Martha Graham bezahlen zu können. Betty wurde auserwählt, in deren Helfergruppe zu arbeiten und durfte in der [[Carnegie Hall]] üben. <br />
<br />
Bettys Mutter Hortense war gegen die Karrierewahl ihrer Tochter und verlangte deren Rückkehr nach Hause, doch Betty weigerte sich. Schließlich wurden sie sich jedoch einig.<br />
<br />
Infolgedessen kehrte Betty 1941 nach Grand Rapids zurück, sie wurde Modedesignerin für das Kaufhaus Herpolscheimer's. Sie organisierte ihre eigene Tanzgruppe und unterrichtete Tanz an zahlreichen Orten in Grand Rapids. Unter ihren Schülern befanden sich auch behinderte Kinder. Betty setzte sich aktiv für Soziales ein.<br />
<br />
== Ehe und Familie ==<br />
Unter den Männern, mit denen sie sich verabredete, befand sich William G. ("Bill") Warren, ein Möbelhändler, den sie seit dem Alter von zwölf Jahren gekannt hatte. Bettys Mutter und ihr Stiefvater, Arthur Godwin, billigten das Zusammensein der beiden nicht. Schließlich willigten sie in die Hochzeit von Betty und Bill ein, die bei ihnen Zuhause im Jahr 1942 stattfand. Sie ließen sich 1947 aufgrund einiger Unverträglichkeiten scheiden.<br />
<br />
Nicht lange danach begann sie, sich mit Gerald Ford jr. zu verabreden, der am [[College]] ein [[American Football|Footballstar]] geworden war und an der University of Michigan und Yale Law School promoviert hatte und bald für den Parteitag kandidierte. Am 15. Oktober 1948 heiratete sie ihn in der Grace [[Episcopal Church in the USA|Episcopal Church]] in Grand Rapids. Sie war 30, er 35.<br />
<br />
Sie hatten vier Kinder:<br />
[[Datei:Betty Ford.gif|thumb|Offizielles Portrait]]<br />
* Michael Gerald Ford (* 1950), Seelsorger<br />
* John Garnder „Jack“ Ford (* 1952), Journalist und PR-Berater<br />
* Steven Meigs Ford (* 1956), Schauspieler und Rodeoreiter<br />
* Susan Elizabeth Ford Vance Bales (* 1957), Fotografin<br />
<br />
2005 waren die Fords siebenfache Großeltern.<br />
<br />
1974 trat der 1973 zum [[Vizepräsident der Vereinigten Staaten|US-Vizepräsidenten]] ernannte Gerald Ford die Nachfolge [[Richard Nixon]]s als US-Präsident an, nachdem dieser in Folge der [[Watergate-Affäre]] zurücktrat.<br />
<br />
Betty Ford litt längere Zeit an [[Alkoholismus]] und vermochte sich schließlich therapeutisch im ''Long Beach Naval Hospital'' von dieser Krankheit zu befreien.<br />
<br />
== Späteres Leben ==<br />
1978 veröffentlichte Ford ihre Autobiografie ''The Times of My Life''. 1982 gründete sie das [[Betty Ford Center]], in dem Alkoholismus erfolgreich bekämpft wird und in dem sich auch Prominente - etwa [[Elizabeth Taylor]] - behandeln ließen. 1987 wurde sie auf dem „Michigan Women's Hall of Fame“ verewigt. 1999 wurde Gerald und Betty Ford die „Congressional Gold Medal“ verliehen.<br />
<br />
== Trivia ==<br />
1999 wurde der Track "Betty Ford" der Musikgruppe [[Alter Ego (Musik)|Alter Ego]] zu einem der bekanntesten Club-Hits des Jahres.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* {{Commons|Betty Ford}}<br />
* [http://www.whitehouse.gov/about/first-ladies/bettyford Biographie auf der Website des Weißen Hauses (Englisch)]<br />
* [http://www.congressionalgoldmedal.com/GeraldandBettyFord.htm Congressional Gold Medal Recipients] (engl.)<br />
* [http://www.fordlibrarymuseum.gov/grf/bbfbiop.asp Betty Ford Biografie] (engl.)<br />
<br />
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{{Normdaten|PND=121304469|LCCN=n/50/24808|VIAF=84478887}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Ford, Betty}}<br />
[[Kategorie:First Lady (Vereinigte Staaten)]]<br />
[[Kategorie:Gerald Ford]]<br />
[[Kategorie:US-Amerikaner]]<br />
[[Kategorie:Person (Chicago)]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1918]]<br />
[[Kategorie:Frau]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Ford, Betty<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Bloomer Warren Ford, Elizabeth Ann<br />
|KURZBESCHREIBUNG=US-amerikanische First Lady<br />
|GEBURTSDATUM=8. April 1918<br />
|GEBURTSORT=[[Chicago]], Illinois, USA<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[be:Беці Форд]]<br />
[[be-x-old:Бэці Форд]]<br />
[[bg:Бети Форд]]<br />
[[ca:Betty Ford]]<br />
[[cs:Betty Fordová]]<br />
[[da:Betty Ford]]<br />
[[en:Betty Ford]]<br />
[[es:Betty Ford]]<br />
[[fi:Betty Ford]]<br />
[[fr:Betty Ford]]<br />
[[he:בטי פורד]]<br />
[[hr:Betty Ford]]<br />
[[id:Betty Ford]]<br />
[[it:Betty Ford]]<br />
[[ja:ベティ・フォード]]<br />
[[ko:베티 포드]]<br />
[[la:Elisabetha Ford]]<br />
[[nl:Betty Ford]]<br />
[[no:Betty Ford]]<br />
[[pl:Betty Ford]]<br />
[[pt:Betty Ford]]<br />
[[ru:Форд, Бетти]]<br />
[[simple:Betty Ford]]<br />
[[sl:Betty Ford]]<br />
[[sv:Betty Ford]]<br />
[[th:เบ็ตตี ฟอร์ด]]<br />
[[zh:贝蒂·福特]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Betty_Ford&diff=91017342Betty Ford2011-07-09T00:55:55Z<p>222.127.231.29: siehe nachrichten</p>
<hr />
<div>[[Datei:Betty Ford, official White House photo color, 1974.jpg|thumb|Betty Ford (1974)]]<br />
<br />
'''Betty Ford''' (eigentlich ''Elizabeth Ann Bloomer Warren Ford''; * [[8. April]] [[1918]] in [[Chicago]], [[Illinois]]; 8. Juli 2011) ist die Witwe des 38. US-Präsidenten [[Gerald Ford]] und war die First Lady der [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten von Amerika]] vom 8. August 1974 bis zum 20. Januar 1977.<br />
<br />
== Jugend und Studium ==<br />
Betty Ford ist das dritte Kind und die einzige Tochter von Hortense Neahr und William Stephenson Bloomer. Sie hat zwei ältere Brüder, Robert und William jr.<br />
<br />
Sie wuchs seit dem Alter von drei Jahren in [[Grand Rapids (Michigan)]] auf und absolvierte die dortige Central High School. Sie studierte [[Tanz]] im Calla Travis Dance Studio und legte dort 1935 ihren Abschluss ab.<br />
<br />
Nach dem [[Schwarzer Donnerstag|Schwarzen Donnerstag]], den Betty als Elfjährige miterlebte, begann sie als [[Model]] zu arbeiten und andere Kinder im Tanzen zu unterrichten. Dabei lehrte sie [[Foxtrott (Tanz)|Foxtrott]], [[Walzer (Musik)|Walzer]] und [[Big Apple]]. Während der [[Weltwirtschaftskrise]] hatte die unabhängige First Lady [[Eleanor Roosevelt]] einen großen Einfluss auf Betty Bloomer.<br />
<br />
Als Betty sechzehn war, starb ihr Vater. 1936 beendete sie die High School und wollte ihr Tanzstudium in New York fortsetzen. Ihre Mutter weigerte sich, ihr dies zu erlauben. Stattdessen besuchte Betty zwei Sommer lang die Bennington School of Dance in Bennington, [[Vermont]], wo sie von [[Martha Graham]] unterrichtet wurde. Martha war eine harte, anspruchsvolle Lehrerin, die das Leben der jungen Betty Bloomer dominierte.<br />
<br />
== Berufsleben ==<br />
Betty zog nach [[Chelsea (Manhattan)|Chelsea]] in [[Manhattan]] um und arbeitete als Mannequin für die John Robert Powers-Firma. Sie führte Hüte und Kleider vor, um ihre Stunden mit Martha Graham bezahlen zu können. Betty wurde auserwählt, in deren Helfergruppe zu arbeiten und durfte in der [[Carnegie Hall]] üben. <br />
<br />
Bettys Mutter Hortense war gegen die Karrierewahl ihrer Tochter und verlangte deren Rückkehr nach Hause, doch Betty weigerte sich. Schließlich wurden sie sich jedoch einig.<br />
<br />
Infolgedessen kehrte Betty 1941 nach Grand Rapids zurück, sie wurde Modedesignerin für das Kaufhaus Herpolscheimer's. Sie organisierte ihre eigene Tanzgruppe und unterrichtete Tanz an zahlreichen Orten in Grand Rapids. Unter ihren Schülern befanden sich auch behinderte Kinder. Betty setzte sich aktiv für Soziales ein.<br />
<br />
== Ehe und Familie ==<br />
Unter den Männern, mit denen sie sich verabredete, befand sich William G. ("Bill") Warren, ein Möbelhändler, den sie seit dem Alter von zwölf Jahren gekannt hatte. Bettys Mutter und ihr Stiefvater, Arthur Godwin, billigten das Zusammensein der beiden nicht. Schließlich willigten sie in die Hochzeit von Betty und Bill ein, die bei ihnen Zuhause im Jahr 1942 stattfand. Sie ließen sich 1947 aufgrund einiger Unverträglichkeiten scheiden.<br />
<br />
Nicht lange danach begann sie, sich mit Gerald Ford jr. zu verabreden, der am [[College]] ein [[American Football|Footballstar]] geworden war und an der University of Michigan und Yale Law School promoviert hatte und bald für den Parteitag kandidierte. Am 15. Oktober 1948 heiratete sie ihn in der Grace [[Episcopal Church in the USA|Episcopal Church]] in Grand Rapids. Sie war 30, er 35.<br />
<br />
Sie hatten vier Kinder:<br />
[[Datei:Betty Ford.gif|thumb|Offizielles Portrait]]<br />
* Michael Gerald Ford (* 1950), Seelsorger<br />
* John Garnder „Jack“ Ford (* 1952), Journalist und PR-Berater<br />
* Steven Meigs Ford (* 1956), Schauspieler und Rodeoreiter<br />
* Susan Elizabeth Ford Vance Bales (* 1957), Fotografin<br />
<br />
2005 waren die Fords siebenfache Großeltern.<br />
<br />
1974 trat der 1973 zum [[Vizepräsident der Vereinigten Staaten|US-Vizepräsidenten]] ernannte Gerald Ford die Nachfolge [[Richard Nixon]]s als US-Präsident an, nachdem dieser in Folge der [[Watergate-Affäre]] zurücktrat.<br />
<br />
Betty Ford litt längere Zeit an [[Alkoholismus]] und vermochte sich schließlich therapeutisch im ''Long Beach Naval Hospital'' von dieser Krankheit zu befreien.<br />
<br />
== Späteres Leben ==<br />
1978 veröffentlichte Ford ihre Autobiografie ''The Times of My Life''. 1982 gründete sie das [[Betty Ford Center]], in dem Alkoholismus erfolgreich bekämpft wird und in dem sich auch Prominente - etwa [[Elizabeth Taylor]] - behandeln ließen. 1987 wurde sie auf dem „Michigan Women's Hall of Fame“ verewigt. 1999 wurde Gerald und Betty Ford die „Congressional Gold Medal“ verliehen.<br />
<br />
== Trivia ==<br />
1999 wurde der Track "Betty Ford" der Musikgruppe [[Alter Ego (Musik)|Alter Ego]] zu einem der bekanntesten Club-Hits des Jahres.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* {{Commons|Betty Ford}}<br />
* [http://www.whitehouse.gov/about/first-ladies/bettyford Biographie auf der Website des Weißen Hauses (Englisch)]<br />
* [http://www.congressionalgoldmedal.com/GeraldandBettyFord.htm Congressional Gold Medal Recipients] (engl.)<br />
* [http://www.fordlibrarymuseum.gov/grf/bbfbiop.asp Betty Ford Biografie] (engl.)<br />
<br />
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<br />
{{SORTIERUNG:Ford, Betty}}<br />
[[Kategorie:First Lady (Vereinigte Staaten)]]<br />
[[Kategorie:Gerald Ford]]<br />
[[Kategorie:US-Amerikaner]]<br />
[[Kategorie:Person (Chicago)]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1918]]<br />
[[Kategorie:Frau]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Ford, Betty<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Bloomer Warren Ford, Elizabeth Ann<br />
|KURZBESCHREIBUNG=US-amerikanische First Lady<br />
|GEBURTSDATUM=8. April 1918<br />
|GEBURTSORT=[[Chicago]], Illinois, USA<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[be:Беці Форд]]<br />
[[be-x-old:Бэці Форд]]<br />
[[bg:Бети Форд]]<br />
[[ca:Betty Ford]]<br />
[[cs:Betty Fordová]]<br />
[[da:Betty Ford]]<br />
[[en:Betty Ford]]<br />
[[es:Betty Ford]]<br />
[[fi:Betty Ford]]<br />
[[fr:Betty Ford]]<br />
[[he:בטי פורד]]<br />
[[hr:Betty Ford]]<br />
[[id:Betty Ford]]<br />
[[it:Betty Ford]]<br />
[[ja:ベティ・フォード]]<br />
[[ko:베티 포드]]<br />
[[la:Elisabetha Ford]]<br />
[[nl:Betty Ford]]<br />
[[no:Betty Ford]]<br />
[[pl:Betty Ford]]<br />
[[pt:Betty Ford]]<br />
[[ru:Форд, Бетти]]<br />
[[simple:Betty Ford]]<br />
[[sl:Betty Ford]]<br />
[[sv:Betty Ford]]<br />
[[th:เบ็ตตี ฟอร์ด]]<br />
[[zh:贝蒂·福特]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Philippinen&diff=90428714Philippinen2011-06-24T13:31:57Z<p>222.127.231.29: /* Moslems */ ARMM ist mehr in Westmindanao; einfacherer wikilink</p>
<hr />
<div>{{Infobox Staat<br />
|NAME = <span style="font-size:1.4em">'''Republika ng Pilipinas'''</span> (Filipino)<br /><span style="font-size:1.4em">'''Republic of the Philippines'''</span> (Englisch)<br /> Republik der Philippinen<br />
|BILD-FLAGGE = Flag of the Philippines.svg<br />
|BILD-FLAGGE-RAHMEN = ja<br />
|ARTIKEL-FLAGGE = Flagge der Philippinen<br />
|BILD-WAPPEN = Coat of Arms of the Philippines.svg<br />
|BILD-WAPPEN-BREITE = 120px<br />
|ARTIKEL-WAPPEN = Wappen der Philippinen<br />
|WAHLSPRUCH = (Filipino) ''Maka-Diyos, Maka-Tao, Makakalikasan at Makabansa'' („Für Gott, die Menschen, die Natur und das Land“)<br />
|AMTSSPRACHE = [[Filipino]] als National- und Amtssprache, dazu<br /><br />
[[Englische Sprache|Englisch]] als Amtssprache<br />
|HAUPTSTADT = [[Manila]]<br />
|STAATSFORM = [[Präsidialrepublik]]<br />
|STAATSOBERHAUPT = [[Präsident der Philippinen|Präsident]] [[Benigno Aquino III.]]<br />
|REGIERUNGSCHEF =<br />
|FLÄCHE = 299.764<ref>http://www.gov.ph/index.php?option=com_content&task=view&id=200020&Itemid=26</ref><br />
|EINWOHNER = 88.574.614<ref name="Office">[http://www.nscb.gov.ph/secstat/d_popn.asp Philippines National Statistics Office]</ref> <small>(Zensus 2007)</small><br />
|BEV-DICHTE = 295,48<br />
|BIP = 144.129&nbsp;Mio.&nbsp;US$ <small>(47.)</small><br />
|BIP-ERWEITERT = nominal (2007)<ref>[http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2008/01/weodata/weorept.aspx?sy=2007&ey=2007&ssd=1&sort=country&ds=,&br=0&c=512,446,914,666,612,668,614,672,311,946,213,137,911,962,193,674,122,676,912,548,313,556,419,678,513,181,316,682,913,684,124,273,339,921,638,948,514,943,218,686,963,688,616,518,223,728,516,558,918,138,748,196,618,278,522,692,622,694,156,142,624,449,626,564,628,283,228,853,924,288,233,293,632,566,636,964,634,182,238,453,662,968,960,922,423,714,935,862,128,716,611,456,321,722,243,942,248,718,469,724,253,576,642,936,643,961,939,813,644,199,819,184,172,524,132,361,646,362,648,364,915,732,134,366,652,734,174,144,328,146,258,463,656,528,654,923,336,738,263,578,268,537,532,742,944,866,176,369,534,744,536,186,429,925,178,746,436,926,136,466,343,112,158,111,439,298,916,927,664,846,826,299,542,582,443,474,917,754,544,698,941&s=NGDPD,NGDPDPC&grp=0&a=&pr1.x=29&pr1.y=7 International Monetary Fund, World Economic Outlook Database, April 2008]</ref><br />
|BIP/EINWOHNER = 1.625&nbsp;US$ <small>(120.)</small><br />
|HDI = 0,751 <small>(105.)</small><br />
|WÄHRUNG = [[Philippinischer Peso]]<br />
|UNABHÄNGIGKEIT = von [[Spanien]] am 12. Juni 1898 (''inoffiziell''), von den [[Vereinigte Staaten|USA]] am 4. Juli 1946 (''offiziell'')<br />
|NATIONALFEIERTAG = [[12. Juni]]<br />
|NATIONALHYMNE = ''[[Lupang Hinirang]]'' (Auserwähltes Land)<br />
|ZEITZONE = [[Coordinated Universal Time|UTC]] +8<br />
|KFZ-KENNZEICHEN = RP<br />
|INTERNET-TLD = [[Top-Level-Domain|.ph]]<br />
|ISO 3166 ALPHA-3 = PHL<br />
|TELEFON-VORWAHL = +63<br />
|BILD-LAGE = The Phillipines and ASEAN (orthographic projection).svg<br />
}}<br />
[[Datei:Rp-map (de).png|miniatur|Karte der Philippinen]]<br />
<br />
Die '''Philippinen''' (amtlich ''Republik der Philippinen'', [[filipino]] ''Republika ng Pilipinas'', {{enS|''Republic of the Philippines''}}) sind ein Staat und [[Archipel]] im westlichen [[Pazifischer Ozean|Pazifischen Ozean]] und gehören zu [[Südostasien]].<br />
<br />
Ihren Namen erhielten sie von dem Entdecker [[Ruy López de Villalobos]], der die Inseln zu Ehren des spanischen [[Infant]]en [[Philipp II. (Spanien)|Philipp]] ''Las Islas Filipinas'' nannte.<br />
<br />
Der Archipel, der sich vom 5 bis 21 Grad nördlicher Breite und von 117 bis 125 Grad östlicher Länge erstreckt, bildet den [[Liste der Inselstaaten|fünftgrößten]] [[Inselstaat]] der Welt nach [[Indonesien]], [[Madagaskar]], [[Papua-Neuguinea]] und [[Japan]].<br />
<br />
== Geographie ==<br />
[[Datei:Lahar Mount Pinatubo.JPG|miniatur|links|Vulkan Pinatubo]]<br />
[[Datei:Philippines-Pfahlbauten.jpg|miniatur|links|Pfahlbauten im Meer]]<br />
<br />
Das [[Südchinesisches Meer|Südchinesische Meer]] trennt die Inselgruppe im Westen von [[Vietnam]], die [[Sulusee]] im Südwesten von [[Malaysia]], die [[Celebessee]] im Süden von [[Indonesien]]. Im Osten erstreckt sich die [[Philippinensee]]. <br />
<br />
Die Philippinen bestehen aus insgesamt 7107 [[Insel]]n, von denen 2773 mit einem Namen versehen und etwa 880 bewohnt sind. Lediglich elf dieser Inseln haben eine Fläche von mehr als 2500&nbsp;[[Quadratkilometer|km²]]; die größten sind [[Luzon]], [[Mindanao]], [[Samar]], [[Negros]], [[Mindoro]], [[Panay (Insel)|Panay]] und [[Palawan]]; nur etwa 1000 sind zudem größer als 1&nbsp;km².<br />
<br />
Der [[Archipel]] wird allgemein in drei Großregionen unterteilt: <br />
* die [[Luzon#Geographie#Inselgruppe Luzon|Inselgruppe Luzon]] im Norden, die maßgeblich aus den Inseln [[Luzon]], [[Masbate]] sowie [[Mindoro]] besteht<br />
* die Inselgruppe der [[Visayas]] in der Mitte, die unter anderem die Inseln [[Palawan]], [[Negros]], [[Cebu]], [[Leyte]], [[Samar]] und [[Bohol]] umfasst<br />
* die [[Mindanao#Geographie#Inselgruppe Mindanao|Inselgruppe Mindanao]] im Süden, die sich unter anderem aus der Insel [[Mindanao]], der Insel [[Basilan]] sowie dem [[Sulu-Archipel]] mit der Insel [[Jolo]] zusammensetzt.<br />
<br />
Im Kern sind die Inseln die Spitzen von über den Meeresspiegel aufragenden submarinen Gebirgsketten, an der Grenze zweier [[Plattentektonik|Kontinentalplatten]], der [[Philippinische Platte|Philippinischen]] und der [[Eurasische Platte|Eurasischen]]. Großräumig gesehen sind die Philippinen Teil des [[Pazifischer Feuerring|Pazifischen Feuerrings]] mit [[Erdbeben]] und [[Vulkanismus]] als häufigen Begleiterscheinungen dieser Lage an der Plattengrenze. Es existieren derzeit etwa 20 aktive [[Vulkan]]e, von denen der [[Pinatubo]] und der [[Mayon (Vulkan)|Mayon]] – beide auf [[Luzon]] gelegen – in den letzten Jahren besondere Aktivität zeigten. Die höchste Erhebung der Philippinen ist der [[Mount Apo]]. Östlich der Inselgruppe verläuft der [[Philippinengraben]], mit einer Tiefe von bis zu 10.540&nbsp;m einer der tiefsten [[Tiefseerinne|Tiefseegräben]] der Erde. Als Folge von [[Seebeben]] können riesige Flutwellen, die [[Tsunami]]s, an den Außenriffen der Philippinen entstehen.<br />
<br />
Zwischen den Inseln befinden sich eine Vielzahl von [[Binnenmeer]]e und [[Golf]]en, die durch Meerstraßen verbunden sind. Die wichtigsten Binnenmeere sind [[Sibuyan-See]], [[Samar-See]], [[Visayas-See]], [[Mindanaosee]] und [[Camotes-See]].<br />
<br />
== Klima ==<br />
[[Datei:Klima manila.png|miniatur|Klimadiagramm Manila]]<br />
[[Datei:Klima davao.png|miniatur|Klimadiagramm Davao]]<br />
<br />
Das [[Klima]] der Philippinen wird vor allem durch die Nähe zum Meer geprägt, denn kein Ort ist weiter als 200&nbsp;km von der [[Küste]] entfernt. Die Lage der Inseln in den niederen [[Tropen|tropischen]] Breiten und der Einfluss der umgebenden Meere bewirken eine über das Jahr sehr ausgeglichene Temperatur von rund 26&nbsp;°C mit nur geringen Schwankungen. <br />
<br />
Die meisten Niederschläge fallen im Zusammenhang mit dem Südwest-[[Monsun]] vor allem in der Zeit von Mai bis November. An der Westküste (Manila) bringt der Nordost-Monsun nur geringe Niederschläge, während an der Ostküste (Davao) ganzjährig [[Humides Klima|humides]] Klima herrscht. Wegen des überwiegend in Nord-Süd-Richtung verlaufenden [[Gebirge]]s fallen an der Westseite der Inselgruppe deutlich weniger Niederschläge als an der Ostseite. <br />
<br />
Von August bis Oktober ziehen häufig [[Taifun]]e über die Mitte und den Norden der Philippinen; zwischen 1945 und 2000 wurden die Philippinen von 349 Taifunen überquert oder gestreift.<br />
<br />
== Tier- und Pflanzenwelt ==<br />
[[Datei:tarsius syrichta.jpg|miniatur|links|Philippinischer [[Koboldmaki]]]]<br />
<br />
Vor 175.000 Jahren, im Mittleren [[Pleistozän]], war der Meeresspiegel so niedrig, dass eine durchgehende Landbrücke nach Asien bestand, die insbesondere von Tieren intensiv genutzt wurde. Nach Wiederanstieg des Meeresspiegels wurden viele Lebewesen von den übrigen Arten isoliert.<br />
<br />
Die [[Huxley-Linie]], die von Nord-[[Luzon]] ausgehend im Süden im Bereich zwischen [[Borneo]] und [[Sulawesi]] an die berühmtere [[Wallace-Linie]] anschließt, trennt die Insel [[Palawan]] von den übrigen Philippinen [[Biogeographie|biogeographisch]]. <br />
<br />
=== Land ===<br />
Die philippinische Tierwelt ist der indonesischen sehr ähnlich. Auf den Philippinen existieren insgesamt über 5000 verschiedene Tier- und unzählige Insektenarten sowie 14.000 verschiedene Pflanzen. Darunter sind Wasserbüffel ([[Carabao (Wasserbüffel)|Carabao]]), Papageien, Flughörnchen, Delfine, Krokodile, Schlangen, [[Koboldmakis]], Schildkröten, Echsen und andere. <br />
<br />
[[Datei:Palawan Bear Cat.png|miniatur|Binturong oder Marderbär]]<br />
<br />
Auf den Philippinen leben eine Vielzahl [[Endemit|endemischer]] Tiere, darunter allein auf Palawan das [[Palawan-Schuppentier]] ''Manis (Paramanis) culionensis'', der [[Rotsteißkakadu]] (''Cacatua haematuropygia''), der [[Binturong]], Marderbär (''Arctictis binturong''), der hauskatzengroßen [[Prionailurus bengalensis|Bengalkatze]] (''Priohailurus bengalensis''), der [[Palawan-Pfaufasan]], die [[Palawan-Ratte]] und das [[Palawan-Bartschwein]]. Nur auf den Philippinen verbreitet ist die [[Philippinenente]], eine Art aus der Stockenten-Gruppe <ref> Hartmut Kolbe; ''Die Entenvögel der Welt'', Ulmer Verlag 1999, ISBN 3-8001-7442-1, S. 218 </ref>. Weitere Tiere sind das [[Philippinen-Spitzhörnchen]], der [[Philippinenadler]] und die [[Philippinen-Schwarzstrichtaube]].<br />
<br />
=== Meer ===<br />
Im Meer, das die vielen Inseln umgibt, findet man auch heute noch viele [[Koralle]]n mit ihren bunten Fischen. Die [[Korallenbleiche]] hat die Philippinen bisher weitgehend verschont und ist nur vereinzelt aufgetreten. Weltbekannten [[Korallenriff]]e gibt es um [[Tubbataha]] und im [[Cagayan-Archipel]] - an anderen Orten hat die [[Cyanidfischerei|Cyanid]]- und [[Dynamitfischerei]] große Schäden angerichtet.<br />
<br />
=== Umweltschutz ===<br />
Mit über 7000 Inseln sind die Philippinen eines der artenreichsten [[Ökosystem]]e der Welt. Doch die Bevölkerung wächst sehr schnell, und so führt der Siedlungsdruck zum [[Raubbau]] an den natürlichen [[Ressource]]n. Der Zustand der philippinischen Umwelt hat sich so sehr verschlechtert, dass die Regierung darauf mit anspruchsvollen Umweltgesetzen reagierte. Diese Gesetze sollen den [[Tropischer Regenwald|Regenwald]] ebenso schützen wie das Meer mit seinen [[Koralle]]nriffen und den Fischen. Auch die Luft in den Städten soll sauberer werden, genau wie das Wasser und [[Abwasser]]. Bei der Abfallentsorgung stehen die Philippinen noch immer vor gewaltigen Problemen. Die Durchsetzung der Umweltgesetze ist noch nicht überall gewährleistet. [[Geothermische Energie]] wird auf den Philippinen bereits genutzt. Hierbei nimmt der Inselstaat eine führende Rolle in Südostasien ein.<br />
<br />
== Bevölkerung ==<br />
[[Datei:Philippine ethnic groups per province.PNG|miniatur|links|Ethnische Gruppen auf den Philippinen nach dem Zensus von 2000<ref>[http://census.gov.ph/data/sectordata/datapop.html Philippines National Statistics Office]</ref>]]<br />
<br />
Die Bezeichnung für die Einwohner ist ''Philippiner'' / ''Philippinerin'', Eigenbezeichnung ''Filipino'' oder ''Filipina'' ([[Spanische Sprache|span.]]) und ''Pinoy'' oder ''Pinay'' (Tagalog, Umgangssprache). Die Gesamtbevölkerung liegt laut Zählung aus dem Jahr 2007 bei 88.574.614 Einwohnern.<ref name="Office" /> Das CIA World Factbook schätzt aber für 2011 bereits eine Gesamtbevölkerung von 101.833.938 Einwohnern. <ref>[https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rp.html CIA World Factbook]</ref><br />
<br />
Sie setzt sich in der Mehrheit (95 %) aus ethnischen Gruppen zusammen, die [[Austronesische Sprachen]] sprechen, in sukzessiven Wellen aus [[Taiwan]] eingewandert sind und sich mit späteren Einwanderern aus [[Südchina]] vermischten. Sie können in drei große Gruppierungen unterteilt werden:<br />
* Christen, die durch die spanische Kolonialherrschaft geprägt wurden. Sie bilden mehr als 90 % der philippinischen Bevölkerung.<br />
* Moslems, die erst in der amerikanischen Kolonialzeit unterworfen wurden. Etwa 5 % der philippinischen Bevölkerung gehören dazu.<br />
* Stämme, die kaum vom Islam und den Spaniern beeinflusst wurden.<br />
<br />
=== Christen ===<br />
[[Datei:Baclayon church 1596.jpg|miniatur|Kirche auf [[Bohol]]]]<br />
<br />
Die Idee einer philippinischen Identität entstand zuerst bei den christlichen Tieflandbewohnern, die unter spanischer Kolonialherrschaft standen und im Konflikt mit dieser ein Nationalbewusstsein als ''Filipinos'' entwickelten. Dabei wurden zunächst die Moslems und Hochlandbewohner nicht einbezogen. Noch heute gibt es Spannungen zwischen den in allen Bereichen dominierenden christlichen Tieflandbewohnern einerseits und den überwiegend muslimisch geprägten Hochlandbewohnern andererseits, die sich teilweise in bewaffneten Konflikten entladen.<br />
<br />
Unter den christlichen Tieflandbewohnern bilden die [[Tagalen]], welche auf der Insel Luzon leben, die zahlenmäßig größte Gruppe. Sie machen 28,1 % der Bevölkerung aus und ihre Sprache, das [[Tagalog]], bildet die Grundlage für das [[Filipino]], der Amtssprache der Philippinen.<br />
<br />
Weitere Gruppen sind die Cebuanos und Sugboanons (13,1 %), die Ilokanos (9 %), die Bisayas/Binisayas (7,6 %), Hiligaynons oder Ilonggos (7,5 %), die Bikolanos (6 %), die Waray (3,4 %), die Pangasináns, die Kapampangans, die Waraynons, die Masbatenyos, die [[Ibanag]] und die Butuanons.<br />
<br />
=== Moslems ===<br />
[[Datei:Philippinen basilan moschee ph05p27.jpg|thumb|Moschee auf [[Basilan]]]]<br />
<br />
Die [[Maranao]], [[Maguindanao]], [[Samal (ethnische Gruppe)|Samal]], [[Yakan]], [[Badjo]], [[Tausug]] und die [[Jama Mapun]] zählen zu den muslimischen Tieflandbewohnern, die vorwiegend im Süden und Westen [[Mindanao]]s und auf dem [[Sulu-Archipel]] leben.<br />
<br />
Bis in die 1970er-Jahre spielte der [[Islam auf den Philippinen]] kaum eine Rolle. 1968 praktizierten nur knapp 20 % der philippinischen Muslime den Islam.<br />
<br />
Seitdem erfuhr er jedoch einen Aufschwung. Viele [[philippinische Muslime]] wie auch ihre malaysischen und indonesischen Nachbarn wurden konservativer und nahmen die islamischen Regeln ernster. Viele muslimische Filipinos fühlten sich zudem eher [[Malaysia]] zugehörig als den überwiegend katholischen Philippinen. Zahlreiche Muslime wanderten nach Malaysia aus.<br />
<br />
=== Wenig beeinflusste Stämme ===<br />
[[Datei:Ifugaonon.png|miniatur|Ifugao-Musiker auf Luzon, 2004]]<br />
Diese Stämme leben in unzugänglichen Hochländer, aber auch in abgelegenen Tieflandgebieten und auf entlegenen Inseln. Sie wurden nicht oder nur wenig von Spaniern oder Moslems beeinflusst. Folgende Gruppierungen können unterschieden werden - insgesamt gibt es mehr als 100 Stämme:<br />
* Auf [[Luzon]] leben die Apayao, Tingguian, Kalinga, Bontok, Kankanai, Ifugao, Ibaloy und die I-wak, die auch zusammenfassend [[Igorot]] genannt werden. Sie leben in Nordluzon an den Hängen der 2.022 bis 2.702 Meter hohen Berge und erbauten die legendären [[Reisterrassen in den philippinischen Kordilleren|Reisterrassen]].<br />
* Die [[Ilongot]] leben ebenfalls auf Luzon.<br />
* Auf [[Mindoro]] leben die Mangyan in sieben Stämmen, Iraya, Alangan, Batangan, Tadyawan, Buhid, Hanunoo und Ratagnon, hauptsächlich im Landesinneren der Insel.<br />
* Auf [[Palawan]] leben die Stämme der Palawanvölker: die Kagayanen in der Gemeinde Cagayancillo, die Molbog auf Balabak und anderen Inseln vor Palawan, die [[Tagbanuwa]], die [[Batak (Philippinen)|Batak]] und die [[Tau't Batu]]. Dabei wird für all diese Stämme auch zusammenfassend die Bezeichnung "die Palawan" verwendet. Ihre Siedlungsgebiete werden durch Straßenbau und eine Vielzahl von Minenprojekte bedroht <ref>http://www.survivalinternational.org/tribes/palawan#main</ref>.<br />
* In [[Mindanao]] leben die Mamanwa, Manobo, Manobo Bilit, [[Manobo Tasaday]], Mandaya, Mansaka, Kalagan, T'boli und die Subanu. Sie werden zusammenfassend auch [[Lumad]] genannt.<br />
* Die Badjao auf dem [[Sulu-Archipel]], von denen viele in den letzten 50 Jahren nach Malaysia gewandert sind. Sie werden gerne mit den indonesischen [[Badjo]] verwechselt, da beide Gruppen als [[Seenomaden]] leben.<br />
* Die [[Tumandok]] auf [[Panay]].<br />
<br />
Bis auf die Bergstämme in Luzon, die von den Amerikanern christianisiert wurden, sind die diese Stämme weiterhin animistisch. Durch den Einfluss der Zivilisation und der Mehrheitsgesellschaft ist ihre kulturelle Identität akut bedroht.<br />
<br />
Die [[Aeta]] (auf [[Luzon]]), [[Mamanwa]] (auf [[Leyte]] und [[Mindanao]] in [[Surigao]]), [[Ati (Volk)|Ati]] (auf [[Panay]]) und andere [[Negritos|negritischen]] Ureinwohner der Philippinen sind genetisch mit den Bewohnern der [[Andamanen]] verwandt. Von ihnen gibt es nur noch etwa 30.000. Sie leben in größeren Gemeinschaften auf verschiedenen Inseln, u.a. Luzon, Panay und Negros.<br />
<br />
=== Chinesen ===<br />
[[Datei:Taoist-Temple-Inside-2.jpg|miniatur|Daoistischer Tempel in Cebu City]]<br />
<br />
Daneben besteht das Volk zu 1,5 % aus [[Philippinische Chinesen|Chinesen]], die seit dem 9. Jahrhundert auf den Philippinen eine wirtschaftliche Rolle gespielt haben. Heute haben zirka 10 % aller Filipinos in irgendeiner Form chinesische Vorfahren. Sie sind im Gegensatz zu den Chinesen in Indonesien und Malaysia stärker in die philippinische Gesellschaft integriert.<br />
<br />
=== Multi-ethnische Bevölkerung ===<br />
Ethnisch gemischte Bevölkerungsgruppen machen weitere 1 % der Bevölkerung aus und spielen aufgrund der Kolonialgeschichte weiterhin eine wirtschaftlich wichtige Rolle auf den Philippinen, obwohl die Chinesen ihnen zunehmend Konkurrenz bereiten. Neben malaiisch-spanischen (diese leben vorwiegend im Süden Mindanaos und sprechen eine spanische Kreolsprache, nämlich [[Chavacano]]), gibt es auch etwa 300.000 chinesische und rund 20.000 japanisch-malaiische Philippinos. Offiziell leben nur noch 17.000 spanischstämmige Philippinos im Lande.<br />
<br />
== Sprachen ==<br />
{{Hauptartikel|Philippinische Sprachen}}<br />
<br />
Laut [[Ethnologue]] werden auf den Philippinen 171 Sprachen gesprochen; praktisch jede Region hat ihre eigene Sprache oder Dialekt. Die meisten Sprachen auf den Philippinen sind [[Malayo-Polynesische Sprachen]], die einen Zweig der [[Austronesische Sprachen|Austronesischen Sprachen]] darstellen.<br />
<br />
=== Malayo-polynesische Sprachen ===<br />
[[Filipino]] (früher Pilipino), das auf dem [[Tagalog]] basiert, ist die [[Amtssprache]] der Philippinen. Tagalog wird vorwiegend auf der Insel Luzon gesprochen. Nur etwa 25 % der Filipinos sprechen Tagalog, aber Filipino wird von etwa 80 % gesprochen und verstanden.<br />
<br />
Weitere elf Sprachen werden von mindestens einer Million Menschen gesprochen: [[Cebuano]], [[Ilokano]], [[Hiligaynon]] oder [[Ilonggo]], [[Bikol]], [[Waray-Waray]], [[Kapampangan]], [[Pangasinan]], [[Kinaray-a]], [[Maranao]], [[Maguindanao]] und [[Tausug]].<br />
<br />
Die genannten zwölf Sprachen werden von mehr als 90 % der Bevölkerung gesprochen.<br />
<br />
Cebuano, nach Tagalog die wichtigste philippinische Regionalsprache, wird von 15 % der Bevölkerung vorwiegend im Süden - in Zentral-Visaya sowie im Norden und Westen Mindanaos - gesprochen. Gemeinsam mit Hiligaynon, Waray-Waray (mit 9 % Sprachanteil) und anderen zählt Cebuano zu den [[Visayassprachen]].<br />
<br />
Eine weitere wichtige Regionalsprache ist Ilokano (12 %).<br />
<br />
=== Chinesisch ===<br />
Die [[Philippinische Chinesen|chinesische Minderheit]] auf den Philippinen stammt zu 90 % aus der Provinz [[Fujian]] und spricht damit Fukienesisch ([[Min Nan]]), wobei auch [[Hochchinesisch]], [[Taiwanische Sprache|Taiwanisch]] und [[Kantonesische Sprache|Kantonesisch]] gesprochen werden. Aufgrund der Philippinisierungspolitik von Diktator [[Ferdinand Marcos]], die die Nutzung des Hochchinesischen in chinesischen Schulen verbot, spricht die jüngere Generation vermehrt [[Tagalog]] untereinander.<br />
<br />
=== Englisch ===<br />
Englisch kam erstmals 1898 auf die Insel. Durch amerikanischen Einfluss ist Englisch neben dem Filipino heute die zweite Amtssprache und wird von etwa 125.000 Menschen (meist Amerikaner) als Muttersprache gesprochen. Für mehr als 50 % der Filipinos ist Englisch eine wichtige Zweitsprache.<br />
<br />
Das Englische ist in Schulen und Hochschulen die Unterrichtssprache und ist die Arbeitssprache in der Geschäftswelt.<br />
<br />
=== Tagalog ===<br />
[[Tagalog]] wird im allgemeinen Sprachgebrauch, in TV-Stationen (sogar Nachrichten), Zeitungen, bei Radiosendern, aber auch in offiziellen Ansprachen ein Tagalog-Englisch-Gemisch benutzt. Teilweise werden auch spanische Wörter verwendet.<br />
<br />
=== Spanisch ===<br />
{{Hauptartikel|Philippinisches Spanisch}}<br />
<br />
[[Spanische Sprache|Spanisch]] war bis 1973 eine Amtssprache der Philippinen und wurde zeitweise auch von etwa 10 % der Bevölkerung gesprochen. Die meisten Spanischsprechenden waren [[Mestize]]n oder kamen aus der Oberschicht. An Universitäten wurde meist auf Spanisch unterrichtet, und auch viele Zeitungen erschienen in dieser Sprache.<br />
<br />
1901 wurden die Philippinen eine amerikanische Kolonie. Die Amerikaner führten Englisch als erste Amtssprache ein. So verlor Spanisch immer mehr an Bedeutung.<br />
<br />
=== Chabacano ===<br />
Eine spanischbasierte Kreolsprache mit etwa 500.000 Sprechern in Zamboanga, Cavite und Ternate.<br />
<br />
{{Hauptartikel|Chabacano}}<br />
<br />
== Religion ==<br />
Religionszugehörigkeit laut der Volkszählung im Jahr 2000:<ref>[http://www.census.gov.ph/data/pressrelease/2003/pr0323tx.html ''Results from the 2000 Census of Population and Housing, NSO.''] census.gov.ph, 18. Februar 2003</ref> [[Römisch-katholische Kirche|Katholiken]] 81,04 %, [[Moslems|Muslime]] 5,06 %, [[Evangelisch]] 2,82 %, [[Iglesia ni Cristo]] 2,31 %, [[Unabhängige Philippinische Kirche]] (Iglesia Filipina Independente/Aglipayan) 1,98 %, [[Siebenten-Tags-Adventisten]] 0,80 %, [[United Church of Christ in the Philippines]] 0,55 %, [[Zeugen Jehovas]] 0,50 %.<br />
<br />
Zu den kleineren Religionen, die nicht mehr eigens im Ergebnis der Volkszählung angeführt wurden, zählen [[Mormonen]] (laut Eigenangaben - die bei den Mormonen über der Volkszählung liegen - 0,6 %). Dazu kommen [[Animismus|Animisten]] (besonders bei den indigenen Stämmen), [[Buddhisten]] (meist Chinesen, wenige Filipinos) und [[Hinduismus|Hindus]] (Inder).<br />
<br />
Anders als [[Malaysia]] und [[Indonesien]] wurden die Philippinen kaum vom [[Buddhismus]] oder [[Hinduismus]] geprägt. Es gab allerdings Handelsbeziehungen zu den Großreichen [[Sri Vijaya]] und [[Majapahit]] sowie einen regen Handel mit [[Kaiserreich China|China]]. Die alte [[Baybayin]]-Schrift ähnelt der [[Kawi]]-Schrift aus Indonesien, die wiederum [[Indien|indische]] Vorbilder hatte.<br />
<br />
=== Katholische Kirche auf den Philippinen ===<br />
Die Mehrzahl der Filipinos (81 %, andere Schätzungen 83 %) sind Katholiken. Das Land ist das größte christlich geprägte Land in Südostasien. Die Katholische Kirche entstand auf den Philippinen mit der Ankunft der Spanier 1521 und der Konvertierung von 800 Einheimischen auf Cebu, wo am 31. März 1521 die erste Messe auf philippinischem Boden zelebriert wurde. Doch erst Ende des 16. Jahrhundert beschlossen die Spanier, das ganze Land zu christianisieren, um den – aus dem Süden vordringenden – Islam im Land zu schwächen. Bis dahin konvertierten nur wenige Filipinos zum Katholizismus. Seit 1590 kamen spanische und mexikanische Missionare des Jesuitenordens und andere katholische Orden auf die Insel mit der Aufgabe der Zwangsbekehrung der Einheimischen zum Katholizismus. Gottesdienste wurden meist in den jeweiligen Sprachen des Landes abgehalten, so sollte die Christianisierung erleichtert werden. Bis Mitte des 17. Jahrhundert waren die Philippinen – mit Ausnahme des Südens und einiger Bergregionen – christianisiert.<br />
<br />
Die Katholische Kirche auf den Philippinen hat, insbesondere in ländlichen Gebieten, einen großen Einfluss auf die Politik und die philippinische Gesellschaft.<br />
<br />
Derzeit wird auf den Philippinen die ''größte Marienstatue der Welt'' errichtet. Die Marienstatue von Montemaria wird 102 Meter hoch sein, höher als die Freiheitsstatue in New York (96 Meter) und die Jesus-Statue in Rio de Janeiro (100 Meter). Die Statue wird von den täglich ungefähr 200 passierenden Schiffen am Schifffahrtsweg „Verde Strait“ gesehen werden können.<ref>[[Kath.net]]: [http://www.kath.net/detail.php?id=15867 Filippinos errichten größte Marienstatue der Welt], 1. Februar 2007</ref><br />
<br />
=== Islam auf den Philippinen ===<br />
{{Hauptartikel|Islam auf den Philippinen}}<br />
<br />
Der [[Islam]] erreichte die südlichen Philippinen erstmals Ende des 14. Jahrhunderts und breitete sich bis zum 16. Jahrhundert auf den ganzen Philippinen aus. Heute ist er jedoch nur noch in Mindanao und den Inseln im Sulusee verbreitet. Etwa 4 Millionen Filipinos sind Muslime.<br />
<br />
=== Traditionelle philippinische Religionen ===<br />
Die ursprünglichen Religionen werden noch in vielen indigenen Stämmen gepflegt. Häufig haben sich auch alte Glaubensvorstellungen mit Christentum und Islam verschmolzen ([[Synkretismus]]). [[Volksglaube]], [[Animismus]] und [[Schamanismus]] werden auch durch Personen vertreten wie dem ''Albularyo'' (auch Hilot, Manghihilot oder Manggagamot), einem Heiler oder Medizinmann, oder dem ''Babaylan'' (auch Mammalian), einem religiösen Führer.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
{{Hauptartikel|Geschichte der Philippinen}}<br />
<br />
=== Vorkoloniale Zeit ===<br />
Seit prähistorischer Zeit bewohnen [[Negrito]]s, genauer gesagt die Volksgruppe der [[Aeta]], als ursprünglichste Bevölkerung die Philippinen. In der Zeit von 3.000 bis 2.500 v.&nbsp;Chr. wanderten [[Austronesisch|austronesische]] Stämme von Taiwan her kommend südwärts ins Land und verteilten sich von dort aus weiter Richtung Süden.<br />
<br />
Vom 7. bis zum 13. Jahrhundert kamen Teile der Philippinen unter den Einfluss von [[Sri Vijaya]] und später von [[Majapahit]]. Bis heute sind Wörter aus dem Sanskrit in den philippinischen Sprachen erhalten. 1917 wurde in Mindanao eine indisch-malaiische Goldstatue aus der Majapahit-Zeit gefunden. Ein noch wichtigerer Beleg für die kulturelle Verbindung zum malaiischen Kulturraum stellt die ''Laguna-Kupferplatte'' dar, die aus dem 9. Jahrhundert stammt und in einer Mischung aus Sanskrit, Altjavanisch, Altmalaiisch und altem Tagalog geschrieben wurde, in einer Schrift, die der javanischen Kawi-Schrift ähnelt. Südchinesische Händler hatten auf die Region ebenfalls einen großen Einfluss, was sich an zahlreichen Porzellanfunden aus der Zeit der chinesischen Sung-Dynastie zeigt. Wahrscheinlich kam der Buddhismus zusammen mit chinesischen Händlern auf die Philippinen und vermischte sich mit lokalen Traditionen.<br />
<br />
Ab 1380 fasste der Islam auf den südlichen Philippinen Fuß; es entstanden verschiedene Sultanate, darunter das einflussreiche [[Sultanat Sulu|Sultanat von Jolo]]. Um 1500 erreichte der Islam auch Luzon. Um 1530 wurde May Nilad (Manila) als Palisadenfestung an der Mündung des Flusses Pasig in die [[Bucht von Manila|Manilabucht]] gegründet. Andere Orte wie [[Tondo (Philippinen)|Tondo]], das in der Laguna-Kupferplatte erwähnt wird, waren bereits seit Jahrhunderten besiedelt. Die Gründer von Manila, malaiische [[Raja]]s aus Brunei, wählten einen bislang unbesiedelten Ort, der bis zur spanischen Eroberung im Jahre 1571 auf 10.000 Einwohner wuchs.<br />
<br />
Weite Teile der Philippinen, vor allem der Süden, Palawan und die Gegend um Manila, wurden bis zur Ankunft der Spanier durch malaiische Rajahs islamisiert. Nach Meinung von philippinischen Historikern wären die Philippinen ohne die Ankunft der Spanier Mitte des 16. Jahrhunderts vollständig islamisiert worden, wie es heute in Indonesien oder Malaysia der Fall ist.<br />
<br />
=== Spanische Kolonialzeit ===<br />
[[Datei:Fort Santiago Gate.jpg|thumb|Intramuros]]<br />
<br />
==== Christianisierung ====<br />
Als die Spanier 1565 die Philippinen als ihre Kolonie beanspruchten und es somit [[Neuspanien]] angliederten, war der Islam noch nicht tief verwurzelt, so dass es ihnen nicht schwerfiel, auch die muslimische Bevölkerung zum Christentum zu bekehren. Außerdem wurde die Christianisierung der Philippinen weitgehend friedlich durchgeführt, unter anderem wurden animistische Praktiken weitgehend geduldet, von denen einige bis heute überlebt haben. Der Buddhismus, der vermutlich neben dem Islam im 16. Jahrhundert die vorherrschende Religion auf den Philippinen war, wurde bald nur noch von der chinesischen Minderheit praktiziert.<br />
<br />
Angesichts ihrer Niederlage gegen die Spanier im Jahre 1571 konvertierten die Rajahs von Manila, [[Rajah Sulayman]], Rajah Lakandula und Rajah Matanda zum Katholizismus. Dafür durften sie einige Privilegien behalten und wurden ins koloniale Herrschaftssystem integriert. Durch die weitgehende Einbindung der einheimischen Häuptlinge in das koloniale Herrschaftssystem entstand die soziale Schicht der ''principialia'', die als Mittelsmänner und Nutznießer des Kolonialsystems diese über Jahrhunderte festigten.<br />
<br />
Der andere wichtige Machtfaktor in der philippinischen Kolonie waren spanische Mönche und Priester. Aufgrund ihrer Rolle in der Missionierung und in den späteren Gemeinden waren sie oft die einzigen Spanier, die eine einheimische Sprache konnten. Sie lebten im Gegensatz zu den Kolonialbeamten, die nur auf Zeit im Lande waren, mehrere Jahrzehnte im Land. Sie wurden als Vermittler unverzichtbar und somit sehr mächtig.<br />
<br />
Im Süden der Philippinen war der Islam zum Zeitpunkt der Ankunft der Spanier bereits tiefer verwurzelt, so dass die dortigen Moslems, von den Spaniern [[Moros (Volk)|Moros]] genannt, nicht das Christentum annahmen.<br />
<br />
==== Koloniale Wirtschaft ====<br />
In der frühen Kolonialzeit bildete der Galeonenhandel zwischen Manila und [[Acapulco]] die wichtigste Einnahmequelle für die Kolonie. Silber aus den Minen der neuen Welt wurde von Acapulco nach Manila verschifft und dort benutzt, um chinesische Waren wie Seide und Porzellan zu kaufen. Da bis zum 18. Jahrhundert nur die Portugiesen mit Macao das Recht hatten, die chinesische Küste direkt anzusteuern, war man auf chinesische Händler angewiesen, die sich in einem eigenen Viertel vor Manila ansiedelten, dem heutigen Binondo, wo sich auch heute die Chinatown von Manila befindet.<br />
<br />
Im frühen 19. Jahrhundert änderte sich die wirtschaftliche und politische Situation. Mexiko wurde unabhängig, so dass die Philippinen nicht mehr zu Neuspanien gehörten, sondern zum ersten Mal direkt von Spanien aus verwaltet wurden. Der Galeonenhandel nach Acapulco war nicht mehr möglich und wurde 1815 eingestellt. Die Philippinen wurde nach und nach dem Welthandel geöffnet, so dass für Teile der einheimischen ''principalia'' sowie [[Mestizen]] sowohl spanischer als auch chinesischer Herkunft Wohlstand ermöglicht wurde, so dass einige ihren Kindern ein Studium, oftmals sogar in Europa, finanzieren konnten. Es entstand die Schicht der ''ilustrados'', die durch neue, freiheitliche Ideen aus Europa beeinflusst wurden.<br />
<br />
==== Reformen und Revolution ====<br />
[[Datei:rizal.gif|miniatur|Jose Rizal, Nationalheld]]<br />
<br />
1868 gab es in Spanien eine Revolution, so dass der liberale Gouverneur Carlos Maria dela Torre auf die Philippinen geschickt wurde, der liberale Reformen durchführte und unter anderem die Pressezensur abschaffte. 1871 war diese Phase jedoch vorbei. Insbesondere die spanischen Mönchsorden auf den Philippinen entfalteten wieder ihre Macht.<br />
<br />
Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wurden die Rufe der ''Ilustrados'' nach Reformen immer lauter. Die Bezeichnung ''Filipino'', die früher nur für spanische [[Kreolen]] benutzt wurde, wurde auf alle Einwohner des Landes ausgeweitet. Die ''Propagandabewegung'', die aus Europa von philippinischen Studenten und Exilanten betrieben wurde, sowie die kurzlebige ''Liga Filipina'', die kurz nach ihrer Gründung durch [[José Rizal]] in Manila sofort von den dortigen Behörden verboten wurde, hatten zunächst nicht die Unabhängigkeit der Philippinen als ihr Ziel, sondern Gleichberechtigung der Filipinos und philippinische Sitze in den spanischen [[Cortes (Ständeversammlung)|Cortes]]. Doch für einige ging dies nicht weit genug.<br />
<br />
Von 1896 bis 1898 fand unter der Führung des [[Katipunan]] die [[Philippinische Revolution]] statt, die in ihrer Endphase praktisch in den [[Spanisch-Amerikanischer Krieg|Spanisch-Amerikanischen Krieg]] überging. Bereits zu Beginn dieser Auseinandersetzung zwischen [[Spanien]] und den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] wurde die spanische Flotte durch amerikanische Schiffe in der [[Schlacht in der Bucht von Manila]] vernichtet. Ein Großteil des Landes war jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits unter philippinischer Kontrolle, worauf am 12. Juni 1898 die philippinische Unabhängigkeitserklärung erfolgte, welche weder von der alten noch der neuen Kolonialmacht anerkannt und vom Rest der Welt gar nicht erst wahrgenommen wurde.<br />
<br />
=== Amerikanische Kolonialzeit ===<br />
Die USA erkannten die junge philippinische Republik nicht an und bekämpften sie im [[Philippinisch-Amerikanischer Krieg|Philippinisch-Amerikanischen Krieg]] von 1899 bis 1902 massiv. Etwa eine Million Filipinos (20 % der Gesamtbevölkerung) kamen während dieser Zeit ums Leben, und das Land wurde zur amerikanischen Kolonie.<ref>[http://astm.lu/article.php3?id_article=404 ASTM - Die philippinische Geschichte - ein Seminar von Bahaghari<!-- Automatisch generierter titel -->]</ref><br />
<br />
1904 wurde im Süden der Philippinen, der von den Spaniern nie ganz unterworfen wurde, von den Amerikanern die ''Moro Province'' gegründet und militärisch kontrolliert. Dadurch kam es zum [[Moro-Amerikanischen Krieg]], der von 1904 bis 1913 andauerte und durch den US-General [[John Pershing]] beendet wurde. So wurde aus der in spanischer Zeit eher formellen Zugehörigkeit der Moslemgebiete zu den Philippinen eine faktische. Auf der Insel Mindanao wurden große Monokulturen amerikanischer Konzerne angelegt, wie zum Beispiel Ananasplantagen. Es kam in den 1920er und 1950er Jahren außerdem zu staatlich geförderten Siedlungsprogrammen, bei denen Christen aus dem Norden und aus der Mitte der Philippinen in den Süden gebracht wurden. Der heutige Konflikt im Süden der Philippinen hat seine Wurzeln in dieser Zeit.<br />
<br />
1935 wurde eine Teilautonomie für die Philippinen mit dem Ziel der Unabhängigkeit bis 1945 beschlossen. Kurz darauf wurde die Einwanderung von Filipinos in die USA erheblich eingeschränkt. [[Manuel Quezon]] wurde Präsident des [[Commonwealth der Philippinen]]. Dieser holte sich später [[Douglas MacArthur]] als Militärberater hinzu, der beim Aufbau eigener philippinischer Streitkräfte half. 1942 kämpften philippinische und amerikanische Soldaten vergeblich gegen die eindringende [[Kaiserlich Japanische Armee|japanische Armee]] (→ [[Schlacht um die Philippinen]]).<br />
<br />
Von 1942 bis 1945 wurden die Philippinen im Zuge des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] von [[Japanisches Kaiserreich|Japan]] besetzt. Millionen Filipinos starben durch das brutale Besatzungsregime der japanischen Armee, etliche Städte wurden in Schutt und Asche gelegt.<br />
<br />
Am 4. Juli 1946 wurden die Philippinen offiziell in die Unabhängigkeit entlassen. Die USA behielten einige Jahrzehnte lang wirtschaftliche Sonderrechte und militärische Stützpunkte auf den Philippinen und spielen bis heute eine wichtige Rolle in der philippinischen Politik.<br />
<br />
=== Philippinische Republik ===<br />
[[Datei:1946-07-15 Philippines Independence Proclaimed.ogv|miniatur|Filmaufnahmen der Unabhängigkeitserklärung (englisch)]]<br />
<br />
Nach der Unabhängigkeit galt zunächst einmal die [[Verfassung der Philippinen|Verfassung]] von 1935 weiter, in der die Philippinen eine Präsidialrepublik nach amerikanischem Muster waren. Der Einfluss der USA blieb weiterhin sehr groß, unter anderem ließen sich die USA am 14. März 1947 für die Dauer von 99 Jahren die Hoheitsrechte über 23 Militärstützpunkte garantieren. Die Philippinen entsandten wiederum 1951 fünf [[Bataillon|Bataillone]] in den [[Koreakrieg]], um den USA zu helfen.<br />
<br />
Gegen Aufstände durch die kommunistischen [[Hukbalahap]], einer ehemaligen Widerstandsbewegung gegen die japanischen Besatzung, gab es von den USA Ausrüstung und amerikanische Militärberater, unter anderem der CIA-Agent [[Edward Lansdale]], der später in [[Vietnam]] eine wichtige Rolle spielen sollte. Um den Aufstand zu entschärfen, wurde in den 1950er Jahren die Umsiedlung armer Bauern in den Süden der Philippinen verstärkt gefördert.<br />
<br />
Im Jahre 1963 kam es zu einem Konflikt mit [[Malaysia]], da die Philippinen [[Sabah]] als früheren Bestandteil des [[Sultanat Sulu|Sultanats von Sulu]] beanspruchten. Diese Problematik ist bis heute offen.<br />
<br />
Aufgrund von Konflikten zwischen christlichen Siedlern und muslimischen Einheimischen kam es in den 1960er Jahren immer mehr zu Konflikten im Süden der Philippinen. 1968 wurden einige muslimische Armee-Rekruten erschossen, die sich weigerten, an einer Geheimoperation zur Rückeroberung Sabahs teilzunehmen. Als Reaktion auf dieses Massaker bildeten sich die ersten separatistischen Bewegungen auf den Südphilippinen.<br />
<br />
Im Jahre 1965 wurde der populäre junge Politiker [[Ferdinand Marcos|Ferdinand E. Marcos]] zum Präsidenten gewählt. 1971 wurde Marcos als erster Präsident der Philippinen wiedergewählt, wobei die Wahl als solche sehr umstritten war. Im selben Jahr ließ Marcos eine verfassungsgebende Versammlung einberufen, um die veraltete Verfassung von 1935 zu ersetzen. Gegner von Marcos verdächtigten ihn deshalb des Versuches, die Beschränkung auf zwei Wahlperioden umgehen zu wollen. Ab 1970 hatte es Marcos außerdem sowohl mit einer linken Studentenbewegung zu tun, die unter anderem seinen pro-amerikanischen Kurs geißelte, als auch mit einer neuen [[Maoismus|maoistischen]] kommunistischen Guerilla, der [[Nuevo Ejército del Pueblo|New People's Army]] (NPA) und der [[Alex Boncayao-Brigade]] (ABB).<br />
<br />
=== Die Marcos-Diktatur ===<br />
[[Datei:Ferdinand Marcos.JPEG|miniatur|links|Ferdinand Marcos]]<br />
<br />
Im Jahre 1972 gab es eine Serie von Bombenanschlägen, von denen man allerdings heute vermutet, dass sie von Militärs durchgeführt wurden, um Marcos einen Vorwand für das Kriegsrecht zu liefern. Am 21. September 1972 erklärte Marcos das Kriegsrecht, ließ Oppositionszeitungen und -sender schließen und veranlasste die Inhaftierung zahlreicher Oppositioneller. 1973 ließ er eine neue parlamentarische Verfassung ratifizieren. Das Kriegsrecht wurde zwar 1980 aufgehoben, und es kam 1981 sogar zu einer Parlamentswahl, bei der aber massive Wahlfälschung vermutet wurde.<br />
<br />
Während der Marcos-Diktatur kam es zu massiven Repressalien gegen Oppositionelle. Manche wurden jahrelang in Untersuchungshaft gehalten, unter anderem der prominente Marcos-Rivale [[Benigno Aquino, Jr.]]. Im Zuge der Bekämpfung der NPA kam es in manchen Provinzen zu Repressalien gegen die Landbevölkerung. Etliche Oppositionelle oder vermutete Kommunisten verschwanden entweder spurlos oder wurden schwer verstümmelt aufgefunden, eine Praxis, die vom Militär „salvaging“ genannt wurde. Unterdessen bereicherten sich Marcos, seine Frau Imelda und seine Freunde, während die Auslandsschulden der Philippinen immer weiter stiegen. Es wurde viel Geld für Prestigeprojekte ausgegeben, unter anderem für eine Herzklinik und einen Filmpalast.<br />
<br />
[[Datei:Corazon_Aquino_1992.jpg|miniatur|175px|Corazon Aquino 1992]]<br />
<br />
Nach dem Mord an Benigno Aquino, der im Jahre 1983 nach Exil in den USA auf die Philippinen zurückkehrte und am Flughafen von Manila erschossen wurde, kam es zum Volkswiderstand gegen Marcos. Dieser versuchte Anfang 1986, durch vorgezogene Neuwahlen das Blatt zu wenden, doch seine Rivalin [[Corazon Aquino]] war sehr populär, und seine Versuche, die Wahl zu fälschen, fielen aufgrund der vielen internationalen Beobachter auf. Führende Militärs wechselten im Februar 1986 die Seite und wurden durch Massendemonstrationen unterstützt, die weltweit in den Medien zu sehen waren. Militäreinheiten, die den Aufstand brechen sollten, wechselten ebenfalls die Seiten, so dass Marcos in einem US-Militärhelikopter das Land verließ und nach Hawaii ins Exil gebracht wurde. Corazon Aquino wurde am gleichen Abend als neue Präsidentin vereidigt.<br />
<br />
== Politik ==<br />
Am 11. Februar 1987 trat eine neue [[Verfassung der Philippinen|Verfassung]] in Kraft und seit 1987 sind die Philippinen wieder eine [[Präsidialrepublik]]. Der [[Präsident der Philippinen|Präsident]] hat weit reichende exekutive Befugnisse. Er beruft das [[Regierung|Kabinett]] ein. Der [[Kongress (Philippinen)|Kongress]] besteht aus [[Repräsentantenhaus (Philippinen)|Repräsentantenhaus]] und [[Senat (Philippinen)|Senat]]. Es besteht de jure [[Wahlpflicht]].<br />
<br />
Vom 20. Januar 2001 bis zum 30. Juni 2010 war [[Gloria Macapagal-Arroyo]] (*&nbsp;1947) Staatsoberhaupt (zuvor Vizepräsidentin); sie wurde am 30. Juni 2004 trotz verschiedener Vorwürfe massiver Wahlfälschungen, die in der Folgezeit noch bestätigt wurden (Tonbandmitschnitt der Fälschungsvereinbarungen, im weiteren Verlauf auch präzise Aussagen von reuigen Mitgliedern der Wahlkommission) erneut vereidigt. Macapagal Arroyo ist Nachfolgerin von [[Joseph Estrada|Joseph E. Estrada]], der nach Verlust seiner Machtbasis als Folge von Korruptionsvorwürfen und des Drucks von Demonstrationen seinen Amtssitz vorzeitig verlassen hatte. Die erst 2006 durchgeführten Vernehmungen entlasteten ihn jedoch weitgehend und wiesen vielmehr auf einen engen Vertrauten Arroyos, Chavit Singson, Gouverneur von Ilocos Sur, der für seine Geschäfte im Bereich des illegalen Glücksspiels schon bekannt war. Nach einer Verurteilung durch ein von ihm nicht anerkanntes Sondergericht („Sandiganbayan“) gewährte ihm Arroyo ein „bedingungsloses Pardon“.<ref>(vgl. Daily Tribune vom 13. September 2007 „The unconstitutional clock“)</ref><br />
<br />
Eine sinnvolle Politik war deshalb zwischenzeitlich kaum möglich. Die Regierung musste sich ständig gegen neue Beweise ihrer Illegitimität wehren. Gleichzeitig war sie mit der Abwehr vermeintlicher oder tatsächlicher Putschversuche beschäftigt. Um beispielsweise eine öffentliche Ansprache an das Volk in Manila (SONA) zu halten, benötigte die Präsidentin 2006 etwa 13.000 Polizisten/Soldaten.<br />
<br />
Am 10. Mai 2010 wurden [[Wahlen auf den Philippinen 2010|Wahlen (u.a. für das Präsidentenamt)]] auf den Philippinen durchgeführt. Dabei wurde in hohem Maß auf Computertechnik zurückgegriffen, um keinen Zweifel an den Ergebnissen der Wahl zuzulassen. Gleichwohl wurde die Bekanntgabe des endgültigen amtlichen Endergebnisses auch dieses Mal durch Vorwürfe der Wahlmanipulation überschattet. Techniker der beteiligten Firma haben die einfachen Eingriffsmöglichkeiten an den Wahlcomputern detailliert dargelegt. <ref>http://www.tribuneonline.org/headlines/20100620hed1.html</ref>. Am 30. Juni 2010 wurde [[Benigno Aquino III.]] als Präsident vereidigt<ref>http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~E7771DC835D19416687DFF84DCA42F48F~ATpl~Ecommon~Scontent.html</ref>. <br />
<br />
Die philippinische Politik ist sehr personenbezogen, so dass Parteien keine so große Rolle spielen. Viele philippinische Politiker gehören einer politischen Dynastie an: so ist zum Beispiel Macapagal-Arroyo die Tochter des ehemaligen Präsidenten [[Diosdado Macapagal]], oder der Sohn von Ferdinand Marcos, [[Ferdinand Marcos Jr.]], auch ''Bong-Bong'' genannt, Gouverneur der Heimatprovinz seines Vaters, [[Ilocos Norte]] und der Sohn des ehemaligen Präsidenten [[Ramon Magsaysay]], [[Ramon Magsaysay jr.]], ist Senator. Popularität und regionale Zugehörigkeitsgefühle zählen oft viel mehr als Sachthemen. In den letzten Jahren sind viele Schauspieler, ehemalige Basketballstars und ähnliche Medienpersönlichkeiten in die Politik gegangen.<br />
<br />
Die Philippinen sind Mitglied im Sicherheitsrat der [[Vereinte Nationen|UN]], [[ASEAN]], [[APEC]] und der [[Lateinische Union|Unión Latina]].<br />
<br />
2006 wurden die Philippinen für ein Jahr in den UN-Menschenrechtsrat (engl. Council on Human Rights) aufgenommen. Eine Wiederwahl ist möglich, allerdings auch eine Abwahl wegen massiver Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land. Der im Dezember 2006 in Cebu geplante ASEAN-Gipfel wurde kurzfristig angeblich wegen des Wetters abgesagt. Von der Opposition wurde jedoch auch die Angst vor Massenprotesten gegen Versuche, die Verfassung ohne entsprechende Verfahren zu ändern, angeführt. Anfang 2007 informierte sich der UN-Beauftragte Philip Alston über die umstrittene Menschenrechtslage. Nach anfänglichem Widerstand erhielt er den unveröffentlichten vorläufigen Bericht der so genannten „Melo-Kommission“. Hier wird zum ersten Mal auch von offizieller Seite die Verwicklung des Militärs, besonders des Generals Palparan, in die politischen Morde gegen Linke belegt.<br />
<br />
=== Minderheitenkonflikte ===<br />
Vor der Ankunft der Spanier bestanden die Philippinen aus Barangays (Gemeinden) verschiedener Völker und Stämme, die vielfältig untereinander vernetzt waren. Spanien kolonisierte den größten Teil des Archipels und in 300 Jahren entstand eine Philippinische Mehrheitsidentität. In einigen Gebieten, wie in den [[Philippinische Kordilleren|Philippinischen Kordilleren]] mit den Stämmen der [[Igorot]] im Norden und den Gebieten der [[Moros (Volk)|Moro]] und [[Lumad]] im Süden, wurden die Menschen kaum beeinflusst.<br />
<br />
Die spanische Kolonialzeit prägte die unter ihrer Kontrolle stehenden Menschen: die erlittene Ausbeutung, das feudale Wirtschaftssystem, später das halbfeudale Hazienda-System, die zentralisierte Regierung, die christlichen und spanischen Einflüsse. Und sie schaffte die Minderheiten: die Menschen, die an der Peripherie der wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Veränderungen lebten und ihre indigenen Traditionen bewahrten <ref>http://www.freewebs.com/shaley/briefhistoryofthecor.htm</ref>.<br />
<br />
=== Konflikt und Terror auf den Südphilippinen ===<br />
Vor allem im Süden Mindanaos kommt es immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen [[Aufstand|Rebellen]] der separatistischen MNLF ([[Moro National Liberation Front]]), der islamistischen MILF ([[Moro Islamic Liberation Front]]) und Regierungstruppen. Die MNLF regiert heute die [[Autonomous Region in Muslim Mindanao]] (deutsch: autonome Region im muslimischen Mindanao), während die islamistische MILF sich weiter für einen eigenständigen Moslem-Staat einsetzt, der aus den Inseln Mindanao, [[Palawan]], [[Basilan]] und dem [[Sulu-Archipel]] bestehen soll. Die [[Abu Sayyaf]] sind wiederum eine terroristische Gruppe, die durch Entführungen und Anschläge bekannt wurde.<br />
<br />
Im Zuge dieser Auseinandersetzungen kommt es auch immer wieder zu [[Terrorismus|terroristischen]] Angriffen, wie etwa den Bombenanschlägen auf den internationalen Flughafen in [[Davao City]] im Frühjahr 2003 sowie auf ein Hafenterminal in Davao etwa zur selben Zeit. Beide Anschläge forderten mehrere Todesopfer. Des Weiteren kommt es immer wieder zu religiös begründeten Anschlägen auf christliche Kirchen. Auf Grund dieser Gefährdungssituation wurden unter anderem vom [[Auswärtiges Amt|deutschen Auswärtigen Amt]] in der Vergangenheit mehrmals Reisewarnungen für die Philippinen herausgegeben und es wurde insbesondere von Reisen nach Mindanao abgeraten.<br />
<br />
Es handelt sich nur oberflächlich betrachtet um einen reinen Religionskonflikt. Eine andere der zugrunde liegenden Ursachen ist beispielsweise das von den Vereinigten Staaten durchgesetzte Landgesetz von 1903, das Christen gestattete, bis zu 23&nbsp;ha Land zu besitzen, während der Landbesitz für die muslimische und nichtchristliche Bevölkerung auf 10&nbsp;ha begrenzt war. Dieses Gesetz bildete nur einen Baustein einer andauernden systematischen Enteignungskampagne. In den 1950er-Jahren wurde die systematische Einwanderung christlicher Siedler nach Mindanao durch die philippinische Zentralregierung in Manila gefördert. Die [[Philippinische Muslime|muslimischen Einwohner]] wurden damit in ihren angestammten Gebieten zur Minderheit. <br />
<br />
Diese Faktoren führten letztlich zu einem der größten vergessenen Kriege unserer Zeit: der [[Bürgerkrieg auf Mindanao]] forderte ab den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts bis 2002 nach Angaben der [[Weltbank]] mindestens 120.000 Opfer, die Mehrzahl von ihnen Zivilisten. Zahlreiche Versuche zu ernsthaften Friedensabschlüssen zu gelangen scheiterten bisher, unter anderem an einer fehlenden langfristigen Perspektive für die Region, die einen fairen Interessenausgleich aller Beteiligten und Betroffenen böte.<br />
<br />
=== Politische Unruhen ===<br />
Seit dem Ende der Marcosdiktatur hat es immer wieder politische Unruhen auf den Philippinen gegeben, so dass von einer stabilen Demokratie keineswegs die Rede sein kann. Im August 1987 und Dezember 1989 gab es Putschversuche des Oberst [[Gregorio Honasan|Gregorio „Gringo“ Honasan]]. Im Jahr 2003 kam es zu einer Meuterei von Marinesoldaten unter Leutnant Antonio Trillanes, bei der ein Hotel besetzt wurde. Die Soldaten gaben jedoch friedlich auf und wurden vor ein Militärgericht gestellt. Im Jahre 2006 gab es einen angeblichen Putschversuch, der zur Ausrufung eines Notstandes durch Präsidentin Arroyo und einigen Verhaftungen führte (siehe Artikel [[Putschversuch auf den Philippinen 2006]]).<br />
<br />
Sowohl Arroyo als auch Aquino kamen jeweils 2001 und 1986 aufgrund von Demonstrationen und durch Überlaufen führender Militärs an die Macht, so dass formal gesehen die Rechtsstaatlichkeit verletzt wurde. Im Jahr 2001 kam es zu Demonstrationen und zu Krawallen von Estrada-Anhängern, die die neue Präsidentin durch Militär niederschlagen ließ. Es gab Tote und Verletzte. Bis heute ist die politische Situation sehr stark polarisiert. Die offensichtlich gefälschten Wahlen von 2004 und in der Folge zahlreiche politisch motivierte Morde gegen „Linke“, aber auch Menschenrechtsaktivisten und ähnliches haben die Situation zusätzlich erschwert.<br />
<br />
Die Wahlen 2007 brachten trotz massiver Einschüchterungs- und Fälschungsversuche – internationale Beobachter fühlten sich sogar in Afghanistan sicherer – einen Erdrutschsieg für die Opposition. Der wegen des Putschversuchs immer noch inhaftierte Trillanes gewann ohne jeden Wahlkampf einen Senatssitz.<br />
<br />
Am 29. November 2007 gelang es den Verantwortlichen des Putschversuches von 2003, während einer Anhörung das Gerichtsgebäude von Manila zu verlassen und sich nach einem Marsch durch die Innenstadt von Makati in einem Hotel zu verschanzen. Angeführt wurde die Gruppe von Antonio Trillanes und dem Brigadegeneral Danilo Lim. Ein Aufruf an Soldaten, sich ihnen anzuschließen, blieb aber ohne Wirkung, und die Putschisten ergaben sich schließlich den Sicherheitskräften, als diese drohten, das Hotel zu stürmen.<ref>[[Tages-Anzeiger]]: ''[http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/ausland/818448.html Philippinische Polizei stürmt Hotel]'' vom 29. November 2007</ref><br />
<br />
Am 23. November 2009 kam es in der Provinz [[Maguindanao]] zu einem [[Massaker in Maguindanao 2009|Massaker]] an Zivilisten, bei dem 57 Menschen ermordet wurden. Das Massaker stand im Zusammenhang mit den Wahlen vom 10. Mai 2010. Der Hauptverdächtige aus dem Ampatuanclan hat für die derzeitige Präsidentin Macapagal Arroyo u.a. 2004 (Präsidentschaftswahlen) und 2007 (Senatswahlen, Zubiri) die Wahlen massiv gefälscht bzw. fälschen lassen. Die Opposition bekam jeweils 0 Stimmen.<br />
<br />
Der frühere Botschafter der Philippinen in den USA, Maceda, verweist in einem Beitrag der oppositionellen "The Daily Tribune" vom 11. Dezember 2009 (<ref>www.tribune.net.ph</ref> oder <ref>http://www.tribuneonline.org/commentary/20091211com4.html</ref>) darauf, dass schon zuvor 200 Morde und andere Gräueltaten von den Ampatuans in der Gegend verübt wurden, ohne bisher juristische Konsequenzen zu haben.<br />
<br />
Der Regierung [[Gloria Macapagal-Arroyo|Arroyo]] wurde 2006 vorgeworfen, über 800 politisch motivierte Morde nicht aufgeklärt zu haben.<ref>vgl. [http://www.zeit.de/2007/20/Philippinen ''Demokratie mit Todeslisten''], [[Die Zeit]] Nr. 20/2007 vom 10. Mai 2007</ref><br />
<br />
=== Militär ===<br />
{{Hauptartikel|Streitkräfte der Philippinen}}<br />
<br />
== Verwaltungsgliederung ==<br />
Die niedrigste [[Verwaltung]]sebene auf den Philippinen ist das [[Barangay]]. So setzt sich jede Stadt (insgesamt 138 Städte) und jede eigenständig verwaltete Gemeinde (insgesamt 1.496 Gemeinden) aus mehreren Barangays (insgesamt 41.026 Baranguays) zusammen, die somit als Ortsteile angesehen werden können. Die nächsthöhere Ebene sind die 80 [[Provinzen der Philippinen|Provinzen]] (Stand 2011) des Landes. Diese wiederum sind in 17 [[Bezirk]]e (Regionen) gruppiert, um die Verwaltung zu vereinfachen. Jede Provinz wird von einem Gouverneur und einem Vizegouverneur geleitet; wohingegen jeder Stadt und Stadtgemeinde jeweils ein Bürgermeister und ein Stadtrat vorstehen.<br />
<br />
Die Barangays können in sogenannte ''Puroks'' (auf Deutsch "Zonen") eingeteilt sein. Ein solcher Purok hat einen Vorsteher, der unter anderem die Zahl der lebenden Personen in den jeweiligen Haushalten zählt, eine Bestätigung gibt, dass eine Person tatsächlich in seinem Purok lebt und andere Verwaltungsaufgaben bekleidet. Der Purok-Vorsteher arbeitet ehrenamtlich. Allerdings sind in [[Metro Manila]] Puroks weitgehend verschwunden und beschränken sich auf ländliche Gebiete und kleinere Städte. <br />
<br />
Die meisten Regierungsbüros der Bezirke besitzen ein Regionalamt, um die einzelnen Provinzen zu unterstützen. Mit Ausnahme der autonomen moslemischen Bezirke [[Autonomous Region in Muslim Mindanao|Mindanao]] und [[Regierungsbezirk Cordillera|Cordillera]] besitzen die Bezirke aber keine eigene [[Regierung]] wie die Provinzen und Städte.<br />
<br />
=== Bezirke ===<br />
{{Hauptartikel|Bezirke der Philippinen}}<br />
<br />
=== Gebietsansprüche ===<br />
* Die Philippinen beanspruchen mehrere der westlich von Palawan gelegenen [[Spratly-Inseln]].<ref>http://www.globaldefence.net/artikel-analysen/19-asien-spratly-inseln.html</ref><br />
<br />
== Wirtschaft ==<br />
[[Datei:Rice-Production-in-Bunga.jpg|miniatur|Reisanbau auf Mindanao]]<br />
<br />
=== Allgemeines ===<br />
* Währung: 1 [[Philippinischer Peso]] = 100 Centavos<br />
* 1 € = 60,531 Peso (Stand: 24. Januar 2011)<ref>http://www.ecb.europa.eu/stats/exchange/eurofxref/html/index.en.html - Europäische Zentralbank</ref><br />
* [[Bruttonationaleinkommen|BSP]]: 144 Milliarden US-Dollar (2007)<br />
<br />
Obwohl die Philippinen zu den aufstrebenden [[Next Eleven]] gerechnet werden, gehören sie zu den, aus europäischer Sicht gesehenen, [[Entwicklungsland|ärmeren Ländern]]. Es herrscht ein starker wirtschaftlicher Gegensatz zwischen einer kleinen reichen Oberschicht und der breiten Bevölkerungsmehrheit. In der [[Metro Manila|Metropolregion Manila]] etwa gibt es einerseits die saubere und sichere Wolkenkratzerstadt [[Makati City]] mit zahlreichen internationalen Unternehmen, auf der anderen Seite aber auch viele ausgedehnte [[Slum]]s ohne ausreichende Wasser- und Stromversorgung. Weiterhin lässt sich ein deutliches Nord-Süd-Gefälle im Einkommen feststellen. Während auf der Hauptinsel Luzon (im Norden) eine exportorientierte Industrie (vor allem im Bereich der Textil- und Elektronikindustrie) präsent ist, herrscht im südlichen Mindanao weitgehend die Landwirtschaft ([[Reis]]anbau) vor. Die wichtigsten Handelspartner sind die [[Vereinigte Staaten|USA]] und [[Japan]]. Exportgüter sind vor allem Elektronik, Maschinen und Transportmittel.<br />
<br />
Ein großes wirtschaftliches Hemmnis stellt die Versicherung von Geldeinlagen bei philippinischen Banken dar. Nur Beträge bis 250.000 Peso sind versichert. Dies gilt auch, wenn die Einlagen auf verschiedenen Konten bei derselben Bank hinterlegt sind.<br />
<br />
Ein weiteres Hemmnis ist die verbreitete Korruption. Selbst die Weltbank hat 2008/2009 Projekte gestoppt und einen Bericht über verlangte Zahlungen im Umfeld des Gatten der damaligen Präsidentin vorgelegt (The Daily Tribune vom 5. Februar 2009)<br />
<br />
Die Philippinen haben aufgrund der weitverbreiteten Englischkenntnisse einen sehr starken Dienstleistungssektor. Vor allem Callcenter, die für amerikanische Firmen arbeiten, sind auf den Philippinen sehr zahlreich. Gegenüber indischen Callcenter-Mitarbeitern haben Filipinos für den amerikanischen Markt den Vorteil, dass sie einen verständlicheren Akzent sprechen und mit amerikanischen Ausdrücken besser vertraut sind.<br />
<br />
Weitere Dienstleistungszweige sind Buchhaltung und Softwareentwicklung, da philippinische Hochschulabsolventen in diesen Bereichen sehr gut ausgebildet sind, aber trotzdem recht niedrige Gehälter haben. [[Accenture]] hat zum Beispiel auf den Philippinen ein sehr großes Dienstleistungszentrum eingerichtet.<br />
<br />
Cebu City gehört mit einem Wirtschaftswachstum von rund 20 % (2005) zu den aufstrebenden Regionen in Südostasien. Wirtschaftsimpulse werden vor allem dem [[Informationstechnik|IT]]-Bereich und dem Tourismus zugeschrieben. Spezielle, abgegrenzte Wirtschaftsareale fördern den Export und gewähren wie die neu entstehenden IT-Parks weitgehende Steuerfreiheit, um ausländische Investoren in die Region zu bringen.<br />
<br />
[[Datei:Makati skyline mjlsha.jpg|miniatur|center|1000px|Panorama von Makati City (Metro Manila), dem Finanzzentrum der Philippinen]]<br />
<br />
=== Auslands-Filipinos ===<br />
{{Hauptartikel|Auslands-Filipinos}}<br />
<br />
Einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor stellen die Filipinos dar, die im Ausland als so genannte ''Overseas Filipino Worker'' (OFW) arbeiten. Die Überweisungen dieser Gastarbeiter betrugen im Jahr 2009 ca. 17,3 Milliarden US-Dollar.<ref>[http://www.bsp.gov.ph/statistics/keystat/ofw.htm Bangko Sentral ng Pilipinas] - Philippinische Zentralbank</ref><br />
<br />
Etwa acht Millionen Filipinos (ca. 9 % der Gesamtbevölkerung von 89.468.677 Einwohnern) arbeiten ständig im Ausland, philippinische Frauen besonders häufig in [[Hongkong]], [[Singapur]], [[Taiwan]] und [[Arabische Halbinsel|arabischen Ländern]], vor allem als Haus- oder Kindermädchen, aber auch in einfachen Tätigkeiten, etwa als Kassiererin. Auch die Heirat mit einem „Foreigner“ aus einem wohlhabenden Staat ist sehr beliebt und wird häufig zum Anlass genommen, das Land zu verlassen und eine neue Existenz im Ausland zu beginnen. Mit den Einkünften in harter Währung können bei verhältnismäßig geringem Aufwand große Projekte in der Heimat verwirklicht werden. Die monatlichen Zahlungen von Filipinos nach Hause machen eine große Summe aus und lassen die Bevölkerung im eigentlichen Sinn einen besseren Standard erreichen.<br />
<br />
Auf Grund der guten Ausbildung und guter Englischkenntnisse finden sich philippinische Auswanderer in den [[Vereinigte Staaten|USA]], [[Kanada]], [[Australien]], [[Neuseeland]] und [[Europa]] ([[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]], [[Italien]], [[Spanien]], [[Frankreich]], [[Deutschland]], [[Österreich]] und der [[Schweiz]]) gut zurecht. Sie arbeiten häufig im Gesundheitswesen, meistens als Techniker und Technologen, aber auch als Mediziner und Krankenpfleger sowie als Erzieher, Hauspersonal und in der Gastronomie. Philippinische Männer sind auf großen Kreuzfahrtschiffen weltweit zu finden, hauptsächlich in Wäschereien, als Musiker oder als Dienstpersonal. Auf Frachtschiffen dienen sie als Besatzungsmitglieder oder auch als Schiffsmeister und -offiziere. Da viele gut ausgebildete Filipinos ins Ausland ziehen, leidet die einheimische Wirtschaft unter dem Verlust von Fachkräften ([[Braindrain|brain drain]]), auch der [[Heiratsmarkt]] wird dadurch ausgetrocknet. Andererseits kommen durch die Auslandstätigkeit Devisen ins Land.<ref>Gabor Paal: [http://migrationsblog.swr.de/2007/04/10/die-weltweite-migration-aus-der-vogelperspektive-brunson-mckinley-im-interview/ ''Die weltweite Migration aus der Vogelperspektive. Brunson McKinley im Interview.''] Migrationsblog des SWR, 10. April 2007</ref><br />
<br />
Die Regierung erwägt die Wiedereinführung einer 5-prozentigen [[Einkommenssteuer]] für alle im Ausland beschäftigten Filipinos, um Geld in den Staatshaushalt fließen zu lassen. Dieses Vorhaben stößt jedoch auf großen Widerstand der Betroffenen.<br />
<br />
=== Verkehrswesen ===<br />
Das Verkehrswesen des Inselstaates basiert überwiegend auf Schifffahrt, Luftfahrt und Straßenverkehr. Das Eisenbahnwesen ist wenig entwickelt und besteht im Wesentlichen aus einer einzigen Staatsbahnstrecke der Philippine National Railways (PNR). In Manila wurde in jüngster Zeit begonnen, ein modernes Stadtbahnsystem [[Mass Rapid Transit Manila]] aufzubauen. Fast im ganzen Land dominierende Fahrzeuge sind die so genannten [[Jeepney]]s.<br />
<br />
=== Gesundheitswesen ===<br />
Auf den Philippinen gibt es 90.000 registrierte Ärzte und 2.400 Krankenhäuser, davon 1.700 öffentliche. Über 60 Prozent der Bevölkerung sind in der gesetzlichen Krankenversicherung ''Philippine Health Insurance Corporation'' (PhilHealth) versichert, aber nur etwa 50 Prozent der Bevölkerung haben Zugang zur Gesundheitsversorgung.<ref> [http://www.kassenarzt.de/w3.php?nodeId=14407 ''Medizintourismus in Asien.'' In ''Der Kassenarzt'' Nr. 12, Juni 2007, S. 12]</ref><br />
<br />
Generell sind die staatlichen Krankenhäuser unterfinanziert und dementsprechend ausgestattet. Die Behandlung erfolgt kostenlos, Medikamente hingegen müssen selber bezahlt werden. Betuchte Filipinos und Ausländer bevorzugen die großen und hervorragend ausgestatteten Krankenhäuser in Manila (Makati Medical Center; Philippine Heart Center of Asia)<br />
<br />
Der größte Teil der Bevölkerung besitzt keinerlei Impfschutz. Tetanusprophylaxe ist nur sporadisch verbreitet. Es muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden, dass der Tollwut-Durchseuchungsgrad, auch unter Haustieren, sehr hoch ist.<br />
<br />
=== Wirtschaftsdaten ===<br />
{| class="prettytable"<br />
|-bgcolor="#dddddd"<br />
! align="center" colspan="11" | Veränderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP)<br />in % gegenüber dem Vorjahr (real)<br />
|-<br />
|-bgcolor="#d7d7d7"<br />
|bgcolor="#d3d3d3" | Jahr<br />
|2001<br />
|2002<br />
|2003<br />
|2004<br />
|2005<br />
|2006<br />
|2007<br />
|2008<br />
|2009<br />
|-<br />
| bgcolor="#d3d3d3" | Veränderung in % gg. Vj.<br />
| align="right" | 1,8<br />
| align="right" | 4,4<br />
| align="right" | 4,9<br />
| align="right" | 6,4<br />
| align="right" | 5,0<br />
| align="right" | 5,4<br />
| align="right" | 7,2<br />
| align="right" | 4,6<br />
| align="right" |~2,5<br />
|-<br />
| bgcolor="#eeeeee" colspan=8 |<small>Quelle: gtai<ref>Entwicklung des [[Bruttoinlandsprodukt|BIP]] der Philippinen [http://www.gtai.de, 2009]</ref></small><br />
! bgcolor="#dddddd" colspan = 3 |<small>~ = Prognosen</small><br />
|}<br />
<br />
{| class="prettytable"<br />
|-bgcolor="#dddddd"<br />
! align="center" colspan="5" | Entwicklung der Inflationsrate<br />in % gegenüber dem Vorjahr<br />
! bgcolor="#d7d7d7" align="center" colspan="4" | Entwicklung des Haushaltssaldos<br />in % des BIP<br />(„minus“ bedeutet Defizit im Staatshaushalt)<br />
|-<br />
|-bgcolor=dddddd<br />
| bgcolor="#d7d7d7" |Jahr<br />
|2003<br />
|2004<br />
|2005<br />
|2006<br />
| bgcolor="#d7d7d7" | Jahr<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2003<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2004<br />
|align="right" bgcolor="#dddddd" |2005<br />
|-<br />
| bgcolor="#d7d7d7"| Inflationsrate<br />
|align="right" | 3,5<br />
|align="right" | 6,0<br />
|align="right" | 7,6<br />
|align="right" | 6,7<br />
| bgcolor="#d7d7d7" | Haushaltssaldo<br />
|align="right" | −5,2<br />
|align="right" | −4,8<br />
|align="right" | −1,9<br />
|-<br />
| bgcolor="#eeeeee" colspan=10 |<small>Quelle: bfai <ref>Entwicklung der Inflationsrate der Philippinen: [http://www.bfai.de/DE/Navigation/home/home.html bfai, 2006]</ref></small><br />
|}<br />
<br />
{| class="prettytable"<br />
|-bgcolor="#d0d0d0"<br />
! align="center" colspan="9" | Entwicklung des Außenhandels<br />(Außenhandel in Mrd. US-Dollar und seine Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %)<br />
|-<br />
|-bgcolor="#dddddd"<br />
|<br />
! align=center colspan=2 | 2003<br />
! align=center colspan=2 | 2004<br />
! align=center colspan=2 | 2005<br />
! align=center colspan=2 | 2006<br />
|-<br />
|-bgcolor="#eeeeee"<br />
| bgcolor="#dddddd"|<br />
| bgcolor="#dadada" | Mrd. US-$<br />
| % gg. Vj.<br />
| bgcolor="#dadada" |Mrd. US-$<br />
| % gg. Vj.<br />
| bgcolor="#dadada" |Mrd. US-$<br />
| % gg. Vj.<br />
| bgcolor="#dadada" |Mrd. US-$<br />(1. Hj.)<br />
| % gg.Vj.<br />
|-<br />
|bgcolor="#d5d5d5" align="left" | Einfuhr<br />
|align="right" | 40,5<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 3,1<br />
|align="right" | 44,0<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 8,8<br />
|align="right" | 47,4<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 7,7<br />
|align="right" | 24,6<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 8,4<br />
|-<br />
|bgcolor="#d5d5d5" align="left" | Ausfuhr<br />
|align="right" | 36,2<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 2,9<br />
|align="right" | 39,7<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 9,5<br />
|align="right" | 41,3<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 4,0<br />
|align="right" | 22,7<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" | 16,7<br />
|-<br />
|bgcolor="#e6e6e6" align="left" | Saldo<br />
|bgcolor="#e6e6e6" align="right" | −4,2<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" |<br />
|bgcolor="#e6e6e6" align="right" | −4,4<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" |<br />
|bgcolor="#e6e6e6" align="right" | −6,2<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" |<br />
|bgcolor="#e6e6e6" align="right" | −1,9<br />
|bgcolor="#f0f0f0" align="right" |<br />
|-<br />
| bgcolor="#eeeeee" colspan=9 |<small>Quelle: bfai <ref>Entwicklung des Außenhandels der Philippinen: [http://www.bfai.de/DE/Navigation/home/home.html bfai, 2006]</ref></small><br />
|}<br />
<br />
=== Staatshaushalt ===<br />
Der [[Haushaltsplan|Staatshaushalt]] umfasste 2009 Ausgaben von umgerechnet 29,8 Mrd. [[US-Dollar]], dem standen Einnahmen von umgerechnet 23,6 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich ein [[Haushaltssaldo|Haushaltsdefizit]] in Höhe von 3,9 % des [[Bruttoinlandsprodukt|BIP]].<ref name="CIA">[https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rp.html The World Factbook]</ref><br /><br />
Die [[Staatsverschuldung]] betrug 2009 94,3 Mrd. US-Dollar oder 58,7 % des BIP.<ref name="CIA"/><br />
<br />
2006 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:<br />
* [[Gesundheitssystem|Gesundheit]]:<ref name="Fischer">Der Fischer Weltalmanach 2010: Zahlen Daten Fakten, Fischer, Frankfurt, 8. September 2009, ISBN 978-3-596-72910-4</ref> 3,8 %<br />
* [[Bildungssystem|Bildung]]:<ref name="CIA"/> 2,5 % (2005)<br />
* [[Militär]]:<ref name="CIA"/> 0,9 % (2005)<br />
<br />
== Kultur ==<br />
{{Hauptartikel|Kultur der Philippinen}}<br />
<br />
Das was gemeinhin unter philippinischer Kultur verstanden wird, ist die Kultur der christlichen Tieflandbewohner, die die Mehrheit bilden und unter spanischer Herrschaft standen. Die Hochlandbewohner sowie [[philippinische Muslime]] und [[philippinische Chinesen]] unterscheiden sich in ihren Sitten und Bräuchen zum Teil erheblich von der Mehrheitsgesellschaft. Ansonsten ist auf den Philippinen überall der amerikanische Einfluss spürbar, auch wenn dieser nicht so tiefgreifend war wie der Einfluss von mehr als dreihundert Jahren spanischer Kolonialherrschaft und Katholizismus.<br />
<br />
=== Spanischer Einfluss ===<br />
{{Belege}}<br />
Die [[spanische Sprache]] konnte sich nie durchsetzen, obwohl die Spanier rund 330 Jahre die Insel beherrschten, weil sie – anders als in Mittel- und [[Südamerika]] – auf den Philippinen mehr am Handel und weniger an der Vermischung zweier [[Kulturen]] interessiert waren. Spanisch wurde den Einheimischen nicht beigebracht, vielmehr lernten die spanischen Priester und Mönche die einheimischen Sprachen und bildeten einige wenige Einheimische, sogenannte ''ladinos'', als Übersetzer aus. Ansonsten wurde die Sprache außer von den Spaniern nur von [[Mestizen]] und – im späten 19. Jahrhundert – von den ''ilustrados'' gesprochen, einer nationalen Elite, die sich aus wohlhabenden Einheimischen, [[Mestizen]] und teilweise sogar [[Kreolen]] zusammensetzte. In der amerikanischen Kolonialzeit wurde außerdem das Englische sehr stark zu Lasten des Spanischen gefördert. Daher sprechen weniger als 5.000 Filipinos Spanisch als Muttersprache, allerdings sprechen etwa 230.000 Filipinos [[Chabacano]], eine spanische [[Kreolsprachen|Kreolsprache]].<br />
<br />
Das Spanische – sowie die Aussprache spanischer Lehnwörter – ist auf den Philippinen eher mexikanisch als spanisch geprägt, da die Philippinen bis zur Unabhängigkeit von [[Mexiko]] aus regiert wurden und die beiden Länder durch den Galeonenhandel mit Acapulco in regem Austausch standen. Als die Philippinen nach der Unabhängigkeit Mexikos unter direkte spanische Herrschaft kamen, gab es Konflikte zwischen den auf den Philippinen geborenen Spaniern (''Insulares'') und den Spaniern aus Europa ''(Peninsulares).'' Nicht wenige ''Insulares'' schlugen sich bei der philippinischen Revolution von 1896 auf Seiten der Einheimischen, auch wenn nationalistische Historiker auf den Philippinen dies gerne verdrängen.<br />
<br />
Für viele alltägliche Begriffe – unter anderem Zeit und Zahlenangaben, Bezeichnungen von Hausabteilen, Haushalts- und Kleidungsartikeln und Fahrzeugteilen – werden spanische Begriffe oder Wörter benutzt. Auch diese wurden teilweise umgewandelt oder entfremdet, erinnern jedoch immer noch sehr an die spanischen Begriffe. Zum Beispiel bedeutet das Wort „siempre“ im spanischen „immer, ewig“, auf den Philippinen wird dieses Wort eher für „natürlich, na klar“ verwendet. Es existieren teilweise eigene [[Tagalog]]-Ausdrücke für die oben genannten Begriffe, diese werden jedoch kaum verwendet. Es sind jedoch Bemühungen im Gange, in Anlehnung an den [[Nationalhelden der Philippinen|Nationalhelden]] und Literaten ''[[José Rizal]]'', die historisch überlieferte Sprache wiederzubeleben. Von Spaniern gegründete Schulen wie [[Colegio de San Juan de Letran]], [[University of Santo Tomas]], [[Colegio de Santa Catalina]] und anderen Organisationen, wie zum Beispiel [[Circulo Cervantino]] und [[Casino Español]] lehren noch Spanisch als Fremdsprache, verwenden allerdings wie alle anderen philippinischen Hochschulen Englisch als Hauptunterrichtssprache.<br />
<br />
=== Spanische Namen ===<br />
Die meisten Filipinos – aber auch Inseln, Landesteile und Ortschaften – tragen als Folge der rund 330 Jahre dauernden spanischen Kolonialherrschaft spanische Namen. Bis 1849 hatten die meisten Filipinos nur einen Vornamen; einige benannten sich auch nach katholischen Heiligen (zum Beispiel San Pedro, del Pilar, San Buenaventura).<br />
<br />
Am 21. November 1849 erließ der spanische Generalgouverneur Narciso Claveria y Zaldua ein [[Dekret]], das für alle Filipinos Familiennamen obligatorisch machte. Zu diesem Zweck wurde an alle Provinzgouverneure eine alphabetische Liste spanischer Namen verteilt. Die Provinzgouverneure sandten an die Gemeindepfarrer je einen Ausschnitt aus dieser Liste. Die älteste Person jeder Familie konnte dann für die ganze Familie aus dieser Unterliste einen Namen für seine Familie aussuchen. Da durch dieses System Orte nur Namen bekamen, die mit einem bestimmten Buchstaben begannen, kann man aus vielen Namen die lokale Herkunft erkennen. Die Liste, auf die alle philippinischen Familiennamen zurückgehen, ist als [[Claveria Liste]] bekannt. Der Sinn des Dekretes war eine Vereinfachung der Verwaltung, Steuereinnahme und Volkszählung.<br />
<br />
Einwohner der Philippinen, die bereits vor dem Claveria-Dekret einen nicht-spanischen Nachnamen hatten, konnten diesen jedoch behalten. Bestimmte Namen wie Cojuangco (Ko Kwan-co), Tanlimco (Tan Lim-co) oder Joson (Ho Sun) deuten auf chinesische Vorfahren, während einige Namen wie Tupas, Gatmaitan, oder Gatbonton alte einheimische Nachnamen sind. Wer beweisen konnte, dass seine Familie bereits seit mindestens vier Generationen einen spanischen Nachnamen verwendete, durfte diesen ebenfalls behalten.<br />
<br />
=== Musik ===<br />
Beispiele bekannter philippinischer Musiker sind [[Freddie Aguilar]], [[Billy Crawford]] und Gary Valenciano („Gary V“), die Bands [[Side A]] und Rivermaya sowie die [[Filipino-Amerikaner]] [[Apl.de.ap]],[[Chad Hugo]], [[Cassie]], [[Kirk Hammett]], [[Death Angel]] und [[Vanessa Hudgens]].<br />
<br />
=== Film ===<br />
Schauspieler oder Regisseure mit ganz oder teilweise philippinischer Abstammung sind [[Lino Brocka]], [[Rob Schneider]], [[Vanessa Minnillo]], [[Dante Basco]], [[Tia Carrere]], [[Lou Diamond Phillips]], und [[Vanessa Hudgens]].<br />
<br />
=== Philippinische Küche ===<br />
{{Hauptartikel|Philippinische Küche}}<br />
<br />
Die philippinische Küche vereinigt [[Spanische Küche|spanisch]]-[[Mexikanische Küche|mexikanische]], [[Chinesische Küche|chinesische]], [[Indische Küche|indische]], [[Japanische Küche|japanische]] und [[US-amerikanische Küche|amerikanische]] Einflüsse, die auf die Regionalküchen der unterschiedlichen ethnischen Gruppen der Philippinen gewirkt haben.<br />
<br />
=== Philippinische Feste ===<br />
Auf den Philippinen gibt es jährlich viele Feste, unter anderem das [[Barrio Fiesta]] und [[Fiesta de Sandugo]]. Jede Gegend hat ihre eigenen Feste, die häufig mit Paraden und Feuerwerken zu Ehren des/der lokalen Heiligen begangen werden.<br />
<br />
In vorspanischer Zeit kamen viele hinduistische und buddhistische Elemente auf die Philippinen, da die Philippinen unter dem Einfluss der Sri-Vijaya- und Majapahit-Reiche standen. In Folge der 333 Jahre dauernden Kolonisation durch die Spanier flossen auch viele spanische und mexikanische Traditionen in die Kultur mit ein, und nach 1898 kamen zusätzlich noch amerikanische Einflüsse auf die Insel.<br />
Etwa 60 Prozent der philippinischen Traditionen und Bräuche haben trotz der jahrhundertelangen Fremdherrschaft ihren Ursprung in vorspanischer Zeit.<br />
<br />
Ein wichtiges Fest ist ''Flores de Mayo'' (Maiblumen), das das Ende der heißen Trockenzeit und den Beginn der Regenzeit feiert, ein für die Landwirtschaft wichtiger Zeitpunkt.<br />
<br />
Die christlichen Feiertage werden ausgiebig gefeiert, allerdings ganz anders als in Europa. Zu [[Allerheiligen]] und [[Allerseelen]] kampieren Familienangehörige in den Friedhöfen, es herrscht eher Partystimmung als Trauer, da man den Toten eine Freude machen möchte. Weihnachten auf den Philippinen wird vom 16. Dezember an gefeiert, es gibt bis zum 24. Dezember Messen um 4 Uhr morgens, ''misa de gallo'' (Hahnenmesse) genannt. Geschenke werden erst am 25. Dezember geöffnet und nie in Gegenwart des Schenkenden. Die Bescherung von Kindern durch ihre Taufpaten erfolgt nach spanischer Tradition erst am 6. Januar (Dreikönigstag). In der Karwoche steht das öffentliche Leben still, am Karfreitag und Karsamstag sind Kinos geschlossen. Einige Männer lassen sich am Karfreitag zur Buße ans Kreuz nageln, ein Brauch, der von der offiziellen katholischen Kirche nicht gerne gesehen wird. In [[Manila]] findet am 9. Januar das [[Fest des Schwarzen Nazareners]] statt, bei dem Mitglieder von örtlichen Gangs zur Buße eine schwere Statue des „schwarzen Christus“ durch die Straßen tragen. Bei dieser Prozession dürfen nur Männer zugegen sein.<br />
<br />
Weitere lokale Feste sind das Ati-Atihan-Fest in Kalibo, Aklan, bei der die Eroberung der Insel und die Verdrängung der [[Negrito]] oder Ati-Stämme gefeiert wird; das Santo Nino (Christkind)-Fest in [[Cebu]], bei der die Christianisierung der Insel gefeiert wird; oder das Penafrancia-Fest in [[Bikol]], bei dem es zu großen Flussprozessionen kommt.<br />
<br />
Ein großes einwöchiges Fest ist das [[Kadayawan]] in [[Davao City]]. Dort treten in den [[Shoppingmall]]s berühmte philippinische Stars und Sänger auf, und am Wochenende gibt es eine große Parade (Vogelfest) mit festlich geschmückten Wagen. Am Ende wählt eine Jury den schönsten Festwagen.<br />
<br />
{{Siehe auch|Feiertage auf den Philippinen}}<br />
<br />
=== Philippinische Mythologie ===<br />
<br />
Die philippinische [[Mythologie]] ist eine Sammlung von Geschichten über magische Wesen und Geschöpfe. Trotz starker [[Verwestlichung]] und [[Christianisierung]] glauben viele Filipinos immer noch an die Existenz solcher Wesen, besonders in den Provinzen. Es gibt auch Berichte von Sichtungen, die aber oft unbestätigt blieben.<br />
<br />
Da das Land aus vielen Inseln besteht und von vielen [[Ethnos|ethnischen Gruppen]] bewohnt wird, ist die philippinische Mythologie sehr zersplittert. Es gibt jedoch Gemeinsamkeiten unter diesen Gruppen wie den Glauben an [[Himmel (Religion)|Himmel]] (''Kaluwalhatian'' oder ''Kalangitan''), [[Hölle]] (''Kasanaan'') und die menschliche [[Seele]] (''kaluluwa'').<br />
<br />
* [[Aswang]]: Aswang, die wohl berühmteste mythologische Gestalt der Philippinen, ist ein leichenfressender [[Ghul]] und kann – ähnlich dem europäische [[Werwolf]] – die Gestalt eines Tieres annehmen. Tagsüber nehmen Aswangs die Gestalt eines Menschen oder eines Tieres (meist einer Fledermaus oder eines Schweines) an. Nachts erscheinen sie bei [[Vollmond]] um Mitternacht, um Jagd auf nichtsahnende schlafende Menschen zu machen. Besonders populär ist der Mythos des Aswang in Cadiz und in Duenas, Iloilo.<br />
<br />
* Dila: Dila ist die Zunge eines Geistes. Dilas dringen durch den Bambusfußboden ländlicher Häuser ein und lecken bestimmte Menschen zu Tode.<br />
<br />
* [[Diwata|Diwatas und Engkatos]]: Diwatas oder [[Fee (Fabelwesen)|Feen]] sollen in großen Bäumen wie Akazien und Baletes leben. Sie sind die Schutzgeister der Natur und bringen Segen oder Verderben über die, die Wäldern und Bergen wohltun oder schaden. Eine berühmte solche Diwata ist ''Maria Makiling'', die Wächterin des [[Mount Makiling]] in der Provinz Laguna. Engkantos (auch Encantos geschrieben) oder männliche Feen leben hauptsächlich im Meer. Unter philippinischen Fischern ist es Brauch, nach einem guten Fang Fleisch und andere Delikatessen als Opfer für die Engkantos ins Meer zu werfen.<br />
:In anderen Landesteilen entsprechen Diwatas den griechischen Göttern und Göttinnen. Zu den bekanntesten Diwatas gehören: ''Bathala'' (auch bekannt als ''Kabunian'', ''Malayari'' und ''Lumawig''), Herrscher des Himmels; ''Amanikable'', Herrscher über die Meere; ''Dian Masalanta'', Göttin der Liebe; ''Apolake'' (oder ''Adlaw''), Sonnengott; ''Mayari'' (oder in anderen Gebieten ''Bulan''), Mondgöttin; ''Tala'', Göttin der Sterne; und ''Anitan'', Wächter der Blitze.<br />
<br />
* Dwende: Dwende ist das spanische Wort für [[Zwerg (Mythologie)|Zwerg]]. Dwendes leben häufig in Häusern oder auf Bäumen in ländlichen Gebieten. Je nachdem, wie man sie behandelt, bringen sie Unheil oder Glück. Filipinos lassen oft Speisen auf dem Fußboden zurück, damit die Dwendes, die das Haus bewohnen (oder, wie sie sagen, beschützen), nicht beleidigt sind, sondern dem Haus Segen bringen. Es gibt auch Dwendes, die in Ameisenhügeln leben, und wenn man an einen Ameisenhügel kommt, bittet man um ihre Erlaubnis, vorbeigehen zu dürfen.<br />
<br />
* Kapre: Kapre, ein großer und dunkler [[Riese]], bewohnt Wälder. Kapres rauchen Tabak, weshalb Filipinos in ländlichen Gebieten sehr empfindlich auf Tabakrauch sind.<br />
<br />
* Manananggal: Eine Manananggal ist eine [[Zauberer|Zauberin]], die ihren Körper in zwei Teile teilen kann. Am Rücken trägt sie Fledermausflügel. Kopf und Oberkörper durchstreifen das Land und fressen bettlägrige und kranke Menschen. Wird die untere Hälfte ihres Körpers mit Asche und Salz bestreut, kann ihr Kopf nicht zurückkehren, und sie wird endgültig vernichtet. Manchmal wird sie mit einem Aswang verwechselt oder gleichgestellt.<br />
<br />
* Mangkukulam: Mangkukulam ist eine Hexe. Auf den [[Visayas]] wird sie ''Mambabarang'' genannt.<br />
<br />
* Matruculan: Matruculan dringt in das Haus einer Jungfrau ein und schwängert sie. Nach einer anderen Version tötet der Matruculan eine werdende Mutter, öffnet ihren Leib und frisst den Fötus. Zur Abwehr durchschneidet der Ehemann während der Wehen die Luft mit seiner Axt. Der Glaube an Matruculan ist heute nicht mehr so weitverbreitet wie in der spanischen Zeit.<br />
<br />
* Multo: Multo, das Wort für Geist in Tagalog, kommt vom spanischen ''muerto'' (deutsch: Toter). Filipinos glauben, dass ein Multo, oft der Geist eines verstorbenen Verwandten, sie regelmäßig besucht. Das Wort für den Besuch eines Multo heißt ''minumulto'' oder ''dinadalaw''. [[Evangelikale]] Christen unter den Filipinos halten die Multos für böse Geister, die Katholiken hingegen für wohlwollend.<br />
<br />
* Nuno sa Punso: Der Nuno sa Punso bewohnt kleine Hügel im Boden. Deshalb sagen Filipinos „makikiraan lang po“ („Entschuldigung bitte“), wenn sie an einem Buckel im Boden vorbeigehen, um den Nuno nicht zu beleidigen. Oft werden sie mit den Dwende durcheinandergebracht.<br />
<br />
* Putol na Kamay: Putol na Kamay leben häufig in Briefkästen oder Schränken in ländlichen Häusern. Der Name bedeutet „abgeschnittene Hand“.<br />
<br />
* Santelmo: Santelmo (vom spanischen „Fuego de San Telmo“, deutsch: [[Elmsfeuer]]) ist ein Feuerball, der vor allem in den Bergen der Sierra Madre von Dutzenden Filipinos gesehen wurde. Wissenschaftlich werden diese Erscheinungen durch atmosphärische elektrische Felder erklärt, die bei herannahenden Gewitterfronten auftreten und sich an hohen, spitzen Gegenständen als Elmsfeuer entladen. Berichte über Sichtungen gab es schon in der spanischen Ära (16. bis 19. Jahrhundert). Besonders von Seeleuten wurde Elmsfeuer an Schiffsmasten beobachtet. Auch im Gebirge kann dieses Phänomen an Bergspitzen beobachtet werden.<br />
<br />
* Sirena und Siyokoy: Eine Sirena (deutsch: [[Sirene (Mythologie)|Sirene]]) ist eine [[Meerjungfrau]]. Vor allem Fischer aus den Städten am Pazifik berichteten oft von Sirenen am Strand. Siyokoy ist das männliche Gegenstück der Sirene. Er hat eine braune geschuppte Haut ähnlich der der Fische und Kiemenschlitze.<br />
<br />
* Tikbalang: Ein Tikbalang ist ein Wesen mit dem Kopf eines Pferdes und dem Körper eines Menschen.<br />
<br />
* Tiyanak: Nach dem Glauben der Filipinos ist ein Tiyanak der Nachkomme einer Frau und eines [[Dämon]]s (vergleiche [[Wechselbalg]]). Ein Tiyanak kann auch ein abgetriebener Fötus sein, der zum Leben erwacht und Unglück über die Mutter bringt. Er wird als haarlos mit roter Haut und glühenden Augen beschrieben.<br />
<br />
* Thanbucha: Nach dem Glauben der Filipinos ist ein Thanbucha der Nachkomme eines Mannes und eines [[Lustmolch]]s. Ein Thanbucha kann auch ein abgetriebener Fötus sein, der zum Leben erwacht und Unglück über die Mutter bringt. Er wird als haarlos mit roter Haut und glühenden Augen beschrieben. Uneheliche Kinder werden direkt nach der Geburt ertränkt.<br />
<br />
=== Bildungswesen ===<br />
2005 wurden 2,5 % des BIP für Bildung verwendet.<ref>https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rp.html </ref> Ein großer Teil der Schulen besteht aus Privatschulen.<ref><br />
http://www.deped.gov.ph/cpanel/uploads/issuanceImg/factsheet2008(May12).pdf </ref> Die Analphabetenrate auf den Philippinen ist niedrig. <ref>http://hdrstats.undp.org/en/countries/data_sheets/cty_ds_PHL.html</ref><br />
<br />
=== Sport ===<br />
Zu den beliebtesten Sportarten gehören [[Basketball]], [[Boxen]] und [[Billard]]. Die philippinischen Basketballspieler wurden 1960, 1963, 1967, 1973 und 1986 fünfmal [[Asienspiele|asiatischer Meister]]. Der aktuell bekannteste philippinische Sportler ist der mehrfache Boxweltmeister [[Manny Pacquiao]]. Bekannt ist auch der griechisch-philippinische [[Wrestler]] [[Dave Batista]] und der Billardspieler [[Efren Reyes]].<br />
<br />
=== Kampfkunst ===<br />
{{Hauptartikel|Filipino Martial Arts}}<br />
<br />
Die waffenlastigen Formen [[Arnis (Kampfkunst)|Arnis]], [[Kali (Kampfkunst)|Kali]] und [[Eskrima]], sowie ein dem Kickboxen ähnlicher Kampfstil, das [[Sikaran]], haben ihren Ursprung auf den Philippinen. Sie sind weithin bekannt für effektive, letale Messertechniken und extrem schnelle Doppelstockformen.<br />
Weniger bekannt sind [[Panantukan]], ein philippinischer Box-Stil, sowie [[Dumog]], das Pendant zum Ringen.<br />
<br />
== Sehenswürdigkeiten ==<br />
[[Datei:Chocolate Hills.jpg|miniatur|Chocolate Hills]]<br />
<br />
Auf [[Luzon]] befinden sich die berühmten [[Reisterrassen von Banaue]] und Batad sowie die Vulkane [[Pinatubo]], [[Taal (Vulkan)|Taal]] und [[Mayon (Vulkan)|Mayon]] (den viele als den schönsten Vulkan der Welt ansehen, da er sich als nahezu perfekter Kegel aus einer flachen Ebene erhebt). Etwa zwei Stunden von Manila entfernt in der Provinz [[Laguna]] liegen die berühmten [[Pagsanjan Falls]]. Bemerkenswert sind ebenso die vielen Strände, die die Küsten der Philippinen bieten.<br />
<br />
Wichtige Sehenswürdigkeiten gehören zum Weltkultur- oder Naturerbe, wie die Barockkirchen in [[Manila]] und [[Intramuros]] Paoay und Miagao oder das Korallenriff [[Tubbataha Riff|Tubbataha]]. Als sehenswert gelten die Nationalparks, zum Beispiel der [[Puerto-Princesa Subterranean River National Park]], in dem sich der längste unterirdische Fluss der Welt befindet, der [[Quezon National Forest Park]] oder der [[Hundred Islands National Park]] sowie die historische Kolonialstadt [[Vigan]]. Auf [[Bohol]] befinden sich die so genannten [[Chocolate Hills]], zu denen man eine Tour mit dem Reisebus machen kann, die zu einem der 1268 Hügel führt.<br />
Die 1773 erbaute Barockkirche in [[Daraga]] in der Provinz [[Albay]] (Our Lady of the Gate Parish Church) wurde im Jahr 2007 zum nationalen Kulturguterbe erklärt. Die Kirche steht auf einem Berghügel in der Stadtgemeinde Daraga, von wo aus man einen Panoramablick auf den bekannten [[Mayon (Vulkan)|Mayon Vulkan]] hat.<br />
<br />
== Nationalparks und Schutzzonen der Philippinen ==<br />
''Insel [[Luzon]]'': [[Batanes Protected Landscapes & Seascapes]], [[Northern Sierra Madre Natural Park]], [[Mount Pulag National Park]], [[Subic Watershed Forest Reserve]], [[Bataan Natural Park]], [[Mount Makiling|Mount Makiling Forest Reserve]], [[Bulusan Volcano National Park]], [[Mount Isarog National Park]], [[Hundred Islands National Park]], [[Balbalasang-Balbalan-Nationalpark]], [[Angat Watershed Forest Reserve]], [[Catanduanes Watershed Forest Reserve]], [[Mounts Banahaw-San-Cristobal Nationalpark]], <br />
[[Aurora Memorial Nationalpark]], [[Kalbario-Patapat National Park]] <br />
<br />
''Insel [[Mindoro]]'': [[Halcon (Berg)|Mount Halcon]], [[Puerto Galera Marine Reserve]], [[Mount Malasimbo]], [[Sablayan Watershed Forest Reserve]], [[Apo Reef Marine Natural Park]], [[Mount Iglit Baco National Park]], [[Lake-Naujan-Nationalpark]], [[Mount Calavite Wildlife Sanctuary]] <br />
<br />
''Insel westliche und zentrale [[Visayas]]'': [[Mount Guiting-guiting Natural Park]], [[Northern Negros Forest Reserve]], [[Mount Kanlaon Natural Park]] ([[Kanlaon]]), [[Danjugan Island Marine Reserve & Wildlife Sanctuary]], [[Southern Negros Forest Reserve]], [[Apo Island Protected Landscape & Seascape]], [[Olango|Olango Wildlife Sanctuary]] , [[Pescador Island Marine Reserve]].<br />
<br />
''Insel östliche Visayas & [[Mindanao]]'': [[Sohoton National Park, Balicasag Island Marine Reserve]], [[Rajah Sikatuna Protected Landscape]], [[Mount Malindang National Park]], [[Mount Kitanglad Range Natural Park]], [[Siargao Islands Protected Landscape and Seascape]], [[Agusan Marsh Wildlife Sanctuary]], [[Mount Apo Natural Park]], [[Mount Hamiguitan Range Wildlife Sanctuary]], <br />
[[Ligawasan (Flussmarschen)|Ligawasan Flusslandschaft]], [[Pujada Bay Protected Seascape]], [[Mabini (Compostela Valley)|Mabini protected Landscape and Seascape]], [[Matutum|Mount Matutum Protected Landscape]], [[Mahaba Island Protected Landscape and Seascape]], [[Andanan Watershed Forest Reserve]], [[Baganga Bay Protected Landscape and Seascape]], [[Mainit Hotspring Protected Landscape]], [[Mount Kalatungan Range Natural Park]], [[Mount Timolan Protected Landscape]].<br />
<br />
''Insel [[Palawan]]'': [[Tubbataha Riff|Tubbataha Reef National Marine Park]], [[Puerto-Princesa Subterranean River National Park]], [[Coron Island]], [[Calauit Island Wildlife Sanctuary]], [[El Nido Marine Reserve]], [[Mount Mantalinganhan Protected Landscape]].<br />
<br />
== Tauchen ==<br />
Der Tauchsport auf den Philippinen hat seinen Ursprung in Anilao im Süden von Luzon. Expats und Philippinos meist aus dem nahegelegenen Manila erkundeten die Unterwasserwelt an Wochenenden. Heute findet man internationale Tauchbasen und Resorts über das ganze Archipel erstreckt. Puerto Galera auf Mindoro war und ist bis heute eine Tauchhochburg. In den Visayas konzentrieren sich die Tauchaktivitäten größtenteils auf Bohol, Moalboal und die Region um Dumaguete. Coron im Norden Palawans ist bei Wrack-Tauchern ebenso beliebt wie Subic-Bay Im Westen Luzons. Hier kann man verschieden Wracks aus dem Zweiten Weltkrieg betauchen. Tauchsafaris werden auch auf den Philippinen immer beliebter. Die Ziele sind das [[Tubbataha Riff]] in der Sulu Sea und das nördlich von Mindoro liegende [[Apo-Riff]].<br />
<br />
Die Tauchausbildung erfolgt meist nach [[Professional Association of Diving Instructors|PADI]]-Richtlinien. Es werden aber auch alle anderen Brevets von internationalen Tauchverbänden anerkannt. Die meisten Tauchbasen verwenden INT-Tank-Ventile, das Mitbringen eines Adapters auf DIN-Ventile ist daher ratsam. Die Philippinen liegen im [[Korallendreieck]] und weisen eine überdurchschnittliche Artenvielfalt auf. Seit Jahren wird in vielen Gebieten erfolgreich gegen [[Dynamit]]- und [[Zyanid]]fischen angekämpft. Die meisten Tauchplätze befinden sich küstennah und sind in wenigen Minuten vom jeweiligen Hotel aus zu erreichen.<br />
<br />
== Sonstiges ==<br />
Die Philippinen sind eines der wenigen Länder, in denen [[Ehescheidung]]en verboten sind. Unter bestimmten Voraussetzungen und komplizierten Verfahren kann eine Ehe nachträglich annulliert werden. Aus diesem Grund lassen sich viele philippinische Ehepaare in der [[Dominikanische Republik|Dominikanischen Republik]] scheiden. [[Ehebruch]] steht ebenfalls unter Strafe.<br />
<br />
Bei Heirat eines philippinischen Staatsangehörigen im Land ist zuvor eine „Ehefähigkeitsbescheinigung“ (engl.: Legal Capacity) vom Bräutigam vorzulegen. Dieses Dokument wird vom zuständigen Standesamt im Ursprungsland ausgestellt und muss von der jeweiligen Botschaft bestätigt werden. Wegen der zahlreichen Fälschungen erkennt die Deutsche Botschaft in Manila mittlerweile (seit 2001) keinerlei philippinische Dokumente ohne aufwändige persönliche Nachprüfungen an.<br />
<br />
Der Grundstückserwerb ist ausschließlich durch philippinische Staatsbürger möglich, Ausländer können nur unter bestimmten Voraussetzungen Grundstücke erwerben. Hintergrund ist der häufige Missbrauch, wie zum Beispiel in internationalen Versteigerungen. Es ist allerdings möglich, als Ausländer die philippinische Staatsangehörigkeit zu erwerben.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Niklas Reese, Rainer Werning (Hrsg.): ''Handbuch Philippinen. Gesellschaft – Politik – Wirtschaft – Kultur.'' Horlemann, Bad Honnef 2006, ISBN 3-89502-218-7 (gibt einen Einblick in alle Bereiche der philippinischen Gesellschaft und Entwicklung)<br />
* Wolfgang Bethge: ''Die Philippinen - Einblicke in Natur, Kultur, Geschichte und Gesellschaft.''Shaker, Aachen, 2009, ISBN 978-3-86858-196-6<br />
* Harry Sichrovsky: ''Der Revolutionär von Leitmeritz. Ferdinand Blumentritt und der philippinische Freiheitskampf.'' ÖBV, Wien 1983, ISBN 3-215-04989-9<br />
* Jens Peters: ''Philippinen. Reise-Handbuch.'' 18. Auflage. JPP, Bremen 2005, ISBN 3-923821-30-1 (umfassendster deutschsprachiger Philippinen-Reiseführer)<br />
* Eduard Brachetto: ''Philippinen. Paradies im permanenten Entwicklungsnotstand.'' Brachetto, Kloten 2003, ISBN 3-0344-0167-1<br />
* Rolf Hanisch: ''Philippinen. Aktuelle Länderkunde.'' Beck, München 1989, ISBN 3-406-32285-9<br />
* Gisela M. Reiterer: ''Die Philippinen. Kontinuität und Wandel.'' Sonderzahl, Wien 1997, ISBN 3-85449-112-3<br />
* [[Fedor Jagor]]: ''Reisen in den Philippinen.'' Peters, Aurich 1982, ISBN 3-9800154-8-3 (gekürzte Wiedergabe der inzwischen schon klassischen Originalausgabe aus dem Jahre 1873)<br />
* James Hamilton-Paterson: ''Wasserspiele.'' Goldmann, München 1999, ISBN 3-442-72298-5 (romanhafter Bericht einer Selbstfindung durch die Erforschung, Erschließung und Beschreibung der philippinischen Küstenwelt und ein ethnographisches Buch über ihre Bewohner)<br />
* Domingo A. Madulid: ''A pictorial guide to the noteworthy plants of Palawan.'' Palawan Tropical Forestry Protection Programme, Palawan 2002, ISBN 971-92544-1-6<br />
* Ronald van de Vooren: ''Philippine Diving.'' ISSN 016561511-7 (ausführlicher Tauchführer in Englisch für Apo-Island, Bohol, Cebu und Siquijor)<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Portal|Philippinen|Portal zu weiteren Artikeln über die Philippinen}}<br />
{{Wiktionary|Philippinen}}<br />
{{Commons|Philippines|Philippinen}}<br />
{{Wikiatlas|the Philippines}}<br />
* [http://www.iten-online.ch/klima/asien/philippinen/philippinen.htm Klimadiagramm und Klimatabellen von den Philippinen]<br />
* [http://www.gov.ph Offizielle Regierungswebsite]<br />
* [http://www.diplo.de/Philippinen Länder- und Reiseinformationen des Auswärtigen Amtes]<br />
* [http://www.philippinenbuero.de Philippinenbüro e.&nbsp;V. – Gesellschaftspolitische Informationen über die Philippinen]<br />
* [http://www.menschenrechte-philippinen.de Aktionsbündnis Menschenrechte – Philippinen]<br />
* [http://www.asien-auf-einen-blick.de/philippinen/index.php Zahlen über die Philippinen]<br />
* [http://www.payer.de/hbiweltweit/weltw43.html Zeittafel Philippinische Geschichte]<br />
* [http://bethge.freepage.de/index.htm Literaturbrücke Philippinen]<br />
* [http://philippines.ahrchk.net/ Menschenrechte auf den Philippinen – Asiatische Menschenrechtskommission]<br />
* [http://www.amnesty-philippinen.de/ Menschenrechte Philippinen – amnesty international Deutschland – Philippinenkoordination]<br />
* [http://www.rms-gs.de/phildeu/mapd.html Diverse Landkarten von den Philippinen]<br />
* [http://www.ethnologue.com/show_country.asp?name=PH Ethnologue: philippinische Sprachen]<br />
* [http://www.seasite.niu.edu/TAGALog/Tagalog_Default_files/Philippine_Culture/Pagkaing%20Pilipino/Philippine_cuisine_fs.htm Philippine Cuisine] (englisch)<br />
* [http://www.philippinen-tauchen.com Übersicht über die Tauchregionen auf den Philippinen]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{NaviBlock<br />
|Navigationsleiste ASEAN-Staaten<br />
|Navigationsleiste Staaten in Asien<br />
}}<br />
{{Coordinate |NS=11/20//N |EW=123/1//E |type=country |region=PH}}<br />
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[[Kategorie:Philippinen| ]]<br />
[[Kategorie:Staat in Asien]]<br />
[[Kategorie:Südostasien]]<br />
[[Kategorie:Inselgruppe (Asien)]]<br />
[[Kategorie:Inselgruppe (Pazifischer Ozean)]]<br />
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{{Link GA|en}}<br />
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[[pih:Felapiins]]<br />
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[[rw:Filipine]]<br />
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[[se:Filippiinnat]]<br />
[[sg:Filipîni]]<br />
[[sh:Filipini]]<br />
[[simple:Philippines]]<br />
[[sk:Filipíny]]<br />
[[sl:Filipini]]<br />
[[sm:Filipaina]]<br />
[[so:Filibiin]]<br />
[[sq:Filipinet]]<br />
[[sr:Филипини]]<br />
[[ss:IFiliphayi]]<br />
[[su:Pilipina]]<br />
[[sv:Filippinerna]]<br />
[[sw:Ufilipino]]<br />
[[szl:Filipiny]]<br />
[[ta:பிலிப்பீன்சு]]<br />
[[te:ఫిలిప్పీన్స్]]<br />
[[tet:Filipinas]]<br />
[[tg:Филиппин]]<br />
[[th:ประเทศฟิลิปปินส์]]<br />
[[tk:Filippinler]]<br />
[[tl:Pilipinas]]<br />
[[tpi:Ol Pilipin]]<br />
[[tr:Filipinler]]<br />
[[tt:Филиппиннар]]<br />
[[udm:Филиппин]]<br />
[[ug:فىلىپپىن]]<br />
[[uk:Філіппіни]]<br />
[[ur:فلپائن]]<br />
[[uz:Filippin]]<br />
[[vec:Filipine]]<br />
[[vi:Philippines]]<br />
[[vo:Filipuäns]]<br />
[[wa:Filipenes]]<br />
[[war:Pilipinas]]<br />
[[wo:Filipiin]]<br />
[[wuu:菲律宾]]<br />
[[xal:Пилипмудин Орн]]<br />
[[yi:פיליפינען]]<br />
[[yo:Filipínì]]<br />
[[zh:菲律宾]]<br />
[[zh-classical:菲律賓]]<br />
[[zh-min-nan:Hui-li̍p-pin]]<br />
[[zh-yue:菲律賓]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Spanische_Sprache&diff=90425423Spanische Sprache2011-06-24T11:59:11Z<p>222.127.231.29: dort ist die Sprache seit mindestens dem Ende der amerikanischen Besatzung unbedeutend, bitte mal sich schlau machen bevor man einfach mal so rückeditiert aus Ignoranz - 2011 ist nicht 1898</p>
<hr />
<div>{{Infobox_Sprache<br />
|Sprache=Spanisch ''(español, castellano)''<br />
|Länder=[[Spanien]], großen Teilen [[Mittelamerika|Mittel-]] und [[Südamerika]]s, außerdem in den [[Vereinigte Staaten|USA]], [[Belize]], [[Marokko]], [[Äquatorialguinea]] und [[Westsahara]]<br />
|Sprecher=insgesamt ca. 447 Mio. (Stand: 2000)</br>Muttersprachler ca. 388 Mio.</br>Zweitsprachler ca. 59 Mio. <ref>Quelle hierfür ist das Buch: Spanische Sprachgeschichte von UNI Wissen von Annegret Bollée und Ingrid Neumann-Holzschuh. Auf der Seite 158 unter 4 „Die Hispanophonie, Sprecherzahlen“ heißt es: Die Hispanophonie umfasste im Jahre 2000 ca. 435 Millionen Sprecher. In der untenliegenden Fußnote heißt es: Andere Schätzungen gehen nur von 332 Millionen Sprechern aus (Anuario Cervantes 1999).</ref><br />
|Klassifikation=<br />
* [[Indogermanische Sprachen]]<br />
*: [[Italische Sprachen]]<br />
*:: [[Romanische Sprachen]]<br />
*::: [[Iberoromanische Sprachen]]<br />
|KSprache=Spanisch<br />
|Amtssprache={{ARG}}<br />{{GEQ}}<br />{{BOL}}<br />{{CHL}}<br />{{CRC}}<br />[[Datei:Flag_of_the_Sahrawi_Arab_Democratic_Republic.svg|20px]] [[Demokratische Arabische Republik Sahara]]<br />{{DOM}}<br />{{ECU}}<br />{{SLV}}<br />{{GUA}}<br />{{HON}}<br />{{COL}}<br />{{CUB}}<br />{{MEX}}<br />{{NIC}}<br />{{PAN}}<br />{{PAR}}<br />{{PER}}<br />{{PUR}}<br />{{ESP}}<br />{{URU}}<br />{{VEN}}<br /><br />{{EU}}<br /> {{Mercosur}}<br /> {{UNASUR}}<br />{{OAS}}<br />{{UNO}} <br />{{AU}}<br /> [[Lateinische Union]]''' <br />
|Weiteres={{US-NM}}, [[Vereinigte Staaten|USA]]<br />{{US-CA}}, [[Vereinigte Staaten|USA]]<br />{{US-AZ}}, [[Vereinigte Staaten|USA]]<br />{{US-FL}}, [[Vereinigte Staaten|USA]]<br />{{US-TX}}, [[Vereinigte Staaten|USA]]<br />
|Minderheitensprache={{PHI}}<br />{{MAR}}<br /><br />
|ISO1=es<br />
|ETHNO14=SPN<br />
|ISO3=spa<br />
|ISO2=spa<br />
}}<br />
<br />
Die '''spanische''' oder auch '''kastilische Sprache''' (Eigenbezeichnung ''español'' [{{IPA|espaˈɲol}}] bzw. ''castellano'' [{{IPA|kasteˈʎano}}]) gilt als [[Weltsprache]] und gehört zum romanischen Zweig der [[Indogermanische Sprachen|indogermanischen Sprachen]]. Spanisch wird manchmal mit dem [[Portugiesische Sprache|Portugiesischen]] und [[Katalanische Sprache|Katalanischen]] in die engere Einheit des [[Iberoromanische Sprache|Iberoromanischen]] eingeordnet. Eine andere Unterscheidungsmöglichkeit gliedert das Spanische zusammen mit dem Französischen, dem Katalanischen, dem Portugiesischen, dem [[Okzitanische Sprache|Okzitanischen]] und weiteren kleineren romanischen Sprachen in die Westromania ein.<br />
<br />
Spanisch wird mit [[Lateinisches Alphabet|lateinischen Buchstaben]] geschrieben.<br />
Im modernen Spanisch werden der [[Akut]]-Akzent für Vokale und die beiden Zeichen ''[[ñ]]'' und ''ü'' verwendet. In vielen Wörterbüchern finden sich auch das ''ch'' und das ''ll'' noch als eigenständige Buchstaben.<br />
<br />
Die Sprachkürzel nach [[ISO 639]] sind <code>es</code> und <code>spa</code>.<br />
<br />
== Ursprung und Name ==<br />
Das Spanische/Kastilische entwickelte sich aus einem im Grenzgebiet zwischen [[Cantabria]], [[Burgos]], [[Álava]] und [[Logroño|La Rioja]] gesprochenen [[Latein|lateinischen]] Dialekt zur Volkssprache [[Königreich Kastilien|Kastiliens]] (Amtssprache war das [[Latein]]ische). Daher kommt auch der Name ''castellano'' (Kastilisch), der sich auf den geographischen Ursprung der Sprache bezieht.<br />
Die andere Bezeichnung, ''español'' (Spanisch), stammt von der mittelalterlichen lateinischen Bezeichnung ''Hispaniolus'' ab, beziehungsweise von ''Spaniolus'' ([[Diminutiv]] von „Spanisch“). [[Ramón Menéndez Pidal]] befürwortet eine andere etymologische Erklärung: Die klassische Form ''hispanus'' oder ''hispanicus'' habe im [[Vulgärlatein]]ischen das Suffix -one erhalten (wie in den Begriffen ''bretón'' (Bretonisch), ''frisón'' (Friesisch) usw.) und sich von ''*hispanione'' zum altkastilischen ''españón'' entwickelt, „das sich durch die [[Dissimilation (Phonologie)|Dissimilation]] der beiden [[Nasal (Phonetik)|Nasale]] bald zu ''español'' weiterentwickelte, mit der Endung -ol, das nicht gebraucht wird, um Nationen zu bezeichnen“.<ref>[[Ramón Menéndez Pidal]], ''Manual de gramática histórica española'', Espasa-Calpe, 1985, S. 181.</ref><br />
<br />
Historische und [[Sozioökonomie|sozioökonomische]] Entwicklungen und seine weit verbreitete Verwendung als Verkehrssprache machten das Kastilische zur [[Lingua franca]] der gesamten iberischen Halbinsel, in Koexistenz mit den anderen dort gesprochenen Sprachen: Man schätzt, dass in der Mitte des 16. Jahrhunderts bereits etwa 80% der Spanier Kastilisch sprachen.<ref>Irene Lozano, ''Lenguas en guerra'', S. 92, Espasa Calpe, 2005.</ref> Durch die Eroberung [[Amerika]]s, das der Privatbesitz der kastilischen Krone war, breitete sich die spanische Sprache über den halben Kontinent aus, von [[Kalifornien]] bis [[Feuerland]].<br />
<br />
=== ''Castellano'' oder ''Español''? ===<br />
''Castellano'' (Kastilisch) und ''español'' (Spanisch) sind vollkommen synonyme Bezeichnungen. Vor allem in Spanien ist die Entscheidung für den einen oder anderen Begriff aber oft politisch gefärbt. In [[Südamerika]] wird tendentiell ''castellano'' bevorzugt, während in Mittelamerika und Kolumbien eher ''español'' üblich ist. Die Verfassungen von Spanien, Bolivien, Kolumbien, Ecuador, El Salvador, Paraguay, Peru und Venezuela verwenden den Begriff ''castellano''; Kuba, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama ''español''.<br />
<br />
== Verbreitung ==<br />
<br style="clear:right;" /><br />
{| cellpadding="2" cellspacing="2" border="0"<br />
|-----<br />
| valign="top" | [[Datei:Map-Hispano.png|750px|Die spanischsprachige Welt|]]<br /><br />
|-----<br />
| valign="top" | ''Die spanischsprachige Welt''<br /><br />
|}<br />
[[Datei:Knowledge Spanish EU map.png|300px|thumb|Kenntnisse des Spanischen in der EU.]]<br />
Spanisch wird gegenwärtig von 329 bis 358 Millionen Menschen als [[Muttersprache]] gesprochen<ref>{{Internetquelle|url=http://www.ethnologue.com/14/show_language.asp?code=spn |titel=(SPANISH: a language of Spain) |werk=ethnologue.com |datum= |zugriff=2010-07-6}}</ref>.<br />
Die meisten Spanisch-Sprecher leben in [[Südamerika|Süd-]] und [[Mittelamerika]] sowie in [[Spanien]]. [[Spanisch in den Vereinigten Staaten|In den Vereinigten Staaten]] leben rund 45 Millionen Sprecher, damit liegen die USA nach [[Mexiko]] und noch vor [[Kolumbien]] und Spanien weltweit an zweiter Stelle. Obwohl die Sprache in keinem Bundesstaat Amtsstatus hat, liegt die Zahl der Sprecher in einigen Staaten des Südwestens, wie z.B. [[New Mexico]], [[Kalifornien]] oder [[Texas]], über 30 %. In [[Belize]], [[Marokko]], [[Westsahara]], den [[Niederländische Antillen|Niederländischen Antillen]] und [[Aruba]], den [[Philippinen]] sowie in [[Trinidad und Tobago]] wird Spanisch von einem großen Bevölkerungsanteil gesprochen.<br />
In [[Brasilien]] wird Spanisch aufgrund der Nähe zum Portugiesischen in der Regel gut verstanden, auch wenn die meisten Brasilianer die Sprache selbst nicht sprechen. Viele Brasilianer – besonders im Grenzgebiet zwischen Uruguay und Brasilien – verständigen sich mit Sprechern des Spanischen aber relativ problemlos in [[Portunhol]]. Ähnliches gilt für [[Portugal]]. <br />
<br />
Inklusive [[Zweisprachigkeit|Zweitsprachler]] beläuft sich die Zahl der Sprecher auf 450<ref>[http://www.fundacionblu.org/noticias.htm www.fundacionblu.org/noticias.htm]</ref> bis 500 Millionen<ref name="el pais">{{Internetquelle |url=http://www.elpais.com/articulo/cultura/espanol/segundo/idioma/estudia/mundo/Instituto/Cervantes/elpepucul/20070426elpepucul_8/Tes |titel=El español es el segundo idioma que más se estudia en el mundo, según el Instituto Cervantes |werk=[[El País]] |datum=2007-04-26 |zugriff=2010-03-03 |sprache=es }}</ref><ref>[http://actualidad.terra.es/cultura/articulo/comunidad_europea_asia_instituto_cervantes_847855.htm terra.es: „La presencia del español en la Comunidad Europea y la expansión en Asia, retos inmediatos del Instituto Cervantes“] (abgerufen am 9. März 2008)</ref>. Damit ist Spanisch – nach [[Hochchinesisch|Mandarin-Chinesisch]], [[Hindi]] und [[Englische Sprache|Englisch]] – die am vierthäufigsten gesprochene Sprache der Welt.<br />
<br />
Nach Englisch ist Spanisch die am meisten erlernte Sprache der Welt.<ref name="el pais" /><br />
<br />
Als offizielle Amtssprache dient Spanisch in der [[Europäische Union|Europäischen Union]], in der [[Organisation Amerikanischer Staaten]] sowie bei den [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]].<br />
<br />
== Geschichtliche Entwicklung ==<br />
=== Vorromanischer Einfluss ===<br />
[[Datei:Iberia 300BC.svg|thumb|Rekonstruierte [[Sprachraum|Sprachräume]] um 300 v. Chr.]]<br />
Die ältesten uns bekannten Bewohner der [[Iberische Halbinsel|Iberischen Halbinsel]] waren die [[Iberer]], die möglicherweise ein Volk nordafrikanischen Ursprungs waren. Um 600 v. Chr. wanderten [[Kelten|keltische]] Stämme über die [[Pyrenäen]] ein, die sich daraufhin mit den Iberern zu den [[Keltiberer]]n vermischten. Das [[Baskische Sprache|Baskische]] ist der einzige sprachliche Überrest aus jener Epoche, das noch von ca. 850.000 Menschen am [[Golf von Biskaya]] beiderseits der spanisch-französischen Grenze gesprochen wird.<br />
<br />
Gibt eine Bevölkerung unter dem Einfluss einer neuen Sprache die eigene Sprache nach einer Periode der Zweisprachigkeit zu Gunsten der prestigeträchtigeren neuen Sprache auf, so wirken sich dennoch Sprechgewohnheiten auf die neue Sprache aus. Man bezeichnet die aufgegebene Sprache dann als [[Substrat (Linguistik)|Substrat]].<br />
''Das Keltiberische'' wirkte sich nach Übernahme des [[Latein]]ischen wie folgt aus:<br />
# [[Sonorisierung]] der [[intervokalisch]]en [[Verschlusslaut]]e p;t;k zu b;d;g ''(amica → amiga / apotheca → bodega)''.<br />
# [[Lenisierung]] des [[Nexus (Laut)|Nexus]] [kt] über [çt] zu [it]. Im Kastilischen entwickelte sich der Nexus weiter. Das t wurde durch vorangehenden [[Palataler Laut|Palatal]] ebenfalls palatalisiert. Daher ''noctem → noche''.<br />
''Das Baskische'' ist ein [[Adstrat]], da keine der Sprachen aufgegeben wurde. Auf baskischen Einfluss ist folgendes Phänomen zurückzuführen:<br />
Ersatz des anlautenden f durch h, das jedoch im weiteren Verlauf ganz wegfiel ''(farina → harina, factus → hecho, filius → hijo, furnus → horno)''.<br />
<br />
=== Lateinische Grundlage ===<br />
Im [[3. Jahrhundert v. Chr.]] begannen die [[Römisches Reich|Römer]] mit der Eroberung der Iberischen Halbinsel. Zu jener Zeit wurden hier unter anderem [[Iberische Sprache|Iberisch]], [[Keltiberisch]], [[Baskische Sprache|Baskisch]], [[Tartessisch]], [[Lusitanisch]] sowie vor allem in Küstenorten [[Phönizisch-punische Sprache|Punisch]] und [[Griechische Sprache|Griechisch]] gesprochen. Seit [[Augustus|Kaiser Augustus]] befand sich die gesamte Halbinsel in römischer Hand.<br />
<br />
Durch eine starke militärische Präsenz und durch zahlreiche römische Beamte verbreitete sich die [[Latein|lateinische Sprache]] dort sehr schnell. Latein wurde so zur [[Kultursprache]], die Ursprachen wurden allmählich zurückgedrängt. Nur in den westlichen Pyrenäen stieß das Lateinische auf stärkeren Widerstand, so dass die Ursprache Baskisch dort erhalten blieb.<br />
<br />
=== Germanischer Einfluss ===<br />
Als die [[Goten]] im Jahr 414 in [[Spanien]] einfielen, sprach man schon auf der gesamten Halbinsel Latein mit lokaler Färbung. Obwohl die Goten für die darauffolgenden drei Jahrhunderte die Herrschaft in Spanien hatten, beeinflussten sie Sprache und soziales Leben lediglich in geringem Maße. Ein Grund dafür, dass sich Spanier und Goten nicht vermischten, war hauptsächlich religiösen Ursprungs: Die Spanier waren [[Katholik]]en, die Goten [[Arianer]]. Nachdem im Jahr 589 König [[Rekkared I.]] mit seinem Volk zum [[Katholizismus]] übertrat, verschwand das Gotische bald vollkommen.<br />
<br />
Dennoch gibt es einige Wörter im Spanischen, die germanischen Ursprungs sind (z.&nbsp;B. ''ganso''). Man nimmt aber an, dass diese nicht durch die Goten, sondern schon vorher durch die Römer, die in [[Gallien]] mit germanischen Stämmen in Berührung gekommen waren, nach Spanien gebracht wurden.<br />
<br />
Auf die Sprache der Westgoten geht wahrscheinlich auch die Endung ''-ez'' vieler heutiger spanischer Familiennamen zurück.<ref>Ralph Penny, ''Gramática histórica del español'', Editorial Ariel, 2006, S. 31.</ref> Sie hatte die Bedeutung „Sohn von“ ([[Patronym]]), so war ''Rodríguez'' der Sohn von ''Rodrigo'' (Roderich). Ein Beispiel sind die Könige von [[Königreich Navarra|Navarra]] aus dem [[Haus Jiménez]] in der Zeit von 905 bis 1076: Auf den Begründer der Dynastie Sancho I. Garcés folgten nacheinander García I. Sánchez, Sancho II. Garcés, García II. Sánchez, Sancho III. Garcés, García III. Sánchez und Sancho IV. Garcés, wobei der Nachfolger jeweils der Sohn des Vorgängers war.<br />
<br />
=== Arabischer Einfluss ===<br />
Einen tiefgehenden und dauerhafteren Einfluss auf das Spanische hatten die [[Mauren|maurischen]] Eroberer, die 711 von Afrika aus ihre Expansion nach Osten und Norden der Halbinsel begannen. Sie besetzten ganz Spanien mit Ausnahme des [[Kantabrisches Gebirge|Kantabrischen Gebirges]], wo eine kleine Schar Spanier Zuflucht suchte und die spätere Rückeroberung ([[Reconquista]]-Bewegung) Spaniens organisierte.<br />
<br />
Als im Jahr 1492 diese Rückeroberung mit dem Fall von [[Emirat von Granada|Granada]] abgeschlossen war, waren schon viele arabische Elemente in das Spanische aufgenommen. Nach Auswertung des Wörterbuches der ''Real Academia Española'' von 1995 enthält das heutige Spanische noch 1285 Entlehnungen aus dem Arabischen (Arabismen).<ref>Vgl. hierzu [http://www.uni-muenster.de/Romanistik/dozenten/noll/al.pdf Volker Noll in Romania Arabica], Fs Kontzi, 1996, S. 299–313.</ref><br />
<br />
Somit ist das Spanische die romanische Sprache mit den meisten arabischen [[Lehnwort|Lehnwörtern]]; es handelt sich dabei nicht nur um Kulturbegriffe, sondern auch um Bezeichnungen für Begriffe des alltäglichen Lebens, z.&nbsp;B. ''aceite'' ‚Öl‘, ''aceituna'' (auch: ''oliva'') ‚Olive‘, ''alfombra'' ‚Teppich‘.<br />
<br />
Auch ''azafata'' (‚Flugbegleiterin‘) ist ursprünglich ein arabisches Wort.<br />
<br />
Das Wort ''ojalá'' (‚hoffentlich‘) ist eine hispanisierte Form der arabischen Redewendung ''[[Inschallah]]'' ({{ar|ان شاء الله}}) und bedeutet eigentlich ‚So Gott will‘.<br />
<br />
Arabische Lehnwörter und ihre Ableitungen finden sich in den folgenden Wortschatzbereichen: Verwaltung und Staatswesen, Heerwesen, Münzprägung, Naturwissenschaften, Landwirtschaft (Ackerbau, Bewässerungsanlagen), Hausrat, Kleidung, Speisen, Pflanzen- und Tierbezeichnungen und andere.<br />
<br />
Im Gegensatz zu anderen Sprachen, die bei der Übernahme arabischer Wörter den arabischen Artikel ''al'' ({{ar|ال}}) abtrennten, findet sich in vielen Lehnwörtern im Spanischen dieses ''al'', zum Beispiel beim Zucker (span. azúcar, ital. zucchero, arab. {{ar|السكر}} as-sukkar – hier wird das {{ar|ا}} des Artikels [[Sonnenbuchstabe|assimiliert]]).<br />
<br />
=== Einflüsse indigener amerikanischer Sprachen ===<br />
Vor allem die lateinamerikanischen Dialekte des Spanischen enthalten eine Vielzahl von Ausdrücken indigener Sprachen.<br />
Beispiele:<br />
<br />
* ''el aguacate'' oder ''la palta'' (‚die Avocado‘)<br />
* ''el ají'' (‚die scharfe Paprika, die Chilischote‘)<br />
* ''la batata'' (‚die Wade‘)<br />
* ''el batey'' (‚das Dorf‘)<br />
* ''el bohío'' (‚die Schilfhütte‘)<br />
* ''el bohuco'' (‚die Rank- oder Schlingpflanze‘)<br />
* ''el cacique'' (‚der Kazike, der Häuptling‘)<br />
* ''el caimán'' (‚der Kaiman, das Krokodil‘)<br />
* ''la canoa'' (‚das Kanu‘)<br />
* ''el casabe'' (‚das Fladenbrot‘)<br />
* ''el cayo'' (‚die kleine Insel‘)<br />
* ''el cayuco'' (‚das Boot‘)<br />
* ''la chacra'' (‚das kleine Landgut‘)<br />
* ''el cocote'' (‚der Nacken‘)<br />
* ''el conuco'' (‚der Garten‘)<br />
* ''la guayaba'' (‚die Guave‘)<br />
* ''el huracán'' (‚der Hurrikan, der Wirbelsturm‘)<br />
* ''la lambí'' (‚die Flügelschnecke‘)<br />
* ''el maíz'' oder ''el choclo'' (‚der Mais‘)<br />
* ''el manatí'' (‚die Seekuh‘)<br />
* ''el maní'' oder ''el cacahuate'' (‚die Erdnuss‘)<br />
* ''la papa'' (‚die Kartoffel‘)<br />
* ''la sabana'' (‚die Ebene‘)<br />
* ''el tabaco'' (‚der Tabak‘)<br />
* ''el tiburón'' (‚der Haifisch‘)<br />
* ''la yuca'' (‚die Maniokpflanze, die Maniokfrucht‘)<br />
<br />
=== Das heutige Spanisch ===<br />
Das Lateinische, das von den Römern nach Spanien gebracht wurde, war nicht die klassische lateinische Sprache, sondern die gewöhnliche Umgangssprache der Legionäre ([[Vulgärlatein]]). Aus dieser Sprache entwickelten sich mit der Zeit unter verschiedenen [[Geographie|geographischen]] und [[Ethnographie|ethnographischen]] Einwirkungen unterschiedliche romanische [[Dialekt]]e. Einer dieser Dialekte, das Kastilische, entstand in einer schwach romanisierten Gegend im Norden Spaniens, im Grenzgebiet der heutigen spanischen Provinzen [[Burgos]], [[La Rioja (spanische Region)|La Rioja]], [[Vizcaya]] und [[Álava]]. Dieser Dialekt [[Kastilien|Altkastiliens]] zeichnet sich dadurch aus, dass er stärker von den vorromanischen Sprachen ([[Baskische Sprache|Baskisch]]) geprägt ist, und wird später durch politische Umstände zur [[Geschriebene Sprache|Schrift-]] und [[Nationalsprache]] [[Spaniens]].<br />
<br />
Es waren nämlich die Grafen Altkastiliens, die in andauernden Kämpfen gegen die Araber ihr Staatsgebiet nach Süden hin erweiterten. Im Verlauf dieser Reconquista-Bewegung schob sich das Altkastilische wie ein Keil in das übrige romanische Sprachgebiet hinein und drängte die anderen Sprachformen an die westliche ([[Asturisch]]-[[Leonesisch]] und [[Galicisch]], aus dem sich später [[Portugiesische Sprache|Portugiesisch]] entwickelte) und östliche ([[Aragonesisch]], [[Katalanische Sprache|Katalanisch]]) Peripherie des Landes ab, wodurch sich der Bereich der kastilischen Sprache enorm vergrößerte.<br />
<br />
In den von den Mauren eroberten Gebieten verdrängte sie auch das Arabisch und das [[Mozarabische Sprache|Mozarabisch]] (romanische Dialekte, die in den maurisch beherrschten Gebieten von den Christen gesprochen, aber in arabischer Schrift geschrieben wurden).<br />
<br />
In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts wurde Kastilien zum Königreich ausgerufen und im Jahr 1085 [[Toledo]] zur Hauptstadt bestimmt. So wurde die kastilische Mundart zur Hof- und Umgangssprache des jungen Königreichs. Von sprachpolitischer Bedeutung sind die Reformen [[Ferdinand III. (Kastilien)|Ferdinands III.]] (1217–1252) und [[Alfons X. (Kastilien)|Alfons X.]] (1252–1282), durch die das Lateinische als Urkundensprache abgeschafft wurde und das Kastilische diese Funktion übernahm.<br />
<br />
Schon im Verlauf des späten Mittelalters verbreitete sich das Kastilische nicht nur als Schriftmedium, sondern auch als gesprochene Sprache außerhalb Kastiliens. Die erste spanische Grammatik wurde im Jahre 1492 von [[Antonio de Nebrija]] verfasst. <br />
Das Spanische, wie wir es heute kennen, ist eine Weiterentwicklung der lateinisch-kastilischen Mundart mit toledanischer Färbung.<br />
<br />
Im Jahr 1713 entstand nach französischem Vorbild die ''[[Real Academia Española|Real Academia de la Lengua]],'' die als anerkannte Autorität in Sprachfragen gilt. Zwischen 1726 und 1739 wurde das ''[[Diccionario de Autoridades]]'' herausgegeben, im Jahr 1771 erschien die Grammatik der Akademie. Heute gibt die Akademie in Zusammenarbeit mit den Sprachakademien der anderen spanischsprachigen Länder unter anderem das Wörterbuch ''[[Diccionario de la lengua española de la Real Academia Española|Diccionario de la Lengua Española]]'' und das umfangreiche Grammatikwerk ''Nueva Gramática de la Lengua Española'' heraus.<br />
<br />
== Rechtschreibung ==<br />
Die Rechtschreibung des Spanischen kommt dem Ideal recht nahe, Laut für Laut das gesprochene Wort nachzubilden. So werden häufig auch übernommene Fremdwörter in ihrer Schreibung so angepasst, dass sich die Aussprache wieder automatisch ergibt (Beispiel: englisch ''bacon'' wird zu Spanisch ''beicon'' oder englisch ''football'' wird zu spanisch ''fútbol'').<br />
Bei den lateinamerikanischen Varianten gilt dies nur mit Einschränkungen (teilweise werden Buchstaben anders ausgesprochen, wenn das Wort indianischen Ursprungs ist, besonders „ll“ und „x“).<br />
<br />
{{Siehe auch|Spanisches Alphabet}}<br />
<br />
== Phonologie ==<br />
{{Hauptartikel|Phonologie der spanischen Sprache}}<br />
<br />
=== Vokale ===<br />
Das Spanische besitzt 5 [[Monophthong]]e.<br />
<br />
{| border="2" cellpadding="5" style="margin: 1em 1em 1em 0; background: #f9f9f9; border: 1px #aaa solid; border-collapse: collapse; text-align: center; font-size: 95%;"<br />
|+ Monophthonge des Spanischen<br />
! &nbsp;<br />
! vorne<br />
! zentral<br />
! hinten<br />
|-<br />
! align=left | geschlossen<br />
| {{IPA|i}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|u}}<br />
|-<br />
! align=left | mittel<br />
| {{IPA|e}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|o}}<br />
|-<br />
! align=left | offen<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|a}}<br />
| &nbsp;<br />
|}<br />
<br />
=== Konsonanten ===<br />
Das Spanische hat 24 [[Konsonant]]en. Die [[Frikativ]]e {{IPA|/β ð ɣ/}} sind [[Allophon]]e von {{IPA|/b d g/}}.<br />
<br />
{| border="2" cellpadding="5" style="margin: 1em 1em 1em 0; background: #f9f9f9; border: 1px #aaa solid; border-collapse: collapse; text-align: center; font-size: 95%;"<br />
|+ Konsonanten des Spanischen<br />
! &nbsp;<br />
! [[bilabial]]<br />
! [[Labiodental|labio-<br />dental]]<br />
! [[dental]]<br />
! [[alveolar]]<br />
! [[Postalveolar|post-<br />alveolar]]<br />
! [[palatal]]<br />
! [[velar]]<br />
|-<br />
! align=left | [[Plosiv]]e<br />
| {{IPA|p}} {{IPA|b}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|t}} {{IPA|d}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|k}} {{IPA|g}}<br />
|-<br />
! align=left | [[Affrikate]]n<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|tʃ}} {{IPA|dʒ}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Nasal (Phonetik)|Nasale]]<br />
| {{IPA|m}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|n}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|ɲ}}<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Flap (Phonetik)|Flaps]]/[[Vibrant|Trills]]<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|ɾ}} {{IPA|r}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Frikativ]]e<br />
| {{IPA|β}}<br />
| {{IPA|f}}<br />
| {{IPA|θ}} {{IPA|ð}}<br />
| {{IPA|s}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|x}} {{IPA|ɣ}}<br />
|-<br />
! align=left | [[Approximant]]en<br />
| {{IPA|w}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|j}}<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Lateral (Phonetik)|Laterale]]<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|l}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|ʎ}}<br />
| &nbsp;<br />
|}<br />
'''Quelle:''' [http://www.phon.ucl.ac.uk/home/sampa/spanish.htm SAMPA für Spanisch (englisch)]<br />
<br />
Eine Unterscheidung der Laute /ʎ/ und /ʝ/ bzw. /j/ erfolgt nicht im gesamten spanischsprachigen Raum, siehe dazu den Artikel zum [[Yeísmo]].<br />
<br />
=== Hörbeispiel ===<br />
* {{Audio|Adiós, hasta mañana.ogg|''Adiós, hasta mañana.''}} (27 KB) – „Auf Wiedersehen, bis morgen.“<br />
* {{Audio|Qué hay de nuevo.ogg|''¿Qué hay de nuevo?''}} (24 KB) – „Was gibt's Neues?“<br />
* {{Audio|Yo estoy bien gracias, y tú.ogg|''Yo estoy bien, gracias, ¿y tú?''}} (29 KB) – „Danke, mir geht es gut, und dir?“<br />
<br />
Gesprochen von einem Einwohner [[Madrid]]s.<br />
<br />
;Beispiele: Der kleine Prinz auf Spanisch<br />
<br />
''Spanien''<br />
* [[Datei:Loudspeaker.svg|12px]] [http://www3.germanistik.uni-halle.de/prinz/sprachen/058.htm (Barcelona, Spanien)]<br />
<br />
''Mexiko''<br />
* [[Datei:Loudspeaker.svg|12px]] [http://www3.germanistik.uni-halle.de/prinz/sprachen/066.htm (Sinaloa, Mexiko)]<br />
<br />
Der Unterschied bei diesen zwei Beispielen ist das europäische und das amerikanische ''Spanisch''.<br />
Die Unterschiede rühren jedoch nicht nur daher, dass es einmal das europäische, das andere Mal das amerikanische Spanisch ist, sondern daher, dass es verschiedene Übersetzungen sind. <br />
<br />
{{Siehe auch|[Seseo}}<br />
<br />
== Grammatik ==<br />
{{Hauptartikel|Spanische Grammatik}}<br />
<br />
Das Spanische ist eine relativ [[Flexion|flektierende]] Sprache, mit zwei [[Geschlecht (Grammatik)|grammatischen Geschlechtern]] und über 50 [[Konjugation (Grammatik)|konjugierten]] Formen pro Verb, aber einer eingeschränkten Flexion von [[Verb]]en, [[Substantiv]]en und [[Determinativ (Wortart)|Determinativen]]. Seine [[Syntax]] ist normalerweise Subjekt-Prädikat-Objekt, auch wenn Variationen häufig sind, und Adjektive werden für gewöhnlich, wenn auch nicht immer, dem Substantiv, auf das sie sich beziehen, nachgestellt. Es ist eine [[Pro-Drop-Sprache]], d.h. Pronomen können weggelassen werden, wenn sie für das Verständnis nicht unbedingt notwendig sind.<br />
<br />
== Das amerikanische Spanisch ==<br />
In den meisten Ländern Süd- und Mittelamerikas wird Spanisch als Muttersprache gesprochen. Da es sich hierbei um ein großes Gebiet handelt und seit der [[Kolonialisierung]] durch die Spanier bereits Jahrhunderte vergangen sind, weist das lateinamerikanische Spanisch gewisse Abweichungen zum europäischen Spanisch auf.<br />
<br />
Diese sind in der [[Geschriebene Sprache|Schrift-]] und [[Verkehrssprache]] nicht allzu groß; die Umgangssprachen und Dialekte der einzelnen Länder unterscheiden sich dagegen teilweise recht deutlich, und zwar nicht nur in der [[Aussprache der spanischen Sprache|Aussprache]], sondern auch im Vokabular.<br />
<br />
Einige Wörter haben in Amerika einen Bedeutungswandel durchgemacht und generell lässt sich der lateinamerikanische Wortschatz als archaischer als der kontinentaleuropäische beschreiben (d.&nbsp;h. die Ausdrucksweise mutet Europäern oft veraltet oder historisierend an). Einige Abweichungen sind auch auf den (in den einzelnen Regionen unterschiedlich starken) Einfluss indigener Sprachen zurückzuführen. Besonders in Mexiko, der Karibik, Zentralamerika und Venezuela sehr deutlich spürbar sind auch die Einflüsse des [[Amerikanisches Englisch|US-amerikanischen Englischen]] auf den Wortschatz des Spanischen, die wesentlich stärker als in Europa sind.<br />
<br />
Auf grammatikalischem Gebiet sind bis auf Besonderheiten in der Verwendung der Vergangenheitstempora (Dominanz des Indefinido) und den „[[Voseo]]“ keine nennenswerten Abweichungen zum europäischen Spanisch festzustellen.<br />
<br />
Ein besonders charakteristisches Erkennungszeichen lateinamerikanischer Sprecher ist die vom europäischen Spanischen stark abweichende [[Intonation (Phonetik)|Sprachmelodie]]. Die Unterschiede in dieser Beziehung sind jedoch zwischen den Sprachräumen der Andenregion, den La-Plata-Dialekten, Mexiko und Zentralamerika sowie den karibischen Dialekten praktisch ebenso groß wie gegenüber dem Kontinentalspanischen, sodass sich allgemeine Regeln nur schwer definieren lassen.<br />
<br />
Obgleich auch Aussprache und Wortschatz zwischen und sogar innerhalb der einzelnen lateinamerikanischen Ländern mitunter stark variieren, lassen sich doch einige allgemeine Hauptunterschiede zwischen der Sprache Süd- und Mittelamerikas und dem europäischen Spanischen festhalten:<br />
<br />
=== Grammatikalische Besonderheiten ===<br />
* Die Vergangenheitsform ''Pretérito Perfecto'' (he comprado), in einige Ländern wie Argentinien, ist relativ ungebräuchlich, stattdessen wird meist das ''Pretérito Indefinido'' verwendet (compré), soweit man das „Noch-Andauern“ einer Handlung nicht ganz explizit betonen möchte.<br />
<br />
* Die in Spanien nur als Höflichkeitsform (etwa dem „Siezen“ im Deutschen vergleichbar) im förmlichen Umgang verwendete Anrede „usted(es)“ (< ''vuestra merced,'' übersetzt etwa: „Euer Gnaden“) ist in Lateinamerika die standardsprachliche und allgemein verbreitete Anredeform, unabhängig von Sprachebene oder Vertrautheit. So wird die 2. Person Plural im amerikanischen Sprachraum überhaupt nicht benutzt und stets durch die Anrede in der 3. Person ersetzt, an die Stelle des Personalpronomens „vosotros“ tritt <u>immer</u> „ustedes“ (eine der wenigen Regeln, die einschränkungslos für ganz Lateinamerika gelten). Auch im Singular ist die Anrede in der 2. Person mit „tú“ in manchen Gebieten weniger gebräuchlich (oder gilt als unhöflich) und man greift eher zur 3. Person mit „usted“.<br />
<br />
* Eine grammatikalische Besonderheit des argentinischen Spanischen, die sich zum Teil auch in Paraguay und Uruguay wiederfindet und in abgeschwächter Form auch in einigen anderen Regionen Lateinamerikas (etwa Guatemala) anzutreffen ist, ist der so genannte [[Voseo]]. Hierbei wird anstelle des Personalpronomens ''tú'' in der 2. Person Singular das Pronomen ''vos'' (historisch für ''Ihr'') verwendet. Die Verben werden dann anders konjugiert (beispielsweise ''vos sos:'' „du bist“, standardspanisch ''tú eres''). Die grammatikalischen Regeln zum ''voseo'' werden regional unterschiedlich angewandt, so sind etwa Varianten wie ''vos tomás'', ''vos tomas'' und ''vos tomá'' (standardspanisch ''tú tomas'') möglich.<br />
<br />
* Eine abgeschwächte Sonderform des ''Voseo'' ist in Chile verbreitet, wo man in der informellen Sprache in der 2. Person Singular eine an die 2. Person Plural bzw. die Konjugationsformen des Voseo erinnernde Verbform verwendet.Die auf -ar endenden Verben erhalten in der 2. Person Singular die Endung ''-ái(s)'', wobei das Schluss-s nicht ausgesprochen wird. Die Verben auf -er/-ir erhalten die Endung -ís, wobei das Schluss-s manchmal nur gehaucht wird. Beispiele: ¿Cómo estás? wird zu ¿Cómo estái(s)?. ¿Qué haces? wird zu ¿Qué hacís? oder ¿Qué hací(h)?. ¿Te acuerdas? wird zu ¿Te acordái(s)?. Beachtlich sind hier die Parallelen zum Italienischen, wo die Endung der 2. Person Singular stets -i ist. Als Pronomen wird generell ''tú'' verwendet und nur selten ''vos'', was einen noch stärker umgangssprachlichen (oft auch aggressiven) Charakter hat.<br />
<br />
=== Unterschiede im Wortschatz ===<br />
Es gibt viele Abweichungen zwischen dem kontinentalspanischen und dem lateinamerikanischen Wortschatz und überdies auch innerhalb Lateinamerikas von Land zu Land verschiedene semantische Eigenarten. Sie betreffen hauptsächlich die Umgangssprache und Begriffe des täglichen Lebens. Ernsthafte Verständigungsprobleme zwischen Sprechern aus verschiedenen europäischen und amerikanischen Teilgebieten des spanischen Sprachraums gibt es in der Regel jedoch kaum.<br />
<br />
Je nach Land gibt es auch eine unterschiedliche Anzahl Wörter, die aus den jeweiligen Sprachen der [[Indigene Völker Südamerikas|indigenen Völker]] entlehnt wurden. Einige davon haben auch das europäische Spanisch erreicht. Dazu gehören Begriffe wie ''aguacate'' ([[Avocado]]) oder ''patata'' ([[Kartoffel]]).<br />
<br />
;Einige Beispiele:<br />
{| class="prettytable"<br />
!Deutsch<br />
!europ. Span.<br />
!amerik. Span.<br />
!ein Spanier oder Nicht-Muttersprachler könnte verstehen<br />
|-<br />
|Butter<br />
|mantequilla<br />
|manteca (Argentinien, Paraguay)<br />
|Schmalz, Fett<br />
|-<br />
|-<br />
|Erdbeere<br />
|fresa<br />
|frutilla (Argentinien, Chile, Ecuador, Paraguay)<br />
|Früchtchen<br />
|-<br />
|Eisschrank<br />
|nevera<br />
|refrigerador, heladera (Mexiko, Argentinien, Peru)<br />
|Kühler, Eisverkäuferin<br />
|-<br />
|Rock<br />
|falda<br />
|pollera (Argentinien, Uruguay)<br />
|Hühnerverkäuferin<br />
|-<br />
|Auto(mobil)<br />
|coche<br />
|carro (Kolumbien, Mexiko, Venezuela, Peru, Zentralamerika), auto (Argentinien, Chile, Ecuador, Peru), máquina (Argentinien)<br />
|Karren, Handwagen (carro); Maschine (máquina, abgleitet vom italienischen Wort ''macchina'' für Auto)<br />
|-<br />
|Banane<br />
|plátano<br />
|banano, guineo (Karibik, Zentralamerika), cambur (Venezuela), banana (Argentinien)<br />
|<br />
|-<br />
|Bohnen<br />
|judías<br />
|alubias (Kanarische Inseln), caraotas (Venezuela), frijoles (Mexiko, Peru und Zentralamerika), fríjoles (Kolumbien), fréjol (Ecuador), porotos (Argentinien, Chile)<br />
|<br />
|-<br />
|Kartoffel<br />
|patata<br />
|papa (Argentinien, Chile, Ecuador, Kolumbien, Mexiko, Peru, Zentralamerika,Kanarische Inseln)<br />
|Papst (dann jedoch mask.), Vater (falls als ''papá'' endbetont)<br />
|-<br />
|Lastwagen<br />
|camión<br />
|troca (nördliche Staaten in Mexiko und „kalifornisches-Slang“-Spanisch, aus dem amerikanischen Truck)<br />
|<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
Zu Missverständnissen kommt es am ehesten durch Wörter, die neben der allgemeinen Bedeutung in bestimmten Ländern eine umgangssprachliche Spezialbedeutung besitzen. So ist etwa das in Spanien unverfängliche und für alle möglichen Sachverhalte häufig gebrauchte Verb ''coger'' („nehmen, ergreifen, fangen“) in einigen Ländern Lateinamerikas (vor allem Argentinien, Uruguay und Paraguay) ein ordinärer Ausdruck für die Ausübung des [[Geschlechtsverkehr]]s. Der Satz „Ich werde den Bus nehmen“ (''Voy a coger el autobús'') ist daher in Anwesenheit von Argentiniern ein sicherer Lacherfolg (Ich werde den Bus „bumsen“.). In ganz Lateinamerika wird anstelle von „coger“ häufiger das Verb „tomar“ („nehmen, einnehmen, trinken“) verwendet.<br />
<br />
Auch das Wort ''Guagua'' sorgt in diesem Zusammenhang immer wieder für Heiterkeit. Während es auf den Kanarischen Inseln, Kuba und der Dominikanischen Republik einen innenstädtischen [[Guagua (Bus)|Linienbus]] bezeichnet, steht es in Andenländern wie Chile, Peru oder Ecuador für ''Krabbel-'' oder ''Kleinkind'' (hier: [[Xenismus]] aus [[Quechua (Sprache)|Quechua]]), so dass auch hier Missverständnisse vorbestimmt sind.<br />
<br />
Besonders die Namen für Obst oder Gemüsesorten variieren in den lokalen Varietäten der unterschiedlichen spanischsprachigen Länder sehr stark. So heißen etwa in der Dominikanischen Republik die Orange ''la china'', die Mandarine ''la italiana'', die Papaya ''la lechoza'', die Banane ''el guineo'' und die Maracuja ''la chinola'' – Ausdrücke, die oft nicht nur in Spanien und Südamerika, sondern selbst in benachbarten Ländern wie Mexiko oder Kuba schon nicht mehr verstanden werden. Ähnliches gilt für Bezeichnungen wie ''frutilla'' für die Erdbeere (kontinentalspanisch ''fresa''), ''ají'' für scharfe Paprika (''Chili'') oder ''palta'' für [[Avocado]] (in Europa ''aguacate'' genannt), wie sie in Chile und einigen anderen südamerikanischen Ländern geläufig sind.<br />
<br />
Für ''hübsch'' oder ''schön'' verwendet man in den meisten Ländern Lateinamerikas Adjektive wie ''bonito/-a'' oder ''lindo/-a''; das in Spanien verbreitete ''guapo/-a'' ist dagegen ungebräuchlich und hat in manchen Ländern (etwa auf Kuba und in der Dominikanischen Republik) die Bedeutung ''aggressiv'' oder ''wild''. Somit ist ''una chica guapa'' in Spanien ein hübsches, auf Kuba ein wütendes Mädchen.<br />
<br />
=== Unterschiede in der Aussprache ===<br />
[[Datei:Variedades principales del español.png|miniatur|links|hochkant=1.5|Unterschiede in der Aussprache.]]<br />
Viele lateinamerikanische Aussprachebesonderheiten erinnern an südspanische Dialekte und sind in Lateinamerika vor allem deswegen verbreitet, weil im 16. und 17. Jahrhundert die meisten spanischen Einwanderer nach Amerika aus dem Süden Spaniens (v.&nbsp;a. [[Extremadura]] und [[Andalusien]]) kamen.<br />
<br />
* Typisch für Lateinamerika ist der so genannte ''Seseo''. Während im europäischen Spanisch ein z zumeist wie ein [[Stimmloser dentaler Frikativ|stimmloses englisches ''th'']] ausgesprochen wird, wird es in lateinamerikanischer Aussprache zu einem normalen [[Stimmloser alveolarer Frikativ|stimmlosen ''s''-Laut]]. Dasselbe trifft auf das ''c'' vor e und i zu (z.&nbsp;B. in ''nación'').<br />
<br />
* Je nach Region mehr oder weniger ausgeprägt ist das Verschlucken oder Verändern bestimmter Endungen. Besonders auf Kuba und in der restlichen Karibik ist dies ausgeprägt und führt mitunter zu starken Verständnisproblemen bei ungeübten Hörern.<br />
<br />
* In der Karibik wird insbesondere die Wortendung „-ar“ abweichend als „-á“, „-al“ oder auch (z.&nbsp;B. im Norden der Dominikanischen Republik Nähe Puerto Plata) „ai“ ausgesprochen. Der Infinitiv „caminar“ wird demnach gesprochen zu „caminá“, „caminal“ oder „caminai“. Analog bei Verben auf -er oder -ir: „Poner“ wird oft „ponel“ oder auch „ponei“ ausgesprochen.<br />
<br />
* „d“ wird am Wortende oft nicht gesprochen. Die Betonung bleibt aber auf der letzten Silbe. Beispiel: „ciudad“ wird gesprochen wie „ciudá“. Das „d“ wird auch zwischen Vokalen meist ausgelassen. Die Betonung bleibt aber so wie sie ist. Beispielsweise: Cansado wird zu Cansao<br />
<br />
* „s“ im Silbenauslaut bzw. am Wortende wird oft nur gehaucht oder weggelassen. Dadurch lässt sich – bei tatsächlichem Wegfall der zweiten Person Plural im lateinamerikanischen Spanisch – auch die zweite Person Singular oft nicht von der dritten Person unterscheiden.<br />
<br />
:Beispiel: „¿Qué quiere?“ („Was möchte er/sie?“) könnte bei Wegfall des „s“ auch „¿Qué quieres?“ („Was möchtest du?“) bedeuten.<br />
<br />
* Beispiel für die letzten zwei Besonderheiten in einem Satz: „Estamos cansados“ (Wir sind müde.) wird bei der Aussprache zu „E(h)tamo cansao“<br />
<br />
