https://de.wikipedia.org/w/api.php?action=feedcontributions&feedformat=atom&user=212.117.117.42 Wikipedia - Benutzerbeiträge [de] 2025-04-27T02:21:22Z Benutzerbeiträge MediaWiki 1.44.0-wmf.25 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Horst_V%C3%B6lz&diff=236729693 Horst Völz 2023-08-25T09:43:20Z <p>212.117.117.42: eüzt1iiuhduzfuhzuag4uifhz87234tf48u482f9tu5zhzt7izh54oiu45zfer7httiutr4z rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrgrriojsviou874d98ud3490fu05m71h097g892qf0c99u4784z49i3</p> <hr /> <div>[[Datei:Horst Völz.JPG|mini|Horst Völz]]<br /> '''Horst Völz''' (* [[3. Mai]] [[1930]] in [[Bad Polzin]], [[Provinz Pommern]]) ist ein deutscher [[Physiker]] und [[Informationswissenschaftler]]; Entwicklungen im Bereich der [[Magnet|magnetischen Speichertechnik]] sowie in der [[Theorie]] der [[Information]] und [[Kommunikation]].<br /> <br /> == Leben ==<br /> Horst Völz kam 1930 als Sohn des Dachdeckers Oskar Völz und der Hausfrau Berta Völz in Pommern zur Welt. Von 1936 bis 1945 besuchte er die dortige Volks- und Mittelschule. Nach Kriegsende leistete er ein Jahr lang Reparationsarbeiten für die [[Rote Armee]] und musste 1946 Pommern als [[Umsiedler]] verlassen.<br /> <br /> In [[Greifswald]] besuchte er von 1946 bis 1950 die Oberschule bis zum [[Abitur]]. Es folgte ein vierjähriges [[Physik]]studium an der [[Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald]], daneben absolvierte er 1952 eine Lehre als Rundfunkmechaniker, die er als Facharbeiter abschloss. Das Studium beendete Völz 1954 als [[Diplom|Diplom-Physiker]] mit einer Diplomarbeit über RC-Schwingungsgeneratoren.<br /> <br /> Zwischen 1954 und 1959 arbeitete er als Assistent und Oberassistent am ''Physikalischen Institut'' der Universität Greifswald, wo er 1958 über die Theorie der Frequenzmodulation bei der Videospeicherung [[Promotion (Doktor)|promovierte]]. Im Jahre 1959 wechselte er nach [[Berlin]] an die [[Deutsche Akademie der Wissenschaften]] (DAW), die 1972 in [[Akademie der Wissenschaften der DDR]] (AdW) umbenannt wurde. Dort war er bis 1989 tätig, wurde 1961 Leiter der Arbeitsstelle für [[Magnet|Magnetische Signalspeicher]] und blieb in diesem Arbeitsgebiet, das er maßgebend profilierte, langjährig tätig. 1964 erfolgte seine [[Habilitation]] an der [[Humboldt-Universität zu Berlin]] (HUB) mit einer Schrift zur Erweiterung der [[Informationstheorie]].<br /> <br /> Ab 1967 war er Direktor des ''Institutes für Optik und Spektroskopie'' der DAW (heute: [[Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie]]). Im Jahre 1968 erfolgte seine Ernennung zum [[Professor]] der Akademie durch den Präsidenten der DAW. Ein Jahr später wurde er Gründungsdirektor des [[Zentralinstitut für Kybernetik und Informationsprozesse|Zentralinstituts für Kybernetik und Informationsprozesse]] (ZKI) der ''Deutschen Akademie der Wissenschaften'' (DAW-Präsident: [[Hermann Klare]]). Diese Leitungsfunktion übte er bis 1977 aus und baute in dieser Zeit das ZKI mit mehreren Bereichen auf. Nach seinem Ausscheiden als Direktor arbeitete Völz ab 1977 als Bereichsleiter ''Magnetische Signalspeicher'' am ZKI. Sein Nachfolger im Amt war [[Volker Kempe]].<br /> <br /> Das Ausscheiden als Direktor und später als Bereichsleiter erfolgte nach fachlich-politischen Auseinandersetzungen offiziell „auf eigenen Wunsch“. Ab 1988 war er kurzzeitig als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am ZKI beschäftigt. Darüber hinaus erhielt er 1988 ein Vorlesungsverbot an der Humboldt-Universität zu Berlin.<br /> <br /> Nach der [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|politischen Wende]] erhielt Völz von 1989 bis 1992 einen Fördervertrag durch KAI-Berlin (KAI e.V. – Koordinierungs- und Abwicklungseinrichtung für die Institute der Akademie der Wissenschaften der DDR) als Auffanggesellschaft für Akademiemitarbeiter, und er lehrte zwischen 1992 und 1995 an der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität]] u. a. am Arbeitsbereich [[Informationswissenschaft]] sowie auch an der [[Technische Universität Berlin|Technischen Universität]] in Berlin.<br /> <br /> Seit 1995 ist Völz im Ruhestand, führt jedoch weiterhin freiberufliche Tätigkeit aus. Hierzu gehören auch Lehrveranstaltungen an der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität Berlin]] (FUB), an der [[Technische Universität Berlin|Technischen Universität Berlin]] (TUB), an der [[Humboldt-Universität zu Berlin]] (HUB) im Fachgebiet [[Medienwissenschaft]] und an der ''German Filmschool Elstal bzw. Babelsberg'' (HFF).<br /> <br /> Er ist verheiratet mit der Sängerin ''Ruth Roma-Völz'' und hat zwei Töchter.<br /> <br /> iut<br /> 2huixhouz34g8d2r4z27zdhzufhqofu2<br /> <br /> == Mitgliedschaften und Ehrungen ==<br /> * Völz gehörte von 1959 bis 1989 mehreren Forschungsinstituten der ''Deutschen Akademie der Wissenschaften (DAW)'' bzw. der ''Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW)'' als Wissenschaftler und Leiter an.<br /> * 1989 Auszeichnung mit der ''Gerhart-Eisler-Plakette in Gold'' vom &quot;Staatlichen Komitee für Rundfunk&quot; für seine etwa 70 Sendungen zur Programmierung im Rundfunk 1986/87, die 30.000 Hörerzuschriften bewirkten sowie eine Kassetten-Box mit 6 Kassetten bei der &quot;Schallplatte der DDR&quot; für die 4 wichtigsten Heimcomputertypen und mehrere sekundäre Publikationen.<br /> * Völz ist Ehrenmitglied des [[Chaos Computer Club]].<br /> * 2022 wurde er mit dem [[Norbert Wiener|Wiener]]-[[Hermann Schmidt (Kybernetiker)|Schmidt]]-Preis der Deutschen Gesellschaft für Kybernetik, System- und Informationstheorie geehrt.<br /> <br /> == Publikationen (Auswahl) ==<br /> * ''Elektronik – Grundlagen, Prinzipien, Zusammenhänge.'' 5. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1989, ISBN 3-05-500046-3.<br /> * ''Grundlagen der magnetischen Signalspeicherung.'' Akademie-Verlag, Berlin um 1980. (6 Bände)<br /> * ''Information I. Studie zur Vielfalt und Einheit der Information.'' Akademie-Verlag, Berlin 1982. {{ISSN|0232-1351}}<br /> * ''Information II. Ergänzungsband zur Vielfalt und Einheit der Information.'' Akademie-Verlag, Berlin 1983. {{ISSN|0232-1351}}<br /> * ''Kleines Lexikon der Speichertechnik.'' (= ''Automatisierungstechnik.'' Bd. 224). 2. Auflage. Verlag Technik, Berlin 1990, ISBN 3-341-00878-0.<br /> * ''Computer und Kunst.'' (= ''[[Akzent-Reihe]].'' Band 87). 2. Auflage. Urania-Verlag, Leipzig/ Jena/ Berlin 1990, ISBN 3-332-00220-1. ([http://www.horstvoelz.de/kontakt/ComputerKunst.pdf horstvoelz.de], Digitalisat des Textes als PDF)<br /> * ''Grundlagen der Information.'' Akademie-Verlag, Berlin 1991, ISBN 3-05-500779-4.<br /> * ''Information verstehen. Facetten eines neuen Zugangs zur Welt.'' Friedr. Vieweg &amp; Sohn, Braunschweig/ Wiesbaden 1994, ISBN 3-528-05395-X.<br /> * ''Informationsspeicher. Grundlagen – Funktionen – Geräte.'' Expertverlag, Renningen-Malmsheim, ISBN 3-8169-1287-7. (und Linde-Verlag, 1996, ISBN 3-85122-569-4)<br /> * mit P. Ackermann: ''Die Welt in Zahlen und Skalen.'' Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/ Berlin/ Oxford 1996, ISBN 3-86025-118-X.<br /> * ''Das Mensch-Technik-System. Physiologische, physikalische und technische Grundlagen, Software und Hardware.'' Expert-Verlag, 1999, ISBN 3-8169-1643-0.<br /> * ''Das Mensch-Maschine-System.'' Expert-Verlag, Renningen-Malmsheim 1999, ISBN 3-8169-1643-0. (und Linde-Verlag, 1999, ISBN 3-85122-863-4)<br /> * ''Wissen – Erkennen – Information. Allgemeine Grundlagen für Naturwissenschaft, Technik und Medizin.'' Shaker Verlag, Aachen 2001, ISBN 3-8265-9366-9 und CD-ROM Directmedia, ISBN 978-3-89853-559-5.<br /> * ''Handbuch der Speicherung von Information: ''<br /> ** ''Bd. 1: Grundlagen und Anwendung in Natur, Leben und Gesellschaft.'' Shaker Verlag, Aachen 2003, ISBN 3-8322-1366-X.<br /> ** ''Bd. 2: Technik und Geschichte vorelektronischer Medien.'' Shaker Verlag, Aachen 2005, ISBN 3-8322-3783-6.<br /> ** ''Bd. 3: Geschichte und Zukunft elektronischer Medien.'' Shaker Verlag, Aachen 2007, ISBN 978-3-8322-6160-3.<br /> * ''Datenspeicher von der Steinzeit bis ins 21. Jahrhundert.'' (= ''Digitale Bibliothek.'' Band 159). Berlin 2007.<br /> * ''Kontinuierliche Digitaltechnik. Eine neue hochleistungsfähige Methode zur Digitalisierung von Signalen.'' Shaker Verlag, Aachen 2008, ISBN 978-3-8322-7798-7.<br /> * ''Grundlagen und Inhalte der vier Varianten von Information.'' Springer Verlag, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-658-06406-8.<br /> * ''Maßstäbe für die Zeit.'' Shaker Verlag, Aachen 2014, ISBN 978-3-8440-2872-0.<br /> * ''Information, Software, Hardware.'' In: [[Frank Fuchs-Kittowski]], [[Werner Kriesel]] (Hrsg.): ''Informatik und Gesellschaft. Festschrift zum 80. Geburtstag von [[Klaus Fuchs-Kittowski]].'' Peter Lang Internationaler Verlag der Wissenschaften, PL Academic Research, Frankfurt am Main/ Bern/ Bruxelles/ New York/ Oxford/ Warszawa/ Wien 2016, ISBN 978-3-631-66719-4.<br /> * ''Das ist Information.'' Shaker Verlag, Aachen 2017, ISBN 978-3-8440-5587-0.<br /> * ''Informations- und Speichertheorie.'' In: [[Stefan Höltgen]] (Hrsg.): ''Medientechnisches Wissen.'' Band 1. De Gruyter, Berlin 2017, ISBN 978-3-11-047748-1.<br /> * ''Wie wir wissend wurden. Nicht Alles ist Information.'' Shaker Verlag, Aachen 2018, ISBN 978-3-8440-5865-9.<br /> * ''Weltbeschreibung. Raum, Zeit, Temperatur und Information – Aspekte, Standpunkte, Debatten.'' Shaker Verlag, Aachen 2018, ISBN 978-3-8440-6323-3.<br /> * ''Das ist Zeit.'' Shaker Verlag, Düren 2019, ISBN 978-3-8440-6675-3.<br /> * ''Speicher als Grundlage für Alles.'' Shaker Verlag, Düren 2019, ISBN 978-3-8440-6964-8.<br /> * ''Von Information bis Kreativität. Versuch einer exakten Definition von Information, Wissen, Denken, Intelligenz und Kreativität.'' Shaker Verlag, Düren 2020, ISBN 978-3-8440-7365-2.<br /> * ''Information und Medienwissenschaft.'' Shaker Verlag, Düren 2020, ISBN 978-3-8440-7641-7.<br /> * ''Ichrealität – meine Weltsicht.'' Shaker Verlag, Düren 2021, ISBN 978-3-8440-8244-9.<br /> * ''Probleme der Wissenschaften. Ein Versuch.'' Shaker Verlag, Düren 2022, ISBN 978-3-8440-8558-7.<br /> * ''Möglichkeiten und Grenzen der Wissenschaft.'' Shaker Verlag, Düren 2022, ISBN 978-3-8440-8800-7.<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * W. Ernst, J. Maibaum: ''Ausgewählte Schriften von Horst Völz – Speicher. Theorie, Technologie, Archäologie.'' Projekt-Verlag, Bochum/Freiberg 2021 (Reprint seiner frühen und wichtigen Speicherartikel auf 200 Seiten A4; gilt als eine seiner besten Anerkennungen)<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> * [http://www.horstvoelz.de/ www.horstvoelz.de], persönliche Website<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=p|GND=1149757566|LCCN=n83012176|VIAF=107477153}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Volz, Horst}}<br /> [[Kategorie:Physiker (20. Jahrhundert)]]<br /> [[Kategorie:Informationswissenschaftler]]<br /> [[Kategorie:Hochschullehrer (HFF Potsdam)]]<br /> [[Kategorie:Hochschullehrer (Technische Universität Berlin)]]<br /> [[Kategorie:Hochschullehrer (Freie Universität Berlin)]]<br /> [[Kategorie:Hochschullehrer (Humboldt-Universität zu Berlin)]]<br /> [[Kategorie:Deutscher]]<br /> [[Kategorie:Geboren 1930]]<br /> [[Kategorie:Mann]]<br /> <br /> {{Personendaten<br /> |NAME=Völz, Horst<br /> |ALTERNATIVNAMEN=<br /> |KURZBESCHREIBUNG=deutscher Physiker und Informationswissenschaftler<br /> |GEBURTSDATUM=3. Mai 1930<br /> |GEBURTSORT=[[Bad Polzin]], [[Provinz Pommern]]<br /> |STERBEDATUM=<br /> |STERBEORT=<br /> }}</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=ABBA&diff=225536874 ABBA 2022-08-22T09:54:29Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>{{Dieser Artikel|behandelt die Musikgruppe. Zu ihrem gleichnamigen Album siehe [[ABBA (Album)]], zu anderen Bedeutungen des Wortes „Abba“ siehe [[Abba (Begriffsklärung)]].}}<br /> {{Infobox Band<br /> |Logo = ABBA-Logo.svg<br /> |Bild = ABBA - TopPop 1974 5.png<br /> |Bildbeschreibung = ABBA: Benny Andersson, Anni-Frid Lyngstad, Agnetha Fältskog, Björn Ulvaeus (von links nach rechts), 1974<br /> |Herkunft = Schweden<br /> |Genre = [[Popmusik]]<br /> |Gründung = 1972<br /> |Auflösung = <br /> |Neugründung = <br /> |Auflösung2 = <br /> |Website = [http://www.abbasite.com/ www.abbasite.com]<br /> |Besetzung1a = [[Agnetha Fältskog]]<br /> |Besetzung1b = [[Gesang]]<br /> |Besetzung2a = [[Anni-Frid Lyngstad|Anni-Frid „Frida“ Lyngstad]]<br /> |Besetzung2b = Gesang<br /> |Besetzung3a = [[Benny Andersson]]<br /> |Besetzung3b = [[Keyboard]], [[Klavier]], [[Akkordeon]], Gesang<br /> |Besetzung4a = [[Björn Ulvaeus]]<br /> |Besetzung4b = [[Gitarre]], Gesang<br /> |Bildbreite = 200px<br /> }}<br /> '''ABBA''' ist eine [[Schweden|schwedische]] [[Band (Musik)|Popgruppe]], die aus den ehemaligen Paaren [[Agnetha Fältskog|'''A'''gnetha Fältskog]] und [[Björn Ulvaeus|'''B'''jörn Ulvaeus]] sowie [[Benny Andersson|'''B'''enny Andersson]] und [[Anni-Frid Lyngstad|'''A'''nni-Frid Lyngstad]] besteht und sich 1972 in [[Stockholm]] formierte. Sie gehört mit rund 400 Millionen verkauften [[Tonträger]]n zu den [[Liste von Interpreten mit den meisten verkauften Tonträgern weltweit|erfolgreichsten Bands der Musikgeschichte]].&lt;ref&gt;[https://www.universal-music.de/abba/biografie universal-music.de] Abgerufen am 27. April 2018&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die Gruppe hat die Geschichte der [[Popmusik]] mitgeprägt. Bis in die 1970er Jahre hatte es keine anderen [[Skandinavien|Skandinavier]] mit vergleichbaren Erfolgen gegeben. Trotz [[Vereinigte Staaten|US-amerikanischer]] und [[Vereinigtes Königreich|britischer]] Dominanz im Musikgeschäft gelang ABBA der internationale Durchbruch.&lt;ref&gt;[https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/pop/sie-nannten-sie-the-abba-warum-wurde-waterloo-1974-ein-solcher-hit-14228995.html faz.net]&lt;/ref&gt; Nach ihrem Sieg beim [[Eurovision Song Contest 1974]] mit ''[[Waterloo (Lied)|Waterloo]]'' war man besonders in [[Europa]] und [[Australien]] sowie später auch in [[Lateinamerika]] und [[Japan]] erfolgreich. Vor allem in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre galt ABBA wegen der aufwendigen und ausgefeilten Musikproduktionen als Mitbegründer einer neuen internationalen Popmusik.<br /> <br /> Zu ihren bekanntesten Songs zählen ''[[SOS (ABBA-Lied)|SOS]]'', ''[[Mamma Mia (Lied)|Mamma Mia]]'', ''[[Fernando (Lied)|Fernando]]'', ''[[Dancing Queen]]'', ''[[Money, Money, Money]]'', ''[[Take a Chance on Me]]'', ''[[The Winner Takes It All]]'' und ''[[Super Trouper (Lied)|Super Trouper]]''. Charakteristisch für die Gruppe waren außerdem ihre für die damalige Zeit ausgefallenen bunt-poppigen Kostüme, die das [[Quartett (Musik)|Quartett]] bei Auftritten und in [[Musikvideo]]s trug. Während Ulvaeus und Andersson hauptsächlich für Kompositionen und Texte verantwortlich waren, agierten Fältskog und Lyngstad vorwiegend als [[Band (Musik)#Frontleute|Leadsängerinnen]].<br /> <br /> Das 1992 veröffentlichte Best-of-Album ''[[ABBA Gold – Greatest Hits|ABBA Gold]]'' zählt mit 31 Millionen verkauften Exemplaren zu den weltweit erfolgreichsten Alben und hat maßgeblich zum [[#Das ABBA-Revival in den 1990er Jahren|ABBA-Revival in den 1990ern]] beigetragen.&lt;ref name=&quot;abbasiteStory&quot;&gt;Geschichte von ABBA auf [https://abbasite.com/story/ abbasite.com] Abgerufen am 27. April 2018&lt;/ref&gt; 1999 hatte das auf ABBA-Songs basierende [[Musical]] ''[[Mamma Mia! (Musical)|Mamma Mia!]]'' in [[London]] Premiere, das mit über 60 Millionen Zuschauern eines der erfolgreichsten Musicals der Welt ist.&lt;ref name=&quot;abbasiteStory&quot; /&gt;&lt;ref name=&quot;Palm&quot;&gt;Carl Magnus Palm: ''Abba: Bright Lights Dark Shadows''. Omnibus Press, überarbeitete und aktualisierte Auflage 2014, ISBN 978-1-78305-359-9, S. [https://books.google.de/books?id=SufjAgAAQBAJ&amp;pg=PT6 6]&lt;/ref&gt; Die [[Mamma Mia! (Film)|Verfilmung von ''Mamma Mia!'']] aus dem Jahr 2008 gehört darüber hinaus zu den erfolgreichsten [[Musical#Das Filmmusical|Musicalverfilmungen]].<br /> <br /> 1982 beendeten die Gruppenmitglieder aufgrund privater Differenzen vorläufig ihre musikalische Zusammenarbeit und gaben erst 2018 bekannt, dass sie wieder zusammen an neuem Material arbeiteten.&lt;ref&gt;[http://orf.at/stories/2435925/2435924/ Neue Abba-Songs nach Jahrzehnten] Abgerufen am 27. April 2018&lt;/ref&gt; Obwohl es über einen Zeitraum von fast 40 Jahren weder Bandauftritte noch neue Musik gab, blieben ihre Lieder nach wie vor populär.&lt;ref name=&quot;Moskovitz&quot;&gt;David V. Moskovitz: ''The 100 Greatest Bands of All Time: A Guide to the Legends Who Rocked the World''. ABC-CLIO, 2015, ISBN 978-1-4408-0340-6, S. [https://books.google.de/books?id=8XG9CgAAQBAJ&amp;pg=PA1 1-6]&lt;/ref&gt; So werden ihre Stücke weiterhin in unterschiedlichsten Interpretationen und Coverversionen produziert und meistens sehr erfolgreich vermarktet; seit 2013 gibt es in Stockholm ein [[ABBA The Museum|ABBA-Museum]]. 2021 gab die Band ihr [[Comeback]] im Rahmen einer virtuellen Konzertshow bekannt und veröffentlichte vier neue Singles sowie ihr neuntes Studioalbum ''[[Voyage (Album)|Voyage]]''.&lt;ref&gt;Marlon Jungjohann und Bettina Baumann: [https://www.dw.com/de/abba-neues-album-und-neue-show/a-59052241 ''ABBA mit neuem Album und neuer Show zurück''] In: [[Deutsche Welle|dw.com]], 2. September 2021, abgerufen am 5. September 2021.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Werdegang ==<br /> === Die Zeit vor der Bandgründung (1966–1972) ===<br /> Im Juni 1966 lernte [[Björn Ulvaeus]], der zu dieser Zeit als Mitglied der [[Hootenanny Singers]] in den schwedischen Folkparks Erfolg hatte, den Musiker [[Benny Andersson]] kennen, der Pianist bei den landesweit erfolgreichen [[The Hep Stars|Hep Stars]] war. Bei ihrem zweiten Treffen drei Wochen später schrieben sie nach einer Party in Ulvaeus’ Elternhaus ihr erstes gemeinsames Stück ''Isn’t It Easy to Say'', das später von den Hep Stars veröffentlicht wurde.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.105f.&quot;&gt;S. 105&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Die in Norwegen geborene [[Anni-Frid Lyngstad]] (Frida) gewann 1967 einen nationalen Talentwettbewerb und wurde in den kommenden Jahren ebenfalls eine bekannte, wenn auch weniger erfolgreiche Jazz- und Folk-Sängerin. [[Agnetha Fältskog]], die während ihrer Solokarriere vor allem schwedische Schlagermusik machte, hatte 1968 ihren nationalen Durchbruch als Sängerin und Komponistin. Fältskog und Ulvaeus trafen sich im selben Jahr mehrmals auf Tourneen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.144ff.&quot;&gt;S. 144 ff.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> 1969 produzierten Andersson und Ulvaeus für die Künstlerin [[Brita Borg]] gemeinsam den Song ''Ljuva Sextital'' sowie einen Teil des Soundtracks für den schwedischen Film ''Inga II'' und traten nebenbei mehrfach mit dem schwedischen Gesangsduo [[Svenne &amp; Lotta]] auf.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.170f.&quot;&gt;S. 170 f.&lt;/ref&gt; Lyngstad erreichte im März 1969 bei der [[Melodifestivalen|schwedischen Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest]] mit dem Lied ''Härlig Är Vår Jord'' („Unsere Welt ist herrlich“) den 4. Platz, während Andersson als Komponist antrat.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.126f.&quot;&gt;S. 126 f.&lt;/ref&gt; Im Rahmen der Veranstaltung lernten sich Lyngstad und Andersson kennen und begannen kurz darauf eine Liebesbeziehung.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.128&quot;&gt;S. 128&lt;/ref&gt; Im Mai 1969 wirkten Ulvaeus und Fältskog gemeinsam in einer Fernsehsendung mit und begannen ebenfalls eine Beziehung.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.156f.&quot;&gt;S. 156 f.&lt;/ref&gt; Zur selben Zeit verließ Andersson die Hep Stars und verlobte sich im August 1969 mit Lyngstad, die kurz darauf unter seiner Produktion die Single ''Peter Pan'' aufnahm.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.172&quot;&gt;S. 172&lt;/ref&gt;<br /> <br /> 1970 wurde ''She’s My Kind of Girl'' als erste gemeinsame Single von Andersson und Ulvaeus veröffentlicht.&lt;ref&gt;“Lycka”/Björn Ulvaeus &amp; Benny Andersson. Begleittext zur CD, 2006 Polar Music International AB&lt;/ref&gt; Im April 1970 verlobten sich auch Fältskog und Ulvaeus.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.183&quot;&gt;S. 183&lt;/ref&gt; Nebenbei wirkte Ulvaeus bei Fältskogs [[Soloalbum]] ''Som jag är'' mit, während Andersson als Produzent von Lyngstads [[Musikalbum#Debütalbum|Debütalbum]] ''Frida'' fungierte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.187f.&quot;&gt;S. 187 f.&lt;/ref&gt; Etwa zur selben Zeit nahmen Andersson und Ulvaeus bei [[Stikkan Anderson|Stig Andersons]] Plattenfirma [[Polar Music]] ihr erstes gemeinsames Album mit dem Titel ''[[Lycka (Album)|Lycka]]'' („Glück“) auf. Mit dieser LP-Produktion begann die Zusammenarbeit mit dem Toningenieur [[Michael B. Tretow]], der später maßgeblich an der Soundentwicklung von ABBA beteiligt war. Unterstützt wurden sie bei einigen Titeln bereits von Fältskog und Lyngstad, die verschiedene [[Begleitgesang|Backing Vocals]] sangen. So gilt der schwedische Song ''Hej Gamle Man'' („Hallo, alter Mann“) als erstes Musikstück, bei dem alle vier Mitglieder von ABBA zu hören sind.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://www.abbasite.com/lycka-the-only-bjorn-benny-album/ |text=ABBAsite.com |wayback=20180224113105}} ''Lycka – the only Björn &amp; Benny album''&lt;/ref&gt; Auf dessen Singlecover sowie auf dem Album ''Lycka'' sind aber nur „Björn Ulvaeus &amp; Benny Andersson“ genannt.<br /> <br /> Neben den Aufnahmen inszenierten die vier Musiker im selben Jahr die Show „Festfolk“ und traten am 1. November 1970 in [[Göteborg]] zum ersten Mal als Gruppe auf.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.184f.&quot;&gt;S. 184 f.&lt;/ref&gt; Einen ihrer ersten gemeinsamen Fernsehauftritte hatten die vier Schweden im Dezember 1970 unter der Bandbezeichnung „Festfolket“ in einer [[Western]]-Nostalgierevue, wo sie den US-amerikanischen Songklassiker ''California, Here I Come'' in Western-Kostümen präsentierten. Fältskog und Ulvaeus heirateten am 6. Juli 1971 im südschwedischen Verum.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.190f.&quot;&gt;S. 190 f.&lt;/ref&gt; 1972 übernahm Fältskog in Göteborg die Rolle der [[Maria Magdalena]] in der schwedischen Version des Musicals ''[[Jesus Christ Superstar]]''.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.204f.&quot;&gt;S. 204 f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Formierung zur Band (1972–1973) ===<br /> [[Datei:ABBA - Popzien 1973 4.png|mini|„Björn &amp; Benny, Agnetha &amp; Anni-Frid“ bei einem Auftritt mit ''Ring Ring'', 1973]]<br /> Die Singles von Andersson und Ulvaeus wurden bis auf ''Hej Gamle Man'' keine Hits in Schweden. Doch 1972 wurde ''She’s My Kind of Girl'' in Japan veröffentlicht und gelangte auf Platz 7 der dortigen Verkaufscharts sowie an die Spitze einiger anderer Hitparaden.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;JP&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/japan.html |text=Japan |webciteID=67CvxaRLK}} (Zusammenfassung), siehe MURAKAMI Chifumi [http://www.ne.jp/asahi/chifumi/abba/ Oriental ABBAland] Diskografie Japan, 1996, abgerufen am 13. November 2015&lt;/ref&gt; Die Tatsache, dass eines ihrer englischen Lieder in einem anderen Land Erfolg hatte, war für die beiden Musiker ein Grund, von da an mehr auf englische Popsongs zu setzen. Durch die Erkenntnis, dass die Stimmen von Fältskog und Lyngstad auf einigen ihrer früheren Stücke gut mit ihren eigenen harmonierten, wollten Andersson und Ulvaeus ihre Lebensgefährtinnen auch in kommende Produktionen mit einbeziehen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.210f.&quot;&gt;S. 210 f.&lt;/ref&gt; Der Titel des ersten Liedes, das die vier Musiker im März 1972 als Gruppe aufnahmen, war ''[[People Need Love]]''. Dabei sahen sie sich allerdings nicht als „feste“ Gruppe, denn alle Beteiligten waren parallel mit eigenen Produktionen beschäftigt.<br /> <br /> ''People Need Love'' wurde im Juni 1972 veröffentlicht, wobei auf dem Cover anstatt eines Bandnamens lediglich ihre Vornamen „Björn &amp; Benny, Agnetha &amp; Anni-Frid“ aufgezählt wurden.&lt;ref&gt;{{Webarchiv|url=http://www.abbasite.com/discography/album/people-need-love-merry-go-round/ |wayback=20170415011316 |text=ABBA The official site }} People Need Love / Merry-Go-Round&lt;/ref&gt; Die Single erreichte Platz 17 der kombinierten schwedischen Single- und Album-Verkaufscharts und Platz 3 in der „Tio i Topp“- Hitparade.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;SE&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/sweden.html |text=Schweden |webciteID=66hMkXtvG}} (Zusammenfassung), siehe [http://www.hitsallertijden.nl/charts/swedish%20charts/swedish%20charts%20index.htm Kombinierte schwedische Charts 1966–1975], [http://www.swedishcharts.com/showinterpret.asp?interpret=ABBA Schwedische Charts ab 1975] und Eric Hallberg, Ulf Henningsson: ''TIO I TOPP – med de utslagna „På försök“ 1961–1974'' (schwedisch), Premium Publishing, Stockholm 2012, 560 Seiten. ISBN 978-91-89136-89-2&lt;/ref&gt; Diesen verhältnismäßig großen Erfolg nahmen die vier Künstler zum Anlass, auch ein gemeinsames Album aufzunehmen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.218&quot;&gt;S. 218&lt;/ref&gt; Zwischen Herbst 1972 und Frühling 1973 wurde ''[[Ring Ring]]'' produziert, dessen erste Single ''[[He Is Your Brother]]'' im November 1972 erschien.<br /> <br /> Um auf dem deutschen Markt höhere Verkaufszahlen zu erreichen, nahmen sie – wie zu dieser Zeit bei vielen internationalen Künstlern üblich – ihre schwedischen Lieder ''Hej Gamle Man'' (Hey, Musikant) und ''Livet går sin gång'' ''(Was die Liebe sagt)'' sowie die englischsprachigen Songs ''Ring Ring'' und ''Another Town, Another Train'' ''(Wer im Wartesaal der Liebe steht)'' auch mit deutschen Texten auf. Den ersten Auftritt im deutschen Fernsehen hatte die Gruppe am 6. Januar 1973 in der Musiksendung ''[[Disco (Fernsehsendung)|Disco]]'' mit ihrer ersten Single ''[[People Need Love]]''. Moderator [[Ilja Richter]] stellte die unbekannte schwedische Band namentlich vor, auf der Bühne standen allerdings Björn Ulvaeus, Benny Andersson, Frida Lyngstad und Inger Brundin – eine Freundin von Lyngstad, die ersatzweise für Fältskog auftrat, da diese im achten Monat schwanger war und daher nicht verreisen wollte. Die Band war damals in Deutschland unbekannt, und so fiel der Wechsel niemandem im Publikum auf.<br /> <br /> Im Februar 1973 traten die vier Musiker mit dem Lied ''[[Ring Ring (Lied)|Ring Ring]]'' – Fältskog war zu dieser Zeit im neunten Monat schwanger – als „Publikumsfavorit“ zur schwedischen Vorentscheidung des [[Eurovision Song Contest]] an, wurden aber von der Experten-Jury auf den 3. Platz gewählt.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.228f.&quot;&gt;S. 228–231&lt;/ref&gt; Nur wenige Tage später wurde ''Ring Ring'' auf Schwedisch und Englisch als Single herausgegeben. Als am 26. März 1973 auch das Album erschien, waren die beiden Singles insgesamt bereits rund 100.000 Mal verkauft worden.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 232&quot;&gt;S. 232&lt;/ref&gt; Sie belegten gemeinsam mit dem Album die ersten drei Plätze der schwedischen Verkaufscharts.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;SE&quot; /&gt; ''Ring Ring'' wurde in 15 Ländern veröffentlicht und erreichte auch in Dänemark und Belgien Platz 1 der Singlecharts.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.228&quot;&gt;S.&amp;nbsp;228&lt;/ref&gt; Aufgrund des anhaltenden Gruppenerfolges in Skandinavien planten die vier Musiker und ihr nunmehriger [[Musikmanagement|Manager]] Stig Anderson eine erneute Teilnahme am [[Melodifestivalen]] im folgenden Jahr.<br /> <br /> === „Grand Prix“-Sieg und erste internationale Erfolge (1974) ===<br /> [[Datei:ABBA - TopPop 1974 1.png|mini|ABBA am 26. April 1974 auf Promotion-Tour in den Niederlanden]]<br /> Im September 1973 begannen die vier Künstler mit den Aufnahmen für ihr zweites Album, nachdem kurz davor im Sommer ihr neuer Bandname „ABBA“ beschlossen worden war.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 241f.&quot;&gt;S. 241&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Zur selben Zeit wurden sie erneut eingeladen, einen Beitrag für den schwedischen Vorentscheid des [[Eurovision Song Contest]]s im kommenden Jahr zu schreiben. Im Winter 1973/74 entstand so der Titel ''[[Waterloo (Lied)|Waterloo]]''. Ursprünglich fasste die Gruppe auch das Lied ''[[Hasta Mañana]]'' ins Auge, da diese Ballade dem Stil der Siegertitel aus den Vorjahren recht ähnlich war und man sich damit große Gewinnchancen erhoffte. Letztendlich entschieden sie sich aber doch für ''Waterloo'', weil es gerade durch seinen neuartigen und innovativen Stil aus dem Balladenschema ausbrach.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.254&quot;&gt;S. 254&lt;/ref&gt; Zudem sang Fältskog in ''Hasta Mañana'' allein die Lead Vocals, während ''Waterloo'' ein Duett beider Sängerinnen darstellt und somit ihr Image als Gruppe bestärkte.<br /> <br /> Mit ''Waterloo'' setzte sich die Gruppe im Februar 1974 zunächst beim Melodifestivalen durch. Am 4. März 1974 wurde sowohl das neue Album, das ebenfalls den Titel ''[[Waterloo (Album)|Waterloo]]'' trug, als auch die Single veröffentlicht. Um sicherzugehen, dass die Band unter ihrem neuen Namen nicht verwechselt werden konnte, wurden ihre Vornamen (''Björn, Benny, Agnetha &amp; Frida'') in Klammern hinter ihren neuen Namen ABBA gesetzt.