* Auch die Tendenz, das s anzuhauchen (z.&nbsp;B. „ehtoy“ statt „estoy“) ist in vielen lateinamerikanischen Küstendialekten vorzufinden und ebenfalls mit dem Andalusischen zu vergleichen.<br />
<br />
* Je nach Region wird das „j“ mehr oder weniger hart ausgesprochen. D.h. es kann tendieren vom spanischen harten und hinteren „ch“ über das deutsche eher weichere „Ch“ (wie in Bu'''ch''') bis hin zum normalen „h“.<br />
<br />
* Der so genannte ''[[Yeísmo|Žeísmo]]'' tritt vor allem in den Río-de-la-Plata-Staaten (Argentinien, Uruguay, Paraguay) auf. Diese Aussprachebesonderheit besteht darin, dass das Phonem ''ll'' nicht wie üblich wie ein deutsches Jot (''Yeísmo''), sondern stimmhaft wie ein weiches ''dsch'', zum Teil auch stimmlos ähnlich einem deutschen ''sch'' (''Šeísmo'') ausgesprochen wird.<br />
<br />
== Vom Spanischen abgeleitete Sprachen ==<br />
=== Spanischbasierte Kreolsprachen ===<br />
* [[Chabacano]] ([[Philippinen]])<br />
* [[Palenquero]] ([[Kolumbien]])<br />
* [[Papiamentu]] ([[ABC-Inseln]])<br />
<br />
=== Hybriddialekte ===<br />
Hybriddialekte (Mischsprachen) existieren dort, wo Spanisch und [[Portugiesische Sprache|Portugiesisch]] aufeinandertreffen<br />
<br />
* [[Barranquenho]] in [[Portugal]]<br />
* [[Portuñol]] in [[Uruguay]] und [[Brasilien]]<br />
<br />
=== Judenspanisch/[[Sephardische Sprache|Ladino]] ===<br />
Judenspanisch ist das Spanisch der 1492 aus Spanien vertriebenen Juden [[Sephardim]]. Sie leben heute in Griechenland, der Türkei, Israel, Nordmarokko und den USA. Die Sprecherzahl wird auf 150.000 geschätzt.<br />
<br />
=== Sonstiges ===<br />
* [[Lunfardo]]: eine Gaunersprache in [[Argentinien]], die auch im [[Tango (Musikrichtung)|Tango]] Verwendung findet<br />
<br />
== Sprachfallen: „Falso Amigo“ ==<br />
Mit den typischen Fehlern, die beim Erlernen und Übersetzen der spanischen Sprache auftreten können, beschäftigen sich folgende Beiträge:<br />
<br />
* [[Falscher Freund]]<br />
* [[Liste falscher Freunde#Iberoromanische Sprachen|Liste falscher Freunde „Spanisch“]]<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Spanische Literatur]] – Verweise auf zweisprachige Anthologien<br />
* [[Spanisch in den Vereinigten Staaten|Spanisch in den USA]]<br />
* [[Río-de-la-Plata-Spanisch]]<br />
* [[Dominikanisches Spanisch]]<br />
* [[Philippinisches Spanisch]]<br />
* [[Äquatorialguineisches Spanisch]]<br />
* [[Alemañol]]<br />
* [[Spanglish]]<br />
* [[Murciano]]<br />
* [[Andalusischer Dialekt]]<br />
* [[Antonio de Nebrija]]<br />
* Redewendung: [[Das kommt mir spanisch vor]]<br />
* [[Belgranodeutsch]]<br />
* [[Hispanophonie]]<br />
* [[Hispanistik]]<br />
* [[Spanische Sprichwörter]]<br />
* [[Nodicia de Kesos]]<br />
* [[Liste spanischer Exonyme für deutsche Toponyme|spanische Bezeichnungen für geographische Orte]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Günter Holtus, [[Michael Metzeltin]], Christian Schmitt (edd.): [[Lexikon der Romanistischen Linguistik|''Lexikon der Romanistischen Linguistik (LRL)'']], Tübingen, Niemeyer, 1988-2005 (12 Bände); Band VI,1: ''Aragonesisch/Navarresisch, Spanisch, Asturianisch/Leonesisch'', 1992.<br />
* [[Michael Metzeltin]]: ''Erklärende Grammatik der romanischen Sprachen'', Wien, Praesens, 2010.<br />
* [[Michael Metzeltin]]: ''Gramática explicativa de la lengua castellana. De la sintaxis a la semántica.'', Wien, Praesens Verlag, 2009<br />
<br />
=== Spanische Sprachgeschichte ===<br />
* Antonio Tovar: ''Einführung in die Sprachgeschichte der Iberischen Halbinsel: das heutige Spanisch und seine historischen Grundlagen'', Tübingen: Narr, 3. Auflage 1989<br />
* Annegret Alsdorf-Bollee, Ingrid Neumann-Holzschuh: ''Spanische Sprachgeschichte'', Stuttgart: Klett 5., Aufl. 2009<br />
* Wolf Dietrich, Horst Geckeler: ''Einführung in die spanische Sprachwissenschaft: Ein Lehr- und Arbeitsbuch'', Berlin: Erich Schmidt, 5., durchges. Auflage 2007<br />
* Helmut Berschin, Julio Fernández-Sevilla, Josef Felixberger ''Die spanische Sprache. Verbreitung, Geschichte, Struktur'', 3., korrigierte und durch einen Nachtrag ergänzte Auflage, Hildesheim: Olms, 2005<br />
* Petrea Lindenbauer, [[Michael Metzeltin]], Margit Thir: ''Die romanischen Sprachen. Eine einführende Übersicht'', Wilhelmsfeld, Egert, 1995.<br />
* [[Michael Metzeltin]]: ''Las lenguas románicas estándar. Historia de su formación y de su uso'', Uviéu, Academia de la Llingua Asturiana, 2004, 300 pp. [http://books.google.at/books?id=LRumIF1TLVkC&printsec=frontcover&dq=las+lenguas+romances&hl=de&ei=ZHH3TbnIE4iE-waz0oWMCw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=5&ved=0CEMQ6AEwBA#v=onepage&q=las%20lenguas%20romances&f=false Online-Version]<br />
<br />
=== Das Spanische in Amerika ===<br />
* Volker Noll: ''Das amerikanische Spanisch.'' 2001<br />
* Hugo Kubarth: ''Das lateinamerikanische Spanisch.'' 1987<br />
* Hans-Dieter Paufler: ''Lateinamerikanisches Spanisch.'' 1977<br />
<br />
=== Spanische (Sprach)Kultur für Anfänger und Fortgeschrittene ===<br />
* André Höchemer, „Man spricht Spanisch! Spanische Wortschätze auf gut Deutsch“, Kassel: Jenior Verlag, 2011<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Wiktionary|Kategorie:Spanisch|Wörterbuch Spanisch–Deutsch}}<br />
{{Wiktionary|Verzeichnis:Wörterbücher der spanischen Sprache|Wörterbücher der spanischen Sprache}}<br />
{{Wikibooks|Spanisch}}<br />
{{Wikiquote|Spanische Sprichwörter}}<br />
{{Commonscat|Spanish language|Spanische Sprache}}<br />
{{Commons|Spanish pronunciation|Spanische Aussprache}}<br />
* [http://www.veintemundos.com/de/spanisch VeinteMundos Sprachmagazin: Sprachbesonderheiten aller spanischsprachigen Länder im Überblick]<br />
* [http://www.reference-global.com/series/lrl Spanisch im Lexikon der Romanistischen Linguistik (de Gruyter ReferenceGlobal)]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Schwesterprojekte|code=es|text=spanischer Sprache}}<br />
<br />
[[Kategorie:Einzelsprache]]<br />
[[Kategorie:Romanische Sprachen]]<br />
[[Kategorie:Spanische Sprache| ]]<br />
[[Kategorie:Amtssprache der Europäischen Union]]<br />
<br />
{{Link FA|hu}}<br />
{{Link FA|ro}}<br />
<br />
[[ace:Bahsa Seupanyo]]<br />
[[af:Spaans]]<br />
[[als:Spanische Sprache]]<br />
[[an:Idioma castellán]]<br />
[[ang:Spēonisc sprǣc]]<br />
[[ar:لغة إسبانية]]<br />
[[arc:ܠܫܢܐ ܐܣܦܢܝܐ]]<br />
[[arz:لغه اسبانى]]<br />
[[ast:Castellanu]]<br />
[[ay:Kastilla aru]]<br />
[[az:İspan dili]]<br />
[[bar:Schbanisch]]<br />
[[bat-smg:Ėspanu kalba]]<br />
[[bcl:Tataramon na Espanyol]]<br />
[[be:Іспанская мова]]<br />
[[be-x-old:Гішпанская мова]]<br />
[[bg:Испански език]]<br />
[[bn:স্পেনীয় ভাষা]]<br />
[[bo:སེ་པན་སྐད།]]<br />
[[br:Spagnoleg]]<br />
[[bs:Španski jezik]]<br />
[[ca:Castellà]]<br />
[[cbk-zam:Lenguaje español]]<br />
[[ce:Ispanhoyn mott]]<br />
[[ceb:Kinatsila]]<br />
[[chr:ᏍᏆᏂ ᎧᏬᏂᎯᏍᏗ]]<br />
[[co:Lingua spagnola]]<br />
[[crh:İspan tili]]<br />
[[cs:Španělština]]<br />
[[cv:Испан чĕлхи]]<br />
[[cy:Sbaeneg]]<br />
[[da:Spansk (sprog)]]<br />
[[dsb:Špańšćina]]<br />
[[dv:އިސްޕެނިޝް]]<br />
[[ee:Spangbe]]<br />
[[el:Ισπανική γλώσσα]]<br />
[[eml:Spagnôl]]<br />
[[en:Spanish language]]<br />
[[eo:Hispana lingvo]]<br />
[[es:Idioma español]]<br />
[[et:Hispaania keel]]<br />
[[eu:Gaztelania]]<br />
[[ext:Luenga española]]<br />
[[fa:زبان اسپانیایی]]<br />
[[fi:Espanjan kieli]]<br />
[[fo:Spanskt mál]]<br />
[[fr:Espagnol]]<br />
[[frp:Castilyan]]<br />
[[fur:Lenghe spagnole]]<br />
[[fy:Spaansk]]<br />
[[ga:An Spáinnis]]<br />
[[gag:İspan dili]]<br />
[[gan:西班牙語]]<br />
[[gd:Spàinntis]]<br />
[[gl:Lingua castelá]]<br />
[[gn:Karaiñe'ẽ]]<br />
[[got:𐌷𐌴𐌹𐍃𐍀𐌰𐌽𐍃𐌺𐍃]]<br />
[[gv:Spaainish]]<br />
[[hak:Sî-pân-ngà-ngî]]<br />
[[haw:‘Ōlelo Sepania]]<br />
[[he:ספרדית]]<br />
[[hi:स्पेनिश भाषा]]<br />
[[hif:Spanish bhasa]]<br />
[[hr:Španjolski jezik]]<br />
[[hsb:Španišćina]]<br />
[[ht:Panyòl]]<br />
[[hu:Spanyol nyelv]]<br />
[[hy:Իսպաներեն]]<br />
[[ia:Lingua espaniol]]<br />
[[id:Bahasa Spanyol]]<br />
[[ilo:Pagsasao nga Espaniol]]<br />
[[io:Hispaniana linguo]]<br />
[[is:Spænska]]<br />
[[it:Lingua spagnola]]<br />
[[iu:ᓯᐸᐃᓂᑎᑐᑦ/sipainititut]]<br />
[[ja:スペイン語]]<br />
[[jbo:sanbau]]<br />
[[jv:Basa Spanyol]]<br />
[[ka:ესპანური ენა]]<br />
[[kbd:Эспаныбзэ]]<br />
[[kg:Kispanya]]<br />
[[kk:Испан тілі]]<br />
[[kl:Spanskisut]]<br />
[[km:ភាសាអេស្ប៉ាញ]]<br />
[[kn:ಸ್ಪ್ಯಾನಿಷ್ ಭಾಷೆ]]<br />
[[ko:스페인어]]<br />
[[krc:Испан тил]]<br />
[[ku:Zimanê spanî]]<br />
[[kw:Spaynek]]<br />
[[la:Lingua Hispanica]]<br />
[[lad:Lingua castilyana]]<br />
[[lb:Spuenesch]]<br />
[[li:Castiliaans]]<br />
[[lij:Lengua spagnòlla]]<br />
[[lmo:Lengua spagnöla]]<br />
[[ln:Lispanyoli]]<br />
[[lt:Ispanų kalba]]<br />
[[ltg:Spanīšu volūda]]<br />
[[lv:Spāņu valoda]]<br />
[[mdf:Испанонь кяль]]<br />
[[mg:Fiteny espaniola]]<br />
[[mhr:Испан йылме]]<br />
[[mi:Reo Pāniora]]<br />
[[mk:Шпански јазик]]<br />
[[ml:സ്പാനിഷ് ഭാഷ]]<br />
[[mn:Испани хэл]]<br />
[[mr:स्पॅनिश भाषा]]<br />
[[ms:Bahasa Sepanyol]]<br />
[[mt:Lingwa Spanjola]]<br />
[[mwl:Lhéngua castelhana]]<br />
[[nds:Spaansche Spraak]]<br />
[[nds-nl:Spaans]]<br />
[[ne:स्पेनी भाषा]]<br />
[[nl:Spaans]]<br />
[[nn:Spansk]]<br />
[[no:Spansk]]<br />
[[nov:Spanum]]<br />
[[nv:Naakaii bizaad]]<br />
[[oc:Espanhòu]]<br />
[[os:Испайнаг æвзаг]]<br />
[[pam:Castila (amanu)]]<br />
[[pap:Spaño]]<br />
[[pl:Język hiszpański]]<br />
[[pms:Lenga spagneula]]<br />
[[pnb:ہسپانوی]]<br />
[[pt:Língua castelhana]]<br />
[[qu:Kastilla simi]]<br />
[[rm:Lingua spagnola]]<br />
[[ro:Limba spaniolă]]<br />
[[roa-tara:Lènga spagnole]]<br />
[[ru:Испанский язык]]<br />
[[rue:Шпанєльскый язык]]<br />
[[rw:Icyesipanyole]]<br />
[[sa:स्पैनिश भाषा]]<br />
[[sah:Испан тыла]]<br />
[[sc:Limba ispagnola]]<br />
[[scn:Lingua spagnola]]<br />
[[sco:Spainyie leid]]<br />
[[se:Spánskagiella]]<br />
[[sh:Španski jezik]]<br />
[[simple:Spanish language]]<br />
[[sk:Španielčina]]<br />
[[sl:Španščina]]<br />
[[sm:Gagana spaniolo]]<br />
[[sq:Gjuha spanjolle]]<br />
[[sr:Шпански језик]]<br />
[[ss:Sipanishi]]<br />
[[stq:Spoanisk]]<br />
[[sv:Spanska]]<br />
[[sw:Kihispania]]<br />
[[szl:Szpańelsko godka]]<br />
[[ta:எசுப்பானியம்]]<br />
[[te:స్పానిష్ భాష]]<br />
[[tet:Lia-español]]<br />
[[tg:Забони испанӣ]]<br />
[[th:ภาษาสเปน]]<br />
[[tl:Wikang Kastila]]<br />
[[tpi:Tok Spen]]<br />
[[tr:İspanyolca]]<br />
[[tt:Испан теле]]<br />
[[ty:Reo Paniora]]<br />
[[udm:Испан кыл]]<br />
[[ug:ئىسپان تىلى]]<br />
[[uk:Іспанська мова]]<br />
[[vec:Łéngoa spagnoła]]<br />
[[vi:Tiếng Tây Ban Nha]]<br />
[[vls:Spoans]]<br />
[[vo:Spanyänapük]]<br />
[[wa:Espagnol (lingaedje)]]<br />
[[war:Kinatsila]]<br />
[[wuu:西班牙语]]<br />
[[xal:Эспанмудин келн]]<br />
[[yi:שפאניש]]<br />
[[yo:Èdè Spéìn]]<br />
[[zh:西班牙语]]<br />
[[zh-classical:西班牙語]]<br />
[[zh-min-nan:Se-pan-gâ-gí]]<br />
[[zh-yue:西班牙話]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Spanische_Sprache&diff=90342013Spanische Sprache2011-06-22T09:51:16Z<p>222.127.231.29: dort inzwischen zu unbedeutend als dass man es hier extra nennen muss</p>
<hr />
<div>{{Infobox_Sprache<br />
|Sprache=Spanisch ''(español, castellano)''<br />
|Länder=[[Spanien]], großen Teilen [[Mittelamerika|Mittel-]] und [[Südamerika]]s, außerdem in den [[Vereinigte Staaten|USA]], [[Belize]], [[Marokko]], [[Äquatorialguinea]] und [[Westsahara]]<br />
|Sprecher=insgesamt ca. 447 Mio. (Stand: 2000)</br>Muttersprachler ca. 388 Mio.</br>Zweitsprachler ca. 59 Mio. <ref>Quelle hierfür ist das Buch: Spanische Sprachgeschichte von UNI Wissen von Annegret Bollée und Ingrid Neumann-Holzschuh. Auf der Seite 158 unter 4 „Die Hispanophonie, Sprecherzahlen“ heißt es: Die Hispanophonie umfasste im Jahre 2000 ca. 435 Millionen Sprecher. In der untenliegenden Fußnote heißt es: Andere Schätzungen gehen nur von 332 Millionen Sprechern aus (Anuario Cervantes 1999).</ref><br />
|Klassifikation=<br />
* [[Indogermanische Sprachen]]<br />
*: [[Italische Sprachen]]<br />
*:: [[Romanische Sprachen]]<br />
*::: [[Iberoromanische Sprachen]]<br />
|KSprache=Spanisch<br />
|Amtssprache={{ARG}}<br />{{GEQ}}<br />{{BOL}}<br />{{CHL}}<br />{{CRC}}<br />[[Datei:Flag_of_the_Sahrawi_Arab_Democratic_Republic.svg|20px]] [[Demokratische Arabische Republik Sahara]]<br />{{DOM}}<br />{{ECU}}<br />{{SLV}}<br />{{GUA}}<br />{{HON}}<br />{{COL}}<br />{{CUB}}<br />{{MEX}}<br />{{NIC}}<br />{{PAN}}<br />{{PAR}}<br />{{PER}}<br />{{PUR}}<br />{{ESP}}<br />{{URU}}<br />{{VEN}}<br /><br />{{EU}}<br /> {{Mercosur}}<br /> {{UNASUR}}<br />{{OAS}}<br />{{UNO}} <br />{{AU}}<br /> [[Lateinische Union]]''' <br />
|Weiteres={{US-NM}}, [[Vereinigte Staaten|USA]]<br />{{US-CA}}, [[Vereinigte Staaten|USA]]<br />{{US-AZ}}, [[Vereinigte Staaten|USA]]<br />{{US-FL}}, [[Vereinigte Staaten|USA]]<br />{{US-TX}}, [[Vereinigte Staaten|USA]]<br />
|Minderheitensprache={{PHI}}<br />{{MAR}}<br /><br />
|ISO1=es<br />
|ETHNO14=SPN<br />
|ISO3=spa<br />
|ISO2=spa<br />
}}<br />
<br />
Die '''spanische''' oder auch '''kastilische Sprache''' (Eigenbezeichnung ''español'' [{{IPA|espaˈɲol}}] bzw. ''castellano'' [{{IPA|kasteˈʎano}}]) gilt als [[Weltsprache]] und gehört zum romanischen Zweig der [[Indogermanische Sprachen|indogermanischen Sprachen]]. Spanisch wird manchmal mit dem [[Portugiesische Sprache|Portugiesischen]] und [[Katalanische Sprache|Katalanischen]] in die engere Einheit des [[Iberoromanische Sprache|Iberoromanischen]] eingeordnet. Eine andere Unterscheidungsmöglichkeit gliedert das Spanische zusammen mit dem Französischen, dem Katalanischen, dem Portugiesischen, dem [[Okzitanische Sprache|Okzitanischen]] und weiteren kleineren romanischen Sprachen in die Westromania ein.<br />
<br />
Spanisch wird mit [[Lateinisches Alphabet|lateinischen Buchstaben]] geschrieben.<br />
Im modernen Spanisch werden der [[Akut]]-Akzent für Vokale und die beiden Zeichen ''[[ñ]]'' und ''ü'' verwendet. In vielen Wörterbüchern finden sich auch das ''ch'' und das ''ll'' noch als eigenständige Buchstaben.<br />
<br />
Die Sprachkürzel nach [[ISO 639]] sind <code>es</code> und <code>spa</code>.<br />
<br />
== Ursprung und Name ==<br />
Das Spanische/Kastilische entwickelte sich aus einem im Grenzgebiet zwischen [[Cantabria]], [[Burgos]], [[Álava]] und [[Logroño|La Rioja]] gesprochenen [[Latein|lateinischen]] Dialekt zur Volkssprache [[Königreich Kastilien|Kastiliens]] (Amtssprache war das [[Latein]]ische). Daher kommt auch der Name ''castellano'' (Kastilisch), der sich auf den geographischen Ursprung der Sprache bezieht.<br />
Die andere Bezeichnung, ''español'' (Spanisch), stammt von der mittelalterlichen lateinischen Bezeichnung ''Hispaniolus'' ab, beziehungsweise von ''Spaniolus'' ([[Diminutiv]] von „Spanisch“). [[Ramón Menéndez Pidal]] befürwortet eine andere etymologische Erklärung: Die klassische Form ''hispanus'' oder ''hispanicus'' habe im [[Vulgärlatein]]ischen das Suffix -one erhalten (wie in den Begriffen ''bretón'' (Bretonisch), ''frisón'' (Friesisch) usw.) und sich von ''*hispanione'' zum altkastilischen ''españón'' entwickelt, „das sich durch die [[Dissimilation (Phonologie)|Dissimilation]] der beiden [[Nasal (Phonetik)|Nasale]] bald zu ''español'' weiterentwickelte, mit der Endung -ol, das nicht gebraucht wird, um Nationen zu bezeichnen“.<ref>[[Ramón Menéndez Pidal]], ''Manual de gramática histórica española'', Espasa-Calpe, 1985, S. 181.</ref><br />
<br />
Historische und [[Sozioökonomie|sozioökonomische]] Entwicklungen und seine weit verbreitete Verwendung als Verkehrssprache machten das Kastilische zur [[Lingua franca]] der gesamten iberischen Halbinsel, in Koexistenz mit den anderen dort gesprochenen Sprachen: Man schätzt, dass in der Mitte des 16. Jahrhunderts bereits etwa 80% der Spanier Kastilisch sprachen.<ref>Irene Lozano, ''Lenguas en guerra'', S. 92, Espasa Calpe, 2005.</ref> Durch die Eroberung [[Amerika]]s, das der Privatbesitz der kastilischen Krone war, breitete sich die spanische Sprache über den halben Kontinent aus, von [[Kalifornien]] bis [[Feuerland]].<br />
<br />
=== ''Castellano'' oder ''Español''? ===<br />
''Castellano'' (Kastilisch) und ''español'' (Spanisch) sind vollkommen synonyme Bezeichnungen. Vor allem in Spanien ist die Entscheidung für den einen oder anderen Begriff aber oft politisch gefärbt. In [[Südamerika]] wird tendentiell ''castellano'' bevorzugt, während in Mittelamerika und Kolumbien eher ''español'' üblich ist. Die Verfassungen von Spanien, Bolivien, Kolumbien, Ecuador, El Salvador, Paraguay, Peru und Venezuela verwenden den Begriff ''castellano''; Kuba, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama ''español''.<br />
<br />
== Verbreitung ==<br />
<br style="clear:right;" /><br />
{| cellpadding="2" cellspacing="2" border="0"<br />
|-----<br />
| valign="top" | [[Datei:Map-Hispano.png|750px|Die spanischsprachige Welt|]]<br /><br />
|-----<br />
| valign="top" | ''Die spanischsprachige Welt''<br /><br />
|}<br />
[[Datei:Knowledge Spanish EU map.png|300px|thumb|Kenntnisse des Spanischen in der EU.]]<br />
Spanisch wird gegenwärtig von 329 bis 358 Millionen Menschen als [[Muttersprache]] gesprochen<ref>{{Internetquelle|url=http://www.ethnologue.com/14/show_language.asp?code=spn |titel=(SPANISH: a language of Spain) |werk=ethnologue.com |datum= |zugriff=2010-07-6}}</ref>.<br />
Die meisten Spanisch-Sprecher leben in [[Südamerika|Süd-]] und [[Mittelamerika]] sowie in [[Spanien]]. [[Spanisch in den Vereinigten Staaten|In den Vereinigten Staaten]] leben rund 45 Millionen Sprecher, damit liegen die USA nach [[Mexiko]] und noch vor [[Kolumbien]] und Spanien weltweit an zweiter Stelle. Obwohl die Sprache in keinem Bundesstaat Amtsstatus hat, liegt die Zahl der Sprecher in einigen Staaten des Südwestens, wie z.B. [[New Mexico]], [[Kalifornien]] oder [[Texas]], über 30 %. In [[Belize]], [[Marokko]], [[Westsahara]], den [[Niederländische Antillen|Niederländischen Antillen]] und [[Aruba]], den [[Philippinen]] sowie in [[Trinidad und Tobago]] wird Spanisch von einem großen Bevölkerungsanteil gesprochen.<br />
In [[Brasilien]] wird Spanisch aufgrund der Nähe zum Portugiesischen in der Regel gut verstanden, auch wenn die meisten Brasilianer die Sprache selbst nicht sprechen. Viele Brasilianer – besonders im Grenzgebiet zwischen Uruguay und Brasilien – verständigen sich mit Sprechern des Spanischen aber relativ problemlos in [[Portunhol]]. Ähnliches gilt für [[Portugal]]. <br />
<br />
Inklusive [[Zweisprachigkeit|Zweitsprachler]] beläuft sich die Zahl der Sprecher auf 450<ref>[http://www.fundacionblu.org/noticias.htm www.fundacionblu.org/noticias.htm]</ref> bis 500 Millionen<ref name="el pais">{{Internetquelle |url=http://www.elpais.com/articulo/cultura/espanol/segundo/idioma/estudia/mundo/Instituto/Cervantes/elpepucul/20070426elpepucul_8/Tes |titel=El español es el segundo idioma que más se estudia en el mundo, según el Instituto Cervantes |werk=[[El País]] |datum=2007-04-26 |zugriff=2010-03-03 |sprache=es }}</ref><ref>[http://actualidad.terra.es/cultura/articulo/comunidad_europea_asia_instituto_cervantes_847855.htm terra.es: „La presencia del español en la Comunidad Europea y la expansión en Asia, retos inmediatos del Instituto Cervantes“] (abgerufen am 9. März 2008)</ref>. Damit ist Spanisch – nach [[Hochchinesisch|Mandarin-Chinesisch]], [[Hindi]] und [[Englische Sprache|Englisch]] – die am vierthäufigsten gesprochene Sprache der Welt.<br />
<br />
Nach Englisch ist Spanisch die am meisten erlernte Sprache der Welt.<ref name="el pais" /><br />
<br />
Als offizielle Amtssprache dient Spanisch in der [[Europäische Union|Europäischen Union]], in der [[Organisation Amerikanischer Staaten]] sowie bei den [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]].<br />
<br />
== Geschichtliche Entwicklung ==<br />
=== Vorromanischer Einfluss ===<br />
[[Datei:Iberia 300BC.svg|thumb|Rekonstruierte [[Sprachraum|Sprachräume]] um 300 v. Chr.]]<br />
Die ältesten uns bekannten Bewohner der [[Iberische Halbinsel|Iberischen Halbinsel]] waren die [[Iberer]], die möglicherweise ein Volk nordafrikanischen Ursprungs waren. Um 600 v. Chr. wanderten [[Kelten|keltische]] Stämme über die [[Pyrenäen]] ein, die sich daraufhin mit den Iberern zu den [[Keltiberer]]n vermischten. Das [[Baskische Sprache|Baskische]] ist der einzige sprachliche Überrest aus jener Epoche, das noch von ca. 850.000 Menschen am [[Golf von Biskaya]] beiderseits der spanisch-französischen Grenze gesprochen wird.<br />
<br />
Gibt eine Bevölkerung unter dem Einfluss einer neuen Sprache die eigene Sprache nach einer Periode der Zweisprachigkeit zu Gunsten der prestigeträchtigeren neuen Sprache auf, so wirken sich dennoch Sprechgewohnheiten auf die neue Sprache aus. Man bezeichnet die aufgegebene Sprache dann als [[Substrat (Linguistik)|Substrat]].<br />
''Das Keltiberische'' wirkte sich nach Übernahme des [[Latein]]ischen wie folgt aus:<br />
# [[Sonorisierung]] der [[intervokalisch]]en [[Verschlusslaut]]e p;t;k zu b;d;g ''(amica → amiga / apotheca → bodega)''.<br />
# [[Lenisierung]] des [[Nexus (Laut)|Nexus]] [kt] über [çt] zu [it]. Im Kastilischen entwickelte sich der Nexus weiter. Das t wurde durch vorangehenden [[Palataler Laut|Palatal]] ebenfalls palatalisiert. Daher ''noctem → noche''.<br />
''Das Baskische'' ist ein [[Adstrat]], da keine der Sprachen aufgegeben wurde. Auf baskischen Einfluss ist folgendes Phänomen zurückzuführen:<br />
Ersatz des anlautenden f durch h, das jedoch im weiteren Verlauf ganz wegfiel ''(farina → harina, factus → hecho, filius → hijo, furnus → horno)''.<br />
<br />
=== Lateinische Grundlage ===<br />
Im [[3. Jahrhundert v. Chr.]] begannen die [[Römisches Reich|Römer]] mit der Eroberung der Iberischen Halbinsel. Zu jener Zeit wurden hier unter anderem [[Iberische Sprache|Iberisch]], [[Keltiberisch]], [[Baskische Sprache|Baskisch]], [[Tartessisch]], [[Lusitanisch]] sowie vor allem in Küstenorten [[Phönizisch-punische Sprache|Punisch]] und [[Griechische Sprache|Griechisch]] gesprochen. Seit [[Augustus|Kaiser Augustus]] befand sich die gesamte Halbinsel in römischer Hand.<br />
<br />
Durch eine starke militärische Präsenz und durch zahlreiche römische Beamte verbreitete sich die [[Latein|lateinische Sprache]] dort sehr schnell. Latein wurde so zur [[Kultursprache]], die Ursprachen wurden allmählich zurückgedrängt. Nur in den westlichen Pyrenäen stieß das Lateinische auf stärkeren Widerstand, so dass die Ursprache Baskisch dort erhalten blieb.<br />
<br />
=== Germanischer Einfluss ===<br />
Als die [[Goten]] im Jahr 414 in [[Spanien]] einfielen, sprach man schon auf der gesamten Halbinsel Latein mit lokaler Färbung. Obwohl die Goten für die darauffolgenden drei Jahrhunderte die Herrschaft in Spanien hatten, beeinflussten sie Sprache und soziales Leben lediglich in geringem Maße. Ein Grund dafür, dass sich Spanier und Goten nicht vermischten, war hauptsächlich religiösen Ursprungs: Die Spanier waren [[Katholik]]en, die Goten [[Arianer]]. Nachdem im Jahr 589 König [[Rekkared I.]] mit seinem Volk zum [[Katholizismus]] übertrat, verschwand das Gotische bald vollkommen.<br />
<br />
Dennoch gibt es einige Wörter im Spanischen, die germanischen Ursprungs sind (z.&nbsp;B. ''ganso''). Man nimmt aber an, dass diese nicht durch die Goten, sondern schon vorher durch die Römer, die in [[Gallien]] mit germanischen Stämmen in Berührung gekommen waren, nach Spanien gebracht wurden.<br />
<br />
Auf die Sprache der Westgoten geht wahrscheinlich auch die Endung ''-ez'' vieler heutiger spanischer Familiennamen zurück.<ref>Ralph Penny, ''Gramática histórica del español'', Editorial Ariel, 2006, S. 31.</ref> Sie hatte die Bedeutung „Sohn von“ ([[Patronym]]), so war ''Rodríguez'' der Sohn von ''Rodrigo'' (Roderich). Ein Beispiel sind die Könige von [[Königreich Navarra|Navarra]] aus dem [[Haus Jiménez]] in der Zeit von 905 bis 1076: Auf den Begründer der Dynastie Sancho I. Garcés folgten nacheinander García I. Sánchez, Sancho II. Garcés, García II. Sánchez, Sancho III. Garcés, García III. Sánchez und Sancho IV. Garcés, wobei der Nachfolger jeweils der Sohn des Vorgängers war.<br />
<br />
=== Arabischer Einfluss ===<br />
Einen tiefgehenden und dauerhafteren Einfluss auf das Spanische hatten die [[Mauren|maurischen]] Eroberer, die 711 von Afrika aus ihre Expansion nach Osten und Norden der Halbinsel begannen. Sie besetzten ganz Spanien mit Ausnahme des [[Kantabrisches Gebirge|Kantabrischen Gebirges]], wo eine kleine Schar Spanier Zuflucht suchte und die spätere Rückeroberung ([[Reconquista]]-Bewegung) Spaniens organisierte.<br />
<br />
Als im Jahr 1492 diese Rückeroberung mit dem Fall von [[Emirat von Granada|Granada]] abgeschlossen war, waren schon viele arabische Elemente in das Spanische aufgenommen. Nach Auswertung des Wörterbuches der ''Real Academia Española'' von 1995 enthält das heutige Spanische noch 1285 Entlehnungen aus dem Arabischen (Arabismen).<ref>Vgl. hierzu [http://www.uni-muenster.de/Romanistik/dozenten/noll/al.pdf Volker Noll in Romania Arabica], Fs Kontzi, 1996, S. 299–313.</ref><br />
<br />
Somit ist das Spanische die romanische Sprache mit den meisten arabischen [[Lehnwort|Lehnwörtern]]; es handelt sich dabei nicht nur um Kulturbegriffe, sondern auch um Bezeichnungen für Begriffe des alltäglichen Lebens, z.&nbsp;B. ''aceite'' ‚Öl‘, ''aceituna'' (auch: ''oliva'') ‚Olive‘, ''alfombra'' ‚Teppich‘.<br />
<br />
Auch ''azafata'' (‚Flugbegleiterin‘) ist ursprünglich ein arabisches Wort.<br />
<br />
Das Wort ''ojalá'' (‚hoffentlich‘) ist eine hispanisierte Form der arabischen Redewendung ''[[Inschallah]]'' ({{ar|ان شاء الله}}) und bedeutet eigentlich ‚So Gott will‘.<br />
<br />
Arabische Lehnwörter und ihre Ableitungen finden sich in den folgenden Wortschatzbereichen: Verwaltung und Staatswesen, Heerwesen, Münzprägung, Naturwissenschaften, Landwirtschaft (Ackerbau, Bewässerungsanlagen), Hausrat, Kleidung, Speisen, Pflanzen- und Tierbezeichnungen und andere.<br />
<br />
Im Gegensatz zu anderen Sprachen, die bei der Übernahme arabischer Wörter den arabischen Artikel ''al'' ({{ar|ال}}) abtrennten, findet sich in vielen Lehnwörtern im Spanischen dieses ''al'', zum Beispiel beim Zucker (span. azúcar, ital. zucchero, arab. {{ar|السكر}} as-sukkar – hier wird das {{ar|ا}} des Artikels [[Sonnenbuchstabe|assimiliert]]).<br />
<br />
=== Einflüsse indigener amerikanischer Sprachen ===<br />
Vor allem die lateinamerikanischen Dialekte des Spanischen enthalten eine Vielzahl von Ausdrücken indigener Sprachen.<br />
Beispiele:<br />
<br />
* ''el aguacate'' oder ''la palta'' (‚die Avocado‘)<br />
* ''el ají'' (‚die scharfe Paprika, die Chilischote‘)<br />
* ''la batata'' (‚die Wade‘)<br />
* ''el batey'' (‚das Dorf‘)<br />
* ''el bohío'' (‚die Schilfhütte‘)<br />
* ''el bohuco'' (‚die Rank- oder Schlingpflanze‘)<br />
* ''el cacique'' (‚der Kazike, der Häuptling‘)<br />
* ''el caimán'' (‚der Kaiman, das Krokodil‘)<br />
* ''la canoa'' (‚das Kanu‘)<br />
* ''el casabe'' (‚das Fladenbrot‘)<br />
* ''el cayo'' (‚die kleine Insel‘)<br />
* ''el cayuco'' (‚das Boot‘)<br />
* ''la chacra'' (‚das kleine Landgut‘)<br />
* ''el cocote'' (‚der Nacken‘)<br />
* ''el conuco'' (‚der Garten‘)<br />
* ''la guayaba'' (‚die Guave‘)<br />
* ''el huracán'' (‚der Hurrikan, der Wirbelsturm‘)<br />
* ''la lambí'' (‚die Flügelschnecke‘)<br />
* ''el maíz'' oder ''el choclo'' (‚der Mais‘)<br />
* ''el manatí'' (‚die Seekuh‘)<br />
* ''el maní'' oder ''el cacahuate'' (‚die Erdnuss‘)<br />
* ''la papa'' (‚die Kartoffel‘)<br />
* ''la sabana'' (‚die Ebene‘)<br />
* ''el tabaco'' (‚der Tabak‘)<br />
* ''el tiburón'' (‚der Haifisch‘)<br />
* ''la yuca'' (‚die Maniokpflanze, die Maniokfrucht‘)<br />
<br />
=== Das heutige Spanisch ===<br />
Das Lateinische, das von den Römern nach Spanien gebracht wurde, war nicht die klassische lateinische Sprache, sondern die gewöhnliche Umgangssprache der Legionäre ([[Vulgärlatein]]). Aus dieser Sprache entwickelten sich mit der Zeit unter verschiedenen [[Geographie|geographischen]] und [[Ethnographie|ethnographischen]] Einwirkungen unterschiedliche romanische [[Dialekt]]e. Einer dieser Dialekte, das Kastilische, entstand in einer schwach romanisierten Gegend im Norden Spaniens, im Grenzgebiet der heutigen spanischen Provinzen [[Burgos]], [[La Rioja (spanische Region)|La Rioja]], [[Vizcaya]] und [[Álava]]. Dieser Dialekt [[Kastilien|Altkastiliens]] zeichnet sich dadurch aus, dass er stärker von den vorromanischen Sprachen ([[Baskische Sprache|Baskisch]]) geprägt ist, und wird später durch politische Umstände zur [[Geschriebene Sprache|Schrift-]] und [[Nationalsprache]] [[Spaniens]].<br />
<br />
Es waren nämlich die Grafen Altkastiliens, die in andauernden Kämpfen gegen die Araber ihr Staatsgebiet nach Süden hin erweiterten. Im Verlauf dieser Reconquista-Bewegung schob sich das Altkastilische wie ein Keil in das übrige romanische Sprachgebiet hinein und drängte die anderen Sprachformen an die westliche ([[Asturisch]]-[[Leonesisch]] und [[Galicisch]], aus dem sich später [[Portugiesische Sprache|Portugiesisch]] entwickelte) und östliche ([[Aragonesisch]], [[Katalanische Sprache|Katalanisch]]) Peripherie des Landes ab, wodurch sich der Bereich der kastilischen Sprache enorm vergrößerte.<br />
<br />
In den von den Mauren eroberten Gebieten verdrängte sie auch das Arabisch und das [[Mozarabische Sprache|Mozarabisch]] (romanische Dialekte, die in den maurisch beherrschten Gebieten von den Christen gesprochen, aber in arabischer Schrift geschrieben wurden).<br />
<br />
In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts wurde Kastilien zum Königreich ausgerufen und im Jahr 1085 [[Toledo]] zur Hauptstadt bestimmt. So wurde die kastilische Mundart zur Hof- und Umgangssprache des jungen Königreichs. Von sprachpolitischer Bedeutung sind die Reformen [[Ferdinand III. (Kastilien)|Ferdinands III.]] (1217–1252) und [[Alfons X. (Kastilien)|Alfons X.]] (1252–1282), durch die das Lateinische als Urkundensprache abgeschafft wurde und das Kastilische diese Funktion übernahm.<br />
<br />
Schon im Verlauf des späten Mittelalters verbreitete sich das Kastilische nicht nur als Schriftmedium, sondern auch als gesprochene Sprache außerhalb Kastiliens. Die erste spanische Grammatik wurde im Jahre 1492 von [[Antonio de Nebrija]] verfasst. <br />
Das Spanische, wie wir es heute kennen, ist eine Weiterentwicklung der lateinisch-kastilischen Mundart mit toledanischer Färbung.<br />
<br />
Im Jahr 1713 entstand nach französischem Vorbild die ''[[Real Academia Española|Real Academia de la Lengua]],'' die als anerkannte Autorität in Sprachfragen gilt. Zwischen 1726 und 1739 wurde das ''[[Diccionario de Autoridades]]'' herausgegeben, im Jahr 1771 erschien die Grammatik der Akademie. Heute gibt die Akademie in Zusammenarbeit mit den Sprachakademien der anderen spanischsprachigen Länder unter anderem das Wörterbuch ''[[Diccionario de la lengua española de la Real Academia Española|Diccionario de la Lengua Española]]'' und das umfangreiche Grammatikwerk ''Nueva Gramática de la Lengua Española'' heraus.<br />
<br />
== Rechtschreibung ==<br />
Die Rechtschreibung des Spanischen kommt dem Ideal recht nahe, Laut für Laut das gesprochene Wort nachzubilden. So werden häufig auch übernommene Fremdwörter in ihrer Schreibung so angepasst, dass sich die Aussprache wieder automatisch ergibt (Beispiel: englisch ''bacon'' wird zu Spanisch ''beicon'' oder englisch ''football'' wird zu spanisch ''fútbol'').<br />
Bei den lateinamerikanischen Varianten gilt dies nur mit Einschränkungen (teilweise werden Buchstaben anders ausgesprochen, wenn das Wort indianischen Ursprungs ist, besonders „ll“ und „x“).<br />
<br />
{{Siehe auch|Spanisches Alphabet}}<br />
<br />
== Phonologie ==<br />
{{Hauptartikel|Phonologie der spanischen Sprache}}<br />
<br />
=== Vokale ===<br />
Das Spanische besitzt 5 [[Monophthong]]e.<br />
<br />
{| border="2" cellpadding="5" style="margin: 1em 1em 1em 0; background: #f9f9f9; border: 1px #aaa solid; border-collapse: collapse; text-align: center; font-size: 95%;"<br />
|+ Monophthonge des Spanischen<br />
! &nbsp;<br />
! vorne<br />
! zentral<br />
! hinten<br />
|-<br />
! align=left | geschlossen<br />
| {{IPA|i}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|u}}<br />
|-<br />
! align=left | mittel<br />
| {{IPA|e}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|o}}<br />
|-<br />
! align=left | offen<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|a}}<br />
| &nbsp;<br />
|}<br />
<br />
=== Konsonanten ===<br />
Das Spanische hat 24 [[Konsonant]]en. Die [[Frikativ]]e {{IPA|/β ð ɣ/}} sind [[Allophon]]e von {{IPA|/b d g/}}.<br />
<br />
{| border="2" cellpadding="5" style="margin: 1em 1em 1em 0; background: #f9f9f9; border: 1px #aaa solid; border-collapse: collapse; text-align: center; font-size: 95%;"<br />
|+ Konsonanten des Spanischen<br />
! &nbsp;<br />
! [[bilabial]]<br />
! [[Labiodental|labio-<br />dental]]<br />
! [[dental]]<br />
! [[alveolar]]<br />
! [[Postalveolar|post-<br />alveolar]]<br />
! [[palatal]]<br />
! [[velar]]<br />
|-<br />
! align=left | [[Plosiv]]e<br />
| {{IPA|p}} {{IPA|b}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|t}} {{IPA|d}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|k}} {{IPA|g}}<br />
|-<br />
! align=left | [[Affrikate]]n<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|tʃ}} {{IPA|dʒ}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Nasal (Phonetik)|Nasale]]<br />
| {{IPA|m}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|n}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|ɲ}}<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Flap (Phonetik)|Flaps]]/[[Vibrant|Trills]]<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|ɾ}} {{IPA|r}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Frikativ]]e<br />
| {{IPA|β}}<br />
| {{IPA|f}}<br />
| {{IPA|θ}} {{IPA|ð}}<br />
| {{IPA|s}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|x}} {{IPA|ɣ}}<br />
|-<br />
! align=left | [[Approximant]]en<br />
| {{IPA|w}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|j}}<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Lateral (Phonetik)|Laterale]]<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|l}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|ʎ}}<br />
| &nbsp;<br />
|}<br />
'''Quelle:''' [http://www.phon.ucl.ac.uk/home/sampa/spanish.htm SAMPA für Spanisch (englisch)]<br />
<br />
Eine Unterscheidung der Laute /ʎ/ und /ʝ/ bzw. /j/ erfolgt nicht im gesamten spanischsprachigen Raum, siehe dazu den Artikel zum [[Yeísmo]].<br />
<br />
=== Hörbeispiel ===<br />
* {{Audio|Adiós, hasta mañana.ogg|''Adiós, hasta mañana.''}} (27 KB) – „Auf Wiedersehen, bis morgen.“<br />
* {{Audio|Qué hay de nuevo.ogg|''¿Qué hay de nuevo?''}} (24 KB) – „Was gibt's Neues?“<br />
* {{Audio|Yo estoy bien gracias, y tú.ogg|''Yo estoy bien, gracias, ¿y tú?''}} (29 KB) – „Danke, mir geht es gut, und dir?“<br />
<br />
Gesprochen von einem Einwohner [[Madrid]]s.<br />
<br />
;Beispiele: Der kleine Prinz auf Spanisch<br />
<br />
''Spanien''<br />
* [[Datei:Loudspeaker.svg|12px]] [http://www3.germanistik.uni-halle.de/prinz/sprachen/058.htm (Barcelona, Spanien)]<br />
<br />
''Mexiko''<br />
* [[Datei:Loudspeaker.svg|12px]] [http://www3.germanistik.uni-halle.de/prinz/sprachen/066.htm (Sinaloa, Mexiko)]<br />
<br />
Der Unterschied bei diesen zwei Beispielen ist das europäische und das amerikanische ''Spanisch''.<br />
Die Unterschiede rühren jedoch nicht nur daher, dass es einmal das europäische, das andere Mal das amerikanische Spanisch ist, sondern daher, dass es verschiedene Übersetzungen sind. <br />
<br />
{{Siehe auch|[Seseo}}<br />
<br />
== Grammatik ==<br />
{{Hauptartikel|Spanische Grammatik}}<br />
<br />
Das Spanische ist eine relativ [[Flexion|flektierende]] Sprache, mit zwei [[Geschlecht (Grammatik)|grammatischen Geschlechtern]] und über 50 [[Konjugation (Grammatik)|konjugierten]] Formen pro Verb, aber einer eingeschränkten Flexion von [[Verb]]en, [[Substantiv]]en und [[Determinativ (Wortart)|Determinativen]]. Seine [[Syntax]] ist normalerweise Subjekt-Prädikat-Objekt, auch wenn Variationen häufig sind, und Adjektive werden für gewöhnlich, wenn auch nicht immer, dem Substantiv, auf das sie sich beziehen, nachgestellt. Es ist eine [[Pro-Drop-Sprache]], d.h. Pronomen können weggelassen werden, wenn sie für das Verständnis nicht unbedingt notwendig sind.<br />
<br />
== Das amerikanische Spanisch ==<br />
In den meisten Ländern Süd- und Mittelamerikas wird Spanisch als Muttersprache gesprochen. Da es sich hierbei um ein großes Gebiet handelt und seit der [[Kolonialisierung]] durch die Spanier bereits Jahrhunderte vergangen sind, weist das lateinamerikanische Spanisch gewisse Abweichungen zum europäischen Spanisch auf.<br />
<br />
Diese sind in der [[Geschriebene Sprache|Schrift-]] und [[Verkehrssprache]] nicht allzu groß; die Umgangssprachen und Dialekte der einzelnen Länder unterscheiden sich dagegen teilweise recht deutlich, und zwar nicht nur in der [[Aussprache der spanischen Sprache|Aussprache]], sondern auch im Vokabular.<br />
<br />
Einige Wörter haben in Amerika einen Bedeutungswandel durchgemacht und generell lässt sich der lateinamerikanische Wortschatz als archaischer als der kontinentaleuropäische beschreiben (d.&nbsp;h. die Ausdrucksweise mutet Europäern oft veraltet oder historisierend an). Einige Abweichungen sind auch auf den (in den einzelnen Regionen unterschiedlich starken) Einfluss indigener Sprachen zurückzuführen. Besonders in Mexiko, der Karibik, Zentralamerika und Venezuela sehr deutlich spürbar sind auch die Einflüsse des [[Amerikanisches Englisch|US-amerikanischen Englischen]] auf den Wortschatz des Spanischen, die wesentlich stärker als in Europa sind.<br />
<br />
Auf grammatikalischem Gebiet sind bis auf Besonderheiten in der Verwendung der Vergangenheitstempora (Dominanz des Indefinido) und den „[[Voseo]]“ keine nennenswerten Abweichungen zum europäischen Spanisch festzustellen.<br />
<br />
Ein besonders charakteristisches Erkennungszeichen lateinamerikanischer Sprecher ist die vom europäischen Spanischen stark abweichende [[Intonation (Phonetik)|Sprachmelodie]]. Die Unterschiede in dieser Beziehung sind jedoch zwischen den Sprachräumen der Andenregion, den La-Plata-Dialekten, Mexiko und Zentralamerika sowie den karibischen Dialekten praktisch ebenso groß wie gegenüber dem Kontinentalspanischen, sodass sich allgemeine Regeln nur schwer definieren lassen.<br />
<br />
Obgleich auch Aussprache und Wortschatz zwischen und sogar innerhalb der einzelnen lateinamerikanischen Ländern mitunter stark variieren, lassen sich doch einige allgemeine Hauptunterschiede zwischen der Sprache Süd- und Mittelamerikas und dem europäischen Spanischen festhalten:<br />
<br />
=== Grammatikalische Besonderheiten ===<br />
* Die Vergangenheitsform ''Pretérito Perfecto'' (he comprado), in einige Ländern wie Argentinien, ist relativ ungebräuchlich, stattdessen wird meist das ''Pretérito Indefinido'' verwendet (compré), soweit man das „Noch-Andauern“ einer Handlung nicht ganz explizit betonen möchte.<br />
<br />
* Die in Spanien nur als Höflichkeitsform (etwa dem „Siezen“ im Deutschen vergleichbar) im förmlichen Umgang verwendete Anrede „usted(es)“ (< ''vuestra merced,'' übersetzt etwa: „Euer Gnaden“) ist in Lateinamerika die standardsprachliche und allgemein verbreitete Anredeform, unabhängig von Sprachebene oder Vertrautheit. So wird die 2. Person Plural im amerikanischen Sprachraum überhaupt nicht benutzt und stets durch die Anrede in der 3. Person ersetzt, an die Stelle des Personalpronomens „vosotros“ tritt <u>immer</u> „ustedes“ (eine der wenigen Regeln, die einschränkungslos für ganz Lateinamerika gelten). Auch im Singular ist die Anrede in der 2. Person mit „tú“ in manchen Gebieten weniger gebräuchlich (oder gilt als unhöflich) und man greift eher zur 3. Person mit „usted“.<br />
<br />
* Eine grammatikalische Besonderheit des argentinischen Spanischen, die sich zum Teil auch in Paraguay und Uruguay wiederfindet und in abgeschwächter Form auch in einigen anderen Regionen Lateinamerikas (etwa Guatemala) anzutreffen ist, ist der so genannte [[Voseo]]. Hierbei wird anstelle des Personalpronomens ''tú'' in der 2. Person Singular das Pronomen ''vos'' (historisch für ''Ihr'') verwendet. Die Verben werden dann anders konjugiert (beispielsweise ''vos sos:'' „du bist“, standardspanisch ''tú eres''). Die grammatikalischen Regeln zum ''voseo'' werden regional unterschiedlich angewandt, so sind etwa Varianten wie ''vos tomás'', ''vos tomas'' und ''vos tomá'' (standardspanisch ''tú tomas'') möglich.<br />
<br />
* Eine abgeschwächte Sonderform des ''Voseo'' ist in Chile verbreitet, wo man in der informellen Sprache in der 2. Person Singular eine an die 2. Person Plural bzw. die Konjugationsformen des Voseo erinnernde Verbform verwendet.Die auf -ar endenden Verben erhalten in der 2. Person Singular die Endung ''-ái(s)'', wobei das Schluss-s nicht ausgesprochen wird. Die Verben auf -er/-ir erhalten die Endung -ís, wobei das Schluss-s manchmal nur gehaucht wird. Beispiele: ¿Cómo estás? wird zu ¿Cómo estái(s)?. ¿Qué haces? wird zu ¿Qué hacís? oder ¿Qué hací(h)?. ¿Te acuerdas? wird zu ¿Te acordái(s)?. Beachtlich sind hier die Parallelen zum Italienischen, wo die Endung der 2. Person Singular stets -i ist. Als Pronomen wird generell ''tú'' verwendet und nur selten ''vos'', was einen noch stärker umgangssprachlichen (oft auch aggressiven) Charakter hat.<br />
<br />
=== Unterschiede im Wortschatz ===<br />
Es gibt viele Abweichungen zwischen dem kontinentalspanischen und dem lateinamerikanischen Wortschatz und überdies auch innerhalb Lateinamerikas von Land zu Land verschiedene semantische Eigenarten. Sie betreffen hauptsächlich die Umgangssprache und Begriffe des täglichen Lebens. Ernsthafte Verständigungsprobleme zwischen Sprechern aus verschiedenen europäischen und amerikanischen Teilgebieten des spanischen Sprachraums gibt es in der Regel jedoch kaum.<br />
<br />
Je nach Land gibt es auch eine unterschiedliche Anzahl Wörter, die aus den jeweiligen Sprachen der [[Indigene Völker Südamerikas|indigenen Völker]] entlehnt wurden. Einige davon haben auch das europäische Spanisch erreicht. Dazu gehören Begriffe wie ''aguacate'' ([[Avocado]]) oder ''patata'' ([[Kartoffel]]).<br />
<br />
;Einige Beispiele:<br />
{| class="prettytable"<br />
!Deutsch<br />
!europ. Span.<br />
!amerik. Span.<br />
!ein Spanier oder Nicht-Muttersprachler könnte verstehen<br />
|-<br />
|Butter<br />
|mantequilla<br />
|manteca (Argentinien, Paraguay)<br />
|Schmalz, Fett<br />
|-<br />
|-<br />
|Erdbeere<br />
|fresa<br />
|frutilla (Argentinien, Chile, Ecuador, Paraguay)<br />
|Früchtchen<br />
|-<br />
|Eisschrank<br />
|nevera<br />
|refrigerador, heladera (Mexiko, Argentinien, Peru)<br />
|Kühler, Eisverkäuferin<br />
|-<br />
|Rock<br />
|falda<br />
|pollera (Argentinien, Uruguay)<br />
|Hühnerverkäuferin<br />
|-<br />
|Auto(mobil)<br />
|coche<br />
|carro (Kolumbien, Mexiko, Venezuela, Peru, Zentralamerika), auto (Argentinien, Chile, Ecuador, Peru), máquina (Argentinien)<br />
|Karren, Handwagen (carro); Maschine (máquina, abgleitet vom italienischen Wort ''macchina'' für Auto)<br />
|-<br />
|Banane<br />
|plátano<br />
|banano, guineo (Karibik, Zentralamerika), cambur (Venezuela), banana (Argentinien)<br />
|<br />
|-<br />
|Bohnen<br />
|judías<br />
|alubias (Kanarische Inseln), caraotas (Venezuela), frijoles (Mexiko, Peru und Zentralamerika), fríjoles (Kolumbien), fréjol (Ecuador), porotos (Argentinien, Chile)<br />
|<br />
|-<br />
|Kartoffel<br />
|patata<br />
|papa (Argentinien, Chile, Ecuador, Kolumbien, Mexiko, Peru, Zentralamerika,Kanarische Inseln)<br />
|Papst (dann jedoch mask.), Vater (falls als ''papá'' endbetont)<br />
|-<br />
|Lastwagen<br />
|camión<br />
|troca (nördliche Staaten in Mexiko und „kalifornisches-Slang“-Spanisch, aus dem amerikanischen Truck)<br />
|<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
Zu Missverständnissen kommt es am ehesten durch Wörter, die neben der allgemeinen Bedeutung in bestimmten Ländern eine umgangssprachliche Spezialbedeutung besitzen. So ist etwa das in Spanien unverfängliche und für alle möglichen Sachverhalte häufig gebrauchte Verb ''coger'' („nehmen, ergreifen, fangen“) in einigen Ländern Lateinamerikas (vor allem Argentinien, Uruguay und Paraguay) ein ordinärer Ausdruck für die Ausübung des [[Geschlechtsverkehr]]s. Der Satz „Ich werde den Bus nehmen“ (''Voy a coger el autobús'') ist daher in Anwesenheit von Argentiniern ein sicherer Lacherfolg (Ich werde den Bus „bumsen“.). In ganz Lateinamerika wird anstelle von „coger“ häufiger das Verb „tomar“ („nehmen, einnehmen, trinken“) verwendet.<br />
<br />
Auch das Wort ''Guagua'' sorgt in diesem Zusammenhang immer wieder für Heiterkeit. Während es auf den Kanarischen Inseln, Kuba und der Dominikanischen Republik einen innenstädtischen [[Guagua (Bus)|Linienbus]] bezeichnet, steht es in Andenländern wie Chile, Peru oder Ecuador für ''Krabbel-'' oder ''Kleinkind'' (hier: [[Xenismus]] aus [[Quechua (Sprache)|Quechua]]), so dass auch hier Missverständnisse vorbestimmt sind.<br />
<br />
Besonders die Namen für Obst oder Gemüsesorten variieren in den lokalen Varietäten der unterschiedlichen spanischsprachigen Länder sehr stark. So heißen etwa in der Dominikanischen Republik die Orange ''la china'', die Mandarine ''la italiana'', die Papaya ''la lechoza'', die Banane ''el guineo'' und die Maracuja ''la chinola'' – Ausdrücke, die oft nicht nur in Spanien und Südamerika, sondern selbst in benachbarten Ländern wie Mexiko oder Kuba schon nicht mehr verstanden werden. Ähnliches gilt für Bezeichnungen wie ''frutilla'' für die Erdbeere (kontinentalspanisch ''fresa''), ''ají'' für scharfe Paprika (''Chili'') oder ''palta'' für [[Avocado]] (in Europa ''aguacate'' genannt), wie sie in Chile und einigen anderen südamerikanischen Ländern geläufig sind.<br />
<br />
Für ''hübsch'' oder ''schön'' verwendet man in den meisten Ländern Lateinamerikas Adjektive wie ''bonito/-a'' oder ''lindo/-a''; das in Spanien verbreitete ''guapo/-a'' ist dagegen ungebräuchlich und hat in manchen Ländern (etwa auf Kuba und in der Dominikanischen Republik) die Bedeutung ''aggressiv'' oder ''wild''. Somit ist ''una chica guapa'' in Spanien ein hübsches, auf Kuba ein wütendes Mädchen.<br />
<br />
=== Unterschiede in der Aussprache ===<br />
[[Datei:Variedades principales del español.png|miniatur|links|hochkant=1.5|Unterschiede in der Aussprache.]]<br />
Viele lateinamerikanische Aussprachebesonderheiten erinnern an südspanische Dialekte und sind in Lateinamerika vor allem deswegen verbreitet, weil im 16. und 17. Jahrhundert die meisten spanischen Einwanderer nach Amerika aus dem Süden Spaniens (v.&nbsp;a. [[Extremadura]] und [[Andalusien]]) kamen.<br />
<br />
* Typisch für Lateinamerika ist der so genannte ''Seseo''. Während im europäischen Spanisch ein z zumeist wie ein [[Stimmloser dentaler Frikativ|stimmloses englisches ''th'']] ausgesprochen wird, wird es in lateinamerikanischer Aussprache zu einem normalen [[Stimmloser alveolarer Frikativ|stimmlosen ''s''-Laut]]. Dasselbe trifft auf das ''c'' vor e und i zu (z.&nbsp;B. in ''nación'').<br />
<br />
* Je nach Region mehr oder weniger ausgeprägt ist das Verschlucken oder Verändern bestimmter Endungen. Besonders auf Kuba und in der restlichen Karibik ist dies ausgeprägt und führt mitunter zu starken Verständnisproblemen bei ungeübten Hörern.<br />
<br />
* In der Karibik wird insbesondere die Wortendung „-ar“ abweichend als „-á“, „-al“ oder auch (z.&nbsp;B. im Norden der Dominikanischen Republik Nähe Puerto Plata) „ai“ ausgesprochen. Der Infinitiv „caminar“ wird demnach gesprochen zu „caminá“, „caminal“ oder „caminai“. Analog bei Verben auf -er oder -ir: „Poner“ wird oft „ponel“ oder auch „ponei“ ausgesprochen.<br />
<br />
* „d“ wird am Wortende oft nicht gesprochen. Die Betonung bleibt aber auf der letzten Silbe. Beispiel: „ciudad“ wird gesprochen wie „ciudá“. Das „d“ wird auch zwischen Vokalen meist ausgelassen. Die Betonung bleibt aber so wie sie ist. Beispielsweise: Cansado wird zu Cansao<br />
<br />
* „s“ im Silbenauslaut bzw. am Wortende wird oft nur gehaucht oder weggelassen. Dadurch lässt sich – bei tatsächlichem Wegfall der zweiten Person Plural im lateinamerikanischen Spanisch – auch die zweite Person Singular oft nicht von der dritten Person unterscheiden.<br />
<br />
:Beispiel: „¿Qué quiere?“ („Was möchte er/sie?“) könnte bei Wegfall des „s“ auch „¿Qué quieres?“ („Was möchtest du?“) bedeuten.<br />
<br />
* Beispiel für die letzten zwei Besonderheiten in einem Satz: „Estamos cansados“ (Wir sind müde.) wird bei der Aussprache zu „E(h)tamo cansao“<br />
<br />
* Auch die Tendenz, das s anzuhauchen (z.&nbsp;B. „ehtoy“ statt „estoy“) ist in vielen lateinamerikanischen Küstendialekten vorzufinden und ebenfalls mit dem Andalusischen zu vergleichen.<br />
<br />
* Je nach Region wird das „j“ mehr oder weniger hart ausgesprochen. D.h. es kann tendieren vom spanischen harten und hinteren „ch“ über das deutsche eher weichere „Ch“ (wie in Bu'''ch''') bis hin zum normalen „h“.<br />
<br />
* Der so genannte ''[[Yeísmo|Žeísmo]]'' tritt vor allem in den Río-de-la-Plata-Staaten (Argentinien, Uruguay, Paraguay) auf. Diese Aussprachebesonderheit besteht darin, dass das Phonem ''ll'' nicht wie üblich wie ein deutsches Jot (''Yeísmo''), sondern stimmhaft wie ein weiches ''dsch'', zum Teil auch stimmlos ähnlich einem deutschen ''sch'' (''Šeísmo'') ausgesprochen wird.<br />
<br />
== Vom Spanischen abgeleitete Sprachen ==<br />
=== Spanischbasierte Kreolsprachen ===<br />
* [[Chabacano]] ([[Philippinen]])<br />
* [[Palenquero]] ([[Kolumbien]])<br />
* [[Papiamentu]] ([[ABC-Inseln]])<br />
<br />
=== Hybriddialekte ===<br />
Hybriddialekte (Mischsprachen) existieren dort, wo Spanisch und [[Portugiesische Sprache|Portugiesisch]] aufeinandertreffen<br />
<br />
* [[Barranquenho]] in [[Portugal]]<br />
* [[Portuñol]] in [[Uruguay]] und [[Brasilien]]<br />
<br />
=== Judenspanisch/[[Sephardische Sprache|Ladino]] ===<br />
Judenspanisch ist das Spanisch der 1492 aus Spanien vertriebenen Juden [[Sephardim]]. Sie leben heute in Griechenland, der Türkei, Israel, Nordmarokko und den USA. Die Sprecherzahl wird auf 150.000 geschätzt.<br />
<br />
=== Sonstiges ===<br />
* [[Lunfardo]]: eine Gaunersprache in [[Argentinien]], die auch im [[Tango (Musikrichtung)|Tango]] Verwendung findet<br />
<br />
== Sprachfallen: „Falso Amigo“ ==<br />
Mit den typischen Fehlern, die beim Erlernen und Übersetzen der spanischen Sprache auftreten können, beschäftigen sich folgende Beiträge:<br />
<br />
* [[Falscher Freund]]<br />
* [[Liste falscher Freunde#Iberoromanische Sprachen|Liste falscher Freunde „Spanisch“]]<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Spanische Literatur]] – Verweise auf zweisprachige Anthologien<br />
* [[Spanisch in den Vereinigten Staaten|Spanisch in den USA]]<br />
* [[Río-de-la-Plata-Spanisch]]<br />
* [[Dominikanisches Spanisch]]<br />
* [[Philippinisches Spanisch]]<br />
* [[Äquatorialguineisches Spanisch]]<br />
* [[Alemañol]]<br />
* [[Spanglish]]<br />
* [[Murciano]]<br />
* [[Andalusischer Dialekt]]<br />
* [[Antonio de Nebrija]]<br />
* Redewendung: [[Das kommt mir spanisch vor]]<br />
* [[Belgranodeutsch]]<br />
* [[Hispanophonie]]<br />
* [[Hispanistik]]<br />
* [[Spanische Sprichwörter]]<br />
* [[Nodicia de Kesos]]<br />
* [[Liste spanischer Exonyme für deutsche Toponyme|spanische Bezeichnungen für geographische Orte]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Günter Holtus, [[Michael Metzeltin]], Christian Schmitt (edd.): [[Lexikon der Romanistischen Linguistik|''Lexikon der Romanistischen Linguistik (LRL)'']], Tübingen, Niemeyer, 1988-2005 (12 Bände); Band VI,1: ''Aragonesisch/Navarresisch, Spanisch, Asturianisch/Leonesisch'', 1992.<br />
* [[Michael Metzeltin]]: ''Erklärende Grammatik der romanischen Sprachen'', Wien, Praesens, 2010.<br />
* [[Michael Metzeltin]]: ''Gramática explicativa de la lengua castellana. De la sintaxis a la semántica.'', Wien, Praesens Verlag, 2009<br />
<br />
=== Spanische Sprachgeschichte ===<br />
* Antonio Tovar: ''Einführung in die Sprachgeschichte der Iberischen Halbinsel: das heutige Spanisch und seine historischen Grundlagen'', Tübingen: Narr, 3. Auflage 1989<br />
* Annegret Alsdorf-Bollee, Ingrid Neumann-Holzschuh: ''Spanische Sprachgeschichte'', Stuttgart: Klett 5., Aufl. 2009<br />
* Wolf Dietrich, Horst Geckeler: ''Einführung in die spanische Sprachwissenschaft: Ein Lehr- und Arbeitsbuch'', Berlin: Erich Schmidt, 5., durchges. Auflage 2007<br />
* Helmut Berschin, Julio Fernández-Sevilla, Josef Felixberger ''Die spanische Sprache. Verbreitung, Geschichte, Struktur'', 3., korrigierte und durch einen Nachtrag ergänzte Auflage, Hildesheim: Olms, 2005<br />
* Petrea Lindenbauer, [[Michael Metzeltin]], Margit Thir: ''Die romanischen Sprachen. Eine einführende Übersicht'', Wilhelmsfeld, Egert, 1995.<br />
* [[Michael Metzeltin]]: ''Las lenguas románicas estándar. Historia de su formación y de su uso'', Uviéu, Academia de la Llingua Asturiana, 2004, 300 pp. [http://books.google.at/books?id=LRumIF1TLVkC&printsec=frontcover&dq=las+lenguas+romances&hl=de&ei=ZHH3TbnIE4iE-waz0oWMCw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=5&ved=0CEMQ6AEwBA#v=onepage&q=las%20lenguas%20romances&f=false Online-Version]<br />
<br />
=== Das Spanische in Amerika ===<br />
* Volker Noll: ''Das amerikanische Spanisch.'' 2001<br />
* Hugo Kubarth: ''Das lateinamerikanische Spanisch.'' 1987<br />
* Hans-Dieter Paufler: ''Lateinamerikanisches Spanisch.'' 1977<br />
<br />
=== Spanische (Sprach)Kultur für Anfänger und Fortgeschrittene ===<br />
* André Höchemer, „Man spricht Spanisch! Spanische Wortschätze auf gut Deutsch“, Kassel: Jenior Verlag, 2011<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Wiktionary|Kategorie:Spanisch|Wörterbuch Spanisch–Deutsch}}<br />
{{Wiktionary|Verzeichnis:Wörterbücher der spanischen Sprache|Wörterbücher der spanischen Sprache}}<br />
{{Wikibooks|Spanisch}}<br />
{{Wikiquote|Spanische Sprichwörter}}<br />
{{Commonscat|Spanish language|Spanische Sprache}}<br />
{{Commons|Spanish pronunciation|Spanische Aussprache}}<br />
* [http://www.veintemundos.com/de/spanisch VeinteMundos Sprachmagazin: Sprachbesonderheiten aller spanischsprachigen Länder im Überblick]<br />
* [http://www.reference-global.com/series/lrl Spanisch im Lexikon der Romanistischen Linguistik (de Gruyter ReferenceGlobal)]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Navigationsleiste Schwesterprojekte|code=es|text=spanischer Sprache}}<br />
<br />
[[Kategorie:Einzelsprache]]<br />
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<hr />
<div>'''Scheidung''' oder '''Ehescheidung''' ist die formelle juristische Auflösung einer [[Ehe]].<br />
<br />
''Geschieden'' ist neben ledig, verheiratet und [[Witwer|verwitwet]] einer der vier weltweit üblichen [[Familienstand|Familienstände]]. Eine Scheidung ist jedoch nicht in allen Rechtssystemen möglich, Verfahren und Bedeutung können sehr unterschiedlich sein.<br />
<br />
Daneben gibt es mit [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]], [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigkeit]] und [[Eheannullierung|Annullierung]] aus formellen Gründen verschiedene Formen der Ungültigkeit einer Ehe, sowie die [[Getrenntleben|Trennung]] ohne Beendigung des Eheverhältnisses. In erweitertem Sinne bezieht sich der Ausdruck ''Scheidung'' rechtlich auch auf [[gleichgeschlechtliche Ehe]]n oder [[eingetragene Partnerschaft]]en<!--sic, nicht der deutsche spezialausdruck-->, nicht aber andere [[Lebensgemeinschaft]]en.<br />
<br />
== Deutsches Recht ==<br />
''siehe auch:'' [[Eherecht (Deutschland)|Eherecht]]<br />
<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Die [[Internationale Zuständigkeit (Deutschland)|internationale Zuständigkeit]] ist innerhalb der [[Europäische Gemeinschaft|Europäischen Gemeinschaft]] mit Ausnahme Dänemarks mit der „Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung“<ref>http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:338:0001:0029:DE:PDF</ref> (Brüssel IIa Verordnung – auch EuGVVO II oder [[Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (EuEheVO)|EheVO-II]]) einheitlich geregelt worden.<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;a EheVO-II ist das Gericht desjenigen EG-Mitgliedstaates zuständig, in dem<br />
# beide Ehegatten ihren [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn ihn einer dort noch hat;<br />
# der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder im Falle eines „gemeinsamen Antrags“<ref>unerheblich ist, ob nach dem Recht des Mitgliedstaates, dessen Gericht zuständig ist, formal die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrags existiert, Thomas Rauscher in Europäischen Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;19</ref>, wo einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;<br />
# der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens 6 Monaten vor dem Antrag aufgehalten hat und Staatsangehöriger dieses Staates ist oder in Ermangelung einer Staatsangehörigkeit sich mindestens ein Jahr aufgehalten hat;<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;b EheVO-II sind auch die Gerichte des EG-Mitgliedstaates international zuständig, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten haben.<br />
<br />
Die internationale Zuständigkeit kann unter Umständen für einen Deutschen, dessen Ehegatte ein Ausländer ist, bedeuten, dass für seinen Scheidungsantrag kein deutsches Gericht international zuständig ist.<ref>Rauscher in Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;3</ref><br />
<br />
Diese internationale Zuständigkeit ist innerhalb der EG ausschließlich. Nur nicht EG-Staaten können ihre Gerichtsbarkeit ebenfalls für berufen erklären. Eine Restzuständigkeit bleibt dem nationalen Recht, wenn der Antragsgegner weder Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaates ist noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem EG-Mitgliedstaat hat (Art.&nbsp;6 EheVO-II); deutsche Gerichte sind in diesem Fall nach {{§|98|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] international zuständig. Ist der Antragsteller Deutscher und der Antragsgegner weder EG-Inländer oder in der EG ansässig, ist die deutsche Gerichtsbarkeit mit der Sache betraut.<br />
<br />
An der Scheidung ist die Scheidungsfolgesache Unterhalt geknüpft: Hierzu gibt es bereits seit Inkrafttretens des europäischen Rechts Brüssel I – auch [[EuGVVO]] genannt – eine entsprechende Regelung.<br />
<br />
Soweit ein deutsches Gericht international zuständig ist, prüft es, ob es deutsches oder bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ausländisches Recht anzuwenden hat.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
''siehe auch:'' [[Internationales Privatrecht]]<br />
<br />
Deutsche Gerichte und Behörden wenden auf [[deutsche]] Staatsbürger stets deutsches Recht an.<br />
<br />
Bei [[Ausländer]]n muss unterschieden werden:<br />
<br />
Gehören beide Ehegatten, die sich scheiden lassen wollen, zum Zeitpunkt der [[Rechtshängigkeit]] demselben ausländischen Staat an oder gehörten sie diesem zuletzt an, richtet sich die Scheidung nach dem Recht ihres Heimatstaates ({{Art.|17|EGBGB|dejure}} Abs.&nbsp;1 [[EGBGB]]).<br />
<br />
Ist einer der Ehegatten Deutscher, haben beide ausländischen Ehegatten verschiedene [[Staatsangehörigkeit]]en oder sind die Eheleute [[Asyl]]anten oder [[Konventionsflüchtling]]e<ref>Art.&nbsp;12 [[Genfer Flüchtlingskonvention]]</ref>, so wird das Recht des Ortes angewendet, wo die Ehegatten ihren gemeinsamen [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn einer von ihnen ihn dort noch hat. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch eine [[Inländerprivilegierung]] vorgesehen: Ist einer der Ehegatten Deutscher und ist die Ehe nach dem Recht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts unscheidbar, wird sie nach deutschem Recht geschieden. Klagt ein Deutscher auf Scheidung der Ehe und ist nach der EheVO-II die deutsche Gerichtsbarkeit unzuständig, kommt dem Deutschen die Inländerprivilegierung des Art.&nbsp;17 Abs.&nbsp;1 Satz&nbsp;2 EGBGB nicht zugute.<br />
<br />
Bei der Form der Scheidung ist das deutsche Recht streng. Auch wenn auf die Scheidung der Ehe durch das deutsche [[Familiengericht]] ausländisches Recht angewendet wird, kann in Deutschland die Ehe nur durch [[Gerichtsbeschluss]] (z.&nbsp;B. nicht durch [[Verstoßung]] oder [[Aufhebungsvertrag]]) geschieden werden. Diese Formstrenge steht im Gegensatz zur Toleranz gegenüber ausländischen Formen des Eheschlusses in Deutschland (z.&nbsp;B. vor einem [[Konsul]] oder [[Geistlicher|Geistlichen]]).<br />
<br />
=== Deutsche Vorschriften ===<br />
Das deutsche Recht sieht die Ehe als lebenslange Institution, deren besonderer Schutz in {{Art.|6|gg|juris}} des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes]] gefordert wird. Die Ehe kann daher nur durch den [[Sterbefall|Tod]], durch Scheidung oder durch [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]] beendet werden. Die Scheidung oder die Aufhebung muss im Wege der [[Gestaltungsklage]] durch richterlichen Beschluss erfolgen. Scheidungen werden mehrheitlich von Frauen eingereicht.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2007/08/13/781748.html?s=2 Abendblatt: ''Keine Lust mehr auf Ehe?'']</ref><br />
<br />
Die Scheidung wurde zusammen mit der [[Zivilehe]] 1875 im [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]] eingeführt. Bis zum Inkrafttreten der Reform von 1976 ([[Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts|1. EheRG]]) galt im Ehescheidungsverfahren das Schuldprinzip. Dieses wurde in einer Reform der entsprechenden Paragraphen durch das sogenannte ''Zerrüttungsprinzip'' abgelöst. Im Gesetzestext selber wird dabei vom ''Scheitern'' der Ehegemeinschaft gesprochen. Die Reform von 1976 macht Unterhaltsrechte und -pflichten nicht mehr von einer „Schuld“ abhängig, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der geschiedenen Ehepartner, unter Berücksichtigung des Prinzips einer [[Eigenverantwortung]].<ref>{{internetquelle|autor=Peter Borowsky|url=http://www.bpb.de/publikationen/01076900131314521849545168923836,5,0,Sozialliberale_Koalition_und_innere_Reformen.html|titel=Sozialliberale Koalition und innere Reformen – Kapitel „Ehe- und Familienrecht“|werk=Informationen zur politischen Bildung (Heft 258)|hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung|zugriff=11. Mai 2008}}</ref><ref>[http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=43822624&aref=image035/0549/PPM-SP197004900700086.pdf&thumb=false ''Wie im Orient?''], DER SPIEGEL 49/1970, S.&nbsp;70–86, 30. November 1970. [{{Der Spiegel|43822624|Titel=Wie im Orient? (siehe Titelbild)|Text=}} Online-Version (HTML)]. Aufgerufen am 11. Mai 2008.</ref> Die Regelungen wurden 2008 durch das [[Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts]] erneut umfassend reformiert.<br />
<br />
==== Voraussetzungen ====<br />
Die Voraussetzungen einer Scheidung sind, nachdem sie jahrzehntelang im [[Ehegesetz (Deutschland)|Ehegesetz]] „ausgelagert“ waren, inzwischen wieder abschließend in den {{§|1564|bgb|juris}} bis {{§|1568|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] sowie in den {{§|133|famfg|juris}} bis {{§|150|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] geregelt. Die Scheidungsfolgen (wie beispielsweise [[Unterhalt]], [[Sorgerecht]], [[Umgangsrecht]] und [[Versorgungsausgleich]]) werden in den {{§|1569|bgb|juris}}ff. BGB, das Scheidungsverfahrensrecht im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den [[Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit]] (FamFG) geregelt. Mit der Umsetzung des FamFG wurde das Scheidungsverfahrensrechts, das vorher in ZPO und FGG geregelt war, nunmehr in einem Gesetz vereinheitlicht.<br />
<br />
Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie ''gescheitert'' ist. Das ist der Fall, wenn die eheliche [[Lebensgemeinschaft]] gemäß {{§|1353|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] (mensa et toro) nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung nicht mehr zu erwarten ist. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (s.&nbsp;{{§|1567|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]]).<br />
<br />
Um den Ehegatten eine genaue Untersuchung des Merkmals ''Scheitern'' (Zerrüttung) zu ersparen, gibt das BGB dem entscheidenden Richter zwei [[Vermutung (Recht)|Vermutungen]] an die Hand<!-- Meyers Lexikon ist eingestellt seit dem 23.03.09 <ref>http://lexikon.meyers.de/meyers/Ehescheidung</ref> Vielleicht dieser Link: http://bundesrecht.juris.de/bgb/__1566.html-->:<br />
<br />
# Leben die Ehegatten mehr als ein Jahr getrennt, so wird die Zerrüttung vermutet, sofern diese als „nicht heilbar“ angesehen wird: Wollen beide Ehegatten geschieden werden („einverständliche Scheidung“) oder besteht keine Bereitschaft, sich zu versöhnen, ist unwiderlegbar von einer Zerrüttung auszugehen.<br />
# Nach drei Jahren Trennung kann die Ehe auch gegen den Willen des anderen Ehegatten geschieden werden. Auch diese Vermutung ist unwiderlegbar.<br />
<br />
Ist die Fortsetzung der Ehe einem der Ehegatten eine unzumutbare Härte ({{§|1565|bgb|juris}} Abs.&nbsp;2 BGB), die in der Person des anderen Ehegatten begründet liegt, kann die Ehe aber vor Vollendung des ersten Trennungsjahrs und ohne Einwilligung beider Ehegatten geschieden werden. Eine solche unzumutbare Härte wird angenommen, wenn Misshandlungen vorliegen oder der Ehegatte beispielsweise eine weitere Person in die Ehe aufnehmen wollte (im Stil einer „[[Ménage à trois]]“). Deutsche Gerichte tendierten in der Vergangenheit dazu, den Begriff immer weiter zu fassen und immer neue subjektiv empfundene unzumutbare Härten zu akzeptieren.<br />
<br />
Der Beginn des Trennungsjahres kann rechtssicher durch den Wechsel in die [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse IV (4)|Steuerklasse IV]] im laufenden Jahr bzw. [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse I (1)|Steuerklasse I]] im auf die Trennung folgenden Kalenderjahr auf der [[Steuerkarte]] dokumentiert werden. Hierzu ist beim [[Einwohnermeldeamt]] eine ''Erklärung zum Familienstand'' abzugeben.<br />
<br />
==== Härteklausel ====<br />
Zu beachten ist die [[Härteklausel]] nach {{§|1568|bgb|juris}} BGB: Da die Scheidung in der Regel eine schwere Härte für [[Minderjährigkeit|minderjährige Kinder]] darstellt, ist zu prüfen, ob ein Fortbestand der Ehe aus Gründen des [[Kindeswohl]]s möglich erscheint (§ 1568 Abs.&nbsp;1 1. Alt. BGB). Zugleich wird aber auch der andere Ehepartner geschützt, wenn dieser wegen Krankheit oder vorgerückten Alters besonderer Schutzwürdigkeit bedarf.<br />
<br />
Die praktische Relevanz dieser Vorschrift ist aber eher als gering einzustufen.<br />
<br />
==== Verfahren ====<br />
Das Verfahren der Scheidung findet vor dem [[Amtsgericht]] – [[Familiengericht]] – statt. Anders als bei anderen Verfahren vor dem Amtsgericht besteht in Scheidungsverfahren [[Anwaltszwang]], das heißt, jedenfalls der Antragsteller muss sich von einem Anwalt vertreten lassen.<br />
<br />
Im Scheidungsverfahren können auf Antrag in einem sogenannten [[Scheidungsverbund]] andere Familiensachen (Regelung der [[Sorgerecht|elterlichen Sorge]], des [[Umgangsrecht|Umgangs]], des [[Unterhalt]]s, der Ansprüche aus dem ehelichen [[Güterrecht]], der Zuweisung von Ehewohnung und ehelichem [[Hausrat]]) für den Fall der Scheidung mit geltend gemacht werden. In der Regel zwingend und ohne Antrag einer Partei ist mit der Scheidung der [[Versorgungsausgleich]] zu regeln.<br />
<br />
Außergerichtlich können einige Scheidungsfolgen geregelt werden; z.&nbsp;B. kann [[ehevertrag]]lich auch anlässlich der Scheidung auf [[Zugewinnausgleich]] und unter bestimmten Einschränkung auch auf [[Unterhalt|Ehegattenunterhalt]] verzichtet werden. Solche Vereinbarungen sind [[notar]]iell zu [[Beurkundung|beurkunden]].<br />
<br />
=== [[Rechtsweg]] ===<br />
Während die erst<nowiki />[[Instanz (Recht)|instanz]]<nowiki />liche Verhandlung stets vor dem [[Amtsgericht]] stattfindet, ist die [[Beschwerde (Recht)|Beschwerde]]<nowiki />instanz das [[Oberlandesgericht]].<br />
<br />
=== Sonstiges ===<br />
Seit 2000 bieten einige Rechtsanwaltskanzleien in der Bundesrepublik Deutschland eine sog. „Internetscheidung“ an. Bis heute besteht jedoch die Möglichkeit einer Scheidung über das Internet nicht. Zudem ist zu bedenken, dass zu einem so komplexen Rechtsgebiet wie der Scheidung eine ausführliche Beratung dringend zu empfehlen ist, die im Übrigen keine zusätzlichen Kosten verursacht, da eine sog. „Internetscheidung“ genauso nach dem [[Rechtsanwaltsvergütungsgesetz|RVG]] vergütet wird wie die Präsenzscheidung mit ausführlicher Beratung im Anwaltsbüro. Gleichwohl ist es auf diesem – wenngleich weitgehend anonymisierten – Weg möglich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um das Scheidungsverfahren durch diesen bei einem ordentlichen Gericht betreiben zu lassen.<br />
<br />
Am 3. Februar 2010 hat der XII. Zivilsenat des [[Bundesgerichtshof]]s die Entscheidung (Az: XII ZR 189/06) bekannt gegeben, in der Zuwendungen der Schwiegereltern zum Ehepartner ihres Kindes zurückgefordert werden können.<ref>[http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=50767&linked=pm&Blank=1 Rückforderung von Zuwendungen an Ehepartner ihres Kindes - BGH-Urteil vom 3. Februar 2010]</ref>Diese Zuwendungen wurden nun als Schenkungen bewertet. Wenn die Ehe scheitert, sei die Geschäftsgrundlage für die Schenkung nicht mehr gegeben. Die ''Möglichkeit einer zumindest partiellen Rückabwicklung'' der Schenkung sei auch dann möglich, wenn in der Ehe eine [[Zugewinngemeinschaft]] bestanden habe.<br />
<br />
== Österreichisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Österreichische Stellen prüfen die Anwendbarkeit einer Rechtsordnung nur, wenn sie, insbesondere nach der [[EheVO-II]] international zuständig sind.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Vorschriften über die Anwendbarkeit des österreichischen Rechts ([[Internationales Privatrecht]]) sind im [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Österreich)|Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht]] (IPR-Gesetz) geregelt.<br />
<br />
Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts unterliegt in der Sache ähnlichen Vorschriften ({{§|20|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031306}} in Verbindung mit {{§|18|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031304}} IPR-Gesetz) wie die des deutschen. Das österreichische Recht verzichtet aber auf eine Inländerprivilegierung. Stattdessen findet bei bi-nationalen Ehen stets, im Falle eines Österreichers österreichisches Recht, im Falle eines Ausländers dessen Heimatrecht auf die Scheidung Anwendung, wenn nach dem Recht des (letzten) gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts die Ehe nicht geschieden werden kann (§&nbsp;20 Abs.&nbsp;2 IPR-Gesetz).<br />
<br />
=== Österreichische Vorschriften ===<br />
Die Scheidung der Ehe ist neben der [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigerklärung der Ehe]] und der [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung der Ehe]] eine der Möglichkeiten, die Ehe zu beenden. Österreich hat das Scheidungsrecht im [[Ehegesetz]] (EheG), das bis 1977 weitgehend gleichlautend mit dem dEheG in Deutschland war, geregelt. Zwischenzeitlich kamen einige Änderungen, wie der verschuldensunabhängige Unterhalt (genauer: ''Unterhalt trotz Verschuldens'') hinzu.<br />
<br />
Rechtsdogmatisch gesprochen handelt es sich bei der Scheidung um die ''„[[Kündigung]]“ des [[Dauerschuldverhältnis]]ses Ehe'', die nur aus besonderen Gründen möglich ist. Wenngleich nicht ausschließlich, so steht dennoch seit der Reform des Eherechts im Jahr 1999 das ''Zerrüttungsprinzip'' vor dem ''Verschuldensprinzip''. Scheidungsgründe sind dem Zerrüttungsprinzip folgend grundsätzlich „relativ“; so kann z.&nbsp;B. ein Ehebruch, der die Gemeinschaft der Ehegatten nicht tatsächlich zerrüttet, nicht zur Scheidung führen.<br />
<br />
''Ehescheidungsgründe'':<br />
* ''Streitige Scheidung''<br />
** ''Verschuldensscheidung''<br />
** Scheidung aus anderen Gründen<br />
*** Krankheit<br />
**** wg. auf geistiger Störung beruhenden Verhaltens<br />
**** wg. Geisteskrankheit<br />
**** wg. ansteckender oder ekelerregender Krankheit<br />
*** ''Auflösung der häuslichen Gemeinschaft''<br />
* ''Einvernehmliche Scheidung''<br />
<br />
==== Verschuldensscheidung ====<br />
Die Verschuldensscheidung erfordert eine<br />
* ''schwere Eheverfehlung'' bzw. ein ''ehrloses und unsittliches Verhalten'', die/das zu einer<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'' führt.<br />
<br />
''Schwere Eheverfehlung'': Das Gesetz selbst nennt demonstrativ [[Ehebruch]], körperliche [[Gewalt]] oder schweres seelisches Leid. Weiter zu nennen sind z.&nbsp;B. [[Alkoholkrankheit|Trunksucht]], ständige [[Streit]]ereien, schwere [[Beleidigung|Beschimpfungen]], Vernachlässigung des [[Privathaushalt|Haushalts]], Verweigerung der ehelichen [[Beiwohnung]].<br />
<br />
''Zerrüttung'': Die Ehe ist zerrüttet, wenn die körperliche, geistige und seelische Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist, so dass eine Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.<br />
<br />
''Der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung nicht begehren.'' Nicht um eine schwere Eheverfehlung handelt es sich bei Reaktionshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert Beiwohnung durch gegenwärtig volltrunkenen Mann). Auch Kompensationshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert – zur Vergeltung – den Geschlechtsverkehr zwei Tage nachdem Mann volltrunken war) machen den vormalig Unschuldigen nicht zum (überwiegend) Schuldigen.<br />
<br />
==== Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft ====<br />
Diese Scheidungsvariante erfordert eine<br />
* ''Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft seit 3 Jahren (bzw. 6 Jahren)'' und die<br />
* ''Zerrüttung der Ehe''.<br />
<br />
''[[Häusliche Gemeinschaft]]'': Diese ist beendet, wenn die eheliche Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in ehewidriger Intention beendet wird. Demgemäß reicht bereits eine Trennung von Tisch und Bett ''(a mensa et toro).'' Nur gelegentliches eheliches Beiwohnen genügt nicht für das Bestehen der häuslichen Gemeinschaft. Demgegenüber ist eine bloße räumliche Trennung (z.&nbsp;B. aus beruflichen oder sonstigen Gründen) ohne Zerrüttung unbeachtlich.<br />
<br />
Nach drei Jahren ist die Scheidung nur möglich, wenn die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann oder die Scheidung den (unschuldigen) Beklagten nicht härter (Härteklausel) treffen würde als den Klagenden die Abweisung des Scheidungsbegehrens. Ein derartiger ''Härtefall'' ist nach der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Wohl der Kinder, der Dauer der Aufhebung, dem Alter der Ehegatten, etc. zu beurteilen. Nach sechs Jahren kann die Ehe jedenfalls aufgehoben werden.<br />
<br />
''Insbesondere auch der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung begehren;'' er muss dafür jedoch damit rechnen, [[Unterhalt]] nach {{§|94|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041155}} [[Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch|ABGB]] wie bei aufrechter Ehe (!) leisten zu müssen.<br />
<br />
==== Einvernehmliche Scheidung ====<br />
Diese Scheidungsform erfordert die<br />
* ''Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr'', eine<br />
* ''schriftlichen Vereinbarung'' sowie<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'', die (rein formell, es wird nicht nachgeprüft) eingestanden werden muss.<br />
<br />
''Eheliche Lebensgemeinschaft'': Diese umfasst die allgemeinen [[Eheliche Pflichten|ehelichen Pflichten]] des {{§|90|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041153}} ABGB (gemeinsames [[Wohnen]], [[Treue]], [[Beistand]] etc.); auf eine Aufhebung der ''häuslichen Gemeinschaft'' (siehe oben) im rein räumlichen Sinn kommt es nicht an, folglich ist letzterer auch nicht erforderlich für die einvernehmliche Scheidung.<br />
<br />
Die ''schriftliche Vereinbarung'', die zivilrechtlich als ''[[Vergleich (Recht)]]'' qualifiziert werden kann, muss Einigung enthalten über: hauptsächlichen [[Aufenthalt]] der Kinder, [[Obsorge]], Ausübung des [[Recht auf persönlichen Verkehr|Rechts auf persönlichen Verkehr]], [[Unterhalt]] für die Kinder, Unterhalt der Ehegatten zueinander<br />
<br />
== Schweizerisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Für die Schweiz gilt die [[EheVO-II]] der Europäischen Union nicht. Nach {{Art.|59|291|ch}} des schweizerischen [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Schweiz)|Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG)]] sind Schweizer Gerichte international zuständig, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, oder der Kläger, der in der Schweiz wohnhaft ist, Schweizer ist oder der Kläger sich seit mindestens einem Jahr in der Schweiz aufhält. Lebt das Ehepaar im Ausland, sind Schweizer Gericht dennoch zuständig, wenn einer der Ehegatten Schweizer ist und es unmöglich oder unzumutbar ist die Klage am Wohnsitz eines der Ehegatten zu erheben ({{Art.|60|291|ch}} IPRG ''Heimatzuständigkeit'').<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Anwendbarkeit ist im Bundesgesetz über das internationale Privatrecht geregelt.<br />
<br />
Die Schweiz knüpft für die Beurteilung, welches Recht auf die Scheidung anzuwenden sei, anders als Deutschland und Österreich grundsätzlich nicht an der Staatsangehörigkeit, sondern am Wohnsitz der Ehegatten an. Verwendet man als Anknüpfungsmoment den Wohnsitz, führt das viel häufiger zu der Anwendung eigenen Rechts, weil vor Schweizer Gerichten sehr häufig nur Personen mit Schweizer Wohnsitz zu klagen pflegen. So richten sich beispielsweise die Voraussetzungen für die Scheidung nach Schweizer Recht, wenn zwei Deutsche seit über einem Jahr Wohnsitz in der Schweiz haben.<br />
<br />
Die Schweizer Gerichte wenden auf das Recht der Scheidung grundsätzlich immer Schweizer Recht an ({{Art.|61|291|ch}} Abs.&nbsp;1 IPRG). Das gilt selbst dann, wenn Schweizer Gerichte nach Art.&nbsp;60 IPR-Gesetz heimatzuständig sind (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;4 IPRG). Etwas anderes gilt nur, wenn beide Ehegatten Ausländer sind, welche dieselbe Staatsangehörigkeit haben und nur einer von ihnen seinen Wohnsitz in der Schweiz hat (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;2 IPRG). Hält sich der eine ausländische Ehegatte seit mindestens 2 Jahren in der Schweiz auf oder ist er auch Schweizer, so ist Schweizer Recht anzuwenden, wenn nach dessen Heimatrecht die Scheidung nicht oder nur unter außerordentlich schweren Bedingungen zulässig ist (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;3 IPRG).<br />
<br />
=== Schweizerische Vorschriften ===<br />
In der Schweiz ist die Scheidung im [[Zivilgesetzbuch]] (ZGB) umfassend geregelt. Hierbei ist zwischen der Scheidung auf gemeinsames Begehren und der Scheidung auf Klage zu unterscheiden:<br />
<br />
==== Scheidung auf gemeinsames Begehren ====<br />
Diese ist im Art.&nbsp;111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] geregelt. Bei der umfassenden Einigung (also auch hinsichtlich der Scheidungsfolgesachen) wird vom liberalen Grundsatz der [[Vertragsfreiheit]] ausgegangen. Geprüft wird somit vor Gericht nur der [[Wille#Zur Begriffsbildung in der Rechtswissenschaft|freie Wille]] und die [[reifliche Überlegung]]&nbsp;– nicht jedoch die ''faktische Zerrüttung'', die nach ZGB ''nicht'' Voraussetzung für die Scheidung ist.<br />
<br />
Artikel 111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] lautet:<ref>{{Art.|111|210|ch}} Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, admin.ch</ref><br />
# ''Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an; es überzeugt sich davon, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung voraussichtlich genehmigt werden kann.''<br />
<br />
# Hat sich das Gericht davon überzeugt, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung mit den Anträgen hinsichtlich der Kinder genehmigt werden kann, so spricht das Gericht die Scheidung aus.<br />
<br />
Es ist zulässig, eine "Teilkonvention" einzureichen, die nur gewisse Folgen der Scheidung (Unterhalt, Güterrecht, Teilung der Pensionskassenguthaben) beinhaltet. Der Scheidungsrichter entscheidet dann über die Scheidungsfolgen, über die sich die Ehegatten nicht geeinigt haben.<br />
<br />
== Weitere Länder ==<br />
* [[Chile]] ermöglichte als letzter südamerikanischer Staat die Scheidung erst 2003/2004.<br />
* In [[Irland]] wurde die Möglichkeit der Scheidung durch die 15. [[Verfassungsänderung (Irland)|Verfassungsänderung]] 1995 eingeführt. Diese Verfassungsänderung wurde in einer Volksabstimmung nur mit knapper Mehrheit (50,25 % dafür und 49,75 % dagegen) <ref>http://www.irlandlexikon.de/?letter=S</ref> gebilligt. [[1986]] war ein Versuch der Regierung, die Verfassung in diesem Sinn zu ändern, noch an einer Volksabstimmung gescheitert.<br />
* [[Malta]] erlaubt als einziger Staat der [[Europäische Union|EU]] keine Ehescheidung.<ref>[http://www.kath.net/detail.php?id=27530 kath.net: Malta und die Ehe 27. Juli 2010]</ref> In einem Referendum im Mai 2011 jedoch befürwortete die Bevölkerung mehrheitlich die Einführung der Scheidung in Malta. <ref>[http://www.stern.de/politik/ausland/abstimmung-auf-malta-buerger-sprechen-sich-fuer-scheidungen-aus-1690198.html Stern:Bürger sprechen sich fü Scheidungen aus] </ref><br />
* In [[Italien]] wurde die Scheidung 1970 gegen den Widerstand des Vatikans parlamentarisch ermöglicht.<ref>[http://www.taz.de/pt/2007/03/05/a0140.1/text taz:Und führe Politiker nicht in Versuchung]</ref><br />
* Zu Japan siehe [[Ehe und Scheidung in Japan]]<br />
* Zu der Republik Türkei siehe [[Ehescheidung in der Türkei]] <br />
* Auf den [[Philippinen]] gibt es keine Scheidung.<br />
<br />
== Rechtsvergleich ==<br />
Der Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Scheidungsrecht ist wohl primär der Umstand, dass das deutsche Recht zur Gänze, das österreichische Recht nur überwiegend vom Zerrüttungsprinzip dominiert ist. Zwar ist die „Härtefallscheidung“ in Deutschland wohl durchaus mit der „Verschuldensscheidung“ in Österreich vergleichbar, jedoch stellt das deutsche Recht auch hier nicht auf Schuld, sondern auf die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens ab.<br />
<br />
Im österreichischen Recht fällt der Unterhalt für den schuldig geschiedenen Partner niedriger aus als bei unverschuldeter Scheidung. In Deutschland spielt dieser Aspekt zwangsläufig keine Rolle für die Höhe des Unterhalts.<br />
<br />
Im Fall einer Trennung ist die (streitige) Scheidung nach deutschem Recht bereits nach einem Jahr (Trennungsjahr), spätestens aber nach drei Jahren möglich. Das österreichische Recht fordert grundsätzlich eine Trennungszeit von drei Jahren, im Härtefall sogar von sechs Jahren. In diesem Fall ist der Bestandsschutz des österreichischen Rechts weitreichender.<br />
<br />
Die einverständliche (deutsche) oder einvernehmliche (österreichische) Scheidung erfordert nach deutschem Recht ein Jahr Trennung, die (ggf. unter Eid) mündlich vor Gericht versichert werden muss, nach österreichischem Recht nur ein halbes Jahr Trennung, die im Scheidungsantrag nur rein formal ohne Überprüfung zugestanden werden muss. Hier ist der Bestandsschutz des deutschen Rechts wesentlich weitreichender.<br />
<br />
{{Staatslastig|DE}}<br />
{{Staatslastig|AT}}<br />
<br />
== Daten und Statistiken zu Ehescheidungen ==<br />
=== Deutschland ===<br />
Die jährliche Anzahl der Eheschließungen und Ehescheidungen hat sich in Deutschland folgendermaßen entwickelt:<br />
<br />
{| class="prettytable" align="center"<br />
|-bgcolor=eeeeee<br />
! align=center colspan=5 | Eheschließungen und Scheidungen in Deutschland<br />
|----<br />
|-bgcolor=f3f3f3<br />
| align="center" |Jahr<br />
| align="center" |Ehe-<br />schließungen<br />
| align="center" |Ehe-<br />scheidungen<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 25 Ehejahren (in %)<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 45 Ehejahren (in %)<br />
|----<br />
|1990<br />
|align="center" |516.388<br />
|align="center" |154.786<br />
|align="center" |27,4<br />
|align="center" |29,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|1995<br />
|align="center" |430.534<br />
|align="center" |169.425<br />
|align="center" |30,9<br />
|align="center" |33,2<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2000<br />
|align="center" |418.550<br />
|align="center" |194.408<br />
|align="center" |37,3<br />
|align="center" |40,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2005<br />
|align="center" |388.451<br />
|align="center" |201.693<br />
|align="center" |40,4<br />
|align="center" |44,2<br />
|----<br />
| colspan=5 |<small>Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, BiB-Mitteilungen, 04/2007 vom 11. Februar 2008, S. 13</small><br />
|}<br />
<br />
=== Österreich ===<br />
Fast 90 % der Ehescheidungen erfolgen ''[[#Einvernehmliche Scheidung|einvernehmlich]]''. Bei einem Rechtsstreit mit richterlichem Urteil hätten beide Parteien mit zwei negativen Folgen zu rechnen: Erstens würden intime Details aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit getragen („Schmutzwäschewaschen“), zweitens müssten die Parteien den Anordnungen des Richters Folge leisten. Bei einer wenn auch mühsamen Einigung hingegen können die Parteien weitgehend selbst bestimmen, wie sie die Scheidung regeln (siehe auch [[Mediation]]).<br />
<br />
== Ethische Aspekte ==<br />
Die Scheidung ist die formelle, juristische Beendigung einer Ehe. Im Gegensatz dazu ist die [[Trennung]] die tatsächliche Beendigung einer Ehe, die sowohl im Rechtssystem Österreichs als auch im Rechtssystem Deutschlands Voraussetzung für Scheidung ist. Die offizielle Scheidung nach diesen beiden Rechtssystemen ist somit die formale Auflösung einer bereits nicht mehr existenten Ehe.<br />
<br />
Ethische Aspekte erstrecken sich auf Inhalte, nicht auf Form. Eine ethische Bewertung einer Scheidung ist somit&nbsp;– im Gegensatz zu einer ethischen Bewertung der Trennung&nbsp;– grundsätzlich ''nicht'' möglich.<br />
<br />
{{Lückenhaft|Es fehlen folgende nicht-juristische Gesichtspunkte: Geschichte der Scheidungen (z.&nbsp;B. in der Antike), ethische Aspekte und ggf. noch weitere}}<br />
<br />
== Wirtschaftliche Aspekte ==<br />
[[Stephen Jenkins]] (''Institute for Social and Economic Research'', ''Council of the International Association for Research on Income and Wealth'') kam in einer Langzeit-Studie zum Ergebnis, dass in Großbritannien Männer nach einer Scheidung sich wirtschaftlich wesentlich verbesserten und Frauen hingegen sich verschlechterten. Diese Aussage trifft häufig selbst dann zu, wenn es sich hierbei nicht um Väter und Mütter, also um die Frage der Versorgung von Kindern, handelt.<ref>Amelia Hill: [http://www.guardian.co.uk/lifeandstyle/2009/jan/25/divorce-women-research ''Men become richer after divorce.''] The Observer 25. Januar 2009</ref><br />
<br />
== Die Position in den Religionen ==<br />
=== Jüdische Religion ===<br />
Im Judentum ist die Scheidung ein komplexer Akt, der eine Korrektur der Vergangenheit darstellt: Ähnlich wie die Buße ein in der Vergangenheit zerschnittenes Band zwischen dem Menschen und JHWH wieder knüpft, kann durch die Scheidung das in der Vergangenheit gesetzte Band zweier Seelen rückwirkend gelöst werden. Die Vorschrift ist in wenigen Zeilen der [[Thora]] zu finden. Eine Scheidung ist jederzeit ohne Grund von beiden Seiten möglich. Allerdings gibt es seit Jahrhunderten Probleme, wenn die Frau die Scheidung will. Der Mann muss sie ziehen lassen und darf ihr den [[Scheidebrief]] (''get'') nicht verweigern. Da aber – außer in Israel – der ''get'' nirgends einklagbar ist, ist der ziehenden Frau bei verweigertem ''get'' die Wiederheirat verwehrt.<br />
<br />
=== Christentum ===<br />
Bis ins 20. Jahrhundert hinein lehnten die meisten westlichen Kirchen Scheidung kategorisch ab. Die römisch-katholische Kirche sowie der überwiegende Teil der pietistischen, täuferischen und charismatischen Kirche halten in unterschiedlichem Grade bis heute daran fest. Grundlage für die restriktive Beurteilung ist {{B|Matthäus|19|3–9}}: Jesus wendet sich hier scharf gegen den mosaischen Scheidebrief, unter dem Vorbehalt der sogenannten [[Unzuchtsklausel]] (jedoch noch restriktiver mit dem Hintergrund des Unterganges des Südreiches: {{B|Mal|2|10–16}}). Der Verweis auf die alttestamentliche Regelung der Scheidung ([[Scheidebrief]]: {{B|5 Mos|24|1}}) macht deutlich: Es gibt Situationen, die so ausweglos sind, dass allein noch eine Scheidung möglich ist (zur katholischen Position dazu siehe [[Codex Iuris Canonici|CIC]] 1143).<br />
<br />
Spätestens seit 1970 ist dies in den evangelischen Landeskirchen Deutschlands, in vielen protestantischen ''mainline churches'' in den Vereinigten Staaten sowie in gemäßigten protestantischen Kirchen in anderen westlichen Industriestaaten allgemein anerkannt. Für die Katholiken lässt sich dies in der Praxis –&nbsp;im Gegensatz zur kirchenamtlichen Lehre&nbsp;– etwa 10 Jahre später feststellen. Nicht erlaubt ist jedoch die zivile Wiederverheiratung, kirchliche Angestellte werden in diesem Fall entlassen. Neuerdings wird die Ehescheidung als Möglichkeit auch unter evangelikalen, charismatischen und pfingstkirchlichen Christen in Betracht gezogen.<br />
<br />
Die Mehrzahl der [[Ostkirche]]n hat die Scheidung seit langem als manchmal notwendiges Übel akzeptiert (''oikonomia''). Nach orthodoxem Glauben ist das alttestamentliche Gesetz durch Christus gegeben; wenn er darin „wegen der Härte der Herzen“ eine Scheidung erlaubt hat, so ist seine Äußerung im Neuen Testament nicht als Widerspruch dagegen zu verstehen (denn Gott widerspricht sich nicht), sondern als Warnung gegen leicht genommene Scheidung. Die Östlich-Orthodoxen (orthodoxe Kirchen im engeren Sinne) erlauben bis zu maximal drei Eheschließungen. Die Zeremonie zu einer Wiederheirat ist allerdings weit weniger feierlich als die zu einer ersten Heirat; vielmehr überwiegt der Gedanke der Buße. Vor einer dritten kirchlichen Hochzeit wird ein Jahr strenger Buße vorausgesetzt.<ref>[http://orthodoxeurope.org/page/3/16.aspx ''Die Grundlagen der Sozialdoktrin der Russisch-Orthodoxen Kirche'']. Auf: orthodoxeurope.org, Abschnitt X.3.</ref><br />
<br />
==== Römischer Katholizismus ====<br />
Nach dem Rechtsverständnis der [[Römisch-Katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] ist eine Scheidung nur in zwei eng begrenzten Fällen möglich: Wenn sich einer der beiden Eheleute, die zur Zeit der Eheschließung beide ungetauft waren, taufen lässt, und der ungetauft Bleibende den christlichen Glauben nicht akzeptiert und sich entweder deswegen trennen möchte oder „den Schöpfer lästert“, dann kann der getaufte Partner eine neue Ehe mit einem Getauften eingehen, was die erste (nichtsakramentale) Ehe auflöst.<br />
<br />
Zweitens kann der Papst die Eheauflösung gewähren, wenn die Ehe nicht vollzogen wurde; diese Gewährung wird jedoch nur äußerst selten erteilt. Dies ist nicht mit der ''[[impotentia coeundi]]'' (sogenanntes [[Ehehindernis]] [[Göttliches Recht|göttlichen Rechts]]) zu verwechseln, bei der die nachträgliche Ungültigerklärung einer Ehe gemäß can. 1084 § 2 möglich ist (Schutz-Canon gegen „Alibi-Ehen“). In letzterem Falle gilt die Ehe als nie wirksam geschlossen, während es bei einer Auflösung einer nicht vollzogenen Ehe durch den Papst dabei bleibt, dass die Ehe tatsächlich existiert hat, so dass man von einer Scheidung sprechen kann.<br />
<br />
Anders verhält es sich bei der [[Eheannullierung]], die voraussetzt, dass eine Ehe nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist.<br />
<br />
In Fällen von Ehezerrüttung oder Ehebruch o.&nbsp;ä. gesteht die Kirche in besonderen Härtefällen (etwa bei einem „[[Kuckuckskind]]“ oder manifester [[Gewalt]]) den Eheleuten nur die „Trennung von Tisch und Bett“, nicht aber die formelle Scheidung zu. Dies wird damit begründet, dass die katholische [[Kirchliche Trauung|Ehe]] eines der sieben [[Sakrament]]e ist und, wie auch aus den liturgischen Formeln ersichtlich, geschlossen wird „bis (dass) der Tod euch scheidet“. Die Scheidung ist dementsprechend schlicht unwirksam; der Geschiedene bleibt, sofern er nicht Gründe für eine Trennung von Tisch und Bett hat, weiterhin zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet, und auch in diesem Fall zur außerehelichen Enthaltsamkeit sowie dazu, keine neue Ehe einzugehen (was er im kirchenrechtlichen Sinn auch gar nicht gültig bewerkstelligen kann). Bei erlaubter dauerhafter Trennung von Tisch und Bett ist, falls zweckmäßig, auch die zivile Scheidung erlaubt, jedoch ohne die Wiederheirat zu ermöglichen.<br />
<br />
Diese rechtliche Ordnung stößt in der Gegenwart häufig auf wenig Verständnis. Der Grund dafür ist: Es wird zwar in der Regel nachvollzogen, das „Zerrüttenlassen“ der Ehe, die Trennung und die Scheidung als [[Sünde]] (oder zumindest „Sünde gemäß kirchlicher Moral“) zu betrachten, die landläufige Meinung geht aber davon aus, dass durch diese Sünden die Ehe als solche beendet werde. Von daher verstehen sich Forderungen, die Scheidung möge doch (wie u.&nbsp;a. Mord, Abtreibung, Ehebruch etc.) durch das [[Bußsakrament]] „vergeben“ werden. Richtig ist aber, dass von der Sünde der Scheidung (sofern sie überhaupt mit einer Sünde verbunden war) selbstverständlich im Bußsakrament losgesprochen werden kann – was aber den Pönitenten nicht von seinem Eheversprechen entbindet.<br />
<br />
=== Islam ===<br />
Im [[Islam]] gibt es die Möglichkeit zur Scheidung in einigen Ausdifferenzierungen (→ [[Islamische Ehe#Scheidung|Scheidung einer islamischen Ehe]]; [[Verstoßung#Verstoßung im Islam|Talaq]] seitens des Mannes; Chulla seitens der Frau).<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Scheidungsrate]], [[Alleinerziehende]], [[Sorgerecht]], [[Stieffamilie]], [[Eheannullierung]], [[Lebenspartnerschaftsgesetz]], [[Online Scheidung]], [[Scheidungsformel]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Thomas Rauscher: Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Band I und II, 2. Auflage Sellier European Law Publisher 2006<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{ws | [[s:RE:Ehescheidung |Ehescheidung]] in Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft}}<br />
* [http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Bevoelkerung/EheschliessungenScheidungen/EheschliessungenScheidungen.psml Statistik zu Eheschließungen und Scheidungen auf der Webseite des statistischen Bundesamtes für Deutschland]<br />
* [http://de.statista.org/statistik/daten/studie/1346/umfrage/anzahl-der-geschiedenen-ehen-nach-ehedauer/ Anzahl der geschiedenen Ehen nach Ehedauer (2006)]<br />
* [http://www.vatican.va/archive/DEU0036/__P44.HTM Codex des Kanonischen Rechtes]<br />
* [http://ec.europa.eu/civiljustice/divorce/divorce_ec_de.htm Information der Europäischen Kommission zum Scheidungsrecht aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie internationalem Recht] (mehrsprachig)<br />
* [http://www.eheanwalt.ch/ Informationen zum Schweizer Scheidungsrecht] (deutsch)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Rechtshinweis}}<br />
<br />
[[Kategorie:Eherecht (Deutschland)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Österreich)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Schweiz)]]<br />
[[Kategorie:Ehe]]<br />
<br />
[[ar:طلاق]]<br />
[[az:Boşanma]]<br />
[[bg:Развод]]<br />
[[bjn:Sarak]]<br />
[[br:Torr-dimeziñ]]<br />
[[ca:Divorci]]<br />
[[ceb:Diborsyo]]<br />
[[cs:Rozvod]]<br />
[[da:Skilsmisse]]<br />
[[en:Divorce]]<br />
[[eo:Eksgeedziĝo]]<br />
[[es:Divorcio]]<br />
[[eu:Dibortzio]]<br />
[[fa:طلاق]]<br />
[[fi:Avioero]]<br />
[[fr:Divorce]]<br />
[[he:גירושים]]<br />
[[hr:Rastava braka]]<br />
[[ht:Divòs]]<br />
[[id:Perceraian]]<br />
[[it:Divorzio (ordinamento civile italiano)]]<br />
[[ja:離婚]]<br />
[[kn:ವಿಚ್ಛೇದನ]]<br />
[[la:Divortium]]<br />
[[mt:Divorzju]]<br />
[[nl:Echtscheiding]]<br />
[[nn:Skilsmisse]]<br />
[[no:Skilsmisse]]<br />
[[pl:Rozwód]]<br />
[[pt:Divórcio]]<br />
[[qu:T'aqanakuy]]<br />
[[ro:Divorț]]<br />
[[ru:Развод]]<br />
[[scn:Divorziu]]<br />
[[sh:Razvod]]<br />
[[si:දික්කසාදය]]<br />
[[simple:Divorce]]<br />
[[sq:Divorci]]<br />
[[sr:Развод]]<br />
[[sv:Skilsmässa]]<br />
[[ta:திருமண முறிவு]]<br />
[[te:విడాకులు]]<br />
[[tr:Boşanma]]<br />
[[uk:Розлучення]]<br />
[[wa:Divoirçaedje]]<br />
[[yi:גט]]<br />
[[zh:离婚]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ehescheidung_(Schweiz)&diff=95556190Ehescheidung (Schweiz)2011-06-22T09:46:58Z<p>222.127.231.29: /* Weitere Länder */ verboten klingt schon nach, als wird man Geschiedene bestrafen</p>
<hr />
<div>'''Scheidung''' oder '''Ehescheidung''' ist die formelle juristische Auflösung einer [[Ehe]].<br />
<br />
''Geschieden'' ist neben ledig, verheiratet und [[Witwer|verwitwet]] einer der vier weltweit üblichen [[Familienstand|Familienstände]]. Eine Scheidung ist jedoch nicht in allen Rechtssystemen möglich, Verfahren und Bedeutung können sehr unterschiedlich sein.<br />
<br />
Daneben gibt es mit [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]], [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigkeit]] und [[Eheannullierung|Annullierung]] aus formellen Gründen verschiedene Formen der Ungültigkeit einer Ehe, sowie die [[Getrenntleben|Trennung]] ohne Beendigung des Eheverhältnisses. In erweitertem Sinne bezieht sich der Ausdruck ''Scheidung'' rechtlich auch auf [[gleichgeschlechtliche Ehe]]n oder [[eingetragene Partnerschaft]]en<!--sic, nicht der deutsche spezialausdruck-->, nicht aber andere [[Lebensgemeinschaft]]en.<br />
<br />
== Deutsches Recht ==<br />
''siehe auch:'' [[Eherecht (Deutschland)|Eherecht]]<br />
<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Die [[Internationale Zuständigkeit (Deutschland)|internationale Zuständigkeit]] ist innerhalb der [[Europäische Gemeinschaft|Europäischen Gemeinschaft]] mit Ausnahme Dänemarks mit der „Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung“<ref>http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:338:0001:0029:DE:PDF</ref> (Brüssel IIa Verordnung – auch EuGVVO II oder [[Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (EuEheVO)|EheVO-II]]) einheitlich geregelt worden.<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;a EheVO-II ist das Gericht desjenigen EG-Mitgliedstaates zuständig, in dem<br />
# beide Ehegatten ihren [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn ihn einer dort noch hat;<br />
# der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder im Falle eines „gemeinsamen Antrags“<ref>unerheblich ist, ob nach dem Recht des Mitgliedstaates, dessen Gericht zuständig ist, formal die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrags existiert, Thomas Rauscher in Europäischen Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;19</ref>, wo einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;<br />
# der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens 6 Monaten vor dem Antrag aufgehalten hat und Staatsangehöriger dieses Staates ist oder in Ermangelung einer Staatsangehörigkeit sich mindestens ein Jahr aufgehalten hat;<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;b EheVO-II sind auch die Gerichte des EG-Mitgliedstaates international zuständig, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten haben.<br />
<br />
Die internationale Zuständigkeit kann unter Umständen für einen Deutschen, dessen Ehegatte ein Ausländer ist, bedeuten, dass für seinen Scheidungsantrag kein deutsches Gericht international zuständig ist.<ref>Rauscher in Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;3</ref><br />
<br />
Diese internationale Zuständigkeit ist innerhalb der EG ausschließlich. Nur nicht EG-Staaten können ihre Gerichtsbarkeit ebenfalls für berufen erklären. Eine Restzuständigkeit bleibt dem nationalen Recht, wenn der Antragsgegner weder Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaates ist noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem EG-Mitgliedstaat hat (Art.&nbsp;6 EheVO-II); deutsche Gerichte sind in diesem Fall nach {{§|98|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] international zuständig. Ist der Antragsteller Deutscher und der Antragsgegner weder EG-Inländer oder in der EG ansässig, ist die deutsche Gerichtsbarkeit mit der Sache betraut.<br />
<br />
An der Scheidung ist die Scheidungsfolgesache Unterhalt geknüpft: Hierzu gibt es bereits seit Inkrafttretens des europäischen Rechts Brüssel I – auch [[EuGVVO]] genannt – eine entsprechende Regelung.<br />
<br />
Soweit ein deutsches Gericht international zuständig ist, prüft es, ob es deutsches oder bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ausländisches Recht anzuwenden hat.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
''siehe auch:'' [[Internationales Privatrecht]]<br />
<br />
Deutsche Gerichte und Behörden wenden auf [[deutsche]] Staatsbürger stets deutsches Recht an.<br />
<br />
Bei [[Ausländer]]n muss unterschieden werden:<br />
<br />
Gehören beide Ehegatten, die sich scheiden lassen wollen, zum Zeitpunkt der [[Rechtshängigkeit]] demselben ausländischen Staat an oder gehörten sie diesem zuletzt an, richtet sich die Scheidung nach dem Recht ihres Heimatstaates ({{Art.|17|EGBGB|dejure}} Abs.&nbsp;1 [[EGBGB]]).<br />
<br />
Ist einer der Ehegatten Deutscher, haben beide ausländischen Ehegatten verschiedene [[Staatsangehörigkeit]]en oder sind die Eheleute [[Asyl]]anten oder [[Konventionsflüchtling]]e<ref>Art.&nbsp;12 [[Genfer Flüchtlingskonvention]]</ref>, so wird das Recht des Ortes angewendet, wo die Ehegatten ihren gemeinsamen [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn einer von ihnen ihn dort noch hat. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch eine [[Inländerprivilegierung]] vorgesehen: Ist einer der Ehegatten Deutscher und ist die Ehe nach dem Recht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts unscheidbar, wird sie nach deutschem Recht geschieden. Klagt ein Deutscher auf Scheidung der Ehe und ist nach der EheVO-II die deutsche Gerichtsbarkeit unzuständig, kommt dem Deutschen die Inländerprivilegierung des Art.&nbsp;17 Abs.&nbsp;1 Satz&nbsp;2 EGBGB nicht zugute.<br />
<br />
Bei der Form der Scheidung ist das deutsche Recht streng. Auch wenn auf die Scheidung der Ehe durch das deutsche [[Familiengericht]] ausländisches Recht angewendet wird, kann in Deutschland die Ehe nur durch [[Gerichtsbeschluss]] (z.&nbsp;B. nicht durch [[Verstoßung]] oder [[Aufhebungsvertrag]]) geschieden werden. Diese Formstrenge steht im Gegensatz zur Toleranz gegenüber ausländischen Formen des Eheschlusses in Deutschland (z.&nbsp;B. vor einem [[Konsul]] oder [[Geistlicher|Geistlichen]]).<br />
<br />
=== Deutsche Vorschriften ===<br />
Das deutsche Recht sieht die Ehe als lebenslange Institution, deren besonderer Schutz in {{Art.|6|gg|juris}} des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes]] gefordert wird. Die Ehe kann daher nur durch den [[Sterbefall|Tod]], durch Scheidung oder durch [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]] beendet werden. Die Scheidung oder die Aufhebung muss im Wege der [[Gestaltungsklage]] durch richterlichen Beschluss erfolgen. Scheidungen werden mehrheitlich von Frauen eingereicht.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2007/08/13/781748.html?s=2 Abendblatt: ''Keine Lust mehr auf Ehe?'']</ref><br />
<br />
Die Scheidung wurde zusammen mit der [[Zivilehe]] 1875 im [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]] eingeführt. Bis zum Inkrafttreten der Reform von 1976 ([[Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts|1. EheRG]]) galt im Ehescheidungsverfahren das Schuldprinzip. Dieses wurde in einer Reform der entsprechenden Paragraphen durch das sogenannte ''Zerrüttungsprinzip'' abgelöst. Im Gesetzestext selber wird dabei vom ''Scheitern'' der Ehegemeinschaft gesprochen. Die Reform von 1976 macht Unterhaltsrechte und -pflichten nicht mehr von einer „Schuld“ abhängig, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der geschiedenen Ehepartner, unter Berücksichtigung des Prinzips einer [[Eigenverantwortung]].<ref>{{internetquelle|autor=Peter Borowsky|url=http://www.bpb.de/publikationen/01076900131314521849545168923836,5,0,Sozialliberale_Koalition_und_innere_Reformen.html|titel=Sozialliberale Koalition und innere Reformen – Kapitel „Ehe- und Familienrecht“|werk=Informationen zur politischen Bildung (Heft 258)|hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung|zugriff=11. Mai 2008}}</ref><ref>[http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=43822624&aref=image035/0549/PPM-SP197004900700086.pdf&thumb=false ''Wie im Orient?''], DER SPIEGEL 49/1970, S.&nbsp;70–86, 30. November 1970. [{{Der Spiegel|43822624|Titel=Wie im Orient? (siehe Titelbild)|Text=}} Online-Version (HTML)]. Aufgerufen am 11. Mai 2008.</ref> Die Regelungen wurden 2008 durch das [[Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts]] erneut umfassend reformiert.<br />
<br />
==== Voraussetzungen ====<br />
Die Voraussetzungen einer Scheidung sind, nachdem sie jahrzehntelang im [[Ehegesetz (Deutschland)|Ehegesetz]] „ausgelagert“ waren, inzwischen wieder abschließend in den {{§|1564|bgb|juris}} bis {{§|1568|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] sowie in den {{§|133|famfg|juris}} bis {{§|150|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] geregelt. Die Scheidungsfolgen (wie beispielsweise [[Unterhalt]], [[Sorgerecht]], [[Umgangsrecht]] und [[Versorgungsausgleich]]) werden in den {{§|1569|bgb|juris}}ff. BGB, das Scheidungsverfahrensrecht im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den [[Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit]] (FamFG) geregelt. Mit der Umsetzung des FamFG wurde das Scheidungsverfahrensrechts, das vorher in ZPO und FGG geregelt war, nunmehr in einem Gesetz vereinheitlicht.<br />
<br />
Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie ''gescheitert'' ist. Das ist der Fall, wenn die eheliche [[Lebensgemeinschaft]] gemäß {{§|1353|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] (mensa et toro) nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung nicht mehr zu erwarten ist. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (s.&nbsp;{{§|1567|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]]).<br />
<br />
Um den Ehegatten eine genaue Untersuchung des Merkmals ''Scheitern'' (Zerrüttung) zu ersparen, gibt das BGB dem entscheidenden Richter zwei [[Vermutung (Recht)|Vermutungen]] an die Hand<!-- Meyers Lexikon ist eingestellt seit dem 23.03.09 <ref>http://lexikon.meyers.de/meyers/Ehescheidung</ref> Vielleicht dieser Link: http://bundesrecht.juris.de/bgb/__1566.html-->:<br />
<br />
# Leben die Ehegatten mehr als ein Jahr getrennt, so wird die Zerrüttung vermutet, sofern diese als „nicht heilbar“ angesehen wird: Wollen beide Ehegatten geschieden werden („einverständliche Scheidung“) oder besteht keine Bereitschaft, sich zu versöhnen, ist unwiderlegbar von einer Zerrüttung auszugehen.<br />
# Nach drei Jahren Trennung kann die Ehe auch gegen den Willen des anderen Ehegatten geschieden werden. Auch diese Vermutung ist unwiderlegbar.<br />
<br />
Ist die Fortsetzung der Ehe einem der Ehegatten eine unzumutbare Härte ({{§|1565|bgb|juris}} Abs.&nbsp;2 BGB), die in der Person des anderen Ehegatten begründet liegt, kann die Ehe aber vor Vollendung des ersten Trennungsjahrs und ohne Einwilligung beider Ehegatten geschieden werden. Eine solche unzumutbare Härte wird angenommen, wenn Misshandlungen vorliegen oder der Ehegatte beispielsweise eine weitere Person in die Ehe aufnehmen wollte (im Stil einer „[[Ménage à trois]]“). Deutsche Gerichte tendierten in der Vergangenheit dazu, den Begriff immer weiter zu fassen und immer neue subjektiv empfundene unzumutbare Härten zu akzeptieren.<br />
<br />
Der Beginn des Trennungsjahres kann rechtssicher durch den Wechsel in die [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse IV (4)|Steuerklasse IV]] im laufenden Jahr bzw. [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse I (1)|Steuerklasse I]] im auf die Trennung folgenden Kalenderjahr auf der [[Steuerkarte]] dokumentiert werden. Hierzu ist beim [[Einwohnermeldeamt]] eine ''Erklärung zum Familienstand'' abzugeben.<br />
<br />
==== Härteklausel ====<br />
Zu beachten ist die [[Härteklausel]] nach {{§|1568|bgb|juris}} BGB: Da die Scheidung in der Regel eine schwere Härte für [[Minderjährigkeit|minderjährige Kinder]] darstellt, ist zu prüfen, ob ein Fortbestand der Ehe aus Gründen des [[Kindeswohl]]s möglich erscheint (§ 1568 Abs.&nbsp;1 1. Alt. BGB). Zugleich wird aber auch der andere Ehepartner geschützt, wenn dieser wegen Krankheit oder vorgerückten Alters besonderer Schutzwürdigkeit bedarf.<br />
<br />
Die praktische Relevanz dieser Vorschrift ist aber eher als gering einzustufen.<br />
<br />
==== Verfahren ====<br />
Das Verfahren der Scheidung findet vor dem [[Amtsgericht]] – [[Familiengericht]] – statt. Anders als bei anderen Verfahren vor dem Amtsgericht besteht in Scheidungsverfahren [[Anwaltszwang]], das heißt, jedenfalls der Antragsteller muss sich von einem Anwalt vertreten lassen.<br />
<br />
Im Scheidungsverfahren können auf Antrag in einem sogenannten [[Scheidungsverbund]] andere Familiensachen (Regelung der [[Sorgerecht|elterlichen Sorge]], des [[Umgangsrecht|Umgangs]], des [[Unterhalt]]s, der Ansprüche aus dem ehelichen [[Güterrecht]], der Zuweisung von Ehewohnung und ehelichem [[Hausrat]]) für den Fall der Scheidung mit geltend gemacht werden. In der Regel zwingend und ohne Antrag einer Partei ist mit der Scheidung der [[Versorgungsausgleich]] zu regeln.<br />
<br />
Außergerichtlich können einige Scheidungsfolgen geregelt werden; z.&nbsp;B. kann [[ehevertrag]]lich auch anlässlich der Scheidung auf [[Zugewinnausgleich]] und unter bestimmten Einschränkung auch auf [[Unterhalt|Ehegattenunterhalt]] verzichtet werden. Solche Vereinbarungen sind [[notar]]iell zu [[Beurkundung|beurkunden]].<br />
<br />
=== [[Rechtsweg]] ===<br />
Während die erst<nowiki />[[Instanz (Recht)|instanz]]<nowiki />liche Verhandlung stets vor dem [[Amtsgericht]] stattfindet, ist die [[Beschwerde (Recht)|Beschwerde]]<nowiki />instanz das [[Oberlandesgericht]].<br />
<br />
=== Sonstiges ===<br />
Seit 2000 bieten einige Rechtsanwaltskanzleien in der Bundesrepublik Deutschland eine sog. „Internetscheidung“ an. Bis heute besteht jedoch die Möglichkeit einer Scheidung über das Internet nicht. Zudem ist zu bedenken, dass zu einem so komplexen Rechtsgebiet wie der Scheidung eine ausführliche Beratung dringend zu empfehlen ist, die im Übrigen keine zusätzlichen Kosten verursacht, da eine sog. „Internetscheidung“ genauso nach dem [[Rechtsanwaltsvergütungsgesetz|RVG]] vergütet wird wie die Präsenzscheidung mit ausführlicher Beratung im Anwaltsbüro. Gleichwohl ist es auf diesem – wenngleich weitgehend anonymisierten – Weg möglich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um das Scheidungsverfahren durch diesen bei einem ordentlichen Gericht betreiben zu lassen.<br />
<br />
Am 3. Februar 2010 hat der XII. Zivilsenat des [[Bundesgerichtshof]]s die Entscheidung (Az: XII ZR 189/06) bekannt gegeben, in der Zuwendungen der Schwiegereltern zum Ehepartner ihres Kindes zurückgefordert werden können.<ref>[http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=50767&linked=pm&Blank=1 Rückforderung von Zuwendungen an Ehepartner ihres Kindes - BGH-Urteil vom 3. Februar 2010]</ref>Diese Zuwendungen wurden nun als Schenkungen bewertet. Wenn die Ehe scheitert, sei die Geschäftsgrundlage für die Schenkung nicht mehr gegeben. Die ''Möglichkeit einer zumindest partiellen Rückabwicklung'' der Schenkung sei auch dann möglich, wenn in der Ehe eine [[Zugewinngemeinschaft]] bestanden habe.<br />
<br />
== Österreichisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Österreichische Stellen prüfen die Anwendbarkeit einer Rechtsordnung nur, wenn sie, insbesondere nach der [[EheVO-II]] international zuständig sind.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Vorschriften über die Anwendbarkeit des österreichischen Rechts ([[Internationales Privatrecht]]) sind im [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Österreich)|Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht]] (IPR-Gesetz) geregelt.<br />
<br />
Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts unterliegt in der Sache ähnlichen Vorschriften ({{§|20|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031306}} in Verbindung mit {{§|18|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031304}} IPR-Gesetz) wie die des deutschen. Das österreichische Recht verzichtet aber auf eine Inländerprivilegierung. Stattdessen findet bei bi-nationalen Ehen stets, im Falle eines Österreichers österreichisches Recht, im Falle eines Ausländers dessen Heimatrecht auf die Scheidung Anwendung, wenn nach dem Recht des (letzten) gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts die Ehe nicht geschieden werden kann (§&nbsp;20 Abs.&nbsp;2 IPR-Gesetz).<br />
<br />
=== Österreichische Vorschriften ===<br />
Die Scheidung der Ehe ist neben der [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigerklärung der Ehe]] und der [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung der Ehe]] eine der Möglichkeiten, die Ehe zu beenden. Österreich hat das Scheidungsrecht im [[Ehegesetz]] (EheG), das bis 1977 weitgehend gleichlautend mit dem dEheG in Deutschland war, geregelt. Zwischenzeitlich kamen einige Änderungen, wie der verschuldensunabhängige Unterhalt (genauer: ''Unterhalt trotz Verschuldens'') hinzu.<br />
<br />
Rechtsdogmatisch gesprochen handelt es sich bei der Scheidung um die ''„[[Kündigung]]“ des [[Dauerschuldverhältnis]]ses Ehe'', die nur aus besonderen Gründen möglich ist. Wenngleich nicht ausschließlich, so steht dennoch seit der Reform des Eherechts im Jahr 1999 das ''Zerrüttungsprinzip'' vor dem ''Verschuldensprinzip''. Scheidungsgründe sind dem Zerrüttungsprinzip folgend grundsätzlich „relativ“; so kann z.&nbsp;B. ein Ehebruch, der die Gemeinschaft der Ehegatten nicht tatsächlich zerrüttet, nicht zur Scheidung führen.<br />
<br />
''Ehescheidungsgründe'':<br />
* ''Streitige Scheidung''<br />
** ''Verschuldensscheidung''<br />
** Scheidung aus anderen Gründen<br />
*** Krankheit<br />
**** wg. auf geistiger Störung beruhenden Verhaltens<br />
**** wg. Geisteskrankheit<br />
**** wg. ansteckender oder ekelerregender Krankheit<br />
*** ''Auflösung der häuslichen Gemeinschaft''<br />
* ''Einvernehmliche Scheidung''<br />
<br />
==== Verschuldensscheidung ====<br />
Die Verschuldensscheidung erfordert eine<br />
* ''schwere Eheverfehlung'' bzw. ein ''ehrloses und unsittliches Verhalten'', die/das zu einer<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'' führt.<br />
<br />
''Schwere Eheverfehlung'': Das Gesetz selbst nennt demonstrativ [[Ehebruch]], körperliche [[Gewalt]] oder schweres seelisches Leid. Weiter zu nennen sind z.&nbsp;B. [[Alkoholkrankheit|Trunksucht]], ständige [[Streit]]ereien, schwere [[Beleidigung|Beschimpfungen]], Vernachlässigung des [[Privathaushalt|Haushalts]], Verweigerung der ehelichen [[Beiwohnung]].<br />
<br />
''Zerrüttung'': Die Ehe ist zerrüttet, wenn die körperliche, geistige und seelische Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist, so dass eine Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.<br />
<br />
''Der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung nicht begehren.'' Nicht um eine schwere Eheverfehlung handelt es sich bei Reaktionshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert Beiwohnung durch gegenwärtig volltrunkenen Mann). Auch Kompensationshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert – zur Vergeltung – den Geschlechtsverkehr zwei Tage nachdem Mann volltrunken war) machen den vormalig Unschuldigen nicht zum (überwiegend) Schuldigen.<br />
<br />
==== Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft ====<br />
Diese Scheidungsvariante erfordert eine<br />
* ''Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft seit 3 Jahren (bzw. 6 Jahren)'' und die<br />
* ''Zerrüttung der Ehe''.<br />
<br />
''[[Häusliche Gemeinschaft]]'': Diese ist beendet, wenn die eheliche Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in ehewidriger Intention beendet wird. Demgemäß reicht bereits eine Trennung von Tisch und Bett ''(a mensa et toro).'' Nur gelegentliches eheliches Beiwohnen genügt nicht für das Bestehen der häuslichen Gemeinschaft. Demgegenüber ist eine bloße räumliche Trennung (z.&nbsp;B. aus beruflichen oder sonstigen Gründen) ohne Zerrüttung unbeachtlich.<br />
<br />
Nach drei Jahren ist die Scheidung nur möglich, wenn die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann oder die Scheidung den (unschuldigen) Beklagten nicht härter (Härteklausel) treffen würde als den Klagenden die Abweisung des Scheidungsbegehrens. Ein derartiger ''Härtefall'' ist nach der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Wohl der Kinder, der Dauer der Aufhebung, dem Alter der Ehegatten, etc. zu beurteilen. Nach sechs Jahren kann die Ehe jedenfalls aufgehoben werden.<br />
<br />
''Insbesondere auch der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung begehren;'' er muss dafür jedoch damit rechnen, [[Unterhalt]] nach {{§|94|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041155}} [[Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch|ABGB]] wie bei aufrechter Ehe (!) leisten zu müssen.<br />
<br />
==== Einvernehmliche Scheidung ====<br />
Diese Scheidungsform erfordert die<br />
* ''Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr'', eine<br />
* ''schriftlichen Vereinbarung'' sowie<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'', die (rein formell, es wird nicht nachgeprüft) eingestanden werden muss.<br />
<br />
''Eheliche Lebensgemeinschaft'': Diese umfasst die allgemeinen [[Eheliche Pflichten|ehelichen Pflichten]] des {{§|90|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041153}} ABGB (gemeinsames [[Wohnen]], [[Treue]], [[Beistand]] etc.); auf eine Aufhebung der ''häuslichen Gemeinschaft'' (siehe oben) im rein räumlichen Sinn kommt es nicht an, folglich ist letzterer auch nicht erforderlich für die einvernehmliche Scheidung.<br />
<br />
Die ''schriftliche Vereinbarung'', die zivilrechtlich als ''[[Vergleich (Recht)]]'' qualifiziert werden kann, muss Einigung enthalten über: hauptsächlichen [[Aufenthalt]] der Kinder, [[Obsorge]], Ausübung des [[Recht auf persönlichen Verkehr|Rechts auf persönlichen Verkehr]], [[Unterhalt]] für die Kinder, Unterhalt der Ehegatten zueinander<br />
<br />
== Schweizerisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Für die Schweiz gilt die [[EheVO-II]] der Europäischen Union nicht. Nach {{Art.|59|291|ch}} des schweizerischen [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Schweiz)|Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG)]] sind Schweizer Gerichte international zuständig, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, oder der Kläger, der in der Schweiz wohnhaft ist, Schweizer ist oder der Kläger sich seit mindestens einem Jahr in der Schweiz aufhält. Lebt das Ehepaar im Ausland, sind Schweizer Gericht dennoch zuständig, wenn einer der Ehegatten Schweizer ist und es unmöglich oder unzumutbar ist die Klage am Wohnsitz eines der Ehegatten zu erheben ({{Art.|60|291|ch}} IPRG ''Heimatzuständigkeit'').<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Anwendbarkeit ist im Bundesgesetz über das internationale Privatrecht geregelt.<br />
<br />
Die Schweiz knüpft für die Beurteilung, welches Recht auf die Scheidung anzuwenden sei, anders als Deutschland und Österreich grundsätzlich nicht an der Staatsangehörigkeit, sondern am Wohnsitz der Ehegatten an. Verwendet man als Anknüpfungsmoment den Wohnsitz, führt das viel häufiger zu der Anwendung eigenen Rechts, weil vor Schweizer Gerichten sehr häufig nur Personen mit Schweizer Wohnsitz zu klagen pflegen. So richten sich beispielsweise die Voraussetzungen für die Scheidung nach Schweizer Recht, wenn zwei Deutsche seit über einem Jahr Wohnsitz in der Schweiz haben.<br />
<br />
Die Schweizer Gerichte wenden auf das Recht der Scheidung grundsätzlich immer Schweizer Recht an ({{Art.|61|291|ch}} Abs.&nbsp;1 IPRG). Das gilt selbst dann, wenn Schweizer Gerichte nach Art.&nbsp;60 IPR-Gesetz heimatzuständig sind (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;4 IPRG). Etwas anderes gilt nur, wenn beide Ehegatten Ausländer sind, welche dieselbe Staatsangehörigkeit haben und nur einer von ihnen seinen Wohnsitz in der Schweiz hat (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;2 IPRG). Hält sich der eine ausländische Ehegatte seit mindestens 2 Jahren in der Schweiz auf oder ist er auch Schweizer, so ist Schweizer Recht anzuwenden, wenn nach dessen Heimatrecht die Scheidung nicht oder nur unter außerordentlich schweren Bedingungen zulässig ist (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;3 IPRG).<br />
<br />
=== Schweizerische Vorschriften ===<br />
In der Schweiz ist die Scheidung im [[Zivilgesetzbuch]] (ZGB) umfassend geregelt. Hierbei ist zwischen der Scheidung auf gemeinsames Begehren und der Scheidung auf Klage zu unterscheiden:<br />
<br />
==== Scheidung auf gemeinsames Begehren ====<br />
Diese ist im Art.&nbsp;111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] geregelt. Bei der umfassenden Einigung (also auch hinsichtlich der Scheidungsfolgesachen) wird vom liberalen Grundsatz der [[Vertragsfreiheit]] ausgegangen. Geprüft wird somit vor Gericht nur der [[Wille#Zur Begriffsbildung in der Rechtswissenschaft|freie Wille]] und die [[reifliche Überlegung]]&nbsp;– nicht jedoch die ''faktische Zerrüttung'', die nach ZGB ''nicht'' Voraussetzung für die Scheidung ist.<br />
<br />
Artikel 111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] lautet:<ref>{{Art.|111|210|ch}} Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, admin.ch</ref><br />
# ''Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an; es überzeugt sich davon, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung voraussichtlich genehmigt werden kann.''<br />
<br />
# Hat sich das Gericht davon überzeugt, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung mit den Anträgen hinsichtlich der Kinder genehmigt werden kann, so spricht das Gericht die Scheidung aus.<br />
<br />
Es ist zulässig, eine "Teilkonvention" einzureichen, die nur gewisse Folgen der Scheidung (Unterhalt, Güterrecht, Teilung der Pensionskassenguthaben) beinhaltet. Der Scheidungsrichter entscheidet dann über die Scheidungsfolgen, über die sich die Ehegatten nicht geeinigt haben.<br />
<br />
== Weitere Länder ==<br />
* [[Chile]] ermöglichte als letzter südamerikanischer Staat die Scheidung erst 2003/2004.<br />
* In [[Irland]] wurde die Möglichkeit der Scheidung durch die 15. [[Verfassungsänderung (Irland)|Verfassungsänderung]] 1995 eingeführt. Diese Verfassungsänderung wurde in einer Volksabstimmung nur mit knapper Mehrheit (50,25 % dafür und 49,75 % dagegen) <ref>http://www.irlandlexikon.de/?letter=S</ref> gebilligt. [[1986]] war ein Versuch der Regierung, die Verfassung in diesem Sinn zu ändern, noch an einer Volksabstimmung gescheitert.<br />
* [[Malta]] erlaubt als einziger Staat der [[Europäische Union|EU]] keine Ehescheidung.<ref>[http://www.kath.net/detail.php?id=27530 kath.net: Malta und die Ehe 27. Juli 2010]</ref> In einem Referendum im Mai 2011 jedoch befürwortete die Bevölkerung mehrheitlich die Einführung der Scheidung in Malta. <ref>[http://www.stern.de/politik/ausland/abstimmung-auf-malta-buerger-sprechen-sich-fuer-scheidungen-aus-1690198.html Stern:Bürger sprechen sich fü Scheidungen aus] </ref><br />
* In [[Italien]] wurde die Scheidung 1970 gegen den Widerstand des Vatikans parlamentarisch ermöglicht.<ref>[http://www.taz.de/pt/2007/03/05/a0140.1/text taz:Und führe Politiker nicht in Versuchung]</ref><br />
* Zu Japan siehe [[Ehe und Scheidung in Japan]]<br />
* Zu der Republik Türkei siehe [[Ehescheidung in der Türkei]] <br />
* Auf den [[Philippinen]] gibt es keine Scheidung.<br />
<br />
== Rechtsvergleich ==<br />
Der Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Scheidungsrecht ist wohl primär der Umstand, dass das deutsche Recht zur Gänze, das österreichische Recht nur überwiegend vom Zerrüttungsprinzip dominiert ist. Zwar ist die „Härtefallscheidung“ in Deutschland wohl durchaus mit der „Verschuldensscheidung“ in Österreich vergleichbar, jedoch stellt das deutsche Recht auch hier nicht auf Schuld, sondern auf die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens ab.<br />
<br />
Im österreichischen Recht fällt der Unterhalt für den schuldig geschiedenen Partner niedriger aus als bei unverschuldeter Scheidung. In Deutschland spielt dieser Aspekt zwangsläufig keine Rolle für die Höhe des Unterhalts.<br />
<br />
Im Fall einer Trennung ist die (streitige) Scheidung nach deutschem Recht bereits nach einem Jahr (Trennungsjahr), spätestens aber nach drei Jahren möglich. Das österreichische Recht fordert grundsätzlich eine Trennungszeit von drei Jahren, im Härtefall sogar von sechs Jahren. In diesem Fall ist der Bestandsschutz des österreichischen Rechts weitreichender.<br />
<br />
Die einverständliche (deutsche) oder einvernehmliche (österreichische) Scheidung erfordert nach deutschem Recht ein Jahr Trennung, die (ggf. unter Eid) mündlich vor Gericht versichert werden muss, nach österreichischem Recht nur ein halbes Jahr Trennung, die im Scheidungsantrag nur rein formal ohne Überprüfung zugestanden werden muss. Hier ist der Bestandsschutz des deutschen Rechts wesentlich weitreichender.<br />
<br />
{{Staatslastig|DE}}<br />
{{Staatslastig|AT}}<br />
<br />
== Daten und Statistiken zu Ehescheidungen ==<br />
=== Deutschland ===<br />
Die jährliche Anzahl der Eheschließungen und Ehescheidungen hat sich in Deutschland folgendermaßen entwickelt:<br />
<br />
{| class="prettytable" align="center"<br />
|-bgcolor=eeeeee<br />
! align=center colspan=5 | Eheschließungen und Scheidungen in Deutschland<br />
|----<br />
|-bgcolor=f3f3f3<br />
| align="center" |Jahr<br />
| align="center" |Ehe-<br />schließungen<br />
| align="center" |Ehe-<br />scheidungen<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 25 Ehejahren (in %)<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 45 Ehejahren (in %)<br />
|----<br />
|1990<br />
|align="center" |516.388<br />
|align="center" |154.786<br />
|align="center" |27,4<br />
|align="center" |29,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|1995<br />
|align="center" |430.534<br />
|align="center" |169.425<br />
|align="center" |30,9<br />
|align="center" |33,2<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2000<br />
|align="center" |418.550<br />
|align="center" |194.408<br />
|align="center" |37,3<br />
|align="center" |40,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2005<br />
|align="center" |388.451<br />
|align="center" |201.693<br />
|align="center" |40,4<br />
|align="center" |44,2<br />
|----<br />
| colspan=5 |<small>Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, BiB-Mitteilungen, 04/2007 vom 11. Februar 2008, S. 13</small><br />
|}<br />
<br />
=== Österreich ===<br />
Fast 90 % der Ehescheidungen erfolgen ''[[#Einvernehmliche Scheidung|einvernehmlich]]''. Bei einem Rechtsstreit mit richterlichem Urteil hätten beide Parteien mit zwei negativen Folgen zu rechnen: Erstens würden intime Details aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit getragen („Schmutzwäschewaschen“), zweitens müssten die Parteien den Anordnungen des Richters Folge leisten. Bei einer wenn auch mühsamen Einigung hingegen können die Parteien weitgehend selbst bestimmen, wie sie die Scheidung regeln (siehe auch [[Mediation]]).<br />
<br />
== Ethische Aspekte ==<br />
Die Scheidung ist die formelle, juristische Beendigung einer Ehe. Im Gegensatz dazu ist die [[Trennung]] die tatsächliche Beendigung einer Ehe, die sowohl im Rechtssystem Österreichs als auch im Rechtssystem Deutschlands Voraussetzung für Scheidung ist. Die offizielle Scheidung nach diesen beiden Rechtssystemen ist somit die formale Auflösung einer bereits nicht mehr existenten Ehe.<br />
<br />
Ethische Aspekte erstrecken sich auf Inhalte, nicht auf Form. Eine ethische Bewertung einer Scheidung ist somit&nbsp;– im Gegensatz zu einer ethischen Bewertung der Trennung&nbsp;– grundsätzlich ''nicht'' möglich.<br />
<br />
{{Lückenhaft|Es fehlen folgende nicht-juristische Gesichtspunkte: Geschichte der Scheidungen (z.&nbsp;B. in der Antike), ethische Aspekte und ggf. noch weitere}}<br />
<br />
== Wirtschaftliche Aspekte ==<br />
[[Stephen Jenkins]] (''Institute for Social and Economic Research'', ''Council of the International Association for Research on Income and Wealth'') kam in einer Langzeit-Studie zum Ergebnis, dass in Großbritannien Männer nach einer Scheidung sich wirtschaftlich wesentlich verbesserten und Frauen hingegen sich verschlechterten. Diese Aussage trifft häufig selbst dann zu, wenn es sich hierbei nicht um Väter und Mütter, also um die Frage der Versorgung von Kindern, handelt.<ref>Amelia Hill: [http://www.guardian.co.uk/lifeandstyle/2009/jan/25/divorce-women-research ''Men become richer after divorce.''] The Observer 25. Januar 2009</ref><br />
<br />
== Die Position in den Religionen ==<br />
=== Jüdische Religion ===<br />
Im Judentum ist die Scheidung ein komplexer Akt, der eine Korrektur der Vergangenheit darstellt: Ähnlich wie die Buße ein in der Vergangenheit zerschnittenes Band zwischen dem Menschen und JHWH wieder knüpft, kann durch die Scheidung das in der Vergangenheit gesetzte Band zweier Seelen rückwirkend gelöst werden. Die Vorschrift ist in wenigen Zeilen der [[Thora]] zu finden. Eine Scheidung ist jederzeit ohne Grund von beiden Seiten möglich. Allerdings gibt es seit Jahrhunderten Probleme, wenn die Frau die Scheidung will. Der Mann muss sie ziehen lassen und darf ihr den [[Scheidebrief]] (''get'') nicht verweigern. Da aber – außer in Israel – der ''get'' nirgends einklagbar ist, ist der ziehenden Frau bei verweigertem ''get'' die Wiederheirat verwehrt.<br />
<br />
=== Christentum ===<br />
Bis ins 20. Jahrhundert hinein lehnten die meisten westlichen Kirchen Scheidung kategorisch ab. Die römisch-katholische Kirche sowie der überwiegende Teil der pietistischen, täuferischen und charismatischen Kirche halten in unterschiedlichem Grade bis heute daran fest. Grundlage für die restriktive Beurteilung ist {{B|Matthäus|19|3–9}}: Jesus wendet sich hier scharf gegen den mosaischen Scheidebrief, unter dem Vorbehalt der sogenannten [[Unzuchtsklausel]] (jedoch noch restriktiver mit dem Hintergrund des Unterganges des Südreiches: {{B|Mal|2|10–16}}). Der Verweis auf die alttestamentliche Regelung der Scheidung ([[Scheidebrief]]: {{B|5 Mos|24|1}}) macht deutlich: Es gibt Situationen, die so ausweglos sind, dass allein noch eine Scheidung möglich ist (zur katholischen Position dazu siehe [[Codex Iuris Canonici|CIC]] 1143).<br />
<br />
Spätestens seit 1970 ist dies in den evangelischen Landeskirchen Deutschlands, in vielen protestantischen ''mainline churches'' in den Vereinigten Staaten sowie in gemäßigten protestantischen Kirchen in anderen westlichen Industriestaaten allgemein anerkannt. Für die Katholiken lässt sich dies in der Praxis –&nbsp;im Gegensatz zur kirchenamtlichen Lehre&nbsp;– etwa 10 Jahre später feststellen. Nicht erlaubt ist jedoch die zivile Wiederverheiratung, kirchliche Angestellte werden in diesem Fall entlassen. Neuerdings wird die Ehescheidung als Möglichkeit auch unter evangelikalen, charismatischen und pfingstkirchlichen Christen in Betracht gezogen.<br />
<br />
Die Mehrzahl der [[Ostkirche]]n hat die Scheidung seit langem als manchmal notwendiges Übel akzeptiert (''oikonomia''). Nach orthodoxem Glauben ist das alttestamentliche Gesetz durch Christus gegeben; wenn er darin „wegen der Härte der Herzen“ eine Scheidung erlaubt hat, so ist seine Äußerung im Neuen Testament nicht als Widerspruch dagegen zu verstehen (denn Gott widerspricht sich nicht), sondern als Warnung gegen leicht genommene Scheidung. Die Östlich-Orthodoxen (orthodoxe Kirchen im engeren Sinne) erlauben bis zu maximal drei Eheschließungen. Die Zeremonie zu einer Wiederheirat ist allerdings weit weniger feierlich als die zu einer ersten Heirat; vielmehr überwiegt der Gedanke der Buße. Vor einer dritten kirchlichen Hochzeit wird ein Jahr strenger Buße vorausgesetzt.<ref>[http://orthodoxeurope.org/page/3/16.aspx ''Die Grundlagen der Sozialdoktrin der Russisch-Orthodoxen Kirche'']. Auf: orthodoxeurope.org, Abschnitt X.3.</ref><br />
<br />
==== Römischer Katholizismus ====<br />
Nach dem Rechtsverständnis der [[Römisch-Katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] ist eine Scheidung nur in zwei eng begrenzten Fällen möglich: Wenn sich einer der beiden Eheleute, die zur Zeit der Eheschließung beide ungetauft waren, taufen lässt, und der ungetauft Bleibende den christlichen Glauben nicht akzeptiert und sich entweder deswegen trennen möchte oder „den Schöpfer lästert“, dann kann der getaufte Partner eine neue Ehe mit einem Getauften eingehen, was die erste (nichtsakramentale) Ehe auflöst.<br />
<br />
Zweitens kann der Papst die Eheauflösung gewähren, wenn die Ehe nicht vollzogen wurde; diese Gewährung wird jedoch nur äußerst selten erteilt. Dies ist nicht mit der ''[[impotentia coeundi]]'' (sogenanntes [[Ehehindernis]] [[Göttliches Recht|göttlichen Rechts]]) zu verwechseln, bei der die nachträgliche Ungültigerklärung einer Ehe gemäß can. 1084 § 2 möglich ist (Schutz-Canon gegen „Alibi-Ehen“). In letzterem Falle gilt die Ehe als nie wirksam geschlossen, während es bei einer Auflösung einer nicht vollzogenen Ehe durch den Papst dabei bleibt, dass die Ehe tatsächlich existiert hat, so dass man von einer Scheidung sprechen kann.<br />
<br />
Anders verhält es sich bei der [[Eheannullierung]], die voraussetzt, dass eine Ehe nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist.<br />
<br />
In Fällen von Ehezerrüttung oder Ehebruch o.&nbsp;ä. gesteht die Kirche in besonderen Härtefällen (etwa bei einem „[[Kuckuckskind]]“ oder manifester [[Gewalt]]) den Eheleuten nur die „Trennung von Tisch und Bett“, nicht aber die formelle Scheidung zu. Dies wird damit begründet, dass die katholische [[Kirchliche Trauung|Ehe]] eines der sieben [[Sakrament]]e ist und, wie auch aus den liturgischen Formeln ersichtlich, geschlossen wird „bis (dass) der Tod euch scheidet“. Die Scheidung ist dementsprechend schlicht unwirksam; der Geschiedene bleibt, sofern er nicht Gründe für eine Trennung von Tisch und Bett hat, weiterhin zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet, und auch in diesem Fall zur außerehelichen Enthaltsamkeit sowie dazu, keine neue Ehe einzugehen (was er im kirchenrechtlichen Sinn auch gar nicht gültig bewerkstelligen kann). Bei erlaubter dauerhafter Trennung von Tisch und Bett ist, falls zweckmäßig, auch die zivile Scheidung erlaubt, jedoch ohne die Wiederheirat zu ermöglichen.<br />
<br />
Diese rechtliche Ordnung stößt in der Gegenwart häufig auf wenig Verständnis. Der Grund dafür ist: Es wird zwar in der Regel nachvollzogen, das „Zerrüttenlassen“ der Ehe, die Trennung und die Scheidung als [[Sünde]] (oder zumindest „Sünde gemäß kirchlicher Moral“) zu betrachten, die landläufige Meinung geht aber davon aus, dass durch diese Sünden die Ehe als solche beendet werde. Von daher verstehen sich Forderungen, die Scheidung möge doch (wie u.&nbsp;a. Mord, Abtreibung, Ehebruch etc.) durch das [[Bußsakrament]] „vergeben“ werden. Richtig ist aber, dass von der Sünde der Scheidung (sofern sie überhaupt mit einer Sünde verbunden war) selbstverständlich im Bußsakrament losgesprochen werden kann – was aber den Pönitenten nicht von seinem Eheversprechen entbindet.<br />
<br />
=== Islam ===<br />
Im [[Islam]] gibt es die Möglichkeit zur Scheidung in einigen Ausdifferenzierungen (→ [[Islamische Ehe#Scheidung|Scheidung einer islamischen Ehe]]; [[Verstoßung#Verstoßung im Islam|Talaq]] seitens des Mannes; Chulla seitens der Frau).<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Scheidungsrate]], [[Alleinerziehende]], [[Sorgerecht]], [[Stieffamilie]], [[Eheannullierung]], [[Lebenspartnerschaftsgesetz]], [[Online Scheidung]], [[Scheidungsformel]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Thomas Rauscher: Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Band I und II, 2. Auflage Sellier European Law Publisher 2006<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{ws | [[s:RE:Ehescheidung |Ehescheidung]] in Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft}}<br />
* [http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Bevoelkerung/EheschliessungenScheidungen/EheschliessungenScheidungen.psml Statistik zu Eheschließungen und Scheidungen auf der Webseite des statistischen Bundesamtes für Deutschland]<br />
* [http://de.statista.org/statistik/daten/studie/1346/umfrage/anzahl-der-geschiedenen-ehen-nach-ehedauer/ Anzahl der geschiedenen Ehen nach Ehedauer (2006)]<br />
* [http://www.vatican.va/archive/DEU0036/__P44.HTM Codex des Kanonischen Rechtes]<br />
* [http://ec.europa.eu/civiljustice/divorce/divorce_ec_de.htm Information der Europäischen Kommission zum Scheidungsrecht aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie internationalem Recht] (mehrsprachig)<br />
* [http://www.eheanwalt.ch/ Informationen zum Schweizer Scheidungsrecht] (deutsch)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Rechtshinweis}}<br />
<br />
[[Kategorie:Eherecht (Deutschland)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Österreich)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Schweiz)]]<br />
[[Kategorie:Ehe]]<br />
<br />
[[ar:طلاق]]<br />
[[az:Boşanma]]<br />
[[bg:Развод]]<br />
[[bjn:Sarak]]<br />
[[br:Torr-dimeziñ]]<br />
[[ca:Divorci]]<br />
[[ceb:Diborsyo]]<br />
[[cs:Rozvod]]<br />
[[da:Skilsmisse]]<br />
[[en:Divorce]]<br />
[[eo:Eksgeedziĝo]]<br />
[[es:Divorcio]]<br />
[[eu:Dibortzio]]<br />
[[fa:طلاق]]<br />
[[fi:Avioero]]<br />
[[fr:Divorce]]<br />
[[he:גירושים]]<br />
[[hr:Rastava braka]]<br />
[[ht:Divòs]]<br />
[[id:Perceraian]]<br />
[[it:Divorzio (ordinamento civile italiano)]]<br />
[[ja:離婚]]<br />
[[kn:ವಿಚ್ಛೇದನ]]<br />
[[la:Divortium]]<br />
[[mt:Divorzju]]<br />
[[nl:Echtscheiding]]<br />
[[nn:Skilsmisse]]<br />
[[no:Skilsmisse]]<br />
[[pl:Rozwód]]<br />
[[pt:Divórcio]]<br />
[[qu:T'aqanakuy]]<br />
[[ro:Divorț]]<br />
[[ru:Развод]]<br />
[[scn:Divorziu]]<br />
[[sh:Razvod]]<br />
[[si:දික්කසාදය]]<br />
[[simple:Divorce]]<br />
[[sq:Divorci]]<br />
[[sr:Развод]]<br />
[[sv:Skilsmässa]]<br />
[[ta:திருமண முறிவு]]<br />
[[te:విడాకులు]]<br />
[[tr:Boşanma]]<br />
[[uk:Розлучення]]<br />
[[wa:Divoirçaedje]]<br />
[[yi:גט]]<br />
[[zh:离婚]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ehescheidung_(%C3%96sterreich)&diff=95554715Ehescheidung (Österreich)2011-06-22T09:46:58Z<p>222.127.231.29: /* Weitere Länder */ verboten klingt schon nach, als wird man Geschiedene bestrafen</p>
<hr />
<div>'''Scheidung''' oder '''Ehescheidung''' ist die formelle juristische Auflösung einer [[Ehe]].<br />
<br />
''Geschieden'' ist neben ledig, verheiratet und [[Witwer|verwitwet]] einer der vier weltweit üblichen [[Familienstand|Familienstände]]. Eine Scheidung ist jedoch nicht in allen Rechtssystemen möglich, Verfahren und Bedeutung können sehr unterschiedlich sein.<br />
<br />
Daneben gibt es mit [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]], [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigkeit]] und [[Eheannullierung|Annullierung]] aus formellen Gründen verschiedene Formen der Ungültigkeit einer Ehe, sowie die [[Getrenntleben|Trennung]] ohne Beendigung des Eheverhältnisses. In erweitertem Sinne bezieht sich der Ausdruck ''Scheidung'' rechtlich auch auf [[gleichgeschlechtliche Ehe]]n oder [[eingetragene Partnerschaft]]en<!--sic, nicht der deutsche spezialausdruck-->, nicht aber andere [[Lebensgemeinschaft]]en.<br />
<br />
== Deutsches Recht ==<br />
''siehe auch:'' [[Eherecht (Deutschland)|Eherecht]]<br />
<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Die [[Internationale Zuständigkeit (Deutschland)|internationale Zuständigkeit]] ist innerhalb der [[Europäische Gemeinschaft|Europäischen Gemeinschaft]] mit Ausnahme Dänemarks mit der „Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung“<ref>http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:338:0001:0029:DE:PDF</ref> (Brüssel IIa Verordnung – auch EuGVVO II oder [[Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (EuEheVO)|EheVO-II]]) einheitlich geregelt worden.<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;a EheVO-II ist das Gericht desjenigen EG-Mitgliedstaates zuständig, in dem<br />
# beide Ehegatten ihren [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn ihn einer dort noch hat;<br />
# der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder im Falle eines „gemeinsamen Antrags“<ref>unerheblich ist, ob nach dem Recht des Mitgliedstaates, dessen Gericht zuständig ist, formal die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrags existiert, Thomas Rauscher in Europäischen Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;19</ref>, wo einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;<br />
# der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens 6 Monaten vor dem Antrag aufgehalten hat und Staatsangehöriger dieses Staates ist oder in Ermangelung einer Staatsangehörigkeit sich mindestens ein Jahr aufgehalten hat;<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;b EheVO-II sind auch die Gerichte des EG-Mitgliedstaates international zuständig, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten haben.<br />
<br />
Die internationale Zuständigkeit kann unter Umständen für einen Deutschen, dessen Ehegatte ein Ausländer ist, bedeuten, dass für seinen Scheidungsantrag kein deutsches Gericht international zuständig ist.<ref>Rauscher in Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;3</ref><br />
<br />
Diese internationale Zuständigkeit ist innerhalb der EG ausschließlich. Nur nicht EG-Staaten können ihre Gerichtsbarkeit ebenfalls für berufen erklären. Eine Restzuständigkeit bleibt dem nationalen Recht, wenn der Antragsgegner weder Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaates ist noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem EG-Mitgliedstaat hat (Art.&nbsp;6 EheVO-II); deutsche Gerichte sind in diesem Fall nach {{§|98|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] international zuständig. Ist der Antragsteller Deutscher und der Antragsgegner weder EG-Inländer oder in der EG ansässig, ist die deutsche Gerichtsbarkeit mit der Sache betraut.<br />
<br />
An der Scheidung ist die Scheidungsfolgesache Unterhalt geknüpft: Hierzu gibt es bereits seit Inkrafttretens des europäischen Rechts Brüssel I – auch [[EuGVVO]] genannt – eine entsprechende Regelung.<br />
<br />
Soweit ein deutsches Gericht international zuständig ist, prüft es, ob es deutsches oder bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ausländisches Recht anzuwenden hat.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
''siehe auch:'' [[Internationales Privatrecht]]<br />
<br />
Deutsche Gerichte und Behörden wenden auf [[deutsche]] Staatsbürger stets deutsches Recht an.<br />
<br />
Bei [[Ausländer]]n muss unterschieden werden:<br />
<br />
Gehören beide Ehegatten, die sich scheiden lassen wollen, zum Zeitpunkt der [[Rechtshängigkeit]] demselben ausländischen Staat an oder gehörten sie diesem zuletzt an, richtet sich die Scheidung nach dem Recht ihres Heimatstaates ({{Art.|17|EGBGB|dejure}} Abs.&nbsp;1 [[EGBGB]]).<br />
<br />
Ist einer der Ehegatten Deutscher, haben beide ausländischen Ehegatten verschiedene [[Staatsangehörigkeit]]en oder sind die Eheleute [[Asyl]]anten oder [[Konventionsflüchtling]]e<ref>Art.&nbsp;12 [[Genfer Flüchtlingskonvention]]</ref>, so wird das Recht des Ortes angewendet, wo die Ehegatten ihren gemeinsamen [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn einer von ihnen ihn dort noch hat. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch eine [[Inländerprivilegierung]] vorgesehen: Ist einer der Ehegatten Deutscher und ist die Ehe nach dem Recht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts unscheidbar, wird sie nach deutschem Recht geschieden. Klagt ein Deutscher auf Scheidung der Ehe und ist nach der EheVO-II die deutsche Gerichtsbarkeit unzuständig, kommt dem Deutschen die Inländerprivilegierung des Art.&nbsp;17 Abs.&nbsp;1 Satz&nbsp;2 EGBGB nicht zugute.<br />
<br />
Bei der Form der Scheidung ist das deutsche Recht streng. Auch wenn auf die Scheidung der Ehe durch das deutsche [[Familiengericht]] ausländisches Recht angewendet wird, kann in Deutschland die Ehe nur durch [[Gerichtsbeschluss]] (z.&nbsp;B. nicht durch [[Verstoßung]] oder [[Aufhebungsvertrag]]) geschieden werden. Diese Formstrenge steht im Gegensatz zur Toleranz gegenüber ausländischen Formen des Eheschlusses in Deutschland (z.&nbsp;B. vor einem [[Konsul]] oder [[Geistlicher|Geistlichen]]).<br />
<br />
=== Deutsche Vorschriften ===<br />
Das deutsche Recht sieht die Ehe als lebenslange Institution, deren besonderer Schutz in {{Art.|6|gg|juris}} des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes]] gefordert wird. Die Ehe kann daher nur durch den [[Sterbefall|Tod]], durch Scheidung oder durch [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]] beendet werden. Die Scheidung oder die Aufhebung muss im Wege der [[Gestaltungsklage]] durch richterlichen Beschluss erfolgen. Scheidungen werden mehrheitlich von Frauen eingereicht.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2007/08/13/781748.html?s=2 Abendblatt: ''Keine Lust mehr auf Ehe?'']</ref><br />
<br />
Die Scheidung wurde zusammen mit der [[Zivilehe]] 1875 im [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]] eingeführt. Bis zum Inkrafttreten der Reform von 1976 ([[Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts|1. EheRG]]) galt im Ehescheidungsverfahren das Schuldprinzip. Dieses wurde in einer Reform der entsprechenden Paragraphen durch das sogenannte ''Zerrüttungsprinzip'' abgelöst. Im Gesetzestext selber wird dabei vom ''Scheitern'' der Ehegemeinschaft gesprochen. Die Reform von 1976 macht Unterhaltsrechte und -pflichten nicht mehr von einer „Schuld“ abhängig, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der geschiedenen Ehepartner, unter Berücksichtigung des Prinzips einer [[Eigenverantwortung]].<ref>{{internetquelle|autor=Peter Borowsky|url=http://www.bpb.de/publikationen/01076900131314521849545168923836,5,0,Sozialliberale_Koalition_und_innere_Reformen.html|titel=Sozialliberale Koalition und innere Reformen – Kapitel „Ehe- und Familienrecht“|werk=Informationen zur politischen Bildung (Heft 258)|hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung|zugriff=11. Mai 2008}}</ref><ref>[http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=43822624&aref=image035/0549/PPM-SP197004900700086.pdf&thumb=false ''Wie im Orient?''], DER SPIEGEL 49/1970, S.&nbsp;70–86, 30. November 1970. [{{Der Spiegel|43822624|Titel=Wie im Orient? (siehe Titelbild)|Text=}} Online-Version (HTML)]. Aufgerufen am 11. Mai 2008.</ref> Die Regelungen wurden 2008 durch das [[Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts]] erneut umfassend reformiert.<br />