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S. 24&quot;&gt;S. 24.&lt;/ref&gt; Die LP erreichte schnell die Spitze der schwedischen Hitparade und brach den Verkaufsrekord, während die Singles (auf Englisch und Schwedisch) in den kombinierten Single- und Album-Verkaufscharts Platz 2 und 3 belegten.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 258&quot;&gt;S. 258.&lt;/ref&gt; Stig Anderson reiste schon im Vorfeld des Song Contests durch mehrere europäische Länder, um die Single zu platzieren.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.256&quot;&gt;S. 256&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 6. April 1974 trat ABBA bei der Austragung des „Grand-Prix“-Finales im englischen [[Brighton]] an. Nach einem für den Wettbewerb bis dahin musikalisch eher untypischen, aber sehr effektvoll inszenierten Auftritt dominierte ABBA die Punktewertung und belegte unter den 17 teilnehmenden Ländern schließlich mit deutlichem Vorsprung den 1. Platz. Dieser Sieg war der Beginn ihrer internationalen Karriere. Die Single ''Waterloo'' wurde in 54 Ländern veröffentlicht und erreichte in vielen davon vordere Plätze in den Hitparaden.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 281&quot;&gt;S. 281.&lt;/ref&gt;&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/abba.html |text=Übersicht |webciteID=66jBnSerf}}&lt;/ref&gt; Sie verkaufte sich über 5 Millionen Mal&lt;ref&gt;[http://www.superseventies.com/1977_6singles.html SuperSeventies.com] „Waterloo“&lt;/ref&gt; und wurde sogar in den USA zum [[Musikcharts#Hitparadenspezifische Begriffe|Top-Ten]]-Hit.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;US&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/usa.html |text=USA |webciteID=65oGl33Lc}} (Zusammenfassung), siehe [http://www.billboard.com/artist/275303/abba/chart Billboard] und [http://www.allmusic.com/artist/abba-mn0000922728/awards Allmusic]&lt;/ref&gt; Nach diesem Erfolg erschien in einigen Ländern auch das Album ''Waterloo'', das sich allerdings bis auf wenige Ausnahmen nicht besonders erfolgreich in den Charts platzieren konnte.<br /> <br /> Die ebenfalls im April 1974 veröffentlichte Single ''[[Honey, Honey]]'' war nur noch in Deutschland, Österreich und der Schweiz erfolgreich. Im Sommer 1974 war Aufnahmebeginn für ein nächstes Gruppenalbum, aus dem schon im November die erste Single ''[[So Long]]'' ausgekoppelt wurde. Zur selben Zeit startete ABBA mit ihrer ersten größeren Europatournee, bei der die Gruppe zwischen 18. und 30. November 1974 auch in sieben deutschen Städten gastierte, u.&amp;nbsp;a. in Frankfurt, Bremen und Hannover.&lt;ref&gt;[http://abbaplaza.com/site-en/TourDates.asp?IdTour=1&amp;IdLeg=1 ABBA Plaza] Konzertdaten (1974–1975 TOUR OF EUROPE)&lt;/ref&gt; Die Begeisterung beim Publikum war allerdings zurückhaltend, und der erhoffte Erfolg außerhalb Skandinaviens blieb zunächst noch weitgehend aus. Keines der Konzerte war ausverkauft, in der [[Wiener Stadthalle]] war beispielsweise weniger als ein Viertel der vorhandenen Plätze belegt. Das Konzert in Düsseldorf sowie das einzige in der Schweiz angesetzte Konzert wurden wegen des schwachen Vorverkaufs sogar abgesagt.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 287ff.&quot;&gt;S. 287&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Es gab auch Fernsehauftritte in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]]: Im November 1974 trat ABBA in der Fernseh-Unterhaltungssendung ''[[Ein Kessel Buntes]]'' auf. Die Band präsentierte die drei Titel ''Waterloo'', ''So Long'' und ''Honey Honey'' sowie einen Ausschnitt von ''Waterloo'' in der deutschsprachigen Version. Es war einer der wenigen Bühnenauftritte, bei denen Andersson mit auf der Bühne stand und nicht am Klavier saß. Ebenfalls im November 1974 gastierte die Band in der Jugendfernsehsendung ''[[Rund (Fernsehsendung)|Rund]]'' des Fernsehsenders [[Deutscher Fernsehfunk|DDR 1]].<br /> <br /> === Rückschläge und Rückkehr in die Charts (1975) ===<br /> [[Datei:Ulvaeus Lyngstad Fältskog at Eddy Go Round Show 1975.png|mini|ABBA auf Promotion-Tour (1975)]]<br /> In Schweden war ABBA weiterhin sehr populär. Auch die Konzerte auf ihrer Tournee durch Skandinavien im Januar 1975 waren alle ausverkauft. Auf der anderen Seite begann die heimische Presse jedoch zunehmend eine kritische Haltung gegenüber der aufstrebenden Popgruppe einzunehmen, da deren Meinung nach die Gruppe „zu kommerziell“ und die Musik „zu oberflächlich und unkritisch“ war.&lt;ref group=&quot;B&quot; name=&quot;S.172&quot;&gt;S. 172&lt;/ref&gt;&lt;ref group=&quot;I&quot; name=&quot;S.20f&quot;&gt;S. 20&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Nach wie vor arbeitete keiner der Künstler ausschließlich in diesem Gruppenverband, sondern jeder hielt sich zunächst weitere Optionen für seine eigene Karriere offen. So veröffentlichten Fältskog und Lyngstad 1975 jeweils ein schwedisches [[Soloalbum]]; außerdem wirkte Lyngstad als Hintergrundsängerin bei der Produktion des Songs ''[[Moviestar (Lied)|Moviestar]]'' von [[Harpo]] mit.<br /> <br /> Die dritte Gruppen-[[Schallplatte|LP]] mit dem schlichten Titel ''[[ABBA (Album)|ABBA]]'' erschien am 21. April 1975. Bis Jahresende wurden in Schweden 450.000 Exemplare verkauft, mehr als von jedem anderen Album zu dieser Zeit.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.326&quot;&gt;S. 326&lt;/ref&gt; Außerhalb Skandinaviens war es jedoch ein [[Warenrotation#Langsamdreher|Ladenhüter]] und es schien, als sei die internationale Karriere von ABBA schnell wieder beendet. Die zeitgleich veröffentlichte Single ''[[I Do, I Do, I Do, I Do, I Do]]'' erreichte zunächst lediglich in der Schweiz und Südafrika Platz 1 der [[Musikcharts|Hitparaden]]. Auf dem für Popgruppen sehr wichtigen und einflussreichen britischen Markt stießen jedoch weder die Singles noch das neue Album auf große Resonanz, da die Gewinner des „Grand Prix“ (Heute: Eurovision Song Contest) dort als [[One-Hit-Wonder]] galten.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.284&quot;&gt;S. 284&lt;/ref&gt; Währenddessen hatte ABBA auf ihrer Folkpark-Tournee durch Schweden im Sommer 1975 eine Vielzahl von Zusehern und stellte beispielsweise im Stockholmer Vergnügungspark [[Gröna Lund]] mit über 19.000 Zuschauern einen Besucherrekord auf.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.100&quot;&gt;S. 100&lt;/ref&gt; Parallel dazu erschien ''[[SOS (ABBA-Lied)|SOS]]'' als dritte Single aus dem Album. Dieser neuartige Poptitel erreichte unter anderem Platz 6 der britischen Charts sowie [[Liste der Nummer-eins-Hits in Deutschland (1975)|Platz 1]] in Deutschland und war sowohl vom Arrangement als auch von der Soundqualität für ABBA nun richtungweisend für ihre weiteren Songproduktionen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.316&quot;&gt;S. 316&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Neben den Fernsehauftritten, mit denen die Gruppe stets für ihre neuen Alben und Singles warb, wurden zu vier Liedern aus dem neuesten Album [[Musikvideo]]s produziert, die vor allem für die Ausstrahlung in Ländern außerhalb Europas gedacht waren. Als ''[[Mamma Mia (Lied)|Mamma Mia]]'' im August 1975 in der australischen Musiksendung ''Count Down'' gezeigt wurde, gingen beim Fernsehsender [[Australian Broadcasting Corporation|ABC]] zahlreiche Anrufe mit der Bitte um wiederholte Ausstrahlung ein.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 310f.&quot;&gt;S. 310&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Die Anfrage des australischen Plattenlabels [[RCA Records|RCA]] bei Polar Music für die Veröffentlichung der entsprechenden Single wurde zuerst abgelehnt, da Stig Anderson der Ansicht war, dass bereits genug Singles aus dem Album ausgekoppelt seien und diese das Album ''ABBA'' im Gesamten bewerben sollten. Die Veröffentlichung von zu vielen Singles würde nur bewirken, dass der Gewinn durch Alben zurückgehe, welche die Haupteinnahmequelle der Plattenfirma seien.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 311f.&quot;&gt;S. 311&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Die Anfragen von RCA sowie die immense Nachfrage des australischen Publikums ließen jedoch nicht nach, weswegen Polar Music letztendlich einer Singleveröffentlichung zustimmte.<br /> <br /> Durch das rasant gestiegene Interesse an der bis dahin unbekannten, schwedischen Gruppe erreichte ''I Do, I Do, I Do, I Do, I Do'' im Oktober 1975 die australische Chartspitze. Drei Wochen später löste ''Mamma Mia'' sie ab und belegte für zehn Wochen [[Liste der Nummer-eins-Hits in Australien (1975)|Platz 1]], wodurch sie zu einer der erfolgreichsten Singles des Jahres wurde.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;AU&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/australia.html |text=Australien |wayback=20170310180839}} (Zusammenfassung), siehe David Kent: ''AUSTRALIAN CHART BOOK 1970–1992'' (englisch), Australian Chart Book Pty. Ltd., 444 Seiten. ISBN 0-646-11917-6&lt;/ref&gt; In der Folge erschien ''Mamma Mia'' auch international und kam unter anderem in Deutschland und Großbritannien ebenfalls bis an die Spitze der Charts.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;DE&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/germany.html |text=Deutschland |wayback=20090707103811}} (Zusammenfassung), siehe [https://www.offiziellecharts.de/suche?artist_search=Abba&amp;do_search=do Offizielle Charts] und [http://www.chartsurfer.de/artist/abba/neu.html Chartsurfer]&lt;/ref&gt;&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;UK&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/uk.html |text=Großbritannien |wayback=20160620005906}} (Zusammenfassung), siehe [http://www.officialcharts.com/artist/8604/abba/ Official Charts] (Website der Official Charts Company)&lt;/ref&gt; Zudem veröffentlichte die Gruppe im November 1975 ihre erste [[Kompilation (Musik)|Kompilation]] mit dem Titel ''[[Greatest Hits (ABBA-Album)|Greatest Hits]]'', in einigen Ländern unter ''The Best of ABBA''. Dieses Album verhalf ABBA auch auf dem LP-Markt zum internationalen Durchbruch und wurde zu einem der größten Verkaufserfolge ihrer Karriere. Allein in Schweden hielt es die Spitzenposition der Albumcharts für acht Wochen und verkaufte sich fast 300.000 Mal.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;SE&quot; /&gt;&lt;ref name=&quot;BillboardSE&quot;&gt;[http://books.google.se/books?id=6CMEAAAAMBAJ&amp;pg=PT62&amp;dq=abba+sweden+billboard&amp;hl=de&amp;sa=X&amp;ei=EdQVVKvCMsSGywPdmIEw&amp;ved=0CCcQ6AEwAQ#v=onepage&amp;q=abba%20sweden%20billboard&amp;f=false Billboard-Magazin 1979] Spezial-Artikel ''ABBA 5 Years'' in der Billboard-Ausgabe vom 8. September 1979, abgerufen am 13. April 2017&lt;/ref&gt; In Großbritannien wurde es zum zweit-erfolgreichsten Album der [[1970er]], während es in Australien mit über einer Million verkauften Exemplaren einen neuen Verkaufsrekord aufstellte.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/weeksuk.html |text=ABBA Charts: United Kingdom – Additional Information |wayback=20170310181220}} End of Decade Charts (weiter unten), abgerufen am 13. April 2017&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://books.google.at/books?id=6CMEAAAAMBAJ&amp;pg=PT46&amp;dq=the+best+of+abba+platinum+billboard+australia&amp;hl=de&amp;sa=X&amp;ved=0ahUKEwjtqrXY3KHTAhVIsBQKHaQKAZ0Q6AEIHDAA#v=onepage&amp;q=the%20best%20of%20abba%20platinum%20billboard%20australia&amp;f=false Billboard Magazine 8. Sept. 1979] Abgerufen am 13. April 2017&lt;/ref&gt; 1981 war es in einer offiziellen Statistik von [[Polar Music]] mit über 7 Millionen Exemplaren das meistverkaufte Album der Gruppe.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.99&quot;&gt;S.&amp;nbsp;99&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Höhepunkt der internationalen Karriere (1976–1977) ===<br /> [[Datei:ABBA Schiphol 1976.jpg|mini|ABBA am Flughafen Amsterdam-Schiphol, 1976]]<br /> [[Datei:Abba 28011977 15 200.jpg|mini|Agnetha Fältskog in der Ekeberghall in [[Oslo]] am 28. Januar 1977]]<br /> Mit dem großen Erfolg von ''[[Mamma Mia (Lied)|Mamma Mia]]'' und ''[[Greatest Hits (ABBA-Album)|Greatest Hits]]'' begann 1976 die erfolgreichste Zeit von ABBA. Die große Popularität der Gruppe führte in Australien und Großbritannien zur [[Abbamania]] bzw. zum „ABBA-Fieber“.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.408&quot;&gt;S. 408&lt;/ref&gt; Als erste Single des Jahres veröffentlichte ABBA im März 1976 das neue Stück ''[[Fernando (Lied)|Fernando]]''. Dieser Song war zuvor mit schwedischem Text für Lyngstads [[Soloalbum]] ''Frida ensam'' („Frida allein“) geschrieben worden.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.50f.&quot;&gt;S. 50&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; In seiner englischen ABBA-Version wurde ''Fernando'' zu einem weltweiten Hit und verkaufte sich allein in Deutschland über 600.000 Mal.&lt;ref name=&quot;FernandoDE&quot;&gt;[https://books.google.at/books?id=pSQEAAAAMBAJ&amp;pg=PT117&amp;dq=abba+billboard+germany+fernando+sales&amp;hl=de&amp;sa=X&amp;ved=0CBsQ6AEwAGoVChMIucnzlsz7yAIVx7QUCh2vMwRI#v=onepage&amp;q=abba%20billboard%20germany%20fernando%20sales&amp;f=false Billboard 6. Nov 1976]&lt;/ref&gt; Dort hatte die Gruppe im selben Jahr vier Nummer-eins-Singles, was zuvor nur den Beatles gelungen war. Als eine der ersten Singles in Deutschland wurde ''Fernando'' vom [[Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft]] mit einer [[Goldene Schallplatte|Goldenen Schallplatte]] ausgezeichnet, während sie in Australien 14 Wochen hintereinander [[Liste der Nummer-eins-Hits in Australien (1976)|Platz 1]] belegte und zur bis dahin meistverkauften Single des Landes wurde.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;AU&quot; /&gt;<br /> <br /> Auch durch Promotionreisen und TV-Specials stieg die internationale Beliebtheit der Band. In Australien hatte die Fernsehshow ''The Best of ABBA'' bei ihrer Ausstrahlung eine Einschaltquote von 58 Prozent und damit mehr als die Übertragung der [[Apollo-Programm|Mondlandung 1969]].&lt;ref group=&quot;B&quot; name=&quot;S.184&quot;&gt;S. 184&lt;/ref&gt; Die deutsche TV-Sendung ''[[Musikladen]]'' widmete ABBA als einziger Band eine komplette Folge und in Schweden wurde das TV-Special ''ABBA-Dabba-Doo'' produziert, welche das Publikum zur besten Sendung 1976 kürte.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.14&quot;&gt;S.&amp;nbsp;14&lt;/ref&gt; Zahlreiche Fernsehauftritte in Europa, wie den britischen ''[[Top of the Pops]]'' oder der deutschen ''[[Disco (Fernsehsendung)|Disco]]'', warben für die Singles der Gruppe.<br /> <br /> Mehrmals reiste sogar ein australisches TV-Team nach Stockholm, um die vier Schweden zu interviewen. Mit der australischen Niederlassung des japanischen Elektrogeräteherstellers Panasonic, seinerzeit dort unter dem Markennamen [[Panasonic Corporation#National|National]] aktiv, schloss ABBA im Sommer 1976 einen Vertrag für eine umfangreiche [[Werbekampagne]], in der die vier Schweden als [[Testimonial]]s eingesetzt wurden. ABBA erhielt für diesen Werbevertrag laut Zeitungsberichten eine Million [[Australischer Dollar|australische Dollar]].&lt;ref name=&quot;Horowitz&quot;&gt;Peter Charley: [http://abbaphenomenon.abbaomnibus.net/archive/the_abba_album.htm THE ABBA ALBUM] Horowitz Publications, Januar 1977 (?)&lt;/ref&gt; Neben fünf verschiedenen [[Werbespot]]s, in denen ein Werbesong zur Melodie von ''Fernando'' zu hören ist, gab es auch [[Anzeige (Medien)|Anzeigen]], [[Prospekt (Werbung)|Prospekte]] und weitere [[Werbemittel]] mit Motiven der Bandmitglieder.&lt;ref&gt;[http://abbaphenomenon.abbaomnibus.net/national/natgallery.htm The ABBA Phenomenon in Australia] The National Gallery (englisch) Abgerufen am 8. September 2016&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 18. Juni 1976 führte ABBA in der [[Königliche Oper (Stockholm)|Königlichen Oper]] in Stockholm ihren neuen Titel ''[[Dancing Queen]]'' auf, der eigentlich seit Jahresbeginn fertig und bereits im deutschen TV präsentiert worden war. Es war der Vorabend der Hochzeit des schwedischen Königs [[Carl XVI. Gustaf|Carl Gustaf]] und seiner Verlobten [[Silvia von Schweden|Silvia Sommerlath]], auf dem sich die vier Mitglieder in [[Rokoko|spätbarocken]] Kostümen präsentierten. ''Dancing Queen'' erschien am 16. August 1976 auf dem Markt und wird häufig als der typische, eingängigste und populärste Disco-Poptitel der Gruppe bezeichnet. Auf dem [[Schallplattencover|Cover]] wurde erstmals das ABBA-Logo mit dem spiegelverkehrten „B“ verwendet. Auch diese Single avancierte zum [[Bestseller]] und verkaufte sich weltweit über 6 Millionen Mal.&lt;ref name=&quot;SuperSev&quot;&gt;[http://www.superseventies.com/1977_6singles.html ''Abba – Dancing Queen''] SuperSeventies.com, 1977&lt;/ref&gt; In Australien, Großbritannien und Schweden stieg sie innerhalb weniger Wochen auf die Spitzenposition und erreichte im April 1977 als erster und einziger ABBA-Titel [[Liste der Nummer-eins-Hits in den USA (1977)|Platz 1]] der US-Charts.&lt;ref&gt;[http://www.billboard.com/charts/hot-100/1977-04-09 billboard.com] The Hot 100 vom 9. April 1977, abgerufen am 4. August 2017&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 11. Oktober 1976 brachte die Gruppe das Album ''[[Arrival (Album)|Arrival]]'' auf den Markt, das allein in Australien 600.000 Mal vorbestellt war.&lt;ref name=&quot;Horowitz&quot; /&gt; Auch in Deutschland wurden bereits zum Verkaufsstart über 500.000 Stück an den Handel ausgeliefert, während [[Polen]] sein Kontingent von 800.000 Schallplatten mit „Westmusik“, die jährlich importiert werden durften, nur für dieses eine Album verwendete.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 347&quot;&gt;S. 347&lt;/ref&gt; Die Gruppe reiste sogar extra nach Polen, um für ''Arrival'' zu werben und produzierte ein eigenes TV-Special. In anderen [[Ostblock]]ländern war ABBA ebenfalls sehr beliebt und musikalisch erfolgreich. Jedoch hielt sich ihr kommerzieller Erfolg dort in Grenzen, da die jeweiligen Landeswährungen nur beschränkt konvertierbar waren. Durch weitere Promotionreisen in die USA, nach Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die Niederlande wurden die neuen Singles ''[[Money, Money, Money]]'' und ''[[Knowing Me, Knowing You]]'' ebenfalls zu internationalen Hits. In den Niederlanden hatte ABBA mittlerweile mehr Platten verkauft als jede andere Band zuvor.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.369&quot;&gt;S.&amp;nbsp;369&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die ABBA-Welttournee durch Europa und Australien wurde seit November 1976 vorbereitet und war bereits seit Monaten überall ausverkauft. Allein für die zwei Konzerte in der [[Royal Albert Hall]] in London am 14. Februar 1977 mit insgesamt 12.000 Plätzen gab es mehr als 3,5 Millionen Ticketanfragen.&lt;ref group=&quot;B&quot; name=&quot;S.233&quot;&gt;S. 233&lt;/ref&gt; Die Europatour begann am 28. Januar 1977 in Oslo und beinhaltete 16 weitere Konzerte in Schweden, Dänemark, Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Großbritannien vor über 84.000 Zusehern.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.360&quot;&gt;S.&amp;nbsp;360&lt;/ref&gt; Darunter waren auch weitere fünf Konzerte in Deutschland, u.&amp;nbsp;a. in Essen und Köln.&lt;ref&gt;[http://abbaplaza.com/site-en/TourDates.asp?IdTour=4&amp;IdLeg=4 ABBA Plaza] Konzertdaten (1977 EUROPEAN AND AUSTRALIAN TOUR)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In Australien erreichte die [[Abbamania]] ihren Höhepunkt: Die Gruppe gab innerhalb von neun Tagen insgesamt elf Konzerte in Sydney, Melbourne, Adelaide und Perth, die allesamt ausverkauft waren und 145.000 Zuschauer hatten. Dies entsprach damals 1 Prozent der australischen Bevölkerung und stellte die bis dahin größte Konzertreise des Landes dar.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.380&quot;&gt;S. 380&lt;/ref&gt; Da sechs [[Freiluftkonzert]]e darunter waren, verfolgten außerhalb der Absperrungen viele tausend weitere Zuseher die Auftritte. Daneben entstand unter der Regie von [[Lasse Hallström]] der Spielfilm ''[[ABBA – Der Film|ABBA − The Movie]]'', der ursprünglich nur eine Tourneedokumentation werden sollte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.379&quot;&gt;S.&amp;nbsp;379&lt;/ref&gt; Neben der Haupthandlung um den Reporter Ashley sind daher viele Konzertmitschnitte aus Australien und Eindrücke der dort herrschenden [[Massenhysterie|Fanhysterie]] zu sehen.<br /> <br /> Als die Band nach ihrer Tournee nach Schweden zurückkehrte, widmeten sich die Musiker vor allem weiteren Dreharbeiten sowie der Komposition neuer Lieder. Aufgrund ihrer vielfachen Verpflichtungen waren sie einem zunehmenden Zeitdruck ausgesetzt. Fältskog arbeitete trotz ihrer zweiten Schwangerschaft bis zu zwölf Stunden täglich, was im Sommer 1977 beinahe zu einer Fehlgeburt führte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.413f.&quot;&gt;S. 413&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Die Arbeiten am fünften ABBA-Album verzögerten sich daher für einige Wochen. Als erstes Lied der neuen Platte wurde im Oktober 1977 ''[[The Name of the Game]]'' veröffentlicht, das als sechste ABBA-Single die britische Chartspitze erreichte.<br /> <br /> ''[[ABBA – The Album]]'' erschien am 12. Dezember 1977 zunächst in Skandinavien. Während ''Arrival'' ein typisches Pop-Album mit Disco-Klängen war, waren auf der neuen LP überwiegend „reifere“ Songs zu hören.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.52ff.&quot;&gt;S. 52 ff.&lt;/ref&gt; In der Umgebung Stockholms wurden vier Presswerke beauftragt, um insgesamt 760.000 Exemplare des Albums herzustellen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.423&quot;&gt;S. 423&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; Die Weltpremiere von ''[[ABBA – Der Film|ABBA – The Movie]]'' fand am 15. Dezember 1977 in den australischen Städten [[Sydney]] und [[Perth]] statt, an dem auch ihr Manager Stig Anderson teilnahm. Die Begeisterung für ABBA hatte in Australien allerdings merklich nachgelassen, weswegen der Film keine großen Einnahmen an den Kinokassen erzielte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.427&quot;&gt;S. 427&lt;/ref&gt; Europapremiere war am 26. Dezember 1977 in Stockholm.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.426&quot;&gt;S. 426&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Promotionreisen und erste private Krisen (1978) ===<br /> Zu Beginn des Jahres 1978 zog sich vor allem Fältskog vermehrt aus der Öffentlichkeit zurück. Das große mediale Interesse am neuen ABBA-Album machte aufwändige Promotiontouren nicht notwendig, sodass die Band erst im Februar 1978 nach Großbritannien reiste, um der Premiere von ''ABBA − The Movie'' beizuwohnen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.437&quot;&gt;S. 437&lt;/ref&gt; Die Single ''[[Take a Chance on Me]]'' und ''[[ABBA – The Album]]'' belegten mittlerweile beide die Spitze der britischen Charts und wurden mit Platin ausgezeichnet.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;UK&quot; /&gt;&lt;ref name=&quot;bpi&quot;&gt;[https://www.bpi.co.uk/brit-certified/ British Phonographic Industry] Datenbank&lt;/ref&gt; Im Anschluss unternahm ABBA auch eine Promotiontour nach Deutschland, wo das Album mit [[Goldene Schallplatte|Gold]] ausgezeichnet wurde.&lt;ref name=&quot;musikindustrie&quot;&gt;[http://www.musikindustrie.de/ Bundesverband Musikindustrie] Datenbank&lt;/ref&gt; Als letzte Single aus dem Album erschien im Mai 1978 ''[[Eagle (Lied)|Eagle]]'', dessen Spieldauer für diese Veröffentlichung auf eine „radiofreundliche“ Länge reduziert wurde. Zur selben Zeit befand sich die Ehe von Fältskog und Ulvaeus bereits in einer schweren Krise. Die Spannungen führten auch zu lautstarken Auseinandersetzungen der beiden im Aufnahmestudio, was die Zusammenarbeit massiv erschwerte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.445&quot;&gt;S. 445&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Trotz der schwierigen Situation innerhalb der Band reiste ABBA Ende April 1978 für zwei Wochen in die USA. Nachdem drei Promotionreisen in den vergangenen Jahren hier nicht den gewünschten Durchbruch gebracht hatten, arbeitete Stig Anderson zusammen mit [[Atlantic Records]] eine 500.000 US-Dollar teure Werbekampagne aus.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.438&quot;&gt;S. 438&lt;/ref&gt; Am [[Sunset Strip]] in Los Angeles wurde eine Reklametafel angebracht, die ABBA als umsatzstärkste Band in der Geschichte der Studiomusik anpries. Zudem trat die Gruppe in einer Show mit [[Olivia Newton-John]] und [[Andy Gibb]] auf, wo sie eine [[Jam-Session]] abhielt und einige ihrer Songs präsentierte. Besonders ''Take a Chance on Me'' profitierte davon, erreichte Platz 3 der [[Billboard Hot 100]] und wurde mit Gold ausgezeichnet.&lt;ref name=&quot;riaa&quot;&gt;{{Literatur |Titel=Gold &amp; Platinum – RIAA |Sammelwerk=RIAA |Datum= |Online=https://www.riaa.com/goldandplatinumdata.php?content_selector=gold-platinum-searchable-database |Abruf=2018-08-05}}&lt;/ref&gt; Auch die beiden Alben ''[[Greatest Hits (ABBA-Album)|Greatest Hits]]'' und ''[[ABBA – The Album]]'' stiegen in die US-Charts ein und erreichten Platin-Status.&lt;ref name=&quot;riaa&quot; /&gt; Zwischen Mai 1977 und Mai 1978 erwirtschaftete [[Polar Music]] hauptsächlich mit ABBA einen Gewinn von 50 Millionen [[Schwedische Krone|Kronen]], was laut [[Billboard (Magazin)|Billboard-Magazin]] umgerechnet 12 Millionen $ entsprach.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.465&quot;&gt;S. 465&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://books.google.at/books?id=6CMEAAAAMBAJ&amp;pg=PT64&amp;dq=abba+billboard+profit+in+1977-78&amp;hl=de&amp;sa=X&amp;ved=0ahUKEwidofmVksDMAhWDJcAKHbCNBcEQ6AEIHDAA#v=onepage&amp;q=abba%20billboard%20profit%20in%201977-78&amp;f=false Billboard Magazine] Ausgabe vom 8. September 1979, abgerufen am 4. Mai 2016&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 18. Mai 1978 eröffneten die Polar Music Studios in der Eriksgatan in Stockholm.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.34 f.&quot;&gt;S. 34 f.&lt;/ref&gt; Nachdem die bisherigen Aufnahmen für ihr nächstes Album wenig zufriedenstellend verlaufen waren, bot sich der Band nun ein beständiges Arbeitsumfeld. Seit Jahresbeginn waren mehrere Songs komponiert und produziert, viele davon aber auch wieder verworfen worden.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.455&quot;&gt;S. 455&lt;/ref&gt; Auch die Eheprobleme von Fältskog und Ulvaeus überschatteten die Aufnahmen. Im Sommer 1978 unternahmen sie eine Paartherapie, die aber keine Änderung der Situation bewirkte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.446f&quot;&gt;S.&amp;nbsp;446f.&lt;/ref&gt; Der Öffentlichkeit gegenüber traten die beiden zunächst weiterhin als Paar auf. Im September 1978 wurde ''[[Summer Night City]]'' als erster Song der Aufnahmesessions veröffentlicht. Diese Single erreichte aber nicht die aus den vergangenen Jahren gewohnten Charterfolge, so dass der Song auch nicht für die geplante LP berücksichtigt wurde. [[Gerald B. Greenberg|Jerry Greenberg]], der zuständige Manager bei [[Atlantic Records]], wollte die Single in den USA erst gar nicht veröffentlichen, so lange kein Album angekündigt wurde.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.442&quot;&gt;S. 442&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 6. Oktober 1978 heirateten Lyngstad und Andersson nach neunjähriger Verlobung. Einen Monat später unternahm ABBA eine weitere [[Musikpromotion|Promotionreise]] nach Japan, wo neben Fernsehauftritten, Radio- und Fernsehinterviews ein eigenes TV-Special gedreht wurde, das die Popularität der Band in Japan erhöhte. Bis zum Erscheinen ihres nächsten Albums wurden in Japan mehr als 5 Millionen ABBA-Tonträger verkauft.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 448f.&quot;&gt;S. 448&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Am 25. Dezember 1978 verließ Fältskog mit ihren Kindern die gemeinsame Villa mit Ulvaeus und zog in das nahegelegene Gästehaus von Polar Music.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.451&quot;&gt;S. 451&lt;/ref&gt; Vorerst hatte die private Trennung von Ulvaeus und Fältskog aber keine Auswirkungen auf den Fortbestand der Gruppe.<br /> <br /> === Neue Welthits und letzte große Erfolge (1979–1980) ===<br /> [[Datei:ABBA Switzerland 1979 001.jpg|mini|Musikvideo “Chiquitita” (1979)]]<br /> [[Datei:ABBA Edmonton 1979 001.jpg|mini|ABBA am 13. September 1979 in [[Edmonton]]]]<br /> Am 8. Januar 1979 stellte die Gruppe im Rahmen einer [[UNICEF]]-Gala in [[New York City|New York]] ihren neuen Song ''[[Chiquitita]]'' offiziell vor, der eine Woche später als Single veröffentlicht wurde. Da viele Kritiker bereits nicht mehr an eine erfolgreiche Fortsetzung der ABBA-Karriere glaubten, war es für die Gruppe zu diesem Zeitpunkt enorm wichtig, wieder einen Welthit zu veröffentlichen. Aufgrund seines lateinamerikanischen Einflusses nahm ABBA ''Chiquitita'' auch mit spanischem Text auf. Diese Version wurde zu einem der größten Hits Lateinamerikas bis dahin und verkaufte sich allein in Argentinien über 500.000 Mal.