<br />
==== Voraussetzungen ====<br />
Die Voraussetzungen einer Scheidung sind, nachdem sie jahrzehntelang im [[Ehegesetz (Deutschland)|Ehegesetz]] „ausgelagert“ waren, inzwischen wieder abschließend in den {{§|1564|bgb|juris}} bis {{§|1568|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] sowie in den {{§|133|famfg|juris}} bis {{§|150|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] geregelt. Die Scheidungsfolgen (wie beispielsweise [[Unterhalt]], [[Sorgerecht]], [[Umgangsrecht]] und [[Versorgungsausgleich]]) werden in den {{§|1569|bgb|juris}}ff. BGB, das Scheidungsverfahrensrecht im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den [[Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit]] (FamFG) geregelt. Mit der Umsetzung des FamFG wurde das Scheidungsverfahrensrechts, das vorher in ZPO und FGG geregelt war, nunmehr in einem Gesetz vereinheitlicht.<br />
<br />
Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie ''gescheitert'' ist. Das ist der Fall, wenn die eheliche [[Lebensgemeinschaft]] gemäß {{§|1353|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] (mensa et toro) nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung nicht mehr zu erwarten ist. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (s.&nbsp;{{§|1567|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]]).<br />
<br />
Um den Ehegatten eine genaue Untersuchung des Merkmals ''Scheitern'' (Zerrüttung) zu ersparen, gibt das BGB dem entscheidenden Richter zwei [[Vermutung (Recht)|Vermutungen]] an die Hand<!-- Meyers Lexikon ist eingestellt seit dem 23.03.09 <ref>http://lexikon.meyers.de/meyers/Ehescheidung</ref> Vielleicht dieser Link: http://bundesrecht.juris.de/bgb/__1566.html-->:<br />
<br />
# Leben die Ehegatten mehr als ein Jahr getrennt, so wird die Zerrüttung vermutet, sofern diese als „nicht heilbar“ angesehen wird: Wollen beide Ehegatten geschieden werden („einverständliche Scheidung“) oder besteht keine Bereitschaft, sich zu versöhnen, ist unwiderlegbar von einer Zerrüttung auszugehen.<br />
# Nach drei Jahren Trennung kann die Ehe auch gegen den Willen des anderen Ehegatten geschieden werden. Auch diese Vermutung ist unwiderlegbar.<br />
<br />
Ist die Fortsetzung der Ehe einem der Ehegatten eine unzumutbare Härte ({{§|1565|bgb|juris}} Abs.&nbsp;2 BGB), die in der Person des anderen Ehegatten begründet liegt, kann die Ehe aber vor Vollendung des ersten Trennungsjahrs und ohne Einwilligung beider Ehegatten geschieden werden. Eine solche unzumutbare Härte wird angenommen, wenn Misshandlungen vorliegen oder der Ehegatte beispielsweise eine weitere Person in die Ehe aufnehmen wollte (im Stil einer „[[Ménage à trois]]“). Deutsche Gerichte tendierten in der Vergangenheit dazu, den Begriff immer weiter zu fassen und immer neue subjektiv empfundene unzumutbare Härten zu akzeptieren.<br />
<br />
Der Beginn des Trennungsjahres kann rechtssicher durch den Wechsel in die [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse IV (4)|Steuerklasse IV]] im laufenden Jahr bzw. [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse I (1)|Steuerklasse I]] im auf die Trennung folgenden Kalenderjahr auf der [[Steuerkarte]] dokumentiert werden. Hierzu ist beim [[Einwohnermeldeamt]] eine ''Erklärung zum Familienstand'' abzugeben.<br />
<br />
==== Härteklausel ====<br />
Zu beachten ist die [[Härteklausel]] nach {{§|1568|bgb|juris}} BGB: Da die Scheidung in der Regel eine schwere Härte für [[Minderjährigkeit|minderjährige Kinder]] darstellt, ist zu prüfen, ob ein Fortbestand der Ehe aus Gründen des [[Kindeswohl]]s möglich erscheint (§ 1568 Abs.&nbsp;1 1. Alt. BGB). Zugleich wird aber auch der andere Ehepartner geschützt, wenn dieser wegen Krankheit oder vorgerückten Alters besonderer Schutzwürdigkeit bedarf.<br />
<br />
Die praktische Relevanz dieser Vorschrift ist aber eher als gering einzustufen.<br />
<br />
==== Verfahren ====<br />
Das Verfahren der Scheidung findet vor dem [[Amtsgericht]] – [[Familiengericht]] – statt. Anders als bei anderen Verfahren vor dem Amtsgericht besteht in Scheidungsverfahren [[Anwaltszwang]], das heißt, jedenfalls der Antragsteller muss sich von einem Anwalt vertreten lassen.<br />
<br />
Im Scheidungsverfahren können auf Antrag in einem sogenannten [[Scheidungsverbund]] andere Familiensachen (Regelung der [[Sorgerecht|elterlichen Sorge]], des [[Umgangsrecht|Umgangs]], des [[Unterhalt]]s, der Ansprüche aus dem ehelichen [[Güterrecht]], der Zuweisung von Ehewohnung und ehelichem [[Hausrat]]) für den Fall der Scheidung mit geltend gemacht werden. In der Regel zwingend und ohne Antrag einer Partei ist mit der Scheidung der [[Versorgungsausgleich]] zu regeln.<br />
<br />
Außergerichtlich können einige Scheidungsfolgen geregelt werden; z.&nbsp;B. kann [[ehevertrag]]lich auch anlässlich der Scheidung auf [[Zugewinnausgleich]] und unter bestimmten Einschränkung auch auf [[Unterhalt|Ehegattenunterhalt]] verzichtet werden. Solche Vereinbarungen sind [[notar]]iell zu [[Beurkundung|beurkunden]].<br />
<br />
=== [[Rechtsweg]] ===<br />
Während die erst<nowiki />[[Instanz (Recht)|instanz]]<nowiki />liche Verhandlung stets vor dem [[Amtsgericht]] stattfindet, ist die [[Beschwerde (Recht)|Beschwerde]]<nowiki />instanz das [[Oberlandesgericht]].<br />
<br />
=== Sonstiges ===<br />
Seit 2000 bieten einige Rechtsanwaltskanzleien in der Bundesrepublik Deutschland eine sog. „Internetscheidung“ an. Bis heute besteht jedoch die Möglichkeit einer Scheidung über das Internet nicht. Zudem ist zu bedenken, dass zu einem so komplexen Rechtsgebiet wie der Scheidung eine ausführliche Beratung dringend zu empfehlen ist, die im Übrigen keine zusätzlichen Kosten verursacht, da eine sog. „Internetscheidung“ genauso nach dem [[Rechtsanwaltsvergütungsgesetz|RVG]] vergütet wird wie die Präsenzscheidung mit ausführlicher Beratung im Anwaltsbüro. Gleichwohl ist es auf diesem – wenngleich weitgehend anonymisierten – Weg möglich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um das Scheidungsverfahren durch diesen bei einem ordentlichen Gericht betreiben zu lassen.<br />
<br />
Am 3. Februar 2010 hat der XII. Zivilsenat des [[Bundesgerichtshof]]s die Entscheidung (Az: XII ZR 189/06) bekannt gegeben, in der Zuwendungen der Schwiegereltern zum Ehepartner ihres Kindes zurückgefordert werden können.<ref>[http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=50767&linked=pm&Blank=1 Rückforderung von Zuwendungen an Ehepartner ihres Kindes - BGH-Urteil vom 3. Februar 2010]</ref>Diese Zuwendungen wurden nun als Schenkungen bewertet. Wenn die Ehe scheitert, sei die Geschäftsgrundlage für die Schenkung nicht mehr gegeben. Die ''Möglichkeit einer zumindest partiellen Rückabwicklung'' der Schenkung sei auch dann möglich, wenn in der Ehe eine [[Zugewinngemeinschaft]] bestanden habe.<br />
<br />
== Österreichisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Österreichische Stellen prüfen die Anwendbarkeit einer Rechtsordnung nur, wenn sie, insbesondere nach der [[EheVO-II]] international zuständig sind.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Vorschriften über die Anwendbarkeit des österreichischen Rechts ([[Internationales Privatrecht]]) sind im [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Österreich)|Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht]] (IPR-Gesetz) geregelt.<br />
<br />
Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts unterliegt in der Sache ähnlichen Vorschriften ({{§|20|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031306}} in Verbindung mit {{§|18|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031304}} IPR-Gesetz) wie die des deutschen. Das österreichische Recht verzichtet aber auf eine Inländerprivilegierung. Stattdessen findet bei bi-nationalen Ehen stets, im Falle eines Österreichers österreichisches Recht, im Falle eines Ausländers dessen Heimatrecht auf die Scheidung Anwendung, wenn nach dem Recht des (letzten) gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts die Ehe nicht geschieden werden kann (§&nbsp;20 Abs.&nbsp;2 IPR-Gesetz).<br />
<br />
=== Österreichische Vorschriften ===<br />
Die Scheidung der Ehe ist neben der [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigerklärung der Ehe]] und der [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung der Ehe]] eine der Möglichkeiten, die Ehe zu beenden. Österreich hat das Scheidungsrecht im [[Ehegesetz]] (EheG), das bis 1977 weitgehend gleichlautend mit dem dEheG in Deutschland war, geregelt. Zwischenzeitlich kamen einige Änderungen, wie der verschuldensunabhängige Unterhalt (genauer: ''Unterhalt trotz Verschuldens'') hinzu.<br />
<br />
Rechtsdogmatisch gesprochen handelt es sich bei der Scheidung um die ''„[[Kündigung]]“ des [[Dauerschuldverhältnis]]ses Ehe'', die nur aus besonderen Gründen möglich ist. Wenngleich nicht ausschließlich, so steht dennoch seit der Reform des Eherechts im Jahr 1999 das ''Zerrüttungsprinzip'' vor dem ''Verschuldensprinzip''. Scheidungsgründe sind dem Zerrüttungsprinzip folgend grundsätzlich „relativ“; so kann z.&nbsp;B. ein Ehebruch, der die Gemeinschaft der Ehegatten nicht tatsächlich zerrüttet, nicht zur Scheidung führen.<br />
<br />
''Ehescheidungsgründe'':<br />
* ''Streitige Scheidung''<br />
** ''Verschuldensscheidung''<br />
** Scheidung aus anderen Gründen<br />
*** Krankheit<br />
**** wg. auf geistiger Störung beruhenden Verhaltens<br />
**** wg. Geisteskrankheit<br />
**** wg. ansteckender oder ekelerregender Krankheit<br />
*** ''Auflösung der häuslichen Gemeinschaft''<br />
* ''Einvernehmliche Scheidung''<br />
<br />
==== Verschuldensscheidung ====<br />
Die Verschuldensscheidung erfordert eine<br />
* ''schwere Eheverfehlung'' bzw. ein ''ehrloses und unsittliches Verhalten'', die/das zu einer<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'' führt.<br />
<br />
''Schwere Eheverfehlung'': Das Gesetz selbst nennt demonstrativ [[Ehebruch]], körperliche [[Gewalt]] oder schweres seelisches Leid. Weiter zu nennen sind z.&nbsp;B. [[Alkoholkrankheit|Trunksucht]], ständige [[Streit]]ereien, schwere [[Beleidigung|Beschimpfungen]], Vernachlässigung des [[Privathaushalt|Haushalts]], Verweigerung der ehelichen [[Beiwohnung]].<br />
<br />
''Zerrüttung'': Die Ehe ist zerrüttet, wenn die körperliche, geistige und seelische Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist, so dass eine Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.<br />
<br />
''Der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung nicht begehren.'' Nicht um eine schwere Eheverfehlung handelt es sich bei Reaktionshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert Beiwohnung durch gegenwärtig volltrunkenen Mann). Auch Kompensationshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert – zur Vergeltung – den Geschlechtsverkehr zwei Tage nachdem Mann volltrunken war) machen den vormalig Unschuldigen nicht zum (überwiegend) Schuldigen.<br />
<br />
==== Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft ====<br />
Diese Scheidungsvariante erfordert eine<br />
* ''Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft seit 3 Jahren (bzw. 6 Jahren)'' und die<br />
* ''Zerrüttung der Ehe''.<br />
<br />
''[[Häusliche Gemeinschaft]]'': Diese ist beendet, wenn die eheliche Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in ehewidriger Intention beendet wird. Demgemäß reicht bereits eine Trennung von Tisch und Bett ''(a mensa et toro).'' Nur gelegentliches eheliches Beiwohnen genügt nicht für das Bestehen der häuslichen Gemeinschaft. Demgegenüber ist eine bloße räumliche Trennung (z.&nbsp;B. aus beruflichen oder sonstigen Gründen) ohne Zerrüttung unbeachtlich.<br />
<br />
Nach drei Jahren ist die Scheidung nur möglich, wenn die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann oder die Scheidung den (unschuldigen) Beklagten nicht härter (Härteklausel) treffen würde als den Klagenden die Abweisung des Scheidungsbegehrens. Ein derartiger ''Härtefall'' ist nach der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Wohl der Kinder, der Dauer der Aufhebung, dem Alter der Ehegatten, etc. zu beurteilen. Nach sechs Jahren kann die Ehe jedenfalls aufgehoben werden.<br />
<br />
''Insbesondere auch der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung begehren;'' er muss dafür jedoch damit rechnen, [[Unterhalt]] nach {{§|94|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041155}} [[Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch|ABGB]] wie bei aufrechter Ehe (!) leisten zu müssen.<br />
<br />
==== Einvernehmliche Scheidung ====<br />
Diese Scheidungsform erfordert die<br />
* ''Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr'', eine<br />
* ''schriftlichen Vereinbarung'' sowie<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'', die (rein formell, es wird nicht nachgeprüft) eingestanden werden muss.<br />
<br />
''Eheliche Lebensgemeinschaft'': Diese umfasst die allgemeinen [[Eheliche Pflichten|ehelichen Pflichten]] des {{§|90|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041153}} ABGB (gemeinsames [[Wohnen]], [[Treue]], [[Beistand]] etc.); auf eine Aufhebung der ''häuslichen Gemeinschaft'' (siehe oben) im rein räumlichen Sinn kommt es nicht an, folglich ist letzterer auch nicht erforderlich für die einvernehmliche Scheidung.<br />
<br />
Die ''schriftliche Vereinbarung'', die zivilrechtlich als ''[[Vergleich (Recht)]]'' qualifiziert werden kann, muss Einigung enthalten über: hauptsächlichen [[Aufenthalt]] der Kinder, [[Obsorge]], Ausübung des [[Recht auf persönlichen Verkehr|Rechts auf persönlichen Verkehr]], [[Unterhalt]] für die Kinder, Unterhalt der Ehegatten zueinander<br />
<br />
== Schweizerisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Für die Schweiz gilt die [[EheVO-II]] der Europäischen Union nicht. Nach {{Art.|59|291|ch}} des schweizerischen [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Schweiz)|Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG)]] sind Schweizer Gerichte international zuständig, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, oder der Kläger, der in der Schweiz wohnhaft ist, Schweizer ist oder der Kläger sich seit mindestens einem Jahr in der Schweiz aufhält. Lebt das Ehepaar im Ausland, sind Schweizer Gericht dennoch zuständig, wenn einer der Ehegatten Schweizer ist und es unmöglich oder unzumutbar ist die Klage am Wohnsitz eines der Ehegatten zu erheben ({{Art.|60|291|ch}} IPRG ''Heimatzuständigkeit'').<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Anwendbarkeit ist im Bundesgesetz über das internationale Privatrecht geregelt.<br />
<br />
Die Schweiz knüpft für die Beurteilung, welches Recht auf die Scheidung anzuwenden sei, anders als Deutschland und Österreich grundsätzlich nicht an der Staatsangehörigkeit, sondern am Wohnsitz der Ehegatten an. Verwendet man als Anknüpfungsmoment den Wohnsitz, führt das viel häufiger zu der Anwendung eigenen Rechts, weil vor Schweizer Gerichten sehr häufig nur Personen mit Schweizer Wohnsitz zu klagen pflegen. So richten sich beispielsweise die Voraussetzungen für die Scheidung nach Schweizer Recht, wenn zwei Deutsche seit über einem Jahr Wohnsitz in der Schweiz haben.<br />
<br />
Die Schweizer Gerichte wenden auf das Recht der Scheidung grundsätzlich immer Schweizer Recht an ({{Art.|61|291|ch}} Abs.&nbsp;1 IPRG). Das gilt selbst dann, wenn Schweizer Gerichte nach Art.&nbsp;60 IPR-Gesetz heimatzuständig sind (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;4 IPRG). Etwas anderes gilt nur, wenn beide Ehegatten Ausländer sind, welche dieselbe Staatsangehörigkeit haben und nur einer von ihnen seinen Wohnsitz in der Schweiz hat (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;2 IPRG). Hält sich der eine ausländische Ehegatte seit mindestens 2 Jahren in der Schweiz auf oder ist er auch Schweizer, so ist Schweizer Recht anzuwenden, wenn nach dessen Heimatrecht die Scheidung nicht oder nur unter außerordentlich schweren Bedingungen zulässig ist (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;3 IPRG).<br />
<br />
=== Schweizerische Vorschriften ===<br />
In der Schweiz ist die Scheidung im [[Zivilgesetzbuch]] (ZGB) umfassend geregelt. Hierbei ist zwischen der Scheidung auf gemeinsames Begehren und der Scheidung auf Klage zu unterscheiden:<br />
<br />
==== Scheidung auf gemeinsames Begehren ====<br />
Diese ist im Art.&nbsp;111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] geregelt. Bei der umfassenden Einigung (also auch hinsichtlich der Scheidungsfolgesachen) wird vom liberalen Grundsatz der [[Vertragsfreiheit]] ausgegangen. Geprüft wird somit vor Gericht nur der [[Wille#Zur Begriffsbildung in der Rechtswissenschaft|freie Wille]] und die [[reifliche Überlegung]]&nbsp;– nicht jedoch die ''faktische Zerrüttung'', die nach ZGB ''nicht'' Voraussetzung für die Scheidung ist.<br />
<br />
Artikel 111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] lautet:<ref>{{Art.|111|210|ch}} Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, admin.ch</ref><br />
# ''Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an; es überzeugt sich davon, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung voraussichtlich genehmigt werden kann.''<br />
<br />
# Hat sich das Gericht davon überzeugt, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung mit den Anträgen hinsichtlich der Kinder genehmigt werden kann, so spricht das Gericht die Scheidung aus.<br />
<br />
Es ist zulässig, eine "Teilkonvention" einzureichen, die nur gewisse Folgen der Scheidung (Unterhalt, Güterrecht, Teilung der Pensionskassenguthaben) beinhaltet. Der Scheidungsrichter entscheidet dann über die Scheidungsfolgen, über die sich die Ehegatten nicht geeinigt haben.<br />
<br />
== Weitere Länder ==<br />
* [[Chile]] ermöglichte als letzter südamerikanischer Staat die Scheidung erst 2003/2004.<br />
* In [[Irland]] wurde die Möglichkeit der Scheidung durch die 15. [[Verfassungsänderung (Irland)|Verfassungsänderung]] 1995 eingeführt. Diese Verfassungsänderung wurde in einer Volksabstimmung nur mit knapper Mehrheit (50,25 % dafür und 49,75 % dagegen) <ref>http://www.irlandlexikon.de/?letter=S</ref> gebilligt. [[1986]] war ein Versuch der Regierung, die Verfassung in diesem Sinn zu ändern, noch an einer Volksabstimmung gescheitert.<br />
* [[Malta]] erlaubt als einziger Staat der [[Europäische Union|EU]] keine Ehescheidung.<ref>[http://www.kath.net/detail.php?id=27530 kath.net: Malta und die Ehe 27. Juli 2010]</ref> In einem Referendum im Mai 2011 jedoch befürwortete die Bevölkerung mehrheitlich die Einführung der Scheidung in Malta. <ref>[http://www.stern.de/politik/ausland/abstimmung-auf-malta-buerger-sprechen-sich-fuer-scheidungen-aus-1690198.html Stern:Bürger sprechen sich fü Scheidungen aus] </ref><br />
* In [[Italien]] wurde die Scheidung 1970 gegen den Widerstand des Vatikans parlamentarisch ermöglicht.<ref>[http://www.taz.de/pt/2007/03/05/a0140.1/text taz:Und führe Politiker nicht in Versuchung]</ref><br />
* Zu Japan siehe [[Ehe und Scheidung in Japan]]<br />
* Zu der Republik Türkei siehe [[Ehescheidung in der Türkei]] <br />
* Auf den [[Philippinen]] gibt es keine Scheidung.<br />
<br />
== Rechtsvergleich ==<br />
Der Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Scheidungsrecht ist wohl primär der Umstand, dass das deutsche Recht zur Gänze, das österreichische Recht nur überwiegend vom Zerrüttungsprinzip dominiert ist. Zwar ist die „Härtefallscheidung“ in Deutschland wohl durchaus mit der „Verschuldensscheidung“ in Österreich vergleichbar, jedoch stellt das deutsche Recht auch hier nicht auf Schuld, sondern auf die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens ab.<br />
<br />
Im österreichischen Recht fällt der Unterhalt für den schuldig geschiedenen Partner niedriger aus als bei unverschuldeter Scheidung. In Deutschland spielt dieser Aspekt zwangsläufig keine Rolle für die Höhe des Unterhalts.<br />
<br />
Im Fall einer Trennung ist die (streitige) Scheidung nach deutschem Recht bereits nach einem Jahr (Trennungsjahr), spätestens aber nach drei Jahren möglich. Das österreichische Recht fordert grundsätzlich eine Trennungszeit von drei Jahren, im Härtefall sogar von sechs Jahren. In diesem Fall ist der Bestandsschutz des österreichischen Rechts weitreichender.<br />
<br />
Die einverständliche (deutsche) oder einvernehmliche (österreichische) Scheidung erfordert nach deutschem Recht ein Jahr Trennung, die (ggf. unter Eid) mündlich vor Gericht versichert werden muss, nach österreichischem Recht nur ein halbes Jahr Trennung, die im Scheidungsantrag nur rein formal ohne Überprüfung zugestanden werden muss. Hier ist der Bestandsschutz des deutschen Rechts wesentlich weitreichender.<br />
<br />
{{Staatslastig|DE}}<br />
{{Staatslastig|AT}}<br />
<br />
== Daten und Statistiken zu Ehescheidungen ==<br />
=== Deutschland ===<br />
Die jährliche Anzahl der Eheschließungen und Ehescheidungen hat sich in Deutschland folgendermaßen entwickelt:<br />
<br />
{| class="prettytable" align="center"<br />
|-bgcolor=eeeeee<br />
! align=center colspan=5 | Eheschließungen und Scheidungen in Deutschland<br />
|----<br />
|-bgcolor=f3f3f3<br />
| align="center" |Jahr<br />
| align="center" |Ehe-<br />schließungen<br />
| align="center" |Ehe-<br />scheidungen<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 25 Ehejahren (in %)<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 45 Ehejahren (in %)<br />
|----<br />
|1990<br />
|align="center" |516.388<br />
|align="center" |154.786<br />
|align="center" |27,4<br />
|align="center" |29,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|1995<br />
|align="center" |430.534<br />
|align="center" |169.425<br />
|align="center" |30,9<br />
|align="center" |33,2<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2000<br />
|align="center" |418.550<br />
|align="center" |194.408<br />
|align="center" |37,3<br />
|align="center" |40,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2005<br />
|align="center" |388.451<br />
|align="center" |201.693<br />
|align="center" |40,4<br />
|align="center" |44,2<br />
|----<br />
| colspan=5 |<small>Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, BiB-Mitteilungen, 04/2007 vom 11. Februar 2008, S. 13</small><br />
|}<br />
<br />
=== Österreich ===<br />
Fast 90 % der Ehescheidungen erfolgen ''[[#Einvernehmliche Scheidung|einvernehmlich]]''. Bei einem Rechtsstreit mit richterlichem Urteil hätten beide Parteien mit zwei negativen Folgen zu rechnen: Erstens würden intime Details aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit getragen („Schmutzwäschewaschen“), zweitens müssten die Parteien den Anordnungen des Richters Folge leisten. Bei einer wenn auch mühsamen Einigung hingegen können die Parteien weitgehend selbst bestimmen, wie sie die Scheidung regeln (siehe auch [[Mediation]]).<br />
<br />
== Ethische Aspekte ==<br />
Die Scheidung ist die formelle, juristische Beendigung einer Ehe. Im Gegensatz dazu ist die [[Trennung]] die tatsächliche Beendigung einer Ehe, die sowohl im Rechtssystem Österreichs als auch im Rechtssystem Deutschlands Voraussetzung für Scheidung ist. Die offizielle Scheidung nach diesen beiden Rechtssystemen ist somit die formale Auflösung einer bereits nicht mehr existenten Ehe.<br />
<br />
Ethische Aspekte erstrecken sich auf Inhalte, nicht auf Form. Eine ethische Bewertung einer Scheidung ist somit&nbsp;– im Gegensatz zu einer ethischen Bewertung der Trennung&nbsp;– grundsätzlich ''nicht'' möglich.<br />
<br />
{{Lückenhaft|Es fehlen folgende nicht-juristische Gesichtspunkte: Geschichte der Scheidungen (z.&nbsp;B. in der Antike), ethische Aspekte und ggf. noch weitere}}<br />
<br />
== Wirtschaftliche Aspekte ==<br />
[[Stephen Jenkins]] (''Institute for Social and Economic Research'', ''Council of the International Association for Research on Income and Wealth'') kam in einer Langzeit-Studie zum Ergebnis, dass in Großbritannien Männer nach einer Scheidung sich wirtschaftlich wesentlich verbesserten und Frauen hingegen sich verschlechterten. Diese Aussage trifft häufig selbst dann zu, wenn es sich hierbei nicht um Väter und Mütter, also um die Frage der Versorgung von Kindern, handelt.<ref>Amelia Hill: [http://www.guardian.co.uk/lifeandstyle/2009/jan/25/divorce-women-research ''Men become richer after divorce.''] The Observer 25. Januar 2009</ref><br />
<br />
== Die Position in den Religionen ==<br />
=== Jüdische Religion ===<br />
Im Judentum ist die Scheidung ein komplexer Akt, der eine Korrektur der Vergangenheit darstellt: Ähnlich wie die Buße ein in der Vergangenheit zerschnittenes Band zwischen dem Menschen und JHWH wieder knüpft, kann durch die Scheidung das in der Vergangenheit gesetzte Band zweier Seelen rückwirkend gelöst werden. Die Vorschrift ist in wenigen Zeilen der [[Thora]] zu finden. Eine Scheidung ist jederzeit ohne Grund von beiden Seiten möglich. Allerdings gibt es seit Jahrhunderten Probleme, wenn die Frau die Scheidung will. Der Mann muss sie ziehen lassen und darf ihr den [[Scheidebrief]] (''get'') nicht verweigern. Da aber – außer in Israel – der ''get'' nirgends einklagbar ist, ist der ziehenden Frau bei verweigertem ''get'' die Wiederheirat verwehrt.<br />
<br />
=== Christentum ===<br />
Bis ins 20. Jahrhundert hinein lehnten die meisten westlichen Kirchen Scheidung kategorisch ab. Die römisch-katholische Kirche sowie der überwiegende Teil der pietistischen, täuferischen und charismatischen Kirche halten in unterschiedlichem Grade bis heute daran fest. Grundlage für die restriktive Beurteilung ist {{B|Matthäus|19|3–9}}: Jesus wendet sich hier scharf gegen den mosaischen Scheidebrief, unter dem Vorbehalt der sogenannten [[Unzuchtsklausel]] (jedoch noch restriktiver mit dem Hintergrund des Unterganges des Südreiches: {{B|Mal|2|10–16}}). Der Verweis auf die alttestamentliche Regelung der Scheidung ([[Scheidebrief]]: {{B|5 Mos|24|1}}) macht deutlich: Es gibt Situationen, die so ausweglos sind, dass allein noch eine Scheidung möglich ist (zur katholischen Position dazu siehe [[Codex Iuris Canonici|CIC]] 1143).<br />
<br />
Spätestens seit 1970 ist dies in den evangelischen Landeskirchen Deutschlands, in vielen protestantischen ''mainline churches'' in den Vereinigten Staaten sowie in gemäßigten protestantischen Kirchen in anderen westlichen Industriestaaten allgemein anerkannt. Für die Katholiken lässt sich dies in der Praxis –&nbsp;im Gegensatz zur kirchenamtlichen Lehre&nbsp;– etwa 10 Jahre später feststellen. Nicht erlaubt ist jedoch die zivile Wiederverheiratung, kirchliche Angestellte werden in diesem Fall entlassen. Neuerdings wird die Ehescheidung als Möglichkeit auch unter evangelikalen, charismatischen und pfingstkirchlichen Christen in Betracht gezogen.<br />
<br />
Die Mehrzahl der [[Ostkirche]]n hat die Scheidung seit langem als manchmal notwendiges Übel akzeptiert (''oikonomia''). Nach orthodoxem Glauben ist das alttestamentliche Gesetz durch Christus gegeben; wenn er darin „wegen der Härte der Herzen“ eine Scheidung erlaubt hat, so ist seine Äußerung im Neuen Testament nicht als Widerspruch dagegen zu verstehen (denn Gott widerspricht sich nicht), sondern als Warnung gegen leicht genommene Scheidung. Die Östlich-Orthodoxen (orthodoxe Kirchen im engeren Sinne) erlauben bis zu maximal drei Eheschließungen. Die Zeremonie zu einer Wiederheirat ist allerdings weit weniger feierlich als die zu einer ersten Heirat; vielmehr überwiegt der Gedanke der Buße. Vor einer dritten kirchlichen Hochzeit wird ein Jahr strenger Buße vorausgesetzt.<ref>[http://orthodoxeurope.org/page/3/16.aspx ''Die Grundlagen der Sozialdoktrin der Russisch-Orthodoxen Kirche'']. Auf: orthodoxeurope.org, Abschnitt X.3.</ref><br />
<br />
==== Römischer Katholizismus ====<br />
Nach dem Rechtsverständnis der [[Römisch-Katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] ist eine Scheidung nur in zwei eng begrenzten Fällen möglich: Wenn sich einer der beiden Eheleute, die zur Zeit der Eheschließung beide ungetauft waren, taufen lässt, und der ungetauft Bleibende den christlichen Glauben nicht akzeptiert und sich entweder deswegen trennen möchte oder „den Schöpfer lästert“, dann kann der getaufte Partner eine neue Ehe mit einem Getauften eingehen, was die erste (nichtsakramentale) Ehe auflöst.<br />
<br />
Zweitens kann der Papst die Eheauflösung gewähren, wenn die Ehe nicht vollzogen wurde; diese Gewährung wird jedoch nur äußerst selten erteilt. Dies ist nicht mit der ''[[impotentia coeundi]]'' (sogenanntes [[Ehehindernis]] [[Göttliches Recht|göttlichen Rechts]]) zu verwechseln, bei der die nachträgliche Ungültigerklärung einer Ehe gemäß can. 1084 § 2 möglich ist (Schutz-Canon gegen „Alibi-Ehen“). In letzterem Falle gilt die Ehe als nie wirksam geschlossen, während es bei einer Auflösung einer nicht vollzogenen Ehe durch den Papst dabei bleibt, dass die Ehe tatsächlich existiert hat, so dass man von einer Scheidung sprechen kann.<br />
<br />
Anders verhält es sich bei der [[Eheannullierung]], die voraussetzt, dass eine Ehe nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist.<br />
<br />
In Fällen von Ehezerrüttung oder Ehebruch o.&nbsp;ä. gesteht die Kirche in besonderen Härtefällen (etwa bei einem „[[Kuckuckskind]]“ oder manifester [[Gewalt]]) den Eheleuten nur die „Trennung von Tisch und Bett“, nicht aber die formelle Scheidung zu. Dies wird damit begründet, dass die katholische [[Kirchliche Trauung|Ehe]] eines der sieben [[Sakrament]]e ist und, wie auch aus den liturgischen Formeln ersichtlich, geschlossen wird „bis (dass) der Tod euch scheidet“. Die Scheidung ist dementsprechend schlicht unwirksam; der Geschiedene bleibt, sofern er nicht Gründe für eine Trennung von Tisch und Bett hat, weiterhin zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet, und auch in diesem Fall zur außerehelichen Enthaltsamkeit sowie dazu, keine neue Ehe einzugehen (was er im kirchenrechtlichen Sinn auch gar nicht gültig bewerkstelligen kann). Bei erlaubter dauerhafter Trennung von Tisch und Bett ist, falls zweckmäßig, auch die zivile Scheidung erlaubt, jedoch ohne die Wiederheirat zu ermöglichen.<br />
<br />
Diese rechtliche Ordnung stößt in der Gegenwart häufig auf wenig Verständnis. Der Grund dafür ist: Es wird zwar in der Regel nachvollzogen, das „Zerrüttenlassen“ der Ehe, die Trennung und die Scheidung als [[Sünde]] (oder zumindest „Sünde gemäß kirchlicher Moral“) zu betrachten, die landläufige Meinung geht aber davon aus, dass durch diese Sünden die Ehe als solche beendet werde. Von daher verstehen sich Forderungen, die Scheidung möge doch (wie u.&nbsp;a. Mord, Abtreibung, Ehebruch etc.) durch das [[Bußsakrament]] „vergeben“ werden. Richtig ist aber, dass von der Sünde der Scheidung (sofern sie überhaupt mit einer Sünde verbunden war) selbstverständlich im Bußsakrament losgesprochen werden kann – was aber den Pönitenten nicht von seinem Eheversprechen entbindet.<br />
<br />
=== Islam ===<br />
Im [[Islam]] gibt es die Möglichkeit zur Scheidung in einigen Ausdifferenzierungen (→ [[Islamische Ehe#Scheidung|Scheidung einer islamischen Ehe]]; [[Verstoßung#Verstoßung im Islam|Talaq]] seitens des Mannes; Chulla seitens der Frau).<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Scheidungsrate]], [[Alleinerziehende]], [[Sorgerecht]], [[Stieffamilie]], [[Eheannullierung]], [[Lebenspartnerschaftsgesetz]], [[Online Scheidung]], [[Scheidungsformel]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Thomas Rauscher: Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Band I und II, 2. Auflage Sellier European Law Publisher 2006<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{ws | [[s:RE:Ehescheidung |Ehescheidung]] in Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft}}<br />
* [http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Bevoelkerung/EheschliessungenScheidungen/EheschliessungenScheidungen.psml Statistik zu Eheschließungen und Scheidungen auf der Webseite des statistischen Bundesamtes für Deutschland]<br />
* [http://de.statista.org/statistik/daten/studie/1346/umfrage/anzahl-der-geschiedenen-ehen-nach-ehedauer/ Anzahl der geschiedenen Ehen nach Ehedauer (2006)]<br />
* [http://www.vatican.va/archive/DEU0036/__P44.HTM Codex des Kanonischen Rechtes]<br />
* [http://ec.europa.eu/civiljustice/divorce/divorce_ec_de.htm Information der Europäischen Kommission zum Scheidungsrecht aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie internationalem Recht] (mehrsprachig)<br />
* [http://www.eheanwalt.ch/ Informationen zum Schweizer Scheidungsrecht] (deutsch)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Rechtshinweis}}<br />
<br />
[[Kategorie:Eherecht (Deutschland)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Österreich)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Schweiz)]]<br />
[[Kategorie:Ehe]]<br />
<br />
[[ar:طلاق]]<br />
[[az:Boşanma]]<br />
[[bg:Развод]]<br />
[[bjn:Sarak]]<br />
[[br:Torr-dimeziñ]]<br />
[[ca:Divorci]]<br />
[[ceb:Diborsyo]]<br />
[[cs:Rozvod]]<br />
[[da:Skilsmisse]]<br />
[[en:Divorce]]<br />
[[eo:Eksgeedziĝo]]<br />
[[es:Divorcio]]<br />
[[eu:Dibortzio]]<br />
[[fa:طلاق]]<br />
[[fi:Avioero]]<br />
[[fr:Divorce]]<br />
[[he:גירושים]]<br />
[[hr:Rastava braka]]<br />
[[ht:Divòs]]<br />
[[id:Perceraian]]<br />
[[it:Divorzio (ordinamento civile italiano)]]<br />
[[ja:離婚]]<br />
[[kn:ವಿಚ್ಛೇದನ]]<br />
[[la:Divortium]]<br />
[[mt:Divorzju]]<br />
[[nl:Echtscheiding]]<br />
[[nn:Skilsmisse]]<br />
[[no:Skilsmisse]]<br />
[[pl:Rozwód]]<br />
[[pt:Divórcio]]<br />
[[qu:T'aqanakuy]]<br />
[[ro:Divorț]]<br />
[[ru:Развод]]<br />
[[scn:Divorziu]]<br />
[[sh:Razvod]]<br />
[[si:දික්කසාදය]]<br />
[[simple:Divorce]]<br />
[[sq:Divorci]]<br />
[[sr:Развод]]<br />
[[sv:Skilsmässa]]<br />
[[ta:திருமண முறிவு]]<br />
[[te:విడాకులు]]<br />
[[tr:Boşanma]]<br />
[[uk:Розлучення]]<br />
[[wa:Divoirçaedje]]<br />
[[yi:גט]]<br />
[[zh:离婚]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Scheidung&diff=90341872Scheidung2011-06-22T09:46:58Z<p>222.127.231.29: /* Weitere Länder */ verboten klingt schon nach, als wird man Geschiedene bestrafen</p>
<hr />
<div>'''Scheidung''' oder '''Ehescheidung''' ist die formelle juristische Auflösung einer [[Ehe]].<br />
<br />
''Geschieden'' ist neben ledig, verheiratet und [[Witwer|verwitwet]] einer der vier weltweit üblichen [[Familienstand|Familienstände]]. Eine Scheidung ist jedoch nicht in allen Rechtssystemen möglich, Verfahren und Bedeutung können sehr unterschiedlich sein.<br />
<br />
Daneben gibt es mit [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]], [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigkeit]] und [[Eheannullierung|Annullierung]] aus formellen Gründen verschiedene Formen der Ungültigkeit einer Ehe, sowie die [[Getrenntleben|Trennung]] ohne Beendigung des Eheverhältnisses. In erweitertem Sinne bezieht sich der Ausdruck ''Scheidung'' rechtlich auch auf [[gleichgeschlechtliche Ehe]]n oder [[eingetragene Partnerschaft]]en<!--sic, nicht der deutsche spezialausdruck-->, nicht aber andere [[Lebensgemeinschaft]]en.<br />
<br />
== Deutsches Recht ==<br />
''siehe auch:'' [[Eherecht (Deutschland)|Eherecht]]<br />
<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Die [[Internationale Zuständigkeit (Deutschland)|internationale Zuständigkeit]] ist innerhalb der [[Europäische Gemeinschaft|Europäischen Gemeinschaft]] mit Ausnahme Dänemarks mit der „Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung“<ref>http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:338:0001:0029:DE:PDF</ref> (Brüssel IIa Verordnung – auch EuGVVO II oder [[Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (EuEheVO)|EheVO-II]]) einheitlich geregelt worden.<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;a EheVO-II ist das Gericht desjenigen EG-Mitgliedstaates zuständig, in dem<br />
# beide Ehegatten ihren [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn ihn einer dort noch hat;<br />
# der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder im Falle eines „gemeinsamen Antrags“<ref>unerheblich ist, ob nach dem Recht des Mitgliedstaates, dessen Gericht zuständig ist, formal die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrags existiert, Thomas Rauscher in Europäischen Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;19</ref>, wo einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;<br />
# der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens 6 Monaten vor dem Antrag aufgehalten hat und Staatsangehöriger dieses Staates ist oder in Ermangelung einer Staatsangehörigkeit sich mindestens ein Jahr aufgehalten hat;<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;b EheVO-II sind auch die Gerichte des EG-Mitgliedstaates international zuständig, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten haben.<br />
<br />
Die internationale Zuständigkeit kann unter Umständen für einen Deutschen, dessen Ehegatte ein Ausländer ist, bedeuten, dass für seinen Scheidungsantrag kein deutsches Gericht international zuständig ist.<ref>Rauscher in Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;3</ref><br />
<br />
Diese internationale Zuständigkeit ist innerhalb der EG ausschließlich. Nur nicht EG-Staaten können ihre Gerichtsbarkeit ebenfalls für berufen erklären. Eine Restzuständigkeit bleibt dem nationalen Recht, wenn der Antragsgegner weder Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaates ist noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem EG-Mitgliedstaat hat (Art.&nbsp;6 EheVO-II); deutsche Gerichte sind in diesem Fall nach {{§|98|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] international zuständig. Ist der Antragsteller Deutscher und der Antragsgegner weder EG-Inländer oder in der EG ansässig, ist die deutsche Gerichtsbarkeit mit der Sache betraut.<br />
<br />
An der Scheidung ist die Scheidungsfolgesache Unterhalt geknüpft: Hierzu gibt es bereits seit Inkrafttretens des europäischen Rechts Brüssel I – auch [[EuGVVO]] genannt – eine entsprechende Regelung.<br />
<br />
Soweit ein deutsches Gericht international zuständig ist, prüft es, ob es deutsches oder bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ausländisches Recht anzuwenden hat.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
''siehe auch:'' [[Internationales Privatrecht]]<br />
<br />
Deutsche Gerichte und Behörden wenden auf [[deutsche]] Staatsbürger stets deutsches Recht an.<br />
<br />
Bei [[Ausländer]]n muss unterschieden werden:<br />
<br />
Gehören beide Ehegatten, die sich scheiden lassen wollen, zum Zeitpunkt der [[Rechtshängigkeit]] demselben ausländischen Staat an oder gehörten sie diesem zuletzt an, richtet sich die Scheidung nach dem Recht ihres Heimatstaates ({{Art.|17|EGBGB|dejure}} Abs.&nbsp;1 [[EGBGB]]).<br />
<br />
Ist einer der Ehegatten Deutscher, haben beide ausländischen Ehegatten verschiedene [[Staatsangehörigkeit]]en oder sind die Eheleute [[Asyl]]anten oder [[Konventionsflüchtling]]e<ref>Art.&nbsp;12 [[Genfer Flüchtlingskonvention]]</ref>, so wird das Recht des Ortes angewendet, wo die Ehegatten ihren gemeinsamen [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn einer von ihnen ihn dort noch hat. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch eine [[Inländerprivilegierung]] vorgesehen: Ist einer der Ehegatten Deutscher und ist die Ehe nach dem Recht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts unscheidbar, wird sie nach deutschem Recht geschieden. Klagt ein Deutscher auf Scheidung der Ehe und ist nach der EheVO-II die deutsche Gerichtsbarkeit unzuständig, kommt dem Deutschen die Inländerprivilegierung des Art.&nbsp;17 Abs.&nbsp;1 Satz&nbsp;2 EGBGB nicht zugute.<br />
<br />
Bei der Form der Scheidung ist das deutsche Recht streng. Auch wenn auf die Scheidung der Ehe durch das deutsche [[Familiengericht]] ausländisches Recht angewendet wird, kann in Deutschland die Ehe nur durch [[Gerichtsbeschluss]] (z.&nbsp;B. nicht durch [[Verstoßung]] oder [[Aufhebungsvertrag]]) geschieden werden. Diese Formstrenge steht im Gegensatz zur Toleranz gegenüber ausländischen Formen des Eheschlusses in Deutschland (z.&nbsp;B. vor einem [[Konsul]] oder [[Geistlicher|Geistlichen]]).<br />
<br />
=== Deutsche Vorschriften ===<br />
Das deutsche Recht sieht die Ehe als lebenslange Institution, deren besonderer Schutz in {{Art.|6|gg|juris}} des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes]] gefordert wird. Die Ehe kann daher nur durch den [[Sterbefall|Tod]], durch Scheidung oder durch [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]] beendet werden. Die Scheidung oder die Aufhebung muss im Wege der [[Gestaltungsklage]] durch richterlichen Beschluss erfolgen. Scheidungen werden mehrheitlich von Frauen eingereicht.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2007/08/13/781748.html?s=2 Abendblatt: ''Keine Lust mehr auf Ehe?'']</ref><br />
<br />
Die Scheidung wurde zusammen mit der [[Zivilehe]] 1875 im [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]] eingeführt. Bis zum Inkrafttreten der Reform von 1976 ([[Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts|1. EheRG]]) galt im Ehescheidungsverfahren das Schuldprinzip. Dieses wurde in einer Reform der entsprechenden Paragraphen durch das sogenannte ''Zerrüttungsprinzip'' abgelöst. Im Gesetzestext selber wird dabei vom ''Scheitern'' der Ehegemeinschaft gesprochen. Die Reform von 1976 macht Unterhaltsrechte und -pflichten nicht mehr von einer „Schuld“ abhängig, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der geschiedenen Ehepartner, unter Berücksichtigung des Prinzips einer [[Eigenverantwortung]].<ref>{{internetquelle|autor=Peter Borowsky|url=http://www.bpb.de/publikationen/01076900131314521849545168923836,5,0,Sozialliberale_Koalition_und_innere_Reformen.html|titel=Sozialliberale Koalition und innere Reformen – Kapitel „Ehe- und Familienrecht“|werk=Informationen zur politischen Bildung (Heft 258)|hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung|zugriff=11. Mai 2008}}</ref><ref>[http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=43822624&aref=image035/0549/PPM-SP197004900700086.pdf&thumb=false ''Wie im Orient?''], DER SPIEGEL 49/1970, S.&nbsp;70–86, 30. November 1970. [{{Der Spiegel|43822624|Titel=Wie im Orient? (siehe Titelbild)|Text=}} Online-Version (HTML)]. Aufgerufen am 11. Mai 2008.</ref> Die Regelungen wurden 2008 durch das [[Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts]] erneut umfassend reformiert.<br />
<br />
==== Voraussetzungen ====<br />
Die Voraussetzungen einer Scheidung sind, nachdem sie jahrzehntelang im [[Ehegesetz (Deutschland)|Ehegesetz]] „ausgelagert“ waren, inzwischen wieder abschließend in den {{§|1564|bgb|juris}} bis {{§|1568|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] sowie in den {{§|133|famfg|juris}} bis {{§|150|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] geregelt. Die Scheidungsfolgen (wie beispielsweise [[Unterhalt]], [[Sorgerecht]], [[Umgangsrecht]] und [[Versorgungsausgleich]]) werden in den {{§|1569|bgb|juris}}ff. BGB, das Scheidungsverfahrensrecht im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den [[Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit]] (FamFG) geregelt. Mit der Umsetzung des FamFG wurde das Scheidungsverfahrensrechts, das vorher in ZPO und FGG geregelt war, nunmehr in einem Gesetz vereinheitlicht.<br />
<br />
Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie ''gescheitert'' ist. Das ist der Fall, wenn die eheliche [[Lebensgemeinschaft]] gemäß {{§|1353|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] (mensa et toro) nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung nicht mehr zu erwarten ist. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (s.&nbsp;{{§|1567|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]]).<br />
<br />
Um den Ehegatten eine genaue Untersuchung des Merkmals ''Scheitern'' (Zerrüttung) zu ersparen, gibt das BGB dem entscheidenden Richter zwei [[Vermutung (Recht)|Vermutungen]] an die Hand<!-- Meyers Lexikon ist eingestellt seit dem 23.03.09 <ref>http://lexikon.meyers.de/meyers/Ehescheidung</ref> Vielleicht dieser Link: http://bundesrecht.juris.de/bgb/__1566.html-->:<br />
<br />
# Leben die Ehegatten mehr als ein Jahr getrennt, so wird die Zerrüttung vermutet, sofern diese als „nicht heilbar“ angesehen wird: Wollen beide Ehegatten geschieden werden („einverständliche Scheidung“) oder besteht keine Bereitschaft, sich zu versöhnen, ist unwiderlegbar von einer Zerrüttung auszugehen.<br />
# Nach drei Jahren Trennung kann die Ehe auch gegen den Willen des anderen Ehegatten geschieden werden. Auch diese Vermutung ist unwiderlegbar.<br />
<br />
Ist die Fortsetzung der Ehe einem der Ehegatten eine unzumutbare Härte ({{§|1565|bgb|juris}} Abs.&nbsp;2 BGB), die in der Person des anderen Ehegatten begründet liegt, kann die Ehe aber vor Vollendung des ersten Trennungsjahrs und ohne Einwilligung beider Ehegatten geschieden werden. Eine solche unzumutbare Härte wird angenommen, wenn Misshandlungen vorliegen oder der Ehegatte beispielsweise eine weitere Person in die Ehe aufnehmen wollte (im Stil einer „[[Ménage à trois]]“). Deutsche Gerichte tendierten in der Vergangenheit dazu, den Begriff immer weiter zu fassen und immer neue subjektiv empfundene unzumutbare Härten zu akzeptieren.<br />
<br />
Der Beginn des Trennungsjahres kann rechtssicher durch den Wechsel in die [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse IV (4)|Steuerklasse IV]] im laufenden Jahr bzw. [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse I (1)|Steuerklasse I]] im auf die Trennung folgenden Kalenderjahr auf der [[Steuerkarte]] dokumentiert werden. Hierzu ist beim [[Einwohnermeldeamt]] eine ''Erklärung zum Familienstand'' abzugeben.<br />
<br />
==== Härteklausel ====<br />
Zu beachten ist die [[Härteklausel]] nach {{§|1568|bgb|juris}} BGB: Da die Scheidung in der Regel eine schwere Härte für [[Minderjährigkeit|minderjährige Kinder]] darstellt, ist zu prüfen, ob ein Fortbestand der Ehe aus Gründen des [[Kindeswohl]]s möglich erscheint (§ 1568 Abs.&nbsp;1 1. Alt. BGB). Zugleich wird aber auch der andere Ehepartner geschützt, wenn dieser wegen Krankheit oder vorgerückten Alters besonderer Schutzwürdigkeit bedarf.<br />
<br />
Die praktische Relevanz dieser Vorschrift ist aber eher als gering einzustufen.<br />
<br />
==== Verfahren ====<br />
Das Verfahren der Scheidung findet vor dem [[Amtsgericht]] – [[Familiengericht]] – statt. Anders als bei anderen Verfahren vor dem Amtsgericht besteht in Scheidungsverfahren [[Anwaltszwang]], das heißt, jedenfalls der Antragsteller muss sich von einem Anwalt vertreten lassen.<br />
<br />
Im Scheidungsverfahren können auf Antrag in einem sogenannten [[Scheidungsverbund]] andere Familiensachen (Regelung der [[Sorgerecht|elterlichen Sorge]], des [[Umgangsrecht|Umgangs]], des [[Unterhalt]]s, der Ansprüche aus dem ehelichen [[Güterrecht]], der Zuweisung von Ehewohnung und ehelichem [[Hausrat]]) für den Fall der Scheidung mit geltend gemacht werden. In der Regel zwingend und ohne Antrag einer Partei ist mit der Scheidung der [[Versorgungsausgleich]] zu regeln.<br />
<br />
Außergerichtlich können einige Scheidungsfolgen geregelt werden; z.&nbsp;B. kann [[ehevertrag]]lich auch anlässlich der Scheidung auf [[Zugewinnausgleich]] und unter bestimmten Einschränkung auch auf [[Unterhalt|Ehegattenunterhalt]] verzichtet werden. Solche Vereinbarungen sind [[notar]]iell zu [[Beurkundung|beurkunden]].<br />
<br />
=== [[Rechtsweg]] ===<br />
Während die erst<nowiki />[[Instanz (Recht)|instanz]]<nowiki />liche Verhandlung stets vor dem [[Amtsgericht]] stattfindet, ist die [[Beschwerde (Recht)|Beschwerde]]<nowiki />instanz das [[Oberlandesgericht]].<br />
<br />
=== Sonstiges ===<br />
Seit 2000 bieten einige Rechtsanwaltskanzleien in der Bundesrepublik Deutschland eine sog. „Internetscheidung“ an. Bis heute besteht jedoch die Möglichkeit einer Scheidung über das Internet nicht. Zudem ist zu bedenken, dass zu einem so komplexen Rechtsgebiet wie der Scheidung eine ausführliche Beratung dringend zu empfehlen ist, die im Übrigen keine zusätzlichen Kosten verursacht, da eine sog. „Internetscheidung“ genauso nach dem [[Rechtsanwaltsvergütungsgesetz|RVG]] vergütet wird wie die Präsenzscheidung mit ausführlicher Beratung im Anwaltsbüro. Gleichwohl ist es auf diesem – wenngleich weitgehend anonymisierten – Weg möglich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um das Scheidungsverfahren durch diesen bei einem ordentlichen Gericht betreiben zu lassen.<br />
<br />
Am 3. Februar 2010 hat der XII. Zivilsenat des [[Bundesgerichtshof]]s die Entscheidung (Az: XII ZR 189/06) bekannt gegeben, in der Zuwendungen der Schwiegereltern zum Ehepartner ihres Kindes zurückgefordert werden können.<ref>[http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=50767&linked=pm&Blank=1 Rückforderung von Zuwendungen an Ehepartner ihres Kindes - BGH-Urteil vom 3. Februar 2010]</ref>Diese Zuwendungen wurden nun als Schenkungen bewertet. Wenn die Ehe scheitert, sei die Geschäftsgrundlage für die Schenkung nicht mehr gegeben. Die ''Möglichkeit einer zumindest partiellen Rückabwicklung'' der Schenkung sei auch dann möglich, wenn in der Ehe eine [[Zugewinngemeinschaft]] bestanden habe.<br />
<br />
== Österreichisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Österreichische Stellen prüfen die Anwendbarkeit einer Rechtsordnung nur, wenn sie, insbesondere nach der [[EheVO-II]] international zuständig sind.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Vorschriften über die Anwendbarkeit des österreichischen Rechts ([[Internationales Privatrecht]]) sind im [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Österreich)|Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht]] (IPR-Gesetz) geregelt.<br />
<br />
Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts unterliegt in der Sache ähnlichen Vorschriften ({{§|20|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031306}} in Verbindung mit {{§|18|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031304}} IPR-Gesetz) wie die des deutschen. Das österreichische Recht verzichtet aber auf eine Inländerprivilegierung. Stattdessen findet bei bi-nationalen Ehen stets, im Falle eines Österreichers österreichisches Recht, im Falle eines Ausländers dessen Heimatrecht auf die Scheidung Anwendung, wenn nach dem Recht des (letzten) gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts die Ehe nicht geschieden werden kann (§&nbsp;20 Abs.&nbsp;2 IPR-Gesetz).<br />
<br />
=== Österreichische Vorschriften ===<br />
Die Scheidung der Ehe ist neben der [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigerklärung der Ehe]] und der [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung der Ehe]] eine der Möglichkeiten, die Ehe zu beenden. Österreich hat das Scheidungsrecht im [[Ehegesetz]] (EheG), das bis 1977 weitgehend gleichlautend mit dem dEheG in Deutschland war, geregelt. Zwischenzeitlich kamen einige Änderungen, wie der verschuldensunabhängige Unterhalt (genauer: ''Unterhalt trotz Verschuldens'') hinzu.<br />
<br />
Rechtsdogmatisch gesprochen handelt es sich bei der Scheidung um die ''„[[Kündigung]]“ des [[Dauerschuldverhältnis]]ses Ehe'', die nur aus besonderen Gründen möglich ist. Wenngleich nicht ausschließlich, so steht dennoch seit der Reform des Eherechts im Jahr 1999 das ''Zerrüttungsprinzip'' vor dem ''Verschuldensprinzip''. Scheidungsgründe sind dem Zerrüttungsprinzip folgend grundsätzlich „relativ“; so kann z.&nbsp;B. ein Ehebruch, der die Gemeinschaft der Ehegatten nicht tatsächlich zerrüttet, nicht zur Scheidung führen.<br />
<br />
''Ehescheidungsgründe'':<br />
* ''Streitige Scheidung''<br />
** ''Verschuldensscheidung''<br />
** Scheidung aus anderen Gründen<br />
*** Krankheit<br />
**** wg. auf geistiger Störung beruhenden Verhaltens<br />
**** wg. Geisteskrankheit<br />
**** wg. ansteckender oder ekelerregender Krankheit<br />
*** ''Auflösung der häuslichen Gemeinschaft''<br />
* ''Einvernehmliche Scheidung''<br />
<br />
==== Verschuldensscheidung ====<br />
Die Verschuldensscheidung erfordert eine<br />
* ''schwere Eheverfehlung'' bzw. ein ''ehrloses und unsittliches Verhalten'', die/das zu einer<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'' führt.<br />
<br />
''Schwere Eheverfehlung'': Das Gesetz selbst nennt demonstrativ [[Ehebruch]], körperliche [[Gewalt]] oder schweres seelisches Leid. Weiter zu nennen sind z.&nbsp;B. [[Alkoholkrankheit|Trunksucht]], ständige [[Streit]]ereien, schwere [[Beleidigung|Beschimpfungen]], Vernachlässigung des [[Privathaushalt|Haushalts]], Verweigerung der ehelichen [[Beiwohnung]].<br />
<br />
''Zerrüttung'': Die Ehe ist zerrüttet, wenn die körperliche, geistige und seelische Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist, so dass eine Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.<br />
<br />
''Der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung nicht begehren.'' Nicht um eine schwere Eheverfehlung handelt es sich bei Reaktionshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert Beiwohnung durch gegenwärtig volltrunkenen Mann). Auch Kompensationshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert – zur Vergeltung – den Geschlechtsverkehr zwei Tage nachdem Mann volltrunken war) machen den vormalig Unschuldigen nicht zum (überwiegend) Schuldigen.<br />
<br />
==== Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft ====<br />
Diese Scheidungsvariante erfordert eine<br />
* ''Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft seit 3 Jahren (bzw. 6 Jahren)'' und die<br />
* ''Zerrüttung der Ehe''.<br />
<br />
''[[Häusliche Gemeinschaft]]'': Diese ist beendet, wenn die eheliche Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in ehewidriger Intention beendet wird. Demgemäß reicht bereits eine Trennung von Tisch und Bett ''(a mensa et toro).'' Nur gelegentliches eheliches Beiwohnen genügt nicht für das Bestehen der häuslichen Gemeinschaft. Demgegenüber ist eine bloße räumliche Trennung (z.&nbsp;B. aus beruflichen oder sonstigen Gründen) ohne Zerrüttung unbeachtlich.<br />
<br />
Nach drei Jahren ist die Scheidung nur möglich, wenn die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann oder die Scheidung den (unschuldigen) Beklagten nicht härter (Härteklausel) treffen würde als den Klagenden die Abweisung des Scheidungsbegehrens. Ein derartiger ''Härtefall'' ist nach der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Wohl der Kinder, der Dauer der Aufhebung, dem Alter der Ehegatten, etc. zu beurteilen. Nach sechs Jahren kann die Ehe jedenfalls aufgehoben werden.<br />
<br />
''Insbesondere auch der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung begehren;'' er muss dafür jedoch damit rechnen, [[Unterhalt]] nach {{§|94|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041155}} [[Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch|ABGB]] wie bei aufrechter Ehe (!) leisten zu müssen.<br />
<br />
==== Einvernehmliche Scheidung ====<br />
Diese Scheidungsform erfordert die<br />
* ''Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr'', eine<br />
* ''schriftlichen Vereinbarung'' sowie<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'', die (rein formell, es wird nicht nachgeprüft) eingestanden werden muss.<br />
<br />
''Eheliche Lebensgemeinschaft'': Diese umfasst die allgemeinen [[Eheliche Pflichten|ehelichen Pflichten]] des {{§|90|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041153}} ABGB (gemeinsames [[Wohnen]], [[Treue]], [[Beistand]] etc.); auf eine Aufhebung der ''häuslichen Gemeinschaft'' (siehe oben) im rein räumlichen Sinn kommt es nicht an, folglich ist letzterer auch nicht erforderlich für die einvernehmliche Scheidung.<br />
<br />
Die ''schriftliche Vereinbarung'', die zivilrechtlich als ''[[Vergleich (Recht)]]'' qualifiziert werden kann, muss Einigung enthalten über: hauptsächlichen [[Aufenthalt]] der Kinder, [[Obsorge]], Ausübung des [[Recht auf persönlichen Verkehr|Rechts auf persönlichen Verkehr]], [[Unterhalt]] für die Kinder, Unterhalt der Ehegatten zueinander<br />
<br />
== Schweizerisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Für die Schweiz gilt die [[EheVO-II]] der Europäischen Union nicht. Nach {{Art.|59|291|ch}} des schweizerischen [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Schweiz)|Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG)]] sind Schweizer Gerichte international zuständig, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, oder der Kläger, der in der Schweiz wohnhaft ist, Schweizer ist oder der Kläger sich seit mindestens einem Jahr in der Schweiz aufhält. Lebt das Ehepaar im Ausland, sind Schweizer Gericht dennoch zuständig, wenn einer der Ehegatten Schweizer ist und es unmöglich oder unzumutbar ist die Klage am Wohnsitz eines der Ehegatten zu erheben ({{Art.|60|291|ch}} IPRG ''Heimatzuständigkeit'').<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Anwendbarkeit ist im Bundesgesetz über das internationale Privatrecht geregelt.<br />
<br />
Die Schweiz knüpft für die Beurteilung, welches Recht auf die Scheidung anzuwenden sei, anders als Deutschland und Österreich grundsätzlich nicht an der Staatsangehörigkeit, sondern am Wohnsitz der Ehegatten an. Verwendet man als Anknüpfungsmoment den Wohnsitz, führt das viel häufiger zu der Anwendung eigenen Rechts, weil vor Schweizer Gerichten sehr häufig nur Personen mit Schweizer Wohnsitz zu klagen pflegen. So richten sich beispielsweise die Voraussetzungen für die Scheidung nach Schweizer Recht, wenn zwei Deutsche seit über einem Jahr Wohnsitz in der Schweiz haben.<br />
<br />
Die Schweizer Gerichte wenden auf das Recht der Scheidung grundsätzlich immer Schweizer Recht an ({{Art.|61|291|ch}} Abs.&nbsp;1 IPRG). Das gilt selbst dann, wenn Schweizer Gerichte nach Art.&nbsp;60 IPR-Gesetz heimatzuständig sind (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;4 IPRG). Etwas anderes gilt nur, wenn beide Ehegatten Ausländer sind, welche dieselbe Staatsangehörigkeit haben und nur einer von ihnen seinen Wohnsitz in der Schweiz hat (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;2 IPRG). Hält sich der eine ausländische Ehegatte seit mindestens 2 Jahren in der Schweiz auf oder ist er auch Schweizer, so ist Schweizer Recht anzuwenden, wenn nach dessen Heimatrecht die Scheidung nicht oder nur unter außerordentlich schweren Bedingungen zulässig ist (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;3 IPRG).<br />
<br />
=== Schweizerische Vorschriften ===<br />
In der Schweiz ist die Scheidung im [[Zivilgesetzbuch]] (ZGB) umfassend geregelt. Hierbei ist zwischen der Scheidung auf gemeinsames Begehren und der Scheidung auf Klage zu unterscheiden:<br />
<br />
==== Scheidung auf gemeinsames Begehren ====<br />
Diese ist im Art.&nbsp;111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] geregelt. Bei der umfassenden Einigung (also auch hinsichtlich der Scheidungsfolgesachen) wird vom liberalen Grundsatz der [[Vertragsfreiheit]] ausgegangen. Geprüft wird somit vor Gericht nur der [[Wille#Zur Begriffsbildung in der Rechtswissenschaft|freie Wille]] und die [[reifliche Überlegung]]&nbsp;– nicht jedoch die ''faktische Zerrüttung'', die nach ZGB ''nicht'' Voraussetzung für die Scheidung ist.<br />
<br />
Artikel 111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] lautet:<ref>{{Art.|111|210|ch}} Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, admin.ch</ref><br />
# ''Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an; es überzeugt sich davon, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung voraussichtlich genehmigt werden kann.''<br />
<br />
# Hat sich das Gericht davon überzeugt, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung mit den Anträgen hinsichtlich der Kinder genehmigt werden kann, so spricht das Gericht die Scheidung aus.<br />
<br />
Es ist zulässig, eine "Teilkonvention" einzureichen, die nur gewisse Folgen der Scheidung (Unterhalt, Güterrecht, Teilung der Pensionskassenguthaben) beinhaltet. Der Scheidungsrichter entscheidet dann über die Scheidungsfolgen, über die sich die Ehegatten nicht geeinigt haben.<br />
<br />
== Weitere Länder ==<br />
* [[Chile]] ermöglichte als letzter südamerikanischer Staat die Scheidung erst 2003/2004.<br />
* In [[Irland]] wurde die Möglichkeit der Scheidung durch die 15. [[Verfassungsänderung (Irland)|Verfassungsänderung]] 1995 eingeführt. Diese Verfassungsänderung wurde in einer Volksabstimmung nur mit knapper Mehrheit (50,25 % dafür und 49,75 % dagegen) <ref>http://www.irlandlexikon.de/?letter=S</ref> gebilligt. [[1986]] war ein Versuch der Regierung, die Verfassung in diesem Sinn zu ändern, noch an einer Volksabstimmung gescheitert.<br />
* [[Malta]] erlaubt als einziger Staat der [[Europäische Union|EU]] keine Ehescheidung.<ref>[http://www.kath.net/detail.php?id=27530 kath.net: Malta und die Ehe 27. Juli 2010]</ref> In einem Referendum im Mai 2011 jedoch befürwortete die Bevölkerung mehrheitlich die Einführung der Scheidung in Malta. <ref>[http://www.stern.de/politik/ausland/abstimmung-auf-malta-buerger-sprechen-sich-fuer-scheidungen-aus-1690198.html Stern:Bürger sprechen sich fü Scheidungen aus] </ref><br />
* In [[Italien]] wurde die Scheidung 1970 gegen den Widerstand des Vatikans parlamentarisch ermöglicht.<ref>[http://www.taz.de/pt/2007/03/05/a0140.1/text taz:Und führe Politiker nicht in Versuchung]</ref><br />
* Zu Japan siehe [[Ehe und Scheidung in Japan]]<br />
* Zu der Republik Türkei siehe [[Ehescheidung in der Türkei]] <br />
* Auf den [[Philippinen]] gibt es keine Scheidung.<br />
<br />
== Rechtsvergleich ==<br />
Der Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Scheidungsrecht ist wohl primär der Umstand, dass das deutsche Recht zur Gänze, das österreichische Recht nur überwiegend vom Zerrüttungsprinzip dominiert ist. Zwar ist die „Härtefallscheidung“ in Deutschland wohl durchaus mit der „Verschuldensscheidung“ in Österreich vergleichbar, jedoch stellt das deutsche Recht auch hier nicht auf Schuld, sondern auf die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens ab.<br />
<br />
Im österreichischen Recht fällt der Unterhalt für den schuldig geschiedenen Partner niedriger aus als bei unverschuldeter Scheidung. In Deutschland spielt dieser Aspekt zwangsläufig keine Rolle für die Höhe des Unterhalts.<br />
<br />
Im Fall einer Trennung ist die (streitige) Scheidung nach deutschem Recht bereits nach einem Jahr (Trennungsjahr), spätestens aber nach drei Jahren möglich. Das österreichische Recht fordert grundsätzlich eine Trennungszeit von drei Jahren, im Härtefall sogar von sechs Jahren. In diesem Fall ist der Bestandsschutz des österreichischen Rechts weitreichender.<br />
<br />
Die einverständliche (deutsche) oder einvernehmliche (österreichische) Scheidung erfordert nach deutschem Recht ein Jahr Trennung, die (ggf. unter Eid) mündlich vor Gericht versichert werden muss, nach österreichischem Recht nur ein halbes Jahr Trennung, die im Scheidungsantrag nur rein formal ohne Überprüfung zugestanden werden muss. Hier ist der Bestandsschutz des deutschen Rechts wesentlich weitreichender.<br />
<br />
{{Staatslastig|DE}}<br />
{{Staatslastig|AT}}<br />
<br />
== Daten und Statistiken zu Ehescheidungen ==<br />
=== Deutschland ===<br />
Die jährliche Anzahl der Eheschließungen und Ehescheidungen hat sich in Deutschland folgendermaßen entwickelt:<br />
<br />
{| class="prettytable" align="center"<br />
|-bgcolor=eeeeee<br />
! align=center colspan=5 | Eheschließungen und Scheidungen in Deutschland<br />
|----<br />
|-bgcolor=f3f3f3<br />
| align="center" |Jahr<br />
| align="center" |Ehe-<br />schließungen<br />
| align="center" |Ehe-<br />scheidungen<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 25 Ehejahren (in %)<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 45 Ehejahren (in %)<br />
|----<br />
|1990<br />
|align="center" |516.388<br />
|align="center" |154.786<br />
|align="center" |27,4<br />
|align="center" |29,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|1995<br />
|align="center" |430.534<br />
|align="center" |169.425<br />
|align="center" |30,9<br />
|align="center" |33,2<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2000<br />
|align="center" |418.550<br />
|align="center" |194.408<br />
|align="center" |37,3<br />
|align="center" |40,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2005<br />
|align="center" |388.451<br />
|align="center" |201.693<br />
|align="center" |40,4<br />
|align="center" |44,2<br />
|----<br />
| colspan=5 |<small>Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, BiB-Mitteilungen, 04/2007 vom 11. Februar 2008, S. 13</small><br />
|}<br />
<br />
=== Österreich ===<br />
Fast 90 % der Ehescheidungen erfolgen ''[[#Einvernehmliche Scheidung|einvernehmlich]]''. Bei einem Rechtsstreit mit richterlichem Urteil hätten beide Parteien mit zwei negativen Folgen zu rechnen: Erstens würden intime Details aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit getragen („Schmutzwäschewaschen“), zweitens müssten die Parteien den Anordnungen des Richters Folge leisten. Bei einer wenn auch mühsamen Einigung hingegen können die Parteien weitgehend selbst bestimmen, wie sie die Scheidung regeln (siehe auch [[Mediation]]).<br />
<br />
== Ethische Aspekte ==<br />
Die Scheidung ist die formelle, juristische Beendigung einer Ehe. Im Gegensatz dazu ist die [[Trennung]] die tatsächliche Beendigung einer Ehe, die sowohl im Rechtssystem Österreichs als auch im Rechtssystem Deutschlands Voraussetzung für Scheidung ist. Die offizielle Scheidung nach diesen beiden Rechtssystemen ist somit die formale Auflösung einer bereits nicht mehr existenten Ehe.<br />
<br />
Ethische Aspekte erstrecken sich auf Inhalte, nicht auf Form. Eine ethische Bewertung einer Scheidung ist somit&nbsp;– im Gegensatz zu einer ethischen Bewertung der Trennung&nbsp;– grundsätzlich ''nicht'' möglich.<br />
<br />
{{Lückenhaft|Es fehlen folgende nicht-juristische Gesichtspunkte: Geschichte der Scheidungen (z.&nbsp;B. in der Antike), ethische Aspekte und ggf. noch weitere}}<br />
<br />
== Wirtschaftliche Aspekte ==<br />
[[Stephen Jenkins]] (''Institute for Social and Economic Research'', ''Council of the International Association for Research on Income and Wealth'') kam in einer Langzeit-Studie zum Ergebnis, dass in Großbritannien Männer nach einer Scheidung sich wirtschaftlich wesentlich verbesserten und Frauen hingegen sich verschlechterten. Diese Aussage trifft häufig selbst dann zu, wenn es sich hierbei nicht um Väter und Mütter, also um die Frage der Versorgung von Kindern, handelt.<ref>Amelia Hill: [http://www.guardian.co.uk/lifeandstyle/2009/jan/25/divorce-women-research ''Men become richer after divorce.''] The Observer 25. Januar 2009</ref><br />
<br />
== Die Position in den Religionen ==<br />
=== Jüdische Religion ===<br />
Im Judentum ist die Scheidung ein komplexer Akt, der eine Korrektur der Vergangenheit darstellt: Ähnlich wie die Buße ein in der Vergangenheit zerschnittenes Band zwischen dem Menschen und JHWH wieder knüpft, kann durch die Scheidung das in der Vergangenheit gesetzte Band zweier Seelen rückwirkend gelöst werden. Die Vorschrift ist in wenigen Zeilen der [[Thora]] zu finden. Eine Scheidung ist jederzeit ohne Grund von beiden Seiten möglich. Allerdings gibt es seit Jahrhunderten Probleme, wenn die Frau die Scheidung will. Der Mann muss sie ziehen lassen und darf ihr den [[Scheidebrief]] (''get'') nicht verweigern. Da aber – außer in Israel – der ''get'' nirgends einklagbar ist, ist der ziehenden Frau bei verweigertem ''get'' die Wiederheirat verwehrt.<br />
<br />
=== Christentum ===<br />
Bis ins 20. Jahrhundert hinein lehnten die meisten westlichen Kirchen Scheidung kategorisch ab. Die römisch-katholische Kirche sowie der überwiegende Teil der pietistischen, täuferischen und charismatischen Kirche halten in unterschiedlichem Grade bis heute daran fest. Grundlage für die restriktive Beurteilung ist {{B|Matthäus|19|3–9}}: Jesus wendet sich hier scharf gegen den mosaischen Scheidebrief, unter dem Vorbehalt der sogenannten [[Unzuchtsklausel]] (jedoch noch restriktiver mit dem Hintergrund des Unterganges des Südreiches: {{B|Mal|2|10–16}}). Der Verweis auf die alttestamentliche Regelung der Scheidung ([[Scheidebrief]]: {{B|5 Mos|24|1}}) macht deutlich: Es gibt Situationen, die so ausweglos sind, dass allein noch eine Scheidung möglich ist (zur katholischen Position dazu siehe [[Codex Iuris Canonici|CIC]] 1143).<br />
<br />
Spätestens seit 1970 ist dies in den evangelischen Landeskirchen Deutschlands, in vielen protestantischen ''mainline churches'' in den Vereinigten Staaten sowie in gemäßigten protestantischen Kirchen in anderen westlichen Industriestaaten allgemein anerkannt. Für die Katholiken lässt sich dies in der Praxis –&nbsp;im Gegensatz zur kirchenamtlichen Lehre&nbsp;– etwa 10 Jahre später feststellen. Nicht erlaubt ist jedoch die zivile Wiederverheiratung, kirchliche Angestellte werden in diesem Fall entlassen. Neuerdings wird die Ehescheidung als Möglichkeit auch unter evangelikalen, charismatischen und pfingstkirchlichen Christen in Betracht gezogen.<br />
<br />
Die Mehrzahl der [[Ostkirche]]n hat die Scheidung seit langem als manchmal notwendiges Übel akzeptiert (''oikonomia''). Nach orthodoxem Glauben ist das alttestamentliche Gesetz durch Christus gegeben; wenn er darin „wegen der Härte der Herzen“ eine Scheidung erlaubt hat, so ist seine Äußerung im Neuen Testament nicht als Widerspruch dagegen zu verstehen (denn Gott widerspricht sich nicht), sondern als Warnung gegen leicht genommene Scheidung. Die Östlich-Orthodoxen (orthodoxe Kirchen im engeren Sinne) erlauben bis zu maximal drei Eheschließungen. Die Zeremonie zu einer Wiederheirat ist allerdings weit weniger feierlich als die zu einer ersten Heirat; vielmehr überwiegt der Gedanke der Buße. Vor einer dritten kirchlichen Hochzeit wird ein Jahr strenger Buße vorausgesetzt.<ref>[http://orthodoxeurope.org/page/3/16.aspx ''Die Grundlagen der Sozialdoktrin der Russisch-Orthodoxen Kirche'']. Auf: orthodoxeurope.org, Abschnitt X.3.</ref><br />
<br />
==== Römischer Katholizismus ====<br />
Nach dem Rechtsverständnis der [[Römisch-Katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] ist eine Scheidung nur in zwei eng begrenzten Fällen möglich: Wenn sich einer der beiden Eheleute, die zur Zeit der Eheschließung beide ungetauft waren, taufen lässt, und der ungetauft Bleibende den christlichen Glauben nicht akzeptiert und sich entweder deswegen trennen möchte oder „den Schöpfer lästert“, dann kann der getaufte Partner eine neue Ehe mit einem Getauften eingehen, was die erste (nichtsakramentale) Ehe auflöst.<br />
<br />
Zweitens kann der Papst die Eheauflösung gewähren, wenn die Ehe nicht vollzogen wurde; diese Gewährung wird jedoch nur äußerst selten erteilt. Dies ist nicht mit der ''[[impotentia coeundi]]'' (sogenanntes [[Ehehindernis]] [[Göttliches Recht|göttlichen Rechts]]) zu verwechseln, bei der die nachträgliche Ungültigerklärung einer Ehe gemäß can. 1084 § 2 möglich ist (Schutz-Canon gegen „Alibi-Ehen“). In letzterem Falle gilt die Ehe als nie wirksam geschlossen, während es bei einer Auflösung einer nicht vollzogenen Ehe durch den Papst dabei bleibt, dass die Ehe tatsächlich existiert hat, so dass man von einer Scheidung sprechen kann.<br />
<br />
Anders verhält es sich bei der [[Eheannullierung]], die voraussetzt, dass eine Ehe nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist.<br />
<br />
In Fällen von Ehezerrüttung oder Ehebruch o.&nbsp;ä. gesteht die Kirche in besonderen Härtefällen (etwa bei einem „[[Kuckuckskind]]“ oder manifester [[Gewalt]]) den Eheleuten nur die „Trennung von Tisch und Bett“, nicht aber die formelle Scheidung zu. Dies wird damit begründet, dass die katholische [[Kirchliche Trauung|Ehe]] eines der sieben [[Sakrament]]e ist und, wie auch aus den liturgischen Formeln ersichtlich, geschlossen wird „bis (dass) der Tod euch scheidet“. Die Scheidung ist dementsprechend schlicht unwirksam; der Geschiedene bleibt, sofern er nicht Gründe für eine Trennung von Tisch und Bett hat, weiterhin zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet, und auch in diesem Fall zur außerehelichen Enthaltsamkeit sowie dazu, keine neue Ehe einzugehen (was er im kirchenrechtlichen Sinn auch gar nicht gültig bewerkstelligen kann). Bei erlaubter dauerhafter Trennung von Tisch und Bett ist, falls zweckmäßig, auch die zivile Scheidung erlaubt, jedoch ohne die Wiederheirat zu ermöglichen.<br />
<br />
Diese rechtliche Ordnung stößt in der Gegenwart häufig auf wenig Verständnis. Der Grund dafür ist: Es wird zwar in der Regel nachvollzogen, das „Zerrüttenlassen“ der Ehe, die Trennung und die Scheidung als [[Sünde]] (oder zumindest „Sünde gemäß kirchlicher Moral“) zu betrachten, die landläufige Meinung geht aber davon aus, dass durch diese Sünden die Ehe als solche beendet werde. Von daher verstehen sich Forderungen, die Scheidung möge doch (wie u.&nbsp;a. Mord, Abtreibung, Ehebruch etc.) durch das [[Bußsakrament]] „vergeben“ werden. Richtig ist aber, dass von der Sünde der Scheidung (sofern sie überhaupt mit einer Sünde verbunden war) selbstverständlich im Bußsakrament losgesprochen werden kann – was aber den Pönitenten nicht von seinem Eheversprechen entbindet.<br />
<br />
=== Islam ===<br />
Im [[Islam]] gibt es die Möglichkeit zur Scheidung in einigen Ausdifferenzierungen (→ [[Islamische Ehe#Scheidung|Scheidung einer islamischen Ehe]]; [[Verstoßung#Verstoßung im Islam|Talaq]] seitens des Mannes; Chulla seitens der Frau).<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Scheidungsrate]], [[Alleinerziehende]], [[Sorgerecht]], [[Stieffamilie]], [[Eheannullierung]], [[Lebenspartnerschaftsgesetz]], [[Online Scheidung]], [[Scheidungsformel]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Thomas Rauscher: Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Band I und II, 2. Auflage Sellier European Law Publisher 2006<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{ws | [[s:RE:Ehescheidung |Ehescheidung]] in Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft}}<br />
* [http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Bevoelkerung/EheschliessungenScheidungen/EheschliessungenScheidungen.psml Statistik zu Eheschließungen und Scheidungen auf der Webseite des statistischen Bundesamtes für Deutschland]<br />
* [http://de.statista.org/statistik/daten/studie/1346/umfrage/anzahl-der-geschiedenen-ehen-nach-ehedauer/ Anzahl der geschiedenen Ehen nach Ehedauer (2006)]<br />
* [http://www.vatican.va/archive/DEU0036/__P44.HTM Codex des Kanonischen Rechtes]<br />
* [http://ec.europa.eu/civiljustice/divorce/divorce_ec_de.htm Information der Europäischen Kommission zum Scheidungsrecht aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie internationalem Recht] (mehrsprachig)<br />
* [http://www.eheanwalt.ch/ Informationen zum Schweizer Scheidungsrecht] (deutsch)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Rechtshinweis}}<br />
<br />
[[Kategorie:Eherecht (Deutschland)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Österreich)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Schweiz)]]<br />
[[Kategorie:Ehe]]<br />
<br />
[[ar:طلاق]]<br />
[[az:Boşanma]]<br />
[[bg:Развод]]<br />
[[bjn:Sarak]]<br />
[[br:Torr-dimeziñ]]<br />
[[ca:Divorci]]<br />
[[ceb:Diborsyo]]<br />
[[cs:Rozvod]]<br />
[[da:Skilsmisse]]<br />
[[en:Divorce]]<br />
[[eo:Eksgeedziĝo]]<br />
[[es:Divorcio]]<br />
[[eu:Dibortzio]]<br />
[[fa:طلاق]]<br />
[[fi:Avioero]]<br />
[[fr:Divorce]]<br />
[[he:גירושים]]<br />
[[hr:Rastava braka]]<br />
[[ht:Divòs]]<br />
[[id:Perceraian]]<br />
[[it:Divorzio (ordinamento civile italiano)]]<br />
[[ja:離婚]]<br />
[[kn:ವಿಚ್ಛೇದನ]]<br />
[[la:Divortium]]<br />
[[mt:Divorzju]]<br />
[[nl:Echtscheiding]]<br />
[[nn:Skilsmisse]]<br />
[[no:Skilsmisse]]<br />
[[pl:Rozwód]]<br />
[[pt:Divórcio]]<br />
[[qu:T'aqanakuy]]<br />
[[ro:Divorț]]<br />
[[ru:Развод]]<br />
[[scn:Divorziu]]<br />
[[sh:Razvod]]<br />
[[si:දික්කසාදය]]<br />
[[simple:Divorce]]<br />
[[sq:Divorci]]<br />
[[sr:Развод]]<br />
[[sv:Skilsmässa]]<br />
[[ta:திருமண முறிவு]]<br />
[[te:విడాకులు]]<br />
[[tr:Boşanma]]<br />
[[uk:Розлучення]]<br />
[[wa:Divoirçaedje]]<br />
[[yi:גט]]<br />
[[zh:离婚]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=%C3%96kologischer_Fu%C3%9Fabdruck&diff=90341804Ökologischer Fußabdruck2011-06-22T09:44:59Z<p>222.127.231.29: /* Daten */ belassen wir es mal bei Daten, Fakten sind es nichtzwangsläufig</p>
<hr />
<div>Unter dem '''Ökologischen Fußabdruck''' wird die [[Fläche]] auf der [[Erde]] verstanden, die notwendig ist, um den [[Lebensstil]] und [[Lebensstandard]] eines Menschen (unter Fortführung heutiger Produktionsbedingungen) dauerhaft zu ermöglichen. Das schließt Flächen ein, die zur [[Produktion]] seiner [[Kleidung]] und [[Nahrung]] oder zur Bereitstellung von Energie, aber z.&nbsp;B. auch zum Abbau des von ihm erzeugten Mülls oder zum Binden des durch seine Aktivitäten freigesetzten [[Kohlendioxid]]s benötigt werden.<br />
<br />
Das Konzept wurde 1994 von [[Mathis Wackernagel]] und [[William E. Rees]] entwickelt. 2003 wurde von Wackernagel das [[Global Footprint Network]] gegründet, das u.&nbsp;a. von der Nobelpreisträgerin [[Wangari Maathai]], dem Gründer des [[Worldwatch Institute]] [[Lester R. Brown]] und [[Ernst Ulrich von Weizsäcker]] unterstützt wird.<br />
<br />
== Daten ==<br />
[[Datei:Ökologischer Fußabdruck.png|miniatur|rechts|400px|Ökologischer Fußabdruck <br /><br />
(Daten von 2007, veröffentlicht am 13. Oktober 2010)<ref name="Footprintnetwork"> Footprintnetwork [http://www.footprintnetwork.org/images/uploads/2010_NFA_data_tables.xls Excel-Datei] </ref><br />
{|width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0" style="background:transparent"<br />
|-<br />
|valign="top"|<br />
{{farblegende|#b10026| 5,4 - 10,7}} <br />
{{farblegende|#e31a1c| 4,7 - 5,4}} <br />
{{farblegende|#fc4e2a| 4,0 - 4,7}}<br />
|valign="top"|<br />
{{farblegende|#fd8d3c| 3,2 - 4,0}} <br />
{{farblegende|#feb24c| 2,5 - 3,2}} <br />
{{farblegende|#fed976| 1,8 - 2,5}} <br />
|valign="top"|<br />
{{farblegende|#ffeda0| 1,1 - 1,8}} <br />
{{farblegende|#ffffcc| 0,4 - 1,1}} <br />
{{farblegende|#cccccc| keine Daten}}<br />
|}]]<br />
[[Datei:Biokapazität.png|miniatur|rechts|400px|Biokapazität <br /><br />
(Daten von 2007, veröffentlicht am 13. Oktober 2010)<ref name="Footprintnetwork" /><br />
{|width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0" style="background:transparent"<br />
|-<br />
|valign="top"|<br />
{{farblegende|#005a32| 5,5 - 29,2}} <br />
{{farblegende|#238443| 4,7 - 5,5}} <br />
{{farblegende|#41ab5d| 3,9 - 4,7}} <br />
|valign="top"|<br />
{{farblegende|#78c679| 3,0 - 3,9}} <br />
{{farblegende|#addd8e| 2,2 - 3,0}} <br />
{{farblegende|#d9f0a3| 1,4 - 2,2}} <br />
|valign="top"|<br />
{{farblegende|#f7fcb9| 0,6 - 1,4}} <br />
{{farblegende|#ffffe5| 0 - 0,6}} <br />
{{farblegende|#cccccc| keine Daten}}<br />
|}]]<br />
<br />
[[Datei:Ökologisches Defizit oder Reserve.png|miniatur|rechts|400px|Ökologisches Defizit (kleiner als 0) oder Reserve (größer als 0) <br /><br />
(Daten von 2007, veröffentlicht am 13. Oktober 2010)<ref name="Footprintnetwork" /><br />
{|width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0" style="background:transparent"<br />
|-<br />
|valign="top"|<br />
{{farblegende|#1a9850| 2 bis 27,9}} <br />
{{farblegende|#66bd63| 1 bis 2}} <br />
{{farblegende|#a6d96a| 0 bis 1}} <br />
|valign="top"|<br />
{{farblegende|#ffffcc| -1 bis 0}} <br />
{{farblegende|#fee08b| -2 bis -)}} <br />
{{farblegende|#fdae61| -3 bis -2}} <br />
|valign="top"|<br />
{{farblegende|#f46d43| -4 bis -3}} <br />
{{farblegende|#d73027| -9,8 bis -4}} <br />
{{farblegende|#cccccc| keine Daten}}<br />
|}]]<br />
<br />
{| class="wikitable" style="text-align:center"<br />
|+ Ökologischer Fußabdruck und Biokapazität (2007) <ref name="Footprintnetwork" /><br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! Region !! Bevölkerung* !! Ökologischer <br />Fußabdruck** !! Biokapazität** !! Ökologisches Defizit <br /> oder <span style="color:green">Reserve</span>**<br />
|-<br />
| Welt || 6.671,6 || 2,7 || 1,8 || 0,9<br />
|-<br />
| Afrika || 963,9 || 1,4 || 1,5 || <p style="color:green" /p> 0,1<br />
|-<br />
| Asien || 4.031,2 || 1,8 || 0,8 || 1,0<br />
|-<br />
| Europa || 730,9 || 4,7 || 2,9 || 1,8<br />
|-<br />
| Lateinamerika <br /> und Karibik || 569,5 || 2,6 || 5,5 || <p style="color:green" /p> 2,9<br />
|-<br />
| USA und Kanada || 341,6 || 7,9 || 4,9 || 3,0<br />
|-<br />
| Ozeanien || 34,5 || 5,4 || 11,9 || <p style="color:green" /p> 5,8<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! Land !! Bevölkerung* !! Ökologischer <br />Fußabdruck** !! Biokapazität** !! Ökologisches Defizit <br /> oder <span style="color:green">Reserve</span>**<br />
|-<br />
! Amerika || || || ||<br />
|-<br />
| Brasilien || 190,1 || 2,9 || 9,0 || <p style="color:green" /p> 6,1<br />
|-<br />
| Kanada || 32,9 || 7,0 || 14,9 || <p style="color:green" /p> 7,9<br />
|-<br />
| USA || 308,7 || 8,0 || 3,9 || 4,1<br />
|-<br />
! Asien || || || ||<br />
|-<br />
| VR China || 1.336,6 || 2,2 || 1,0 || 1,2<br />
|-<br />
| Indien || 1.164,7 || 0,9 || 0,5 || 0,4<br />
|-<br />
| Israel ||6,9 || 4,8 || 0,3 || 4,5<br />
|-<br />
| Japan || 127,4 || 4,7 || 0,6 || 4,1<br />
|-<br />
| Katar || 1,1 || 10,5 || 2,5 || 8,0<br />
|-<br />
! Europa || || || ||<br />
|-<br />
| Belgien || 10,5 || 8,0 || 1,3 || 6,3<br />
|-<br />
| Dänemark || 5,4 || 8,3 || 4,9 || 3,4<br />
|-<br />
| Deutschland || 82,3 || 5,1 || 1,9 || 3,2<br />
|-<br />
| Finnland || 5,3 || 6,2 || 12,5 || <p style="color:green" /p> 6,3<br />
|-<br />
| Frankreich || 61,7 || 5,0 || 3,0 || 2,0<br />
|-<br />
| Norwegen || 4,7 || 5,6 || 5,5 || 0,1<br />
|-<br />
| Schweden || 9,2 || 5,9 || 9,7 || <p style="color:green" /p> 3,9<br />
|-<br />
| Schweiz || 7,5 || 5,0 || 1,2 || 3,8<br />
|-<br />
| UK || 61,2 || 4,9 || 1,3 || 3,6<br />
<br />
|}<br />
<nowiki>*</nowiki> Millionen<br />
<br />
<nowiki>**</nowiki> ha/Person und Jahr<br />
<br />
Die weltweit verfügbare Fläche zur Erfüllung der menschlichen Bedürfnisse wird nach Daten des Global Footprint Network und der [[European Environment Agency]] insgesamt um 23 % überschritten.<ref>[http://www.footprintnetwork.org/download.php?id=305 Excel-Datei]</ref><br />
Danach werden bei gegenwärtigem Verbrauch pro Person 2,2&nbsp;ha ([[Hektar]]) beansprucht, es stehen allerdings lediglich 1,8&nbsp;ha zur Verfügung. Dabei verteilt sich die Inanspruchnahme der Fläche sehr unterschiedlich auf die verschiedenen Regionen. Europa ([[EU25]] und Schweiz) beispielsweise benötigt 4,7&nbsp;ha pro Person, kann aber nur 2,3&nbsp;ha selber zur Verfügung stellen. Dies bedeutet eine Überbeanspruchung der europäischen [[Biokapazität]] um über 100 %.<br />
[[Frankreich]] beansprucht demnach annähernd das Doppelte, [[Deutschland]] etwa das Zweieinhalbfache und [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] das Dreifache der verfügbaren Biokapazität.<br />
Ähnliche Ungleichgewichte finden sich auch zwischen Stadt und Land.<br />
<br />
Die [[USA]] brauchen etwa 9,7 ha, [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] 5,6 ha, [[Brasilien]] 2,1 ha, die [[Volksrepublik China]] 1,6 ha und [[Indien]] 0,7 ha für eine [[Person]] (2002).<ref>Zitiert nach "State of the Planet", Beihefter [[New Scientist]], 6. Januar 2007. Siehe auch [http://environment.newscientist.com New Scientist]</ref><br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Ökologischer Rucksack]]<br />
* [[Virtuelles Wasser]]<br />
* [[Material-Input pro Serviceeinheit]]<br />
* [[Die Grenzen des Wachstums]]<br />
* [[Umweltraum]]<br />
* [[Happy Planet Index]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Wackernagel, Mathis/ Beyers, Bert: ''Der Ecological Footprint. Die Welt neu vermessen''. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2010, ISBN 978-3-931705-32-9<br />
* Meadows, Dennis L. et al.: ''Limits to Growth: The 30-Year Update''. Chelsea Green Publishing Company 2004, ISBN 1-931498-58-X (englisch)<br />
* Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie (Hrsg.): ''Fair Future - Ein Report des Wuppertal Instituts. Begrenzte Ressourcen und globale Gerechtigkeit''. 2.&nbsp;Auflage. Verlag C.H.&nbsp;Beck, München 2005, ISBN 3-406-52788-4 (bietet eine klare Definition auf Seite 36)<br />
* [[WWF]] (2010): [http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/pdf_neu/Living-Planet-Report-2010.pdf ''Living Planet Report 2010''] (PDF, 12,5 MB)<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.footprintnetwork.org/de Global Footprint Network]<br />
* [http://www.footprintnetwork.org/de/index.php/GFN/page/ecological_footprint_atlas_2010 Ecological Footprint Atlas 2010] (PDF-Datei; 16 MB)<br />
* [http://www.conservation-development.net/index.php?L=1&ds=313 GTZ's Conservation and Development -Serie "Nachhaltigkeit hat viele Gesichter"] Band 10, Großer Fuß auf kleiner Erde? Bilanzieren mit dem Ecological Footprint - Anregungen für eine Welt begrenzter Ressourcen. Enthält viele Anregungen für den Footprint im Bildungsbereich<br />
* [http://www.footprint.at/ Plattform Footprint] - "Eine für alle" - das österreichischen Netzwerk von Umwelt-, Entwicklungs- und Sozialorganisationen zum Thema ökologischer Fußabdruck<br />
* [http://www.verbraucherbildung.de/projekt01/d/www.verbraucherbildung.de/materialien/nachhaltigkeit/index.html Unterrichtsmaterialien und Fachbeiträge zum Ökologischen Fußabdruck auf verbraucherbildung.de, dem Bildungsportal des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V.]<br />
* [http://www.latschlatsch.de/ Aktion der BUNDjugend zum Ökologischen Fußabdruck]<br />
* [http://www.nachhaltigkeit.aachener-stiftung.de/artikel/kologischer_fussabdruck_733.htm Lexikon der Nachhaltigkeit: Ökologischer Fußabdruck]<br />
* [http://www.mein-fussabdruck.at/ Österreichischer Online-Rechner des Bundesministerium für Land und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft]<br />
* [http://www.fussabdruck.at/ WWF: Mit 10 Fragen den ökologischen Fußabdruck berechnen (Österreich)]<br />
* [http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26352/1.html Ecological Debt Day - Ab heute leben wir auf Pump] bei [[Telepolis]] (6. Oktober 2007)<br />
* [http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_86_oekologischer_fussabruck.pdf Der Ökologische Fußabdruck] (UmweltWissen - Bayerisches Landesamt für Umwelt; PDF-Datei; 261 kB)<br />
* [http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_87_oekologischer_fussabruck_im_unterricht.pdf Der Ökologische Fußabdruck im Unterricht an Schulen] (UmweltWissen Didaktische Konzepte - Bayerisches Landesamt für Umwelt; PDF-Datei; 153 kB)<br />
* Bundesweites Schulprojekt [http://www.multivision.info/index.php?option=com_content&task=view&id=174&Itemid=172 "Fair Future - Der Ökologische Fußabdruck"]<br />
* [http://www.faktor-x.info/wissenschaft/methodenoktober-2004/interviewmathis-wackernagel.html Die Idee des ökologischen Fußabdrucks:] Mathis Wackernagel im Interview<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{SORTIERUNG:Okologischer Fussabdruck}}<br />
[[Kategorie:Nachhaltigkeit]]<br />
[[Kategorie:Ökologieorientierte Betriebswirtschaftslehre]]<br />
<br />
{{Link FA|eo}}<br />
<br />
[[ca:Petjada ecològica]]<br />
[[cs:Ekologická stopa]]<br />
[[en:Ecological footprint]]<br />
[[eo:Ekologia premsigno]]<br />
[[es:Huella ecológica]]<br />
[[et:Ökoloogiline jalajälg]]<br />
[[eu:Aztarna ekologiko]]<br />
[[fi:Ekologinen jalanjälki]]<br />
[[fr:Empreinte écologique]]<br />
[[gl:Pegada ecolóxica]]<br />
[[he:טביעת רגל אקולוגית]]<br />
[[hi:पारिस्थितिक पदचिह्न]]<br />
[[hu:Ökológiai lábnyom]]<br />
[[hy:Էկոլոգիական հետք]]<br />
[[it:Impronta ecologica]]<br />
[[ja:エコロジカル・フットプリント]]<br />
[[ko:생태발자국]]<br />
[[lt:Ekologinis pėdsakas]]<br />
[[lv:Ekoloģiskā pēda]]<br />
[[nl:Ecologische voetafdruk]]<br />
[[no:Økologisk fotavtrykk]]<br />
[[pl:Ślad ekologiczny]]<br />
[[pt:Pegada ecológica]]<br />
[[ru:Экологический след]]<br />
[[sk:Ekologická stopa]]<br />
[[sv:Ekologiskt fotavtryck]]<br />
[[ta:சூழலியல் அடித்தடம்]]<br />
[[uk:Екологічний слід]]<br />
[[zh:生態足跡]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Staatsb%C3%BCrgerschaft&diff=90210863Staatsbürgerschaft2011-06-19T04:16:36Z<p>222.127.231.29: /* Mehrfache Staatsbürgerschaft */ fehlerhafte Karte: auf den Philippinen ist die doppelte bis mehrfache Staatsbürgerschaft laut der Verfassung dort auch nur eingeschränkt möglich</p>
<hr />
<div>'''Staatsbürgerschaft''' kennzeichnet die aus der '''Staatsangehörigkeit''' sich ergebenden [[Recht]]e und [[Pflicht]]en einer [[Natürliche Person|natürlichen Person]] in dem [[Staat]], dem sie angehört. In diesem Sinne ist die Frage nach der Staatsangehörigkeit mit der Staatsbürgerschaft zu beantworten, der rechtlichen Zugehörigkeit zur [[Gemeinschaft]] (''Rechtsgemeinschaft'') von [[Bürger]]n eines Staates, den ''Staatsbürgern'', die unabhängig von der [[Nationalität]] sein kann.<br />
<br />
Ein Staat regelt den Erwerb und Verlust seiner Staatsbürgerschaft sowie die damit verbundenen Rechte und Pflichten in eigenen [[Gesetz]]en. So wird im [[Rechtskreis#Deutscher Rechtskreis|deutschen Rechtskreis]] die Staatsbürgerschaft in der Regel durch [[Geburt]] und in Abhängigkeit von der Staatsbürgerschaft der Eltern erworben oder durch eine [[Staatsbürgerschaft#Erwerb durch rechtliche Einbürgerung .28Naturalisation.29|Einbürgerung]]. Regeln, die an eine Staatsbürgerschaft anknüpfen, werden soweit möglich auf [[juristische Person]]en entsprechend angewandt.<br />
<br />
Die Staatsbürgerschaft begründet besondere ''Rechte'' als Schutz- und Abwehrrechte gegen den Staat ([[Reisefreiheit]], [[Auslieferungsverbot]]) sowie Einstandsansprüche im Verhältnis zu Dritten (konsularischen Schutz, internationale Prozessführung) und in [[Demokratie]]n auch Teilhaberechte am Staatsleben im Sinne eines [[Grundrechte#Systematik und Statuslehre|status activus]] (politische Mitgestaltung, [[Souverän]]itätsteilhabe). Staatsbürgerliche Pflichten sind im modernen Staatsverständnis beispielsweise die [[Wehrpflicht]], die [[Wahlpflicht]] oder die Pflicht, auch bei ausländischem [[Wohnsitz]] [[Steuer]]n zu bezahlen.<br />
<br />
Eine Staatsangehörigkeit kann grundsätzlich nur von einem [[Souveränität|souveränen]] Staat im Sinne des [[Völkerrecht]]s vermittelt werden.<ref name="vonMünch_dtStaatsang_4">Vgl. [[Ingo von Münch]]: ''Die deutsche Staatsangehörigkeit. Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft''. De Gruyter Recht, Berlin 2007, ISBN 978-3-89949-433-4, [http://books.google.de/books?id=U0BVt0eewacC&pg=PA4 S. 4].</ref> Die Staatsbürgerschaft ist eine individuelle Ausprägung des staatskonstitutiven Elements ''[[Staatsvolk]]'', wonach ein Staat völkerrechtlich nur solange als solcher angesehen werden kann, als er neben [[Staatsgebiet]] und [[Staatsgewalt]] auch ein Staatsvolk hat (→&nbsp;[[Drei-Elemente-Lehre]]). Die durch die Staatsbürgerschaft begründeten Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Bürger wirken über das [[Hoheitsgebiet]] hinaus und werden auch von anderen Staaten anerkannt.<br />
<br />
Historisch betrachtet ist die Staatsangehörigkeit eine {{"|Institution des [[Nationalstaat]]es}}.<ref name="vonMünch_dtStaatsang_4" /> Gehören die Staatsbürger (ausschließlich oder überwiegend) einer gemeinsamen [[Nationalität]] an, so spricht man von einem (reinen) Nationalstaat; gehören die Staatsbürger (zumeist) unterschiedlichen Nationalitäten an, so spricht man von einem ''Nationalitätenstaat'', [[Vielvölkerstaat]] oder auch ''multikulturellen Staat''.<br />
<br />
[[Datei:British-passport.jpg|miniatur|Der Reisepass – alltäglicher Ausweis der Staatsbürgerschaft]]<br />
Die Staatsbürgerschaft wird in einem auf die Person ausgestellten Dokument, beispielsweise dem [[Reisepass]], dokumentiert. In einigen Staaten wird dabei zusätzlich auch die Nationalität angegeben.<br />
<br />
== Geschichte der Staatsbürgerschaft ==<br />
Eine Bürgerschaft als dauerhafte Verknüpfung zwischen Staat und Person bestand bereits zur Zeit der [[Polis]] im antiken Griechenland. Ausdifferenziert wurde dies im Alten Rom, wo ein Römischer Bürger zu sein geradezu Voraussetzung für die [[Geschäftsfähigkeit]] oder [[Postulationsfähigkeit]] war und ein in sich geschlossenes Rechtssystem abgrenzte, das sich bis zum [[Corpus Iuris Civilis]] (das Bürgerliche Recht) entwickelte, während das [[Ius Gentium]] (Recht der [[Volk|Völker]]) die Beziehungen Roms zu anderen Ländern, Staaten, Völkern regelte und Vorläufer des heutigen [[Internationales Recht|Internationalen Rechts]] war. Römische Bürger (Romanus) waren zur Zeit der Republik die freien Einwohner Roms, später auch die Einwohner [[Latium]]s und nach dem [[Bundesgenossenkrieg (Rom)|Bundesgenossenkrieg]] die Bewohner eines großen Teils Italiens. Mit Erlass der [[Constitutio Antoniniana]] 212 n. Chr. werden die freien Einwohner des Römischen Reiches zu Römischen Bürgern.<br />
<br />
Ließ sich ein Römischer Bürger in einer Stadt außerhalb Italiens nieder, so blieben er wie auch seine Nachkommen Bürger Roms. Die Dauerhaftigkeit ist auch heute wieder das tragende Prinzip der Staatsbürgerschaft.<br />
<br />
Staatsbürgerschaft im modernen Sinne ist erst seit der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] durch das Aufkommen [[Republik|republikanischen Denkens]] entstanden. In der [[Französische Verfassung (1791)|Revolutionsverfassung]] vom 3. September 1791 in Teil 2, § 2 geregelt<ref>[http://www.verfassungen.de/f/fverf91.htm Französische Verfassung von 1791]</ref> und später in den [[Code civil]] übernommen. Seitdem wurde der Staat nicht nur als [[Territorialstaat]] oder personelle Zuordnung zur [[Absolutismus|absolutistischen Monarchie]], sondern auch als Personenverband von Bürgern verstanden. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde daraufhin in den meisten Staaten die Staatsbürgerschaft eingeführt und es wurden Staatsbürgerschaftsgesetze erlassen.<br />
<br />
== Begriffe im deutschen Sprachraum ==<br />
In [[Deutschland]], dem bevölkerungsreichsten Staat im deutschen Sprachraum, ist die Bezeichnung ''[[Deutsche Staatsangehörigkeit]]'' gebräuchlich, weil er 1871 als einheitlicher deutscher Nationalstaat ([[Deutsches Reich]]) begründet wurde, dessen Staats- respektive mit Gründung der [[Bundesrepublik]] 1949 nun Bundesbürger mehrheitlich deutscher Nationalität (Herkunft) sind. Auch während der [[Deutsche Teilung|Deutschen Teilung]] gab es für die [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] nur eine deutsche Staatsangehörigkeit – womit folglich ebenso die [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]]-Bürger neben ihrer eigenen [[Staatsbürgerschaft der DDR|Staatsbürgerschaft]] (1967–1990) politisch und juristisch inbegriffen waren ({{Art.|16|gg|juris}} und {{Art.|116|gg|juris}} Abs. 1 [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|GG]]) –,<ref>Zur Erwerbung genügte eine entsprechende Erklärung, um bundesdeutsche Papiere zu erhalten. Näheres siehe Ingo von Münch, ''Die deutsche Staatsangehörigkeit'', de Gruyter, Berlin 2007, S.&nbsp;101&nbsp;ff. ({{Google Buch|BuchID=U0BVt0eewacC|Seite=102|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land=DE}}).</ref> die seit 1913 im ''Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz'' (RuStAG; 2000 umbenannt in StAG) definiert ist. Mit dem Untergang der DDR und der [[Deutsche Wiedervereinigung|Wiedervereinigung Deutschlands]] gibt es wieder nur noch eine deutsche Staatsbürgerschaft.<ref>Ingo von Münch, ''Die deutsche Staatsangehörigkeit'', de Gruyter, Berlin 2007, S.&nbsp;109 ({{Google Buch|BuchID=U0BVt0eewacC|Seite=109|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land=DE}}).</ref><br />
<br />
In [[Österreich]] ist die offizielle Bezeichnung ''[[Österreichische Staatsbürgerschaft]]'', Bürger des Staates Österreich.<br />
<br />
In der [[Schweiz]], die aus einheimischen deutschen, französischen, italienischen und rätoromanischen Bevölkerungsgruppen besteht, bezeichnet das ''[[Schweizer Bürgerrecht]]'' das Verhältnis zur Eidgenossenschaft, Bürger der Schweizer Eidgenossenschaft, also der Schweiz.<br />
<br />
In Monarchien, beispielsweise [[Liechtenstein]], werden die Staatsbürger auch als Untertanen (des Monarchen) bezeichnet und die Staatsbürgerschaft analog als ''[[Untertan|Untertanen(schaft)]]''.<br />
<br />
== Erwerb der Staatsbürgerschaft ==<br />
Rechtstechnisch wird zumeist unterschieden zwischen „Erwerb durch Gesetz” (Geburt, Erklärung, Eintritt von Bedingungen usw.) und „Erwerb durch Verwaltungsakt”, der Einbürgerung. Davon unabhängig richtet sich der Erwerb materiell nach traditionell geübter Staatspraxis. Die Staatsbürgerschaft ist zwar in vielen [[Nationalstaat]]en (wie etwa Polen, Japan, usw.) in der Regel an die ethnische [[Volkszugehörigkeit]] geknüpft, diese ist mittlerweile jedoch selten alleiniger Maßstab.<br />
<br />
=== Erwerb durch Abstammung ===<br />
{{Hauptartikel|Abstammungsprinzip}}<br />
<br />
Das Kind erwirbt die Staatsbürgerschaft der Eltern mit der Geburt ([[Realakt]]), unabhängig vom Land in dem es geboren ist. Dabei vermittelt oft jeder Elternteil gleich stark diesen Bezug. In manchen Rechtsordnungen werden Abstammungszweifel dadurch gelöst, dass das Kind die Staatsbürgerschaft der Mutter erwirbt. In anderen Staaten vermittelt bei miteinander verheirateten Eltern zumeist der Vater als Familienoberhaupt die Staatsbürgerschaft.<br />
<br />
=== Erwerb durch Geburtsort ===<br />
{{Hauptartikel|Geburtsortsprinzip}}<br />
<br />
Wo dieses Prinzip gilt, bekommt jeder im [[Staatsgebiet]] Geborene die Staatsbürgerschaft. Dieses Prinzip wird neben dem Abstammungsprinzip nicht nur von sogenannten [[Einwanderungsland|Einwanderungsländern]] angewandt. Solche Länder sehen darin zwar ein integrales Instrument ihrer Politik, die Anzahl ihrer Staatsbürger zu erhöhen, jedoch lässt sich umgekehrt aus der Anwendung des ''ius soli'' nicht der sichere Befund herleiten, es handele sich um ein Einwanderungsland, zumal es neben anderen Erwerbstatbeständen mehrheitlich praktiziert wird. <br />
<br />
Die rechtliche Ausgestaltung kennt zahlreiche Abstufungen und Kombinationen mit weiteren Merkmalen wie legalem Aufenthalt der Eltern, Daueraufenthalt oder Generationenprinzip, ethnischer Zugehörigkeit, ex-kolonialem Bezug. <br />
<br />
==== Beispiele zum Erwerb durch Geburtsort ====<br />
* In [[Frankreich]] wird die Staatsangehörigkeit ([[Französische Sprache|frz.]] ''nationalité'') seit der Einführung des [[Code civil]] 1803 auf der Grundlage des [[Abstammungsprinzip|''ius sanguinis'']] erworben. Seit 1889 wird zudem das [[Geburtsortsprinzip|''ius soli'']] nach dem so genannten „doppeltem ius soli“ (''double droit du sol'') praktiziert, wonach ein Elternteil bereits im Land geboren sein muss. Der Erwerbstatbestand greift also bei der dritten Generation.<ref name="weil">Patrick Weil: ''Zugang zur Staatsbürgerschaft. Ein Vergleich von 25 Staatsangehörigkeitsgesetzen'', in: ''Staatsbürgerschaft in Europa. Historische Erfahrungen und aktuelle Debatten.'' Hrsg. von Christoph Conrad und Jürgen Kocka, Hamburg 2001, ISBN 3-89684-018-5, S. 92 ff.</ref> <br />
<br />
* [[Deutschland]] verwendete das Geburtsortsprinzip bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Seit der Einführung der ersten Staatsangehörigkeitsgesetze (Preußen: 1842) wurde das Abstammungsprinzip als herrschender Erwerbstatbestand eingeführt. Seit dem [[Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz]] 1913 galt im [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]] ein reines ''ius sanguinis''. Mit der [[Deutsche Staatsangehörigkeit#Änderungen des Staatsangehörigkeitsrechtes 2000 und sogenanntes „Optionsmodell“|Staatsangehörigkeitreform 2000]] wurde mit dem sogenannten „Optionsmodell“ ein ergänzendes ''ius soli'' für die zweite Einwanderergeneration eingeführt.<ref name="weil" /><br />
<br />
=== Erwerb durch Einbürgerung (Naturalisation) ===<br />
[[Datei:Naturalisations-Urkunde Josef Schmidt 1902.jpg|miniatur|Naturalisations-Urkunde von 1902]]<br />
<br />
Die Einbürgerung ist Erwerb der Staatsbürgerschaft durch einen Exekutivakt. Dieses Verfahren verbindet seitens des Bürgers den Faktor Freiwilligkeit, also den Wunsch, Staatsbürger zu sein (Konfirmationselement), und seitens des Staates die Möglichkeit, nach selbst definierten Merkmalen weitere Staatsbürger auszuwählen (Kontrollelement). Wie intensiv dieses Instrument von einem Land genutzt wird (gegebenenfalls im Kontext einer gezielten Bevölkerungspolitik, viele neue oder gezielt bestimmte Einwohner und Staatsbürger anzuwerben), kann eventuell Teil seiner Selbstdefinition als [[Einwanderungsland]] sein. Ein Nachweis für die kausale Lenkungswirkung einer bestimmten Naturalisations- oder Staatsbürgerschaftsgesetzgebung ist jedoch nicht beigebracht worden.<br />
<br />
Viele Rechtsordnungen setzen darüber hinaus die Naturalisation als Instrument großzügig ein, um auf komplexe und detaillierte gesetzliche Automatismen auf der Basis der ''ius soli''- und ''ius sanguinis''-Grundsätze zu verzichten und eine gewisse Flexibilität zu wahren. Dies ist häufige Praxis bei Ländern mit ethnischer Zersprenkelung, um geografisch und oder historisch weit reichenden Verbindungen gerecht zu werden. Gleiches gilt bei [[Sezession]]en und Zusammenschlüssen von Ländern oder Landesteilen.<br />
<br />
Im Selbstverständnis vieler Staatsordnungen sind Demokratieprinzip und Steuerlast natürlich verbunden, so dass der Staat nur diejenigen an der Finanzierung des Gemeinwesens redlicherweise beteiligen darf, denen auch der Zugang zur Staatsbürgerschaft offen steht. Das Beispiel der [[Schweizer Bürgerrecht|Einbürgerungen in der Schweiz]] zeigt zudem Konflikte zwischen der [[Demokratie]] und dem [[Rechtsstaat]] auf.<br />
<br />
=== Erwerb durch Erklärung ===<br />
Eine Person kann durch Erklärung gegenüber den Behörden eines Landes die Staatsbürgerschaft erwerben, sofern das nationale Recht dies vorsieht. Dies ist meist an einige wenige Voraussetzungen und Merkmale geknüpft und ist eine minimalistische Form der Einbürgerung.<br />
<br />
== Verlust der Staatsbürgerschaft ==<br />
Der Verlust der Staatsbürgerschaft kann wie der Erwerb durch gesetzlichen Automatismus (''de lege'') oder per [[Verwaltungsakt]] erfolgen, in liberalen Staatsordnungen auch durch einseitiges Handeln des Staatsbürgers. Es gibt auch Staaten, die den Verlust ihrer Staatsbürgerschaft gar nicht oder nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen zulassen.<br />
<br />
Qua Gesetz erfolgt der Verlust in vielen Staaten, wenn ein Bürger freiwillig eine andere Staatsbürgerschaft erwirbt oder in fremde [[Streitkräfte]] eintritt. Auch wenn ein Kind von [[Ausländer]]n adoptiert wird und seine verwandtschaftlichen Bindungen im Heimatland verliert, geht nach den Rechtsordnungen vieler Staaten seine ursprüngliche Staatsbürgerschaft verloren. Bis vor einiger Zeit war es vielfach üblich, dass auch eine Frau, die einen ausländischen Mann heiratete, ihre Staatsbürgerschaft automatisch verlor (und meist ebenfalls automatisch die des Ehemannes annahm). Dies ist nach den weltweiten Bestrebungen zur Gleichstellung von Mann und Frau heute nur noch in wenigen Ländern der Fall.<br />
<br />
In manchen Staaten kann ein Staatsbürger auf seine Staatsbürgerschaft verzichten oder ihre Aufgabe erklären. Meist ist dies nur in bestimmten Situationen zulässig und es gelten hierfür enge Voraussetzungen, insbesondere, um [[Staatenlosigkeit]] zu vermeiden. Oft ist ein solcher Verzicht auch an weitere Voraussetzungen oder Vorleistungen gebunden: Ableistung von [[Wehrdienst]], Rückerstattung von Ausbildungskosten, Begleichen von Steuerschulden.<br />
<br />
Die Befreiung oder Entlassung aus der Staatsbürgerschaft bzw. die Genehmigung des Verzichts sind in der Regel als Verwaltungsakte ausgestaltet, um eine administrative Kontrolle sicherzustellen und das Vorliegen der Voraussetzungen effektiv kontrollieren zu können.<br />
<br />
Totalitäre Regime bedienen sich der [[Ausbürgerung]] (erzwungene Aberkennung der Staatsbürgerschaft) auch als Druckmittel, um politisch unliebsame Staatsbürger zu entrechten oder sich ihrer zu entledigen.<br />
<br />
Sonderfälle ergeben sich bei Gebietsänderungen nach kriegerischen Auseinandersetzungen oder im Fall des Zusammenbruchs bzw. der Auflösung eines Staates (etwa eines [[Vielvölkerstaat]]es). Normalerweise wird hier automatisch die Staatsbürgerschaft des [[Nachfolgestaat]]es angenommen oder es wird an bestimmte Kriterien wie die Volkszugehörigkeit, der Wohnort, der Dienst in einer Armee usw. angeknüpft. Manchmal sind entsprechende Regelungen auch bereits vorher festgelegt. Dass durch den Wegfall eines Staates dessen ehemalige Staatsbürger staatenlos werden, ist die Ausnahme.<br />
<br />
== Staatenlosigkeit ==<br />
{{Hauptartikel|Staatenlose}}<br />
<br />
Staatenlos sind Personen, die die Staatsbürgerschaft keines Staates besitzen. Staatenlosigkeit soll nach Völkerrecht vermieden werden, da Staatenlose bezug- und schutzlos sind. Daher ist jeder Staat völkerrechtlich verpflichtet, in seinem Hoheitsgebiet befindliche Staatenlose nicht in einen anderen Staat auszuweisen, vielmehr muss er ihnen Schutz gewähren. <br />
<br />
Internationale Regelungen der Staatenlosigkeit sind:<br />
* ''Internationales Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28. September 1954'' ([[Bundesgesetzblatt (Deutschland)|BGBl]]. II 1976, S. 473)<br />
* ''Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30. August 1961'' ([[Bundesgesetzblatt (Deutschland)|BGBl]]. II 1977, S. 597) – In diesem Abkommen verpflichten sich die Vertragsstaaten dazu, ihr nationales Staatsbürgerschaftsrecht so auszugestalten, dass ein Entzug der Staatsbürgerschaft nicht stattfindet, Staatenlosigkeit aus anderen Gründen so weit wie möglich vermieden wird und dass Staatenlose unter erleichterten Bedingungen eingebürgert werden können. Der freiwillige Verlust der Staatsbürgerschaft soll also nicht mehr möglich sein, wenn der betroffene Bürger dadurch staatenlos würde.<br />
<br />
== Ungeklärte Staatsbürgerschaft ==<br />
Nicht zu verwechseln mit der Staatenlosigkeit ist der Status der ungeklärten Staatsbürgerschaft. Dieser wird in der Bundesrepublik Deutschland dadurch erlangt, dass die Herkunft der betreffenden Person unbekannt ist (aufgrund des geringen Lebensalters des Betreffenden) und dadurch ihre Staatsbürgerschaft nicht abschließend geklärt werden kann. Die Rechtslage in vielen europäischen Staaten lässt es nicht zu, dass eine Person mit ungeklärter Staatsbürgerschaft eingebürgert wird, da davon ausgegangen wird, dass eine Staatsbürgerschaft bereits besteht.<br />
<br />
== Mehrfache Staatsbürgerschaft ==<br />
<br />
Mehrstaatigkeit (auch ''multiple'' oder ''Mehrfachstaatsbürgerschaft'' genannt) bezeichnet den Fall, dass eine Person mehr als eine Staatsbürgerschaft besitzt. In der politischen Diskussion ist meist von ''doppelter Staatsangehörigkeit'',<ref>{{Internetquelle |hrsg=[[Bundesministerium des Innern]]|url=http://www.bmi.bund.de/cln_104/SharedDocs/FAQs/DE/Themen/Migration/Staatsang/Doppelte_Staatsangehoerigkeit_Mehrstaatigkeit.html |titel=Doppelte Staatsangehörigkeit – Mehrstaatigkeit|zugriff=2010-01-05}}</ref> ''doppelter Staatsbürgerschaft'' oder einem ''Doppelpass''<ref>[http://www.sueddeutsche.de/politik/320/448054/text/ Zwei Pässe für ein Leben], [[Süddeutsche Zeitung]], 10. Juli 2008.</ref> die Rede.<br />
<br />
Mehrstaatigkeit kann entweder originär durch den gleichzeitigen und automatischen Erwerb von zwei oder mehr Staatsbürgerschaften bei Geburt entstehen oder derivativ durch den Erwerb einer weiteren Staatsbürgerschaft auf Antrag zuerkannt werden. Die Mehrstaatigkeit bei Geburt entsteht entweder durch das Zusammenwirken der Staatsbürgerschaftsregime mehrerer Staaten mit unterschiedlichen Erwerbstatbeständen – vgl. auch [[Abstammungsprinzip]] ([[Latein|lat.]] ''ius sanguinis'') und Geburtsortsprinzip (lat. ''ius soli'') – oder bei Kindern bi- oder multinationaler Eltern, die gleichberechtigt alle ihre Staatsbürgerschaften auf das Kind übertragen (vgl. auch ''[[Deutsche Staatsangehörigkeit#Komplikationen im Zusammenhang mit multipler Staatsangehörigkeit|internationaler Kontext der Rechtslage in Deutschland]]''). In bestimmten Fällen kann ein Kind auch erst nach der Geburt durch [[Adoption]] automatisch Doppelstaater werden, sofern die ursprüngliche Staatsbürgerschaft durch die Annahme nicht verloren geht (etwa im Fall der Adoption eines ausländischen Stiefkindes). Eine mehrfache Staatsbürgerschaft kann sich auch durch Verleihung einer Ehrenstaatsbürgerschaft ergeben.<br />
<br />
== Effektive Staatsbürgerschaft ==<br />
Im [[Internationales Privatrecht|internationalen Privatrecht]] (IPR) ist für viele Rechtsfragen die Staatsbürgerschaft der am [[Rechtsgeschäft|Rechtsverkehr]] beteiligten Personen ausschlaggebender Anknüpfungspunkt für das anzuwendende Recht. Bei Personen, die mehr als eine Staatsbürgerschaft haben, gilt das Prinzip der ''effektiven Staatsbürgerschaft''.<br />
<br />
In Deutschland ist die effektive Staatsbürgerschaft nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 [[EGBGB]] grundsätzlich die Staatsbürgerschaft des Staates, mit der die engste Verbundenheit besteht. Indizien hierfür sind Wohnsitz, Geburt und bisherige Lebensführung einer Person. Besitzt eine Person jedoch neben einer oder mehreren ausländischen Staatsbürgerschaften auch die deutsche Staatsbürgerschaft, so wird die Person gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 [[EGBGB]] so behandelt, als wäre sie nur Deutscher. Die deutsche Staatsbürgerschaft geht somit aus Sicht des deutschen IPR allen anderen Staatsbürgerschaften, auch der effektiven, vor.<br />
<br />
== Unionsbürgerschaft (EU) ==<br />
{{Hauptartikel|Unionsbürgerschaft}}<br />
<br />
Seit der Auflösung des Übereinkommens vom 6. Mai 1963 des [[Europarat]]s über die Verringerung der Mehrstaatigkeit und über die Wehrpflicht von Mehrstaatern hat die Mehrstaatigkeit als Rechtsproblem an Bedeutung verloren. Dies ging mit der Entwicklung der Unionsbürgerschaft parallel einher. <br />
<br />
Ähnlich einer Staatsbürgerschaft entwickelt die [[Europäische Union]] für die Bürger der [[Mitgliedstaat]]en die Unionsbürgerschaft als Komponente des Einigungs- und Integrationsprozesses. Diese ist gegenwärtig keine Staatsbürgerschaft im Sinne des [[Völkerrecht]]s. Dies liegt vor allem daran, dass die EU ein [[Staatenverbund]] ist, der auf politische, rechtliche und wirtschaftliche Harmonisierung nach innen gerichtet ist.<br />
<br />
Die Unionsbürgerschaft ist in Art. 17&nbsp;ff. [[Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft|EGV]] geregelt und ergänzt die nationale Staatsbürgerschaft um eine europarechtliche Dimension, sie betrifft v.&nbsp;a. <br />
* unionsintern die Freizügigkeit, die Niederlassungsfreiheit, das europarechtliche Wahlrecht <br />
* international den integrierten diplomatischen und konsularischen Schutz durch alle EU-Mitgliedstaaten.<br />
<br />
== Ehrenstaatsbürgerschaft ==<br />
Eine Ehrenstaatsbürgerschaft ist eine Staatsbürgerschaft, die als Auszeichnung für besondere Leistung verliehen wird. Die Verleihung einer Ehrenstaatsbürgerschaft geschieht, ähnlich wie die einer Ehrendoktorwürde, nicht auf Basis der Erfüllung der Kriterien, die normalerweise für ihren Erwerb notwendig sind. Stattdessen gilt sie als Auszeichnung einer Person für Leistungen oder ein Lebenswerk, das mit dem Staat, das die Auszeichnung verleiht, in engem Zusammenhang steht.<br />
<!-- Abschnitt sollte noch weiter ausgebaut werden bzgl. rechtlicher Grundlagen von Ehrenstaatsbürgerschaften und evtl. Konflikte wg. doppelter Staatsbürgerschaft --><br />
<br />
Einige Staaten, so etwa [[Liste der Ehrenbürger Kanadas|Kanada]], verleihen [[Ehrenbürgerschaft]]en, die als rein symbolische Auszeichnungen mit keinerlei Privilegien oder Bürgerpflichten verknüpft sind.<br />
<br />
''Siehe auch: [[Liste der Ehrenbürger der Vereinigten Staaten]]''<br />
<br />
== Staatsbürgerschaft von einzelnen Ländern ==<br />
* [[Deutsche Staatsangehörigkeit]]<br />
* [[Österreichische Staatsbürgerschaft]]<br />
* [[Schweizer Bürgerrecht]]<br />
* [[Polnische Staatsangehörigkeit]]<br />
* [[Türkische Staatsbürgerschaft]]<br />
* [[Italienische Staatsbürgerschaft]]<br />
* [[Französische Staatsbürgerschaft]]<br />
* [[Britische Staatsbürgerschaft]]<br />
* [[US-amerikanische Staatsbürgerschaft]]<br />
* [[Brasilianische Staatsbürgerschaft]]<br />
* [[Vatikanische Staatsbürgerschaft]]<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Nationalität]]<br />
* [[Indigenat]]<br />
* [[Einbürgerungstest]]<br />
* [[Bayerische Staatsangehörigkeit]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* [[Kay Hailbronner]]/Günter Renner/Maaßen: ''Staatsangehörigkeitsrecht'' (=&nbsp;Beck’sche Kurz-Kommentare; Bd. 55). 5., neubearbeitete Auflage, Verlag C.H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-59548-6.<br />
* [[Ingo von Münch]]: ''Die deutsche Staatsangehörigkeit. Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft''. De Gruyter Recht, Berlin 2007, 410 (XLI) S., ISBN 978-3-89949-433-4, ISBN 3-89949-433-4.<br />
* Herbert Mussger: ''Österreichisches Staatsbürgerschaftsrecht'' (=&nbsp;Juridica-Kurzkommentare). 6., neu bearbeitete Auflage. Juridica-Verlag, Wien 2001, ISBN 3-85131-155-8.<br />
* Susanne Benöhr: ''Staatenlosigkeit – Heimatlosigkeit. Ein juristischer Exkurs''. In: Barbara Johr: ''Reisen ins Leben. Weiterleben nach einer Kindheit in Auschwitz'', Bremen 1997, S. 173–178 ([http://www.sblq.de/text.htm Link]).<br />
* Sabine Strasser. ''Bewegte Zugehörigkeiten. Nationale Spannungen, transnationale Praktiken und transversale Politik.'' Turia + Kant, Wien 2009, ISBN 978-3-85132-539-3.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Wikiquote|Staatsangehörigkeit|Staatsbürgerschaft}}<br />
{{Wikisource|Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit|Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit (Norddeutscher Bund), 1870}}<br />
* [http://www.stmi.bayern.de/buerger/staat/staatsangehoerigkeit/detail/05788/ Staatsangehörigkeit und Einbürgerung]<br />
* [http://www.einbuergerung.de Information der Bundesregierung zur Einbürgerung]<br />
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/citizenship/}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Rechtshinweis}}<br />
<br />
[[Kategorie:Staatsbürgerschaftsrecht]]<br />
<br />
[[af:Burgerskap]]<br />
[[ar:مواطنة]]<br />
[[bg:Гражданство]]<br />
[[bs:Državljanstvo]]<br />
[[ca:Ciutadà]]<br />
[[ckb:شارومەندێتی]]<br />
[[cs:Občanství]]<br />
[[cy:Dinasyddiaeth]]<br />
[[da:Statsborgerskab]]<br />
[[en:Citizenship]]<br />
[[eo:Civito]]<br />
[[es:Ciudadano]]<br />
[[et:Kodakondsus]]<br />
[[fa:شهروندی]]<br />
[[fi:Kansalaisuus]]<br />
[[fr:Citoyenneté]]<br />
[[gu:નાગરિક]]<br />
[[he:אזרחות]]<br />
[[hr:Državljanstvo]]<br />
[[hu:Állampolgárság]]<br />
[[hy:Քաղաքացիություն]]<br />
[[id:Kewarganegaraan]]<br />
[[is:Ríkisborgararéttur]]<br />
[[it:Cittadinanza (diritto)]]<br />
[[ja:市民]]<br />
[[ka:მოქალაქეობა]]<br />
[[kk:Азаматтық]]<br />
[[ko:공민]]<br />
[[ku:Welatînî]]<br />
[[lt:Pilietybė]]<br />
[[ms:Kerakyatan]]<br />
[[nl:Burger]]<br />
[[nn:Statsborgar]]<br />
[[no:Statsborgerskap]]<br />
[[pl:Obywatelstwo]]<br />
[[pt:Cidadania]]<br />
[[rmy:Themutnipen]]<br />
[[ru:Гражданство]]<br />
[[simple:Citizenship]]<br />
[[sk:Občianstvo]]<br />
[[sl:Državljanstvo]]<br />
[[sq:Shtetësia]]<br />
[[sr:Држављанство]]<br />
[[sv:Medborgarskap]]<br />
[[ta:குடியுரிமை]]<br />
[[tl:Pagkamamamayan]]<br />
[[tr:Vatandaşlık]]<br />
[[uk:Громадянство]]<br />
[[uz:Fuqarolik]]<br />
[[vec:Sitadinansa]]<br />
[[vi:Quyền công dân]]<br />
[[yi:בירגערשאפט]]<br />
[[yo:Àyèọmọìlú]]<br />
[[zh:公民]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Diskussion:Christlich_Demokratische_Union_Deutschlands&diff=90210781Diskussion:Christlich Demokratische Union Deutschlands2011-06-19T04:10:08Z<p>222.127.231.29: Änderung 90210766 von 222.127.231.29 wurde rückgängig gemacht. just in dem Moment, wo ich das hier schrieb, wurde aktualisiert</p>
<hr />
<div>{{Diskussionsseite}}<br />
{{Archivübersicht|{{Archiv-Liste Jahre|{{FULLPAGENAME}}/Archiv/|richtung=aufsteigend}}}}<br />
{{Autoarchiv|Alter=60|Ziel='((Lemma))/Archiv/((Jahr))'|Mindestbeiträge=1|Mindestabschnitte=3|Frequenz=ständig}}<br />
{{Autoarchiv-Erledigt<br />
|Alter=3<br />
|Ziel='Diskussion:Christlich_Demokratische_Union_Deutschlands/Archiv/((Jahr))'<br />
|Zeigen=Nein<br />
|Modus=Erledigt<br />
|Ebene=2<br />
}}<br />
<br />
== Mitgliederzahl ==<br />
<br />
Die Mitgliederzahl der CDU betrug am 31.03.2011 501190. Quelle: Rheinische Post (www.presseportal.de/pm/30621)-- [[Spezial:Beiträge/87.123.125.52|87.123.125.52]] 10:38, 15. Apr. 2011 (CEST)<br />
<br />
: Aktuell liegen die Zahlen aber nach deiner Quelle, wie auch bei der SPD unter 500.000. Da dort diese ungefähre Angabe eingetragen ist, wär es nur sinnvoll, wenn sie hier genauso aussieht.[[Spezial:Beiträge/91.20.149.18|91.20.149.18]] 10:09, 28. Mai 2011 (CEST)<br />
<br />
== Warum keine Karte zur Vertretung in Deutschland? ==<br />
<br />
Wieso hat die CDU keine Karte wie [http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:FDP_Landtage.svg diese hier]?<br />
Halte ich für eine sehr sinnvolle Angelegenheit. Leider weiß ich nicht, wie man dergleichen erstellt.<br />
Vieleicht macht sich mal einer die Mühe? --[[Benutzer:Vhancer|Vhancer]] 16:07, 14. Mai 2011 (CEST)<br />
<br />
: Was soll daran sinnvoll sein? Die CDU ist (bis auf Bayern, wo das nie der Fall sein wird) in allen Landtagen vertreten, und es sieht noch nicht einmal in Bremen und Berlin danach aus, als ob sich das jemals ändern würde - wozu also so eine Karte? -- [[Benutzer:Felix König|Felix König]] [[Benutzer Diskussion:Felix König|✉]] [[Benutzer:Felix König/BW|BW]] 14:35, 15. Mai 2011 (CEST)<br />
<br />
:: Hallo zusammen. Eine Karte wäre eventuell sinnvoll, wenn man es ähnlich wie im [[SPD]]-Artikel macht und farblich danach unterscheidet, ob die Partei in den einzelnen Ländern Senior- oder Juniorpartner einer Regierungskoalition ist oder sich in der Opposition befindet. Gruß -- [[Benutzer:DerSalamander|DerSalamander]] 14:55, 15. Mai 2011 (CEST)<br />
<br />
== Landesverbände ==<br />
<br />
Gibt es einen bestimmten Grund, dass Braunschweig als Landesverband aufgeführt wird? --[[Benutzer:Chaunzaggoroth| Chaunzy]] [[Benutzer Diskussion:Chaunzaggoroth|Jihad !?]] 08:40, 13. Jun. 2011 (CEST)</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Diskussion:Christlich_Demokratische_Union_Deutschlands&diff=90210766Diskussion:Christlich Demokratische Union Deutschlands2011-06-19T04:08:58Z<p>222.127.231.29: Neuer Abschnitt /* Mitgliederzahl unter 500.000 */</p>
<hr />
<div>{{Diskussionsseite}}<br />
{{Archivübersicht|{{Archiv-Liste Jahre|{{FULLPAGENAME}}/Archiv/|richtung=aufsteigend}}}}<br />
{{Autoarchiv|Alter=60|Ziel='((Lemma))/Archiv/((Jahr))'|Mindestbeiträge=1|Mindestabschnitte=3|Frequenz=ständig}}<br />
{{Autoarchiv-Erledigt<br />
|Alter=3<br />
|Ziel='Diskussion:Christlich_Demokratische_Union_Deutschlands/Archiv/((Jahr))'<br />
|Zeigen=Nein<br />
|Modus=Erledigt<br />
|Ebene=2<br />
}}<br />
<br />
== Mitgliederzahl ==<br />
<br />
Die Mitgliederzahl der CDU betrug am 31.03.2011 501190. Quelle: Rheinische Post (www.presseportal.de/pm/30621)-- [[Spezial:Beiträge/87.123.125.52|87.123.125.52]] 10:38, 15. Apr. 2011 (CEST)<br />
<br />
: Aktuell liegen die Zahlen aber nach deiner Quelle, wie auch bei der SPD unter 500.000. Da dort diese ungefähre Angabe eingetragen ist, wär es nur sinnvoll, wenn sie hier genauso aussieht.[[Spezial:Beiträge/91.20.149.18|91.20.149.18]] 10:09, 28. Mai 2011 (CEST)<br />
<br />
== Warum keine Karte zur Vertretung in Deutschland? ==<br />
<br />
Wieso hat die CDU keine Karte wie [http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:FDP_Landtage.svg diese hier]?<br />
Halte ich für eine sehr sinnvolle Angelegenheit. Leider weiß ich nicht, wie man dergleichen erstellt.<br />
Vieleicht macht sich mal einer die Mühe? --[[Benutzer:Vhancer|Vhancer]] 16:07, 14. Mai 2011 (CEST)<br />
<br />
: Was soll daran sinnvoll sein? Die CDU ist (bis auf Bayern, wo das nie der Fall sein wird) in allen Landtagen vertreten, und es sieht noch nicht einmal in Bremen und Berlin danach aus, als ob sich das jemals ändern würde - wozu also so eine Karte? -- [[Benutzer:Felix König|Felix König]] [[Benutzer Diskussion:Felix König|✉]] [[Benutzer:Felix König/BW|BW]] 14:35, 15. Mai 2011 (CEST)<br />
<br />
:: Hallo zusammen. Eine Karte wäre eventuell sinnvoll, wenn man es ähnlich wie im [[SPD]]-Artikel macht und farblich danach unterscheidet, ob die Partei in den einzelnen Ländern Senior- oder Juniorpartner einer Regierungskoalition ist oder sich in der Opposition befindet. Gruß -- [[Benutzer:DerSalamander|DerSalamander]] 14:55, 15. Mai 2011 (CEST)<br />
<br />
== Landesverbände ==<br />
<br />
Gibt es einen bestimmten Grund, dass Braunschweig als Landesverband aufgeführt wird? --[[Benutzer:Chaunzaggoroth| Chaunzy]] [[Benutzer Diskussion:Chaunzaggoroth|Jihad !?]] 08:40, 13. Jun. 2011 (CEST)<br />
<br />
== Mitgliederzahl unter 500.000 ==<br />
<br />
In [http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article13432327/Deutschland.html diesem Artikel]] wird eine Mitgliederzahl von 499.646 genannt. --[[Spezial:Beiträge/222.127.231.29|222.127.231.29]] 06:08, 19. Jun. 2011 (CEST)</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Beurlaubung&diff=90189379Beurlaubung2011-06-18T15:01:26Z<p>222.127.231.29: AZ: Weiterleitung nach Urlaub erstellt</p>
<hr />
<div>#WEITERLEITUNG [[Urlaub]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Taliban&diff=90177702Taliban2011-06-18T09:36:57Z<p>222.127.231.29: /* Unterdrückung der Frauen */ Gott befiehl, Mensch befolgt</p>
<hr />
<div>[[Datei:Flag of Taliban.svg|miniatur|Flagge der Taliban-Bewegung.]]<br />
<br />
Die afghanischen '''Taliban''' ({{psS|د افغانستان د طالبان اسلامی تحریکِ|w=Da Afghānistān da Talibān Islāmi Tahrik}}) sind eine [[Deobandis|deobandisch]]-[[Islamisten|islamistische]] Miliz, welche große Teile [[Afghanistan]]s von September 1996 bis Oktober 2001 beherrschte. Diplomatisch wurde das [[Islamisches Emirat Afghanistan|Islamische Emirat Afghanistans]] der Taliban nur von [[Pakistan]], [[Saudi-Arabien]] und den [[Vereinigte Arabische Emirate|Vereinigten Arabischen Emiraten]] anerkannt. <br />
<br />
Die Taliban-Bewegung hat ihre Ursprünge in religiösen Schulen für afghanische Flüchtlinge in Pakistan, welche meist von der politischen pakistanischen Partei Jamiat Ulema-e Islam geführt wurden.<ref name="Matinuddin, Kamal 1999 pp.25">Matinuddin, Kamal, ''The Taliban Phenomenon, Afghanistan 1994–1997'', [[Oxford University Press]], (1999), pp.25–6</ref> Die Ideologie der Bewegung basiert auf einer extremen Form des [[Dar ul-Ulum Deoband|Deobandismus]] und ist zudem stark vom [[Paschtunwali|paschtunischen Rechts- und Ehrenkodex]], dem Paschtunwali, geprägt. Der Anführer der Taliban ist [[Mullah Mohammed Omar]]. Der Name ist der persiche Plural des arabischen Wortes [[talib]] (arabisch {{Arabische Schrift| طالب|ar}}), das Student oder Suchender bedeutet.<br />
<br />
Die Taliban traten erstmals im Jahre 1994 in der südlichen Stadt [[Kandahar]] in Erscheinung. Sie belagerten und bombardierten zwei Jahre lang die Hauptstadt Kabul, nahmen sie im September 1996 ein und errichteten das Islamische Emirat Afghanistan. Im Oktober 2001 wurde ihre Regierung durch Truppen der afghanischen [[Nationale Islamische Vereinigte Front zur Rettung Afghanistans|Vereinten Front]] in Zusammenarbeit mit amerikanischen und britischen Spezialeinheiten während der [[Krieg in Afghanistan seit 2001|US-geführten Intervention in Afghanistan]] gestürzt. Ihre Führer konnten sich durch einen Rückzug nach Pakistan halten. Seit 2003 führen die Taliban ausgehend von Pakistan eine terroristisch-militärische Kampagne gegen die demokratische [[Islamische Republik Afghanistan]] und die internationalen Truppen der [[ISAF]] in Afghanistan. Hierbei verüben die Taliban mehr als doppelt so häufig gezielte Anschläge gegen die afghanische Zivilbevölkerung als gegen die afghanischen oder internationalen Truppen. Ein Bericht der Vereinten Nationen zeigt, dass die Taliban in den Jahren 2009 und 2010 für über 3/4 der zivilen Todesopfer in Afghanistan verantwortlich waren. Menschenrechtsgruppen haben den [[Internationaler Gerichtshof|Internationalen Gerichtshof]] in Den Haag dazu veranlasst, eine vorläufige Untersuchung gegen die Taliban auf Grund von systematischen Kriegsverbrechen durchzuführen. <br />
<br />
== Geschichte ==<br />
<br />
=== Militärische Eskalation in Kabul (1992-1994) ===<br />
Nach dem Zusammenbruch des sowjetgestützten kommunistischen Regimes von Präsident [[Mohammed Nadschibullah]] einigten sich die Widerstandsparteien im Jahre 1992 auf einen Friedensvertrag, die Peshawar Accords, welche den Islamischen Staat Afghanistan begründeten und eine Regierung für eine Übergangszeit einsetzten.<ref name="Human Rights Watch (4)">{{cite web|date= |url =http://www.hrw.org/en/reports/2005/07/06/blood-stained-hands|title = Blood-Stained Hands, Past Atrocities in Kabul and Afghanistan's Legacy of Impunity | publisher = [[Human Rights Watch]]| accessdate=2011-01-21}}</ref> <br />
<br />
[[Gulbuddin Hekmatyar]] und seine [[Hizb-i Islāmi]] Miliz starteten eine umfassende Bombenkampagne gegen die Hauptstadt Kabul und die von den Parteien benannte Übergangsregierung. Dies geschah, obwohl Hekmatyar wiederholt das Amt des Ministerpräsidenten angeboten worden war. Hekmatyar wurde von [[Pakistan]] bewaffnet, finanziert und angeleitet.<ref name="Neamatollah Nojumi">{{Cite book| last =Neamatollah Nojumi | authorlink = | title =The Rise of the Taliban in Afghanistan: Mass Mobilization, Civil War, and the Future of the Region|edition=2002 1st |pages=| publisher = Palgrave, New York }}</ref> Afghanistan-Experte und Universitätsprofessor Amin Saikal kam in ''Modern Afghanistan: A History of Struggle and Survival'' zu dem Schluss: <br />
{{Zitat|Pakistan hatte es auf einen Durchbruch in [[Zentralasien]] abgesehen. ... [[Islamabad]] wusste, dass die neu ernannten islamischen Regierungsmitglieder [in Afghanistan] ... nicht ihre eigenen nationalen Interessen denen Pakistans unterordnen würden, damit Pakistan seine regionalen Ambitionen erfüllen konnte. ... Ohne die logistische Unterstützung und die Lieferung einer großen Menge an Raketen durch die ISI [pakistanischer Geheimdienst], hätten Hekmatyars Truppen nicht halb Kabul in Beschuss nehmen und zerstören können.<ref name="Amin Saikal">{{Cite book| last =Amin Saikal | authorlink =| title =Modern Afghanistan: A History of Struggle and Survival|edition=2006 1st |page=352| publisher = I.B. Tauris & Co Ltd., London New York | isbn=1-85043-437-9 }}</ref> |Autor=Amin Saikal|Quelle=Modern Afghanistan: A History of Struggle and Survival (2006)}}<br />
<br />
Zusätzlich eskalierten Mitte 1992 Spannungen zwischen der von Saudi Arabien unterstützten Ittihad-i Islami und der vom Iran unterstützten Hezb-i Wahdat.<ref name="Amin Saikal">{{Cite book| last =Amin Saikal | authorlink = Amin Saikal| title =Modern Afghanistan: A History of Struggle and Survival|edition=2006 1st |page=352| publisher = I.B. Tauris & Co Ltd., London New York | isbn=1-85043-437-9 }}</ref> Die Milizen starteten einen blutigen Krieg. Die Hezb-i Wahdat Miliz ging Ende 1992 eine Allianz mit Hekmatyar ein. Abdul Rashid Dostum und seine Junbish-i Milli Miliz schlossen sich dieser Allianz Anfang 1994 an. Während der intensivsten Phase des Bombardements durch die Allianz Hekmatyars starben in Kabul über 25.000 Menschen.<ref name="Afghanistan Justice Project">{{cite web |year=2005|url=http://www.afghanistanjusticeproject.org/warcrimesandcrimesagainsthumanity19782001.pdf |title =Casting Shadows: War Crimes and Crimes against Humanity: 1978-2001 | publisher = Afghanistan Justice Project| accessdate=2011-01-22}}</ref> Auf Grund des schnellen Beginns des Krieges kurz nach der Gründung des Islamischen Staates, gab es noch keine funktionierende Polizei und kein funktionierendes Rechtssystem, so dass Kabul in Chaos und Rechtslosigkeit versank.<ref name="Human Rights Watch (5)">{{cite web |year=|url=http://www.hrw.org/reports98/afghan/Afrepor0-01.htm#P81_13959|title =II. BACKGROUND | publisher = Human Rights Watch| accessdate=2011-01-22}}</ref><br />
<br />
=== Situation im Süden/Ursprung der Taliban (1992-1994) ===<br />
<br />
Auch Kandahar im Süden des Landes, welches nicht unter Kontrolle des neu gegründeten Staates stand, und Mazar-i Sharif im Norden erlebten blutige Kämpfe. Dagegen waren die im Sowjetisch-Afghanischen Krieg verwüsteten ländlichen Regionen von Kämpfen kaum betroffen und der Wiederaufbau begann. <br />
<br />
Der Süden Afghanistans war weder unter der Kontrolle der Zentralregierung noch unter der Kontrolle von außen kontrollierter Milizen wie der Hekmatyars. Lokale Milizen- oder Stammesführer beherrschten den Süden. 1994 traten die Taliban in der südlichen Stadt Kandahar erstmals in Erscheinung. Als auslösendes Moment wird in verschiedenen Quellen die Entführung und Vergewaltigung zweier Mädchen durch einen Milizenführer genannt, zu deren Befreiung sich 30 Männer unter der Führung von Mullah Omar zusammenschlossen. Nach der Rettung der Mädchen soll der Mann an einem Panzerrohr gehängt worden sein.<ref>Matinuddin, Kamal, ''The Taliban Phenomenon, Afghanistan 1994-1997'', Oxford University Press, (1999)</ref><br />
<br />
Im Herbst 1994 traten sie erstmals militärisch in Erscheinung und brachten am 5. November 1994 die Stadt [[Kandahar]] unter ihre Kontrolle. Bis zum 25. November 1994 kontrollierten sie die Stadt [[Lashkar Gah]] und die Provinz [[Helmand (Provinz)|Helmand]]. Im Laufe des Jahres 1994 eroberten sie weitere Provinzen im Süden und Westen des Landes, die nicht unter Kontrolle der Zentralregierung standen. <br />
<br />
=== Stabilisierung der Lage in Kabul (Ende 1994) ===<br />
<br />
Ebenfalls Ende 1994 besiegte der afghanische Verteidigungsminister [[Ahmad Shah Massoud]] die Milizen, die um die Kontrolle der Hauptstadt Kabul gekämpft hatten. Die Bombardierung der Hauptstadt kam zu einem Halt.<ref name="amnesty.org">Amnesty International. "DOCUMENT - AFGHANISTAN: FURTHER INFORMATION ON FEAR FOR SAFETY AND NEW CONCERN: DELIBERATE AND ARBITRARY KILLINGS: CIVILIANS IN KABUL." 16 November 1995 Accessed at: http://www.amnesty.org/en/library/asset/ASA11/015/1995/en/6d874caa-eb2a-11dd-92ac-295bdf97101f/asa110151995en.html</ref><ref name="International Committee of the Red Cross">{{cite web |year=1995|url=http://www.icrc.org/eng/resources/documents/misc/57jly2.htm |title =Afghanistan: escalation of indiscriminate shelling in Kabul| publisher =International Committee of the Red Cross| accessdate=2011-01-21}}</ref> Massoud initiierte einen landesweiten politischen Prozess mit dem Ziel nationaler Konsolidierung und demokratischen Wahlen.<ref name="Webster University Press Book">{{cite book | last = Marcela Grad| authorlink = | title = Massoud: An Intimate Portrait of the Legendary Afghan Leader|edition=March 1, 2009 |pages=310 | publisher = Webster University Press| isbn= }}</ref> Es fanden drei Konferenzen mit Vertretern aus den meisten Provinzen Afghanistans statt.<ref name="Webster University Press Book">{{cite book | last = Marcela Grad| authorlink = | title = Massoud: An Intimate Portrait of the Legendary Afghan Leader|edition=March 1, 2009 |pages=310 | publisher = Webster University Press| isbn= }}</ref> Massoud lud die Taliban ein, sich diesem Prozess anzuschließen und sich an der Schaffung von Stabilität zu beteiligen.<ref name="Webster University Press Book">{{cite book | last = Marcela Grad| authorlink = | title = Massoud: An Intimate Portrait of the Legendary Afghan Leader|edition=March 1, 2009 |pages=310 | publisher = Webster University Press| isbn= }}</ref> Die Taliban lehnten eine demokratische Staatsform ab.<ref name="Webster University Press Book"/><br />
<br />
=== Bombenkampagne der Taliban gegen Kabul (1995-1996) ===<br />
<br />
Anfang 1995 starteten die Taliban großangelegte Bombenkampagnen gegen Kabul.<ref>[http://www.youtube.com/watch?v=zzPcMB9SQz0 ABC Australia - Starving Afghanistan (Dokumentation)]</ref> [[Amnesty International]] schrieb: <br />
{{Zitat|Dies ist das erste Mal nach einigen Monaten, dass die Zivilisten Kabuls das Ziel von Bombenangriffen wurden, die sich gegen Wohnbezirke in der Stadt richteten.<ref name="amnesty.org"/>|Autor=Amnesty International (1995)|Quelle=}}<br />
Die Taliban erlitten schwere Niederlagen gegen die Truppen Massouds.<ref name="amnesty.org"/> Internationale Beobachter vermuteten bereits das Ende der Talibanbewegung. Mit militärischer Unterstützung Pakistans und finanziellen Hilfen aus Saudi Arabien formierten sie sich jedoch neu. Zwei Jahre belagerten und bombardierten sie Kabul. Im September 1996 planten die Taliban eine erneute Großoffensive gegen Kabul. Maßgeblich beteiligt an der finanziellen und materiellen Förderung der Taliban durch Pakistan waren der damalige General und spätere Präsident [[Pervez Musharraf]] und Innenminister Nasirullah Babar, der die Taliban als "unsere Jungs" bezeichnete.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2007/05/22/743870.html Unterstützung der Taliban von Pakistan]</ref> Auch die USA waren anfangs an den Taliban interessiert.<ref>BBC, 12/4/1997 [http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/west_asia/37021.stm Taleban in Texas for talks on gas pipeline]</ref><br />
<br />
=== Machtübernahme der Taliban (September 1996) ===<br />
<br />
Am 26. September 1996 befahl Massoud einen strategischen Rückzug seiner Truppen in den Norden Afghanistans.<ref>Coll, ''Ghost Wars'' (New York: Penguin, 2005), 14.</ref> Am 27. September 1996 marschierten die Taliban in Kabul ein und errichteten das Islamische Emirat Afghanistan, welches lediglich von Pakistan, Saudi Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten anerkannt wurde. Die Regierung des Islamischen Staates Afghanistans blieb die international anerkannte Regierung Afghanistans (mit einem Sitz bei den Vereinten Nationen).<br />
<br />
Die Taliban verhängten über die Gebiete unter ihrer Kontrolle ihre politische und juristische Interpretation des Islam. Die Hälfte der Bevölkerung, die Frauen, lebte quasi unter Hausarrest.<ref name="Physicians for Human Rights">{{cite web |year=1998 |url = http://physiciansforhumanrights.org/library/documents/reports/talibans-war-on-women.pdf |title = The Taliban's War on Women. A Health and Human Rights Crisis in Afghanistan| publisher = Physicians for Human Rights| accessdate=2011-01-21}}</ref><br />
<br />
=== Krieg gegen die Vereinte Front (1996-2001) ===<br />
<br />
Nach einem Bericht der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] begingen die Taliban systematische Massaker gegen die Zivilbevölkerung, während sie versuchten, ihre Kontrolle im Westen und Norden Afghanistans zu konsolidieren.<ref name="Newsday 2001">{{cite web|url=http://articles.chicagotribune.com/2001-10-12/news/0110120312_1_taliban-fighters-massacres-in-recent-years-mullah-mohammed-omar|title=Taliban massacres outlined for UN |accessdate=|author= Newsday|authorlink= |year=2001|month=October |work=|publisher= Chicago Tribune| accessdate=2011-01-21}}</ref><ref name="papillonsartpalace.com">{{cite web|url=http://www.papillonsartpalace.com/massacre.htm|title=Confidential UN report details mass killings of civilian villagers |accessdate=2001-10-12|author= Newsday|authorlink= |year=2001|month= |work=|publisher= newsday.org}}</ref> Die Vereinten Nationen benannten 15 Massaker in den Jahren 1996 bis 2001.<ref name="Newsday 2001"/><ref name="papillonsartpalace.com"/> Diese seien ''"höchst systematisch gewesen und alle auf das Verteidigungsministerium [der Taliban] oder [[Mullah Omar]] persönlich zurückzuführen."''<ref name="Newsday 2001"/><ref name="papillonsartpalace.com"/> Die sogenannte 055 Brigade [[Al-Qaida]]s war ebenfalls an Greueltaten gegen die afghanische Zivilbevölkerung beteiligt.<ref name="Ahmed Rashid/The Telegraph">{{cite web|year=2001|url =http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/asia/afghanistan/1340244/Afghanistan-resistance-leader-feared-dead-in-blast.html |title =Afghanistan resistance leader feared dead in blast| publisher = Ahmed Rashid in the Telegraph| accessdate=2011-01-21}}</ref> Der Bericht der Vereinten Nationen zitiert Zeugenaussagen, die beschreiben, dass arabische Milizionäre lange Messer mit sich trugen, mit denen sie Kehlen aufschnitten und Menschen häuteten.<ref name="Newsday 2001"/><ref name="papillonsartpalace.com"/><br />
<br />
[[Datei:Afghanistan politisch 1996.png|thumb|Territoriale Kontrolle Afghanistans im Winter 1996: Massoud (blau), Taliban (grün), Dostum (rosa), Hezb-i Wahdat (gelb)]]<br />
<br />
[[Ahmad Shah Massoud]] und [[Abdul Rashid Dostum]], frühere Gegner, gründeten die Vereinte Front ursprünglich als Reaktion auf massive Talibanoffensiven gegen die Gebiete unter der Kontrolle Massouds auf der einen Seite und die Gebiete unter der Kontrolle Dostums auf der anderen Seite. Schon bald entwickelte sich aus der Vereinten Front jedoch eine nationale politische Widerstandsbewegung gegen die Taliban. Dieser traten die von den Taliban durch ''ethnische Säuberungen'' verfolgte Volksgruppe der [[Hazara]] bei, ebenso wie paschtunische anti-Taliban Führer wie der spätere Präsident [[Hamid Karzai]], der aus dem Süden Afghanistans stammt, oder Abdul Qadir. Qadir entsprang einer einflussreichen Familie, welche großen Einfluss im paschtunischen Osten Afghanistans um [[Jalalabad]] genoss. <br />
<br />
Die Situation der Menschenrechte hing von den jeweiligen Kommandeuren ab, die bestimmte Gebiete kontrollierten. Human Rights Watch verzeichnet keine Menschrechtsverbrechen für die Truppen unter der direkten Kontrolle Ahmad Shah Massouds für den Zeitraum von Oktober 1996 bis zu Massouds Ermordung im September 2001.<ref name="Human Rights Watch">{{cite web |year=2001|url =http://www.hrw.org/backgrounder/asia/afghan-bck1005.htm#uf |title = Human Rights Watch Backgrounder, October 2001| publisher = [[Human Rights Watch]]| accessdate=2011-01-21}}</ref> Massoud hatte Kontrolle über Panjshir, Thakar, einige Teile Parwans und Badakshans. Zwischenzeitlich waren auch Nuristan, Kunduz und die Gebiete nördlich Kabuls unter seiner Kontrolle. <br />
<br />
Nach Angaben von Human Rights Watch datieren die meisten Menschenrechtsverletzungen, die von Mitgliedern der Vereinten Front begangen wurden, in dem Zeitraum von 1996 bis 1998, während Abdul Rashid Dostum weite Teile des Nordens kontrollierte.<ref name="Human Rights Watch">{{cite web |year=2001|url =http://www.hrw.org/backgrounder/asia/afghan-bck1005.htm#uf |title = Human Rights Watch Backgrounder, October 2001| publisher = [[Human Rights Watch]]| accessdate=2011-01-21}}</ref> Bis zu seiner Niederlage im Jahr 1998 kontrollierte Dostum Samangan, Balkh, Jowzjan, Faryab und Baghlan. Im Jahr 1997 exekutierten Dostums Truppen unter dem Kommando von Abdul Malik Pahlawan 3000 Taliban-Gefangene in und um Mazar-i Sharif.<ref name="Human Rights Watch"/> Im Jahr 1998 besiegten die Taliban Abdul Rashid Dostum in [[Mazar-i Sharif]]. Dostum ging ins Exil. Wenig später verloren auch die Hezb-i Wahdat Truppen ihre Gebiete an die Taliban. Die Taliban ermordeten in der Folge um die 4000 Zivilisten in und um Mazar-i Sharif in einer gezielten Kampagne. <br />
<br />
Ahmad Shah Massoud blieb der einzige Kommandeur, der seine Gebiete erfolgreich gegen die Taliban verteidigen konnte. Pakistan intervenierte militärisch auf Seiten der Taliban, konnte jedoch keine Niederlage Massouds herbeiführen.[[Datei:Pervez Musharraf - World Economic Forum Annual Meeting Davos 2008 number3.jpg|thumb|links|Der ehemalige pakistanische Militärmachthaber und Präsident [[Pervez Musharraf]] sandte zehntausende Pakistaner, um an der Seite der Taliban gegen die Vereinte Front zu kämpfen.]]<br />
Der pakistanische Präsident [[Pervez Musharraf]] - damals u. a. als Stabschef des Militärs - entsandte zehntausende Pakistaner um an der Seite der Taliban und Al-Qaida gegen die Vereinte Front zu kämpfen.<ref name="Webster University Press Book"/><ref name="George Washington University">{{cite web|year=2007 |url =http://www.gwu.edu/~nsarchiv/NSAEBB/NSAEBB227/index.htm#17 |title =Documents Detail Years of Pakistani Support for Taliban, Extremists | publisher = [[George Washington University]]| accessdate=2011-01-21}}</ref><ref name="National Geographic"/><ref name="History Commons">{{cite web|year=2010 |url =http://www.historycommons.org/entity.jsp?entity=ahmed_shah_massoud |title = History Commons| publisher = History Commons| accessdate=2011-01-21}}</ref> Insgesamt gehen Schätzungen von 28.000 pakistanischen Staatsbürgern, die innerhalb Afghanistans kämpften, aus.<ref name="Webster University Press Book"/> 20.000 davon waren reguläre pakistanische Soldaten des sogenannten Frontier Corps oder der Armee. Weitere geschätzte 8.000 waren Milizionäre, die in sogenannten Madrassas rekrutiert wurden, um innerhalb der Armee der Taliban zu kämpfen.<ref name="Ahmed Rashid/The Telegraph">{{cite web|year=2001|url =http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/asia/afghanistan/1340244/Afghanistan-resistance-leader-feared-dead-in-blast.html |title =Afghanistan resistance leader feared dead in blast| publisher = Ahmed Rashid in the Telegraph| accessdate=2011-01-21}}</ref> Die geschätzten 25.000 Talibantruppen beinhalteten 8.000 pakistanische Staatsbürger.<ref name="Ahmed Rashid/The Telegraph">{{cite web|year=2001|url =http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/asia/afghanistan/1340244/Afghanistan-resistance-leader-feared-dead-in-blast.html |title =Afghanistan resistance leader feared dead in blast| publisher = Ahmed Rashid in the Telegraph| accessdate=2011-01-21}}</ref> Ein Dokument des amerikanischen Außenministeriums aus dem Jahre 1998 bestätigt, "20-40 Prozent der [regulären] Taliban Soldaten sind Pakistaner."<ref name="George Washington University"/> Der Bericht des Außenministeriums beschreibt ebenfalls, dass die Eltern der pakistanischen Staatsbürger ''"nicht von der militärischen Involvierung ihrer Kinder mit den Taliban wissen, bis ihre [toten] Körper zurück nach Pakistan gebracht werden."''<ref name="George Washington University"/> <br />
<br />
Weitere 3000 Soldaten der regulären Taliban Armee waren Milizionäre aus arabischen Ländern oder Zentralasien.<ref name="Ahmed Rashid/The Telegraph">{{cite web|year=2001|url =http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/asia/afghanistan/1340244/Afghanistan-resistance-leader-feared-dead-in-blast.html |title =Afghanistan resistance leader feared dead in blast| publisher = Ahmed Rashid in the Telegraph| accessdate=2011-01-21}}</ref> Von 1996 bis 2001 wurde die Al-Qaida von [[Osama bin Laden]] und [[Ayman al-Zawahiri]] zu einem Staat innerhalb des Taliban Staates.<ref name="Daily Times">{{cite web|year=2008|url =http://www.dailytimes.com.pk/default.asp?page=2008\08\31\story_31-8-2008_pg3_4 |title = BOOK REVIEW: The inside track on Afghan wars by Khaled Ahmed| publisher = Daily Times (Pakistan)| accessdate=2011-01-21}}</ref> Bin Laden sandte seine Rekruten gegen die Vereinte Front.<ref name="Daily Times"/><ref name="CNN">{{cite web|date=unknown|url =http://www.youtube.com/watch?v=Grugy2txSvc&feature=search |title = Brigade 055| publisher = CNN| accessdate=2011-01-21}}</ref> <br />
<br />
Von geschätzten 45.000 Soldaten, die gegen die Vereinte Front innerhalb Afghanistans kämpften, waren nur etwa 14.000 Afghanen.<ref name="Ahmed Rashid/The Telegraph">{{cite web|year=2001|url =http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/asia/afghanistan/1340244/Afghanistan-resistance-leader-feared-dead-in-blast.html |title =Afghanistan resistance leader feared dead in blast| publisher = Ahmed Rashid in the Telegraph| accessdate=2011-01-22}}</ref><ref name="Webster University Press Book"/><br />
<br />
[[Datei:Afghanistan politisch 2000.png|thumb|Der Frontverlauf im Jahr 2000: Massoud (blau), Taliban (grün)]]<br />
[[Ahmad Shah Massoud]] verblieb der einzige Führer der Vereinten Front in Afghanistan, der seine Gebiete erfolgreich verteidigen konnte. Die Taliban boten ihm wiederholt eine Machtposition an. Massoud lehnte dies ab. Er erklärte in einem Interview:<br />
{{Zitat|Die Taliban sagen: 'Akzeptiere das Amt des Ministerpräsidenten und schließe dich uns an', und sie würden das höchste Amt im Land, die Präsidentschaft, behalten. Aber für was einen Preis?! Der Unterschied zwischen uns liegt darin, wie wir über die grundlegendsten Prinzipien der Gesellschaft und des Staates denken. Wir können nicht ihre Konditionen für einen Kompromiss akzeptieren, sonst müssten wir die Prinzipien einer modernen Demokratie aufgeben. Wir sind fundamental gegen das System welches sich "das Emirat Afghanistans" nennt. ... Es sollte ein Afghanistan geben, indem sich jeder Afghane und jede Afghanin glücklich fühlen kann. Und ich denke, dies kann nur durch eine Demokratie, die auf Konsens basiert, gesichert werden.<ref name="Interview">{{cite web |year=2001|url =http://www.orient.uw.edu.pl/balcerowicz/texts/Ahmad_Shah_Masood_en.htm |title =The Last Interview with Ahmad Shah Massoud | publisher = Piotr Balcerowicz| accessdate=2011-01-21}}</ref><ref name="St. Petersburg Times">{{cite web |year=2002|url =http://www.sptimes.com/2002/09/09/911/The_man_who_would_hav.shtml |title =The man who would have led Afghanistan| publisher = St. Petersburg Times| accessdate=2011-01-21}}</ref>|Autor=Ahmad Shah Massoud (August 2001)|Quelle=}}<br />
Massoud wollte die Taliban davon überzeugen, sich einem politischen Prozess anzuschließen, welcher letztendlich zu demokratischen Wahlen führen sollte.<ref name="Interview"/><ref name="Proposal for Peace">{{cite web |year=1998|url =http://www.peace-initiatives.com/frame.htm |title =Proposal for Peace, promoted by Commander Massoud | publisher = peace-initiatives.com| accessdate=2011-01-21}}</ref> <br />
<br />
Anfang 2001 wandte die Vereinte Front eine neue Strategie von lokalem militärischem Druck und einer globalen politischen Agenda an.<ref name="Steve Coll: Ghost Wars">{{cite book | last = Steve Coll| authorlink = Steve Coll| title =Ghost Wars: The Secret History of the CIA, Afghanistan, and Bin Laden, from the Soviet Invasion to September 10, 2001 |edition=February 23, 2004 |page=720| publisher =Penguin Press HC | isbn= }}</ref> Ressentiments und Widerstand gegen die Taliban, ausgehend von den Wurzeln der afghanischen Gesellschaft, wurden immer stärker. Dies betraf auch die paschtunischen Gebiete.<ref name="Steve Coll: Ghost Wars" /> Insgesamt flohen schätzungsweise eine Million Menschen vor den Taliban.<ref name="EU Parliament">{{cite web |year=2001|url =http://www.youtube.com/watch?v=hkw-g27AUKE&feature=related |title = Massoud in the European Parliament 2001| publisher = EU media| accessdate=2011-01-21}}</ref> Hunderttausende Zivilisten flohen in die Gebiete von Ahmad Shah Massoud.<ref name="National Geographic">{{cite web|year=2007|url =http://www.youtube.com/watch?v=xpQI6HKV-ZY&feature=related |title = Inside the Taliban| publisher = [[National Geographic]]| accessdate=2011-01-21}}</ref><ref>{{cite web|year=2007 |url =http://channel.nationalgeographic.com/episode/inside-the-taliban-3274/Overview|title =Inside the Taliban | publisher = [[National Geographic]]| accessdate=2011-01-21}}</ref> Der [[National Geographic]] kam in seiner Dokumentation ''"Inside the Taliban"'' zu dem Schluss: <br />
{{Zitat|Das einzige, was zukünftigen Massakern der Taliban im Wege steht, ist Ahmad Shah Massoud.<ref name="National Geographic"/> |Autor=[[National Geographic]]|Quelle=Inside the Taliban}}<br />
<br />
In den Gebieten unter seiner Kontrolle errichtete Massoud demokratische Institutionen und unterschrieb die Deklaration für Frauenrechte.<ref name="Webster University Press Book">{{Cite book| last = Marcela Grad| authorlink = Marcela Grad| title = Massoud: An Intimate Portrait of the Legendary Afghan Leader|edition=March 1, 2009 |page=310 | publisher = Webster University Press| isbn= }}</ref> Er trainierte verstärkt Polizeikräfte, die eine Wiederholung des Chaos von Kabul (1992-1994) verhindern sollten, würde die Vereinte Front erfolgreich sein.<ref name="Steve Coll: Ghost Wars"/><ref name="Webster University Press Book" /> <br />
<br />
Im Frühling 2001 sprach Ahmad Shah Massoud vor dem Europäischen Parlament in Brüssel und bat die internationale Gemeinschaft um humanitäre Hilfe für die Menschen Afghanistans.<ref name="EU Parliament"/> Er erklärte, dass die Taliban und Al-Qaida eine "sehr falsche Interpretation des Islam" eingeführt hätten und dass die Taliban, wenn sie nicht die Unterstützung Pakistans hätten, ihre militärischen Kampagnen in dem Zeitraum eines Jahres nicht mehr aufrechterhalten könnten.<ref name="EU Parliament"/> Auf seinem Besuch nach Europa, bei dem ihn die europäische Parlamentspräsidentin Nicole Fontaine den "Pol der Freiheit in Afghanistan" nannte, warnte Massoud davor, dass sein Geheimdienst Informationen habe, denen zufolge ein großangelegter Anschlag auf amerikanischem Boden unmittelbar bevorstehe.<ref name="gwu.edu">Defense Intelligence Agency (2001) report http://www.gwu.edu/~nsarchiv/NSAEBB/NSAEBB97/tal31.pdf</ref><br />
<br />
=== 9. September 2001 ===<br />
Am 9. September 2001 ließen zwei arabische Selbstmordattentäter, die sich für Journalisten ausgegeben hatten, während eines Interviews mit Massoud in Takhar, Afghanistan, eine Bombe detonieren, die sie in ihrer Videokamera versteckt hatten. Massoud starb wenig später an seinen Verletzungen.<ref>[http://www.nytimes.com/2001/09/17/world/rebel-chief-who-fought-the-taliban-is-buried.html "Rebel Chief Who Fought The Taliban Is Buried"]</ref> Obwohl die Beerdigung in dem sehr ländlichen Panjshir-Tal statt fand, nahmen hunderttausende trauernder Afghanen an ihr teil.<ref>[http://www.youtube.com/watch?v=Aq-zqA1DMWs Panjshir TV Übertragung der Beerdigung Massouds]</ref> Viele befürchteten nach der Ermordung Massouds den endgültigen Sieg der Taliban.<br />
<br />
Die Ermordung Massoud hat nach Auffassung vieler Experten eine starke Verbindung zu den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA, welche die Anschläge seien würden, vor denen Massoud bei seinem Besuch in Europa fünf Monate zuvor gewarnt hatte. [[John P. O'Neill]], ein Anti-Terrorismus Experte und bis Mitte 2001 stellvertretender Direktor des [[FBI]], nahm zwei Wochen vor den Anschlägen auf das [[World Trade Center]] die Position des Sicherheitschef der Zwillingstürme ein. Am 10. September 2001 erzählte John O'Neill zwei Freunden:<br />
{{Zitat|Wir sind fällig. Und wir sind fällig für etwas Großes ... Einige Dinge sind in Afghanistan passiert [bezugnehmend auf die Ermordung Massouds]. Ich mag nicht, wie sich die Dinge in Afghanistan entwickeln. ... Ich spüre eine Veränderung, und ich denke bald wird etwas passieren. ... bald.<ref name="PBS">{{cite web |year=2002 |url =http://www.pbs.org/wgbh/pages/frontline/shows/knew/etc/script.html|title =The Man Who Knew | publisher = [[PBS]]| accessdate=2011-01-21}}</ref>|Autor=[[John O'Neill]] (10. September 2001)|Quelle=}}<br />
John O'Neill starb am 11. September 2001 als der Südturm zusammenbrach.<ref name="PBS"/><br />
<br />
=== 11. September 2001 ===<br />
<br />
[[Datei:WTCgroundzero.jpg|miniatur|Trümmer des World Trade Centers]]<br />
<br />
Zwei Tage nach der Ermordung Massouds wurden terroristische Anschläge in den USA verübt, die zu dem Tod von mindestens 2993 Menschen führten und als terroristischer [[Massenmord]] angesehen werden.<ref>[http://www.jontzen.com/tribute.htm Tribute to the Victims of September 11]</ref><ref>Hans Joachim Schneider: ''Internationales Handbuch der Kriminologie: Grundlagen der Kriminologie, Band 1'', Walther de Gruyter, 1. Auflage 2007, ISBN 3-89949-130-0, S. 802</ref> <br />
<br />
Vier Verkehrsflugzeuge wurden am frühen Morgen des 11. September entführt. Zwei wurden in die Türme des [[World Trade Center]]s (WTC) in [[New York City]] und eines in das [[Pentagon]] bei [[Washington, D.C.]] gelenkt. Das vierte Flugzeug, wahrscheinlich mit einem weiteren Anschlagsziel in Washington D.C., brachten die Entführer während Kämpfen mit Passagieren um 10:03&nbsp;Uhr über dem Ort [[Shanksville]] in [[Pennsylvania]] zum Absturz. 17.410 Personen (etwa 87 Prozent) konnten rechtzeitig vor dem Kollaps der WTC-Türme evakuiert werden.<ref>[http://wtc.nist.gov/NCSTAR1/PDF/NCSTAR%201.pdf NIST NCSTAR 1: ''Federal Building and Fire Safety Investigation of the World Trade Center Disaster: Final Report'', Kapitel 8.4.2: ''Evacuation'', S. 188]</ref><br />
<br />
Die USA identifizierten Mitglieder der Al-Qaida, welche ihre Basis in dem Emirat der Taliban hatte und mit den Taliban verbündet war, als ausführende Täter der Anschläge.<br />
<br />
=== Operation Enduring Freedom (Oktober 2001) ===<br />
Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 bekräftigte der UN-Sicherheitsrat den Vereinigten Staaten in der [[Resolution 1368 des UN-Sicherheitsrates|Resolution 1368]] das Recht zur Selbstverteidigung. Nach Auffassung der USA und anderer Regierungen wurde dadurch ein militärischer Einsatz in Afghanistan [[völkerrecht]]lich [[Legitimation (Politikwissenschaft)|legitimiert]]. Ab dem 7.&nbsp;Oktober 2001 intervenierten die Vereinigten Staaten mit der [[Operation Enduring Freedom]] militärisch in Afghanistan. Sie unterstützen zunächst mit massiven Luftangriffen Bodentruppen der [[Vereinigte Islamische Front zur Rettung Afghanistans|Vereinten Front]] (Nordallianz) in einer Großoffensive gegen die Taliban. In den darauffolgenden Monaten wurde das Talibanregime in Afghanistan gestürzt (siehe auch [[Krieg in Afghanistan seit 2001|Krieg in Afghanistan]]). Die Talibanführung um Mullah Omar floh nach Pakistan.<br />
<br />
Bei Kämpfen aufgegriffene Taliban-Kämpfer und Personen, die verdächtigt werden, die Taliban zu unterstützen, werden seitdem inhaftiert. Sie werden von den Truppen der NATO überwiegend in [[Internierungslager]]n innerhalb Afghanistans festgehalten. Als ungefährlich eingestufte Häftlinge werden wieder freigelassen. Bis Herbst 2004 wurden teilweise auch Häftlinge in die [[Gefangenenlager der Guantanamo Bay Naval Base|international kritisierten Internierungslager in Guantánamo Bay]] auf Kuba überstellt.<ref name="NYT 09-01-27" >Eric Schmitt: ''Afghan Prison Poses Problem in Overhaul of Detainee Policy'' In: [[New York Times]], 27. Januar 2009 ([http://www.nytimes.com/2009/01/27/washington/27bagram.html online]), abgerufen am 6. März 2009</ref><br />
<br />
Unter der Schirmherrschaft der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] wurde eine Übergangsregierung gebildet, die durch UN-mandatierte ausländische Truppen ([[ISAF]]) unterstützt wurde. Im Jahr 2004 wurde in Afghanistan eine demokratische Verfassung verabschiedet, das Land wurde dadurch offiziell eine demokratische [[Islamische Republik]].<br />
<br />
=== Neuformierung der Taliban (2003) ===<br />
[[Datei:Amrullah Saleh.png|thumb|260px|Der ehemalige Geheimdienstchef Afghanistans, [[Amrullah Saleh]], prangert Pakistans Rolle bei der Neuformierung und Unterstützung der Taliban an.]]<br />
In Pakistan formierten sich die Taliban neu. 2003 traten sie erstmals wieder in Erscheinung. Seit Anfang 2006 verüben sie zusammen mit dem Haqqani network und der Hezb-i Islami [[Gulbuddin Hekmatyar]]s verstärkt Anschläge gegen afghanische Zivilisten oder Soldaten der [[ISAF]]. Einige Dörfer und ländliche Gebiete fielen erneut unter Kontrolle der Taliban.<br />
<br />
[[Pakistan]] spielt eine zentrale Rolle in Afghanistan. Ein Bericht der [[London School of Economics]] aus dem Jahr 2010 sagt aus, dass der pakistanische Geheimdienst, ISI, eine "offizielle Politik" der Unterstützung der Taliban betreibt. Die ISI finanziert und bildet die Taliban aus.<ref>{{cite news |url=http://english.aljazeera.net/mritems/Documents/2010/6/13/20106138531279734lse-isi-taliban.pdf |title=Discussion Papers |accessdate=12 December 2010 }}</ref> Dies passiert, obwohl Pakistan sich offiziell als Verbündeten der NATO ausgibt. Der Bericht der London School of Economics kommt zu dem Schluss: <br />
{{Zitat|Pakistan scheint ein Doppel-Spiel erstaunlichen Ausmaßes zu spielen.<ref>{{cite news |url=http://english.aljazeera.net/mritems/Documents/2010/6/13/20106138531279734lse-isi-taliban.pdf |title=Discussion Papers |accessdate=12 December 2010 }}</ref>|Autor=Bericht der [[London School of Economics]] (2010)|Quelle=}}<br />
[[Amrullah Saleh]], der ehemalige Geheimdienstchef Afghanistans, kritisierte:<br />
{{Zitat|Wir reden über all diese Proxies [Taliban, Haqqani, Hekmatyar] aber nicht den Meister der Proxies, die pakistanische Armee. Die Frage ist, was will Pakistans Armee erreichen ...? Sie wollen an Einfluss in der Region gewinnen.<ref name="Jamestown Foundation Terrorism Conference 2010">{{Cite news| url=http://vimeo.com/18018836| work=| accessdate= | title= Jamestown Foundation Terrorism Conference 2010, Amrullah Saleh speech| first=| last=| date=2010}}</ref>|Autor=Amrullah Saleh (2010)|Quelle=Jamestown Foundation Terrorism Conference}}<br />
Über die Präsenz internationaler Truppen in Afghanistan sagte er:<br />
{{Zitat|Sie kämpfen für die nationalen Interessen der USA, aber gleichzeitig für die Ehre und Würde Afghanistans. Ohne sie würden Massaker und Desaster stattfinden und nur Gott weiß, was für eine Zukunft Afghanistan dann haben würde.<ref name="Jamestown Foundation Terrorism Conference 2010">{{Cite news| url=http://vimeo.com/18018836| work=| accessdate= | title= Jamestown Foundation Terrorism Conference 2010, Amrullah Saleh speech| first=| last=| date=2010}}</ref>|Autor=Amrullah Saleh (2010)|Quelle=Jamestown Foundation Terrorism Conference ([http://vimeo.com/18018836 siehe video])}} <br />
<br />
Die Taliban richten sich in Anschlägen gezielt gegen die afghanische Zivilbevölkerung. Im Jahr 2009 waren sie laut Angaben der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] für über 76 % der Opfer unter afghanischen Zivilisten verantwortlich.<ref name="The Weekly Standard">{{Cite news| url=http://www.weeklystandard.com/blogs/taliban-responsible-76-deaths-afghanistan-un| work=The Weekly Standard| accessdate= | title=UN: Taliban Responsible for 76% of Deaths in Afghanistan | first=| last=| date=2010-08-10}}</ref> Auch im Jahr 2010 waren die Taliban für über 3/4 der zivilen Todesopfer in Afghanistan verantwortlich.<ref name="The New York Times">{{Cite news| url=http://www.nytimes.com/2011/02/10/world/asia/10afghanistan.html| work=The New York Times| accessdate= | title=Afghan Rights Groups Shift Focus to Taliban| first=| last=| date=13. Februar 2011}}</ref> Zivilisten sind mehr als doppelt so häufig das Ziel tödlicher Anschläge der Taliban als afghanische Regierungstruppen oder Truppen der ISAF.<ref name="The New York Times">{{Cite news| url=http://www.nytimes.com/2011/02/10/world/asia/10afghanistan.html| work=The New York Times| accessdate= | title=Afghan Rights Groups Shift Focus to Taliban| first=| last=| date=13. Februar 2011}}</ref><br />
<br />
Die Afghanistan Independent Human Rights Commission (AIGRC) nannte die gezielten Anschläge der Taliban gegen die Zivilbevölkerung ein "Kriegsverbrechen".<ref name="Tolonews">{{Cite news| url=http://www.tolonews.com/en/afghanistan/1591-aihrc-calls-civilian-deaths-war-crime| work=Tolonews| accessdate= | title=AIHRC Calls Civilian Deaths War Crime | first=| last=| date=13 January 2011}}</ref> Religiöse Führer verurteilten die Anschläge der Taliban als Verstoß gegen die islamische Ethik.<ref name="Tolonews">{{Cite news| url=http://www.tolonews.com/en/afghanistan/1591-aihrc-calls-civilian-deaths-war-crime| work=Tolonews| accessdate= | title=AIHRC Calls Civilian Deaths War Crime | first=| last=| date=13 January 2011}}</ref><br />
<br />
Menschenrechtsgruppen haben den Internationalen Gerichtshof in Den Haag dazu veranlasst, eine vorläufige Untersuchung gegen die Taliban auf Grund von Kriegsverbrechen durchzuführen.<ref name="The New York Times">{{Cite news| url=http://www.nytimes.com/2011/02/10/world/asia/10afghanistan.html| work=The New York Times| accessdate= | title=Afghan Rights Groups Shift Focus to Taliban| first=| last=| date=13.02.2011}}</ref><br />
<br />
== Organisation ==<br />
=== Führung ===<br />
Der Obersten [[Schura (Islam)|Schura]] der Gründungsmitglieder der Taliban gehörten im Zeitraum 1994 bis 1997 folgende Mitglieder an:<br />
* [[Mullah Omar|Mullah Mohammed Omar]] (*1959), Führer der Gläubigen und Oberhaupt der Taliban-Bewegung, ab September 1996 auch Staatsoberhaupt des Islamischen [[Emirat]]s Afghanistan<br />
* Mullah Mohammad Rabbani Akhund (1955/56–2001), Regierungsvorsitzender und stellvertretendes Oberhaupt der Taliban-Bewegung<br />
* Mullah Mohammed Ghous Akhund (* 1961?), Außenminister bis Juni 1997<br />
* Mullah Mohammed Hassan Akhund, Militärstabschef<br />
* Mullah Mohammed Fazil Akhund (* 1967), Oberhaupt des Armeekorps<br />
* Mullah Abdur Razzaq, Oberhaupt der Zollbehörde<br />
* Mullah Sayed Ghiasuddin Agha(?–2003), Informationsminister<br />
* Mullah Khirullah Said Wali Khairkhwa (* 1967), Innenminister<br />
* Maulvi Abdul Sattar Sanani (bzw.: Sattar Sadozai), Justizminister<br />
* Mullah Abdul Jalil, Außenminister ab 1997<br />
<br />
== Ideologie ==<br />
=== Übersicht ===<br />
Die Taliban selbst gehören mehr der ideologischen Schule der [[Deobandis]] an, einer fundamentalistischen Gruppe mit Hauptsitz in Deoband, [[Indien]]. In der Koranschule in [[Peschawar]], dem größten pakistanischen Ableger der Dar ul-'Ulum Haqqania Koranschule, rekrutierten sich viele hochrangige Taliban. Politischer Zweig und Unterstützer der Schulen der Deobandis ist die [[Muttahida Majlis-e-Amal|''Jamiat-e-Ulema-Islam''-Partei]] in Pakistan.<ref>Marko Tomasini: Die Taliban als Produkt des afghanischen Bürgerkrieges - Herkunft, Religion und Politik</ref><br />
Die USA forderten die pakistanische Regierung auf, diese Religionsschulen ([[Madrasa]]s) zu schließen. In Pakistan sind diese offiziell jedoch nicht registriert. 2007 schätzte das pakistanische Innenministerium ihre Zahl auf etwa 13.500, andere Schätzungen gehen von 20.000 aus.<br />
<br />
=== Zerstörung internationalen Kulturerbes ===<br />
Die Taliban haben gezielt [[Kulturvandalismus|kulturelle Zeugnisse zerstört]], die sie als unislamisch werteten. Dazu gehörten die von der UNESCO als [[Weltkulturerbe]] gelisteten [[Buddha-Statuen von Bamiyan]] sowie buddhistische Ausstellungsstücke des [[Nationalmuseum Kabul|Museums in Kabul]].<br />
<br />
== Menschenrechtsverletzungen ==<br />
<br />
=== 1994-2001 ===<br />
Den UN zufolge begingen die Taliban während ihrer Gewaltherrschaft schwerwiegende [[Menschenrechte|Menschenrechtsverletzungen]] und [[Kriegsverbrechen]]. <br />
<br />
Nach einem Bericht der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] begingen die Taliban systematische Massaker gegen die Zivilbevölkerung während sie versuchten ihre Kontrolle im Westen und Norden Afghanistans zu konsolidieren.<ref name="Newsday 2001">{{cite web|url=http://articles.chicagotribune.com/2001-10-12/news/0110120312_1_taliban-fighters-massacres-in-recent-years-mullah-mohammed-omar|title=Taliban massacres outlined for UN |accessdate=|author= Newsday|authorlink= |year=2001|month=October |work=|publisher= Chicago Tribune| accessdate=2011-01-21}}</ref><ref name="papillonsartpalace.com">{{cite web|url=http://www.papillonsartpalace.com/massacre.htm|title=Confidential UN report details mass killings of civilian villagers |accessdate=2001-10-12|author= Newsday|authorlink= |year=2001|month= |work=|publisher= newsday.org}}</ref> Die Vereinten Nationen benannten 15 Massaker in den Jahren 1996 bis 2001.<ref name="Newsday 2001"/><ref name="papillonsartpalace.com"/> Vertreter der Vereinten Nationen verglichen die Massaker mit den ethnischen Säuberungen, die während des [[Bosnienkrieg]]s stattgefunden haben. Die Massakerkampagnen der Taliban seien ''"höchst systematisch gewesen und alle auf das Verteidigungsministerium [der Taliban] oder [[Mullah Omar]] persönlich zurückzuführen."''<ref name="Newsday 2001"/><ref name="papillonsartpalace.com"/> Die sogenannte 055 Brigade Al-Qaidas war ebenfalls an Greueltaten gegen die afghanische Zivilbevölkerung beteiligt.<ref name="Ahmed Rashid/The Telegraph">{{cite web|year=2001|url =http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/asia/afghanistan/1340244/Afghanistan-resistance-leader-feared-dead-in-blast.html |title =Afghanistan resistance leader feared dead in blast| publisher = Ahmed Rashid in the Telegraph| accessdate=2011-01-21}}</ref> Der Bericht der Vereinten Nationen zitiert Zeugenaussagen welche beschreiben, dass arabische Milizionäre lange Messer mit sich trugen, mit denen sie Kehlen aufschnitten und Menschen häuteten.<ref name="Newsday 2001"/><ref name="papillonsartpalace.com"/><br />
[[Datei:Taliban-herat-2001 ArM.jpg|miniatur|Taliban in Herat]]<br />
Nachdem sie die Kontrolle über Afghanistan erkämpft hatten, erließen die Taliban zudem [[Edikt]]e, die die Rechte der Frauen stark einschränkten. Sie betrafen die Bereiche [[Bildung]], medizinische Versorgung, Kleidung und [[Sozialverhalten|Verhalten]] in der [[Öffentlichkeit]].<ref>[http://www.bpb.de/files/IRG596.pdf Bundeszentrale für Politische Bildung, B 3-4, 2001] ''Renate Kreile: Die Taliban und die Frauenfrage - ein historisch strukturelle Perspektive''</ref> Mädchen war es verboten, zur Schule zu gehen. Viele Schulen wurden geschlossen, worauf die Mädchen, wenn überhaupt, nur noch im Privaten unterrichtet wurden. Frauen in Kabul durften nicht mehr ihre Berufe ausüben und saßen immer häufiger als [[Bettler]]innen in Burkas auf der Straße. Da durch die Wirren des Krieges allein in Kabul ca. 30.000 Frauen als Witwen ohne jegliche männliche Verwandtschaft lebten, hatten diese Frauen meist keine andere Chance als zu betteln, um ein wenig Geld zum Überleben aufzutreiben. Dass die Restriktionen lebensbedrohend waren, verdeutlicht Folgendes:<br />
<br />
Laut den 'Physicians for Human Rights' bekamen 53 Prozent der ernsthaft Kranken keine Behandlung. Zugang zu medizinischer Versorgung war vor allem den Frauen fast unmöglich. Es gab zur Zeit der Talibanherrschaft in Kabul ein einziges Krankenhaus, in dem Frauen behandelt werden durften. Allerdings war die Grundausstattung mangelhaft, [[Röntgen]]- oder [[Beatmungsgerät|Sauerstoffgeräte]] und [[Medikament]]e fehlten, fließendes Wasser war nicht vorhanden. Um überhaupt behandelt werden zu können, mussten die Frauen verschiedene Probleme meistern. Ohne männlichen Begleiter durfte eine Frau nicht behandelt werden. Da es männlichen Ärzten generell verboten war, Frauen anzuschauen oder zu berühren, konnten Frauen nur noch sehr eingeschränkt untersucht werden. Das Tragen der Burka war auch während der Behandlung Pflicht. Eine einfache [[Medizinische Untersuchung|Untersuchung]] oder ein [[Zahnarzt]]besuch war fast unmöglich, da der [[Schleier]] nicht hochgehoben werden durfte. Um die Einhaltung der Gesetze zu wahren, waren regelmäßig Taliban-Mitglieder in den Krankenhäusern anwesend. Falls sich Afghanen den Taliban-Gesetzen dennoch widersetzten, wurden schwere Strafen verhängt. Ärzten drohten Schläge, [[Berufsverbot]] und [[Freiheitsstrafe|Gefängnisstrafen]].<br />
<br />
Sowohl in den Städten als auch auf dem Lande waren (und sind teilweise heute noch) die [[Hygiene|hygienischen]] Verhältnisse auf niedrigstem Niveau. Öffentliche Bäder waren, soweit noch vorhanden, Frauen generell nicht mehr zugänglich.<br />
<br />
In den Städten trafen die Gesetze die Frauen besonders hart, da dort die westliche Orientierung vor der Taliban-Gewaltherrschaft am stärksten ausgeprägt gewesen war, Frauen in vielen Fällen regelmäßig gearbeitet und westliche Kleidung getragen hatten.<br />
<br />
=== 2001-heute ===<br />
Die Taliban richten sich in Anschlägen gezielt gegen die afghanische Zivilbevölkerung. Im Jahr 2009 waren sie laut Angaben der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] für über 76 % der Opfer unter afghanischen Zivilisten verantwortlich.<ref name="The Weekly Standard">{{Cite news| url=http://www.weeklystandard.com/blogs/taliban-responsible-76-deaths-afghanistan-un| work=The Weekly Standard| accessdate= | title=UN: Taliban Responsible for 76% of Deaths in Afghanistan | first=| last=| date=2010-08-10}}</ref> Auch im Jahr 2010 waren die Taliban für über 3/4 der zivilen Todesopfer in Afghanistan verantwortlich.<ref name="The New York Times">{{Cite news| url=http://www.nytimes.com/2011/02/10/world/asia/10afghanistan.html| work=The New York Times| accessdate= | title=Afghan Rights Groups Shift Focus to Taliban| first=| last=| date=13.02.2011}}</ref> Zivilisten sind mehr als doppelt so häufig das Ziel tödlicher Anschläge der Taliban als afghanische Regierungstruppen oder Truppen der ISAF.<ref name="The New York Times">{{Cite news| url=http://www.nytimes.com/2011/02/10/world/asia/10afghanistan.html| work=The New York Times| accessdate= | title=Afghan Rights Groups Shift Focus to Taliban| first=| last=| date=13.02.2011}}</ref><br />
<br />
Die Afghanistan Independent Human Rights Commission (AIGRC) nannte die gezielten Anschläge der Taliban gegen die Zivilbevölkerung ein "Kriegsverbrechen".<ref name="Tolonews">{{Cite news| url=http://www.tolonews.com/en/afghanistan/1591-aihrc-calls-civilian-deaths-war-crime| work=Tolonews| accessdate= | title=AIHRC Calls Civilian Deaths War Crime | first=| last=| date=13 January 2011}}</ref> Religiöse Führer verurteilten die Anschläge der Taliban als Verstoß gegen die islamische Ethik.<ref name="Tolonews">{{Cite news| url=http://www.tolonews.com/en/afghanistan/1591-aihrc-calls-civilian-deaths-war-crime| work=Tolonews| accessdate= | title=AIHRC Calls Civilian Deaths War Crime | first=| last=| date=13 January 2011}}</ref><br />
<br />
Menschenrechtsgruppen haben den Internationalen Gerichtshof in Den Haag dazu veranlasst, eine vorläufige Untersuchung gegen die Taliban auf Grund von Kriegsverbrechen durchzuführen.<ref name="The New York Times">{{Cite news| url=http://www.nytimes.com/2011/02/10/world/asia/10afghanistan.html| work=The New York Times| accessdate= | title=Afghan Rights Groups Shift Focus to Taliban| first=| last=| date=13.02.2011}}</ref> <br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Quetta Shura]]<br />
* [[Radio Scharia]]<br />
* [[Haqqani-Netzwerk]]<br />
* [[Tehrik-i-Taliban Pakistan]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
'''Klassische Talibanbewegung 1994–2001'''<br />
<br />
* William Maley (Hrg.): ''Fundamentalism reborn? Afghanistan and the Taliban''. Hurst, London 2001, ISBN 1-85065-360-7<br />
* [[Ahmed Rashid]]: ''Taliban. Afghanistans Gotteskrieger und der neue Krieg am Hindukusch''; [[Bundeszentrale für politische Bildung|bpb]], Bonn, 2010; ISBN 978-3-8389-0087-2<br />
* Alberto Masala: ''Taliban. Trente-deux preceptes pour les femmes''; N&B, Collection Ultima Verba; ASIN 2911241304 <br />
* Gilles Dorronsoro: ''Revolution Unending: Afghanistan, 1979 to the Present''. Columbia University Press/Centre d'Etudes et de Recherches Internationales, New York/Paris 2005, ISBN 0-231-13626-9<br />
* Neamatollah Nojumi: ''The Rise of the Taliban in Afghanistan: Mass Mobilization, Civil War, and the Future of the Region.'' Palgrave MacMillan, New York 2002, ISBN 0-312-29402-6.<br />
* Robert D. Crews, Amin Tarzi (Hrsg.): ''The Taliban and the Crisis of Afghanistan''. Harvard University Press, Cambridge 2008. ISBN 978-0-674-02690-2.<br />
* Physicians for Human Rights: ''The Taliban's War on Women: A health and human rights crisis in Afghanistan'', 1998; ISBN 1-879707-25-X; [http://physiciansforhumanrights.org/library/documents/reports/talibans-war-on-women.pdf '''PDF''']<br />
<br />
'''Neotaliban ab 2002'''<br />
<br />
* Antonio Giustozzi: ''Koran, Kalashnikov and Laptop: The Neo-Taliban Insurgency in Afghanistan 2002-2007''. Hurst Publishers, London 2007, ISBN 978-0-231-70009-2<br />
* Antonio Giustozzi: ''Decoding the New Taliban: Insights from the Afghan Field''. Columbia University Press, New York 2009, ISBN 978-0-231-70112-9.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /> <br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat}}<br />
* [http://www.monde-diplomatique.de/pm/2010/10/08/a0047.text.name,ask092cJ0.n,7 Georges Lefeuvre: Afghanische Patrioten. Die Paschtunen, die Nation und die Taliban]. [[Le Monde diplomatique]], 8. Oktober 2010 <br />
* [http://www.gfbv.it/3dossier/asia/afghan/afghan-mp2.html Michael Pohly: Die Freunde der Taliban. Ausländische Interessen in Afghanistan]. Eine Analyse der [[Gesellschaft für bedrohte Völker]].<br />
* [http://www.mgfa-potsdam.de/html/einsatzunterstuetzung/downloads/schetterasienforum.pdf Conrad Schetter: ''Talibanistan Der Anti-Staat.''] Internationales Asienforum, Vol. 38 (2007), No. 34, pp. 233-257 <br />
* [http://www1.bpb.de/themen/AWNDMN,0,0,Taliban.html Guido Steinberg: Taliban]. [[Bundeszentrale für politische Bildung]], 6. Mai 2009<br />
* [http://swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2010A30_sbg_wgn_wmr_ks.pdf Guido Steinberg, Christian Wagner u. Nils Wörmer: ''Pakistan gegen die Taliban'']. [[Stiftung Wissenschaft und Politik]], März 2010<br />
* Journeyman Pictures: [http://www.youtube.com/watch?v=EvYglyjbHkI Massoud's Last Stand] (Video)<br />
<br />
[[Kategorie:Politik (Afghanistan)]]<br />
[[Kategorie:Afghanistankrieg (seit 1978)]]<br />
[[Kategorie:Militär (Afghanistan)]]<br />
[[Kategorie:Untergrundorganisation]]<br />
[[Kategorie:Islamistische Organisation]]<br />
[[Kategorie:Islam in Afghanistan]]<br />
[[Kategorie:Islam und Politik]]<br />
<br />
[[ar:طالبان]]<br />
[[ast:Talibán]]<br />
[[az:Taliban]]<br />
[[bcl:Taliban]]<br />
[[be:Талібы]]<br />
[[be-x-old:Талібан]]<br />
[[bg:Талибани]]<br />
[[bn:তালিবান]]<br />
[[ca:Talibà]]<br />
[[cs:Tálibán]]<br />
[[cy:Y Taleban]]<br />
[[da:Taliban]]<br />
[[el:Ταλιμπάν]]<br />
[[en:Taliban]]<br />
[[eo:Talibano]]<br />
[[es:Talibán]]<br />
[[et:Ţālebān]]<br />
[[eu:Taliban]]<br />
[[fa:طالبان]]<br />
[[fi:Taliban]]<br />
[[fo:Taliban]]<br />
[[fr:Taliban]]<br />
[[gl:Talibán]]<br />
[[he:טליבאן]]<br />
[[hi:तालेबान आन्दोलन]]<br />
[[hr:Talibani]]<br />
[[hu:Tálibok]]<br />
[[ia:Taliban]]<br />
[[id:Taliban]]<br />
[[is:Talíbanar]]<br />
[[it:Talebani]]<br />
[[ja:ターリバーン]]<br />
[[ka:თალიბანი]]<br />
[[ko:탈레반]]<br />
[[ku:Taliban]]<br />
[[lt:Talibanas]]<br />
[[lv:Taliban]]<br />
[[ml:താലിബാന്]]<br />
[[mr:तालिबान]]<br />
[[ms:Taliban]]<br />
[[nl:Taliban]]<br />
[[no:Taliban]]<br />
[[pl:Talibowie]]<br />
[[pnb:طالبان]]<br />
[[ps:د طالبانو اسلامي غورځنګ]]<br />
[[pt:Taliban]]<br />
[[ro:Taliban]]<br />
[[ru:Талибан]]<br />
[[scn:Talibbani]]<br />
[[sh:Talibani]]<br />
[[simple:Taliban]]<br />
[[sk:Taliban]]<br />
[[sr:Талибани]]<br />
[[sv:Taliban]]<br />
[[ta:தாலிபான்]]<br />
[[te:తాలిబాన్]]<br />
[[tl:Taliban]]<br />
[[tr:Taliban]]<br />
[[uk:Талібан]]<br />
[[ur:تحریک الاسلامی طالبان]]<br />
[[vi:Taliban]]<br />
[[yi:טאליבאן]]<br />
[[yo:Taliban]]<br />
[[zh:塔利班]]<br />
[[zh-min-nan:Taliban]]<br />
[[zh-yue:塔利班]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Malaiische_Sprache&diff=90172110Malaiische Sprache2011-06-18T03:49:40Z<p>222.127.231.29: etwas mehr</p>
<hr />
<div>{{Überarbeiten}}<br />
{{Lückenhaft|[[Phonetik]] und [[Phonologie]] (systematische Darstellung unter Verwendung von [[Internationales Phonetisches Alphabet|IPA]], evtl. Trennung von der [[Orthografie]]). Der Abschnitt „Wortschatz“ ist verbessungsbedürftig (derzeit unsystematische Mischung von Touristenphrasen und Beliebigkeiten). Struktur des Artikels evtl. der [[Wikipedia:Formatvorlage_Sprache|Formatvorlage Sprache]] anpassen.}}<br />
<br />
{{Infobox_Sprache|<br />
Sprache=Malaiisch (''Bahasa Melayu'' - بهاس ملايو)<br />
|Länder=[[Malaysia]], [[Brunei]], [[Singapur]], [[Indonesien]], Süd-[[Thailand]], Süd-[[Philippinen]]<br />
|Sprecher=ca. 200 Millionen<br />
|Klassifikation=* [[Austronesische Sprachen|Austronesisch]]<br />&nbsp;[[Malayo-Polynesische Sprachen|Malayo-Polynesisch]]<br />&nbsp;&nbsp;[[West-Malayo-Polynesische Sprachen|West-Malayo-Polynesisch]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Sundasprachen|Sunda]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Malaiische Sprachen]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Malaiische Sprache<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Lokale Malaiische Sprachen|Lokales Malaiisch]]<br />
|KSprache=Malaiisch<br />
|Amtssprache=[[Indonesien]], [[Malaysia]], [[Brunei]], [[Singapur]]<br />
|ISO1=ms<br />
|ISO2B=may<br />
|ISO2T=msa<br />
|ISO3=msa<br />
}}<br />
{{Infobox_Sprache|<br />
Sprache=Indonesisch ''(Bahasa Indonesia)''<br />
|Länder=[[Indonesien]], [[Osttimor]]<br />
|Sprecher=ca. 30 Millionen (Muttersprachler)<br /><br />
162 Millionen (insgesamt)<br />
|Klassifikation=* [[Austronesische Sprachen|Austronesisch]]<br />&nbsp;[[Malayo-Polynesische Sprachen|Malayo-Polynesisch]]<br />&nbsp;&nbsp;[[West-Malayo-Polynesische Sprachen|West-Malayo-Polynesisch]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Sundasprachen|Sunda]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Malaiische Sprachen]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Malaiische Sprache<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Lokale Malaiische Sprachen|Lokales Malaiisch]]<br />
|KSprache=Indonesisch<br />
|Amtssprache=[[Indonesien]]<br />
|ISO1=id<br />
|ETHNO14=INZ<br />
|ISO3=[http://www.sil.org/iso639-3/documentation.asp?id=ind ind]<br />
|ISO2=ind<br />
}}<br />
<br />
Die '''malaiische Sprache''' (''Bahasa Melayu'' (Malaysisch) in Malaysia bzw. ''Bahasa Indonesia'' (Indonesisch) in Indonesien) gehört mit etwa 200 Millionen Sprechern zu den meistgesprochenen Sprachen der Erde. Für die Mehrzahl der Sprecher ist es allerdings nur die [[Zweitsprache]]. Insbesondere in Indonesien gibt es hunderte von Regionalsprachen, die sich stark vom Malaiischen unterscheiden. Malaiisch dient daher als [[Verkehrssprache]], die hauptsächlich im geographischen Raum von Malaysia und Indonesien verwendet wird. Malaysisch bzw. Indonesisch sind außerdem die Amtssprachen des föderalen Staates Malaysia, des Sultanats Brunei und der Republik Indonesien. Die beiden Sprachversionen unterscheiden sich nur geringfügig, sodass sie wissenschaftlich als eine einzige Sprache behandelt werden.<br />
<br />
* '''Bahasa Melayu''' (Malaysisch) ist Amtssprache in [[Malaysia]] (hier auch ''Bahasa Malaysia''), [[Singapur]] und [[Brunei]]. Von etwa 12 Millionen Sprechern auf der malaiischen Halbinsel sprechen es etwa 7,2 Millionen als Erst- und 4,8 Millionen als Zweitsprache. Größere Gruppen von Sprechern findet man außerdem in [[Myanmar]], in [[Hongkong]] und in den [[USA]]. Bahasa Melayu hat den ''Language Code'' <code>ms</code> beziehungsweise <code>may</code> oder <code>msa</code> (nach [[ISO 639]]).<br />
* '''Bahasa Indonesia''' (Indonesisch) ist Amtssprache in Indonesien. Es wird von etwa 162 Millionen Menschen gesprochen. Für 21 Millionen, von denen die meisten auf [[Java (Indonesien)|Java]] leben, ist es Erstsprache. 141 Millionen benutzen es als Zweit- oder Verkehrssprache. Außerhalb Indonesiens wird es unter anderem in [[Saudi-Arabien]], [[Singapur]], den [[Niederlande]]n und den [[USA]] gesprochen. In [[Osttimor]], von 1975 bis 1999 eine Provinz Indonesiens, hat Bahasa Indonesia laut der Verfassung den Status einer ''„Arbeitssprache“''. Viele der Studienlehrgänge an den Universitäten Osttimors werden in dieser Sprache gehalten. Bahasa Indonesia hat den ''Language Code'' <code>id</code> bzw. <code>ind</code> (nach [[ISO 639]]).<br />
<br />
<!--Es gibt auch getrennte Sprachseiten in Wikipedia, so auch und für Indonesisch.--><br />
<br />
Sofern im Folgenden nichts anderes angegeben ist, gelten die Aussagen für beide Sprachenvarianten.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
Malaiisch gehört zur westlichen Gruppe des [[Malayo-Polynesische Sprachen|malaiisch-polynesischen Sprachzweigs]] innerhalb der [[Austronesische Sprachen|austronesischen Sprachfamilie]].<br />
<br />
Die ersten schriftlichen Zeugnisse des Altmalaiischen stammen aus dem 7. Jahrhundert.<br />
<br />
Malaiisch erfuhr viele Einflüsse aus [[Indien]], woher [[Hinduismus]] und [[Buddhismus]] kamen. In späterer Zeit kamen mit dem [[Islam]] [[Arabische Halbinsel|arabische]] und [[Persische Sprache|persische]] Einflüsse hinzu. Vom 14. Jahrhundert an wurde es hauptsächlich mit arabischen Schriftzeichen geschrieben. Die unterschiedlichen kolonialen Einflüsse haben zu manchen unterschiedlichen [[Lehnwort|Lehnwörtern]] geführt. Siehe dazu im folgenden ''Unterschiede Bahasa Malaysia und Bahasa Indonesia''.<br />
<br />
Aufgrund der mangelnden Sprachpflege während der britischen Kolonialherrschaft war die malaiische Sprache im Vergleich zur Kolonialsprache Englisch terminologisch verarmt und wurde als stark veraltet angesehen. Nachdem '''Malaysia''' 1957 unabhängig geworden war, führte eine staatliche Sprachkommission Tausende von [[Neologismus|Neologismen]] ein. Die so erneuerte Sprache wurde wenig später ins Schulwesen integriert. Sie hieß von 1957 bis 1969 ''Bahasa Kebangsaan'' (Nationalsprache), seit 1969 heißt sie ''Bahasa Malaysia''.<br />
<br />
In '''Indonesien''' wurde mit der niederländischen Kolonisierung im 19. Jahrhundert die lateinische Schrift eingeführt. Mit der Unabhängigkeitserklärung des Landes 1945 wurde ''Bahasa Indonesia'' zur offiziellen Staatssprache erklärt.<br />
<br />
1972 wurde ein einheitliches lateinisches Schriftsystem und eine weitgehend übereinstimmende Orthographie in Malaysia und Indonesien geschaffen. Malaysia hatte bis dahin arabische Schriftzeichen benutzt. Alte Menschen schreiben in Malaysia heute noch in arabischer Schrift, und man findet noch Schilder mit arabischen Schriftzeichen, aber in malaiischer Sprache.<br />
<br />
=== Unterschiede zwischen Indonesisch und Malaysisch ===<br />
Die Unterschiede zwischen den beiden Sprachen entwickelten sich erst in der Kolonialzeit und betreffen größtenteils den Wortschatz. Sie sind anfangs nur wenig größer gewesen als zwischen BRD-Deutsch und DDR-Deutsch die beispielsweise Plastik/Plaste und Kollegium/Kollektiv als unterschiedliche Wörter für den gleichen Begriff verwenden. Genauso lassen sich zwischen den beiden malaiischen Sprachen solche spezifischen Wörter finden – oft bedingt dadurch, dass manche Wörter in Malaysia von den britischen Kolonialherren und in Indonesien von den niederländischen Kolonialherren eingeführt wurden. Bei technischen Fachausdrücken sind die Unterschiede am häufigsten; geradezu berühmt ist die immer zitierte Übersetzung von Auspuff: Auf Indonesisch heißt es ''knalpot'' und auf Malaiisch ''ekzos'' (vom englischen ''exhaust''). Alle Wörter, die Dinge bezeichnen, die es vor der Kolonialzeit noch nicht gab, sind im Malaysischen fast immer aus dem Englischen entlehnt und im Indonesischen meist aus dem Niederländischen. Klassisches Beispiel, für Deutsche in der Schreibweise leicht nachvollziehbar, ist das Wort für „Taxi“ auf malaysisch „teksi“, was der englischen Aussprache entspricht, auf indonesisch „taksi“, was der niederländischen Aussprache entspricht. <br />
<br />
Mittlerweile lässt sich über die letzten Jahrzehnte eine Tendenz erkennen, dass zunehmend Wörter aus anderen in Indonesien beheimateten Sprachen, wie dem Javanischen, Eingang in die Indonesische Sprache gefunden haben und somit die eigenständige Entwicklung der beiden Sprachen in den letzten 100 Jahren einen gewaltigen Sprung gemacht hat. Während sich Indonesier und Malaysier in der Kolonialzeit noch nahezu flüssig untereinander verständigen konnten, ist dies heute unter jungen Indonesiern und Malaysiern nur noch zu einem Grad möglich, wie es unter Sprechern verschiedener skandinavischer Sprachen der Fall ist.<br />
<br />
Auf der anderen Seite berichten viele Ausländer, die jeweils eine Variante der Sprache erlernt haben, dass sie sich nach kurzer Eingewöhnung auch in dem jeweils anderen Land gut verständigen konnten, insbesondere wenn sie es mit gebildeten Menschen zu tun hatten. Daher scheint es, dass sich die Unterschiede vor allem auf den niederen Sprachebenen ([[Umgangssprache]], [[Jargon|Slang]]) ausgebildet haben (vergleichbar ist das Verhältnis von internationalem und [[Quebecer Französisch]]).<br />
<br />
Zu Irrtümern bezüglich der Gleichheit der beiden Sprachen führt aber auch die nicht korrekte Annahme vieler nur oberflächlicher Kenner, das Wort ''Bahasa'' bezeichne diese gemeinsame Sprache. Dabei bedeutet „Bahasa“ aber lediglich „Sprache“, und eben nicht Malaiisch, Malaysisch oder Indonesisch. Die korrekten Bezeichnungen sind: Malaiisch: ''Bahasa Melayu'', Malaysisch: ''Bahasa Malaysia'' und Indonesisch: ''Bahasa Indonesia''. Bei der Verwendung von „Bahasa“ als Oberbegriff handelt es sich um Slang. Dass man trotz der anfänglich nur geringen Unterschiede von verschiedenen Sprachen spricht, hat damit zu tun, dass es in Indonesien eine Antikolonialbewegung „Ein Volk – ein Land – eine Sprache“ gab und man deshalb nach der Unabhängigkeit nicht „Bahasa Melayu“ haben wollte. Durch die selbstständige ständige Weiterentwicklung beider Sprachen haben sich beide mittlerweile zu einem Grad voneinander entfernt, dass sie nunmehr eigenständige Sprachen darstellen. <br />
<br />
Singapur hatte mit der Einführung von Bahasa Melayu kein Problem, da sie dort eine dem Englischen untergeordnete Rolle spielt. Auch in Brunei ist Malaiisch überwiegend Sprache der Verwaltung und Lingua Franca während die ansässige Bevölkerung andere Sprachen spricht. Generell kommt man speziell in Singapur aber auch in Brunei mit Englisch erheblich weiter. In Singapur sprechen mehr Leute Englisch als Malaiisch, weil es dort mehr Chinesen als Malaien gibt. Auch in Malaysia sprechen zwar die rund 26 % Chinesen und rund 9 % Inder lieber Englisch, aber nur hier ist Malaiisch tatsächlich die mehrheitliche Umgangssprache. In Indonesien hingegen ist Englisch wenig verbreitet (Ausnahme Touristengebiete) und die Bahasa Indonesia ist für viele eine Zweitsprache, die von den Älteren ohne Schulbildung und von Menschen in entlegenen Gebieten gar nicht verstanden wird.<br />
<br />
== Aussprache ==<br />
Malaiisch (Malaysisch/Indonesisch) ist für Deutschsprechende ausgesprochen einfach zu lernen. Die Aussprache ist unproblematisch, da sie der deutschen sehr ähnelt. Einige Unterschiede in der Aussprache:<br />
* c – wie deutsch „tsch“<br />
* e – der wohl schwierigste Buchstabe, denn er bezeichnet zwei unterschiedliche Laute: manchmal wird ''e'' wie das letzte ''e'' von „Ende“ [{{IPA|ə}}] gesprochen oder ganz verschluckt; es entspricht in etwa dem [[Schwa]]-Laut im Hebräischen, im Deutschen entspricht es am ehesten dem kurzen offenen ''ö'', wie wir es im Wort „B''ö''ller“ vorfinden; daneben gibt es Wörter, in denen es als ein offenes ''e'' [{{IPA|ɛ}}] wie in „Nest“, „Geld“ ausgesprochen wird – in vielen Lehr-und Wörterbüchern wird das offene ''e'' zur Unterscheidung mit einem [[Akut]] (é) bezeichnet.<br />
* h – [{{IPA|h}}] am Wortanfang immer gesprochen, in der Mitte manchmal und am Ende nur leicht gehaucht [{{IPA|ʰ}}]<br />
* j – wie ''dsch'' in „Dschungel“ oder ''j'' in „Job“)<br />
* k – [{{IPA|k}}] nicht behaucht, wie in „''K''ind“. Am Ende eines Wortes manchmal auch nur durch ein unterdrücktes Ausklingen ([[Stakkato]], phonetisch: [[Stimmloser glottaler Plosiv|Knacklaut]]) der letzten Silbe, angedeutet. (zum Beispiel „nggak“ [{{IPA|ŋgaʔ}}]: Slang für „nein“ – das 'k' wird nicht gesprochen, aber das 'a' betont abgebrochen / kurz)<br />
* kh – [{{IPA|x}}] wird wie ''ch'' in „La''ch''en“ gesprochen<br />
* ng – [{{IPA|ŋ}}] wie in „Me''ng''e“<br />
* ngg – [{{IPA|ŋg}}] wie in „Ta''ng''o“<br />
* ny – [{{IPA|ɲ}}] wie in „Kampa''gn''e“<br />
* r – [{{IPA|r}}] mit der Zunge gerolltes ''r''<br />
* s – [{{IPA|s}}] immer scharf, also wie ''ss'' oder ''ß'' im Deutschen<br />
* sy – [{{IPA|ɕ}}] schwaches ''sch'' wie in „''sch''ämen“<br />
* w – [{{IPA|w}}] wie das englische ''w'' in „''w''ater“<br />
* y – [{{IPA|j}}] ''j'' wie „''j''a“<br />
* z – [{{IPA|z}}] stimmhaftes s wie in „Be''s''en“<br />
<br />
<br />
{| border="2" cellpadding="5" style="margin: 1em 1em 1em 0; background: #f9f9f9; border: 1px #aaa solid; border-collapse: collapse; text-align: center; font-size: 95%;"<br />
|+ Konsonanten<br />
! &nbsp;<br />
! [[bilabial]]<br />
! [[Labiodental|labio-<br />dental]]<br />
! [[alveolar]]<br />
! [[Postalveolar|post-<br />alveolar]]<br />
! [[palatal]]<br />
! [[velar]]<br />
! [[glottal]]<br />
|-<br />
! align=left | [[Plosiv]]e<br />
| {{IPA|p}} {{IPA|b}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|t}} {{IPA|d}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|k}} {{IPA|g}}<br />
| {{IPA|ʔ}}<br />
|-<br />
! align=left | [[Affrikate]]n<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|t͡ʃ}}<br />
| {{IPA|d͡ʒ}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Nasal (Phonetik)|Nasale]]<br />
| {{IPA|m}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|n}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|ɲ}}<br />
| {{IPA|ŋ}}<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Vibrant]]en<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|r}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Frikativ]]e<br />
| &nbsp;<br />
| ({{IPA|f}}) ({{IPA|v}})<br />
| {{IPA|s}} ({{IPA|z}})<br />
| {{IPA|sʲ}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|x}}<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Approximant]]en<br />
| {{IPA|w}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|j}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Lateral (Phonetik)|Laterale]]<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|l}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|}<br />
Die Laute in Klammern tauchen nur in Lehnwörtern auf. <br />
<br />
{| border="2" cellpadding="5" style="margin: 1em 1em 1em 0; background: #f9f9f9; border: 1px #aaa solid; border-collapse: collapse; text-align: center; font-size: 95%;"<br />
|+Monophthonge<br />
! &nbsp;<br />
! vorne<br />
! zentral<br />
! hinten<br />
|-<br />
! align=left | geschlossen<br />
| {{IPA|i}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|u}}<br />
|-<br />
! align=left | mittel<br />
| {{IPA|e}}<br />
| {{IPA|ə}}<br />
| {{IPA|o}}<br />
|-<br />
! align=left | offen<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|a}}<br />
| &nbsp;<br />
|}<br />
<br />
== Grammatik ==<br />
Die indonesische und malaiische Sprache ist eine überwiegend [[isolierende Sprache]], das heißt es gibt keine [[Deklination (Grammatik)|Deklination]], keine [[Konjugation (Grammatik)|Konjugation]] und nur sehr wenig [[Verbflexion]] und [[Derivation (Grammatik)|Derivation]]. Auch gibt es keinen [[Artikel (Wortart)|Artikel]]. Ein grammatisches Geschlecht gibt es nur in wenigen, aus dem [[Sanskrit]] entlehnten Wörtern (z. B.: putra = ''der Sohn'', putri = ''die Tochter'' bzw. putera = ''der Sohn'', puteri = ''die Tochter'' im Indonesischen).<br />
<br />
=== Plural ===<br />
Ein einzelnes Nomen kann sowohl singularische als auch pluralische Bedeutung haben, der Plural kann jedoch auch fakultativ durch Verdopplung oder durch Zahl bzw. andere Wörter, aus deren Kontext der Plural bereits hervorgeht, besonders gekennzeichnet werden: <br />
* orang (''Mensch/Menschen''), orang-orang (''Menschen''), dua orang (''zwei Menschen''), guru (''der Lehrer/die Lehrer''), para guru (''die Lehrer – die Lehrerschaft''). Bei einigen Verdopplungen bekommt das Wort jedoch eine neue Bedeutung z. B. mata = ''Auge'', mata-mata = ''Spion''.<br />
<br />
Bei der Verwendung von Zahlwörtern werden oft zusätzlich '''Klassifikatoren''' gebraucht, jedoch bei informellen Gesprächen meist nicht. So benutzt man:<br />
* für zwischen kirsch- und melonengroße Gegenstände '''buah''' (Bed.: „Frucht“) z. B. dua buah kelapa (zwei Kokosnüsse)<br />
* für Tiere '''ékor''' (Bed: Schwanz) z. B. empat ékor ayam (vier Hühner)<br />
* für Menschen '''orang''' (Bed: Mensch) z. B. sembilan orang jérman (neun Deutsche)<br />
* für Papier '''lembar''' oder '''helai''' (beide Bed: Blatt) z. B. satu lembar kertas (ein Blatt Papier), verkürzt auf selembar kertas.<br />
* für kleine, runde Gegenstände '''biji''' (Bed: Kern) z. B. sepuluh biji batu (zehn (kleine, runde) Steinchen)<br />
* für lange, stabähnliche Gegenstände '''batang''' (Bed: Stab) z. B. tujuh batang rokok (sieben Zigaretten)<br />
<br />
=== Tempus ===<br />
Alle Zeitenformen werden nicht durch Veränderungen des Verbs, sondern durch zusätzliche Adverbien oder Hilfsverben ausgedrückt.<br />
<br />
* Ich schreibe ''gerade'' einen Brief: Saya ''sedang'' menulis surat (wörtlich: Ich ''gerade'' schreiben Brief)<br />
* ''Gestern'' schrieb ich einen Brief: ''Kemarin'' saya menulis surat (wörtlich: ''Gestern'' ich schreiben Brief)<br />
* ''Morgen'' werde ich einen Brief schreiben: ''Bésok'' saya akan menulis surat (wörtlich: ''Morgen'' ich werden schreiben Brief)<br />
* Ich ''werde'' einen Brief schreiben: saya ''akan'' menulis surat (wörtlich: ich ''werden'' schreiben Brief)<br />
* Ich habe den Brief ''schon'' geschrieben: Saya ''sudah'' menulis surat (wörtlich: ich ''schon'' schreiben Brief)<br />
<br />
Man erkennt, dass sich das Verb „menulis“ (schreiben) in keiner Form ändert. Der zeitliche Zusammenhang wird ausschließlich durch die Adverbien oder Hilfsverben (hier: akan = werden) ausgedrückt.<br />
<br />
=== Wortbildung ===<br />
Vor- und Nachsilben können auch die Bedeutung der Worte – ähnlich wie auch im Deutschen – verändern. In einigen Formen werden dabei bestimmte Anlaute assimiliert.<br />
<br />
Beispiel:<br />
Wortstamm: ''tulis'' (schreiben)<br />
* men''ulis'' : schreiben (aktive Verbform) – hier fällt das ''t'' weg.<br />
* di''tulis'' : geschrieben (passive Verbform)<br />
* pen''ulis'' : Schreiber/Schriftsteller (jemand, der schreibt)<br />
* men''ulis''i : beschreiben, beschriften (im Sinne von ''auf etwas schreiben'')<br />
* di''tulis''i: beschrieben werden (im Sinne von ''mit Schrift versehen werden'')<br />
* men''ulis''kan: (etw.) aufschreiben.<br />
* di''tulis''kan: aufgeschrieben werden<br />
* ter''tulis'' : aufgeschrieben; schriftlich (Zustandspassiv)<br />
<br />
==== Assimilationsregeln ====<br />
Die Assimilation erfolgt nach eindeutigen Regeln abhängig vom ersten Laut des Stammwortes und der Vorsilbe. Die Vorsiben me- und pe- folgen denselben Assimilationsregeln, während auf die Silben di-, ke-, memper- und se- keine Assimilation erfolgt. Hier die Regeln dargestellt anhand der Vorsilbe me- mit Beispielen, die Assimilation der Vorsilbe pe- erfolgt entsprechend.<br />
; me → mem<br />
:: b : baca → membaca (lesen), → pembaca (Leser)<br />
:: p (p fällt weg!): pesan → memesan (bestellen)<br />
; me → meny<br />
:: s (s fällt weg!): séwa → menyéwa (mieten)<br />
; me → men<br />
:: c: cari → mencari (suchen)<br />
:: d: dengar → mendengar (hören)<br />
:: j: jual → menjual (verkaufen)<br />
:: t (t fällt weg!): tari → menari (tanzen) <br />
; me → meng<br />
:: alle Vokale: ambil → mengambil (nehmen, holen), elak → mengelak (ausweichen)<br />
:: g: gambar (Bild, Zeichnung) → menggambar (zeichnen)<br />
:: h: hitung → menghitung (zählen)<br />
:: k (k fällt weg!): kirim → mengirim (schicken)<br />
; me → me<br />
:: alle anderen: larang → melarang (verbieten)<br />
<br />
==== Anwendung des Stammwortes und der assimilierten Form ====<br />
Da indonesische Wörterbücher häufig nach den Wortstämmen sortiert sind, ist es hilfreich, anhand dieser Regeln von einem Wort auf dessen Stamm schließen zu können. Auch in Nebensätzen, in denen ein Verb in einer dem passiv ähnlichen Art und Weise verwendet wird, benutzt man im indonesischen den Stamm des Wortes. Beispiel: ''surat yang saya tulis …'' = Der Brief, den ich schrieb, … (Erläuterung: Da es im Indonesischen keine Deklinationen gibt, wird das Relativpronomen ‚yang‘ allein durch seine Stellung quasi zum Subjekt des Nebensatzes und demzufolge ist dann die Verwendung des Verbs passivisch – der Brief wurde geschrieben – auch wenn es im Deutschen anders ausgedrückt wird. Diese grammatische Eigenheit ist für an Deklinationen gewöhnte Sprecher oft schwer nachzuvollziehen, weil die fehlende Deklination beim Übersetzen automatisch eingesetzt wird.)<br />
<br />
== Schrift ==<br />
<br />
Üblichste Schrift für die malaiische Sprache ist eine Lateinschrift. Eine ''Rumi'' genannte Variante hat in Malaysia, Brunei und Singapur offiziellen Status, Indonesien hat eine davon abweichende Latein-Orthographie. In Brunei ist eine Abwandlung der arabischen Schrift, genannt [[Jawi]], kooffiziell.<br />
<br />
== Wortschatz ==<br />
* Selamat pagi! : ''Guten Morgen!'' (Selamat: ''gut/gesegnet'', pagi: ''Morgen/morgens'' )<br />
* Selamat malam! : ''Guten Abend!'' (malam: ''Abend/abends'' – pada malam: ''am Abend'' )<br />
* Selamat datang! : ''Willkommen!'' (datang: ''kommen'')<br />
* Selamat makan! : ''Guten Appetit!'' (makan: ''essen'')<br />
* Selamat jalan! : ''Gute Reise!'' (wörtlich: ''gute Straße! / guten Weg!'')<br />
* Sampai jumpa lagi ''Auf Wiedersehen'' (wörtlich: ''Bis treffen wieder'')<br />
* Apa khabar/kabar? : ''Wie geht’s?'' (wörtlich ''Was [sind die] Neuigkeiten?'')<br />
* Terima kasih! : ''Danke!'' (wörtlich ''Nehmen – Geben'' oder auch ''annehmen Liebe'')<br />
* Khabar/kabar baik! : ''Es geht gut!'' (wörtlich „Nachricht gut“)<br />
* hati-hati! : ''pass auf Dich auf!'' oder ''Sei vorsichtig!''<br />
* orang: ''Mensch''<br />
** orang utan: [''malaiisch: Orang Utan''] (wörtlich ''Waldmensch'')<br />
** orang Jérman: ''Deutsche(r)'' („Mensch deutsch“)<br />
** orang asli: ''Eingeborener'' (wörtlich ''Mensch echt/ursprünglich'')<br />
** orang asing: ''Fremder'' (wörtlich ''Mensch fremd'')<br />
* Ya: ''ja'' <br />
* tidak: ''nein/nicht'' (Verneinung von Tätigkeiten und Eigenschaften)<br />
** tak, ngga(k): Slangformen von ''Nein'' (wie ''Nö'' oder ''Nee'')<br />
** Saya tidak mau: ''ich möchte nicht'' (wörtlich ''ich nicht wollen'')<br />
* bukan: ''nicht/kein'' (Verneinung von Nomen)<br />
** Saya bukan orang Inggris, saya orang Jérman: ''Ich bin kein Engländer, ich bin Deutscher''<br />
* belum: ''noch nicht''<br />
** Saya belum menikah/kawin: ''Ich bin noch nicht verheiratet'' (wörtlich ''ich noch-nicht heiraten'')<br />
* sudah: ''schon''<br />
** Saya sudah menikah/kawin: ''Ich bin schon verheiratet'' (wörtlich ''ich schon heiraten'')<br />
* Jangan! : ''Nicht!'' (im Sinne von ''tu das nicht'' oder ''lass das'')<br />
** Jangan datang! : ''komme nicht!''<br />
* ini/itu: ''dieses/jenes''<br />
** Saya mau ini: ''ich möchte dieses''<br />
* makan/minum/tidur/pergi/mengerti: ''essen/trinken/schlafen/gehen/verstehen''<br />
** Saya mau makan: ''Ich möchte essen''<br />
** sudah makan? : ''schon gegessen?''<br />
** Saya belum mengerti/paham: ''Ich verstehe noch nicht''<br />
** mengerti? paham?: ''verstanden?''<br />
* berapa? : ''wie viel?''<br />
** Berapa harganya? : ''Was kostet dieses?'' (wörtlich: ''Wie viel Preis dieses'')<br />
* 1,2,3,4,5,6,7,8,9,10: ''satu, dua, tiga, empat, lima, enam, tujuh, (de)lapan, sembilan, sepuluh''<br />
* 11, 12, 13, 14, …: ''sebelas, dua belas, tiga belas, empat belas, …''<br />
* 20, 21, 22, 23, …: ''dua puluh, dua puluh satu, dua puluh dua, dua puluh tiga''<br />
* 100,1000,10000,100000,1000000: ''seratus, seribu, sepuluh ribu, seratus ribu, satu juta''<br />
<br />
== Sprachbeispiel ==<br />
[[Sukarno]]s [[indonesische Unabhängigkeitserklärung]] (indonesisch).<ref>[http://www.youtube.com/watch?v=8JyKAFVBEIE Youtube-Video mit Originalton Sukarnos]</ref>:<br />
<br />
:'''Proklamasi'''<br />
<br />
:Kami, bangsa Indonesia, dengan ini menjatakan kemerdekaan Indonesia.<br />
<br />
:Hal-hal yang mengenai pemindahan kekuasaan dan lain lain, diselenggarakan dengan cara saksama dan dalam tempo yang sesingkat-singkatnya.<br />
<br />
:Jakarta, tudju belas Agustus, seribus sembilan ratus ampat puluh lima<br />
<br />
:Atas nama bangsa Indonesia,<br />
<br />
:Sukarno/Hatta.<br />
<br />
Übersetzung: Wir, das indonesische Volk, erklären hiermit die Unabhängigkeit Indonesiens. Angelegenheiten, die Machtübertragung und andere Dinge betreffen, werden möglichst sorgfältig zeitnah behandelt./ JAKARTA, 17 AUGUST 1945 / Im Namen des indonesischen Volkes / Sukarno/[[Mohammed Hatta|Hatta]]<br />
<br />
== Sprachregulierung ==<br />
''Malaiisch'' wird reguliert durch:<br />
* [[Déwan Bahasa dan Pustaka]] (Hall of Language and Scripture)<br />
''Indonesisch'' wird reguliert durch:<br />
* [[Pusat Pembinaan dan Pengembangan Bahasa]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Erich-Dieter Krause: ''Lehrbuch der indonesischen Sprache''. 6. Auflage. Buske, Hamburg 2004. ISBN 3-87548-328-6<br />
* Reni Isa: ''Bahasa Indonesia.'' Ein Arbeitslehrbuch. ''Percakapan, Contoh Kalimat dan Keterangan, Latihan.'' Taschenbuch. Regiospectra, Berlin 2007. ISBN 3-940132-01-2<br />
* Harald Haarmann: ''Kleines Lexikon der Sprachen. Von Albanisch bis Zulu.'' C.H. Beck, München 2001. ISBN 3-406-47558-2<br />
* [[Hans Kähler]]: ''Grammatik der Bahasa Indonesia.'' 3., revidierte Auflage. Wiesbaden 1983. ISBN 3-447-02345-7<br />
* Yohanni Johns: ''Bahasa Indonesia – Introduction to Indonesian Language and Culture.'' Periplus, London 1987, 1990. ISBN 0-945971-56-7<br />
* Bernd Nothofer, Karl-Heinz Pampus: ''Bahasa Indonesia. Indonesisch für Deutsche''. 2 Teile. Wörterverzeichnis. J. Groos, Heidelberg 1992, 1996. ISBN 3-87276-831-X <br />
* Frank D. Wickl: ''Das Klassifikatorensystem der Bahasa Indonesia''. Abera, Hamburg 1996. ISBN 3-934376-02-9<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.linguist.de/Bahasa/ Bahasa Indonesia] (Sprachenportrait)<br />
* [http://www.jot.de/kamus/ Wörterbuch Indonesisch-Deutsch / Deutsch-Indonesisch] (Kamus Jot)<br />
* [http://nepalresearch.org/dictionaries/ino_ger/bahasa_indonesia.pdf Kamus Bahasa Indonesia Indonesisch-Deutsches Wörterverzeichnis] (pdf; 421 kB)<br />
* [http://www.101languages.net/indonesian/ Indonesian 101 – Learn Indonesian online]<br />
* [http://en.wikibooks.org/wiki/Indonesian Indonesian]<br />
* [http://www.bremis.de/woerterbuch.html Indonesisches Wörterbuch mit Wörterliste und Quiz]<br />
* [http://thesaurus.art.officelive.com/Documents/FlashThesaurus.html Bahasa Indonesia Flash Thesaurus]<br />
<br />
{{Navigationsleiste Schwesterprojekte|code=ms|text=malaiischer Sprache|wquot=0|wsrce=0|wnews=0|wvers=0}}<br />
{{Navigationsleiste Schwesterprojekte|code=id|text=indonesischer Sprache|wnews=0|wvers=0}}<br />
<br />
[[Kategorie:Einzelsprache]]<br />
[[Kategorie:Malayo-Polynesische Sprachen]]<br />
[[Kategorie:Kultur (Indonesien)]]<br />
[[Kategorie:Kultur (Malaysia)]]<br />
<br />
{{Link FA|ms}}<br />
<br />
[[ace:Bahsa Meulayu]]<br />
[[af:Maleis]]<br />
[[an:Idioma malayo]]<br />
[[ar:لغة ملايو]]<br />
[[arz:ملايوى]]<br />
[[be:Малайская мова]]<br />
[[be-x-old:Малайская мова]]<br />
[[bg:Малайски език]]<br />
[[bn:মালয় ভাষা]]<br />
[[br:Malayeg]]<br />
[[bs:Malajski jezik]]<br />
[[ca:Malai]]<br />
[[ceb:Pinulongang Malayo]]<br />
[[cs:Malajština]]<br />
[[da:Malajisk]]<br />
[[en:Malay language]]<br />
[[eo:Malaja lingvo]]<br />
[[es:Idioma malayo]]<br />
[[eu:Malaiera]]<br />
[[fa:زبان مالایی]]<br />
[[fi:Malaijin kieli]]<br />
[[fr:Malais (langue)]]<br />
[[fy:Maleisk]]<br />
[[ga:An Mhalaeis]]<br />
[[hak:Mâ-lòi-ngî]]<br />
[[he:מלאית]]<br />
[[hi:मलय भाषा]]<br />
[[hr:Malajski jezik]]<br />
[[hu:Maláj nyelv]]<br />
[[id:Bahasa Melayu]]<br />
[[io:Malaya linguo]]<br />
[[it:Lingua malese]]<br />
[[ja:マレー語]]<br />
[[jv:Basa Melayu]]<br />
[[ka:მალაიური ენა]]<br />
[[km:ភាសាម៉ាឡេ]]<br />
[[ko:말레이어]]<br />
[[la:Lingua Malayana]]<br />
[[lij:Lengua maleise]]<br />
[[lt:Malajų kalba]]<br />
[[lv:Malajiešu valoda]]<br />
[[mg:Fiteny Malay]]<br />
[[mr:मलाय भाषा]]<br />
[[ms:Bahasa Melayu]]<br />
[[my:ပသျှူးဘာသာစကား]]<br />
[[nds:Malaische un indonessche Spraak]]<br />
[[nl:Maleis]]<br />
[[nn:Malayisk]]<br />
[[no:Malayisk]]<br />
[[pl:Język malajski]]<br />
[[pnb:مالائی]]<br />
[[pt:Língua malaia]]<br />
[[qu:Malaya simi]]<br />
[[ro:Limba malaieză]]<br />
[[ru:Малайский язык]]<br />
[[sco:Malay leid]]<br />
[[simple:Malay language]]<br />
[[sr:Malajski jezik]]<br />
[[sv:Malajiska]]<br />
[[ta:மலாய் மொழி]]<br />
[[tg:Забони малайӣ]]<br />
[[th:ภาษามาเลย์]]<br />
[[tl:Wikang Malay]]<br />
[[tr:Malay dili]]<br />
[[ug:مالاي تىلى]]<br />
[[uk:Малайська мова]]<br />
[[ur:بھاشا ملایو]]<br />
[[vi:Tiếng Mã Lai]]<br />
[[war:Minalayo]]<br />
[[wuu:马来语]]<br />
[[xal:Малаймудин келн]]<br />
[[zh:马来语]]<br />
[[zh-min-nan:Má-lâi-gí]]<br />
[[zh-yue:馬來話]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Malaiische_Sprache&diff=90172104Malaiische Sprache2011-06-18T03:48:10Z<p>222.127.231.29: + video ref</p>
<hr />
<div>{{Überarbeiten}}<br />
{{Lückenhaft|[[Phonetik]] und [[Phonologie]] (systematische Darstellung unter Verwendung von [[Internationales Phonetisches Alphabet|IPA]], evtl. Trennung von der [[Orthografie]]). Der Abschnitt „Wortschatz“ ist verbessungsbedürftig (derzeit unsystematische Mischung von Touristenphrasen und Beliebigkeiten). Struktur des Artikels evtl. der [[Wikipedia:Formatvorlage_Sprache|Formatvorlage Sprache]] anpassen.}}<br />
<br />
{{Infobox_Sprache|<br />
Sprache=Malaiisch (''Bahasa Melayu'' - بهاس ملايو)<br />
|Länder=[[Malaysia]], [[Brunei]], [[Singapur]], [[Indonesien]], Süd-[[Thailand]], Süd-[[Philippinen]]<br />
|Sprecher=ca. 180 Millionen<br />
|Klassifikation=* [[Austronesische Sprachen|Austronesisch]]<br />&nbsp;[[Malayo-Polynesische Sprachen|Malayo-Polynesisch]]<br />&nbsp;&nbsp;[[West-Malayo-Polynesische Sprachen|West-Malayo-Polynesisch]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Sundasprachen|Sunda]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Malaiische Sprachen]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Malaiische Sprache<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Lokale Malaiische Sprachen|Lokales Malaiisch]]<br />
|KSprache=Malaiisch<br />
|Amtssprache=[[Indonesien]], [[Malaysia]], [[Brunei]], [[Singapur]]<br />
|ISO1=ms<br />
|ISO2B=may<br />
|ISO2T=msa<br />
|ISO3=msa<br />
}}<br />
{{Infobox_Sprache|<br />
Sprache=Indonesisch ''(Bahasa Indonesia)''<br />
|Länder=[[Indonesien]], [[Osttimor]]<br />
|Sprecher=ca. 30 Millionen (Muttersprachler)<br /><br />
162 Millionen (insgesamt)<br />
|Klassifikation=* [[Austronesische Sprachen|Austronesisch]]<br />&nbsp;[[Malayo-Polynesische Sprachen|Malayo-Polynesisch]]<br />&nbsp;&nbsp;[[West-Malayo-Polynesische Sprachen|West-Malayo-Polynesisch]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Sundasprachen|Sunda]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Malaiische Sprachen]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Malaiische Sprache<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Lokale Malaiische Sprachen|Lokales Malaiisch]]<br />
|KSprache=Indonesisch<br />
|Amtssprache=[[Indonesien]]<br />
|ISO1=id<br />
|ETHNO14=INZ<br />
|ISO3=[http://www.sil.org/iso639-3/documentation.asp?id=ind ind]<br />
|ISO2=ind<br />
}}<br />
<br />
Die '''malaiische Sprache''' (''Bahasa Melayu'' (Malaysisch) in Malaysia bzw. ''Bahasa Indonesia'' (Indonesisch) in Indonesien) gehört mit etwa 200 Millionen Sprechern zu den meistgesprochenen Sprachen der Erde. Für die Mehrzahl der Sprecher ist es allerdings nur die [[Zweitsprache]]. Insbesondere in Indonesien gibt es hunderte von Regionalsprachen, die sich stark vom Malaiischen unterscheiden. Malaiisch dient daher als [[Verkehrssprache]], die hauptsächlich im geographischen Raum von Malaysia und Indonesien verwendet wird. Malaysisch bzw. Indonesisch sind außerdem die Amtssprachen des föderalen Staates Malaysia, des Sultanats Brunei und der Republik Indonesien. Die beiden Sprachversionen unterscheiden sich nur geringfügig, sodass sie wissenschaftlich als eine einzige Sprache behandelt werden.<br />
<br />
* '''Bahasa Melayu''' (Malaysisch) ist Amtssprache in [[Malaysia]] (hier auch ''Bahasa Malaysia''), [[Singapur]] und [[Brunei]]. Von etwa 12 Millionen Sprechern auf der malaiischen Halbinsel sprechen es etwa 7,2 Millionen als Erst- und 4,8 Millionen als Zweitsprache. Größere Gruppen von Sprechern findet man außerdem in [[Myanmar]], in [[Hongkong]] und in den [[USA]]. Bahasa Melayu hat den ''Language Code'' <code>ms</code> beziehungsweise <code>may</code> oder <code>msa</code> (nach [[ISO 639]]).<br />
* '''Bahasa Indonesia''' (Indonesisch) ist Amtssprache in Indonesien. Es wird von etwa 162 Millionen Menschen gesprochen. Für 21 Millionen, von denen die meisten auf [[Java (Indonesien)|Java]] leben, ist es Erstsprache. 141 Millionen benutzen es als Zweit- oder Verkehrssprache. Außerhalb Indonesiens wird es unter anderem in [[Saudi-Arabien]], [[Singapur]], den [[Niederlande]]n und den [[USA]] gesprochen. In [[Osttimor]], von 1975 bis 1999 eine Provinz Indonesiens, hat Bahasa Indonesia laut der Verfassung den Status einer ''„Arbeitssprache“''. Viele der Studienlehrgänge an den Universitäten Osttimors werden in dieser Sprache gehalten. Bahasa Indonesia hat den ''Language Code'' <code>id</code> bzw. <code>ind</code> (nach [[ISO 639]]).<br />
<br />
<!--Es gibt auch getrennte Sprachseiten in Wikipedia, so auch und für Indonesisch.--><br />
<br />
Sofern im Folgenden nichts anderes angegeben ist, gelten die Aussagen für beide Sprachenvarianten.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
Malaiisch gehört zur westlichen Gruppe des [[Malayo-Polynesische Sprachen|malaiisch-polynesischen Sprachzweigs]] innerhalb der [[Austronesische Sprachen|austronesischen Sprachfamilie]].<br />
<br />
Die ersten schriftlichen Zeugnisse des Altmalaiischen stammen aus dem 7. Jahrhundert.<br />
<br />
Malaiisch erfuhr viele Einflüsse aus [[Indien]], woher [[Hinduismus]] und [[Buddhismus]] kamen. In späterer Zeit kamen mit dem [[Islam]] [[Arabische Halbinsel|arabische]] und [[Persische Sprache|persische]] Einflüsse hinzu. Vom 14. Jahrhundert an wurde es hauptsächlich mit arabischen Schriftzeichen geschrieben. Die unterschiedlichen kolonialen Einflüsse haben zu manchen unterschiedlichen [[Lehnwort|Lehnwörtern]] geführt. Siehe dazu im folgenden ''Unterschiede Bahasa Malaysia und Bahasa Indonesia''.<br />
<br />
Aufgrund der mangelnden Sprachpflege während der britischen Kolonialherrschaft war die malaiische Sprache im Vergleich zur Kolonialsprache Englisch terminologisch verarmt und wurde als stark veraltet angesehen. Nachdem '''Malaysia''' 1957 unabhängig geworden war, führte eine staatliche Sprachkommission Tausende von [[Neologismus|Neologismen]] ein. Die so erneuerte Sprache wurde wenig später ins Schulwesen integriert. Sie hieß von 1957 bis 1969 ''Bahasa Kebangsaan'' (Nationalsprache), seit 1969 heißt sie ''Bahasa Malaysia''.<br />
<br />
In '''Indonesien''' wurde mit der niederländischen Kolonisierung im 19. Jahrhundert die lateinische Schrift eingeführt. Mit der Unabhängigkeitserklärung des Landes 1945 wurde ''Bahasa Indonesia'' zur offiziellen Staatssprache erklärt.<br />
<br />
1972 wurde ein einheitliches lateinisches Schriftsystem und eine weitgehend übereinstimmende Orthographie in Malaysia und Indonesien geschaffen. Malaysia hatte bis dahin arabische Schriftzeichen benutzt. Alte Menschen schreiben in Malaysia heute noch in arabischer Schrift, und man findet noch Schilder mit arabischen Schriftzeichen, aber in malaiischer Sprache.<br />
<br />
=== Unterschiede zwischen Indonesisch und Malaysisch ===<br />
Die Unterschiede zwischen den beiden Sprachen entwickelten sich erst in der Kolonialzeit und betreffen größtenteils den Wortschatz. Sie sind anfangs nur wenig größer gewesen als zwischen BRD-Deutsch und DDR-Deutsch die beispielsweise Plastik/Plaste und Kollegium/Kollektiv als unterschiedliche Wörter für den gleichen Begriff verwenden. Genauso lassen sich zwischen den beiden malaiischen Sprachen solche spezifischen Wörter finden – oft bedingt dadurch, dass manche Wörter in Malaysia von den britischen Kolonialherren und in Indonesien von den niederländischen Kolonialherren eingeführt wurden. Bei technischen Fachausdrücken sind die Unterschiede am häufigsten; geradezu berühmt ist die immer zitierte Übersetzung von Auspuff: Auf Indonesisch heißt es ''knalpot'' und auf Malaiisch ''ekzos'' (vom englischen ''exhaust''). Alle Wörter, die Dinge bezeichnen, die es vor der Kolonialzeit noch nicht gab, sind im Malaysischen fast immer aus dem Englischen entlehnt und im Indonesischen meist aus dem Niederländischen. Klassisches Beispiel, für Deutsche in der Schreibweise leicht nachvollziehbar, ist das Wort für „Taxi“ auf malaysisch „teksi“, was der englischen Aussprache entspricht, auf indonesisch „taksi“, was der niederländischen Aussprache entspricht. <br />
<br />
Mittlerweile lässt sich über die letzten Jahrzehnte eine Tendenz erkennen, dass zunehmend Wörter aus anderen in Indonesien beheimateten Sprachen, wie dem Javanischen, Eingang in die Indonesische Sprache gefunden haben und somit die eigenständige Entwicklung der beiden Sprachen in den letzten 100 Jahren einen gewaltigen Sprung gemacht hat. Während sich Indonesier und Malaysier in der Kolonialzeit noch nahezu flüssig untereinander verständigen konnten, ist dies heute unter jungen Indonesiern und Malaysiern nur noch zu einem Grad möglich, wie es unter Sprechern verschiedener skandinavischer Sprachen der Fall ist.<br />
<br />
Auf der anderen Seite berichten viele Ausländer, die jeweils eine Variante der Sprache erlernt haben, dass sie sich nach kurzer Eingewöhnung auch in dem jeweils anderen Land gut verständigen konnten, insbesondere wenn sie es mit gebildeten Menschen zu tun hatten. Daher scheint es, dass sich die Unterschiede vor allem auf den niederen Sprachebenen ([[Umgangssprache]], [[Jargon|Slang]]) ausgebildet haben (vergleichbar ist das Verhältnis von internationalem und [[Quebecer Französisch]]).<br />
<br />
Zu Irrtümern bezüglich der Gleichheit der beiden Sprachen führt aber auch die nicht korrekte Annahme vieler nur oberflächlicher Kenner, das Wort ''Bahasa'' bezeichne diese gemeinsame Sprache. Dabei bedeutet „Bahasa“ aber lediglich „Sprache“, und eben nicht Malaiisch, Malaysisch oder Indonesisch. Die korrekten Bezeichnungen sind: Malaiisch: ''Bahasa Melayu'', Malaysisch: ''Bahasa Malaysia'' und Indonesisch: ''Bahasa Indonesia''. Bei der Verwendung von „Bahasa“ als Oberbegriff handelt es sich um Slang. Dass man trotz der anfänglich nur geringen Unterschiede von verschiedenen Sprachen spricht, hat damit zu tun, dass es in Indonesien eine Antikolonialbewegung „Ein Volk – ein Land – eine Sprache“ gab und man deshalb nach der Unabhängigkeit nicht „Bahasa Melayu“ haben wollte. Durch die selbstständige ständige Weiterentwicklung beider Sprachen haben sich beide mittlerweile zu einem Grad voneinander entfernt, dass sie nunmehr eigenständige Sprachen darstellen. <br />
<br />
Singapur hatte mit der Einführung von Bahasa Melayu kein Problem, da sie dort eine dem Englischen untergeordnete Rolle spielt. Auch in Brunei ist Malaiisch überwiegend Sprache der Verwaltung und Lingua Franca während die ansässige Bevölkerung andere Sprachen spricht. Generell kommt man speziell in Singapur aber auch in Brunei mit Englisch erheblich weiter. In Singapur sprechen mehr Leute Englisch als Malaiisch, weil es dort mehr Chinesen als Malaien gibt. Auch in Malaysia sprechen zwar die rund 26 % Chinesen und rund 9 % Inder lieber Englisch, aber nur hier ist Malaiisch tatsächlich die mehrheitliche Umgangssprache. In Indonesien hingegen ist Englisch wenig verbreitet (Ausnahme Touristengebiete) und die Bahasa Indonesia ist für viele eine Zweitsprache, die von den Älteren ohne Schulbildung und von Menschen in entlegenen Gebieten gar nicht verstanden wird.<br />
<br />
== Aussprache ==<br />
Malaiisch (Malaysisch/Indonesisch) ist für Deutschsprechende ausgesprochen einfach zu lernen. Die Aussprache ist unproblematisch, da sie der deutschen sehr ähnelt. Einige Unterschiede in der Aussprache:<br />
* c – wie deutsch „tsch“<br />
* e – der wohl schwierigste Buchstabe, denn er bezeichnet zwei unterschiedliche Laute: manchmal wird ''e'' wie das letzte ''e'' von „Ende“ [{{IPA|ə}}] gesprochen oder ganz verschluckt; es entspricht in etwa dem [[Schwa]]-Laut im Hebräischen, im Deutschen entspricht es am ehesten dem kurzen offenen ''ö'', wie wir es im Wort „B''ö''ller“ vorfinden; daneben gibt es Wörter, in denen es als ein offenes ''e'' [{{IPA|ɛ}}] wie in „Nest“, „Geld“ ausgesprochen wird – in vielen Lehr-und Wörterbüchern wird das offene ''e'' zur Unterscheidung mit einem [[Akut]] (é) bezeichnet.<br />
* h – [{{IPA|h}}] am Wortanfang immer gesprochen, in der Mitte manchmal und am Ende nur leicht gehaucht [{{IPA|ʰ}}]<br />
* j – wie ''dsch'' in „Dschungel“ oder ''j'' in „Job“)<br />
* k – [{{IPA|k}}] nicht behaucht, wie in „''K''ind“. Am Ende eines Wortes manchmal auch nur durch ein unterdrücktes Ausklingen ([[Stakkato]], phonetisch: [[Stimmloser glottaler Plosiv|Knacklaut]]) der letzten Silbe, angedeutet. (zum Beispiel „nggak“ [{{IPA|ŋgaʔ}}]: Slang für „nein“ – das 'k' wird nicht gesprochen, aber das 'a' betont abgebrochen / kurz)<br />
* kh – [{{IPA|x}}] wird wie ''ch'' in „La''ch''en“ gesprochen<br />
* ng – [{{IPA|ŋ}}] wie in „Me''ng''e“<br />
* ngg – [{{IPA|ŋg}}] wie in „Ta''ng''o“<br />
* ny – [{{IPA|ɲ}}] wie in „Kampa''gn''e“<br />
* r – [{{IPA|r}}] mit der Zunge gerolltes ''r''<br />
* s – [{{IPA|s}}] immer scharf, also wie ''ss'' oder ''ß'' im Deutschen<br />
* sy – [{{IPA|ɕ}}] schwaches ''sch'' wie in „''sch''ämen“<br />
* w – [{{IPA|w}}] wie das englische ''w'' in „''w''ater“<br />
* y – [{{IPA|j}}] ''j'' wie „''j''a“<br />
* z – [{{IPA|z}}] stimmhaftes s wie in „Be''s''en“<br />
<br />
<br />
{| border="2" cellpadding="5" style="margin: 1em 1em 1em 0; background: #f9f9f9; border: 1px #aaa solid; border-collapse: collapse; text-align: center; font-size: 95%;"<br />
|+ Konsonanten<br />
! &nbsp;<br />
! [[bilabial]]<br />
! [[Labiodental|labio-<br />dental]]<br />
! [[alveolar]]<br />
! [[Postalveolar|post-<br />alveolar]]<br />
! [[palatal]]<br />
! [[velar]]<br />
! [[glottal]]<br />
|-<br />
! align=left | [[Plosiv]]e<br />
| {{IPA|p}} {{IPA|b}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|t}} {{IPA|d}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|k}} {{IPA|g}}<br />
| {{IPA|ʔ}}<br />
|-<br />
! align=left | [[Affrikate]]n<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|t͡ʃ}}<br />
| {{IPA|d͡ʒ}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Nasal (Phonetik)|Nasale]]<br />
| {{IPA|m}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|n}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|ɲ}}<br />
| {{IPA|ŋ}}<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Vibrant]]en<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|r}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Frikativ]]e<br />
| &nbsp;<br />
| ({{IPA|f}}) ({{IPA|v}})<br />
| {{IPA|s}} ({{IPA|z}})<br />
| {{IPA|sʲ}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|x}}<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Approximant]]en<br />
| {{IPA|w}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|j}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Lateral (Phonetik)|Laterale]]<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|l}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|}<br />
Die Laute in Klammern tauchen nur in Lehnwörtern auf. <br />
<br />
{| border="2" cellpadding="5" style="margin: 1em 1em 1em 0; background: #f9f9f9; border: 1px #aaa solid; border-collapse: collapse; text-align: center; font-size: 95%;"<br />
|+Monophthonge<br />
! &nbsp;<br />
! vorne<br />
! zentral<br />
! hinten<br />
|-<br />
! align=left | geschlossen<br />
| {{IPA|i}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|u}}<br />
|-<br />
! align=left | mittel<br />
| {{IPA|e}}<br />
| {{IPA|ə}}<br />
| {{IPA|o}}<br />
|-<br />
! align=left | offen<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|a}}<br />
| &nbsp;<br />
|}<br />
<br />
== Grammatik ==<br />
Die indonesische und malaiische Sprache ist eine überwiegend [[isolierende Sprache]], das heißt es gibt keine [[Deklination (Grammatik)|Deklination]], keine [[Konjugation (Grammatik)|Konjugation]] und nur sehr wenig [[Verbflexion]] und [[Derivation (Grammatik)|Derivation]]. Auch gibt es keinen [[Artikel (Wortart)|Artikel]]. Ein grammatisches Geschlecht gibt es nur in wenigen, aus dem [[Sanskrit]] entlehnten Wörtern (z. B.: putra = ''der Sohn'', putri = ''die Tochter'' bzw. putera = ''der Sohn'', puteri = ''die Tochter'' im Indonesischen).<br />
<br />
=== Plural ===<br />
Ein einzelnes Nomen kann sowohl singularische als auch pluralische Bedeutung haben, der Plural kann jedoch auch fakultativ durch Verdopplung oder durch Zahl bzw. andere Wörter, aus deren Kontext der Plural bereits hervorgeht, besonders gekennzeichnet werden: <br />
* orang (''Mensch/Menschen''), orang-orang (''Menschen''), dua orang (''zwei Menschen''), guru (''der Lehrer/die Lehrer''), para guru (''die Lehrer – die Lehrerschaft''). Bei einigen Verdopplungen bekommt das Wort jedoch eine neue Bedeutung z. B. mata = ''Auge'', mata-mata = ''Spion''.<br />
<br />
Bei der Verwendung von Zahlwörtern werden oft zusätzlich '''Klassifikatoren''' gebraucht, jedoch bei informellen Gesprächen meist nicht. So benutzt man:<br />
* für zwischen kirsch- und melonengroße Gegenstände '''buah''' (Bed.: „Frucht“) z. B. dua buah kelapa (zwei Kokosnüsse)<br />
* für Tiere '''ékor''' (Bed: Schwanz) z. B. empat ékor ayam (vier Hühner)<br />
* für Menschen '''orang''' (Bed: Mensch) z. B. sembilan orang jérman (neun Deutsche)<br />
* für Papier '''lembar''' oder '''helai''' (beide Bed: Blatt) z. B. satu lembar kertas (ein Blatt Papier), verkürzt auf selembar kertas.<br />
* für kleine, runde Gegenstände '''biji''' (Bed: Kern) z. B. sepuluh biji batu (zehn (kleine, runde) Steinchen)<br />
* für lange, stabähnliche Gegenstände '''batang''' (Bed: Stab) z. B. tujuh batang rokok (sieben Zigaretten)<br />
<br />
=== Tempus ===<br />
Alle Zeitenformen werden nicht durch Veränderungen des Verbs, sondern durch zusätzliche Adverbien oder Hilfsverben ausgedrückt.<br />
<br />
* Ich schreibe ''gerade'' einen Brief: Saya ''sedang'' menulis surat (wörtlich: Ich ''gerade'' schreiben Brief)<br />
* ''Gestern'' schrieb ich einen Brief: ''Kemarin'' saya menulis surat (wörtlich: ''Gestern'' ich schreiben Brief)<br />
* ''Morgen'' werde ich einen Brief schreiben: ''Bésok'' saya akan menulis surat (wörtlich: ''Morgen'' ich werden schreiben Brief)<br />
* Ich ''werde'' einen Brief schreiben: saya ''akan'' menulis surat (wörtlich: ich ''werden'' schreiben Brief)<br />
* Ich habe den Brief ''schon'' geschrieben: Saya ''sudah'' menulis surat (wörtlich: ich ''schon'' schreiben Brief)<br />
<br />
Man erkennt, dass sich das Verb „menulis“ (schreiben) in keiner Form ändert. Der zeitliche Zusammenhang wird ausschließlich durch die Adverbien oder Hilfsverben (hier: akan = werden) ausgedrückt.<br />
<br />
=== Wortbildung ===<br />
Vor- und Nachsilben können auch die Bedeutung der Worte – ähnlich wie auch im Deutschen – verändern. In einigen Formen werden dabei bestimmte Anlaute assimiliert.<br />
<br />
Beispiel:<br />
Wortstamm: ''tulis'' (schreiben)<br />
* men''ulis'' : schreiben (aktive Verbform) – hier fällt das ''t'' weg.<br />
* di''tulis'' : geschrieben (passive Verbform)<br />
* pen''ulis'' : Schreiber/Schriftsteller (jemand, der schreibt)<br />
* men''ulis''i : beschreiben, beschriften (im Sinne von ''auf etwas schreiben'')<br />
* di''tulis''i: beschrieben werden (im Sinne von ''mit Schrift versehen werden'')<br />
* men''ulis''kan: (etw.) aufschreiben.<br />
* di''tulis''kan: aufgeschrieben werden<br />
* ter''tulis'' : aufgeschrieben; schriftlich (Zustandspassiv)<br />
<br />
==== Assimilationsregeln ====<br />
Die Assimilation erfolgt nach eindeutigen Regeln abhängig vom ersten Laut des Stammwortes und der Vorsilbe. Die Vorsiben me- und pe- folgen denselben Assimilationsregeln, während auf die Silben di-, ke-, memper- und se- keine Assimilation erfolgt. Hier die Regeln dargestellt anhand der Vorsilbe me- mit Beispielen, die Assimilation der Vorsilbe pe- erfolgt entsprechend.<br />
; me → mem<br />
:: b : baca → membaca (lesen), → pembaca (Leser)<br />
:: p (p fällt weg!): pesan → memesan (bestellen)<br />
; me → meny<br />
:: s (s fällt weg!): séwa → menyéwa (mieten)<br />
; me → men<br />
:: c: cari → mencari (suchen)<br />
:: d: dengar → mendengar (hören)<br />
:: j: jual → menjual (verkaufen)<br />
:: t (t fällt weg!): tari → menari (tanzen) <br />
; me → meng<br />
:: alle Vokale: ambil → mengambil (nehmen, holen), elak → mengelak (ausweichen)<br />
:: g: gambar (Bild, Zeichnung) → menggambar (zeichnen)<br />
:: h: hitung → menghitung (zählen)<br />
:: k (k fällt weg!): kirim → mengirim (schicken)<br />
; me → me<br />
:: alle anderen: larang → melarang (verbieten)<br />
<br />
==== Anwendung des Stammwortes und der assimilierten Form ====<br />
Da indonesische Wörterbücher häufig nach den Wortstämmen sortiert sind, ist es hilfreich, anhand dieser Regeln von einem Wort auf dessen Stamm schließen zu können. Auch in Nebensätzen, in denen ein Verb in einer dem passiv ähnlichen Art und Weise verwendet wird, benutzt man im indonesischen den Stamm des Wortes. Beispiel: ''surat yang saya tulis …'' = Der Brief, den ich schrieb, … (Erläuterung: Da es im Indonesischen keine Deklinationen gibt, wird das Relativpronomen ‚yang‘ allein durch seine Stellung quasi zum Subjekt des Nebensatzes und demzufolge ist dann die Verwendung des Verbs passivisch – der Brief wurde geschrieben – auch wenn es im Deutschen anders ausgedrückt wird. Diese grammatische Eigenheit ist für an Deklinationen gewöhnte Sprecher oft schwer nachzuvollziehen, weil die fehlende Deklination beim Übersetzen automatisch eingesetzt wird.)<br />
<br />
== Schrift ==<br />
<br />
Üblichste Schrift für die malaiische Sprache ist eine Lateinschrift. Eine ''Rumi'' genannte Variante hat in Malaysia, Brunei und Singapur offiziellen Status, Indonesien hat eine davon abweichende Latein-Orthographie. In Brunei ist eine Abwandlung der arabischen Schrift, genannt [[Jawi]], kooffiziell.<br />
<br />
== Wortschatz ==<br />
* Selamat pagi! : ''Guten Morgen!'' (Selamat: ''gut/gesegnet'', pagi: ''Morgen/morgens'' )<br />
* Selamat malam! : ''Guten Abend!'' (malam: ''Abend/abends'' – pada malam: ''am Abend'' )<br />
* Selamat datang! : ''Willkommen!'' (datang: ''kommen'')<br />
* Selamat makan! : ''Guten Appetit!'' (makan: ''essen'')<br />
* Selamat jalan! : ''Gute Reise!'' (wörtlich: ''gute Straße! / guten Weg!'')<br />
* Sampai jumpa lagi ''Auf Wiedersehen'' (wörtlich: ''Bis treffen wieder'')<br />
* Apa khabar/kabar? : ''Wie geht’s?'' (wörtlich ''Was [sind die] Neuigkeiten?'')<br />
* Terima kasih! : ''Danke!'' (wörtlich ''Nehmen – Geben'' oder auch ''annehmen Liebe'')<br />
* Khabar/kabar baik! : ''Es geht gut!'' (wörtlich „Nachricht gut“)<br />
* hati-hati! : ''pass auf Dich auf!'' oder ''Sei vorsichtig!''<br />
* orang: ''Mensch''<br />
** orang utan: [''malaiisch: Orang Utan''] (wörtlich ''Waldmensch'')<br />
** orang Jérman: ''Deutsche(r)'' („Mensch deutsch“)<br />
** orang asli: ''Eingeborener'' (wörtlich ''Mensch echt/ursprünglich'')<br />
** orang asing: ''Fremder'' (wörtlich ''Mensch fremd'')<br />
* Ya: ''ja'' <br />
* tidak: ''nein/nicht'' (Verneinung von Tätigkeiten und Eigenschaften)<br />
** tak, ngga(k): Slangformen von ''Nein'' (wie ''Nö'' oder ''Nee'')<br />
** Saya tidak mau: ''ich möchte nicht'' (wörtlich ''ich nicht wollen'')<br />
* bukan: ''nicht/kein'' (Verneinung von Nomen)<br />
** Saya bukan orang Inggris, saya orang Jérman: ''Ich bin kein Engländer, ich bin Deutscher''<br />
* belum: ''noch nicht''<br />
** Saya belum menikah/kawin: ''Ich bin noch nicht verheiratet'' (wörtlich ''ich noch-nicht heiraten'')<br />
* sudah: ''schon''<br />
** Saya sudah menikah/kawin: ''Ich bin schon verheiratet'' (wörtlich ''ich schon heiraten'')<br />
* Jangan! : ''Nicht!'' (im Sinne von ''tu das nicht'' oder ''lass das'')<br />
** Jangan datang! : ''komme nicht!''<br />
* ini/itu: ''dieses/jenes''<br />
** Saya mau ini: ''ich möchte dieses''<br />
* makan/minum/tidur/pergi/mengerti: ''essen/trinken/schlafen/gehen/verstehen''<br />
** Saya mau makan: ''Ich möchte essen''<br />
** sudah makan? : ''schon gegessen?''<br />
** Saya belum mengerti/paham: ''Ich verstehe noch nicht''<br />
** mengerti? paham?: ''verstanden?''<br />
* berapa? : ''wie viel?''<br />
** Berapa harganya? : ''Was kostet dieses?'' (wörtlich: ''Wie viel Preis dieses'')<br />
* 1,2,3,4,5,6,7,8,9,10: ''satu, dua, tiga, empat, lima, enam, tujuh, (de)lapan, sembilan, sepuluh''<br />
* 11, 12, 13, 14, …: ''sebelas, dua belas, tiga belas, empat belas, …''<br />
* 20, 21, 22, 23, …: ''dua puluh, dua puluh satu, dua puluh dua, dua puluh tiga''<br />
* 100,1000,10000,100000,1000000: ''seratus, seribu, sepuluh ribu, seratus ribu, satu juta''<br />
<br />
== Sprachbeispiel ==<br />
[[Sukarno]]s [[indonesische Unabhängigkeitserklärung]] (indonesisch).<ref>[http://www.youtube.com/watch?v=8JyKAFVBEIE Youtube-Video mit Originalton Sukarnos]</ref>:<br />
<br />
:'''Proklamasi'''<br />
<br />
:Kami, bangsa Indonesia, dengan ini menjatakan kemerdekaan Indonesia.<br />
<br />
:Hal-hal yang mengenai pemindahan kekuasaan dan lain lain, diselenggarakan dengan cara saksama dan dalam tempo yang sesingkat-singkatnya.<br />
<br />
:Jakarta, tudju belas Agustus, seribus sembilan ratus ampat puluh lima<br />
<br />
:Atas nama bangsa Indonesia,<br />
<br />
:Sukarno/Hatta.<br />
<br />
Übersetzung: Wir, das indonesische Volk, erklären hiermit die Unabhängigkeit Indonesiens. Angelegenheiten, die Machtübertragung und andere Dinge betreffen, werden möglichst sorgfältig zeitnah behandelt./ JAKARTA, 17 AUGUST 1945 / Im Namen des indonesischen Volkes / Sukarno/[[Mohammed Hatta|Hatta]]<br />
<br />
== Sprachregulierung ==<br />
''Malaiisch'' wird reguliert durch:<br />
* [[Déwan Bahasa dan Pustaka]] (Hall of Language and Scripture)<br />
''Indonesisch'' wird reguliert durch:<br />
* [[Pusat Pembinaan dan Pengembangan Bahasa]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Erich-Dieter Krause: ''Lehrbuch der indonesischen Sprache''. 6. Auflage. Buske, Hamburg 2004. ISBN 3-87548-328-6<br />
* Reni Isa: ''Bahasa Indonesia.'' Ein Arbeitslehrbuch. ''Percakapan, Contoh Kalimat dan Keterangan, Latihan.'' Taschenbuch. Regiospectra, Berlin 2007. ISBN 3-940132-01-2<br />
* Harald Haarmann: ''Kleines Lexikon der Sprachen. Von Albanisch bis Zulu.'' C.H. Beck, München 2001. ISBN 3-406-47558-2<br />
* [[Hans Kähler]]: ''Grammatik der Bahasa Indonesia.'' 3., revidierte Auflage. Wiesbaden 1983. ISBN 3-447-02345-7<br />
* Yohanni Johns: ''Bahasa Indonesia – Introduction to Indonesian Language and Culture.'' Periplus, London 1987, 1990. ISBN 0-945971-56-7<br />
* Bernd Nothofer, Karl-Heinz Pampus: ''Bahasa Indonesia. Indonesisch für Deutsche''. 2 Teile. Wörterverzeichnis. J. Groos, Heidelberg 1992, 1996. ISBN 3-87276-831-X <br />
* Frank D. Wickl: ''Das Klassifikatorensystem der Bahasa Indonesia''. Abera, Hamburg 1996. ISBN 3-934376-02-9<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.linguist.de/Bahasa/ Bahasa Indonesia] (Sprachenportrait)<br />
* [http://www.jot.de/kamus/ Wörterbuch Indonesisch-Deutsch / Deutsch-Indonesisch] (Kamus Jot)<br />
* [http://nepalresearch.org/dictionaries/ino_ger/bahasa_indonesia.pdf Kamus Bahasa Indonesia Indonesisch-Deutsches Wörterverzeichnis] (pdf; 421 kB)<br />
* [http://www.101languages.net/indonesian/ Indonesian 101 – Learn Indonesian online]<br />
* [http://en.wikibooks.org/wiki/Indonesian Indonesian]<br />
* [http://www.bremis.de/woerterbuch.html Indonesisches Wörterbuch mit Wörterliste und Quiz]<br />
* [http://thesaurus.art.officelive.com/Documents/FlashThesaurus.html Bahasa Indonesia Flash Thesaurus]<br />
<br />
{{Navigationsleiste Schwesterprojekte|code=ms|text=malaiischer Sprache|wquot=0|wsrce=0|wnews=0|wvers=0}}<br />
{{Navigationsleiste Schwesterprojekte|code=id|text=indonesischer Sprache|wnews=0|wvers=0}}<br />
<br />
[[Kategorie:Einzelsprache]]<br />
[[Kategorie:Malayo-Polynesische Sprachen]]<br />
[[Kategorie:Kultur (Indonesien)]]<br />
[[Kategorie:Kultur (Malaysia)]]<br />
<br />
{{Link FA|ms}}<br />
<br />
[[ace:Bahsa Meulayu]]<br />
[[af:Maleis]]<br />
[[an:Idioma malayo]]<br />
[[ar:لغة ملايو]]<br />
[[arz:ملايوى]]<br />
[[be:Малайская мова]]<br />
[[be-x-old:Малайская мова]]<br />
[[bg:Малайски език]]<br />
[[bn:মালয় ভাষা]]<br />
[[br:Malayeg]]<br />
[[bs:Malajski jezik]]<br />
[[ca:Malai]]<br />
[[ceb:Pinulongang Malayo]]<br />
[[cs:Malajština]]<br />
[[da:Malajisk]]<br />
[[en:Malay language]]<br />
[[eo:Malaja lingvo]]<br />
[[es:Idioma malayo]]<br />
[[eu:Malaiera]]<br />
[[fa:زبان مالایی]]<br />
[[fi:Malaijin kieli]]<br />
[[fr:Malais (langue)]]<br />
[[fy:Maleisk]]<br />
[[ga:An Mhalaeis]]<br />
[[hak:Mâ-lòi-ngî]]<br />
[[he:מלאית]]<br />
[[hi:मलय भाषा]]<br />
[[hr:Malajski jezik]]<br />
[[hu:Maláj nyelv]]<br />
[[id:Bahasa Melayu]]<br />
[[io:Malaya linguo]]<br />
[[it:Lingua malese]]<br />
[[ja:マレー語]]<br />
[[jv:Basa Melayu]]<br />
[[ka:მალაიური ენა]]<br />
[[km:ភាសាម៉ាឡេ]]<br />
[[ko:말레이어]]<br />
[[la:Lingua Malayana]]<br />
[[lij:Lengua maleise]]<br />
[[lt:Malajų kalba]]<br />
[[lv:Malajiešu valoda]]<br />
[[mg:Fiteny Malay]]<br />
[[mr:मलाय भाषा]]<br />
[[ms:Bahasa Melayu]]<br />
[[my:ပသျှူးဘာသာစကား]]<br />
[[nds:Malaische un indonessche Spraak]]<br />
[[nl:Maleis]]<br />
[[nn:Malayisk]]<br />
[[no:Malayisk]]<br />
[[pl:Język malajski]]<br />
[[pnb:مالائی]]<br />
[[pt:Língua malaia]]<br />
[[qu:Malaya simi]]<br />
[[ro:Limba malaieză]]<br />
[[ru:Малайский язык]]<br />
[[sco:Malay leid]]<br />
[[simple:Malay language]]<br />
[[sr:Malajski jezik]]<br />
[[sv:Malajiska]]<br />
[[ta:மலாய் மொழி]]<br />
[[tg:Забони малайӣ]]<br />
[[th:ภาษามาเลย์]]<br />
[[tl:Wikang Malay]]<br />
[[tr:Malay dili]]<br />
[[ug:مالاي تىلى]]<br />
[[uk:Малайська мова]]<br />
[[ur:بھاشا ملایو]]<br />
[[vi:Tiếng Mã Lai]]<br />
[[war:Minalayo]]<br />
[[wuu:马来语]]<br />
[[xal:Малаймудин келн]]<br />
[[zh:马来语]]<br />
[[zh-min-nan:Má-lâi-gí]]<br />
[[zh-yue:馬來話]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Malaiische_Sprache&diff=90172053Malaiische Sprache2011-06-18T03:41:17Z<p>222.127.231.29: /* Sprachbeispiel */ er sagte wirklich das gregorianische Datum</p>
<hr />
<div>{{Überarbeiten}}<br />
{{Lückenhaft|[[Phonetik]] und [[Phonologie]] (systematische Darstellung unter Verwendung von [[Internationales Phonetisches Alphabet|IPA]], evtl. Trennung von der [[Orthografie]]). Der Abschnitt „Wortschatz“ ist verbessungsbedürftig (derzeit unsystematische Mischung von Touristenphrasen und Beliebigkeiten). Struktur des Artikels evtl. der [[Wikipedia:Formatvorlage_Sprache|Formatvorlage Sprache]] anpassen.}}<br />
<br />
{{Infobox_Sprache|<br />
Sprache=Malaiisch (''Bahasa Melayu'' - بهاس ملايو)<br />
|Länder=[[Malaysia]], [[Brunei]], [[Singapur]], [[Indonesien]], Süd-[[Thailand]], Süd-[[Philippinen]]<br />
|Sprecher=ca. 180 Millionen<br />
|Klassifikation=* [[Austronesische Sprachen|Austronesisch]]<br />&nbsp;[[Malayo-Polynesische Sprachen|Malayo-Polynesisch]]<br />&nbsp;&nbsp;[[West-Malayo-Polynesische Sprachen|West-Malayo-Polynesisch]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Sundasprachen|Sunda]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Malaiische Sprachen]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Malaiische Sprache<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Lokale Malaiische Sprachen|Lokales Malaiisch]]<br />
|KSprache=Malaiisch<br />
|Amtssprache=[[Indonesien]], [[Malaysia]], [[Brunei]], [[Singapur]]<br />
|ISO1=ms<br />
|ISO2B=may<br />
|ISO2T=msa<br />
|ISO3=msa<br />
}}<br />
{{Infobox_Sprache|<br />
Sprache=Indonesisch ''(Bahasa Indonesia)''<br />
|Länder=[[Indonesien]], [[Osttimor]]<br />
|Sprecher=ca. 30 Millionen (Muttersprachler)<br /><br />
162 Millionen (insgesamt)<br />
|Klassifikation=* [[Austronesische Sprachen|Austronesisch]]<br />&nbsp;[[Malayo-Polynesische Sprachen|Malayo-Polynesisch]]<br />&nbsp;&nbsp;[[West-Malayo-Polynesische Sprachen|West-Malayo-Polynesisch]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Sundasprachen|Sunda]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Malaiische Sprachen]]<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;Malaiische Sprache<br />&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;[[Lokale Malaiische Sprachen|Lokales Malaiisch]]<br />
|KSprache=Indonesisch<br />
|Amtssprache=[[Indonesien]]<br />
|ISO1=id<br />
|ETHNO14=INZ<br />
|ISO3=[http://www.sil.org/iso639-3/documentation.asp?id=ind ind]<br />
|ISO2=ind<br />
}}<br />
<br />
Die '''malaiische Sprache''' (''Bahasa Melayu'' (Malaysisch) in Malaysia bzw. ''Bahasa Indonesia'' (Indonesisch) in Indonesien) gehört mit etwa 200 Millionen Sprechern zu den meistgesprochenen Sprachen der Erde. Für die Mehrzahl der Sprecher ist es allerdings nur die [[Zweitsprache]]. Insbesondere in Indonesien gibt es hunderte von Regionalsprachen, die sich stark vom Malaiischen unterscheiden. Malaiisch dient daher als [[Verkehrssprache]], die hauptsächlich im geographischen Raum von Malaysia und Indonesien verwendet wird. Malaysisch bzw. Indonesisch sind außerdem die Amtssprachen des föderalen Staates Malaysia, des Sultanats Brunei und der Republik Indonesien. Die beiden Sprachversionen unterscheiden sich nur geringfügig, sodass sie wissenschaftlich als eine einzige Sprache behandelt werden.<br />
<br />
* '''Bahasa Melayu''' (Malaysisch) ist Amtssprache in [[Malaysia]] (hier auch ''Bahasa Malaysia''), [[Singapur]] und [[Brunei]]. Von etwa 12 Millionen Sprechern auf der malaiischen Halbinsel sprechen es etwa 7,2 Millionen als Erst- und 4,8 Millionen als Zweitsprache. Größere Gruppen von Sprechern findet man außerdem in [[Myanmar]], in [[Hongkong]] und in den [[USA]]. Bahasa Melayu hat den ''Language Code'' <code>ms</code> beziehungsweise <code>may</code> oder <code>msa</code> (nach [[ISO 639]]).<br />
* '''Bahasa Indonesia''' (Indonesisch) ist Amtssprache in Indonesien. Es wird von etwa 162 Millionen Menschen gesprochen. Für 21 Millionen, von denen die meisten auf [[Java (Indonesien)|Java]] leben, ist es Erstsprache. 141 Millionen benutzen es als Zweit- oder Verkehrssprache. Außerhalb Indonesiens wird es unter anderem in [[Saudi-Arabien]], [[Singapur]], den [[Niederlande]]n und den [[USA]] gesprochen. In [[Osttimor]], von 1975 bis 1999 eine Provinz Indonesiens, hat Bahasa Indonesia laut der Verfassung den Status einer ''„Arbeitssprache“''. Viele der Studienlehrgänge an den Universitäten Osttimors werden in dieser Sprache gehalten. Bahasa Indonesia hat den ''Language Code'' <code>id</code> bzw. <code>ind</code> (nach [[ISO 639]]).<br />
<br />
<!--Es gibt auch getrennte Sprachseiten in Wikipedia, so auch und für Indonesisch.--><br />
<br />
Sofern im Folgenden nichts anderes angegeben ist, gelten die Aussagen für beide Sprachenvarianten.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
Malaiisch gehört zur westlichen Gruppe des [[Malayo-Polynesische Sprachen|malaiisch-polynesischen Sprachzweigs]] innerhalb der [[Austronesische Sprachen|austronesischen Sprachfamilie]].<br />
<br />
Die ersten schriftlichen Zeugnisse des Altmalaiischen stammen aus dem 7. Jahrhundert.<br />
<br />
Malaiisch erfuhr viele Einflüsse aus [[Indien]], woher [[Hinduismus]] und [[Buddhismus]] kamen. In späterer Zeit kamen mit dem [[Islam]] [[Arabische Halbinsel|arabische]] und [[Persische Sprache|persische]] Einflüsse hinzu. Vom 14. Jahrhundert an wurde es hauptsächlich mit arabischen Schriftzeichen geschrieben. Die unterschiedlichen kolonialen Einflüsse haben zu manchen unterschiedlichen [[Lehnwort|Lehnwörtern]] geführt. Siehe dazu im folgenden ''Unterschiede Bahasa Malaysia und Bahasa Indonesia''.<br />
<br />
Aufgrund der mangelnden Sprachpflege während der britischen Kolonialherrschaft war die malaiische Sprache im Vergleich zur Kolonialsprache Englisch terminologisch verarmt und wurde als stark veraltet angesehen. Nachdem '''Malaysia''' 1957 unabhängig geworden war, führte eine staatliche Sprachkommission Tausende von [[Neologismus|Neologismen]] ein. Die so erneuerte Sprache wurde wenig später ins Schulwesen integriert. Sie hieß von 1957 bis 1969 ''Bahasa Kebangsaan'' (Nationalsprache), seit 1969 heißt sie ''Bahasa Malaysia''.<br />
<br />
In '''Indonesien''' wurde mit der niederländischen Kolonisierung im 19. Jahrhundert die lateinische Schrift eingeführt. Mit der Unabhängigkeitserklärung des Landes 1945 wurde ''Bahasa Indonesia'' zur offiziellen Staatssprache erklärt.<br />
<br />
1972 wurde ein einheitliches lateinisches Schriftsystem und eine weitgehend übereinstimmende Orthographie in Malaysia und Indonesien geschaffen. Malaysia hatte bis dahin arabische Schriftzeichen benutzt. Alte Menschen schreiben in Malaysia heute noch in arabischer Schrift, und man findet noch Schilder mit arabischen Schriftzeichen, aber in malaiischer Sprache.<br />
<br />
=== Unterschiede zwischen Indonesisch und Malaysisch ===<br />
Die Unterschiede zwischen den beiden Sprachen entwickelten sich erst in der Kolonialzeit und betreffen größtenteils den Wortschatz. Sie sind anfangs nur wenig größer gewesen als zwischen BRD-Deutsch und DDR-Deutsch die beispielsweise Plastik/Plaste und Kollegium/Kollektiv als unterschiedliche Wörter für den gleichen Begriff verwenden. Genauso lassen sich zwischen den beiden malaiischen Sprachen solche spezifischen Wörter finden – oft bedingt dadurch, dass manche Wörter in Malaysia von den britischen Kolonialherren und in Indonesien von den niederländischen Kolonialherren eingeführt wurden. Bei technischen Fachausdrücken sind die Unterschiede am häufigsten; geradezu berühmt ist die immer zitierte Übersetzung von Auspuff: Auf Indonesisch heißt es ''knalpot'' und auf Malaiisch ''ekzos'' (vom englischen ''exhaust''). Alle Wörter, die Dinge bezeichnen, die es vor der Kolonialzeit noch nicht gab, sind im Malaysischen fast immer aus dem Englischen entlehnt und im Indonesischen meist aus dem Niederländischen. Klassisches Beispiel, für Deutsche in der Schreibweise leicht nachvollziehbar, ist das Wort für „Taxi“ auf malaysisch „teksi“, was der englischen Aussprache entspricht, auf indonesisch „taksi“, was der niederländischen Aussprache entspricht. <br />
<br />
Mittlerweile lässt sich über die letzten Jahrzehnte eine Tendenz erkennen, dass zunehmend Wörter aus anderen in Indonesien beheimateten Sprachen, wie dem Javanischen, Eingang in die Indonesische Sprache gefunden haben und somit die eigenständige Entwicklung der beiden Sprachen in den letzten 100 Jahren einen gewaltigen Sprung gemacht hat. Während sich Indonesier und Malaysier in der Kolonialzeit noch nahezu flüssig untereinander verständigen konnten, ist dies heute unter jungen Indonesiern und Malaysiern nur noch zu einem Grad möglich, wie es unter Sprechern verschiedener skandinavischer Sprachen der Fall ist.<br />
<br />
Auf der anderen Seite berichten viele Ausländer, die jeweils eine Variante der Sprache erlernt haben, dass sie sich nach kurzer Eingewöhnung auch in dem jeweils anderen Land gut verständigen konnten, insbesondere wenn sie es mit gebildeten Menschen zu tun hatten. Daher scheint es, dass sich die Unterschiede vor allem auf den niederen Sprachebenen ([[Umgangssprache]], [[Jargon|Slang]]) ausgebildet haben (vergleichbar ist das Verhältnis von internationalem und [[Quebecer Französisch]]).<br />
<br />
Zu Irrtümern bezüglich der Gleichheit der beiden Sprachen führt aber auch die nicht korrekte Annahme vieler nur oberflächlicher Kenner, das Wort ''Bahasa'' bezeichne diese gemeinsame Sprache. Dabei bedeutet „Bahasa“ aber lediglich „Sprache“, und eben nicht Malaiisch, Malaysisch oder Indonesisch. Die korrekten Bezeichnungen sind: Malaiisch: ''Bahasa Melayu'', Malaysisch: ''Bahasa Malaysia'' und Indonesisch: ''Bahasa Indonesia''. Bei der Verwendung von „Bahasa“ als Oberbegriff handelt es sich um Slang. Dass man trotz der anfänglich nur geringen Unterschiede von verschiedenen Sprachen spricht, hat damit zu tun, dass es in Indonesien eine Antikolonialbewegung „Ein Volk – ein Land – eine Sprache“ gab und man deshalb nach der Unabhängigkeit nicht „Bahasa Melayu“ haben wollte. Durch die selbstständige ständige Weiterentwicklung beider Sprachen haben sich beide mittlerweile zu einem Grad voneinander entfernt, dass sie nunmehr eigenständige Sprachen darstellen. <br />
<br />
Singapur hatte mit der Einführung von Bahasa Melayu kein Problem, da sie dort eine dem Englischen untergeordnete Rolle spielt. Auch in Brunei ist Malaiisch überwiegend Sprache der Verwaltung und Lingua Franca während die ansässige Bevölkerung andere Sprachen spricht. Generell kommt man speziell in Singapur aber auch in Brunei mit Englisch erheblich weiter. In Singapur sprechen mehr Leute Englisch als Malaiisch, weil es dort mehr Chinesen als Malaien gibt. Auch in Malaysia sprechen zwar die rund 26 % Chinesen und rund 9 % Inder lieber Englisch, aber nur hier ist Malaiisch tatsächlich die mehrheitliche Umgangssprache. In Indonesien hingegen ist Englisch wenig verbreitet (Ausnahme Touristengebiete) und die Bahasa Indonesia ist für viele eine Zweitsprache, die von den Älteren ohne Schulbildung und von Menschen in entlegenen Gebieten gar nicht verstanden wird.<br />
<br />
== Aussprache ==<br />
Malaiisch (Malaysisch/Indonesisch) ist für Deutschsprechende ausgesprochen einfach zu lernen. Die Aussprache ist unproblematisch, da sie der deutschen sehr ähnelt. Einige Unterschiede in der Aussprache:<br />
* c – wie deutsch „tsch“<br />
* e – der wohl schwierigste Buchstabe, denn er bezeichnet zwei unterschiedliche Laute: manchmal wird ''e'' wie das letzte ''e'' von „Ende“ [{{IPA|ə}}] gesprochen oder ganz verschluckt; es entspricht in etwa dem [[Schwa]]-Laut im Hebräischen, im Deutschen entspricht es am ehesten dem kurzen offenen ''ö'', wie wir es im Wort „B''ö''ller“ vorfinden; daneben gibt es Wörter, in denen es als ein offenes ''e'' [{{IPA|ɛ}}] wie in „Nest“, „Geld“ ausgesprochen wird – in vielen Lehr-und Wörterbüchern wird das offene ''e'' zur Unterscheidung mit einem [[Akut]] (é) bezeichnet.<br />
* h – [{{IPA|h}}] am Wortanfang immer gesprochen, in der Mitte manchmal und am Ende nur leicht gehaucht [{{IPA|ʰ}}]<br />
* j – wie ''dsch'' in „Dschungel“ oder ''j'' in „Job“)<br />
* k – [{{IPA|k}}] nicht behaucht, wie in „''K''ind“. Am Ende eines Wortes manchmal auch nur durch ein unterdrücktes Ausklingen ([[Stakkato]], phonetisch: [[Stimmloser glottaler Plosiv|Knacklaut]]) der letzten Silbe, angedeutet. (zum Beispiel „nggak“ [{{IPA|ŋgaʔ}}]: Slang für „nein“ – das 'k' wird nicht gesprochen, aber das 'a' betont abgebrochen / kurz)<br />
* kh – [{{IPA|x}}] wird wie ''ch'' in „La''ch''en“ gesprochen<br />
* ng – [{{IPA|ŋ}}] wie in „Me''ng''e“<br />
* ngg – [{{IPA|ŋg}}] wie in „Ta''ng''o“<br />
* ny – [{{IPA|ɲ}}] wie in „Kampa''gn''e“<br />
* r – [{{IPA|r}}] mit der Zunge gerolltes ''r''<br />
* s – [{{IPA|s}}] immer scharf, also wie ''ss'' oder ''ß'' im Deutschen<br />
* sy – [{{IPA|ɕ}}] schwaches ''sch'' wie in „''sch''ämen“<br />
* w – [{{IPA|w}}] wie das englische ''w'' in „''w''ater“<br />
* y – [{{IPA|j}}] ''j'' wie „''j''a“<br />
* z – [{{IPA|z}}] stimmhaftes s wie in „Be''s''en“<br />
<br />
<br />
{| border="2" cellpadding="5" style="margin: 1em 1em 1em 0; background: #f9f9f9; border: 1px #aaa solid; border-collapse: collapse; text-align: center; font-size: 95%;"<br />
|+ Konsonanten<br />
! &nbsp;<br />
! [[bilabial]]<br />
! [[Labiodental|labio-<br />dental]]<br />
! [[alveolar]]<br />
! [[Postalveolar|post-<br />alveolar]]<br />
! [[palatal]]<br />
! [[velar]]<br />
! [[glottal]]<br />
|-<br />
! align=left | [[Plosiv]]e<br />
| {{IPA|p}} {{IPA|b}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|t}} {{IPA|d}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|k}} {{IPA|g}}<br />
| {{IPA|ʔ}}<br />
|-<br />
! align=left | [[Affrikate]]n<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|t͡ʃ}}<br />
| {{IPA|d͡ʒ}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Nasal (Phonetik)|Nasale]]<br />
| {{IPA|m}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|n}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|ɲ}}<br />
| {{IPA|ŋ}}<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Vibrant]]en<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|r}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Frikativ]]e<br />
| &nbsp;<br />
| ({{IPA|f}}) ({{IPA|v}})<br />
| {{IPA|s}} ({{IPA|z}})<br />
| {{IPA|sʲ}}<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|x}}<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Approximant]]en<br />
| {{IPA|w}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|j}}<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
|-<br />
! align=left | [[Lateral (Phonetik)|Laterale]]<br />
| &nbsp;<br />
| &nbsp;<br />
| {{IPA|l}}<br />
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|}<br />
Die Laute in Klammern tauchen nur in Lehnwörtern auf. <br />
<br />
{| border="2" cellpadding="5" style="margin: 1em 1em 1em 0; background: #f9f9f9; border: 1px #aaa solid; border-collapse: collapse; text-align: center; font-size: 95%;"<br />
|+Monophthonge<br />
! &nbsp;<br />
! vorne<br />
! zentral<br />
! hinten<br />
|-<br />
! align=left | geschlossen<br />
| {{IPA|i}}<br />
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| {{IPA|e}}<br />
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| {{IPA|a}}<br />
| &nbsp;<br />
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<br />
== Grammatik ==<br />
Die indonesische und malaiische Sprache ist eine überwiegend [[isolierende Sprache]], das heißt es gibt keine [[Deklination (Grammatik)|Deklination]], keine [[Konjugation (Grammatik)|Konjugation]] und nur sehr wenig [[Verbflexion]] und [[Derivation (Grammatik)|Derivation]]. Auch gibt es keinen [[Artikel (Wortart)|Artikel]]. Ein grammatisches Geschlecht gibt es nur in wenigen, aus dem [[Sanskrit]] entlehnten Wörtern (z. B.: putra = ''der Sohn'', putri = ''die Tochter'' bzw. putera = ''der Sohn'', puteri = ''die Tochter'' im Indonesischen).<br />
<br />
=== Plural ===<br />
Ein einzelnes Nomen kann sowohl singularische als auch pluralische Bedeutung haben, der Plural kann jedoch auch fakultativ durch Verdopplung oder durch Zahl bzw. andere Wörter, aus deren Kontext der Plural bereits hervorgeht, besonders gekennzeichnet werden: <br />
* orang (''Mensch/Menschen''), orang-orang (''Menschen''), dua orang (''zwei Menschen''), guru (''der Lehrer/die Lehrer''), para guru (''die Lehrer – die Lehrerschaft''). Bei einigen Verdopplungen bekommt das Wort jedoch eine neue Bedeutung z. B. mata = ''Auge'', mata-mata = ''Spion''.<br />
<br />
Bei der Verwendung von Zahlwörtern werden oft zusätzlich '''Klassifikatoren''' gebraucht, jedoch bei informellen Gesprächen meist nicht. So benutzt man:<br />
* für zwischen kirsch- und melonengroße Gegenstände '''buah''' (Bed.: „Frucht“) z. B. dua buah kelapa (zwei Kokosnüsse)<br />
* für Tiere '''ékor''' (Bed: Schwanz) z. B. empat ékor ayam (vier Hühner)<br />
* für Menschen '''orang''' (Bed: Mensch) z. B. sembilan orang jérman (neun Deutsche)<br />
* für Papier '''lembar''' oder '''helai''' (beide Bed: Blatt) z. B. satu lembar kertas (ein Blatt Papier), verkürzt auf selembar kertas.<br />
* für kleine, runde Gegenstände '''biji''' (Bed: Kern) z. B. sepuluh biji batu (zehn (kleine, runde) Steinchen)<br />
* für lange, stabähnliche Gegenstände '''batang''' (Bed: Stab) z. B. tujuh batang rokok (sieben Zigaretten)<br />
<br />
=== Tempus ===<br />
Alle Zeitenformen werden nicht durch Veränderungen des Verbs, sondern durch zusätzliche Adverbien oder Hilfsverben ausgedrückt.<br />
<br />
* Ich schreibe ''gerade'' einen Brief: Saya ''sedang'' menulis surat (wörtlich: Ich ''gerade'' schreiben Brief)<br />
* ''Gestern'' schrieb ich einen Brief: ''Kemarin'' saya menulis surat (wörtlich: ''Gestern'' ich schreiben Brief)<br />
* ''Morgen'' werde ich einen Brief schreiben: ''Bésok'' saya akan menulis surat (wörtlich: ''Morgen'' ich werden schreiben Brief)<br />
* Ich ''werde'' einen Brief schreiben: saya ''akan'' menulis surat (wörtlich: ich ''werden'' schreiben Brief)<br />
* Ich habe den Brief ''schon'' geschrieben: Saya ''sudah'' menulis surat (wörtlich: ich ''schon'' schreiben Brief)<br />
<br />
Man erkennt, dass sich das Verb „menulis“ (schreiben) in keiner Form ändert. Der zeitliche Zusammenhang wird ausschließlich durch die Adverbien oder Hilfsverben (hier: akan = werden) ausgedrückt.<br />
<br />
=== Wortbildung ===<br />
Vor- und Nachsilben können auch die Bedeutung der Worte – ähnlich wie auch im Deutschen – verändern. In einigen Formen werden dabei bestimmte Anlaute assimiliert.<br />
<br />
Beispiel:<br />
Wortstamm: ''tulis'' (schreiben)<br />
* men''ulis'' : schreiben (aktive Verbform) – hier fällt das ''t'' weg.<br />
* di''tulis'' : geschrieben (passive Verbform)<br />
* pen''ulis'' : Schreiber/Schriftsteller (jemand, der schreibt)<br />
* men''ulis''i : beschreiben, beschriften (im Sinne von ''auf etwas schreiben'')<br />
* di''tulis''i: beschrieben werden (im Sinne von ''mit Schrift versehen werden'')<br />
* men''ulis''kan: (etw.) aufschreiben.<br />
* di''tulis''kan: aufgeschrieben werden<br />
* ter''tulis'' : aufgeschrieben; schriftlich (Zustandspassiv)<br />
<br />
==== Assimilationsregeln ====<br />
Die Assimilation erfolgt nach eindeutigen Regeln abhängig vom ersten Laut des Stammwortes und der Vorsilbe. Die Vorsiben me- und pe- folgen denselben Assimilationsregeln, während auf die Silben di-, ke-, memper- und se- keine Assimilation erfolgt. Hier die Regeln dargestellt anhand der Vorsilbe me- mit Beispielen, die Assimilation der Vorsilbe pe- erfolgt entsprechend.<br />
; me → mem<br />
:: b : baca → membaca (lesen), → pembaca (Leser)<br />
:: p (p fällt weg!): pesan → memesan (bestellen)<br />
; me → meny<br />
:: s (s fällt weg!): séwa → menyéwa (mieten)<br />
; me → men<br />
:: c: cari → mencari (suchen)<br />
:: d: dengar → mendengar (hören)<br />
:: j: jual → menjual (verkaufen)<br />
:: t (t fällt weg!): tari → menari (tanzen) <br />
; me → meng<br />
:: alle Vokale: ambil → mengambil (nehmen, holen), elak → mengelak (ausweichen)<br />
:: g: gambar (Bild, Zeichnung) → menggambar (zeichnen)<br />
:: h: hitung → menghitung (zählen)<br />
:: k (k fällt weg!): kirim → mengirim (schicken)<br />
; me → me<br />
:: alle anderen: larang → melarang (verbieten)<br />
<br />
==== Anwendung des Stammwortes und der assimilierten Form ====<br />
Da indonesische Wörterbücher häufig nach den Wortstämmen sortiert sind, ist es hilfreich, anhand dieser Regeln von einem Wort auf dessen Stamm schließen zu können. Auch in Nebensätzen, in denen ein Verb in einer dem passiv ähnlichen Art und Weise verwendet wird, benutzt man im indonesischen den Stamm des Wortes. Beispiel: ''surat yang saya tulis …'' = Der Brief, den ich schrieb, … (Erläuterung: Da es im Indonesischen keine Deklinationen gibt, wird das Relativpronomen ‚yang‘ allein durch seine Stellung quasi zum Subjekt des Nebensatzes und demzufolge ist dann die Verwendung des Verbs passivisch – der Brief wurde geschrieben – auch wenn es im Deutschen anders ausgedrückt wird. Diese grammatische Eigenheit ist für an Deklinationen gewöhnte Sprecher oft schwer nachzuvollziehen, weil die fehlende Deklination beim Übersetzen automatisch eingesetzt wird.)<br />
<br />
== Schrift ==<br />
<br />
Üblichste Schrift für die malaiische Sprache ist eine Lateinschrift. Eine ''Rumi'' genannte Variante hat in Malaysia, Brunei und Singapur offiziellen Status, Indonesien hat eine davon abweichende Latein-Orthographie. In Brunei ist eine Abwandlung der arabischen Schrift, genannt [[Jawi]], kooffiziell.<br />
<br />
== Wortschatz ==<br />
* Selamat pagi! : ''Guten Morgen!'' (Selamat: ''gut/gesegnet'', pagi: ''Morgen/morgens'' )<br />
* Selamat malam! : ''Guten Abend!'' (malam: ''Abend/abends'' – pada malam: ''am Abend'' )<br />
* Selamat datang! : ''Willkommen!'' (datang: ''kommen'')<br />
* Selamat makan! : ''Guten Appetit!'' (makan: ''essen'')<br />
* Selamat jalan! : ''Gute Reise!'' (wörtlich: ''gute Straße! / guten Weg!'')<br />
* Sampai jumpa lagi ''Auf Wiedersehen'' (wörtlich: ''Bis treffen wieder'')<br />
* Apa khabar/kabar? : ''Wie geht’s?'' (wörtlich ''Was [sind die] Neuigkeiten?'')<br />
* Terima kasih! : ''Danke!'' (wörtlich ''Nehmen – Geben'' oder auch ''annehmen Liebe'')<br />
* Khabar/kabar baik! : ''Es geht gut!'' (wörtlich „Nachricht gut“)<br />
* hati-hati! : ''pass auf Dich auf!'' oder ''Sei vorsichtig!''<br />
* orang: ''Mensch''<br />
** orang utan: [''malaiisch: Orang Utan''] (wörtlich ''Waldmensch'')<br />
** orang Jérman: ''Deutsche(r)'' („Mensch deutsch“)<br />
** orang asli: ''Eingeborener'' (wörtlich ''Mensch echt/ursprünglich'')<br />
** orang asing: ''Fremder'' (wörtlich ''Mensch fremd'')<br />
* Ya: ''ja'' <br />
* tidak: ''nein/nicht'' (Verneinung von Tätigkeiten und Eigenschaften)<br />
** tak, ngga(k): Slangformen von ''Nein'' (wie ''Nö'' oder ''Nee'')<br />
** Saya tidak mau: ''ich möchte nicht'' (wörtlich ''ich nicht wollen'')<br />
* bukan: ''nicht/kein'' (Verneinung von Nomen)<br />
** Saya bukan orang Inggris, saya orang Jérman: ''Ich bin kein Engländer, ich bin Deutscher''<br />
* belum: ''noch nicht''<br />
** Saya belum menikah/kawin: ''Ich bin noch nicht verheiratet'' (wörtlich ''ich noch-nicht heiraten'')<br />
* sudah: ''schon''<br />
** Saya sudah menikah/kawin: ''Ich bin schon verheiratet'' (wörtlich ''ich schon heiraten'')<br />
* Jangan! : ''Nicht!'' (im Sinne von ''tu das nicht'' oder ''lass das'')<br />
** Jangan datang! : ''komme nicht!''<br />
* ini/itu: ''dieses/jenes''<br />
** Saya mau ini: ''ich möchte dieses''<br />
* makan/minum/tidur/pergi/mengerti: ''essen/trinken/schlafen/gehen/verstehen''<br />
** Saya mau makan: ''Ich möchte essen''<br />
** sudah makan? : ''schon gegessen?''<br />
** Saya belum mengerti/paham: ''Ich verstehe noch nicht''<br />
** mengerti? paham?: ''verstanden?''<br />
* berapa? : ''wie viel?''<br />
** Berapa harganya? : ''Was kostet dieses?'' (wörtlich: ''Wie viel Preis dieses'')<br />
* 1,2,3,4,5,6,7,8,9,10: ''satu, dua, tiga, empat, lima, enam, tujuh, (de)lapan, sembilan, sepuluh''<br />
* 11, 12, 13, 14, …: ''sebelas, dua belas, tiga belas, empat belas, …''<br />
* 20, 21, 22, 23, …: ''dua puluh, dua puluh satu, dua puluh dua, dua puluh tiga''<br />
* 100,1000,10000,100000,1000000: ''seratus, seribu, sepuluh ribu, seratus ribu, satu juta''<br />
<br />
== Sprachbeispiel ==<br />
[[Sukarno]]s [[indonesische Unabhängigkeitserklärung]] (indonesisch):<br />
<br />
:'''Proklamasi'''<br />
<br />
:Kami, bangsa Indonesia, dengan ini menjatakan kemerdekaan Indonesia.<br />
<br />
:Hal-hal yang mengenai pemindahan kekuasaan dan lain lain, diselenggarakan dengan cara saksama dan dalam tempo yang sesingkat-singkatnya.<br />
<br />
:Jakarta, Agustus tudju belas, seribus sembilan ratus ampat puluh lima<br />
<br />
:Atas nama bangsa Indonesia,<br />
<br />
:Sukarno/Hatta.<br />
<br />
Übersetzung: Wir, das indonesische Volk, erklären hiermit die Unabhängigkeit Indonesiens. Angelegenheiten, die Machtübertragung und andere Dinge betreffen, werden möglichst sorgfältig zeitnah behandelt./ JAKARTA, 17 AUGUST 1945 / Im Namen des indonesischen Volkes / Sukarno/[[Mohammed Hatta|Hatta]]<br />
<br />
== Sprachregulierung ==<br />
''Malaiisch'' wird reguliert durch:<br />
* [[Déwan Bahasa dan Pustaka]] (Hall of Language and Scripture)<br />
''Indonesisch'' wird reguliert durch:<br />
* [[Pusat Pembinaan dan Pengembangan Bahasa]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Erich-Dieter Krause: ''Lehrbuch der indonesischen Sprache''. 6. Auflage. Buske, Hamburg 2004. ISBN 3-87548-328-6<br />
* Reni Isa: ''Bahasa Indonesia.'' Ein Arbeitslehrbuch. ''Percakapan, Contoh Kalimat dan Keterangan, Latihan.'' Taschenbuch. Regiospectra, Berlin 2007. ISBN 3-940132-01-2<br />
* Harald Haarmann: ''Kleines Lexikon der Sprachen. Von Albanisch bis Zulu.'' C.H. Beck, München 2001. ISBN 3-406-47558-2<br />
* [[Hans Kähler]]: ''Grammatik der Bahasa Indonesia.'' 3., revidierte Auflage. Wiesbaden 1983. ISBN 3-447-02345-7<br />
* Yohanni Johns: ''Bahasa Indonesia – Introduction to Indonesian Language and Culture.'' Periplus, London 1987, 1990. ISBN 0-945971-56-7<br />
* Bernd Nothofer, Karl-Heinz Pampus: ''Bahasa Indonesia. Indonesisch für Deutsche''. 2 Teile. Wörterverzeichnis. J. Groos, Heidelberg 1992, 1996. ISBN 3-87276-831-X <br />
* Frank D. Wickl: ''Das Klassifikatorensystem der Bahasa Indonesia''. Abera, Hamburg 1996. ISBN 3-934376-02-9<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.linguist.de/Bahasa/ Bahasa Indonesia] (Sprachenportrait)<br />
* [http://www.jot.de/kamus/ Wörterbuch Indonesisch-Deutsch / Deutsch-Indonesisch] (Kamus Jot)<br />
* [http://nepalresearch.org/dictionaries/ino_ger/bahasa_indonesia.pdf Kamus Bahasa Indonesia Indonesisch-Deutsches Wörterverzeichnis] (pdf; 421 kB)<br />
* [http://www.101languages.net/indonesian/ Indonesian 101 – Learn Indonesian online]<br />
* [http://en.wikibooks.org/wiki/Indonesian Indonesian]<br />
* [http://www.bremis.de/woerterbuch.html Indonesisches Wörterbuch mit Wörterliste und Quiz]<br />
* [http://thesaurus.art.officelive.com/Documents/FlashThesaurus.html Bahasa Indonesia Flash Thesaurus]<br />
<br />
{{Navigationsleiste Schwesterprojekte|code=ms|text=malaiischer Sprache|wquot=0|wsrce=0|wnews=0|wvers=0}}<br />
{{Navigationsleiste Schwesterprojekte|code=id|text=indonesischer Sprache|wnews=0|wvers=0}}<br />
<br />
[[Kategorie:Einzelsprache]]<br />
[[Kategorie:Malayo-Polynesische Sprachen]]<br />
[[Kategorie:Kultur (Indonesien)]]<br />
[[Kategorie:Kultur (Malaysia)]]<br />
<br />
{{Link FA|ms}}<br />
<br />
[[ace:Bahsa Meulayu]]<br />
[[af:Maleis]]<br />
[[an:Idioma malayo]]<br />
[[ar:لغة ملايو]]<br />
[[arz:ملايوى]]<br />
[[be:Малайская мова]]<br />
[[be-x-old:Малайская мова]]<br />
[[bg:Малайски език]]<br />
[[bn:মালয় ভাষা]]<br />
[[br:Malayeg]]<br />
[[bs:Malajski jezik]]<br />
[[ca:Malai]]<br />
[[ceb:Pinulongang Malayo]]<br />
[[cs:Malajština]]<br />
[[da:Malajisk]]<br />
[[en:Malay language]]<br />
[[eo:Malaja lingvo]]<br />
[[es:Idioma malayo]]<br />
[[eu:Malaiera]]<br />
[[fa:زبان مالایی]]<br />
[[fi:Malaijin kieli]]<br />
[[fr:Malais (langue)]]<br />
[[fy:Maleisk]]<br />
[[ga:An Mhalaeis]]<br />
[[hak:Mâ-lòi-ngî]]<br />
[[he:מלאית]]<br />
[[hi:मलय भाषा]]<br />
[[hr:Malajski jezik]]<br />
[[hu:Maláj nyelv]]<br />
[[id:Bahasa Melayu]]<br />
[[io:Malaya linguo]]<br />
[[it:Lingua malese]]<br />
[[ja:マレー語]]<br />
[[jv:Basa Melayu]]<br />
[[ka:მალაიური ენა]]<br />
[[km:ភាសាម៉ាឡេ]]<br />
[[ko:말레이어]]<br />
[[la:Lingua Malayana]]<br />
[[lij:Lengua maleise]]<br />
[[lt:Malajų kalba]]<br />
[[lv:Malajiešu valoda]]<br />
[[mg:Fiteny Malay]]<br />
[[mr:मलाय भाषा]]<br />
[[ms:Bahasa Melayu]]<br />
[[my:ပသျှူးဘာသာစကား]]<br />
[[nds:Malaische un indonessche Spraak]]<br />
[[nl:Maleis]]<br />
[[nn:Malayisk]]<br />
[[no:Malayisk]]<br />
[[pl:Język malajski]]<br />
[[pnb:مالائی]]<br />
[[pt:Língua malaia]]<br />
[[qu:Malaya simi]]<br />
[[ro:Limba malaieză]]<br />
[[ru:Малайский язык]]<br />
[[sco:Malay leid]]<br />
[[simple:Malay language]]<br />
[[sr:Malajski jezik]]<br />
[[sv:Malajiska]]<br />
[[ta:மலாய் மொழி]]<br />
[[tg:Забони малайӣ]]<br />
[[th:ภาษามาเลย์]]<br />
[[tl:Wikang Malay]]<br />
[[tr:Malay dili]]<br />
[[ug:مالاي تىلى]]<br />
[[uk:Малайська мова]]<br />
[[ur:بھاشا ملایو]]<br />
[[vi:Tiếng Mã Lai]]<br />
[[war:Minalayo]]<br />
[[wuu:马来语]]<br />
[[xal:Малаймудин келн]]<br />
[[zh:马来语]]<br />
[[zh-min-nan:Má-lâi-gí]]<br />
[[zh-yue:馬來話]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Noordin_Top&diff=89982457Noordin Top2011-06-13T09:18:58Z<p>222.127.231.29: so wurde er in den malaiischen Medien oft abgekürzt</p>
<hr />
<div>#WEITERLEITUNG [[Noordin Mohammad Top]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Noordin_Mohammad_Top&diff=89981731Noordin Mohammad Top2011-06-13T08:59:34Z<p>222.127.231.29: AZ: Die Seite wurde neu angelegt: '''Noordin Mohammad Top''' (*11. August 1968; †17. September 2009) war ein malaysischer Islamist. Er ga…</p>
<hr />
<div>'''Noordin Mohammad Top''' (*11. August 1968; †17. September 2009) war ein malaysischer Islamist. Er galt als einer der Drahtzieher der Anschläge auf die australische Botschaft in [[Jakarta]] 2004, in Bali 2005 und auch die in Bali 2002. Er war einer der meistgesuchten Terroristen<br />
<br />
In 2009 wurde er bei einer Razzia von einer indonesischen Spezialeinheit in [[Surakarta]], [[Zentraljava]] getötet.<br />
<br />
==External links==<br />
*[http://news.bbc.co.uk/2/hi/asia-pacific/4302368.stm BBC Profil: Noordin Mohamed Top]<br />
*[http://www.rewardsforjustice.net/ Rewards for Justice]<br />
*[http://www.fbi.gov/wanted/terrorists/fugitives.htm FBI-Suchliste]<br />
<br />
[[Kategorie:Geboren 1968]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 2009]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
<br />
[[en:Noordin Mohammad Top]]<br />
[[es:Noordin Mohammad Top]]<br />
[[fr:Noordin Mohammed Top]]<br />
[[hak:Noordin Mohammed Top努爾丁(馬來西亞)]]<br />
[[id:Noordin Mohammad Top]]<br />
[[jv:Noordin Mohammed Top]]<br />
[[ms:Noordin Mohammad Top]]<br />
[[nl:Noordin Mohammed Top]]<br />
[[ja:ヌルディン・モハンマド・トップ]]<br />
[[pl:Mohammad Top Noordin]]<br />
[[ru:Нурдин Мухаммед Топ]]<br />
[[vi:Noordin Mohammad Top]]<br />
[[zh:努尔丁·穆罕默德·托普]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Malaysia&diff=89746496Malaysia2011-06-07T09:11:17Z<p>222.127.231.29: Zensus 2010</p>
<hr />
<div>{{Infobox Staat<br />
|NAME = '''Malaysia'''<br />
|BILD-FLAGGE = Flag of Malaysia.svg<br />
|BILD-FLAGGE-RAHMEN = ja<br />
|ARTIKEL-FLAGGE = Flagge Malaysias<br />
|BILD-WAPPEN = Malaysia Wappen.svg<br />
|BILD-WAPPEN-BREITE = 120px<br />
|ARTIKEL-WAPPEN = Wappen Malaysias<br />
|WAHLSPRUCH = ''„Bersekutu Bertambah Mutu“'' („Einheit ist Stärke“)<br />
|AMTSSPRACHE = [[Malaiische und indonesische Sprache|Malaiisch]] <br />
|HAUPTSTADT = [[Kuala Lumpur]]<br />
|REGIERUNGSSITZ = [[Putrajaya]]<br />
|STAATSFORM =[[Bundesstaat|Föderale]] [[Parlamentarische Monarchie|parlamentarische]] [[Wahlmonarchie]]<br />
|STAATSOBERHAUPT = [[Yang di-Pertuan Agong|König]] [[Mizan Zainal Abidin]]<br />
|REGIERUNGSCHEF = [[Liste der Premierminister Malaysias|Premierminister]] [[Najib Razak]]<br />
|FLÄCHE = 329.758<ref name="Malaysia">[http://web.archive.org/web/20080625012653/http://lexikon.meyers.de/meyers/Malaysia Meyers Lexikon online: Malaysia] im [[Internet Archive]]</ref><br />
|EINWOHNER = 27.565.821<ref>{{cite web |url=http://www.statistics.gov.my/ccount12/click.php?id=2127 |title=Laporan Kiraan Permulaan 2010 |publisher=Jabatan Perangkaan Malaysia |page=iii |accessdate=7. Juni 2011}}</ref><br />
|BEV-DICHTE = 84,09<br />
|BIP = 186.482&nbsp;Mio.&nbsp;US$ <small>(39.)</small><br />
|BIP-ERWEITERT = nominal (2007)<ref>[http://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2008/01/weodata/weorept.aspx?sy=2007&ey=2007&ssd=1&sort=country&ds=%2C&br=0&c=512%2C446%2C914%2C666%2C612%2C668%2C614%2C672%2C311%2C946%2C213%2C137%2C911%2C962%2C193%2C674%2C122%2C676%2C912%2C548%2C313%2C556%2C419%2C678%2C513%2C181%2C316%2C682%2C913%2C684%2C124%2C273%2C339%2C921%2C638%2C948%2C514%2C943%2C218%2C686%2C963%2C688%2C616%2C518%2C223%2C728%2C516%2C558%2C918%2C138%2C748%2C196%2C618%2C278%2C522%2C692%2C622%2C694%2C156%2C142%2C624%2C449%2C626%2C564%2C628%2C283%2C228%2C853%2C924%2C288%2C233%2C293%2C632%2C566%2C636%2C964%2C634%2C182%2C238%2C453%2C662%2C968%2C960%2C922%2C423%2C714%2C935%2C862%2C128%2C716%2C611%2C456%2C321%2C722%2C243%2C942%2C248%2C718%2C469%2C724%2C253%2C576%2C642%2C936%2C643%2C961%2C939%2C813%2C644%2C199%2C819%2C184%2C172%2C524%2C132%2C361%2C646%2C362%2C648%2C364%2C915%2C732%2C134%2C366%2C652%2C734%2C174%2C144%2C328%2C146%2C258%2C463%2C656%2C528%2C654%2C923%2C336%2C738%2C263%2C578%2C268%2C537%2C532%2C742%2C944%2C866%2C176%2C369%2C534%2C744%2C536%2C186%2C429%2C925%2C178%2C746%2C436%2C926%2C136%2C466%2C343%2C112%2C158%2C111%2C439%2C298%2C916%2C927%2C664%2C846%2C826%2C299%2C542%2C582%2C443%2C474%2C917%2C754%2C544%2C698%2C941&s=NGDPD%2CNGDPDPC&grp=0&a=&pr1.x=29&pr1.y=7 International Monetary Fund, World Economic Outlook Database, April 2008]</ref><br />
|BIP/EINWOHNER = 6.948&nbsp;US$ <small>(64.)</small><br />
|HDI = 0,829 <small>(66.)</small> <ref>[http://hdr.undp.org/en/statistics/ Human Development Index]</ref><br />
|WÄHRUNG = [[Ringgit]]<br />
|UNABHÄNGIGKEIT = von [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] am 31. August [[1957]] <ref name="am002">The UK Statute Law Database: [http://www.statutelaw.gov.uk/content.aspx?LegType=All+Primary&PageNumber=72&NavFrom=2&parentActiveTextDocId=1118475&ActiveTextDocId=1118475&filesize=15776 Federation of Malaya Independence Act 1957 (c. 60)]</ref> <br />[[Föderation]] (mit [[Sabah]], [[Sarawak]] and [[Singapur]]<sup>[[#notas|a]]</sup>)<br /> 16. September [[1963]]<ref name="am001">{{cite web |url=http://untreaty.un.org/unts/1_60000/21/36/00041791.pdf |title=United Nations Treaty Series Nr.10760: Agreement relating to Malaysia |accessdate=2010-07-29 |publisher=United Nations |work=United Nations Treaty Collection |format=pdf |year=1963 |month=July}}</ref><br />
|NATIONALHYMNE = ''[[Negaraku]]'' <br />
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|BILD-LAGE = Malaysia (orthographic projection).svg<br />
|BILD1 = Malaysia.png <br />
}}<br />
<br />
'''Malaysia''' (seltener ''Malaysien'') ist ein Staat in [[Südostasien]] und besteht aus zwei durch das [[Südchinesisches Meer|Südchinesische Meer]] getrennten Landesteilen, der [[Malaiische Halbinsel|malaiischen Halbinsel]] im Westen und Teilen der Insel [[Borneo]] im Osten. Der Westteil grenzt im Norden an [[Thailand]], im Süden befindet sich auf einer vorgelagerten Insel der Stadtstaat [[Singapur]], der Ostteil teilt sich eine lange Grenze mit [[Indonesien]] und umschließt im Norden das Sultanat [[Brunei]]. Der Großteil der knapp 28 Millionen Einwohner lebt im westlichen Teil.<br />
<br />
Malaysia wurde aus verschiedenen Gebieten gebildet, die in unterschiedlicher Form alle Teil des [[Britisches Weltreich|British Empire]] waren, seine endgültige Unabhängigkeit erhielt es 1963.<ref name="am001">{{cite web |url=http://untreaty.un.org/unts/1_60000/21/36/00041791.pdf |title=No.10760: Agreement relating to Malaysia |accessdate=2010-07-29 |publisher=United Nations |work=United Nations Treaty Collection |format=pdf |year=1963 |month=July}}</ref> Staatsoberhaupt ist der [[Yang di-Pertuan Agong]], der König Malaysias, der alle fünf Jahre aus einer Reihe von neun Adelsträgern gewählt wird, damit ist das Land eine der wenigen [[Wahlmonarchie]]n der Welt. Das Parlament Malaysias setzt sich nach britischem Vorbild aus Ober- und Unterhaus zusammen. Als bemerkenswert gilt, dass seit der ersten Wahl ununterbrochen eine von der Partei [[UMNO]] geführte Koalition die Mehrheit in beiden Kammern inne hält.<br />
<br />
Malaysia ist Gründungsmitglied der [[ASEAN]] und wird aufgrund seiner wirtschaftlichen Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten als [[Schwellenland]] eingestuft.<br />
<br />
== Geographie ==<br />
[[Tanjung Piai]], das sich im südlichen Staat [[Johor]] befindet, ist der südlichste Punkt des asiatischen Kontinents, wenn man die Insel Singapur, die mit dem Kontinent nur durch eine künstliche Brücke verbunden ist, außer Acht lässt. Zwischen der malaiischen Halbinsel und der indonesischen Insel [[Sumatra]] befindet sich die [[Straße von Malakka]], ein für den Welthandel bedeutender [[Seeweg]] und eine der meistbefahrenen Schiffsrouten der Welt.<br />
<br />
[[Datei:Malaysia-Pos.png|thumb|left|200px|Lage von Malaysia]]<br />
Malaysia hat im Westen wie im Osten eine ähnliche Landschaft, die aus Ebenen entlang der Küsten besteht, während im Hinterland, das in der Regel dicht mit tropischem Dschungel bewaldet ist, Hügel und teilweise sehr hohe Berge dominieren. Die höchste Erhebung Malaysias ist der 4.095&nbsp;m hohe [[Kinabalu]] auf der Insel [[Borneo]]. Die größte Insel Malaysias ist [[Banggi]], die vor der Nordspitze Borneos liegt und zum Bundesstaat [[Sabah]] (Division Kudat) gehört.<br />
<br />
Die größte und wichtigste Stadt Malaysias ist die Hauptstadt [[Kuala Lumpur]], die das Handels- und Finanzzentrum darstellt. Auch das [[Dewan Rakyat|malaysische Parlament]] befindet sich in Kuala Lumpur, die meisten Regierungseinrichtungen haben die Stadt jedoch in Richtung [[Putrajaya]] verlassen, das 1995 speziell als neue Verwaltungshauptstadt für Malaysia errichtet wurde. Weitere wichtige Städte sind [[George Town (Penang)|George Town]], [[Ipoh]] und [[Johor Bahru]].<br />
<br />
Das Klima des Landes ist äquatorial. Es wird von April bis Oktober durch den Südwest[[monsun]] und von Oktober bis Februar durch den Nordostmonsun gekennzeichnet.<br />
<br />
Die vier [[Klimadiagramm]]e ergeben ein West-Ost-Profil: Kuala Terengganu und Kuala Lumpur liegen auf der Halbinsel (West-Malaysia), Sandakan und Kuching auf Borneo (Ost-Malaysia).<br />
<br />
{| align="center" width="50%"<br />
|[[Datei:Klima kualaterengganu.png|190px|thumb|[[Kuala Terengganu]]<br />(Malakka Ost)]]<br />
|[[Datei:Klima kualalumpur.png|thumb|190px|[[Kuala Lumpur]]<br />(Malakka West)]]<br />
|----<br />
|[[Datei:Klima sandakan.png|thumb|190px|[[Sandakan]]<br />(Borneo Ost)]]<br />
|[[Datei:Klima kuching.png|thumb|190px|[[Kuching]]<br />(Borneo West)]]<br />
|}<br />
<br />
{{Siehe auch|Nationalparks in Malaysia|Liste der Städte in Malaysia}}<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
{{Hauptartikel|Geschichte Malaysias}}<br />
<br />
[[Datei:Rail admin building KL.jpg|thumb|Verwaltungsgebäude der Eisenbahn in KL]]<br />
Die malaiische Halbinsel wurde zu einem großen Handelszentrum in Südostasien, als der Handel zwischen China und Indien zu florieren begann. Damals begann in der [[Straße von Malakka]] ein reges Treiben. Die ersten malaiischen Königreiche entstanden durch Häfen, die im 10. Jahrhundert gegründet worden waren. Die wichtigsten frühen Königreiche waren [[Langkasuka]] und [[Lembah Bujang]] in [[Kedah]], sowie [[Beruas]] und [[Gangga Negara]] in [[Perak]] und [[Pan Pan (Königreich)|Pan Pan]] in [[Kelantan]]. Der [[Islam]] kam im 14. Jahrhundert in [[Terengganu]] an. Im frühen 15. Jahrhundert wurde das Sultanat von Malakka gegründet. Durch seinen Wohlstand zog es das Interesse von [[Portugal]] auf sich. Der Hafen wurde dann ein Zentrum der [[Kolonialisierung]] durch die Niederländer und die Briten.<br />
<br />
[[Datei:Ukpga 19570060 en.djvu|100px|thumb|Föderation von Malaya Independence Akt 1957.]]<br />
[[Datei:Agreement Relating to Malaysia between UK, N. Borneo, Sarawak and Singapore.djvu|100px|left|thumb|Vereinbarung über Malaysia zwischen [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]], [[Nord-Borneo]], [[Sarawak]] und [[Singapur]].]]<br />
Die britische Kronkolonie [[Straits Settlements]] wurde im Jahre 1826 gegründet und England gewann schrittweise die Kontrolle über den Rest der Halbinsel. Zu den Straits Settlements gehörten [[Penang]], [[Singapur]] und Malakka. Penang war im Jahre 1786 durch Kapitän [[Francis Light]] gegründet worden und diente als Militär- und Handelsbasis. In seiner Bedeutung wurde es bald von Singapur überholt, das im Jahre 1819 durch Sir [[Stamford Raffles]] gegründet wurde. Malakka war nach dem englisch-niederländischen Vertrag von 1824 endgültig in britischem Besitz. Die Kolonie wurde durch die [[Britische Ostindien-Kompagnie]] mit Sitz in [[Kalkutta]] regiert, bis deren Sitz 1867 nach [[London]] verlegt wurde.<br />
<br />
Zur etwa gleichen Zeit wurde die britische Politik gegenüber den malaiischen Staaten immer aggressiver. Innerhalb von wenigen Jahren kamen mehrere malaiische Staaten an der Westküste der Halbinsel unter britische Kontrolle. Auf Betreiben der Händler, die in den Kronkolonien saßen, mischte sich die Regierung in die Angelegenheiten der zinnproduzierenden Staaten ein. Gleichzeitig hatte die britische Kolonialmacht Bürgerkriege und Störungen durch chinesische Geheimgesellschaften zu befrieden. Die Briten führten mit ihrer Militärmacht eine friedliche Lösung herbei, die die Händler bevorzugten. Mit dem [[Vertrag von Pangkor]] im Jahre 1874 wurde der Weg frei für die britische Herrschaft. 1896 wurden die vier [[Sultan]]ate Pahang, Selangor, Perak und Negeri Sembilan zu den [[Föderierte Malaiische Staaten|Föderierten Malaiischen Staaten]] zusammengefasst, die dem Kommissar von Singapur unterstanden. Dieser war auch der Gouverneur der Straits Settlements. Dieser Gouverneur wiederum unterstand dem Kolonialamt in London.<br />
<br />
Die anderen Staaten der Halbinsel waren zwar nicht direkt London unterstellt, die Sultane hatten aber britische Berater an ihrem Hof. Die vier nördlichen Staaten [[Perlis]], [[Kedah]], [[Kelantan]] und [[Terengganu]] waren bis 1909 unter der Kontrolle von [[Thailand]]. Das Gebiet des heutigen Staates [[Sabah]] war ein britisches [[Protektorat]], das ursprünglich zum [[Sultanat Sulu]] gehört hatte und unter dem Namen Nordborneo von der [[Britische Nordborneo-Kompanie|Britischen Nordborneo-Kompanie]] verwaltet wurde. Das riesige Waldgebiet von [[Sarawak]] war persönlicher Besitz der britischen Familie Brooke, welche das Land als Lehen vom [[Sultan von Brunei]] erhalten hatten und es als [[Weiße Rajas]] für fast ein Jahrhundert regierten. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das heutige Malaysia durch Japan besetzt. In dieser Zeit wuchs die Unterstützung für die Unabhängigkeit des Landes von der europäischen Kolonialmacht. Die englischen Pläne, eine malaiische Union zu gründen, wurden von vielen Malaien abgelehnt. Sie verlangten ein System, welches die Wünsche der Malaien stärker berücksichtigte, Singapur ausschloss und für die Immigranten nur eine Staatsbürgerschaft vorsah. Die Unabhängigkeit wurde im Jahre 1957 erlangt, sowie der Straits Settlements [[Penang]] ([[Malaiische Sprache|malaiisch]] ''Pulau Pinang'') und [[Malakka]] ([[Malaiische Sprache|malaiisch]] ''Melaka'') umfasste unter dem Namen [[Föderation Malaya]].<ref name="am002"/><br />
<br />
Am 16. September 1963 wurde eine neue Föderation unter dem Namen ''Malaysia'' gegründet, welche die [[Föderation Malaya]], die britische Kronkolonie Singapur sowie die Protektorate Nordborneo (heute Sabah) und Sarawak umfasste.<ref name="am001"/> Die frühen Jahre waren durch territoriale Ansprüche der Nachbarn bestimmt, insbesondere durch die von Indonesien veranlasste [[Konfrontasi]],<ref>[http://untreaty.un.org/unts/1_60000/16/16/00030780.pdf United Nations Treaty Registered No. 8029, Manila Accord between Philippnes, Federation of Malaya and Indonesia (31 JULY 1963)]</ref><ref>[http://untreaty.un.org/unts/1_60000/18/5/00034224.pdf United Nations Treaty Series No. 8809, Agreement relating to the implementation of the Manila Accord]</ref> sowie durch das Ausscheiden Singapurs aus der Föderation im Jahre 1965.<ref>[http://statutes.agc.gov.sg/non_version/cgi-bin/cgi_getdata.pl?actno=1997-REVED-INDEP&doctitle=INDEPENDENCE%20OF%20SINGAPORE%20AGREEMENT%201965%0A&date=latest&method=part&sl=1&segid=888373490-000001#888373490-000001 PROCLAMATION OF SINGAPORE]</ref><br />
<br />
== Bevölkerung ==<br />
=== Volksgruppen ===<br />
{{Hauptartikel|Demographie von Malaysia}}<br />
<br />
[[Datei:Penan woman.jpg|thumb|[[Penan]]-Frau in Sarawak]]<br />
Die Bevölkerung Malaysias setzt sich folgendermaßen zusammen: 50,4 % sind [[Malaien]], 23,7 % [[Chinesen]], 11 % [[indigene Völker]] ([[Orang Asli]] und [[Dayak]]), 7,1 % [[Non-resident Indian und Person of Indian Origin|Inder]] und 7,8 % Sonstige.<ref>[[The World Factbook]]: [https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/my.html Malaysia], 4. Dezember 2008</ref><br />
<br />
Die Bevölkerung ist nicht gleichmäßig auf dem Staatsgebiet Malaysias verteilt, denn im Ostteil Malaysias, also den beiden auf der Insel [[Borneo]] gelegenen Bundesstaaten [[Sarawak]] und [[Sabah]], leben nur etwa 5 Millionen Menschen (ca. 20% der Bevölkerung Malaysias), obwohl die beiden Staaten zusammen etwa 60 % der Landesfläche Malaysias ausmachen, wohingegen die restlichen 80% der Bevölkerung (ca. 22 Millionen Menschen) im kleineren Westteil des Landes leben.<br />
<br />
Die Malaien, welche zum großen Teil dem [[Sunniten|sunnitischen]] [[Islam]] angehören, erheben seit der Unabhängigkeit Malaysias den politischen Führungsanspruch, sie werden durch die Regierung systematisch gefördert und im öffentlichen Dienst bevorzugt eingestellt, dies wird seit der Einführung der [[Malaysische Neue Ökonomische Politik|malaysischen neuen ökonomischen Politik]] in den 1960er-Jahren durch den sogenannten [[Bumiputra]]-Status gesichert.<ref name="Malaysia" /> Des Weiteren stellen die [[Auslandschinesen|Überseechinesen]] etwa ein Viertel der Bevölkerung. Sie dominieren derzeit noch in den Städten.<ref name="Malaysia" /> Die Chinesen spielen eine bedeutende Rolle in Handel und Wirtschaft. Weitere sieben Prozent der Bevölkerung sind indischstämmig. Diese sind [[Hinduismus|Hindus]], Moslems, [[Sikh]]s, [[Christentum|Christen]] oder [[Buddhismus|Buddhisten]]. Etwa 85 % der indischstämmigen Bevölkerung Malaysias sind [[Tamilen]], Minderheitengruppen sind die [[Kerala|Malayalis]], [[Punjab]]is und [[Telugu]]s.<br />
<br />
In den dünn besiedelten ostmalaysischen Staaten Sarawak und Sabah stellen indigene Volksgruppen, die keine ethnischen Malaien sind, die Hälfte bzw. zwei Drittel der Bevölkerung. Sie werden wie die Malaien zur ursprünglichen Bevölkerung Malaysias gezählt und gelten somit ebenfalls als Bumiputras. Diese indigenen Volksgruppen werden in Sarawak unter dem Sammelbegriff [[Dayak]] zusammengefasst und umfassen unter anderem die [[Iban (Volksgruppe)|Iban]] und die [[Bidayuh]]. In Sabah leben einheimische Volksgruppen wie die [[Murut]] oder die [[Kadazan]].<br />
<br />
Auf der Malaiischen Halbinsel existieren ebenfalls Ureinwohner, jedoch in kleinerer Zahl, sie werden mit dem Sammelbegriff [[Orang Asli]] bezeichnet. Diese gehören zu einer großen Zahl von ethnischen Gruppen, haben aber kulturelle Gemeinsamkeiten. Sie waren bis zum 20. Jahrhundert Anhänger von animistischen [[Naturreligion]]en. Seitdem sind viele zum Christentum oder zum Islam übergetreten. Obwohl die [[Orang Asli]] sich hinsichtlich der Kultur von den Malaien unterscheiden, haben viele die malaiische Kultur assimiliert, etwa durch Umzug in die Städte oder durch Heirat.<br />
<br />
Nennenswerte Minderheiten stellen die Europäer, Menschen aus dem [[Naher Osten|Nahen Osten]], [[Kambodscha]] und [[Vietnam]]. Die Europäer sind meist [[Briten]] und einige [[Portugiesen]], deren Vorfahren seit der Kolonialzeit dort leben. Die meisten Kambodschaner und Vietnamesen kamen als [[Vietnamkrieg]]sflüchtlinge nach Malaysia.<br />
<br />
Das Wachstum der Bevölkerung ist mit etwa 2,4 % jährlich relativ hoch, und etwa ein Drittel der Bevölkerung ist jünger als 15 Jahre. Die [[Urbanisierung]]srate liegt bei etwa 58 %. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei etwa 72 Jahren, die Säuglingssterblichkeit bei etwa 23 pro Tausend.<br />
<br />
=== Sprachen ===<br />
Die Amtssprache Malaysias ist [[Malaiische und indonesische Sprache|Malaysisch]]. Die [[Englische Sprache]] genießt aufgrund der langen britischen Kolonialzeit in Malaysia eine besondere Rolle und ist für viele Malaysier Zweitsprache. Aufgrund einer großen [[Chinesen|chinesischen]] Minderheit spielt auch das [[Chinesische Sprache|Chinesische]] eine wichtige Rolle (vor allem [[Kantonesische Sprache|Kantonesisch]], [[Hochchinesisch]], [[Hokkien]], [[Hakka]], [[Chaozhou-Dialekt|Chaozhou]] (Teochew), [[Hainan]], der [[Fuzhou-Dialekt]]). Aufgrund der ebenfalls in Malaysia lebenden indischen Minderheit sind zahlreiche indische Sprachen, insbesondere [[Tamilische Sprache|Tamilisch]], [[Telugu]] und [[Malayalam]] verbreitet. In Ostmalaysia wird des Weiteren eine Vielzahl indigener Sprachen gesprochen, wovon die wichtigsten [[Iban (Sprache)|Iban]] und [[Kadazan]] sind. In Malaysia werden insgesamt 140 verschiedene Sprachen und Idiome gesprochen.<br />
<br />
In offiziellen Dokumenten wird [[britisches Englisch]] verwendet. Durch das Fernsehen hat jedoch das [[Amerikanisches Englisch|amerikanische Englisch]] bereits einigen Einfluss genommen. Das Englisch, das in der Umgangssprache in Malaysia verwendet wird, unterscheidet sich stark vom britischen Englisch und wird deshalb auch als [[Manglish]] bezeichnet. Es ähnelt bis auf einige [[Jargon|Slang]]-Ausdrücke stark dem [[Singlish]], das in [[Singapur]] gesprochen wird.<br />
<br />
=== Religion ===<br />
[[Datei:KL Christ Church Melaka - Iglesia Holandesa.jpg|thumb|Kirche in [[Melakka]]]]<br />
Der [[Islam]], zu dem sich 60 % der Bevölkerung bekennen, ist [[Staatsreligion]]. Nach der Verfassung des Landes sind alle ethnischen [[Malaien]] von Geburt automatisch [[Muslim]]e. Sie können keine Andersgläubigen heiraten.<ref>[[Radio Vatikan]]: [http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=149242 Malaysia: Haft für hinduistische Eheschließung] 11. August 2007</ref> Ein [[Ridda|Abfall vom Islam]] wird höchst ungern gesehen und ist in der Praxis nur schwer möglich. Hierzu ist zunächst ein „Borang Keluar Islam“ (Formular zum Austritt aus dem Islam) auszufüllen. Anschließend muss ca. zwei Jahre bewiesen werden, dass man nicht doch noch zum Islam bekehrt werden kann, beispielsweise in „Umerziehungszentren”, wo Austrittswillige festgehalten werden.<ref name="AN1506">AsiaNews.it: [http://www.asianews.it/index.php?l=en&art=9564&theme=8&size=A A Hindu Lina Joy, subjected to Islamic “re-education”], 15. Juni 2007</ref> Am Ende muss ein [[Schari'a|Sharia]]-Gericht über den Austritt entscheiden - die in der Verfassung verbriefte Religionsfreiheit besteht nur theoretisch.<ref>Jalil Hamid and Liau Y-Sing: [http://news.scotsman.com/latest.cfm?id=1178882006 Malaysia braces for ruling on Islam conversion], Reuters, 13. August 2006</ref><ref>Jürgen Kremb: [http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,495440,00.html Todesdrohungen im Paradies], ''[[Der Spiegel]]'', 24. Juli 2007</ref> Dies zeigen auch Fälle aus der jüngsten Zeit.<ref name="AN1506"/><ref>AsiaNews.it: [http://www.asianews.it/index.php?l=en&art=7065 Death threats against Lina Joy, fighting for her life and religious freedom], 29. August 2006</ref><ref>Shah Yacob, Imran Imtiaz: [http://www.asiasentinel.com/index.php?option=com_content&task=view&id=466&Itemid=34 Doing the Impossible: Quitting Islam in Malaysia], Asia Sentinel, 27. April 2007</ref><ref>AsiaNews.it: [http://www.asianews.it/index.php?l=en&art=9403 Kuala Lumpur refuses to recognise Lina Joy’s conversion to Christianity], 30. Mai 2007</ref><ref>[[NZZ]]: [http://www.nzz.ch/2007/05/31/al/articleF83ZQ.html Verdikt gegen die Religionsfreiheit], 31. Mai 2007</ref><br />
<br />
Die Chinesen sind meist [[Buddhismus|Buddhisten]] (20 %) oder hängen anderen chinesischen Religionen wie [[Daoismus]] und [[Konfuzianismus]] an (2,6 %). Christen (9 %) gibt es in allen ethnischen Gruppen. Die Inder sind überwiegend [[Hinduismus|Hindus]] (6 %). Muslime werden gegenüber Angehörigen anderer Religionen bewusst staatlich bevorzugt. Christliche Presse kann in Malaysisch nur unter Schwierigkeiten veröffentlicht werden, Veröffentlichungen in Englisch, Chinesisch und auch Tamil sind jedoch problemlos erhältlich. Unbeschränkt ist die Verteilung von Schriften an Mitglieder von Vereinigungen oder in Kirchen. Zensurversuche (konkret: Verbot des Wortes „Allah”) gab es jedoch seitens der Regierung auch hier, was vom Obersten Gericht allerdings aufgehoben wurde.<ref>{{Tagesschau|ID=malaysia110|Beschreibung=|AlteURL=http://www.tagesschau.de/ausland/malaysia110.html}}</ref> Der Bau von Kirchen kann in Ballungszentren mitunter zu kleinen Schwierigkeiten mit der Planungsbehörde führen, Diskriminierungen gegenüber anderen Glaubenshäusern bestehen aber nicht.<br />
<br />
==== Islam in Malaysia ====<br />
[[Datei:Muzium Kesenian Islam Malaysia 7.jpg|thumb|left|Islamisches Museum in KL]]<br />
[[Datei:State Mosque, Kota Kinabalu.jpg|thumb|Moschee in Kota Kinabalu (Sabah)]]<br />
Erstmals in Kontakt mit dem Islam kam Malaysia durch arabische Händler und Kaufleute schon Ende des 7. Jahrhunderts. Allerdings herrschten zu diesem Zeitpunkt in Malaysia verschiedene buddhistische und indisch-hinduistische Königreiche vor, so dass Muslime bis ins 14. Jahrhundert nie mehr als 10 % der Bevölkerung ausmachten. Seit dem 13. Jahrhundert ließen sich vermehrt Araber in Malaysia nieder, die sich mit der einheimischen Bevölkerung schließlich vermischten und so die Islamisierung der Malaien vorantrieben. Islamisiert wurde Malaysia wie [[Indonesien]] im 14. und 15. Jahrhundert.<br />
<br />
Bis weit in die 1970er Jahre galten viele muslimische Malaien als liberal (ähnlich den [[Abangan]]). Dann setzte jedoch eine Islamisierungswelle ein (ausgelöst durch verschiedene ethnische und soziale Konflikte, siehe unter anderem [[Parti Islam Se-Malaysia]] und [[Al-Arqam]]), so dass Malaysia heute orthodox-islamisch ist. Die Malaien, die 50,4 % der Gesamtbevölkerung ausmachen, sind praktisch alle Muslime. Etwa 70 % der Malaysierinnen malaiischer Herkunft tragen Kopftuch. Traditionelle malaiische Kleidung islamischen Ursprungs wird ebenfalls von vielen Malaien getragen.<br />
<br />
== Politik ==<br />
=== Staatsform ===<br />
[[Datei:Istana Negara KL 12 2007 019.jpg|thumb|[[Istana Negara (Malaysia)|Istana Negara]] - offizielle Residenz des malaysischen Königs (Yang di-Pertuan Agong)]]<br />
Malaysia ist eine [[konstitution]]elle, parlamentarisch-demokratische [[Wahlmonarchie]] (parlamentarische Monarchie). Das repräsentative Staatsoberhaupt ist der [[König]], der alle fünf Jahre aus den Reihen der Herrscher der neun Sultanate nach dem [[Rotationsprinzip]] ausgewählt wird. Sein offizieller Titel lautet [[Yang di-Pertuan Agong]]. Seit dem 13. Dezember 2006 ist Sultan [[Mizan Zainal Abidin]] König von Malaysia. Dieses System der Wahl aus den Reihen der Bundesherrscher (oder Bundesfürsten) ist mittlerweile nahezu einzigartig auf der Welt.<br />
<br />
Der parlamentarische Regierungschef ist der [[Liste der Premierminister Malaysias|malaysische Premierminister]]. Diesen Posten hat seit dem 3. April 2009 [[Najib Razak]] von der UMNO.<br />
<br />
Das Abgeordnetenhaus ''([[Dewan Rakyat]])'' besteht zurzeit aus 222 für fünf Jahre gewählten Abgeordneten. Die Länderversammlung ''(Dewan Negara)'' hat 70 Mitglieder. Die [[Parlamentswahlen in Malaysia 2008|letzten Wahlen]] zur Volksversammlung fanden am 8. März 2008 statt.<br />
<br />
[[Nationalfeiertag]] ist der [[31. August]] (Unabhängigkeitstag 1957).<br />
<br />
=== Parteien ===<br />
Seit 1957 regiert das von der [[United Malays National Organisation]] (kurz ''UMNO'', auf Malaysisch ''Pertubuhan Kebangsaan Melayu Bersatu'') angeführte Parteienbündnis [[Barisan Nasional]]. Zunächst trug dieses Bündnis den Namen [[Parti Perikatan|Alliance]] und bestand aus der malaiischen Partei UMNO, der chinesischen [[Malaysian Chinese Association|MCA]] und der indischen [[Malaysian Indian Congress|MIC]], womit die drei größten Volksgruppen vertreten waren. Nach Rassenunruhen, die der Parlamentswahl 1969 folgten, wurde das Bündnis erweitert und umbenannt. 1974 folgte die Gründung der [[Barisan Nasional]] („Nationale Front“). In der BN sind neben den genannten zehn weitere Parteien vertreten, die vorwiegend regionale Bedeutung haben. Die Parteien der BN einigen sich oft darauf, nur einen Kandidaten zur Wahl stellen zu lassen, sodass zwischen ihnen keine Konkurrenz entsteht und die Stimmen sich auf mehrere BN-Politiker verteilen. Dadurch gelang es ihr meist, die [[Zweidrittelmehrheit]] im malaysischen Parlament zu erlangen, welche Verfassungsänderungen zulässt. Nur bei den Wahlen 1969 und 2008 erreichte sie diese Zweidrittelmehrheit nicht, konnte aber dennoch die [[absolute Mehrheit]] wahren und so die Regierung stellen. Einige BN-Mitglieder treten auf Ebene der [[Verwaltungsgliederung Malaysias|Bundesstaaten]] auch als Konkurrenten auf.<br />
[[Datei:Anwar Ibrahim-edited.jpg|thumb|Anwar Ibrahim]]<br />
Die Opposition ist nicht einheitlich. Bei der Parlamentswahl 1999 schlossen sich vier Oppositionsparteien zum Wahlbündnis [[Barisan Alternatif]] zusammen. Dieses zerfiel wieder, nachdem es weder 1999 noch bei der nächsten Wahl im Jahr 2004 nennenswerte Erfolge erzielen konnte. Die wichtigsten Oppositionsparteien und Mitglieder des ehemaligen Oppositionsbündnisses sind die [[Parti Islam Se-Malaysia|PAS]], die [[Democratic Action Party|DAP]] und die [[Parti Keadilan Rakyat|PKR]]. Die PAS vertritt eine malaiisch-islamistische Politik. Die [[Democratic Action Party|DAP]] hat ein sozialdemokratisches Programm und wird vorwiegend von chinesisch-stämmigen Malaysiern gewählt. Diese drei Parteien schlossen sich 2008 erneut zu einem Bündnis zusammen, der Koalition [[Pakatan Rakyat]] unter Führung des entmachteten, sehr beliebten ehemaligen UMNO-Politikers [[Anwar Ibrahim]] und konnten bei den [[Parlamentswahlen in Malaysia 2008|Parlamentswahlen 2008]] einen überraschenden Erfolg erlangen, als sie in fünf der 13 Bundesstaaten die Mehrheit im Landesparlament erlangten und im nationalen Parlament verhinderten, dass die Barisan Nasional eine Zweidrittelmehrheit erlangte, was erstmals seit 1969 der Fall war.<br />
<br />
=== Wahlen ===<br />
Auf Bundesebene gibt es ein [[Mehrheitswahlrecht]], bei dem nur ein Kandidat je Wahlkreis ins Parlament gewählt wird. Dies ist häufig ein Vorteil für die geschlossene Barisan Nasional, gegenüber der gespaltenen Opposition. Die Größe der Wahlkreise ist zum Teil sehr unterschiedlich, so dass eine Wählerstimme je nach Wahlkreis sehr unterschiedliches Gewicht hat. Die BN (und vorher die Allianz), unter Leitung der UMNO, regiert von jeher unangefochten, häufig mit einer verfassungsändernden Mehrheit. Bei den Wahlen im März 2004 erhielt die Regierungskoalition über 90 % der Mandate im Parlament. Jedoch verlor sie bei den Wahlen 2008 ihre Zweidrittel-Mehrheit.<br />
<br />
=== Politische Gliederung ===<br />
{{Hauptartikel|Verwaltungsgliederung Malaysias}}<br />
<br />
13 Bundesstaaten (darunter 7 [[Sultan]]ate) und die 3 [[Bundesterritorium (Malaysia)|Bundesterritorien]] (malaysisch: ''Wilayah Persekutuan'') Kuala Lumpur, [[Putrajaya]] (neuer Regierungssitz), Insel [[Labuan]]. Die nicht als Sultanate konstituierten Bundesstaaten ([[Sabah]], [[Sarawak]], [[Penang]] und [[Malakka (Bundesstaat)|Malakka]]) werden jeweils von einem von der Zentralregierung ernannten Gouverneur verwaltet.<br />