&lt;ref&gt;ABBA 5 YEARS in [https://books.google.at/books?id=6CMEAAAAMBAJ&amp;pg=PT30&amp;lpg=PT30&amp;dq=abba+billboard+argentina&amp;source=bl&amp;ots=AdQBRjjSHm&amp;sig=yyCP1PStbC0nNwOzmtSLrY7teT4&amp;hl=de&amp;sa=X&amp;ved=0CCEQ6AEwAGoVChMIuK6Ysr3xyAIVAxsPCh3Xxwvj#v=onepage&amp;q=abba%20billboard%20argentina&amp;f=false Billboard Magazine] 8. September 1979&lt;/ref&gt; Auch in vielen europäischen Ländern wurde der Song ein Hit, so beispielsweise in Spanien, wo die Single [[Liste der Nummer-eins-Hits in Spanien (1979)|Platz 1]] erreichte und für 100.000 verkaufte Stück mit einer [[Goldene Schallplatte|Goldenen Schallplatte]] ausgezeichnet wurde. Die gesamten Einnahmen aus dem Verkauf dieser Single spendete ABBA an UNICEF, die seither auch Inhaber der Lizenzrechte an diesem Lied ist.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S. 66&quot;&gt;S. 66&lt;/ref&gt; Bis 2004 brachte es der Organisation schätzungsweise eine Million Pfund ein.&lt;ref&gt;[https://abbasite.com/articles/the-chiquitita-story/ The Chiquitita Story]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Februar 1979 reiste ABBA für einige Tage in die Schweiz um das Fernsehspecial ''ABBA in Switzerland'' zu drehen, wobei u.&amp;nbsp;a. ein Musikvideo für ''Chiquitita'' entstand. Die Gruppe stellte im Rahmen der Bühnenauftritte auch einige Lieder ihres neuen Albums ''[[Voulez-Vous (Album)|Voulez-Vous]]'' vor. Die neue LP erschien am 23. April 1979 und enthielt acht Lieder, die vom Arrangement schon weitgehend den damaligen [[Disco (Musik)|Disco]]-Songs entsprachen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.459f.&quot;&gt;S. 459&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Neben ''Chiquitita'' befand sich mit ''[[I Have a Dream (Lied)|I Have a Dream]]'' lediglich eine weitere [[Ballade (Unterhaltungsmusik)|Ballade]] auf der Titelliste. Im Laufe des Jahres wurden drei Singles aus dem Album ausgekoppelt, darunter ''[[Does Your Mother Know]]'' und ''[[Voulez-Vous (Lied)|Voulez-Vous]]'', die in mehreren Ländern weltweit in die Top 10 der Charts gelangten. Das Album erreichte neben Schweden und Großbritannien auch in Japan die Spitze der Albumcharts.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;JP&quot; /&gt; Im Herbst 1979 erschien außerdem die Kompilation ''[[Greatest Hits Vol. 2 (ABBA-Album)|Greatest Hits Vol. 2]]'', einhergehend mit der neuen Single ''[[Gimme! Gimme! Gimme! (A Man After Midnight)]]'', die in sechs Ländern die Charts anführte.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt;<br /> <br /> Im Spätsommer 1979 begab sich ABBA auf eine weitere große Tournee mit sehr aufwändiger Bühnenkulisse, die sie zunächst nach Nordamerika und Europa führte. Sie begann am 13. September 1979 in [[Edmonton]] (Kanada) vor 15.000 Zuschauern und umfasste 25 Songs, hauptsächlich von ihren Alben ''Arrival'', ''The Album'' und ''Voulez-Vous''.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.472f.&quot;&gt;S. 472&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Während dieser Tournee kam es zu einem folgenschweren Zwischenfall: Am 3. Oktober 1979 flog die Gruppe von New York nach [[Boston]] und geriet dabei in schwerste Unwetter, sodass das Flugzeug beinahe abgestürzt wäre. Es landete in der US-amerikanischen Stadt [[Manchester (New Hampshire)|Manchester]] und die Gruppe setzte die Reise in einem [[Van (Automobil)|Van]] fort, wodurch das Konzert in Boston erst mit 90-minütiger Verspätung beginnen konnte. Obwohl Fältskog, die seit Jahren unter [[Flugangst]] litt, abends auf der Bühne stand, war sie am nächsten Tag noch so traumatisiert, dass das nächste Konzert in Washington D.C. abgesagt werden musste. Auch an einem Empfang im [[Weißes Haus|Weißen Haus]] am 5. Oktober 1979 konnte Fältskog aufgrund der Nachwirkungen ihrer Angstattacke nicht teilnehmen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.478f.&quot;&gt;S. 478&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Mitte Oktober startete die dritte Europatournee von ABBA in [[Göteborg]] in Schweden und führte sie für weitere fünf Konzerte auch nach Deutschland, darunter Dortmund und Böblingen bei Stuttgart.&lt;ref&gt;[http://abbaplaza.com/site-en/TourDates.asp?IdTour=5&amp;IdLeg=7 ABBA Plaza] Konzertdaten (1979 NORTH AMERICAN AND EUROPEAN TOUR)&lt;/ref&gt; Die Tournee endete am 15. November 1979 mit dem Abschlusskonzert in Dublin und war in fast 40 Konzerten, die während der beiden Abschnitte stattgefunden hatten, von über 300.000 Zuschauern verfolgt worden.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 482&quot;&gt;S. 482&lt;/ref&gt; Die insgesamt sechs Konzerte in der [[Wembley Arena]] in London wurden überdies gefilmt und für die Dokumentation ''ABBA In Concert'' zusammengeschnitten. Ein Mitschnitt des kompletten Konzerts vom 10. November 1979 wurde 2014 unter dem Titel ''[[ABBA Live at Wembley Arena]]'' als Doppel-CD veröffentlicht. Im März 1980 unternahm die Gruppe noch eine Tournee durch Japan, wo sie u.&amp;nbsp;a. sechsmal im [[Nippon Budōkan]] in Tokio auftraten. Die insgesamt elf ausverkauften Konzerte wurden von mehr als 100.000 Zuschauern verfolgt.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.489&quot;&gt;S. 489&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Anfang 1980 reisten Andersson und Ulvaeus nach [[Barbados]] und begannen im Zuge dessen auch Lieder für ein neues Album zu komponieren.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.486f.&quot;&gt;S. 486–488&lt;/ref&gt; Währenddessen nahmen Fältskog und Lyngstad acht weitere ABBA-Songs mit spanischen Texten auf, nachdem 1979 auch ''[[I Have a Dream (Lied)|I Have a Dream]]'' in seiner spanischen Fassung (''Estoy soñando'') veröffentlicht worden war und sich wie ''Chiquitita'' sehr gut in spanischsprachigen Ländern verkauft hatte. Im Juni 1980 erschien das Album ''[[Gracias por la música]]'', das insbesondere für den lateinamerikanischen Markt hergestellt worden war und alle zehn bis dahin aufgenommenen Lieder der Gruppe mit spanischen Texten enthielt. Obwohl Ulvaeus und Andersson an diesem Projekt nur wenig beteiligt waren, wurde das Album ein großer Erfolg. Es erreichte in Argentinien, Mexiko und Spanien die Top Five der Albumcharts und kam in Japan in die Top 30.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt;<br /> <br /> Die Aufnahmen für das nächste Album ''[[Super Trouper (Album)|Super Trouper]]'' begannen im Februar 1980 und gingen vergleichsweise zügig voran. Bereits im Juli 1980 erschien mit ''[[The Winner Takes It All]]'' die erste Single aus diesen [[Take (Musik)|Sessions]] und wurde in 21 Ländern zum Top-Ten-Hit, darunter auch in den USA.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt; Der Song wird oft zu den ABBA-Songs mit dem besten Text gezählt, obwohl der Songschreiber Björn Ulvaeus laut eigenen Angaben lediglich eine Stunde dafür benötigt hatte.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S. 70ff.&quot;&gt;S. 70&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; Fältskog und Ulvaeus wurden am 2. Juli 1980 offiziell geschieden.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.497&quot;&gt;S. 497&lt;/ref&gt; Das neue Album wurde am 3. November 1980 veröffentlicht und war allein in Großbritannien 1 Million Mal vorbestellt, was es letztlich zum meistverkauften Album des Jahres machte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.502&quot;&gt;S. 502&lt;/ref&gt; Der Titel bestand bereits, als die Idee des gleichnamigen Liedes noch nicht aufgekommen war.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 499&quot;&gt;S. 499&lt;/ref&gt; Bis Jahresende wurden weltweit 4 Millionen Exemplare der LP verkauft.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.502&quot; /&gt; Auch die Single ''[[Super Trouper (Lied)|Super Trouper]]'' war in vielen Ländern ein Nummer-eins-Hit, darunter in Deutschland und Großbritannien.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;DE&quot; /&gt;&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;UK&quot; /&gt;<br /> <br /> === Ende der aktiven Zeit (1981–1982) ===<br /> Nachdem die Scheidung von Fältskog und Ulvaeus im Juli 1980 rechtskräftig geworden war, trennten sich im Februar 1981 auch Lyngstad und Andersson.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.506&quot;&gt;S. 506&lt;/ref&gt; Dennoch wollten die vier Mitglieder ihre gemeinsamen Projekte nicht aufgeben und so begann ABBA im März 1981 die Aufnahmen zu ihrem achten und für 40 Jahre letzten Album ''[[The Visitors]]''. Bereits im April 1981 wurden in einem TV-Special mit dem US-amerikanischen Moderator [[Dick Cavett]] zwei neue Songs aus den Sessions vorgestellt. Die LP erschien schließlich am 30. November 1981 und beinhaltete neun Stücke, mit denen die Gruppe ihren Musikstil deutlich weiterentwickelt hatte. Die Songs klingen zum Teil schwermütig und düster; die Texte sind tiefgründig, erzählen von Abschiedsschmerz und Kriegsangst.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.77f&quot;&gt;S. 77–85&lt;/ref&gt; Selbst die Lieder mit fröhlicheren Elementen haben einen melancholischen Unterton. Kein Lied auf dem Album wurde von Fältskog und Lyngstad durchgängig gemeinsam gesungen, lediglich im Refrain der Lieder sind beide zu hören. Mit ''Like an Angel Passing Through My Room'' wurde erstmals ein Song komplett von Lyngstad allein gesungen. Mit der Single ''[[One of Us (ABBA-Lied)|One of Us]]'' konnte sich ABBA überdies ein letztes Mal in den britischen Top Five und an der deutschen Chartspitze platzieren. Das Album ''The Visitors'' war eine der ersten [[Compact Disc Digital Audio|Audio-CDs]] in der Musikgeschichte.&lt;ref&gt;{{Literatur |Titel=Die Musik im Zeitalter des «Copy and Paste» {{!}} NZZ |Sammelwerk=Neue Zürcher Zeitung |Datum=2007-08-24 |ISSN=0376-6829 |Online=https://www.nzz.ch/digital/die_musik_im_zeitalter_des_copy_and_paste-1.545063 |Abruf=2018-08-05}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Januar 1982 unterstützte ABBA zusammen mit Künstlern wie [[Paul McCartney]] und [[Frank Sinatra]] sowie hochrangigen Politikern wie dem damaligen US-Präsidenten [[Ronald Reagan]], der britischen Premierministerin [[Margaret Thatcher]] und dem damaligen deutschen Bundeskanzler [[Helmut Schmidt]] die Initiative ''Let Poland be Poland'', die im Rahmen einer Benefiz-Gala vom amerikanischen Fernsehen in über 40 Länder übertragen wurde.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.523f&quot;&gt;S. 523&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Dabei wurden die kommunistischen Staatsführungen der Volksrepublik [[Polen]] und der [[Sowjetunion|UdSSR]] u.&amp;nbsp;a. für ihre [[Unterdrückung|Repressionen]] gegen die polnische Freiheits- und Streikbewegung [[Solidarność]] kritisiert. Andersson erwähnte in seiner Botschaft indirekt auch Unterdrückungen in [[El Salvador]] durch die US-Regierung, die aus dem fertigen Beitrag aber kurzfristig herausgenommen wurde.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.524&quot;&gt;S. 524&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Frühjahr 1982 ging ABBA ein weiteres Mal als Gruppe ins Studio, um ein neues Album aufzunehmen. Doch schnell verließ die vier die Lust an dem Projekt. Vor der Sommerpause waren lediglich drei Stücke aufgenommen: ''Just Like That'', ''You Owe Me One'' und ''I Am the City''. In diesen Aufnahmen kam ihr bisheriger Musikstil wieder mehr zum Ausdruck, es gab mehr gemeinsame Liedpassagen, und die Stücke waren alle wieder etwas fröhlicher.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.525&quot;&gt;S. 525&lt;/ref&gt; Parallel dazu nahm Lyngstad ihr erstes englisches Soloalbum ''Something’s Going On'' mit [[Phil Collins]] als Produzent auf, Fältskog spielte in dem schwedischen Film ''Raskenstam'' mit und Andersson und Ulvaeus planten, gemeinsam ein weiteres Musical zu komponieren. Immer häufiger wurde in den Medien nun über eine bevorstehende Trennung der Gruppe spekuliert, was die vier Bandmitglieder zu diesem Zeitpunkt aber stets dementierten.<br /> <br /> {{Zitat<br /> |Text=Auch wenn die einzelnen ABBA-Mitglieder von Zeit zu Zeit ihre eigenen Projekte haben, besteht keine Absicht, die Gruppe aufzulösen.<br /> |Autor=Presseerklärung vom 14. Juni 1982 (Görel Hanser)&lt;ref&gt;Originaltext: “Even if the ABBA members from time to time are doing things on their own, there is no intention whatsoever to break up the Group” − {{Internetquelle |autor=Görel Hanser |url=http://www.abbaannual.com/PressRelease09.htm |titel=Press Release 9 |werk=Abba Annual Homepage |datum=1982-06-14 |sprache=en |abruf=2009-03-14}}&lt;/ref&gt;}}<br /> <br /> So trafen sich die vier Mitglieder im August 1982 noch einmal im Studio, um weitere Songs aufzunehmen. Von den drei neuen Stücken wurden ''[[The Day Before You Came]]'' und ''[[Under Attack]]'' als Singles und auf dem Album ''[[The Singles – The First Ten Years]]'' veröffentlicht, das im November 1982 erschien. Die Stücke ''Cassandra'' und ''You Owe Me One'' wurden als B-Seiten der beiden Singles genutzt. Am 6. November 1982 waren die vier ABBA-Mitglieder in der britischen Fernsehsendung ''The Late Late Breakfast Show'' von [[Noel Edmonds]] zu Gast und wurden im Interview nach ihren Lieblingsliedern gefragt. Fältskog nannte ''Fernando'', Lyngstad ''Dancing Queen'', Andersson ''Chiquitita'' und Ulvaeus ''The Winner Takes It All''. In einem späteren Interview sagte Fältskog, dass rückblickend betrachtet ''The Winner Takes It All'' ihr Lieblingslied von ABBA sei. In der gleichen Sendung verneinten Andersson und Ulvaeus die Frage nach einer möglichen Trennung der Band, über die bereits in mehreren Zeitungen spekuliert wurde.<br /> <br /> ABBAs erster und einziger Live-Auftritt im westdeutschen Fernsehen am 11. November 1982 im ''[[Show-Express]]'' mit [[Michael Schanze]] war der letzte gemeinsame Bühnenauftritt in Deutschland und der vorletzte Bühnenauftritt überhaupt. Ein bereits zwei Jahre zuvor geplanter Auftritt im ''Showexpress'' hatte wegen einer Entführungsdrohung an die ABBA-Mitglieder kurzfristig abgesagt werden müssen und war durch eine 20-minütige Live-Schaltung nach Schweden ersetzt worden.<br /> <br /> Am 11. Dezember 1982 trat ABBA mit den Liedern ''[[I Have a Dream (Lied)|I Have a Dream]]'' und ''[[Under Attack]]'' in ''The Late Late Breakfast Show'' ein letztes Mal gemeinsam als Gruppe auf. Allerdings waren sie in einem Studio in Stockholm und wurden via Satellit live zugeschaltet.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.529f&quot;&gt;S. 529&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Im Interview kündigten die Künstler „eine Pause“ für ABBA an, was rückblickend jedoch lange Zeit als die Trennung der Band angesehen wurde. Denn nach 1982 arbeiteten die Mitglieder an eigenen Musik-Projekten: Lyngstad (jetzt als Frida) und Fältskog nahmen englischsprachige Soloalben auf, Ulvaeus und Andersson schrieben die Musicals ''[[Chess (Musical)|Chess]]'' (Texte von [[Tim Rice]]) und ''[[Kristina från Duvemåla]]''. Offiziell wurde die Band jedoch nicht aufgelöst.<br /> <br /> === „Pause“ ab 1983 ===<br /> Seit ihrer Trennung kamen regelmäßig Gerüchte über eine mögliche Wiedervereinigung der Band auf, die von den ehemaligen Mitgliedern jahrzehntelang immer wieder kategorisch ausgeschlossen wurde, obwohl sie in den ersten Jahren nach dem letzten Auftritt weiterhin stets von einer „Pause“ sprachen. So gab Fältskog schon im Mai 1983 in der britischen Fernsehsendung ''Breakfast Time'' an, dass ABBA momentan pausiert, jedoch weiter zusammenarbeiten würde. 1984 waren Lyngstad, Ulvaeus und Andersson in der deutschen Fernsehsendung ''[[Na sowas!]]'' zu Gast, wobei auch Ulvaeus im Interview betonte, dass die vorübergehende Trennung der Gruppe lediglich eine Pause sei, sie allerdings nicht wüssten, wie lange diese Pause sein würde.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://www.abbaontv.com/1984/description-na-sowas-extra.html |text=ABBAonTV |wayback=20160208135724}} Description “Na Sowas! − Extra”, abgerufen am 8. Februar 2016&lt;/ref&gt; 1985 lehnte die Gruppe eine Wiedervereinigung für einen gemeinsamen Auftritt beim [[Live Aid|Live-Aid]]-Konzert im Juli 1985 ab, das von dem Musiker [[Bob Geldof]] aus Anlass einer akuten [[Hungersnot in Äthiopien 1984–1985|Hungersnot in Äthiopien]] organisiert wurde.<br /> <br /> Im Januar 1986 sang ABBA in der schwedischen Fernseh-Show ''Här Ar Ditt Liv'', die ihrem früheren Manager [[Stikkan Anderson|Stig Anderson]] gewidmet war, den ersten von ihm produzierten Hit ''Tivedshambo''. Dieser Auftritt wurde im Dachgeschoss der Polar-Music-Büros in Stockholm gedreht und ist der bisher letzte gemeinsame Fernsehauftritt von ABBA.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.20&quot;&gt;S. 20&lt;/ref&gt; Im August 1986 brachte Polar Music das Album ''[[ABBA Live]]'' auf den Markt, dessen Songs u.&amp;nbsp;a. auf der Australien-Tour 1977, auf der Welttour 1979 und in der Fernsehshow ''Dick Cavett meets Abba'' Ende April 1981 aufgenommen worden waren. Für das [[Livealbum]] gab es jedoch keine Promotiontermine mit den früheren Bandmitgliedern, was zu seinem kommerziellen Misserfolg beitrug.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.568&quot;&gt;S. 568&lt;/ref&gt; Trotzdem führte die Veröffentlichung weltweit zu vielfältigen Spekulationen über eine unmittelbar bevorstehende Wiedervereinigung der Gruppe. Gegen Ende der 1980er waren viele ABBA-Tonträger vergriffen und wurden aufgrund des weitgehend veränderten Musikgeschmacks nicht mehr produziert.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.102&quot;&gt;S.&amp;nbsp;102&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> [[Datei:ABBA- The Museum-3.jpg|mini|Puppen aus ''The Last Video Ever'' (2004) im [[ABBA The Museum|ABBA-Museum]] in Stockholm]]<br /> Zu Beginn des Jahres 2000 berichtete die schwedische Boulevardzeitung ''[[Aftonbladet]]'', dass ABBA von einem amerikanischen Konsortium ein Angebot über eine Milliarde US-Dollar für eine Welttournee mit 100 Konzerten erhalten und abgelehnt habe.&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/kultur/musik/abba-mamma-mia-nicht-fuer-eine-milliarde-dollar-a-62663.html ''Abba: „Mamma Mia“ nicht für eine Milliarde Dollar''] auf Spiegel Online am 2. Februar 2000.&lt;/ref&gt;&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.606&quot;&gt;S. 606&lt;/ref&gt; Am 6. April 2004 – dem 30. Jahrestag des „Grand-Prix“-Sieges mit dem Lied ''Waterloo'' und dem fünften Jahrestag der Musicalaufführung von ''Mamma Mia!'' in London – wurden die vier Musiker zu einer Jubiläumsfeier im [[Prince Edward Theatre]] eingeladen. Es kamen aber nur Lyngstad, Andersson und Ulvaeus. Fältskog hatte ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt. Nach der Musical-Vorstellung gingen die drei Bandmitglieder auf die Bühne und bekamen von [[Vivendi#Universal Music Group|Universal Music]] eine symbolische Auszeichnung für die Vielzahl verkaufter ABBA-Tonträger überreicht. Wenige Tage zuvor hatte während der Live-Übertragung der Vorausscheidung zum [[Eurovision Song Contest 2004|Eurovision Song Contest]] ein mit [[Karikatur]]-Puppen dargestelltes Video ''(ABBA – The Last Video Ever)'' Weltpremiere. Obwohl es keinen gemeinsamen Aufnahmetermin gab, sind durch die eingesetzte Produktionstechnik alle vier ehemaligen Bandmitglieder auch wenige Sekunden als Real-Personen im Film zu sehen.&lt;ref&gt;[https://vimeo.com/43338125 ''Abba – The Last Video Ever'']&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im März 2010 erschienen Lyngstad und Andersson zur Aufnahme von ABBA in die [[Rock and Roll Hall of Fame]] im [[Waldorf Astoria]] in New York. In seiner Rede antwortete Andersson auf die Frage der ''[[The Times|Times]]'', ob die Gruppe vor einem ausgewählten Publikum live auftreten würde, mit: „Klar, warum eigentlich nicht?“&lt;ref&gt;[http://www.bild.de/unterhaltung/musik/sprechen-von-comeback-hoffnung-fuer-fans-11988030.bild.html Bild.de] ''Für eine exklusive Show − Comeback für Abba?'' Artikel vom 26. März 2010, abgerufen am 7. August 2015&lt;/ref&gt; Dies führte erneut zu Spekulationen um ein ABBA-Comeback, insbesondere im Zusammenhang mit der Hochzeit der schwedischen [[Victoria von Schweden|Kronprinzessin Victoria]].&lt;ref&gt;[http://www.abendblatt.de/vermischtes/article1534379/Dancing-Queen-Victoria-Spekulationen-um-Abba-Auftritt.html ''„Dancing Queen“ Victoria? – Spekulationen um Abba-Auftritt''.] [[Hamburger Abendblatt]], 16. Juni 2010, zuletzt abgerufen am 29. September 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/spekulationen_um_abba-auftritt_bei_schwedischer_koenigshochzeit_1.6121156.html ''Spekulationen um ABBA-Auftritt bei schwedischer Königshochzeit''.] [[Neue Zürcher Zeitung]] Online, 16. Juni 2010, zuletzt abgerufen am 29. September 2010.&lt;/ref&gt; Genau 34 Jahre zuvor hatte ABBA zu Ehren von [[Silvia von Schweden|Königin Silvia]] ihren Hit ''Dancing Queen'' im schwedischen Fernsehen aufgeführt. Im selben Jahr sagte auch Fältskog in einem Interview, „eine Wiedervereinigung zu einer einmaligen Gelegenheit, vielleicht für einen guten Zweck, ist etwas, was wir meiner Meinung nach alle erwägen könnten.“&lt;ref&gt;[http://www.bild.de/unterhaltung/musik/abba/comeback-gemeinsam-auf-der-buehne-wiedervereinigung-denkbar-15223560.bild.html Bild.de] ''ABBA wieder gemeinsam auf der Bühne?'' Artikel vom 29. Dezember 2010, abgerufen am 7. August 2015&lt;/ref&gt;<br /> <br /> 2011 wurde erneut über einen möglichen Auftritt bei der [[Hochzeit von William Mountbatten-Windsor und Catherine Middleton|Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton]] spekuliert.&lt;ref&gt;[http://www.femalefirst.co.uk/royal_family/ABBA-54139.html FemaleFirst.co.uk] ''ABBA to perform at royal wedding?'' Artikel vom 28. Dezember 2010, abgerufen am 7. August 2015&lt;/ref&gt; Der ''[[Welt am Sonntag]]'' gegenüber sagte Fältskog im November 2013 auf die Frage, ob es anlässlich des 40-Jahre-Jubiläums des Sieges beim Eurovision Song Contest 1974 Pläne für eine Wiedervereinigung gibt: „Ich weiß, dass es einige Pläne gibt.“ (“I know, there are some plans going on.”)&lt;ref&gt;[https://www.welt.de/kultur/pop/article121769655/Abba-ist-ein-grosser-Teil-von-uns-allen.html Welt.de] Martin Scholz: ''„Abba ist ein großer Teil von uns allen“'' (deutsch) Artikel vom 11. November 2013, abgerufen am 3. Oktober 2014.&lt;/ref&gt; Am 14. Dezember 2013 war Björn Ulvaeus bei ''[[Wetten, dass..?]]'' zu Gast. Auf die Frage der Co-Moderatorin [[Michelle Hunziker]], ob er noch Kontakt zu den anderen Gruppenmitgliedern habe, antwortete er, sie hätten sich zwei Wochen zuvor getroffen und über eine Wiedervereinigung geredet: „Aber leider [gibt es] keine Wiedervereinigung. Ich möchte, dass die Leute uns als die junge, dynamische Gruppe in Erinnerung behalten, die wir einmal waren.“&lt;ref name=&quot;Ulvaeus2013&quot; /&gt;<br /> <br /> Am 20. Januar 2016 erschienen alle ABBA-Mitglieder zur Eröffnung der von Ulvaeus mitorganisierten Show ''Mamma Mia! The Party''.&lt;ref&gt;[http://www.abba-intermezzo.de/dnews.htm ABBA Intermezzo] News 2016&lt;/ref&gt; Es war das erste Mal seit 1986, dass Fältskog, Lyngstad, Andersson und Ulvaeus nebeneinander öffentlich auftraten. Von der Presse ließen sich die vier allerdings nicht gemeinsam fotografieren.&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/kultur/musik/abba-in-schweden-wieder-vereint-fuer-einen-abend-a-1073078.html Spiegel.de] ''Legendäre Popband aus Schweden: ABBA ist wieder vereint – für einen Abend.'' Artikel vom 21. Januar 2016&lt;/ref&gt; Im Juni 2016 traten alle vier gemeinsam auf einer privaten Party im Hotel Berns in Stockholm auf und sangen das Lied ''The Way Old Friends Do''.&lt;ref&gt;Paul Jordan: [http://www.eurovision.tv/page/news?id=abba_perform_together_in_stockholm ''ABBA perform together in Stockholm!''] eurovision.tv, 6. Juni 2016.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Emma Hjortman |url=https://www.expressen.se/noje/abba-together-on-stage-again/ |titel=Abba together on stage again |hrsg=Express (Schweden) |datum=2016-06 |sprache=en |abruf=2020-08}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.fan-lexikon.de/musik/news/abba-kurze-wiedervereinigung.206868.html |titel=Abba: Kurze Wiedervereinigung – Abba kam nach 30 Jahren erstmals wieder für einen Auftritt zusammen |hrsg=ABBA – Fan Page |datum=2016-06 |abruf=2020-08}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 27. April 2018 gaben die vier Mitglieder 35 Jahre nach ihren letzten Aufnahmen überraschend bekannt, zwei neue Songs mit den Titeln ''[[I Still Have Faith in You]]'' und ''Don’t Shut Me Down'' aufgenommen zu haben.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://abbasite.com/articles/a-message-from-abba/ |titel=A MESSAGE FROM ABBA |sprache=en |abruf=2021-05-14}}&lt;/ref&gt; Einer davon sollte im Dezember 2018 bei einer von [[National Broadcasting Company|NBC]] und [[British Broadcasting Corporation|BBC]] produzierten TV-Show von [[Hologramm]]en der Künstler mit deren Aussehen aus dem Jahr 1979 aufgeführt werden. Ab Frühjahr 2019 sollten diese Hologramme eine Tournee, unter anderem in Australien, absolvieren.&lt;ref&gt;{{Literatur |Titel=ABBA will tour Australia in 2019 as HOLOGRAMS |Sammelwerk=Mail Online |Datum= |Online=http://www.dailymail.co.uk/tvshowbiz/article-4891838/ABBA-tour-Australia-2019-HOLOGRAMS.html |Abruf=2018-08-05}}&lt;/ref&gt; Letztendlich fand 2018 weder die Veröffentlichung noch die angekündigte Hologramm-Tournee statt. Auch 2019 und 2020 wurde die Veröffentlichung der neuen Songs wiederholt verschoben.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.80s80s.de/musik/news/neue-abba-songs-erneut-verspaetet |titel=Neue ABBA-Songs erneut verspätet |sprache=de |abruf=2019-01-23}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Comeback 2021 ===<br /> Im Mai 2021 sagte Björn Ulvaeus in einem Interview mit der ''[[New York Times]]'', dass im Herbst des Jahres neue Musik von ABBA erscheinen werde.&lt;ref name=&quot;NYT2021&quot;&gt;[https://www.nytimes.com/2021/05/07/arts/music/abba-bjorn-ulvaeus-songwriting-streaming.html ''Will Songwriting Survive Streaming? Abba’s Bjorn Ulvaeus Is Worried.''] Artikel vom 7. Mai 2021, abgerufen am 14. Mai 2021&lt;/ref&gt; Im September 2021 wurden in einem per Internet übertragenen Live-Event erstmals die beiden neuen Lieder ''I Still Have Faith in You'' und ''Don’t Shut Me Down'' präsentiert und am selben Tag als Singles veröffentlicht. Die Veröffentlichung des Studioalbums ''[[Voyage (Album)|Voyage]]'', das erste von ABBA seit ''The Visitors'' aus dem Jahr 1981, wurde für November 2021 angekündigt.&lt;ref&gt;[https://abbavoyage.com/themusic ABBA Voyage] Abgerufen am 2. September 2021&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://orf.at/stories/3227108/ ''ABBA verkünden ihr spätes Comeback''] In ORF.at. 2. September 2021. Abgerufen am 2. September 2021&lt;/ref&gt; Beide Singles schafften es nur wenige Tage nach Veröffentlichung in die Top 20 der britischen Charts und erreichten in verschiedenen weiteren Ländern Europas die Top Ten, in der [[Liste der Nummer-eins-Hits in der Schweiz (2021)|Schweiz]] und in [[Liste der Nummer-eins-Hits in Schweden (2021)|Schweden]] die Spitzenposition.&lt;ref&gt;[https://www.officialcharts.com/chart-news/abba-score-first-uk-official-chart-top-10-single-in-nearly-40-years-with-dont-shut-me-down__34012/ ''ABBA score first UK Official Chart Top 10 single in nearly 40 years with Don’t Shut Me Down''] In [[Official Charts Company|Official Charts]]. 10. September 2021. Abgerufen am 12. September 2021&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Mit ''Just a Notion'' erfolgte im Oktober 2021 die dritte Singleauskopplung aus dem Studioalbum. Dabei handelt es sich um ein ursprünglich bereits für das Album ''[[Voulez-Vous (Album)|Voulez-Vous]]'' geplantes Lied, das 1978 aufgenommen wurde. Für das neue Album wurde das Lied kompositorisch überarbeitet; der Gesangspart wurde aus den Aufnahmen von 1978 übernommen.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.stern.de/kultur/-just-a-notion---dritter-neuer-abba-song-ist-erschienen-30855960.html |titel=Dritter neuer ABBA-Song ist erschienen |sprache=de |abruf=2021-10-23}}&lt;/ref&gt; Die Promotiontour für das Comeback wird ausschließlich von Ulvaeus und Andersson betrieben, dies galt seitens Fältskog und Lyngstad als Voraussetzung für die Studioaufnahmen und die Konzertreihe.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=WDR |url=https://www1.wdr.de/nachrichten/abba-voyage-neues-album-100.html |titel=ABBA-Comeback: 5 Fakten, die Sie kennen sollten |datum=2021-11-05 |sprache=de |abruf=2021-11-06}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im November 2021 erschien das Album als neuntes Studioalbum. Im Zuge der Produktion kam es zu einem Brand einer Druckmaschine, sodass etliche Schuber der Vinylfassung beschädigt und eine Charge gänzlich vernichtet wurde. Vorbesteller mussten deshalb auf ihre Albumkopie warten und erhielten als Alternative einen Downloadlink für das Album.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.rollingstone.de/abba-album-voyage-produktionsprobleme-brand-2375189/ |titel=ABBA-Album „Voyage“: Produktionsprobleme wegen Flammeninferno |datum=2021-11-05 |sprache=de-DE |abruf=2021-11-06}}&lt;/ref&gt; Im Zuge der Promotion gab die Band bekannt, dass das Album ihr letztes sein solle und keine weiteren Veröffentlichungen mehr geplant seien.&lt;ref&gt;{{Literatur |Titel=Abba-Comeback: »Voyage« soll das allerletzte Album sein, sagen Björn und Benny in Interview |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2021-10-28 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/kultur/musik/abba-voyage-soll-das-allerletzte-album-sein-sagen-bjoern-und-benny-in-interview-a-7fcc3b14-dbb9-421f-8f47-f5f728aac303 |Abruf=2021-11-06}}&lt;/ref&gt; Das Album belegte unter anderem in [[Liste der Nummer-eins-Hits in Deutschland (2021)#Alben|Deutschland]] und [[Liste der Nummer-eins-Hits in den britischen Charts (2021)#Alben|Großbritannien]] Platz eins der Charts. In beiden Ländern wurden in der Debütwoche jeweils über 200.000 Einheiten des Albums verkauft, womit es sich in Deutschland öfter als die restlichen Alben der Hitparade zusammen verkaufte.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.offiziellecharts.de/news/item/1016-ueber-200-000-alben-verkauft-abba-feiern-rekordstart-und-mega-comeback |titel=Über 200.000 Alben verkauft: ABBA feiern Rekordstart und Mega-Comeback |werk=offiziellecharts.de |hrsg=[[GfK Entertainment]] |datum=2021-11-12 |abruf=2021-11-12}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.officialcharts.com/chart-news/abba-soar-to-tenth-number-1-on-the-official-albums-chart-with-voyage-we-are-absolutely-over-the-moon__34427/ |titel=ABBA soar to tenth Number 1 on the Official Albums Chart with Voyage: &quot;We are absolutely over the moon&quot; |hrsg=Official Charts |abruf=2021-11-13}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Nachwirkung ==<br /> === Das ABBA-Revival in den 1990er Jahren ===<br /> [[Datei:ABBA Gold.jpg|mini|Cover von ''ABBA Gold'']]<br /> 1992 veröffentlichte das britische Synthie-Pop-Duo [[Erasure]] die [[Extended Play|EP-Single]] ''Abba-esque'' mit [[Coverversion]]en der vier ABBA-Songs ''[[Lay All Your Love on Me]]'', ''[[SOS (ABBA-Lied)|SOS]]'', ''[[Take a Chance on Me]]'' und ''[[Voulez-Vous (Lied)|Voulez Vous]]''. Die Single erreichte u.&amp;nbsp;a. [[Liste der Nummer-eins-Hits in den britischen Charts (1992)|Platz 1]] in Großbritannien, Platz 2 in Deutschland (insgesamt 19 Wochen in den [[Musikcharts#Hitparadenspezifische Begriffe|Charts]]), [[Liste der Nummer-eins-Hits in Österreich (1992)|Platz 1]] in Österreich (8 Wochen) und Platz 3 in der Schweiz.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt; Infolge dieses unerwarteten Erfolges wurden nachfolgend ebenso ABBA-Songs von verschiedenen Künstlern gecovert.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.579&quot;&gt;S. 579&lt;/ref&gt; Künstler wie [[U2 (Band)|U2]], [[Nirvana (US-amerikanische Band)|Nirvana]], [[R.E.M.]], [[Madonna (Künstlerin)|Madonna]] oder [[Tina Turner]] bekannten öffentlich ihre Sympathien für die schwedische Popgruppe. Am 11. Juni 1992 kamen Andersson und Ulvaeus während eines Konzertes der irischen Rockband U2 im [[Ericsson Globe]] in [[Stockholm]] auf die Bühne und sangen gemeinsam mit dem Sänger [[Bono]] den Song ''Dancing Queen''.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.112&quot;&gt;S. 112&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Herbst 1992 – also etwa zehn Jahre nach der Trennung von ABBA – veröffentlichte das Musiklabel [[Polygram]] als Reaktion auf das einsetzende ABBA-[[Revival]] die Kompilation ''[[ABBA Gold – Greatest Hits|ABBA Gold]]''. Sie verkaufte sich weltweit so gut, dass sie in vielen Ländern vordere Positionen in den Verkaufscharts erreichte. Das Album belegte in zwölf Ländern Platz 1, darunter auch in Großbritannien, Deutschland, Österreich, der Schweiz und Australien.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt; In Deutschland hielt das Album elf Wochen die Spitzenposition.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;DE&quot; /&gt; Für die vier ABBA-Mitglieder kam der Erfolg völlig überraschend, da die CD ausschließlich bereits veröffentlichtes Material enthielt und es keine Promotiontermine mit den früheren Bandmitgliedern gab.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.581&quot;&gt;S. 581&lt;/ref&gt; Ende Juli 2008 erreichte das Album 16 Jahre nach seiner Veröffentlichung aufgrund der Popularität des Kinofilmes ''[[Mamma Mia! (Film)|Mamma Mia!]]'' erstmals Platz 1 der [[Billboard (Magazin)#Albumcharts (Auswahl)|Billboard Pop Catalog Album Charts]] in den USA und zum vierten Mal den ersten Platz der [[Britische Musikcharts|britischen Musikcharts]]. Es ist mit 31 Millionen Exemplaren das meistverkaufte Album der Gruppe.&lt;ref group=&quot;B&quot; name=&quot;S.366&quot;&gt;S.&amp;nbsp;366&lt;/ref&gt; Im Juli 2021 überschritt ''ABBA Gold'' die 1000. Woche in den britischen Albumcharts, was bis dahin noch keinem Album in der britischen Chartgeschichte gelang.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Rob Copsey |url=https://www.officialcharts.com/chart-news/abba-gold-becomes-first-album-to-reach-1000-weeks-on-the-official-albums-chart__33502/ |titel=ABBA Gold becomes first album to reach 1000 weeks on the Official Albums Chart |werk=officialcharts.com |datum=2021-07-02 |sprache=en |abruf=2021-09-17}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Als Folge stieg weltweit das Interesse an der Band und deren Musik, und das Revival setzte sich fort. In Diskotheken wurden wieder ABBA-Partys bzw. 70er-Partys veranstaltet, bei denen sogenannte Tribute- oder Revival-Bands auftraten. Obwohl die Gruppe selbst nicht mehr aktiv war, erhielt ABBA 1993 aus aller Welt Auszeichnungen als erfolgreichste internationale Popgruppe des Jahres, so auch den [[World Music Awards|World Music Award]].&lt;ref&gt;[http://www.abbaomnibus.net/years/articles/billboard_05061993.htm ABBA Omnibus] ''1993 World Music Awards'' in Billboard (USA), 5 June 1993 (Pages 63 &amp; 64)&lt;/ref&gt; Es gab Platin- und Multiplatinauszeichnungen wie zu ABBAs erfolgreichen Zeiten.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.14&quot; /&gt; Die zweite Kompilations-CD ''[[More ABBA Gold – More ABBA Hits|More ABBA Gold]]'' schaffte es Ende 1993 in die Top Ten in Deutschland und Frankreich und erreichte die Top 20 in Großbritannien und Australien.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt; Dort wurde die Musik auch durch die 1994 erschienenen Filme ''[[Muriels Hochzeit]]'' und ''[[Priscilla – Königin der Wüste]]'' erneut populär. 1999 kam mit der schwedischen Popgruppe [[A*Teens]], die zunächst als ABBA Teens gegründet worden war, eine jugendliche Gruppe in die Musikszene, die zunächst ausschließlich Songs von ABBA spielte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.610&quot;&gt;S. 610&lt;/ref&gt; Ihr erstes Album ''The ABBA Generation'' erreichte in vielen Ländern die vorderen Plätze der Verkaufscharts.<br /> <br /> === Das Musical und die Filmreihe ''Mamma Mia!'' ===<br /> {{Hauptartikel|Mamma Mia! (Musical)|Mamma Mia! (Film)|Mamma Mia! Here We Go Again}}<br /> [[Datei:ABBA 2008 Av Daniel Åhs.jpg|mini|ABBA und Schauspieler des Films ''Mamma Mia!'' bei der Premiere in Stockholm (2008)]]<br /> Eine weitere Säule des lang anhaltenden Erfolgs von ABBA nach der Auflösung ist das weltweit erfolgreiche [[Musical]] [[Mamma Mia! (Musical)|Mamma Mia!]], in dem viele bekannte ABBA-Hits wie ''Dancing Queen'', ''Super Trouper'' und ''The Winner Takes It All'' zu hören sind. Die Hintergrundgeschichte von der alleinerziehenden Mutter Donna und ihrer Tochter Sophie, die kurz vor ihrer Hochzeit steht, stammt von der britischen Autorin [[Catherine Johnson]].&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.597&quot;&gt;S. 597&lt;/ref&gt; Die Weltpremiere fand am 6. April 1999 im [[Prince Edward Theatre]] in London statt. Mittlerweile gastierte das Musical – neben mehreren dauerhaften Spielorten – als Tourneeproduktion weltweit in über 150&amp;nbsp;Städten. Auch das zugehörige Soundtrack-Album konnte sich in vielen Ländern in den Charts platzieren, so u.&amp;nbsp;a. in Deutschland (Platz 5), Österreich ([[Liste der Nummer-eins-Hits in Österreich (2008)|Platz 1]]), der Schweiz ([[Liste der Nummer-eins-Hits in der Schweiz (2008)|Platz 1]]), Großbritannien (Platz 1 in den Kompilations-Charts) und den USA ([[Liste der Nummer-eins-Hits in den USA (2008)|Platz 1]]).&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt;<br /> <br /> Am 12. Februar 2005 kamen alle vier ABBA-Mitglieder in das Stockholmer Cirkus-Theater zur Premiere der schwedischen Version des Musicals. Es war das erste Mal seit fast 20 Jahren, dass Fältskog, Lyngstad, Andersson und Ulvaeus gemeinsam in der Öffentlichkeit zu sehen waren. Vor allem der Besuch von Fältskog war nicht erwartet worden. Am Ende der Vorstellung gingen jedoch nur Andersson und Ulvaeus auf die Bühne. Fältskog verließ das Theater. Es gibt auch kein Foto von dieser Veranstaltung, das alle vier gemeinsam zeigt. Am 30. Juni 2008 feierte die [[Mamma Mia! (Film)|Verfilmung von ''Mamma Mia!'']] Premiere und kam am 17. Juli 2008 auch in die deutschen Kinos. Der Film wurde ein weltweiter Erfolg und hielt mit einem Einspielergebnis von über 600 Millionen [[US-Dollar]] jahrelang den Rekord als erfolgreichste Musicalverfilmung.&lt;ref&gt;[http://www.imdb.com/title/tt0795421/business Internet Movie Database] Box office/Business for Mamma Mia! (2008)&lt;/ref&gt; Zur Premiere des Films in [[Stockholm]] am 4. Juli 2008 erschienen alle vier ABBA-Mitglieder und zeigten sich für etwa zwei Minuten gemeinsam mit einigen Filmdarstellern auf dem Balkon des Stockholmer Theaters Rival.<br /> <br /> === Ausstellung von ABBA-Memorabilien ===<br /> [[Datei:ABBA- The Museum (Waterloo).jpg|mini|Kopie der „Waterloo-Kostüme“ im [[ABBA The Museum|ABBA-Museum]]]]<br /> Nachdem die für das Jahr 2008 geplante Eröffnung eines ABBA-Museums in Stockholm zunächst nicht zustande kam, wurde im Dezember 2008 mitgeteilt, dass die Ausstellung stattdessen auf einer Welttournee gezeigt werden soll.&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,451185,00.html ''Mamma mia – ein Museum''.] [[Spiegel Online]], 28. November 2006, zuletzt abgerufen am 29. September 2010.&lt;/ref&gt; Die Wanderausstellung unter dem Namen „ABBA WORLD“ präsentierte den Besuchern über 750 Ausstellungsstücke. Neben Originalkostümen und -instrumenten wurden verschiedene Memorabilien und Merchandisingartikel der Popgruppe gezeigt. Auch die Song-Contest-Medaille von 1974 war zu sehen. Die Ausstellung bot außerdem verschiedene interaktive Präsentationselemente, darunter auch einen Nachbau des früheren Aufnahmestudios.<br /> <br /> Erste Station der Ausstellung war vom 26. Januar bis zum 28. März 2010 das [[Earls Court Exhibition Centre]] in der britischen Hauptstadt London, am 19. Juni 2010 wurde ''ABBA World'' am Federation Square im australischen [[Melbourne]] eröffnet. Vom 4. Dezember 2010 bis 3. April 2011 waren die Memorabilien im [[ETO Park]] im ungarischen [[Győr]] zu sehen und seit 6. Mai 2011 befand sich der Ausstellungsort im Einkaufszentrum ''Slovanský dum'' im [[Tschechien|tschechischen]] [[Prag]].&lt;ref&gt;Pressrelease ABBAWORLD multi-media exhibition: [http://www.mynewsdesk.com/se/pressroom/touringx/pressrelease/view/springtime-for-abbaworld-in-prague-602908 ''Springtime for ABBAWORLD in Prague!''] www.mynewsdesk.com 23. März 2011, abgerufen am 15. Oktober 2012.&lt;/ref&gt; Von März bis Dezember 2011 waren große Teile der Ausstellung im Powerhouse Museum im australischen Sydney ausgestellt. Am 7. Mai 2013 wurde das Museum unter der Bezeichnung [[ABBA The Museum]] als permanenter Bestandteil der Swedish Hall of Fame in Stockholm eröffnet.&lt;ref&gt;[http://www.abbathemuseum.com/ abbathemuseum.com] Website des Museums&lt;/ref&gt; Eine besondere Attraktion hierbei ist das „Ring-Ring-Telefon“, auf dem die vier ehemaligen ABBA-Mitglieder in unregelmäßigen Abständen anrufen. Besucher haben somit nach Zufallsprinzip die Möglichkeit, mit den Mitgliedern zu sprechen.<br /> <br /> == Künstlerische Arbeit ==<br /> === Musikalischer Stil ===<br /> Da alle vier Musiker von ABBA sowie ihr Manager Stig Anderson bereits vor der gemeinsamen Musikperiode eigene Musikkarrieren hatten, war in der Gruppe ein breites musikalisches [[Repertoire]] bekannt. Auch hatten alle Künstler bereits mehrjährige Erfahrungen in der Konzeption, Komposition, Produktion und Interpretation verschiedener Stilrichtungen der kommerziellen Unterhaltungsmusik. Doch obwohl alle vier Musiker bereits eigene Stücke geschrieben hatten, bildeten für ABBA fast ausschließlich Benny Andersson und Björn Ulvaeus das Komponistenteam, wobei Andersson vor allem komponierte und Ulvaeus die Liedtexte schrieb. Ihre Vorbilder waren beispielsweise [[John Lennon|Lennon]]/[[Paul McCartney|McCartney]] von den [[The Beatles|Beatles]], sowie [[Elvis Presley]] und die [[The Beach Boys|Beach Boys]].&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.300&quot;&gt;S. 300&lt;/ref&gt; Auch alte schwedische Volkslieder sowie die klassischen Komponisten [[Wolfgang Amadeus Mozart|Mozart]], [[Giuseppe Verdi|Verdi]] und [[Johann Sebastian Bach|Bach]] haben die Künstler in ihrem Schaffen beeinflusst.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.40&quot;&gt;S. 40&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Aufgrund ihrer musikalischen Vergangenheit experimentierten sie in den Anfangsjahren stetig mit verschiedenen Musikgenres: In einigen frühen Stücken wie ''People Need Love'' oder ''He Is Your Brother'' ist noch der Einfluss der [[Hippie|Flower-Power]]-Ära der späten 1960er Jahre zu hören.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.18f.&quot;&gt;S. 18&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.21&quot;&gt;S. 21&lt;/ref&gt; Von der Schlagerballade ''[[Hasta Mañana]]''&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.27ff&quot;&gt;S. 27&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; über Popschlager wie ''[[Honey, Honey]]'' oder ''[[I Do, I Do, I Do, I Do, I Do]]'', [[Reggae]]-Pop wie ''Tropical Loveland''&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.37&quot;&gt;S. 37&lt;/ref&gt; bis hin zu rockigen Songs wie ''[[Waterloo (Lied)|Waterloo]]'' oder ''[[So Long]]'' deckten sie ein breites Spektrum der Popmusik ab. Dabei produzierten sie auch ausgefallene Stücke wie ''Watch Out'' (nahezu [[Glam Rock]]), ''Sitting In The Palmtree '' oder den ''King Kong Song''&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.27ff&quot; /&gt; – aber auch eher anspruchslosen „Happy-Pop“. Mit dem im Sommer 1974 entstandenen Titel ''[[SOS (ABBA-Lied)|SOS]]'' und ''[[Mamma Mia (Lied)|Mamma Mia]]'', das im März 1975 produziert wurde, fanden sie schließlich ihren eigenen Musikstil in der Popmusik, den sie in den folgenden Jahren stetig weiterentwickelten.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.37&quot; /&gt;&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.300&quot; /&gt;<br /> <br /> Der Prozess der Komposition von Andersson und Ulvaeus wird häufig als „inspiriert und unkonventionell“, aber auch als „zwanghaft perfektionistisch“ beschrieben. Zum Komponieren zogen sich die beiden Musiker meistens in eine Hütte auf die kleine [[Stockholmer Schärengarten|Schären-Insel]] Viggsö vor Stockholm zurück und spielten dort zunächst stundenlang gemeinsam auf ihren Instrumenten (Gitarre und Klavier) [[Akkord]]e und [[Harmonik|Harmonien]].&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.251&quot;&gt;S. 251&lt;/ref&gt; Manchmal sangen sie dazu einfache englische Worte oder [[Phrase (Linguistik)|Phrasen]], die allerdings selten den späteren Liedtexten entsprachen, um die Wirkung als Popsong zu hören. Erst wenn beide das Gefühl hatten, einen interessanten und eingängigen Ansatz gefunden zu haben, versuchten sie diesen bis zum fertigen Stück weiterzuentwickeln.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.251&quot; /&gt; Da weder Andersson noch Ulvaeus Noten lesen und schreiben konnten, prägten sie sich ihre neuen Lieder während der Entstehung ein, so dass sie diese später ihren Studiomusikern für weitere Arrangements auswendig vorspielen konnten. Zu dieser Methode sagten beide Künstler später, „dass ein Stück nur dann wirklich gut sei, wenn man es sich bereits bei der Entstehung gut einprägen könne“.<br /> <br /> Nach der Melodiefindung zog sich Ulvaeus meistens allein zurück, um einen passenden Basistext für die Melodie zu schreiben. Dabei war Ulvaeus bestrebt, die einzelnen Worte und Textsilben mit dem [[Rhythmus (Musik)|Rhythmus]] der Melodie so zu harmonisieren, dass die [[Intonation (Sprachwissenschaft)|Sprachmelodie]] weitgehend auch der Melodieführung des Liedes entsprach. Nachdem der als sehr sprachbegabt geltende Ulvaeus, dessen [[Muttersprache]] [[Schwedische Sprache|Schwedisch]] ist, die [[Englische Sprache|englischsprachigen]] Texte fertiggestellt hatte, wurden diese noch von Muttersprachlern überprüft und ggf. geringfügig angepasst.<br /> <br /> In den Anfangsjahren, in denen auch ihr Manager Stig Anderson einige Songtexte oder Teile davon schrieb, dominierten einfache, manchmal auch anspruchslose Texte mit Geschichten über das Leben und die Liebe.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.35f.&quot;&gt;S. 35&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; In späterer Zeit entwickelte Ulvaeus anspruchsvollere, manchmal auch tiefgründige Texte. Der Text von ''[[The Winner Takes It All]]'' gilt als einer seiner besten. Auch wenn die Liedtexte häufig Parallelen zu den Beziehungen der beiden früheren ABBA-Paare und ihrem Leben zeigen, so ist laut Ulvaeus der Song ''Slipping Through My Fingers'' das einzig wirklich autobiographische Lied, das er je komponiert hat. Die einfühlsame Ballade, die das schnelle Heranwachsen der eigenen Kinder aus Sicht der Eltern thematisiert, ist seiner Tochter [[Linda Ulvaeus|Linda]] gewidmet.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.82&quot;&gt;S. 82 f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Zwar gibt es in ihren Liedern häufig den typischen Grundaufbau, bei dem [[Strophe]]n und [[Refrain]] im einfachen Wechsel folgen, jedoch zeigten sie mit dem Instrumentalstück ''Intermezzo No. 1'' oder Liedern wie ''[[The Name of the Game]]'', dass sie auch Stücke mit komplexerer Struktur komponieren können.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.53&quot;&gt;S. 53&lt;/ref&gt; Bei der Produktion perfektionierten sie schließlich ihre Stücke und deren Sound. Neben der typischen [[Instrumentation]] der Musikgruppen aus dieser Zeit, die aus verschiedenen E-Gitarren, Bassgitarre, Klavier und Schlagzeug bestand, setzten Andersson und Ulvaeus zusätzlich Instrumente aus klassischen [[Orchester]]n sowie die neu aufkommenden elektronischen [[Synthesizer]] mit ihren vielfältigen und bis dahin noch wenig verbreiteten Soundeffekten ein.<br /> <br /> Die eingängigen Lieder wurden fast ausschließlich von Fältskog und Lyngstad gesungen, die beide professionell ausgebildete Stimmen mit einem großen [[Tonumfang]] (Fältskog: [[Sopran]]; Lyngstad: [[Mezzosopran]]) hatten. In früheren Stücken sangen auch die beiden Männer häufiger, jedoch erkannte ABBA bald, dass vor allem die gut miteinander harmonierenden Frauenstimmen zu einer unverwechselbaren Eigenständigkeit ihrer Lieder und deren Sound führten.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.242&quot;&gt;S. 242&lt;/ref&gt; So übernahmen Andersson und Ulvaeus nach der experimentellen Anfangszeit der Band fast nur noch Begleitgesang in den Refrains, [[Begleitgesang|Backing Vocals]] oder imitierenden, geräuschähnlichen Gesang wie beispielsweise in den Stücken ''[[Take a Chance on Me]]'' oder ''[[Super Trouper (Lied)|Super Trouper]]''. Ausnahmen waren beispielsweise die Songs ''Rock Me'' aus dem dritten Album [[ABBA (Album)|''ABBA'']] und ''[[Does Your Mother Know]]'', bei denen Ulvaeus die Strophen allein singt und die Hauptstimme im Refrain übernimmt. Auch auf dem letzten Studioalbum ''[[The Visitors]]'' von 1981 übernimmt Ulvaeus bei einem Lied ''(Two for the Price of One)'' den Gesang.<br /> <br /> Mit aufwändiger Studiotechnik stellte Toningenieur [[Michael B. Tretow]] verschiedene Varianten der Stücke her, indem er die Stimmen und Instrumente auf mehrere Tonbänder aufnahm bzw. einige Soundelemente verlangsamt oder zeitlich leicht versetzt abspielte (siehe auch [[Overdub]]bing).&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.303&quot;&gt;S. 303&lt;/ref&gt; Tretow wurde in seiner Arbeitsweise von dem US-amerikanischen Musikproduzenten [[Phil Spector]] und seinen klangvollen [[Wall of Sound|Wall-of-Sound]]-Arrangements inspiriert.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.225f.&quot;&gt;S. 225 f.&lt;/ref&gt; So entstanden in den ABBA-Songs häufig völlig neuartige Klangelemente, die ohne Kenntnis dieser Herstellungstechniken so nicht kopierbar waren, wodurch ihre Lieder einen einzigartigen und unverwechselbaren Sound bekamen.<br /> <br /> Durch die Erkenntnis, wie wichtig die moderne Studiotechnik für die ABBA-Musik war, investierten sie stets viel Geld in die Produktion ihrer Titel. Sie gingen für die Aufnahmen in renommierte Tonstudios und bauten sich 1977/1978 ein eigenes Tonstudio in Stockholm, das Polar Music Studio. Um auf dem US-amerikanischen Markt erfolgreicher zu sein und den typischen Sound des frühen „Achtziger-Jahre“-Pop zu perfektionieren, gingen sie für einige Aufnahmen nach [[Miami]] in die Criteria Studios und arbeiteten dort mit den besten Musikproduzenten zusammen. Auf diese Weise produzierte ABBA nahezu zeitlose Musik mit hohem Unterhaltungs- und [[Wiedererkennungseffekt|Wiedererkennungswert]] („[[Ohrwurm|Ohrwürmer]]“) auf dem jeweils aktuellen Stand der Studiotechnik. War ein neuer Titel einem bereits eingespielten Lied allerdings zu ähnlich, wurde er erst gar nicht produziert. Ein Beleg dafür ist die ''[[Liste der unveröffentlichten Lieder von ABBA]].''&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.110f&quot;&gt;S. 110–117&lt;/ref&gt; Aufgrund ihres künstlerischen Schaffens und ihrer aufwändigen Produktionsmethoden wird die Band ABBA heute als Mitbegründer der modernen Popmusik angesehen.<br /> <br /> === Bandname ===<br /> [[Datei:ABBA Logo 1.jpg|mini|hochkant=1.5|Erstes Band-Logo auf der LP ''[[Ring Ring]]'']]<br /> Da sich die vier Musiker in den Anfängen ihrer gemeinsamen Karriere noch nicht als feste Gruppe sahen, traten sie zunächst einfach unter verschiedenen Aufzählungen ihrer vier Vornamen auf. So hießen sie „Björn &amp; Benny, Agnetha &amp; Anni-Frid“, „Anni-Frid, Agnetha, Benny, Björn“, „Björn + Benny + Agnetha + Frida“ oder auch „Björn + Benny + Anna + Frieda“.&lt;ref group=&quot;B&quot; name=&quot;S.86f.&quot;&gt;S. 86/87&lt;/ref&gt; Auf der Frontscheibe ihres ersten [[Opel]]-„Tour-Wagens“ stand bis 1973: „BJÖRN BENNY AGNETHA FRIDA“.<br /> <br /> Auf frühen Plattencovern in den USA werden „Björn &amp; Benny“ zum Teil mit dem Zusatz „med svenska flickor“ („mit schwedischen Mädchen“) genannt.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.219&quot;&gt;S. 219&lt;/ref&gt; Grund dafür war, dass Fältskog damals noch exklusiv bei der Plattenfirma CBS-Cupol unter Vertrag stand und deren erfolgreichster Star war, so dass [[Tantieme]]n und Lizenzgebühren von Polar an CBS-Cupol fällig gewesen wären.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.213&quot;&gt;S. 213&lt;/ref&gt; Diese Vertragsbindungen galten bedingt auch noch während der erfolgreichen ABBA-Zeit bis Ende 1975, so dass später noch hohe Tantiemen an CBS-Cupol gezahlt werden mussten. Lyngstads Plattenvertrag mit [[EMI Group|EMI Music]] endete 1972.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.215&quot;&gt;S. 215&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Anfang der 1970er Jahre traten die vier Schweden bei einigen Musikfestivals in den heimischen „Folkparks“ mehrfach auch unter den Namen „Festfolk“ oder „Festfolket“ (seltener auch: „Festfolk Quartet(t)“ oder „Festfolk Kvartett“) gemeinsam öffentlich auf und hatten vereinzelte Auftritte als „Engaged Couples“ in schwedischen Clubs und Bars. In Mexiko wurden ihre Platten 1972 und 1973 zunächst mit dem schlichten Gruppennamen „Los Suecos“ („Die Schweden“) veröffentlicht. Erst nachdem sie in ihrem Heimatland Schweden erste Erfolge als Gruppe hatten, wurde ein passender Bandname gesucht. Vor allem ihr Manager [[Stig Anderson]] war zunehmend genervt, gegenüber der Presse stets den umständlichen Namen „Björn &amp; Benny, Agnetha &amp; Frida“ erwähnen zu müssen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.241&quot;&gt;S. 241 f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Schon im März 1973 veröffentlichte eine schwedische Zeitschrift die Aufforderung, Namensvorschläge für die mittlerweile landesweit bekannte Gruppe einzusenden. „Friends and Neighbours“, „Alibaba“ und „BABA“ waren dabei zunächst die ernsthaftesten Vorschläge.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.241&quot; /&gt; Im Sommer 1973 wurde schließlich auf Vorschlag von Stig Anderson der Bandname „ABBA“ festgelegt, mit dem die Gruppe erstmals im Februar 1974 beim schwedischen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest auftrat. In Skandinavien und auch von Andersson und Ulvaeus wurde der Name zunächst eher verhalten beurteilt, da es in Schweden ein großes und bekanntes Nahrungsmittelunternehmen mit dem Namen ''[[Abba Seafood]]'' gibt. Anderson musste von dieser Firma die Erlaubnis einholen, um „ABBA“ verwenden zu dürfen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.242&quot; /&gt;<br /> <br /> Der Begriff „[[Abba (Bibel)|Abba]]“ ist nebenbei unter anderem ein biblisches Wort für „Vater“. Diese Wortbedeutung wird in ''[[ABBA – Der Film]]'' aus dem Jahr 1977 in einer Interviewszene von einem älteren Passanten erwähnt. Doch letztendlich setzte sich der Bandname auch international sehr schnell durch – nicht zuletzt deshalb, weil er in fast allen Sprachen leicht und gleich ausgesprochen wird und in alphabetischen Aufzählungen immer sehr weit vorne steht. Dieses einfache, sehr markante und prägnante Wort „ABBA“ ist ein [[Palindrom]] und zugleich ein [[Akronym]], das sich aus den Anfangsbuchstaben der vier [[Vorname]]n der Bandmitglieder in folgender Reihenfolge ableitet: '''A'''gnetha, '''B'''jörn, '''B'''enny, '''A'''nni-Frid → '''ABBA'''. Gelegentlich wurde die Zusammensetzung des Bandnamens auch in umgekehrter Reihenfolge interpretiert (Anni-Frid, Benny, Björn, Agnetha), wie zum Beispiel bei der Formation der Bandmitglieder bei einigen Fotoaufnahmen für Poster und Plattencover wie ''Waterloo'' oder ''Gracias por la música'', Anfang 1976 bei einem Teil der Fotoaufnahmen mit den [[Initiale|Initial-Buchstaben]] von [[Wolfgang Heilemann]] oder bei einer roten Buchstabenbeflockung auf den Rückseiten von Overalls, die die ABBA-Mitglieder 1977 bei ihrer Ankunft in Australien trugen.<br /> <br /> === Band-Logo als Markenzeichen ===<br /> Nachdem die Gruppe zu ihrem Bandnamen ABBA gefunden hatte, wurde dieser zunächst nur [[Typografie|typografisch]] auf Cover, Plakaten, Poster und sonstigen Promotionmaterialien abgebildet. Vor einem Auftritt in der deutschen Musiksendung [[Disco (Fernsehsendung)|Disco]] im Februar 1976 bekam der Fotograf [[Wolfgang Heilemann]] den Auftrag, in einem nahegelegenen Studio einige Aufnahmen von der Gruppe für die deutsche Jugendzeitschrift [[Bravo (deutsche Zeitschrift)|Bravo]] zu machen. Dabei war auch eine Fotostrecke vorgesehen, bei der vor jedem der vier Bandmitglieder ein großer silberfarbener Initial-Buchstabe stehen sollte. Bei diesen Aufnahmen stellte Andersson – an zweiter Stelle stehend – versehentlich das „B“ „auf den Kopf“, was allerdings erst nach Beendigung der Fotoaufnahmen bemerkt wurde.&lt;ref&gt;Wolfgang ›Bubi‹ Heilemann: ''ABBA: Fotografien 1974–1980''. Schwarzkopf &amp; Schwarzkopf, Sonderausgabe 2011, S. 109 ff.&lt;/ref&gt; Nachdem Heilemann die Bandmitglieder über den Fehler informiert hatte, unterhielten sich Andersson und Ulvaeus kurz, beschlossen, sich diesen „Patzer“ zu eigen zu machen, und bedankten sich bei Heilemann für die „großartige Marketing-Idee“.&lt;ref&gt;Carl Magnus Palm: ''Bright Lights, Dark Shadows.'' London, 2002, S. 393.&lt;/ref&gt; Auf Basis dieser Idee entwickelte kurz darauf der Grafiker Rune Söderqvist aus der Schriftart News Gothic Bold den ABBA-Schriftzug mit dem spiegelverkehrten „B“ und erläuterte zu dem Logo, dass „die beiden ‚B‘ sich harmonisch den beiden ‚A‘ zuwenden“.&lt;ref group=&quot;B&quot; name=&quot;S.204&quot;&gt;S. 204&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Das ABBA-Logo wurde am 13. August 1976 offiziell vorgestellt und wird seit der Single ''Dancing Queen'' bei allen offiziellen ABBA-Tonträgern, Publikationen und Fanartikeln bis heute eingesetzt. Seit den Veröffentlichungen der CD-Single ''Dancing Queen'' und dem Album ''ABBA Gold'' im Jahr 1992 wurde zwischenzeitlich auch eine aus der Schriftart [[Helvetica (Schriftart)|Helvetica Roman]] entwickelte Version des ABBA-Logos verwendet, dessen Buchstaben in der Schriftstärke etwas schlanker, aber im Schriftschnitt etwas breiter sind. Bei späteren Veröffentlichungen des Albums ''ABBA Gold'' wurde aber wieder das frühere Original-Logo verwendet. Das ABBA-Logo mit dem spiegelverkehrten „B“ ist [[spiegelsymmetrisch]] und gehört neben den Schriftzügen der Rockbands [[AC/DC]] und [[Kiss (Band)|Kiss]] sowie der „[[The Rolling Stones|Stones-Zunge]]“ zu den weltweit bekanntesten Markenzeichen von Musikgruppen. Andersson und Ulvaeus ließen den neuen ABBA-Schriftzug unmittelbar nach der Fertigstellung [[markenrecht]]lich schützen, weshalb er häufig auch zusätzlich mit dem [[Marke (Recht)|Registrierungszeichen]] ® gekennzeichnet ist. Nach dem Eintrag des ABBA-Logos als Markenzeichen gehörten die Rechte einer ABBA-eigenen Vermarktungsfirma. Bei einigen Original-Tonträgern – insbesondere in Asien –, diversen Lizenz-Tonträgern und den inoffiziellen Tonträgern wird häufig nicht das ABBA-Logo verwendet, sondern nur eine grafische Anpassung des Original-Logos.