<br />
== Militär ==<br />
{{Hauptartikel|Streitkräfte Malaysias}}<br />
<br />
Die Streitkräfte Malaysias (''Angkatan Tentera Malaysia'') unterteilen sich bei einer Gesamtstärke von knapp über 100.000 aktiven Soldaten in [[Malaysisches Heer|Heer]], [[Malaysische Luftstreitkräfte|Luftstreitkräfte]] und [[Malaysische Marine|Marine]].<br />
<br />
== Polizei ==<br />
{{Hauptartikel|Polis Diraja Malaysia}}<br />
<br />
Die Polis Diraja Malaysia (Königliche malaysische Polizei) ist die Polizeibehörde von Malaysia. Ihr zugehörig ist auch die Spezialeinheit [[Pasukan Gerakan Khas]].<br />
<br />
== Wirtschaft ==<br />
{{Hauptartikel|Wirtschaft Malaysias}}<br />
<br />
[[Datei:KLCC twin towers2.JPG|thumb|[[Petronas Towers]] in Kuala Lumpur]]<br />
<br />
=== Allgemein ===<br />
Malaysia ist ein an Bodenschätzen und Rohstoffen ([[Zinn]], [[Naturkautschuk|Kautschuk]], [[Palmöl]], [[Erdöl]]) reiches Land. Zudem beheimatet Malaysia die Automobilhersteller [[Perodua]] und [[Proton (Automobilhersteller)|Proton]] sowie den Ölmulti [[Petronas]]. Seit Beginn der 1990er-Jahre erfolgte eine rasante industrielle Entwicklung, die das Land in die Reihe der aufstrebenden [[Schwellenland|Schwellenländer]] aufrücken ließ. Malaysia gilt ökonomisch und politisch als eines der stabilsten Länder Südostasiens, in dem die Konvergenz von Tradition und Moderne, [[Islam]] und [[Kapitalismus]] propagiert wird. Es ist Mitglied der [[ASEAN]], der [[Gruppe der acht Entwicklungsländer|D-8]] und der [[Gruppe der Fünfzehn|G-15]]. Durch diese Ausrichtung erfuhr das Land einen grundlegenden Wandel von einem zuvor mehrheitlichen Agrarstaat hin zu einem technisierten und kapitalintensiven Industriestandort mit hohem Entwicklungspotenzial. Die ab 1997 auftretende [[Asienkrise]] traf allerdings auch Malaysia, doch hat sich die Wirtschaft inzwischen wieder erholt und verzeichnet ein erneutes Wachstum von etwa 5 bis 6 Prozent. Im Jahr 2001 wurden für 61,2 Mrd. Euro Güter importiert und gleichzeitig im Wert von 76,1 Mrd. Euro Güter exportiert. Die Inflationsrate betrug 2004 ca. 1,3 %. Das [[Bruttoinlandsprodukt]] betrug im Jahre 2004 4.151 [[US-$]] pro Einwohner.<br />
<br />
=== Staatshaushalt ===<br />
Der [[Haushaltsplan|Staatshaushalt]] umfasste 2009 Ausgaben von umgerechnet 60,7 Mrd. [[US-Dollar]], dem standen Einnahmen von umgerechnet 44,6 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich ein [[Haushaltssaldo|Haushaltsdefizit]] in Höhe von 7,7 % des [[Bruttoinlandsprodukt|BIP]].<ref name="CIA">[https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/my.html The World Factbook]</ref><br /><br />
Die [[Staatsverschuldung]] betrug 2009 100,3 Mrd. US-Dollar oder 47,8 % des BIP.<ref name="CIA"/><br />
<br />
2006 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:<br />
* [[Gesundheitssystem|Gesundheit]]:<ref name="Fischer">Der Fischer Weltalmanach 2010: Zahlen Daten Fakten, Fischer, Frankfurt, 8. September 2009, ISBN 978-3-596-72910-4</ref> 4,3 %<br />
* [[Bildungssystem|Bildung]]:<ref name="CIA"/> 6,2 % (2004)<br />
* [[Militär]]:<ref name="CIA"/> 2,0 % (2005)<br />
<br />
== Infrastruktur ==<br />
=== Eisenbahn ===<br />
[[Datei:Eisenbahngueterverkehr malaysia.PNG|thumb|300px|Eisenbahngüterverkehr in Malaysia, Mio [[Tonnenkilometer|tkm]], 2004–2006]]<br />
<br />
Malaysia verfügt über mehr als 2.400 Kilometer Eisenbahnstrecke, wovon nur 57 in [[Normalspur|Standardspurweite]] sind, die restlichen in [[Meterspur|1.000-Millimeter-Spurweite]]. Eisenbahnstrecken verlaufen fast ausschließlich auf der [[Malaiische Halbinsel|malaiischen Halbinsel]], es gibt internationale Anbindungen nach [[Thailand]] im Norden und [[Singapur]] im Süden. Etwa 207 Kilometer Eisenbahnstrecke sind elektrifiziert, die meisten davon auf der Westseite der Halbinsel, im Großraum Kuala Lumpur und nach Norden bis [[Ipoh]]. Der [[Fahrdraht]] einer zweigleisigen für eine Maximalgeschwindigkeit von 160 km/h ausgelegten Neubaustrecke erreichte Ipoh Anfang 2008.<br />
<br />
Nördlich Ipohs entsteht zur Zeit die Verlängerung bis [[Padang Besar (Malaysia)|Padang Besar]] in der Nähe der Grenze zu Thailand im Rahmen des ''Electrified double track projects'' (EDTP). Diese soll 2013 komplett fertiggestellt sein und die Verbindung der Bundesstaaten Perak, Penang, Kedah und Perlis mit der Hauptstadtregion verbessern.<br />
<br />
Preislich ist die Eisenbahn in Malaysia ein sehr günstiges Transportmittel. So zahlt man beispielsweise für die Fahrt von Kuala Lumpur nach Singapur im 1. Klasse-Doppelabteil (mit eigenem Bad und Frühstück) etwa 25 EUR <small>(Stand: 2007)</small>, in den weniger komfortablen Sitzwagen entsprechend weniger.<br />
<br />
In Kuala Lumpur wurden mit [[Kuala Lumpur Star Light Rail Transit]], [[Kuala Lumpur Putra Light Rail Transit]], [[KLIA-Ekspres]] und KLIA-CRS und [[Kuala Lumpur Monorail]] mehrere schienengebundene Verkehrssysteme installiert.<br />
<br />
==== Pertadbiran Keretapi Tanah Melayu (Malaische Eisenbahn) ====<br />
* Streckenlänge 1659 km (1977; 1719 km im Jahr 1941)<br />
* Spurweite 1m<br />
* Passagiere 6.389 Mio (1977)<br />
* Güter 3.787 Mio t (1977)<br />
* Rollmaterial 91 Loks, 345 Personen-, 8713 Güterwagen, 22 Triebwagen (1977)<ref>Railway Directory & Yearbook 1979, S. 389.</ref><br />
<br />
==== Sabah Staatsbahn ====<br />
* erbaut 1896-1905 durch British North Borneo, staatlich seit 15. Juli 1946<br />
* Streckenlänge 155 km (1977)<br />
* Spurweite 1m<br />
* Passagiere 817.408 (1977)<br />
* Rollmaterial 14 Loks, 21 Personen-, 152 Güterwagen, 10 Triebwagen, 6 Triebzüge (1977)<ref>Railway Directory & Yearbook 1979, S. 391.</ref><br />
<br />
=== Straßenverkehr ===<br />
[[Datei:Bbl suedostasien.PNG|thumb|200px|Täglicher [[Erdöl|Ölverbrauch]] einiger Länder in Südostasien, [[Barrel]]s pro Tag]]<br />
<br />
Aufgrund der britischen Kolonialvergangenheit herrscht [[Linksverkehr]]. Malaysia verfügt über etwa 77.600 Kilometer Straße, davon etwa 1.200 Kilometer Autobahn. So verbindet der [[North-South Expressway]] etwa den Nordzipfel von Malaysia an der Grenze zu Thailand mit [[Johor Bahru]] an der Grenze zu Singapur im Süden. Die Autobahnen sind größtenteils [[Maut|mautpflichtig]], die Gebühr wird dabei direkt an Ort und Stelle in Mautstationen kassiert. ''Hierzu siehe auch [[Liste der Autobahnen in Malaysia]]''.<br />
<br />
Während in den Ballungszentren die Straßen vorbildlich ausgebaut sind, findet man abseits der dicht besiedelten Gebiete, speziell in Ostmalaysia oder an der Ostküste der malaiischen Halbinsel, zahlreiche Straßen ohne Asphalt. Aufgrund der schlecht ausgebauten Straßen in abgelegenen Gegenden Ostmalaysias sind dort Wasserwege und Schiffsverbindungen besonders von Bedeutung.<br />
<br />
Der Staat subventioniert den Benzinpreis mit umgerechnet ca. EUR 0,06 pro Liter (Stand: 2010) im Vergleich zum aktuellen Marktpreis.<br />
<br />
=== Wasserwege ===<br />
Wichtige Seehäfen befinden sich in den Städten [[Tanjong Kidurong]], [[Kota Kinabalu]], [[Kuching]], [[Pasir Gudang]], [[Penang]], [[Port Klang]], [[Sandakan]] und [[Tawau]]. Daneben verfügt das Land über etwa 7.200 Kilometer schiffbarer Wasserwege, wobei sich davon 4.000 Kilometer in Ostmalaysia befinden.<br />
<br />
=== Luftverkehr ===<br />
Malaysia hat, nicht zuletzt wegen seiner Geografie, ein sehr dichtes Netz an Inlandsfluglinien. Die nationale Fluglinie des Landes heißt [[Malaysia Airlines]], daneben ist mit [[Air Asia]] die erste [[Billigfluglinie]] Südostasiens in Kuala Lumpur beheimatet. Malaysia Airlines bedient zahlreiche Flughäfen innerhalb Malaysias und Südostasiens, bietet aber auch Langstreckenflüge in Richtung Europa und Nordamerika an. Der größte und wichtigste Flughafen des Landes ist der [[Flughafen Kuala Lumpur|Kuala Lumpur International Airport]], er wurde im Jahre 1998 eröffnet.<br />
<br />
== Kultur ==<br />
[[Datei:Hibiskusbluete.jpg|thumb|120px|Hibiskusblüte]]<br />
<br />
* Der [[Hibiskus]] ist die [[Nationalblume]] von Malaysia.<br />
* Der bekannteste malaysische Zeichner und [[Karikatur]]ist ist [[Lat (Zeichner)|Lat]].<br />
<br />
=== Homosexualität ===<br />
{{Hauptartikel|Homosexualität in Malaysia}}<br />
<br />
Homosexualität ist in Malaysia, im Gegensatz zu den meisten anderen benachbarten südostasiatischen Staaten, grundsätzlich strafbar. Aus diesem Grund existieren auch keine Antidiskriminierungsvorschriften zum Schutz der sexuellen Orientierung oder offizielle Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare. In der Öffentlichkeit und den Medien wird dies jedoch zunehmend heftig thematisiert.<br />
<br />
=== Sport ===<br />
Seit 1999 wird jährlich auf dem [[Sepang International Circuit]] der [[Großer Preis von Malaysia|Große Preis von Malaysia]] ausgetragen.<br />
<br />
Zu den populärsten Sportarten in Malaysia gehören Badminton, Fußball und Hockey. Vor allem der Badmintonsport hat in Malaysia eine große Tradition.<br />
<br />
=== Literatur ===<br />
''Siehe: [[Liste malaysischer Schriftsteller]]''<br />
<br />
=== Medien ===<br />
Die Medien Malaysias sind nicht gänzlich unabhängig. Ein rigider gesetzlicher Rahmen schränkt ihre freie Entfaltung ein, beispielsweise der ''Printing Presses and Publications Act'' (PPPA) von 1984. Dieses Gesetz regelt das Drucken, Importieren, Reproduzieren, Veröffentlichen und Verteilen von Publikationen. Der Innenminister gibt jährliche Lizenzen für Druckerzeugnisse heraus, die jederzeit widerrufen werden können. Bei Nichteinhaltung drohen bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.<br />
<br />
Die Mehrzahl der klassischen Medienprodukte (Print und Fernsehen sowie Radio) ist in Regierungshand oder gehört regierungsnahen Unternehmen. Oppositionelle Medien gibt es kaum.<br />
<br />
Neue Medien sind stark im Kommen. 2008 kamen auf 100 Einwohner 100 Mobiltelefone. 58 von 100 Einwohnern nutzen das Internet. Obwohl sich das Internet freier entfalten kann als die klassischen Medien, ist auch hier ein Trend zur Kontrolle und Zensur erkennbar. Vor allem kritische politische [[Blog]]s, Online-Zeitungen und Diskussionsforen werden von den Behörden stärker überwacht. Diese erfreuen sich in der Bevölkerung großer Beliebtheit.<ref>[http://www.kas.de/wf/de/33.19710/ Knirsch, Thomas S. / Kratzenstein, Patrick: „Pressefreiheit, Neue Medien und politische Kommunikation in Malaysia – Eine Gesellschaft im Wandel“. KAS-Auslandsinformationen 6/2010, S.103 ff.]</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
Fußnoten <cite id="notas"> </cite> <sup>a</sup>&nbsp; Singapur wurde eine unabhängige Nation auf 9. August 1965.<ref>[http://www.un.org/News/Press/docs/2006/org1469.doc.htm Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen]</ref><br />
<references /><br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Alois Karl Leinweber: ''„Leben und Arbeiten in Malaysia“''. GD-Verlag, Berlin 2007. ISBN 978-3-939338-26-0.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Wiktionary|Malaysia}}<br />
{{Commonscat|Malaysia}}<br />
* [http://www.eu-asien.de/Malaysia-Informationen.html ausführliche Informationen und Bilder zu Malaysia] (deutsch)<br />
* [http://www.iten-online.ch/klima/asien/malaysia/malaysia.htm Klimadiagramme und Klimatabellen von Malaysia] (deutsch)<br />
* [http://www.talkmalaysia.com/%FCber-malaysia.html über Malaysia]<br />
* [http://www.kl-post.com.my KL-POST – Info-Magazin für Deutschsprachige in Malaysia]<br />
* [http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,495440,00.html Jürgen Kremb: ''Todesdrohungen im Paradies''] in [[Der Spiegel]], 24. Juli 2007<br />
<br />
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<br />
[[Kategorie:Föderale Monarchie (Staat)]]<br />
[[Kategorie:Staat in Asien]]<br />
[[Kategorie:Südostasien]]<br />
[[Kategorie:Malaysia| ]]<br />
<br />
{{Link FA|ms}}<br />
{{Link GA|en}}<br />
<br />
[[ace:Malaysia]]<br />
[[af:Maleisië]]<br />
[[als:Malaysia]]<br />
[[am:ማሌዢያ]]<br />
[[an:Malaisia]]<br />
[[ar:ماليزيا]]<br />
[[arz:ماليزيا]]<br />
[[as:মালয়েচিয়া]]<br />
[[ast:Malasia]]<br />
[[az:Malayziya]]<br />
[[bat-smg:Malaizėjė]]<br />
[[bcl:Malasya]]<br />
[[be:Малайзія]]<br />
[[be-x-old:Малайзія]]<br />
[[bg:Малайзия]]<br />
[[bjn:Malaysia]]<br />
[[bn:মালয়েশিয়া]]<br />
[[bo:མ་ལ་ཤི་ཡ།]]<br />
[[bpy:মালয়েশিয়া]]<br />
[[br:Malaysia]]<br />
[[bs:Malezija]]<br />
[[bug:Malaysia]]<br />
[[ca:Malàisia]]<br />
[[ceb:Malaysia]]<br />
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[[cs:Malajsie]]<br />
[[cv:Малайзи]]<br />
[[cy:Malaysia]]<br />
[[da:Malaysia]]<br />
[[diq:Malêzya]]<br />
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[[fy:Maleizje]]<br />
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[[pam:Malaysia]]<br />
[[pap:Malaysia]]<br />
[[pih:Melasya]]<br />
[[pl:Malezja]]<br />
[[pms:Malaysia]]<br />
[[pnb:ملائشیا]]<br />
[[pt:Malásia]]<br />
[[qu:Malasya]]<br />
[[ro:Malaezia]]<br />
[[ru:Малайзия]]<br />
[[rw:Malesiya]]<br />
[[sa:मलयेशिया]]<br />
[[sah:Малайзия]]<br />
[[scn:Malesia]]<br />
[[sco:Malaysie]]<br />
[[se:Malesia]]<br />
[[sg:Malezïi]]<br />
[[sh:Malezija]]<br />
[[simple:Malaysia]]<br />
[[sk:Malajzia]]<br />
[[sl:Malezija]]<br />
[[so:Malaysiya]]<br />
[[sq:Malajzia]]<br />
[[sr:Малезија]]<br />
[[ss:IMaleshiya]]<br />
[[su:Malaysia]]<br />
[[sv:Malaysia]]<br />
[[sw:Malaysia]]<br />
[[szl:Malezyjo]]<br />
[[ta:மலேசியா]]<br />
[[te:మలేషియా]]<br />
[[tet:Malázia]]<br />
[[tg:Малайзия]]<br />
[[th:ประเทศมาเลเซีย]]<br />
[[tl:Malasya]]<br />
[[tr:Malezya]]<br />
[[tt:Малайзия]]<br />
[[udm:Малайзия]]<br />
[[ug:مالايسىيا]]<br />
[[uk:Малайзія]]<br />
[[ur:ملائشیا]]<br />
[[uz:Malayziya]]<br />
[[vi:Malaysia]]<br />
[[vo:Malaysiyän]]<br />
[[war:Malaysia]]<br />
[[wo:Maleesi]]<br />
[[wuu:马来西亚]]<br />
[[xal:Малаймудин Орн]]<br />
[[yi:מאלייזיע]]<br />
[[yo:Malaysia]]<br />
[[za:Majlaizsihya]]<br />
[[zh:马来西亚]]<br />
[[zh-classical:馬來西亞]]<br />
[[zh-min-nan:Má-lâi-se-a]]<br />
[[zh-yue:馬來西亞]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Borneo&diff=89662249Borneo2011-06-05T05:51:56Z<p>222.127.231.29: /* Bevölkerung */</p>
<hr />
<div>{{Infobox Insel<br />
|NAME=Borneo (Kalimantan)<br />
|BILD1=Borneo politisch.png<br />
|BILD1-TEXT=Politische Karte von Borneo<br />
|BILD2=Borneo Topography.png<br />
|BILD2-TEXT=Borneo topographisch<br />
|GEWAESSER=[[Pazifischer Ozean]]<br />
|GRUPPE=[[Indonesischer Archipel]]</br>[[Große Sunda-Inseln]]<br />
|BREITENGRAD=000/10/33/S<br />
|LAENGENGRAD=113/41/11/E<br />
|REGION-ISO=ID/MY/BN<br />
|KARTE=ID - Borneo.PNG<br />
|POSKARTE=<br />
|LAENGE=1366<br />
|BREITE=1026<br />
|FLAECHE=751936<br />
|ERHEBUNG=[[Kinabalu]]<br />
|HOEHE=4095<br />
|HOEHE-BEZUG=<br />
|HAUPTORT=[[Kuching]]<br />
|EINWOHNER= 16196924<br />
|ZENSUS=2000<br />
}}<br />
[[Datei:Northern Tip Of Borneo.jpg|thumb|Nordspitze von Borneo an der [[Sulusee]]]]<br />
'''Borneo''' ([[Malaysische Sprache|malaysisch]]: ''Borneo''; [[Indonesische Sprache|indonesisch]]: ''Kalimantan'') ist eine Insel im [[Indonesischer Archipel|Indonesischen Archipel]]. Sie ist aufgeteilt zwischen den drei Staaten [[Indonesien]], [[Malaysia]] und [[Brunei]]. Mit einer Fläche von 751.936&nbsp;km² ist sie nach [[Grönland]] und [[Neuguinea]] die drittgrößte [[Insel]] der Welt.<br />
<br />
== Geographie ==<br />
<br />
=== Landschaft ===<br />
<br />
Die Küste der Insel ist insgesamt 4.971&nbsp;km lang, besitzt wenige Buchten und ist durch [[Mangrove (Ökosystem)|Mangrovensümpfe]] relativ unzugänglich, woraus auch die schwache Besiedlung resultiert. Die Oberfläche ist wenig gegliedert. Weite Teile sind mit dichtem [[Wald#Natürlichkeit|Urwald]] bewachsen.<br />
<br />
=== Gebirge ===<br />
Es gibt eine lange Bergkette, die sich vom Nordosten der Insel, dem [[Kap Sampanmangio]], bis zu ihrer südwestlichen Spitze, dem [[Kap Datu]], erstreckt. Diese gliedert sich auf in das [[Iran (Gebirge)|Irangebirge]] (Pegunongan Iran) in Sabah, [[Ober-Kapuas-Gebirge]] (Pegunongan Kapuas Hulu) auf der Grenze zwischen Sarawak und Kalimantan Barat, das [[Schwanergebirge]] in Kalimantan Barat (benannt nach dem Mannheimer Geologen [[Carl Schwaner]]) und das [[Müllergebirge]] im Südosten der Insel (benannt nach dem Mainzer Major [[Georg Müller (niederländisch-ostindischer Beamter)|Georg Müller]]).<br />
<br />
Die höchste Erhebung befindet sich im Nordosten der Insel, der Berg [[Kinabalu]], mit 4.095&nbsp;m gleichzeitig der höchste Berg Südostasiens. Granit und Schiefergebirge findet man insbesondere im Westen Borneos.<br />
<br />
=== Städte ===<br />
Die größten Städte Borneos heißen wie folgt:<br />
{| class="wikitable sortable" <br />
|-<br />
! Platz<br />
! Stadt<br />
! Bevölkerungszahl<br />
! Staat<br />
|-<br />
| 1<br />
| '''[[Kuching]]''', [[Sarawak]]<br />
| 632.505<br />
| Malaysia<br />
|-<br />
| 2<br />
| '''[[Banjarmasin]]'''<br />
| 598.518<br />
| Indonesien<br />
|-<br />
| 3<br />
| '''[[Kota Kinabalu]]''', [[Sabah]]<br />
| 543.765<br />
| Malaysia<br />
|-<br />
| 4<br />
| '''[[Pontianak]]'''<br />
| 466.090<br />
| Indonesien<br />
|-<br />
| 5<br />
| '''[[Sandakan]]''', Sabah<br />
| 453.759<br />
| Malaysia<br />
|-<br />
| 6<br />
| '''[[Balikpapan]]'''<br />
| 453.575<br />
| Indonesien<br />
|-<br />
| 7<br />
| '''[[Samarinda]]'''<br />
| 356.034<br />
| Indonesien<br />
|-<br />
| 8<br />
| '''[[Tawau]]''', Sabah<br />
| 354.243<br />
| Malaysia<br />
|-<br />
| 9<br />
| '''[[Miri]]''', Sarawak<br />
| 257.305<br />
| Malaysia<br />
|-<br />
| 10<br />
| '''[[Loa Janan]]'''<br />
| 229.946<br />
| Indonesien<br />
|-<br />
|}<br />
=== Klima ===<br />
<br />
Borneo hat ein ausgesprochen tropisches Klima mit hoher Luftfeuchtigkeit (über 80 %). Die Durchschnittstemperaturen schwanken zwischen 27,7&nbsp;°C im Mai und 26,7&nbsp;°C im Dezember. Auf dem größeren südlichen Teil Borneos gibt es keine ausgeprägte [[Regenzeit]]. Die mittlere Jahresniederschlagsmenge beträgt 3.000 bis 4.000&nbsp;Millimeter. Der Norden hat zwei Regenzeiten, mit den stärksten Regenfällen zwischen Oktober und März.<br />
<br />
=== Meere ===<br />
Borneo wird begrenzt im Süden von der [[Javasee]], im Westen von der [[Karimata-Straße]], im Norden vom [[Südchinesisches Meer|Südchinesischen Meer]], an der Nordostspitze von der [[Sulusee]], im Osten von der [[Celebessee]] und der [[Straße von Makassar|Makassarstraße]].<br />
<br />
Nördlich Borneos liegt die größte malaysische Insel [[Banggi]].<br />
<br />
== Flora und Fauna ==<br />
<br />
=== Tierwelt ===<br />
[[Datei:Borneo-elephant-PLoS Biology.jpg|thumb|Borneo-Zwergelefant]]<br />
<br />
Bisher sind 221 Säugetierarten auf Borneo bekannt. Dazu zählen neben den [[Borneo-Orang-Utan|Orang-Utans]] auch [[Gibbons]]. Um den Schutz der Orang-Utans bemüht sich u.a. die indonesische [[Borneo Orangutan Survival Foundation]] (BOS) bzw. BOS-Organisationen in verschiedenen Ländern wie z.B. [[BOS Deutschland e.V.]] sowie die Borneo Orang-Utan-Hilfe und die Orangutan Foundation ([[Nationalpark Tanjung Puting]]). Extrem selten ist das sehr scheue und mit etwa 30 Tieren vom Aussterben bedrohte [[Sumatra-Nashorn]]. Der [[Sunda-Nebelparder]] ist die größte Katze der Insel. Kleinere Katzenarten sind die [[Flachkopfkatze]], die [[Borneo-Goldkatze]] und die [[Prionailurus bengalensis|Bengalkatze]]. Auch die kleinen [[Malaienbär]]en sind typische Bewohner des Regenwaldes. Und nur auf Borneo kommt der [[Nasenaffe]] vor. Der [[Rhinozerosvogel]] ist nur eine von 622 bekannten hier vorkommenden Vogelarten. Weiterhin kommen 400 Reptilien- und Amphibienarten vor, darunter die [[Kapuas-Wassertrugnatter]], die einzige bekannte Schlange der Erde, die chamäleonartig ihre Farbe ändern kann und der [[Borneo-Taubwaran]].<br />
<br />
Auf Borneo haben laut ''World Wide Fund For Nature'' ([[WWF]]) Forscher im Jahr 2003 eine neue Unterart des [[Asiatischer Elefant|asiatischen Elefanten]] entdeckt, den [[Borneo-Zwergelefant]]. Von diesem gibt es laut Schätzungen lediglich 1.000 bis 1.500 Exemplare. Laut einer Analyse der Zellen der Tiere und einem Vergleich mit anderen asiatischen Elefanten könne widerlegt werden, dass sie vom Menschen vom Festland nach Borneo gebracht wurden und sie aller Wahrscheinlichkeit nach von [[Java (Insel)|Java]] stammen. Bevor die Vorfahren der Borneo-Zwergelefanten auf [[Java (Insel)|Java]] ([[Java-Elefant]]en) im 16. Jahrhundert ausstarben, gelangten offenbar einige von ihnen in die heutige [[Philippinen|philippinische]] Provinz [[Sulu (Provinz)|Sulu]]. Der [[Sultanat von Sulu|Sultan von Sulu]] nahm im 17. Jahrhundert einige Elefanten als Gastgeschenk nach Borneo mit, wo sie sich vermehrten und augenscheinlich bis heute überlebt haben. Viele Fakten stützen dies, wie etwa dass es keine [[Archäologie|archäologischen]] Beweise des Borneo-Elefanten auf Borneo gibt. Auf Sulu selbst wurden die Elefanten im 18. Jahrhundert ausgerottet Zugleich seien sie auch in ihrem Verhalten relativ [[Zähmung|zahm]] und sanftmütig. Aufgrund der Klassifizierung als eigene Unterart sprach der WWF dem Zwergelefanten die höchste Priorität hinsichtlich seines Schutzes zu. <br />
<br />
Der WWF wies in jüngster Zeit weitere bisher weltweit unbekannte Tierarten nach – im Zeitraum von Juli 2005 bis September 2006 waren es 32 neue Arten. ''Fische'': 30 Arten, darunter ein Vertreter aus der Familie der [[Karpfenfische]] mit dem Namen ''Paedocypris micromegethes'', der in extrem sauren Torfmoor-Gewässern der Insel vorkommt. Mit nur knapp einem Zentimeter Länge gilt er nach dem auf der Nachbarinsel [[Sumatra]] beheimateten Mini-Fisch ''[[Paedocypris progenetica]]'' als das zweitkleinste Wirbeltier der Welt. Nachgewiesen wurde auch eine [[Wels (Fisch)|Wels]]-Art mit hervorstehenden Zähnen und einem klebrigen Bauch, der es ihm erlaubt, sich in Stromschnellen an Felsen zu haften, sowie sechs [[Kampffische]], von denen einer eine schillernde blau-grüne Markierung trägt. ''Amphibien'': 2 [[Laubfrösche (Familie)|Laubfroscharten]].<br />
<br />
Ein für den Erhalt der Großsäugetiere Borneos besonders wichtiges Reservat ist das [[Tabin-Wildreservat]] im Norden [[Sabah]]s, das eines der letzten Rückzugsgebiete für die größten Säugetierarten der Insel (Sumatra-Nashorn, Borneo-Elefant, Borneo-Banteng) darstellt. Ein weiteres wichtiges Gebiet für Großsäuger ist die [[Danum-Valley-Conservation-Area]]. Hier lebt insbesondere auch eine größere Population des Orang Utan.<br />
<br />
=== Pflanzenwelt ===<br />
[[Datei:Rafflesia kerrii flower.jpg|thumb|''[[Rafflesien|Rafflesia]] kerrii'']]<br />
Etwa 15.000 Arten von [[Gefäßpflanzen]] (Tracheobionta) sind auf Borneo heimisch. Ein bedeutender Anteil hiervon ist [[Endemit|endemisch]], also nur auf Borneo zu finden. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es mehr [[Orchideen]]<b/>arten als auf Borneo. Über 750 Spezies wachsen allein an den Hängen des [[Kinabalu]]. Bekannt sind außerdem für den Bau wichtige Bäume wie [[Eisenholz]] (id.: kayu besi) und die streng geschützte [[Schwarze Orchidee]] (id.: anggrek hitam).<br />
<br />
Allein in den Jahren 2005/2006 wurden auf Borneo 20 neue Gefäßpflanzen-Arten entdeckt, die bisher weltweit unbekannt waren: 16 [[Ingwergewächse]] der Gattung ''Etlingera'', 3 Baumarten sowie eine weitere Pflanzenart aus der Familie der [[Pfeilwurzgewächse]].<br />
<br />
Die gesamte zum Teil weltweit einzigartige Tier- und Pflanzenwelt Borneos ist stark bedroht durch den Rückgang des tropischen Regenwaldes aufgrund zunehmender menschlicher Nutzung.<br />
<br />
== Bevölkerung ==<br />
<br />
Die Bevölkerung von Borneo besteht aus [[Malaien]], [[Han-Chinesen|Chinesen]] und einer Vielzahl von indigenen [[Dayak]]völker, darunter [[Bidayuh]], [[Iban (Volksgruppe)|Iban]], [[Kayan (Borneo)|Kayan]], [[Kelabit]], [[Kenyah]], [[Lun Bawang]], [[Ngaju]], [[Penan]], [[Punan]] und [[Sihan]].<br />
<br />
Die Mehrheit ist muslimisch.<br />
<br />
== Politische Gliederung ==<br />
<br />
Borneo ist politisch geteilt in das Sultanat [[Brunei]], die malaysischen Bundesstaaten [[Sarawak]] und [[Sabah]], sowie das Bundesterritorium [[Labuan]] (strenggenommen nicht auf Borneo, sondern auf vorgelagerten Inseln) und die indonesischen Provinzen [[Kalimantan Barat]], [[Kalimantan Tengah]], [[Kalimantan Selatan]] und [[Kalimantan Timur]]. Borneo ist damit die einzige Insel, die zu drei Staaten gehört (vgl. [[Liste geteilter Inseln]]). (Bis 1919 war auch [[Neuguinea]] eine dreigeteilte Insel, nämlich unter den Kolonialmächten Deutschland, Großbritannien und Niederlande.)<br />
Der größte Teil der Insel gehört zum indonesischen Territorium.<br />
<br />
{| class="wikitable sortable" <br />
|-<br />
! Bundesstaat</br>oder Provinz<br />
! Hauptstadt<br />
! Teil von Staat <br />
! Fläche</br>km²<br />
! Fläche</br>%<br />
! Bevölkerung<sup> 1)</sup><br />
! Bevölkerung</br>%<br />
|-<br />
| [[Brunei]]<br />
| [[Bandar Seri Begawan]]<br />
| unabhängiges Sultanat<br />
| align="right"|5.765<br />
| align="right"|0,77<br />
| align="right"|338.7880<br />
| align="right"|2,1<br />
|-<br />
| [[Sarawak]]<br />
| [[Kuching]]<br />
| Malaysia<br />
| align="right"|124.450<br />
| align="right"|16,6<br />
| align="right"|2.070.000<br />
| align="right"|11,5<br />
|-<br />
| [[Sabah]]<br />
| [[Kota Kinabalu]]<br />
| Malaysia<br />
| align="right"|73.619<br />
| align="right"|9,8<br />
| align="right"|3.387.880<br />
| align="right"|18,8<br />
|-<br />
| [[Labuan]]<sup> 2)</sup><br />
| Victoria<br />
| Malaysia<br />Bundesterritorium<br />
| align="right"|92<br />
| align="right"|0,01<br />
| align="right"|85.000<br />
| align="right"|0,5<br />
|-<br />
| [[Kalimantan Barat]] (Westborneo)<br />
| [[Pontianak]]<br />
| Indonesien<br />
| align="right"|146.760<br />
| align="right"|19,5<br />
| align="right"|4.052.345<br />
| align="right"|22,5<br />
|-<br />
| [[Kalimantan Tengah]] (Zentralborneo)<br />
| [[Palangkaraya]] <br />
| Indonesien<br />
| align="right"|152.600<br />
| align="right"|20,3<br />
| align="right"|1.914.900<br />
| align="right"|10,6<br />
|-<br />
| [[Kalimantan Selatan]] (Südborneo)<br />
| [[Banjarmasin]] <br />
| Indonesien<br />
| align="right"|37660<br />
| align="right"|5,0<br />
| align="right"|3.281.993<br />
| align="right"|18,2<br />
|-<br />
| [[Kalimantan Timur]] (Ostborneo)<br />
| [[Samarinda]] <br />
| Indonesien<br />
| align="right"|210.985<br />
| align="right"|28,1<br />
| align="right"|2.848.798<br />
| align="right"|15,8<br />
|-style="background: #DDD;" | class="sortbottom"<br />
| Borneo<br />
| [[Kuching]]<sup> 3)</sup><br />
| 3 Staaten<br />
| align="right"|750.812<br />
| align="right"|100,0<br />
| align="right"|18.022.916<br />
| align="right"|100,0<br />
|}<br />
<sup>1) </sup>Zahlen zu Brunei und Indonesien: Fischer Weltalmanach 2009</br><br />
<sup>2) </sup>strenggenommen nicht auf Borneo, sondern auf vorgelagerten Inseln (2,5&nbsp;km von der Hauptinsel Borneos)</br><br />
<sup>3) </sup>größte Stadt<br />
<br />
Im Westen liegen die [[Anambas-Inseln]] und die Malaiische Halbinsel. Südlich von Borneo befindet sich [[Java (Insel)|Java]], östlich [[Sulawesi]]. Nordöstlich von [[Sabah]] liegen [[Basilan]] und [[Mindanao]], die südlichen Provinzen der Philippinen.<br />
<br />
== Geschichte ==<br />
<br />
Vom 15. bis zum 17. Jahrhundert wurden Teile Borneos vom malaiischen Sultanat Brunei regiert. Danach wurde der nördliche Teil der Insel von dem malaiischen [[Sultanat von Sulu]] kontrolliert (1473-1899), später erlangte die [[Britische Nordborneo-Kompanie]] die Macht. Die Gebiete, die zum Sultanat von Brunei gehörten, kamen als Sarawak unter die Herrschaft der britischen [[Weiße Rajas|Brooke-Dynastie]].<br />
<br />
Im frühen 19. Jahrhundert schlossen [[Britisches Weltreich|britische]] und [[Niederländische Kolonien|holländische]] Kolonisten ein Abkommen, nach dem sie Handelshäfen gegeneinander tauschten. Der östliche Teil Borneos wurde holländische Kolonie, der westliche Teil kam unter britische Herrschaft. [[Kaiserreich China|China]] etablierte daraufhin Handel mit Borneo, teilweise bis tief in das Inland.<br />
<br />
Während des Zweiten Weltkriegs ([[Pazifikkrieg]]) eroberten [[japan]]ische Truppen Borneo (1941 bis 1945). Das malaiische [[Sultanat von Sambas]] in Kalimantan wurde aufgelöst. <br />
<br />
Als am 31. August 1957 die Föderation Malaya in die Unabhängigkeit entlassen wurde, gab es Pläne zur Ausdehnung der Föderation auch auf die noch unter britischer Herrschaft stehenden Gebiete Singapur, Sarawak, Brunei und Sabah. Diese wurden von Brunei am 7. Dezember 1962 zurückgewiesen. Die [[Philippinen]] ihrerseits erhoben am 5. August 1963 rechtliche Ansprüche auf Sabah und reichten Klage beim [[Internationaler Gerichtshof|Internationalen Gerichtshof]] ein. Am 16. September 1963 stellte sich auch [[Indonesien]] gegen die Eingliederung von Sarawak und Sabah in die Föderation und entsandte Freischärler in die betroffenen Gebiete. Der mit dem indonesischen Wort [[Konfrontasi]] bezeichnete Kleinkrieg zwischen den Freischärlern und englischen bzw. [[Commonwealth]]-Truppen wurde nach der Entmachtung des indonesischen Präsidenten [[Sukarno]] durch dessen Nachfolger [[Suharto]] beigelegt. Die Föderation Malaya wurde in dieser Zeit dennoch um Sarawak, Sabah und Singapur erweitert, der so entstandene Staat wurde Malaysia. Brunei blieb britisches Protektorat und wurde am 1. Januar 1984 unabhängig.<br />
<br />
== Wirtschaft ==<br />
[[Datei:Palm forest.jpg|thumb|Zerstörung des Regenwaldes]]<br />
An Bodenschätzen gewinnt man [[Kohle]] und [[Erdöl]]. Hauptsächlich wird in der Landwirtschaft [[Kopra]], [[Sago]] und [[Naturkautschuk|Kautschuk]] hergestellt. Im Südosten wird zudem [[Pfeffer]] angebaut. Von großer Bedeutung ist die Holzwirtschaft (Tropenhölzer). Die wenig kontrollierte Abholzung hat dazu geführt, dass die indonesische Regierung auf internationaler Ebene in die Kritik geraten ist. Nach der Abholzung des Dschungels entstehen riesige Monokulturen von [[Palmöl]]-Plantagen.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Bruno Manser]]<br />
* [[Liste geteilter Inseln]]<br />
* [[Majapahit]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{commonscat|Borneo}}<br />
* [http://bilder.fernweh.com/kategorie8.htm Bilder aus Sarawak und Borneo]<br />
* [http://www.flyingdusun.com/g_001_Discover/g_011_history.htm Geschichte von Sabah]<br />
<br />
<!--== Quellen ==<br />
<references />--> <br />
{{Navigationsleiste Inseln der Sunda-Inseln}}<br />
<br />
[[Kategorie:Insel (Asien)]]<br />
[[Kategorie:Insel (Indonesien)]]<br />
[[Kategorie:Insel (Malaysia)]]<br />
[[Kategorie:Insel (Große Sunda-Inseln)]]<br />
[[Kategorie:Insel (Pazifischer Ozean)]]<br />
[[Kategorie:Geteilte Insel]]<br />
[[Kategorie:Borneo| ]]<br />
<br />
[[ace:Kalimantan]]<br />
[[ar:بورنيو]]<br />
[[bat-smg:Borneo]]<br />
[[bcl:Borneo]]<br />
[[be:Востраў Калімантан]]<br />
[[be-x-old:Калімантан]]<br />
[[bg:Борнео]]<br />
[[bjn:Pulaw Kalimantan]]<br />
[[bn:বোর্নিও]]<br />
[[br:Borneo]]<br />
[[bs:Borneo]]<br />
[[ca:Borneo]]<br />
[[ceb:Borneo]]<br />
[[cs:Borneo]]<br />
[[cy:Borneo]]<br />
[[da:Borneo]]<br />
[[el:Βόρνεο]]<br />
[[en:Borneo]]<br />
[[eo:Borneo]]<br />
[[es:Isla de Borneo]]<br />
[[et:Kalimantan]]<br />
[[eu:Borneo]]<br />
[[fa:بورنئو]]<br />
[[fi:Borneo]]<br />
[[fr:Bornéo]]<br />
[[fy:Borneo]]<br />
[[gd:Borneo]]<br />
[[gl:Borneo]]<br />
[[hak:Phô-lò-chû]]<br />
[[he:בורנאו]]<br />
[[hi:बोर्नियो]]<br />
[[hr:Borneo]]<br />
[[hu:Borneó]]<br />
[[id:Kalimantan]]<br />
[[is:Borneó]]<br />
[[it:Borneo]]<br />
[[ja:ボルネオ島]]<br />
[[jv:Kalimantan]]<br />
[[ka:კალიმანტანი]]<br />
[[ko:보르네오 섬]]<br />
[[kw:Borneo]]<br />
[[la:Borneum]]<br />
[[lmo:Borneo]]<br />
[[lt:Borneo]]<br />
[[lv:Kalimantāna]]<br />
[[map-bms:Kalimantan]]<br />
[[mg:Nosy Borneo]]<br />
[[mk:Борнео]]<br />
[[mr:बोर्नियो]]<br />
[[ms:Borneo]]<br />
[[my:ဘော်နီယိုကျွန်း]]<br />
[[nl:Borneo]]<br />
[[nn:Borneo]]<br />
[[no:Borneo]]<br />
[[oc:Bornèo]]<br />
[[os:Калимантан]]<br />
[[pl:Borneo]]<br />
[[pnb:بورینو]]<br />
[[pt:Bornéu]]<br />
[[ro:Borneo]]<br />
[[ru:Калимантан]]<br />
[[scn:Borneu]]<br />
[[sh:Borneo]]<br />
[[simple:Borneo]]<br />
[[sk:Borneo]]<br />
[[sl:Borneo]]<br />
[[sr:Борнео]]<br />
[[stq:Borneo]]<br />
[[sv:Borneo]]<br />
[[sw:Borneo]]<br />
[[ta:போர்ணியோ]]<br />
[[tg:Борнео]]<br />
[[th:เกาะบอร์เนียว]]<br />
[[tl:Borneo]]<br />
[[tr:Borneo]]<br />
[[uk:Борнео]]<br />
[[ur:بورنیو]]<br />
[[vi:Borneo]]<br />
[[war:Borneo]]<br />
[[zh:婆罗洲]]<br />
[[zh-min-nan:Borneo]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Oriental_Negros&diff=89662016Oriental Negros2011-06-05T05:30:23Z<p>222.127.231.29: </p>
<hr />
<div>#WEITERLEITUNG [[Negros Oriental]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ehescheidung_(Deutschland)&diff=95557274Ehescheidung (Deutschland)2011-06-05T04:59:24Z<p>222.127.231.29: /* Weitere Länder */ das Referendum in Malta war nur konsultativ und noch ist kein Gesetz in Kraft, das die Scheidung erlaubt; Formulierung vorher suggerierte was anderes</p>
<hr />
<div>'''Scheidung''' oder '''Ehescheidung''' ist die formelle juristische Auflösung einer [[Ehe]].<br />
<br />
''Geschieden'' ist neben ledig, verheiratet und [[Witwer|verwitwet]] einer der vier weltweit üblichen [[Familienstand|Familienstände]]. Eine Scheidung ist jedoch nicht in allen Rechtssystemen möglich, Verfahren und Bedeutung können sehr unterschiedlich sein.<br />
<br />
Daneben gibt es mit [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]], [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigkeit]] und [[Eheannullierung|Annullierung]] aus formellen Gründen verschiedene Formen der Ungültigkeit einer Ehe, sowie die [[Getrenntleben|Trennung]] ohne Beendigung des Eheverhältnisses. In erweitertem Sinne bezieht sich der Ausdruck ''Scheidung'' rechtlich auch auf [[gleichgeschlechtliche Ehe]]n oder [[eingetragene Partnerschaft]]en<!--sic, nicht der deutsche spezialausdruck-->, nicht aber andere [[Lebensgemeinschaft]]en.<br />
<br />
== Deutsches Recht ==<br />
''siehe auch:'' [[Eherecht (Deutschland)|Eherecht]]<br />
<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Die [[Internationale Zuständigkeit (Deutschland)|internationale Zuständigkeit]] ist innerhalb der [[Europäische Gemeinschaft|Europäischen Gemeinschaft]] mit Ausnahme Dänemarks mit der „Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung“<ref>http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:338:0001:0029:DE:PDF</ref> (Brüssel IIa Verordnung – auch EuGVVO II oder [[Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (EuEheVO)|EheVO-II]]) einheitlich geregelt worden.<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;a EheVO-II ist das Gericht desjenigen EG-Mitgliedstaates zuständig, in dem<br />
# beide Ehegatten ihren [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn ihn einer dort noch hat;<br />
# der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder im Falle eines „gemeinsamen Antrags“<ref>unerheblich ist, ob nach dem Recht des Mitgliedstaates, dessen Gericht zuständig ist, formal die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrags existiert, Thomas Rauscher in Europäischen Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;19</ref>, wo einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;<br />
# der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens 6 Monaten vor dem Antrag aufgehalten hat und Staatsangehöriger dieses Staates ist oder in Ermangelung einer Staatsangehörigkeit sich mindestens ein Jahr aufgehalten hat;<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;b EheVO-II sind auch die Gerichte des EG-Mitgliedstaates international zuständig, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten haben.<br />
<br />
Die internationale Zuständigkeit kann unter Umständen für einen Deutschen, dessen Ehegatte ein Ausländer ist, bedeuten, dass für seinen Scheidungsantrag kein deutsches Gericht international zuständig ist.<ref>Rauscher in Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;3</ref><br />
<br />
Diese internationale Zuständigkeit ist innerhalb der EG ausschließlich. Nur nicht EG-Staaten können ihre Gerichtsbarkeit ebenfalls für berufen erklären. Eine Restzuständigkeit bleibt dem nationalen Recht, wenn der Antragsgegner weder Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaates ist noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem EG-Mitgliedstaat hat (Art.&nbsp;6 EheVO-II); deutsche Gerichte sind in diesem Fall nach {{§|98|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] international zuständig. Ist der Antragsteller Deutscher und der Antragsgegner weder EG-Inländer oder in der EG ansässig, ist die deutsche Gerichtsbarkeit mit der Sache betraut.<br />
<br />
An der Scheidung ist die Scheidungsfolgesache Unterhalt geknüpft: Hierzu gibt es bereits seit Inkrafttretens des europäischen Rechts Brüssel I – auch [[EuGVVO]] genannt – eine entsprechende Regelung.<br />
<br />
Soweit ein deutsches Gericht international zuständig ist, prüft es, ob es deutsches oder bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ausländisches Recht anzuwenden hat.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
''siehe auch:'' [[Internationales Privatrecht]]<br />
<br />
Deutsche Gerichte und Behörden wenden auf [[deutsche]] Staatsbürger stets deutsches Recht an.<br />
<br />
Bei [[Ausländer]]n muss unterschieden werden:<br />
<br />
Gehören beide Ehegatten, die sich scheiden lassen wollen, zum Zeitpunkt der [[Rechtshängigkeit]] demselben ausländischen Staat an oder gehörten sie diesem zuletzt an, richtet sich die Scheidung nach dem Recht ihres Heimatstaates ({{Art.|17|EGBGB|dejure}} Abs.&nbsp;1 [[EGBGB]]).<br />
<br />
Ist einer der Ehegatten Deutscher, haben beide ausländischen Ehegatten verschiedene [[Staatsangehörigkeit]]en oder sind die Eheleute [[Asyl]]anten oder [[Konventionsflüchtling]]e<ref>Art.&nbsp;12 [[Genfer Flüchtlingskonvention]]</ref>, so wird das Recht des Ortes angewendet, wo die Ehegatten ihren gemeinsamen [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn einer von ihnen ihn dort noch hat. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch eine [[Inländerprivilegierung]] vorgesehen: Ist einer der Ehegatten Deutscher und ist die Ehe nach dem Recht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts unscheidbar, wird sie nach deutschem Recht geschieden. Klagt ein Deutscher auf Scheidung der Ehe und ist nach der EheVO-II die deutsche Gerichtsbarkeit unzuständig, kommt dem Deutschen die Inländerprivilegierung des Art.&nbsp;17 Abs.&nbsp;1 Satz&nbsp;2 EGBGB nicht zugute.<br />
<br />
Bei der Form der Scheidung ist das deutsche Recht streng. Auch wenn auf die Scheidung der Ehe durch das deutsche [[Familiengericht]] ausländisches Recht angewendet wird, kann in Deutschland die Ehe nur durch [[Gerichtsbeschluss]] (z.&nbsp;B. nicht durch [[Verstoßung]] oder [[Aufhebungsvertrag]]) geschieden werden. Diese Formstrenge steht im Gegensatz zur Toleranz gegenüber ausländischen Formen des Eheschlusses in Deutschland (z.&nbsp;B. vor einem [[Konsul]] oder [[Geistlicher|Geistlichen]]).<br />
<br />
=== Deutsche Vorschriften ===<br />
Das deutsche Recht sieht die Ehe als lebenslange Institution, deren besonderer Schutz in {{Art.|6|gg|juris}} des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes]] gefordert wird. Die Ehe kann daher nur durch den [[Sterbefall|Tod]], durch Scheidung oder durch [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]] beendet werden. Die Scheidung oder die Aufhebung muss im Wege der [[Gestaltungsklage]] durch richterlichen Beschluss erfolgen. Scheidungen werden mehrheitlich von Frauen eingereicht.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2007/08/13/781748.html?s=2 Abendblatt: ''Keine Lust mehr auf Ehe?'']</ref><br />
<br />
Die Scheidung wurde zusammen mit der [[Zivilehe]] 1875 im [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]] eingeführt. Bis zum Inkrafttreten der Reform von 1976 ([[Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts|1. EheRG]]) galt im Ehescheidungsverfahren das Schuldprinzip. Dieses wurde in einer Reform der entsprechenden Paragraphen durch das sogenannte ''Zerrüttungsprinzip'' abgelöst. Im Gesetzestext selber wird dabei vom ''Scheitern'' der Ehegemeinschaft gesprochen. Die Reform von 1976 macht Unterhaltsrechte und -pflichten nicht mehr von einer „Schuld“ abhängig, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der geschiedenen Ehepartner, unter Berücksichtigung des Prinzips einer [[Eigenverantwortung]].<ref>{{internetquelle|autor=Peter Borowsky|url=http://www.bpb.de/publikationen/01076900131314521849545168923836,5,0,Sozialliberale_Koalition_und_innere_Reformen.html|titel=Sozialliberale Koalition und innere Reformen – Kapitel „Ehe- und Familienrecht“|werk=Informationen zur politischen Bildung (Heft 258)|hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung|zugriff=11. Mai 2008}}</ref><ref>[http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=43822624&aref=image035/0549/PPM-SP197004900700086.pdf&thumb=false ''Wie im Orient?''], DER SPIEGEL 49/1970, S.&nbsp;70–86, 30. November 1970. [{{Der Spiegel|43822624|Titel=Wie im Orient? (siehe Titelbild)|Text=}} Online-Version (HTML)]. Aufgerufen am 11. Mai 2008.</ref> Die Regelungen wurden 2008 durch das [[Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts]] erneut umfassend reformiert.<br />
<br />
==== Voraussetzungen ====<br />
Die Voraussetzungen einer Scheidung sind, nachdem sie jahrzehntelang im [[Ehegesetz (Deutschland)|Ehegesetz]] „ausgelagert“ waren, inzwischen wieder abschließend in den {{§|1564|bgb|juris}} bis {{§|1568|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] sowie in den {{§|133|famfg|juris}} bis {{§|150|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] geregelt. Die Scheidungsfolgen (wie beispielsweise [[Unterhalt]], [[Sorgerecht]], [[Umgangsrecht]] und [[Versorgungsausgleich]]) werden in den {{§|1569|bgb|juris}}ff. BGB, das Scheidungsverfahrensrecht im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den [[Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit]] (FamFG) geregelt. Mit der Umsetzung des FamFG wurde das Scheidungsverfahrensrechts, das vorher in ZPO und FGG geregelt war, nunmehr in einem Gesetz vereinheitlicht.<br />
<br />
Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie ''gescheitert'' ist. Das ist der Fall, wenn die eheliche [[Lebensgemeinschaft]] gemäß {{§|1353|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] (mensa et toro) nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung nicht mehr zu erwarten ist. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (s.&nbsp;{{§|1567|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]]).<br />
<br />
Um den Ehegatten eine genaue Untersuchung des Merkmals ''Scheitern'' (Zerrüttung) zu ersparen, gibt das BGB dem entscheidenden Richter zwei [[Vermutung (Recht)|Vermutungen]] an die Hand<!-- Meyers Lexikon ist eingestellt seit dem 23.03.09 <ref>http://lexikon.meyers.de/meyers/Ehescheidung</ref> Vielleicht dieser Link: http://bundesrecht.juris.de/bgb/__1566.html-->:<br />
<br />
# Leben die Ehegatten mehr als ein Jahr getrennt, so wird die Zerrüttung vermutet, sofern diese als „nicht heilbar“ angesehen wird: Wollen beide Ehegatten geschieden werden („einverständliche Scheidung“) oder besteht keine Bereitschaft, sich zu versöhnen, ist unwiderlegbar von einer Zerrüttung auszugehen.<br />
# Nach drei Jahren Trennung kann die Ehe auch gegen den Willen des anderen Ehegatten geschieden werden. Auch diese Vermutung ist unwiderlegbar.<br />
<br />
Ist die Fortsetzung der Ehe einem der Ehegatten eine unzumutbare Härte ({{§|1565|bgb|juris}} Abs.&nbsp;2 BGB), die in der Person des anderen Ehegatten begründet liegt, kann die Ehe aber vor Vollendung des ersten Trennungsjahrs und ohne Einwilligung beider Ehegatten geschieden werden. Eine solche unzumutbare Härte wird angenommen, wenn Misshandlungen vorliegen oder der Ehegatte beispielsweise eine weitere Person in die Ehe aufnehmen wollte (im Stil einer „[[Ménage à trois]]“). Deutsche Gerichte tendierten in der Vergangenheit dazu, den Begriff immer weiter zu fassen und immer neue subjektiv empfundene unzumutbare Härten zu akzeptieren.<br />
<br />
Der Beginn des Trennungsjahres kann rechtssicher durch den Wechsel in die [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse IV (4)|Steuerklasse IV]] im laufenden Jahr bzw. [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse I (1)|Steuerklasse I]] im auf die Trennung folgenden Kalenderjahr auf der [[Steuerkarte]] dokumentiert werden. Hierzu ist beim [[Einwohnermeldeamt]] eine ''Erklärung zum Familienstand'' abzugeben.<br />
<br />
==== Härteklausel ====<br />
Zu beachten ist die [[Härteklausel]] nach {{§|1568|bgb|juris}} BGB: Da die Scheidung in der Regel eine schwere Härte für [[Minderjährigkeit|minderjährige Kinder]] darstellt, ist zu prüfen, ob ein Fortbestand der Ehe aus Gründen des [[Kindeswohl]]s möglich erscheint (§ 1568 Abs.&nbsp;1 1. Alt. BGB). Zugleich wird aber auch der andere Ehepartner geschützt, wenn dieser wegen Krankheit oder vorgerückten Alters besonderer Schutzwürdigkeit bedarf.<br />
<br />
Die praktische Relevanz dieser Vorschrift ist aber eher als gering einzustufen.<br />
<br />
==== Verfahren ====<br />
Das Verfahren der Scheidung findet vor dem [[Amtsgericht]] – [[Familiengericht]] – statt. Anders als bei anderen Verfahren vor dem Amtsgericht besteht in Scheidungsverfahren [[Anwaltszwang]], das heißt, jedenfalls der Antragsteller muss sich von einem Anwalt vertreten lassen.<br />
<br />
Im Scheidungsverfahren können auf Antrag in einem sogenannten [[Scheidungsverbund]] andere Familiensachen (Regelung der [[Sorgerecht|elterlichen Sorge]], des [[Umgangsrecht|Umgangs]], des [[Unterhalt]]s, der Ansprüche aus dem ehelichen [[Güterrecht]], der Zuweisung von Ehewohnung und ehelichem [[Hausrat]]) für den Fall der Scheidung mit geltend gemacht werden. In der Regel zwingend und ohne Antrag einer Partei ist mit der Scheidung der [[Versorgungsausgleich]] zu regeln.<br />
<br />
Außergerichtlich können einige Scheidungsfolgen geregelt werden; z.&nbsp;B. kann [[ehevertrag]]lich auch anlässlich der Scheidung auf [[Zugewinnausgleich]] und unter bestimmten Einschränkung auch auf [[Unterhalt|Ehegattenunterhalt]] verzichtet werden. Solche Vereinbarungen sind [[notar]]iell zu [[Beurkundung|beurkunden]].<br />
<br />
=== [[Rechtsweg]] ===<br />
Während die erst<nowiki />[[Instanz (Recht)|instanz]]<nowiki />liche Verhandlung stets vor dem [[Amtsgericht]] stattfindet, ist die [[Beschwerde (Recht)|Beschwerde]]<nowiki />instanz das [[Oberlandesgericht]].<br />
<br />
=== Sonstiges ===<br />
Seit 2000 bieten einige Rechtsanwaltskanzleien in der Bundesrepublik Deutschland eine sog. „Internetscheidung“ an. Bis heute besteht jedoch die Möglichkeit einer Scheidung über das Internet nicht. Zudem ist zu bedenken, dass zu einem so komplexen Rechtsgebiet wie der Scheidung eine ausführliche Beratung dringend zu empfehlen ist, die im Übrigen keine zusätzlichen Kosten verursacht, da eine sog. „Internetscheidung“ genauso nach dem [[Rechtsanwaltsvergütungsgesetz|RVG]] vergütet wird wie die Präsenzscheidung mit ausführlicher Beratung im Anwaltsbüro. Gleichwohl ist es auf diesem – wenngleich weitgehend anonymisierten – Weg möglich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um das Scheidungsverfahren durch diesen bei einem ordentlichen Gericht betreiben zu lassen.<br />
<br />
Am 3. Februar 2010 hat der XII. Zivilsenat des [[Bundesgerichtshof]]s die Entscheidung (Az: XII ZR 189/06) bekannt gegeben, in der Zuwendungen der Schwiegereltern zum Ehepartner ihres Kindes zurückgefordert werden können.<ref>[http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=50767&linked=pm&Blank=1 Rückforderung von Zuwendungen an Ehepartner ihres Kindes - BGH-Urteil vom 3. Februar 2010]</ref>Diese Zuwendungen wurden nun als Schenkungen bewertet. Wenn die Ehe scheitert, sei die Geschäftsgrundlage für die Schenkung nicht mehr gegeben. Die ''Möglichkeit einer zumindest partiellen Rückabwicklung'' der Schenkung sei auch dann möglich, wenn in der Ehe eine [[Zugewinngemeinschaft]] bestanden habe.<br />
<br />
== Österreichisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Österreichische Stellen prüfen die Anwendbarkeit einer Rechtsordnung nur, wenn sie, insbesondere nach der [[EheVO-II]] international zuständig sind.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Vorschriften über die Anwendbarkeit des österreichischen Rechts ([[Internationales Privatrecht]]) sind im [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Österreich)|Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht]] (IPR-Gesetz) geregelt.<br />
<br />
Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts unterliegt in der Sache ähnlichen Vorschriften ({{§|20|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031306}} in Verbindung mit {{§|18|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031304}} IPR-Gesetz) wie die des deutschen. Das österreichische Recht verzichtet aber auf eine Inländerprivilegierung. Stattdessen findet bei bi-nationalen Ehen stets, im Falle eines Österreichers österreichisches Recht, im Falle eines Ausländers dessen Heimatrecht auf die Scheidung Anwendung, wenn nach dem Recht des (letzten) gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts die Ehe nicht geschieden werden kann (§&nbsp;20 Abs.&nbsp;2 IPR-Gesetz).<br />
<br />
=== Österreichische Vorschriften ===<br />
Die Scheidung der Ehe ist neben der [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigerklärung der Ehe]] und der [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung der Ehe]] eine der Möglichkeiten, die Ehe zu beenden. Österreich hat das Scheidungsrecht im [[Ehegesetz]] (EheG), das bis 1977 weitgehend gleichlautend mit dem dEheG in Deutschland war, geregelt. Zwischenzeitlich kamen einige Änderungen, wie der verschuldensunabhängige Unterhalt (genauer: ''Unterhalt trotz Verschuldens'') hinzu.<br />
<br />
Rechtsdogmatisch gesprochen handelt es sich bei der Scheidung um die ''„[[Kündigung]]“ des [[Dauerschuldverhältnis]]ses Ehe'', die nur aus besonderen Gründen möglich ist. Wenngleich nicht ausschließlich, so steht dennoch seit der Reform des Eherechts im Jahr 1999 das ''Zerrüttungsprinzip'' vor dem ''Verschuldensprinzip''. Scheidungsgründe sind dem Zerrüttungsprinzip folgend grundsätzlich „relativ“; so kann z.&nbsp;B. ein Ehebruch, der die Gemeinschaft der Ehegatten nicht tatsächlich zerrüttet, nicht zur Scheidung führen.<br />
<br />
''Ehescheidungsgründe'':<br />
* ''Streitige Scheidung''<br />
** ''Verschuldensscheidung''<br />
** Scheidung aus anderen Gründen<br />
*** Krankheit<br />
**** wg. auf geistiger Störung beruhenden Verhaltens<br />
**** wg. Geisteskrankheit<br />
**** wg. ansteckender oder ekelerregender Krankheit<br />
*** ''Auflösung der häuslichen Gemeinschaft''<br />
* ''Einvernehmliche Scheidung''<br />
<br />
==== Verschuldensscheidung ====<br />
Die Verschuldensscheidung erfordert eine<br />
* ''schwere Eheverfehlung'' bzw. ein ''ehrloses und unsittliches Verhalten'', die/das zu einer<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'' führt.<br />
<br />
''Schwere Eheverfehlung'': Das Gesetz selbst nennt demonstrativ [[Ehebruch]], körperliche [[Gewalt]] oder schweres seelisches Leid. Weiter zu nennen sind z.&nbsp;B. [[Alkoholkrankheit|Trunksucht]], ständige [[Streit]]ereien, schwere [[Beleidigung|Beschimpfungen]], Vernachlässigung des [[Privathaushalt|Haushalts]], Verweigerung der ehelichen [[Beiwohnung]].<br />
<br />
''Zerrüttung'': Die Ehe ist zerrüttet, wenn die körperliche, geistige und seelische Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist, so dass eine Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.<br />
<br />
''Der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung nicht begehren.'' Nicht um eine schwere Eheverfehlung handelt es sich bei Reaktionshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert Beiwohnung durch gegenwärtig volltrunkenen Mann). Auch Kompensationshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert – zur Vergeltung – den Geschlechtsverkehr zwei Tage nachdem Mann volltrunken war) machen den vormalig Unschuldigen nicht zum (überwiegend) Schuldigen.<br />
<br />
==== Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft ====<br />
Diese Scheidungsvariante erfordert eine<br />
* ''Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft seit 3 Jahren (bzw. 6 Jahren)'' und die<br />
* ''Zerrüttung der Ehe''.<br />
<br />
''[[Häusliche Gemeinschaft]]'': Diese ist beendet, wenn die eheliche Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in ehewidriger Intention beendet wird. Demgemäß reicht bereits eine Trennung von Tisch und Bett ''(a mensa et toro).'' Nur gelegentliches eheliches Beiwohnen genügt nicht für das Bestehen der häuslichen Gemeinschaft. Demgegenüber ist eine bloße räumliche Trennung (z.&nbsp;B. aus beruflichen oder sonstigen Gründen) ohne Zerrüttung unbeachtlich.<br />
<br />
Nach drei Jahren ist die Scheidung nur möglich, wenn die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann oder die Scheidung den (unschuldigen) Beklagten nicht härter (Härteklausel) treffen würde als den Klagenden die Abweisung des Scheidungsbegehrens. Ein derartiger ''Härtefall'' ist nach der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Wohl der Kinder, der Dauer der Aufhebung, dem Alter der Ehegatten, etc. zu beurteilen. Nach sechs Jahren kann die Ehe jedenfalls aufgehoben werden.<br />
<br />
''Insbesondere auch der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung begehren;'' er muss dafür jedoch damit rechnen, [[Unterhalt]] nach {{§|94|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041155}} [[Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch|ABGB]] wie bei aufrechter Ehe (!) leisten zu müssen.<br />
<br />
==== Einvernehmliche Scheidung ====<br />
Diese Scheidungsform erfordert die<br />
* ''Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr'', eine<br />
* ''schriftlichen Vereinbarung'' sowie<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'', die (rein formell, es wird nicht nachgeprüft) eingestanden werden muss.<br />
<br />
''Eheliche Lebensgemeinschaft'': Diese umfasst die allgemeinen [[Eheliche Pflichten|ehelichen Pflichten]] des {{§|90|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041153}} ABGB (gemeinsames [[Wohnen]], [[Treue]], [[Beistand]] etc.); auf eine Aufhebung der ''häuslichen Gemeinschaft'' (siehe oben) im rein räumlichen Sinn kommt es nicht an, folglich ist letzterer auch nicht erforderlich für die einvernehmliche Scheidung.<br />
<br />
Die ''schriftliche Vereinbarung'', die zivilrechtlich als ''[[Vergleich (Recht)]]'' qualifiziert werden kann, muss Einigung enthalten über: hauptsächlichen [[Aufenthalt]] der Kinder, [[Obsorge]], Ausübung des [[Recht auf persönlichen Verkehr|Rechts auf persönlichen Verkehr]], [[Unterhalt]] für die Kinder, Unterhalt der Ehegatten zueinander<br />
<br />
== Schweizerisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Für die Schweiz gilt die [[EheVO-II]] der Europäischen Union nicht. Nach {{Art.|59|291|ch}} des schweizerischen [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Schweiz)|Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG)]] sind Schweizer Gerichte international zuständig, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, oder der Kläger, der in der Schweiz wohnhaft ist, Schweizer ist oder der Kläger sich seit mindestens einem Jahr in der Schweiz aufhält. Lebt das Ehepaar im Ausland, sind Schweizer Gericht dennoch zuständig, wenn einer der Ehegatten Schweizer ist und es unmöglich oder unzumutbar ist die Klage am Wohnsitz eines der Ehegatten zu erheben ({{Art.|60|291|ch}} IPRG ''Heimatzuständigkeit'').<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Anwendbarkeit ist im Bundesgesetz über das internationale Privatrecht geregelt.<br />
<br />
Die Schweiz knüpft für die Beurteilung, welches Recht auf die Scheidung anzuwenden sei, anders als Deutschland und Österreich grundsätzlich nicht an der Staatsangehörigkeit, sondern am Wohnsitz der Ehegatten an. Verwendet man als Anknüpfungsmoment den Wohnsitz, führt das viel häufiger zu der Anwendung eigenen Rechts, weil vor Schweizer Gerichten sehr häufig nur Personen mit Schweizer Wohnsitz zu klagen pflegen. So richten sich beispielsweise die Voraussetzungen für die Scheidung nach Schweizer Recht, wenn zwei Deutsche seit über einem Jahr Wohnsitz in der Schweiz haben.<br />
<br />
Die Schweizer Gerichte wenden auf das Recht der Scheidung grundsätzlich immer Schweizer Recht an ({{Art.|61|291|ch}} Abs.&nbsp;1 IPRG). Das gilt selbst dann, wenn Schweizer Gerichte nach Art.&nbsp;60 IPR-Gesetz heimatzuständig sind (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;4 IPRG). Etwas anderes gilt nur, wenn beide Ehegatten Ausländer sind, welche dieselbe Staatsangehörigkeit haben und nur einer von ihnen seinen Wohnsitz in der Schweiz hat (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;2 IPRG). Hält sich der eine ausländische Ehegatte seit mindestens 2 Jahren in der Schweiz auf oder ist er auch Schweizer, so ist Schweizer Recht anzuwenden, wenn nach dessen Heimatrecht die Scheidung nicht oder nur unter außerordentlich schweren Bedingungen zulässig ist (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;3 IPRG).<br />
<br />
=== Schweizerische Vorschriften ===<br />
In der Schweiz ist die Scheidung im [[Zivilgesetzbuch]] (ZGB) umfassend geregelt. Hierbei ist zwischen der Scheidung auf gemeinsames Begehren und der Scheidung auf Klage zu unterscheiden:<br />
<br />
==== Scheidung auf gemeinsames Begehren ====<br />
Diese ist im Art.&nbsp;111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] geregelt. Bei der umfassenden Einigung (also auch hinsichtlich der Scheidungsfolgesachen) wird vom liberalen Grundsatz der [[Vertragsfreiheit]] ausgegangen. Geprüft wird somit vor Gericht nur der [[Wille#Zur Begriffsbildung in der Rechtswissenschaft|freie Wille]] und die [[reifliche Überlegung]]&nbsp;– nicht jedoch die ''faktische Zerrüttung'', die nach ZGB ''nicht'' Voraussetzung für die Scheidung ist.<br />
<br />
Artikel 111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] lautet:<ref>{{Art.|111|210|ch}} Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, admin.ch</ref><br />
# ''Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an; es überzeugt sich davon, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung voraussichtlich genehmigt werden kann.''<br />
<br />
# Hat sich das Gericht davon überzeugt, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung mit den Anträgen hinsichtlich der Kinder genehmigt werden kann, so spricht das Gericht die Scheidung aus.<br />
<br />
Es ist zulässig, eine "Teilkonvention" einzureichen, die nur gewisse Folgen der Scheidung (Unterhalt, Güterrecht, Teilung der Pensionskassenguthaben) beinhaltet. Der Scheidungsrichter entscheidet dann über die Scheidungsfolgen, über die sich die Ehegatten nicht geeinigt haben.<br />
<br />
== Weitere Länder ==<br />
* [[Chile]] ermöglichte als letzter südamerikanischer Staat die Scheidung erst 2003/2004.<br />
* In [[Irland]] wurde die Möglichkeit der Scheidung durch die 15. [[Verfassungsänderung (Irland)|Verfassungsänderung]] 1995 eingeführt. Diese Verfassungsänderung wurde in einer Volksabstimmung nur mit knapper Mehrheit (50,25 % dafür und 49,75 % dagegen) <ref>http://www.irlandlexikon.de/?letter=S</ref> gebilligt. [[1986]] war ein Versuch der Regierung, die Verfassung in diesem Sinn zu ändern, noch an einer Volksabstimmung gescheitert.<br />
* [[Malta]] erlaubte als einziger Staat der [[Europäische Union|EU]] keine Ehescheidung. <ref>[http://www.kath.net/detail.php?id=27530 kath.net: Malta und die Ehe 27. Juli 2010]</ref> In einem Referendum im Mai 2011 jedoch befürwortet die Bevölkerung mehrheitlich die Einführung der Scheidung in Malta. <ref>[http://www.stern.de/politik/ausland/abstimmung-auf-malta-buerger-sprechen-sich-fuer-scheidungen-aus-1690198.html Stern:Bürger sprechen sich fü Scheidungen aus] </ref><br />
* In [[Italien]] wurde die Scheidung 1970 gegen den Widerstand des Vatikans parlamentarisch ermöglicht.<ref>[http://www.taz.de/pt/2007/03/05/a0140.1/text taz:Und führe Politiker nicht in Versuchung]</ref><br />
* Zu Japan siehe [[Ehe und Scheidung in Japan]]<br />
* Zu der Republik Türkei siehe [[Ehescheidung in der Türkei]] <br />
* Auf den [[Philippinen]] ist die Scheidung verboten.<br />
<br />
== Rechtsvergleich ==<br />
Der Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Scheidungsrecht ist wohl primär der Umstand, dass das deutsche Recht zur Gänze, das österreichische Recht nur überwiegend vom Zerrüttungsprinzip dominiert ist. Zwar ist die „Härtefallscheidung“ in Deutschland wohl durchaus mit der „Verschuldensscheidung“ in Österreich vergleichbar, jedoch stellt das deutsche Recht auch hier nicht auf Schuld, sondern auf die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens ab.<br />
<br />
Im österreichischen Recht fällt der Unterhalt für den schuldig geschiedenen Partner niedriger aus als bei unverschuldeter Scheidung. In Deutschland spielt dieser Aspekt zwangsläufig keine Rolle für die Höhe des Unterhalts.<br />
<br />
Im Fall einer Trennung ist die (streitige) Scheidung nach deutschem Recht bereits nach einem Jahr (Trennungsjahr), spätestens aber nach drei Jahren möglich. Das österreichische Recht fordert grundsätzlich eine Trennungszeit von drei Jahren, im Härtefall sogar von sechs Jahren. In diesem Fall ist der Bestandsschutz des österreichischen Rechts weitreichender.<br />
<br />
Die einverständliche (deutsche) oder einvernehmliche (österreichische) Scheidung erfordert nach deutschem Recht ein Jahr Trennung, die (ggf. unter Eid) mündlich vor Gericht versichert werden muss, nach österreichischem Recht nur ein halbes Jahr Trennung, die im Scheidungsantrag nur rein formal ohne Überprüfung zugestanden werden muss. Hier ist der Bestandsschutz des deutschen Rechts wesentlich weitreichender.<br />
<br />
{{Staatslastig|DE}}<br />
{{Staatslastig|AT}}<br />
<br />
== Daten und Statistiken zu Ehescheidungen ==<br />
=== Deutschland ===<br />
Die jährliche Anzahl der Eheschließungen und Ehescheidungen hat sich in Deutschland folgendermaßen entwickelt:<br />
<br />
{| class="prettytable" align="center"<br />
|-bgcolor=eeeeee<br />
! align=center colspan=5 | Eheschließungen und Scheidungen in Deutschland<br />
|----<br />
|-bgcolor=f3f3f3<br />
| align="center" |Jahr<br />
| align="center" |Ehe-<br />schließungen<br />
| align="center" |Ehe-<br />scheidungen<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 25 Ehejahren (in %)<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 45 Ehejahren (in %)<br />
|----<br />
|1990<br />
|align="center" |516.388<br />
|align="center" |154.786<br />
|align="center" |27,4<br />
|align="center" |29,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|1995<br />
|align="center" |430.534<br />
|align="center" |169.425<br />
|align="center" |30,9<br />
|align="center" |33,2<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2000<br />
|align="center" |418.550<br />
|align="center" |194.408<br />
|align="center" |37,3<br />
|align="center" |40,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2005<br />
|align="center" |388.451<br />
|align="center" |201.693<br />
|align="center" |40,4<br />
|align="center" |44,2<br />
|----<br />
| colspan=5 |<small>Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, BiB-Mitteilungen, 04/2007 vom 11. Februar 2008, S. 13</small><br />
|}<br />
<br />
=== Österreich ===<br />
Fast 90 % der Ehescheidungen erfolgen ''[[#Einvernehmliche Scheidung|einvernehmlich]]''. Bei einem Rechtsstreit mit richterlichem Urteil hätten beide Parteien mit zwei negativen Folgen zu rechnen: Erstens würden intime Details aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit getragen („Schmutzwäschewaschen“), zweitens müssten die Parteien den Anordnungen des Richters Folge leisten. Bei einer wenn auch mühsamen Einigung hingegen können die Parteien weitgehend selbst bestimmen, wie sie die Scheidung regeln (siehe auch [[Mediation]]).<br />
<br />
== Ethische Aspekte ==<br />
Die Scheidung ist die formelle, juristische Beendigung einer Ehe. Im Gegensatz dazu ist die [[Trennung]] die tatsächliche Beendigung einer Ehe, die sowohl im Rechtssystem Österreichs als auch im Rechtssystem Deutschlands Voraussetzung für Scheidung ist. Die offizielle Scheidung nach diesen beiden Rechtssystemen ist somit die formale Auflösung einer bereits nicht mehr existenten Ehe.<br />
<br />
Ethische Aspekte erstrecken sich auf Inhalte, nicht auf Form. Eine ethische Bewertung einer Scheidung ist somit&nbsp;– im Gegensatz zu einer ethischen Bewertung der Trennung&nbsp;– grundsätzlich ''nicht'' möglich.<br />
<br />
{{Lückenhaft|Es fehlen folgende nicht-juristische Gesichtspunkte: Geschichte der Scheidungen (z.&nbsp;B. in der Antike), ethische Aspekte und ggf. noch weitere}}<br />
<br />
== Wirtschaftliche Aspekte ==<br />
[[Stephen Jenkins]] (''Institute for Social and Economic Research'', ''Council of the International Association for Research on Income and Wealth'') kam in einer Langzeit-Studie zum Ergebnis, dass in Großbritannien Männer nach einer Scheidung sich wirtschaftlich wesentlich verbesserten und Frauen hingegen sich verschlechterten. Diese Aussage trifft häufig selbst dann zu, wenn es sich hierbei nicht um Väter und Mütter, also um die Frage der Versorgung von Kindern, handelt.<ref>Amelia Hill: [http://www.guardian.co.uk/lifeandstyle/2009/jan/25/divorce-women-research ''Men become richer after divorce.''] The Observer 25. Januar 2009</ref><br />
<br />
== Die Position in den Religionen ==<br />
=== Jüdische Religion ===<br />
Im Judentum ist die Scheidung ein komplexer Akt, der eine Korrektur der Vergangenheit darstellt: Ähnlich wie die Buße ein in der Vergangenheit zerschnittenes Band zwischen dem Menschen und JHWH wieder knüpft, kann durch die Scheidung das in der Vergangenheit gesetzte Band zweier Seelen rückwirkend gelöst werden. Die Vorschrift ist in wenigen Zeilen der [[Thora]] zu finden. Eine Scheidung ist jederzeit ohne Grund von beiden Seiten möglich. Allerdings gibt es seit Jahrhunderten Probleme, wenn die Frau die Scheidung will. Der Mann muss sie ziehen lassen und darf ihr den [[Scheidebrief]] (''get'') nicht verweigern. Da aber – außer in Israel – der ''get'' nirgends einklagbar ist, ist der ziehenden Frau bei verweigertem ''get'' die Wiederheirat verwehrt.<br />
<br />
=== Christentum ===<br />
Bis ins 20. Jahrhundert hinein lehnten die meisten westlichen Kirchen Scheidung kategorisch ab. Die römisch-katholische Kirche sowie der überwiegende Teil der pietistischen, täuferischen und charismatischen Kirche halten in unterschiedlichem Grade bis heute daran fest. Grundlage für die restriktive Beurteilung ist {{B|Matthäus|19|3–9}}: Jesus wendet sich hier scharf gegen den mosaischen Scheidebrief, unter dem Vorbehalt der sogenannten [[Unzuchtsklausel]] (jedoch noch restriktiver mit dem Hintergrund des Unterganges des Südreiches: {{B|Mal|2|10–16}}). Der Verweis auf die alttestamentliche Regelung der Scheidung ([[Scheidebrief]]: {{B|5 Mos|24|1}}) macht deutlich: Es gibt Situationen, die so ausweglos sind, dass allein noch eine Scheidung möglich ist (zur katholischen Position dazu siehe [[Codex Iuris Canonici|CIC]] 1143).<br />
<br />
Spätestens seit 1970 ist dies in den evangelischen Landeskirchen Deutschlands, in vielen protestantischen ''mainline churches'' in den Vereinigten Staaten sowie in gemäßigten protestantischen Kirchen in anderen westlichen Industriestaaten allgemein anerkannt. Für die Katholiken lässt sich dies in der Praxis –&nbsp;im Gegensatz zur kirchenamtlichen Lehre&nbsp;– etwa 10 Jahre später feststellen. Nicht erlaubt ist jedoch die zivile Wiederverheiratung, kirchliche Angestellte werden in diesem Fall entlassen. Neuerdings wird die Ehescheidung als Möglichkeit auch unter evangelikalen, charismatischen und pfingstkirchlichen Christen in Betracht gezogen.<br />
<br />
Die Mehrzahl der [[Ostkirche]]n hat die Scheidung seit langem als manchmal notwendiges Übel akzeptiert (''oikonomia''). Nach orthodoxem Glauben ist das alttestamentliche Gesetz durch Christus gegeben; wenn er darin „wegen der Härte der Herzen“ eine Scheidung erlaubt hat, so ist seine Äußerung im Neuen Testament nicht als Widerspruch dagegen zu verstehen (denn Gott widerspricht sich nicht), sondern als Warnung gegen leicht genommene Scheidung. Die Östlich-Orthodoxen (orthodoxe Kirchen im engeren Sinne) erlauben bis zu maximal drei Eheschließungen. Die Zeremonie zu einer Wiederheirat ist allerdings weit weniger feierlich als die zu einer ersten Heirat; vielmehr überwiegt der Gedanke der Buße. Vor einer dritten kirchlichen Hochzeit wird ein Jahr strenger Buße vorausgesetzt.<ref>[http://orthodoxeurope.org/page/3/16.aspx ''Die Grundlagen der Sozialdoktrin der Russisch-Orthodoxen Kirche'']. Auf: orthodoxeurope.org, Abschnitt X.3.</ref><br />
<br />
==== Römischer Katholizismus ====<br />
Nach dem Rechtsverständnis der [[Römisch-Katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] ist eine Scheidung nur in zwei eng begrenzten Fällen möglich: Wenn sich einer der beiden Eheleute, die zur Zeit der Eheschließung beide ungetauft waren, taufen lässt, und der ungetauft Bleibende den christlichen Glauben nicht akzeptiert und sich entweder deswegen trennen möchte oder „den Schöpfer lästert“, dann kann der getaufte Partner eine neue Ehe mit einem Getauften eingehen, was die erste (nichtsakramentale) Ehe auflöst.<br />
<br />
Zweitens kann der Papst die Eheauflösung gewähren, wenn die Ehe nicht vollzogen wurde; diese Gewährung wird jedoch nur äußerst selten erteilt. Dies ist nicht mit der ''[[impotentia coeundi]]'' (sogenanntes [[Ehehindernis]] [[Göttliches Recht|göttlichen Rechts]]) zu verwechseln, bei der die nachträgliche Ungültigerklärung einer Ehe gemäß can. 1084 § 2 möglich ist (Schutz-Canon gegen „Alibi-Ehen“). In letzterem Falle gilt die Ehe als nie wirksam geschlossen, während es bei einer Auflösung einer nicht vollzogenen Ehe durch den Papst dabei bleibt, dass die Ehe tatsächlich existiert hat, so dass man von einer Scheidung sprechen kann.<br />
<br />
Anders verhält es sich bei der [[Eheannullierung]], die voraussetzt, dass eine Ehe nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist.<br />
<br />
In Fällen von Ehezerrüttung oder Ehebruch o.&nbsp;ä. gesteht die Kirche in besonderen Härtefällen (etwa bei einem „[[Kuckuckskind]]“ oder manifester [[Gewalt]]) den Eheleuten nur die „Trennung von Tisch und Bett“, nicht aber die formelle Scheidung zu. Dies wird damit begründet, dass die katholische [[Kirchliche Trauung|Ehe]] eines der sieben [[Sakrament]]e ist und, wie auch aus den liturgischen Formeln ersichtlich, geschlossen wird „bis (dass) der Tod euch scheidet“. Die Scheidung ist dementsprechend schlicht unwirksam; der Geschiedene bleibt, sofern er nicht Gründe für eine Trennung von Tisch und Bett hat, weiterhin zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet, und auch in diesem Fall zur außerehelichen Enthaltsamkeit sowie dazu, keine neue Ehe einzugehen (was er im kirchenrechtlichen Sinn auch gar nicht gültig bewerkstelligen kann). Bei erlaubter dauerhafter Trennung von Tisch und Bett ist, falls zweckmäßig, auch die zivile Scheidung erlaubt, jedoch ohne die Wiederheirat zu ermöglichen.<br />
<br />
Diese rechtliche Ordnung stößt in der Gegenwart häufig auf wenig Verständnis. Der Grund dafür ist: Es wird zwar in der Regel nachvollzogen, das „Zerrüttenlassen“ der Ehe, die Trennung und die Scheidung als [[Sünde]] (oder zumindest „Sünde gemäß kirchlicher Moral“) zu betrachten, die landläufige Meinung geht aber davon aus, dass durch diese Sünden die Ehe als solche beendet werde. Von daher verstehen sich Forderungen, die Scheidung möge doch (wie u.&nbsp;a. Mord, Abtreibung, Ehebruch etc.) durch das [[Bußsakrament]] „vergeben“ werden. Richtig ist aber, dass von der Sünde der Scheidung (sofern sie überhaupt mit einer Sünde verbunden war) selbstverständlich im Bußsakrament losgesprochen werden kann – was aber den Pönitenten nicht von seinem Eheversprechen entbindet.<br />
<br />
=== Islam ===<br />
Im [[Islam]] gibt es die Möglichkeit zur Scheidung in einigen Ausdifferenzierungen (→ [[Islamische Ehe#Scheidung|Scheidung einer islamischen Ehe]]; [[Verstoßung#Verstoßung im Islam|Talaq]] seitens des Mannes; Chulla seitens der Frau).<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Scheidungsrate]], [[Alleinerziehende]], [[Sorgerecht]], [[Stieffamilie]], [[Eheannullierung]], [[Lebenspartnerschaftsgesetz]], [[Online Scheidung]], [[Scheidungsformel]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Thomas Rauscher: Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Band I und II, 2. Auflage Sellier European Law Publisher 2006<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{ws | [[s:RE:Ehescheidung |Ehescheidung]] in Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft}}<br />
* [http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Bevoelkerung/EheschliessungenScheidungen/EheschliessungenScheidungen.psml Statistik zu Eheschließungen und Scheidungen auf der Webseite des statistischen Bundesamtes für Deutschland]<br />
* [http://de.statista.org/statistik/daten/studie/1346/umfrage/anzahl-der-geschiedenen-ehen-nach-ehedauer/ Anzahl der geschiedenen Ehen nach Ehedauer (2006)]<br />
* [http://www.vatican.va/archive/DEU0036/__P44.HTM Codex des Kanonischen Rechtes]<br />
* [http://ec.europa.eu/civiljustice/divorce/divorce_ec_de.htm Information der Europäischen Kommission zum Scheidungsrecht aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie internationalem Recht] (mehrsprachig)<br />
* [http://www.eheanwalt.ch/ Informationen zum Schweizer Scheidungsrecht] (deutsch)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Rechtshinweis}}<br />
<br />
[[Kategorie:Eherecht (Deutschland)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Österreich)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Schweiz)]]<br />
[[Kategorie:Ehe]]<br />
<br />
[[ar:طلاق]]<br />
[[az:Boşanma]]<br />
[[bg:Развод]]<br />
[[bjn:Sarak]]<br />
[[br:Torr-dimeziñ]]<br />
[[ca:Divorci]]<br />
[[ceb:Diborsyo]]<br />
[[cs:Rozvod]]<br />
[[da:Skilsmisse]]<br />
[[en:Divorce]]<br />
[[eo:Eksgeedziĝo]]<br />
[[es:Divorcio]]<br />
[[eu:Dibortzio]]<br />
[[fa:طلاق]]<br />
[[fi:Avioero]]<br />
[[fr:Divorce]]<br />
[[he:גירושים]]<br />
[[hr:Rastava braka]]<br />
[[ht:Divòs]]<br />
[[id:Perceraian]]<br />
[[it:Divorzio (ordinamento civile italiano)]]<br />
[[ja:離婚]]<br />
[[kn:ವಿಚ್ಛೇದನ]]<br />
[[la:Divortium]]<br />
[[mt:Divorzju]]<br />
[[nl:Echtscheiding]]<br />
[[nn:Skilsmisse]]<br />
[[no:Skilsmisse]]<br />
[[pl:Rozwód]]<br />
[[pt:Divórcio]]<br />
[[qu:T'aqanakuy]]<br />
[[ro:Divorț]]<br />
[[ru:Развод]]<br />
[[scn:Divorziu]]<br />
[[sh:Razvod]]<br />
[[si:දික්කසාදය]]<br />
[[simple:Divorce]]<br />
[[sq:Divorci]]<br />
[[sr:Развод]]<br />
[[sv:Skilsmässa]]<br />
[[ta:திருமண முறிவு]]<br />
[[te:విడాకులు]]<br />
[[tr:Boşanma]]<br />
[[uk:Розлучення]]<br />
[[wa:Divoirçaedje]]<br />
[[yi:גט]]<br />
[[zh:离婚]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ehescheidung_(Schweiz)&diff=95556186Ehescheidung (Schweiz)2011-06-05T04:59:24Z<p>222.127.231.29: /* Weitere Länder */ das Referendum in Malta war nur konsultativ und noch ist kein Gesetz in Kraft, das die Scheidung erlaubt; Formulierung vorher suggerierte was anderes</p>
<hr />
<div>'''Scheidung''' oder '''Ehescheidung''' ist die formelle juristische Auflösung einer [[Ehe]].<br />
<br />
''Geschieden'' ist neben ledig, verheiratet und [[Witwer|verwitwet]] einer der vier weltweit üblichen [[Familienstand|Familienstände]]. Eine Scheidung ist jedoch nicht in allen Rechtssystemen möglich, Verfahren und Bedeutung können sehr unterschiedlich sein.<br />
<br />
Daneben gibt es mit [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]], [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigkeit]] und [[Eheannullierung|Annullierung]] aus formellen Gründen verschiedene Formen der Ungültigkeit einer Ehe, sowie die [[Getrenntleben|Trennung]] ohne Beendigung des Eheverhältnisses. In erweitertem Sinne bezieht sich der Ausdruck ''Scheidung'' rechtlich auch auf [[gleichgeschlechtliche Ehe]]n oder [[eingetragene Partnerschaft]]en<!--sic, nicht der deutsche spezialausdruck-->, nicht aber andere [[Lebensgemeinschaft]]en.<br />
<br />
== Deutsches Recht ==<br />
''siehe auch:'' [[Eherecht (Deutschland)|Eherecht]]<br />
<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Die [[Internationale Zuständigkeit (Deutschland)|internationale Zuständigkeit]] ist innerhalb der [[Europäische Gemeinschaft|Europäischen Gemeinschaft]] mit Ausnahme Dänemarks mit der „Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung“<ref>http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:338:0001:0029:DE:PDF</ref> (Brüssel IIa Verordnung – auch EuGVVO II oder [[Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (EuEheVO)|EheVO-II]]) einheitlich geregelt worden.<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;a EheVO-II ist das Gericht desjenigen EG-Mitgliedstaates zuständig, in dem<br />
# beide Ehegatten ihren [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn ihn einer dort noch hat;<br />
# der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder im Falle eines „gemeinsamen Antrags“<ref>unerheblich ist, ob nach dem Recht des Mitgliedstaates, dessen Gericht zuständig ist, formal die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrags existiert, Thomas Rauscher in Europäischen Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;19</ref>, wo einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;<br />
# der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens 6 Monaten vor dem Antrag aufgehalten hat und Staatsangehöriger dieses Staates ist oder in Ermangelung einer Staatsangehörigkeit sich mindestens ein Jahr aufgehalten hat;<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;b EheVO-II sind auch die Gerichte des EG-Mitgliedstaates international zuständig, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten haben.<br />
<br />
Die internationale Zuständigkeit kann unter Umständen für einen Deutschen, dessen Ehegatte ein Ausländer ist, bedeuten, dass für seinen Scheidungsantrag kein deutsches Gericht international zuständig ist.<ref>Rauscher in Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;3</ref><br />
<br />
Diese internationale Zuständigkeit ist innerhalb der EG ausschließlich. Nur nicht EG-Staaten können ihre Gerichtsbarkeit ebenfalls für berufen erklären. Eine Restzuständigkeit bleibt dem nationalen Recht, wenn der Antragsgegner weder Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaates ist noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem EG-Mitgliedstaat hat (Art.&nbsp;6 EheVO-II); deutsche Gerichte sind in diesem Fall nach {{§|98|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] international zuständig. Ist der Antragsteller Deutscher und der Antragsgegner weder EG-Inländer oder in der EG ansässig, ist die deutsche Gerichtsbarkeit mit der Sache betraut.<br />
<br />
An der Scheidung ist die Scheidungsfolgesache Unterhalt geknüpft: Hierzu gibt es bereits seit Inkrafttretens des europäischen Rechts Brüssel I – auch [[EuGVVO]] genannt – eine entsprechende Regelung.<br />
<br />
Soweit ein deutsches Gericht international zuständig ist, prüft es, ob es deutsches oder bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ausländisches Recht anzuwenden hat.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
''siehe auch:'' [[Internationales Privatrecht]]<br />
<br />
Deutsche Gerichte und Behörden wenden auf [[deutsche]] Staatsbürger stets deutsches Recht an.<br />
<br />
Bei [[Ausländer]]n muss unterschieden werden:<br />
<br />
Gehören beide Ehegatten, die sich scheiden lassen wollen, zum Zeitpunkt der [[Rechtshängigkeit]] demselben ausländischen Staat an oder gehörten sie diesem zuletzt an, richtet sich die Scheidung nach dem Recht ihres Heimatstaates ({{Art.|17|EGBGB|dejure}} Abs.&nbsp;1 [[EGBGB]]).<br />
<br />
Ist einer der Ehegatten Deutscher, haben beide ausländischen Ehegatten verschiedene [[Staatsangehörigkeit]]en oder sind die Eheleute [[Asyl]]anten oder [[Konventionsflüchtling]]e<ref>Art.&nbsp;12 [[Genfer Flüchtlingskonvention]]</ref>, so wird das Recht des Ortes angewendet, wo die Ehegatten ihren gemeinsamen [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn einer von ihnen ihn dort noch hat. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch eine [[Inländerprivilegierung]] vorgesehen: Ist einer der Ehegatten Deutscher und ist die Ehe nach dem Recht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts unscheidbar, wird sie nach deutschem Recht geschieden. Klagt ein Deutscher auf Scheidung der Ehe und ist nach der EheVO-II die deutsche Gerichtsbarkeit unzuständig, kommt dem Deutschen die Inländerprivilegierung des Art.&nbsp;17 Abs.&nbsp;1 Satz&nbsp;2 EGBGB nicht zugute.<br />
<br />
Bei der Form der Scheidung ist das deutsche Recht streng. Auch wenn auf die Scheidung der Ehe durch das deutsche [[Familiengericht]] ausländisches Recht angewendet wird, kann in Deutschland die Ehe nur durch [[Gerichtsbeschluss]] (z.&nbsp;B. nicht durch [[Verstoßung]] oder [[Aufhebungsvertrag]]) geschieden werden. Diese Formstrenge steht im Gegensatz zur Toleranz gegenüber ausländischen Formen des Eheschlusses in Deutschland (z.&nbsp;B. vor einem [[Konsul]] oder [[Geistlicher|Geistlichen]]).<br />
<br />
=== Deutsche Vorschriften ===<br />
Das deutsche Recht sieht die Ehe als lebenslange Institution, deren besonderer Schutz in {{Art.|6|gg|juris}} des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes]] gefordert wird. Die Ehe kann daher nur durch den [[Sterbefall|Tod]], durch Scheidung oder durch [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]] beendet werden. Die Scheidung oder die Aufhebung muss im Wege der [[Gestaltungsklage]] durch richterlichen Beschluss erfolgen. Scheidungen werden mehrheitlich von Frauen eingereicht.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2007/08/13/781748.html?s=2 Abendblatt: ''Keine Lust mehr auf Ehe?'']</ref><br />
<br />
Die Scheidung wurde zusammen mit der [[Zivilehe]] 1875 im [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]] eingeführt. Bis zum Inkrafttreten der Reform von 1976 ([[Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts|1. EheRG]]) galt im Ehescheidungsverfahren das Schuldprinzip. Dieses wurde in einer Reform der entsprechenden Paragraphen durch das sogenannte ''Zerrüttungsprinzip'' abgelöst. Im Gesetzestext selber wird dabei vom ''Scheitern'' der Ehegemeinschaft gesprochen. Die Reform von 1976 macht Unterhaltsrechte und -pflichten nicht mehr von einer „Schuld“ abhängig, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der geschiedenen Ehepartner, unter Berücksichtigung des Prinzips einer [[Eigenverantwortung]].<ref>{{internetquelle|autor=Peter Borowsky|url=http://www.bpb.de/publikationen/01076900131314521849545168923836,5,0,Sozialliberale_Koalition_und_innere_Reformen.html|titel=Sozialliberale Koalition und innere Reformen – Kapitel „Ehe- und Familienrecht“|werk=Informationen zur politischen Bildung (Heft 258)|hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung|zugriff=11. Mai 2008}}</ref><ref>[http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=43822624&aref=image035/0549/PPM-SP197004900700086.pdf&thumb=false ''Wie im Orient?''], DER SPIEGEL 49/1970, S.&nbsp;70–86, 30. November 1970. [{{Der Spiegel|43822624|Titel=Wie im Orient? (siehe Titelbild)|Text=}} Online-Version (HTML)]. Aufgerufen am 11. Mai 2008.</ref> Die Regelungen wurden 2008 durch das [[Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts]] erneut umfassend reformiert.<br />
<br />
==== Voraussetzungen ====<br />
Die Voraussetzungen einer Scheidung sind, nachdem sie jahrzehntelang im [[Ehegesetz (Deutschland)|Ehegesetz]] „ausgelagert“ waren, inzwischen wieder abschließend in den {{§|1564|bgb|juris}} bis {{§|1568|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] sowie in den {{§|133|famfg|juris}} bis {{§|150|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] geregelt. Die Scheidungsfolgen (wie beispielsweise [[Unterhalt]], [[Sorgerecht]], [[Umgangsrecht]] und [[Versorgungsausgleich]]) werden in den {{§|1569|bgb|juris}}ff. BGB, das Scheidungsverfahrensrecht im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den [[Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit]] (FamFG) geregelt. Mit der Umsetzung des FamFG wurde das Scheidungsverfahrensrechts, das vorher in ZPO und FGG geregelt war, nunmehr in einem Gesetz vereinheitlicht.<br />
<br />
Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie ''gescheitert'' ist. Das ist der Fall, wenn die eheliche [[Lebensgemeinschaft]] gemäß {{§|1353|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] (mensa et toro) nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung nicht mehr zu erwarten ist. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (s.&nbsp;{{§|1567|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]]).<br />
<br />
Um den Ehegatten eine genaue Untersuchung des Merkmals ''Scheitern'' (Zerrüttung) zu ersparen, gibt das BGB dem entscheidenden Richter zwei [[Vermutung (Recht)|Vermutungen]] an die Hand<!-- Meyers Lexikon ist eingestellt seit dem 23.03.09 <ref>http://lexikon.meyers.de/meyers/Ehescheidung</ref> Vielleicht dieser Link: http://bundesrecht.juris.de/bgb/__1566.html-->:<br />
<br />
# Leben die Ehegatten mehr als ein Jahr getrennt, so wird die Zerrüttung vermutet, sofern diese als „nicht heilbar“ angesehen wird: Wollen beide Ehegatten geschieden werden („einverständliche Scheidung“) oder besteht keine Bereitschaft, sich zu versöhnen, ist unwiderlegbar von einer Zerrüttung auszugehen.<br />
# Nach drei Jahren Trennung kann die Ehe auch gegen den Willen des anderen Ehegatten geschieden werden. Auch diese Vermutung ist unwiderlegbar.<br />
<br />
Ist die Fortsetzung der Ehe einem der Ehegatten eine unzumutbare Härte ({{§|1565|bgb|juris}} Abs.&nbsp;2 BGB), die in der Person des anderen Ehegatten begründet liegt, kann die Ehe aber vor Vollendung des ersten Trennungsjahrs und ohne Einwilligung beider Ehegatten geschieden werden. Eine solche unzumutbare Härte wird angenommen, wenn Misshandlungen vorliegen oder der Ehegatte beispielsweise eine weitere Person in die Ehe aufnehmen wollte (im Stil einer „[[Ménage à trois]]“). Deutsche Gerichte tendierten in der Vergangenheit dazu, den Begriff immer weiter zu fassen und immer neue subjektiv empfundene unzumutbare Härten zu akzeptieren.<br />
<br />
Der Beginn des Trennungsjahres kann rechtssicher durch den Wechsel in die [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse IV (4)|Steuerklasse IV]] im laufenden Jahr bzw. [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse I (1)|Steuerklasse I]] im auf die Trennung folgenden Kalenderjahr auf der [[Steuerkarte]] dokumentiert werden. Hierzu ist beim [[Einwohnermeldeamt]] eine ''Erklärung zum Familienstand'' abzugeben.<br />
<br />
==== Härteklausel ====<br />
Zu beachten ist die [[Härteklausel]] nach {{§|1568|bgb|juris}} BGB: Da die Scheidung in der Regel eine schwere Härte für [[Minderjährigkeit|minderjährige Kinder]] darstellt, ist zu prüfen, ob ein Fortbestand der Ehe aus Gründen des [[Kindeswohl]]s möglich erscheint (§ 1568 Abs.&nbsp;1 1. Alt. BGB). Zugleich wird aber auch der andere Ehepartner geschützt, wenn dieser wegen Krankheit oder vorgerückten Alters besonderer Schutzwürdigkeit bedarf.<br />
<br />
Die praktische Relevanz dieser Vorschrift ist aber eher als gering einzustufen.<br />
<br />
==== Verfahren ====<br />
Das Verfahren der Scheidung findet vor dem [[Amtsgericht]] – [[Familiengericht]] – statt. Anders als bei anderen Verfahren vor dem Amtsgericht besteht in Scheidungsverfahren [[Anwaltszwang]], das heißt, jedenfalls der Antragsteller muss sich von einem Anwalt vertreten lassen.<br />
<br />
Im Scheidungsverfahren können auf Antrag in einem sogenannten [[Scheidungsverbund]] andere Familiensachen (Regelung der [[Sorgerecht|elterlichen Sorge]], des [[Umgangsrecht|Umgangs]], des [[Unterhalt]]s, der Ansprüche aus dem ehelichen [[Güterrecht]], der Zuweisung von Ehewohnung und ehelichem [[Hausrat]]) für den Fall der Scheidung mit geltend gemacht werden. In der Regel zwingend und ohne Antrag einer Partei ist mit der Scheidung der [[Versorgungsausgleich]] zu regeln.<br />
<br />
Außergerichtlich können einige Scheidungsfolgen geregelt werden; z.&nbsp;B. kann [[ehevertrag]]lich auch anlässlich der Scheidung auf [[Zugewinnausgleich]] und unter bestimmten Einschränkung auch auf [[Unterhalt|Ehegattenunterhalt]] verzichtet werden. Solche Vereinbarungen sind [[notar]]iell zu [[Beurkundung|beurkunden]].<br />
<br />
=== [[Rechtsweg]] ===<br />
Während die erst<nowiki />[[Instanz (Recht)|instanz]]<nowiki />liche Verhandlung stets vor dem [[Amtsgericht]] stattfindet, ist die [[Beschwerde (Recht)|Beschwerde]]<nowiki />instanz das [[Oberlandesgericht]].<br />
<br />
=== Sonstiges ===<br />
Seit 2000 bieten einige Rechtsanwaltskanzleien in der Bundesrepublik Deutschland eine sog. „Internetscheidung“ an. Bis heute besteht jedoch die Möglichkeit einer Scheidung über das Internet nicht. Zudem ist zu bedenken, dass zu einem so komplexen Rechtsgebiet wie der Scheidung eine ausführliche Beratung dringend zu empfehlen ist, die im Übrigen keine zusätzlichen Kosten verursacht, da eine sog. „Internetscheidung“ genauso nach dem [[Rechtsanwaltsvergütungsgesetz|RVG]] vergütet wird wie die Präsenzscheidung mit ausführlicher Beratung im Anwaltsbüro. Gleichwohl ist es auf diesem – wenngleich weitgehend anonymisierten – Weg möglich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um das Scheidungsverfahren durch diesen bei einem ordentlichen Gericht betreiben zu lassen.<br />
<br />
Am 3. Februar 2010 hat der XII. Zivilsenat des [[Bundesgerichtshof]]s die Entscheidung (Az: XII ZR 189/06) bekannt gegeben, in der Zuwendungen der Schwiegereltern zum Ehepartner ihres Kindes zurückgefordert werden können.<ref>[http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=50767&linked=pm&Blank=1 Rückforderung von Zuwendungen an Ehepartner ihres Kindes - BGH-Urteil vom 3. Februar 2010]</ref>Diese Zuwendungen wurden nun als Schenkungen bewertet. Wenn die Ehe scheitert, sei die Geschäftsgrundlage für die Schenkung nicht mehr gegeben. Die ''Möglichkeit einer zumindest partiellen Rückabwicklung'' der Schenkung sei auch dann möglich, wenn in der Ehe eine [[Zugewinngemeinschaft]] bestanden habe.<br />
<br />
== Österreichisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Österreichische Stellen prüfen die Anwendbarkeit einer Rechtsordnung nur, wenn sie, insbesondere nach der [[EheVO-II]] international zuständig sind.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Vorschriften über die Anwendbarkeit des österreichischen Rechts ([[Internationales Privatrecht]]) sind im [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Österreich)|Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht]] (IPR-Gesetz) geregelt.<br />
<br />
Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts unterliegt in der Sache ähnlichen Vorschriften ({{§|20|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031306}} in Verbindung mit {{§|18|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031304}} IPR-Gesetz) wie die des deutschen. Das österreichische Recht verzichtet aber auf eine Inländerprivilegierung. Stattdessen findet bei bi-nationalen Ehen stets, im Falle eines Österreichers österreichisches Recht, im Falle eines Ausländers dessen Heimatrecht auf die Scheidung Anwendung, wenn nach dem Recht des (letzten) gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts die Ehe nicht geschieden werden kann (§&nbsp;20 Abs.&nbsp;2 IPR-Gesetz).<br />
<br />
=== Österreichische Vorschriften ===<br />
Die Scheidung der Ehe ist neben der [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigerklärung der Ehe]] und der [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung der Ehe]] eine der Möglichkeiten, die Ehe zu beenden. Österreich hat das Scheidungsrecht im [[Ehegesetz]] (EheG), das bis 1977 weitgehend gleichlautend mit dem dEheG in Deutschland war, geregelt. Zwischenzeitlich kamen einige Änderungen, wie der verschuldensunabhängige Unterhalt (genauer: ''Unterhalt trotz Verschuldens'') hinzu.<br />
<br />
Rechtsdogmatisch gesprochen handelt es sich bei der Scheidung um die ''„[[Kündigung]]“ des [[Dauerschuldverhältnis]]ses Ehe'', die nur aus besonderen Gründen möglich ist. Wenngleich nicht ausschließlich, so steht dennoch seit der Reform des Eherechts im Jahr 1999 das ''Zerrüttungsprinzip'' vor dem ''Verschuldensprinzip''. Scheidungsgründe sind dem Zerrüttungsprinzip folgend grundsätzlich „relativ“; so kann z.&nbsp;B. ein Ehebruch, der die Gemeinschaft der Ehegatten nicht tatsächlich zerrüttet, nicht zur Scheidung führen.<br />
<br />
''Ehescheidungsgründe'':<br />
* ''Streitige Scheidung''<br />
** ''Verschuldensscheidung''<br />
** Scheidung aus anderen Gründen<br />
*** Krankheit<br />
**** wg. auf geistiger Störung beruhenden Verhaltens<br />
**** wg. Geisteskrankheit<br />
**** wg. ansteckender oder ekelerregender Krankheit<br />
*** ''Auflösung der häuslichen Gemeinschaft''<br />
* ''Einvernehmliche Scheidung''<br />
<br />
==== Verschuldensscheidung ====<br />
Die Verschuldensscheidung erfordert eine<br />
* ''schwere Eheverfehlung'' bzw. ein ''ehrloses und unsittliches Verhalten'', die/das zu einer<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'' führt.<br />
<br />
''Schwere Eheverfehlung'': Das Gesetz selbst nennt demonstrativ [[Ehebruch]], körperliche [[Gewalt]] oder schweres seelisches Leid. Weiter zu nennen sind z.&nbsp;B. [[Alkoholkrankheit|Trunksucht]], ständige [[Streit]]ereien, schwere [[Beleidigung|Beschimpfungen]], Vernachlässigung des [[Privathaushalt|Haushalts]], Verweigerung der ehelichen [[Beiwohnung]].<br />
<br />
''Zerrüttung'': Die Ehe ist zerrüttet, wenn die körperliche, geistige und seelische Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist, so dass eine Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.<br />
<br />
''Der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung nicht begehren.'' Nicht um eine schwere Eheverfehlung handelt es sich bei Reaktionshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert Beiwohnung durch gegenwärtig volltrunkenen Mann). Auch Kompensationshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert – zur Vergeltung – den Geschlechtsverkehr zwei Tage nachdem Mann volltrunken war) machen den vormalig Unschuldigen nicht zum (überwiegend) Schuldigen.<br />
<br />
==== Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft ====<br />
Diese Scheidungsvariante erfordert eine<br />
* ''Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft seit 3 Jahren (bzw. 6 Jahren)'' und die<br />
* ''Zerrüttung der Ehe''.<br />
<br />
''[[Häusliche Gemeinschaft]]'': Diese ist beendet, wenn die eheliche Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in ehewidriger Intention beendet wird. Demgemäß reicht bereits eine Trennung von Tisch und Bett ''(a mensa et toro).'' Nur gelegentliches eheliches Beiwohnen genügt nicht für das Bestehen der häuslichen Gemeinschaft. Demgegenüber ist eine bloße räumliche Trennung (z.&nbsp;B. aus beruflichen oder sonstigen Gründen) ohne Zerrüttung unbeachtlich.<br />
<br />
Nach drei Jahren ist die Scheidung nur möglich, wenn die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann oder die Scheidung den (unschuldigen) Beklagten nicht härter (Härteklausel) treffen würde als den Klagenden die Abweisung des Scheidungsbegehrens. Ein derartiger ''Härtefall'' ist nach der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Wohl der Kinder, der Dauer der Aufhebung, dem Alter der Ehegatten, etc. zu beurteilen. Nach sechs Jahren kann die Ehe jedenfalls aufgehoben werden.<br />
<br />
''Insbesondere auch der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung begehren;'' er muss dafür jedoch damit rechnen, [[Unterhalt]] nach {{§|94|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041155}} [[Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch|ABGB]] wie bei aufrechter Ehe (!) leisten zu müssen.<br />
<br />
==== Einvernehmliche Scheidung ====<br />
Diese Scheidungsform erfordert die<br />
* ''Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr'', eine<br />
* ''schriftlichen Vereinbarung'' sowie<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'', die (rein formell, es wird nicht nachgeprüft) eingestanden werden muss.<br />
<br />
''Eheliche Lebensgemeinschaft'': Diese umfasst die allgemeinen [[Eheliche Pflichten|ehelichen Pflichten]] des {{§|90|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041153}} ABGB (gemeinsames [[Wohnen]], [[Treue]], [[Beistand]] etc.); auf eine Aufhebung der ''häuslichen Gemeinschaft'' (siehe oben) im rein räumlichen Sinn kommt es nicht an, folglich ist letzterer auch nicht erforderlich für die einvernehmliche Scheidung.<br />
<br />
Die ''schriftliche Vereinbarung'', die zivilrechtlich als ''[[Vergleich (Recht)]]'' qualifiziert werden kann, muss Einigung enthalten über: hauptsächlichen [[Aufenthalt]] der Kinder, [[Obsorge]], Ausübung des [[Recht auf persönlichen Verkehr|Rechts auf persönlichen Verkehr]], [[Unterhalt]] für die Kinder, Unterhalt der Ehegatten zueinander<br />
<br />
== Schweizerisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Für die Schweiz gilt die [[EheVO-II]] der Europäischen Union nicht. Nach {{Art.|59|291|ch}} des schweizerischen [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Schweiz)|Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG)]] sind Schweizer Gerichte international zuständig, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, oder der Kläger, der in der Schweiz wohnhaft ist, Schweizer ist oder der Kläger sich seit mindestens einem Jahr in der Schweiz aufhält. Lebt das Ehepaar im Ausland, sind Schweizer Gericht dennoch zuständig, wenn einer der Ehegatten Schweizer ist und es unmöglich oder unzumutbar ist die Klage am Wohnsitz eines der Ehegatten zu erheben ({{Art.|60|291|ch}} IPRG ''Heimatzuständigkeit'').<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Anwendbarkeit ist im Bundesgesetz über das internationale Privatrecht geregelt.<br />
<br />
Die Schweiz knüpft für die Beurteilung, welches Recht auf die Scheidung anzuwenden sei, anders als Deutschland und Österreich grundsätzlich nicht an der Staatsangehörigkeit, sondern am Wohnsitz der Ehegatten an. Verwendet man als Anknüpfungsmoment den Wohnsitz, führt das viel häufiger zu der Anwendung eigenen Rechts, weil vor Schweizer Gerichten sehr häufig nur Personen mit Schweizer Wohnsitz zu klagen pflegen. So richten sich beispielsweise die Voraussetzungen für die Scheidung nach Schweizer Recht, wenn zwei Deutsche seit über einem Jahr Wohnsitz in der Schweiz haben.<br />
<br />
Die Schweizer Gerichte wenden auf das Recht der Scheidung grundsätzlich immer Schweizer Recht an ({{Art.|61|291|ch}} Abs.&nbsp;1 IPRG). Das gilt selbst dann, wenn Schweizer Gerichte nach Art.&nbsp;60 IPR-Gesetz heimatzuständig sind (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;4 IPRG). Etwas anderes gilt nur, wenn beide Ehegatten Ausländer sind, welche dieselbe Staatsangehörigkeit haben und nur einer von ihnen seinen Wohnsitz in der Schweiz hat (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;2 IPRG). Hält sich der eine ausländische Ehegatte seit mindestens 2 Jahren in der Schweiz auf oder ist er auch Schweizer, so ist Schweizer Recht anzuwenden, wenn nach dessen Heimatrecht die Scheidung nicht oder nur unter außerordentlich schweren Bedingungen zulässig ist (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;3 IPRG).<br />
<br />
=== Schweizerische Vorschriften ===<br />
In der Schweiz ist die Scheidung im [[Zivilgesetzbuch]] (ZGB) umfassend geregelt. Hierbei ist zwischen der Scheidung auf gemeinsames Begehren und der Scheidung auf Klage zu unterscheiden:<br />
<br />
==== Scheidung auf gemeinsames Begehren ====<br />
Diese ist im Art.&nbsp;111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] geregelt. Bei der umfassenden Einigung (also auch hinsichtlich der Scheidungsfolgesachen) wird vom liberalen Grundsatz der [[Vertragsfreiheit]] ausgegangen. Geprüft wird somit vor Gericht nur der [[Wille#Zur Begriffsbildung in der Rechtswissenschaft|freie Wille]] und die [[reifliche Überlegung]]&nbsp;– nicht jedoch die ''faktische Zerrüttung'', die nach ZGB ''nicht'' Voraussetzung für die Scheidung ist.<br />
<br />
Artikel 111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] lautet:<ref>{{Art.|111|210|ch}} Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, admin.ch</ref><br />
# ''Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an; es überzeugt sich davon, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung voraussichtlich genehmigt werden kann.''<br />
<br />
# Hat sich das Gericht davon überzeugt, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung mit den Anträgen hinsichtlich der Kinder genehmigt werden kann, so spricht das Gericht die Scheidung aus.<br />
<br />
Es ist zulässig, eine "Teilkonvention" einzureichen, die nur gewisse Folgen der Scheidung (Unterhalt, Güterrecht, Teilung der Pensionskassenguthaben) beinhaltet. Der Scheidungsrichter entscheidet dann über die Scheidungsfolgen, über die sich die Ehegatten nicht geeinigt haben.<br />
<br />
== Weitere Länder ==<br />
* [[Chile]] ermöglichte als letzter südamerikanischer Staat die Scheidung erst 2003/2004.<br />
* In [[Irland]] wurde die Möglichkeit der Scheidung durch die 15. [[Verfassungsänderung (Irland)|Verfassungsänderung]] 1995 eingeführt. Diese Verfassungsänderung wurde in einer Volksabstimmung nur mit knapper Mehrheit (50,25 % dafür und 49,75 % dagegen) <ref>http://www.irlandlexikon.de/?letter=S</ref> gebilligt. [[1986]] war ein Versuch der Regierung, die Verfassung in diesem Sinn zu ändern, noch an einer Volksabstimmung gescheitert.<br />
* [[Malta]] erlaubte als einziger Staat der [[Europäische Union|EU]] keine Ehescheidung. <ref>[http://www.kath.net/detail.php?id=27530 kath.net: Malta und die Ehe 27. Juli 2010]</ref> In einem Referendum im Mai 2011 jedoch befürwortet die Bevölkerung mehrheitlich die Einführung der Scheidung in Malta. <ref>[http://www.stern.de/politik/ausland/abstimmung-auf-malta-buerger-sprechen-sich-fuer-scheidungen-aus-1690198.html Stern:Bürger sprechen sich fü Scheidungen aus] </ref><br />
* In [[Italien]] wurde die Scheidung 1970 gegen den Widerstand des Vatikans parlamentarisch ermöglicht.<ref>[http://www.taz.de/pt/2007/03/05/a0140.1/text taz:Und führe Politiker nicht in Versuchung]</ref><br />
* Zu Japan siehe [[Ehe und Scheidung in Japan]]<br />
* Zu der Republik Türkei siehe [[Ehescheidung in der Türkei]] <br />
* Auf den [[Philippinen]] ist die Scheidung verboten.<br />
<br />
== Rechtsvergleich ==<br />
Der Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Scheidungsrecht ist wohl primär der Umstand, dass das deutsche Recht zur Gänze, das österreichische Recht nur überwiegend vom Zerrüttungsprinzip dominiert ist. Zwar ist die „Härtefallscheidung“ in Deutschland wohl durchaus mit der „Verschuldensscheidung“ in Österreich vergleichbar, jedoch stellt das deutsche Recht auch hier nicht auf Schuld, sondern auf die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens ab.<br />
<br />
Im österreichischen Recht fällt der Unterhalt für den schuldig geschiedenen Partner niedriger aus als bei unverschuldeter Scheidung. In Deutschland spielt dieser Aspekt zwangsläufig keine Rolle für die Höhe des Unterhalts.<br />
<br />
Im Fall einer Trennung ist die (streitige) Scheidung nach deutschem Recht bereits nach einem Jahr (Trennungsjahr), spätestens aber nach drei Jahren möglich. Das österreichische Recht fordert grundsätzlich eine Trennungszeit von drei Jahren, im Härtefall sogar von sechs Jahren. In diesem Fall ist der Bestandsschutz des österreichischen Rechts weitreichender.<br />
<br />
Die einverständliche (deutsche) oder einvernehmliche (österreichische) Scheidung erfordert nach deutschem Recht ein Jahr Trennung, die (ggf. unter Eid) mündlich vor Gericht versichert werden muss, nach österreichischem Recht nur ein halbes Jahr Trennung, die im Scheidungsantrag nur rein formal ohne Überprüfung zugestanden werden muss. Hier ist der Bestandsschutz des deutschen Rechts wesentlich weitreichender.<br />
<br />
{{Staatslastig|DE}}<br />
{{Staatslastig|AT}}<br />
<br />
== Daten und Statistiken zu Ehescheidungen ==<br />
=== Deutschland ===<br />
Die jährliche Anzahl der Eheschließungen und Ehescheidungen hat sich in Deutschland folgendermaßen entwickelt:<br />
<br />
{| class="prettytable" align="center"<br />
|-bgcolor=eeeeee<br />
! align=center colspan=5 | Eheschließungen und Scheidungen in Deutschland<br />
|----<br />
|-bgcolor=f3f3f3<br />
| align="center" |Jahr<br />
| align="center" |Ehe-<br />schließungen<br />
| align="center" |Ehe-<br />scheidungen<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 25 Ehejahren (in %)<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 45 Ehejahren (in %)<br />
|----<br />
|1990<br />
|align="center" |516.388<br />
|align="center" |154.786<br />
|align="center" |27,4<br />
|align="center" |29,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|1995<br />
|align="center" |430.534<br />
|align="center" |169.425<br />
|align="center" |30,9<br />
|align="center" |33,2<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2000<br />
|align="center" |418.550<br />
|align="center" |194.408<br />
|align="center" |37,3<br />
|align="center" |40,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2005<br />
|align="center" |388.451<br />
|align="center" |201.693<br />
|align="center" |40,4<br />
|align="center" |44,2<br />
|----<br />
| colspan=5 |<small>Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, BiB-Mitteilungen, 04/2007 vom 11. Februar 2008, S. 13</small><br />
|}<br />
<br />
=== Österreich ===<br />
Fast 90 % der Ehescheidungen erfolgen ''[[#Einvernehmliche Scheidung|einvernehmlich]]''. Bei einem Rechtsstreit mit richterlichem Urteil hätten beide Parteien mit zwei negativen Folgen zu rechnen: Erstens würden intime Details aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit getragen („Schmutzwäschewaschen“), zweitens müssten die Parteien den Anordnungen des Richters Folge leisten. Bei einer wenn auch mühsamen Einigung hingegen können die Parteien weitgehend selbst bestimmen, wie sie die Scheidung regeln (siehe auch [[Mediation]]).<br />
<br />
== Ethische Aspekte ==<br />
Die Scheidung ist die formelle, juristische Beendigung einer Ehe. Im Gegensatz dazu ist die [[Trennung]] die tatsächliche Beendigung einer Ehe, die sowohl im Rechtssystem Österreichs als auch im Rechtssystem Deutschlands Voraussetzung für Scheidung ist. Die offizielle Scheidung nach diesen beiden Rechtssystemen ist somit die formale Auflösung einer bereits nicht mehr existenten Ehe.<br />
<br />
Ethische Aspekte erstrecken sich auf Inhalte, nicht auf Form. Eine ethische Bewertung einer Scheidung ist somit&nbsp;– im Gegensatz zu einer ethischen Bewertung der Trennung&nbsp;– grundsätzlich ''nicht'' möglich.<br />
<br />
{{Lückenhaft|Es fehlen folgende nicht-juristische Gesichtspunkte: Geschichte der Scheidungen (z.&nbsp;B. in der Antike), ethische Aspekte und ggf. noch weitere}}<br />
<br />
== Wirtschaftliche Aspekte ==<br />
[[Stephen Jenkins]] (''Institute for Social and Economic Research'', ''Council of the International Association for Research on Income and Wealth'') kam in einer Langzeit-Studie zum Ergebnis, dass in Großbritannien Männer nach einer Scheidung sich wirtschaftlich wesentlich verbesserten und Frauen hingegen sich verschlechterten. Diese Aussage trifft häufig selbst dann zu, wenn es sich hierbei nicht um Väter und Mütter, also um die Frage der Versorgung von Kindern, handelt.<ref>Amelia Hill: [http://www.guardian.co.uk/lifeandstyle/2009/jan/25/divorce-women-research ''Men become richer after divorce.''] The Observer 25. Januar 2009</ref><br />
<br />
== Die Position in den Religionen ==<br />
=== Jüdische Religion ===<br />
Im Judentum ist die Scheidung ein komplexer Akt, der eine Korrektur der Vergangenheit darstellt: Ähnlich wie die Buße ein in der Vergangenheit zerschnittenes Band zwischen dem Menschen und JHWH wieder knüpft, kann durch die Scheidung das in der Vergangenheit gesetzte Band zweier Seelen rückwirkend gelöst werden. Die Vorschrift ist in wenigen Zeilen der [[Thora]] zu finden. Eine Scheidung ist jederzeit ohne Grund von beiden Seiten möglich. Allerdings gibt es seit Jahrhunderten Probleme, wenn die Frau die Scheidung will. Der Mann muss sie ziehen lassen und darf ihr den [[Scheidebrief]] (''get'') nicht verweigern. Da aber – außer in Israel – der ''get'' nirgends einklagbar ist, ist der ziehenden Frau bei verweigertem ''get'' die Wiederheirat verwehrt.<br />
<br />
=== Christentum ===<br />
Bis ins 20. Jahrhundert hinein lehnten die meisten westlichen Kirchen Scheidung kategorisch ab. Die römisch-katholische Kirche sowie der überwiegende Teil der pietistischen, täuferischen und charismatischen Kirche halten in unterschiedlichem Grade bis heute daran fest. Grundlage für die restriktive Beurteilung ist {{B|Matthäus|19|3–9}}: Jesus wendet sich hier scharf gegen den mosaischen Scheidebrief, unter dem Vorbehalt der sogenannten [[Unzuchtsklausel]] (jedoch noch restriktiver mit dem Hintergrund des Unterganges des Südreiches: {{B|Mal|2|10–16}}). Der Verweis auf die alttestamentliche Regelung der Scheidung ([[Scheidebrief]]: {{B|5 Mos|24|1}}) macht deutlich: Es gibt Situationen, die so ausweglos sind, dass allein noch eine Scheidung möglich ist (zur katholischen Position dazu siehe [[Codex Iuris Canonici|CIC]] 1143).<br />
<br />
Spätestens seit 1970 ist dies in den evangelischen Landeskirchen Deutschlands, in vielen protestantischen ''mainline churches'' in den Vereinigten Staaten sowie in gemäßigten protestantischen Kirchen in anderen westlichen Industriestaaten allgemein anerkannt. Für die Katholiken lässt sich dies in der Praxis –&nbsp;im Gegensatz zur kirchenamtlichen Lehre&nbsp;– etwa 10 Jahre später feststellen. Nicht erlaubt ist jedoch die zivile Wiederverheiratung, kirchliche Angestellte werden in diesem Fall entlassen. Neuerdings wird die Ehescheidung als Möglichkeit auch unter evangelikalen, charismatischen und pfingstkirchlichen Christen in Betracht gezogen.<br />
<br />
Die Mehrzahl der [[Ostkirche]]n hat die Scheidung seit langem als manchmal notwendiges Übel akzeptiert (''oikonomia''). Nach orthodoxem Glauben ist das alttestamentliche Gesetz durch Christus gegeben; wenn er darin „wegen der Härte der Herzen“ eine Scheidung erlaubt hat, so ist seine Äußerung im Neuen Testament nicht als Widerspruch dagegen zu verstehen (denn Gott widerspricht sich nicht), sondern als Warnung gegen leicht genommene Scheidung. Die Östlich-Orthodoxen (orthodoxe Kirchen im engeren Sinne) erlauben bis zu maximal drei Eheschließungen. Die Zeremonie zu einer Wiederheirat ist allerdings weit weniger feierlich als die zu einer ersten Heirat; vielmehr überwiegt der Gedanke der Buße. Vor einer dritten kirchlichen Hochzeit wird ein Jahr strenger Buße vorausgesetzt.<ref>[http://orthodoxeurope.org/page/3/16.aspx ''Die Grundlagen der Sozialdoktrin der Russisch-Orthodoxen Kirche'']. Auf: orthodoxeurope.org, Abschnitt X.3.</ref><br />
<br />
==== Römischer Katholizismus ====<br />
Nach dem Rechtsverständnis der [[Römisch-Katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] ist eine Scheidung nur in zwei eng begrenzten Fällen möglich: Wenn sich einer der beiden Eheleute, die zur Zeit der Eheschließung beide ungetauft waren, taufen lässt, und der ungetauft Bleibende den christlichen Glauben nicht akzeptiert und sich entweder deswegen trennen möchte oder „den Schöpfer lästert“, dann kann der getaufte Partner eine neue Ehe mit einem Getauften eingehen, was die erste (nichtsakramentale) Ehe auflöst.<br />
<br />
Zweitens kann der Papst die Eheauflösung gewähren, wenn die Ehe nicht vollzogen wurde; diese Gewährung wird jedoch nur äußerst selten erteilt. Dies ist nicht mit der ''[[impotentia coeundi]]'' (sogenanntes [[Ehehindernis]] [[Göttliches Recht|göttlichen Rechts]]) zu verwechseln, bei der die nachträgliche Ungültigerklärung einer Ehe gemäß can. 1084 § 2 möglich ist (Schutz-Canon gegen „Alibi-Ehen“). In letzterem Falle gilt die Ehe als nie wirksam geschlossen, während es bei einer Auflösung einer nicht vollzogenen Ehe durch den Papst dabei bleibt, dass die Ehe tatsächlich existiert hat, so dass man von einer Scheidung sprechen kann.<br />
<br />
Anders verhält es sich bei der [[Eheannullierung]], die voraussetzt, dass eine Ehe nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist.<br />
<br />
In Fällen von Ehezerrüttung oder Ehebruch o.&nbsp;ä. gesteht die Kirche in besonderen Härtefällen (etwa bei einem „[[Kuckuckskind]]“ oder manifester [[Gewalt]]) den Eheleuten nur die „Trennung von Tisch und Bett“, nicht aber die formelle Scheidung zu. Dies wird damit begründet, dass die katholische [[Kirchliche Trauung|Ehe]] eines der sieben [[Sakrament]]e ist und, wie auch aus den liturgischen Formeln ersichtlich, geschlossen wird „bis (dass) der Tod euch scheidet“. Die Scheidung ist dementsprechend schlicht unwirksam; der Geschiedene bleibt, sofern er nicht Gründe für eine Trennung von Tisch und Bett hat, weiterhin zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet, und auch in diesem Fall zur außerehelichen Enthaltsamkeit sowie dazu, keine neue Ehe einzugehen (was er im kirchenrechtlichen Sinn auch gar nicht gültig bewerkstelligen kann). Bei erlaubter dauerhafter Trennung von Tisch und Bett ist, falls zweckmäßig, auch die zivile Scheidung erlaubt, jedoch ohne die Wiederheirat zu ermöglichen.<br />
<br />
Diese rechtliche Ordnung stößt in der Gegenwart häufig auf wenig Verständnis. Der Grund dafür ist: Es wird zwar in der Regel nachvollzogen, das „Zerrüttenlassen“ der Ehe, die Trennung und die Scheidung als [[Sünde]] (oder zumindest „Sünde gemäß kirchlicher Moral“) zu betrachten, die landläufige Meinung geht aber davon aus, dass durch diese Sünden die Ehe als solche beendet werde. Von daher verstehen sich Forderungen, die Scheidung möge doch (wie u.&nbsp;a. Mord, Abtreibung, Ehebruch etc.) durch das [[Bußsakrament]] „vergeben“ werden. Richtig ist aber, dass von der Sünde der Scheidung (sofern sie überhaupt mit einer Sünde verbunden war) selbstverständlich im Bußsakrament losgesprochen werden kann – was aber den Pönitenten nicht von seinem Eheversprechen entbindet.<br />
<br />
=== Islam ===<br />
Im [[Islam]] gibt es die Möglichkeit zur Scheidung in einigen Ausdifferenzierungen (→ [[Islamische Ehe#Scheidung|Scheidung einer islamischen Ehe]]; [[Verstoßung#Verstoßung im Islam|Talaq]] seitens des Mannes; Chulla seitens der Frau).<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Scheidungsrate]], [[Alleinerziehende]], [[Sorgerecht]], [[Stieffamilie]], [[Eheannullierung]], [[Lebenspartnerschaftsgesetz]], [[Online Scheidung]], [[Scheidungsformel]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Thomas Rauscher: Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Band I und II, 2. Auflage Sellier European Law Publisher 2006<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{ws | [[s:RE:Ehescheidung |Ehescheidung]] in Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft}}<br />
* [http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Bevoelkerung/EheschliessungenScheidungen/EheschliessungenScheidungen.psml Statistik zu Eheschließungen und Scheidungen auf der Webseite des statistischen Bundesamtes für Deutschland]<br />
* [http://de.statista.org/statistik/daten/studie/1346/umfrage/anzahl-der-geschiedenen-ehen-nach-ehedauer/ Anzahl der geschiedenen Ehen nach Ehedauer (2006)]<br />
* [http://www.vatican.va/archive/DEU0036/__P44.HTM Codex des Kanonischen Rechtes]<br />
* [http://ec.europa.eu/civiljustice/divorce/divorce_ec_de.htm Information der Europäischen Kommission zum Scheidungsrecht aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie internationalem Recht] (mehrsprachig)<br />
* [http://www.eheanwalt.ch/ Informationen zum Schweizer Scheidungsrecht] (deutsch)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Rechtshinweis}}<br />
<br />
[[Kategorie:Eherecht (Deutschland)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Österreich)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Schweiz)]]<br />
[[Kategorie:Ehe]]<br />
<br />
[[ar:طلاق]]<br />
[[az:Boşanma]]<br />
[[bg:Развод]]<br />
[[bjn:Sarak]]<br />
[[br:Torr-dimeziñ]]<br />
[[ca:Divorci]]<br />
[[ceb:Diborsyo]]<br />
[[cs:Rozvod]]<br />
[[da:Skilsmisse]]<br />
[[en:Divorce]]<br />
[[eo:Eksgeedziĝo]]<br />
[[es:Divorcio]]<br />
[[eu:Dibortzio]]<br />
[[fa:طلاق]]<br />
[[fi:Avioero]]<br />
[[fr:Divorce]]<br />
[[he:גירושים]]<br />
[[hr:Rastava braka]]<br />
[[ht:Divòs]]<br />
[[id:Perceraian]]<br />
[[it:Divorzio (ordinamento civile italiano)]]<br />
[[ja:離婚]]<br />
[[kn:ವಿಚ್ಛೇದನ]]<br />
[[la:Divortium]]<br />
[[mt:Divorzju]]<br />
[[nl:Echtscheiding]]<br />
[[nn:Skilsmisse]]<br />
[[no:Skilsmisse]]<br />
[[pl:Rozwód]]<br />
[[pt:Divórcio]]<br />
[[qu:T'aqanakuy]]<br />
[[ro:Divorț]]<br />
[[ru:Развод]]<br />
[[scn:Divorziu]]<br />
[[sh:Razvod]]<br />
[[si:දික්කසාදය]]<br />
[[simple:Divorce]]<br />
[[sq:Divorci]]<br />
[[sr:Развод]]<br />
[[sv:Skilsmässa]]<br />
[[ta:திருமண முறிவு]]<br />
[[te:విడాకులు]]<br />
[[tr:Boşanma]]<br />
[[uk:Розлучення]]<br />
[[wa:Divoirçaedje]]<br />
[[yi:גט]]<br />
[[zh:离婚]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ehescheidung_(%C3%96sterreich)&diff=95554709Ehescheidung (Österreich)2011-06-05T04:59:24Z<p>222.127.231.29: /* Weitere Länder */ das Referendum in Malta war nur konsultativ und noch ist kein Gesetz in Kraft, das die Scheidung erlaubt; Formulierung vorher suggerierte was anderes</p>
<hr />
<div>'''Scheidung''' oder '''Ehescheidung''' ist die formelle juristische Auflösung einer [[Ehe]].<br />
<br />
''Geschieden'' ist neben ledig, verheiratet und [[Witwer|verwitwet]] einer der vier weltweit üblichen [[Familienstand|Familienstände]]. Eine Scheidung ist jedoch nicht in allen Rechtssystemen möglich, Verfahren und Bedeutung können sehr unterschiedlich sein.<br />
<br />
Daneben gibt es mit [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]], [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigkeit]] und [[Eheannullierung|Annullierung]] aus formellen Gründen verschiedene Formen der Ungültigkeit einer Ehe, sowie die [[Getrenntleben|Trennung]] ohne Beendigung des Eheverhältnisses. In erweitertem Sinne bezieht sich der Ausdruck ''Scheidung'' rechtlich auch auf [[gleichgeschlechtliche Ehe]]n oder [[eingetragene Partnerschaft]]en<!--sic, nicht der deutsche spezialausdruck-->, nicht aber andere [[Lebensgemeinschaft]]en.<br />
<br />
== Deutsches Recht ==<br />
''siehe auch:'' [[Eherecht (Deutschland)|Eherecht]]<br />
<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Die [[Internationale Zuständigkeit (Deutschland)|internationale Zuständigkeit]] ist innerhalb der [[Europäische Gemeinschaft|Europäischen Gemeinschaft]] mit Ausnahme Dänemarks mit der „Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung“<ref>http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:338:0001:0029:DE:PDF</ref> (Brüssel IIa Verordnung – auch EuGVVO II oder [[Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (EuEheVO)|EheVO-II]]) einheitlich geregelt worden.<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;a EheVO-II ist das Gericht desjenigen EG-Mitgliedstaates zuständig, in dem<br />
# beide Ehegatten ihren [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn ihn einer dort noch hat;<br />
# der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder im Falle eines „gemeinsamen Antrags“<ref>unerheblich ist, ob nach dem Recht des Mitgliedstaates, dessen Gericht zuständig ist, formal die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrags existiert, Thomas Rauscher in Europäischen Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;19</ref>, wo einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;<br />
# der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens 6 Monaten vor dem Antrag aufgehalten hat und Staatsangehöriger dieses Staates ist oder in Ermangelung einer Staatsangehörigkeit sich mindestens ein Jahr aufgehalten hat;<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;b EheVO-II sind auch die Gerichte des EG-Mitgliedstaates international zuständig, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten haben.<br />
<br />
Die internationale Zuständigkeit kann unter Umständen für einen Deutschen, dessen Ehegatte ein Ausländer ist, bedeuten, dass für seinen Scheidungsantrag kein deutsches Gericht international zuständig ist.<ref>Rauscher in Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;3</ref><br />
<br />
Diese internationale Zuständigkeit ist innerhalb der EG ausschließlich. Nur nicht EG-Staaten können ihre Gerichtsbarkeit ebenfalls für berufen erklären. Eine Restzuständigkeit bleibt dem nationalen Recht, wenn der Antragsgegner weder Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaates ist noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem EG-Mitgliedstaat hat (Art.&nbsp;6 EheVO-II); deutsche Gerichte sind in diesem Fall nach {{§|98|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] international zuständig. Ist der Antragsteller Deutscher und der Antragsgegner weder EG-Inländer oder in der EG ansässig, ist die deutsche Gerichtsbarkeit mit der Sache betraut.<br />
<br />
An der Scheidung ist die Scheidungsfolgesache Unterhalt geknüpft: Hierzu gibt es bereits seit Inkrafttretens des europäischen Rechts Brüssel I – auch [[EuGVVO]] genannt – eine entsprechende Regelung.<br />
<br />
Soweit ein deutsches Gericht international zuständig ist, prüft es, ob es deutsches oder bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ausländisches Recht anzuwenden hat.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
''siehe auch:'' [[Internationales Privatrecht]]<br />
<br />
Deutsche Gerichte und Behörden wenden auf [[deutsche]] Staatsbürger stets deutsches Recht an.<br />
<br />
Bei [[Ausländer]]n muss unterschieden werden:<br />
<br />
Gehören beide Ehegatten, die sich scheiden lassen wollen, zum Zeitpunkt der [[Rechtshängigkeit]] demselben ausländischen Staat an oder gehörten sie diesem zuletzt an, richtet sich die Scheidung nach dem Recht ihres Heimatstaates ({{Art.|17|EGBGB|dejure}} Abs.&nbsp;1 [[EGBGB]]).<br />
<br />
Ist einer der Ehegatten Deutscher, haben beide ausländischen Ehegatten verschiedene [[Staatsangehörigkeit]]en oder sind die Eheleute [[Asyl]]anten oder [[Konventionsflüchtling]]e<ref>Art.&nbsp;12 [[Genfer Flüchtlingskonvention]]</ref>, so wird das Recht des Ortes angewendet, wo die Ehegatten ihren gemeinsamen [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn einer von ihnen ihn dort noch hat. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch eine [[Inländerprivilegierung]] vorgesehen: Ist einer der Ehegatten Deutscher und ist die Ehe nach dem Recht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts unscheidbar, wird sie nach deutschem Recht geschieden. Klagt ein Deutscher auf Scheidung der Ehe und ist nach der EheVO-II die deutsche Gerichtsbarkeit unzuständig, kommt dem Deutschen die Inländerprivilegierung des Art.&nbsp;17 Abs.&nbsp;1 Satz&nbsp;2 EGBGB nicht zugute.<br />
<br />
Bei der Form der Scheidung ist das deutsche Recht streng. Auch wenn auf die Scheidung der Ehe durch das deutsche [[Familiengericht]] ausländisches Recht angewendet wird, kann in Deutschland die Ehe nur durch [[Gerichtsbeschluss]] (z.&nbsp;B. nicht durch [[Verstoßung]] oder [[Aufhebungsvertrag]]) geschieden werden. Diese Formstrenge steht im Gegensatz zur Toleranz gegenüber ausländischen Formen des Eheschlusses in Deutschland (z.&nbsp;B. vor einem [[Konsul]] oder [[Geistlicher|Geistlichen]]).<br />
<br />
=== Deutsche Vorschriften ===<br />
Das deutsche Recht sieht die Ehe als lebenslange Institution, deren besonderer Schutz in {{Art.|6|gg|juris}} des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes]] gefordert wird. Die Ehe kann daher nur durch den [[Sterbefall|Tod]], durch Scheidung oder durch [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]] beendet werden. Die Scheidung oder die Aufhebung muss im Wege der [[Gestaltungsklage]] durch richterlichen Beschluss erfolgen. Scheidungen werden mehrheitlich von Frauen eingereicht.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2007/08/13/781748.html?s=2 Abendblatt: ''Keine Lust mehr auf Ehe?'']</ref><br />
<br />
Die Scheidung wurde zusammen mit der [[Zivilehe]] 1875 im [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]] eingeführt. Bis zum Inkrafttreten der Reform von 1976 ([[Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts|1. EheRG]]) galt im Ehescheidungsverfahren das Schuldprinzip. Dieses wurde in einer Reform der entsprechenden Paragraphen durch das sogenannte ''Zerrüttungsprinzip'' abgelöst. Im Gesetzestext selber wird dabei vom ''Scheitern'' der Ehegemeinschaft gesprochen. Die Reform von 1976 macht Unterhaltsrechte und -pflichten nicht mehr von einer „Schuld“ abhängig, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der geschiedenen Ehepartner, unter Berücksichtigung des Prinzips einer [[Eigenverantwortung]].<ref>{{internetquelle|autor=Peter Borowsky|url=http://www.bpb.de/publikationen/01076900131314521849545168923836,5,0,Sozialliberale_Koalition_und_innere_Reformen.html|titel=Sozialliberale Koalition und innere Reformen – Kapitel „Ehe- und Familienrecht“|werk=Informationen zur politischen Bildung (Heft 258)|hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung|zugriff=11. Mai 2008}}</ref><ref>[http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=43822624&aref=image035/0549/PPM-SP197004900700086.pdf&thumb=false ''Wie im Orient?''], DER SPIEGEL 49/1970, S.&nbsp;70–86, 30. November 1970. [{{Der Spiegel|43822624|Titel=Wie im Orient? (siehe Titelbild)|Text=}} Online-Version (HTML)]. Aufgerufen am 11. Mai 2008.</ref> Die Regelungen wurden 2008 durch das [[Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts]] erneut umfassend reformiert.<br />
<br />
==== Voraussetzungen ====<br />
Die Voraussetzungen einer Scheidung sind, nachdem sie jahrzehntelang im [[Ehegesetz (Deutschland)|Ehegesetz]] „ausgelagert“ waren, inzwischen wieder abschließend in den {{§|1564|bgb|juris}} bis {{§|1568|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] sowie in den {{§|133|famfg|juris}} bis {{§|150|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] geregelt. Die Scheidungsfolgen (wie beispielsweise [[Unterhalt]], [[Sorgerecht]], [[Umgangsrecht]] und [[Versorgungsausgleich]]) werden in den {{§|1569|bgb|juris}}ff. BGB, das Scheidungsverfahrensrecht im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den [[Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit]] (FamFG) geregelt. Mit der Umsetzung des FamFG wurde das Scheidungsverfahrensrechts, das vorher in ZPO und FGG geregelt war, nunmehr in einem Gesetz vereinheitlicht.<br />
<br />
Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie ''gescheitert'' ist. Das ist der Fall, wenn die eheliche [[Lebensgemeinschaft]] gemäß {{§|1353|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] (mensa et toro) nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung nicht mehr zu erwarten ist. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (s.&nbsp;{{§|1567|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]]).<br />
<br />
Um den Ehegatten eine genaue Untersuchung des Merkmals ''Scheitern'' (Zerrüttung) zu ersparen, gibt das BGB dem entscheidenden Richter zwei [[Vermutung (Recht)|Vermutungen]] an die Hand<!-- Meyers Lexikon ist eingestellt seit dem 23.03.09 <ref>http://lexikon.meyers.de/meyers/Ehescheidung</ref> Vielleicht dieser Link: http://bundesrecht.juris.de/bgb/__1566.html-->:<br />
<br />
# Leben die Ehegatten mehr als ein Jahr getrennt, so wird die Zerrüttung vermutet, sofern diese als „nicht heilbar“ angesehen wird: Wollen beide Ehegatten geschieden werden („einverständliche Scheidung“) oder besteht keine Bereitschaft, sich zu versöhnen, ist unwiderlegbar von einer Zerrüttung auszugehen.<br />
# Nach drei Jahren Trennung kann die Ehe auch gegen den Willen des anderen Ehegatten geschieden werden. Auch diese Vermutung ist unwiderlegbar.<br />
<br />
Ist die Fortsetzung der Ehe einem der Ehegatten eine unzumutbare Härte ({{§|1565|bgb|juris}} Abs.&nbsp;2 BGB), die in der Person des anderen Ehegatten begründet liegt, kann die Ehe aber vor Vollendung des ersten Trennungsjahrs und ohne Einwilligung beider Ehegatten geschieden werden. Eine solche unzumutbare Härte wird angenommen, wenn Misshandlungen vorliegen oder der Ehegatte beispielsweise eine weitere Person in die Ehe aufnehmen wollte (im Stil einer „[[Ménage à trois]]“). Deutsche Gerichte tendierten in der Vergangenheit dazu, den Begriff immer weiter zu fassen und immer neue subjektiv empfundene unzumutbare Härten zu akzeptieren.<br />
<br />
Der Beginn des Trennungsjahres kann rechtssicher durch den Wechsel in die [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse IV (4)|Steuerklasse IV]] im laufenden Jahr bzw. [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse I (1)|Steuerklasse I]] im auf die Trennung folgenden Kalenderjahr auf der [[Steuerkarte]] dokumentiert werden. Hierzu ist beim [[Einwohnermeldeamt]] eine ''Erklärung zum Familienstand'' abzugeben.<br />
<br />
==== Härteklausel ====<br />
Zu beachten ist die [[Härteklausel]] nach {{§|1568|bgb|juris}} BGB: Da die Scheidung in der Regel eine schwere Härte für [[Minderjährigkeit|minderjährige Kinder]] darstellt, ist zu prüfen, ob ein Fortbestand der Ehe aus Gründen des [[Kindeswohl]]s möglich erscheint (§ 1568 Abs.&nbsp;1 1. Alt. BGB). Zugleich wird aber auch der andere Ehepartner geschützt, wenn dieser wegen Krankheit oder vorgerückten Alters besonderer Schutzwürdigkeit bedarf.<br />
<br />
Die praktische Relevanz dieser Vorschrift ist aber eher als gering einzustufen.<br />
<br />
==== Verfahren ====<br />
Das Verfahren der Scheidung findet vor dem [[Amtsgericht]] – [[Familiengericht]] – statt. Anders als bei anderen Verfahren vor dem Amtsgericht besteht in Scheidungsverfahren [[Anwaltszwang]], das heißt, jedenfalls der Antragsteller muss sich von einem Anwalt vertreten lassen.<br />
<br />
Im Scheidungsverfahren können auf Antrag in einem sogenannten [[Scheidungsverbund]] andere Familiensachen (Regelung der [[Sorgerecht|elterlichen Sorge]], des [[Umgangsrecht|Umgangs]], des [[Unterhalt]]s, der Ansprüche aus dem ehelichen [[Güterrecht]], der Zuweisung von Ehewohnung und ehelichem [[Hausrat]]) für den Fall der Scheidung mit geltend gemacht werden. In der Regel zwingend und ohne Antrag einer Partei ist mit der Scheidung der [[Versorgungsausgleich]] zu regeln.<br />
<br />
Außergerichtlich können einige Scheidungsfolgen geregelt werden; z.&nbsp;B. kann [[ehevertrag]]lich auch anlässlich der Scheidung auf [[Zugewinnausgleich]] und unter bestimmten Einschränkung auch auf [[Unterhalt|Ehegattenunterhalt]] verzichtet werden. Solche Vereinbarungen sind [[notar]]iell zu [[Beurkundung|beurkunden]].<br />
<br />
=== [[Rechtsweg]] ===<br />
Während die erst<nowiki />[[Instanz (Recht)|instanz]]<nowiki />liche Verhandlung stets vor dem [[Amtsgericht]] stattfindet, ist die [[Beschwerde (Recht)|Beschwerde]]<nowiki />instanz das [[Oberlandesgericht]].<br />
<br />
=== Sonstiges ===<br />
Seit 2000 bieten einige Rechtsanwaltskanzleien in der Bundesrepublik Deutschland eine sog. „Internetscheidung“ an. Bis heute besteht jedoch die Möglichkeit einer Scheidung über das Internet nicht. Zudem ist zu bedenken, dass zu einem so komplexen Rechtsgebiet wie der Scheidung eine ausführliche Beratung dringend zu empfehlen ist, die im Übrigen keine zusätzlichen Kosten verursacht, da eine sog. „Internetscheidung“ genauso nach dem [[Rechtsanwaltsvergütungsgesetz|RVG]] vergütet wird wie die Präsenzscheidung mit ausführlicher Beratung im Anwaltsbüro. Gleichwohl ist es auf diesem – wenngleich weitgehend anonymisierten – Weg möglich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um das Scheidungsverfahren durch diesen bei einem ordentlichen Gericht betreiben zu lassen.<br />
<br />
Am 3. Februar 2010 hat der XII. Zivilsenat des [[Bundesgerichtshof]]s die Entscheidung (Az: XII ZR 189/06) bekannt gegeben, in der Zuwendungen der Schwiegereltern zum Ehepartner ihres Kindes zurückgefordert werden können.<ref>[http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=50767&linked=pm&Blank=1 Rückforderung von Zuwendungen an Ehepartner ihres Kindes - BGH-Urteil vom 3. Februar 2010]</ref>Diese Zuwendungen wurden nun als Schenkungen bewertet. Wenn die Ehe scheitert, sei die Geschäftsgrundlage für die Schenkung nicht mehr gegeben. Die ''Möglichkeit einer zumindest partiellen Rückabwicklung'' der Schenkung sei auch dann möglich, wenn in der Ehe eine [[Zugewinngemeinschaft]] bestanden habe.<br />
<br />
== Österreichisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Österreichische Stellen prüfen die Anwendbarkeit einer Rechtsordnung nur, wenn sie, insbesondere nach der [[EheVO-II]] international zuständig sind.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Vorschriften über die Anwendbarkeit des österreichischen Rechts ([[Internationales Privatrecht]]) sind im [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Österreich)|Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht]] (IPR-Gesetz) geregelt.<br />
<br />
Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts unterliegt in der Sache ähnlichen Vorschriften ({{§|20|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031306}} in Verbindung mit {{§|18|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031304}} IPR-Gesetz) wie die des deutschen. Das österreichische Recht verzichtet aber auf eine Inländerprivilegierung. Stattdessen findet bei bi-nationalen Ehen stets, im Falle eines Österreichers österreichisches Recht, im Falle eines Ausländers dessen Heimatrecht auf die Scheidung Anwendung, wenn nach dem Recht des (letzten) gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts die Ehe nicht geschieden werden kann (§&nbsp;20 Abs.&nbsp;2 IPR-Gesetz).<br />
<br />
=== Österreichische Vorschriften ===<br />
Die Scheidung der Ehe ist neben der [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigerklärung der Ehe]] und der [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung der Ehe]] eine der Möglichkeiten, die Ehe zu beenden. Österreich hat das Scheidungsrecht im [[Ehegesetz]] (EheG), das bis 1977 weitgehend gleichlautend mit dem dEheG in Deutschland war, geregelt. Zwischenzeitlich kamen einige Änderungen, wie der verschuldensunabhängige Unterhalt (genauer: ''Unterhalt trotz Verschuldens'') hinzu.<br />
<br />
Rechtsdogmatisch gesprochen handelt es sich bei der Scheidung um die ''„[[Kündigung]]“ des [[Dauerschuldverhältnis]]ses Ehe'', die nur aus besonderen Gründen möglich ist. Wenngleich nicht ausschließlich, so steht dennoch seit der Reform des Eherechts im Jahr 1999 das ''Zerrüttungsprinzip'' vor dem ''Verschuldensprinzip''. Scheidungsgründe sind dem Zerrüttungsprinzip folgend grundsätzlich „relativ“; so kann z.&nbsp;B. ein Ehebruch, der die Gemeinschaft der Ehegatten nicht tatsächlich zerrüttet, nicht zur Scheidung führen.<br />
<br />
''Ehescheidungsgründe'':<br />
* ''Streitige Scheidung''<br />
** ''Verschuldensscheidung''<br />
** Scheidung aus anderen Gründen<br />
*** Krankheit<br />
**** wg. auf geistiger Störung beruhenden Verhaltens<br />
**** wg. Geisteskrankheit<br />
**** wg. ansteckender oder ekelerregender Krankheit<br />
*** ''Auflösung der häuslichen Gemeinschaft''<br />
* ''Einvernehmliche Scheidung''<br />
<br />
==== Verschuldensscheidung ====<br />
Die Verschuldensscheidung erfordert eine<br />
* ''schwere Eheverfehlung'' bzw. ein ''ehrloses und unsittliches Verhalten'', die/das zu einer<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'' führt.<br />
<br />
''Schwere Eheverfehlung'': Das Gesetz selbst nennt demonstrativ [[Ehebruch]], körperliche [[Gewalt]] oder schweres seelisches Leid. Weiter zu nennen sind z.&nbsp;B. [[Alkoholkrankheit|Trunksucht]], ständige [[Streit]]ereien, schwere [[Beleidigung|Beschimpfungen]], Vernachlässigung des [[Privathaushalt|Haushalts]], Verweigerung der ehelichen [[Beiwohnung]].<br />
<br />
''Zerrüttung'': Die Ehe ist zerrüttet, wenn die körperliche, geistige und seelische Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist, so dass eine Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.<br />
<br />
''Der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung nicht begehren.'' Nicht um eine schwere Eheverfehlung handelt es sich bei Reaktionshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert Beiwohnung durch gegenwärtig volltrunkenen Mann). Auch Kompensationshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert – zur Vergeltung – den Geschlechtsverkehr zwei Tage nachdem Mann volltrunken war) machen den vormalig Unschuldigen nicht zum (überwiegend) Schuldigen.<br />
<br />
==== Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft ====<br />
Diese Scheidungsvariante erfordert eine<br />
* ''Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft seit 3 Jahren (bzw. 6 Jahren)'' und die<br />
* ''Zerrüttung der Ehe''.<br />
<br />
''[[Häusliche Gemeinschaft]]'': Diese ist beendet, wenn die eheliche Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in ehewidriger Intention beendet wird. Demgemäß reicht bereits eine Trennung von Tisch und Bett ''(a mensa et toro).'' Nur gelegentliches eheliches Beiwohnen genügt nicht für das Bestehen der häuslichen Gemeinschaft. Demgegenüber ist eine bloße räumliche Trennung (z.&nbsp;B. aus beruflichen oder sonstigen Gründen) ohne Zerrüttung unbeachtlich.<br />
<br />
Nach drei Jahren ist die Scheidung nur möglich, wenn die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann oder die Scheidung den (unschuldigen) Beklagten nicht härter (Härteklausel) treffen würde als den Klagenden die Abweisung des Scheidungsbegehrens. Ein derartiger ''Härtefall'' ist nach der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Wohl der Kinder, der Dauer der Aufhebung, dem Alter der Ehegatten, etc. zu beurteilen. Nach sechs Jahren kann die Ehe jedenfalls aufgehoben werden.<br />
<br />
''Insbesondere auch der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung begehren;'' er muss dafür jedoch damit rechnen, [[Unterhalt]] nach {{§|94|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041155}} [[Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch|ABGB]] wie bei aufrechter Ehe (!) leisten zu müssen.<br />
<br />
==== Einvernehmliche Scheidung ====<br />
Diese Scheidungsform erfordert die<br />
* ''Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr'', eine<br />
* ''schriftlichen Vereinbarung'' sowie<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'', die (rein formell, es wird nicht nachgeprüft) eingestanden werden muss.<br />
<br />
''Eheliche Lebensgemeinschaft'': Diese umfasst die allgemeinen [[Eheliche Pflichten|ehelichen Pflichten]] des {{§|90|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041153}} ABGB (gemeinsames [[Wohnen]], [[Treue]], [[Beistand]] etc.); auf eine Aufhebung der ''häuslichen Gemeinschaft'' (siehe oben) im rein räumlichen Sinn kommt es nicht an, folglich ist letzterer auch nicht erforderlich für die einvernehmliche Scheidung.<br />
<br />
Die ''schriftliche Vereinbarung'', die zivilrechtlich als ''[[Vergleich (Recht)]]'' qualifiziert werden kann, muss Einigung enthalten über: hauptsächlichen [[Aufenthalt]] der Kinder, [[Obsorge]], Ausübung des [[Recht auf persönlichen Verkehr|Rechts auf persönlichen Verkehr]], [[Unterhalt]] für die Kinder, Unterhalt der Ehegatten zueinander<br />
<br />
== Schweizerisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Für die Schweiz gilt die [[EheVO-II]] der Europäischen Union nicht. Nach {{Art.|59|291|ch}} des schweizerischen [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Schweiz)|Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG)]] sind Schweizer Gerichte international zuständig, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, oder der Kläger, der in der Schweiz wohnhaft ist, Schweizer ist oder der Kläger sich seit mindestens einem Jahr in der Schweiz aufhält. Lebt das Ehepaar im Ausland, sind Schweizer Gericht dennoch zuständig, wenn einer der Ehegatten Schweizer ist und es unmöglich oder unzumutbar ist die Klage am Wohnsitz eines der Ehegatten zu erheben ({{Art.|60|291|ch}} IPRG ''Heimatzuständigkeit'').<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Anwendbarkeit ist im Bundesgesetz über das internationale Privatrecht geregelt.<br />
<br />
Die Schweiz knüpft für die Beurteilung, welches Recht auf die Scheidung anzuwenden sei, anders als Deutschland und Österreich grundsätzlich nicht an der Staatsangehörigkeit, sondern am Wohnsitz der Ehegatten an. Verwendet man als Anknüpfungsmoment den Wohnsitz, führt das viel häufiger zu der Anwendung eigenen Rechts, weil vor Schweizer Gerichten sehr häufig nur Personen mit Schweizer Wohnsitz zu klagen pflegen. So richten sich beispielsweise die Voraussetzungen für die Scheidung nach Schweizer Recht, wenn zwei Deutsche seit über einem Jahr Wohnsitz in der Schweiz haben.<br />
<br />
Die Schweizer Gerichte wenden auf das Recht der Scheidung grundsätzlich immer Schweizer Recht an ({{Art.|61|291|ch}} Abs.&nbsp;1 IPRG). Das gilt selbst dann, wenn Schweizer Gerichte nach Art.&nbsp;60 IPR-Gesetz heimatzuständig sind (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;4 IPRG). Etwas anderes gilt nur, wenn beide Ehegatten Ausländer sind, welche dieselbe Staatsangehörigkeit haben und nur einer von ihnen seinen Wohnsitz in der Schweiz hat (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;2 IPRG). Hält sich der eine ausländische Ehegatte seit mindestens 2 Jahren in der Schweiz auf oder ist er auch Schweizer, so ist Schweizer Recht anzuwenden, wenn nach dessen Heimatrecht die Scheidung nicht oder nur unter außerordentlich schweren Bedingungen zulässig ist (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;3 IPRG).<br />
<br />
=== Schweizerische Vorschriften ===<br />
In der Schweiz ist die Scheidung im [[Zivilgesetzbuch]] (ZGB) umfassend geregelt. Hierbei ist zwischen der Scheidung auf gemeinsames Begehren und der Scheidung auf Klage zu unterscheiden:<br />
<br />
==== Scheidung auf gemeinsames Begehren ====<br />
Diese ist im Art.&nbsp;111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] geregelt. Bei der umfassenden Einigung (also auch hinsichtlich der Scheidungsfolgesachen) wird vom liberalen Grundsatz der [[Vertragsfreiheit]] ausgegangen. Geprüft wird somit vor Gericht nur der [[Wille#Zur Begriffsbildung in der Rechtswissenschaft|freie Wille]] und die [[reifliche Überlegung]]&nbsp;– nicht jedoch die ''faktische Zerrüttung'', die nach ZGB ''nicht'' Voraussetzung für die Scheidung ist.<br />
<br />
Artikel 111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] lautet:<ref>{{Art.|111|210|ch}} Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, admin.ch</ref><br />
# ''Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an; es überzeugt sich davon, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung voraussichtlich genehmigt werden kann.''<br />
<br />
# Hat sich das Gericht davon überzeugt, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung mit den Anträgen hinsichtlich der Kinder genehmigt werden kann, so spricht das Gericht die Scheidung aus.<br />
<br />
Es ist zulässig, eine "Teilkonvention" einzureichen, die nur gewisse Folgen der Scheidung (Unterhalt, Güterrecht, Teilung der Pensionskassenguthaben) beinhaltet. Der Scheidungsrichter entscheidet dann über die Scheidungsfolgen, über die sich die Ehegatten nicht geeinigt haben.<br />
<br />
== Weitere Länder ==<br />
* [[Chile]] ermöglichte als letzter südamerikanischer Staat die Scheidung erst 2003/2004.<br />
* In [[Irland]] wurde die Möglichkeit der Scheidung durch die 15. [[Verfassungsänderung (Irland)|Verfassungsänderung]] 1995 eingeführt. Diese Verfassungsänderung wurde in einer Volksabstimmung nur mit knapper Mehrheit (50,25 % dafür und 49,75 % dagegen) <ref>http://www.irlandlexikon.de/?letter=S</ref> gebilligt. [[1986]] war ein Versuch der Regierung, die Verfassung in diesem Sinn zu ändern, noch an einer Volksabstimmung gescheitert.<br />
* [[Malta]] erlaubte als einziger Staat der [[Europäische Union|EU]] keine Ehescheidung. <ref>[http://www.kath.net/detail.php?id=27530 kath.net: Malta und die Ehe 27. Juli 2010]</ref> In einem Referendum im Mai 2011 jedoch befürwortet die Bevölkerung mehrheitlich die Einführung der Scheidung in Malta. <ref>[http://www.stern.de/politik/ausland/abstimmung-auf-malta-buerger-sprechen-sich-fuer-scheidungen-aus-1690198.html Stern:Bürger sprechen sich fü Scheidungen aus] </ref><br />
* In [[Italien]] wurde die Scheidung 1970 gegen den Widerstand des Vatikans parlamentarisch ermöglicht.<ref>[http://www.taz.de/pt/2007/03/05/a0140.1/text taz:Und führe Politiker nicht in Versuchung]</ref><br />
* Zu Japan siehe [[Ehe und Scheidung in Japan]]<br />
* Zu der Republik Türkei siehe [[Ehescheidung in der Türkei]] <br />
* Auf den [[Philippinen]] ist die Scheidung verboten.<br />
<br />
== Rechtsvergleich ==<br />
Der Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Scheidungsrecht ist wohl primär der Umstand, dass das deutsche Recht zur Gänze, das österreichische Recht nur überwiegend vom Zerrüttungsprinzip dominiert ist. Zwar ist die „Härtefallscheidung“ in Deutschland wohl durchaus mit der „Verschuldensscheidung“ in Österreich vergleichbar, jedoch stellt das deutsche Recht auch hier nicht auf Schuld, sondern auf die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens ab.<br />
<br />
Im österreichischen Recht fällt der Unterhalt für den schuldig geschiedenen Partner niedriger aus als bei unverschuldeter Scheidung. In Deutschland spielt dieser Aspekt zwangsläufig keine Rolle für die Höhe des Unterhalts.<br />
<br />
Im Fall einer Trennung ist die (streitige) Scheidung nach deutschem Recht bereits nach einem Jahr (Trennungsjahr), spätestens aber nach drei Jahren möglich. Das österreichische Recht fordert grundsätzlich eine Trennungszeit von drei Jahren, im Härtefall sogar von sechs Jahren. In diesem Fall ist der Bestandsschutz des österreichischen Rechts weitreichender.<br />
<br />
Die einverständliche (deutsche) oder einvernehmliche (österreichische) Scheidung erfordert nach deutschem Recht ein Jahr Trennung, die (ggf. unter Eid) mündlich vor Gericht versichert werden muss, nach österreichischem Recht nur ein halbes Jahr Trennung, die im Scheidungsantrag nur rein formal ohne Überprüfung zugestanden werden muss. Hier ist der Bestandsschutz des deutschen Rechts wesentlich weitreichender.<br />
<br />
{{Staatslastig|DE}}<br />
{{Staatslastig|AT}}<br />
<br />
== Daten und Statistiken zu Ehescheidungen ==<br />
=== Deutschland ===<br />
Die jährliche Anzahl der Eheschließungen und Ehescheidungen hat sich in Deutschland folgendermaßen entwickelt:<br />
<br />
{| class="prettytable" align="center"<br />
|-bgcolor=eeeeee<br />
! align=center colspan=5 | Eheschließungen und Scheidungen in Deutschland<br />
|----<br />
|-bgcolor=f3f3f3<br />
| align="center" |Jahr<br />