<br /> <br /> == Rezeption ==<br /> === Wirtschaftlicher Erfolg ===<br /> ==== Vermarktung ====<br /> Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den internationalen Durchbruch von ABBA war zunächst der Sieg beim [[Eurovision Song Contest 1974]], durch den die Gruppe und ihr einfacher, aber markanter Bandname ABBA quasi über Nacht international bekannt wurde. Gleichzeitig vermittelten sie durch ihr Lied ''Waterloo'' und die ungewöhnlichen, schrillen Kostüme ein neues, modernes Image, das vom europäischen Publikum überwiegend positiv beurteilt wurde. Dazu trugen vor allem die beiden Sängerinnen Fältskog und Lyngstad bei, die zwar zwei völlig unterschiedliche, aber gleichermaßen attraktive und sympathische Frauentypen waren und mit einer frischen und positiven Ausstrahlung auftraten.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.333&quot;&gt;S.&amp;nbsp;333&lt;/ref&gt; Über Jahre pflegte ABBA fortan das Image zweier glücklicher und sehr gut befreundeter Paare, die ohne die sonst für viele Bands üblichen Skandale wie [[Liebesbeziehung|Liebesaffären]], [[Droge]]nkonsum usw. stets nett und freundlich in der Öffentlichkeit, bei Fernsehshows und gegenüber ihren Fans auftraten.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.314&quot;&gt;S. 314&lt;/ref&gt;&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.474&quot;&gt;S. 474&lt;/ref&gt; Und auch nach der Trennung von Fältskog und Ulvaeus präsentierten die vier Musiker sich als Gruppe, die trotz persönlicher Differenzen gemeinsam für ein Musikprojekt arbeiteten.<br /> <br /> Während viele Bands Anfang der 1970er Jahre noch Musik spielten, die sich an die populäre englische Rockmusik der 1960er Jahre anlehnte, war ABBA bestrebt, modernere, eingängige und kommerziell erfolgreiche Unterhaltungsmusik zu produzieren. Nachdem ABBA auf den ersten Platten noch mit sehr verschiedenen Musikrichtungen experimentierte – von der [[Glam Rock|Glam-Rock]]-Nummer ''Rock Me''&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.39f&quot;&gt;S. 39&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; bis zum internationalen [[Schlager]]song ''Honey, Honey'' – fand die Gruppe 1975 mit ihrem dritten Album ''[[ABBA (Album)|ABBA]]'' einen eigenen und so bislang noch nicht produzierten [[Popmusik|Pop]]-Sound.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.34&quot;&gt;S. 34&lt;/ref&gt; Unterstützt durch eine vielseitige Instrumentenauswahl, moderne Arrangements und ausgefeilte Studiotechnik, die im Vergleich zu vielen anderen Pop- und Discomusikern ihrer Zeit sehr aufwändig war, erreichte ABBA einen sehr hohen Qualitätsstandard, sowohl bei der Musikaufnahme als auch bei der Produktion. Auch hatte die Gruppe ein sehr gutes Gespür für die Auswahl der Singles und deren Veröffentlichungen sowie für die Weiterentwicklung ihrer Musik. Nur wenn ein Lied dem Produktionsteam „erfolgversprechend“ schien, wurde es veröffentlicht.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.51&quot;&gt;S. 51&lt;/ref&gt; Vor allem an die Lieder, die vor einem neuen Album als Single veröffentlicht wurden, stellte das ABBA-Team hohe Ansprüche. Aber auch die späteren Singleauskopplungen mussten „Hitniveau“ haben.<br /> <br /> Im Zuge einer globalen Vermarktungsstrategie setzte das ABBA-Management um Stig Anderson ab dem ersten Greatest-Hits-Album Ende 1975 zwar auf möglichst einheitliche Veröffentlichungen, jedoch wurden immer wieder verschiedene Titel, Singles und Alben – wie bereits zu Beginn ihrer Karriere – sehr länderspezifisch aufgenommen und veröffentlicht. So gibt es viele Titel, die in unterschiedlichen Sprachen gesungen wurden, abweichende Titel auf den B-Seiten der Singles sowie viele Sonderproduktionen und Kompilationsalben für einzelne Länder. Darüber hinaus hatte die Band in den für sie kommerziell wichtigsten Ländern eine hohe Medienpräsenz. Die Gruppe gab unzählige Interviews und trat in den bedeutenden Fernsehsendungen und Musikshows live auf, um neue Songs und Alben zu präsentieren. Auch nutzte sie das Medium des [[Musikvideo]]s wie kaum eine andere Gruppe.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.313&quot;&gt;S. 313&lt;/ref&gt; Parallel dazu trat die Gruppe 1977 und 1979 bei weltweiten Tourneen mit aufwändiger Bühnen- und Scheinwerfershow auf, was man in dieser Dimension nur von sehr wenigen Künstlern kannte.<br /> <br /> Mehrere Faktoren trugen hauptsächlich zum Erfolg auf kompositorischer Ebene bei: erstens der [[Syllabik|syllabische]] Stil, d.&amp;nbsp;h. in jedem Song pro Textsilbe eine Note. Zweitens die Übereinstimmung zwischen Textinhalt und Songaufbau (Textgliederung = Songgliederung). Drittens das in den meisten Songs sehr ausgewogene Mengenverhältnis zwischen Melodie- bzw. Silbentönen zu Pausen und Instrumentalabschnitten. Viertens eine Melodiegestaltung mit einfachen und kleinen Tonintervallen ohne [[Chromatik|chromatische]] Töne, so dass sich insgesamt ein fast volksliedhafter, besonders sanglicher, leicht nachvollziehbarer Song ergibt, bei dem die Gesangsmelodie auch ohne instrumentale Begleitung bereits das zugrundeliegende Harmoniegerüst vollständig oder weitgehend selbst enthält.<br /> <br /> ==== Das „ABBA-Imperium“ ====<br /> Im Laufe der – auch finanziell – sehr erfolgreichen Jahre bauten die vier Schweden und ihr Manager Stig Anderson einen kaum überschaubaren [[Mischkonzern]] mit unterschiedlichen Firmen, Firmenbeteiligungen und anderen Kapitalinvestitionen auf, der auch häufig das „ABBA-Imperium“ genannt wurde. Darunter befand sich beispielsweise das Unternehmen „Sannes Trading“, das Stig Anderson nach dem Erfolg der Gruppe in Osteuropa gemeinsam mit dem schwedischen Geschäftsmann Anders Wall gegründet hatte, mit dem Zweck, [[Kompensationsgeschäft]]e mit den Staaten des Ostblocks zu tätigen. Der Erfolg des Unternehmens blieb allerdings aus, da die angebotenen Produkte der Ostblockstaaten in Schweden nicht absetzbar waren.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 434f.&quot;&gt;S. 434&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Ende der 1970er wurde Sannes Trading in „Pol Oil“ umbenannt und konzentrierte sich fortan auf das Ölgeschäft.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.490f&quot;&gt;S. 490&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Der Kauf von 55.000 Tonnen Rohöl Anfang 1980 brachte der Firma einen Verlust von 30 Millionen [[Schwedische Krone|Kronen]], worauf diese schließen musste.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.490f&quot; /&gt;<br /> <br /> Bereits kurz nach der Trennung der Band folgte durch oberflächliche und teilweise nicht kontrollierte Geschäftsführung sowie durch unseriöses Finanzmanagement (u.&amp;nbsp;a. Steuernachforderungen, spekulative Kreditaufnahmen, zweifelhafte Börsenspekulationen) eine massive Krise mit hohen finanziellen Verlusten auch für Fältskog, Andersson, Ulvaeus und ihren Manager Anderson.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.539&quot;&gt;S. 539&lt;/ref&gt; Lediglich Lyngstad blieb weitgehend schadlos, da sie ihre Kapitalanteile bereits im Zuge der Trennung von ABBA verkauft hatte. Im Januar 1990 verkaufte Stig Anderson schließlich Polar Music mit fast allen Verwertungs- und Lizenzrechten an der eingetragenen Marke ABBA für 300 Millionen Kronen an den Medienkonzern [[Polygram]].&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.570&quot;&gt;S. 570&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Überschattet war der Verkauf von einer Klage der ehemaligen ABBA-Mitglieder gegen ihren Ex-Manager, als im Zuge dessen bekannt wurde, dass das Label unter seiner Leitung statt der vereinbarten 9 Prozent [[Tantieme]]n über Jahre hinweg nur 3 Prozent ausgezahlt hatte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.570&quot; /&gt; Der Konflikt wurde im Juli 1991 außergerichtlich beigelegt, führte aber zum Zerwürfnis zwischen Stig Anderson einerseits sowie Fältskog, Ulvaeus und Andersson andererseits.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.575&quot;&gt;S. 575&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Verkaufszahlen ====<br /> [[Datei:ABBA- The Museum-4.jpg|mini|[[Schallplattenauszeichnung]]en für Tonträger-Verkäufe der Gruppe im [[ABBA The Museum|ABBA-Museum]] (Stockholm)]]<br /> Zur Anzahl der verkauften ABBA-Tonträger gibt es keine einheitlichen Angaben: Die Schätzungen reichen von etwa 140 Millionen bis zu über 500 Millionen.&lt;ref&gt;Mike Evans: ''Rock’n'Roll’s Strangest Moments: Extraordinary But True Tales from 45 Years of Rock &amp; Roll History''. Pavilion Books, 2014, Kapitel ''ABBA again (Sweden, 1974–1981)'', S. [https://books.google.de/books?id=5i-_CAAAQBAJ&amp;pg=PT169 169]&lt;/ref&gt; Zu Beginn 1977 wurden die Verkaufszahlen in einem Fernsehbeitrag mit 44 Millionen angegeben (14 Mio. Alben, 30 Mio. Singles).&lt;ref&gt;siehe ''ABBA The Album – Deluxe Edition'', DVD-Inhalt “ABBA on Tour in 1977”&lt;/ref&gt; Im Frühjahr 1978 ergaben Berechnungen von Polar Music insgesamt 53 Millionen Einheiten, während das US-Label [[Atlantic Records]] die Tonträgerverkäufe im Rahmen der Promotionreise der Band mit 120 Millionen angab. Diese Zahl wurde auch im TV-Special ''ABBA in Japan'' übernommen, ist allerdings fragwürdig, nicht zuletzt aufgrund des damals in den USA gängigen Reklameschwindels und der Berechnungsmethode des Labels.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 438f.&quot;&gt;S. 438&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; 1983 waren laut einer Schätzung vom [[Guinness-Buch der Rekorde]] bereits 125 Millionen Tonträger von ABBA verkauft worden.&lt;ref&gt;''Guinness Buch der Rekorde 1984.'' Ullstein Verlag, Frankfurt am Main/ Berlin 1983, ISBN 3-550-07722-X, S. 132.&lt;/ref&gt; Ab Mai 1985 wurden ihre Tonträgerverkäufe von selbigem mit 215 Millionen Stück beziffert.&lt;ref&gt;''Das neue Guinness Buch der Rekorde 1986.'' Ullstein Verlag, Frankfurt am Main/ Berlin 1985, ISBN 3-550-07736-X, S. 276&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;''Das neue Guinness Buch der Rekorde 1988.'' Ullstein Verlag, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-550-07743-2, S. 278&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> 1992 sollen es bereits 250 Millionen gewesen sein, wie es u.&amp;nbsp;a. in der Dokumentation ''Thank You ABBA'' aus dem Jahr 1993 erwähnt wird. Durch das ABBA-Revival stiegen die Verkäufe angeblich wiederum auf 350 Millionen, was ebenfalls als fragwürdig angesehen wird. Da sich die offiziellen Verkaufszahlen von ''ABBA Gold'', das maßgeblich zum Erfolg des ABBA-Revivals beigetragen hat, bis 1999 auf 15 Millionen Exemplare belaufen, hätten somit 85 Millionen andere ABBA-Alben und -Singles verkauft werden müssen, um dieser Zahl gleichzukommen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 438f.&quot; /&gt; Ausgehend von dieser Berechnung erhielt ABBA im Jahr 2004 eine symbolische Auszeichnung für 360 Millionen verkaufte Tonträger, 2010 wurde der Gruppe eine weitere für 375 Millionen Tonträger überreicht.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.abba-intermezzo.de/darc10.htm |titel=ABBA-Nachrichten |abruf=2018-08-05}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Richard Smirke: ''Abba Members Attend Abbaworld London Premiere''. Billboard, 27. Januar 2010&lt;/ref&gt; 2013 gab Björn Ulvaeus die Verkaufszahlen mit 380 Millionen Tonträgern an und bezog sich dabei auf [[Universal Music Group|Universal Music]].&lt;ref name=&quot;Ulvaeus2013&quot;&gt;[http://www.basellandschaftlichezeitung.ch/panorama/people/380-millionen-alben-verkauft-aber-abba-will-keine-wiedervereinigung-127481256 Basellandschaftliche Zeitung] ''380 Millionen Alben verkauft – aber ABBA will keine Wiedervereinigung.'' Artikel vom 15. Dezember 2013, abgerufen am 8. Oktober 2015&lt;/ref&gt; Jährlich werden schätzungsweise noch über drei Millionen verkaufte ABBA-Tonträger gezählt.&lt;ref&gt;Ivan Hewett: [http://www.telegraph.co.uk/culture/music/3556065/Abba-the-music-why-everyone-loves-Abba.html ''Abba – the music: why everyone loves Abba'']. The Telegraph, 10. Juli 2008&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[[Jenni Roth]]: [https://www.welt.de/welt_print/article2210675/Unzaehlige-Nullen-auf-dem-Konto.html ''Unzählige Nullen auf dem Konto – Abba verdiente Millionen, vor allem mit dem Musical Mamma Mia! Nun kommt auch noch der Film''.] In: ''[[Die Welt]]''. 14. Juli 2008, zuletzt abgerufen am 15. Oktober 2012.&lt;/ref&gt; 2019 wurde die Anzahl der verkauften Tonträger mit rund 385 Millionen beziffert.&lt;ref&gt;{{cite news|url=https://www.forbes.com/sites/heatherfarmbrough/2018/05/17/new-abba-exhibition-launched-as-abba-sells-more-music-than-ever/#65dbe7ca5dd5|title=New Abba Exhibition Launched as Abba Sells More Music than Ever|last=Farmbrough|first=Heather|date=2018-05-17|work=Forbes|accessdate=2019-12-13}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Internationaler Erfolg ===<br /> Die weltweite Popularität von ABBA ab 1975 war neben dem kommerziellen Aspekt auch dahingehend bemerkenswert, als dass es bis in die 1970er Jahre keine andere Band aus Schweden oder Skandinavien gegeben hatte, der vergleichbare Erfolge gelungen waren. Der Erfolg schwedischer Musikkünstler hatte sich seit den 1950er Jahren zumeist auf deren Heimatland beschränkt, wobei der Absatz von 50.000 Exemplaren eines Albums bereits als großer Erfolg angesehen wurde.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.423&quot; /&gt; Schon ihr zweites Album ''[[Waterloo (Album)|Waterloo]]'' hatte 1974 in Schweden mit 250.000 Stück einen Verkaufsrekord aufgestellt, ihr viertes Album ''[[Arrival (Album)|Arrival]]'' wurde zwei Jahre später gar 750.000 Mal abgesetzt.&lt;ref name=&quot;BillboardSE&quot; /&gt; Bis 1979 verkaufte die Gruppe in Schweden 2,9 Millionen Tonträger.&lt;ref name=&quot;BillboardSE&quot; /&gt;<br /> <br /> Die Absicht, auf dem internationalen und besonders dem englischsprachigen Musikmarkt Erfolg zu haben, hatten ABBA-Manager [[Stig Anderson]] sowie [[Benny Andersson]] und [[Björn Ulvaeus]] bereits zu einem frühen Zeitpunkt. Damit einhergehend wurde es für die Musiker schnell zum Ziel, beim [[Eurovision Song Contest]] anzutreten, um damit bei einem großen, internationalen Publikum zumindest Bekanntheit zu erlangen. Vor diesem Hintergrund entstanden in den ersten Karrierejahren viele Hits der Gruppe, während Anderson als Manager seine weltweiten Kontakte nutzte, um die Songs auf allen Märkten als Singles herauszubringen. Nachdem sich erste Erfolge außerhalb ihres Heimatlandes bereits 1973 vor allem in [[Skandinavien]] und den [[Benelux]]-Ländern gezeigt hatten, war der Erfolg von ABBA nach dem [[Eurovision Song Contest 1974]] insbesondere in Deutschland, Schweden, Norwegen, den Niederlanden, Großbritannien und Australien enorm. Aber auch auf kleineren bis mittleren Musikmärkten wie Österreich, Schweiz, Belgien, Dänemark, Finnland, Irland und Neuseeland konnte die Band zum Teil große Chart- und Verkaufserfolge verzeichnen.<br /> <br /> So hatte ABBA im Jahr 1976, dem erfolgreichsten ihrer Karriere, jeweils drei Nummer-eins-Hits in [[Liste der Nummer-eins-Hits in den britischen Charts (1976)|Großbritannien]], [[Liste der Nummer-eins-Hits in Irland (1976)|Irland]], [[Liste der Nummer-eins-Hits in Belgien (1976)|Belgien]] und den [[Liste der Nummer-eins-Hits in den Niederlanden (1976)|Niederlanden]], jeweils vier Nummer-eins-Hits in [[Liste der Nummer-eins-Hits in Deutschland (1976)|Deutschland]] und [[Liste der Nummer-eins-Hits in Neuseeland (1976)|Neuseeland]] sowie fünf Nummer-eins-Hits in [[Liste der Nummer-eins-Hits in Australien (1976)|Australien]]. Zudem belegte 1976 mindestens eine Single der Gruppe die Spitzenposition in [[Liste der Nummer-eins-Hits in Norwegen (1976)|Norwegen]], [[Liste der Nummer-eins-Hits in Schweden (1976)|Schweden]], [[Liste der Nummer-eins-Hits in Österreich (1976)|Österreich]], [[Liste der Nummer-eins-Hits in Frankreich (1976)|Frankreich]] und der [[Liste der Nummer-eins-Hits in der Schweiz (1976)|Schweiz]].<br /> <br /> In Deutschland hatte die Gruppe regelmäßig Promotion-Auftritte in verschiedenen populären Musiksendungen im Fernsehen. Neben vereinzelten Gastauftritten in Shows wie ''[[Am laufenden Band]]'' mit [[Rudi Carrell]] oder der ''[[Aktuelle Schaubude|Aktuellen Schaubude]]'' waren es überwiegend Auftritte in Musiksendungen wie beispielsweise im [[ZDF]] in ''[[Disco (Fernsehsendung)|Disco]]'' mit Ilja Richter, im ''[[Musikladen]]'' von [[Radio Bremen]] oder in der ''[[Starparade]]'', die von [[Rainer Holbe]] präsentiert wurde. In Großbritannien platzierten sich alle Singles ab 1974 bis 1981 zumindest in den [[Musikcharts#Hitparadenspezifische Begriffe|Top Ten]] der Charts, acht davon erreichten die Spitzenposition. Mit insgesamt 11,3 Millionen Stück rangieren ABBA heute auf Platz 3 der Bands mit den meistverkauften Singles in Großbritannien.&lt;ref&gt;[http://www.officialcharts.com/chart-news/the-official-top-20-biggest-selling-groups-of-all-time-revealed-1682/ officialcharts.com] ''The Official Top 20 Biggest Selling Groups Of All Time Revealed'', Artikel vom 3. November 2012.&lt;/ref&gt; Dabei ist ''Dancing Queen'' mit über einer Million an verkauften Stück die erfolgreichste Single.&lt;ref&gt;[https://www.theguardian.com/news/datablog/2012/nov/04/uk-million-selling-singles-full-list guardian.co.uk] ''UK Million Selling Singles – Full List'', abgerufen am 10. Februar 2013&lt;/ref&gt; Bis 1982 erreichten acht Alben hintereinander die Spitzenposition. Bis heute wurden in Großbritannien insgesamt 17 Millionen ABBA-Alben verkauft.&lt;ref name=&quot;ABBASalesHpage&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://abbasales.hpage.com/ |text=abbasales.hpage.com |wayback=20130504110144}} How many records have ABBA sold? − ABBA Record Sales&lt;/ref&gt; Begleitet war die Veröffentlichung ihrer Tonträger in Großbritannien stets von Auftritten und Interviews im Fernsehen sowie insgesamt 15 Konzerten in den Jahren 1977 und 1979.<br /> <br /> Dagegen gelang der Band in den USA nie ein ähnlich großer Durchbruch. Bereits ab 1972 veröffentlichte das US-Label [[Playboy Records]] die ersten Platten der Gruppe, die jedoch allesamt nie die Charts erreichten. 1974 schloss Stig Anderson zunächst einen Dreijahresvertrag mit [[Atlantic Records]], das fortan alle Tonträger bis zur Auflösung der Band in den USA vertrieb. Obwohl ABBA in den Jahren 1974, 1975, 1976 und 1978 [[Musikpromotion|Promotionreisen]] dorthin unternahm, gelangte keines ihrer Alben über die Top 20 hinaus. Auch der Erfolg ihrer Singles hielt sich mit einem Nummer-eins-Hit und drei Top-Ten-Hits deutlich in Grenzen; sechs weitere kamen in die Top 20.&lt;ref&gt;[https://abbasite.com/articles/abba-in-the-united-states/ abbasite.com] ''ABBA in the United States'' (englisch) Abgerufen am 17. Juli 2019&lt;/ref&gt; [[Benny Andersson]] äußerte in einem Interview 1976 seine Einschätzung, dass der US-amerikanische Musikmarkt für Bands aus Europa generell schwieriger zu erreichen sei als etwa der europäische oder australische. Nicht bloß Musikvideos und Fernsehauftritte seien hier wichtig, sondern vor allem die Live-Präsenz einer Gruppe. Die Nachfrage nach ABBA-Tonträgern stieg allerdings auch nach ihrer US-Tournee von 1979 nicht sonderlich.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.480&quot;&gt;S. 480&lt;/ref&gt; In Japan begründete ihren Erfolg vor allem die Promotiontournee im Herbst 1978, deren Fernsehauftritte und Specials 2009 unter dem Titel ''ABBA in Japan'' auf DVD veröffentlicht wurden. Ihre Konzerte waren 1980 komplett ausverkauft. Zudem erschienen in Japan zahlreiche Lizenz-LPs von ABBA, die heute zum Teil nur mehr schwer zu bekommen sind und daher Sammlerobjekte darstellen.<br /> <br /> === Kritik ===<br /> Im Schweden der [[1970er]] Jahre war die Musik stark vom progressiven “Music Movement”, kurz „Progg“ geprägt, zu der [[Musikverlag]]e, [[Musiklabel|Plattenlabels]], Zeitungen und [[Radio]]stationen gehörten. Bezeichnend für diese Musikrichtung war vor allem der linksgerichtete Charakter, der sich in politischen Texten niederschlug und keineswegs auf kommerziellen Erfolg ausgerichtet war.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.246&quot;&gt;S.&amp;nbsp;246&lt;/ref&gt; Dies stand im Gegensatz zu ABBA, denen von Seiten der Progg-Bewegung unzählige Vorwürfe gemacht wurden. So meinte der Jugend-Chefredakteur der schwedischen Broadcasting Corporation: „Ihre [ABBAs] Musik drückt keine Gefühle aus und stetig schimmert der Kommerzgedanke durch. So wird die Musik zu einem leidenschaftslosen, kalten Produkt […]“ (Palm, 2006).&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.354&quot;&gt;S.&amp;nbsp;354&lt;/ref&gt; Der [[Eurovision Song Contest 1975]], der in Schweden ausgetragen wurde, führte zur Organisation des [[Alternativfestivalen]] als Gegenveranstaltung sowie dazu, dass Schweden am Song Contest im folgenden Jahr nicht teilnahm.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.318f&quot;&gt;S.&amp;nbsp;318f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Vor allem nach dem Sieg von ABBA beim Song Contest und in den folgenden Jahren wurden die Gruppe und ihr Manager für ihr Auftreten kritisiert. Die Musik wurde als „begabter Mist“ bezeichnet, die „einen persönlichen Ausdruck vermissen lässt“ (Halling, 2014).&lt;ref group=&quot;I&quot; name=&quot;S.20f&quot; /&gt; Die Gruppe wurde als „Resultat eines abgebrühten Zynismus“ bezeichnet, ihr wurde vorgeworfen, ihre Musik „zielt in erster Linie darauf ab, den Urhebern das Konto zu füllen, ohne im Gegenzug den Hörern etwas zu geben“ (Halling, 2014).&lt;ref group=&quot;I&quot; name=&quot;S.20f&quot; /&gt; Im Artikel einer schwedischen Zeitung stand 1975: „''I love you'' singen ABBA und zeigen dabei zum Publikum. Aber das ist verlogen. ABBA lieben nicht uns, sondern nur die 20 Kronen, die sie uns aus der Tasche ziehen […]“ (Palm, 2006).&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.309&quot;&gt;S.&amp;nbsp;309&lt;/ref&gt; Die Progg-Bewegung ging so weit, dass Musiker wie [[Janne Schaffer]], Mike Watson oder [[Ulf Andersson (Musiker)|Ulf Andersson]], die mit ABBA zusammenarbeiteten, geächtet wurden. So wurde es Schaffer verboten, in Sälen zu spielen, die unter dem Einfluss der Bewegung standen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.354&quot; /&gt; Durch ABBA entstand im damaligen Schweden eine „Zweiklassengesellschaft“ der Musik, in der zwischen „kommerziellen“ und „nicht-kommerziellen“ Künstlern unterschieden wurde.&lt;ref group=&quot;I&quot; name=&quot;S.20f&quot; /&gt;<br /> <br /> Im Gegensatz zu Schweden wurde ABBA in den USA bald nach ihrem Sieg beim Song Contest weitgehend positiv aufgenommen. Zu dieser Zeit klagten bereits viele Kritiker, die [[Rockmusik]] hätte sich zu einer „oft anmaßenden und pompösen Kunstform entwickelt.“&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.280f&quot;&gt;S.&amp;nbsp;280f.&lt;/ref&gt; ABBA bedeutete somit eine innovative Neuerung, z.&amp;nbsp;B. schrieb Ken Barnes im [[Rolling Stone]]: „Mit ihren prägnanten und temporeichen Pop-Nummern liegen ABBA viel näher beim eigentlichen Rock’n'Roll als viele dieser übersteigerten Gitarrenkanonen oder diese seelenguten Gruppierungen, die den verwirrten Massen kosmo-dynamische Erleuchtung bringen wollen“ (Palm, 2006).&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.281&quot;&gt;S.&amp;nbsp;281&lt;/ref&gt; Auch andere Kritiker schrieben, dass sich ''[[Waterloo (Album)|Waterloo]]'' „von diesem ganzen Sumpf aus Soul-Balladen und trivialer Country-Musik […] deutlich abhebt“ (Palm, 2006).&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.281&quot; /&gt; Ebenso erhielten spätere Alben wie ''[[Arrival (Album)|Arrival]]'' und ''[[ABBA – The Album]]'' gute Kritiken, u.&amp;nbsp;a. im [[Billboard (Magazin)|Billboardmagazin]], in dem ''Arrival'' bezeichnet wurde als „Album, das Anzeichen künstlerischer Weiterentwicklung zeige.“&lt;ref&gt;[http://www.superseventies.com/spabba.html Super Seventies] Abba − Arrival, abgerufen am 4. April 2016&lt;/ref&gt; Die Songs auf ''The Album'' wurden dafür gelobt, dass „die eingängigen, gedankenvollen Texte nie unter der kräftigen Unterstützung von Keyboard/Synthesizer mit Streichern, Gitarre und Basse im Hintergrund verloren gehen.“&lt;ref&gt;[http://www.superseventies.com/spabba2.html Super Seventies] ABBA − The Album&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In Großbritannien waren vor allem Kritiker der Rockmusik überrascht, dass ABBA auf dem britischen Markt große Erfolge hatte. Eine Popgruppe, die „einfach nur unterhalten wollte“, enttäuschte die Erwartung einer Fortführung der Linie in der Rockmusik. ABBA wurde vorgeworfen, nicht mit den Traditionen der Blues- und Soulmusik verwurzelt zu sein (Palm, 2006).&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.351&quot;&gt;S.&amp;nbsp;351&lt;/ref&gt; Auf ihrer Konzerttournee durch Großbritannien 1977 schrieben Kritiker, die Gruppe würde „clever und rücksichtslos manipulieren“ und bringe „mit der Präzision eines Roboters eine Single nach der anderen heraus“; sie attestierten ihr einen „Mangel an Wärme, eine fast schon eisige Atmosphäre in den technisch perfekten Liveshows“ (Palm, 2006).<br /> <br /> === Auszeichnungen und Ehrungen ===<br /> ABBA erhielt in neun aufeinander folgenden Jahren (1974–1982) von der Jugendzeitschrift [[Bravo (deutsche Zeitschrift)|Bravo]] einen [[Bravo Otto]] in der Kategorie „Band“, erreichte bei der Bravo-Leserwahl aber nie den ersten Platz („Goldener Otto“).<br /> * „Silberner Otto“ (2. Platz): 1974, 1978, 1979, 1980 und 1982.<br /> * „Bronzener Otto“ (3. Platz): 1975, 1976, 1977 und 1981.<br /> <br /> Am 18. April 1977 nahm ABBA an einer Gala zum Frühlingsfest der Zeitung [[Expressen]] teil und bekam eine „Goldene Wespe“ für die 1976 gedrehte Fernsehdokumentation ''ABBA-DABBA-Doo!'' überreicht, die vom Publikum zur besten Sendung des Jahres gewählt worden war.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.14&quot; /&gt;<br /> <br /> 1983 wurde in Schweden ein [[Briefmarkenblock]] ''Musik i Sverige'' herausgegeben, in dem auch eine [[Briefmarke]] mit einem Motiv von ABBA enthalten ist, das die Band auf einer Bühne vor jubelndem Publikum zeigt. Das Motiv basiert auf einem Foto von Anders Hanser, das dieser am 18. September 1979 bei einem Konzert in [[Portland (Oregon)]] ([[Vereinigte Staaten|USA]]) aufgenommen hat. Eine weitere Briefmarke mit einem Motiv von ABBA erschien in Schweden im März 2000. Das Thema dieser Briefmarke ist die musikalische Entwicklung – speziell beim Eurovision Song Contest (damals noch Grand Prix Eurovision de la Chanson). Auf der Briefmarke ist ABBA in den Kostümen von 1974 einer jungen Künstlerin im „[[New Wave]]/[[Techno]]-Outfit“ gegenübergestellt.<br /> <br /> 2002 wurde ABBA in die [[Vocal Group Hall of Fame]] in Sharon ([[Pennsylvania]], USA) aufgenommen, die die besten Gesangsgruppen der Welt ehrt.<br /> <br /> Am 23. Januar 2009 nahmen Fältskog und Lyngstad gemeinsam in Stockholm den Preis [[Rockbjörnen]] („Rock-Bär“) entgegen, der der Popgruppe für ihr Lebenswerk von der schwedischen Zeitung ''[[Aftonbladet]]'' verliehen wurde.<br /> <br /> 2010 wurde ABBA in die [[Rock and Roll Hall of Fame]] aufgenommen.&lt;ref&gt;[http://rockhall.com/inductees/abba/ ABBA in der ''Rock&amp;Roll Hall Of Fame''.] rockhall.com; abgerufen am 16. März 2010.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im September 2012 wurden von [[Madame Tussauds]] vier [[Ceroplastik|Wachsfiguren]] von ABBA angefertigt.&lt;ref&gt;siehe [http://www.abba-intermezzo.de/darc12.htm ABBA Intermezzo – News] 2012&lt;/ref&gt; Dabei tragen die Figuren jene Outfits, mit denen die Gruppe 1975 im Rahmen der Promotion-Tour für ihr drittes Album ''ABBA'' aufgetreten war. Seit Oktober 2012 waren sie in London zu sehen. Im Januar 2013 wanderten die Figuren weiter nach Wien, wo sie sich bis Mitte März befanden.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://www.madametussauds.com/wien/neuigkeiten/abba.aspx |text=madametussauds.com/wien |wayback=20130302031743}} Offizielle Website von Madame Tussauds Wien&lt;/ref&gt; Vom 20. April 2013 an waren die Figuren zwei Monate in Berlin ausgestellt.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://www.madametussauds.com/berlin/neuigkeiten/abba.aspx |text=madametussauds.com |wayback=20130701071928}} Neuigkeiten bei ''Madame Tussauds Berlin'' im April 2013.&lt;/ref&gt; Ende April 2015 übersiedelten die Figuren erneut für drei Monate nach Wien, wo sie im Rahmen einer Song-Contest-Sonderausstellung zu sehen waren.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=https://www.madametussauds.com/Wien/Neuigkeiten/ABBA.aspx |text=MadameTussauds.com |wayback=20151026002327}} ''ABBA in Wien!'' abgerufen am 19. August 2015&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Umfeld der Gruppe ==<br /> * [[Stikkan Anderson|Stig „Stikkan“ Anderson]]<br /> : Manager der Gruppe, Autor einiger früher Songtexte sowie Präsident der Firma [[Polar Music]]; fungierte auch als Berater für die Bandmitglieder in finanziellen Angelegenheiten. Zu seinem 50. Geburtstag am 25. Januar 1981 präsentierte ABBA das Lied ''Hovas Vittne'' in den Kostümen, mit denen die Gruppe 1974 beim Eurovision Song Contest mit ''Waterloo'' aufgetreten waren.<br /> * [[Slim Borgudd]] [[Datei:Grand Prix van NL op circuit van Zandvoort nr. 10 , 11 officials en politie la, Bestanddeelnr 253-8581.jpg|mini|Slim Borgudd (ATS) beim Großen Preis der Niederlande 1981, das ABBA-Logo ist auch auf dem Heckflügel zu sehen]]<br /> : Der frühere Studio-Schlagzeuger von ABBA ist ein begeisterter Motorsportler, der zwischen 1981 und 1982 an zehn [[Formel 1|Formel-1]]-Rennen teilnahm. In der Saison 1981 fuhren Borgudd und der Niederländer [[Jan Lammers]] in einem ATS-Ford, auf dessen Frontfläche und Seitenkästen sich das ABBA-Logo befand.<br /> * [[Ola Brunkert]]<br /> : Schlagzeuger von ABBA<br /> * Anders Eljas<br /> : Keyboarder auf ABBA-Welttourneen und orchestrierte selbst ''[[Chess (Musical)|Chess]]'' und ''[[Kristina från Duvemåla]]'' für ihre Produktionen.&lt;ref&gt;[https://www.dn.se/arkiv/familj/abbas-turne-andrade-hans-liv/] ''[[Dagens Nyheter]]'' 2013-01-15&lt;/ref&gt;<br /> * [[Rutger Gunnarsson]]<br /> : Bassist von ABBA. Brunkert und Gunnarsson waren nach Angaben auf der ABBA-Website die einzigen Musiker, die bei allen Aufnahmen der Band dabei waren.<br /> * [[Lasse Hallström]]<br /> : Regisseur fast aller ABBA-[[Musikvideo]]s und des Filmes ''[[ABBA – Der Film]]''<br /> * Görel Hanser (geb. Johnsen)<br /> : Assistentin von Stig Anderson, persönliche Assistentin der Bandmitglieder und später Vize-Präsidentin der Firma Polar Music sowie bis heute freundschaftlich mit allen vier ABBA-Mitgliedern verbunden. Zum 30. Geburtstag von Hanser sang ABBA 1979 das Lied ''Sång Till Görel'', von dem später eine Auflage von 50 Maxi-Singles produziert wurde. Einen weiteren gemeinsamen musikalischen Auftritt hatten die vier Bandmitglieder im Juni 1999 im privaten Kreis, als sie anlässlich des 50. Geburtstages von Hanser das schwedische Volkslied ''Med En Enkel Tulipan'' als musikalischen Glückwunsch präsentierten. Alle vier Musiker betonten nachher, dass nicht die Gruppe ABBA, sondern – wie bereits zum 30. Geburtstag – vier gute Freunde des Geburtstagskindes gemeinsam gesungen haben.<br /> * [[Tomas Ledin]]<br /> : Backgroundsänger bei ABBA, heute Solokünstler<br /> * Owe Sandström<br /> : Kostümdesigner. Er entwarf die Kleidung der Vier bereits für ihren Auftritt mit ''Ring Ring'' beim schwedischen ESC-Vorentscheid 1973. Nach seinen Angaben hat er für ABBA etwa 100 Kostüme entworfen, die später Teil des ABBA-Museums in Stockholm wurden, und ließ sich dabei unter anderem von der Natur und von Zirkus-Outfits inspirieren.&lt;ref&gt;Olaf Neumann: [https://www.nordbayern.de/kultur/woher-der-kostum-designer-von-abba-seine-ideen-hat-1.11710105 ''Woher der Kostüm-Designer von Abba seine Ideen hat''] nordbayern.de vom 9. Januar 2022, abgerufen am 16. Januar 2022, (Print: Nürnberger Nachrichten vom 10. Januar 2022, S. 10)&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://wwwc.aftonbladet.se/puls/0002/04/abba.html Aftonbladet] 4. Mai 2000&lt;/ref&gt;<br /> * Graham Tainton<br /> : Mit seinen Choreographien hatte die Gruppe Aufmerksamkeit nicht nur für die Musik gewonnen.&lt;ref&gt;[http://abbamikory.blogs.com/abbamikory/2005/06/abba_october_19.html?no_prefetch=1 VeckoRevyn] 25. Oktober 1978&lt;/ref&gt;<br /> * [[Michael B. Tretow]]<br /> : Hauptverantwortlicher und ausführender Studio-Tontechniker sowie Soundentwickler bei allen ABBA-Titeln; gilt musikalisch als „fünftes Mitglied“ der Band.<br /> <br /> == Diskografie ==<br /> {{Eingebundene Diskografie|ABBA/Diskografie|Überschrift=Studioalben}}<br /> <br /> == Filmdokumentationen ==<br /> * ''A for ABBA''. BBC, 20. Juli 1993<br /> * Thierry Lecuyer, Jean-Marie Potiez: ''Thank You ABBA.'' Willow Wil Studios/A2C Video, 1993<br /> * Barry Barnes: ''ABBA − The History.'' Polar Music International AB, 1999<br /> * Chris Hunt: ''The Winner Takes it All − The ABBA Story.'' Littlestar Services/lambic Productions, 1999<br /> * Steve Cole, Chris Hunt: ''Super Troupers − Thirty Years of ABBA''. BBC, 2004<br /> * ''The Joy of Abba''. BBC 4, 27. Dezember 2013 ([http://www.bbc.co.uk/programmes/b03lyzpp BBC-Seite])<br /> * Carl Magnus Palm, Roger Backlund: ''ABBA – When Four Became One''. SVT, 2. Januar 2012<br /> * Carl Magnus Palm, Roger Backlund: ''ABBA – Absolute Image''. SVT, 2. Januar 2012<br /> * ''ABBA – Bang a boomerang''. ABC 1, 30. Januar 2013 ([http://www.abc.net.au/tv/guide/abc1/201301/programs/DO1134Q001D2013-01-30T203200.htm ABC-Seite])<br /> * [https://www.youtube.com/watch?v=OnOca2yLVXQ ''Thank you for the music '']. Sunday Night (7 News), 1. Oktober 2019<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Christer Borg: ''ABBA (Mit Diskografie, Songtexten und 20 SW-Fotos).'' Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 1978, {{OCLC|164785262}}.<br /> * ''ABBA 5 Years.'' In: ''[[Billboard (Magazin)|Billboard Magazine]]'', 8. September 1979, S. 23–46; [http://books.google.de/books?id=6CMEAAAAMBAJ&amp;pg=PT23 Auszug] (Google).<br /> * Carl Magnus Palm: ''ABBA − The Complete Recording Sessions.'' Verulam Publishing, 1994, ISBN 0-907938-10-8.<br /> ** Neuauflage: ''ABBA − The Complete Recording Sessions. Revised and Expanded Edition.'' 1. Ausgabe. CMP Text / CPI Group, 2017, ISBN 978-91-639-2656-3.<br /> * John Tobler: ''ABBA Gold – The complete Story''. 1. Auflage. St Martins Pr, 1994, ISBN 0-312-11227-0.<br /> ** Deutsch: ''ABBA Gold − Die Erfolgsstory. 20 Jahre ABBA''. Übersetzt von Anna-Maria Dahm. Heel Verlag, Königswinter 1994, ISBN 3-89365-371-6.<br /> * Andrew Oldham, Tony Calder, Colin Irwin: ''ABBA – The Name of the Game.'' Trans-Atlantic Publications, 1. Auflage London 1995, ISBN 0-283-06232-0.<br /> ** Deutsch: ''ABBA – Thank you for the Music''. Übersetzt von Heike Steffen. Ullstein Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-548-35950-7.<br /> * Anders Hanser, Carl Magnus Palm: ''Från ABBA till Mamma Mia!'' 1999, ISBN 91-89136-06-3 (schwedisch).<br /> ** Englisch: ''From ABBA to Mamma Mia! The Official Book.'' Billboard Books, 2000, ISBN 978-1-85227-864-9 (Neuauflage Premium Forlag AB, 2010, ISBN 91-89136-62-4)<br /> * Jean-Marie Potiez: ''ABBA – The Book.'' Aurum Press, 1. Auflage London 2000, 2. Auflage 2003, ISBN 1-85410-698-8.<br /> * Carl Magnus Palm: ''Bright Lights, Dark Shadows − The real Story of ABBA.'' Omnibus Press, 1. Auflage 2001, 3. Auflage 2014, ISBN 978-1-78305-359-9.<br /> ** Deutsch: ''Licht und Schatten: ABBA – Die wahre Geschichte''. 1. Auflage. Bosworth Musikverlag, 2002, Neuauflage Berlin 2011, ISBN 978-3-86543-679-5.<br /> * [[Wolfgang Heilemann|Wolfgang „Bubi“ Heilemann]]: ''ABBA − Eine Karriere in Bildern''. 1. Auflage. Achterbahn Musik Verlag, 2001, ISBN 978-3-89719-408-3.<br /> * Frédéric Tonnon, Marisa Garau: ''ABBA − On speaking Terms''. 1. Auflage. The House of Books, 2002, ISBN 90-443-0463-1.<br /> ** Deutsch: ''ABBA − Ihre ganze Geschichte''. Übersetzt von Ilja Braun. Schwarzkopf &amp; Schwarzkopf, Berlin 2005, ISBN 3-89602-640-2.<br /> * Robert Scott: ''ABBA − Thank you for the Music. The stories behind every song.'' Carlton Publishing Group, 1. Auflage 2003, Neuauflage 2009, ISBN 1-84222-793-9.<br /> ** Deutsch: ''ABBA − The Music Still Goes On. Die Story zu ihren Songs''. 1. Auflage. Übersetzt von Karin Miedler und Ursula Pesch. Rockbuch-Verlag Buhmann und Haeseler, Schlüchtern 2004, ISBN 3-927638-18-8.<br /> ** Neuauflage: ''ABBA – Thank you for the Music: Die Storys zu allen Songs.'' edel-Rockbuch, 2011, ISBN 978-3-8419-0105-7.<br /> ** Neuauflage: ''ABBA. Alle Songs und ihre Geschichten.'' Koehler im Maximilian Verlag, Hamburg 2020, ISBN 978-3-7822-1362-2.<br /> * Wolfgang „Bubi“ Heilemann, [[Sabine Thomas]]: ''ABBA – Fotografien 1974–1980.'' Schwarzkopf &amp; Schwarzkopf, Berlin 2004, ISBN 978-3-89602-490-9, 512 Seiten.<br /> ** Neuauflage: ''ABBA – Fotografien 1974–1980.'' Schwarzkopf &amp; Schwarzkopf, Berlin 2011, ISBN 978-3-89602-902-7, 216 Seiten.<br /> * Elisabeth Vincentelli: ''Abba’s Abba Gold.'' Continuum International Publishing Group, New York 2004, ISBN 0-8264-1546-6.<br /> * Carl Magnus Palm: ''Abba – The Complete Guide to their Music''. 1. Auflage. Omnibus Press, 2005, ISBN 1-84449-505-1.<br /> ** Deutsch: ''Abba − Story &amp; Songs kompakt.'' Bosworth Musikverlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-86543-227-8.<br /> * Benny Andersson, Björn Ulvaeus, Judy Craymer: ''Mamma Mia! How can I resist you? Die Geschichte von Mamma Mia! und die Songs von ABBA.'' Krüger Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-8105-0185-9.<br /> * Chuck Klostermann: ''ABBA 1, World 0''. Scribner (Simon &amp; Schuster), 2009, ISBN 978-1-4516-2473-1<br /> * Sara Russell: ''The ABBA Guide to Stockholm''. 1. Auflage. Premium Forlag, 2010, ISBN 91-89136-54-3.<br /> ** Deutsch: ''Der ABBA-Reiseführer nach Stockholm''. 1. Auflage. Premium Publishing, übersetzt von Liska Cersowsky, 2010, ISBN 978-91-89136-69-4.<br /> * Ingmarie Halling, Carl Magnus Palm: ''ABBA − The Backstage stories''. 1. Auflage. Bonnier Fakta, 2014, ISBN 91-7424-411-6.<br /> ** Deutsch: ''ABBA Backstage''. 1. Auflage. Heel Verlag, 2014, ISBN 978-3-86852-878-7.<br /> ** Englisch: ''ABBA − The Treasures''. 1. Auflage. Carlton Books, 2014, ISBN 1-78097-494-9.<br /> * Jan Gradvall, Petter Karlsson, Bengt Wanselius, Jeppe Wikström: ''ABBA − The Official Photo Book''. 1. Auflage. Max Strom, 2014, ISBN 91-7126-282-2.<br /> ** Deutsch: ''ABBA − Die ganze Geschichte in 600 Bildern''. 1. Auflage. National Geographic, 2014, ISBN 978-3-86690-404-0.<br /> * Anna Henker (Hrsg.), Astrid Heyde (Hrsg.): {{Webarchiv |url=https://www.ni.hu-berlin.de/de/np/abba_lexikon.pdf |text=''Abba – Das Lexikon'' |format=PDF |wayback=20170325013726}} Nordeuropa-Institut, Humboldt-Universität Berlin, 2015.<br /> * Steve Harnell (Hrsg.): ''Classic Pop Presents Abba: A Celebration''. In: ''Classic Pop Magazine'' (Spezialausgabe), November 2016<br /> * Tracy McMullen: ''Haunthenticity: Musical Replay and the Fear of the Real''. Wesleyan University Press, 2019, ISBN 978-0-8195-7854-9, S. [https://books.google.de/books?id=h6WSDwAAQBAJ&amp;pg=PA46 46-57] (Kapitel ''The Case of Abba'' und ''ABBA-Mania All Over Again'')<br /> <br /> === Palm: „Licht und Schatten“ ===<br /> Carl Magnus Palm: ''Licht und Schatten. ABBA − Die wahre Geschichte.'' Bosworth Edition, 2006, Paperback-Ausgabe, 638 Seiten. ISBN 3-86543-100-3.<br /> &lt;references responsive group=&quot;P&quot; /&gt;<br /> <br /> === Palm: „Story &amp; Songs kompakt“ ===<br /> Carl Magnus Palm: ''Abba − Story &amp; Songs kompakt.'' Bosworth Edition, 2007, 156 Seiten. ISBN 978-3-86543-227-8.<br /> &lt;references group=&quot;M&quot; /&gt;<br /> <br /> === Gradvall/Karlsson: „ABBA in Bildern“ ===<br /> Jan Gradvall, Petter Karlsson: ''ABBA − Die ganze Geschichte in 600 Bildern.'' [[G+J Entertainment Media|G+J NG]] Buchgesellschaft mbH, Hamburg 2014, 400 Seiten. ISBN 978-3-86690-404-0.<br /> &lt;references group=&quot;B&quot; /&gt;<br /> <br /> === Russell: „ABBA-Reiseführer“ ===<br /> Sara Russell: ''Der ABBA-Reiseführer nach Stockholm.'' Premium Publishing, Stockholm 2010, 155 Seiten. ISBN 978-91-89136-69-4.<br /> &lt;references group=&quot;S&quot; /&gt;<br /> <br /> === Halling: „ABBA Backstage“ ===<br /> Ingmarie Halling, Carl Magnus Palm: ''ABBA Backstage − Approved by ABBA.'' HEEL Verlag GmbH, [[Königswinter]] 2014, 80 Seiten. ISBN 978-3-86852-878-7.<br /> &lt;references group=&quot;I&quot; /&gt;<br /> <br /> === Chartquellen ===<br /> Trent Nickson: [http://home.zipworld.com.au/~callisto/abba.html ABBA Charts]<br /> &lt;references group=&quot;A&quot; /&gt;<br /> * [http://home.zipworld.com.au/~callisto/austria.html Österreich] (Zusammenfassung), siehe [http://austriancharts.at/artist/ABBA Austrian Charts]<br /> * [http://home.zipworld.com.au/~callisto/switzerland.html Schweiz] (Zusammenfassung), siehe [http://hitparade.ch/artist/ABBA Schweizer Hitparade]<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat}}<br /> * {{DNB-Portal|2081856-7|TEXT=Literatur über}}<br /> * [http://www.abba.de/ Deutsche Website]<br /> * [http://www.abbasite.com/ Internationale Website] (englisch)<br /> * [https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2002/jun/08/shopping.artsfeatures Peter Paphides: ''Suptertroupers'' – Artikel im] [[The Guardian]] vom 8. Juni 2002<br /> * Owen Gleibermann: [https://variety.com/2018/film/columns/abba-were-the-feminine-pop-opera-of-their-time-1202880565/ ''The Secret Majesty of ABBA: They Were the Feminine Pop Opera of Their Time'']. Variety, 22. Juli 2018<br /> * Barry Walters: [https://www.npr.org/sections/therecord/2015/05/23/408844375/abbas-essential-influential-melancholy ''ABBA's Essential, Influential Melancholy'']. NPR, 23. Mai 2015<br /> * Jackie Mansky: [https://www.smithsonianmag.com/arts-culture/whats-behind-abbas-staying-power-180969709/ ''What’s Behind ABBA’s Staying Power?'']. Smithonian, 20. Juli 2018<br /> * Alona Wartofsky: [https://www.washingtonpost.com/archive/lifestyle/style/2002/03/31/abbas-sweet-hereafter/2c6af435-f1d9-4868-a802-63f0da22b44c/ ''Abba's Sweet Hereafter'']. Washington Post, 31. März 2002<br /> * [http://getabba.com/ getabba] Übersicht zu sämtlichen ABBA-Veröffentlichungen auf allen Medien (mit Infos zur Titelliste, Label und Bildern)<br /> * [http://abbaarticles.blogspot.de/ ''Abba – The Articles''] – Sammlung zeitgenössischer Zeitungs- und Zeitschriftenartikel zu Abba<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references responsive /&gt;<br /> <br /> {{NaviBlock<br /> |Navigationsleiste ABBA<br /> |Navigationsleiste Gewinner des Eurovision Song Contest<br /> |Navigationsleiste Schweden beim Eurovision Song Contest<br /> |Navigationsleiste Interpreten beim Eurovision Song Contest 1974<br /> }}<br /> <br /> {{Lesenswert|28. Mai 2006|17188018}}<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=k|GND=2081856-7|LCCN=n78090836|VIAF=132672797}}<br /> <br /> [[Kategorie:ABBA| ]]<br /> [[Kategorie:Popband]]<br /> [[Kategorie:Schwedische Band]]<br /> [[Kategorie:Interpret eines Siegerbeitrags zum Eurovision Song Contest]]<br /> [[Kategorie:Interpret eines schwedischen Beitrags beim Eurovision Song Contest]]<br /> [[Kategorie:Mitglied der Rock and Roll Hall of Fame]]<br /> [[Kategorie:Stikkan Anderson]]<br /> [[Kategorie:Benny Andersson]]<br /> [[Kategorie:Björn Ulvaeus]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=ABBA&diff=225536869 ABBA 2022-08-22T09:54:05Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>{{Dieser Artikel|behandelt die Musikgruppe. Zu ihrem gleichnamigen Album siehe [[ABBA (Album)]], zu anderen Bedeutungen des Wortes „Abba“ siehe [[Abba (Begriffsklärung)]].}}<br /> {{Infobox Band<br /> |Logo = ABBA-Logo.svg<br /> |Bild = ABBA - TopPop 1974 5.png<br /> |Bildbeschreibung = ABBA: Benny Andersson, Anni-Frid Lyngstad, Agnetha Fältskog, Björn Ulvaeus (von links nach rechts), 1974<br /> |Herkunft = Schweden<br /> |Genre = [[Popmusik]]<br /> |Gründung = 1972<br /> |Auflösung = <br /> |Neugründung = <br /> |Auflösung2 = <br /> |Website = [http://www.abbasite.com/ www.abbasite.com]<br /> |Besetzung1a = [[Agnetha Fältskog]]<br /> |Besetzung1b = [[Gesang]]<br /> |Besetzung2a = [[Anni-Frid Lyngstad|Anni-Frid „Frida“ Lyngstad]]<br /> |Besetzung2b = Gesang<br /> |Besetzung3a = [[Benny Andersson]]<br /> |Besetzung3b = [[Keyboard]], [[Klavier]], [[Akkordeon]], Gesang<br /> |Besetzung4a = [[Björn Ulvaeus]]<br /> |Besetzung4b = [[Gitarre]], Gesang<br /> |Bildbreite = 200px<br /> }}<br /> '''ABBA''' ist eine [[Schweden|schwedische]] [[Band (Musik)|Popgruppe]], die aus den ehemaligen Paaren [[Agnetha Fältskog|'''A'''gnetha Fältskog]] und [[Björn Ulvaeus|'''B'''jörn Ulvaeus]] sowie [[Benny Andersson|'''B'''enny Andersson]] und [[Anni-Frid Lyngstad|'''A'''nni-Frid Lyngstad]] besteht und sich 1972 in [[Stockholm]] formierte. Sie gehört mit rund 400 Millionen verkauften [[Tonträger]]n zu den [[Liste von Interpreten mit den meisten verkauften Tonträgern weltweit|erfolgreichsten Bands der Musikgeschichte]].&lt;ref&gt;[https://www.universal-music.de/abba/biografie universal-music.de] Abgerufen am 27. April 2018&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die Gruppe hat die Geschichte der [[Popmusik]] mitgeprägt. Bis in die 1970er Jahre hatte es keine anderen [[Skandinavien|Skandinavier]] mit vergleichbaren Erfolgen gegeben. Trotz [[Vereinigte Staaten|US-amerikanischer]] und [[Vereinigtes Königreich|britischer]] Dominanz im Musikgeschäft gelang ABBA der internationale Durchbruch.&lt;ref&gt;[https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/pop/sie-nannten-sie-the-abba-warum-wurde-waterloo-1974-ein-solcher-hit-14228995.html faz.net]&lt;/ref&gt; Nach ihrem Sieg beim [[Eurovision Song Contest 1974]] mit ''[[Waterloo (Lied)|Waterloo]]'' war man besonders in [[Europa]] und [[Australien]] sowie später auch in [[Lateinamerika]] und [[Japan]] erfolgreich. Vor allem in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre galt ABBA wegen der aufwendigen und ausgefeilten Musikproduktionen als Mitbegründer einer neuen internationalen Popmusik.<br /> <br /> Zu ihren bekanntesten Songs zählen ''[[SOS (ABBA-Lied)|SOS]]'', ''[[Mamma Mia (Lied)|Mamma Mia]]'', ''[[Fernando (Lied)|Fernando]]'', ''[[Dancing Queen]]'', ''[[Money, Money, Money]]'', ''[[Take a Chance on Me]]'', ''[[The Winner Takes It All]]'' und ''[[Super Trouper (Lied)|Super Trouper]]''. Charakteristisch für die Gruppe waren außerdem ihre für die damalige Zeit ausgefallenen bunt-poppigen Kostüme, die das [[Quartett (Musik)|Quartett]] bei Auftritten und in [[Musikvideo]]s trug. Während Ulvaeus und Andersson hauptsächlich für Kompositionen und Texte verantwortlich waren, agierten Fältskog und Lyngstad vorwiegend als [[Band (Musik)#Frontleute|Leadsängerinnen]].<br /> <br /> Das 1992 veröffentlichte Best-of-Album ''[[ABBA Gold – Greatest Hits|ABBA Gold]]'' zählt mit 31 Millionen verkauften Exemplaren zu den weltweit erfolgreichsten Alben und hat maßgeblich zum [[#Das ABBA-Revival in den 1990er Jahren|ABBA-Revival in den 1990ern]] beigetragen.&lt;ref name=&quot;abbasiteStory&quot;&gt;Geschichte von ABBA auf [https://abbasite.com/story/ abbasite.com] Abgerufen am 27. April 2018&lt;/ref&gt; 1999 hatte das auf ABBA-Songs basierende [[Musical]] ''[[Mamma Mia! (Musical)|Mamma Mia!]]'' in [[London]] Premiere, das mit über 60 Millionen Zuschauern eines der erfolgreichsten Musicals der Welt ist.&lt;ref name=&quot;abbasiteStory&quot; /&gt;&lt;ref name=&quot;Palm&quot;&gt;Carl Magnus Palm: ''Abba: Bright Lights Dark Shadows''. Omnibus Press, überarbeitete und aktualisierte Auflage 2014, ISBN 978-1-78305-359-9, S. [https://books.google.de/books?id=SufjAgAAQBAJ&amp;pg=PT6 6]&lt;/ref&gt; Die [[Mamma Mia! (Film)|Verfilmung von ''Mamma Mia!'']] aus dem Jahr 2008 gehört darüber hinaus zu den erfolgreichsten [[Musical#Das Filmmusical|Musicalverfilmungen]].<br /> <br /> 1982 beendeten die Gruppenmitglieder aufgrund privater Differenzen vorläufig ihre musikalische Zusammenarbeit und gaben erst 2018 bekannt, dass sie wieder zusammen an neuem Material arbeiteten.&lt;ref&gt;[http://orf.at/stories/2435925/2435924/ Neue Abba-Songs nach Jahrzehnten] Abgerufen am 27. April 2018&lt;/ref&gt; Obwohl es über einen Zeitraum von fast 40 Jahren weder Bandauftritte noch neue Musik gab, blieben ihre Lieder nach wie vor populär.&lt;ref name=&quot;Moskovitz&quot;&gt;David V. Moskovitz: ''The 100 Greatest Bands of All Time: A Guide to the Legends Who Rocked the World''. ABC-CLIO, 2015, ISBN 978-1-4408-0340-6, S. [https://books.google.de/books?id=8XG9CgAAQBAJ&amp;pg=PA1 1-6]&lt;/ref&gt; So werden ihre Stücke weiterhin in unterschiedlichsten Interpretationen und Coverversionen produziert und meistens sehr erfolgreich vermarktet; seit 2013 gibt es in Stockholm ein [[ABBA The Museum|ABBA-Museum]]. 2021 gab die Band ihr [[Comeback]] im Rahmen einer virtuellen Konzertshow bekannt unmmnkvkvkvd veröffentlichte vier neue Singles sowie ihr neuntes Studioalbum ''[[Voyage (Album)|Voyage]]''.&lt;ref&gt;Marlon Jungjohann und Bettina Baumann: [https://www.dw.com/de/abba-neues-album-und-neue-show/a-59052241 ''ABBA mit neuem Album und neuer Show zurück''] In: [[Deutsche Welle|dw.com]], 2. September 2021, abgerufen am 5. September 2021.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Werdegang ==<br /> === Die Zeit vor der Bandgründung (1966–1972) ===<br /> Im Juni 1966 lernte [[Björn Ulvaeus]], der zu dieser Zeit als Mitglied der [[Hootenanny Singers]] in den schwedischen Folkparks Erfolg hatte, den Musiker [[Benny Andersson]] kennen, der Pianist bei den landesweit erfolgreichen [[The Hep Stars|Hep Stars]] war. Bei ihrem zweiten Treffen drei Wochen später schrieben sie nach einer Party in Ulvaeus’ Elternhaus ihr erstes gemeinsames Stück ''Isn’t It Easy to Say'', das später von den Hep Stars veröffentlicht wurde.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.105f.&quot;&gt;S. 105&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Die in Norwegen geborene [[Anni-Frid Lyngstad]] (Frida) gewann 1967 einen nationalen Talentwettbewerb und wurde in den kommenden Jahren ebenfalls eine bekannte, wenn auch weniger erfolgreiche Jazz- und Folk-Sängerin. [[Agnetha Fältskog]], die während ihrer Solokarriere vor allem schwedische Schlagermusik machte, hatte 1968 ihren nationalen Durchbruch als Sängerin und Komponistin. Fältskog und Ulvaeus trafen sich im selben Jahr mehrmals auf Tourneen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.144ff.&quot;&gt;S. 144 ff.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> 1969 produzierten Andersson und Ulvaeus für die Künstlerin [[Brita Borg]] gemeinsam den Song ''Ljuva Sextital'' sowie einen Teil des Soundtracks für den schwedischen Film ''Inga II'' und traten nebenbei mehrfach mit dem schwedischen Gesangsduo [[Svenne &amp; Lotta]] auf.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.170f.&quot;&gt;S. 170 f.&lt;/ref&gt; Lyngstad erreichte im März 1969 bei der [[Melodifestivalen|schwedischen Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest]] mit dem Lied ''Härlig Är Vår Jord'' („Unsere Welt ist herrlich“) den 4. Platz, während Andersson als Komponist antrat.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.126f.&quot;&gt;S. 126 f.&lt;/ref&gt; Im Rahmen der Veranstaltung lernten sich Lyngstad und Andersson kennen und begannen kurz darauf eine Liebesbeziehung.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.128&quot;&gt;S. 128&lt;/ref&gt; Im Mai 1969 wirkten Ulvaeus und Fältskog gemeinsam in einer Fernsehsendung mit und begannen ebenfalls eine Beziehung.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.156f.&quot;&gt;S. 156 f.&lt;/ref&gt; Zur selben Zeit verließ Andersson die Hep Stars und verlobte sich im August 1969 mit Lyngstad, die kurz darauf unter seiner Produktion die Single ''Peter Pan'' aufnahm.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.172&quot;&gt;S. 172&lt;/ref&gt;<br /> <br /> 1970 wurde ''She’s My Kind of Girl'' als erste gemeinsame Single von Andersson und Ulvaeus veröffentlicht.&lt;ref&gt;“Lycka”/Björn Ulvaeus &amp; Benny Andersson. Begleittext zur CD, 2006 Polar Music International AB&lt;/ref&gt; Im April 1970 verlobten sich auch Fältskog und Ulvaeus.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.183&quot;&gt;S. 183&lt;/ref&gt; Nebenbei wirkte Ulvaeus bei Fältskogs [[Soloalbum]] ''Som jag är'' mit, während Andersson als Produzent von Lyngstads [[Musikalbum#Debütalbum|Debütalbum]] ''Frida'' fungierte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.187f.&quot;&gt;S. 187 f.&lt;/ref&gt; Etwa zur selben Zeit nahmen Andersson und Ulvaeus bei [[Stikkan Anderson|Stig Andersons]] Plattenfirma [[Polar Music]] ihr erstes gemeinsames Album mit dem Titel ''[[Lycka (Album)|Lycka]]'' („Glück“) auf. Mit dieser LP-Produktion begann die Zusammenarbeit mit dem Toningenieur [[Michael B. Tretow]], der später maßgeblich an der Soundentwicklung von ABBA beteiligt war. Unterstützt wurden sie bei einigen Titeln bereits von Fältskog und Lyngstad, die verschiedene [[Begleitgesang|Backing Vocals]] sangen. So gilt der schwedische Song ''Hej Gamle Man'' („Hallo, alter Mann“) als erstes Musikstück, bei dem alle vier Mitglieder von ABBA zu hören sind.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://www.abbasite.com/lycka-the-only-bjorn-benny-album/ |text=ABBAsite.com |wayback=20180224113105}} ''Lycka – the only Björn &amp; Benny album''&lt;/ref&gt; Auf dessen Singlecover sowie auf dem Album ''Lycka'' sind aber nur „Björn Ulvaeus &amp; Benny Andersson“ genannt.<br /> <br /> Neben den Aufnahmen inszenierten die vier Musiker im selben Jahr die Show „Festfolk“ und traten am 1. November 1970 in [[Göteborg]] zum ersten Mal als Gruppe auf.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.184f.&quot;&gt;S. 184 f.&lt;/ref&gt; Einen ihrer ersten gemeinsamen Fernsehauftritte hatten die vier Schweden im Dezember 1970 unter der Bandbezeichnung „Festfolket“ in einer [[Western]]-Nostalgierevue, wo sie den US-amerikanischen Songklassiker ''California, Here I Come'' in Western-Kostümen präsentierten. Fältskog und Ulvaeus heirateten am 6. Juli 1971 im südschwedischen Verum.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.190f.&quot;&gt;S. 190 f.&lt;/ref&gt; 1972 übernahm Fältskog in Göteborg die Rolle der [[Maria Magdalena]] in der schwedischen Version des Musicals ''[[Jesus Christ Superstar]]''.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.204f.&quot;&gt;S. 204 f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Formierung zur Band (1972–1973) ===<br /> [[Datei:ABBA - Popzien 1973 4.png|mini|„Björn &amp; Benny, Agnetha &amp; Anni-Frid“ bei einem Auftritt mit ''Ring Ring'', 1973]]<br /> Die Singles von Andersson und Ulvaeus wurden bis auf ''Hej Gamle Man'' keine Hits in Schweden. Doch 1972 wurde ''She’s My Kind of Girl'' in Japan veröffentlicht und gelangte auf Platz 7 der dortigen Verkaufscharts sowie an die Spitze einiger anderer Hitparaden.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;JP&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/japan.html |text=Japan |webciteID=67CvxaRLK}} (Zusammenfassung), siehe MURAKAMI Chifumi [http://www.ne.jp/asahi/chifumi/abba/ Oriental ABBAland] Diskografie Japan, 1996, abgerufen am 13. November 2015&lt;/ref&gt; Die Tatsache, dass eines ihrer englischen Lieder in einem anderen Land Erfolg hatte, war für die beiden Musiker ein Grund, von da an mehr auf englische Popsongs zu setzen. Durch die Erkenntnis, dass die Stimmen von Fältskog und Lyngstad auf einigen ihrer früheren Stücke gut mit ihren eigenen harmonierten, wollten Andersson und Ulvaeus ihre Lebensgefährtinnen auch in kommende Produktionen mit einbeziehen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.210f.&quot;&gt;S. 210 f.&lt;/ref&gt; Der Titel des ersten Liedes, das die vier Musiker im März 1972 als Gruppe aufnahmen, war ''[[People Need Love]]''. Dabei sahen sie sich allerdings nicht als „feste“ Gruppe, denn alle Beteiligten waren parallel mit eigenen Produktionen beschäftigt.<br /> <br /> ''People Need Love'' wurde im Juni 1972 veröffentlicht, wobei auf dem Cover anstatt eines Bandnamens lediglich ihre Vornamen „Björn &amp; Benny, Agnetha &amp; Anni-Frid“ aufgezählt wurden.&lt;ref&gt;{{Webarchiv|url=http://www.abbasite.com/discography/album/people-need-love-merry-go-round/ |wayback=20170415011316 |text=ABBA The official site }} People Need Love / Merry-Go-Round&lt;/ref&gt; Die Single erreichte Platz 17 der kombinierten schwedischen Single- und Album-Verkaufscharts und Platz 3 in der „Tio i Topp“- Hitparade.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;SE&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/sweden.html |text=Schweden |webciteID=66hMkXtvG}} (Zusammenfassung), siehe [http://www.hitsallertijden.nl/charts/swedish%20charts/swedish%20charts%20index.htm Kombinierte schwedische Charts 1966–1975], [http://www.swedishcharts.com/showinterpret.asp?interpret=ABBA Schwedische Charts ab 1975] und Eric Hallberg, Ulf Henningsson: ''TIO I TOPP – med de utslagna „På försök“ 1961–1974'' (schwedisch), Premium Publishing, Stockholm 2012, 560 Seiten. ISBN 978-91-89136-89-2&lt;/ref&gt; Diesen verhältnismäßig großen Erfolg nahmen die vier Künstler zum Anlass, auch ein gemeinsames Album aufzunehmen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.218&quot;&gt;S. 218&lt;/ref&gt; Zwischen Herbst 1972 und Frühling 1973 wurde ''[[Ring Ring]]'' produziert, dessen erste Single ''[[He Is Your Brother]]'' im November 1972 erschien.<br /> <br /> Um auf dem deutschen Markt höhere Verkaufszahlen zu erreichen, nahmen sie – wie zu dieser Zeit bei vielen internationalen Künstlern üblich – ihre schwedischen Lieder ''Hej Gamle Man'' (Hey, Musikant) und ''Livet går sin gång'' ''(Was die Liebe sagt)'' sowie die englischsprachigen Songs ''Ring Ring'' und ''Another Town, Another Train'' ''(Wer im Wartesaal der Liebe steht)'' auch mit deutschen Texten auf. Den ersten Auftritt im deutschen Fernsehen hatte die Gruppe am 6. Januar 1973 in der Musiksendung ''[[Disco (Fernsehsendung)|Disco]]'' mit ihrer ersten Single ''[[People Need Love]]''. Moderator [[Ilja Richter]] stellte die unbekannte schwedische Band namentlich vor, auf der Bühne standen allerdings Björn Ulvaeus, Benny Andersson, Frida Lyngstad und Inger Brundin – eine Freundin von Lyngstad, die ersatzweise für Fältskog auftrat, da diese im achten Monat schwanger war und daher nicht verreisen wollte. Die Band war damals in Deutschland unbekannt, und so fiel der Wechsel niemandem im Publikum auf.<br /> <br /> Im Februar 1973 traten die vier Musiker mit dem Lied ''[[Ring Ring (Lied)|Ring Ring]]'' – Fältskog war zu dieser Zeit im neunten Monat schwanger – als „Publikumsfavorit“ zur schwedischen Vorentscheidung des [[Eurovision Song Contest]] an, wurden aber von der Experten-Jury auf den 3. Platz gewählt.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.228f.&quot;&gt;S. 228–231&lt;/ref&gt; Nur wenige Tage später wurde ''Ring Ring'' auf Schwedisch und Englisch als Single herausgegeben. Als am 26. März 1973 auch das Album erschien, waren die beiden Singles insgesamt bereits rund 100.000 Mal verkauft worden.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 232&quot;&gt;S. 232&lt;/ref&gt; Sie belegten gemeinsam mit dem Album die ersten drei Plätze der schwedischen Verkaufscharts.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;SE&quot; /&gt; ''Ring Ring'' wurde in 15 Ländern veröffentlicht und erreichte auch in Dänemark und Belgien Platz 1 der Singlecharts.