| align="center" |Ehe-<br />schließungen<br />
| align="center" |Ehe-<br />scheidungen<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 25 Ehejahren (in %)<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 45 Ehejahren (in %)<br />
|----<br />
|1990<br />
|align="center" |516.388<br />
|align="center" |154.786<br />
|align="center" |27,4<br />
|align="center" |29,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|1995<br />
|align="center" |430.534<br />
|align="center" |169.425<br />
|align="center" |30,9<br />
|align="center" |33,2<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2000<br />
|align="center" |418.550<br />
|align="center" |194.408<br />
|align="center" |37,3<br />
|align="center" |40,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2005<br />
|align="center" |388.451<br />
|align="center" |201.693<br />
|align="center" |40,4<br />
|align="center" |44,2<br />
|----<br />
| colspan=5 |<small>Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, BiB-Mitteilungen, 04/2007 vom 11. Februar 2008, S. 13</small><br />
|}<br />
<br />
=== Österreich ===<br />
Fast 90 % der Ehescheidungen erfolgen ''[[#Einvernehmliche Scheidung|einvernehmlich]]''. Bei einem Rechtsstreit mit richterlichem Urteil hätten beide Parteien mit zwei negativen Folgen zu rechnen: Erstens würden intime Details aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit getragen („Schmutzwäschewaschen“), zweitens müssten die Parteien den Anordnungen des Richters Folge leisten. Bei einer wenn auch mühsamen Einigung hingegen können die Parteien weitgehend selbst bestimmen, wie sie die Scheidung regeln (siehe auch [[Mediation]]).<br />
<br />
== Ethische Aspekte ==<br />
Die Scheidung ist die formelle, juristische Beendigung einer Ehe. Im Gegensatz dazu ist die [[Trennung]] die tatsächliche Beendigung einer Ehe, die sowohl im Rechtssystem Österreichs als auch im Rechtssystem Deutschlands Voraussetzung für Scheidung ist. Die offizielle Scheidung nach diesen beiden Rechtssystemen ist somit die formale Auflösung einer bereits nicht mehr existenten Ehe.<br />
<br />
Ethische Aspekte erstrecken sich auf Inhalte, nicht auf Form. Eine ethische Bewertung einer Scheidung ist somit&nbsp;– im Gegensatz zu einer ethischen Bewertung der Trennung&nbsp;– grundsätzlich ''nicht'' möglich.<br />
<br />
{{Lückenhaft|Es fehlen folgende nicht-juristische Gesichtspunkte: Geschichte der Scheidungen (z.&nbsp;B. in der Antike), ethische Aspekte und ggf. noch weitere}}<br />
<br />
== Wirtschaftliche Aspekte ==<br />
[[Stephen Jenkins]] (''Institute for Social and Economic Research'', ''Council of the International Association for Research on Income and Wealth'') kam in einer Langzeit-Studie zum Ergebnis, dass in Großbritannien Männer nach einer Scheidung sich wirtschaftlich wesentlich verbesserten und Frauen hingegen sich verschlechterten. Diese Aussage trifft häufig selbst dann zu, wenn es sich hierbei nicht um Väter und Mütter, also um die Frage der Versorgung von Kindern, handelt.<ref>Amelia Hill: [http://www.guardian.co.uk/lifeandstyle/2009/jan/25/divorce-women-research ''Men become richer after divorce.''] The Observer 25. Januar 2009</ref><br />
<br />
== Die Position in den Religionen ==<br />
=== Jüdische Religion ===<br />
Im Judentum ist die Scheidung ein komplexer Akt, der eine Korrektur der Vergangenheit darstellt: Ähnlich wie die Buße ein in der Vergangenheit zerschnittenes Band zwischen dem Menschen und JHWH wieder knüpft, kann durch die Scheidung das in der Vergangenheit gesetzte Band zweier Seelen rückwirkend gelöst werden. Die Vorschrift ist in wenigen Zeilen der [[Thora]] zu finden. Eine Scheidung ist jederzeit ohne Grund von beiden Seiten möglich. Allerdings gibt es seit Jahrhunderten Probleme, wenn die Frau die Scheidung will. Der Mann muss sie ziehen lassen und darf ihr den [[Scheidebrief]] (''get'') nicht verweigern. Da aber – außer in Israel – der ''get'' nirgends einklagbar ist, ist der ziehenden Frau bei verweigertem ''get'' die Wiederheirat verwehrt.<br />
<br />
=== Christentum ===<br />
Bis ins 20. Jahrhundert hinein lehnten die meisten westlichen Kirchen Scheidung kategorisch ab. Die römisch-katholische Kirche sowie der überwiegende Teil der pietistischen, täuferischen und charismatischen Kirche halten in unterschiedlichem Grade bis heute daran fest. Grundlage für die restriktive Beurteilung ist {{B|Matthäus|19|3–9}}: Jesus wendet sich hier scharf gegen den mosaischen Scheidebrief, unter dem Vorbehalt der sogenannten [[Unzuchtsklausel]] (jedoch noch restriktiver mit dem Hintergrund des Unterganges des Südreiches: {{B|Mal|2|10–16}}). Der Verweis auf die alttestamentliche Regelung der Scheidung ([[Scheidebrief]]: {{B|5 Mos|24|1}}) macht deutlich: Es gibt Situationen, die so ausweglos sind, dass allein noch eine Scheidung möglich ist (zur katholischen Position dazu siehe [[Codex Iuris Canonici|CIC]] 1143).<br />
<br />
Spätestens seit 1970 ist dies in den evangelischen Landeskirchen Deutschlands, in vielen protestantischen ''mainline churches'' in den Vereinigten Staaten sowie in gemäßigten protestantischen Kirchen in anderen westlichen Industriestaaten allgemein anerkannt. Für die Katholiken lässt sich dies in der Praxis –&nbsp;im Gegensatz zur kirchenamtlichen Lehre&nbsp;– etwa 10 Jahre später feststellen. Nicht erlaubt ist jedoch die zivile Wiederverheiratung, kirchliche Angestellte werden in diesem Fall entlassen. Neuerdings wird die Ehescheidung als Möglichkeit auch unter evangelikalen, charismatischen und pfingstkirchlichen Christen in Betracht gezogen.<br />
<br />
Die Mehrzahl der [[Ostkirche]]n hat die Scheidung seit langem als manchmal notwendiges Übel akzeptiert (''oikonomia''). Nach orthodoxem Glauben ist das alttestamentliche Gesetz durch Christus gegeben; wenn er darin „wegen der Härte der Herzen“ eine Scheidung erlaubt hat, so ist seine Äußerung im Neuen Testament nicht als Widerspruch dagegen zu verstehen (denn Gott widerspricht sich nicht), sondern als Warnung gegen leicht genommene Scheidung. Die Östlich-Orthodoxen (orthodoxe Kirchen im engeren Sinne) erlauben bis zu maximal drei Eheschließungen. Die Zeremonie zu einer Wiederheirat ist allerdings weit weniger feierlich als die zu einer ersten Heirat; vielmehr überwiegt der Gedanke der Buße. Vor einer dritten kirchlichen Hochzeit wird ein Jahr strenger Buße vorausgesetzt.<ref>[http://orthodoxeurope.org/page/3/16.aspx ''Die Grundlagen der Sozialdoktrin der Russisch-Orthodoxen Kirche'']. Auf: orthodoxeurope.org, Abschnitt X.3.</ref><br />
<br />
==== Römischer Katholizismus ====<br />
Nach dem Rechtsverständnis der [[Römisch-Katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] ist eine Scheidung nur in zwei eng begrenzten Fällen möglich: Wenn sich einer der beiden Eheleute, die zur Zeit der Eheschließung beide ungetauft waren, taufen lässt, und der ungetauft Bleibende den christlichen Glauben nicht akzeptiert und sich entweder deswegen trennen möchte oder „den Schöpfer lästert“, dann kann der getaufte Partner eine neue Ehe mit einem Getauften eingehen, was die erste (nichtsakramentale) Ehe auflöst.<br />
<br />
Zweitens kann der Papst die Eheauflösung gewähren, wenn die Ehe nicht vollzogen wurde; diese Gewährung wird jedoch nur äußerst selten erteilt. Dies ist nicht mit der ''[[impotentia coeundi]]'' (sogenanntes [[Ehehindernis]] [[Göttliches Recht|göttlichen Rechts]]) zu verwechseln, bei der die nachträgliche Ungültigerklärung einer Ehe gemäß can. 1084 § 2 möglich ist (Schutz-Canon gegen „Alibi-Ehen“). In letzterem Falle gilt die Ehe als nie wirksam geschlossen, während es bei einer Auflösung einer nicht vollzogenen Ehe durch den Papst dabei bleibt, dass die Ehe tatsächlich existiert hat, so dass man von einer Scheidung sprechen kann.<br />
<br />
Anders verhält es sich bei der [[Eheannullierung]], die voraussetzt, dass eine Ehe nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist.<br />
<br />
In Fällen von Ehezerrüttung oder Ehebruch o.&nbsp;ä. gesteht die Kirche in besonderen Härtefällen (etwa bei einem „[[Kuckuckskind]]“ oder manifester [[Gewalt]]) den Eheleuten nur die „Trennung von Tisch und Bett“, nicht aber die formelle Scheidung zu. Dies wird damit begründet, dass die katholische [[Kirchliche Trauung|Ehe]] eines der sieben [[Sakrament]]e ist und, wie auch aus den liturgischen Formeln ersichtlich, geschlossen wird „bis (dass) der Tod euch scheidet“. Die Scheidung ist dementsprechend schlicht unwirksam; der Geschiedene bleibt, sofern er nicht Gründe für eine Trennung von Tisch und Bett hat, weiterhin zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet, und auch in diesem Fall zur außerehelichen Enthaltsamkeit sowie dazu, keine neue Ehe einzugehen (was er im kirchenrechtlichen Sinn auch gar nicht gültig bewerkstelligen kann). Bei erlaubter dauerhafter Trennung von Tisch und Bett ist, falls zweckmäßig, auch die zivile Scheidung erlaubt, jedoch ohne die Wiederheirat zu ermöglichen.<br />
<br />
Diese rechtliche Ordnung stößt in der Gegenwart häufig auf wenig Verständnis. Der Grund dafür ist: Es wird zwar in der Regel nachvollzogen, das „Zerrüttenlassen“ der Ehe, die Trennung und die Scheidung als [[Sünde]] (oder zumindest „Sünde gemäß kirchlicher Moral“) zu betrachten, die landläufige Meinung geht aber davon aus, dass durch diese Sünden die Ehe als solche beendet werde. Von daher verstehen sich Forderungen, die Scheidung möge doch (wie u.&nbsp;a. Mord, Abtreibung, Ehebruch etc.) durch das [[Bußsakrament]] „vergeben“ werden. Richtig ist aber, dass von der Sünde der Scheidung (sofern sie überhaupt mit einer Sünde verbunden war) selbstverständlich im Bußsakrament losgesprochen werden kann – was aber den Pönitenten nicht von seinem Eheversprechen entbindet.<br />
<br />
=== Islam ===<br />
Im [[Islam]] gibt es die Möglichkeit zur Scheidung in einigen Ausdifferenzierungen (→ [[Islamische Ehe#Scheidung|Scheidung einer islamischen Ehe]]; [[Verstoßung#Verstoßung im Islam|Talaq]] seitens des Mannes; Chulla seitens der Frau).<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Scheidungsrate]], [[Alleinerziehende]], [[Sorgerecht]], [[Stieffamilie]], [[Eheannullierung]], [[Lebenspartnerschaftsgesetz]], [[Online Scheidung]], [[Scheidungsformel]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Thomas Rauscher: Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Band I und II, 2. Auflage Sellier European Law Publisher 2006<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{ws | [[s:RE:Ehescheidung |Ehescheidung]] in Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft}}<br />
* [http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Bevoelkerung/EheschliessungenScheidungen/EheschliessungenScheidungen.psml Statistik zu Eheschließungen und Scheidungen auf der Webseite des statistischen Bundesamtes für Deutschland]<br />
* [http://de.statista.org/statistik/daten/studie/1346/umfrage/anzahl-der-geschiedenen-ehen-nach-ehedauer/ Anzahl der geschiedenen Ehen nach Ehedauer (2006)]<br />
* [http://www.vatican.va/archive/DEU0036/__P44.HTM Codex des Kanonischen Rechtes]<br />
* [http://ec.europa.eu/civiljustice/divorce/divorce_ec_de.htm Information der Europäischen Kommission zum Scheidungsrecht aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie internationalem Recht] (mehrsprachig)<br />
* [http://www.eheanwalt.ch/ Informationen zum Schweizer Scheidungsrecht] (deutsch)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Rechtshinweis}}<br />
<br />
[[Kategorie:Eherecht (Deutschland)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Österreich)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Schweiz)]]<br />
[[Kategorie:Ehe]]<br />
<br />
[[ar:طلاق]]<br />
[[az:Boşanma]]<br />
[[bg:Развод]]<br />
[[bjn:Sarak]]<br />
[[br:Torr-dimeziñ]]<br />
[[ca:Divorci]]<br />
[[ceb:Diborsyo]]<br />
[[cs:Rozvod]]<br />
[[da:Skilsmisse]]<br />
[[en:Divorce]]<br />
[[eo:Eksgeedziĝo]]<br />
[[es:Divorcio]]<br />
[[eu:Dibortzio]]<br />
[[fa:طلاق]]<br />
[[fi:Avioero]]<br />
[[fr:Divorce]]<br />
[[he:גירושים]]<br />
[[hr:Rastava braka]]<br />
[[ht:Divòs]]<br />
[[id:Perceraian]]<br />
[[it:Divorzio (ordinamento civile italiano)]]<br />
[[ja:離婚]]<br />
[[kn:ವಿಚ್ಛೇದನ]]<br />
[[la:Divortium]]<br />
[[mt:Divorzju]]<br />
[[nl:Echtscheiding]]<br />
[[nn:Skilsmisse]]<br />
[[no:Skilsmisse]]<br />
[[pl:Rozwód]]<br />
[[pt:Divórcio]]<br />
[[qu:T'aqanakuy]]<br />
[[ro:Divorț]]<br />
[[ru:Развод]]<br />
[[scn:Divorziu]]<br />
[[sh:Razvod]]<br />
[[si:දික්කසාදය]]<br />
[[simple:Divorce]]<br />
[[sq:Divorci]]<br />
[[sr:Развод]]<br />
[[sv:Skilsmässa]]<br />
[[ta:திருமண முறிவு]]<br />
[[te:విడాకులు]]<br />
[[tr:Boşanma]]<br />
[[uk:Розлучення]]<br />
[[wa:Divoirçaedje]]<br />
[[yi:גט]]<br />
[[zh:离婚]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Scheidung&diff=89661764Scheidung2011-06-05T04:59:24Z<p>222.127.231.29: /* Weitere Länder */ das Referendum in Malta war nur konsultativ und noch ist kein Gesetz in Kraft, das die Scheidung erlaubt; Formulierung vorher suggerierte was anderes</p>
<hr />
<div>'''Scheidung''' oder '''Ehescheidung''' ist die formelle juristische Auflösung einer [[Ehe]].<br />
<br />
''Geschieden'' ist neben ledig, verheiratet und [[Witwer|verwitwet]] einer der vier weltweit üblichen [[Familienstand|Familienstände]]. Eine Scheidung ist jedoch nicht in allen Rechtssystemen möglich, Verfahren und Bedeutung können sehr unterschiedlich sein.<br />
<br />
Daneben gibt es mit [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]], [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigkeit]] und [[Eheannullierung|Annullierung]] aus formellen Gründen verschiedene Formen der Ungültigkeit einer Ehe, sowie die [[Getrenntleben|Trennung]] ohne Beendigung des Eheverhältnisses. In erweitertem Sinne bezieht sich der Ausdruck ''Scheidung'' rechtlich auch auf [[gleichgeschlechtliche Ehe]]n oder [[eingetragene Partnerschaft]]en<!--sic, nicht der deutsche spezialausdruck-->, nicht aber andere [[Lebensgemeinschaft]]en.<br />
<br />
== Deutsches Recht ==<br />
''siehe auch:'' [[Eherecht (Deutschland)|Eherecht]]<br />
<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Die [[Internationale Zuständigkeit (Deutschland)|internationale Zuständigkeit]] ist innerhalb der [[Europäische Gemeinschaft|Europäischen Gemeinschaft]] mit Ausnahme Dänemarks mit der „Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung“<ref>http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:338:0001:0029:DE:PDF</ref> (Brüssel IIa Verordnung – auch EuGVVO II oder [[Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (EuEheVO)|EheVO-II]]) einheitlich geregelt worden.<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;a EheVO-II ist das Gericht desjenigen EG-Mitgliedstaates zuständig, in dem<br />
# beide Ehegatten ihren [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn ihn einer dort noch hat;<br />
# der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder im Falle eines „gemeinsamen Antrags“<ref>unerheblich ist, ob nach dem Recht des Mitgliedstaates, dessen Gericht zuständig ist, formal die Möglichkeit eines gemeinsamen Antrags existiert, Thomas Rauscher in Europäischen Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;19</ref>, wo einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;<br />
# der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens 6 Monaten vor dem Antrag aufgehalten hat und Staatsangehöriger dieses Staates ist oder in Ermangelung einer Staatsangehörigkeit sich mindestens ein Jahr aufgehalten hat;<br />
<br />
Nach Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;b EheVO-II sind auch die Gerichte des EG-Mitgliedstaates international zuständig, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten haben.<br />
<br />
Die internationale Zuständigkeit kann unter Umständen für einen Deutschen, dessen Ehegatte ein Ausländer ist, bedeuten, dass für seinen Scheidungsantrag kein deutsches Gericht international zuständig ist.<ref>Rauscher in Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Art.&nbsp;3 Brüssel IIa VO Rdnr.&nbsp;3</ref><br />
<br />
Diese internationale Zuständigkeit ist innerhalb der EG ausschließlich. Nur nicht EG-Staaten können ihre Gerichtsbarkeit ebenfalls für berufen erklären. Eine Restzuständigkeit bleibt dem nationalen Recht, wenn der Antragsgegner weder Staatsangehöriger eines EG-Mitgliedstaates ist noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem EG-Mitgliedstaat hat (Art.&nbsp;6 EheVO-II); deutsche Gerichte sind in diesem Fall nach {{§|98|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] international zuständig. Ist der Antragsteller Deutscher und der Antragsgegner weder EG-Inländer oder in der EG ansässig, ist die deutsche Gerichtsbarkeit mit der Sache betraut.<br />
<br />
An der Scheidung ist die Scheidungsfolgesache Unterhalt geknüpft: Hierzu gibt es bereits seit Inkrafttretens des europäischen Rechts Brüssel I – auch [[EuGVVO]] genannt – eine entsprechende Regelung.<br />
<br />
Soweit ein deutsches Gericht international zuständig ist, prüft es, ob es deutsches oder bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ausländisches Recht anzuwenden hat.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
''siehe auch:'' [[Internationales Privatrecht]]<br />
<br />
Deutsche Gerichte und Behörden wenden auf [[deutsche]] Staatsbürger stets deutsches Recht an.<br />
<br />
Bei [[Ausländer]]n muss unterschieden werden:<br />
<br />
Gehören beide Ehegatten, die sich scheiden lassen wollen, zum Zeitpunkt der [[Rechtshängigkeit]] demselben ausländischen Staat an oder gehörten sie diesem zuletzt an, richtet sich die Scheidung nach dem Recht ihres Heimatstaates ({{Art.|17|EGBGB|dejure}} Abs.&nbsp;1 [[EGBGB]]).<br />
<br />
Ist einer der Ehegatten Deutscher, haben beide ausländischen Ehegatten verschiedene [[Staatsangehörigkeit]]en oder sind die Eheleute [[Asyl]]anten oder [[Konventionsflüchtling]]e<ref>Art.&nbsp;12 [[Genfer Flüchtlingskonvention]]</ref>, so wird das Recht des Ortes angewendet, wo die Ehegatten ihren gemeinsamen [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] haben oder zuletzt hatten, wenn einer von ihnen ihn dort noch hat. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch eine [[Inländerprivilegierung]] vorgesehen: Ist einer der Ehegatten Deutscher und ist die Ehe nach dem Recht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts unscheidbar, wird sie nach deutschem Recht geschieden. Klagt ein Deutscher auf Scheidung der Ehe und ist nach der EheVO-II die deutsche Gerichtsbarkeit unzuständig, kommt dem Deutschen die Inländerprivilegierung des Art.&nbsp;17 Abs.&nbsp;1 Satz&nbsp;2 EGBGB nicht zugute.<br />
<br />
Bei der Form der Scheidung ist das deutsche Recht streng. Auch wenn auf die Scheidung der Ehe durch das deutsche [[Familiengericht]] ausländisches Recht angewendet wird, kann in Deutschland die Ehe nur durch [[Gerichtsbeschluss]] (z.&nbsp;B. nicht durch [[Verstoßung]] oder [[Aufhebungsvertrag]]) geschieden werden. Diese Formstrenge steht im Gegensatz zur Toleranz gegenüber ausländischen Formen des Eheschlusses in Deutschland (z.&nbsp;B. vor einem [[Konsul]] oder [[Geistlicher|Geistlichen]]).<br />
<br />
=== Deutsche Vorschriften ===<br />
Das deutsche Recht sieht die Ehe als lebenslange Institution, deren besonderer Schutz in {{Art.|6|gg|juris}} des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes]] gefordert wird. Die Ehe kann daher nur durch den [[Sterbefall|Tod]], durch Scheidung oder durch [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung]] beendet werden. Die Scheidung oder die Aufhebung muss im Wege der [[Gestaltungsklage]] durch richterlichen Beschluss erfolgen. Scheidungen werden mehrheitlich von Frauen eingereicht.<ref>[http://www.abendblatt.de/daten/2007/08/13/781748.html?s=2 Abendblatt: ''Keine Lust mehr auf Ehe?'']</ref><br />
<br />
Die Scheidung wurde zusammen mit der [[Zivilehe]] 1875 im [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]] eingeführt. Bis zum Inkrafttreten der Reform von 1976 ([[Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts|1. EheRG]]) galt im Ehescheidungsverfahren das Schuldprinzip. Dieses wurde in einer Reform der entsprechenden Paragraphen durch das sogenannte ''Zerrüttungsprinzip'' abgelöst. Im Gesetzestext selber wird dabei vom ''Scheitern'' der Ehegemeinschaft gesprochen. Die Reform von 1976 macht Unterhaltsrechte und -pflichten nicht mehr von einer „Schuld“ abhängig, sondern von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der geschiedenen Ehepartner, unter Berücksichtigung des Prinzips einer [[Eigenverantwortung]].<ref>{{internetquelle|autor=Peter Borowsky|url=http://www.bpb.de/publikationen/01076900131314521849545168923836,5,0,Sozialliberale_Koalition_und_innere_Reformen.html|titel=Sozialliberale Koalition und innere Reformen – Kapitel „Ehe- und Familienrecht“|werk=Informationen zur politischen Bildung (Heft 258)|hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung|zugriff=11. Mai 2008}}</ref><ref>[http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=43822624&aref=image035/0549/PPM-SP197004900700086.pdf&thumb=false ''Wie im Orient?''], DER SPIEGEL 49/1970, S.&nbsp;70–86, 30. November 1970. [{{Der Spiegel|43822624|Titel=Wie im Orient? (siehe Titelbild)|Text=}} Online-Version (HTML)]. Aufgerufen am 11. Mai 2008.</ref> Die Regelungen wurden 2008 durch das [[Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts]] erneut umfassend reformiert.<br />
<br />
==== Voraussetzungen ====<br />
Die Voraussetzungen einer Scheidung sind, nachdem sie jahrzehntelang im [[Ehegesetz (Deutschland)|Ehegesetz]] „ausgelagert“ waren, inzwischen wieder abschließend in den {{§|1564|bgb|juris}} bis {{§|1568|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] sowie in den {{§|133|famfg|juris}} bis {{§|150|famfg|juris}} [[Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|FamFG]] geregelt. Die Scheidungsfolgen (wie beispielsweise [[Unterhalt]], [[Sorgerecht]], [[Umgangsrecht]] und [[Versorgungsausgleich]]) werden in den {{§|1569|bgb|juris}}ff. BGB, das Scheidungsverfahrensrecht im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den [[Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit|Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit]] (FamFG) geregelt. Mit der Umsetzung des FamFG wurde das Scheidungsverfahrensrechts, das vorher in ZPO und FGG geregelt war, nunmehr in einem Gesetz vereinheitlicht.<br />
<br />
Die Ehe kann geschieden werden, wenn sie ''gescheitert'' ist. Das ist der Fall, wenn die eheliche [[Lebensgemeinschaft]] gemäß {{§|1353|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] (mensa et toro) nicht mehr besteht und eine Wiederherstellung nicht mehr zu erwarten ist. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben (s.&nbsp;{{§|1567|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]]).<br />
<br />
Um den Ehegatten eine genaue Untersuchung des Merkmals ''Scheitern'' (Zerrüttung) zu ersparen, gibt das BGB dem entscheidenden Richter zwei [[Vermutung (Recht)|Vermutungen]] an die Hand<!-- Meyers Lexikon ist eingestellt seit dem 23.03.09 <ref>http://lexikon.meyers.de/meyers/Ehescheidung</ref> Vielleicht dieser Link: http://bundesrecht.juris.de/bgb/__1566.html-->:<br />
<br />
# Leben die Ehegatten mehr als ein Jahr getrennt, so wird die Zerrüttung vermutet, sofern diese als „nicht heilbar“ angesehen wird: Wollen beide Ehegatten geschieden werden („einverständliche Scheidung“) oder besteht keine Bereitschaft, sich zu versöhnen, ist unwiderlegbar von einer Zerrüttung auszugehen.<br />
# Nach drei Jahren Trennung kann die Ehe auch gegen den Willen des anderen Ehegatten geschieden werden. Auch diese Vermutung ist unwiderlegbar.<br />
<br />
Ist die Fortsetzung der Ehe einem der Ehegatten eine unzumutbare Härte ({{§|1565|bgb|juris}} Abs.&nbsp;2 BGB), die in der Person des anderen Ehegatten begründet liegt, kann die Ehe aber vor Vollendung des ersten Trennungsjahrs und ohne Einwilligung beider Ehegatten geschieden werden. Eine solche unzumutbare Härte wird angenommen, wenn Misshandlungen vorliegen oder der Ehegatte beispielsweise eine weitere Person in die Ehe aufnehmen wollte (im Stil einer „[[Ménage à trois]]“). Deutsche Gerichte tendierten in der Vergangenheit dazu, den Begriff immer weiter zu fassen und immer neue subjektiv empfundene unzumutbare Härten zu akzeptieren.<br />
<br />
Der Beginn des Trennungsjahres kann rechtssicher durch den Wechsel in die [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse IV (4)|Steuerklasse IV]] im laufenden Jahr bzw. [[Lohnsteuerklasse#Lohnsteuerklasse I (1)|Steuerklasse I]] im auf die Trennung folgenden Kalenderjahr auf der [[Steuerkarte]] dokumentiert werden. Hierzu ist beim [[Einwohnermeldeamt]] eine ''Erklärung zum Familienstand'' abzugeben.<br />
<br />
==== Härteklausel ====<br />
Zu beachten ist die [[Härteklausel]] nach {{§|1568|bgb|juris}} BGB: Da die Scheidung in der Regel eine schwere Härte für [[Minderjährigkeit|minderjährige Kinder]] darstellt, ist zu prüfen, ob ein Fortbestand der Ehe aus Gründen des [[Kindeswohl]]s möglich erscheint (§ 1568 Abs.&nbsp;1 1. Alt. BGB). Zugleich wird aber auch der andere Ehepartner geschützt, wenn dieser wegen Krankheit oder vorgerückten Alters besonderer Schutzwürdigkeit bedarf.<br />
<br />
Die praktische Relevanz dieser Vorschrift ist aber eher als gering einzustufen.<br />
<br />
==== Verfahren ====<br />
Das Verfahren der Scheidung findet vor dem [[Amtsgericht]] – [[Familiengericht]] – statt. Anders als bei anderen Verfahren vor dem Amtsgericht besteht in Scheidungsverfahren [[Anwaltszwang]], das heißt, jedenfalls der Antragsteller muss sich von einem Anwalt vertreten lassen.<br />
<br />
Im Scheidungsverfahren können auf Antrag in einem sogenannten [[Scheidungsverbund]] andere Familiensachen (Regelung der [[Sorgerecht|elterlichen Sorge]], des [[Umgangsrecht|Umgangs]], des [[Unterhalt]]s, der Ansprüche aus dem ehelichen [[Güterrecht]], der Zuweisung von Ehewohnung und ehelichem [[Hausrat]]) für den Fall der Scheidung mit geltend gemacht werden. In der Regel zwingend und ohne Antrag einer Partei ist mit der Scheidung der [[Versorgungsausgleich]] zu regeln.<br />
<br />
Außergerichtlich können einige Scheidungsfolgen geregelt werden; z.&nbsp;B. kann [[ehevertrag]]lich auch anlässlich der Scheidung auf [[Zugewinnausgleich]] und unter bestimmten Einschränkung auch auf [[Unterhalt|Ehegattenunterhalt]] verzichtet werden. Solche Vereinbarungen sind [[notar]]iell zu [[Beurkundung|beurkunden]].<br />
<br />
=== [[Rechtsweg]] ===<br />
Während die erst<nowiki />[[Instanz (Recht)|instanz]]<nowiki />liche Verhandlung stets vor dem [[Amtsgericht]] stattfindet, ist die [[Beschwerde (Recht)|Beschwerde]]<nowiki />instanz das [[Oberlandesgericht]].<br />
<br />
=== Sonstiges ===<br />
Seit 2000 bieten einige Rechtsanwaltskanzleien in der Bundesrepublik Deutschland eine sog. „Internetscheidung“ an. Bis heute besteht jedoch die Möglichkeit einer Scheidung über das Internet nicht. Zudem ist zu bedenken, dass zu einem so komplexen Rechtsgebiet wie der Scheidung eine ausführliche Beratung dringend zu empfehlen ist, die im Übrigen keine zusätzlichen Kosten verursacht, da eine sog. „Internetscheidung“ genauso nach dem [[Rechtsanwaltsvergütungsgesetz|RVG]] vergütet wird wie die Präsenzscheidung mit ausführlicher Beratung im Anwaltsbüro. Gleichwohl ist es auf diesem – wenngleich weitgehend anonymisierten – Weg möglich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, um das Scheidungsverfahren durch diesen bei einem ordentlichen Gericht betreiben zu lassen.<br />
<br />
Am 3. Februar 2010 hat der XII. Zivilsenat des [[Bundesgerichtshof]]s die Entscheidung (Az: XII ZR 189/06) bekannt gegeben, in der Zuwendungen der Schwiegereltern zum Ehepartner ihres Kindes zurückgefordert werden können.<ref>[http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=50767&linked=pm&Blank=1 Rückforderung von Zuwendungen an Ehepartner ihres Kindes - BGH-Urteil vom 3. Februar 2010]</ref>Diese Zuwendungen wurden nun als Schenkungen bewertet. Wenn die Ehe scheitert, sei die Geschäftsgrundlage für die Schenkung nicht mehr gegeben. Die ''Möglichkeit einer zumindest partiellen Rückabwicklung'' der Schenkung sei auch dann möglich, wenn in der Ehe eine [[Zugewinngemeinschaft]] bestanden habe.<br />
<br />
== Österreichisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Österreichische Stellen prüfen die Anwendbarkeit einer Rechtsordnung nur, wenn sie, insbesondere nach der [[EheVO-II]] international zuständig sind.<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Vorschriften über die Anwendbarkeit des österreichischen Rechts ([[Internationales Privatrecht]]) sind im [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Österreich)|Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht]] (IPR-Gesetz) geregelt.<br />
<br />
Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts unterliegt in der Sache ähnlichen Vorschriften ({{§|20|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031306}} in Verbindung mit {{§|18|IPR-Gesetz|RIS-B|DokNr=NOR12031304}} IPR-Gesetz) wie die des deutschen. Das österreichische Recht verzichtet aber auf eine Inländerprivilegierung. Stattdessen findet bei bi-nationalen Ehen stets, im Falle eines Österreichers österreichisches Recht, im Falle eines Ausländers dessen Heimatrecht auf die Scheidung Anwendung, wenn nach dem Recht des (letzten) gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts die Ehe nicht geschieden werden kann (§&nbsp;20 Abs.&nbsp;2 IPR-Gesetz).<br />
<br />
=== Österreichische Vorschriften ===<br />
Die Scheidung der Ehe ist neben der [[Nichtigerklärung (Ehe)|Nichtigerklärung der Ehe]] und der [[Aufhebung (Ehe)|Aufhebung der Ehe]] eine der Möglichkeiten, die Ehe zu beenden. Österreich hat das Scheidungsrecht im [[Ehegesetz]] (EheG), das bis 1977 weitgehend gleichlautend mit dem dEheG in Deutschland war, geregelt. Zwischenzeitlich kamen einige Änderungen, wie der verschuldensunabhängige Unterhalt (genauer: ''Unterhalt trotz Verschuldens'') hinzu.<br />
<br />
Rechtsdogmatisch gesprochen handelt es sich bei der Scheidung um die ''„[[Kündigung]]“ des [[Dauerschuldverhältnis]]ses Ehe'', die nur aus besonderen Gründen möglich ist. Wenngleich nicht ausschließlich, so steht dennoch seit der Reform des Eherechts im Jahr 1999 das ''Zerrüttungsprinzip'' vor dem ''Verschuldensprinzip''. Scheidungsgründe sind dem Zerrüttungsprinzip folgend grundsätzlich „relativ“; so kann z.&nbsp;B. ein Ehebruch, der die Gemeinschaft der Ehegatten nicht tatsächlich zerrüttet, nicht zur Scheidung führen.<br />
<br />
''Ehescheidungsgründe'':<br />
* ''Streitige Scheidung''<br />
** ''Verschuldensscheidung''<br />
** Scheidung aus anderen Gründen<br />
*** Krankheit<br />
**** wg. auf geistiger Störung beruhenden Verhaltens<br />
**** wg. Geisteskrankheit<br />
**** wg. ansteckender oder ekelerregender Krankheit<br />
*** ''Auflösung der häuslichen Gemeinschaft''<br />
* ''Einvernehmliche Scheidung''<br />
<br />
==== Verschuldensscheidung ====<br />
Die Verschuldensscheidung erfordert eine<br />
* ''schwere Eheverfehlung'' bzw. ein ''ehrloses und unsittliches Verhalten'', die/das zu einer<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'' führt.<br />
<br />
''Schwere Eheverfehlung'': Das Gesetz selbst nennt demonstrativ [[Ehebruch]], körperliche [[Gewalt]] oder schweres seelisches Leid. Weiter zu nennen sind z.&nbsp;B. [[Alkoholkrankheit|Trunksucht]], ständige [[Streit]]ereien, schwere [[Beleidigung|Beschimpfungen]], Vernachlässigung des [[Privathaushalt|Haushalts]], Verweigerung der ehelichen [[Beiwohnung]].<br />
<br />
''Zerrüttung'': Die Ehe ist zerrüttet, wenn die körperliche, geistige und seelische Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist, so dass eine Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann.<br />
<br />
''Der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung nicht begehren.'' Nicht um eine schwere Eheverfehlung handelt es sich bei Reaktionshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert Beiwohnung durch gegenwärtig volltrunkenen Mann). Auch Kompensationshandlungen (z.&nbsp;B. Ehefrau verweigert – zur Vergeltung – den Geschlechtsverkehr zwei Tage nachdem Mann volltrunken war) machen den vormalig Unschuldigen nicht zum (überwiegend) Schuldigen.<br />
<br />
==== Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft ====<br />
Diese Scheidungsvariante erfordert eine<br />
* ''Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft seit 3 Jahren (bzw. 6 Jahren)'' und die<br />
* ''Zerrüttung der Ehe''.<br />
<br />
''[[Häusliche Gemeinschaft]]'': Diese ist beendet, wenn die eheliche Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft in ehewidriger Intention beendet wird. Demgemäß reicht bereits eine Trennung von Tisch und Bett ''(a mensa et toro).'' Nur gelegentliches eheliches Beiwohnen genügt nicht für das Bestehen der häuslichen Gemeinschaft. Demgegenüber ist eine bloße räumliche Trennung (z.&nbsp;B. aus beruflichen oder sonstigen Gründen) ohne Zerrüttung unbeachtlich.<br />
<br />
Nach drei Jahren ist die Scheidung nur möglich, wenn die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann oder die Scheidung den (unschuldigen) Beklagten nicht härter (Härteklausel) treffen würde als den Klagenden die Abweisung des Scheidungsbegehrens. Ein derartiger ''Härtefall'' ist nach der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Wohl der Kinder, der Dauer der Aufhebung, dem Alter der Ehegatten, etc. zu beurteilen. Nach sechs Jahren kann die Ehe jedenfalls aufgehoben werden.<br />
<br />
''Insbesondere auch der (überwiegend) Schuldige kann die Scheidung begehren;'' er muss dafür jedoch damit rechnen, [[Unterhalt]] nach {{§|94|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041155}} [[Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch|ABGB]] wie bei aufrechter Ehe (!) leisten zu müssen.<br />
<br />
==== Einvernehmliche Scheidung ====<br />
Diese Scheidungsform erfordert die<br />
* ''Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr'', eine<br />
* ''schriftlichen Vereinbarung'' sowie<br />
* ''Zerrüttung der Ehe'', die (rein formell, es wird nicht nachgeprüft) eingestanden werden muss.<br />
<br />
''Eheliche Lebensgemeinschaft'': Diese umfasst die allgemeinen [[Eheliche Pflichten|ehelichen Pflichten]] des {{§|90|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12041153}} ABGB (gemeinsames [[Wohnen]], [[Treue]], [[Beistand]] etc.); auf eine Aufhebung der ''häuslichen Gemeinschaft'' (siehe oben) im rein räumlichen Sinn kommt es nicht an, folglich ist letzterer auch nicht erforderlich für die einvernehmliche Scheidung.<br />
<br />
Die ''schriftliche Vereinbarung'', die zivilrechtlich als ''[[Vergleich (Recht)]]'' qualifiziert werden kann, muss Einigung enthalten über: hauptsächlichen [[Aufenthalt]] der Kinder, [[Obsorge]], Ausübung des [[Recht auf persönlichen Verkehr|Rechts auf persönlichen Verkehr]], [[Unterhalt]] für die Kinder, Unterhalt der Ehegatten zueinander<br />
<br />
== Schweizerisches Recht ==<br />
=== Internationale Zuständigkeit ===<br />
Für die Schweiz gilt die [[EheVO-II]] der Europäischen Union nicht. Nach {{Art.|59|291|ch}} des schweizerischen [[Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (Schweiz)|Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG)]] sind Schweizer Gerichte international zuständig, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, oder der Kläger, der in der Schweiz wohnhaft ist, Schweizer ist oder der Kläger sich seit mindestens einem Jahr in der Schweiz aufhält. Lebt das Ehepaar im Ausland, sind Schweizer Gericht dennoch zuständig, wenn einer der Ehegatten Schweizer ist und es unmöglich oder unzumutbar ist die Klage am Wohnsitz eines der Ehegatten zu erheben ({{Art.|60|291|ch}} IPRG ''Heimatzuständigkeit'').<br />
<br />
=== Anwendbarkeit ===<br />
Die Anwendbarkeit ist im Bundesgesetz über das internationale Privatrecht geregelt.<br />
<br />
Die Schweiz knüpft für die Beurteilung, welches Recht auf die Scheidung anzuwenden sei, anders als Deutschland und Österreich grundsätzlich nicht an der Staatsangehörigkeit, sondern am Wohnsitz der Ehegatten an. Verwendet man als Anknüpfungsmoment den Wohnsitz, führt das viel häufiger zu der Anwendung eigenen Rechts, weil vor Schweizer Gerichten sehr häufig nur Personen mit Schweizer Wohnsitz zu klagen pflegen. So richten sich beispielsweise die Voraussetzungen für die Scheidung nach Schweizer Recht, wenn zwei Deutsche seit über einem Jahr Wohnsitz in der Schweiz haben.<br />
<br />
Die Schweizer Gerichte wenden auf das Recht der Scheidung grundsätzlich immer Schweizer Recht an ({{Art.|61|291|ch}} Abs.&nbsp;1 IPRG). Das gilt selbst dann, wenn Schweizer Gerichte nach Art.&nbsp;60 IPR-Gesetz heimatzuständig sind (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;4 IPRG). Etwas anderes gilt nur, wenn beide Ehegatten Ausländer sind, welche dieselbe Staatsangehörigkeit haben und nur einer von ihnen seinen Wohnsitz in der Schweiz hat (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;2 IPRG). Hält sich der eine ausländische Ehegatte seit mindestens 2 Jahren in der Schweiz auf oder ist er auch Schweizer, so ist Schweizer Recht anzuwenden, wenn nach dessen Heimatrecht die Scheidung nicht oder nur unter außerordentlich schweren Bedingungen zulässig ist (Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;3 IPRG).<br />
<br />
=== Schweizerische Vorschriften ===<br />
In der Schweiz ist die Scheidung im [[Zivilgesetzbuch]] (ZGB) umfassend geregelt. Hierbei ist zwischen der Scheidung auf gemeinsames Begehren und der Scheidung auf Klage zu unterscheiden:<br />
<br />
==== Scheidung auf gemeinsames Begehren ====<br />
Diese ist im Art.&nbsp;111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] geregelt. Bei der umfassenden Einigung (also auch hinsichtlich der Scheidungsfolgesachen) wird vom liberalen Grundsatz der [[Vertragsfreiheit]] ausgegangen. Geprüft wird somit vor Gericht nur der [[Wille#Zur Begriffsbildung in der Rechtswissenschaft|freie Wille]] und die [[reifliche Überlegung]]&nbsp;– nicht jedoch die ''faktische Zerrüttung'', die nach ZGB ''nicht'' Voraussetzung für die Scheidung ist.<br />
<br />
Artikel 111 [[Zivilgesetzbuch|ZGB]] lautet:<ref>{{Art.|111|210|ch}} Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, admin.ch</ref><br />
# ''Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an; es überzeugt sich davon, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung voraussichtlich genehmigt werden kann.''<br />
<br />
# Hat sich das Gericht davon überzeugt, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung mit den Anträgen hinsichtlich der Kinder genehmigt werden kann, so spricht das Gericht die Scheidung aus.<br />
<br />
Es ist zulässig, eine "Teilkonvention" einzureichen, die nur gewisse Folgen der Scheidung (Unterhalt, Güterrecht, Teilung der Pensionskassenguthaben) beinhaltet. Der Scheidungsrichter entscheidet dann über die Scheidungsfolgen, über die sich die Ehegatten nicht geeinigt haben.<br />
<br />
== Weitere Länder ==<br />
* [[Chile]] ermöglichte als letzter südamerikanischer Staat die Scheidung erst 2003/2004.<br />
* In [[Irland]] wurde die Möglichkeit der Scheidung durch die 15. [[Verfassungsänderung (Irland)|Verfassungsänderung]] 1995 eingeführt. Diese Verfassungsänderung wurde in einer Volksabstimmung nur mit knapper Mehrheit (50,25 % dafür und 49,75 % dagegen) <ref>http://www.irlandlexikon.de/?letter=S</ref> gebilligt. [[1986]] war ein Versuch der Regierung, die Verfassung in diesem Sinn zu ändern, noch an einer Volksabstimmung gescheitert.<br />
* [[Malta]] erlaubte als einziger Staat der [[Europäische Union|EU]] keine Ehescheidung. <ref>[http://www.kath.net/detail.php?id=27530 kath.net: Malta und die Ehe 27. Juli 2010]</ref> In einem Referendum im Mai 2011 jedoch befürwortet die Bevölkerung mehrheitlich die Einführung der Scheidung in Malta. <ref>[http://www.stern.de/politik/ausland/abstimmung-auf-malta-buerger-sprechen-sich-fuer-scheidungen-aus-1690198.html Stern:Bürger sprechen sich fü Scheidungen aus] </ref><br />
* In [[Italien]] wurde die Scheidung 1970 gegen den Widerstand des Vatikans parlamentarisch ermöglicht.<ref>[http://www.taz.de/pt/2007/03/05/a0140.1/text taz:Und führe Politiker nicht in Versuchung]</ref><br />
* Zu Japan siehe [[Ehe und Scheidung in Japan]]<br />
* Zu der Republik Türkei siehe [[Ehescheidung in der Türkei]] <br />
* Auf den [[Philippinen]] ist die Scheidung verboten.<br />
<br />
== Rechtsvergleich ==<br />
Der Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Scheidungsrecht ist wohl primär der Umstand, dass das deutsche Recht zur Gänze, das österreichische Recht nur überwiegend vom Zerrüttungsprinzip dominiert ist. Zwar ist die „Härtefallscheidung“ in Deutschland wohl durchaus mit der „Verschuldensscheidung“ in Österreich vergleichbar, jedoch stellt das deutsche Recht auch hier nicht auf Schuld, sondern auf die Unzumutbarkeit des Zusammenlebens ab.<br />
<br />
Im österreichischen Recht fällt der Unterhalt für den schuldig geschiedenen Partner niedriger aus als bei unverschuldeter Scheidung. In Deutschland spielt dieser Aspekt zwangsläufig keine Rolle für die Höhe des Unterhalts.<br />
<br />
Im Fall einer Trennung ist die (streitige) Scheidung nach deutschem Recht bereits nach einem Jahr (Trennungsjahr), spätestens aber nach drei Jahren möglich. Das österreichische Recht fordert grundsätzlich eine Trennungszeit von drei Jahren, im Härtefall sogar von sechs Jahren. In diesem Fall ist der Bestandsschutz des österreichischen Rechts weitreichender.<br />
<br />
Die einverständliche (deutsche) oder einvernehmliche (österreichische) Scheidung erfordert nach deutschem Recht ein Jahr Trennung, die (ggf. unter Eid) mündlich vor Gericht versichert werden muss, nach österreichischem Recht nur ein halbes Jahr Trennung, die im Scheidungsantrag nur rein formal ohne Überprüfung zugestanden werden muss. Hier ist der Bestandsschutz des deutschen Rechts wesentlich weitreichender.<br />
<br />
{{Staatslastig|DE}}<br />
{{Staatslastig|AT}}<br />
<br />
== Daten und Statistiken zu Ehescheidungen ==<br />
=== Deutschland ===<br />
Die jährliche Anzahl der Eheschließungen und Ehescheidungen hat sich in Deutschland folgendermaßen entwickelt:<br />
<br />
{| class="prettytable" align="center"<br />
|-bgcolor=eeeeee<br />
! align=center colspan=5 | Eheschließungen und Scheidungen in Deutschland<br />
|----<br />
|-bgcolor=f3f3f3<br />
| align="center" |Jahr<br />
| align="center" |Ehe-<br />schließungen<br />
| align="center" |Ehe-<br />scheidungen<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 25 Ehejahren (in %)<br />
| align="center" |Zusammengefasste Scheidungsziffern<br />nach 45 Ehejahren (in %)<br />
|----<br />
|1990<br />
|align="center" |516.388<br />
|align="center" |154.786<br />
|align="center" |27,4<br />
|align="center" |29,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|1995<br />
|align="center" |430.534<br />
|align="center" |169.425<br />
|align="center" |30,9<br />
|align="center" |33,2<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2000<br />
|align="center" |418.550<br />
|align="center" |194.408<br />
|align="center" |37,3<br />
|align="center" |40,3<br />
|----<br />
|-bgcolor=ffffff<br />
|2005<br />
|align="center" |388.451<br />
|align="center" |201.693<br />
|align="center" |40,4<br />
|align="center" |44,2<br />
|----<br />
| colspan=5 |<small>Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, BiB-Mitteilungen, 04/2007 vom 11. Februar 2008, S. 13</small><br />
|}<br />
<br />
=== Österreich ===<br />
Fast 90 % der Ehescheidungen erfolgen ''[[#Einvernehmliche Scheidung|einvernehmlich]]''. Bei einem Rechtsstreit mit richterlichem Urteil hätten beide Parteien mit zwei negativen Folgen zu rechnen: Erstens würden intime Details aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit getragen („Schmutzwäschewaschen“), zweitens müssten die Parteien den Anordnungen des Richters Folge leisten. Bei einer wenn auch mühsamen Einigung hingegen können die Parteien weitgehend selbst bestimmen, wie sie die Scheidung regeln (siehe auch [[Mediation]]).<br />
<br />
== Ethische Aspekte ==<br />
Die Scheidung ist die formelle, juristische Beendigung einer Ehe. Im Gegensatz dazu ist die [[Trennung]] die tatsächliche Beendigung einer Ehe, die sowohl im Rechtssystem Österreichs als auch im Rechtssystem Deutschlands Voraussetzung für Scheidung ist. Die offizielle Scheidung nach diesen beiden Rechtssystemen ist somit die formale Auflösung einer bereits nicht mehr existenten Ehe.<br />
<br />
Ethische Aspekte erstrecken sich auf Inhalte, nicht auf Form. Eine ethische Bewertung einer Scheidung ist somit&nbsp;– im Gegensatz zu einer ethischen Bewertung der Trennung&nbsp;– grundsätzlich ''nicht'' möglich.<br />
<br />
{{Lückenhaft|Es fehlen folgende nicht-juristische Gesichtspunkte: Geschichte der Scheidungen (z.&nbsp;B. in der Antike), ethische Aspekte und ggf. noch weitere}}<br />
<br />
== Wirtschaftliche Aspekte ==<br />
[[Stephen Jenkins]] (''Institute for Social and Economic Research'', ''Council of the International Association for Research on Income and Wealth'') kam in einer Langzeit-Studie zum Ergebnis, dass in Großbritannien Männer nach einer Scheidung sich wirtschaftlich wesentlich verbesserten und Frauen hingegen sich verschlechterten. Diese Aussage trifft häufig selbst dann zu, wenn es sich hierbei nicht um Väter und Mütter, also um die Frage der Versorgung von Kindern, handelt.<ref>Amelia Hill: [http://www.guardian.co.uk/lifeandstyle/2009/jan/25/divorce-women-research ''Men become richer after divorce.''] The Observer 25. Januar 2009</ref><br />
<br />
== Die Position in den Religionen ==<br />
=== Jüdische Religion ===<br />
Im Judentum ist die Scheidung ein komplexer Akt, der eine Korrektur der Vergangenheit darstellt: Ähnlich wie die Buße ein in der Vergangenheit zerschnittenes Band zwischen dem Menschen und JHWH wieder knüpft, kann durch die Scheidung das in der Vergangenheit gesetzte Band zweier Seelen rückwirkend gelöst werden. Die Vorschrift ist in wenigen Zeilen der [[Thora]] zu finden. Eine Scheidung ist jederzeit ohne Grund von beiden Seiten möglich. Allerdings gibt es seit Jahrhunderten Probleme, wenn die Frau die Scheidung will. Der Mann muss sie ziehen lassen und darf ihr den [[Scheidebrief]] (''get'') nicht verweigern. Da aber – außer in Israel – der ''get'' nirgends einklagbar ist, ist der ziehenden Frau bei verweigertem ''get'' die Wiederheirat verwehrt.<br />
<br />
=== Christentum ===<br />
Bis ins 20. Jahrhundert hinein lehnten die meisten westlichen Kirchen Scheidung kategorisch ab. Die römisch-katholische Kirche sowie der überwiegende Teil der pietistischen, täuferischen und charismatischen Kirche halten in unterschiedlichem Grade bis heute daran fest. Grundlage für die restriktive Beurteilung ist {{B|Matthäus|19|3–9}}: Jesus wendet sich hier scharf gegen den mosaischen Scheidebrief, unter dem Vorbehalt der sogenannten [[Unzuchtsklausel]] (jedoch noch restriktiver mit dem Hintergrund des Unterganges des Südreiches: {{B|Mal|2|10–16}}). Der Verweis auf die alttestamentliche Regelung der Scheidung ([[Scheidebrief]]: {{B|5 Mos|24|1}}) macht deutlich: Es gibt Situationen, die so ausweglos sind, dass allein noch eine Scheidung möglich ist (zur katholischen Position dazu siehe [[Codex Iuris Canonici|CIC]] 1143).<br />
<br />
Spätestens seit 1970 ist dies in den evangelischen Landeskirchen Deutschlands, in vielen protestantischen ''mainline churches'' in den Vereinigten Staaten sowie in gemäßigten protestantischen Kirchen in anderen westlichen Industriestaaten allgemein anerkannt. Für die Katholiken lässt sich dies in der Praxis –&nbsp;im Gegensatz zur kirchenamtlichen Lehre&nbsp;– etwa 10 Jahre später feststellen. Nicht erlaubt ist jedoch die zivile Wiederverheiratung, kirchliche Angestellte werden in diesem Fall entlassen. Neuerdings wird die Ehescheidung als Möglichkeit auch unter evangelikalen, charismatischen und pfingstkirchlichen Christen in Betracht gezogen.<br />
<br />
Die Mehrzahl der [[Ostkirche]]n hat die Scheidung seit langem als manchmal notwendiges Übel akzeptiert (''oikonomia''). Nach orthodoxem Glauben ist das alttestamentliche Gesetz durch Christus gegeben; wenn er darin „wegen der Härte der Herzen“ eine Scheidung erlaubt hat, so ist seine Äußerung im Neuen Testament nicht als Widerspruch dagegen zu verstehen (denn Gott widerspricht sich nicht), sondern als Warnung gegen leicht genommene Scheidung. Die Östlich-Orthodoxen (orthodoxe Kirchen im engeren Sinne) erlauben bis zu maximal drei Eheschließungen. Die Zeremonie zu einer Wiederheirat ist allerdings weit weniger feierlich als die zu einer ersten Heirat; vielmehr überwiegt der Gedanke der Buße. Vor einer dritten kirchlichen Hochzeit wird ein Jahr strenger Buße vorausgesetzt.<ref>[http://orthodoxeurope.org/page/3/16.aspx ''Die Grundlagen der Sozialdoktrin der Russisch-Orthodoxen Kirche'']. Auf: orthodoxeurope.org, Abschnitt X.3.</ref><br />
<br />
==== Römischer Katholizismus ====<br />
Nach dem Rechtsverständnis der [[Römisch-Katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] ist eine Scheidung nur in zwei eng begrenzten Fällen möglich: Wenn sich einer der beiden Eheleute, die zur Zeit der Eheschließung beide ungetauft waren, taufen lässt, und der ungetauft Bleibende den christlichen Glauben nicht akzeptiert und sich entweder deswegen trennen möchte oder „den Schöpfer lästert“, dann kann der getaufte Partner eine neue Ehe mit einem Getauften eingehen, was die erste (nichtsakramentale) Ehe auflöst.<br />
<br />
Zweitens kann der Papst die Eheauflösung gewähren, wenn die Ehe nicht vollzogen wurde; diese Gewährung wird jedoch nur äußerst selten erteilt. Dies ist nicht mit der ''[[impotentia coeundi]]'' (sogenanntes [[Ehehindernis]] [[Göttliches Recht|göttlichen Rechts]]) zu verwechseln, bei der die nachträgliche Ungültigerklärung einer Ehe gemäß can. 1084 § 2 möglich ist (Schutz-Canon gegen „Alibi-Ehen“). In letzterem Falle gilt die Ehe als nie wirksam geschlossen, während es bei einer Auflösung einer nicht vollzogenen Ehe durch den Papst dabei bleibt, dass die Ehe tatsächlich existiert hat, so dass man von einer Scheidung sprechen kann.<br />
<br />
Anders verhält es sich bei der [[Eheannullierung]], die voraussetzt, dass eine Ehe nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist.<br />
<br />
In Fällen von Ehezerrüttung oder Ehebruch o.&nbsp;ä. gesteht die Kirche in besonderen Härtefällen (etwa bei einem „[[Kuckuckskind]]“ oder manifester [[Gewalt]]) den Eheleuten nur die „Trennung von Tisch und Bett“, nicht aber die formelle Scheidung zu. Dies wird damit begründet, dass die katholische [[Kirchliche Trauung|Ehe]] eines der sieben [[Sakrament]]e ist und, wie auch aus den liturgischen Formeln ersichtlich, geschlossen wird „bis (dass) der Tod euch scheidet“. Die Scheidung ist dementsprechend schlicht unwirksam; der Geschiedene bleibt, sofern er nicht Gründe für eine Trennung von Tisch und Bett hat, weiterhin zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet, und auch in diesem Fall zur außerehelichen Enthaltsamkeit sowie dazu, keine neue Ehe einzugehen (was er im kirchenrechtlichen Sinn auch gar nicht gültig bewerkstelligen kann). Bei erlaubter dauerhafter Trennung von Tisch und Bett ist, falls zweckmäßig, auch die zivile Scheidung erlaubt, jedoch ohne die Wiederheirat zu ermöglichen.<br />
<br />
Diese rechtliche Ordnung stößt in der Gegenwart häufig auf wenig Verständnis. Der Grund dafür ist: Es wird zwar in der Regel nachvollzogen, das „Zerrüttenlassen“ der Ehe, die Trennung und die Scheidung als [[Sünde]] (oder zumindest „Sünde gemäß kirchlicher Moral“) zu betrachten, die landläufige Meinung geht aber davon aus, dass durch diese Sünden die Ehe als solche beendet werde. Von daher verstehen sich Forderungen, die Scheidung möge doch (wie u.&nbsp;a. Mord, Abtreibung, Ehebruch etc.) durch das [[Bußsakrament]] „vergeben“ werden. Richtig ist aber, dass von der Sünde der Scheidung (sofern sie überhaupt mit einer Sünde verbunden war) selbstverständlich im Bußsakrament losgesprochen werden kann – was aber den Pönitenten nicht von seinem Eheversprechen entbindet.<br />
<br />
=== Islam ===<br />
Im [[Islam]] gibt es die Möglichkeit zur Scheidung in einigen Ausdifferenzierungen (→ [[Islamische Ehe#Scheidung|Scheidung einer islamischen Ehe]]; [[Verstoßung#Verstoßung im Islam|Talaq]] seitens des Mannes; Chulla seitens der Frau).<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Scheidungsrate]], [[Alleinerziehende]], [[Sorgerecht]], [[Stieffamilie]], [[Eheannullierung]], [[Lebenspartnerschaftsgesetz]], [[Online Scheidung]], [[Scheidungsformel]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Thomas Rauscher: Europäisches Zivilprozeßrecht Kommentar Band I und II, 2. Auflage Sellier European Law Publisher 2006<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{ws | [[s:RE:Ehescheidung |Ehescheidung]] in Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft}}<br />
* [http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Bevoelkerung/EheschliessungenScheidungen/EheschliessungenScheidungen.psml Statistik zu Eheschließungen und Scheidungen auf der Webseite des statistischen Bundesamtes für Deutschland]<br />
* [http://de.statista.org/statistik/daten/studie/1346/umfrage/anzahl-der-geschiedenen-ehen-nach-ehedauer/ Anzahl der geschiedenen Ehen nach Ehedauer (2006)]<br />
* [http://www.vatican.va/archive/DEU0036/__P44.HTM Codex des Kanonischen Rechtes]<br />
* [http://ec.europa.eu/civiljustice/divorce/divorce_ec_de.htm Information der Europäischen Kommission zum Scheidungsrecht aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie internationalem Recht] (mehrsprachig)<br />
* [http://www.eheanwalt.ch/ Informationen zum Schweizer Scheidungsrecht] (deutsch)<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Rechtshinweis}}<br />
<br />
[[Kategorie:Eherecht (Deutschland)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Österreich)]]<br />
[[Kategorie:Familienrecht (Schweiz)]]<br />
[[Kategorie:Ehe]]<br />
<br />
[[ar:طلاق]]<br />
[[az:Boşanma]]<br />
[[bg:Развод]]<br />
[[bjn:Sarak]]<br />
[[br:Torr-dimeziñ]]<br />
[[ca:Divorci]]<br />
[[ceb:Diborsyo]]<br />
[[cs:Rozvod]]<br />
[[da:Skilsmisse]]<br />
[[en:Divorce]]<br />
[[eo:Eksgeedziĝo]]<br />
[[es:Divorcio]]<br />
[[eu:Dibortzio]]<br />
[[fa:طلاق]]<br />
[[fi:Avioero]]<br />
[[fr:Divorce]]<br />
[[he:גירושים]]<br />
[[hr:Rastava braka]]<br />
[[ht:Divòs]]<br />
[[id:Perceraian]]<br />
[[it:Divorzio (ordinamento civile italiano)]]<br />
[[ja:離婚]]<br />
[[kn:ವಿಚ್ಛೇದನ]]<br />
[[la:Divortium]]<br />
[[mt:Divorzju]]<br />
[[nl:Echtscheiding]]<br />
[[nn:Skilsmisse]]<br />
[[no:Skilsmisse]]<br />
[[pl:Rozwód]]<br />
[[pt:Divórcio]]<br />
[[qu:T'aqanakuy]]<br />
[[ro:Divorț]]<br />
[[ru:Развод]]<br />
[[scn:Divorziu]]<br />
[[sh:Razvod]]<br />
[[si:දික්කසාදය]]<br />
[[simple:Divorce]]<br />
[[sq:Divorci]]<br />
[[sr:Развод]]<br />
[[sv:Skilsmässa]]<br />
[[ta:திருமண முறிவு]]<br />
[[te:విడాకులు]]<br />
[[tr:Boşanma]]<br />
[[uk:Розлучення]]<br />
[[wa:Divoirçaedje]]<br />
[[yi:גט]]<br />
[[zh:离婚]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Sozialdemokratische_Partei_Deutschlands&diff=89661588Sozialdemokratische Partei Deutschlands2011-06-05T04:21:27Z<p>222.127.231.29: Tag nicht genau ermittelbar</p>
<hr />
<div>{{Weiterleitungshinweis|SPD}}<br />
{{Infobox Partei<br />
|Partei = Sozialdemokratische Partei Deutschlands<br />
|Parteilogo = [[Datei:SPD-Cube.svg|150px|Logo der SPD]]<br />
|Parteivorsitzender = [[Sigmar Gabriel]]<br />
|Bild Parteivorsitz = [[Datei:Sigmar Gabriel 2008.jpg|150px]]<br />
|Stellvertretende Vorsitzende = [[Hannelore Kraft]]<br />[[Klaus Wowereit]]<br />[[Manuela Schwesig]]<br />[[Olaf Scholz]]<br />
|Ehrenvorsitzender = [[Willy Brandt]] († 8. Oktober 1992)<br />
|Generalsekretärin = [[Andrea Nahles]]<br />
|Bundesgeschäftsführerin = [[Astrid Klug]]<br />
|Bundesschatzmeisterin = [[Barbara Hendricks (Politikerin)|Barbara Hendricks]]<br />
|Gründung = [[23. Mai|23.&nbsp;Mai]] [[1863]] ([[Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein|ADAV]])<br />[[7. August|7.&nbsp;August]] [[1869]] ([[Sozialdemokratische Arbeiterpartei (Deutschland)|SDAP]])<br />[[27. Mai|27.&nbsp;Mai]] [[1875]] (Vereinigung)<br />
|Gründungsort = [[Leipzig]] (ADAV)<br />[[Eisenach]] (SDAP)<br />[[Gotha]] (Vereinigung)<br />
|Hauptsitz = [[Willy-Brandt-Haus]]<br />[[Wilhelmstraße (Berlin-Mitte)|Wilhelmstraße]] 140<br />10963 [[Berlin]]<br />
|Bundestagsmandate = 146 von 622 (23,5 %)<br />
|Zuschüsse = 38.965.287,35 Euro (2010)<ref name="Teilfinanzierung 2010">[http://www.bundestag.de/bundestag/parteienfinanzierung/festsetz_staatl_mittel/finanz_10.pdf Gesamtübersicht Festsetzung der staatlichen Teilfinanzierung für das Jahr 2010 gemäß §§ 18 ff. PartG], Stand: 21. Januar 2011.</ref><br /><small>(Stand: 21. Januar 2011)</small><br />
|Mitglieder = ca. 495.000 <br /><small>(Stand: Mai 2011)</small><ref name="Mitglieder">[http://www.rp-online.de/politik/deutschland/CDU-hat-jetzt-weniger-als-500000-Mitglieder_aid_1004913.html ''Parteien verlieren Zustimmung''], ''RP Online'' vom 1. Juni 2011.</ref><br />
|Mindestalter = 14 Jahre<br />
|Durchschnittsalter = 58 Jahre<ref>[[Heute (Fernsehsendung)|heute.de]]: [http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/15/0,3672,7611407,00.html ''„Kein Hort von Jugendlichkeit“ – Wie jung sind die Parteien?''], 2. August 2009</ref> <br />
|Frauenanteil = 31,20 Prozent<ref>spd.de: [http://alt.spd.de/de/pdf/mitglieder/Mitgliederbestand_091231.pdf ''Mitgliederbestand; Stichtag: 31.12.2009''] (PDF)</ref><br /><small>(Stand: 31. Dezember 2009)</small><br />
|International = [[Sozialistische Internationale]] (SI)<br />
|Europa = [[Sozialdemokratische Partei Europas]] (SPE/PES)<br />
|EU-Parlament = [[Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament]] (S&D)<br />
|Farben = rot ([[HKS-Farbfächer|HKS 15]])<ref>[http://www.faz.net/s/Rub0E9EEF84AC1E4A389A8DC6C23161FE44/Doc~E3483EF1CC6B74D4D973DA984DBB2BC66~ATpl~Ecommon~Scontent.html FAZ.NET vom 23. Mai 2009]</ref><br />
|Webseite = [http://www.spd.de/ www.spd.de]<br />
}}<br />
<br />
Die '''Sozialdemokratische Partei Deutschlands''' ('''SPD''') ist eine deutsche [[Volkspartei]] und die älteste [[parlament]]arisch vertretene Partei [[Deutschland]]s. Seit der konstituierenden Sitzung des [[17. Deutscher Bundestag|17. Deutschen Bundestags]] am 27. Oktober 2009 stellt sie die größte [[Opposition (Politik)|Opposition]]sfraktion auf [[Politisches System Deutschlands#Legislative der Bundesebene: Bundestag und Bundesrat|Bundesebene]]. Gemessen an ihrer Mitgliederzahl ist sie, nach letztem nachweisbaren Stand, die zweitgrößte Partei Deutschlands.<ref>[http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/521468/Aelteste-und-zweigroesste-Partei-Deutschlands ''Älteste und zweigrößte Partei Deutschlands'', Artikel auf DiePresse.com], abgerufen am 26. Januar 2011.</ref><ref>[http://www.badische-zeitung.de/deutschland-1/nur-die-gruenen-erhoehen-mitgliederzahl--39283531.html ''Nur die Grünen erhöhen Mitgliederzahl'', Artikel in der Badischen Zeitung], abgerufen am 26. Januar 2011.</ref><ref>[http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/schwarz-gelb-schrumpft-den-parteien-laufen-die-mitglieder-weg;2718516 ''Den Parteien laufen die Mitglieder weg'', Artikel im Handelsblatt], abgerufen am 26. Januar 2011.</ref><ref>[http://www.focus.de/politik/deutschland/parteien-mitgliederrekord-bei-gruenen-minus-bei-anderen_aid_575542.html ''Mitgliederrekord bei Grünen – Minus bei Anderen'', Artikel auf Focus Online], abgerufen am 26. Januar 2011.</ref> Sie ist derzeit in insgesamt zehn [[Land (Deutschland)|Ländern]] an der Regierung beteiligt, in sieben davon stellt sie den [[Regierungschef]]. Die SPD ist Mitgliedspartei der [[Sozialdemokratische Partei Europas|Sozialdemokratischen Partei Europas]] (SPE) und der [[Sozialistische Internationale|Sozialistischen Internationalen]] (SI). Parteivorsitzender ist seit November 2009 [[Sigmar Gabriel]].<br />
<br />
== Inhaltliches Profil ==<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-R66693, Ferdinand Lassalle.jpg|miniatur|hochkant|Ferdinand Lassalle (1860)]]<br />
[[Datei:Bebel1863.jpg|miniatur|hochkant|August Bebel (1863)]]<br />
<br />
=== Programm ===<br />
Folgende [[Grundsatzprogramm]]e wurden von der SPD in der Vergangenheit beschlossen:<br />
* 1869&nbsp;– [[Eisenacher Programm]] der [[Sozialdemokratische Arbeiterpartei (Deutschland)|Sozialdemokratischen Arbeiterpartei]] (SDAP).<br />
* 1875&nbsp;– [[Gothaer Programm]]: Vereinigungsparteitag der beiden Arbeiterparteien ADAV und SDAP.<br />
* 1891&nbsp;– [[Erfurter Parteitag|Erfurter Programm]] der SPD: Macht durch allgemeine Wahlen in einer Demokratie ([[Revisionismus]]). Das Programm wurde durch [[Karl Kautsky]] und [[Eduard Bernstein]] geprägt.<br />
* 1921&nbsp;– [[Görlitzer Programm]] der SPD: SPD und [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands]] (USPD), es gibt zwei getrennte sozialistische Parteien.<br />
* 1925&nbsp;– [[Heidelberger Programm]]: Forderung: Vereinigte Staaten von Europa. Dem Programm lag ein Entwurf von Kautsky zugrunde, der von [[Rudolf Hilferding]] bearbeitet wurde.<br />
* 1959&nbsp;– [[Godesberger Programm]]: Volkspartei des demokratischen Sozialismus mit der Feststellung: Das sind die Widersprüche unserer Zeit.<br />
* 1989&nbsp;– [[Berliner Programm]]: Das Programm mit dem Beginn: Was wir wollen.<ref>[http://www.spd.de/show/1682028/spd_berlinerprogramm.pdf Externer Link: Volltext des aktuellen Parteiprogramms der SPD („Berliner Programm“) ''(PDF)'']</ref><br />
* 2007&nbsp;– [[Hamburger Programm]]: Das aktuelle Programm, das auf dem Hamburger Parteitag 2007 beschlossen wurde.<br />
<br />
Zunächst war die SPD eine [[Sozialismus|sozialistische]] Arbeiterpartei. Sie wandelte sich über Heidelberg bis zum Godesberger Programm in eine sozialdemokratische Volkspartei.<br />
<br />
==== Hamburger Programm ====<br />
Das derzeitige [[Parteiprogramm]] der SPD, das „Hamburger Programm“, wurde im Jahr 2007 verabschiedet. In ihm wird das Ziel festgeschrieben mit Hilfe der „solidarischen Mehrheit“ zu regieren. Der [[Demokratischer Sozialismus|demokratische Sozialismus]] wird als „Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft“ als „dauernde Aufgabe“ hervorgehoben und „die soziale Demokratie“ als das „Prinzip des Handelns“ bezeichnet.<br />
<br />
[[Freiheit]], [[Gerechtigkeit]] und [[Solidarität]] sind nach dem Hamburger Programm für die SPD die Grundwerte des „Demokratischen Sozialismus“. So ist die [[soziale Gerechtigkeit]] einer ihrer vorrangigen politischen Leitwerte. Die koordinierte [[soziale Marktwirtschaft]] soll gestärkt werden, ihre Erträge dabei fair verteilt werden, da dies als notwendig für den Wohlstand der Gesamtbevölkerung angesehen wird. Die SPD erachtet auch in der Zukunft einen [[Starker Staat|starken Staat]] und einen handlungsfähigen [[Sozialstaat]] für notwendig, um schwächere Bevölkerungsgruppen schützen zu können. Dazu legt sie Wert auf eine [[Finanzpolitik]], die „nicht auf Kosten zukünftiger Generationen“ ausgestaltet ist und langfristig die [[Staatsverschuldung]] beendet bzw. zurückführt. Unter dem Stichwort [[vorsorgender Sozialstaat]] werden Änderungen am Sozialsystem, die die „Eigenverantwortung“ stärken sollen und im Rahmen der [[Agenda 2010]] realisiert wurden, begrüßt.<br />
<br />
Gesellschaftspolitisch tritt die SPD nach ihrem Programm für [[Bürgerrecht]]e, Öffnung der Gesellschaft und [[Bürgerbeteiligung]] ein. Außenpolitisch will sie durch den Ausgleich der Interessen den Frieden in der Welt stärken. Die Globalisierung soll „durch eine demokratische Politik“ gestaltet werden. Sie ist bemüht, die [[Geschichte der Europäischen Union|Europäische Einigung]] zu erweitern und zu vertiefen.<br />
<br />
=== Interne Richtungen ===<br />
Intern lässt sich die SPD unterteilen in eher [[Politische Linke|linke]] Sozialdemokraten, die sich im [[Forum Demokratische Linke 21]] und der [[Parlamentarische Linke|Parlamentarischen Linken]] organisieren, und die gemäßigt konservativen Sozialdemokraten, die sich im [[Seeheimer Kreis]] beziehungsweise dem Forum [[Nürnberger Mitte]] treffen. Zuletzt hat sich mit dem [[Netzwerk Berlin]] zudem eine neue Generation zusammengeschlossen, die sich gegen die traditionalistische Flügelbildung stellt. Während die gemäßigt konservativen Sozialdemokraten den von [[Gerhard Schröder]] eingeleiteten Reformkurs weitgehend vorbehaltlos mittragen und sich generell an der politischen Mitte orientieren, kämpfen die linken Sozialdemokraten für eine klassische linke und [[sozialstaat]]liche Politik, von der in ihren Augen in den letzten Jahren vor allem durch die [[Agenda 2010]] und den ihrer Auffassung nach recht [[Wirtschaftsliberalismus|wirtschaftsliberalen]] Kurs der SPD abgerückt wurde.<br />
<br />
== Organisationsstruktur ==<br />
[[Datei:Organisationsstruktur SPD.svg|miniatur|upright=1.5|Organisationsstruktur der SPD]]<br />
<br />
=== Gliederung ===<br />
Die Mitglieder sind in rund 12.500 Ortsvereinen organisiert, die regelmäßig Mitgliederversammlungen abhalten und Delegierte in die Unterbezirksparteitage entsenden.<br />
<br />
Die 12.500 Ortsvereine sind in 350 Unterbezirke organisiert, die regelmäßig Unterbezirksparteitage abhalten und Delegierte in die Landesparteitage entsenden.<br />
<br />
Die 350 Unterbezirke sind wiederum in 20 Bezirken organisiert, die regelmäßig Bezirksparteitage abhalten, von denen 480 Delegierte in den Bundesparteitag entsendet werden. Ist ein SPD-Bezirk deckungsgleich mit einem Bundesland, nennt er sich Landesverband. In [[Land (Deutschland)|Bundesländern]] mit mehreren Bezirken bilden die Bezirke gemeinsam einen Landesverband. Außerdem entsendet jeder Bezirk Vertreter in den Parteirat.<br />
<br />
Der Bundesparteitag ist das oberste [[Organ (Recht)|Organ]] der Partei. Er wählt die Kontrollkommission, das Bundesschiedsgericht sowie den Parteivorstand. Der Parteivorstand leitet die Amtsgeschäfte zwischen den Parteitagen.<br />
<br />
Zusätzlich zu dieser Grundstruktur gibt es noch einige zusätzliche Gliederungsebenen, die meistens aus kommunalpolitischer Zweckmäßigkeit geschaffen wurden, nicht überall bestehen und teilweise nur eingeschränkte Rechte (z.&nbsp;B. beim Antragsrecht zu den Parteitagen oder bei der Kassenführung) haben. Dazu gehören insbesondere Kreisverbände als Untergliederung von Unterbezirken, die mehr als einen [[Landkreis]] umfassen; den Namen „Kreisverband“ führen allerdings teilweise auch Unterbezirke selbst, wenn ihr Zuschnitt genau einem Landkreis entspricht. In Bayern, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bestehen unterhalb der Ebene des Landesverbandes, der dort jeweils dem ''Bezirk'' im oben verwendeten Sinne entspricht, zusätzlich sogenannte ''Regionen'' oder (begrifflich missverständlich) Bezirke. In Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bilden diese Regionen die alten Parteibezirke ab, die bis zu ihrer Fusion zu einem Landesbezirk bestanden. In Bayern entsprechen die Bezirksverbände den [[Regierungsbezirk]]en, die dort mit den [[Bezirkstag (Bayern)|Bezirkstagen]] eine eigenständige kommunale Körperschaft bilden.<br />
<br />
=== Bundesvorstand ===<br />
[[Datei:schwesig8.jpg|miniatur|hochkant|Die stellvertretende Bundesvorsitzende Manuela Schwesig (2009, links)]]<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|-<br />
| style="background:#B3B7FF" | '''Vorsitzender'''<br />
| [[Sigmar Gabriel]]<br />
|-<br />
| style="background:#B3B7FF" | '''Stellvertretende Vorsitzende'''<br />
| [[Hannelore Kraft]], [[Olaf Scholz]], [[Manuela Schwesig]], [[Klaus Wowereit]]<br />
|-<br />
| style="background:#B3B7FF" | '''Beauftragter für die Europäische Union'''<br />
| [[Martin Schulz]]<br />
|-<br />
| style="background:#B3B7FF" | '''Schatzmeister'''<br />
| [[Barbara Hendricks (Politikerin)|Barbara Hendricks]]<br />
|-<br />
| style="background:#B3B7FF" | '''Beisitzer'''<br />
| [[Doris Ahnen]], [[Niels Annen]], [[Ute Berg]], [[Björn Böhning]], [[Jens Bullerjahn]], [[Edelgard Bulmahn]], [[Ulla Burchardt]], [[Garrelt Duin]], [[Michaela Engelmeier-Heite]], [[Elke Ferner]], [[Birgit Fischer (Politikerin)|Birgit Fischer]], [[Peter Friedrich]], [[Evelyne Gebhardt]], [[Kerstin Griese]], [[Michael Groschek]], [[Gernot Grumbach]], [[Jochen Hartloff]], [[Dietmar Hexel]], [[Eva Högl]], [[Karin Jöns]], [[Wolfgang Jüttner]], [[Ulrich Kelber]], [[Barbara Ludwig]], [[Heiko Maas]], [[Ulrich Maly]], [[Christoph Matschie]], [[Hilde Mattheis]], [[Julian Nida-Rümelin]], [[Joachim Poß]], [[Florian Pronold]], [[Thorsten Schäfer-Gümbel]], [[Manfred Schaub]], [[Thomas Schlenz]], [[Ottmar Schreiner]], [[Angelica Schwall-Düren]], [[Ralf Stegner]], [[Ute Vogt]]<br />
|}<br />
<br />
=== Daten der Landesverbände ===<br />
{| class="wikitable sortable" border="1" width="80%" style="margin-right:0px;"<br />
|- bgcolor="#EEEEE0" style="text-align: left;"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! class="unsortable" style="border-right: hidden;"|<br />
! Landesverband<br />
! class="unsortable" style="border-right: hidden;"|<br />
! Vorsitzender<ref>[http://www.bundeswahlleiter.de/de/parteien/downloads/parteien/Sozialdemokratische_Partei_Deutschlands.pdf Übersicht der Vorstandsmitglieder, Satzung und Programm der SPD]</ref><br />(Stand: 29. Juni 2010)<br />
! Mitglieder<ref>[http://www.spd.de/de/pdf/mitglieder/Mitgliederbestand_091231.pdf Mitgliederverteilung nach Bundesländern] (PDF)</ref><br />(Stand: Ende 2009)<br />
! Mitglieder<br />im Verhältnis zur Einwohnerzahl<br />
! Ergebnis der letzten [[Ergebnisse der Landtagswahlen in der Bundesrepublik Deutschland|Wahl des Landesparlaments]]<ref>[http://www.election.de/cgi-bin/content.pl?url=ltw_wahl.html Landtagswahlen in Deutschland auf www.election.de]</ref><ref>[http://www.wahlrecht.de/ergebnisse/index.htm Wahlergebnisse bei www.wahlrecht.de]</ref><br />
! Ergebnis der [[Bundestagswahl 2009]]<ref>[http://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/BTW_BUND_09/ergebnisse/landesergebnisse/index.html Landesergebnisse der Bundestagswahl 2009]</ref><br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Baden-Württemberg.svg|25px|Baden-Württemberg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Baden-Württemberg|Baden-Württemberg]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Nils Schmid.jpg|rand|x70px|Nils Schmid]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Nils Schmid]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}39.275<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,37 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|23,1 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|19,3 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Bayern.svg|25px|Bayern]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Bayern|Bayern]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Florian Pronold, Politischen Aschermittwoch in Vilshofen.jpg|rand|x70px|Florian Pronold]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Florian Pronold]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}69.023<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,55 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|18,6 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|16,8 % <br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage Berlins.svg|25px|Berlin]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Berlin|Berlin]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Mueller michael 2.jpg|rand|x70px|Michael Müller]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Michael Müller (Berlin)|Michael Müller]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}16.281<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,47 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|30,8 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|20,2 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Brandenburg.svg|25px|Brandenburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Brandenburg|Brandenburg]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Matthias Platzeck eyp opening.jpg|rand|x70px| Matthias Platzeck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Matthias Platzeck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}{{0}}6.523<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,26 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|33,0 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|25,1 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Bremen.svg|25px|Bremen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Bremen|Bremen]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Andreas Bovenschulte]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}{{0}}4.841<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,73 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|36,7 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|30,2 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Hamburg.svg|25px|Hamburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Hamburg|Hamburg]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Olaf Scholz, August 2009 - by SPD-Schleswig-Holstein.jpg|rand|x70px|Olaf Scholz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Olaf Scholz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}10.610<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,60 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|48.4 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|27,4 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Hessen.svg|25px|Hessen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Hessen|Hessen]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Thorsten schaefer guembel 2008.jpg|rand|x70px| Thorsten Schäfer-Gümbel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Thorsten Schäfer-Gümbel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}63.132<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|1,04 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|23,7 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|25,6 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Mecklenburg-Vorpommern.svg|25px|Mecklenburg-Vorpommern]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Mecklenburg-Vorpommern|Mecklenburg-Vorpommern]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Erwin Sellering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}{{0}}2.830<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,17 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|30,2 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|16,6 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Niedersachsen.svg|25px|Niedersachsen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Niedersachsen|Niedersachsen]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Landtag Niedersachsen DSCF7754.JPG|rand|x70px|Olaf Lies]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Olaf Lies]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}66.680<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,84 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|30,3 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|29,3 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Nordrhein-Westfalen.svg|25px|Nordrhein-Westfalen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Nordrhein-Westfalen|Nordrhein-Westfalen]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Hannelorekraft.jpg|rand|x70px|Hannelore Kraft]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Hannelore Kraft]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|136.840<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,76 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|34,5 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|28,5 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Rheinland-Pfalz.svg|25px|Rheinland-Pfalz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Rheinland-Pfalz|Rheinland-Pfalz]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Kurt Beck 2010 Ddorf.jpg|rand|x70px|Kurt Beck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Kurt Beck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}42.463<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|1,06 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|35,7 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|23,8 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage des Saarlandes.svg|25px|Saarland]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Saarland|Saarland]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Maas Heiko.jpg|rand|x70px|Heiko Maas]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Heiko Maas]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}21.485<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|2,09 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|24,5 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|24,7 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Sachsen.svg|25px|Sachsen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Sachsen|Sachsen]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Martin Dulig]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}{{0}}4.332<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,10 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|10,4 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|14,6 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Sachsen-Anhalt.svg|25px|Sachsen-Anhalt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Sachsen-Anhalt|Sachsen-Anhalt]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Katrin Budde]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}{{0}}4.165<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,18 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|21,5 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|16,9 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Schleswig-Holstein.svg|25px|Schleswig-Holstein]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Schleswig-Holstein|Schleswig-Holstein]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Ralf Stegner 2009.jpg|rand|x70px|Ralf Stegner]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Ralf Stegner]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}19.651<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,69 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|25,4 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|26,8 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Thüringen.svg|25px|Thüringen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Thüringen|Thüringen]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:ChristophMatschie.jpg|rand|x70px|Christoph Matschie]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Christoph Matschie]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}{{0}}4.389<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,19 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|18,5 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|17,6 %<br />
|}<br />
<br />
Die SPD ist als einzige deutsche Partei in allen Bundesländern im jeweiligen Landtag vertreten.<br />
<br />
=== Arbeitsgemeinschaften ===<br />
Die SPD hat für eine Reihe von Zielgruppen und Themenbereichen Arbeitsgemeinschaften eingerichtet; diese haben Antragsrecht zu den Parteitagen der SPD und arbeiten teilautonom. Mitglied bei den [[Jusos]] ist jedes SPD-Mitglied, das jünger als 35 Jahre ist. Der [[Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen|ASF]] gehören alle weiblichen Mitglieder der SPD an, der [[AG 60 Plus|AG 60 plus]] automatisch alle SPD-Mitglieder, die älter als 60 Jahre sind. Die Mitgliedschaft bei allen anderen Arbeitsgemeinschaften ist nicht automatisch oder verpflichtend. Bei den Jusos besteht die Möglichkeit, vollberechtigtes Mitglied zu werden, ohne in der SPD zu sein. Nach zwei Jahren wird man gebeten, Parteimitglied zu werden, nach weiteren zwei Jahren endet die Juso-Mitgliedschaft, wenn man nicht zwischenzeitlich Parteimitglied geworden ist. Bei den anderen Arbeitsgemeinschaften besteht die Möglichkeit einer Gastmitgliedschaft, Gastmitglieder haben allerdings kein Wahlrecht.<br />
{{Arbeitsgemeinschaften der SPD}}<br />
<br />
=== Arbeitskreise und Foren ===<br />
Für einige Themengebiete und Zielgruppen bestehen in der SPD Arbeitskreise, Foren und Projektgruppen. Große Arbeitskreise sind die [[Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter Sozialdemokraten]] (AvS), der Arbeitskreis „[[Lesben und Schwule in der SPD]]“ (Schwusos) und der [[Arbeitskreis jüdischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten|Arbeitskreis Jüdischer Sozialdemokraten]]. Diese drei Organisationen sind ähnlich den Arbeitsgemeinschaften organisiert (mit Bundesvorstand, Bundeskonferenzen und regionalen Unterorganisationen), haben aber nicht deren Rechte.<br />
<br />
Die Zielsetzung der Arbeitskreise ist eher intern orientiert, sie sollen SPD-Mitgliedern bestimmter Zielgruppen oder in bestimmten Themengebieten eine Zusammenarbeit ermöglichen; einige der Arbeitskreise treten zudem nach außen auf. Die Foren haben dagegen das vorrangige Ziel, die Vernetzung der SPD mit Organisationen in bestimmten Themengebieten auszubauen.<br />
<br />
=== Gleichstellung ===<br />
Um Frauen und Männer innerhalb der SPD gleichzustellen, wurde 1988 eine Geschlechterquote eingeführt. Diese [[Quote]] besagt, dass alle Vorstände und Delegationen jeweils zu mindestens 40&nbsp;Prozent von jedem Geschlecht besetzt werden müssen. Da überwiegend die Männer in der Überzahl sind, wird zumeist von einer „[[Frauenquote]]“ gesprochen. Die Aufstellung der Bundestags- und Europalisten erfolgt nach dem sogenannten „Reißverschlussprinzip“, bei dem Frauen und Männer abwechselnd aufgestellt werden.<br />
<br />
== Finanzen ==<br />
Die Gesamteinnahmen der Partei betrugen 2006 knapp 167 Millionen Euro. Zu den wichtigsten Einnahmequellen der SPD zählen Mitgliedsbeiträge und staatliche Mittel. Im Vergleich zu den anderen Bundestagsparteien tragen die Einnahmen aus Parteispenden von natürlichen Personen bei der SPD traditionell nur zu einem geringen Anteil bei.<br />
Folgende Liste gibt einen Überblick über den Stellenwert der verschiedenen Einnahmen.<br />
<ref>[http://www.parteispenden.unklarheiten.de?seite=auswertung_entwicklung Politische Datenbank]</ref><br />
# Mitgliedsbeiträge (2006: 29 % Tendenz abnehmend)<br />
# Staatliche Mittel (2006: 26 % Tendenz leicht abnehmend)<br />
# Sonstige regelmäßige Einnahmen (2006: 13 %)<br />
# Veranstaltungen, Vertrieb und sonstigen Tätigkeiten (2006: 8 %)<br />
# Spenden von [[Natürliche Person|natürlichen Personen]] (2006: 6 % Tendenz leicht abnehmend)<br />
# Unternehmenstätigkeiten und Beteiligungen (2006: 6 % Tendenz zunehmend)<br />
# Sonstiges Vermögen (2006: 6 %)<br />
# Sonstige Einnahmen (2006: 5 %)<br />
# Spenden von [[Juristische Person|juristischen Personen]] (2006: 1 %, in Wahljahren 2 %)<br />
<br />
Zwischen 30 und 40 Prozent der Spendeneinnahmen von juristischen Personen setzen sich aus Großspenden von mehr als 20.000 € je Spende zusammen. Zu den größten Spendern (juristische Personen, aufsummierte Spendensummen von 2000 bis 2008, ab 2007 nur Spenden ab 50.000 Euro<ref>[http://www.parteispenden.unklarheiten.de/?seite=auswertung_maximum Politische Datenbank]</ref>) zählen folgende Unternehmen und Verbände:<br />
# 1.371.143 € [[Daimler AG|Daimler Chrysler AG]]<br />
# {{0}} 657.522 € [[BMW]] AG<br />
# {{0}} 638.393 € [[Allianz SE]]<br />
# {{0}} 365.820 € [[Porsche]] AG<br />
# {{0}} 302.115 € [[Verband der Chemischen Industrie]] e. V.<br />
# {{0}} 300.000 € [[Deutsche Bank]] AG<br />
# {{0}} 300.000 € [[E.ON]] AG<br />
# {{0}} 281.211 € [[B.TV]] Television GmbH & Co. KG<br />
# {{0}} 277.258 € [[Südwestmetall]]<br />
# {{0}} 250.000 € [[Commerzbank]] AG<br />
<br />
=== Unternehmensbeteiligungen ===<br />
Die SPD ist die einzige [[politische Partei]] in Deutschland, die große Medienbeteiligungen unterhält. Über die Medienholding [[Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft|deutsche druck- und verlagsgesellschaft]] (dd_vg) unterhält die SPD Medienbeteiligungen an über 70 Zeitungen mit einer Gesamtauflage von über 6 Mio. Exemplaren und 12 Mio. Lesern und gibt ihre traditionsreiche [[Mitgliederzeitschrift|Mitgliederzeitung]] „[[Vorwärts (Deutschland)|Vorwärts]]“ heraus. Außerdem hielt die dd_vg von Mai 2004 bis 2006 einen 90-prozentigen Anteil an der „[[Frankfurter Rundschau]]“; die Zeitung steckte zum genannten Zeitpunkt in finanziellen Schwierigkeiten. Die Übernahme war umstritten, da Kritiker eine Einflussnahme auf die Berichterstattung fürchteten. 2006 verkaufte sie den Mehrheitsanteil an die Kölner Verlagsgruppe [[M. DuMont Schauberg]]. Der Jahresüberschuss der dd_vg belief sich 2008 auf 15,5 Mio. Euro und 2007 auf 17,2 Mio. Euro, von denen 11,4 Mio. an die SPD als Gesellschafterin ausgeschüttet wurden.<ref>[http://www.ddvg.de/wirtschaftsdaten/geschaeftsbericht2008.pdf Geschäftsbericht 2008]</ref><br />
<br />
An der ''Öko-Test Holding AG'' ist die SPD mit 50 % plus zehn Aktien beteiligt. Diese ist ihrerseits mit 100 % an der Öko-Test Verlag GmbH (Magazin „[[Öko-Test]]“) und der Öko-Test Media GmbH beteiligt.<ref>[http://www.ddvg.de/ Offizielle Webseite der ddvg GmbH]</ref><br />
<br />
Die SPD ist außerdem über Treuhänder<ref>[http://www.konzentration.net/front_content.php?client=6&lang=4&idcat=34&idart= Webseite der Konzentration GmbH]</ref> an der ''Konzentration GmbH'' beteiligt, die wiederum als Treuhänderin die Immobilien der SPD verwaltet.<ref>[http://www.konzentration.net/ Webseite der Konzentration GmbH]</ref><br />
<br />
== Mitglieder ==<br />
[[Datei:SPD-Mitgliederstruktur.PNG|miniatur|SPD-Mitglieder nach Geschlecht]]<br />
[[Datei:SPD-Parteibuch und SPD-Card.jpg|miniatur|[[Parteibuch]] der SPD und SPD-Card]]<br />
Das Mindestalter von 14 Jahren und die Bekennung zu den Zielen der Partei sind Mitgliedschaftsvoraussetzungen. Mitglied werden können ausdrücklich auch Deutsche, die dauerhaft im Ausland leben und Ausländer, die in Deutschland leben.<br />
<br />
Nach der Bestandsangabe vom Mai 2011 hat die SPD eine knappe halbe Million Mitglieder und somit den niedrigsten Stand seit über 100 Jahren erreicht.<ref name="Mitglieder" /> 44 % der SPD-Mitglieder sind älter als 60 Jahre, 6 % sind jünger als 29 Jahre. 69 % der Mitglieder sind männlich. 34 % Rentner, 23 % Beamte, 15 % Angestellte, 8 % Arbeiter, 5 % Arbeitslose, 5 % Hausfrauen, 4 % Selbstständige, 2 % Freiberufler, 2 % Schüler und 2 % ohne Angaben.<ref>Bundeszentrale für politische Bildung: [http://www.bpb.de/themen/9IZ7N5,0,Fakten%3A_SPD.html Dossier SPD]</ref><br />
<br />
=== Mitgliederentwicklung ===<br />
[[Datei:SPD Mitgliederentwicklung.svg|miniatur|Mitgliederentwicklung seit 1946]]<br />
<br />
Unmittelbar nach Kriegsende übernahm die SPD viele Mitglieder sozialistischer und sozialdemokratischer Exil- und Widerstandsorganisationen. Bei der ersten Bundestagswahl 1949 hatte sie bereits wieder um die 750.000 Mitglieder, bis 1951 ein vorläufiger Höchststand von etwa 820.000 Mitgliedern erreicht wurde. Im Laufe der 1950er fiel diese Zahl und erreichte 1958 den Stand von etwa 590.000 Personen.<br />
<br />
Seit den 1960ern erholten sich die Mitgliederzahlen der SPD wieder und überschritten 1977 erstmals den Stand von einer Million. In den 1980ern verlor die Partei Mitglieder, blieb jedoch über der Marke von 900.000 Personen. Kurzzeitig verbuchte die SPD einen leichten Mitgliederzugewinn infolge der [[Deutsche Einheit|Deutschen Einheit]]. Seitdem hat sie starke Mitgliedereinbußen erlitten: Zwischen 1990 und 2008 hat die SPD 400.000 Mitglieder verloren, womit ihr heute etwas weniger als eine halbe Million verbleiben.<ref>{{Tagesschau|ID=parteienserie100|Beschreibung=''Mitgliederzahl 1990–2008 um 400.000 gesunken'' („Parteienserie: SPD in der Dauerkrise“, Tagesschau.de), 4. Februar 2009|AlteURL=http://www.tagesschau.de/inland/parteienserie100.html}}</ref> Die Gewichtung der gesellschaftlichen Herkunft der Mitglieder hat sich – unter anderem infolge der demografischen Entwicklung – seit dem Ende der 1950er Jahre stark verschoben. Bildeten bis dahin vorwiegend Arbeiter und kleine Angestellte die Mehrheit der Mitglieder, so verschob sich dies in den Folgejahren zugunsten der Beamten und Rentner.<br />
<br />
=== Unvereinbarkeiten ===<br />
<br />
Mit einer Mitgliedschaft in der SPD ist oder war eine Mitgliedschaft in einer der folgenden Organisationen unvereinbar:<br />
* Bund freies Deutschland<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
* [[Burschenschaftliche Gemeinschaft]]<ref>''[http://www.akadpress.de/texte/spdburschenschaften.html]'' Unvereinbarkeitsbeschluss Burschenschaften und SPD</ref><br />
* Demokratischer Kulturbund Deutschlands<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
* [[Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS]]<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
* [[Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend]]<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
* [[Scientology#Scientology-Organisationen|Scientology-Kirche]]<ref>[http://www.ingo-heinemann.de/Unvereinbarkeitsbeschluss-SPD-1995.pdf Unvereinbarkeitsbeschluss der SPD vom 24. Mai 1994 (PDF)]</ref><br />
* [[Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten|Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes]];<ref name ="Neon-Artikel">[http://www.neon.de/kat/sehen/politik/152461.html ''Fakten bitte: Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands'']</ref> dieser Beschluss wurde am 25. Oktober 2010 aufgehoben<ref>[http://www.woschod.de/2010/11/02/aufhebung-unvereinbarkeitsbeschluss-spd-vvn/ Beschluss des Parteivorstandes]</ref><br />
<br />
Ein Zusammenarbeitsverbot besteht in Bezug auf folgende Organisationen:<br />
* [[Deutsche Kommunistische Partei]] und [[Freie Deutsche Jugend]]<ref name ="Neon-Artikel" /> (Berlin)<br />
* Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
* Komitees gegen Berufsverbote<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
Außerdem ist wie bei den meisten anderen Parteien in Deutschland eine Mitgliedschaft in einer bei Wahlen konkurrierenden Partei, Bürgervereinigung oder Gruppierung nicht zulässig.<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
<br />
== Geschichte ==<br />
=== 1863 bis 1914: Gründung, Sozialistengesetze ===<br />
{{Hauptartikel|Geschichte der deutschen Sozialdemokratie}}<br />
<br />
[[Datei:Wilhelm Liebknecht.jpg|miniatur|hochkant|[[Wilhelm Liebknecht]]]]<br />
[[Datei:Reichsgesetzblatt34 1878.jpg|miniatur|hochkant|[[Sozialistengesetz|Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie, 1878]]]]<br />
[[Datei:Protokoll des Parteitages der SPD in Erfurt (14. bis 20. Oktober 1891).jpg|miniatur|hochkant|Protokoll des [[Erfurter Parteitag]]es von 1891]]<br />
Die SPD hat kein exaktes Gründungsdatum. Sie selbst beruft sich auf die Gründung des [[Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein|Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins]] (ADAV) durch [[Ferdinand Lassalle]], die am 23.&nbsp;Mai 1863 in [[Leipzig]] stattfand. Der ADAV wurde von 1871 bis 1875 von [[Wilhelm Hasenclever]] geführt.<br />
Seit 1869 gab es die von [[August Bebel]] und [[Wilhelm Liebknecht]] 1869 in [[Eisenach]] gegründete [[Sozialdemokratische Arbeiterpartei (Deutschland)|Sozialdemokratische Arbeiterpartei]] (SDAP).<br />
Oftmals wird das Jahr 1875 als das eigentliche Konstituierungsdatum genannt, als am Ende des Vereinigungsparteitages vom 22. bis 27.&nbsp;Mai in [[Gotha]] sich der ADAV und die SDAP zur [[Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1875)|Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands]] (SAP) zusammenschlossen.<br />
<br />
Nach dem Außerkrafttreten des [[Sozialistengesetz]]es im Herbst 1890 änderte die Partei ihren Namen in „Sozialdemokratische Partei Deutschlands“. Ein Jahr später verabschiedete sie auf ihrem [[Erfurter Parteitag|Parteitag in Erfurt]] das gleichnamige Programm. Die von [[Karl Kautsky]] und [[Eduard Bernstein]] entworfenen Leitlinien lehnen den Reformismus ab und lehnen sich wieder stärker an den Marxismus an.<br />
<br />
Die frühe SPD stand den [[Gewerkschaft]]en nahe und war ideologisch wie die meisten sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien [[Europa]]s im 19. Jahrhundert am revolutionären [[Marxismus]] ausgerichtet. Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts stellte [[Eduard Bernstein]] seine [[Revisionismus]]theorie dem noch mehrheitlich [[revolution]]är gesinnten Lager der SPD entgegen. Die Revisionismustheorie setzte sich spätestens nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] in der Partei durch. Im Wesentlichen beinhaltet diese Theorie die angestrebte sozialistische Umwandlung der Gesellschaft durch [[Reform]]en nach einer demokratisch legitimierten [[Regierung]]sübernahme durch Wahlen.<br />
Eine ähnliche grundlegende Auseinandersetzung war die [[Massenstreikdebatte]], welche vor allem unter dem Eindruck europäischer Streikbewegungen, insbesondere der russischen Revolution von 1905, entbrannte. Hier setzte sich der linke Flügel um Rosa Luxemburg und teilweise der revisionistische mit den reformistischen Gewerkschaften um die Frage auseinander, ob ein Streik als politisches Kampfmittel auch jenseits des Kampfes um Verbesserung der Arbeitsbedingungen angewandt werden kann. Die Debatte wurde formal 1906 mit dem Einknicken vor den Gewerkschaften im [[Massenstreikdebatte|Mannheimer Abkommen]] beendet.<br />
<br />
Die historischen Auseinandersetzungen um die Sozialdemokraten (Verfolgung, Repressionen vor allem unter der Reichskanzlerschaft [[Otto von Bismarck]]s&nbsp;– siehe [[Sozialistengesetz]]) führten dazu, dass die Parteistruktur der SPD sich am intensivsten entwickelte und hohe Effizienz erlangte. In dieser Zeit wurden oftmals Stimmen laut, die ein gewaltsames Vorgehen der Staatsgewalt gegen die Sozialdemokraten forderten, allen voran der [[Generalfeldmarschall]] [[Alfred von Waldersee|Alfred Graf von Waldersee]], der sich als „politischer“ Offizier einen Namen gemacht hatte und ein reaktionärer Vertreter der Staatsmacht war.<br />
Der riesigen Bevölkerungsgruppe der Arbeiter wohnte durch ihre kritische soziale Lage ein hohes politisches Potenzial inne. So wurde die SPD bald zur damals mitgliederstärksten Partei in Deutschland.<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! colspan="3" | Stimmenanteil und Zahl der Sitze der Sozialdemokratie<br />bei den Reichstagswahlen 1871–1912<ref>Gerd Hohorst, Jürgen Kocka und Gerhard A. Richter: ''Sozialgeschichtliches Arbeitsbuch II: Materialien zur Statistik des Kaiserreichs 1870–1914''. München, 1978. S. 173–175.''</ref><br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! Jahr<br />
! Stimmen<br />
! Sitze<br />
|- class="hintergrundfarbe7"<br />
! colspan="3" | ADAV zusammen mit SDAP<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1871|1871]] || align=center | 3,2 % || align=center | 2<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1874|1874]] || align=center | 6,8 % || align=center | 9<br />
|- class="hintergrundfarbe7"<br />
! colspan="3" | SAP<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1877|1877]] || align=center | 9,1 % || align=center | 12<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1878|1878]] || align=center | 7,6 % || align=center | 9<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1881|1881]] || align=center | 6,1 % || align=center | 12<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1884|1884]] || align=center | 9,7 % || align=center | 24<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1887|1887]] || align=center | 10,1 % || align=center | 11<br />
|- class="hintergrundfarbe7"<br />
! colspan="3" | SPD<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1890|1890]] || align=center | 19,8 % || align=center | 35<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1893|1893]] || align=center | 23,3 % || align=center | 44<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1898|1898]] || align=center | 27,2 % || align=center | 56<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1903|1903]] || align=center | 31,7 % || align=center | 81<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1907|1907]] || align=center | 28,9 % || align=center | 43<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1912|1912]] || align=center | 34,8 % || align=center | 110<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
Die SPD gewann – unter anderem wegen ihrer Gewerkschaftsnähe&nbsp;– trotz Verfolgung und Unterdrückung während der [[Otto von Bismarck|Bismarck-Ära]] immer mehr an Einfluss bei den [[Arbeiter]]n und deshalb auch im [[Reichstag (Deutsches Kaiserreich)|Reichstag]]. Im Jahr 1890&nbsp;− unmittelbar nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes&nbsp;− kam die Partei schon auf 19,8&nbsp;Prozent der Stimmen und war damit erstmals die wählerstärkste Partei im Reich; 1912 wurde sie mit 34,8&nbsp;Prozent (110 Abgeordneten) zur stärksten Fraktion im Reichstag. Nach dem Tode Bebels 1913, der als Integrationsfigur und Vermittler zwischen dem revolutionären und dem reformistischen Flügel der SPD galt, übernahm der deutlich gemäßigte [[Friedrich Ebert]] die Führung der Partei, die er sich mit [[Hugo Haase]] teilte.<br />
<br />
=== 1914 bis 1919: Erster Weltkrieg, Novemberrevolution, Spaltung ===<br />
Als der [[Erster Weltkrieg|Erste Weltkrieg]] ausgelöst wurde, stimmte die SPD-Reichstagsfraktion der Gewährung von [[Kriegsanleihe]]n zu. Einzig [[Karl Liebknecht]] (Sohn [[Wilhelm Liebknecht]]s), der seit 1912 für die SPD mit im Reichstag saß, stimmte im Dezember 1914 gegen die Kredite, nachdem er der ersten Abstimmung darüber aus Gründen der Parteiraison ferngeblieben war. 1915 folgte ihm [[Otto Rühle]]. Nach einer Antikriegsdemonstration wurde Liebknecht 1916 verhaftet und zu Zuchthaus verurteilt, aus dem er erst unmittelbar vor Kriegsende wieder entlassen wurde. Viele Mitglieder der SPD waren im Verlauf des Krieges zunehmend mit der kriegsbilligenden Haltung ihrer Partei, der sogenannten [[Burgfriedenspolitik]], nicht einverstanden und gründeten die [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]] (Unabhängige SPD).<br />
<br />
Der linksrevolutionäre [[Spartakusbund]], der 1916 unter Federführung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg nach dem Ausschluss Liebknechts und anderer aus der SPD als „Gruppe Internationale“ gegründet worden war und gegen den Krieg agitiert hatte, schloss sich ebenfalls der USPD an und bildete deren linken Flügel.<br />
<br />
Zur USPD wanderten nicht nur die linken „Antirevisionisten“ um Rosa Luxemburg ab, sondern auch [[Karl Kautsky]], der langjährige Herausgeber der Zeitschrift „[[Die Neue Zeit]]“, sowie führende Theoretiker des Reformflügels wie der Vater des [[Revisionismus]], [[Eduard Bernstein]]. In der verbliebenen „Mehrheits-SPD“ ([[Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands|MSPD]]) beeinflussten statt Kautsky und Bernstein ab 1915 die ehemaligen linken Antirevisionisten der [[Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe]], die dem deutsch-russischen Publizisten [[Alexander Parvus]] nahestanden, die theoretischen Debatten. Ihr Ziel war es, den erhofften deutschen Sieg im Ersten Weltkrieg zur Durchsetzung der sozialistischen Gesellschaftsordnung in Europa und zur Befreiung der osteuropäischen Völker vom „Joch des Zarismus“ zu nutzen.<br />
<br />
[[Heinrich Cunow]], Völkerkundler und Dozent an der Parteischule der SPD, löste 1917 Kautsky als Herausgeber der ''Neuen Zeit'' ab. Er sollte später Mitautor des Görlitzer und Heidelberger Programms der SPD werden. [[Konrad Haenisch]] war nach 1918 zunächst preußischer Kultusminister, dann Regierungspräsident in Wiesbaden und schließlich einer der Begründer des [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichbanners Schwarz-Rot-Gold]], einem von der SPD dominierten überparteilichen Bündnis parlamentarisch-demokratischen Parteien zum Schutz der Weimarer Republik gegen ihre Feinde an den politischen Rändern.<br />
Als vielen Sozialdemokraten ab 1917 bewusst wurde, dass der Krieg in eine Niederlage führt, schwand der Einfluss der Gruppe.<br />
<br />
Zum Ende des Ersten Weltkrieges, als die militärische Führung des Kaiserreichs die deutsche Niederlage schon eingeräumt hatte, kam es 1918 im Anschluss an die [[Meuterei]] der Matrosen in [[Wilhelmshaven]] und [[Kiel]] zur [[Novemberrevolution]], in deren Folge der Kaiser abdankte und nach Holland floh. Die MSPD unter [[Friedrich Ebert]], dem im Zuge der revolutionären Ereignisse die Regierung von Prinz [[Maximilian von Baden]] übergeben worden war, gab mehr dem Druck der Ereignisse nach, als dass sie auf eine Regierungsübernahme vorbereitet gewesen wäre. Überlegungen Eberts, auf eine Abschaffung der Monarchie zunächst zu verzichten, um einen Bürgerkrieg zu verhindern, erwiesen sich als illusorisch.<br />
<br />
Der Spartakusbund und Teile der USPD verfochten die Bildung einer [[Räterepublik]], wie sie ein Jahr zuvor bei der [[Oktoberrevolution]] in Russland durchgesetzt worden war. Doch von den die Revolution tragenden aktiven revolutionären Soldaten- und Arbeiterräten hatte nur eine Minderheit das Vorbild des erfolgreichen Umsturzes der russischen [[Bolschewiki]] im Auge. Sie strebten mehrheitlich vor allem ein Ende des Krieges und der Militärherrschaft an. Mit diesem Ziel stellten sie sich zuerst hinter die SPD-Führung, der sie vertrauten, und forderten die Wiedervereinigung der Mehrheits-SPD mit der unabhängigen SPD. Die SPD-Führung bot daraufhin der USPD die Bildung eines [[Rat der Volksbeauftragten|Rates der Volksbeauftragten]] als neuer Regierung an. Diese paritätisch mit MSPD- und USPD-Mitgliedern besetzte Revolutionsregierung unter der Führung von Ebert und Haase verstand sich als Provisorium für die revolutionäre Umbruchphase und legte sich auf eine aus baldigen allgemeinen Wahlen hervorgehende Nationalversammlung als verfassungsgebendes Organ fest.<br />
<br />
Schon Ende 1918 scheiterte die Koalition zwischen MSPD und USPD am Streit um den Einsatz von Militär gegen revoltierende Matrosen. Die nun allein die Regierung stellende MSPD empfand das eigenmächtige Vorgehen einzelner Räte als Verrat an den demokratischen Prinzipien der Arbeiterbewegung. Versuche, eine demokratische Volkswehr aufzubauen oder mehrheitssozialdemokratischen Freiwilligenverbänden eine Chance zu geben, scheiterten. Als während des [[Spartakusaufstand]]es im Januar 1919 die Volksbeauftragtenregierung angegriffen wurde, fiel die Entscheidung, dem Militär der alten Offiziere und den neuen [[Freikorps]]führern zu vertrauen.<br />
<br />
Mit der blutigen Niederschlagung des [[Spartakusaufstand]]es und der [[Münchner Räterepublik]] durch von Gustav Noske um den Jahreswechsel 1918/19 rekrutierte rechtsnationalistische [[Freikorps]] bis Mitte 1919 setzten sich die Mehrheitssozialdemokraten durch. Dabei erhielt der spätere erste [[Reichswehrministerium|Reichswehrminister]] der Weimarer Republik [[Gustav Noske]] den Beinamen „Bluthund“, den er sich im Grunde selber gab, als er bei der Anforderung, die Revolution niederzuschlagen, sagte: „Einer muss den Bluthund abgeben“. Unter seiner politischen Verantwortung standen zahlreiche Morde, die von den Freikorps an vielen bekannten und unbekannten auch vermeintlichen Revolutionären begangen wurden, darunter der Mord an [[Rosa Luxemburg]] und [[Karl Liebknecht]] am 15.&nbsp;Januar 1919, ausgeführt von Freikorpssoldaten unter Führung von [[Waldemar Pabst]].<ref>[[Klaus Gietinger]], [[Karl Heinz Roth]]: ''Die Verantwortung der Mehrheitssozialdemokratie für die Morde der deutschen Gegenrevolution im Jahr 1919. Eine Dokumentation.'' Teil I: [http://www.jungewelt.de/2007/12-15/015.php Symbiose mit der Reaktion] ([[junge Welt]], 15. Dezember 2007); Teil II: [http://www.jungewelt.de/2007/12-17/008.php „… sofort an die Mauer“]; (''junge Welt'', 17. Dezember 2007).</ref><br />
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Die Rolle Eberts, Noskes und [[Philipp Scheidemann|Scheidemanns]] während der Monate der Novemberrevolution und ihrer Niederschlagung führte bis in die Gegenwart zum historischen Vorwurf verschiedener parlamentarisch und vor allem [[Außerparlamentarische Opposition|außerparlamentarisch]] aktiver [[Politische Linke|linker]] Gruppen und Parteien an die SPD, die Revolution und damit zu einem großen Teil gerade ihre eigenen Anhänger verraten zu haben. Aus dem Spartakusbund und weiteren linksrevolutionären Gruppierungen wurde bis zum 1.&nbsp;Januar 1919 die [[Kommunistische Partei Deutschlands]] (KPD) gegründet. Damit war es zur endgültigen Trennung zwischen dem revolutionären und reformistischen Flügel der Sozialdemokratie gekommen.<br />
<br />
Die zunächst noch relativ einflussreiche USPD, die bei der [[Reichstagswahl 1920]] in Anerkennung ihres Beitrags zum Widerstand gegen den [[Kapp-Putsch]] noch 17,9&nbsp;Prozent der Wählerstimmen erreichen konnte, schloss sich wenige Monate nach dieser Wahl mit ihrem starken linksrevolutionären Flügel der KPD an (→&nbsp;[[Vereinigte Kommunistische Partei Deutschlands|VKPD]]), und wurde in den Folgejahren zwischen der KPD und der SPD weiter zerrieben. Sie spielte nach 1922, als nach einer weiteren Parteispaltung ein großer Teil der USPD in die SPD zurückgekehrt war, bis zu ihrem Aufgehen in der 1931 gegründeten [[Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1931)|SAP]] nur mehr eine marginale Rolle als [[Kleinpartei]] in der Weimarer Republik.<br />
<br />
=== 1919 bis 1933: Weimarer Republik ===<br />
[[Datei:SPD-Plakat 1919.jpg|miniatur|hochkant|SPD Wahlplakat 1919]]<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 102-00015, Friedrich Ebert.jpg|miniatur|hochkant|[[Friedrich Ebert]] als Reichspräsident der Weimarer Republik (1923)]]<br />
In der jungen [[Weimarer Republik]] stellte die SPD von 1919 bis 1925 mit Friedrich Ebert den [[Reichspräsident]]en und war bis 1920 in allen [[Reichsregierung]]en ([[Friedrich Ebert]], [[Philipp Scheidemann]], [[Gustav Bauer]], [[Hermann Müller (Reichskanzler)|Hermann Müller]]) vertreten. Danach&nbsp;– insbesondere nach dem Linksruck infolge der Wiedervereinigung mit der Rest-USPD 1922&nbsp;– beteiligte sich die SPD nur noch an wenigen Reichsregierungen, zuletzt 1928 bis 1930 am [[Kabinett Müller II]] ([[Große Koalition]]) unter [[Reichskanzler]] [[Hermann Müller (Reichskanzler)|Hermann Müller]], während sie in [[Preußen]] mit [[Otto Braun]] von 1920 bis 1932 fast durchgehend den Ministerpräsidenten stellte.<br />
<br />
Die SPD versuchte als „konstruktive [[Opposition (Politik)|Opposition]]“ ihren Einfluss auf die Reichspolitik zu wahren, da sie fürchtete, durch häufige Regierungsbeteiligungen noch mehr enttäuschte Arbeiter-Wähler an die KPD zu verlieren. Ihre soziale Basis während der [[Weimarer Republik]] stellten vor allem die gewerkschaftlich organisierten Facharbeiter dar.<br />
<br />
Während des Aufstiegs der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] konnte die SPD zwar ihren Wählerstamm halten, den Stimmengewinnen der Nationalsozialisten, die zu einem Gutteil aus dem Nicht- und Jungwählerreservoir kamen, hatte sie allerdings wenig entgegenzusetzen. Aufgrund ihrer organisatorischen Verkrustung, der Unmöglichkeit einer Zusammenarbeit mit der KPD, von der die SPD als ''„sozialfaschistisch“'' bezeichnet wurde, und&nbsp;– mit Ausnahme des Zentrums&nbsp;– der Marginalisierung der bürgerlichen Parteien fand sie für den Widerstand gegen den heraufziehenden Nationalsozialismus keine Bündnispartner.<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! colspan="3" | Stimmenanteil der SPD bei der Wahl zur Nationalver-<br />sammlung 1919 und den Reichstagswahlen 1920–1933<ref>D. Petzina, W. Abelshauser, A. Faust: ''Sozialgeschichtliches Arbeitsbuch III: Materialien zur Statistik des Deutschen Reiches 1914–1945''. München, 1978. S. 174.</ref><br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! Jahr<br />
! Stimmen<br />
! Sitze<br />
|-<br />
| [[Wahl zur Deutschen Nationalversammlung|Januar 1919]] || align=center | 37,9 % || align=center | 163<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1920|Juni 1920]] || align=center | 21,7 % || align=center | 102<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl Mai 1924|Mai 1924]] || align=center | 20,5 % || align=center | 100<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl Dezember 1924|Dezember 1924]] || align=center | 26,0 % || align=center | 131<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1928|Mai 1928]] || align=center | 29,8 % || align=center | 153<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1930|September 1930]] || align=center | 24,5 % || align=center | 143<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl Juli 1932|Juli 1932]] || align=center | 21,6 % || align=center | 133<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl November 1932|November 1932]] || align=center | 20,4 % || align=center | 121<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1933|März 1933]] || align=center | 18,3 % || align=center | 120<br />
|-<br />
|}<br />
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Die [[Minderheitsregierung|Tolerierungspolitik]] der SPD-Reichstagsfraktion gegenüber der Regierung [[Heinrich Brüning|Brüning]] 1930 bis 1932 führte vor allem bei Teilen der Parteijugend und beim linken Parteiflügel zu anwachsender Kritik an Partei- und Fraktionsführung und mündete 1931 in der Abspaltung eines Teils der Parteilinken, welche sich als [[Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1931)|Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands]] (SAP) formierte.<br />
<br />
Durch den „[[Preußenschlag]]“ ihrer letzten Bastion beraubt, wahrten die Nein-Stimmen der SPD bei der Abstimmung über das [[Ermächtigungsgesetz]], die den wichtigsten Schritt der Nationalsozialisten bei der [[Machtergreifung|Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats]] auf formal legalem Wege darstellten, die Ehre der demokratischen Parteien, da alle anderen bürgerlichen Parteien diesem Gesetz zustimmten.<br />
<br />
Nachdem die Einrichtungen der Partei bereits beschlagnahmt waren und ein großer Teil des Parteivorstandes emigriert war, stimmte am 17.&nbsp;Mai 1933 eine Rumpfgruppe der SPD-Reichstagsfraktion unter dem Eindruck von Morddrohungen für die außenpolitische Erklärung [[Adolf Hitler]]s. Am 22.&nbsp;Juni wurde der SPD ein Betätigungsverbot ausgesprochen, in den darauf folgenden Tagen lösten sich alle anderen Parteien mit Ausnahme der NSDAP selbst auf. Am 7.&nbsp;Juli hob die ''Verordnung zur Sicherung der Staatsführung'' des Reichsinnenministers [[Wilhelm Frick#Mitwirkung bei der Gleichschaltung|Frick]] sämtliche SPD-Abgeordnetenmandate im Reichstag, in den Landtagen und Gemeindeparlamenten auf,<ref>[http://alex.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?apm=0&aid=dra&datum=19330007&seite=00000462&zoom=2 Text der ''Verordnung zur Sicherung der Staatsführung'' vom 7. Juli 1933] im [[Reichsgesetzblatt]] in retrodigitalisierter Form bei [[ALEX – Historische Rechts- und Gesetzestexte Online]]</ref> am 14.&nbsp;Juli schließlich folgte das ''Gesetz gegen die Neubildung von Parteien''.<ref>[http://www.verfassungen.de/de/de33-45/parteien33.htm Text des ''Gesetzes gegen die Neubildung von Parteien''] bei verfassungen.de</ref><br />
<br />
=== 1933 bis 1949: Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg, Nachkriegszeit ===<br />
[[Datei:Briefmarke Otto Wels 1973.jpg|miniatur|Briefmarke zum 100. Geburtstag von Otto Wels 1973 (Entwurf [[Karl Oskar Blase]])]]<br />
Am 22.&nbsp;März 1933&nbsp;– wenige Wochen nach seiner Amtsübernahme als Reichskanzler des Deutschen Reiches&nbsp;– stellte Adolf Hitler sein [[Ermächtigungsgesetz]] dem Reichstag vor. Diesen entscheidenden Schlag gegen die Verfassung und somit den Schritt zur Ausschaltung des Reichstags erkannte auch [[Otto Wels]] (Vorsitzender der SPD). Dieser kritisierte Hitler scharf und warf ihm Verfassungsbruch vor. Trotz des Wahlterrors durch die SA entschieden sich die 94 anwesenden SPD-Abgeordneten, die nicht verhaftet oder geflohen waren, geschlossen gegen die Gesetzesvorlage. Die restlichen anwesenden 444 Parlamentarier stimmten zu. Trotz des persönlichen Mutes Weniger konnte Hitler sein Ziel erreichen und die Parteien formell aus der Legislative entfernen.<br />
Die Sozialdemokraten gehörten während der [[Zeit des Nationalsozialismus]] zu den ersten Gruppierungen, die von den Nazis verfolgt wurden. Viele Mitglieder, die sich nicht ins Exil flüchten konnten oder wollten, starben in [[Konzentrationslager]]n und [[Zuchthaus|Zuchthäusern]].<br />
<br />
Eine Minderheit der Mitglieder der SPD leistete, teilweise als Mitglieder illegal weiter geführter Partei- oder [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichsbannerstrukturen]], teilweise in sich kritisch vom Parteivorstand abgrenzenden Gruppen wie [[Neu Beginnen]], den [[Revolutionäre Sozialisten Deutschlands|Revolutionären Sozialisten Deutschlands]], der [[Sozialistische Front|Sozialistischen Front]] oder dem [[Roter Stoßtrupp|Roten Stoßtrupp]] [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerstand gegen das NS-Regime]]. Einzelne bekannte SPD-Mitglieder wie [[Julius Leber]], [[Adolf Reichwein]] oder [[Wilhelm Leuschner]] waren an den Planungen, die zum [[Attentat vom 20. Juli 1944|Aufstandsversuch am 20.&nbsp;Juli 1944]] führten, beteiligt oder gehörten dem [[Kreisauer Kreis]] an. Das Gros der Parteimitglieder blieb gegenüber der [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen Ideologie]] resistent und bewahrte einen Zusammenhalt untereinander, war aber nicht an direkten Widerstandsaktivitäten beteiligt.<br />
Die Exilorganisation [[Sopade|SoPaDe]] wurde in Prag gegründet und verlegte ihren Sitz später nach Paris, danach nach London.<br />
<br />
Nach dem Krieg begann der Wiederaufbau der Partei mit der Gründung eines Zentralausschusses am 15.&nbsp;Juni 1945 in [[Berlin]] und örtlichen Initiativen in allen Landesteilen. Vorsitzender des Zentralausschusses war [[Otto Grotewohl]], andere prominente Vertreter waren [[Gustav Dahrendorf]], [[Annedore Leber]], [[Erich Gniffke|Erich W. Gniffke]] und [[Max Fechner]]. [[Kurt Schumacher]] arbeitete von Hannover aus gegen die Anerkennung des Zentralausschusses in Berlin als nationalem Sammelpunkt und strebte eine ausschließlich auf die [[Trizone|Westzonen]] beschränkte SPD an; Kontakte mit Sozialdemokraten in der [[Sowjetische Besatzungszone|SBZ]] hatte sein Büro nicht. Auf der [[Wennigsen (Deister)#SPD-Wiedergründung|Wennigser Konferenz]] in [[Wennigsen (Deister)|Wennigsen]] vom 5. bis 8.&nbsp;Oktober 1945 setzte Schumacher durch, dass der Zentralausschuss nur für die sowjetische Besatzungszone zuständig sein solle, und er als „Beauftragter für die Westzonen“ eingesetzt wurde. Nach Unterredungen und Briefwechseln zwischen Schumacher einerseits und [[Otto Brenner]] und [[Willi Eichler]] andererseits schlossen sich in den Westzonen weiterhin die meisten Mitglieder der von diesen repräsentierten Gruppen ''Sozialistische Arbeiterpartei'' (SAP) und [[Internationaler Sozialistischer Kampfbund]] (ISK) der SPD (wieder) an.<br />
<br />
Die KPD, deren neue, aus Moskau heimgekehrte Führung zunächst scharf gegen die spontanen Initiativen zur Bildung einer einheitlichen Arbeiterpartei vorgegangen war, änderte gegen Ende 1945 ihre Haltung und drängte die SPD zu einer Vereinigung der beiden Parteien, was durch Repressalien seitens der sowjetischen Besatzungsmacht bestärkt wurde. Die KPD wollte die Macht in Ostdeutschland, und die SPD hatte die erforderliche Basis von 600.000 Mitgliedern dazu. Otto Grotewohls Bemühen um einen deutschlandweiten Parteitag der SPD, der über dies Ansinnen einer Vereinigung beraten und entscheiden sollte, wurde von Schumacher entschieden zurückgewiesen. Die Wiedererrichtung der Partei im nationalen Rahmen sei erst möglich, nachdem eine gesamtdeutsche Regierung gebildet worden sei, so Schumacher. Stattdessen forderte er den Zentralausschuss auf, die SPD in der sowjetischen Besatzungszone aufzulösen, und eine separate SPD in den [[Viersektorenstadt|Westsektoren von Berlin]] zu bilden. Ersteres erreichte er nicht, letzteres organisierte er dann selber zusammen mit einigen Kreisvorsitzenden aus den Westsektoren.<br />
<br />
[[Datei:2 DM Kopseite Kurt Schumacher.jpg|miniatur|Kurt Schumacher, 1.&nbsp;Nachkriegsvorsitzender der SPD auf der 2-DM-Münze]]<br />
Auf dem Vereinigungsparteitag am 21. und 22. April 1946 kam es zu einer [[Zwangsvereinigung]] von SPD und KPD zur SED ([[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands]]) in der [[Sowjetische Besatzungszone|SBZ]].<ref>Walter 2009, S. 294.</ref> Dies geschah auf einem sogenannten „Vereinigungsparteitag“, auf dem manche Delegierte der SPD aus der SBZ und Delegierte der KPD aus ganz Deutschland unter Kontrolle der Sowjets standen. Zahlreiche ostdeutsche Sozialdemokraten, die sich dem Druck nicht beugen wollten, flohen in die Westzonen. Die [[SPD Berlin#Die SPD in Ost-Berlin|Ortsvereine der SPD im sowjetisch besetzten Sektor Berlins]], bestehend aus Mitgliedern, die sich nicht der SED angeschlossen hatten, existierten noch bis 1961.<ref>Vgl. Siegfried Heimann: ''Ostberliner Sozialdemokraten in den frühen fünfziger Jahren'' ([http://archiv.spd-berlin.de/geschichte/geschichte-der-spd-in-ost-berlin/siegfried-heimann-ostberliner-sozialdemokraten-in-den-fruehen-fuenfziger-jahren/ online])</ref> Im Zuge der Umwandlung der SED in eine „Partei neuen Typs“, bei der die nicht im Statut der SED vorgesehenen „Parteikonferenzen“ eine entscheidende Rolle spielten, wurden die in der SED verbliebenen Sozialdemokraten immer weiter in den Hintergrund gedrängt. Viele fielen den von [[Josef Stalin]] angeordneten [[Stalinsche Säuberungen|Säuberungen]] zum Opfer.<br />
<br />
Vom 9. bis 11. Mai 1946 fand in Hannover in einem Saal der [[Hanomag]] der erste Parteitag nach dem Kriegsende statt. Die 258 Delegierten stammten aus den drei Westzonen sowie aus den vier Berliner Sektoren. Die Ostzone war nicht vertreten. In seiner programmatischen Rede über ''Aufgaben und Ziele der deutschen Sozialdemokratie'' wiederholte Kurt Schumacher die Kritik an der Politik der KPD/SED und erhob für den Parteitag den Vertretungsanspruch für die Sozialdemokraten in der SBZ. Nach Schumachers Rede sprach [[Viktor Agartz]] über eine sozialistische Wirtschaftspolitik. Auf dem Parteitag, der zuvor das neue Organsationsstatur verabschiedet hatte, wählten die Delegierten Kurt Schumacher zum 1.&nbsp;Vorsitzenden und [[Erich Ollenhauer]] sowie [[Wilhelm Knothe]] zu stellvertretende Vorsitzenden.<ref>Siegfried Heimann: ''Gegen die Partei von Stalins Gnaden''. In: Vorwärts 05/2011, S. 32.</ref><br />
<br />
=== 1949 bis 1966: Opposition im Bundestag ===<br />
Bei den ersten [[Bundestagswahl 1949|Bundestagswahlen 1949]] in der westdeutschen [[Deutschland#Teilung und Wiedervereinigung (1949–1990)|Bundesrepublik Deutschland]] lag die SPD unter Führung [[Kurt Schumacher]]s nur knapp hinter der [[Unionsparteien|CDU/CSU]] unter der Führung [[Konrad Adenauer]]s, ging jedoch als Konsequenz aus diesem Ergebnis in die Opposition.<br />
<br />
In Westdeutschland stand die SPD der von der [[Bundesregierung (Deutschland)|Bundesregierung]] entworfenen [[Soziale Marktwirtschaft|sozialen Marktwirtschaft]] zunächst äußerst kritisch gegenüber und forderte die [[Verstaatlichung]] aller Grundstoffindustrien. Im Gegensatz zu Adenauers Politik der [[Westintegration]] stellte die SPD das [[Wiedervereinigungsgebot]] über eine zu enge Anlehnung an die [[Vereinigte Staaten|USA]] und Westeuropa. SPD-Konzeptionen zur [[Deutsche Frage#Deutsche Teilung (1945–1990)|Deutschlandpolitik]] aus dieser Zeit halten eine politische [[Neutralität (Internationale Politik)|Neutralität]] Deutschlands für möglich und sprechen sich strikt gegen eine [[Wiederbewaffnung]] des Landes aus.<br />
<br />
Nach für die Sozialdemokraten enttäuschenden Wahlergebnissen bei den [[Bundestagswahl 1953|Bundestagswahlen 1953]] und [[Bundestagswahl 1957|1957]], bei denen [[Erich Ollenhauer]] beide Male als [[Kanzlerkandidat]] Bundeskanzler Adenauer unterlag, deutete sich ein Politikwechsel an. Das [[Godesberger Programm]] von 1959 markierte programmatisch den praktisch längst vollzogenen Wandel von einer [[Marxismus|marxistischen]] [[Arbeiterpartei]] zur [[Volkspartei]]. Mit einer außenpolitischen Grundsatzrede Wehners akzeptierte die SPD 1960 schließlich die Westbindung und ließ ihren [[Deutschlandplan]] von 1959 fallen.<br />
<br />
Diese Öffnung wirkte sich bei den [[Bundestagswahl 1961|Bundestagswahlen 1961]] und [[Bundestagswahl 1965|1965]] positiv auf die Ergebnisse aus; ein weiterer Grund war, dass mit [[Berlin]]s [[Regierender Bürgermeister von Berlin|Regierendem Bürgermeister]] [[Willy Brandt]] ein neuer Spitzenkandidat aufgestellt wurde.<br />
<br />
=== 1966 bis 1969: Erste Große Koalition ===<br />
Im Rahmen der [[Große Koalition|Großen Koalition]] von 1966 bis 1969 stellte die SPD erstmals in der Nachkriegszeit [[Regierung]]smitglieder, sie war unter Bundeskanzler [[Kurt Georg Kiesinger|Kiesinger]] Juniorpartner mit [[Willy Brandt]] als [[Außenminister]]. Da die [[Freie Demokratische Partei|FDP]] zu dieser Zeit schon auf Grund ihrer geringen Sitzzahl kaum [[Opposition (Politik)|Oppositionsarbeit]] leisten konnte, entwickelte sich die zunehmend sozialistisch-revolutionär gesinnte [[außerparlamentarische Opposition]] der [[Deutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre|Studentenbewegung]], die organisatorisch vor allem vom Sozialistischen Deutschen Studentenbund ([[Sozialistischer Deutscher Studentenbund|SDS]]) getragen wurde. Vor allem in den Jahren 1967 und 1968 kam es im Zuge der [[Deutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre#1967/68: Höhepunkt der Mobilisierung|studentischen Proteste]] unter anderem gegen die geplante [[Notstandsgesetzgebung]] zu massiven [[Demonstration]]en und teilweise militanten Krawallen gegen die Regierung der Großen Koalition.<br />
<br />
=== 1969 bis 1982: Koalition mit der FDP ===<br />
[[Datei:Willy-brandt-und-richard-nixon 1-588x398.jpg|miniatur|links|Willy Brandt (links im Bild) bei einem Treffen mit dem US-Präsidenten Richard Nixon, 1971]]<br />
<br />
Auf Grund des Ergebnisses der [[Bundestagswahl 1969]] konnte die SPD zum ersten Mal den Bundeskanzler stellen. Willy Brandt bildete unter dem Motto ''„Mehr Demokratie wagen“'' eine [[sozialliberale Koalition]] mit der FDP und wurde daraufhin zum [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] gewählt.<br />
Unter [[Willy Brandt]] und, nach dessen Rücktritt 1974 in Folge der [[Guillaume-Affäre]], unter [[Helmut Schmidt]] folgte im Rahmen der [[Ostpolitik|Ostverträge]] eine Entspannungspolitik mit den Staaten des [[Warschauer Pakt]]es sowie ein umfangreiches Reformprogramm in der [[Rechtspolitik]], der [[Bildungspolitik]] und der [[Familienpolitik]].<br />
<br />
[[Datei:Schmidt.JPG|miniatur|hochkant|Helmut Schmidt, 1977]]<br />
Die ''[[neue Ostpolitik]]'' stieß bei einem Teil der Abgeordneten der Regierungskoalition auf Widerspruch. Einige von ihnen wechselten zur oppositionellen CDU/CSU, die Koalition verlor dadurch ihre Mehrheit. Der Versuch der Opposition, Willy Brandt 1972 mittels eines [[Konstruktives Misstrauensvotum (Deutschland)|konstruktiven Misstrauensvotums]] durch [[Rainer Barzel]] abzulösen, misslang allerdings überraschend. Heute weiß man, dass zwei Bundestagsmitglieder der Union durch die ostdeutsche [[Ministerium für Staatssicherheit|Stasi]] bestochen worden waren. Bei den darauf folgenden [[Bundestagswahl 1972|Neuwahlen]] errang die SPD den höchsten Stimmenanteil ihrer Geschichte und wurde erstmals stärkste [[Bundestagsfraktion]].<br />
<br />
Aufgrund der [[Guillaume-Affäre]], in der der enge Brandt-Mitarbeiter [[Günter Guillaume]] als [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]]-[[Spionage|Spion]] im [[Bundeskanzleramt (Deutschland)|Kanzleramt]] enttarnt wurde, trat Willy Brandt 1974 als Kanzler zugunsten Helmut Schmidts zurück, blieb aber Parteivorsitzender.<br />
<br />
Schmidt setzte sich bei den [[Bundestagswahl 1976|Bundestagswahlen 1976]] gegen [[Helmut Kohl]] und [[Bundestagswahl 1980|1980]] gegen [[Franz Josef Strauß]] durch. Zwar gingen aus beiden Wahlen die [[Unionsparteien]] als stärkste Kraft hervor, doch konnte die SPD zusammen mit der FDP die [[absolute Mehrheit]] der Bundestagsmandate erringen und somit die sozialliberale Koalition fortführen.<br />
<br />
Am 17. September 1982 kündigte die FDP die Koalition auf. Hinsichtlich der Ursachen für den Koalitionsbruch gibt es verschiedene politische Betrachtungsweisen.<br />
<br />
Die FDP selbst begründete den Koalitionsbruch mit der wirtschaftlichen Krise in der Bundesrepublik und steigenden [[Arbeitslosigkeit|Arbeitslosenzahlen]]. Zudem vertritt sie bis heute den Standpunkt, Helmut Schmidt habe seine eigene Fraktion nicht mehr geschlossen hinter sich bringen können (zum Beispiel beim [[NATO-Doppelbeschluss]]).<br />
<br />
Anderslautende Standpunkte, welche auch von der SPD geteilt wurden, sahen im Koalitionswechsel einen Wortbruch und Verrat der FDP gegenüber der SPD, die noch im Bundestagswahlkampf 1980 mit Schmidts Namen auf ihren Wahlplakaten geworben und nunmehr aus rein machttaktischen Gründen die Koalition verlassen habe.<br />
<br />
=== 1982 bis 1998: Wieder in der Opposition ===<br />
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F079283-0006, Münster, SPD-Parteitag, Vogel.jpg|miniatur|Hans-Jochen Vogel auf einem SPD-Parteitag, 1988]]<br />
Mit einem [[Misstrauensvotum|konstruktiven Misstrauensvotum]] wählten große Teile der FDP zusammen mit der CDU/CSU [[Helmut Kohl]] zum neuen Bundeskanzler.<br />
<br />
Die ersten Jahre in der Opposition waren von einer inhaltlichen Neujustierung der Partei und dem Ziel, sich inhaltlich der sich wandelnden Gesellschaft anzupassen, geprägt, wobei diese Neujustierung parteiintern bisweilen emotionale Debatten auslöste.<br />
<br />
Bei den [[Bundestagswahl 1983|Bundestagswahlen 1983]] und [[Bundestagswahl 1987|1987]] unterlagen ihre Kanzlerkandidaten [[Hans-Jochen Vogel]] und [[Johannes Rau]] gegen Helmut Kohl.<br />
<br />
Am 7. Oktober 1989 wurde in [[Oberkrämer|Schwante]] bei Berlin die [[Sozialdemokratische Partei in der DDR]] (SDP) gegründet, die am Vereinigungsparteitag am 26./27.&nbsp;September 1990 in der SPD aufging. Zu den Gründungsmitgliedern der SDP gehörten [[Angelika Barbe]], [[Martin Gutzeit]], [[Markus Meckel]], [[Stephan Hilsberg]] und [[Ibrahim Böhme]].<br />
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F074207-0016, Bonn, Ministerpräsidenten, Medienstaatsvertrag.jpg|miniatur|links|Oskar Lafontaine bei einer Beratung von Ministerpräsidenten, 1986 mit [[Johannes Rau]] in Bonn]]<br />
Saarlands Ministerpräsident [[Oskar Lafontaine]] kritisierte die geplante Ausdehnung des Geltungsbereichs der D-Mark zum 1. Juli in der DDR, da er im Falle der schnellen [[Währungsunion]] eine deutlich steigende Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland befürchtete.<ref>[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13507166.html Interview mit Oskar Lafontaine, „Eine eminente Fehlentscheidung“], in: [[Der Spiegel]] 22/1990, S. 26 ff.</ref> Zudem befürwortete er im Gegensatz zu Kohl<ref>{{Literatur| Autor=Helmut Kohl| Titel=Fernsehansprache von Bundeskanzler Kohl anlässlich des Inkrafttretens der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, 1. Juli 1990 | Sammelwerk=Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung | Nummer=86 | Jahr=1990 | Monat=Juli | Tag=3 | Seiten=741&nbsp;f. | Online=[http://www.helmut-kohl.de/index.php?msg=555 helmut-kohl.de]| Zugriff=September 2010}}</ref> eine Steuererhöhung<ref>Brigitte Beier: Die Chronik der Deutschen. wissenmedia Verlag, 2007, S. 450</ref>, da seiner Ansicht nach sonst eine Finanzierung der deutschen Einheit ohne stark steigende Staatsverschuldung nicht möglich wäre. Entgegen dem stand der SPD-Vorsitzende und innerparteiliche Konkurrent [[Hans-Jochen Vogel]] mit einer positiven Haltung zur Währungsreform. Eine skeptische Haltung zur schnellen wirtschaftlichen Wiedervereinigung erhielt in der Partei und den Umfragen zunächst Zuspruch und im Januar 1990 erzielte die SPD bei den [[Saarland#Landtagswahlen|Landtagswahlen im Saarland 1990]] unter Lafontaine mit 54,4 % zudem ihr bis heute bestes Ergebnis im Saarland. Lafontaine wurde daraufhin im März mit deutlicher Zustimmung, auch von Hans-Jochen Vogel, zum Kanzlerkandidat der SPD gekürt.<br />
<br />
Die Situation änderte sich für die SPD jedoch mit dem Einigungsprozess, während dem Lafontaine aufgrund eines Attentates, bei dem er lebensgefährlich verletzt wurde, zudem zeitweise ausfiel. Kanzler Helmut Kohl erhielt wegen seiner Außenpolitik, unter anderem nach dem Staatsbesuch bei Gorbatschow und der Unterzeichnung des [[Zwei-plus-Vier-Vertrag]]es, durchgängig Lob von den Medien und die SPD-Kandidatur wurde bereits als aussichtslos beurteilt.<ref>Vgl. die Zusammenfassung der Medienberichterstattung in: Christian Chmel, ''Die deutschlandpolitischen Positionen von Helmut Kohl und Oskar Lafontaine im Bundestagswahlkampf 1990: Chronologie und Analyse'', Grin Akademische Schriftenreihe, 2008, [http://books.google.de/books?id=lnVfqsDINXMC&pg=PA94&dq=spd+lafontaine+wiedervereinigung&hl=de&ei=RRWJTM24BanT4waoipXSBA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=2&ved=0CC8Q6AEwAQ#v=onepage&q=spd%20lafontaine%20wiedervereinigung&f=false S. 93].</ref> In dieser Aufbruchstimmung folgten Medien und Wähler, insbesondere in Ostdeutschland, zu einem großen Teil dem optimistischen Vorstellungen („[[Blühende Landschaften]]“) der Regierung. Zusätzlich ergab sich für die SPD im Osten das Problem, dass sie im Wahlkampf von Medien als SED-nahe dargestellt wurde. Angesichts der Situation setzte auch [[Richard Schröder (Theologe)|Richard Schröder]] als Fraktionsvorsitzender der Ost-SPD auf Tempo bei der Realisierung einer Währungsunion um die Einheit schnellstmöglich zu erreichen.<ref>Richard Schröder: ''Die wichtigsten Irrtümer über die deutsche Einheit.'' Freiburg im Breisgau 2007, S. 115.</ref> Auch Willy Brandt änderte seine zuvor skeptische Haltung und begrüßte die schnelle Vereinigung: „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“. Die Sozialdemokratische Partei erzielte nichtsdestotrotz in der DDR bei der [[Volkskammerwahl 1990|Wahl zur Volkskammer]] am 18. März 1990 nur 21,7&nbsp;Prozent der Stimmen; sie beteiligte sich danach vom 12. April bis 20. August 1990 als Juniorpartner an der ersten [[Freie Wahl|freien]] und demokratisch gewählten Regierung der DDR unter Ministerpräsident [[Lothar de Maizière]] (CDU). Im wiedervereinigten Deutschland unterlag sie bei der ersten gesamtdeutschen [[Bundestagswahl 1990]] mit 33,5 % der Stimmen der schwarz-gelben Koalition.<br />
<br />
Innerparteilich umstritten waren ebenfalls die Positionen zum [[Asylrecht (Deutschland)|Asylrecht]] und zu [[Auslandseinsätze der Bundeswehr|Auslandseinsätzen der Bundeswehr]], wobei in den Medien die Position für die Einschränkungen des Rechtes und der Zustimmung zu den Einsätzen überwog. Mit der sogenannten [[Petersberger Wende]] stimmte die SPD schlussendlich der Begrenzung der Asylberwerberzahlen und Bundeswehr-Auslandseinsätzen zu.<br />
<br />
Der zwischenzeitliche Kanzlerkandidat und Parteivorsitzende [[Björn Engholm]] trat 1993 vorzeitig von seinen Ämtern zurück, nachdem bekannt wurde, dass er im Rahmen der [[Barschel-Affäre]] eine Falschaussage machte (siehe auch „[[Schubladenaffäre]]“). Infolgedessen wurde das erste Mal eine Mitgliederbefragung über den Parteivorsitz unter den Mitgliedern durchgeführt, die [[Rudolf Scharping]] vor [[Gerhard Schröder]] und [[Heidemarie Wieczorek-Zeul]] gewann.<br />
<br />
Kanzlerkandidat Scharping trat im Wahlkampf zusammen mit [[Gerhard Schröder]] und Oskar Lafontaine als sogenannte [[Troika (Führungsspitze)|Troika]] an. Bestimmende Themen des Regierungsprogramms zur Wahl waren unter anderem Pläne zur Verringerung der Arbeitslosigkeit und die Entwicklung hin zu einer „ökologischen Marktwirtschaft“. Die SPD kritisierte auch explizit, dass die Kosten der Einheit zu einem großen Teil den Sozialversicherungen aufgetragen wurden und wandte sich gegen Privatisierungspläne im Gesundheitswesen.<ref>[http://library.fes.de/pdf-files/bibliothek/retro-scans/fa94-02358.pdf Reformen für Deutschland: das Regierungsprogramm der SPD] – [Electronic ed.], Bonn 1994</ref> Bei der [[Bundestagswahl 1994]] erhielt die SPD 36,4 % der Stimmen. Sie konnte somit ihre Stimmen vermehren, aber trotz der, nach der ernüchternden Entwicklung der Einheit, deutlich gesunkenen Popularität von Kohl keine Mehrheit erreichen. 1995 unterlag Scharping dann bei der Abstimmung um den Parteivorsitz dem damaligen saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine.<br />
<br />
=== 1998 bis 2005: Rot-Grün und Bundeskanzler Gerhard Schröder ===<br />
[[Datei:Gerhardschroeder.jpg|miniatur|[[Gerhard Schröder]] bei einer Wahlkampfrede zur Bundestagswahl 2005]]<br />
Erst bei der [[Bundestagswahl 1998]] gelang der SPD mit dem damaligen [[Ministerpräsident]]en [[Niedersachsen]]s, [[Gerhard Schröder]], als Kanzlerkandidat die Rückkehr an die [[Regierung]], diesmal in einer [[Rot-Grüne Koalition|rot-grünen Koalition]] mit [[Bündnis 90/Die Grünen]].<br />
<br />
Bei der [[Bundestagswahl 2002]] konnte sich Bundeskanzler Schröder gegen den Kanzlerkandidaten der Union und bayerischen [[Ministerpräsident]]en [[Edmund Stoiber]] ([[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]]) durchsetzen. Die Koalition gewann mit 1,2&nbsp;Prozentpunkten Vorsprung gegenüber der Union und der FDP, während die PDS an der [[Fünf-Prozent-Hürde]] scheiterte. Trotz der annähernd gleichen Anzahl an Zweitstimmen mit den Unionsparteien (SPD: 18.488.668; CDU/CSU: 18.482.641) stellte die SPD auf Grund von Überhangmandaten knapp die stärkste Bundestagsfraktion.<ref>[http://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/fruehere_bundestagswahlen/btw2002.html Wahl zum 15. Deutschen Bundestag am 22. September 2002]</ref><br />
<br />
Nach verlorenen [[Landesparlament|Landtagswahlen]] erhielt die SPD bei der Europawahl am 13.&nbsp;Juni 2004 mit 21,5&nbsp;Prozent ihr bis dahin niedrigstes Ergebnis in einer bundesweiten Wahl seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Stammwähler fühlten sich durch die Politik der „[[Agenda 2010]]“ verprellt und blieben der Wahl fern. Viele andere nahmen den Kurs der SPD, der nicht nur in anderen Parteien, sondern auch in der Mitgliederschaft der SPD selbst auf Kritik stieß, als zerstritten wahr. Der seit Anfang der 1980er anhaltende Mitgliederschwund beschleunigte sich. Teile des linken, [[gewerkschaft]]snahen Flügels spalteten sich nach hitzigen Debatten ab und gründeten 2004 zuerst den Verein [[Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit]], aus dem im Januar 2005 eine neue Partei, [[Arbeit & soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative|WASG]], entstand, die politisch links von der „[[Politisches Spektrum#Sozialdemokratie|Neue Mitte]]“-SPD angesiedelt war.<br />
<br />
Am 25.&nbsp;Mai 2005, unmittelbar nach der von der SPD verlorenen Landtagswahl in [[Nordrhein-Westfalen]] (NRW), trat der ehemalige Parteivorsitzende [[Oskar Lafontaine]] wegen der nach seiner Auffassung mit den Grundsätzen der Sozialdemokratie nicht zu vereinbarenden Regierungspolitik ([[Agenda 2010]], [[Hartz-Konzept|Hartz IV]]) aus der SPD aus und wurde wenige Wochen später Mitglied der [[Arbeit & soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative|WASG]], nachdem diese ein Linksbündnis mit der [[Partei des Demokratischen Sozialismus|PDS]] für die Bundestagswahl im Herbst 2005 eingegangen war.<br />
<br />
Eine vorzeitige Bundestagswahl war vom Bundeskanzler und der SPD-Parteispitze nach der Niederlage bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen angekündigt worden. Die Ziele der SPD für die Wahlen am 18.&nbsp;September 2005 waren: Weiterführung der [[Reform]]en unter Berücksichtigung sozialer Aspekte und der Verbleib in der Regierung.<br />
<br />
=== 2005 bis 2009: Zweite Große Koalition ===<br />
[[Datei:Muente kirchentag.jpg|miniatur|hochkant|[[Franz Müntefering]]: Vizekanzler sowie Minister für Arbeit und Soziales (2005–2007)]]<br />
[[Datei:Frank-Walter Steinmeier 20090902-DSCF9761.jpg|miniatur|hochkant|[[Frank-Walter Steinmeier]]: Außenminister (2005–2009) und Vizekanzler (2007–2009)]]<br />
Nachdem die SPD bei der [[Bundestagswahl 2005|herbeigeführten Bundestagswahl]] annähernd so stark wie die Unionsparteien geworden war und die Union zusammen mit der FDP keine Koalition bilden konnte, haben sich CDU, CSU und SPD nach langen Sondierungsgesprächen auf eine Große Koalition unter [[Angela Merkel]] als Bundeskanzlerin geeinigt.<br />
<br />
Zuvor waren auch andere Koalitionen im Gespräch gewesen. So wurde eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP sowie die sogenannte Jamaika-Koalition zwischen CDU/CSU, FDP und den Grünen diskutiert. Eine rot-rot-grüne Koalition aus SPD, Linkspartei und Bündnis 90/Die Grünen wurde von allen Parteien ausgeschlossen.<br />
<br />
Nach der erfolgreichen Unterzeichnung des Koalitionsvertrages wurden von der von 397 Abgeordneten des [[Deutscher Bundestag|Deutschen Bundestages]] gewählten Kanzlerin Angela Merkel acht Minister der SPD vorgeschlagen, die in die [[Große Koalition]] gingen, darunter [[Franz Müntefering]] als Arbeitsminister und [[Vizekanzler (Deutschland)|Vizekanzler]]. Nach der Ernennung durch [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsident]] [[Horst Köhler]] bildeten die 8 Bundesminister der SPD nun mit den 7 anderen Bundesministern der Union und der Bundeskanzlerin Merkel das [[Kabinett Merkel I|erste Kabinett Merkel]].<br />
<br />
Der brandenburgische Ministerpräsident [[Matthias Platzeck]], der nach einem parteiinternen Streit um die Wahl des Generalsekretärs den Parteivorsitz von Franz Müntefering übernommen hatte, trat am 10.&nbsp;April 2006 nach fünf Monaten aus gesundheitlichen Gründen als Vorsitzender der SPD zurück. Sein Nachfolger wurde der bisherige stellvertretende Vorsitzende, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident [[Kurt Beck]].<br />
<br />
Kurt Beck erklärte am 7. September 2008 im Rahmen einer Klausurtagung der Parteiführung seinen Rücktritt als Parteivorsitzender. Sein Stellvertreter [[Frank-Walter Steinmeier]], der am selben Tag als Kanzlerkandidat für die [[Bundestagswahl 2009]] nominiert worden war, übernahm kommissarisch den Parteivorsitz, bis der vom Parteipräsidium nominierte Franz Müntefering auf einem Sonderparteitag zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde.<ref>{{Tagesschau|ID=spd370|Beschreibung=Meldung auf tagesschau.de|AlteURL=http://www.tagesschau.de/inland/spd370.html}} abgerufen am 7. September 2008</ref><br />
<br />
=== Seit 2009: Erneute Opposition ===<br />
Bei der Bundestagswahl am 27. September 2009 sackte die SPD von 34,2 auf 23,0 Prozent der Stimmen ab, so dass eine Mehrheit für eine Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP möglich wurde. Infolge der Wahlniederlage erklärte der Parteivorsitzende Franz Müntefering seinen Rücktritt zum Parteitag im November 2009. Zu seinem Nachfolger wurde der ehemalige Bundesumweltminister [[Sigmar Gabriel]] gewählt, die bisherige stellvertretende Parteivorsitzende [[Andrea Nahles]] wurde neue Generalsekretärin. Die ehemaligen Bundesminister [[Peer Steinbrück]] und [[Frank-Walter Steinmeier]] schieden als stellvertretende Parteivorsitzende ebenfalls aus, die Nachfolge traten [[Manuela Schwesig]], [[Klaus Wowereit]], [[Olaf Scholz]] und [[Hannelore Kraft]] an. Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier wurde hingegen bereits zwei Tage nach der Bundestagswahl zum neuen Fraktionsvorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion gewählt.<br />
<br />
== Bundestagswahlergebnisse seit 1949 ==<br />
[[Datei:SPD-Bundestagswahlergebnisse_(1949-2009).svg|miniatur|links|hochkant=2.0|Grafische Übersicht über die Wahlergebnisse]]<br />
[[Datei:Bundestag 2009 SPD.svg|miniatur|250px|Zweitstimmenanteil der SPD bei der Bundestagswahl 2009 nach Wahlkreisen]]<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! colspan="5" | Bundestagswahlergebnisse<ref>[http://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen Ergebnisse der Bundestagswahlen]</ref><br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! Jahr<br />
! Stimmenanzahl<br />
! Stimmenanteil<br />
! Sitze<br />
! Kanzlerkandidat<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1949|1949]] || align=center | 6.934.975 || align=center | 29,2 % || align=center | 131 || align=center | [[Kurt Schumacher]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1953|1953]] || align=center | 7.944.943 || align=center | 28,8 % || align=center | 151 || align=center | [[Erich Ollenhauer]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1957|1957]] || align=center | 9.495.571 || align=center | 31,8 % || align=center | 169 || align=center | Erich Ollenhauer<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1961|1961]] || align=center | 11.427.355 || align=center | 36,2 % || align=center | 190 || align=center | [[Willy Brandt]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1965|1965]] || align=center | 12.813.186 || align=center | 39,3 % || align=center | 202 || align=center | Willy Brandt<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1969|1969]] || align=center | 14.065.716 || align=center | 42,7 % || align=center | 224 || align=center | Willy Brandt<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1972|1972]] || align=center | 17.175.169 || align=center | 45,8 % || align=center | 230 || align=center | Willy Brandt<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1976|1976]] || align=center | 16.099.019 || align=center | 42,6 % || align=center | 214 || align=center | [[Helmut Schmidt]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1980|1980]] || align=center | 16.260.677 || align=center | 42,9 % || align=center | 218 || align=center | Helmut Schmidt<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1983|1983]] || align=center | 14.865.807 || align=center | 38,2 % || align=center | 193 || align=center | [[Hans-Jochen Vogel]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1987|1987]] || align=center | 14.025.763 || align=center | 37,0 % || align=center | 186 || align=center | [[Johannes Rau]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1990|1990]] || align=center | 15.545.366 || align=center | 33,5 % || align=center | 239 || align=center | [[Oskar Lafontaine]]<br />
|- <br />
| [[Bundestagswahl 1994|1994]] || align=center | 17.140.354 || align=center | 36,4 % || align=center | 252 || align=center | [[Rudolf Scharping]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1998|1998]] || align=center | 20.181.269 || align=center | 40,9 % || align=center | 298 || align=center | [[Gerhard Schröder]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 2002|2002]] || align=center | 18.488.668 || align=center | 38,5 % || align=center | 251 || align=center | Gerhard Schröder<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 2005|2005]] || align=center | 16.194.665 || align=center | 34,2 % || align=center | 222 || align=center | Gerhard Schröder<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 2009|2009]] || align=center | 9.990.488 || align=center | 23,0 % || align=center | 146 || align=center | [[Frank-Walter Steinmeier]]<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
== Europawahlergebnisse seit 1979 ==<br />
[[Datei:Martin Schulz 2009.jpg|miniatur|Der Beauftragte des SPD-Vorstandes für die Europäische Union und Vorsitzende der [[Fraktion im Europäischen Parlament|Fraktion]] der [[Sozialdemokratische Partei Europas|Sozialdemokratischen Partei Europas]] (SPE) Martin Schulz (2009)]]<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! colspan="5" | Europawahlergebnisse<ref>[http://www.bundeswahlleiter.de/de/europawahlen Ergebnisse der Europawahlen]</ref><br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! Jahr<br />
! Stimmenanzahl<br />
! Stimmenanteil<br />
! Sitze<br />
|-<br />
| [[Europawahl 1979|1979]] || align=center | 11.370.045 ||align=center | 40,8 % || align=center | 35 <br />
|-<br />
| [[Europawahl 1984|1984]] || align=center | 9.296.417 || align=center | 37,4 % || align=center | 33 <br />
|-<br />
| [[Europawahl 1989|1989]] || align=center | 10.525.728 || align=center | 37,3 % || align=center | 31 <br />
|-<br />
| [[Europawahl 1994|1994]] || align=center | 11.389.697 || align=center | 32,2 % || align=center | 40 <br />
|-<br />
| [[Europawahl 1999|1999]] || align=center | 8.307.085 || align=center | 30,7 % || align=center | 33 <br />
|-<br />
| [[Europawahl 2004|2004]] || align=center | 5.547.971 ||align=center | 21,5 % || align=center | 23 <br />
|-<br />
| [[Europawahl 2009|2009]] || align=center | 5.472.566 || align=center | 20,8 % || align=center | 23 <br />
|-<br />
|}<br />
<br />
== Parteivorsitzende und Generalsekretäre ==<br />
{{Zeitleiste SPD-Vorsitzende seit 1946}}<br />
<br />
=== Parteivorsitzende ===<br />
{| class="wikitable"<br />
|- valign="top" style="text-align: left;"<br />
! bgcolor="#EEEEE0" colspan="2" width="40%" height="20"|Name<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Beginn der Amtszeit<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Ende der Amtszeit<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Anmerkungen<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! colspan="5" | Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP)<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|-<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Wilhelm Hasenclever]]<br />[[Georg Wilhelm Hartmann]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1875<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1876<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Wilhelm Liebknecht]]<br />[[August Bebel]]<br />Wilhelm Hasenclever<br />Georg Wilhelm Hartmann<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1876<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1878<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Zentralkomitee<br />
|-<br />
|- valign="top" style="text-align: left;"<br />