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.228&quot;&gt;S.&amp;nbsp;228&lt;/ref&gt; Aufgrund des anhaltenden Gruppenerfolges in Skandinavien planten die vier Musiker und ihr nunmehriger [[Musikmanagement|Manager]] Stig Anderson eine erneute Teilnahme am [[Melodifestivalen]] im folgenden Jahr.<br /> <br /> === „Grand Prix“-Sieg und erste internationale Erfolge (1974) ===<br /> [[Datei:ABBA - TopPop 1974 1.png|mini|ABBA am 26. April 1974 auf Promotion-Tour in den Niederlanden]]<br /> Im September 1973 begannen die vier Künstler mit den Aufnahmen für ihr zweites Album, nachdem kurz davor im Sommer ihr neuer Bandname „ABBA“ beschlossen worden war.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 241f.&quot;&gt;S. 241&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Zur selben Zeit wurden sie erneut eingeladen, einen Beitrag für den schwedischen Vorentscheid des [[Eurovision Song Contest]]s im kommenden Jahr zu schreiben. Im Winter 1973/74 entstand so der Titel ''[[Waterloo (Lied)|Waterloo]]''. Ursprünglich fasste die Gruppe auch das Lied ''[[Hasta Mañana]]'' ins Auge, da diese Ballade dem Stil der Siegertitel aus den Vorjahren recht ähnlich war und man sich damit große Gewinnchancen erhoffte. Letztendlich entschieden sie sich aber doch für ''Waterloo'', weil es gerade durch seinen neuartigen und innovativen Stil aus dem Balladenschema ausbrach.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.254&quot;&gt;S. 254&lt;/ref&gt; Zudem sang Fältskog in ''Hasta Mañana'' allein die Lead Vocals, während ''Waterloo'' ein Duett beider Sängerinnen darstellt und somit ihr Image als Gruppe bestärkte.<br /> <br /> Mit ''Waterloo'' setzte sich die Gruppe im Februar 1974 zunächst beim Melodifestivalen durch. Am 4. März 1974 wurde sowohl das neue Album, das ebenfalls den Titel ''[[Waterloo (Album)|Waterloo]]'' trug, als auch die Single veröffentlicht. Um sicherzugehen, dass die Band unter ihrem neuen Namen nicht verwechselt werden konnte, wurden ihre Vornamen (''Björn, Benny, Agnetha &amp; Frida'') in Klammern hinter ihren neuen Namen ABBA gesetzt.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S. 24&quot;&gt;S. 24.&lt;/ref&gt; Die LP erreichte schnell die Spitze der schwedischen Hitparade und brach den Verkaufsrekord, während die Singles (auf Englisch und Schwedisch) in den kombinierten Single- und Album-Verkaufscharts Platz 2 und 3 belegten.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 258&quot;&gt;S. 258.&lt;/ref&gt; Stig Anderson reiste schon im Vorfeld des Song Contests durch mehrere europäische Länder, um die Single zu platzieren.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.256&quot;&gt;S. 256&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 6. April 1974 trat ABBA bei der Austragung des „Grand-Prix“-Finales im englischen [[Brighton]] an. Nach einem für den Wettbewerb bis dahin musikalisch eher untypischen, aber sehr effektvoll inszenierten Auftritt dominierte ABBA die Punktewertung und belegte unter den 17 teilnehmenden Ländern schließlich mit deutlichem Vorsprung den 1. Platz. Dieser Sieg war der Beginn ihrer internationalen Karriere. Die Single ''Waterloo'' wurde in 54 Ländern veröffentlicht und erreichte in vielen davon vordere Plätze in den Hitparaden.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 281&quot;&gt;S. 281.&lt;/ref&gt;&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/abba.html |text=Übersicht |webciteID=66jBnSerf}}&lt;/ref&gt; Sie verkaufte sich über 5 Millionen Mal&lt;ref&gt;[http://www.superseventies.com/1977_6singles.html SuperSeventies.com] „Waterloo“&lt;/ref&gt; und wurde sogar in den USA zum [[Musikcharts#Hitparadenspezifische Begriffe|Top-Ten]]-Hit.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;US&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/usa.html |text=USA |webciteID=65oGl33Lc}} (Zusammenfassung), siehe [http://www.billboard.com/artist/275303/abba/chart Billboard] und [http://www.allmusic.com/artist/abba-mn0000922728/awards Allmusic]&lt;/ref&gt; Nach diesem Erfolg erschien in einigen Ländern auch das Album ''Waterloo'', das sich allerdings bis auf wenige Ausnahmen nicht besonders erfolgreich in den Charts platzieren konnte.<br /> <br /> Die ebenfalls im April 1974 veröffentlichte Single ''[[Honey, Honey]]'' war nur noch in Deutschland, Österreich und der Schweiz erfolgreich. Im Sommer 1974 war Aufnahmebeginn für ein nächstes Gruppenalbum, aus dem schon im November die erste Single ''[[So Long]]'' ausgekoppelt wurde. Zur selben Zeit startete ABBA mit ihrer ersten größeren Europatournee, bei der die Gruppe zwischen 18. und 30. November 1974 auch in sieben deutschen Städten gastierte, u.&amp;nbsp;a. in Frankfurt, Bremen und Hannover.&lt;ref&gt;[http://abbaplaza.com/site-en/TourDates.asp?IdTour=1&amp;IdLeg=1 ABBA Plaza] Konzertdaten (1974–1975 TOUR OF EUROPE)&lt;/ref&gt; Die Begeisterung beim Publikum war allerdings zurückhaltend, und der erhoffte Erfolg außerhalb Skandinaviens blieb zunächst noch weitgehend aus. Keines der Konzerte war ausverkauft, in der [[Wiener Stadthalle]] war beispielsweise weniger als ein Viertel der vorhandenen Plätze belegt. Das Konzert in Düsseldorf sowie das einzige in der Schweiz angesetzte Konzert wurden wegen des schwachen Vorverkaufs sogar abgesagt.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 287ff.&quot;&gt;S. 287&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Es gab auch Fernsehauftritte in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]]: Im November 1974 trat ABBA in der Fernseh-Unterhaltungssendung ''[[Ein Kessel Buntes]]'' auf. Die Band präsentierte die drei Titel ''Waterloo'', ''So Long'' und ''Honey Honey'' sowie einen Ausschnitt von ''Waterloo'' in der deutschsprachigen Version. Es war einer der wenigen Bühnenauftritte, bei denen Andersson mit auf der Bühne stand und nicht am Klavier saß. Ebenfalls im November 1974 gastierte die Band in der Jugendfernsehsendung ''[[Rund (Fernsehsendung)|Rund]]'' des Fernsehsenders [[Deutscher Fernsehfunk|DDR 1]].<br /> <br /> === Rückschläge und Rückkehr in die Charts (1975) ===<br /> [[Datei:Ulvaeus Lyngstad Fältskog at Eddy Go Round Show 1975.png|mini|ABBA auf Promotion-Tour (1975)]]<br /> In Schweden war ABBA weiterhin sehr populär. Auch die Konzerte auf ihrer Tournee durch Skandinavien im Januar 1975 waren alle ausverkauft. Auf der anderen Seite begann die heimische Presse jedoch zunehmend eine kritische Haltung gegenüber der aufstrebenden Popgruppe einzunehmen, da deren Meinung nach die Gruppe „zu kommerziell“ und die Musik „zu oberflächlich und unkritisch“ war.&lt;ref group=&quot;B&quot; name=&quot;S.172&quot;&gt;S. 172&lt;/ref&gt;&lt;ref group=&quot;I&quot; name=&quot;S.20f&quot;&gt;S. 20&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Nach wie vor arbeitete keiner der Künstler ausschließlich in diesem Gruppenverband, sondern jeder hielt sich zunächst weitere Optionen für seine eigene Karriere offen. So veröffentlichten Fältskog und Lyngstad 1975 jeweils ein schwedisches [[Soloalbum]]; außerdem wirkte Lyngstad als Hintergrundsängerin bei der Produktion des Songs ''[[Moviestar (Lied)|Moviestar]]'' von [[Harpo]] mit.<br /> <br /> Die dritte Gruppen-[[Schallplatte|LP]] mit dem schlichten Titel ''[[ABBA (Album)|ABBA]]'' erschien am 21. April 1975. Bis Jahresende wurden in Schweden 450.000 Exemplare verkauft, mehr als von jedem anderen Album zu dieser Zeit.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.326&quot;&gt;S. 326&lt;/ref&gt; Außerhalb Skandinaviens war es jedoch ein [[Warenrotation#Langsamdreher|Ladenhüter]] und es schien, als sei die internationale Karriere von ABBA schnell wieder beendet. Die zeitgleich veröffentlichte Single ''[[I Do, I Do, I Do, I Do, I Do]]'' erreichte zunächst lediglich in der Schweiz und Südafrika Platz 1 der [[Musikcharts|Hitparaden]]. Auf dem für Popgruppen sehr wichtigen und einflussreichen britischen Markt stießen jedoch weder die Singles noch das neue Album auf große Resonanz, da die Gewinner des „Grand Prix“ (Heute: Eurovision Song Contest) dort als [[One-Hit-Wonder]] galten.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.284&quot;&gt;S. 284&lt;/ref&gt; Währenddessen hatte ABBA auf ihrer Folkpark-Tournee durch Schweden im Sommer 1975 eine Vielzahl von Zusehern und stellte beispielsweise im Stockholmer Vergnügungspark [[Gröna Lund]] mit über 19.000 Zuschauern einen Besucherrekord auf.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.100&quot;&gt;S. 100&lt;/ref&gt; Parallel dazu erschien ''[[SOS (ABBA-Lied)|SOS]]'' als dritte Single aus dem Album. Dieser neuartige Poptitel erreichte unter anderem Platz 6 der britischen Charts sowie [[Liste der Nummer-eins-Hits in Deutschland (1975)|Platz 1]] in Deutschland und war sowohl vom Arrangement als auch von der Soundqualität für ABBA nun richtungweisend für ihre weiteren Songproduktionen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.316&quot;&gt;S. 316&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Neben den Fernsehauftritten, mit denen die Gruppe stets für ihre neuen Alben und Singles warb, wurden zu vier Liedern aus dem neuesten Album [[Musikvideo]]s produziert, die vor allem für die Ausstrahlung in Ländern außerhalb Europas gedacht waren. Als ''[[Mamma Mia (Lied)|Mamma Mia]]'' im August 1975 in der australischen Musiksendung ''Count Down'' gezeigt wurde, gingen beim Fernsehsender [[Australian Broadcasting Corporation|ABC]] zahlreiche Anrufe mit der Bitte um wiederholte Ausstrahlung ein.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 310f.&quot;&gt;S. 310&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Die Anfrage des australischen Plattenlabels [[RCA Records|RCA]] bei Polar Music für die Veröffentlichung der entsprechenden Single wurde zuerst abgelehnt, da Stig Anderson der Ansicht war, dass bereits genug Singles aus dem Album ausgekoppelt seien und diese das Album ''ABBA'' im Gesamten bewerben sollten. Die Veröffentlichung von zu vielen Singles würde nur bewirken, dass der Gewinn durch Alben zurückgehe, welche die Haupteinnahmequelle der Plattenfirma seien.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 311f.&quot;&gt;S. 311&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Die Anfragen von RCA sowie die immense Nachfrage des australischen Publikums ließen jedoch nicht nach, weswegen Polar Music letztendlich einer Singleveröffentlichung zustimmte.<br /> <br /> Durch das rasant gestiegene Interesse an der bis dahin unbekannten, schwedischen Gruppe erreichte ''I Do, I Do, I Do, I Do, I Do'' im Oktober 1975 die australische Chartspitze. Drei Wochen später löste ''Mamma Mia'' sie ab und belegte für zehn Wochen [[Liste der Nummer-eins-Hits in Australien (1975)|Platz 1]], wodurch sie zu einer der erfolgreichsten Singles des Jahres wurde.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;AU&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/australia.html |text=Australien |wayback=20170310180839}} (Zusammenfassung), siehe David Kent: ''AUSTRALIAN CHART BOOK 1970–1992'' (englisch), Australian Chart Book Pty. Ltd., 444 Seiten. ISBN 0-646-11917-6&lt;/ref&gt; In der Folge erschien ''Mamma Mia'' auch international und kam unter anderem in Deutschland und Großbritannien ebenfalls bis an die Spitze der Charts.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;DE&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/germany.html |text=Deutschland |wayback=20090707103811}} (Zusammenfassung), siehe [https://www.offiziellecharts.de/suche?artist_search=Abba&amp;do_search=do Offizielle Charts] und [http://www.chartsurfer.de/artist/abba/neu.html Chartsurfer]&lt;/ref&gt;&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;UK&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/uk.html |text=Großbritannien |wayback=20160620005906}} (Zusammenfassung), siehe [http://www.officialcharts.com/artist/8604/abba/ Official Charts] (Website der Official Charts Company)&lt;/ref&gt; Zudem veröffentlichte die Gruppe im November 1975 ihre erste [[Kompilation (Musik)|Kompilation]] mit dem Titel ''[[Greatest Hits (ABBA-Album)|Greatest Hits]]'', in einigen Ländern unter ''The Best of ABBA''. Dieses Album verhalf ABBA auch auf dem LP-Markt zum internationalen Durchbruch und wurde zu einem der größten Verkaufserfolge ihrer Karriere. Allein in Schweden hielt es die Spitzenposition der Albumcharts für acht Wochen und verkaufte sich fast 300.000 Mal.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;SE&quot; /&gt;&lt;ref name=&quot;BillboardSE&quot;&gt;[http://books.google.se/books?id=6CMEAAAAMBAJ&amp;pg=PT62&amp;dq=abba+sweden+billboard&amp;hl=de&amp;sa=X&amp;ei=EdQVVKvCMsSGywPdmIEw&amp;ved=0CCcQ6AEwAQ#v=onepage&amp;q=abba%20sweden%20billboard&amp;f=false Billboard-Magazin 1979] Spezial-Artikel ''ABBA 5 Years'' in der Billboard-Ausgabe vom 8. September 1979, abgerufen am 13. April 2017&lt;/ref&gt; In Großbritannien wurde es zum zweit-erfolgreichsten Album der [[1970er]], während es in Australien mit über einer Million verkauften Exemplaren einen neuen Verkaufsrekord aufstellte.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://home.zipworld.com.au/~callisto/weeksuk.html |text=ABBA Charts: United Kingdom – Additional Information |wayback=20170310181220}} End of Decade Charts (weiter unten), abgerufen am 13. April 2017&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://books.google.at/books?id=6CMEAAAAMBAJ&amp;pg=PT46&amp;dq=the+best+of+abba+platinum+billboard+australia&amp;hl=de&amp;sa=X&amp;ved=0ahUKEwjtqrXY3KHTAhVIsBQKHaQKAZ0Q6AEIHDAA#v=onepage&amp;q=the%20best%20of%20abba%20platinum%20billboard%20australia&amp;f=false Billboard Magazine 8. Sept. 1979] Abgerufen am 13. April 2017&lt;/ref&gt; 1981 war es in einer offiziellen Statistik von [[Polar Music]] mit über 7 Millionen Exemplaren das meistverkaufte Album der Gruppe.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.99&quot;&gt;S.&amp;nbsp;99&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Höhepunkt der internationalen Karriere (1976–1977) ===<br /> [[Datei:ABBA Schiphol 1976.jpg|mini|ABBA am Flughafen Amsterdam-Schiphol, 1976]]<br /> [[Datei:Abba 28011977 15 200.jpg|mini|Agnetha Fältskog in der Ekeberghall in [[Oslo]] am 28. Januar 1977]]<br /> Mit dem großen Erfolg von ''[[Mamma Mia (Lied)|Mamma Mia]]'' und ''[[Greatest Hits (ABBA-Album)|Greatest Hits]]'' begann 1976 die erfolgreichste Zeit von ABBA. Die große Popularität der Gruppe führte in Australien und Großbritannien zur [[Abbamania]] bzw. zum „ABBA-Fieber“.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.408&quot;&gt;S. 408&lt;/ref&gt; Als erste Single des Jahres veröffentlichte ABBA im März 1976 das neue Stück ''[[Fernando (Lied)|Fernando]]''. Dieser Song war zuvor mit schwedischem Text für Lyngstads [[Soloalbum]] ''Frida ensam'' („Frida allein“) geschrieben worden.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.50f.&quot;&gt;S. 50&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; In seiner englischen ABBA-Version wurde ''Fernando'' zu einem weltweiten Hit und verkaufte sich allein in Deutschland über 600.000 Mal.&lt;ref name=&quot;FernandoDE&quot;&gt;[https://books.google.at/books?id=pSQEAAAAMBAJ&amp;pg=PT117&amp;dq=abba+billboard+germany+fernando+sales&amp;hl=de&amp;sa=X&amp;ved=0CBsQ6AEwAGoVChMIucnzlsz7yAIVx7QUCh2vMwRI#v=onepage&amp;q=abba%20billboard%20germany%20fernando%20sales&amp;f=false Billboard 6. Nov 1976]&lt;/ref&gt; Dort hatte die Gruppe im selben Jahr vier Nummer-eins-Singles, was zuvor nur den Beatles gelungen war. Als eine der ersten Singles in Deutschland wurde ''Fernando'' vom [[Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft]] mit einer [[Goldene Schallplatte|Goldenen Schallplatte]] ausgezeichnet, während sie in Australien 14 Wochen hintereinander [[Liste der Nummer-eins-Hits in Australien (1976)|Platz 1]] belegte und zur bis dahin meistverkauften Single des Landes wurde.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;AU&quot; /&gt;<br /> <br /> Auch durch Promotionreisen und TV-Specials stieg die internationale Beliebtheit der Band. In Australien hatte die Fernsehshow ''The Best of ABBA'' bei ihrer Ausstrahlung eine Einschaltquote von 58 Prozent und damit mehr als die Übertragung der [[Apollo-Programm|Mondlandung 1969]].&lt;ref group=&quot;B&quot; name=&quot;S.184&quot;&gt;S. 184&lt;/ref&gt; Die deutsche TV-Sendung ''[[Musikladen]]'' widmete ABBA als einziger Band eine komplette Folge und in Schweden wurde das TV-Special ''ABBA-Dabba-Doo'' produziert, welche das Publikum zur besten Sendung 1976 kürte.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.14&quot;&gt;S.&amp;nbsp;14&lt;/ref&gt; Zahlreiche Fernsehauftritte in Europa, wie den britischen ''[[Top of the Pops]]'' oder der deutschen ''[[Disco (Fernsehsendung)|Disco]]'', warben für die Singles der Gruppe.<br /> <br /> Mehrmals reiste sogar ein australisches TV-Team nach Stockholm, um die vier Schweden zu interviewen. Mit der australischen Niederlassung des japanischen Elektrogeräteherstellers Panasonic, seinerzeit dort unter dem Markennamen [[Panasonic Corporation#National|National]] aktiv, schloss ABBA im Sommer 1976 einen Vertrag für eine umfangreiche [[Werbekampagne]], in der die vier Schweden als [[Testimonial]]s eingesetzt wurden. ABBA erhielt für diesen Werbevertrag laut Zeitungsberichten eine Million [[Australischer Dollar|australische Dollar]].&lt;ref name=&quot;Horowitz&quot;&gt;Peter Charley: [http://abbaphenomenon.abbaomnibus.net/archive/the_abba_album.htm THE ABBA ALBUM] Horowitz Publications, Januar 1977 (?)&lt;/ref&gt; Neben fünf verschiedenen [[Werbespot]]s, in denen ein Werbesong zur Melodie von ''Fernando'' zu hören ist, gab es auch [[Anzeige (Medien)|Anzeigen]], [[Prospekt (Werbung)|Prospekte]] und weitere [[Werbemittel]] mit Motiven der Bandmitglieder.&lt;ref&gt;[http://abbaphenomenon.abbaomnibus.net/national/natgallery.htm The ABBA Phenomenon in Australia] The National Gallery (englisch) Abgerufen am 8. September 2016&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 18. Juni 1976 führte ABBA in der [[Königliche Oper (Stockholm)|Königlichen Oper]] in Stockholm ihren neuen Titel ''[[Dancing Queen]]'' auf, der eigentlich seit Jahresbeginn fertig und bereits im deutschen TV präsentiert worden war. Es war der Vorabend der Hochzeit des schwedischen Königs [[Carl XVI. Gustaf|Carl Gustaf]] und seiner Verlobten [[Silvia von Schweden|Silvia Sommerlath]], auf dem sich die vier Mitglieder in [[Rokoko|spätbarocken]] Kostümen präsentierten. ''Dancing Queen'' erschien am 16. August 1976 auf dem Markt und wird häufig als der typische, eingängigste und populärste Disco-Poptitel der Gruppe bezeichnet. Auf dem [[Schallplattencover|Cover]] wurde erstmals das ABBA-Logo mit dem spiegelverkehrten „B“ verwendet. Auch diese Single avancierte zum [[Bestseller]] und verkaufte sich weltweit über 6 Millionen Mal.&lt;ref name=&quot;SuperSev&quot;&gt;[http://www.superseventies.com/1977_6singles.html ''Abba – Dancing Queen''] SuperSeventies.com, 1977&lt;/ref&gt; In Australien, Großbritannien und Schweden stieg sie innerhalb weniger Wochen auf die Spitzenposition und erreichte im April 1977 als erster und einziger ABBA-Titel [[Liste der Nummer-eins-Hits in den USA (1977)|Platz 1]] der US-Charts.&lt;ref&gt;[http://www.billboard.com/charts/hot-100/1977-04-09 billboard.com] The Hot 100 vom 9. April 1977, abgerufen am 4. August 2017&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 11. Oktober 1976 brachte die Gruppe das Album ''[[Arrival (Album)|Arrival]]'' auf den Markt, das allein in Australien 600.000 Mal vorbestellt war.&lt;ref name=&quot;Horowitz&quot; /&gt; Auch in Deutschland wurden bereits zum Verkaufsstart über 500.000 Stück an den Handel ausgeliefert, während [[Polen]] sein Kontingent von 800.000 Schallplatten mit „Westmusik“, die jährlich importiert werden durften, nur für dieses eine Album verwendete.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 347&quot;&gt;S. 347&lt;/ref&gt; Die Gruppe reiste sogar extra nach Polen, um für ''Arrival'' zu werben und produzierte ein eigenes TV-Special. In anderen [[Ostblock]]ländern war ABBA ebenfalls sehr beliebt und musikalisch erfolgreich. Jedoch hielt sich ihr kommerzieller Erfolg dort in Grenzen, da die jeweiligen Landeswährungen nur beschränkt konvertierbar waren. Durch weitere Promotionreisen in die USA, nach Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die Niederlande wurden die neuen Singles ''[[Money, Money, Money]]'' und ''[[Knowing Me, Knowing You]]'' ebenfalls zu internationalen Hits. In den Niederlanden hatte ABBA mittlerweile mehr Platten verkauft als jede andere Band zuvor.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.369&quot;&gt;S.&amp;nbsp;369&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die ABBA-Welttournee durch Europa und Australien wurde seit November 1976 vorbereitet und war bereits seit Monaten überall ausverkauft. Allein für die zwei Konzerte in der [[Royal Albert Hall]] in London am 14. Februar 1977 mit insgesamt 12.000 Plätzen gab es mehr als 3,5 Millionen Ticketanfragen.&lt;ref group=&quot;B&quot; name=&quot;S.233&quot;&gt;S. 233&lt;/ref&gt; Die Europatour begann am 28. Januar 1977 in Oslo und beinhaltete 16 weitere Konzerte in Schweden, Dänemark, Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Großbritannien vor über 84.000 Zusehern.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.360&quot;&gt;S.&amp;nbsp;360&lt;/ref&gt; Darunter waren auch weitere fünf Konzerte in Deutschland, u.&amp;nbsp;a. in Essen und Köln.&lt;ref&gt;[http://abbaplaza.com/site-en/TourDates.asp?IdTour=4&amp;IdLeg=4 ABBA Plaza] Konzertdaten (1977 EUROPEAN AND AUSTRALIAN TOUR)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In Australien erreichte die [[Abbamania]] ihren Höhepunkt: Die Gruppe gab innerhalb von neun Tagen insgesamt elf Konzerte in Sydney, Melbourne, Adelaide und Perth, die allesamt ausverkauft waren und 145.000 Zuschauer hatten. Dies entsprach damals 1 Prozent der australischen Bevölkerung und stellte die bis dahin größte Konzertreise des Landes dar.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.380&quot;&gt;S. 380&lt;/ref&gt; Da sechs [[Freiluftkonzert]]e darunter waren, verfolgten außerhalb der Absperrungen viele tausend weitere Zuseher die Auftritte. Daneben entstand unter der Regie von [[Lasse Hallström]] der Spielfilm ''[[ABBA – Der Film|ABBA − The Movie]]'', der ursprünglich nur eine Tourneedokumentation werden sollte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.379&quot;&gt;S.&amp;nbsp;379&lt;/ref&gt; Neben der Haupthandlung um den Reporter Ashley sind daher viele Konzertmitschnitte aus Australien und Eindrücke der dort herrschenden [[Massenhysterie|Fanhysterie]] zu sehen.<br /> <br /> Als die Band nach ihrer Tournee nach Schweden zurückkehrte, widmeten sich die Musiker vor allem weiteren Dreharbeiten sowie der Komposition neuer Lieder. Aufgrund ihrer vielfachen Verpflichtungen waren sie einem zunehmenden Zeitdruck ausgesetzt. Fältskog arbeitete trotz ihrer zweiten Schwangerschaft bis zu zwölf Stunden täglich, was im Sommer 1977 beinahe zu einer Fehlgeburt führte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.413f.&quot;&gt;S. 413&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Die Arbeiten am fünften ABBA-Album verzögerten sich daher für einige Wochen. Als erstes Lied der neuen Platte wurde im Oktober 1977 ''[[The Name of the Game]]'' veröffentlicht, das als sechste ABBA-Single die britische Chartspitze erreichte.<br /> <br /> ''[[ABBA – The Album]]'' erschien am 12. Dezember 1977 zunächst in Skandinavien. Während ''Arrival'' ein typisches Pop-Album mit Disco-Klängen war, waren auf der neuen LP überwiegend „reifere“ Songs zu hören.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.52ff.&quot;&gt;S. 52 ff.&lt;/ref&gt; In der Umgebung Stockholms wurden vier Presswerke beauftragt, um insgesamt 760.000 Exemplare des Albums herzustellen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.423&quot;&gt;S. 423&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; Die Weltpremiere von ''[[ABBA – Der Film|ABBA – The Movie]]'' fand am 15. Dezember 1977 in den australischen Städten [[Sydney]] und [[Perth]] statt, an dem auch ihr Manager Stig Anderson teilnahm. Die Begeisterung für ABBA hatte in Australien allerdings merklich nachgelassen, weswegen der Film keine großen Einnahmen an den Kinokassen erzielte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.427&quot;&gt;S. 427&lt;/ref&gt; Europapremiere war am 26. Dezember 1977 in Stockholm.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.426&quot;&gt;S. 426&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Promotionreisen und erste private Krisen (1978) ===<br /> Zu Beginn des Jahres 1978 zog sich vor allem Fältskog vermehrt aus der Öffentlichkeit zurück. Das große mediale Interesse am neuen ABBA-Album machte aufwändige Promotiontouren nicht notwendig, sodass die Band erst im Februar 1978 nach Großbritannien reiste, um der Premiere von ''ABBA − The Movie'' beizuwohnen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.437&quot;&gt;S. 437&lt;/ref&gt; Die Single ''[[Take a Chance on Me]]'' und ''[[ABBA – The Album]]'' belegten mittlerweile beide die Spitze der britischen Charts und wurden mit Platin ausgezeichnet.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;UK&quot; /&gt;&lt;ref name=&quot;bpi&quot;&gt;[https://www.bpi.co.uk/brit-certified/ British Phonographic Industry] Datenbank&lt;/ref&gt; Im Anschluss unternahm ABBA auch eine Promotiontour nach Deutschland, wo das Album mit [[Goldene Schallplatte|Gold]] ausgezeichnet wurde.&lt;ref name=&quot;musikindustrie&quot;&gt;[http://www.musikindustrie.de/ Bundesverband Musikindustrie] Datenbank&lt;/ref&gt; Als letzte Single aus dem Album erschien im Mai 1978 ''[[Eagle (Lied)|Eagle]]'', dessen Spieldauer für diese Veröffentlichung auf eine „radiofreundliche“ Länge reduziert wurde. Zur selben Zeit befand sich die Ehe von Fältskog und Ulvaeus bereits in einer schweren Krise. Die Spannungen führten auch zu lautstarken Auseinandersetzungen der beiden im Aufnahmestudio, was die Zusammenarbeit massiv erschwerte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.445&quot;&gt;S. 445&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Trotz der schwierigen Situation innerhalb der Band reiste ABBA Ende April 1978 für zwei Wochen in die USA. Nachdem drei Promotionreisen in den vergangenen Jahren hier nicht den gewünschten Durchbruch gebracht hatten, arbeitete Stig Anderson zusammen mit [[Atlantic Records]] eine 500.000 US-Dollar teure Werbekampagne aus.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.438&quot;&gt;S. 438&lt;/ref&gt; Am [[Sunset Strip]] in Los Angeles wurde eine Reklametafel angebracht, die ABBA als umsatzstärkste Band in der Geschichte der Studiomusik anpries. Zudem trat die Gruppe in einer Show mit [[Olivia Newton-John]] und [[Andy Gibb]] auf, wo sie eine [[Jam-Session]] abhielt und einige ihrer Songs präsentierte. Besonders ''Take a Chance on Me'' profitierte davon, erreichte Platz 3 der [[Billboard Hot 100]] und wurde mit Gold ausgezeichnet.&lt;ref name=&quot;riaa&quot;&gt;{{Literatur |Titel=Gold &amp; Platinum – RIAA |Sammelwerk=RIAA |Datum= |Online=https://www.riaa.com/goldandplatinumdata.php?content_selector=gold-platinum-searchable-database |Abruf=2018-08-05}}&lt;/ref&gt; Auch die beiden Alben ''[[Greatest Hits (ABBA-Album)|Greatest Hits]]'' und ''[[ABBA – The Album]]'' stiegen in die US-Charts ein und erreichten Platin-Status.&lt;ref name=&quot;riaa&quot; /&gt; Zwischen Mai 1977 und Mai 1978 erwirtschaftete [[Polar Music]] hauptsächlich mit ABBA einen Gewinn von 50 Millionen [[Schwedische Krone|Kronen]], was laut [[Billboard (Magazin)|Billboard-Magazin]] umgerechnet 12 Millionen $ entsprach.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.465&quot;&gt;S. 465&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://books.google.at/books?id=6CMEAAAAMBAJ&amp;pg=PT64&amp;dq=abba+billboard+profit+in+1977-78&amp;hl=de&amp;sa=X&amp;ved=0ahUKEwidofmVksDMAhWDJcAKHbCNBcEQ6AEIHDAA#v=onepage&amp;q=abba%20billboard%20profit%20in%201977-78&amp;f=false Billboard Magazine] Ausgabe vom 8. September 1979, abgerufen am 4. Mai 2016&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 18. Mai 1978 eröffneten die Polar Music Studios in der Eriksgatan in Stockholm.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.34 f.&quot;&gt;S. 34 f.&lt;/ref&gt; Nachdem die bisherigen Aufnahmen für ihr nächstes Album wenig zufriedenstellend verlaufen waren, bot sich der Band nun ein beständiges Arbeitsumfeld. Seit Jahresbeginn waren mehrere Songs komponiert und produziert, viele davon aber auch wieder verworfen worden.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.455&quot;&gt;S. 455&lt;/ref&gt; Auch die Eheprobleme von Fältskog und Ulvaeus überschatteten die Aufnahmen. Im Sommer 1978 unternahmen sie eine Paartherapie, die aber keine Änderung der Situation bewirkte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.446f&quot;&gt;S.&amp;nbsp;446f.&lt;/ref&gt; Der Öffentlichkeit gegenüber traten die beiden zunächst weiterhin als Paar auf. Im September 1978 wurde ''[[Summer Night City]]'' als erster Song der Aufnahmesessions veröffentlicht. Diese Single erreichte aber nicht die aus den vergangenen Jahren gewohnten Charterfolge, so dass der Song auch nicht für die geplante LP berücksichtigt wurde. [[Gerald B. Greenberg|Jerry Greenberg]], der zuständige Manager bei [[Atlantic Records]], wollte die Single in den USA erst gar nicht veröffentlichen, so lange kein Album angekündigt wurde.