|-<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! colspan="5" | ''Verbot durch die [[Sozialistengesetz]]e 1878–1890''<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! colspan="5" | Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|-<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Paul Singer (Politiker)|Paul Singer]]<br />[[Alwin Gerisch]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1890<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1892<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[August Bebel]]<br />Paul Singer<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1892<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1911<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |August Bebel<br />[[Hugo Haase]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1911<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1913<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Friedrich Ebert]]<br />Hugo Haase <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1913<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1916<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Haase spaltete sich 1916 mit USPD ab<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Friedrich Ebert.jpg|rand|x70px|Friedrich Ebert]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Friedrich Ebert<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1916<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1917<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Friedrich Ebert<br />[[Philipp Scheidemann]] <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1917<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1919<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hermann Müller (Reichskanzler)|Hermann Müller]]<br />[[Otto Wels]] <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1919<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1922<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Hermann Müller<br />Otto Wels<br />Arthur Crispien<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1922<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1928<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Crispien wurde im September als Vertreter der rückkehrenden USPD-Mitglieder nachgewählt.<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Otto Wels<br />Arthur Crispien<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1928<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1931<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Otto Wels<br />Arthur Crispien<br />[[Hans Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1931<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1933<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! colspan="5" | ''Vorsitzende im Exil 1933–1945''<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|-<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Otto Wels<br />Hans Vogel<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1933<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1939<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Hans Vogel<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1939<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1945<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
|-<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! colspan="5" | ''Nachkriegszeit''<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|-<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80"bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-19204-3150, Otto Grotewohl.jpg|rand|x70px|Otto Grotewohl]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Otto Grotewohl]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1945<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1946<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Vorsitzender eines Zentralkomitees, beanspruchte deutschlandweite Autorität, Vorsitzender der SPD in der [[Sowjetische Besatzungszone|sowjetischen Besatzungszone]], betrieb 1946 die Vereinigung mit der [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]] zur [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:SchumacherKurt.jpg|rand|x70px|Kurt Schumacher]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kurt Schumacher]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1945<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1946<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Vorsitzender der SPD in der [[Britische Besatzungszone|britischen Besatzungszone]] widersetzte sich Grotewohls Ansprüchen und betrieb die Gründung der SPD in den Westzonen.<br />
|-<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! colspan="5" | ''Vorsitzende der SPD in Westdeutschland 1946–1990''<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|-<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: DBP 1972 738 Kurt Schumacher.jpg|rand|x70px|Kurt Schumacher]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kurt Schumacher]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |11. Mai 1946<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |20. August 1952<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Erich Ollenhauer 1-1.jpg|rand|x70px|Erich Ollenhauer]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Erich Ollenhauer]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |27. September 1952<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |14. Dezember 1963<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Erster Vorsitzender der SPD in der DDR<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F057884-0009, Willy Brandt.jpg|rand|x70px|Willy Brandt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Willy Brandt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |16. Februar 1964<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |14. Juni 1987<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F079283-0026, Münster, SPD-Parteitag, Vogel.jpg|rand|x70px|Hans-Jochen Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hans-Jochen Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |14. Juni 1987<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |26. September 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Vereinigung mit der ostdeutschen SDP/SPD am 27. September 1990<br />
|-<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! colspan="5" | ''Vorsitzende der wiedergegründeten SDP/SPD in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] 1989–1990''<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0215-304, Stephan Hilsberg.jpg|rand|x70px| Stephan Hilsberg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Stephan Hilsberg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |7. Oktober 1989<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |23. Februar 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Erster Sprecher der SDP, ab dem 13. Januar 1990 der SPD<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0222-016, Leipzig, SPD-Parteitag, Ibrahim Böhme.jpg|rand|x70px|Ibrahim Böhme]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Ibrahim Böhme]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |23. Februar 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1. April 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Vorsitzender der SPD in der DDR<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0215-307, Markus Meckel.jpg|rand|x70px|Markus Meckel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Markus Meckel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |8. April 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |9. Juni 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Interimsvorsitzender<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv Bild 183-1990-0421-300, Wolfgang Thierse.jpg|rand|x70px|Wolfgang Thierse]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Wolfgang Thierse]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |9. Juni 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |26. September 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Vereinigung mit der westdeutschen SPD am 27. September 1990<br />
-<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! colspan="5" | ''Vorsitzende der SPD (seit 1990)''<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F079283-0006, Münster, SPD-Parteitag, Vogel.jpg|rand|x70px| Hans-Jochen Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hans-Jochen Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |27. September 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |29. Mai 1991<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F080691-0010, Björn Engholm.jpg|rand|x70px|Björn Engholm]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Björn Engholm]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |29. Mai 1991 <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |3. Mai 1993<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F073494-0025, Bundespressekonferenz, Bundestagswahlkampf, Rau.jpg|rand|x70px|Johannes Rau]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Johannes Rau]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |3. Mai 1993<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |25. Juni 1993<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |kommissarischer Vorsitzender<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Rudolf Scharping DM-Mannheim 2005-06-26.jpg|rand|x70px|Rudolf Scharping]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Rudolf Scharping]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |25. Juni 1993 <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |16. November 1995<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F079276-0010 Lafontaine (cropped).jpg|rand|x70px|Oskar Lafontaine]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Oskar Lafontaine]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |16. November 1995 <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |12. März 1999<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Gerhard Schroeder MUC-20050910-01.jpg|rand|x70px|Gerhard Schröder]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Gerhard Schröder]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |12. März 1999<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |21. März 2004<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Franz muentefering crop.jpg|rand|x70px|Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |21. März 2004 <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |15. November 2005<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Matplatzeck.jpg |rand|x70px|Matthias Platzeck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Matthias Platzeck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |15. November 2005<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |10. April 2006<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Kurt Beck 001.jpg|rand|x70px|Kurt Beck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kurt Beck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |10. April 2006<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |7. September 2008<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Frank-Walter Steinmeier 02.jpg|rand|x70px|Frank-Walter Steinmeier]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Frank-Walter Steinmeier]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |7. September 2008<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |18. Oktober 2008<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |kommissarischer Vorsitzender<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Franz Müntefering 2009 Augsburg 1.jpg|rand|x70px|Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |18. Oktober 2008<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |13. November 2009<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Sigmar Gabriel 2010 freigestellt.jpg |rand|x70px| Sigmar Gabriel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Sigmar Gabriel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |13. November 2009<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|}<br />
<br />
=== Ehrenvorsitzender ===<br />
<br />
{| class="wikitable" width="65%" style="margin-right:0px;"<br />
|- valign="top" style="text-align: left;"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! bgcolor="#EEEEE0" colspan="2" width="40%" height="20"|Name<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Beginn der Amtszeit<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Ende der Amtszeit<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F079282-0022, Münster, SPD-Parteitag, Willy Brandt.jpg|rand|x70px|Willy Brandt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Willy Brandt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |14. Juni 1987<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |† 8. Oktober 1992<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
=== Generalsekretäre ===<br />
<br />
{| class="wikitable" width="65%" style="margin-right:0px;"<br />
|- valign="top" style="text-align: left;"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! bgcolor="#EEEEE0" colspan="2" width="40%" height="20"|Name<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Beginn der Amtszeit<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Ende der Amtszeit<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Munte2001.jpg|rand|x70px|Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |7. Dezember 1999<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |20. Oktober 2002<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Olafscholz.jpg|rand|x70px|Olaf Scholz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Olaf Scholz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |20. Oktober 2002<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |21. März 2004<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Benneter klaus uwe berlin politikerschachturnier 20101106.jpg|rand|x70px|Klaus Uwe Benneter]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Klaus Uwe Benneter]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |21. März 2004<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |15. November 2005<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Hubertus Heil 2009-06-03.jpg|rand|x70px|Hubertus Heil]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hubertus Heil]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |15. November 2005<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |13. November 2009<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Andrea Nahles 2010-5, Speyer, Naturfreundehaus.jpg|rand|x70px|Andrea Nahles]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Andrea Nahles]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |13. November 2009<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |''amtierend''<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
== Vorsitzende der [[SPD-Bundestagsfraktion]] ==<br />
<br />
{| class="wikitable" width="65%" style="margin-right:0px;"<br />
|- valign="top" style="text-align: left;"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! bgcolor="#EEEEE0" colspan="2" width="40%" height="20"|Name<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Beginn der Amtszeit<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Ende der Amtszeit<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Kurt Schumacher.jpg|rand|x70px|Kurt Schumacher]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kurt Schumacher]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1949<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1952<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-21272-0001, Erich Ollenhauer.jpg|rand|x70px| Erich Ollenhauer]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Erich Ollenhauer]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1952<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1963<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F091472-0004A, Bundestag, Lesung Pariser Verträge.jpg|rand|x70px|Fritz Erler]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Fritz Erler]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1964 <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1967<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F048644-0035, Dortmund, SPD-Parteitag, Helmut Schmidt.jpg|rand|x70px| Helmut Schmidt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Helmut Schmidt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1967<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1969<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F048649-0037, Dortmund, SPD-Parteitag, Wehner.jpg|rand|x70px|Herbert Wehner]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Herbert Wehner]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1969 <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1983<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F079283-0010, Münster, SPD-Parteitag, Vogel.jpg|rand|x70px| Hans-Jochen Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hans-Jochen Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1983<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1991<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F055059-0030, Köln, SPD-Parteitag, Klose.jpg|rand|x70px|Hans-Ulrich Klose]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hans-Ulrich Klose]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1991<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1994<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Scharping.jpg|rand|x70px|Rudolf Scharping]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Rudolf Scharping]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1994<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1998<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Peter-struck2.jpg|rand|x70px|Peter Struck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Peter Struck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1998<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |2002<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Ludwig Stiegler.jpg|rand|x70px|Ludwig Stiegler]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Ludwig Stiegler]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Juli 2002<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Oktober 2002<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Muente kirchentag.jpg|rand|x70px|Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |2002<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |2005<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Peter Struck.jpg|rand|x70px|Peter Struck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Peter Struck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |2005<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |2009<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Frank-Walter Steinmeier 0918.jpg|rand|x70px|Frank-Walter Steinmeier]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Frank-Walter Steinmeier]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |2009<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |''amtierend''<br />
|}<br />
<br />
== Amtierende Regierungschefs der SPD in den Ländern ==<br />
<br />
Die SPD stellt derzeit sieben [[Ministerpräsident|Ministerpräsidenten/Ministerpräsidentinnen]] bzw. (in den Stadtstaaten) [[Bürgermeister]].<br />
<br />
{| class="wikitable" width="80%" style="margin-right:0px;"<br />
|- valign="top" style="text-align: left;"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! bgcolor="#EEEEE0" colspan="2" width="30%" height="20"|Name<br />
! bgcolor="#EEEEE0" colspan="3" width="30%"|Land<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="17%"|Beginn der Amtszeit<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="21%"|Kabinett bzw. Senat<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="21%"|Landtagsfraktionen<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Wowereit.jpg|rand|x70px|Klaus Wowereit]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Klaus Wowereit]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="3%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage Berlins.svg|25px|]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="3%" height="30"|[[Datei:Coat of arms of Berlin.svg|x34px|Landeswappen Berlin]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Berlin]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |16. Juni 2001<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Senat Wowereit III]]<br />
| rowspan="7" bgcolor="#FFFFFF" | [[Datei:SPD Landtage.svg|300px]]{{Farblegende|#8c0000|SPD stellt den Regierungschef}} {{Farblegende|#d40000|SPD ist Juniorpartner in der [[Regierungskoalition]]}} {{Farblegende|#fb4646|SPD ist in der Opposition}}<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Matthias-platzeck-ebw-01.jpg|rand|x70px|Matthias Platzeck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Matthias Platzeck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Brandenburg.svg|25px|Brandenburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Brandenburg Wappen.svg|x34px|Landeswappen Brandenburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Brandenburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |26. Juni 2002<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kabinett Platzeck III]]<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Jens-Böhrnsen-2.jpg|rand|x70px|Jens Böhrnsen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Jens Böhrnsen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Bremen.svg|25px|Bremen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Bremen Wappen(Mittel).svg|x34px|Landeswappen Bremen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Bremen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |8. November 2005<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Senat Böhrnsen II]]<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Olaf Scholz, August 2009 - by SPD-Schleswig-Holstein.jpg|rand|x70px|Olaf Scholz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Olaf Scholz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Hamburg.svg|25px|Hamburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Coat of arms of Hamburg.svg|x34px|Landeswappen Hamburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hamburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |7. März 2011<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Senat Scholz]]<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Erwin Sellering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Mecklenburg-Vorpommern.svg|25px|Mecklenburg-Vorpommern]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Coat of arms of Mecklenburg-Western Pomerania (great).svg|x34px|Mecklenburg-Vorpommern]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Mecklenburg-Vorpommern]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |6. Oktober 2008<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kabinett Sellering]]<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Hannelorekraft.jpg|rand|x70px|Hannelore Kraft]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hannelore Kraft]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Nordrhein-Westfalen.svg|25px|Nordrhein-Westfalen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Coat of arms of North Rhine-Westfalia.svg|x34px|Landeswappen Nordrhein-Westfalen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Nordrhein-Westfalen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |14. Juli 2010<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kabinett Kraft]]<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Kurt Beck im Ostasieninstitut.jpg|rand|x70px|Kurt Beck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kurt Beck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Rheinland-Pfalz.svg|25px|Rheinland-Pfalz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Coat of arms of Rhineland-Palatinate.svg|x34px|Landeswappen Rheinland-Pfalz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Rheinland-Pfalz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |26. Oktober 1994<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kabinett Beck V]]<br />
|}<br />
<br />
Die SPD ist außerdem an folgenden Regierungen als kleinerer Partner in einer [[Große Koalition|großen Koalition]] beteiligt: [[Reiner Haseloff]] (CDU) ([[Sachsen-Anhalt]]) mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten [[Jens Bullerjahn]] und [[Christine Lieberknecht]] (CDU) ([[Thüringen]]) mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten [[Christoph Matschie]]. Zudem stellt sie in [[Baden-Württemberg]] unter [[Winfried Kretschmann]] (Bündnis 90/Die Grünen) den Juniorpartner in einer [[Rot-grüne Koalition|grün-roten Koalition]]; stellvertretender Ministerpräsident ist dort [[Nils Schmid]].<br />
<br />
== Reichskanzler mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Die nachfolgenden Politiker waren als [[Reichskanzler]] Mitglied der SPD.<br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei:Bundesarchiv Bild 102-11411, Hermann Müller.jpg|[[Hermann Müller (Reichskanzler)|Hermann Müller]]<br />27. März 1920 bis<br />8. Juni 1920 und <br />28. Juni 1928 bis<br />27. März 1930<br />
Datei:Bauer DSCI0943.JPG|[[Gustav Bauer]]<br />14. August 1919<br />26. März 1920 <br />
Datei:Bundesarchiv Bild 102-01112, Friedrich Ebert.jpg|[[Friedrich Ebert]]<br /> 9. November 1918 bis<br />10. November 1918<br />
</gallery><br />
<br />
== Reichspräsident mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Der nachfolgende Politiker war als [[Reichspräsident]] Mitglied der SPD.<br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei: Bundesarchiv Bild 102-00015, Friedrich Ebert.jpg|[[Friedrich Ebert]]<br />11. Februar 1919 bis<br />28. Februar 1925 <br />
</gallery><br />
<br />
== Bundeskanzler mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Die nachfolgenden Politiker waren als [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] Mitglied der SPD.<br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei: Gerhardschroeder01.jpg|[[Gerhard Schröder]]<br />27. Oktober 1998 bis<br />22. November 2005<br />
Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F048644-0025, Dortmund, SPD-Parteitag, Helmut Schmidt.jpg|[[Helmut Schmidt]]<br />16. Mai 1974 bis<br />1. Oktober 1982 <br />
Datei: Bundesarchiv Bild 183-M0130-303, Willy Brandt.jpg|[[Willy Brandt]]<br />21. Oktober 1969 bis<br />7. Mai 1974<br />
</gallery><br />
<br />
== Stellvertreter des Bundeskanzlers mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Die nachfolgenden Politiker waren als [[Vizekanzler (Deutschland)|Stellvertreter des Bundeskanzlers]] Mitglied der SPD.<br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei: Frank-Walter Steinmeier 25-2.jpg|[[Frank-Walter Steinmeier]] <br /> 21. November 2007 bis <br /> 28. Oktober 2009<br />
Datei: FranzMüntefering mw1.jpg|[[Franz Müntefering]]<br /> 22. November 2005 bis<br /> 21. November 2007<br />
Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F048636-0022, Dortmund, SPD-Parteitag, Egon Franke.jpg|[[Egon Franke]]<br />17. September 1982 bis<br />1. Oktober 1982 <br />
Datei: Willy Brandt.jpg|[[Willy Brandt]] <br /> 1. Dezember 1966 bis<br />21. Oktober 1969<br />
</gallery><br />
<br />
== Präsidenten des Deutschen Bundestages mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Die nachfolgenden Politiker waren als [[Präsident des Deutschen Bundestages|Präsidenten des Deutschen Bundestages]] Mitglied der SPD.<br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei: Festakt Freiheitspreis 5-10-05 017.JPG|[[Wolfgang Thierse]]<br />26. Oktober 1998 bis<br />18. Oktober 2005<br />
Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F039419-0012, Hannover, SPD-Bundesparteitag, Renger.jpg|[[Annemarie Renger]]<br />13. Dezember 1972 bis<br />14. Dezember 1976<br />
</gallery><br />
<br />
== Bundespräsidenten mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Die nachfolgenden Politiker waren zur Wahl als [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsident]] Mitglied der SPD. Während der Präsidentschaft ruht die Mitgliedschaft.<br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei: Johannes rau 2004-05-16 berlin2.jpg|[[Johannes Rau]]<br />1. Juli 1999 bis<br />30. Juni 2004 <br />
Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F029021-0010, Gustav Heinemann.jpg|[[Gustav Heinemann]]<br />1. Juli 1969 bis<br />30. Juni 1974<br />
</gallery><br />
<br />
== Präsidenten des Europäischen Parlaments mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Die nachfolgenden Politiker waren als [[Europäisches Parlament|Präsidenten des Europäischen Parlaments]] Mitglied der SPD.<ref>rulers.org: [http://rulers.org/intorgs1.html#eu Presidents of the Parliamentary Assembly (from 30 Mar 1962, European Parliament)]</ref><br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei: Hänsch-EP-Portrait.jpg|[[Klaus Hänsch]]<br />9. März 1971 bis<br />13. März 1973 <br />
Datei:Kein Foto vorhanden.jpg|[[Walter Behrendt]]<br />28. März 1960 bis<br />27. März 1962<br />
</gallery><br />
<br />
== Weitere prominente Mitglieder ==<br />
{{Hauptartikel|Liste prominenter Mitglieder der SPD}}<br />
<br />
== Nahestehende Organisationen ==<br />
<br />
* [[Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik]]<br />
* [[Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken|Sozialistische Jugend Deutschlands]]<br />
* [[Naturfreunde]]<br />
* [[Arbeiterwohlfahrt]]<br />
* [[Friedrich-Ebert-Stiftung]]<br />
* [[Lassalle-Kreis]]<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
<br />
* [[:Kategorie:Landesverband der SPD]]<br />
* [[Politische Parteien in Deutschland]]<br />
* [[Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft|Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (dd_vg)]]<br />
<br />
== Wichtigste Periodika ==<br />
* [[Vorwärts (Deutschland)|Vorwärts]], 1876 von [[Wilhelm Liebknecht]] und anderen gegründet, zunächst Tageszeitung, später Wochenmagazin, heute monatlich erscheinende Mitgliederzeitung der Partei.<br />
* [[Die Neue Zeit]], 1883–1923, von [[Karl Kautsky]] begründete Theoriezeitschrift der Partei, in der Zeit ihres Erscheinens Schauplatz der wichtigsten theoretischen Debatten des [[Sozialismus]] und [[Marxismus]] ([[Revisionismus]]streit), durch die überragende Bedeutung der SPD in der internationalen Arbeiterbewegung seinerzeit weltweit stark beachtet und viel gelesen.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Das Archiv der SPD wurde 1969 in das [[Archiv der sozialen Demokratie]] integriert.<br />
* Stefanie Brill, Holger Müller, Holger Noß (Vorwort): ''Das SPD-Buch. Organisation, Geschichte und Personen im Überblick.'' BoD GmbH, Norderstedt 2004, ISBN 3-8334-1331-X.<br />
* [[Willy Huhn (Theoretiker)|Willy Huhn]]: ''Der Etatismus der Sozialdemokratie. Zur Vorgeschichte des Nazifaschismus.'' ça ira, Freiburg 2003.<br />
* Detlef Lehnert: ''Sozialdemokratie zwischen Protestbewegung und Regierungspartei 1848–1983.'' Frankfurt 1983, ISBN 3-518-11248-1.<br />
* [[Peter Lösche]], [[Franz Walter]]: ''Die SPD. Klassenpartei – Volkspartei – Quotenpartei; zur Entwicklung der Sozialdemokratie von Weimar bis zur deutschen Vereinigung.'' [[Wissenschaftliche Buchgesellschaft]], Darmstadt 1992, ISBN 3-534-10994-5.<br />
* [[Rosa Luxemburg]]: ''Die Krise der Sozialdemokratie.'' In: diess.: ''Gesammelte Werke.'' Band 4, Berlin 1979, S. 49–164.<br />
* [[Gero Neugebauer]]: ''Die SPD. Im Osten auf neuen Wegen?'' zwei Bände, Zentralinstitut für Sozialwissenschaftliche Forschung, [[Freie Universität Berlin]] 1994. (Berliner Arbeitshefte und Berichte zur sozialwissenschaftlichen Forschung)<br />
* Heinrich Potthoff, [[Susanne Miller]]: ''Kleine Geschichte der SPD 1848–2002'', Dietz, Bonn ISBN 3-8012-0320-4.<br />
* Sebastian Prüfer: ''Sozialismus statt Religion. Die deutsche Sozialdemokratie vor der religiösen Frage 1863–1890'', Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-35166-6.<br />
* [[Carl E. Schorske]]: ''Die Große Spaltung. Die deutsche Sozialdemokratie von 1905–1917'', aus dem Amerikanischen, Harvard University Press, 1955, von [[Harry Maor]], mit einem Vorwort zur Deutschen Erstausgabe, Verlag Olle & Wolter, Berlin 1981, ISBN 3-88395-407-1.<ref>Diskutiert, rezensiert vom SPD- und SI-Vorsitzenden Willy Brandt (''Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt'', 29. August 1982, Fernleihe, teils abgedruckt in Band 5 der Werkausgabe, Berliner Ausgabe, ''Die Partei der Freiheit. Willy Brandt und die SPD 1972–1992.'' Hrsgg. von der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung, Dietz Verlag, Bonn 2002, ISBN 3-8012-0305-0).</ref><br />
* Hendrik Träger: ''Die Oppositionspartei SPD im Bundesrat. Eine Fallstudienanalyse zur parteipolitischen Nutzung des Bundesrates durch die SPD in den 1950er-Jahren und ein Vergleich mit der Situation in den 1990er-Jahren'', Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main [u.&nbsp;a.] 2008, ISBN 978-3-631-57288-7.<br />
* [[Franz Walter]]: ''Abschied von der Toskana. Die SPD in der Ära Schröder'', [[VS Verlag]], Wiesbaden ²2005, ISBN 978-3-531-34268-9.<br />
* Franz Walter: ''Die SPD'', Alexander Fest Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-8286-0173-1. (Überarbeitete und erweiterte Taschenbuchausgabe: Rowohlt, Reinbek 2009, ISBN 978-3-499-62461-2.)<br />
* Franz Walter: ''Vorwärts oder abwärts? Zur Transformation der Sozieldemokratie'', Suhrkamp Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-518-12622-6.<br />
* Elke und Wolfgang Leonhard: ''Die linke Versuchung. Wohin steuert die SPD?'', be.bra, Berlin 2009, ISBN 978-3-86124-633-6.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Sozialdemokratische Partei Deutschlands|Sozialdemokratische Partei Deutschlands}}<br />
{{Wikinews|Kategorie:SPD|Sozialdemokratische Partei Deutschlands}}<br />
* [http://spd.de Homepage der SPD]<br />
* [http://www.spdfraktion.de Homepage der SPD-Bundestagsfraktion]<br />
* [http://library.fes.de/library/html/voll-prog-spec01.html Grundsatz-, Regierungs- und Wahlprogramme der SPD (seit 1949) auf der Website der Friedrich-Ebert-Stiftung]<br />
* {{BAM|SPD}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{NaviBlock<br />
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}}<br />
<br />
[[Kategorie:Sozialdemokratische Partei Deutschlands| Sozialdemokratische Partei Deutschlands]]<br />
[[Kategorie:Sozialdemokratische Partei]]<br />
[[Kategorie:Partei (Deutsches Kaiserreich)]]<br />
[[Kategorie:Partei (Weimarer Republik)]]<br />
[[Kategorie:Partei in Deutschland]]<br />
[[Kategorie:Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland]]<br />
<br />
{{Link FA|he}}<br />
<br />
[[als:Sozialdemokratische Partei Deutschlands]]<br />
[[ar:الحزب الديمقراطي الاجتماعي الألماني]]<br />
[[az:Almaniya Sosial-Demokrat Partiyası]]<br />
[[bar:SPD]]<br />
[[bat-smg:Vuokītėjės suocēldemuokratu partėjė]]<br />
[[be:Сацыял-дэмакратычная партыя Германіі]]<br />
[[bg:Германска социалдемократическа партия]]<br />
[[br:Sozialdemokratische Partei Deutschlands]]<br />
[[bs:Socijaldemokratska partija Njemačke]]<br />
[[ca:Partit Socialdemòcrata d'Alemanya]]<br />
[[cs:Sociálnědemokratická strana Německa]]<br />
[[da:SPD]]<br />
[[el:Σοσιαλδημοκρατικό Κόμμα της Γερμανίας]]<br />
[[en:Social Democratic Party of Germany]]<br />
[[eo:Socialdemokratia Partio de Germanio]]<br />
[[es:Partido Socialdemócrata de Alemania]]<br />
[[et:Saksamaa Sotsiaaldemokraatlik Partei]]<br />
[[eu:Alemaniako Alderdi Sozialdemokrata]]<br />
[[fa:حزب سوسیال دموکرات آلمان]]<br />
[[fi:Saksan sosiaalidemokraattinen puolue]]<br />
[[fr:Parti social-démocrate d'Allemagne]]<br />
[[ga:Páirtí Sóisialta Daonlathach na Gearmáine]]<br />
[[gl:Partido Socialdemócrata de Alemaña]]<br />
[[gv:Partee Deynlagh Soshialagh ny Germaan]]<br />
[[he:המפלגה הסוציאל-דמוקרטית של גרמניה]]<br />
[[hr:Socijaldemokratska stranka Njemačke]]<br />
[[hsb:Sozialdemokratische Partei Deutschlands]]<br />
[[hu:Németország Szociáldemokrata Pártja]]<br />
[[hy:Գերմանիայի սոցիալ-դեմոկրատական կուսակցություն]]<br />
[[id:Partai Sosial Demokratis Jerman]]<br />
[[it:Partito Socialdemocratico Tedesco]]<br />
[[ja:ドイツ社会民主党]]<br />
[[ka:გერმანიის სოციალ-დემოკრატიული პარტია]]<br />
[[ko:독일 사회민주당]]<br />
[[ku:Partiya Sosyaldemokrat a Almanya]]<br />
[[la:Socialis Democratica Factio Germaniae]]<br />
[[lt:Vokietijos socialdemokratų partija]]<br />
[[lv:Vācijas Sociāldemokrātiskā partija]]<br />
[[mk:Социјалдемократска партија на Германија]]<br />
[[ms:Parti Demokratik Sosial Jerman]]<br />
[[nds:Sozialdemokratsche Partei Düütschland]]<br />
[[ne:जर्मन सामाजिक-जनवादी पार्टी]]<br />
[[nl:Sozialdemokratische Partei Deutschlands]]<br />
[[nn:Sozialdemokratische Partei Deutschlands]]<br />
[[no:Sozialdemokratische Partei Deutschlands]]<br />
[[pdc:SPD]]<br />
[[pfl:Sozialdemokradischi Pardai Daitschlonds]]<br />
[[pl:Socjaldemokratyczna Partia Niemiec]]<br />
[[pt:Partido Social-Democrata da Alemanha]]<br />
[[ro:Partidul Social Democrat al Germaniei]]<br />
[[ru:Социал-демократическая партия Германии]]<br />
[[sh:Socijaldemokratska partija Njemačke]]<br />
[[simple:Social Democratic Party of Germany]]<br />
[[sk:Sociálnodemokratická strana Nemecka]]<br />
[[sq:Sozialdemokratische Partei Deutschlands]]<br />
[[sr:Социјалдемократска партија Немачке]]<br />
[[stq:Sozialdemokratiske Paatäi Düütsklounds]]<br />
[[sv:Tysklands socialdemokratiska parti]]<br />
[[tr:Almanya Sosyal Demokrat Partisi]]<br />
[[uk:Соціал-демократична партія Німеччини]]<br />
[[zh:德国社会民主党]]<br />
[[zh-min-nan:Tek-kok Siā-hōe-bîn-chú Tóng]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Sozialdemokratische_Partei_Deutschlands&diff=89661545Sozialdemokratische Partei Deutschlands2011-06-05T04:17:46Z<p>222.127.231.29: genauere Zahl wurde in diesem Artikel erwähnt</p>
<hr />
<div>{{Weiterleitungshinweis|SPD}}<br />
{{Infobox Partei<br />
|Partei = Sozialdemokratische Partei Deutschlands<br />
|Parteilogo = [[Datei:SPD-Cube.svg|150px|Logo der SPD]]<br />
|Parteivorsitzender = [[Sigmar Gabriel]]<br />
|Bild Parteivorsitz = [[Datei:Sigmar Gabriel 2008.jpg|150px]]<br />
|Stellvertretende Vorsitzende = [[Hannelore Kraft]]<br />[[Klaus Wowereit]]<br />[[Manuela Schwesig]]<br />[[Olaf Scholz]]<br />
|Ehrenvorsitzender = [[Willy Brandt]] († 8. Oktober 1992)<br />
|Generalsekretärin = [[Andrea Nahles]]<br />
|Bundesgeschäftsführerin = [[Astrid Klug]]<br />
|Bundesschatzmeisterin = [[Barbara Hendricks (Politikerin)|Barbara Hendricks]]<br />
|Gründung = [[23. Mai|23.&nbsp;Mai]] [[1863]] ([[Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein|ADAV]])<br />[[7. August|7.&nbsp;August]] [[1869]] ([[Sozialdemokratische Arbeiterpartei (Deutschland)|SDAP]])<br />[[27. Mai|27.&nbsp;Mai]] [[1875]] (Vereinigung)<br />
|Gründungsort = [[Leipzig]] (ADAV)<br />[[Eisenach]] (SDAP)<br />[[Gotha]] (Vereinigung)<br />
|Hauptsitz = [[Willy-Brandt-Haus]]<br />[[Wilhelmstraße (Berlin-Mitte)|Wilhelmstraße]] 140<br />10963 [[Berlin]]<br />
|Bundestagsmandate = 146 von 622 (23,5 %)<br />
|Zuschüsse = 38.965.287,35 Euro (2010)<ref name="Teilfinanzierung 2010">[http://www.bundestag.de/bundestag/parteienfinanzierung/festsetz_staatl_mittel/finanz_10.pdf Gesamtübersicht Festsetzung der staatlichen Teilfinanzierung für das Jahr 2010 gemäß §§ 18 ff. PartG], Stand: 21. Januar 2011.</ref><br /><small>(Stand: 21. Januar 2011)</small><br />
|Mitglieder = ca. 495.000 <br /><small>(Stand: 27. Mai 2011)</small><ref name="Mitglieder">[http://www.rp-online.de/politik/deutschland/CDU-hat-jetzt-weniger-als-500000-Mitglieder_aid_1004913.html ''Parteien verlieren Zustimmung''], ''RP Online'' vom 1. Juni 2011.</ref><br />
|Mindestalter = 14 Jahre<br />
|Durchschnittsalter = 58 Jahre<ref>[[Heute (Fernsehsendung)|heute.de]]: [http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/15/0,3672,7611407,00.html ''„Kein Hort von Jugendlichkeit“ – Wie jung sind die Parteien?''], 2. August 2009</ref> <br />
|Frauenanteil = 31,20 Prozent<ref>spd.de: [http://alt.spd.de/de/pdf/mitglieder/Mitgliederbestand_091231.pdf ''Mitgliederbestand; Stichtag: 31.12.2009''] (PDF)</ref><br /><small>(Stand: 31. Dezember 2009)</small><br />
|International = [[Sozialistische Internationale]] (SI)<br />
|Europa = [[Sozialdemokratische Partei Europas]] (SPE/PES)<br />
|EU-Parlament = [[Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament]] (S&D)<br />
|Farben = rot ([[HKS-Farbfächer|HKS 15]])<ref>[http://www.faz.net/s/Rub0E9EEF84AC1E4A389A8DC6C23161FE44/Doc~E3483EF1CC6B74D4D973DA984DBB2BC66~ATpl~Ecommon~Scontent.html FAZ.NET vom 23. Mai 2009]</ref><br />
|Webseite = [http://www.spd.de/ www.spd.de]<br />
}}<br />
<br />
Die '''Sozialdemokratische Partei Deutschlands''' ('''SPD''') ist eine deutsche [[Volkspartei]] und die älteste [[parlament]]arisch vertretene Partei [[Deutschland]]s. Seit der konstituierenden Sitzung des [[17. Deutscher Bundestag|17. Deutschen Bundestags]] am 27. Oktober 2009 stellt sie die größte [[Opposition (Politik)|Opposition]]sfraktion auf [[Politisches System Deutschlands#Legislative der Bundesebene: Bundestag und Bundesrat|Bundesebene]]. Gemessen an ihrer Mitgliederzahl ist sie, nach letztem nachweisbaren Stand, die zweitgrößte Partei Deutschlands.<ref>[http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/521468/Aelteste-und-zweigroesste-Partei-Deutschlands ''Älteste und zweigrößte Partei Deutschlands'', Artikel auf DiePresse.com], abgerufen am 26. Januar 2011.</ref><ref>[http://www.badische-zeitung.de/deutschland-1/nur-die-gruenen-erhoehen-mitgliederzahl--39283531.html ''Nur die Grünen erhöhen Mitgliederzahl'', Artikel in der Badischen Zeitung], abgerufen am 26. Januar 2011.</ref><ref>[http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/schwarz-gelb-schrumpft-den-parteien-laufen-die-mitglieder-weg;2718516 ''Den Parteien laufen die Mitglieder weg'', Artikel im Handelsblatt], abgerufen am 26. Januar 2011.</ref><ref>[http://www.focus.de/politik/deutschland/parteien-mitgliederrekord-bei-gruenen-minus-bei-anderen_aid_575542.html ''Mitgliederrekord bei Grünen – Minus bei Anderen'', Artikel auf Focus Online], abgerufen am 26. Januar 2011.</ref> Sie ist derzeit in insgesamt zehn [[Land (Deutschland)|Ländern]] an der Regierung beteiligt, in sieben davon stellt sie den [[Regierungschef]]. Die SPD ist Mitgliedspartei der [[Sozialdemokratische Partei Europas|Sozialdemokratischen Partei Europas]] (SPE) und der [[Sozialistische Internationale|Sozialistischen Internationalen]] (SI). Parteivorsitzender ist seit November 2009 [[Sigmar Gabriel]].<br />
<br />
== Inhaltliches Profil ==<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-R66693, Ferdinand Lassalle.jpg|miniatur|hochkant|Ferdinand Lassalle (1860)]]<br />
[[Datei:Bebel1863.jpg|miniatur|hochkant|August Bebel (1863)]]<br />
<br />
=== Programm ===<br />
Folgende [[Grundsatzprogramm]]e wurden von der SPD in der Vergangenheit beschlossen:<br />
* 1869&nbsp;– [[Eisenacher Programm]] der [[Sozialdemokratische Arbeiterpartei (Deutschland)|Sozialdemokratischen Arbeiterpartei]] (SDAP).<br />
* 1875&nbsp;– [[Gothaer Programm]]: Vereinigungsparteitag der beiden Arbeiterparteien ADAV und SDAP.<br />
* 1891&nbsp;– [[Erfurter Parteitag|Erfurter Programm]] der SPD: Macht durch allgemeine Wahlen in einer Demokratie ([[Revisionismus]]). Das Programm wurde durch [[Karl Kautsky]] und [[Eduard Bernstein]] geprägt.<br />
* 1921&nbsp;– [[Görlitzer Programm]] der SPD: SPD und [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands]] (USPD), es gibt zwei getrennte sozialistische Parteien.<br />
* 1925&nbsp;– [[Heidelberger Programm]]: Forderung: Vereinigte Staaten von Europa. Dem Programm lag ein Entwurf von Kautsky zugrunde, der von [[Rudolf Hilferding]] bearbeitet wurde.<br />
* 1959&nbsp;– [[Godesberger Programm]]: Volkspartei des demokratischen Sozialismus mit der Feststellung: Das sind die Widersprüche unserer Zeit.<br />
* 1989&nbsp;– [[Berliner Programm]]: Das Programm mit dem Beginn: Was wir wollen.<ref>[http://www.spd.de/show/1682028/spd_berlinerprogramm.pdf Externer Link: Volltext des aktuellen Parteiprogramms der SPD („Berliner Programm“) ''(PDF)'']</ref><br />
* 2007&nbsp;– [[Hamburger Programm]]: Das aktuelle Programm, das auf dem Hamburger Parteitag 2007 beschlossen wurde.<br />
<br />
Zunächst war die SPD eine [[Sozialismus|sozialistische]] Arbeiterpartei. Sie wandelte sich über Heidelberg bis zum Godesberger Programm in eine sozialdemokratische Volkspartei.<br />
<br />
==== Hamburger Programm ====<br />
Das derzeitige [[Parteiprogramm]] der SPD, das „Hamburger Programm“, wurde im Jahr 2007 verabschiedet. In ihm wird das Ziel festgeschrieben mit Hilfe der „solidarischen Mehrheit“ zu regieren. Der [[Demokratischer Sozialismus|demokratische Sozialismus]] wird als „Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft“ als „dauernde Aufgabe“ hervorgehoben und „die soziale Demokratie“ als das „Prinzip des Handelns“ bezeichnet.<br />
<br />
[[Freiheit]], [[Gerechtigkeit]] und [[Solidarität]] sind nach dem Hamburger Programm für die SPD die Grundwerte des „Demokratischen Sozialismus“. So ist die [[soziale Gerechtigkeit]] einer ihrer vorrangigen politischen Leitwerte. Die koordinierte [[soziale Marktwirtschaft]] soll gestärkt werden, ihre Erträge dabei fair verteilt werden, da dies als notwendig für den Wohlstand der Gesamtbevölkerung angesehen wird. Die SPD erachtet auch in der Zukunft einen [[Starker Staat|starken Staat]] und einen handlungsfähigen [[Sozialstaat]] für notwendig, um schwächere Bevölkerungsgruppen schützen zu können. Dazu legt sie Wert auf eine [[Finanzpolitik]], die „nicht auf Kosten zukünftiger Generationen“ ausgestaltet ist und langfristig die [[Staatsverschuldung]] beendet bzw. zurückführt. Unter dem Stichwort [[vorsorgender Sozialstaat]] werden Änderungen am Sozialsystem, die die „Eigenverantwortung“ stärken sollen und im Rahmen der [[Agenda 2010]] realisiert wurden, begrüßt.<br />
<br />
Gesellschaftspolitisch tritt die SPD nach ihrem Programm für [[Bürgerrecht]]e, Öffnung der Gesellschaft und [[Bürgerbeteiligung]] ein. Außenpolitisch will sie durch den Ausgleich der Interessen den Frieden in der Welt stärken. Die Globalisierung soll „durch eine demokratische Politik“ gestaltet werden. Sie ist bemüht, die [[Geschichte der Europäischen Union|Europäische Einigung]] zu erweitern und zu vertiefen.<br />
<br />
=== Interne Richtungen ===<br />
Intern lässt sich die SPD unterteilen in eher [[Politische Linke|linke]] Sozialdemokraten, die sich im [[Forum Demokratische Linke 21]] und der [[Parlamentarische Linke|Parlamentarischen Linken]] organisieren, und die gemäßigt konservativen Sozialdemokraten, die sich im [[Seeheimer Kreis]] beziehungsweise dem Forum [[Nürnberger Mitte]] treffen. Zuletzt hat sich mit dem [[Netzwerk Berlin]] zudem eine neue Generation zusammengeschlossen, die sich gegen die traditionalistische Flügelbildung stellt. Während die gemäßigt konservativen Sozialdemokraten den von [[Gerhard Schröder]] eingeleiteten Reformkurs weitgehend vorbehaltlos mittragen und sich generell an der politischen Mitte orientieren, kämpfen die linken Sozialdemokraten für eine klassische linke und [[sozialstaat]]liche Politik, von der in ihren Augen in den letzten Jahren vor allem durch die [[Agenda 2010]] und den ihrer Auffassung nach recht [[Wirtschaftsliberalismus|wirtschaftsliberalen]] Kurs der SPD abgerückt wurde.<br />
<br />
== Organisationsstruktur ==<br />
[[Datei:Organisationsstruktur SPD.svg|miniatur|upright=1.5|Organisationsstruktur der SPD]]<br />
<br />
=== Gliederung ===<br />
Die Mitglieder sind in rund 12.500 Ortsvereinen organisiert, die regelmäßig Mitgliederversammlungen abhalten und Delegierte in die Unterbezirksparteitage entsenden.<br />
<br />
Die 12.500 Ortsvereine sind in 350 Unterbezirke organisiert, die regelmäßig Unterbezirksparteitage abhalten und Delegierte in die Landesparteitage entsenden.<br />
<br />
Die 350 Unterbezirke sind wiederum in 20 Bezirken organisiert, die regelmäßig Bezirksparteitage abhalten, von denen 480 Delegierte in den Bundesparteitag entsendet werden. Ist ein SPD-Bezirk deckungsgleich mit einem Bundesland, nennt er sich Landesverband. In [[Land (Deutschland)|Bundesländern]] mit mehreren Bezirken bilden die Bezirke gemeinsam einen Landesverband. Außerdem entsendet jeder Bezirk Vertreter in den Parteirat.<br />
<br />
Der Bundesparteitag ist das oberste [[Organ (Recht)|Organ]] der Partei. Er wählt die Kontrollkommission, das Bundesschiedsgericht sowie den Parteivorstand. Der Parteivorstand leitet die Amtsgeschäfte zwischen den Parteitagen.<br />
<br />
Zusätzlich zu dieser Grundstruktur gibt es noch einige zusätzliche Gliederungsebenen, die meistens aus kommunalpolitischer Zweckmäßigkeit geschaffen wurden, nicht überall bestehen und teilweise nur eingeschränkte Rechte (z.&nbsp;B. beim Antragsrecht zu den Parteitagen oder bei der Kassenführung) haben. Dazu gehören insbesondere Kreisverbände als Untergliederung von Unterbezirken, die mehr als einen [[Landkreis]] umfassen; den Namen „Kreisverband“ führen allerdings teilweise auch Unterbezirke selbst, wenn ihr Zuschnitt genau einem Landkreis entspricht. In Bayern, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bestehen unterhalb der Ebene des Landesverbandes, der dort jeweils dem ''Bezirk'' im oben verwendeten Sinne entspricht, zusätzlich sogenannte ''Regionen'' oder (begrifflich missverständlich) Bezirke. In Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bilden diese Regionen die alten Parteibezirke ab, die bis zu ihrer Fusion zu einem Landesbezirk bestanden. In Bayern entsprechen die Bezirksverbände den [[Regierungsbezirk]]en, die dort mit den [[Bezirkstag (Bayern)|Bezirkstagen]] eine eigenständige kommunale Körperschaft bilden.<br />
<br />
=== Bundesvorstand ===<br />
[[Datei:schwesig8.jpg|miniatur|hochkant|Die stellvertretende Bundesvorsitzende Manuela Schwesig (2009, links)]]<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|-<br />
| style="background:#B3B7FF" | '''Vorsitzender'''<br />
| [[Sigmar Gabriel]]<br />
|-<br />
| style="background:#B3B7FF" | '''Stellvertretende Vorsitzende'''<br />
| [[Hannelore Kraft]], [[Olaf Scholz]], [[Manuela Schwesig]], [[Klaus Wowereit]]<br />
|-<br />
| style="background:#B3B7FF" | '''Beauftragter für die Europäische Union'''<br />
| [[Martin Schulz]]<br />
|-<br />
| style="background:#B3B7FF" | '''Schatzmeister'''<br />
| [[Barbara Hendricks (Politikerin)|Barbara Hendricks]]<br />
|-<br />
| style="background:#B3B7FF" | '''Beisitzer'''<br />
| [[Doris Ahnen]], [[Niels Annen]], [[Ute Berg]], [[Björn Böhning]], [[Jens Bullerjahn]], [[Edelgard Bulmahn]], [[Ulla Burchardt]], [[Garrelt Duin]], [[Michaela Engelmeier-Heite]], [[Elke Ferner]], [[Birgit Fischer (Politikerin)|Birgit Fischer]], [[Peter Friedrich]], [[Evelyne Gebhardt]], [[Kerstin Griese]], [[Michael Groschek]], [[Gernot Grumbach]], [[Jochen Hartloff]], [[Dietmar Hexel]], [[Eva Högl]], [[Karin Jöns]], [[Wolfgang Jüttner]], [[Ulrich Kelber]], [[Barbara Ludwig]], [[Heiko Maas]], [[Ulrich Maly]], [[Christoph Matschie]], [[Hilde Mattheis]], [[Julian Nida-Rümelin]], [[Joachim Poß]], [[Florian Pronold]], [[Thorsten Schäfer-Gümbel]], [[Manfred Schaub]], [[Thomas Schlenz]], [[Ottmar Schreiner]], [[Angelica Schwall-Düren]], [[Ralf Stegner]], [[Ute Vogt]]<br />
|}<br />
<br />
=== Daten der Landesverbände ===<br />
{| class="wikitable sortable" border="1" width="80%" style="margin-right:0px;"<br />
|- bgcolor="#EEEEE0" style="text-align: left;"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! class="unsortable" style="border-right: hidden;"|<br />
! Landesverband<br />
! class="unsortable" style="border-right: hidden;"|<br />
! Vorsitzender<ref>[http://www.bundeswahlleiter.de/de/parteien/downloads/parteien/Sozialdemokratische_Partei_Deutschlands.pdf Übersicht der Vorstandsmitglieder, Satzung und Programm der SPD]</ref><br />(Stand: 29. Juni 2010)<br />
! Mitglieder<ref>[http://www.spd.de/de/pdf/mitglieder/Mitgliederbestand_091231.pdf Mitgliederverteilung nach Bundesländern] (PDF)</ref><br />(Stand: Ende 2009)<br />
! Mitglieder<br />im Verhältnis zur Einwohnerzahl<br />
! Ergebnis der letzten [[Ergebnisse der Landtagswahlen in der Bundesrepublik Deutschland|Wahl des Landesparlaments]]<ref>[http://www.election.de/cgi-bin/content.pl?url=ltw_wahl.html Landtagswahlen in Deutschland auf www.election.de]</ref><ref>[http://www.wahlrecht.de/ergebnisse/index.htm Wahlergebnisse bei www.wahlrecht.de]</ref><br />
! Ergebnis der [[Bundestagswahl 2009]]<ref>[http://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/BTW_BUND_09/ergebnisse/landesergebnisse/index.html Landesergebnisse der Bundestagswahl 2009]</ref><br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Baden-Württemberg.svg|25px|Baden-Württemberg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Baden-Württemberg|Baden-Württemberg]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Nils Schmid.jpg|rand|x70px|Nils Schmid]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Nils Schmid]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}39.275<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,37 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|23,1 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|19,3 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Bayern.svg|25px|Bayern]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Bayern|Bayern]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Florian Pronold, Politischen Aschermittwoch in Vilshofen.jpg|rand|x70px|Florian Pronold]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Florian Pronold]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}69.023<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,55 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|18,6 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|16,8 % <br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage Berlins.svg|25px|Berlin]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Berlin|Berlin]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Mueller michael 2.jpg|rand|x70px|Michael Müller]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Michael Müller (Berlin)|Michael Müller]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}16.281<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,47 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|30,8 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|20,2 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Brandenburg.svg|25px|Brandenburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Brandenburg|Brandenburg]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Matthias Platzeck eyp opening.jpg|rand|x70px| Matthias Platzeck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Matthias Platzeck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}{{0}}6.523<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,26 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|33,0 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|25,1 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Bremen.svg|25px|Bremen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Bremen|Bremen]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Andreas Bovenschulte]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}{{0}}4.841<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,73 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|36,7 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|30,2 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Hamburg.svg|25px|Hamburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Hamburg|Hamburg]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Olaf Scholz, August 2009 - by SPD-Schleswig-Holstein.jpg|rand|x70px|Olaf Scholz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Olaf Scholz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}10.610<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,60 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|48.4 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|27,4 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Hessen.svg|25px|Hessen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Hessen|Hessen]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Thorsten schaefer guembel 2008.jpg|rand|x70px| Thorsten Schäfer-Gümbel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Thorsten Schäfer-Gümbel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}63.132<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|1,04 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|23,7 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|25,6 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Mecklenburg-Vorpommern.svg|25px|Mecklenburg-Vorpommern]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Mecklenburg-Vorpommern|Mecklenburg-Vorpommern]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Erwin Sellering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}{{0}}2.830<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,17 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|30,2 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|16,6 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Niedersachsen.svg|25px|Niedersachsen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Niedersachsen|Niedersachsen]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Landtag Niedersachsen DSCF7754.JPG|rand|x70px|Olaf Lies]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Olaf Lies]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}66.680<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,84 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|30,3 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|29,3 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Nordrhein-Westfalen.svg|25px|Nordrhein-Westfalen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Nordrhein-Westfalen|Nordrhein-Westfalen]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Hannelorekraft.jpg|rand|x70px|Hannelore Kraft]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Hannelore Kraft]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|136.840<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,76 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|34,5 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|28,5 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Rheinland-Pfalz.svg|25px|Rheinland-Pfalz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Rheinland-Pfalz|Rheinland-Pfalz]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Kurt Beck 2010 Ddorf.jpg|rand|x70px|Kurt Beck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Kurt Beck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}42.463<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|1,06 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|35,7 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|23,8 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage des Saarlandes.svg|25px|Saarland]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Saarland|Saarland]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Maas Heiko.jpg|rand|x70px|Heiko Maas]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Heiko Maas]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}21.485<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|2,09 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|24,5 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|24,7 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Sachsen.svg|25px|Sachsen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Sachsen|Sachsen]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Martin Dulig]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}{{0}}4.332<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,10 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|10,4 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|14,6 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Sachsen-Anhalt.svg|25px|Sachsen-Anhalt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Sachsen-Anhalt|Sachsen-Anhalt]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Katrin Budde]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}{{0}}4.165<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,18 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|21,5 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|16,9 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Schleswig-Holstein.svg|25px|Schleswig-Holstein]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Schleswig-Holstein|Schleswig-Holstein]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Ralf Stegner 2009.jpg|rand|x70px|Ralf Stegner]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Ralf Stegner]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}19.651<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,69 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|25,4 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|26,8 %<br />
|- valign="top"<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Thüringen.svg|25px|Thüringen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[SPD Thüringen|Thüringen]]<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:ChristophMatschie.jpg|rand|x70px|Christoph Matschie]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|[[Christoph Matschie]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|{{0}}{{0}}4.389<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|0,19 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|18,5 %<br />
| bgcolor="#FFFFFF"|17,6 %<br />
|}<br />
<br />
Die SPD ist als einzige deutsche Partei in allen Bundesländern im jeweiligen Landtag vertreten.<br />
<br />
=== Arbeitsgemeinschaften ===<br />
Die SPD hat für eine Reihe von Zielgruppen und Themenbereichen Arbeitsgemeinschaften eingerichtet; diese haben Antragsrecht zu den Parteitagen der SPD und arbeiten teilautonom. Mitglied bei den [[Jusos]] ist jedes SPD-Mitglied, das jünger als 35 Jahre ist. Der [[Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen|ASF]] gehören alle weiblichen Mitglieder der SPD an, der [[AG 60 Plus|AG 60 plus]] automatisch alle SPD-Mitglieder, die älter als 60 Jahre sind. Die Mitgliedschaft bei allen anderen Arbeitsgemeinschaften ist nicht automatisch oder verpflichtend. Bei den Jusos besteht die Möglichkeit, vollberechtigtes Mitglied zu werden, ohne in der SPD zu sein. Nach zwei Jahren wird man gebeten, Parteimitglied zu werden, nach weiteren zwei Jahren endet die Juso-Mitgliedschaft, wenn man nicht zwischenzeitlich Parteimitglied geworden ist. Bei den anderen Arbeitsgemeinschaften besteht die Möglichkeit einer Gastmitgliedschaft, Gastmitglieder haben allerdings kein Wahlrecht.<br />
{{Arbeitsgemeinschaften der SPD}}<br />
<br />
=== Arbeitskreise und Foren ===<br />
Für einige Themengebiete und Zielgruppen bestehen in der SPD Arbeitskreise, Foren und Projektgruppen. Große Arbeitskreise sind die [[Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter Sozialdemokraten]] (AvS), der Arbeitskreis „[[Lesben und Schwule in der SPD]]“ (Schwusos) und der [[Arbeitskreis jüdischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten|Arbeitskreis Jüdischer Sozialdemokraten]]. Diese drei Organisationen sind ähnlich den Arbeitsgemeinschaften organisiert (mit Bundesvorstand, Bundeskonferenzen und regionalen Unterorganisationen), haben aber nicht deren Rechte.<br />
<br />
Die Zielsetzung der Arbeitskreise ist eher intern orientiert, sie sollen SPD-Mitgliedern bestimmter Zielgruppen oder in bestimmten Themengebieten eine Zusammenarbeit ermöglichen; einige der Arbeitskreise treten zudem nach außen auf. Die Foren haben dagegen das vorrangige Ziel, die Vernetzung der SPD mit Organisationen in bestimmten Themengebieten auszubauen.<br />
<br />
=== Gleichstellung ===<br />
Um Frauen und Männer innerhalb der SPD gleichzustellen, wurde 1988 eine Geschlechterquote eingeführt. Diese [[Quote]] besagt, dass alle Vorstände und Delegationen jeweils zu mindestens 40&nbsp;Prozent von jedem Geschlecht besetzt werden müssen. Da überwiegend die Männer in der Überzahl sind, wird zumeist von einer „[[Frauenquote]]“ gesprochen. Die Aufstellung der Bundestags- und Europalisten erfolgt nach dem sogenannten „Reißverschlussprinzip“, bei dem Frauen und Männer abwechselnd aufgestellt werden.<br />
<br />
== Finanzen ==<br />
Die Gesamteinnahmen der Partei betrugen 2006 knapp 167 Millionen Euro. Zu den wichtigsten Einnahmequellen der SPD zählen Mitgliedsbeiträge und staatliche Mittel. Im Vergleich zu den anderen Bundestagsparteien tragen die Einnahmen aus Parteispenden von natürlichen Personen bei der SPD traditionell nur zu einem geringen Anteil bei.<br />
Folgende Liste gibt einen Überblick über den Stellenwert der verschiedenen Einnahmen.<br />
<ref>[http://www.parteispenden.unklarheiten.de?seite=auswertung_entwicklung Politische Datenbank]</ref><br />
# Mitgliedsbeiträge (2006: 29 % Tendenz abnehmend)<br />
# Staatliche Mittel (2006: 26 % Tendenz leicht abnehmend)<br />
# Sonstige regelmäßige Einnahmen (2006: 13 %)<br />
# Veranstaltungen, Vertrieb und sonstigen Tätigkeiten (2006: 8 %)<br />
# Spenden von [[Natürliche Person|natürlichen Personen]] (2006: 6 % Tendenz leicht abnehmend)<br />
# Unternehmenstätigkeiten und Beteiligungen (2006: 6 % Tendenz zunehmend)<br />
# Sonstiges Vermögen (2006: 6 %)<br />
# Sonstige Einnahmen (2006: 5 %)<br />
# Spenden von [[Juristische Person|juristischen Personen]] (2006: 1 %, in Wahljahren 2 %)<br />
<br />
Zwischen 30 und 40 Prozent der Spendeneinnahmen von juristischen Personen setzen sich aus Großspenden von mehr als 20.000 € je Spende zusammen. Zu den größten Spendern (juristische Personen, aufsummierte Spendensummen von 2000 bis 2008, ab 2007 nur Spenden ab 50.000 Euro<ref>[http://www.parteispenden.unklarheiten.de/?seite=auswertung_maximum Politische Datenbank]</ref>) zählen folgende Unternehmen und Verbände:<br />
# 1.371.143 € [[Daimler AG|Daimler Chrysler AG]]<br />
# {{0}} 657.522 € [[BMW]] AG<br />
# {{0}} 638.393 € [[Allianz SE]]<br />
# {{0}} 365.820 € [[Porsche]] AG<br />
# {{0}} 302.115 € [[Verband der Chemischen Industrie]] e. V.<br />
# {{0}} 300.000 € [[Deutsche Bank]] AG<br />
# {{0}} 300.000 € [[E.ON]] AG<br />
# {{0}} 281.211 € [[B.TV]] Television GmbH & Co. KG<br />
# {{0}} 277.258 € [[Südwestmetall]]<br />
# {{0}} 250.000 € [[Commerzbank]] AG<br />
<br />
=== Unternehmensbeteiligungen ===<br />
Die SPD ist die einzige [[politische Partei]] in Deutschland, die große Medienbeteiligungen unterhält. Über die Medienholding [[Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft|deutsche druck- und verlagsgesellschaft]] (dd_vg) unterhält die SPD Medienbeteiligungen an über 70 Zeitungen mit einer Gesamtauflage von über 6 Mio. Exemplaren und 12 Mio. Lesern und gibt ihre traditionsreiche [[Mitgliederzeitschrift|Mitgliederzeitung]] „[[Vorwärts (Deutschland)|Vorwärts]]“ heraus. Außerdem hielt die dd_vg von Mai 2004 bis 2006 einen 90-prozentigen Anteil an der „[[Frankfurter Rundschau]]“; die Zeitung steckte zum genannten Zeitpunkt in finanziellen Schwierigkeiten. Die Übernahme war umstritten, da Kritiker eine Einflussnahme auf die Berichterstattung fürchteten. 2006 verkaufte sie den Mehrheitsanteil an die Kölner Verlagsgruppe [[M. DuMont Schauberg]]. Der Jahresüberschuss der dd_vg belief sich 2008 auf 15,5 Mio. Euro und 2007 auf 17,2 Mio. Euro, von denen 11,4 Mio. an die SPD als Gesellschafterin ausgeschüttet wurden.<ref>[http://www.ddvg.de/wirtschaftsdaten/geschaeftsbericht2008.pdf Geschäftsbericht 2008]</ref><br />
<br />
An der ''Öko-Test Holding AG'' ist die SPD mit 50 % plus zehn Aktien beteiligt. Diese ist ihrerseits mit 100 % an der Öko-Test Verlag GmbH (Magazin „[[Öko-Test]]“) und der Öko-Test Media GmbH beteiligt.<ref>[http://www.ddvg.de/ Offizielle Webseite der ddvg GmbH]</ref><br />
<br />
Die SPD ist außerdem über Treuhänder<ref>[http://www.konzentration.net/front_content.php?client=6&lang=4&idcat=34&idart= Webseite der Konzentration GmbH]</ref> an der ''Konzentration GmbH'' beteiligt, die wiederum als Treuhänderin die Immobilien der SPD verwaltet.<ref>[http://www.konzentration.net/ Webseite der Konzentration GmbH]</ref><br />
<br />
== Mitglieder ==<br />
[[Datei:SPD-Mitgliederstruktur.PNG|miniatur|SPD-Mitglieder nach Geschlecht]]<br />
[[Datei:SPD-Parteibuch und SPD-Card.jpg|miniatur|[[Parteibuch]] der SPD und SPD-Card]]<br />
Das Mindestalter von 14 Jahren und die Bekennung zu den Zielen der Partei sind Mitgliedschaftsvoraussetzungen. Mitglied werden können ausdrücklich auch Deutsche, die dauerhaft im Ausland leben und Ausländer, die in Deutschland leben.<br />
<br />
Nach der Bestandsangabe vom Mai 2011 hat die SPD eine knappe halbe Million Mitglieder und somit den niedrigsten Stand seit über 100 Jahren erreicht.<ref name="Mitglieder" /> 44 % der SPD-Mitglieder sind älter als 60 Jahre, 6 % sind jünger als 29 Jahre. 69 % der Mitglieder sind männlich. 34 % Rentner, 23 % Beamte, 15 % Angestellte, 8 % Arbeiter, 5 % Arbeitslose, 5 % Hausfrauen, 4 % Selbstständige, 2 % Freiberufler, 2 % Schüler und 2 % ohne Angaben.<ref>Bundeszentrale für politische Bildung: [http://www.bpb.de/themen/9IZ7N5,0,Fakten%3A_SPD.html Dossier SPD]</ref><br />
<br />
=== Mitgliederentwicklung ===<br />
[[Datei:SPD Mitgliederentwicklung.svg|miniatur|Mitgliederentwicklung seit 1946]]<br />
<br />
Unmittelbar nach Kriegsende übernahm die SPD viele Mitglieder sozialistischer und sozialdemokratischer Exil- und Widerstandsorganisationen. Bei der ersten Bundestagswahl 1949 hatte sie bereits wieder um die 750.000 Mitglieder, bis 1951 ein vorläufiger Höchststand von etwa 820.000 Mitgliedern erreicht wurde. Im Laufe der 1950er fiel diese Zahl und erreichte 1958 den Stand von etwa 590.000 Personen.<br />
<br />
Seit den 1960ern erholten sich die Mitgliederzahlen der SPD wieder und überschritten 1977 erstmals den Stand von einer Million. In den 1980ern verlor die Partei Mitglieder, blieb jedoch über der Marke von 900.000 Personen. Kurzzeitig verbuchte die SPD einen leichten Mitgliederzugewinn infolge der [[Deutsche Einheit|Deutschen Einheit]]. Seitdem hat sie starke Mitgliedereinbußen erlitten: Zwischen 1990 und 2008 hat die SPD 400.000 Mitglieder verloren, womit ihr heute etwas weniger als eine halbe Million verbleiben.<ref>{{Tagesschau|ID=parteienserie100|Beschreibung=''Mitgliederzahl 1990–2008 um 400.000 gesunken'' („Parteienserie: SPD in der Dauerkrise“, Tagesschau.de), 4. Februar 2009|AlteURL=http://www.tagesschau.de/inland/parteienserie100.html}}</ref> Die Gewichtung der gesellschaftlichen Herkunft der Mitglieder hat sich – unter anderem infolge der demografischen Entwicklung – seit dem Ende der 1950er Jahre stark verschoben. Bildeten bis dahin vorwiegend Arbeiter und kleine Angestellte die Mehrheit der Mitglieder, so verschob sich dies in den Folgejahren zugunsten der Beamten und Rentner.<br />
<br />
=== Unvereinbarkeiten ===<br />
<br />
Mit einer Mitgliedschaft in der SPD ist oder war eine Mitgliedschaft in einer der folgenden Organisationen unvereinbar:<br />
* Bund freies Deutschland<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
* [[Burschenschaftliche Gemeinschaft]]<ref>''[http://www.akadpress.de/texte/spdburschenschaften.html]'' Unvereinbarkeitsbeschluss Burschenschaften und SPD</ref><br />
* Demokratischer Kulturbund Deutschlands<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
* [[Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS]]<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
* [[Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend]]<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
* [[Scientology#Scientology-Organisationen|Scientology-Kirche]]<ref>[http://www.ingo-heinemann.de/Unvereinbarkeitsbeschluss-SPD-1995.pdf Unvereinbarkeitsbeschluss der SPD vom 24. Mai 1994 (PDF)]</ref><br />
* [[Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten|Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes]];<ref name ="Neon-Artikel">[http://www.neon.de/kat/sehen/politik/152461.html ''Fakten bitte: Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands'']</ref> dieser Beschluss wurde am 25. Oktober 2010 aufgehoben<ref>[http://www.woschod.de/2010/11/02/aufhebung-unvereinbarkeitsbeschluss-spd-vvn/ Beschluss des Parteivorstandes]</ref><br />
<br />
Ein Zusammenarbeitsverbot besteht in Bezug auf folgende Organisationen:<br />
* [[Deutsche Kommunistische Partei]] und [[Freie Deutsche Jugend]]<ref name ="Neon-Artikel" /> (Berlin)<br />
* Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
* Komitees gegen Berufsverbote<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
Außerdem ist wie bei den meisten anderen Parteien in Deutschland eine Mitgliedschaft in einer bei Wahlen konkurrierenden Partei, Bürgervereinigung oder Gruppierung nicht zulässig.<ref name ="Neon-Artikel" /><br />
<br />
== Geschichte ==<br />
=== 1863 bis 1914: Gründung, Sozialistengesetze ===<br />
{{Hauptartikel|Geschichte der deutschen Sozialdemokratie}}<br />
<br />
[[Datei:Wilhelm Liebknecht.jpg|miniatur|hochkant|[[Wilhelm Liebknecht]]]]<br />
[[Datei:Reichsgesetzblatt34 1878.jpg|miniatur|hochkant|[[Sozialistengesetz|Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie, 1878]]]]<br />
[[Datei:Protokoll des Parteitages der SPD in Erfurt (14. bis 20. Oktober 1891).jpg|miniatur|hochkant|Protokoll des [[Erfurter Parteitag]]es von 1891]]<br />
Die SPD hat kein exaktes Gründungsdatum. Sie selbst beruft sich auf die Gründung des [[Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein|Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins]] (ADAV) durch [[Ferdinand Lassalle]], die am 23.&nbsp;Mai 1863 in [[Leipzig]] stattfand. Der ADAV wurde von 1871 bis 1875 von [[Wilhelm Hasenclever]] geführt.<br />
Seit 1869 gab es die von [[August Bebel]] und [[Wilhelm Liebknecht]] 1869 in [[Eisenach]] gegründete [[Sozialdemokratische Arbeiterpartei (Deutschland)|Sozialdemokratische Arbeiterpartei]] (SDAP).<br />
Oftmals wird das Jahr 1875 als das eigentliche Konstituierungsdatum genannt, als am Ende des Vereinigungsparteitages vom 22. bis 27.&nbsp;Mai in [[Gotha]] sich der ADAV und die SDAP zur [[Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1875)|Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands]] (SAP) zusammenschlossen.<br />
<br />
Nach dem Außerkrafttreten des [[Sozialistengesetz]]es im Herbst 1890 änderte die Partei ihren Namen in „Sozialdemokratische Partei Deutschlands“. Ein Jahr später verabschiedete sie auf ihrem [[Erfurter Parteitag|Parteitag in Erfurt]] das gleichnamige Programm. Die von [[Karl Kautsky]] und [[Eduard Bernstein]] entworfenen Leitlinien lehnen den Reformismus ab und lehnen sich wieder stärker an den Marxismus an.<br />
<br />
Die frühe SPD stand den [[Gewerkschaft]]en nahe und war ideologisch wie die meisten sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien [[Europa]]s im 19. Jahrhundert am revolutionären [[Marxismus]] ausgerichtet. Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts stellte [[Eduard Bernstein]] seine [[Revisionismus]]theorie dem noch mehrheitlich [[revolution]]är gesinnten Lager der SPD entgegen. Die Revisionismustheorie setzte sich spätestens nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] in der Partei durch. Im Wesentlichen beinhaltet diese Theorie die angestrebte sozialistische Umwandlung der Gesellschaft durch [[Reform]]en nach einer demokratisch legitimierten [[Regierung]]sübernahme durch Wahlen.<br />
Eine ähnliche grundlegende Auseinandersetzung war die [[Massenstreikdebatte]], welche vor allem unter dem Eindruck europäischer Streikbewegungen, insbesondere der russischen Revolution von 1905, entbrannte. Hier setzte sich der linke Flügel um Rosa Luxemburg und teilweise der revisionistische mit den reformistischen Gewerkschaften um die Frage auseinander, ob ein Streik als politisches Kampfmittel auch jenseits des Kampfes um Verbesserung der Arbeitsbedingungen angewandt werden kann. Die Debatte wurde formal 1906 mit dem Einknicken vor den Gewerkschaften im [[Massenstreikdebatte|Mannheimer Abkommen]] beendet.<br />
<br />
Die historischen Auseinandersetzungen um die Sozialdemokraten (Verfolgung, Repressionen vor allem unter der Reichskanzlerschaft [[Otto von Bismarck]]s&nbsp;– siehe [[Sozialistengesetz]]) führten dazu, dass die Parteistruktur der SPD sich am intensivsten entwickelte und hohe Effizienz erlangte. In dieser Zeit wurden oftmals Stimmen laut, die ein gewaltsames Vorgehen der Staatsgewalt gegen die Sozialdemokraten forderten, allen voran der [[Generalfeldmarschall]] [[Alfred von Waldersee|Alfred Graf von Waldersee]], der sich als „politischer“ Offizier einen Namen gemacht hatte und ein reaktionärer Vertreter der Staatsmacht war.<br />
Der riesigen Bevölkerungsgruppe der Arbeiter wohnte durch ihre kritische soziale Lage ein hohes politisches Potenzial inne. So wurde die SPD bald zur damals mitgliederstärksten Partei in Deutschland.<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! colspan="3" | Stimmenanteil und Zahl der Sitze der Sozialdemokratie<br />bei den Reichstagswahlen 1871–1912<ref>Gerd Hohorst, Jürgen Kocka und Gerhard A. Richter: ''Sozialgeschichtliches Arbeitsbuch II: Materialien zur Statistik des Kaiserreichs 1870–1914''. München, 1978. S. 173–175.''</ref><br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! Jahr<br />
! Stimmen<br />
! Sitze<br />
|- class="hintergrundfarbe7"<br />
! colspan="3" | ADAV zusammen mit SDAP<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1871|1871]] || align=center | 3,2 % || align=center | 2<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1874|1874]] || align=center | 6,8 % || align=center | 9<br />
|- class="hintergrundfarbe7"<br />
! colspan="3" | SAP<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1877|1877]] || align=center | 9,1 % || align=center | 12<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1878|1878]] || align=center | 7,6 % || align=center | 9<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1881|1881]] || align=center | 6,1 % || align=center | 12<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1884|1884]] || align=center | 9,7 % || align=center | 24<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1887|1887]] || align=center | 10,1 % || align=center | 11<br />
|- class="hintergrundfarbe7"<br />
! colspan="3" | SPD<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1890|1890]] || align=center | 19,8 % || align=center | 35<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1893|1893]] || align=center | 23,3 % || align=center | 44<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1898|1898]] || align=center | 27,2 % || align=center | 56<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1903|1903]] || align=center | 31,7 % || align=center | 81<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1907|1907]] || align=center | 28,9 % || align=center | 43<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1912|1912]] || align=center | 34,8 % || align=center | 110<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
Die SPD gewann – unter anderem wegen ihrer Gewerkschaftsnähe&nbsp;– trotz Verfolgung und Unterdrückung während der [[Otto von Bismarck|Bismarck-Ära]] immer mehr an Einfluss bei den [[Arbeiter]]n und deshalb auch im [[Reichstag (Deutsches Kaiserreich)|Reichstag]]. Im Jahr 1890&nbsp;− unmittelbar nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes&nbsp;− kam die Partei schon auf 19,8&nbsp;Prozent der Stimmen und war damit erstmals die wählerstärkste Partei im Reich; 1912 wurde sie mit 34,8&nbsp;Prozent (110 Abgeordneten) zur stärksten Fraktion im Reichstag. Nach dem Tode Bebels 1913, der als Integrationsfigur und Vermittler zwischen dem revolutionären und dem reformistischen Flügel der SPD galt, übernahm der deutlich gemäßigte [[Friedrich Ebert]] die Führung der Partei, die er sich mit [[Hugo Haase]] teilte.<br />
<br />
=== 1914 bis 1919: Erster Weltkrieg, Novemberrevolution, Spaltung ===<br />
Als der [[Erster Weltkrieg|Erste Weltkrieg]] ausgelöst wurde, stimmte die SPD-Reichstagsfraktion der Gewährung von [[Kriegsanleihe]]n zu. Einzig [[Karl Liebknecht]] (Sohn [[Wilhelm Liebknecht]]s), der seit 1912 für die SPD mit im Reichstag saß, stimmte im Dezember 1914 gegen die Kredite, nachdem er der ersten Abstimmung darüber aus Gründen der Parteiraison ferngeblieben war. 1915 folgte ihm [[Otto Rühle]]. Nach einer Antikriegsdemonstration wurde Liebknecht 1916 verhaftet und zu Zuchthaus verurteilt, aus dem er erst unmittelbar vor Kriegsende wieder entlassen wurde. Viele Mitglieder der SPD waren im Verlauf des Krieges zunehmend mit der kriegsbilligenden Haltung ihrer Partei, der sogenannten [[Burgfriedenspolitik]], nicht einverstanden und gründeten die [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]] (Unabhängige SPD).<br />
<br />
Der linksrevolutionäre [[Spartakusbund]], der 1916 unter Federführung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg nach dem Ausschluss Liebknechts und anderer aus der SPD als „Gruppe Internationale“ gegründet worden war und gegen den Krieg agitiert hatte, schloss sich ebenfalls der USPD an und bildete deren linken Flügel.<br />
<br />
Zur USPD wanderten nicht nur die linken „Antirevisionisten“ um Rosa Luxemburg ab, sondern auch [[Karl Kautsky]], der langjährige Herausgeber der Zeitschrift „[[Die Neue Zeit]]“, sowie führende Theoretiker des Reformflügels wie der Vater des [[Revisionismus]], [[Eduard Bernstein]]. In der verbliebenen „Mehrheits-SPD“ ([[Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands|MSPD]]) beeinflussten statt Kautsky und Bernstein ab 1915 die ehemaligen linken Antirevisionisten der [[Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe]], die dem deutsch-russischen Publizisten [[Alexander Parvus]] nahestanden, die theoretischen Debatten. Ihr Ziel war es, den erhofften deutschen Sieg im Ersten Weltkrieg zur Durchsetzung der sozialistischen Gesellschaftsordnung in Europa und zur Befreiung der osteuropäischen Völker vom „Joch des Zarismus“ zu nutzen.<br />
<br />
[[Heinrich Cunow]], Völkerkundler und Dozent an der Parteischule der SPD, löste 1917 Kautsky als Herausgeber der ''Neuen Zeit'' ab. Er sollte später Mitautor des Görlitzer und Heidelberger Programms der SPD werden. [[Konrad Haenisch]] war nach 1918 zunächst preußischer Kultusminister, dann Regierungspräsident in Wiesbaden und schließlich einer der Begründer des [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichbanners Schwarz-Rot-Gold]], einem von der SPD dominierten überparteilichen Bündnis parlamentarisch-demokratischen Parteien zum Schutz der Weimarer Republik gegen ihre Feinde an den politischen Rändern.<br />
Als vielen Sozialdemokraten ab 1917 bewusst wurde, dass der Krieg in eine Niederlage führt, schwand der Einfluss der Gruppe.<br />
<br />
Zum Ende des Ersten Weltkrieges, als die militärische Führung des Kaiserreichs die deutsche Niederlage schon eingeräumt hatte, kam es 1918 im Anschluss an die [[Meuterei]] der Matrosen in [[Wilhelmshaven]] und [[Kiel]] zur [[Novemberrevolution]], in deren Folge der Kaiser abdankte und nach Holland floh. Die MSPD unter [[Friedrich Ebert]], dem im Zuge der revolutionären Ereignisse die Regierung von Prinz [[Maximilian von Baden]] übergeben worden war, gab mehr dem Druck der Ereignisse nach, als dass sie auf eine Regierungsübernahme vorbereitet gewesen wäre. Überlegungen Eberts, auf eine Abschaffung der Monarchie zunächst zu verzichten, um einen Bürgerkrieg zu verhindern, erwiesen sich als illusorisch.<br />
<br />
Der Spartakusbund und Teile der USPD verfochten die Bildung einer [[Räterepublik]], wie sie ein Jahr zuvor bei der [[Oktoberrevolution]] in Russland durchgesetzt worden war. Doch von den die Revolution tragenden aktiven revolutionären Soldaten- und Arbeiterräten hatte nur eine Minderheit das Vorbild des erfolgreichen Umsturzes der russischen [[Bolschewiki]] im Auge. Sie strebten mehrheitlich vor allem ein Ende des Krieges und der Militärherrschaft an. Mit diesem Ziel stellten sie sich zuerst hinter die SPD-Führung, der sie vertrauten, und forderten die Wiedervereinigung der Mehrheits-SPD mit der unabhängigen SPD. Die SPD-Führung bot daraufhin der USPD die Bildung eines [[Rat der Volksbeauftragten|Rates der Volksbeauftragten]] als neuer Regierung an. Diese paritätisch mit MSPD- und USPD-Mitgliedern besetzte Revolutionsregierung unter der Führung von Ebert und Haase verstand sich als Provisorium für die revolutionäre Umbruchphase und legte sich auf eine aus baldigen allgemeinen Wahlen hervorgehende Nationalversammlung als verfassungsgebendes Organ fest.<br />
<br />
Schon Ende 1918 scheiterte die Koalition zwischen MSPD und USPD am Streit um den Einsatz von Militär gegen revoltierende Matrosen. Die nun allein die Regierung stellende MSPD empfand das eigenmächtige Vorgehen einzelner Räte als Verrat an den demokratischen Prinzipien der Arbeiterbewegung. Versuche, eine demokratische Volkswehr aufzubauen oder mehrheitssozialdemokratischen Freiwilligenverbänden eine Chance zu geben, scheiterten. Als während des [[Spartakusaufstand]]es im Januar 1919 die Volksbeauftragtenregierung angegriffen wurde, fiel die Entscheidung, dem Militär der alten Offiziere und den neuen [[Freikorps]]führern zu vertrauen.<br />
<br />
Mit der blutigen Niederschlagung des [[Spartakusaufstand]]es und der [[Münchner Räterepublik]] durch von Gustav Noske um den Jahreswechsel 1918/19 rekrutierte rechtsnationalistische [[Freikorps]] bis Mitte 1919 setzten sich die Mehrheitssozialdemokraten durch. Dabei erhielt der spätere erste [[Reichswehrministerium|Reichswehrminister]] der Weimarer Republik [[Gustav Noske]] den Beinamen „Bluthund“, den er sich im Grunde selber gab, als er bei der Anforderung, die Revolution niederzuschlagen, sagte: „Einer muss den Bluthund abgeben“. Unter seiner politischen Verantwortung standen zahlreiche Morde, die von den Freikorps an vielen bekannten und unbekannten auch vermeintlichen Revolutionären begangen wurden, darunter der Mord an [[Rosa Luxemburg]] und [[Karl Liebknecht]] am 15.&nbsp;Januar 1919, ausgeführt von Freikorpssoldaten unter Führung von [[Waldemar Pabst]].<ref>[[Klaus Gietinger]], [[Karl Heinz Roth]]: ''Die Verantwortung der Mehrheitssozialdemokratie für die Morde der deutschen Gegenrevolution im Jahr 1919. Eine Dokumentation.'' Teil I: [http://www.jungewelt.de/2007/12-15/015.php Symbiose mit der Reaktion] ([[junge Welt]], 15. Dezember 2007); Teil II: [http://www.jungewelt.de/2007/12-17/008.php „… sofort an die Mauer“]; (''junge Welt'', 17. Dezember 2007).</ref><br />
<br />
Die Rolle Eberts, Noskes und [[Philipp Scheidemann|Scheidemanns]] während der Monate der Novemberrevolution und ihrer Niederschlagung führte bis in die Gegenwart zum historischen Vorwurf verschiedener parlamentarisch und vor allem [[Außerparlamentarische Opposition|außerparlamentarisch]] aktiver [[Politische Linke|linker]] Gruppen und Parteien an die SPD, die Revolution und damit zu einem großen Teil gerade ihre eigenen Anhänger verraten zu haben. Aus dem Spartakusbund und weiteren linksrevolutionären Gruppierungen wurde bis zum 1.&nbsp;Januar 1919 die [[Kommunistische Partei Deutschlands]] (KPD) gegründet. Damit war es zur endgültigen Trennung zwischen dem revolutionären und reformistischen Flügel der Sozialdemokratie gekommen.<br />
<br />
Die zunächst noch relativ einflussreiche USPD, die bei der [[Reichstagswahl 1920]] in Anerkennung ihres Beitrags zum Widerstand gegen den [[Kapp-Putsch]] noch 17,9&nbsp;Prozent der Wählerstimmen erreichen konnte, schloss sich wenige Monate nach dieser Wahl mit ihrem starken linksrevolutionären Flügel der KPD an (→&nbsp;[[Vereinigte Kommunistische Partei Deutschlands|VKPD]]), und wurde in den Folgejahren zwischen der KPD und der SPD weiter zerrieben. Sie spielte nach 1922, als nach einer weiteren Parteispaltung ein großer Teil der USPD in die SPD zurückgekehrt war, bis zu ihrem Aufgehen in der 1931 gegründeten [[Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1931)|SAP]] nur mehr eine marginale Rolle als [[Kleinpartei]] in der Weimarer Republik.<br />
<br />
=== 1919 bis 1933: Weimarer Republik ===<br />
[[Datei:SPD-Plakat 1919.jpg|miniatur|hochkant|SPD Wahlplakat 1919]]<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 102-00015, Friedrich Ebert.jpg|miniatur|hochkant|[[Friedrich Ebert]] als Reichspräsident der Weimarer Republik (1923)]]<br />
In der jungen [[Weimarer Republik]] stellte die SPD von 1919 bis 1925 mit Friedrich Ebert den [[Reichspräsident]]en und war bis 1920 in allen [[Reichsregierung]]en ([[Friedrich Ebert]], [[Philipp Scheidemann]], [[Gustav Bauer]], [[Hermann Müller (Reichskanzler)|Hermann Müller]]) vertreten. Danach&nbsp;– insbesondere nach dem Linksruck infolge der Wiedervereinigung mit der Rest-USPD 1922&nbsp;– beteiligte sich die SPD nur noch an wenigen Reichsregierungen, zuletzt 1928 bis 1930 am [[Kabinett Müller II]] ([[Große Koalition]]) unter [[Reichskanzler]] [[Hermann Müller (Reichskanzler)|Hermann Müller]], während sie in [[Preußen]] mit [[Otto Braun]] von 1920 bis 1932 fast durchgehend den Ministerpräsidenten stellte.<br />
<br />
Die SPD versuchte als „konstruktive [[Opposition (Politik)|Opposition]]“ ihren Einfluss auf die Reichspolitik zu wahren, da sie fürchtete, durch häufige Regierungsbeteiligungen noch mehr enttäuschte Arbeiter-Wähler an die KPD zu verlieren. Ihre soziale Basis während der [[Weimarer Republik]] stellten vor allem die gewerkschaftlich organisierten Facharbeiter dar.<br />
<br />
Während des Aufstiegs der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] konnte die SPD zwar ihren Wählerstamm halten, den Stimmengewinnen der Nationalsozialisten, die zu einem Gutteil aus dem Nicht- und Jungwählerreservoir kamen, hatte sie allerdings wenig entgegenzusetzen. Aufgrund ihrer organisatorischen Verkrustung, der Unmöglichkeit einer Zusammenarbeit mit der KPD, von der die SPD als ''„sozialfaschistisch“'' bezeichnet wurde, und&nbsp;– mit Ausnahme des Zentrums&nbsp;– der Marginalisierung der bürgerlichen Parteien fand sie für den Widerstand gegen den heraufziehenden Nationalsozialismus keine Bündnispartner.<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! colspan="3" | Stimmenanteil der SPD bei der Wahl zur Nationalver-<br />sammlung 1919 und den Reichstagswahlen 1920–1933<ref>D. Petzina, W. Abelshauser, A. Faust: ''Sozialgeschichtliches Arbeitsbuch III: Materialien zur Statistik des Deutschen Reiches 1914–1945''. München, 1978. S. 174.</ref><br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! Jahr<br />
! Stimmen<br />
! Sitze<br />
|-<br />
| [[Wahl zur Deutschen Nationalversammlung|Januar 1919]] || align=center | 37,9 % || align=center | 163<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1920|Juni 1920]] || align=center | 21,7 % || align=center | 102<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl Mai 1924|Mai 1924]] || align=center | 20,5 % || align=center | 100<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl Dezember 1924|Dezember 1924]] || align=center | 26,0 % || align=center | 131<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1928|Mai 1928]] || align=center | 29,8 % || align=center | 153<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1930|September 1930]] || align=center | 24,5 % || align=center | 143<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl Juli 1932|Juli 1932]] || align=center | 21,6 % || align=center | 133<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl November 1932|November 1932]] || align=center | 20,4 % || align=center | 121<br />
|-<br />
| [[Reichstagswahl 1933|März 1933]] || align=center | 18,3 % || align=center | 120<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
Die [[Minderheitsregierung|Tolerierungspolitik]] der SPD-Reichstagsfraktion gegenüber der Regierung [[Heinrich Brüning|Brüning]] 1930 bis 1932 führte vor allem bei Teilen der Parteijugend und beim linken Parteiflügel zu anwachsender Kritik an Partei- und Fraktionsführung und mündete 1931 in der Abspaltung eines Teils der Parteilinken, welche sich als [[Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (1931)|Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands]] (SAP) formierte.<br />
<br />
Durch den „[[Preußenschlag]]“ ihrer letzten Bastion beraubt, wahrten die Nein-Stimmen der SPD bei der Abstimmung über das [[Ermächtigungsgesetz]], die den wichtigsten Schritt der Nationalsozialisten bei der [[Machtergreifung|Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats]] auf formal legalem Wege darstellten, die Ehre der demokratischen Parteien, da alle anderen bürgerlichen Parteien diesem Gesetz zustimmten.<br />
<br />
Nachdem die Einrichtungen der Partei bereits beschlagnahmt waren und ein großer Teil des Parteivorstandes emigriert war, stimmte am 17.&nbsp;Mai 1933 eine Rumpfgruppe der SPD-Reichstagsfraktion unter dem Eindruck von Morddrohungen für die außenpolitische Erklärung [[Adolf Hitler]]s. Am 22.&nbsp;Juni wurde der SPD ein Betätigungsverbot ausgesprochen, in den darauf folgenden Tagen lösten sich alle anderen Parteien mit Ausnahme der NSDAP selbst auf. Am 7.&nbsp;Juli hob die ''Verordnung zur Sicherung der Staatsführung'' des Reichsinnenministers [[Wilhelm Frick#Mitwirkung bei der Gleichschaltung|Frick]] sämtliche SPD-Abgeordnetenmandate im Reichstag, in den Landtagen und Gemeindeparlamenten auf,<ref>[http://alex.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?apm=0&aid=dra&datum=19330007&seite=00000462&zoom=2 Text der ''Verordnung zur Sicherung der Staatsführung'' vom 7. Juli 1933] im [[Reichsgesetzblatt]] in retrodigitalisierter Form bei [[ALEX – Historische Rechts- und Gesetzestexte Online]]</ref> am 14.&nbsp;Juli schließlich folgte das ''Gesetz gegen die Neubildung von Parteien''.<ref>[http://www.verfassungen.de/de/de33-45/parteien33.htm Text des ''Gesetzes gegen die Neubildung von Parteien''] bei verfassungen.de</ref><br />
<br />
=== 1933 bis 1949: Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg, Nachkriegszeit ===<br />
[[Datei:Briefmarke Otto Wels 1973.jpg|miniatur|Briefmarke zum 100. Geburtstag von Otto Wels 1973 (Entwurf [[Karl Oskar Blase]])]]<br />
Am 22.&nbsp;März 1933&nbsp;– wenige Wochen nach seiner Amtsübernahme als Reichskanzler des Deutschen Reiches&nbsp;– stellte Adolf Hitler sein [[Ermächtigungsgesetz]] dem Reichstag vor. Diesen entscheidenden Schlag gegen die Verfassung und somit den Schritt zur Ausschaltung des Reichstags erkannte auch [[Otto Wels]] (Vorsitzender der SPD). Dieser kritisierte Hitler scharf und warf ihm Verfassungsbruch vor. Trotz des Wahlterrors durch die SA entschieden sich die 94 anwesenden SPD-Abgeordneten, die nicht verhaftet oder geflohen waren, geschlossen gegen die Gesetzesvorlage. Die restlichen anwesenden 444 Parlamentarier stimmten zu. Trotz des persönlichen Mutes Weniger konnte Hitler sein Ziel erreichen und die Parteien formell aus der Legislative entfernen.<br />
Die Sozialdemokraten gehörten während der [[Zeit des Nationalsozialismus]] zu den ersten Gruppierungen, die von den Nazis verfolgt wurden. Viele Mitglieder, die sich nicht ins Exil flüchten konnten oder wollten, starben in [[Konzentrationslager]]n und [[Zuchthaus|Zuchthäusern]].<br />
<br />
Eine Minderheit der Mitglieder der SPD leistete, teilweise als Mitglieder illegal weiter geführter Partei- oder [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichsbannerstrukturen]], teilweise in sich kritisch vom Parteivorstand abgrenzenden Gruppen wie [[Neu Beginnen]], den [[Revolutionäre Sozialisten Deutschlands|Revolutionären Sozialisten Deutschlands]], der [[Sozialistische Front|Sozialistischen Front]] oder dem [[Roter Stoßtrupp|Roten Stoßtrupp]] [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerstand gegen das NS-Regime]]. Einzelne bekannte SPD-Mitglieder wie [[Julius Leber]], [[Adolf Reichwein]] oder [[Wilhelm Leuschner]] waren an den Planungen, die zum [[Attentat vom 20. Juli 1944|Aufstandsversuch am 20.&nbsp;Juli 1944]] führten, beteiligt oder gehörten dem [[Kreisauer Kreis]] an. Das Gros der Parteimitglieder blieb gegenüber der [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen Ideologie]] resistent und bewahrte einen Zusammenhalt untereinander, war aber nicht an direkten Widerstandsaktivitäten beteiligt.<br />
Die Exilorganisation [[Sopade|SoPaDe]] wurde in Prag gegründet und verlegte ihren Sitz später nach Paris, danach nach London.<br />
<br />
Nach dem Krieg begann der Wiederaufbau der Partei mit der Gründung eines Zentralausschusses am 15.&nbsp;Juni 1945 in [[Berlin]] und örtlichen Initiativen in allen Landesteilen. Vorsitzender des Zentralausschusses war [[Otto Grotewohl]], andere prominente Vertreter waren [[Gustav Dahrendorf]], [[Annedore Leber]], [[Erich Gniffke|Erich W. Gniffke]] und [[Max Fechner]]. [[Kurt Schumacher]] arbeitete von Hannover aus gegen die Anerkennung des Zentralausschusses in Berlin als nationalem Sammelpunkt und strebte eine ausschließlich auf die [[Trizone|Westzonen]] beschränkte SPD an; Kontakte mit Sozialdemokraten in der [[Sowjetische Besatzungszone|SBZ]] hatte sein Büro nicht. Auf der [[Wennigsen (Deister)#SPD-Wiedergründung|Wennigser Konferenz]] in [[Wennigsen (Deister)|Wennigsen]] vom 5. bis 8.&nbsp;Oktober 1945 setzte Schumacher durch, dass der Zentralausschuss nur für die sowjetische Besatzungszone zuständig sein solle, und er als „Beauftragter für die Westzonen“ eingesetzt wurde. Nach Unterredungen und Briefwechseln zwischen Schumacher einerseits und [[Otto Brenner]] und [[Willi Eichler]] andererseits schlossen sich in den Westzonen weiterhin die meisten Mitglieder der von diesen repräsentierten Gruppen ''Sozialistische Arbeiterpartei'' (SAP) und [[Internationaler Sozialistischer Kampfbund]] (ISK) der SPD (wieder) an.<br />
<br />
Die KPD, deren neue, aus Moskau heimgekehrte Führung zunächst scharf gegen die spontanen Initiativen zur Bildung einer einheitlichen Arbeiterpartei vorgegangen war, änderte gegen Ende 1945 ihre Haltung und drängte die SPD zu einer Vereinigung der beiden Parteien, was durch Repressalien seitens der sowjetischen Besatzungsmacht bestärkt wurde. Die KPD wollte die Macht in Ostdeutschland, und die SPD hatte die erforderliche Basis von 600.000 Mitgliedern dazu. Otto Grotewohls Bemühen um einen deutschlandweiten Parteitag der SPD, der über dies Ansinnen einer Vereinigung beraten und entscheiden sollte, wurde von Schumacher entschieden zurückgewiesen. Die Wiedererrichtung der Partei im nationalen Rahmen sei erst möglich, nachdem eine gesamtdeutsche Regierung gebildet worden sei, so Schumacher. Stattdessen forderte er den Zentralausschuss auf, die SPD in der sowjetischen Besatzungszone aufzulösen, und eine separate SPD in den [[Viersektorenstadt|Westsektoren von Berlin]] zu bilden. Ersteres erreichte er nicht, letzteres organisierte er dann selber zusammen mit einigen Kreisvorsitzenden aus den Westsektoren.<br />
<br />
[[Datei:2 DM Kopseite Kurt Schumacher.jpg|miniatur|Kurt Schumacher, 1.&nbsp;Nachkriegsvorsitzender der SPD auf der 2-DM-Münze]]<br />
Auf dem Vereinigungsparteitag am 21. und 22. April 1946 kam es zu einer [[Zwangsvereinigung]] von SPD und KPD zur SED ([[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands]]) in der [[Sowjetische Besatzungszone|SBZ]].<ref>Walter 2009, S. 294.</ref> Dies geschah auf einem sogenannten „Vereinigungsparteitag“, auf dem manche Delegierte der SPD aus der SBZ und Delegierte der KPD aus ganz Deutschland unter Kontrolle der Sowjets standen. Zahlreiche ostdeutsche Sozialdemokraten, die sich dem Druck nicht beugen wollten, flohen in die Westzonen. Die [[SPD Berlin#Die SPD in Ost-Berlin|Ortsvereine der SPD im sowjetisch besetzten Sektor Berlins]], bestehend aus Mitgliedern, die sich nicht der SED angeschlossen hatten, existierten noch bis 1961.<ref>Vgl. Siegfried Heimann: ''Ostberliner Sozialdemokraten in den frühen fünfziger Jahren'' ([http://archiv.spd-berlin.de/geschichte/geschichte-der-spd-in-ost-berlin/siegfried-heimann-ostberliner-sozialdemokraten-in-den-fruehen-fuenfziger-jahren/ online])</ref> Im Zuge der Umwandlung der SED in eine „Partei neuen Typs“, bei der die nicht im Statut der SED vorgesehenen „Parteikonferenzen“ eine entscheidende Rolle spielten, wurden die in der SED verbliebenen Sozialdemokraten immer weiter in den Hintergrund gedrängt. Viele fielen den von [[Josef Stalin]] angeordneten [[Stalinsche Säuberungen|Säuberungen]] zum Opfer.<br />
<br />
Vom 9. bis 11. Mai 1946 fand in Hannover in einem Saal der [[Hanomag]] der erste Parteitag nach dem Kriegsende statt. Die 258 Delegierten stammten aus den drei Westzonen sowie aus den vier Berliner Sektoren. Die Ostzone war nicht vertreten. In seiner programmatischen Rede über ''Aufgaben und Ziele der deutschen Sozialdemokratie'' wiederholte Kurt Schumacher die Kritik an der Politik der KPD/SED und erhob für den Parteitag den Vertretungsanspruch für die Sozialdemokraten in der SBZ. Nach Schumachers Rede sprach [[Viktor Agartz]] über eine sozialistische Wirtschaftspolitik. Auf dem Parteitag, der zuvor das neue Organsationsstatur verabschiedet hatte, wählten die Delegierten Kurt Schumacher zum 1.&nbsp;Vorsitzenden und [[Erich Ollenhauer]] sowie [[Wilhelm Knothe]] zu stellvertretende Vorsitzenden.<ref>Siegfried Heimann: ''Gegen die Partei von Stalins Gnaden''. In: Vorwärts 05/2011, S. 32.</ref><br />
<br />
=== 1949 bis 1966: Opposition im Bundestag ===<br />
Bei den ersten [[Bundestagswahl 1949|Bundestagswahlen 1949]] in der westdeutschen [[Deutschland#Teilung und Wiedervereinigung (1949–1990)|Bundesrepublik Deutschland]] lag die SPD unter Führung [[Kurt Schumacher]]s nur knapp hinter der [[Unionsparteien|CDU/CSU]] unter der Führung [[Konrad Adenauer]]s, ging jedoch als Konsequenz aus diesem Ergebnis in die Opposition.<br />
<br />
In Westdeutschland stand die SPD der von der [[Bundesregierung (Deutschland)|Bundesregierung]] entworfenen [[Soziale Marktwirtschaft|sozialen Marktwirtschaft]] zunächst äußerst kritisch gegenüber und forderte die [[Verstaatlichung]] aller Grundstoffindustrien. Im Gegensatz zu Adenauers Politik der [[Westintegration]] stellte die SPD das [[Wiedervereinigungsgebot]] über eine zu enge Anlehnung an die [[Vereinigte Staaten|USA]] und Westeuropa. SPD-Konzeptionen zur [[Deutsche Frage#Deutsche Teilung (1945–1990)|Deutschlandpolitik]] aus dieser Zeit halten eine politische [[Neutralität (Internationale Politik)|Neutralität]] Deutschlands für möglich und sprechen sich strikt gegen eine [[Wiederbewaffnung]] des Landes aus.<br />
<br />
Nach für die Sozialdemokraten enttäuschenden Wahlergebnissen bei den [[Bundestagswahl 1953|Bundestagswahlen 1953]] und [[Bundestagswahl 1957|1957]], bei denen [[Erich Ollenhauer]] beide Male als [[Kanzlerkandidat]] Bundeskanzler Adenauer unterlag, deutete sich ein Politikwechsel an. Das [[Godesberger Programm]] von 1959 markierte programmatisch den praktisch längst vollzogenen Wandel von einer [[Marxismus|marxistischen]] [[Arbeiterpartei]] zur [[Volkspartei]]. Mit einer außenpolitischen Grundsatzrede Wehners akzeptierte die SPD 1960 schließlich die Westbindung und ließ ihren [[Deutschlandplan]] von 1959 fallen.<br />
<br />
Diese Öffnung wirkte sich bei den [[Bundestagswahl 1961|Bundestagswahlen 1961]] und [[Bundestagswahl 1965|1965]] positiv auf die Ergebnisse aus; ein weiterer Grund war, dass mit [[Berlin]]s [[Regierender Bürgermeister von Berlin|Regierendem Bürgermeister]] [[Willy Brandt]] ein neuer Spitzenkandidat aufgestellt wurde.<br />
<br />
=== 1966 bis 1969: Erste Große Koalition ===<br />
Im Rahmen der [[Große Koalition|Großen Koalition]] von 1966 bis 1969 stellte die SPD erstmals in der Nachkriegszeit [[Regierung]]smitglieder, sie war unter Bundeskanzler [[Kurt Georg Kiesinger|Kiesinger]] Juniorpartner mit [[Willy Brandt]] als [[Außenminister]]. Da die [[Freie Demokratische Partei|FDP]] zu dieser Zeit schon auf Grund ihrer geringen Sitzzahl kaum [[Opposition (Politik)|Oppositionsarbeit]] leisten konnte, entwickelte sich die zunehmend sozialistisch-revolutionär gesinnte [[außerparlamentarische Opposition]] der [[Deutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre|Studentenbewegung]], die organisatorisch vor allem vom Sozialistischen Deutschen Studentenbund ([[Sozialistischer Deutscher Studentenbund|SDS]]) getragen wurde. Vor allem in den Jahren 1967 und 1968 kam es im Zuge der [[Deutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre#1967/68: Höhepunkt der Mobilisierung|studentischen Proteste]] unter anderem gegen die geplante [[Notstandsgesetzgebung]] zu massiven [[Demonstration]]en und teilweise militanten Krawallen gegen die Regierung der Großen Koalition.<br />
<br />
=== 1969 bis 1982: Koalition mit der FDP ===<br />
[[Datei:Willy-brandt-und-richard-nixon 1-588x398.jpg|miniatur|links|Willy Brandt (links im Bild) bei einem Treffen mit dem US-Präsidenten Richard Nixon, 1971]]<br />
<br />
Auf Grund des Ergebnisses der [[Bundestagswahl 1969]] konnte die SPD zum ersten Mal den Bundeskanzler stellen. Willy Brandt bildete unter dem Motto ''„Mehr Demokratie wagen“'' eine [[sozialliberale Koalition]] mit der FDP und wurde daraufhin zum [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] gewählt.<br />
Unter [[Willy Brandt]] und, nach dessen Rücktritt 1974 in Folge der [[Guillaume-Affäre]], unter [[Helmut Schmidt]] folgte im Rahmen der [[Ostpolitik|Ostverträge]] eine Entspannungspolitik mit den Staaten des [[Warschauer Pakt]]es sowie ein umfangreiches Reformprogramm in der [[Rechtspolitik]], der [[Bildungspolitik]] und der [[Familienpolitik]].<br />
<br />
[[Datei:Schmidt.JPG|miniatur|hochkant|Helmut Schmidt, 1977]]<br />
Die ''[[neue Ostpolitik]]'' stieß bei einem Teil der Abgeordneten der Regierungskoalition auf Widerspruch. Einige von ihnen wechselten zur oppositionellen CDU/CSU, die Koalition verlor dadurch ihre Mehrheit. Der Versuch der Opposition, Willy Brandt 1972 mittels eines [[Konstruktives Misstrauensvotum (Deutschland)|konstruktiven Misstrauensvotums]] durch [[Rainer Barzel]] abzulösen, misslang allerdings überraschend. Heute weiß man, dass zwei Bundestagsmitglieder der Union durch die ostdeutsche [[Ministerium für Staatssicherheit|Stasi]] bestochen worden waren. Bei den darauf folgenden [[Bundestagswahl 1972|Neuwahlen]] errang die SPD den höchsten Stimmenanteil ihrer Geschichte und wurde erstmals stärkste [[Bundestagsfraktion]].<br />
<br />
Aufgrund der [[Guillaume-Affäre]], in der der enge Brandt-Mitarbeiter [[Günter Guillaume]] als [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]]-[[Spionage|Spion]] im [[Bundeskanzleramt (Deutschland)|Kanzleramt]] enttarnt wurde, trat Willy Brandt 1974 als Kanzler zugunsten Helmut Schmidts zurück, blieb aber Parteivorsitzender.<br />
<br />
Schmidt setzte sich bei den [[Bundestagswahl 1976|Bundestagswahlen 1976]] gegen [[Helmut Kohl]] und [[Bundestagswahl 1980|1980]] gegen [[Franz Josef Strauß]] durch. Zwar gingen aus beiden Wahlen die [[Unionsparteien]] als stärkste Kraft hervor, doch konnte die SPD zusammen mit der FDP die [[absolute Mehrheit]] der Bundestagsmandate erringen und somit die sozialliberale Koalition fortführen.<br />
<br />
Am 17. September 1982 kündigte die FDP die Koalition auf. Hinsichtlich der Ursachen für den Koalitionsbruch gibt es verschiedene politische Betrachtungsweisen.<br />
<br />
Die FDP selbst begründete den Koalitionsbruch mit der wirtschaftlichen Krise in der Bundesrepublik und steigenden [[Arbeitslosigkeit|Arbeitslosenzahlen]]. Zudem vertritt sie bis heute den Standpunkt, Helmut Schmidt habe seine eigene Fraktion nicht mehr geschlossen hinter sich bringen können (zum Beispiel beim [[NATO-Doppelbeschluss]]).<br />
<br />
Anderslautende Standpunkte, welche auch von der SPD geteilt wurden, sahen im Koalitionswechsel einen Wortbruch und Verrat der FDP gegenüber der SPD, die noch im Bundestagswahlkampf 1980 mit Schmidts Namen auf ihren Wahlplakaten geworben und nunmehr aus rein machttaktischen Gründen die Koalition verlassen habe.<br />
<br />
=== 1982 bis 1998: Wieder in der Opposition ===<br />
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F079283-0006, Münster, SPD-Parteitag, Vogel.jpg|miniatur|Hans-Jochen Vogel auf einem SPD-Parteitag, 1988]]<br />
Mit einem [[Misstrauensvotum|konstruktiven Misstrauensvotum]] wählten große Teile der FDP zusammen mit der CDU/CSU [[Helmut Kohl]] zum neuen Bundeskanzler.<br />
<br />
Die ersten Jahre in der Opposition waren von einer inhaltlichen Neujustierung der Partei und dem Ziel, sich inhaltlich der sich wandelnden Gesellschaft anzupassen, geprägt, wobei diese Neujustierung parteiintern bisweilen emotionale Debatten auslöste.<br />
<br />
Bei den [[Bundestagswahl 1983|Bundestagswahlen 1983]] und [[Bundestagswahl 1987|1987]] unterlagen ihre Kanzlerkandidaten [[Hans-Jochen Vogel]] und [[Johannes Rau]] gegen Helmut Kohl.<br />
<br />
Am 7. Oktober 1989 wurde in [[Oberkrämer|Schwante]] bei Berlin die [[Sozialdemokratische Partei in der DDR]] (SDP) gegründet, die am Vereinigungsparteitag am 26./27.&nbsp;September 1990 in der SPD aufging. Zu den Gründungsmitgliedern der SDP gehörten [[Angelika Barbe]], [[Martin Gutzeit]], [[Markus Meckel]], [[Stephan Hilsberg]] und [[Ibrahim Böhme]].<br />
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F074207-0016, Bonn, Ministerpräsidenten, Medienstaatsvertrag.jpg|miniatur|links|Oskar Lafontaine bei einer Beratung von Ministerpräsidenten, 1986 mit [[Johannes Rau]] in Bonn]]<br />
Saarlands Ministerpräsident [[Oskar Lafontaine]] kritisierte die geplante Ausdehnung des Geltungsbereichs der D-Mark zum 1. Juli in der DDR, da er im Falle der schnellen [[Währungsunion]] eine deutlich steigende Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland befürchtete.<ref>[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13507166.html Interview mit Oskar Lafontaine, „Eine eminente Fehlentscheidung“], in: [[Der Spiegel]] 22/1990, S. 26 ff.</ref> Zudem befürwortete er im Gegensatz zu Kohl<ref>{{Literatur| Autor=Helmut Kohl| Titel=Fernsehansprache von Bundeskanzler Kohl anlässlich des Inkrafttretens der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, 1. Juli 1990 | Sammelwerk=Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung | Nummer=86 | Jahr=1990 | Monat=Juli | Tag=3 | Seiten=741&nbsp;f. | Online=[http://www.helmut-kohl.de/index.php?msg=555 helmut-kohl.de]| Zugriff=September 2010}}</ref> eine Steuererhöhung<ref>Brigitte Beier: Die Chronik der Deutschen. wissenmedia Verlag, 2007, S. 450</ref>, da seiner Ansicht nach sonst eine Finanzierung der deutschen Einheit ohne stark steigende Staatsverschuldung nicht möglich wäre. Entgegen dem stand der SPD-Vorsitzende und innerparteiliche Konkurrent [[Hans-Jochen Vogel]] mit einer positiven Haltung zur Währungsreform. Eine skeptische Haltung zur schnellen wirtschaftlichen Wiedervereinigung erhielt in der Partei und den Umfragen zunächst Zuspruch und im Januar 1990 erzielte die SPD bei den [[Saarland#Landtagswahlen|Landtagswahlen im Saarland 1990]] unter Lafontaine mit 54,4 % zudem ihr bis heute bestes Ergebnis im Saarland. Lafontaine wurde daraufhin im März mit deutlicher Zustimmung, auch von Hans-Jochen Vogel, zum Kanzlerkandidat der SPD gekürt.<br />
<br />
Die Situation änderte sich für die SPD jedoch mit dem Einigungsprozess, während dem Lafontaine aufgrund eines Attentates, bei dem er lebensgefährlich verletzt wurde, zudem zeitweise ausfiel. Kanzler Helmut Kohl erhielt wegen seiner Außenpolitik, unter anderem nach dem Staatsbesuch bei Gorbatschow und der Unterzeichnung des [[Zwei-plus-Vier-Vertrag]]es, durchgängig Lob von den Medien und die SPD-Kandidatur wurde bereits als aussichtslos beurteilt.<ref>Vgl. die Zusammenfassung der Medienberichterstattung in: Christian Chmel, ''Die deutschlandpolitischen Positionen von Helmut Kohl und Oskar Lafontaine im Bundestagswahlkampf 1990: Chronologie und Analyse'', Grin Akademische Schriftenreihe, 2008, [http://books.google.de/books?id=lnVfqsDINXMC&pg=PA94&dq=spd+lafontaine+wiedervereinigung&hl=de&ei=RRWJTM24BanT4waoipXSBA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=2&ved=0CC8Q6AEwAQ#v=onepage&q=spd%20lafontaine%20wiedervereinigung&f=false S. 93].</ref> In dieser Aufbruchstimmung folgten Medien und Wähler, insbesondere in Ostdeutschland, zu einem großen Teil dem optimistischen Vorstellungen („[[Blühende Landschaften]]“) der Regierung. Zusätzlich ergab sich für die SPD im Osten das Problem, dass sie im Wahlkampf von Medien als SED-nahe dargestellt wurde. Angesichts der Situation setzte auch [[Richard Schröder (Theologe)|Richard Schröder]] als Fraktionsvorsitzender der Ost-SPD auf Tempo bei der Realisierung einer Währungsunion um die Einheit schnellstmöglich zu erreichen.<ref>Richard Schröder: ''Die wichtigsten Irrtümer über die deutsche Einheit.'' Freiburg im Breisgau 2007, S. 115.</ref> Auch Willy Brandt änderte seine zuvor skeptische Haltung und begrüßte die schnelle Vereinigung: „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“. Die Sozialdemokratische Partei erzielte nichtsdestotrotz in der DDR bei der [[Volkskammerwahl 1990|Wahl zur Volkskammer]] am 18. März 1990 nur 21,7&nbsp;Prozent der Stimmen; sie beteiligte sich danach vom 12. April bis 20. August 1990 als Juniorpartner an der ersten [[Freie Wahl|freien]] und demokratisch gewählten Regierung der DDR unter Ministerpräsident [[Lothar de Maizière]] (CDU). Im wiedervereinigten Deutschland unterlag sie bei der ersten gesamtdeutschen [[Bundestagswahl 1990]] mit 33,5 % der Stimmen der schwarz-gelben Koalition.<br />
<br />
Innerparteilich umstritten waren ebenfalls die Positionen zum [[Asylrecht (Deutschland)|Asylrecht]] und zu [[Auslandseinsätze der Bundeswehr|Auslandseinsätzen der Bundeswehr]], wobei in den Medien die Position für die Einschränkungen des Rechtes und der Zustimmung zu den Einsätzen überwog. Mit der sogenannten [[Petersberger Wende]] stimmte die SPD schlussendlich der Begrenzung der Asylberwerberzahlen und Bundeswehr-Auslandseinsätzen zu.<br />
<br />
Der zwischenzeitliche Kanzlerkandidat und Parteivorsitzende [[Björn Engholm]] trat 1993 vorzeitig von seinen Ämtern zurück, nachdem bekannt wurde, dass er im Rahmen der [[Barschel-Affäre]] eine Falschaussage machte (siehe auch „[[Schubladenaffäre]]“). Infolgedessen wurde das erste Mal eine Mitgliederbefragung über den Parteivorsitz unter den Mitgliedern durchgeführt, die [[Rudolf Scharping]] vor [[Gerhard Schröder]] und [[Heidemarie Wieczorek-Zeul]] gewann.<br />
<br />
Kanzlerkandidat Scharping trat im Wahlkampf zusammen mit [[Gerhard Schröder]] und Oskar Lafontaine als sogenannte [[Troika (Führungsspitze)|Troika]] an. Bestimmende Themen des Regierungsprogramms zur Wahl waren unter anderem Pläne zur Verringerung der Arbeitslosigkeit und die Entwicklung hin zu einer „ökologischen Marktwirtschaft“. Die SPD kritisierte auch explizit, dass die Kosten der Einheit zu einem großen Teil den Sozialversicherungen aufgetragen wurden und wandte sich gegen Privatisierungspläne im Gesundheitswesen.<ref>[http://library.fes.de/pdf-files/bibliothek/retro-scans/fa94-02358.pdf Reformen für Deutschland: das Regierungsprogramm der SPD] – [Electronic ed.], Bonn 1994</ref> Bei der [[Bundestagswahl 1994]] erhielt die SPD 36,4 % der Stimmen. Sie konnte somit ihre Stimmen vermehren, aber trotz der, nach der ernüchternden Entwicklung der Einheit, deutlich gesunkenen Popularität von Kohl keine Mehrheit erreichen. 1995 unterlag Scharping dann bei der Abstimmung um den Parteivorsitz dem damaligen saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine.<br />
<br />
=== 1998 bis 2005: Rot-Grün und Bundeskanzler Gerhard Schröder ===<br />
[[Datei:Gerhardschroeder.jpg|miniatur|[[Gerhard Schröder]] bei einer Wahlkampfrede zur Bundestagswahl 2005]]<br />
Erst bei der [[Bundestagswahl 1998]] gelang der SPD mit dem damaligen [[Ministerpräsident]]en [[Niedersachsen]]s, [[Gerhard Schröder]], als Kanzlerkandidat die Rückkehr an die [[Regierung]], diesmal in einer [[Rot-Grüne Koalition|rot-grünen Koalition]] mit [[Bündnis 90/Die Grünen]].<br />
<br />
Bei der [[Bundestagswahl 2002]] konnte sich Bundeskanzler Schröder gegen den Kanzlerkandidaten der Union und bayerischen [[Ministerpräsident]]en [[Edmund Stoiber]] ([[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]]) durchsetzen. Die Koalition gewann mit 1,2&nbsp;Prozentpunkten Vorsprung gegenüber der Union und der FDP, während die PDS an der [[Fünf-Prozent-Hürde]] scheiterte. Trotz der annähernd gleichen Anzahl an Zweitstimmen mit den Unionsparteien (SPD: 18.488.668; CDU/CSU: 18.482.641) stellte die SPD auf Grund von Überhangmandaten knapp die stärkste Bundestagsfraktion.<ref>[http://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen/fruehere_bundestagswahlen/btw2002.html Wahl zum 15. Deutschen Bundestag am 22. September 2002]</ref><br />
<br />
Nach verlorenen [[Landesparlament|Landtagswahlen]] erhielt die SPD bei der Europawahl am 13.&nbsp;Juni 2004 mit 21,5&nbsp;Prozent ihr bis dahin niedrigstes Ergebnis in einer bundesweiten Wahl seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Stammwähler fühlten sich durch die Politik der „[[Agenda 2010]]“ verprellt und blieben der Wahl fern. Viele andere nahmen den Kurs der SPD, der nicht nur in anderen Parteien, sondern auch in der Mitgliederschaft der SPD selbst auf Kritik stieß, als zerstritten wahr. Der seit Anfang der 1980er anhaltende Mitgliederschwund beschleunigte sich. Teile des linken, [[gewerkschaft]]snahen Flügels spalteten sich nach hitzigen Debatten ab und gründeten 2004 zuerst den Verein [[Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit]], aus dem im Januar 2005 eine neue Partei, [[Arbeit & soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative|WASG]], entstand, die politisch links von der „[[Politisches Spektrum#Sozialdemokratie|Neue Mitte]]“-SPD angesiedelt war.<br />
<br />
Am 25.&nbsp;Mai 2005, unmittelbar nach der von der SPD verlorenen Landtagswahl in [[Nordrhein-Westfalen]] (NRW), trat der ehemalige Parteivorsitzende [[Oskar Lafontaine]] wegen der nach seiner Auffassung mit den Grundsätzen der Sozialdemokratie nicht zu vereinbarenden Regierungspolitik ([[Agenda 2010]], [[Hartz-Konzept|Hartz IV]]) aus der SPD aus und wurde wenige Wochen später Mitglied der [[Arbeit & soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative|WASG]], nachdem diese ein Linksbündnis mit der [[Partei des Demokratischen Sozialismus|PDS]] für die Bundestagswahl im Herbst 2005 eingegangen war.<br />
<br />
Eine vorzeitige Bundestagswahl war vom Bundeskanzler und der SPD-Parteispitze nach der Niederlage bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen angekündigt worden. Die Ziele der SPD für die Wahlen am 18.&nbsp;September 2005 waren: Weiterführung der [[Reform]]en unter Berücksichtigung sozialer Aspekte und der Verbleib in der Regierung.<br />
<br />
=== 2005 bis 2009: Zweite Große Koalition ===<br />
[[Datei:Muente kirchentag.jpg|miniatur|hochkant|[[Franz Müntefering]]: Vizekanzler sowie Minister für Arbeit und Soziales (2005–2007)]]<br />
[[Datei:Frank-Walter Steinmeier 20090902-DSCF9761.jpg|miniatur|hochkant|[[Frank-Walter Steinmeier]]: Außenminister (2005–2009) und Vizekanzler (2007–2009)]]<br />
Nachdem die SPD bei der [[Bundestagswahl 2005|herbeigeführten Bundestagswahl]] annähernd so stark wie die Unionsparteien geworden war und die Union zusammen mit der FDP keine Koalition bilden konnte, haben sich CDU, CSU und SPD nach langen Sondierungsgesprächen auf eine Große Koalition unter [[Angela Merkel]] als Bundeskanzlerin geeinigt.<br />
<br />
Zuvor waren auch andere Koalitionen im Gespräch gewesen. So wurde eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP sowie die sogenannte Jamaika-Koalition zwischen CDU/CSU, FDP und den Grünen diskutiert. Eine rot-rot-grüne Koalition aus SPD, Linkspartei und Bündnis 90/Die Grünen wurde von allen Parteien ausgeschlossen.<br />
<br />
Nach der erfolgreichen Unterzeichnung des Koalitionsvertrages wurden von der von 397 Abgeordneten des [[Deutscher Bundestag|Deutschen Bundestages]] gewählten Kanzlerin Angela Merkel acht Minister der SPD vorgeschlagen, die in die [[Große Koalition]] gingen, darunter [[Franz Müntefering]] als Arbeitsminister und [[Vizekanzler (Deutschland)|Vizekanzler]]. Nach der Ernennung durch [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsident]] [[Horst Köhler]] bildeten die 8 Bundesminister der SPD nun mit den 7 anderen Bundesministern der Union und der Bundeskanzlerin Merkel das [[Kabinett Merkel I|erste Kabinett Merkel]].<br />
<br />
Der brandenburgische Ministerpräsident [[Matthias Platzeck]], der nach einem parteiinternen Streit um die Wahl des Generalsekretärs den Parteivorsitz von Franz Müntefering übernommen hatte, trat am 10.&nbsp;April 2006 nach fünf Monaten aus gesundheitlichen Gründen als Vorsitzender der SPD zurück. Sein Nachfolger wurde der bisherige stellvertretende Vorsitzende, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident [[Kurt Beck]].<br />
<br />
Kurt Beck erklärte am 7. September 2008 im Rahmen einer Klausurtagung der Parteiführung seinen Rücktritt als Parteivorsitzender. Sein Stellvertreter [[Frank-Walter Steinmeier]], der am selben Tag als Kanzlerkandidat für die [[Bundestagswahl 2009]] nominiert worden war, übernahm kommissarisch den Parteivorsitz, bis der vom Parteipräsidium nominierte Franz Müntefering auf einem Sonderparteitag zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde.<ref>{{Tagesschau|ID=spd370|Beschreibung=Meldung auf tagesschau.de|AlteURL=http://www.tagesschau.de/inland/spd370.html}} abgerufen am 7. September 2008</ref><br />
<br />
=== Seit 2009: Erneute Opposition ===<br />
Bei der Bundestagswahl am 27. September 2009 sackte die SPD von 34,2 auf 23,0 Prozent der Stimmen ab, so dass eine Mehrheit für eine Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP möglich wurde. Infolge der Wahlniederlage erklärte der Parteivorsitzende Franz Müntefering seinen Rücktritt zum Parteitag im November 2009. Zu seinem Nachfolger wurde der ehemalige Bundesumweltminister [[Sigmar Gabriel]] gewählt, die bisherige stellvertretende Parteivorsitzende [[Andrea Nahles]] wurde neue Generalsekretärin. Die ehemaligen Bundesminister [[Peer Steinbrück]] und [[Frank-Walter Steinmeier]] schieden als stellvertretende Parteivorsitzende ebenfalls aus, die Nachfolge traten [[Manuela Schwesig]], [[Klaus Wowereit]], [[Olaf Scholz]] und [[Hannelore Kraft]] an. Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier wurde hingegen bereits zwei Tage nach der Bundestagswahl zum neuen Fraktionsvorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion gewählt.<br />
<br />
== Bundestagswahlergebnisse seit 1949 ==<br />
[[Datei:SPD-Bundestagswahlergebnisse_(1949-2009).svg|miniatur|links|hochkant=2.0|Grafische Übersicht über die Wahlergebnisse]]<br />
[[Datei:Bundestag 2009 SPD.svg|miniatur|250px|Zweitstimmenanteil der SPD bei der Bundestagswahl 2009 nach Wahlkreisen]]<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! colspan="5" | Bundestagswahlergebnisse<ref>[http://www.bundeswahlleiter.de/de/bundestagswahlen Ergebnisse der Bundestagswahlen]</ref><br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! Jahr<br />
! Stimmenanzahl<br />
! Stimmenanteil<br />
! Sitze<br />
! Kanzlerkandidat<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1949|1949]] || align=center | 6.934.975 || align=center | 29,2 % || align=center | 131 || align=center | [[Kurt Schumacher]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1953|1953]] || align=center | 7.944.943 || align=center | 28,8 % || align=center | 151 || align=center | [[Erich Ollenhauer]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1957|1957]] || align=center | 9.495.571 || align=center | 31,8 % || align=center | 169 || align=center | Erich Ollenhauer<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1961|1961]] || align=center | 11.427.355 || align=center | 36,2 % || align=center | 190 || align=center | [[Willy Brandt]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1965|1965]] || align=center | 12.813.186 || align=center | 39,3 % || align=center | 202 || align=center | Willy Brandt<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1969|1969]] || align=center | 14.065.716 || align=center | 42,7 % || align=center | 224 || align=center | Willy Brandt<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1972|1972]] || align=center | 17.175.169 || align=center | 45,8 % || align=center | 230 || align=center | Willy Brandt<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1976|1976]] || align=center | 16.099.019 || align=center | 42,6 % || align=center | 214 || align=center | [[Helmut Schmidt]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1980|1980]] || align=center | 16.260.677 || align=center | 42,9 % || align=center | 218 || align=center | Helmut Schmidt<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1983|1983]] || align=center | 14.865.807 || align=center | 38,2 % || align=center | 193 || align=center | [[Hans-Jochen Vogel]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1987|1987]] || align=center | 14.025.763 || align=center | 37,0 % || align=center | 186 || align=center | [[Johannes Rau]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1990|1990]] || align=center | 15.545.366 || align=center | 33,5 % || align=center | 239 || align=center | [[Oskar Lafontaine]]<br />
|- <br />
| [[Bundestagswahl 1994|1994]] || align=center | 17.140.354 || align=center | 36,4 % || align=center | 252 || align=center | [[Rudolf Scharping]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 1998|1998]] || align=center | 20.181.269 || align=center | 40,9 % || align=center | 298 || align=center | [[Gerhard Schröder]]<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 2002|2002]] || align=center | 18.488.668 || align=center | 38,5 % || align=center | 251 || align=center | Gerhard Schröder<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 2005|2005]] || align=center | 16.194.665 || align=center | 34,2 % || align=center | 222 || align=center | Gerhard Schröder<br />
|-<br />
| [[Bundestagswahl 2009|2009]] || align=center | 9.990.488 || align=center | 23,0 % || align=center | 146 || align=center | [[Frank-Walter Steinmeier]]<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
== Europawahlergebnisse seit 1979 ==<br />
[[Datei:Martin Schulz 2009.jpg|miniatur|Der Beauftragte des SPD-Vorstandes für die Europäische Union und Vorsitzende der [[Fraktion im Europäischen Parlament|Fraktion]] der [[Sozialdemokratische Partei Europas|Sozialdemokratischen Partei Europas]] (SPE) Martin Schulz (2009)]]<br />
<br />
{| class="wikitable"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! colspan="5" | Europawahlergebnisse<ref>[http://www.bundeswahlleiter.de/de/europawahlen Ergebnisse der Europawahlen]</ref><br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! Jahr<br />
! Stimmenanzahl<br />
! Stimmenanteil<br />
! Sitze<br />
|-<br />
| [[Europawahl 1979|1979]] || align=center | 11.370.045 ||align=center | 40,8 % || align=center | 35 <br />
|-<br />
| [[Europawahl 1984|1984]] || align=center | 9.296.417 || align=center | 37,4 % || align=center | 33 <br />
|-<br />
| [[Europawahl 1989|1989]] || align=center | 10.525.728 || align=center | 37,3 % || align=center | 31 <br />
|-<br />
| [[Europawahl 1994|1994]] || align=center | 11.389.697 || align=center | 32,2 % || align=center | 40 <br />
|-<br />
| [[Europawahl 1999|1999]] || align=center | 8.307.085 || align=center | 30,7 % || align=center | 33 <br />
|-<br />
| [[Europawahl 2004|2004]] || align=center | 5.547.971 ||align=center | 21,5 % || align=center | 23 <br />
|-<br />
| [[Europawahl 2009|2009]] || align=center | 5.472.566 || align=center | 20,8 % || align=center | 23 <br />
|-<br />
|}<br />
<br />
== Parteivorsitzende und Generalsekretäre ==<br />
{{Zeitleiste SPD-Vorsitzende seit 1946}}<br />
<br />
=== Parteivorsitzende ===<br />
{| class="wikitable"<br />
|- valign="top" style="text-align: left;"<br />
! bgcolor="#EEEEE0" colspan="2" width="40%" height="20"|Name<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Beginn der Amtszeit<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Ende der Amtszeit<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Anmerkungen<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! colspan="5" | Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP)<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|-<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Wilhelm Hasenclever]]<br />[[Georg Wilhelm Hartmann]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1875<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1876<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Wilhelm Liebknecht]]<br />[[August Bebel]]<br />Wilhelm Hasenclever<br />Georg Wilhelm Hartmann<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1876<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1878<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Zentralkomitee<br />
|-<br />
|- valign="top" style="text-align: left;"<br />
|-<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! colspan="5" | ''Verbot durch die [[Sozialistengesetz]]e 1878–1890''<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! colspan="5" | Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|-<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Paul Singer (Politiker)|Paul Singer]]<br />[[Alwin Gerisch]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1890<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1892<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[August Bebel]]<br />Paul Singer<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1892<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1911<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |August Bebel<br />[[Hugo Haase]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1911<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1913<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Friedrich Ebert]]<br />Hugo Haase <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1913<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1916<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Haase spaltete sich 1916 mit USPD ab<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Friedrich Ebert.jpg|rand|x70px|Friedrich Ebert]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Friedrich Ebert<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1916<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1917<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Friedrich Ebert<br />[[Philipp Scheidemann]] <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1917<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1919<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hermann Müller (Reichskanzler)|Hermann Müller]]<br />[[Otto Wels]] <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1919<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1922<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Hermann Müller<br />Otto Wels<br />Arthur Crispien<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1922<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1928<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Crispien wurde im September als Vertreter der rückkehrenden USPD-Mitglieder nachgewählt.<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Otto Wels<br />Arthur Crispien<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1928<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1931<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Otto Wels<br />Arthur Crispien<br />[[Hans Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1931<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1933<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! colspan="5" | ''Vorsitzende im Exil 1933–1945''<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|-<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Otto Wels<br />Hans Vogel<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1933<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1939<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Hans Vogel<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1939<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1945<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
|-<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! colspan="5" | ''Nachkriegszeit''<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|-<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80"bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-19204-3150, Otto Grotewohl.jpg|rand|x70px|Otto Grotewohl]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Otto Grotewohl]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1945<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1946<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Vorsitzender eines Zentralkomitees, beanspruchte deutschlandweite Autorität, Vorsitzender der SPD in der [[Sowjetische Besatzungszone|sowjetischen Besatzungszone]], betrieb 1946 die Vereinigung mit der [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]] zur [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:SchumacherKurt.jpg|rand|x70px|Kurt Schumacher]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kurt Schumacher]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1945<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1946<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Vorsitzender der SPD in der [[Britische Besatzungszone|britischen Besatzungszone]] widersetzte sich Grotewohls Ansprüchen und betrieb die Gründung der SPD in den Westzonen.<br />
|-<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! colspan="5" | ''Vorsitzende der SPD in Westdeutschland 1946–1990''<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|-<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: DBP 1972 738 Kurt Schumacher.jpg|rand|x70px|Kurt Schumacher]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kurt Schumacher]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |11. Mai 1946<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |20. August 1952<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Erich Ollenhauer 1-1.jpg|rand|x70px|Erich Ollenhauer]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Erich Ollenhauer]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |27. September 1952<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |14. Dezember 1963<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Erster Vorsitzender der SPD in der DDR<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F057884-0009, Willy Brandt.jpg|rand|x70px|Willy Brandt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Willy Brandt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |16. Februar 1964<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |14. Juni 1987<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F079283-0026, Münster, SPD-Parteitag, Vogel.jpg|rand|x70px|Hans-Jochen Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hans-Jochen Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |14. Juni 1987<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |26. September 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Vereinigung mit der ostdeutschen SDP/SPD am 27. September 1990<br />
|-<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! colspan="5" | ''Vorsitzende der wiedergegründeten SDP/SPD in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] 1989–1990''<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0215-304, Stephan Hilsberg.jpg|rand|x70px| Stephan Hilsberg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Stephan Hilsberg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |7. Oktober 1989<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |23. Februar 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Erster Sprecher der SDP, ab dem 13. Januar 1990 der SPD<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0222-016, Leipzig, SPD-Parteitag, Ibrahim Böhme.jpg|rand|x70px|Ibrahim Böhme]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Ibrahim Böhme]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |23. Februar 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1. April 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Vorsitzender der SPD in der DDR<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0215-307, Markus Meckel.jpg|rand|x70px|Markus Meckel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Markus Meckel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |8. April 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |9. Juni 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Interimsvorsitzender<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv Bild 183-1990-0421-300, Wolfgang Thierse.jpg|rand|x70px|Wolfgang Thierse]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Wolfgang Thierse]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |9. Juni 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |26. September 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Vereinigung mit der westdeutschen SPD am 27. September 1990<br />
-<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
! colspan="5" | ''Vorsitzende der SPD (seit 1990)''<br />
|- class="hintergrundfarbe8"<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F079283-0006, Münster, SPD-Parteitag, Vogel.jpg|rand|x70px| Hans-Jochen Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hans-Jochen Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |27. September 1990<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |29. Mai 1991<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F080691-0010, Björn Engholm.jpg|rand|x70px|Björn Engholm]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Björn Engholm]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |29. Mai 1991 <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |3. Mai 1993<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F073494-0025, Bundespressekonferenz, Bundestagswahlkampf, Rau.jpg|rand|x70px|Johannes Rau]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Johannes Rau]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |3. Mai 1993<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |25. Juni 1993<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |kommissarischer Vorsitzender<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Rudolf Scharping DM-Mannheim 2005-06-26.jpg|rand|x70px|Rudolf Scharping]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Rudolf Scharping]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |25. Juni 1993 <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |16. November 1995<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F079276-0010 Lafontaine (cropped).jpg|rand|x70px|Oskar Lafontaine]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Oskar Lafontaine]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |16. November 1995 <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |12. März 1999<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Gerhard Schroeder MUC-20050910-01.jpg|rand|x70px|Gerhard Schröder]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Gerhard Schröder]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |12. März 1999<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |21. März 2004<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Franz muentefering crop.jpg|rand|x70px|Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |21. März 2004 <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |15. November 2005<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Matplatzeck.jpg |rand|x70px|Matthias Platzeck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Matthias Platzeck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |15. November 2005<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |10. April 2006<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Kurt Beck 001.jpg|rand|x70px|Kurt Beck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kurt Beck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |10. April 2006<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |7. September 2008<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Frank-Walter Steinmeier 02.jpg|rand|x70px|Frank-Walter Steinmeier]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Frank-Walter Steinmeier]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |7. September 2008<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |18. Oktober 2008<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |kommissarischer Vorsitzender<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Franz Müntefering 2009 Augsburg 1.jpg|rand|x70px|Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |18. Oktober 2008<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |13. November 2009<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Sigmar Gabriel 2010 freigestellt.jpg |rand|x70px| Sigmar Gabriel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Sigmar Gabriel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |13. November 2009<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |<br />
|}<br />
<br />
=== Ehrenvorsitzender ===<br />
<br />
{| class="wikitable" width="65%" style="margin-right:0px;"<br />
|- valign="top" style="text-align: left;"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! bgcolor="#EEEEE0" colspan="2" width="40%" height="20"|Name<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Beginn der Amtszeit<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Ende der Amtszeit<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F079282-0022, Münster, SPD-Parteitag, Willy Brandt.jpg|rand|x70px|Willy Brandt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Willy Brandt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |14. Juni 1987<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |† 8. Oktober 1992<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
=== Generalsekretäre ===<br />
<br />
{| class="wikitable" width="65%" style="margin-right:0px;"<br />
|- valign="top" style="text-align: left;"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! bgcolor="#EEEEE0" colspan="2" width="40%" height="20"|Name<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Beginn der Amtszeit<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Ende der Amtszeit<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Munte2001.jpg|rand|x70px|Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |7. Dezember 1999<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |20. Oktober 2002<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Olafscholz.jpg|rand|x70px|Olaf Scholz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Olaf Scholz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |20. Oktober 2002<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |21. März 2004<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Benneter klaus uwe berlin politikerschachturnier 20101106.jpg|rand|x70px|Klaus Uwe Benneter]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Klaus Uwe Benneter]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |21. März 2004<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |15. November 2005<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Hubertus Heil 2009-06-03.jpg|rand|x70px|Hubertus Heil]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hubertus Heil]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |15. November 2005<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |13. November 2009<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei: Andrea Nahles 2010-5, Speyer, Naturfreundehaus.jpg|rand|x70px|Andrea Nahles]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Andrea Nahles]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |13. November 2009<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |''amtierend''<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
== Vorsitzende der [[SPD-Bundestagsfraktion]] ==<br />
<br />
{| class="wikitable" width="65%" style="margin-right:0px;"<br />
|- valign="top" style="text-align: left;"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! bgcolor="#EEEEE0" colspan="2" width="40%" height="20"|Name<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Beginn der Amtszeit<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="30%"|Ende der Amtszeit<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Kurt Schumacher.jpg|rand|x70px|Kurt Schumacher]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kurt Schumacher]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1949<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1952<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-21272-0001, Erich Ollenhauer.jpg|rand|x70px| Erich Ollenhauer]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Erich Ollenhauer]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1952<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1963<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F091472-0004A, Bundestag, Lesung Pariser Verträge.jpg|rand|x70px|Fritz Erler]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Fritz Erler]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1964 <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1967<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F048644-0035, Dortmund, SPD-Parteitag, Helmut Schmidt.jpg|rand|x70px| Helmut Schmidt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Helmut Schmidt]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1967<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1969<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F048649-0037, Dortmund, SPD-Parteitag, Wehner.jpg|rand|x70px|Herbert Wehner]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Herbert Wehner]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1969 <br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1983<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F079283-0010, Münster, SPD-Parteitag, Vogel.jpg|rand|x70px| Hans-Jochen Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hans-Jochen Vogel]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1983<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1991<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F055059-0030, Köln, SPD-Parteitag, Klose.jpg|rand|x70px|Hans-Ulrich Klose]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hans-Ulrich Klose]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1991<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1994<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Scharping.jpg|rand|x70px|Rudolf Scharping]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Rudolf Scharping]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1994<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1998<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Peter-struck2.jpg|rand|x70px|Peter Struck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Peter Struck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |1998<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |2002<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Ludwig Stiegler.jpg|rand|x70px|Ludwig Stiegler]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Ludwig Stiegler]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Juli 2002<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |Oktober 2002<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Muente kirchentag.jpg|rand|x70px|Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Franz Müntefering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |2002<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |2005<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Peter Struck.jpg|rand|x70px|Peter Struck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Peter Struck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |2005<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |2009<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Frank-Walter Steinmeier 0918.jpg|rand|x70px|Frank-Walter Steinmeier]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Frank-Walter Steinmeier]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |2009<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |''amtierend''<br />
|}<br />
<br />
== Amtierende Regierungschefs der SPD in den Ländern ==<br />
<br />
Die SPD stellt derzeit sieben [[Ministerpräsident|Ministerpräsidenten/Ministerpräsidentinnen]] bzw. (in den Stadtstaaten) [[Bürgermeister]].<br />
<br />
{| class="wikitable" width="80%" style="margin-right:0px;"<br />
|- valign="top" style="text-align: left;"<br />
|- class="hintergrundfarbe6"<br />
! bgcolor="#EEEEE0" colspan="2" width="30%" height="20"|Name<br />
! bgcolor="#EEEEE0" colspan="3" width="30%"|Land<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="17%"|Beginn der Amtszeit<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="21%"|Kabinett bzw. Senat<br />
! bgcolor="#EEEEE0" width="21%"|Landtagsfraktionen<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Wowereit.jpg|rand|x70px|Klaus Wowereit]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Klaus Wowereit]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="3%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage Berlins.svg|25px|]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="3%" height="30"|[[Datei:Coat of arms of Berlin.svg|x34px|Landeswappen Berlin]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Berlin]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |16. Juni 2001<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Senat Wowereit III]]<br />
| rowspan="7" bgcolor="#FFFFFF" | [[Datei:SPD Landtage.svg|300px]]{{Farblegende|#8c0000|SPD stellt den Regierungschef}} {{Farblegende|#d40000|SPD ist Juniorpartner in der [[Regierungskoalition]]}} {{Farblegende|#fb4646|SPD ist in der Opposition}}<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Matthias-platzeck-ebw-01.jpg|rand|x70px|Matthias Platzeck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Matthias Platzeck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Brandenburg.svg|25px|Brandenburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Brandenburg Wappen.svg|x34px|Landeswappen Brandenburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Brandenburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |26. Juni 2002<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kabinett Platzeck III]]<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Jens-Böhrnsen-2.jpg|rand|x70px|Jens Böhrnsen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Jens Böhrnsen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Bremen.svg|25px|Bremen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Bremen Wappen(Mittel).svg|x34px|Landeswappen Bremen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Bremen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |8. November 2005<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Senat Böhrnsen II]]<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Olaf Scholz, August 2009 - by SPD-Schleswig-Holstein.jpg|rand|x70px|Olaf Scholz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Olaf Scholz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Hamburg.svg|25px|Hamburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Coat of arms of Hamburg.svg|x34px|Landeswappen Hamburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hamburg]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |7. März 2011<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Senat Scholz]]<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Erwin Sellering]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Mecklenburg-Vorpommern.svg|25px|Mecklenburg-Vorpommern]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Coat of arms of Mecklenburg-Western Pomerania (great).svg|x34px|Mecklenburg-Vorpommern]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Mecklenburg-Vorpommern]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |6. Oktober 2008<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kabinett Sellering]]<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Hannelorekraft.jpg|rand|x70px|Hannelore Kraft]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Hannelore Kraft]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Nordrhein-Westfalen.svg|25px|Nordrhein-Westfalen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Coat of arms of North Rhine-Westfalia.svg|x34px|Landeswappen Nordrhein-Westfalen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Nordrhein-Westfalen]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |14. Juli 2010<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kabinett Kraft]]<br />
|- valign="top"<br />
| style="border-right: hidden" width="5%" height="80" bgcolor="#FFFFFF"|[[Datei:Kurt Beck im Ostasieninstitut.jpg|rand|x70px|Kurt Beck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kurt Beck]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Deutschland Lage von Rheinland-Pfalz.svg|25px|Rheinland-Pfalz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" style="border-right: hidden" width="5%" height="30"|[[Datei:Coat of arms of Rhineland-Palatinate.svg|x34px|Landeswappen Rheinland-Pfalz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Rheinland-Pfalz]]<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |26. Oktober 1994<br />
| bgcolor="#FFFFFF" |[[Kabinett Beck V]]<br />
|}<br />
<br />
Die SPD ist außerdem an folgenden Regierungen als kleinerer Partner in einer [[Große Koalition|großen Koalition]] beteiligt: [[Reiner Haseloff]] (CDU) ([[Sachsen-Anhalt]]) mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten [[Jens Bullerjahn]] und [[Christine Lieberknecht]] (CDU) ([[Thüringen]]) mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten [[Christoph Matschie]]. Zudem stellt sie in [[Baden-Württemberg]] unter [[Winfried Kretschmann]] (Bündnis 90/Die Grünen) den Juniorpartner in einer [[Rot-grüne Koalition|grün-roten Koalition]]; stellvertretender Ministerpräsident ist dort [[Nils Schmid]].<br />
<br />
== Reichskanzler mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Die nachfolgenden Politiker waren als [[Reichskanzler]] Mitglied der SPD.<br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei:Bundesarchiv Bild 102-11411, Hermann Müller.jpg|[[Hermann Müller (Reichskanzler)|Hermann Müller]]<br />27. März 1920 bis<br />8. Juni 1920 und <br />28. Juni 1928 bis<br />27. März 1930<br />
Datei:Bauer DSCI0943.JPG|[[Gustav Bauer]]<br />14. August 1919<br />26. März 1920 <br />
Datei:Bundesarchiv Bild 102-01112, Friedrich Ebert.jpg|[[Friedrich Ebert]]<br /> 9. November 1918 bis<br />10. November 1918<br />
</gallery><br />
<br />
== Reichspräsident mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Der nachfolgende Politiker war als [[Reichspräsident]] Mitglied der SPD.<br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei: Bundesarchiv Bild 102-00015, Friedrich Ebert.jpg|[[Friedrich Ebert]]<br />11. Februar 1919 bis<br />28. Februar 1925 <br />
</gallery><br />
<br />
== Bundeskanzler mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Die nachfolgenden Politiker waren als [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] Mitglied der SPD.<br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei: Gerhardschroeder01.jpg|[[Gerhard Schröder]]<br />27. Oktober 1998 bis<br />22. November 2005<br />
Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F048644-0025, Dortmund, SPD-Parteitag, Helmut Schmidt.jpg|[[Helmut Schmidt]]<br />16. Mai 1974 bis<br />1. Oktober 1982 <br />
Datei: Bundesarchiv Bild 183-M0130-303, Willy Brandt.jpg|[[Willy Brandt]]<br />21. Oktober 1969 bis<br />7. Mai 1974<br />
</gallery><br />
<br />
== Stellvertreter des Bundeskanzlers mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Die nachfolgenden Politiker waren als [[Vizekanzler (Deutschland)|Stellvertreter des Bundeskanzlers]] Mitglied der SPD.<br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei: Frank-Walter Steinmeier 25-2.jpg|[[Frank-Walter Steinmeier]] <br /> 21. November 2007 bis <br /> 28. Oktober 2009<br />
Datei: FranzMüntefering mw1.jpg|[[Franz Müntefering]]<br /> 22. November 2005 bis<br /> 21. November 2007<br />
Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F048636-0022, Dortmund, SPD-Parteitag, Egon Franke.jpg|[[Egon Franke]]<br />17. September 1982 bis<br />1. Oktober 1982 <br />
Datei: Willy Brandt.jpg|[[Willy Brandt]] <br /> 1. Dezember 1966 bis<br />21. Oktober 1969<br />
</gallery><br />
<br />
== Präsidenten des Deutschen Bundestages mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Die nachfolgenden Politiker waren als [[Präsident des Deutschen Bundestages|Präsidenten des Deutschen Bundestages]] Mitglied der SPD.<br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei: Festakt Freiheitspreis 5-10-05 017.JPG|[[Wolfgang Thierse]]<br />26. Oktober 1998 bis<br />18. Oktober 2005<br />
Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F039419-0012, Hannover, SPD-Bundesparteitag, Renger.jpg|[[Annemarie Renger]]<br />13. Dezember 1972 bis<br />14. Dezember 1976<br />
</gallery><br />
<br />
== Bundespräsidenten mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Die nachfolgenden Politiker waren zur Wahl als [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsident]] Mitglied der SPD. Während der Präsidentschaft ruht die Mitgliedschaft.<br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei: Johannes rau 2004-05-16 berlin2.jpg|[[Johannes Rau]]<br />1. Juli 1999 bis<br />30. Juni 2004 <br />
Datei: Bundesarchiv B 145 Bild-F029021-0010, Gustav Heinemann.jpg|[[Gustav Heinemann]]<br />1. Juli 1969 bis<br />30. Juni 1974<br />
</gallery><br />
<br />
== Präsidenten des Europäischen Parlaments mit Parteimitgliedschaft in der SPD ==<br />
Die nachfolgenden Politiker waren als [[Europäisches Parlament|Präsidenten des Europäischen Parlaments]] Mitglied der SPD.<ref>rulers.org: [http://rulers.org/intorgs1.html#eu Presidents of the Parliamentary Assembly (from 30 Mar 1962, European Parliament)]</ref><br />
<gallery perrow="5"><br />
Datei: Hänsch-EP-Portrait.jpg|[[Klaus Hänsch]]<br />9. März 1971 bis<br />13. März 1973 <br />
Datei:Kein Foto vorhanden.jpg|[[Walter Behrendt]]<br />28. März 1960 bis<br />27. März 1962<br />
</gallery><br />
<br />
== Weitere prominente Mitglieder ==<br />
{{Hauptartikel|Liste prominenter Mitglieder der SPD}}<br />
<br />
== Nahestehende Organisationen ==<br />
<br />
* [[Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik]]<br />
* [[Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken|Sozialistische Jugend Deutschlands]]<br />
* [[Naturfreunde]]<br />
* [[Arbeiterwohlfahrt]]<br />
* [[Friedrich-Ebert-Stiftung]]<br />
* [[Lassalle-Kreis]]<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
<br />
* [[:Kategorie:Landesverband der SPD]]<br />
* [[Politische Parteien in Deutschland]]<br />
* [[Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft|Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (dd_vg)]]<br />
<br />
== Wichtigste Periodika ==<br />
* [[Vorwärts (Deutschland)|Vorwärts]], 1876 von [[Wilhelm Liebknecht]] und anderen gegründet, zunächst Tageszeitung, später Wochenmagazin, heute monatlich erscheinende Mitgliederzeitung der Partei.<br />
* [[Die Neue Zeit]], 1883–1923, von [[Karl Kautsky]] begründete Theoriezeitschrift der Partei, in der Zeit ihres Erscheinens Schauplatz der wichtigsten theoretischen Debatten des [[Sozialismus]] und [[Marxismus]] ([[Revisionismus]]streit), durch die überragende Bedeutung der SPD in der internationalen Arbeiterbewegung seinerzeit weltweit stark beachtet und viel gelesen.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Das Archiv der SPD wurde 1969 in das [[Archiv der sozialen Demokratie]] integriert.<br />
* Stefanie Brill, Holger Müller, Holger Noß (Vorwort): ''Das SPD-Buch. Organisation, Geschichte und Personen im Überblick.'' BoD GmbH, Norderstedt 2004, ISBN 3-8334-1331-X.<br />
* [[Willy Huhn (Theoretiker)|Willy Huhn]]: ''Der Etatismus der Sozialdemokratie. Zur Vorgeschichte des Nazifaschismus.'' ça ira, Freiburg 2003.<br />
* Detlef Lehnert: ''Sozialdemokratie zwischen Protestbewegung und Regierungspartei 1848–1983.'' Frankfurt 1983, ISBN 3-518-11248-1.<br />
* [[Peter Lösche]], [[Franz Walter]]: ''Die SPD. Klassenpartei – Volkspartei – Quotenpartei; zur Entwicklung der Sozialdemokratie von Weimar bis zur deutschen Vereinigung.'' [[Wissenschaftliche Buchgesellschaft]], Darmstadt 1992, ISBN 3-534-10994-5.<br />
* [[Rosa Luxemburg]]: ''Die Krise der Sozialdemokratie.'' In: diess.: ''Gesammelte Werke.'' Band 4, Berlin 1979, S. 49–164.<br />
* [[Gero Neugebauer]]: ''Die SPD. Im Osten auf neuen Wegen?'' zwei Bände, Zentralinstitut für Sozialwissenschaftliche Forschung, [[Freie Universität Berlin]] 1994. (Berliner Arbeitshefte und Berichte zur sozialwissenschaftlichen Forschung)<br />
* Heinrich Potthoff, [[Susanne Miller]]: ''Kleine Geschichte der SPD 1848–2002'', Dietz, Bonn ISBN 3-8012-0320-4.<br />
* Sebastian Prüfer: ''Sozialismus statt Religion. Die deutsche Sozialdemokratie vor der religiösen Frage 1863–1890'', Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002, ISBN 3-525-35166-6.<br />
* [[Carl E. Schorske]]: ''Die Große Spaltung. Die deutsche Sozialdemokratie von 1905–1917'', aus dem Amerikanischen, Harvard University Press, 1955, von [[Harry Maor]], mit einem Vorwort zur Deutschen Erstausgabe, Verlag Olle & Wolter, Berlin 1981, ISBN 3-88395-407-1.<ref>Diskutiert, rezensiert vom SPD- und SI-Vorsitzenden Willy Brandt (''Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt'', 29. August 1982, Fernleihe, teils abgedruckt in Band 5 der Werkausgabe, Berliner Ausgabe, ''Die Partei der Freiheit. Willy Brandt und die SPD 1972–1992.'' Hrsgg. von der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung, Dietz Verlag, Bonn 2002, ISBN 3-8012-0305-0).</ref><br />
* Hendrik Träger: ''Die Oppositionspartei SPD im Bundesrat. Eine Fallstudienanalyse zur parteipolitischen Nutzung des Bundesrates durch die SPD in den 1950er-Jahren und ein Vergleich mit der Situation in den 1990er-Jahren'', Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main [u.&nbsp;a.] 2008, ISBN 978-3-631-57288-7.<br />
* [[Franz Walter]]: ''Abschied von der Toskana. Die SPD in der Ära Schröder'', [[VS Verlag]], Wiesbaden ²2005, ISBN 978-3-531-34268-9.<br />
* Franz Walter: ''Die SPD'', Alexander Fest Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-8286-0173-1. (Überarbeitete und erweiterte Taschenbuchausgabe: Rowohlt, Reinbek 2009, ISBN 978-3-499-62461-2.)<br />
* Franz Walter: ''Vorwärts oder abwärts? Zur Transformation der Sozieldemokratie'', Suhrkamp Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-518-12622-6.<br />
* Elke und Wolfgang Leonhard: ''Die linke Versuchung. Wohin steuert die SPD?'', be.bra, Berlin 2009, ISBN 978-3-86124-633-6.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Sozialdemokratische Partei Deutschlands|Sozialdemokratische Partei Deutschlands}}<br />
{{Wikinews|Kategorie:SPD|Sozialdemokratische Partei Deutschlands}}<br />
* [http://spd.de Homepage der SPD]<br />
* [http://www.spdfraktion.de Homepage der SPD-Bundestagsfraktion]<br />
* [http://library.fes.de/library/html/voll-prog-spec01.html Grundsatz-, Regierungs- und Wahlprogramme der SPD (seit 1949) auf der Website der Friedrich-Ebert-Stiftung]<br />
* {{BAM|SPD}}<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
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}}<br />
<br />
[[Kategorie:Sozialdemokratische Partei Deutschlands| Sozialdemokratische Partei Deutschlands]]<br />
[[Kategorie:Sozialdemokratische Partei]]<br />
[[Kategorie:Partei (Deutsches Kaiserreich)]]<br />
[[Kategorie:Partei (Weimarer Republik)]]<br />
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[[Kategorie:Mitglied der Europäischen Bewegung Deutschland]]<br />
<br />
{{Link FA|he}}<br />
<br />
[[als:Sozialdemokratische Partei Deutschlands]]<br />
[[ar:الحزب الديمقراطي الاجتماعي الألماني]]<br />
[[az:Almaniya Sosial-Demokrat Partiyası]]<br />
[[bar:SPD]]<br />
[[bat-smg:Vuokītėjės suocēldemuokratu partėjė]]<br />
[[be:Сацыял-дэмакратычная партыя Германіі]]<br />
[[bg:Германска социалдемократическа партия]]<br />
[[br:Sozialdemokratische Partei Deutschlands]]<br />
[[bs:Socijaldemokratska partija Njemačke]]<br />
[[ca:Partit Socialdemòcrata d'Alemanya]]<br />
[[cs:Sociálnědemokratická strana Německa]]<br />
[[da:SPD]]<br />
[[el:Σοσιαλδημοκρατικό Κόμμα της Γερμανίας]]<br />
[[en:Social Democratic Party of Germany]]<br />
[[eo:Socialdemokratia Partio de Germanio]]<br />
[[es:Partido Socialdemócrata de Alemania]]<br />
[[et:Saksamaa Sotsiaaldemokraatlik Partei]]<br />
[[eu:Alemaniako Alderdi Sozialdemokrata]]<br />
[[fa:حزب سوسیال دموکرات آلمان]]<br />
[[fi:Saksan sosiaalidemokraattinen puolue]]<br />
[[fr:Parti social-démocrate d'Allemagne]]<br />
[[ga:Páirtí Sóisialta Daonlathach na Gearmáine]]<br />
[[gl:Partido Socialdemócrata de Alemaña]]<br />
[[gv:Partee Deynlagh Soshialagh ny Germaan]]<br />
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[[hr:Socijaldemokratska stranka Njemačke]]<br />
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[[hu:Németország Szociáldemokrata Pártja]]<br />
[[hy:Գերմանիայի սոցիալ-դեմոկրատական կուսակցություն]]<br />
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[[it:Partito Socialdemocratico Tedesco]]<br />
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[[ms:Parti Demokratik Sosial Jerman]]<br />
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[[nn:Sozialdemokratische Partei Deutschlands]]<br />
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[[sh:Socijaldemokratska partija Njemačke]]<br />
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[[sv:Tysklands socialdemokratiska parti]]<br />
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[[zh:德国社会民主党]]<br />
[[zh-min-nan:Tek-kok Siā-hōe-bîn-chú Tóng]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Imelda_Marcos&diff=89661307Imelda Marcos2011-06-05T03:55:43Z<p>222.127.231.29: /* EDSA */ Spekulation raus</p>
<hr />
<div>{{Redundanztext<br />
|3=Imelda Marcos<br />
|4=Ferdinand Marcos<br />
|12=t|2=Februar 2011|1=[[Benutzer:Rs05|Rs05]] 00:14, 18. Feb. 2011 (CET)}}<br />
<br />
[[Bild:Imelda Marcos.jpg|thumb|Imelda Romuáldez Marcos]]<br />
'''Imelda Romuáldez Marcos''' (* [[2. Juli]] [[1929]] in [[Manila]], [[Philippinen]]) ist die ehemalige philippinische [[First Lady]].<br />
<br />
Imelda Marcos, eine ehemalige [[Schönheitskönigin]], war von 1954 bis 1989 die Ehefrau von [[Ferdinand Marcos]], dem 10. Präsidenten der Philippinen (1965-1986). Nachdem das Marcos-[[Regime]] 1986 abgesetzt wurde, flohen Ferdinand und Imelda Marcos nach [[Hawaii]]. [[Transparency International]] zufolge war das Marcos-Regime das zweitkorrupteste (nach den [[Suharto]]s) der Welt seit 1970; Schätzungen gehen davon aus, dass die Familie und ihre Freunde 20 bis 30 Milliarden US-Dollar aus den Philippinen pressten.<br />
<br />
Nach dem Tod ihres Mannes kehrte Imelda Marcos in den 1990er Jahren auf die Philippinen zurück und erlangte mehrere Wahlämter. Ebenso nahmen enge Familienmitglieder hohe politische Posten ein. Ihr Bruder ist derzeit Bürgermeister von [[Tacloban City]], ihr Neffe sitzt im philippinischen Parlament. Auch ihre Kinder haben politische Ämter inne.<br />
<br />
Marcos hat vier Kinder, drei eigene sowie eine [[Adoption|adoptierte]] Tochter. Sie ist berühmt für ihre exorbitante Schuhsammlung (1.060 Paar). <br />
<br />
==Herkunft==<br />
<br />
Imelda Romualdez stammt aus einem Nebenzweig der Romualdez-Familie, einer der führenden Oligarchenfamilien in den Philippinen. Die in der Provinz [[Visaya]] beheimatete Familie stammt ursprünglich aus Manila und hat dort noch wichtige Verbindungen. Sie ist die Tochter des Professors Vicente Orestes Romualdez und der Modedesignerin Dona Remedios Trinidad. Ihr Großvater Daniel Z. Romualdez war damals Sprecher des Repräsentantenhauses. Ein anderes Familienmitglied, [[Noberto Romualdez]], war damals Richter am Obersten Gerichtshof der Philippinen. Imelda Romualdez kam in Manila zur Welt und wuchs in der südlichen Provinz [[Leyte]] auf. Sie besuchte das St. Paul's College und erlangte dort einen Bachelor-Abschluss in Pädagogik. Mit 18 gewann sie einen lokalen Schönheitswettbewerb und den Titel "Rose von [[Tacloban]]." Sie nahm daraufhin an der Wahl zur Miss Manila teil. Nachdem sie dort nur den zweiten Platz gewann, beschwerte sie sich derart eindrucksvoll beim damaligen Bürgermeister der Stadt, dass der sie zur "Muse von Manila" ernannte.<ref name="Leibowitz">Ed Leibowitz: [http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,501040712-660979,00.html ''Her greatest admirer'']. [[TIME Magazine]]. 5. Juli 2004, abgerufen am 13. Dezember 2009 (englisch).</ref> <br />
<br />
Ferdinand Marcos entdeckte sie im Mai 1955, als sie ihren jüngeren Cousin auf der Besuchergalerie des [[Kongress (Philippinen)|philippinischen Parlaments]] begleitete. Sie und der aufstrebende Politiker trafen sich dann in der Kantine des Parlaments. <br />
<br />
Nach nur elf Tagen heirateten die beiden. Später folgte eine zweite Hochzeit, nachdem Ferdinand Marcos von der [[Unabhängige Philippinische Kirche|Unabhängigen Philippinischen Kirche]] zur einflussreicheren römisch-katholischen Kirche übergetreten war. Die Hochzeit vereinigte so zwei einflussreiche philippinische Clans, die Marcos' selbst konnten in der Zeit ihrer Regierung besonders aus Unterstützung aus ihren Heimatprovinzen rechnen.<ref>Albert F. Celoza: "Ferdinand Marcos and the Philippines. The Political Economy of Authotarianism." Praeger, Westport, Connecticut, 1999 S. 23-24</ref><br />
<br />
== Regierungszeit ==<br />
<br />
Ferdinand Marcos gewann 1965 die Präsidentschaftswahl als Kandidat der nationalistischen Partei.<br />
<br />
Nach den beiden regulären Wahlen Marcos' drohte er 1973 sein Amt zu verlieren. Die damalige philippinische Verfassung begrenzte die Amtszeit des Präsidenten auf eine Wiederwahl. Die Familie plante unter anderem, Imelda zur neuen Präsidentin wählen zu lassen - eine Planung, die 163 der damals 311 Delegierten einer Konferenz zur Verfassungsänderung bewog, eine Petition zu unterzeichnen, die ehemaligen Präsidenten, ihre Ehepartner und andere enge Verwandte von einer weiteren Kandidatur für das Präsidentschafts- oder Premierministeramt ausschloss; ein Standpunkt, der sich aber in der Diskussion nicht durchsetzen konnte.<ref>Celoza S. 45</ref> <br />
<br />
Nach dem die Konferenz ein Ergebnis erreicht hatte, sorgte der Delegierte [[Eduaro Quintero]] für einen Skandal. Der aus [[Leyte]], Imelda Marcos' Heimatprovinz stammende ehemalige Botschafter gab an, im Verlauf der Verhandlungen in achtzehn verschiedenen Anlässen im [[Malacañang Palace]] von Imelda Marcos bestochen worden zu sein, um bei Abstimmungen über die Amtszeit des Präsidenten oder der zukünftigen Regierungsform zugunsten der Marcos' zu entscheiden.<ref>Celoza S. 45</ref> Der sogenannte "Payola Scandal" verlief sich im Sande, nicht zuletzt, da die Marcos selbst verschiedene Leute, darunter [[Primitivo Mijares]] damit beauftragten, möglichst viel Belastendes über Quintero selbst zu sammeln.<ref>Celoza S. 45</ref> <br />
<br />
=== Kriegsrecht ===<br />
<br />
1972 verhängte Ferdinand Marcos das [[Kriegsrecht]] und errichtete eine Diktatur. Sein Versprechen für die Zukunft beruhte auf der Maxime "Sa ikauunlad ng bayan, disciplina and kailangan" (Disziplin ist für die nationale Entwicklung notwendig)<ref>Celoza S. 126</ref> Ferdinand Marcos setzte seine "Disziplin" durch, indem er die Medien kontrollierte, Oppositionelle ins Gefängnis werfen ließ, von denen Hunderte spurlos verschwanden, und selbst das "Verbreiten von Gerüchten" als Straftat ahndete. Ein ehemaliger Vertrauter, [[Primitivo Mijares]], setzte sich in die USA ab, wo er die Marcos' schwerer Menschenrechtsverletzungen beschuldigte. Wenig später verschwand er spurlos, wahrscheinlich weil noch aktive Marcos-Vertraute ihn in den USA aufspürten. Sein Sohn wurde von Unbekannten aus dem Haus geholt, seine Leiche wenig später grausam verstümmelt aufgefunden. Imelda wurde kurz nach Verhängung des Kriegsrechts Gouverneurin von Groß-Manila, Ministerin für Human Settlement und Umwelt sowie "Ambassador Plenipotentiary and Extraordinary." Wenige Wochen nach Verhängung des Kriegsrechts versuchte ein Mann Imelda bei einer öffentlichen Verhandlung niederzustechen, wobei eigener Aussage nach ihre größte Sorge das "häßliche Messer" war, das er dafür verwendete.<ref>[http://www.timesonline.co.uk/tol/news/article703397.ece?token=null&offset=12 Times on Sunday:"Imelda: down to her last billion", 9. April 2006]</ref><br />
<br />
=== Lebensstil ===<br />
<br />
Imelda Marcos spielte eine wichtige Rolle in der Marcos-Diktatur, indem sie exzessiv repräsentative Aufgaben wahrnahm. Sie selbst sagte zurückblickend ohne jede Ironie: "Ich wurde als Angeber geboren. Eines Tages wird mein Name im Wörterbuch stehen, dann steht Imeldific für demonstrative Extravaganz."<ref>"I was born ostentatious. They will list my name in the dictionary someday. They will use Imeldific to mean ostentatious extravagance." Interview mit Associated Press 1998, zitiert nach http://www.pbs.org/independentlens/imelda/words.html</ref> In ihrer Rolle als Extraordinäre Botschafterin traf sie in den folgenden Jahren fast jeden Regierungschef der Welt, oft ohne Ferdinand, der auf den Philippinen blieb. Die Führenden der Welt zeigten sich oft sehr angetan. Sie hatte ein gutes persönliches Verhältnis zu [[Mao Zedong]], [[Andrei Gromyko]] und [[Muammar al-Gaddafi]]. [[Fidel Castro]] erzählte ihr ihrer eigenen Aussage nach, dass er nur zwei Frauen je persönlich chauffiert habe: seine Mutter und Imelda Marcos.<ref>[http://www.timesonline.co.uk/tol/news/article703397.ece?token=null&offset=12 Times on Sunday:"Imelda: down to her last billion", 9. April 2006]</ref> Sie zählte [[Nancy Reagan|Nancy]] und [[Ronald Reagan]] zu ihrem persönlichen Freundeskreis. <br />
<br />
In dieser Zeit stilisierte sich Imelda als "Mutter der Nation", die eine Ideologie von "Liebe und Schönheit" verbreite.<ref name="Gamalinda">[[Eric Gamalinda]]: [http://www.nyu.edu/gsas/dept/icas/Eric.pdf ''Language, Sedition, and Censorship'']. Abgerufen am 13. Dezember 2009 (englisch).</ref> Sie selbst inszenierte sich exzessiv, ihrer Auffassung nach um den Philippinos ein Vorbild zu setzen, 1980 bemerkte sie in einem Interview "Ich bin der Star und Sklave der kleinen Leute" und wies darauf hin, dass es weit mehr Arbeit und Zeit koste, sich für einen Besuch in den Elendsvierteln zurechtzumachen als für einen Staatsbesuch. Denn "die Leute wollen jemand, den sie lieben können, jemand der ein Beispiel setzt."<ref>Interview in der Los Angeles Times, zitiert nach http://www.pbs.org/independentlens/imelda/words.html</ref> Gleichzeitig bemühte sie sich Manila mit internationalem Flair zu versehen, um so ihre Vision und die ihres Mannes darzustellen.<br />
<br />
1974 holte sie den [[Miss Universe|Miss-Universe]]-Wettbewerb nach Manila, damit fand er nach Griechenland 1973 erst das zweite Mal in einem anderen Land als den USA statt. Sie schuf mehrere Kunstmuseen und versuchte die Kunstszene der Philippinen unter ihre Kontrolle zu bringen. Berüchtigt für ihren Ansatz waren die "Liebesbusse" - der Name inspiriert von der Fernsehserie [[Love Boat]] - klimatisierte Luxusbusse, die im Stadtverkehr von Manila eingesetzt wurden, mit vielfarbigen Herz-Logos versehen waren und ein mehrfaches des regulären Fahrpreises verlangten, sowie Straßenfeger, deren Uniformen angeblich von [[Pierre Cardin]] entworfen waren. Zusammen bauten sie mehrere [[Weißer Elefanten|Weiße Elefanten]] wie das Philippine International Convention Center, die Philippine Heart, Lung, and Kidney Centers, das Manila Film Center, Museen und den luxuriösen [[Coconut Palace]]<ref name="Gamalinda"/> <br />
<br />
1975 beispielsweise gründete sie innerhalb weniger Wochen das [[Metropolitan Museum of Manila]]. Das in einem alten US-Militärgebäude untergebrachte und anfangs vor allem mit Leihgaben aus dem [[Brooklyn Museum]], dem [[Los Angeles County Museum of Art]] und den Privatsammlungen von [[Armand Hammer]] und [[Nathan Cumming]] ausgestattete Museum eröffnete gerade rechtzeitig vor einer Tagung des [[Internationaler Währungsfonds|internationalen Währungsfonds]] in Manila und war dazu gedacht, die angereisten Teilnehmer zu beeindrucken.<ref>Carol Duncan. "Art museums and the ritual of citizenship" http://www.unc.edu/depts/slavic/events/CaolDuncan.pdf</ref> Anlässlich des Treffens orderte sie auch den Bau des Folks Arts Theaters, des Cultural Center of the Philippines sowie achtzehn neuer Luxushotels an. <br />
<br />
1975 etablierte Ferdinand Marcos mit der Richtlinie 633 die [[National Commission on the Role of Filipino Women]] (NCRFW) als Reaktion auf das von der UNO ausgerufene "Jahrzehnt der Frau". Imelda Marcos übernahm den Vorsitz und führte vor allem nationale Programme im Rahmen der UNO-Projekte durch. Die Versuche, Frauenorganisationen in die Arbeit einzubeziehen, scheiterten aber weitgehend, da viele von ihnen sich weigerten, mit der Marcos-Regierung assoziiert zu werden.<ref>Proserpina Domingo Tapales: "Gender Policies And Responses Towards Greater Women Empowerment In The Philippines" http://unpan1.un.org/intradoc/groups/public/documents/EROPA/UNPAN014236.pdf, und Aurora Javate de Dios: "NCRFW AND NGOs: AN ENDURING PARTNERSHIP"; Paper Read During the Policy Dialogue on Gender Equality Organized by the Gender Equality Bureau, Cabinet Office and the Gender Equality Division - Tokyo, Japan http://www.gender.go.jp/grobal/gb01-be.pdf</ref> Ebenso war sie Schutzherrin der Commission on Population, die in den ausgeprägt katholischen Philippinen die Pille ausgeben ließ, um eine weiteres Bevölkerungswachstum zu verhindern.<ref>[http://www.unfpa.org/focus/philippines/sex_ist.htm Barbara Supp: "Sex ist schwanger werden" in Der Spiegel Juni 1999 zitiert nach dem United Nations Population Fund]</ref> <br />
<br />
Ab 1982 veranstaltete sie mehrere Filmfestivals in Manila mit dem Anspruch ein "asiatisches Cannes" zu schaffen. Dafür ließ sie auf einem Stück frisch [[Landgewinnung|aus der See]] gewonnen Landes, ein neues Film-Center bauen. Vor allem aufgrund ihrer stetig wechselnden Anforderungen verzögerte sich der Bau, die Bauarbeiten liefen schließlich Tag und Nacht. Im Zeitdruck stürzte ein Gerüst mit Bauarbeitern in eine Grube mit trocknendem Beton. 169 der Arbeiter sollen im Beton ums Leben gekommen sein, und um die Eröffnung des Festivals im neuen Kino-Center nicht zu gefährden, wurden die Leichen nie geborgen.<ref>[http://www.taz.de/index.php?id=archiv&dig=2007/03/07/a0155 die tageszeitung: "Die Insel der blutigen Plantagen", 7. März 2007]</ref><br />
<br />
Lange Haare bei Männern erklärte die Regierung jedoch als dekadent. Das Militär sammelte Langhaarige auf der Straße ein und verabreichte ihnen einen zwangsweisen Haarschnitt ebenso wie Fotografien von Rockstars vor der Veröffentlichung so überarbeitet wurden, dass diese Kurzhaarschnitte trugen.<ref name="Gamalinda"/><br />
<br />
=== Wahlen 1978 ===<br />
<br />
Nach der Ausrufung des Kriegsrechts hatte Marcos mehrere Volksabstimmungen zur Bestätigung seines Kurses abgehalten, die international und von der internen Opposition als manipuliert und deren Ergebnisse als verfälscht betrachtet wurden. 1978 schließlich setzte er Wahlen für die 1973 in der Verfassung vorgeschriebene Interimsnationalversammlung ([[Interim Batasang Pambansa]] - IBP) an. Die größten Teile der Opposition beschlossen einen Boykott, da eine annähernd faire Wahl nicht zu erwarten wäre. Neben einigen Gruppen in den traditionall unruhigen Provinzen von Visayas und [[Mindanao]] war die einzige Oppositionsgruppe, die erklärte zur Wahl anzutreten, die [[Laban]]-Partei um [[Benito Aquino]], die in Groß-Manila antrat. Sie setzte erstmals auf Kandidaten außerhalb der traditionellen philippinischen Machteliten wie den Studentenaktivisten Gerry Barican, Gewerkschaftsaktivist Alex Boncayo und Organisator der Obdachlosen in Manila, Trinidad Herrera. <br />
<br />
Imelda Marcos trat in Groß-Manila als Gegenkandidatin an der Spitze der Regierungspartei [[Kilusan ng Bagong Lipunan]] (KBL) an. Die Medien zu diesem Zeitpunkt waren noch unter kompletter Marcos-Kontrolle, so dass Aquino nur eine Chance hatte im Fernsehen aufzutreten. Im Vorfeld der Wahl erhöhte Marcos die Versicherungs- und Pensionsleistungen für Staatsbeamte. Lehrer, die die Wahlen überwachten, erhielten eine Gehaltserhöhung von 100 Pesos und Marcos versprach ihnen 250.000 neue Häuser. Die Wahlen lagen in den Osterferien, so dass die tendenziell oppositionell eingestellten Studenten und Schüler in den Ferien in ihren Heimatprovinzen waren, während die Marcos-Regierung die Regierungsangestellten aufforderte, nicht in die Ferien zu fahren, sondern in Manila zu wählen. Bewohner Manilas, die in [[Ilocos Norte]], Ferdinand Marcos Heimat und aus [[Leyte]] oder [[Samar]], Imelda Marcos' Heimat, registriert waren, konnten problemlos in Manila wählen. Selbst Ferdinand Marcos' gab zu, dass es "Unregelmäßigkeiten" während der Wahl gab. Unabhängige Beobachter sprachen von 11.500 Wahlbezirken in denen Wahlurnen manipuliert wurden, Wähler berichteten von bereits vollen Urnen, als sie morgens das Wahllokal betreten haben. Die Wahlkommission selbst war komplett von Marcos ernannt. Berichte über Polizisten, die die Auszählung überwachten, waren häufig. Wenig überraschend stellte die KBL nach der Wahl sämtliche Abgeordnete in Manila. Nach der Wahl verhaftete die Polizei Hunderte von Führungspersonen der Laban und Demonstranten, die für diese auf der Straße waren. Es kamen Fälle von Folter vor, ein Vertrauter des jesuitischen Regimekritikers Romeo Intengang starb in der Haft. Obwohl die Autopsie deutliche Folterspuren zeigte, wurden seine Gefängniswärter nicht bestraft.<ref>Celoza S. 62 ff.</ref><br />
<br />
=== Korruption ===<br />
<br />
Einer konservativen Schätzung der [[Weltbank]] und [[Transparency International]] zufolge haben die Marcos' 10 Milliarden US-Dollar aus dem Land gepresst, wonach sie nach den [[Suharto]]s und vor [[Mobutu Sese Seko]] das korrupteste Regime seit 1970 waren. Auf derselben Liste konnte auch [[Joseph Estrada]], philippinischer Präsident von 1998 bis 2001 und enger Vertrauter der Marcos einen zehnten Platz mit 85 Millionen USD einnehmen.<ref>[http://www.guardian.co.uk/international/story/0,3604,1178342,00.html The Guardian: Suharto, Marcos and Mobutu head corruption table with $50bn scams, 26. März 2004]</ref> Anderen Schätzungen zufolge haben die Marcos' und ihre Vertrauten sogar 20 bis 30 Milliarden US-Dollar aus dem Land gepresst. Imelda allein nutzte ihre Position als Gouverneurin von Groß-Manila und Ministerin für Human Settlements, um bei 30% der Regierungaufträge einen persönlichen Anteil zu erpressen.<ref>James Roumasset: The Political Economy of Corruption; Working PaperNo. 97-10R, Juli 1997 http://www.economics.hawaii.edu/research/workingpapers/88-98/WP_97-10R.pdf</ref><br />
<br />
=== EDSA ===<br />
1983 erschossen unbekannte den bis dahin bekanntesten Oppositionspolitiker [[Benigno Aquino, Jr.|Benigno Aquino]] auf dem Flughafen von Manila, als er das erste Mal seit drei Jahren das Land betrat. Nach einer Erhebung der Philippinos flohen die Marcos am 25. Februar 1986 mit einem Helikopter der US-Regierung.<br />
<br />
Die Revolution war vor allem auf Manila beschränkt, besonders auf die kurz als ''EDSA'' bezeichnete [[Epifanio de los Santos Avenue]]. Die Akteure stammten vor allem aus höheren Offiziersrängen sowie dem Kirchenstand, waren Geschäftsleute, intellektuelle Bürokraten und die traditionelle Opposition, die tief im politischen System der Vor-Marcos-Zeit verankert war. Weder die Landbevölkerung noch neuere sozialistische oder kommunistische Kräfte waren beteiligt.<br />
<br />
Sie rebellierten vor allem deswegen, weil Marcos keine seiner Versprechen gehalten hatte. Die innere Ordnung war instabiler als vorher, bewaffnete Rebellengruppen wie die [[New People's Army]] konnten ihre Mitgliedschaft ebenso wie ihre militärische Reichweite in den Marcos-Jahren ausweiten. Die wirtschaftliche Entwicklung ging abwärts. Nachdem in den 1970ern vor allem die schon Armen unter der wirtschaftlichen Entwicklung litten, begann die wirtschaftliche Krise in den 1980ern sich auf alle Gesellschaftsschichten auszubreiten.<br />
<br />
==Bilanz==<br />
<br />
Marcos' hauptsächliche Versprechen um das Kriegsrecht zu rechtfertigen, waren Ordnung und wirtschaftliche Entwicklung. Während die bewaffneten Auseinandersetzungen in den Philippinen aber während seiner Amtszeit zu- und nicht abnahmen, ist seit Marcos' Zeit auch das vorher weitgehend bedeutungslose Militär zu einem wichtigen politischen Akteur geworden. Waren die Philippinen 1965 noch eine der wirtschaftlich prosperierendsten Nationen Südostasiens, waren sie 1986 weiter hinter andere Länder der Region zurückgefallen und konnten den Rückstand seitdem nicht aufholen. Die Schere zwischen niedrigen und hohen Einkommen ging in den Marcos-Jahren weiter auseinander. Statistiken sahen den Anteil der Bevölkerung unter der Armutsgrenze zwischen 39% ([[USAID]]; 1984) und 64%. <br />
<br />
Zwischen 1971 und 1979 sank das Einkommen der 60% Ärmsten des Landes von 25% auf 22,5% des Gesamteinkommens, während das der reichsten 10% von 37,1% auf 41,7% stieg. Nach Studien des [[National Economic Development Authority]] (NEDA] der offiziellen Behörde zur Wirtschaftsplanung, ebenso wie des privaten Think tanks Center for Research and Communication (CRC) aus dem Jahr 1984 lagen die erforderlichen Ausgaben für das subsistence level um 50% über dem tatsächlichen Einkommen. <br />
<br />
Die durchschnittliche Kalorienaufnahme lag bei 84% der offiziellen Empfehlungen, nur 47% der Bevölkerung hatten Zugang zu fließendem Wasser. Unterernährung stieg von der siebthäufigsten Todesursache 1973 auf den dritten Platz 1977, nur geschlagen von typischen Armutskrankheiten wie Lungenentzündungen und [[Gastroenteritis|Magen-Darm-Grippen]]. Die medizinische Versorgung war so schlecht, dass 60% der Todesfälle ohne die geringste ärztliche Behandlung abliefen. <br />
<br />
Die Reallöhne von Angestellten betrugen 1980 nur noch 93,2% der 1972er-Basis, die von Arbeitern 86,7%. Ungelernte Arbeiter in Manila verdienten 1980 real nur noch 53,4% von dem was sie 1972 erhalten hatten. Gleichzeitig stieg die Arbeitslosigkeit, konservative Schätzungen vermuteten 30% der Philippinos als arbeitslos oder geringfügig arbeitend.<br />
<br />
<br />
Das [[Bruttonationalprodukt]], dass in den 1970ern stetig stieg, verlangsamte den Anstieg in den frühen 1980ern von einem Durchschnittswert von 6,5% auf 1,4% im Jahr 1983. Vor allem aber stieg die Armut während der Marcos-Jahre dramatisch. Nachdem die <br />
<br />
Die Inflation stieg bis 1980 auf 10%, bis 1984 lag sie zwischen 20 und 30%. Bei einem Haushalt von ungefähr 5 Milliarden USD im Jahr lag das Defizit pro Jahr bei einer Milliarde oder ungefähr 20% des Haushalts. Das [[Zahlungsbilanz]]defzit stieg von 86 Millionen USD im Jahr 1978 auf 2,1 Milliarden Dollar 1983, das Außenhandelsdefizit in derselben Zeit von 1,3 Milliarden USD auf 2,4 Milliarden USD. Das 2-Milliarden-Defizit im Jahr 1980 war genauso groß wie die kombinierten Defizite der Jahre 1960 bis 1974 zusammen. Die Auslandsschuld stieg von 2,66 Milliarden USD 1972 auf 26 Milliarden USD 1984. 1983 konnten die Philippinen ihre Schulden nicht bezahlen, so dass der [[IMF]] den Staat zwang striktere Kontrollmaßnahmen, Steuererhöhungen und eine Währungsabwertung vorzunehmen. <br />
<br />
Dem politischen System Marcos', das stark auf Patronage und Nepotismus aufgebaut war, fehlte so das Geld, um das System am laufen zu halten. Die Regierung konnte die ausgeuferte Bürokratie kaum noch entlohnen, Geldmittel die aus der Bürokratie in sympathische Teile der Gesellschaft gezahlt wurden, begannen auszutrocknen.<ref>alle Zahlen nach Celoza S. 126 ff.</ref><br />
<br />
== Vermögen ==<br />
<br />
Die genaue Höhe ist ebenso wie die Herkunft des Vermögens in Teilen noch unklar.<br />
<br />
1987 bezifferte ein Inventar der neuen philippinischen Regierung ihre im [[Malacanang Palace]] zurückgelassenen Privatgegenstände mit 15 Nerzmänteln, 65 Sonnenschirmen, 508 bodenlange Kleider, 888 Handtaschen und 71 Sonnenbrillen. Der bekannteste Teil des Vermögens war ihre Schuhsammlung aus 1.060 Paaren in Größe 8 1/2 von Designern wie [[Salvatore Ferragamo|Ferragamo]], [[Hubert de Givenchy|Givenchy]], [[Chanel]] und [[Christian Dior]]. <ref>[http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,963620,00.html TIME: World Notes Investigations, 23. Februar 1987]</ref> Im Dezember 2006 veröffentlichte sie mit Hilfe ihrer Familie eine Juwelen- und Accessoiresmarke "The Imelda Collection", die vor allem aus Beständen ihrer alten Sammlung besteht, die sie um neue Stücke ergänzt hat. Die Stücke kosten zwischen 15 und 360 USD:<ref>[http://imeldacollection.com/thestory.asp Website der Imelda Collection]</ref> Ihre Juwelensammlung wurde 1996 auf einen Wert zwischen 12 und 20 Millionen USD geschätzt, darunter befinden sich ein persisches Halsband mit mehr als Karat an rosa und gelben Diamanten sowie ein Armband mit einem 31-Karäter als Zentralstück. Die Stücke wurden teilweise in ihrem Palast gefunden, teilweise versuchte ein Freund der Familie sie ins Ausland zu bringen, teilweise nahm der US-Zoll sie ihnen auch bei ihrer Flucht ab. Dabei lagen die Juwelen zeitweise offen auf einem Tisch, weil beim Zoll niemand glauben konnte, dass derart exorbitante Stücke echt seien.<ref>[http://news.bbc.co.uk/2/hi/asia-pacific/2946945.stm BBC: Imelda's 'crown jewels' to go under the hammer, 13. Mai 2003]</ref> Nach ihren eigenen Angaben hat sie nach der Flucht 175 Kunstwerke europäischer Meister verloren, darunter Werke von [[Michelangelo]], [[Botticelli]] und zehn [[Canaletto]]s.<br />
<br />
Während sie selber darauf besteht von einer 90 US-Dollar-Rente im Monat für die Witwen von Kriegsveteranen zu leben, versprach sie ebenfalls bei der Präsidentschaftswahl 1998 den Philippinen 800 Millionen USD aus ihrem Privatvermögen zu spenden.<br />
<br />
=== Nach der Flucht ===<br />
<br />
Die Marcos erreichten die USA mit 9 Millionen USD in bar im Gepäck, Juwelen und Wertpapieren, im Vergleich zu vorher aber fühlte sich Imelda "ohne Geld, ohne Heimat und ohne Namen".<ref>"pennieless, homeless and name-less"; The Independent</ref><br />
<br />
Auf den Philippinen gründete Marcos-Nachfolgerin Corazon Aquino die [[Presidential Commission on Good Government]], um dem Vermögen der Marcos' hinterherzufahnden. Ferdinand starb am 29. September 1989.<br />
<br />
=== Rückkehr auf die Philippinen ===<br />
<br />
1991 kehrte sie nach Manila zurück. Nach einer erfolglosen Kandidatur für die Präsidentschaft, gelang es ihr, 1995 für ihren Heimatbezirk Leyte in den [[Senat (Philippinen)|philippinischen Senat]] gewählt zu werden. Heute lebt sie in einem der teuersten Mietshäuser der Philippinen und hat mehrere Diener. <ref>The Independent</ref>.<br />
Die Werke von [[Gauguin]], [[Michelangelo]] und [[Pablo Picasso|Picasso]], die ihre Wände schmücken, sind die letzten Reste der Marcos-Kunstsammlung, worüber sie sich bitterlich beklagt.<ref>[http://www.timesonline.co.uk/tol/news/article703397.ece Times on Sunday:"Imelda: down to her last billion", 9. April 2006]</ref> Sie selbst beklagt sich aber über Armut, was ihr Anwalt erklärt, dass sie das relativ meint, im Vergleich zu ihrem früheren Vermögen.<ref>The Independent</ref><br />
<br />
Sie hat in Manila ein Schuhmuseum eröffnet, dessen Exponate vor allem ihre ehemalige Schuhe sind. Ebenso zeigt es die Schuhe anderer berühmter Philippinos. Es befindet sich im Distrikt [[Marikina]], der vor allem durch seine Schuhindustrie geprägt ist, von der dort etwa 200.000 Menschen leben.<ref>[http://news.bbc.co.uk/2/hi/asia-pacific/1173911.stm BBC: Homage to Imeldas Shoes, 16. Februar 2001]</ref><br />
<br />
Sie vertritt weiterhin den Standpunkt, dass sie und ihr Leben so in dieser Form richtig waren. Noch 1998 behauptete sie, dass es in den Philippinen während ihrer Regierungszeit nicht eine Menschenrechtsverletzung gab.<ref>Aus dem Film "Imelda" zitiert nach http://www.pbs.org/independentlens/imelda/words.html</ref> Ebenso wie es ihrer Aussage nach keine armen Menschen auf den Philippinen gibt.<ref>[http://edition.cnn.com/2007/WORLD/asiapcf/01/19/talkasia.marcos.script/index.html CNN: "Imelda Marcos Talkasia Transcript", 24. Februar 2007]</ref>Sie beklagt sich aber bitterlich für die Behandlung, die ihr nach 1986 widerfahren ist. Auf die Frage ob Familie Marcos sich irgendwann entschuldigen wird, antwortet sie nur: "Wofür? Sie sollten sich entschuldigen, denn was sie den Marcos abgenommen haben, ist mehr als unser Budget für 20 Jahre. Wer ist der Dieb? Nicht die Marcos."<ref>“What for? They should apologize because what they have taken from the Marcoses is bigger now than the budget of Marcos for 20 years. Who stole money? It’s not Marcos.” [http://www.manilastandardtoday.com/?page=news05_feb23_2006 Manila Standard: "20 years after uprising, Imelda still living it up", 23. Februar 2006]</ref> Sie ist der Meinung, um die Wahrheit betrogen zu werden, aber: "Ich glaube, die Wahrheit wird siegen. Die Wahrheit ist Gott und wenn man auf der Seite der Wahrheit und von Gott steht, wer kann gegen einen stehen?"<ref>"But I believe the truth will prevail. The truth is God and if you are on the side of truth and God, who can stand against you?" - The Independent</ref> <br />
<br />
Die Versuche ihrem Mann ein Staatsbegräbnis neben den anderen philippinischen Präsidenten zu verschaffen, scheiterten bisher. [[Joseph Estrada]], bis 1986 unter Imelda Marcos Bürgermeister von [[San Juan]] in Groß-Manila und seit 1998 [[Präsident der Philippinen]], ordnete zwar noch vor Amtsantritt die Beisetzung dort an, Imelda selbst zog das Begehren aber zwischenzeitlich aufgrund starker Proteste zurück.<ref>[http://www.hinduonnet.com/fline/fl1515/15151090.htm Jayati Ghosh: "The return of the populist hero" in: Frontline Vol. 15, No. 15, July 18 - July 31, 1998]</ref> Estrada war mit finanzieller Unterstützung von [[Eduardo Cojuangco]] an die Macht gekommen, einem der engsten Ferdinand-Marcos-Vertrauten. Schon früh nach der Amtsübernahme kündigte er an die [[Presidential Commission on Good Government]] aufzulösen, Marcos-Vertrauten ihre vor 1986 erbeuteten Vermögen zurückzugeben.<ref>[http://www.iht.com/articles/1998/05/16/miguel.t.php Don Kirk: "'Crony' of Marcos Could Gain From Philippine Result" in: International Herald Tribune, 10. Mai 1998 ]</ref> Wenige Jahre später wurde er ähnlich wie Marcos aus dem Amt getrieben und brachte es auch auf die Transparency-International-Top-10 der korruptesten Regierungschefs. <br />
<br />
Ihre Tochter [[Imee Marcos]] sitzt im [[Repräsentantenhaus (Philippinen)|Repräsentantenhaus der Philippinen]], während Sohn [[Ferdinand Marcos Jr.|Ferdinand "Bong-bong" Jr.]] Gouverneur von [[Ilocos Norte]], der traditionellen Machtbasis der Marcos, ist und sich mittlerweile auch um einen Platz im Repräsentantenhaus bewirbt. Ihr Neffe tritt bei den Wahlen zum Gouverneur von Leyte an, womit er seinem Vater und seinem älteren Bruder nachfolgen würde, die den Posten bereits in den Marcos-Jahren bekleideten.<ref>[http://ricojr.wordpress.com/2007/04/24/all-in-the-family-in-philippine-local-politics/ Manny Mogato: "All in the family", 24. April 2007]</ref><br />
<br />
1992 und 1998 kandidierte sie erfolglos für das Präsidentenamt. Bei den Parlamentswahlen am 10. Mai 2010 wurde sie ins Repräsentantenhaus gewählt.<ref>[http://in.reuters.com/article/worldNews/idINIndia-48461920100513]</ref><br />
<br />
=== Gerichtsverfahren ===<br />
<br />
Insgesamt erhoben Ankläger in verschiedenen Staaten 901 Gerichtsverfahren gegen Imelda Marcos, vor allem wegen Korruption und Betrugs. Der einzige Fall, den sie bisher verloren hat, ist ein [[Sammelklage|Class-Action]]-Verfahren im Jahr 1995 von 9.539 Philippinos in den USA gegen das Marcos-Vermögen wegen Folter, Mord und dem spurlosen Verschwinden von Dissidenten. Imelda hätte 2 Milliarden USD bezahlen müssen, was sich bis 2006 einschließlich Zinsen 4 Milliarden USD erhöht hat, hat bisher aber noch nichts davon ausgezahlt. Die einzigen Geldsummen, die bisher den Besitzer wechselten sind 1,5 Millionen USD aus dem Zwangsverkauf eines Marcos-Hauses in Hawaii und dem Verkauf eines Picassos.<ref>[http://www.manilastandardtoday.com/?page=news05_feb23_2006 Manila Standard: "20 years after uprising, Imelda still living it up"]</ref> 1997 urteilte das höchste Bundesgericht der Schweiz, dass die 570 Millionen USD, die auf Schweizer Bankkonten gefunden wurden, auf kriminelle Aktivitäten zurückgehen, und deshalb an die Philippinen ausgezahlt werden müssen.<br />
<br />
Mitte der 1990er Jahre verurteilte das philippinische Anti-Korruptionsgericht [[Sandiganbayan]] sie in einem einzelnen Korruptionsfall zu zwölf Jahren Haft, dieses Urteil hob der Oberste Gerichtshof der Philippinen wieder auf. 2001 wurde Imelda Marcos wiederum angeklagt, zu neun Jahren Gefängnis verurteilt und in einer höheren Instanz wieder freigesprochen.<br />
<br />
==Medien==<br />
<br />
2004 veröffentlichte die Regisseurin [[Ramona Diaz]] den Film "Imelda", der sie porträtiert und dies vor allem erreicht, indem er Imelda Marcos selbst große Interviewzeiten gibt. Marcos selbst arbeitet anfangs enthusiastisch mit dem Projekt zusammen, versuchte später aber den Film sowohl innerhalb der Philippinen zu verbieten als auch außerhalb ihn gerichtlich stoppen zu lassen. Er gewann den Preis für Dokumentarfilme beim [[Sundance Film Festival]], die New York Times nannte ihn "ein niederschmetterndes Portrait davon wie Macht zur Delusion führt"<ref>[http://imeldificevita.multiply.com/reviews/item/9 Iron Butterfly: "Imelda on Imelda", 30. Mai 2007]</ref>, das Time-Magazin bezeichnet ihn als "spektakulär selbstzerstörerisch".<ref name="Leibowitz"/> Hingegen vollkommen ohne Politik und auf ihre Karriere im international Jet Set fokussierend, produzierten [[David Byrne (Musiker)|David Byrne]] und [[Fatboy Slim]] im Jahr 2006 ein Musical über Imelda Marcos unter dem Titel "Here Lies Love".<ref>[http://www.spex.de/weblog/archives/1857-David-Byrne-Fatboy-Slim,-Hard-Fi,-Jared-Leto,-Ryan-Adams-The-Strokes.html#extended Spex.de: "Neues", 17. Oktober 2005]</ref><br />
<br />
==Anmerkungen==<br />
<references/><br />
<br />
==Weblinks==<br />
* {{Commonscat|Imelda Marcos}}<br />
* {{wikiquote}}<br />
*[http://news.independent.co.uk/world/asia/article347541.ece The Independent: "The Weird World of Imelda Marcos]. Interview mit ihr, 25. Februar 2006<br />
*[http://www.pcij.org/i-report/edsa20/imelda-marcos.html Portrait beim Philippine Center for Investigative Journalism]<br />
*[http://www.taz.de/index.php?id=archiv&dig=2004/08/16/a0188 Sven Baumgärtel: "Die Imelda in uns allen" in: die tageszeitung, 16. August 2004]<br />
<br />
{{Normdaten|PND=122298527|LCCN=n/50/75853|VIAF=113806714}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Marcos, Imelda}}<br />
[[Kategorie:Ehepartner eines Staatsoberhauptes oder Regierungschefs]]<br />
[[Kategorie:Philippiner]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1929]]<br />
[[Kategorie:Frau]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Marcos, Imelda<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Romuáldez Marcos, Imelda<br />
|KURZBESCHREIBUNG=philippinische First Lady<br />
|GEBURTSDATUM=2. Juli 1929<br />
|GEBURTSORT=[[Manila]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[ar:إيميلدا ماركوس]]<br />
[[en:Imelda Marcos]]<br />
[[es:Imelda Marcos]]<br />
[[fi:Imelda Marcos]]<br />
[[fr:Imelda Marcos]]<br />
[[gl:Imelda Marcos]]<br />
[[id:Imelda Marcos]]<br />
[[ja:イメルダ・マルコス]]<br />
[[jv:Imelda Marcos]]<br />
[[ko:이멜다 마르코스]]<br />
[[ml:ഇമെൽഡാ മാർക്കോസ്]]<br />
[[ms:Imelda Marcos]]<br />
[[nl:Imelda Marcos]]<br />
[[pl:Imelda Marcos]]<br />
[[ru:Маркос, Имельда Ромуальдес]]<br />
[[simple:Imelda Marcos]]<br />
[[sv:Imelda Marcos]]<br />
[[tl:Imelda Marcos]]<br />
[[tr:İmelda Marcos]]<br />
[[war:Imelda Marcos]]<br />
[[zh:伊梅尔达·马科斯]]<br />
[[zh-min-nan:Imelda Marcos]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Chee_Soon_Juan&diff=89661294Chee Soon Juan2011-06-05T03:53:15Z<p>222.127.231.29: aktueller</p>
<hr />
<div>[[Datei:Dr Chee Soon Juan.jpg|miniatur|Chee Soon Juan]]<br />
'''Chee Soon Juan''' ({{zh|s=徐顺全|t=徐順全|p=Xú Shùnquán}}; * 1962) ist ein [[singapur]]ischer Politiker und Vorsitzender der Oppositionspartei [[Singapore Democratic Party]] (SDP).<br />
Chee ist [[Neuropsychologie|Neuropsychologe]] and machte im Jahre 1990 seinen Universitätsabschluss an der [[University of Georgia]]. Er trat 1992 der SDP<ref>{{cite web | title = Where We Came From | publisher = Singapore Democratic Party | url = http://yoursdp.org/the-party/where-we-came-from | accessdate = 25. März 2010 | dateformat = dmy }}</ref>.<br />
<br />
Er gilt als scharfer Kritiker der singapurischen Regierung, auch wenn er die politischen Leistungen des ehemaligen singapurischen Premierministers [[Lee Kuan Yew]] anerkennt, der „schönes Leben in dieses kleine, ressourcenarme Land brachte“.<br />
<br />
Bei einem Gerichtsverfahren im Jahre 2008 wurde er von Lee Kuan Yew als "Lügner, Betrüger und alles zusammen ein skrupelloser Mann" bezeichnet und als "fast psychopathisch"<ref>[http://www.nytimes.com/2008/05/30/world/asia/30singapore.html?_r=1 New York Times: Power and Tenacity Collide in a Singapore Courtroom], 30. Mai 2008, abgerufen am 25. März 2010</ref>.<br />
<br />
Aufgrund der zahlreichen Gerichtsprozesse, die gegen ihn geführt wurden, musste er inzwischen Privatinsolvenz anmelden. Desweiteren wurde gegen ihn ein Ausreiseverbot verhängt.<ref>http://www.sueddeutsche.de/politik/singapur-der-staatsgruender-tritt-ab-das-brisante-erbe-des-methusalem-1.1101391-2</ref> <br />
<br />
== Antwort der singapurischen Regierung über politische Repressionen ==<br />
Die singapurische Regierung ließ am 11. November 2009 eine Pressemitteilung verbreiten, in der es um die politischen Aktivitäten Chee Soon Juans geht, die Verfahren wegen Diffamierung [Anm.: der Regierung] gegen ihn und seine Unfähigkeit oder sein Fehlener Wille, sich vor Gericht selbst zu verteidigen, die Gerichtsfälle, in der es um Aktionen, die aus Sicht der Regierung zivilen Ungehorsam schürten und Chees Reaktionen auf all diese gerichtlichen Urteile.<ref>[http://www.news.gov.sg/public/sgpc/en/media_releases/agencies/pmo/press_release/P-20091111-1 Offizielle Antwort der Regierung der Republik Singapur auf “WHITE PAPER ON THE REPRESSION OF POLITICAL FREEDOM IN SINGAPORE” von einer kanadischen Anwaltskanzlei]</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{SORTIERUNG:Chee, Soon Juan}}<br />
[[Kategorie:Geboren 1962]]<br />
[[Kategorie:Politiker (Singapur)]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Chee, Soon Juan<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=singapurischer Politiker und Generalsekretär der Oppositionspartei Singapore Democratic Party (SDP)<br />
|GEBURTSDATUM=1962<br />
|GEBURTSORT=<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[en:Chee Soon Juan]]<br />
[[zh:徐順全]]<br />
[[zh-min-nan:Chhî Sūn-choân]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kapulung%C3%A1n_ng_mg%C3%A1_Kinataw%C3%A1n_ng_Pilipinas&diff=89661252Kapulungán ng mgá Kinatawán ng Pilipinas2011-06-05T03:47:29Z<p>222.127.231.29: AZ: Weiterleitung nach Repräsentantenhaus (Philippinen) erstellt</p>
<hr />
<div>#WEITERLEITUNG [[Repräsentantenhaus (Philippinen)]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ferdinand_Marcos_Jr.&diff=89661236Ferdinand Marcos Jr.2011-06-05T03:45:14Z<p>222.127.231.29: + Bild</p>
<hr />
<div>'''Ferdinand Emmanuel "Bong Bong" Romualdez Marcos Jr.''' (* [[13. September]] [[1957]] in [[Manila]], [[Philippinen]]) ist ein [[Philippinen|philippinischer]] [[Politiker]].<br />
[[Datei:Ferdinand R Marcos Jr.jpg|thumb|Ferdinand Marcos Jr.]]<br />
<br />
== Biografie ==<br />
Ferdinand Marcos Jr. entstammt aus der einflussreichen Familie [[Marcos]]. Sein Großvater [[Mariano Marcos]] war bereits Abgeordneter des [[Kongress (Philippinen)|Kongresses]]. Er selbst ist Sohn des verstorbenen [[Präsident]]en und [[Diktator]]s [[Ferdinand Marcos]] sowie der früheren [[First Lady]] [[Imelda Marcos]]. Seine ältere Schwester [[Imee Marcos]] ist ebenfalls Politikerin.<br />
<br />
Nach dem Besuch der [[Georgetown]] Preparatory School und [[High School]] in [[Rockville (Maryland)]] studierte er [[Wirtschaftswissenschaften]] an der [[Oxford University]] und erwarb dort einen [[Bachelor of Arts]] (B.A.Econ.). Später absolvierte er ein [[Postgraduiertenstudium]] der [[Betriebswirtschaftslehre]] an der [[Wharton School]] der [[University of Pennsylvania]] und schloss dieses mit einem [[Master]] of Business Administration (M.B.A.) ab.<br />
<br />
Während der Präsidentschaft seines Vaters war er von 1980 bis 1983 zunächst Vizegouverneur und anschließend bis zum Ende der Diktatur von Marcos im Februar 1986 [[Gouverneur]] von [[Ilocos Norte]].<br />
<br />
Marcos, der von Beruf [[Geschäftsmann]] ist, war bereits von 1992 bis 1995 Abgeordneter des [[Repräsentantenhaus (Philippinen)|Repräsentantenhauses der Philippinen]] (Kapulungán ng mgá Kinatawán ng Pilipinas or Mababang Kapulungan ng Kongreso). Später war er von 1998 bis 2007 erneut Gouverneur von Ilocos Norte.<br />
<br />
Zwischen 2007 und 2010 war er wiederum Abgeordneter des Repräsentantenhauses. In diesem vertrat er als Mitglied der KBL (Kilusang Bagong Lipunan) den Wahlbezirk II (2nd District) der Provinz [[Ilocos Norte]] und wurde in diesem Wahlkreis Nachfolger seine Schwester Imee Marcos.<br />
<br />
Im 14. Kongress war er Stellvertretender Oppositionsführer im Satzungsausschuss. Darüber hinaus war er als Vertreter der parlamentarischen Minderheit Mitglied in den Ausschüssen für Tourismus sowie für Verkehr.<br />
<br />
Bei den am 10. Mai 2010 stattgefundenen Wahlen kandidierte er erfolgreich für einen Sitz im [[Senat (Philippinen)|Senat]] (Senado ng Pilipinas) und ist mittlerweile Mitglied der [[Nacionalista Party]].<br />
<br />
Im Senat ist er zurzeit Vorsitzender der Ausschüsse für Kommunalverwaltung (''Committee on Local Government'') sowie für Stadtplanung, Wohnungsbau und Wiederbesiedlung (''Urban Planning, Housing and Resettlement''). Außerdem ist er Vorsitzender der Aufsichtsausschüsse für die [[Autonomous Region in Muslim Mindanao]] (''Oversight Committee on ARMM Organic Act'') und für sozialisierte und niedrigpreise Wohnungen (''Congressional Oversight Committee on Socialized and Low-Cost Housing Condonation Act'')<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.congress.gov.ph/members/search.php?congress=14&id=marcos-f Eintrag auf der Homepage des Kongresses]<br />
* [http://www.senate.gov.ph/senators/sen15th.asp Homepage des Senats]<br />
* [http://en.wikipedia.org/wiki/Legislative_districts_of_Ilocos_Norte Legislative districts of Ilocos Norte in der englischsprachigen Wikipedia]<br />
<br />
{{DEFAULTSORT:Marcos, Ferdinand Jr.}}<br />
[[Kategorie:Politiker (Philippinen)]]<br />
[[Kategorie:Unternehmer]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1957]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Marcos, Ferdinand Jr.<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Ferdinand Emmanuel "Bong Bong" Romualdez Marcos Jr. (vollständiger Name)<br />
|KURZBESCHREIBUNG=philippinischer Politiker und Unternehmer<br />
|GEBURTSDATUM=13. September 1957<br />
|GEBURTSORT=[[Manila]], [[Philippinen]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[en:Ferdinand Marcos, Jr.]]<br />
[[ilo:Ferdinand Marcos, Jr.]]<br />
[[nl:Ferdinand Marcos jr.]]<br />
[[tl:Ferdinand Marcos, Jr.]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Lim_Kit_Siang&diff=89661220Lim Kit Siang2011-06-05T03:42:21Z<p>222.127.231.29: der Vollständigkeit halber</p>
<hr />
<div>[[Datei:Pr leaders.jpg|thumb|von links nach rechts: Lim Kit Siang, [[Anwar Ibrahim]], Abdul Hadi]]<br />
'''Lim Kit Siang''' (* [[20. Februar]] [[1941]]; {{zh|c=林吉祥}}; [[Pinyin]]: Lín Jíxiáng) ist einer der führenden Oppositionspolitiker der [[Democratic Action Party|DAP]] in [[Malaysia]]. Seit 2004 vertritt er den [[Wahlkreis]] Ipoh Timur im [[Dewan Rakyat|malaysischen Parlament]].<ref>[http://www.limkitsiang.com/]</ref> Davor saß er auch schon von 1969 bis 1999 für vier verschiedene Wahlkreise im Parlament. Im Juli 2009 schloss er sich dem Oppositionsbündnis „[[Pakatan Rakyat]]“ an, der neben ihm von [[Anwar Ibrahim]] und [[Abdul Hadi Awang]] geleitet wird und die einzige relevante oppositionelle Kraft gegen die [[Barisan Nasional]] in Malaysia darstellt.<ref>[http://www.themalaysianinsider.com/index.php/malaysia/33811-pakatan-parties-will-seal-pact-says-zaid The Malaysian Insider: "Pakatan parties will seal pact, says Zaid]</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references/><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* http://limkitsiang.com/<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Lim, Kit Siang}}<br />
[[Kategorie:Politiker (Malaysia)]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1941]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Lim, Kit Siang<br />
|ALTERNATIVNAMEN=林吉祥 (chinesisch); Lín Jíxiáng (Pinyin)<br />
|KURZBESCHREIBUNG=malaysischer Politiker<br />
|GEBURTSDATUM=20. Februar 1941<br />
|GEBURTSORT=<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[en:Lim Kit Siang]]<br />
[[fa:لیم کیت سیانگ]]<br />
[[ms:Lim Kit Siang]]<br />
[[zh:林吉祥]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Lee_Kuan_Yew&diff=89625314Lee Kuan Yew2011-06-04T01:10:26Z<p>222.127.231.29: + ref</p>
<hr />
<div>[[Datei:Lee Kuan Yew.jpg|thumb|Lee Kuan Yew (2002)]]<br />
'''Lee Kuan Yew''' ({{Zh|c=李光耀|p=Lǐ Guāngyào}}, Lee Kwan-Yew oder Harry Lee; * [[16. September]] [[1923]] in [[Singapur]]) ist ein Politiker in der Republik [[Singapur]]. Er war der erste Premierminister des Stadtstaates Singapur und übte von 1959 bis 1990 dieses Amt aus. Sein Nachfolger wurde [[Goh Chok Tong]], dessen Kabinett er von 1990 bis 2004 als ''Senior Minister'' angehörte. Im Kabinett seines Sohnes [[Lee Hsien Loong]], des dritten Premierministers der Republik Singapur, war er von 2004 bis 2011 ''[[Minister Mentor]]'', ein Posten, der speziell für ihn geschaffen wurde. Nachdem seine Regierungspartei PAP das schlechteste Ergebnis seit 1963 erzielte, zog sich Lee nach 52 Jahren aus der Regierung zurück.<ref>http://www.sueddeutsche.de/politik/singapur-der-staatsgruender-tritt-ab-das-brisante-erbe-des-methusalem-1.1101391</ref><br />
<br />
== Leben ==<br />
=== Frühes Leben und Japanische Besetzung (1923 bis 1945) ===<br />
Lee besuchte die [[Telok Kurau Grundschule]], die [[Raffles Institution]] und das [[Raffles College]]. Sein Studium musste er 1942 bis 1945 wegen der japanischen Besetzung Singapurs unterbrechen. In dieser Zeit betrieb er Schwarzhandel mit Klebstoff aus Tapioka, der ''Stifkas'' genannt wurde.<ref>Ooi, Jeff (2005). {{cite web |url=http://www.jeffooi.com/archives/2005/11/i_went_into_act.php |title= "Perils of the sitting duck" |archiveurl=http://web.archive.org/web/20051125194719/http://www.jeffooi.com/archives/2005/11/i_went_into_act.php |archivedate=25. November 2005|accessdate=2005-11-06}}</ref> Mit seinen Kenntnissen der englischen, chinesischen und japanischen Sprache, die er 1942 gelernt hatte, transskribierte er von 1943 bis 1944 alliierte Funksprüche für die Japaner.<ref name = "Time 1999">McCarthy, Terry. [http://www.time.com/time/asia/asia/magazine/1999/990823/lee1.html Lee Kuan Yew], ''Time Asia'', Hong Kong, 23. August 1999.</ref><ref>{{cite news | author = Pillai, M.G.G. | date = 1. November 2005 |newspaper = Malaysia Today<br />
|url=http://www.malaysia-today.net/columns/pillai/2005/11/did-lee-kuan-yew-want-singapore.htm |title= "Did Lee Kuan Yew want Singapore ejected from Malaysia?" |archiveurl=http://web.archive.org/web/20071013161748/http://www.malaysia-today.net/columns/pillai/2005/11/did-lee-kuan-yew-want-singapore.htm<br />
|archivedate=13 October 2007}}</ref><br />
<br />
=== Nachkriegszeit (1945 bis 1951) ===<br />
Nach dem Krieg ging er für kurze Zeit auf die [[London School of Economics]],<br />
bevor er auf das [[Fitzwilliam College]] in Cambridge wechselte. 1949 kehrte er nach Singapur zurück und wurde als Anwalt tätig.<br />
<br />
Lee heiratete seine Frau Kwa Geok Choo († 2010) am 30. September 1950.<ref>[http://www.cabinet.gov.sg/CabinetAppointments/Mr+LEE+Kuan+Yew.htm]</ref> Sie haben drei Kinder – zwei Söhne und eine Tochter. Sein ältester Sohn ist Lee Hsien Loong.<br />
<br />
== Frühe politische Karriere (1951 bis 1959) ==<br />
Lees erste Erfahrungen mit der singapurischen Politik war seine Rolle als Wahlhelfer für seinen Parteichef John Laycock unter dem Banner der probritischen Partei Progressive Party bei den Stadtratswahlen 1951. Jedoch erkannte Lee, dass die Partei nicht in der Lage war, Massen zu mobilsieren, vor allem bei der chinesisch-sprechenden arbeitenden Klasse. Dies wurde vor allem von Bedeutung, als die Rendel Constitution das Wahlrecht allen in Singapur geborenen Einwohnern gewährte. Das hatte zur Folge, dass der Anteil der chinesischen Wähler anstieg. Sein Durchbruch kam, als er als Rechtsberater für die Arbeiter- und Studentengewerkschaft tätig wurde.<br />
<br />
== Zeit als Premierminister (1959 bis 1990) ==<br />
=== Selbstverwaltung und Bildung der People's Action Party (1959 bis 1963) ===<br />
In den Parlamentswahlen in Singapur am 30. Mai 1959 gewann die PAP (People's Action Party) 43 von 51 Sitzen<ref>[http://www.elections.gov.sg/elections_past_parliamentary.html Offizielle Ergebnisse der Parlamentswahlen von 1959 von der singapurischen Wahlbehörde]</ref>. Singapur errang die Selbstverwaltung in allen Staatsangelegenheiten außer in Fragen der Verteidigungs- und Außenpolitik. Lee wurde am 5. Juni 1959 Premierminister<ref>{{cite news| url = http://www.channelnewsasia.com/stories/singaporelocalnews/view/433440/1/.html| title = State of Singapore came into being 50 years ago on 3 June| date = 2. Juni 2009| location = Singapur| work = Channel News Asia| author = Hoe Yeen Nie| accessdate = 24. März 2010}}</ref>.<br />
<br />
Lee musste nach der Erlangung der Teilunabhängigkeit von den Briten mit vielen Problemen in den Bereichen Bildung, Wohnsituation und Arbeitslosigkeit kämpfen.<br />
<br />
Ein Schlüsselerlebnis war eine Misstrauensabstimmung im Parlament, bei der 13 Abgeordnete der PAP die Partei wechselten und am 21. Juli 1961 der Abstimmung fern blieben. Zusammen mit sechs linksgerichteten Abgeordneten bildeten sie eine neue Partei, die sich ''Barisan Sosialis'' (''sozialistische Front'') nannte. Durch diese parteipolitischen Wanderungen schrumpfte die Mehrheit der PAP auf einen Sitz, die Sitzverteilung betrug 26 zu 25 für die Regierungspartei. Dieses Ereignis ist in Singapur unter dem Namen ''The Big Split 1961'' (''der tiefe Riss 1961'') bekannt.<br />
<br />
Im Jahre 1961 hatte die PAP zwei Nachwahlniederlagen erfahren. Lees Regierung war fast zerbrochen, bis die Volksabstimmung über die Frage des Zusammenschlusses mit Malaysia kam und diese als Vertrauensfrage für die Regierung angesehen wurde.<br />
<br />
=== Zusammenschluss mit Malaysia und anschließende Trennung (1963 bis 1965) ===<br />
Nachdem der malaysische Premierminister [[Abdul Rahman (Premierminister)|Abdul Rahman]] im Jahre 1961 die Bildung einer Föderation, die die malaiische Föderation, Singapur, Sabah und Sarawak enthielt, vorschlug, begann Lee, sich für den Zusammenschluss mit Malaysia stark zu machen, um die britische Kolonialherrschaft zu beenden. Das Ergebnis eines Referendums, das am 1. September 1962 stattfand, ergab, dass 70% der Wähler den Vorschlag unterstützten.<br />
<br />
Am 16. September 1963 wurde Singapur Teil der Föderation. Jedoch war dieser Zusammenschluss nur von kurzer Dauer. Die malaysische Bundesregierung unter Führung der UMNO fürchtete die chinesische Mehrheit in Sinagpur und die politische Konkurrenz der PAP in Malaysia. Lee wandte sich strikt gegen die Bumiputra-Politik, die die ethnischen Malaien bevorzugte.<br />
<br />
Im Jahre 1964 kam es zu Rassenunruhen in Singapur, unter anderem an Mohammeds Geburtstag am 21. Juli. Dabei kamen 23 Menschen ums Leben und Hunderte wurden verletzt. Es ist bis heute nicht vollständig aufgeklärt, wie es zu den Unruhen kam. Als Auslöser wird unter anderem angegeben, dass ein Chinese eine Flasche in eine muslimische Kundgebung geworfen habe. Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass die Unruhen von Malaien gestartet wurden. Weitere Unruhen brachen im September 1964 aus, in denen Autos und Geschäfte angezündet wurden. Diese veranlassten Tunku Abdul Rahman und Lee Kuan Yew, öfftentlich zur Ruhe aufzufordern.<br />
<br />
Wegen der anhaltenden Ruhestörungen entschied sich der malaysische Premierminister Abdul Rahman, Singapur aus Malaysia auszuschließen. Lee war unerbittlich und versuchte erfolglos, einen Kompromiss zu erreichen. Letztendlich überzeugte [[Goh Keng Swee]] Lee davon, dass die Abspaltung als endgültig angesehen werden musste. Darauf unterzeichnete Lee am 7. September 1965 ein Abkommen, das die Beziehungen mit Malaysia nach der Abspaltung regelte, um in politischen Feldern wie Handel und gemeinsame Verteidigung eine Kooperation zu erreichen.<br />
<br />
Der verfehlte Zusammenschluss war für Lee ein schwerer Schlag. Er glaubte, dass die Föderation für Singapur, das keine nennenswerten Ressourcen besitzt, lebenswichtig war. In einem Fernsehauftritt hatte er einen Emotionsausbruch.<br />
In dem Auftritt gab er eine folgende Erklärung ab:<br />
<br />
<blockquote>"Für mich ist es ein schmerzlicher Moment. In meinem ganzen Leben, in meinem ganzen Erwachsenenleben, glaubte ich an den Zusammenschluss und die Einheit von zwei Territorien.<br />
Jetzt erkläre ich, Lee Kuan Yew, Premierminister von Singapur und erkläre im Namen des Volkes und der Regierung von Singapur, dass von diesem Tage an, dem neunten Tag des Augusts im Jahre Neunzehnhundertfünfundsechzig, Singapur auf ewig<br />
ein souveräner, demokratischer und unabhängiger Staat sein wird, gegründet auf die Prinzipien von Freiheit und Gerechtigkeit und immer währendem Streben nach Wohlergehen und Glück des Volkes in einer höchst einfachen Gesellschaft." </blockquote><br />
<br />
Am 9. August 1965 verabschiedete das malaysische Parlament die nötige Resolution, um die Abspaltung Singapurs von der malaiischen Föderation offiziell zu machen. Singapur besaß kaum Ressourcen, das Wasser kommt hauptsächlich aus Malaysia und die Wehrkraft war sehr begrenzt, was eine große Herausfoderung für die singapurische Regierung unter Lee darstellte.<ref>[http://web.archive.org/web/20071013161748/http://www.malaysia-today.net/columns/pillai/2005/11/did-lee-kuan-yew-want-singapore.htm "Did Lee Kuan Yew want Singapore ejected from Malaysia?"], ''Malaysia Today'', 1. November 2005.</ref><br />
<br />
== Nach der Zeit als Premierminister (ab 1990) ==<br />
Am 28. November 1990 trat Lee Kuan Yew zurück und sein Nachfolger wurde [[Goh Chok Tong]]. Zu der Zeit war er mit 31 Jahren Amtszeit der dienstälteste Premierminister der Welt<ref>Erlanger, Steven, [http://www.nytimes.com/1990/11/29/world/new-leader-takes-singapore-s-helm.html?scp=1&sq=New%20Leader%20takes%20Singapore's%20helm&st=cse "New Leader takes Singapore's helm"], ''The New York Times'', 29. November 1990</ref>. Dies war der erste Machtwechsel seit der Erlangung der Unabhängigkeit Singapurs im Jahre 1965. Lee verblieb aber im Kabinett als ''[[Senior Minister]]'' und hatte dieses Amt bis 2004 inne und [[Goh Chok Tong]] wurde nachfolgender Senior Minister.<br />
<br />
[[Datei:Lee Kuan Yew Cohen.jpg|thumb|Treffen im Februar 2000 mit dem damaligen US-Verteidigungsminister [[William Cohen]] (rechts) und der Botschafterin von Singapur in den USA Chan Heng Chee (links)]]<br />
Seit August 2004 ist er Minister Mentor, ein eigens für ihn geschaffenes Amt.<ref>[http://www.cabinet.gov.sg/CabinetAppointments/Mr+LEE+Kuan+Yew.htm Seite der singapurischen Regierung]</ref><br />
<br />
Selbst im hohen Alter lehnte er den Gang in den Ruhestand ab. Auf die Frage hin, wenn ihm einer sagen würde, er werde nicht mehr gebraucht, antwortete er:<br />
<br />
:"You don't have to tell me. I can feel it."<ref>[http://news.bbc.co.uk/2/hi/asia-pacific/3112220.stm BBC News: Lee Kuan Yew staying on at 80] vom 16. September 2003 abgerufen am 26. Februar 2010</ref><br />
<br />
:"Das muss man mir nicht sagen. Ich kann es fühlen"<br />
<br />
== Meinung zu Demokratie ==<br />
Zur Debatte um die Bedeutung der [[Demokratie]] im Prozess der gesellschaftlichen [[Entwicklung]] trug Lee Kuan Yew ein besonders prägnantes Statement bei. 1962 vertrat er selbstbewusst die Meinung, als absoluter Herrscher weit bessere Entscheidungen treffen zu können als demokratische Institutionen:<br />
:''If I were in authority in Singapore indefinitely without having to ask those who are being governed whether they like what is being done, then, I have not the slightest doubt that I could govern much more effectively in their own interests.''<br />
<br />
:''Hätte ich in Singapur die absolute Macht und müsste die repräsentierten Bürger nicht fragen, ob sie das, was gemacht wird, mögen, dann könnte ich ohne Zweifel viel effektiver in ihrem Interesse regieren.''<ref>Markus Breuer: ''Die Weltbank und ihr Vorgehen zur Bekämpfung der globalen Armut''. Technische Universität Chemnitz, Chemnitz 2007, S. 30, ISBN 978-3-638-80378-6</ref> (deutsche Übersetzung)<br />
<br />
Weil in der Folge tatsächlich die Republik [[Singapur]] in den drei Jahrzehnten unter seiner Führung die höchsten Wachstumsraten der Welt aufwies, wird von Verfechtern ''asiatischer Werte'' gerne auf Lee verwiesen.<br />
<br />
== Kontroversen ==<br />
=== Devan Nair ===<br />
[[Devan Nair]], der dritte Staatspräsident von Singapur vom 23. Oktober 1981 bis zum 28. März 1985, äußerte sich in einem Interview in ''Globe and Mail'', dass Lees Methoden, seine politischen Gegner bis zu ihren finanziellen Ruin zu verklagen oder sie in die Bedeutungslosigkeit zu verdrängen, ein Außerkraftsetzung der politischen Rechte darstelle. Nair sagte auch, dass Lee „immer mehr zu einem selbst-gerechten Alleswisser“ werde umgeben von ministeriellen Strohmännern. Aufgrund derartiger Äußerungen verklagte Lee ihn und Nair reichte Gegenklage ein. Lee beantragte dann, dass seine Gegenklage abgeschmettert werde, was er damit begründete, dass Nairs Gegenforderung keinerlei Grundlage habe.<br />
Jedoch lehnte ein Kammergericht Lees Antrag ab, Nairs Gegenklage abzuweisen. Außerdem hielt das Gericht Lee entgegen, dass er den Prozess missbraucht habe. Nair habe auf rechtlicher Grundlage gehandelt<ref>''Lee v. Globe and Mail'' (2001), 6 C.P.C. (5th) 354 (Ont.S.C.J.)</ref>.<br />
<br />
=== Der Fall "[[Far Eastern Economic Review]]" (FEER) ===<br />
Am 24. September 2008 befand das oberste Gericht in Singapur, dass das Magazin ''Far Eastern Economic Review'' Lee Kuan Yew und seinen Sohn, den Premierminister [[Lee Hsien Loong]] diffamiert habe. Dabei bezog sich das Gericht auf folgenden Artikel des FEER mit dem Titel ''Singapore's 'Martyr': [[Chee Soon Juan]]'', ''(Singapurs Märtyrer: Chee Soon Juan)'':<br />
<br />
:"[Anm.:Lee Kuan Yew] has been running and continues to run Singapore in the same corrupt manner as Durai operated NKF and he has been using libel actions to suppress those who would question to avoid exposure of his corruption."<ref name="bbc20080924">[http://news.bbc.co.uk/2/hi/asia-pacific/7632830.stm "Editor 'defamed' Singapore leader], ''BBC News Online'', London, 24. September 2008.</ref><br />
<br />
:Übersetzung: "[Lee Kuan Yew] regierte und regiert Singapur weiterhin in derselben korrupten Weise wie Durai NKF, <!-- wird noch geklärt, was das Zeug ist --> und er arbeitet mit Verleumdungen, um diejenigen zu unterdrücken, die ihn hinterfragen, um die Aufdeckung von Korruption zu verhindern."<br />
<br />
Das Gericht verurteilte das Magazin zu Schadensersatz an die Kläger, worauf es Insolvenz anmelden musste.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Michael D. Barr: ''Lee Kuan Yew: The Beliefs Behind the Man.'' Georgetown University Press, Washington D.C. 2000, ISBN 978-0-87840-816-0<br />
* Alex Josey: ''Lee Kuan Yew – The Crucial Years.'' Times Books International, Singapore and Kuala Lumpur 1980, ISBN 978-981-204-448-8<br />
* Kwang, Han Fook, Warren Fernandez, Sumiko Tan: ''Lee Kuan Yew: The Man and His Ideas.'' Singapore Press Holdings, Singapore 1998, ISBN 978-981-204-049-7<br />
* James Minchin: ''No Man is an Island. A Study of Singapore’s Lee Kuan Yew.'' Allen & Unwin, Sydney 1987, ISBN 978-0-86861-906-4<br />
* Helmut Schmidt: ''Jahrhundertwende: Gespräche mit Lee Kuan Yew, Jimmy Carter, Shimon Peres, Valery Giscard d'Estaing, Ralf Dahrendorf, Michail Gorbatschow, Rainer Barzel, Helmut Kohl und Henning Voscherau.'' Siedler, Berlin 1998, ISBN 3-88680-649-9.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons}}<br />
{{Wikiquote}}<br />
* [http://www.parliament.gov.sg/AboutUs/Org-MP-MP-Prof-LeeKuanYew.htm Offizielles Profil]<br />
* [http://www.foreignaffairs.org/20070101facomment86101/lee-kuan-yew/the-united-states-iraq-and-the-war-on-terror.html Lee Kuan Yew, The United States, Iraq, and the War on Terror] ("[[Foreign Affairs]]", Januar/Februar 2007)<br />
* [http://www.fareedzakaria.com/articles/other/culture.html Culture Is Destiny; A Conversation with Lee Kuan Yew] - Interview mit Fareed Zakaria ("Foreign Affairs", März/April 1994)<br />
* [http://www.time.com/time/asia/covers/501051212/lky_intvu.html Lee Kuan Yew reflects] - Interview in [[TIMEasia|TIMEAsia]]<br />
* [http://www.asiaweek.com/asiaweek/98/0925/cs1.html War of Words] Alejandro Reyes, Asiaweek.com, September 25, 1998. Aufgerufen 8. Dezember 2004<br />
* [http://www.thecore.nus.edu.sg/landow/post/singapore/government/leekuanyew/chron.html Lee Kuan Yew: A Chronology, 1923-1965] Basiert vor allem auf Lee Kuan Yew, ''The Singapore Story: Memoirs of Lee Kuan Yew.'' Singapore: Times, 1998. Aufgerufen 8. Dezember 2004<br />
* [http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-43163665.html 2005 Interview in ''Der Spiegel'': Es ist dumm, Angst zu haben]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Normdaten|PND=118997734}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Lee Kuan Yew}}<br />
[[Kategorie:Politiker (Singapur)]]<br />
[[Kategorie:Knight Grand Cross des Order of St. Michael and St. George]]<br />
[[Kategorie:Träger des Order of the Companions of Honour]]<br />
[[Kategorie:Träger des Ordens der Aufgehenden Sonne]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1923]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Lee Kuan Yew<br />
|ALTERNATIVNAMEN=李光耀; Lee Kwan-Yew; Harry Lee; Lǐ Guāngyào (Pinyin)<br />
|KURZBESCHREIBUNG=singapurischer Politiker<br />
|GEBURTSDATUM=16. September 1923<br />
|GEBURTSORT=[[Singapur]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
{{Link FA|sv}}<br />
{{Link GA|sv}}<br />
<br />
[[be:Лі Куан Ю]]<br />
[[be-x-old:Лі Куан Ю]]<br />
[[bg:Ли Куан Ю]]<br />
[[ca:Lee Kuan Yew]]<br />
[[cs:Lee Kuan Yew]]<br />
[[da:Lee Kuan Yew]]<br />
[[en:Lee Kuan Yew]]<br />
[[eo:Lee Kuan Yew]]<br />
[[es:Lee Kuan Yew]]<br />
[[et:Lee Kuan Yew]]<br />
[[eu:Lee Kuan Yew]]<br />
[[fi:Lee Kuan Yew]]<br />
[[fr:Lee Kuan Yew]]<br />
[[hak:Lí Kông-yeu]]<br />
[[he:לי קואן יו]]<br />
[[hi:ली क्वान यु]]<br />
[[id:Lee Kuan Yew]]<br />
[[is:Lee Kuan Yew]]<br />
[[it:Lee Kuan Yew]]<br />
[[ja:リー・クアンユー]]<br />
[[km:លី ក្វាន់យូ]]<br />
[[ko:리콴유]]<br />
[[li:Lee Kuan Yew]]<br />
[[lv:Li Guanjao]]<br />
[[mr:ली क्वान यू]]<br />
[[ms:Lee Kuan Yew]]<br />
[[my:လီကွမ်းယု]]<br />
[[ne:ली कुआन यु]]<br />
[[nl:Lee Kuan Yew]]<br />
[[no:Lee Kuan Yew]]<br />
[[pl:Lee Kuan Yew]]<br />
[[pt:Lee Kuan Yew]]<br />
[[qu:Lee Kuan Yew]]<br />
[[ro:Lee Kuan Yew]]<br />
[[ru:Ли Куан Ю]]<br />
[[sa:ली क्वान यु]]<br />
[[sh:Lee Kuan Yew]]<br />
[[simple:Lee Kuan Yew]]<br />
[[sv:Lee Kuan Yew]]<br />
[[ta:லீ குவான் யூ]]<br />
[[th:ลี กวนยู]]<br />
[[tl:Lee Kuan Yew]]<br />
[[uk:Лі Куан Ю]]<br />
[[vi:Lý Quang Diệu]]<br />
[[war:Lee Kuan Yew]]<br />
[[zh:李光耀]]<br />
[[zh-min-nan:Lí Kong-iāu]]<br />
[[zh-yue:李光耀]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Lee_Kuan_Yew&diff=89473670Lee Kuan Yew2011-05-31T01:04:29Z<p>222.127.231.29: Lee war seit 1959 Regierungsmitglied</p>
<hr />
<div>[[Datei:Lee Kuan Yew.jpg|thumb|Lee Kuan Yew (2002)]]<br />
'''Lee Kuan Yew''' ({{Zh|c=李光耀|p=Lǐ Guāngyào}}, Lee Kwan-Yew oder Harry Lee; * [[16. September]] [[1923]] in [[Singapur]]) ist ein Politiker in der Republik [[Singapur]]. Er war der erste Premierminister des Stadtstaates Singapur und übte von 1959 bis 1990 dieses Amt aus. Sein Nachfolger wurde [[Goh Chok Tong]], dessen Kabinett er von 1990 bis 2004 als ''Senior Minister'' angehörte. Im Kabinett seines Sohnes [[Lee Hsien Loong]], des dritten Premierministers der Republik Singapur, war er von 2004 bis 2011 ''[[Minister Mentor]]'', ein Posten, der speziell für ihn geschaffen wurde. Nachdem seine Regierungspartei PAP das schlechteste Ergebnis seit 1963 erzielte, zog sich Lee nach 52 Jahren aus der Regierung zurück.<br />
<br />
== Leben ==<br />
=== Frühes Leben und Japanische Besetzung (1923 bis 1945) ===<br />
Lee besuchte die [[Telok Kurau Grundschule]], die [[Raffles Institution]] und das [[Raffles College]]. Sein Studium musste er 1942 bis 1945 wegen der japanischen Besetzung Singapurs unterbrechen. In dieser Zeit betrieb er Schwarzhandel mit Klebstoff aus Tapioka, der ''Stifkas'' genannt wurde.<ref>Ooi, Jeff (2005). {{cite web |url=http://www.jeffooi.com/archives/2005/11/i_went_into_act.php |title= "Perils of the sitting duck" |archiveurl=http://web.archive.org/web/20051125194719/http://www.jeffooi.com/archives/2005/11/i_went_into_act.php |archivedate=25. November 2005|accessdate=2005-11-06}}</ref> Mit seinen Kenntnissen der englischen, chinesischen und japanischen Sprache, die er 1942 gelernt hatte, transskribierte er von 1943 bis 1944 alliierte Funksprüche für die Japaner.<ref name = "Time 1999">McCarthy, Terry. [http://www.time.com/time/asia/asia/magazine/1999/990823/lee1.html Lee Kuan Yew], ''Time Asia'', Hong Kong, 23. August 1999.</ref><ref>{{cite news | author = Pillai, M.G.G. | date = 1. November 2005 |newspaper = Malaysia Today<br />
|url=http://www.malaysia-today.net/columns/pillai/2005/11/did-lee-kuan-yew-want-singapore.htm |title= "Did Lee Kuan Yew want Singapore ejected from Malaysia?" |archiveurl=http://web.archive.org/web/20071013161748/http://www.malaysia-today.net/columns/pillai/2005/11/did-lee-kuan-yew-want-singapore.htm<br />
|archivedate=13 October 2007}}</ref><br />
<br />
=== Nachkriegszeit (1945 bis 1951) ===<br />
Nach dem Krieg ging er für kurze Zeit auf die [[London School of Economics]],<br />
bevor er auf das [[Fitzwilliam College]] in Cambridge wechselte. 1949 kehrte er nach Singapur zurück und wurde als Anwalt tätig.<br />
<br />
Lee heiratete seine Frau Kwa Geok Choo († 2010) am 30. September 1950.<ref>[http://www.cabinet.gov.sg/CabinetAppointments/Mr+LEE+Kuan+Yew.htm]</ref> Sie haben drei Kinder – zwei Söhne und eine Tochter. Sein ältester Sohn ist Lee Hsien Loong.<br />
<br />
== Frühe politische Karriere (1951 bis 1959) ==<br />
Lees erste Erfahrungen mit der singapurischen Politik war seine Rolle als Wahlhelfer für seinen Parteichef John Laycock unter dem Banner der probritischen Partei Progressive Party bei den Stadtratswahlen 1951. Jedoch erkannte Lee, dass die Partei nicht in der Lage war, Massen zu mobilsieren, vor allem bei der chinesisch-sprechenden arbeitenden Klasse. Dies wurde vor allem von Bedeutung, als die Rendel Constitution das Wahlrecht allen in Singapur geborenen Einwohnern gewährte. Das hatte zur Folge, dass der Anteil der chinesischen Wähler anstieg. Sein Durchbruch kam, als er als Rechtsberater für die Arbeiter- und Studentengewerkschaft tätig wurde.<br />
<br />
== Zeit als Premierminister (1959 bis 1990) ==<br />
=== Selbstverwaltung und Bildung der People's Action Party (1959 bis 1963) ===<br />
In den Parlamentswahlen in Singapur am 30. Mai 1959 gewann die PAP (People's Action Party) 43 von 51 Sitzen<ref>[http://www.elections.gov.sg/elections_past_parliamentary.html Offizielle Ergebnisse der Parlamentswahlen von 1959 von der singapurischen Wahlbehörde]</ref>. Singapur errang die Selbstverwaltung in allen Staatsangelegenheiten außer in Fragen der Verteidigungs- und Außenpolitik. Lee wurde am 5. Juni 1959 Premierminister<ref>{{cite news| url = http://www.channelnewsasia.com/stories/singaporelocalnews/view/433440/1/.html| title = State of Singapore came into being 50 years ago on 3 June| date = 2. Juni 2009| location = Singapur| work = Channel News Asia| author = Hoe Yeen Nie| accessdate = 24. März 2010}}</ref>.<br />
<br />
Lee musste nach der Erlangung der Teilunabhängigkeit von den Briten mit vielen Problemen in den Bereichen Bildung, Wohnsituation und Arbeitslosigkeit kämpfen.<br />
<br />
Ein Schlüsselerlebnis war eine Misstrauensabstimmung im Parlament, bei der 13 Abgeordnete der PAP die Partei wechselten und am 21. Juli 1961 der Abstimmung fern blieben. Zusammen mit sechs linksgerichteten Abgeordneten bildeten sie eine neue Partei, die sich ''Barisan Sosialis'' (''sozialistische Front'') nannte. Durch diese parteipolitischen Wanderungen schrumpfte die Mehrheit der PAP auf einen Sitz, die Sitzverteilung betrug 26 zu 25 für die Regierungspartei. Dieses Ereignis ist in Singapur unter dem Namen ''The Big Split 1961'' (''der tiefe Riss 1961'') bekannt.<br />
<br />
Im Jahre 1961 hatte die PAP zwei Nachwahlniederlagen erfahren. Lees Regierung war fast zerbrochen, bis die Volksabstimmung über die Frage des Zusammenschlusses mit Malaysia kam und diese als Vertrauensfrage für die Regierung angesehen wurde.<br />
<br />
=== Zusammenschluss mit Malaysia und anschließende Trennung (1963 bis 1965) ===<br />
Nachdem der malaysische Premierminister [[Abdul Rahman (Premierminister)|Abdul Rahman]] im Jahre 1961 die Bildung einer Föderation, die die malaiische Föderation, Singapur, Sabah und Sarawak enthielt, vorschlug, begann Lee, sich für den Zusammenschluss mit Malaysia stark zu machen, um die britische Kolonialherrschaft zu beenden. Das Ergebnis eines Referendums, das am 1. September 1962 stattfand, ergab, dass 70% der Wähler den Vorschlag unterstützten.<br />
<br />
Am 16. September 1963 wurde Singapur Teil der Föderation. Jedoch war dieser Zusammenschluss nur von kurzer Dauer. Die malaysische Bundesregierung unter Führung der UMNO fürchtete die chinesische Mehrheit in Sinagpur und die politische Konkurrenz der PAP in Malaysia. Lee wandte sich strikt gegen die Bumiputra-Politik, die die ethnischen Malaien bevorzugte.<br />
<br />
Im Jahre 1964 kam es zu Rassenunruhen in Singapur, unter anderem an Mohammeds Geburtstag am 21. Juli. Dabei kamen 23 Menschen ums Leben und Hunderte wurden verletzt. Es ist bis heute nicht vollständig aufgeklärt, wie es zu den Unruhen kam. Als Auslöser wird unter anderem angegeben, dass ein Chinese eine Flasche in eine muslimische Kundgebung geworfen habe. Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass die Unruhen von Malaien gestartet wurden. Weitere Unruhen brachen im September 1964 aus, in denen Autos und Geschäfte angezündet wurden. Diese veranlassten Tunku Abdul Rahman und Lee Kuan Yew, öfftentlich zur Ruhe aufzufordern.<br />
<br />
Wegen der anhaltenden Ruhestörungen entschied sich der malaysische Premierminister Abdul Rahman, Singapur aus Malaysia auszuschließen. Lee war unerbittlich und versuchte erfolglos, einen Kompromiss zu erreichen. Letztendlich überzeugte [[Goh Keng Swee]] Lee davon, dass die Abspaltung als endgültig angesehen werden musste. Darauf unterzeichnete Lee am 7. September 1965 ein Abkommen, das die Beziehungen mit Malaysia nach der Abspaltung regelte, um in politischen Feldern wie Handel und gemeinsame Verteidigung eine Kooperation zu erreichen.<br />
<br />
Der verfehlte Zusammenschluss war für Lee ein schwerer Schlag. Er glaubte, dass die Föderation für Singapur, das keine nennenswerten Ressourcen besitzt, lebenswichtig war. In einem Fernsehauftritt hatte er einen Emotionsausbruch.<br />
In dem Auftritt gab er eine folgende Erklärung ab:<br />
<br />
<blockquote>"Für mich ist es ein schmerzlicher Moment. In meinem ganzen Leben, in meinem ganzen Erwachsenenleben, glaubte ich an den Zusammenschluss und die Einheit von zwei Territorien.<br />
Jetzt erkläre ich, Lee Kuan Yew, Premierminister von Singapur und erkläre im Namen des Volkes und der Regierung von Singapur, dass von diesem Tage an, dem neunten Tag des Augusts im Jahre Neunzehnhundertfünfundsechzig, Singapur auf ewig<br />
ein souveräner, demokratischer und unabhängiger Staat sein wird, gegründet auf die Prinzipien von Freiheit und Gerechtigkeit und immer währendem Streben nach Wohlergehen und Glück des Volkes in einer höchst einfachen Gesellschaft." </blockquote><br />
<br />
Am 9. August 1965 verabschiedete das malaysische Parlament die nötige Resolution, um die Abspaltung Singapurs von der malaiischen Föderation offiziell zu machen. Singapur besaß kaum Ressourcen, das Wasser kommt hauptsächlich aus Malaysia und die Wehrkraft war sehr begrenzt, was eine große Herausfoderung für die singapurische Regierung unter Lee darstellte.<ref>[http://web.archive.org/web/20071013161748/http://www.malaysia-today.net/columns/pillai/2005/11/did-lee-kuan-yew-want-singapore.htm "Did Lee Kuan Yew want Singapore ejected from Malaysia?"], ''Malaysia Today'', 1. November 2005.</ref><br />
<br />
== Nach der Zeit als Premierminister (ab 1990) ==<br />
Am 28. November 1990 trat Lee Kuan Yew zurück und sein Nachfolger wurde [[Goh Chok Tong]]. Zu der Zeit war er mit 31 Jahren Amtszeit der dienstälteste Premierminister der Welt<ref>Erlanger, Steven, [http://www.nytimes.com/1990/11/29/world/new-leader-takes-singapore-s-helm.html?scp=1&sq=New%20Leader%20takes%20Singapore's%20helm&st=cse "New Leader takes Singapore's helm"], ''The New York Times'', 29. November 1990</ref>. Dies war der erste Machtwechsel seit der Erlangung der Unabhängigkeit Singapurs im Jahre 1965. Lee verblieb aber im Kabinett als ''[[Senior Minister]]'' und hatte dieses Amt bis 2004 inne und [[Goh Chok Tong]] wurde nachfolgender Senior Minister.<br />
<br />
[[Datei:Lee Kuan Yew Cohen.jpg|thumb|Treffen im Februar 2000 mit dem damaligen US-Verteidigungsminister [[William Cohen]] (rechts) und der Botschafterin von Singapur in den USA Chan Heng Chee (links)]]<br />
Seit August 2004 ist er Minister Mentor, ein eigens für ihn geschaffenes Amt.<ref>[http://www.cabinet.gov.sg/CabinetAppointments/Mr+LEE+Kuan+Yew.htm Seite der singapurischen Regierung]</ref><br />
<br />
Selbst im hohen Alter lehnte er den Gang in den Ruhestand ab. Auf die Frage hin, wenn ihm einer sagen würde, er werde nicht mehr gebraucht, antwortete er:<br />
<br />
:"You don't have to tell me. I can feel it."<ref>[http://news.bbc.co.uk/2/hi/asia-pacific/3112220.stm BBC News: Lee Kuan Yew staying on at 80] vom 16. September 2003 abgerufen am 26. Februar 2010</ref><br />
<br />
:"Das muss man mir nicht sagen. Ich kann es fühlen"<br />
<br />
== Meinung zu Demokratie ==<br />
Zur Debatte um die Bedeutung der [[Demokratie]] im Prozess der gesellschaftlichen [[Entwicklung]] trug Lee Kuan Yew ein besonders prägnantes Statement bei. 1962 vertrat er selbstbewusst die Meinung, als absoluter Herrscher weit bessere Entscheidungen treffen zu können als demokratische Institutionen:<br />
:''If I were in authority in Singapore indefinitely without having to ask those who are being governed whether they like what is being done, then, I have not the slightest doubt that I could govern much more effectively in their own interests.''<br />
<br />
:''Hätte ich in Singapur die absolute Macht und müsste die repräsentierten Bürger nicht fragen, ob sie das, was gemacht wird, mögen, dann könnte ich ohne Zweifel viel effektiver in ihrem Interesse regieren.''<ref>Markus Breuer: ''Die Weltbank und ihr Vorgehen zur Bekämpfung der globalen Armut''. Technische Universität Chemnitz, Chemnitz 2007, S. 30, ISBN 978-3-638-80378-6</ref> (deutsche Übersetzung)<br />
<br />
Weil in der Folge tatsächlich die Republik [[Singapur]] in den drei Jahrzehnten unter seiner Führung die höchsten Wachstumsraten der Welt aufwies, wird von Verfechtern ''asiatischer Werte'' gerne auf Lee verwiesen.<br />
<br />
== Kontroversen ==<br />
=== Devan Nair ===<br />
[[Devan Nair]], der dritte Staatspräsident von Singapur vom 23. Oktober 1981 bis zum 28. März 1985, äußerte sich in einem Interview in ''Globe and Mail'', dass Lees Methoden, seine politischen Gegner bis zu ihren finanziellen Ruin zu verklagen oder sie in die Bedeutungslosigkeit zu verdrängen, ein Außerkraftsetzung der politischen Rechte darstelle. Nair sagte auch, dass Lee „immer mehr zu einem selbst-gerechten Alleswisser“ werde umgeben von ministeriellen Strohmännern. Aufgrund derartiger Äußerungen verklagte Lee ihn und Nair reichte Gegenklage ein. Lee beantragte dann, dass seine Gegenklage abgeschmettert werde, was er damit begründete, dass Nairs Gegenforderung keinerlei Grundlage habe.<br />
Jedoch lehnte ein Kammergericht Lees Antrag ab, Nairs Gegenklage abzuweisen. Außerdem hielt das Gericht Lee entgegen, dass er den Prozess missbraucht habe. Nair habe auf rechtlicher Grundlage gehandelt<ref>''Lee v. Globe and Mail'' (2001), 6 C.P.C. (5th) 354 (Ont.S.C.J.)</ref>.<br />
<br />
=== Der Fall "[[Far Eastern Economic Review]]" (FEER) ===<br />
Am 24. September 2008 befand das oberste Gericht in Singapur, dass das Magazin ''Far Eastern Economic Review'' Lee Kuan Yew und seinen Sohn, den Premierminister [[Lee Hsien Loong]] diffamiert habe. Dabei bezog sich das Gericht auf folgenden Artikel des FEER mit dem Titel ''Singapore's 'Martyr': [[Chee Soon Juan]]'', ''(Singapurs Märtyrer: Chee Soon Juan)'':<br />
<br />
:"[Anm.:Lee Kuan Yew] has been running and continues to run Singapore in the same corrupt manner as Durai operated NKF and he has been using libel actions to suppress those who would question to avoid exposure of his corruption."<ref name="bbc20080924">[http://news.bbc.co.uk/2/hi/asia-pacific/7632830.stm "Editor 'defamed' Singapore leader], ''BBC News Online'', London, 24. September 2008.</ref><br />
<br />
:Übersetzung: "[Lee Kuan Yew] regierte und regiert Singapur weiterhin in derselben korrupten Weise wie Durai NKF, <!-- wird noch geklärt, was das Zeug ist --> und er arbeitet mit Verleumdungen, um diejenigen zu unterdrücken, die ihn hinterfragen, um die Aufdeckung von Korruption zu verhindern."<br />
<br />
Das Gericht verurteilte das Magazin zu Schadensersatz an die Kläger, worauf es Insolvenz anmelden musste.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Michael D. Barr: ''Lee Kuan Yew: The Beliefs Behind the Man.'' Georgetown University Press, Washington D.C. 2000, ISBN 978-0-87840-816-0<br />
* Alex Josey: ''Lee Kuan Yew – The Crucial Years.'' Times Books International, Singapore and Kuala Lumpur 1980, ISBN 978-981-204-448-8<br />
* Kwang, Han Fook, Warren Fernandez, Sumiko Tan: ''Lee Kuan Yew: The Man and His Ideas.'' Singapore Press Holdings, Singapore 1998, ISBN 978-981-204-049-7<br />
* James Minchin: ''No Man is an Island. A Study of Singapore’s Lee Kuan Yew.'' Allen & Unwin, Sydney 1987, ISBN 978-0-86861-906-4<br />
* Helmut Schmidt: ''Jahrhundertwende: Gespräche mit Lee Kuan Yew, Jimmy Carter, Shimon Peres, Valery Giscard d'Estaing, Ralf Dahrendorf, Michail Gorbatschow, Rainer Barzel, Helmut Kohl und Henning Voscherau.'' Siedler, Berlin 1998, ISBN 3-88680-649-9.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons}}<br />
{{Wikiquote}}<br />
* [http://www.parliament.gov.sg/AboutUs/Org-MP-MP-Prof-LeeKuanYew.htm Offizielles Profil]<br />
* [http://www.foreignaffairs.org/20070101facomment86101/lee-kuan-yew/the-united-states-iraq-and-the-war-on-terror.html Lee Kuan Yew, The United States, Iraq, and the War on Terror] ("[[Foreign Affairs]]", Januar/Februar 2007)<br />
* [http://www.fareedzakaria.com/articles/other/culture.html Culture Is Destiny; A Conversation with Lee Kuan Yew] - Interview mit Fareed Zakaria ("Foreign Affairs", März/April 1994)<br />
* [http://www.time.com/time/asia/covers/501051212/lky_intvu.html Lee Kuan Yew reflects] - Interview in [[TIMEasia|TIMEAsia]]<br />
* [http://www.asiaweek.com/asiaweek/98/0925/cs1.html War of Words] Alejandro Reyes, Asiaweek.com, September 25, 1998. Aufgerufen 8. Dezember 2004<br />
* [http://www.thecore.nus.edu.sg/landow/post/singapore/government/leekuanyew/chron.html Lee Kuan Yew: A Chronology, 1923-1965] Basiert vor allem auf Lee Kuan Yew, ''The Singapore Story: Memoirs of Lee Kuan Yew.'' Singapore: Times, 1998. Aufgerufen 8. Dezember 2004<br />
* [http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-43163665.html 2005 Interview in ''Der Spiegel'': Es ist dumm, Angst zu haben]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Normdaten|PND=118997734}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Lee Kuan Yew}}<br />
[[Kategorie:Politiker (Singapur)]]<br />
[[Kategorie:Knight Grand Cross des Order of St. Michael and St. George]]<br />
[[Kategorie:Träger des Order of the Companions of Honour]]<br />
[[Kategorie:Träger des Ordens der Aufgehenden Sonne]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1923]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Lee Kuan Yew<br />
|ALTERNATIVNAMEN=李光耀; Lee Kwan-Yew; Harry Lee; Lǐ Guāngyào (Pinyin)<br />
|KURZBESCHREIBUNG=singapurischer Politiker<br />
|GEBURTSDATUM=16. September 1923<br />
|GEBURTSORT=[[Singapur]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
{{Link FA|sv}}<br />
{{Link GA|sv}}<br />
<br />
[[be:Лі Куан Ю]]<br />
[[be-x-old:Лі Куан Ю]]<br />
[[bg:Ли Куан Ю]]<br />
[[ca:Lee Kuan Yew]]<br />
[[cs:Lee Kuan Yew]]<br />
[[da:Lee Kuan Yew]]<br />
[[en:Lee Kuan Yew]]<br />
[[eo:Lee Kuan Yew]]<br />
[[es:Lee Kuan Yew]]<br />
[[et:Lee Kuan Yew]]<br />
[[eu:Lee Kuan Yew]]<br />
[[fi:Lee Kuan Yew]]<br />
[[fr:Lee Kuan Yew]]<br />
[[hak:Lí Kông-yeu]]<br />
[[he:לי קואן יו]]<br />
[[hi:ली क्वान यु]]<br />
[[id:Lee Kuan Yew]]<br />
[[is:Lee Kuan Yew]]<br />
[[it:Lee Kuan Yew]]<br />
[[ja:リー・クアンユー]]<br />
[[km:លី ក្វាន់យូ]]<br />
[[ko:리콴유]]<br />
[[li:Lee Kuan Yew]]<br />
[[lv:Li Guanjao]]<br />
[[mr:ली क्वान यू]]<br />
[[ms:Lee Kuan Yew]]<br />
[[my:လီကွမ်းယု]]<br />
[[ne:ली कुआन यु]]<br />
[[nl:Lee Kuan Yew]]<br />
[[no:Lee Kuan Yew]]<br />
[[pl:Lee Kuan Yew]]<br />
[[pt:Lee Kuan Yew]]<br />
[[qu:Lee Kuan Yew]]<br />
[[ro:Lee Kuan Yew]]<br />
[[ru:Ли Куан Ю]]<br />
[[sa:ली क्वान यु]]<br />
[[sh:Lee Kuan Yew]]<br />
[[simple:Lee Kuan Yew]]<br />
[[sv:Lee Kuan Yew]]<br />
[[ta:லீ குவான் யூ]]<br />
[[th:ลี กวนยู]]<br />
[[tl:Lee Kuan Yew]]<br />
[[uk:Лі Куан Ю]]<br />
[[vi:Lý Quang Diệu]]<br />
[[war:Lee Kuan Yew]]<br />
[[zh:李光耀]]<br />
[[zh-min-nan:Lí Kong-iāu]]<br />
[[zh-yue:李光耀]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Minister_Mentor&diff=89473649Minister Mentor2011-05-31T01:02:23Z<p>222.127.231.29: aktueller</p>
<hr />
<div>'''Minister Mentor''' ([[Kurzzeichen|chin.]]: 内阁资政) ist ein im Jahre 2004 eigens für [[Lee Kuan Yew]] geschaffener [[Kabinett (Politik)|Kabinettsposten]] im Kabinett des [[singapur]]ischen Premierministers [[Lee Hsien Loong]].<br />
<br />
Davor hatte Lee Kuan Yew von 1990 bis 2004 den Posten ''[[Senior Minister]]s'' inne. <br />
<br />
{|class="wikitable"<br />
|-<br />
!Minister Mentor || Beginn der Amtszeit || Ende der Amtszeit<br />
|-<br />
|[[Lee Kuan Yew]] || 12. August 2004 || 21. Mai 2011<br />
|}<br />
<br />
Nach den singapurischen Parlamentswahlen 2011, in denen die regierende PAP ungewöhnlich schlecht abschnitt, trat Lee Kuan Yew von dem Posten zurück. Damit entfiel der Posten des Minister Mentor.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
*[http://www.channelnewsasia.com/analysis/2004/0811_ministermentor.htm Analyse über Lee Kuan Yews Rolle als Minister Mentor]<br />
<br />
[[Kategorie:Politik (Singapur)]]<br />
[[Kategorie:Recht (Singapur)]]<br />
<br />
[[en:Minister Mentor]]<br />
[[ms:Menteri Mentor]]<br />
[[zh:内阁资政]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Lee_Kuan_Yew&diff=89435002Lee Kuan Yew2011-05-30T01:19:08Z<p>222.127.231.29: </p>
<hr />
<div>[[Datei:Lee Kuan Yew.jpg|thumb|Lee Kuan Yew (2002)]]<br />
'''Lee Kuan Yew''' ({{Zh|c=李光耀|p=Lǐ Guāngyào}}, Lee Kwan-Yew oder Harry Lee; * [[16. September]] [[1923]] in [[Singapur]]) ist ein Politiker in der Republik [[Singapur]]. Er war der erste Premierminister des Stadtstaates Singapur und übte von 1959 bis 1990 dieses Amt aus. Sein Nachfolger wurde [[Goh Chok Tong]], dessen Kabinett er von 1990 bis 2004 als ''Senior Minister'' angehörte. Im Kabinett seines Sohnes [[Lee Hsien Loong]], des dritten Premierministers der Republik Singapur, war er von 2004 bis 2011 ''[[Minister Mentor]]'', ein Posten, der speziell für ihn geschaffen wurde.<br />
<br />
== Leben ==<br />
=== Frühes Leben und Japanische Besetzung (1923 bis 1945) ===<br />
Lee besuchte die [[Telok Kurau Grundschule]], die [[Raffles Institution]] und das [[Raffles College]]. Sein Studium musste er 1942 bis 1945 wegen der japanischen Besetzung Singapurs unterbrechen. In dieser Zeit betrieb er Schwarzhandel mit Klebstoff aus Tapioka, der ''Stifkas'' genannt wurde.<ref>Ooi, Jeff (2005). {{cite web |url=http://www.jeffooi.com/archives/2005/11/i_went_into_act.php |title= "Perils of the sitting duck" |archiveurl=http://web.archive.org/web/20051125194719/http://www.jeffooi.com/archives/2005/11/i_went_into_act.php |archivedate=25. November 2005|accessdate=2005-11-06}}</ref> Mit seinen Kenntnissen der englischen, chinesischen und japanischen Sprache, die er 1942 gelernt hatte, transskribierte er von 1943 bis 1944 alliierte Funksprüche für die Japaner.<ref name = "Time 1999">McCarthy, Terry. [http://www.time.com/time/asia/asia/magazine/1999/990823/lee1.html Lee Kuan Yew], ''Time Asia'', Hong Kong, 23. August 1999.</ref><ref>{{cite news | author = Pillai, M.G.G. | date = 1. November 2005 |newspaper = Malaysia Today<br />
|url=http://www.malaysia-today.net/columns/pillai/2005/11/did-lee-kuan-yew-want-singapore.htm |title= "Did Lee Kuan Yew want Singapore ejected from Malaysia?" |archiveurl=http://web.archive.org/web/20071013161748/http://www.malaysia-today.net/columns/pillai/2005/11/did-lee-kuan-yew-want-singapore.htm<br />
|archivedate=13 October 2007}}</ref><br />
<br />
=== Nachkriegszeit (1945 bis 1951) ===<br />
Nach dem Krieg ging er für kurze Zeit auf die [[London School of Economics]],<br />
bevor er auf das [[Fitzwilliam College]] in Cambridge wechselte. 1949 kehrte er nach Singapur zurück und wurde als Anwalt tätig.<br />
<br />
Lee heiratete seine Frau Kwa Geok Choo († 2010) am 30. September 1950.<ref>[http://www.cabinet.gov.sg/CabinetAppointments/Mr+LEE+Kuan+Yew.htm]</ref> Sie haben drei Kinder – zwei Söhne und eine Tochter. Sein ältester Sohn ist Lee Hsien Loong.<br />
<br />
== Frühe politische Karriere (1951 bis 1959) ==<br />
Lees erste Erfahrungen mit der singapurischen Politik war seine Rolle als Wahlhelfer für seinen Parteichef John Laycock unter dem Banner der probritischen Partei Progressive Party bei den Stadtratswahlen 1951. Jedoch erkannte Lee, dass die Partei nicht in der Lage war, Massen zu mobilsieren, vor allem bei der chinesisch-sprechenden arbeitenden Klasse. Dies wurde vor allem von Bedeutung, als die Rendel Constitution das Wahlrecht allen in Singapur geborenen Einwohnern gewährte. Das hatte zur Folge, dass der Anteil der chinesischen Wähler anstieg. Sein Durchbruch kam, als er als Rechtsberater für die Arbeiter- und Studentengewerkschaft tätig wurde.<br />
<br />
== Zeit als Premierminister (1959 bis 1990) ==<br />
=== Selbstverwaltung und Bildung der People's Action Party (1959 bis 1963) ===<br />
In den Parlamentswahlen in Singapur am 30. Mai 1959 gewann die PAP (People's Action Party) 43 von 51 Sitzen<ref>[http://www.elections.gov.sg/elections_past_parliamentary.html Offizielle Ergebnisse der Parlamentswahlen von 1959 von der singapurischen Wahlbehörde]</ref>. Singapur errang die Selbstverwaltung in allen Staatsangelegenheiten außer in Fragen der Verteidigungs- und Außenpolitik. Lee wurde am 5. Juni 1959 Premierminister<ref>{{cite news| url = http://www.channelnewsasia.com/stories/singaporelocalnews/view/433440/1/.html| title = State of Singapore came into being 50 years ago on 3 June| date = 2. Juni 2009| location = Singapur| work = Channel News Asia| author = Hoe Yeen Nie| accessdate = 24. März 2010}}</ref>.<br />
<br />
Lee musste nach der Erlangung der Teilunabhängigkeit von den Briten mit vielen Problemen in den Bereichen Bildung, Wohnsituation und Arbeitslosigkeit kämpfen.<br />
<br />
Ein Schlüsselerlebnis war eine Misstrauensabstimmung im Parlament, bei der 13 Abgeordnete der PAP die Partei wechselten und am 21. Juli 1961 der Abstimmung fern blieben. Zusammen mit sechs linksgerichteten Abgeordneten bildeten sie eine neue Partei, die sich ''Barisan Sosialis'' (''sozialistische Front'') nannte. Durch diese parteipolitischen Wanderungen schrumpfte die Mehrheit der PAP auf einen Sitz, die Sitzverteilung betrug 26 zu 25 für die Regierungspartei. Dieses Ereignis ist in Singapur unter dem Namen ''The Big Split 1961'' (''der tiefe Riss 1961'') bekannt.<br />
<br />
Im Jahre 1961 hatte die PAP zwei Nachwahlniederlagen erfahren. Lees Regierung war fast zerbrochen, bis die Volksabstimmung über die Frage des Zusammenschlusses mit Malaysia kam und diese als Vertrauensfrage für die Regierung angesehen wurde.<br />
<br />
=== Zusammenschluss mit Malaysia und anschließende Trennung (1963 bis 1965) ===<br />
Nachdem der malaysische Premierminister [[Abdul Rahman (Premierminister)|Abdul Rahman]] im Jahre 1961 die Bildung einer Föderation, die die malaiische Föderation, Singapur, Sabah und Sarawak enthielt, vorschlug, begann Lee, sich für den Zusammenschluss mit Malaysia stark zu machen, um die britische Kolonialherrschaft zu beenden. Das Ergebnis eines Referendums, das am 1. September 1962 stattfand, ergab, dass 70% der Wähler den Vorschlag unterstützten.<br />
<br />
Am 16. September 1963 wurde Singapur Teil der Föderation. Jedoch war dieser Zusammenschluss nur von kurzer Dauer. Die malaysische Bundesregierung unter Führung der UMNO fürchtete die chinesische Mehrheit in Sinagpur und die politische Konkurrenz der PAP in Malaysia. Lee wandte sich strikt gegen die Bumiputra-Politik, die die ethnischen Malaien bevorzugte.<br />
<br />
Im Jahre 1964 kam es zu Rassenunruhen in Singapur, unter anderem an Mohammeds Geburtstag am 21. Juli. Dabei kamen 23 Menschen ums Leben und Hunderte wurden verletzt. Es ist bis heute nicht vollständig aufgeklärt, wie es zu den Unruhen kam. Als Auslöser wird unter anderem angegeben, dass ein Chinese eine Flasche in eine muslimische Kundgebung geworfen habe. Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass die Unruhen von Malaien gestartet wurden. Weitere Unruhen brachen im September 1964 aus, in denen Autos und Geschäfte angezündet wurden. Diese veranlassten Tunku Abdul Rahman und Lee Kuan Yew, öfftentlich zur Ruhe aufzufordern.<br />
<br />
Wegen der anhaltenden Ruhestörungen entschied sich der malaysische Premierminister Abdul Rahman, Singapur aus Malaysia auszuschließen. Lee war unerbittlich und versuchte erfolglos, einen Kompromiss zu erreichen. Letztendlich überzeugte [[Goh Keng Swee]] Lee davon, dass die Abspaltung als endgültig angesehen werden musste. Darauf unterzeichnete Lee am 7. September 1965 ein Abkommen, das die Beziehungen mit Malaysia nach der Abspaltung regelte, um in politischen Feldern wie Handel und gemeinsame Verteidigung eine Kooperation zu erreichen.<br />
<br />
Der verfehlte Zusammenschluss war für Lee ein schwerer Schlag. Er glaubte, dass die Föderation für Singapur, das keine nennenswerten Ressourcen besitzt, lebenswichtig war. In einem Fernsehauftritt hatte er einen Emotionsausbruch.<br />
In dem Auftritt gab er eine folgende Erklärung ab:<br />
<br />
<blockquote>"Für mich ist es ein schmerzlicher Moment. In meinem ganzen Leben, in meinem ganzen Erwachsenenleben, glaubte ich an den Zusammenschluss und die Einheit von zwei Territorien.<br />
Jetzt erkläre ich, Lee Kuan Yew, Premierminister von Singapur und erkläre im Namen des Volkes und der Regierung von Singapur, dass von diesem Tage an, dem neunten Tag des Augusts im Jahre Neunzehnhundertfünfundsechzig, Singapur auf ewig<br />
ein souveräner, demokratischer und unabhängiger Staat sein wird, gegründet auf die Prinzipien von Freiheit und Gerechtigkeit und immer währendem Streben nach Wohlergehen und Glück des Volkes in einer höchst einfachen Gesellschaft." </blockquote><br />
<br />
Am 9. August 1965 verabschiedete das malaysische Parlament die nötige Resolution, um die Abspaltung Singapurs von der malaiischen Föderation offiziell zu machen. Singapur besaß kaum Ressourcen, das Wasser kommt hauptsächlich aus Malaysia und die Wehrkraft war sehr begrenzt, was eine große Herausfoderung für die singapurische Regierung unter Lee darstellte.<ref>[http://web.archive.org/web/20071013161748/http://www.malaysia-today.net/columns/pillai/2005/11/did-lee-kuan-yew-want-singapore.htm "Did Lee Kuan Yew want Singapore ejected from Malaysia?"], ''Malaysia Today'', 1. November 2005.</ref><br />
<br />
== Nach der Zeit als Premierminister (ab 1990) ==<br />
Am 28. November 1990 trat Lee Kuan Yew zurück und sein Nachfolger wurde [[Goh Chok Tong]]. Zu der Zeit war er mit 31 Jahren Amtszeit der dienstälteste Premierminister der Welt<ref>Erlanger, Steven, [http://www.nytimes.com/1990/11/29/world/new-leader-takes-singapore-s-helm.html?scp=1&sq=New%20Leader%20takes%20Singapore's%20helm&st=cse "New Leader takes Singapore's helm"], ''The New York Times'', 29. November 1990</ref>. Dies war der erste Machtwechsel seit der Erlangung der Unabhängigkeit Singapurs im Jahre 1965. Lee verblieb aber im Kabinett als ''[[Senior Minister]]'' und hatte dieses Amt bis 2004 inne und [[Goh Chok Tong]] wurde nachfolgender Senior Minister.<br />
<br />
[[Datei:Lee Kuan Yew Cohen.jpg|thumb|Treffen im Februar 2000 mit dem damaligen US-Verteidigungsminister [[William Cohen]] (rechts) und der Botschafterin von Singapur in den USA Chan Heng Chee (links)]]<br />
Seit August 2004 ist er Minister Mentor, ein eigens für ihn geschaffenes Amt.<ref>[http://www.cabinet.gov.sg/CabinetAppointments/Mr+LEE+Kuan+Yew.htm Seite der singapurischen Regierung]</ref><br />
<br />
Selbst im hohen Alter lehnte er den Gang in den Ruhestand ab. Auf die Frage hin, wenn ihm einer sagen würde, er werde nicht mehr gebraucht, antwortete er:<br />
<br />
:"You don't have to tell me. I can feel it."<ref>[http://news.bbc.co.uk/2/hi/asia-pacific/3112220.stm BBC News: Lee Kuan Yew staying on at 80] vom 16. September 2003 abgerufen am 26. Februar 2010</ref><br />
<br />
:"Das muss man mir nicht sagen. Ich kann es fühlen"<br />
<br />
== Meinung zu Demokratie ==<br />
Zur Debatte um die Bedeutung der [[Demokratie]] im Prozess der gesellschaftlichen [[Entwicklung]] trug Lee Kuan Yew ein besonders prägnantes Statement bei. 1962 vertrat er selbstbewusst die Meinung, als absoluter Herrscher weit bessere Entscheidungen treffen zu können als demokratische Institutionen:<br />
:''If I were in authority in Singapore indefinitely without having to ask those who are being governed whether they like what is being done, then, I have not the slightest doubt that I could govern much more effectively in their own interests.''<br />
<br />
:''Hätte ich in Singapur die absolute Macht und müsste die repräsentierten Bürger nicht fragen, ob sie das, was gemacht wird, mögen, dann könnte ich ohne Zweifel viel effektiver in ihrem Interesse regieren.''<ref>Markus Breuer: ''Die Weltbank und ihr Vorgehen zur Bekämpfung der globalen Armut''. Technische Universität Chemnitz, Chemnitz 2007, S. 30, ISBN 978-3-638-80378-6</ref> (deutsche Übersetzung)<br />
<br />
Weil in der Folge tatsächlich die Republik [[Singapur]] in den drei Jahrzehnten unter seiner Führung die höchsten Wachstumsraten der Welt aufwies, wird von Verfechtern ''asiatischer Werte'' gerne auf Lee verwiesen.<br />
<br />
== Kontroversen ==<br />
=== Devan Nair ===<br />
[[Devan Nair]], der dritte Staatspräsident von Singapur vom 23. Oktober 1981 bis zum 28. März 1985, äußerte sich in einem Interview in ''Globe and Mail'', dass Lees Methoden, seine politischen Gegner bis zu ihren finanziellen Ruin zu verklagen oder sie in die Bedeutungslosigkeit zu verdrängen, ein Außerkraftsetzung der politischen Rechte darstelle. Nair sagte auch, dass Lee „immer mehr zu einem selbst-gerechten Alleswisser“ werde umgeben von ministeriellen Strohmännern. Aufgrund derartiger Äußerungen verklagte Lee ihn und Nair reichte Gegenklage ein. Lee beantragte dann, dass seine Gegenklage abgeschmettert werde, was er damit begründete, dass Nairs Gegenforderung keinerlei Grundlage habe.<br />
Jedoch lehnte ein Kammergericht Lees Antrag ab, Nairs Gegenklage abzuweisen. Außerdem hielt das Gericht Lee entgegen, dass er den Prozess missbraucht habe. Nair habe auf rechtlicher Grundlage gehandelt<ref>''Lee v. Globe and Mail'' (2001), 6 C.P.C. (5th) 354 (Ont.S.C.J.)</ref>.<br />
<br />
=== Der Fall "[[Far Eastern Economic Review]]" (FEER) ===<br />
Am 24. September 2008 befand das oberste Gericht in Singapur, dass das Magazin ''Far Eastern Economic Review'' Lee Kuan Yew und seinen Sohn, den Premierminister [[Lee Hsien Loong]] diffamiert habe. Dabei bezog sich das Gericht auf folgenden Artikel des FEER mit dem Titel ''Singapore's 'Martyr': [[Chee Soon Juan]]'', ''(Singapurs Märtyrer: Chee Soon Juan)'':<br />
<br />
:"[Anm.:Lee Kuan Yew] has been running and continues to run Singapore in the same corrupt manner as Durai operated NKF and he has been using libel actions to suppress those who would question to avoid exposure of his corruption."<ref name="bbc20080924">[http://news.bbc.co.uk/2/hi/asia-pacific/7632830.stm "Editor 'defamed' Singapore leader], ''BBC News Online'', London, 24. September 2008.</ref><br />
<br />
:Übersetzung: "[Lee Kuan Yew] regierte und regiert Singapur weiterhin in derselben korrupten Weise wie Durai NKF, <!-- wird noch geklärt, was das Zeug ist --> und er arbeitet mit Verleumdungen, um diejenigen zu unterdrücken, die ihn hinterfragen, um die Aufdeckung von Korruption zu verhindern."<br />
<br />
Das Gericht verurteilte das Magazin zu Schadensersatz an die Kläger, worauf es Insolvenz anmelden musste.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Michael D. Barr: ''Lee Kuan Yew: The Beliefs Behind the Man.'' Georgetown University Press, Washington D.C. 2000, ISBN 978-0-87840-816-0<br />
* Alex Josey: ''Lee Kuan Yew – The Crucial Years.'' Times Books International, Singapore and Kuala Lumpur 1980, ISBN 978-981-204-448-8<br />
* Kwang, Han Fook, Warren Fernandez, Sumiko Tan: ''Lee Kuan Yew: The Man and His Ideas.'' Singapore Press Holdings, Singapore 1998, ISBN 978-981-204-049-7<br />
* James Minchin: ''No Man is an Island. A Study of Singapore’s Lee Kuan Yew.'' Allen & Unwin, Sydney 1987, ISBN 978-0-86861-906-4<br />
* Helmut Schmidt: ''Jahrhundertwende: Gespräche mit Lee Kuan Yew, Jimmy Carter, Shimon Peres, Valery Giscard d'Estaing, Ralf Dahrendorf, Michail Gorbatschow, Rainer Barzel, Helmut Kohl und Henning Voscherau.'' Siedler, Berlin 1998, ISBN 3-88680-649-9.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commons}}<br />
{{Wikiquote}}<br />
* [http://www.parliament.gov.sg/AboutUs/Org-MP-MP-Prof-LeeKuanYew.htm Offizielles Profil]<br />
* [http://www.foreignaffairs.org/20070101facomment86101/lee-kuan-yew/the-united-states-iraq-and-the-war-on-terror.html Lee Kuan Yew, The United States, Iraq, and the War on Terror] ("[[Foreign Affairs]]", Januar/Februar 2007)<br />
* [http://www.fareedzakaria.com/articles/other/culture.html Culture Is Destiny; A Conversation with Lee Kuan Yew] - Interview mit Fareed Zakaria ("Foreign Affairs", März/April 1994)<br />
* [http://www.time.com/time/asia/covers/501051212/lky_intvu.html Lee Kuan Yew reflects] - Interview in [[TIMEasia|TIMEAsia]]<br />
* [http://www.asiaweek.com/asiaweek/98/0925/cs1.html War of Words] Alejandro Reyes, Asiaweek.com, September 25, 1998. Aufgerufen 8. Dezember 2004<br />
* [http://www.thecore.nus.edu.sg/landow/post/singapore/government/leekuanyew/chron.html Lee Kuan Yew: A Chronology, 1923-1965] Basiert vor allem auf Lee Kuan Yew, ''The Singapore Story: Memoirs of Lee Kuan Yew.'' Singapore: Times, 1998. Aufgerufen 8. Dezember 2004<br />
* [http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-43163665.html 2005 Interview in ''Der Spiegel'': Es ist dumm, Angst zu haben]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Normdaten|PND=118997734}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Lee Kuan Yew}}<br />
[[Kategorie:Politiker (Singapur)]]<br />
[[Kategorie:Knight Grand Cross des Order of St. Michael and St. George]]<br />
[[Kategorie:Träger des Order of the Companions of Honour]]<br />
[[Kategorie:Träger des Ordens der Aufgehenden Sonne]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1923]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Lee Kuan Yew<br />
|ALTERNATIVNAMEN=李光耀; Lee Kwan-Yew; Harry Lee; Lǐ Guāngyào (Pinyin)<br />
|KURZBESCHREIBUNG=singapurischer Politiker<br />
|GEBURTSDATUM=16. September 1923<br />
|GEBURTSORT=[[Singapur]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
{{Link FA|sv}}<br />
{{Link GA|sv}}<br />
<br />
[[be:Лі Куан Ю]]<br />
[[be-x-old:Лі Куан Ю]]<br />
[[bg:Ли Куан Ю]]<br />
[[ca:Lee Kuan Yew]]<br />
[[cs:Lee Kuan Yew]]<br />
[[da:Lee Kuan Yew]]<br />
[[en:Lee Kuan Yew]]<br />
[[eo:Lee Kuan Yew]]<br />
[[es:Lee Kuan Yew]]<br />
[[et:Lee Kuan Yew]]<br />
[[eu:Lee Kuan Yew]]<br />
[[fi:Lee Kuan Yew]]<br />
[[fr:Lee Kuan Yew]]<br />
[[hak:Lí Kông-yeu]]<br />
[[he:לי קואן יו]]<br />
[[hi:ली क्वान यु]]<br />
[[id:Lee Kuan Yew]]<br />
[[is:Lee Kuan Yew]]<br />
[[it:Lee Kuan Yew]]<br />
[[ja:リー・クアンユー]]<br />
[[km:លី ក្វាន់យូ]]<br />
[[ko:리콴유]]<br />
[[li:Lee Kuan Yew]]<br />
[[lv:Li Guanjao]]<br />
[[mr:ली क्वान यू]]<br />
[[ms:Lee Kuan Yew]]<br />
[[my:လီကွမ်းယု]]<br />
[[ne:ली कुआन यु]]<br />
[[nl:Lee Kuan Yew]]<br />
[[no:Lee Kuan Yew]]<br />
[[pl:Lee Kuan Yew]]<br />
[[pt:Lee Kuan Yew]]<br />
[[qu:Lee Kuan Yew]]<br />
[[ro:Lee Kuan Yew]]<br />
[[ru:Ли Куан Ю]]<br />
[[sa:ली क्वान यु]]<br />
[[sh:Lee Kuan Yew]]<br />
[[simple:Lee Kuan Yew]]<br />
[[sv:Lee Kuan Yew]]<br />
[[ta:லீ குவான் யூ]]<br />
[[th:ลี กวนยู]]<br />
[[tl:Lee Kuan Yew]]<br />
[[uk:Лі Куан Ю]]<br />
[[vi:Lý Quang Diệu]]<br />
[[war:Lee Kuan Yew]]<br />
[[zh:李光耀]]<br />
[[zh-min-nan:Lí Kong-iāu]]<br />
[[zh-yue:李光耀]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Minister_Mentor&diff=89434995Minister Mentor2011-05-30T01:18:21Z<p>222.127.231.29: </p>
<hr />
<div>'''Minister Mentor''' ([[Kurzzeichen|chin.]]: 内阁资政) ist ein im Jahre 2004 eigens für [[Lee Kuan Yew]] geschaffener [[Kabinett (Politik)|Kabinettsposten]] im Kabinett des [[singapur]]ischen Premierministers [[Lee Hsien Loong]].<br />
<br />
Davor hatte Lee Kuan Yew von 1990 bis 2004 den Posten ''[[Senior Minister]]s'' inne. <br />
<br />
{|class="wikitable"<br />
|-<br />
!Minister Mentor || Beginn der Amtszeit || Ende der Amtszeit<br />
|-<br />
|[[Lee Kuan Yew]] || 12. August 2004 || 21. Mai 2011<br />
|}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
*[http://www.channelnewsasia.com/analysis/2004/0811_ministermentor.htm Analyse über Lee Kuan Yews Rolle als Minister Mentor]<br />
<br />
[[Kategorie:Politik (Singapur)]]<br />
[[Kategorie:Recht (Singapur)]]<br />
<br />
[[en:Minister Mentor]]<br />
[[ms:Menteri Mentor]]<br />
[[zh:内阁资政]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ferdinand_Marcos&diff=72121726Ferdinand Marcos2010-03-20T12:10:28Z<p>222.127.231.29: /* Absetzung und Exil */ link fix</p>
<hr />
<div>{{Belege fehlen}}<br />
{{Dieser Artikel|beschäftigt sich mit dem Präsidenten ''Ferdinand Marcos''. Für den gleichnamigen Sohn, siehe [[Ferdinand Marcos Jr.]]}}<br />
[[Datei:Ferdinand Marcos.JPEG|thumb|right|Ferdinand Marcos]]<br />
'''Ferdinand Edralin Marcos''' (* [[11. September]] [[1917]] in [[Sarrat]]; † [[28. September]] [[1989]] in [[Honolulu]], Hawaii) war vom 30. Dezember 1965 bis zum 25. Februar 1986 der zehnte [[Präsident der Philippinen|Präsident]] der [[Philippinen]] und ein [[Diktatur|Diktator]]. Marcos musste nach einem Volksaufstand das Land verlassen und floh in die [[Vereinigte Staaten|USA]].<br />
<br />
== Aufstieg zur Macht ==<br />
Marcos wurde in [[Sarrat]] in der Provinz [[Ilocos Norte]] geboren. Sein Vater, Mariano Marcos, war Anwalt, der sich auch in der Politik betätigte, seine Mutter, Josefa Edralin, war Lehrerin. <br />
<br />
Marcos studierte [[Rechtswissenschaft|Jura]] an der [[University of the Philippines|Universität der Philippinen]]. Er soll ein hervorragender Student gewesen sein. Seine erste Bewährungsprobe bestand er dadurch, dass er selbst seine Verteidigung – ihm wurde vorgeworfen, einen politischen Rivalen seines Vaters ermordet zu haben – erfolgreich organisierte. Im Jahre 1939 schloss er sein Jurastudium ab und wurde zum landesweit Erstplatzierten beim zentralen Staatsexamen. <br />
<br />
Während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] diente er zeitweise als [[Offizier]] in der philippinischen Armee und nahm am [[Todesmarsch von Bataan]] teil. Marcos Behauptung, dass er während der [[Japanisches Kaiserreich|japanischen]] Besatzung eine Widerstandsgruppe namens ''Maharlika'' kommandierte, ist inzwischen durch Akten der [[United States Army|amerikanischen Armee]] widerlegt.<br />
<br />
Nach Kriegsende wurde er Referent bei [[Manuel Roxas]], dem ersten Präsidenten der nun unabhängigen Philippinen. 1949 wurde er in das philippinische Unterhaus gewählt. 1954 heiratete er die Schönheitskönigin [[Imelda Marcos|Imelda Romualdez]], die ihm später bei seiner Präsidentschaftskampagne sehr helfen sollte. 1956 kam Marcos in den philippinischen Senat, dessen Präsident er 1962 wurde.<br />
<br />
Im Jahr 1978 prahlte der US-amerikanische Mafioso [[Meyer Lansky]] vor den Fernsehkameras der BBC damit, Marcos seine später so wichtigen Verbindungen zu [[Ronald Reagan]] vermittelt zu haben; Reagan war zu dieser Zeit noch Vorsitzender der kalifornischen Schauspielergewerkschaft - seine Präsidentschaftskandidatur war zuvor gescheitert - und unternahm keine Versuche, diesen Anschuldigungen entgegen zu treten.<br />
<br />
== Demokratische Präsidentschaft ==<br />
Nachdem die Liberale Partei Marcos nicht zum Präsidentschaftskandidaten nominieren wollte, wechselte er die Partei und trat der Nationalistischen Partei bei, als deren Kandidat er in den Präsidentschaftswahlkampf ging. Bei den Wahlen am 9. November 1965 gewann er mit deutlichem Vorsprung gegen den Amtsinhaber [[Diosdado Macapagal]]. Seine erste Amtszeit war geprägt von erhöhtem Wirtschaftswachstum und hohen Steuereinnahmen. <br />
<br />
Außenpolitisch erwies Marcos sich als Stütze der US-amerikanischen Ostasienpolitik. Unter anderem schickte er von 1966 bis 1969 rund 2000 philippinische Soldaten zur US-Unterstützung in den [[Vietnamkrieg]]. Er war mit [[Lyndon B. Johnson]], [[Richard Nixon]] und [[Ronald Reagan]] eng befreundet.<br />
<br />
1969 wurde er als erster Präsident der Philippinen für eine zweite Amtszeit gewählt. In dieser Zeit verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum und die Kriminalität stieg an. 1969 gründete sich die maoistische Widerstandsbewegung [[New People's Army]]. In den späten 1960er Jahren entstand außerdem die [[Moro National Liberation Front]] (MNLF). Die von [[Nur Misuari]] gegründete separatistisch-muslimische Gruppe wurde unter anderem durch [[Malaysia]] und [[Libyen]] unterstützt.<br />
<br />
Von Januar bis März 1970 kam es zu den ''First Quarter Storm'' genannten Unruhen linker Studenten, deren Ideen denen der [[68er-Bewegung]] oder des [[Pariser Mai]] ähnelten. In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu Bombenexplosionen in der Hauptstadt [[Manila]], die die Regierung den Kommunisten anlastete. Spätere Untersuchungen erbrachten Indizien dafür, dass die Anschläge auf das Konto von Provokateuren der Regierung gingen. Unter anderem wurden am 21. August 1971 bei einem Bombenanschlag auf Plaza Miranda in Manila bei einer Kundgebung der oppositionellen ''Liberal Party'' neun Menschen getötet und hundert schwer verletzt, davon acht Senatskandidaten der Liberalen Partei.<br />
<br />
Ab Juni 1971 tagte eine verfassunggebende Versammlung, um die amerikanisch geprägte [[Verfassung der Philippinen|Verfassung]] aus dem Jahre 1935 zu ersetzen. Die Opposition befürchtete, dass Marcos die bislang verankerte Limitierung der Präsidentschaft auf maximal zwei Wahlperioden abschaffen würde.<br />
<br />
== Kriegsrecht ==<br />
Am 21. September 1972 verhängte Marcos das [[Ausnahmezustand|Kriegsrecht]], ließ rund 30.000 Menschen (darunter Oppositionelle, Studenten, Journalisten und Gewerkschafter) in Militärlagern inhaftieren und Privatwaffen konfiszieren. Der Kongress wurde geschlossen und das Land mit Präsidialdekreten regiert. Oppositionelle Zeitungen und Sender wurden geschlossen. Ein Anschlag auf Verteidigungsminister [[Juan Ponce Enrile]] diente als Anlass, das Kriegsrecht zu verhängen. Enrile, der 1986 auf die Seite der oppositionellen [[Corazon Aquino]] wechselte, gab später zu, dass dieser Anschlag fingiert war. 1973 wurde eine neue, parlamentarische Verfassung verabschiedet. <br />
<br />
Während der Zeit des Kriegsrechts wurden weite Teile der alten Elite entmachtet. Zunächst ging es der Wirtschaft besser, erstens, weil es ruhiger war, und zweitens, weil Marcos kompetente Wirtschaftsexperten hatte. Es wurden jedoch große Monopole geschaffen, die weitgehend in der Hand von Marcos’ Freunden, Verwandten und seiner Frau waren. Die Begünstigten zweigten dabei Millionen Dollar ins Ausland ab und deponierten sie unter anderem bei Schweizer Banken oder investierten sie in New Yorker Immobilien. <br />
<br />
Die Armee wurde durch gezielte Beförderung loyaler Offiziere wie ''Fabian Ver'', dem ehemaligen Fahrer von Marcos, oder von Offizieren aus der Marcos-Region [[Ilocos]] zum persönlichen Machtinstrument des Diktators. Die Armee wurde von 58.000 Soldaten im Jahre 1971 auf 142.000 Soldaten im Jahre 1983 massiv aufgestockt.<br />
<br />
== Ende des Kriegsrechts und der Tod von Benigno Aquino ==<br />
Nach der Aufhebung des Kriegsrechts 1981 sah sich Marcos wachsender Opposition ausgesetzt, unter anderem durch die alte Elite, Teile der Streitkräfte, die mit Vetternwirtschaft und Beförderungsstau unzufrieden waren, die katholische Kirche und Geschäftsleute, die über die zunehmend kritische wirtschaftliche Lage entsetzt waren.<br />
<br />
Am 21. August 1983 wurde der prominente Marcos-Kritiker [[Benigno Aquino, Jr.|Benigno Aquino]] (* 1932, † 1983), der 1980 für einen medizinischen Eingriff in die [[Vereinigte Staaten|USA]] ausgereist war, bei seiner Rückkehr am Flughafen von Manila erschossen. Obwohl die Tötung laut offizieller Darstellung von einem Einzeltäter durchgeführt wurde, kam eine von Marcos eingesetzte Untersuchungskommission im Oktober 1984 zu dem Schluss, dass es sich um eine Verschwörung des Militärs gehandelt hatte. Dies wurde jedoch von der Regierung ignoriert, die Ende 1985 ''Fabian Ver'' und weitere Militärs freisprach. Heutige Erkenntnisse sprechen dafür, dass Imelda Marcos und Fabian Ver die eigentlichen Drahtzieher des Attentats waren.<br />
<br />
Millionen Menschen nahmen am Trauerzug für Benigno Aquino teil. Seine Witwe [[Corazon Aquino]] wurde nun zur Symbolfigur für die Opposition und war auch im Volk sehr beliebt. Dies war besonders wichtig, weil die Mitglieder der Opposition bislang weitgehend aus der städtischen Elite und Mittelschicht entstammten.<br />
<br />
== Absetzung und Exil ==<br />
Aufgrund der wachsenden Opposition rief Marcos Ende 1985 vorgezogene Neuwahlen aus, die am 7. Februar 1986 stattfanden. Wichtigste Gegenkandidatin war Corazon Aquino. Die Wahlen fanden unter Beobachtung der USA und weltweiter Medien statt. Obwohl Wahlbeobachter und Medien massiven [[Wahlbetrug]] feststellten, erklärte die Marcos-treue Nationalversammlung ihn am 15. Februar zum Wahlgewinner.<br />
<br />
Am 22. Februar forderten Verteidigungsminister Juan Ponce Enrile und der Vize-Armeechef General [[Fidel V. Ramos]] Marcos zum Rücktritt auf und verschanzten sich zusammen mit ihren Truppen in den gegenüberliegenden Militärbasen ''Camp Crame'' und ''Camp Aguinaldo'', die an der großen Ringstraße [[Manila]]s (EDSA) liegen. Kardinal [[Jaime Lachica Sin|Jaime Sin]] rief das Volk über den Kirchensender Radio Veritas auf, die Aufständischen zu unterstützen. In den folgenden Tagen demonstrierten hunderttausende Menschen auf der EDSA und blockierten den Zugang zu den Militärbasen. Darunter befanden sich auch viele Priester und Nonnen. Die Marcos-treue Einheiten schafften es derweil nicht, den gewaltlosen Widerstand zu brechen - einige wechselten sogar zu den Aufständischen.<br />
<br />
Corazon Aquino wurde am 25. Februar 1986 als erste Präsidentin der Philippinen vereidigt. Am gleichen Tag ließ sich Marcos in einer einsamen Zeremonie im Präsidentenpalast, in dem er sich noch verschanzte, als Präsident vereidigen, allerdings floh er am selben Abend zusammen mit seiner Familie auf Anraten des US-Senators Paul Laxalt und mit Hilfe der auf den Philippinen stationierten US-Armee nach [[Guam]]. <br />
<br />
[[Datei:Imelda Marcos.jpg|thumb|right|200px|Imelda Marcos]]<br />
<br />
Ferdinand und Imelda Marcos reisten wenig später weiter nach [[Hawaii]], wo Marcos drei Jahre später verstarb. Bis heute ist Marcos nicht begraben, sondern wird seit 18 Jahren von seiner Frau Imelda in einem gekühlten Glassarg aufgebahrt. Seit der Rückkehr von Imelda Marcos auf die Philippinen im Jahre 1993 ist der Glassarg im Batac, [[Ilocos Norte]] in einem Mausoleum auf dem Marcos-Familiengrundstück für die Öffentlichkeit zugänglich. Imelda Marcos besteht weiterhin auf einem Begräbnis ihres Mannes auf dem ''National Heroes Cemetery'' in Manila, in dem traditionell alle philippinischen Präsidenten begraben liegen. Dies wurde jedoch bislang verweigert, da Marcos eine korrupte und blutige Diktatur über die Philippinen gelegt hatte.<br />
<br />
Marcos’ einziger Sohn, [[Ferdinand Marcos Jr.]], auch ''Bong Bong'' genannt, war zwischen 1998 und 2007 Gouverneur von Ilocos Norte und ist seit dem Kongressabgeordneter, während seine älteste Tochter, [[Imee Marcos|Maria Imelda Marcos, auch ''Imee'']] genannt, ebenfalls Mitglied des philippinischen Kongresses war.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Ferdinand Marcos}}<br />
{{Wikiquote}}<br />
* {{DNB-Portal|118944096}}<br />
<br />
{{Navigationsleiste Präsidenten der Philippinen}}<br />
<br />
{{Normdaten|PND=118944096|LCCN=n/80/69013|VIAF=17232278}}<br />
<br />
{{DEFAULTSORT:Marcos, Ferdinand}}<br />
[[Kategorie:Präsident (Philippinen)]]<br />
[[Kategorie:Geschichte der Philippinen]]<br />
[[Kategorie:Träger des Groß-Sterns des Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1917]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 1989]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Marcos, Ferdinand Edralin<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Marcos, Ferdinand<br />
|KURZBESCHREIBUNG=philippinischer Staatspräsident<br />
|GEBURTSDATUM=11. September 1917<br />
|GEBURTSORT=[[Sarrat]]<br />
|STERBEDATUM=28. September 1989<br />
|STERBEORT=[[Honolulu]], Hawaii<br />
}}<br />
<br />
[[ar:فرديناند ماركوس]]<br />
[[bcl:Ferdinand Marcos]]<br />
[[bg:Фердинад Маркос]]<br />
[[br:Ferdinand Marcos]]<br />
[[ca:Ferdinand Marcos]]<br />
[[ceb:Ferdinand Marcos]]<br />
[[cs:Ferdinand Marcos]]<br />
[[da:Ferdinand Marcos]]<br />
[[en:Ferdinand Marcos]]<br />
[[es:Ferdinand Marcos]]<br />
[[fa:فردیناند مارکوس]]<br />
[[fi:Ferdinand Marcos]]<br />
[[fo:Ferdinand Marcos]]<br />
[[fr:Ferdinand Marcos]]<br />
[[gl:Ferdinand Marcos]]<br />
[[he:פרדיננד מרקוס]]<br />
[[id:Ferdinand Marcos]]<br />
[[ilo:Ferdinand Marcos]]<br />
[[io:Ferdinand Marcos]]<br />
[[it:Ferdinand Marcos]]<br />
[[ja:フェルディナンド・マルコス]]<br />
[[ko:페르디난드 마르코스]]<br />
[[la:Ferdinandus Marcos]]<br />
[[mr:फर्डिनांड मार्कोस]]<br />
[[ms:Ferdinand Marcos]]<br />
[[nl:Ferdinand Marcos]]<br />
[[no:Ferdinand E. Marcos]]<br />
[[oc:Ferdinand Marcos]]<br />
[[pam:Ferdinand Marcos]]<br />
[[pl:Ferdinand Marcos]]<br />
[[pt:Ferdinando Marcos]]<br />
[[ru:Маркос, Фердинанд]]<br />
[[simple:Ferdinand Marcos]]<br />
[[sv:Ferdinand Marcos]]<br />
[[ta:பேர்டினண்ட் மார்க்கோஸ்]]<br />
[[th:เฟอร์ดินานด์ มาร์กอส]]<br />
[[tl:Ferdinand Marcos]]<br />
[[tr:Ferdinand Marcos]]<br />
[[uk:Маркос Фердинанд]]<br />
[[vi:Ferdinand Marcos]]<br />
[[war:Ferdinand Marcos]]<br />
[[zh:费迪南德·马科斯]]<br />
[[zh-min-nan:Ferdinand Marcos]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ramon_Mitra_junior&diff=72121651Ramon Mitra junior2010-03-20T12:08:09Z<p>222.127.231.29: daran starb er</p>
<hr />
<div>[[Datei:Rvmphoto.jpg|thumb|Protrait von Ramon Mitra, Jr.]]<br />
'''Ramon "Monching" Villarosa Mitra, Jr.''' (* [[4. Februar]] [[1928]] in [[Puerto Princesa]], [[Palawan]]; † [[20. März]] [[2000]] in [[Makati City]], Metro Manila) war ein philippinischer Politiker und prodemokratischer Aktivist zu Zeiten des Diktators [[Ferdinand Marcos]].<br />
Von 1987 bis 1992 war er Sprecher des philippinischen Repräsentantenhauses.<br />
<br />
Er starb im Jahre 2000 an Leberkebs.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
*[http://www.congress.gov.ph House of Representatives of the Philippines]<br />
<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Mitra, Ramon}}<br />
[[Kategorie:Geboren 1928]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 2000]]<br />
[[Kategorie:Politiker (Philippinen)]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Mitra, Ramon<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=philippinischer Politiker und prodemokratischer Aktivist zu Zeiten des Diktators Ferdinand Marcos<br />
|GEBURTSDATUM=4. Februar 1928<br />
|GEBURTSORT=[[Puerto Princesa]]/Palawan<br />
|STERBEDATUM=1992<br />
|STERBEORT=[[Makati City]]<br />
}}<br />
<br />
[[bcl:Ramon Mitra, Jr.]]<br />
[[en:Ramon Mitra, Jr.]]<br />
[[nl:Ramon Mitra jr.]]<br />
[[tl:Ramon Mitra, Jr.]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Manuel_Villar_junior&diff=72121595Manuel Villar junior2010-03-20T12:06:18Z<p>222.127.231.29: info aus der en.wiki</p>
<hr />
<div>[[Datei:Manny Villar T'nalak Festival 2009.jpg|thumb|Manuel Villar, Jr.]]<br />
'''Manuel "Manny" Bamba Villar, Jr.''' (* [[13. Dezember]] [[1949]]) ist ein [[Philippinen|philippinischer]] Politiker und Senator. Er ist Kandidat bei den phillipinischen Präsidentschaftswahlen 2010<ref>http://www.gmanews.tv/story/118459/Miriam-Nothing-wrong-with-Villars-announcement-of-2010-bid abgerufen am 22. Januar 2010</ref> und Vorsitzender der konservativen [[Nacionalista Party]]<ref>[http://www.nzz.ch/nachrichten/international/mord_philippinen_ilocos_norte_1.4381029.html Neue Zürcher Zeitung (Online-Ausgabe: 28. Dezember, 2009): Blutiger Überfall auf philippinische Lokalpolitikerin]</ref>. Vom 27. Juli 1998 bis zum 13. November 2000 war er Sprecher des philippinischen Repräsentantenhauses.<br />
<br />
Laut Umfragen (Dezember 2009) kann er bei den kommenden Präsidentschaftswahlen je nach Szenario mit 33% bis 44% (gegenüber [[Benigno Aquino III|Noynoy Aquino]] mit 45% bis 52%) rechnen.<ref>[http://newsinfo.inquirer.net/inquirerheadlines/nation/view/20100123-248929/Aquino-Villar-rivalry-heats-up-over-survey: Aquino-Villar rivalry heats up over survey retrieved 01-23-2010]</ref><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
<references /><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
[http://www.senate.gov.ph/senators/senpres/villar.asp Biographie über Manuel Villar, Jr. auf der Seite des philippinischen Senats]<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Villar, Manuel Jr.}}<br />
[[Kategorie:Politiker (Philippinen)]]<br />
[[Kategorie:Philippiner]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1949]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Villar, Manuel Jr.<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Villar, Manny; Villar, Manuel Bamba Jr.<br />
|KURZBESCHREIBUNG=philippinischer Politiker und Senator<br />
|GEBURTSDATUM=13. Dezember 1949<br />
|GEBURTSORT=<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[bcl:Manuel Villar, Jr.]]<br />
[[ceb:Manny Villar]]<br />
[[en:Manny Villar]]<br />
[[mk:Мануел Вилар Јр.]]<br />
[[nl:Manuel Villar jr.]]<br />
[[pam:Manny Villar]]<br />
[[pl:Manny Villar]]<br />
[[tl:Manny Villar, Jr.]]<br />
[[war:Manny Villar]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Pulau_Palawan&diff=72121487Pulau Palawan2010-03-20T12:03:53Z<p>222.127.231.29: malaiisiert</p>
<hr />
<div>[[Datei:Siloso Beach 20, Sentosa, Aug 06.JPG|thumb|Pulau Palawan]]<br />
'''Pulau Palawan''' ist eine südlich von [[Singapur]] gelegene [[Insel]]. Das [[Malaiische und indonesische Sprache|malaiische]] Wort "pahlawan" bedeutet so viel wie ''Held'' oder ''Krieger''.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
*(2008), "pahlawan", Kamus Daya, Seri Kembangan, Selangor: Penerbitan Minda, ISBN 978-983-2329-51-0, ISBN 978-983-2329-52-7<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Pulau Palawan}}<br />
<br />
{{Coordinate |NS=1/15/1/N |EW=103/48/55/E |type=isle |region=SG}}<br />
<br />
[[Kategorie:Insel (Singapur)]]<br />
<br />
[[en:Pulau Palawan]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Prospero_Nograles&diff=72121322Prospero Nograles2010-03-20T11:59:10Z<p>222.127.231.29: AZ: Die Seite wurde neu angelegt: '''Prospero C. Nograles''' (* 30. Oktober 1947) ist derzeitiger Sprecher des philippinischen Repr…</p>
<hr />
<div>'''Prospero C. Nograles''' (* [[30. Oktober]] [[1947]]) ist derzeitiger Sprecher des philippinischen Repräsentantenhauses. Er wurde am 5. Februar 2008 in das Amt gewäht. Er vertritt einen Wahlkreis in Davao und ist somit der erste Sprecher, der aus Mindanao kommt.<ref name=pdi3>{{cite news |first=Maila |last=Ager |title=Nograles is new House Speaker |url=http://newsinfo.inquirer.net/breakingnews/nation/view/20080205-116796/Nograles-is-new-House-speaker |publisher=[[Philippine Daily Inquirer]] |date=2008-02-05 |accessdate=2008-02-05 }}</ref> <br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
*[http://speakernograles.com Offizielle Webseite des Sprechers Prospero Nograles]<br />
<br />
[[Kategorie:Geboren 1947]]<br />
[[Kategorie:Politker (Philippinen)]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
[[mk:Просперо Ногралес]]<br />
[[en:Prospero Nograles]]<br />
[[nl:Prospero Nograles]]<br />
[[tl:Prospero Nograles]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Mikey_Macapagal-Arroyo&diff=72121064Mikey Macapagal-Arroyo2010-03-20T11:50:12Z<p>222.127.231.29: so ist es richtig</p>
<hr />
<div>'''Juan Miguel "Mikey" Macapagal Arroyo''' (* [[26. April]] [[1969]] in [[Manila]]) ist ein [[Philippinen|philippinischer]] [[Filmschauspieler]] und [[Politiker]].<br />
<br />
== Biografie ==<br />
Der Sohn von [[Präsident]]in [[Gloria Macapagal-Arroyo]] und Enkel des früheren Präsidenten [[Diosdado Macapagal]] war zunächst als [[Filmschauspieler]] tätig.<br />
<br />
Sein Leinwanddebüt hatte er 1996 in dem Film "Hawak ko Buhay mo". In den folgenden Jahren wirkte er in einer Reihe weiterer Filme wie "Tapatan ng tapang" (1997), "Ang Maton at ang showgirl" (1998), "Ang Boyfriend kong pari" (1999), "Largado, ibabalik kita sa pinanggalingan mo!" (1999), "Di ko kayang tanggapin" (2000), "Super Idol" (2001), "Mahal kita... kahit sino ka pa" (2001), "Di kita ma-reach" (2001), "Walang iba kundi ikaw" (2002), "A.B. normal college (Todo na'yan, kulang pa'yun)" (2003), "Masamang ugat" (2003) sowie "Sablay ka na, pasaway ka pa" (2005). <br />
<br />
Im Anschluss begann er eine politische Laufbahn und ist seit 2004 Abgeordneter des [[Repräsentantenhaus]]es der Philippinen (Kapulungán ng mgá Kinatawán ng Pilipinas or Mababang Kapulungan ng Kongreso). In diesem vertritt er als Mitglied der LAKAS-CMD (Lakas-Kabalikat ng Malayang Pilipino-Christian Muslim Democrats) den Wahlbezirk II (2nd District) der Provinz [[Pampanga]].<br />
<br />
Im aktuellen 14. Kongress ist er Vorsitzender des Ausschusses für Energie. Außerdem ist er Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Natürliche Ressourcen. Darüber hinaus ist er als Vertreter der Mehrheitsfraktionen Mitglied in den Ausschässen für Aquakultur und Fischereiressourcen, Ethik und Privilgeien, Justiz, Nationale Verteidigung und Sicherheit, Öffentliche Ordnung und Sicherheit, Öffentliche Arbeiten und Autobahnen ([[Highway]]s), Verkehr sowie des sogenannten [[Committee on Ways and Means]].<br />
<br />
2010 hatte er Gastauftritte in zwei Folgen der [[Fernsehserie]] "Agimat: Ang Mga Alamat ni Ramon Revilla".<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.congress.gov.ph/members/search.php?congress=14&id=arroyo-j Eintrag auf der Homepage des Kongresses]<br />
* [http://en.wikipedia.org/wiki/Legislative_districts_of_Pampanga Legislative districts of Pampanga in der englischsprachigen Wikipedia]<br />
<br />
{{DEFAULTSORT:Macapagal Arroyo, Mikey}}<br />
[[Kategorie:Schauspieler]]<br />
[[Kategorie:Politiker (Philippinen)]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1969]]<br />
[[Kategorie:Philippiner]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Macapagal Arroyo, Mikey<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Juan Miguel "Mikey" Macapagal Arroyo (vollständiger Name)<br />
|KURZBESCHREIBUNG=philippinischer Politiker und Filmschauspieler<br />
|GEBURTSDATUM=26. April 1969<br />
|GEBURTSORT=[[Manila]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[en:Mikey Arroyo]]<br />
[[pam:Mikey Arroyo]]<br />
[[tl:Mikey Macapagal-Arroyo]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Benigno_Aquino_III.&diff=72120990Benigno Aquino III.2010-03-20T11:47:43Z<p>222.127.231.29: gehört zum Klan der Cojuangco wie Gilberto</p>
<hr />
<div>[[Datei:Noynoy Aquino.jpg|miniatur|Benigno Aquino III]]<br />
'''Benigno Simeon "Noynoy" Cojuangco Aquino III''' (* [[8. Februar]] [[1960]] in [[Manila]]) ist ein Senator auf den [[Philippinen]] und Präsidentschaftskandidat für die Wahl 2010.<ref name="abs-cbn">abs-cbnnews.com [http://abs-cbnnews.com/nation/09/01/09/noynoy-poised-run-president Noynoy bereit für die Präsidentschaft zu kandidieren] (engl.)</ref><ref>derstandard.at:[http://derstandard.at/1256745392722/Kopf-des-Tages-Noch-ein-Aquino-fuer-die-Philippinen Noch ein Aquino für die Philippinen]</ref><br />
Er ist neben vier Töchtern der einzige Sohn der ehemaligen Präsidentin [[Corazon Aquino]] und des ermordeten vormaligen Senators [[Benigno Aquino, Jr.]].<br />
<br />
Noynoy Aquino studierte an der Ateneo de Manila Universität Wirtschaftwissenschaften und schloss die Ausbildung 1981 mit dem Hochschulabschluss [[Bachelor of Arts]] ab. Danach lebte er zunächst mit seiner Familie im [[USA|US-amerikanischen]] [[Boston]] im Exil. Nach der Ermordung seines Vaters im August 1983 kehrte er auf die Philippinen zurück, war aber zunächst nicht politisch aktiv.<br />
<br />
Im Februar 1986 wurde seine Mutter Corazon Aquino neue Präsidentin der Philippinen. Achtzehn Monate später, am 28. August 1987, geriet Noynoy Aquino bei einem [[Putsch]]versuch des Rebellenführers Gregorio Honasan gegen seine Mutter in eine Schießerei und wurde dabei durch fünf Schüsse schwer verletzt. Eine der Kugeln konnte nicht entfernt werden und steckt bis heute in seinem Hals <ref>diepresse.com [http://diepresse.com/home/meinung/imsucher/501404/index.do Meinung: Aquino-Sohn will nicht an die Macht](11. August 2009)</ref><ref>inquirer.net [http://newsinfo.inquirer.net/breakingnews/nation/view/20070821-83752/Noynoy_Aquino_also_rises Noynoy Aquino steigt auch auf] (engl.) Abgerufen am 13. März 2010</ref>.<br />
<br />
Ab Ende der 1990er Jahre trat auch Noynoy Aquino selbst dann politisch in Aktion. 1998 wurde er Mitglied der philippinischen ''Liberal Party'' und wurde im selben Jahr als Kongressabgeordneter ins Parlament gewählt, wo er bis 2007 im [[Repräsentantenhaus]] den 2. Distrikt der Provinz [[Tarlac (Provinz)|Tarlac]] vertrat. Am 15. Mai 2007 wurde er dann in den Senat, das [[Oberhaus]] des philippinischen Parlaments, gewählt und gehört diesem bis heute an <ref>noynoy.ph [http://www.noynoy.ph/main/about.php Über Noynoy] (engl.) Abgerufen am 13. März 2010</ref>. <br />
<br />
Am 9. September 2009, 40 Tage nach dem Tod seiner Mutter Corazon Aquino, gab er bekannt, bei den Präsidentschaftswahlen im Mai 2010 als Kandidat anzutreten. Der ebenfalls der Liberal Party angehörende Senator Mar Roxas hatte zuvor seine eigene Kandidatur zu Gunsten Aquinos zurückgezogen <ref name="abs-cbn"></ref>. Im Wahlkampf tritt Aquino unter anderem dafür ein, Korruption und Armut im Land zu bekämpfen <ref>{{cite web|url=http://newsinfo.inquirer.net/breakingnews/nation/view/20090909-224337/Noynoy-Aquino-to-run-for-president-in-2010 |title=Aquino erklärt Präsidentschaftskandidatur |publisher=INQUIRER.net (engl.) |first=Maila |last=Ager |date=2009-09-09 |accessdate=2010-01-25}}</ref>.<br />
<br />
Er ist entfernt verwandt mit dem Präsidentschaftskandidaten [[Gilberto Teodoro]].<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
[http://www.senate.gov.ph/senators/sen_bio/aquino_noynoy_bio.asp Biographie über Benigno S. Aquino III auf der Seite des philippinischen Senats]<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Aquino III, Benigno}}<br />
[[Kategorie:Politiker (Philippinen)]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1960]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Aquino III, Benigno<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=philippinischer Politiker<br />
|GEBURTSDATUM=8. Februar 1960<br />
|GEBURTSORT=[[Manila]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[bcl:Benigno Aquino III]]<br />
[[ceb:Noynoy Aquino]]<br />
[[en:Noynoy Aquino]]<br />
[[it:Benigno Aquino III]]<br />
[[nl:Benigno Aquino III]]<br />
[[pam:Benigno Aquino III]]<br />
[[pl:Benigno Aquino III]]<br />
[[tl:Benigno Simeon Aquino III]]<br />
[[war:Noynoy Aquino]]<br />
[[zh:諾諾·艾奎諾]]</div>222.127.231.29https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gilberto_Teodoro&diff=72120962Gilberto Teodoro2010-03-20T11:46:46Z<p>222.127.231.29: gehört zum Klan der Cojuangco wie Benigno</p>
<hr />
<div>[[Datei:Gates Teodoro Press Conference 090601 cropped3.jpg|thumb|Gilberto Teodoro]]<br />
'''Gilberto Eduardo Gerardo "Gilbert"/"Gibo" Cojuangco Teodoro, Jr.''' (* [[14. Juni]] [[1964]])<ref name=isite>[http://www.i-site.ph/Databases/Congress/13thHouse/personal/teodoro-personal.html Teodoro, Gilberto Jr | Personal Information]</ref> war von August 2007 bis zum 15. November 2009 philippinischer Verteidigungsminister. Von 1998 bis 2007 war er Parlamentsmitglied des Repräsentantenhauses.<br />
<br />
Er ist Präsidentschaftskandidat bei den Präsidentschaftswahlen 2010.<br />
<br />
Er ist entfernt verwandt mit dem Präsidentschaftskandidaten [[Benigno Aquino III]].<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{SORTIERUNG:Teodoro, Gilberto}}<br />
[[Kategorie:Politiker (Philippinen)]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1964]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Teodoro, Gilberto<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Teodoro, Gilberto Eduardo Gerardo; Teodoro, Gilbert; Teodoro, Gibo; Teodoro, Cojuangco Jr.<br />
|KURZBESCHREIBUNG=philippinischer Verteidigungsminister<br />
|GEBURTSDATUM=14. Juni 1964<br />
|GEBURTSORT=<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}<br />
<br />
[[bcl:Gilberto Teodoro]]<br />
[[ceb:Gibo Teodoro]]<br />
[[en:Gilberto Teodoro]]<br />
[[nl:Gilberto Teodoro jr.]]<br />
[[pl:Gilberto Teodoro]]<br />
[[tl:Gilberto Teodoro, Jr.]]<br />
[[war:Gilberto Teodoro]]</div>222.127.231.29