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.442&quot;&gt;S. 442&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 6. Oktober 1978 heirateten Lyngstad und Andersson nach neunjähriger Verlobung. Einen Monat später unternahm ABBA eine weitere [[Musikpromotion|Promotionreise]] nach Japan, wo neben Fernsehauftritten, Radio- und Fernsehinterviews ein eigenes TV-Special gedreht wurde, das die Popularität der Band in Japan erhöhte. Bis zum Erscheinen ihres nächsten Albums wurden in Japan mehr als 5 Millionen ABBA-Tonträger verkauft.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 448f.&quot;&gt;S. 448&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Am 25. Dezember 1978 verließ Fältskog mit ihren Kindern die gemeinsame Villa mit Ulvaeus und zog in das nahegelegene Gästehaus von Polar Music.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.451&quot;&gt;S. 451&lt;/ref&gt; Vorerst hatte die private Trennung von Ulvaeus und Fältskog aber keine Auswirkungen auf den Fortbestand der Gruppe.<br /> <br /> === Neue Welthits und letzte große Erfolge (1979–1980) ===<br /> [[Datei:ABBA Switzerland 1979 001.jpg|mini|Musikvideo “Chiquitita” (1979)]]<br /> [[Datei:ABBA Edmonton 1979 001.jpg|mini|ABBA am 13. September 1979 in [[Edmonton]]]]<br /> Am 8. Januar 1979 stellte die Gruppe im Rahmen einer [[UNICEF]]-Gala in [[New York City|New York]] ihren neuen Song ''[[Chiquitita]]'' offiziell vor, der eine Woche später als Single veröffentlicht wurde. Da viele Kritiker bereits nicht mehr an eine erfolgreiche Fortsetzung der ABBA-Karriere glaubten, war es für die Gruppe zu diesem Zeitpunkt enorm wichtig, wieder einen Welthit zu veröffentlichen. Aufgrund seines lateinamerikanischen Einflusses nahm ABBA ''Chiquitita'' auch mit spanischem Text auf. Diese Version wurde zu einem der größten Hits Lateinamerikas bis dahin und verkaufte sich allein in Argentinien über 500.000 Mal.&lt;ref&gt;ABBA 5 YEARS in [https://books.google.at/books?id=6CMEAAAAMBAJ&amp;pg=PT30&amp;lpg=PT30&amp;dq=abba+billboard+argentina&amp;source=bl&amp;ots=AdQBRjjSHm&amp;sig=yyCP1PStbC0nNwOzmtSLrY7teT4&amp;hl=de&amp;sa=X&amp;ved=0CCEQ6AEwAGoVChMIuK6Ysr3xyAIVAxsPCh3Xxwvj#v=onepage&amp;q=abba%20billboard%20argentina&amp;f=false Billboard Magazine] 8. September 1979&lt;/ref&gt; Auch in vielen europäischen Ländern wurde der Song ein Hit, so beispielsweise in Spanien, wo die Single [[Liste der Nummer-eins-Hits in Spanien (1979)|Platz 1]] erreichte und für 100.000 verkaufte Stück mit einer [[Goldene Schallplatte|Goldenen Schallplatte]] ausgezeichnet wurde. Die gesamten Einnahmen aus dem Verkauf dieser Single spendete ABBA an UNICEF, die seither auch Inhaber der Lizenzrechte an diesem Lied ist.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S. 66&quot;&gt;S. 66&lt;/ref&gt; Bis 2004 brachte es der Organisation schätzungsweise eine Million Pfund ein.&lt;ref&gt;[https://abbasite.com/articles/the-chiquitita-story/ The Chiquitita Story]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Februar 1979 reiste ABBA für einige Tage in die Schweiz um das Fernsehspecial ''ABBA in Switzerland'' zu drehen, wobei u.&amp;nbsp;a. ein Musikvideo für ''Chiquitita'' entstand. Die Gruppe stellte im Rahmen der Bühnenauftritte auch einige Lieder ihres neuen Albums ''[[Voulez-Vous (Album)|Voulez-Vous]]'' vor. Die neue LP erschien am 23. April 1979 und enthielt acht Lieder, die vom Arrangement schon weitgehend den damaligen [[Disco (Musik)|Disco]]-Songs entsprachen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.459f.&quot;&gt;S. 459&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Neben ''Chiquitita'' befand sich mit ''[[I Have a Dream (Lied)|I Have a Dream]]'' lediglich eine weitere [[Ballade (Unterhaltungsmusik)|Ballade]] auf der Titelliste. Im Laufe des Jahres wurden drei Singles aus dem Album ausgekoppelt, darunter ''[[Does Your Mother Know]]'' und ''[[Voulez-Vous (Lied)|Voulez-Vous]]'', die in mehreren Ländern weltweit in die Top 10 der Charts gelangten. Das Album erreichte neben Schweden und Großbritannien auch in Japan die Spitze der Albumcharts.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;JP&quot; /&gt; Im Herbst 1979 erschien außerdem die Kompilation ''[[Greatest Hits Vol. 2 (ABBA-Album)|Greatest Hits Vol. 2]]'', einhergehend mit der neuen Single ''[[Gimme! Gimme! Gimme! (A Man After Midnight)]]'', die in sechs Ländern die Charts anführte.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt;<br /> <br /> Im Spätsommer 1979 begab sich ABBA auf eine weitere große Tournee mit sehr aufwändiger Bühnenkulisse, die sie zunächst nach Nordamerika und Europa führte. Sie begann am 13. September 1979 in [[Edmonton]] (Kanada) vor 15.000 Zuschauern und umfasste 25 Songs, hauptsächlich von ihren Alben ''Arrival'', ''The Album'' und ''Voulez-Vous''.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.472f.&quot;&gt;S. 472&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Während dieser Tournee kam es zu einem folgenschweren Zwischenfall: Am 3. Oktober 1979 flog die Gruppe von New York nach [[Boston]] und geriet dabei in schwerste Unwetter, sodass das Flugzeug beinahe abgestürzt wäre. Es landete in der US-amerikanischen Stadt [[Manchester (New Hampshire)|Manchester]] und die Gruppe setzte die Reise in einem [[Van (Automobil)|Van]] fort, wodurch das Konzert in Boston erst mit 90-minütiger Verspätung beginnen konnte. Obwohl Fältskog, die seit Jahren unter [[Flugangst]] litt, abends auf der Bühne stand, war sie am nächsten Tag noch so traumatisiert, dass das nächste Konzert in Washington D.C. abgesagt werden musste. Auch an einem Empfang im [[Weißes Haus|Weißen Haus]] am 5. Oktober 1979 konnte Fältskog aufgrund der Nachwirkungen ihrer Angstattacke nicht teilnehmen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.478f.&quot;&gt;S. 478&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Mitte Oktober startete die dritte Europatournee von ABBA in [[Göteborg]] in Schweden und führte sie für weitere fünf Konzerte auch nach Deutschland, darunter Dortmund und Böblingen bei Stuttgart.&lt;ref&gt;[http://abbaplaza.com/site-en/TourDates.asp?IdTour=5&amp;IdLeg=7 ABBA Plaza] Konzertdaten (1979 NORTH AMERICAN AND EUROPEAN TOUR)&lt;/ref&gt; Die Tournee endete am 15. November 1979 mit dem Abschlusskonzert in Dublin und war in fast 40 Konzerten, die während der beiden Abschnitte stattgefunden hatten, von über 300.000 Zuschauern verfolgt worden.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 482&quot;&gt;S. 482&lt;/ref&gt; Die insgesamt sechs Konzerte in der [[Wembley Arena]] in London wurden überdies gefilmt und für die Dokumentation ''ABBA In Concert'' zusammengeschnitten. Ein Mitschnitt des kompletten Konzerts vom 10. November 1979 wurde 2014 unter dem Titel ''[[ABBA Live at Wembley Arena]]'' als Doppel-CD veröffentlicht. Im März 1980 unternahm die Gruppe noch eine Tournee durch Japan, wo sie u.&amp;nbsp;a. sechsmal im [[Nippon Budōkan]] in Tokio auftraten. Die insgesamt elf ausverkauften Konzerte wurden von mehr als 100.000 Zuschauern verfolgt.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.489&quot;&gt;S. 489&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Anfang 1980 reisten Andersson und Ulvaeus nach [[Barbados]] und begannen im Zuge dessen auch Lieder für ein neues Album zu komponieren.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.486f.&quot;&gt;S. 486–488&lt;/ref&gt; Währenddessen nahmen Fältskog und Lyngstad acht weitere ABBA-Songs mit spanischen Texten auf, nachdem 1979 auch ''[[I Have a Dream (Lied)|I Have a Dream]]'' in seiner spanischen Fassung (''Estoy soñando'') veröffentlicht worden war und sich wie ''Chiquitita'' sehr gut in spanischsprachigen Ländern verkauft hatte. Im Juni 1980 erschien das Album ''[[Gracias por la música]]'', das insbesondere für den lateinamerikanischen Markt hergestellt worden war und alle zehn bis dahin aufgenommenen Lieder der Gruppe mit spanischen Texten enthielt. Obwohl Ulvaeus und Andersson an diesem Projekt nur wenig beteiligt waren, wurde das Album ein großer Erfolg. Es erreichte in Argentinien, Mexiko und Spanien die Top Five der Albumcharts und kam in Japan in die Top 30.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt;<br /> <br /> Die Aufnahmen für das nächste Album ''[[Super Trouper (Album)|Super Trouper]]'' begannen im Februar 1980 und gingen vergleichsweise zügig voran. Bereits im Juli 1980 erschien mit ''[[The Winner Takes It All]]'' die erste Single aus diesen [[Take (Musik)|Sessions]] und wurde in 21 Ländern zum Top-Ten-Hit, darunter auch in den USA.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt; Der Song wird oft zu den ABBA-Songs mit dem besten Text gezählt, obwohl der Songschreiber Björn Ulvaeus laut eigenen Angaben lediglich eine Stunde dafür benötigt hatte.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S. 70ff.&quot;&gt;S. 70&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; Fältskog und Ulvaeus wurden am 2. Juli 1980 offiziell geschieden.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.497&quot;&gt;S. 497&lt;/ref&gt; Das neue Album wurde am 3. November 1980 veröffentlicht und war allein in Großbritannien 1 Million Mal vorbestellt, was es letztlich zum meistverkauften Album des Jahres machte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.502&quot;&gt;S. 502&lt;/ref&gt; Der Titel bestand bereits, als die Idee des gleichnamigen Liedes noch nicht aufgekommen war.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 499&quot;&gt;S. 499&lt;/ref&gt; Bis Jahresende wurden weltweit 4 Millionen Exemplare der LP verkauft.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.502&quot; /&gt; Auch die Single ''[[Super Trouper (Lied)|Super Trouper]]'' war in vielen Ländern ein Nummer-eins-Hit, darunter in Deutschland und Großbritannien.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;DE&quot; /&gt;&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;UK&quot; /&gt;<br /> <br /> === Ende der aktiven Zeit (1981–1982) ===<br /> Nachdem die Scheidung von Fältskog und Ulvaeus im Juli 1980 rechtskräftig geworden war, trennten sich im Februar 1981 auch Lyngstad und Andersson.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.506&quot;&gt;S. 506&lt;/ref&gt; Dennoch wollten die vier Mitglieder ihre gemeinsamen Projekte nicht aufgeben und so begann ABBA im März 1981 die Aufnahmen zu ihrem achten und für 40 Jahre letzten Album ''[[The Visitors]]''. Bereits im April 1981 wurden in einem TV-Special mit dem US-amerikanischen Moderator [[Dick Cavett]] zwei neue Songs aus den Sessions vorgestellt. Die LP erschien schließlich am 30. November 1981 und beinhaltete neun Stücke, mit denen die Gruppe ihren Musikstil deutlich weiterentwickelt hatte. Die Songs klingen zum Teil schwermütig und düster; die Texte sind tiefgründig, erzählen von Abschiedsschmerz und Kriegsangst.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.77f&quot;&gt;S. 77–85&lt;/ref&gt; Selbst die Lieder mit fröhlicheren Elementen haben einen melancholischen Unterton. Kein Lied auf dem Album wurde von Fältskog und Lyngstad durchgängig gemeinsam gesungen, lediglich im Refrain der Lieder sind beide zu hören. Mit ''Like an Angel Passing Through My Room'' wurde erstmals ein Song komplett von Lyngstad allein gesungen. Mit der Single ''[[One of Us (ABBA-Lied)|One of Us]]'' konnte sich ABBA überdies ein letztes Mal in den britischen Top Five und an der deutschen Chartspitze platzieren. Das Album ''The Visitors'' war eine der ersten [[Compact Disc Digital Audio|Audio-CDs]] in der Musikgeschichte.&lt;ref&gt;{{Literatur |Titel=Die Musik im Zeitalter des «Copy and Paste» {{!}} NZZ |Sammelwerk=Neue Zürcher Zeitung |Datum=2007-08-24 |ISSN=0376-6829 |Online=https://www.nzz.ch/digital/die_musik_im_zeitalter_des_copy_and_paste-1.545063 |Abruf=2018-08-05}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Januar 1982 unterstützte ABBA zusammen mit Künstlern wie [[Paul McCartney]] und [[Frank Sinatra]] sowie hochrangigen Politikern wie dem damaligen US-Präsidenten [[Ronald Reagan]], der britischen Premierministerin [[Margaret Thatcher]] und dem damaligen deutschen Bundeskanzler [[Helmut Schmidt]] die Initiative ''Let Poland be Poland'', die im Rahmen einer Benefiz-Gala vom amerikanischen Fernsehen in über 40 Länder übertragen wurde.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.523f&quot;&gt;S. 523&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Dabei wurden die kommunistischen Staatsführungen der Volksrepublik [[Polen]] und der [[Sowjetunion|UdSSR]] u.&amp;nbsp;a. für ihre [[Unterdrückung|Repressionen]] gegen die polnische Freiheits- und Streikbewegung [[Solidarność]] kritisiert. Andersson erwähnte in seiner Botschaft indirekt auch Unterdrückungen in [[El Salvador]] durch die US-Regierung, die aus dem fertigen Beitrag aber kurzfristig herausgenommen wurde.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.524&quot;&gt;S. 524&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Frühjahr 1982 ging ABBA ein weiteres Mal als Gruppe ins Studio, um ein neues Album aufzunehmen. Doch schnell verließ die vier die Lust an dem Projekt. Vor der Sommerpause waren lediglich drei Stücke aufgenommen: ''Just Like That'', ''You Owe Me One'' und ''I Am the City''. In diesen Aufnahmen kam ihr bisheriger Musikstil wieder mehr zum Ausdruck, es gab mehr gemeinsame Liedpassagen, und die Stücke waren alle wieder etwas fröhlicher.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.525&quot;&gt;S. 525&lt;/ref&gt; Parallel dazu nahm Lyngstad ihr erstes englisches Soloalbum ''Something’s Going On'' mit [[Phil Collins]] als Produzent auf, Fältskog spielte in dem schwedischen Film ''Raskenstam'' mit und Andersson und Ulvaeus planten, gemeinsam ein weiteres Musical zu komponieren. Immer häufiger wurde in den Medien nun über eine bevorstehende Trennung der Gruppe spekuliert, was die vier Bandmitglieder zu diesem Zeitpunkt aber stets dementierten.<br /> <br /> {{Zitat<br /> |Text=Auch wenn die einzelnen ABBA-Mitglieder von Zeit zu Zeit ihre eigenen Projekte haben, besteht keine Absicht, die Gruppe aufzulösen.<br /> |Autor=Presseerklärung vom 14. Juni 1982 (Görel Hanser)&lt;ref&gt;Originaltext: “Even if the ABBA members from time to time are doing things on their own, there is no intention whatsoever to break up the Group” − {{Internetquelle |autor=Görel Hanser |url=http://www.abbaannual.com/PressRelease09.htm |titel=Press Release 9 |werk=Abba Annual Homepage |datum=1982-06-14 |sprache=en |abruf=2009-03-14}}&lt;/ref&gt;}}<br /> <br /> So trafen sich die vier Mitglieder im August 1982 noch einmal im Studio, um weitere Songs aufzunehmen. Von den drei neuen Stücken wurden ''[[The Day Before You Came]]'' und ''[[Under Attack]]'' als Singles und auf dem Album ''[[The Singles – The First Ten Years]]'' veröffentlicht, das im November 1982 erschien. Die Stücke ''Cassandra'' und ''You Owe Me One'' wurden als B-Seiten der beiden Singles genutzt. Am 6. November 1982 waren die vier ABBA-Mitglieder in der britischen Fernsehsendung ''The Late Late Breakfast Show'' von [[Noel Edmonds]] zu Gast und wurden im Interview nach ihren Lieblingsliedern gefragt. Fältskog nannte ''Fernando'', Lyngstad ''Dancing Queen'', Andersson ''Chiquitita'' und Ulvaeus ''The Winner Takes It All''. In einem späteren Interview sagte Fältskog, dass rückblickend betrachtet ''The Winner Takes It All'' ihr Lieblingslied von ABBA sei. In der gleichen Sendung verneinten Andersson und Ulvaeus die Frage nach einer möglichen Trennung der Band, über die bereits in mehreren Zeitungen spekuliert wurde.<br /> <br /> ABBAs erster und einziger Live-Auftritt im westdeutschen Fernsehen am 11. November 1982 im ''[[Show-Express]]'' mit [[Michael Schanze]] war der letzte gemeinsame Bühnenauftritt in Deutschland und der vorletzte Bühnenauftritt überhaupt. Ein bereits zwei Jahre zuvor geplanter Auftritt im ''Showexpress'' hatte wegen einer Entführungsdrohung an die ABBA-Mitglieder kurzfristig abgesagt werden müssen und war durch eine 20-minütige Live-Schaltung nach Schweden ersetzt worden.<br /> <br /> Am 11. Dezember 1982 trat ABBA mit den Liedern ''[[I Have a Dream (Lied)|I Have a Dream]]'' und ''[[Under Attack]]'' in ''The Late Late Breakfast Show'' ein letztes Mal gemeinsam als Gruppe auf. Allerdings waren sie in einem Studio in Stockholm und wurden via Satellit live zugeschaltet.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.529f&quot;&gt;S. 529&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Im Interview kündigten die Künstler „eine Pause“ für ABBA an, was rückblickend jedoch lange Zeit als die Trennung der Band angesehen wurde. Denn nach 1982 arbeiteten die Mitglieder an eigenen Musik-Projekten: Lyngstad (jetzt als Frida) und Fältskog nahmen englischsprachige Soloalben auf, Ulvaeus und Andersson schrieben die Musicals ''[[Chess (Musical)|Chess]]'' (Texte von [[Tim Rice]]) und ''[[Kristina från Duvemåla]]''. Offiziell wurde die Band jedoch nicht aufgelöst.<br /> <br /> === „Pause“ ab 1983 ===<br /> Seit ihrer Trennung kamen regelmäßig Gerüchte über eine mögliche Wiedervereinigung der Band auf, die von den ehemaligen Mitgliedern jahrzehntelang immer wieder kategorisch ausgeschlossen wurde, obwohl sie in den ersten Jahren nach dem letzten Auftritt weiterhin stets von einer „Pause“ sprachen. So gab Fältskog schon im Mai 1983 in der britischen Fernsehsendung ''Breakfast Time'' an, dass ABBA momentan pausiert, jedoch weiter zusammenarbeiten würde. 1984 waren Lyngstad, Ulvaeus und Andersson in der deutschen Fernsehsendung ''[[Na sowas!]]'' zu Gast, wobei auch Ulvaeus im Interview betonte, dass die vorübergehende Trennung der Gruppe lediglich eine Pause sei, sie allerdings nicht wüssten, wie lange diese Pause sein würde.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://www.abbaontv.com/1984/description-na-sowas-extra.html |text=ABBAonTV |wayback=20160208135724}} Description “Na Sowas! − Extra”, abgerufen am 8. Februar 2016&lt;/ref&gt; 1985 lehnte die Gruppe eine Wiedervereinigung für einen gemeinsamen Auftritt beim [[Live Aid|Live-Aid]]-Konzert im Juli 1985 ab, das von dem Musiker [[Bob Geldof]] aus Anlass einer akuten [[Hungersnot in Äthiopien 1984–1985|Hungersnot in Äthiopien]] organisiert wurde.<br /> <br /> Im Januar 1986 sang ABBA in der schwedischen Fernseh-Show ''Här Ar Ditt Liv'', die ihrem früheren Manager [[Stikkan Anderson|Stig Anderson]] gewidmet war, den ersten von ihm produzierten Hit ''Tivedshambo''. Dieser Auftritt wurde im Dachgeschoss der Polar-Music-Büros in Stockholm gedreht und ist der bisher letzte gemeinsame Fernsehauftritt von ABBA.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.20&quot;&gt;S. 20&lt;/ref&gt; Im August 1986 brachte Polar Music das Album ''[[ABBA Live]]'' auf den Markt, dessen Songs u.&amp;nbsp;a. auf der Australien-Tour 1977, auf der Welttour 1979 und in der Fernsehshow ''Dick Cavett meets Abba'' Ende April 1981 aufgenommen worden waren. Für das [[Livealbum]] gab es jedoch keine Promotiontermine mit den früheren Bandmitgliedern, was zu seinem kommerziellen Misserfolg beitrug.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.568&quot;&gt;S. 568&lt;/ref&gt; Trotzdem führte die Veröffentlichung weltweit zu vielfältigen Spekulationen über eine unmittelbar bevorstehende Wiedervereinigung der Gruppe. Gegen Ende der 1980er waren viele ABBA-Tonträger vergriffen und wurden aufgrund des weitgehend veränderten Musikgeschmacks nicht mehr produziert.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.102&quot;&gt;S.&amp;nbsp;102&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> [[Datei:ABBA- The Museum-3.jpg|mini|Puppen aus ''The Last Video Ever'' (2004) im [[ABBA The Museum|ABBA-Museum]] in Stockholm]]<br /> Zu Beginn des Jahres 2000 berichtete die schwedische Boulevardzeitung ''[[Aftonbladet]]'', dass ABBA von einem amerikanischen Konsortium ein Angebot über eine Milliarde US-Dollar für eine Welttournee mit 100 Konzerten erhalten und abgelehnt habe.&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/kultur/musik/abba-mamma-mia-nicht-fuer-eine-milliarde-dollar-a-62663.html ''Abba: „Mamma Mia“ nicht für eine Milliarde Dollar''] auf Spiegel Online am 2. Februar 2000.&lt;/ref&gt;&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.606&quot;&gt;S. 606&lt;/ref&gt; Am 6. April 2004 – dem 30. Jahrestag des „Grand-Prix“-Sieges mit dem Lied ''Waterloo'' und dem fünften Jahrestag der Musicalaufführung von ''Mamma Mia!'' in London – wurden die vier Musiker zu einer Jubiläumsfeier im [[Prince Edward Theatre]] eingeladen. Es kamen aber nur Lyngstad, Andersson und Ulvaeus. Fältskog hatte ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt. Nach der Musical-Vorstellung gingen die drei Bandmitglieder auf die Bühne und bekamen von [[Vivendi#Universal Music Group|Universal Music]] eine symbolische Auszeichnung für die Vielzahl verkaufter ABBA-Tonträger überreicht. Wenige Tage zuvor hatte während der Live-Übertragung der Vorausscheidung zum [[Eurovision Song Contest 2004|Eurovision Song Contest]] ein mit [[Karikatur]]-Puppen dargestelltes Video ''(ABBA – The Last Video Ever)'' Weltpremiere. Obwohl es keinen gemeinsamen Aufnahmetermin gab, sind durch die eingesetzte Produktionstechnik alle vier ehemaligen Bandmitglieder auch wenige Sekunden als Real-Personen im Film zu sehen.&lt;ref&gt;[https://vimeo.com/43338125 ''Abba – The Last Video Ever'']&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im März 2010 erschienen Lyngstad und Andersson zur Aufnahme von ABBA in die [[Rock and Roll Hall of Fame]] im [[Waldorf Astoria]] in New York. In seiner Rede antwortete Andersson auf die Frage der ''[[The Times|Times]]'', ob die Gruppe vor einem ausgewählten Publikum live auftreten würde, mit: „Klar, warum eigentlich nicht?“&lt;ref&gt;[http://www.bild.de/unterhaltung/musik/sprechen-von-comeback-hoffnung-fuer-fans-11988030.bild.html Bild.de] ''Für eine exklusive Show − Comeback für Abba?'' Artikel vom 26. März 2010, abgerufen am 7. August 2015&lt;/ref&gt; Dies führte erneut zu Spekulationen um ein ABBA-Comeback, insbesondere im Zusammenhang mit der Hochzeit der schwedischen [[Victoria von Schweden|Kronprinzessin Victoria]].&lt;ref&gt;[http://www.abendblatt.de/vermischtes/article1534379/Dancing-Queen-Victoria-Spekulationen-um-Abba-Auftritt.html ''„Dancing Queen“ Victoria? – Spekulationen um Abba-Auftritt''.] [[Hamburger Abendblatt]], 16. Juni 2010, zuletzt abgerufen am 29. September 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/spekulationen_um_abba-auftritt_bei_schwedischer_koenigshochzeit_1.6121156.html ''Spekulationen um ABBA-Auftritt bei schwedischer Königshochzeit''.] [[Neue Zürcher Zeitung]] Online, 16. Juni 2010, zuletzt abgerufen am 29. September 2010.&lt;/ref&gt; Genau 34 Jahre zuvor hatte ABBA zu Ehren von [[Silvia von Schweden|Königin Silvia]] ihren Hit ''Dancing Queen'' im schwedischen Fernsehen aufgeführt. Im selben Jahr sagte auch Fältskog in einem Interview, „eine Wiedervereinigung zu einer einmaligen Gelegenheit, vielleicht für einen guten Zweck, ist etwas, was wir meiner Meinung nach alle erwägen könnten.“&lt;ref&gt;[http://www.bild.de/unterhaltung/musik/abba/comeback-gemeinsam-auf-der-buehne-wiedervereinigung-denkbar-15223560.bild.html Bild.de] ''ABBA wieder gemeinsam auf der Bühne?'' Artikel vom 29. Dezember 2010, abgerufen am 7. August 2015&lt;/ref&gt;<br /> <br /> 2011 wurde erneut über einen möglichen Auftritt bei der [[Hochzeit von William Mountbatten-Windsor und Catherine Middleton|Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton]] spekuliert.&lt;ref&gt;[http://www.femalefirst.co.uk/royal_family/ABBA-54139.html FemaleFirst.co.uk] ''ABBA to perform at royal wedding?'' Artikel vom 28. Dezember 2010, abgerufen am 7. August 2015&lt;/ref&gt; Der ''[[Welt am Sonntag]]'' gegenüber sagte Fältskog im November 2013 auf die Frage, ob es anlässlich des 40-Jahre-Jubiläums des Sieges beim Eurovision Song Contest 1974 Pläne für eine Wiedervereinigung gibt: „Ich weiß, dass es einige Pläne gibt.“ (“I know, there are some plans going on.”)&lt;ref&gt;[https://www.welt.de/kultur/pop/article121769655/Abba-ist-ein-grosser-Teil-von-uns-allen.html Welt.de] Martin Scholz: ''„Abba ist ein großer Teil von uns allen“'' (deutsch) Artikel vom 11. November 2013, abgerufen am 3. Oktober 2014.&lt;/ref&gt; Am 14. Dezember 2013 war Björn Ulvaeus bei ''[[Wetten, dass..?]]'' zu Gast. Auf die Frage der Co-Moderatorin [[Michelle Hunziker]], ob er noch Kontakt zu den anderen Gruppenmitgliedern habe, antwortete er, sie hätten sich zwei Wochen zuvor getroffen und über eine Wiedervereinigung geredet: „Aber leider [gibt es] keine Wiedervereinigung. Ich möchte, dass die Leute uns als die junge, dynamische Gruppe in Erinnerung behalten, die wir einmal waren.“&lt;ref name=&quot;Ulvaeus2013&quot; /&gt;<br /> <br /> Am 20. Januar 2016 erschienen alle ABBA-Mitglieder zur Eröffnung der von Ulvaeus mitorganisierten Show ''Mamma Mia! The Party''.&lt;ref&gt;[http://www.abba-intermezzo.de/dnews.htm ABBA Intermezzo] News 2016&lt;/ref&gt; Es war das erste Mal seit 1986, dass Fältskog, Lyngstad, Andersson und Ulvaeus nebeneinander öffentlich auftraten. Von der Presse ließen sich die vier allerdings nicht gemeinsam fotografieren.&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/kultur/musik/abba-in-schweden-wieder-vereint-fuer-einen-abend-a-1073078.html Spiegel.de] ''Legendäre Popband aus Schweden: ABBA ist wieder vereint – für einen Abend.'' Artikel vom 21. Januar 2016&lt;/ref&gt; Im Juni 2016 traten alle vier gemeinsam auf einer privaten Party im Hotel Berns in Stockholm auf und sangen das Lied ''The Way Old Friends Do''.&lt;ref&gt;Paul Jordan: [http://www.eurovision.tv/page/news?id=abba_perform_together_in_stockholm ''ABBA perform together in Stockholm!''] eurovision.tv, 6. Juni 2016.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Emma Hjortman |url=https://www.expressen.se/noje/abba-together-on-stage-again/ |titel=Abba together on stage again |hrsg=Express (Schweden) |datum=2016-06 |sprache=en |abruf=2020-08}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.fan-lexikon.de/musik/news/abba-kurze-wiedervereinigung.206868.html |titel=Abba: Kurze Wiedervereinigung – Abba kam nach 30 Jahren erstmals wieder für einen Auftritt zusammen |hrsg=ABBA – Fan Page |datum=2016-06 |abruf=2020-08}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 27. April 2018 gaben die vier Mitglieder 35 Jahre nach ihren letzten Aufnahmen überraschend bekannt, zwei neue Songs mit den Titeln ''[[I Still Have Faith in You]]'' und ''Don’t Shut Me Down'' aufgenommen zu haben.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://abbasite.com/articles/a-message-from-abba/ |titel=A MESSAGE FROM ABBA |sprache=en |abruf=2021-05-14}}&lt;/ref&gt; Einer davon sollte im Dezember 2018 bei einer von [[National Broadcasting Company|NBC]] und [[British Broadcasting Corporation|BBC]] produzierten TV-Show von [[Hologramm]]en der Künstler mit deren Aussehen aus dem Jahr 1979 aufgeführt werden. Ab Frühjahr 2019 sollten diese Hologramme eine Tournee, unter anderem in Australien, absolvieren.&lt;ref&gt;{{Literatur |Titel=ABBA will tour Australia in 2019 as HOLOGRAMS |Sammelwerk=Mail Online |Datum= |Online=http://www.dailymail.co.uk/tvshowbiz/article-4891838/ABBA-tour-Australia-2019-HOLOGRAMS.html |Abruf=2018-08-05}}&lt;/ref&gt; Letztendlich fand 2018 weder die Veröffentlichung noch die angekündigte Hologramm-Tournee statt. Auch 2019 und 2020 wurde die Veröffentlichung der neuen Songs wiederholt verschoben.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.80s80s.de/musik/news/neue-abba-songs-erneut-verspaetet |titel=Neue ABBA-Songs erneut verspätet |sprache=de |abruf=2019-01-23}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Comeback 2021 ===<br /> Im Mai 2021 sagte Björn Ulvaeus in einem Interview mit der ''[[New York Times]]'', dass im Herbst des Jahres neue Musik von ABBA erscheinen werde.&lt;ref name=&quot;NYT2021&quot;&gt;[https://www.nytimes.com/2021/05/07/arts/music/abba-bjorn-ulvaeus-songwriting-streaming.html ''Will Songwriting Survive Streaming? Abba’s Bjorn Ulvaeus Is Worried.''] Artikel vom 7. Mai 2021, abgerufen am 14. Mai 2021&lt;/ref&gt; Im September 2021 wurden in einem per Internet übertragenen Live-Event erstmals die beiden neuen Lieder ''I Still Have Faith in You'' und ''Don’t Shut Me Down'' präsentiert und am selben Tag als Singles veröffentlicht. Die Veröffentlichung des Studioalbums ''[[Voyage (Album)|Voyage]]'', das erste von ABBA seit ''The Visitors'' aus dem Jahr 1981, wurde für November 2021 angekündigt.&lt;ref&gt;[https://abbavoyage.com/themusic ABBA Voyage] Abgerufen am 2. September 2021&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://orf.at/stories/3227108/ ''ABBA verkünden ihr spätes Comeback''] In ORF.at. 2. September 2021. Abgerufen am 2. September 2021&lt;/ref&gt; Beide Singles schafften es nur wenige Tage nach Veröffentlichung in die Top 20 der britischen Charts und erreichten in verschiedenen weiteren Ländern Europas die Top Ten, in der [[Liste der Nummer-eins-Hits in der Schweiz (2021)|Schweiz]] und in [[Liste der Nummer-eins-Hits in Schweden (2021)|Schweden]] die Spitzenposition.&lt;ref&gt;[https://www.officialcharts.com/chart-news/abba-score-first-uk-official-chart-top-10-single-in-nearly-40-years-with-dont-shut-me-down__34012/ ''ABBA score first UK Official Chart Top 10 single in nearly 40 years with Don’t Shut Me Down''] In [[Official Charts Company|Official Charts]]. 10. September 2021. Abgerufen am 12. September 2021&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Mit ''Just a Notion'' erfolgte im Oktober 2021 die dritte Singleauskopplung aus dem Studioalbum. Dabei handelt es sich um ein ursprünglich bereits für das Album ''[[Voulez-Vous (Album)|Voulez-Vous]]'' geplantes Lied, das 1978 aufgenommen wurde. Für das neue Album wurde das Lied kompositorisch überarbeitet; der Gesangspart wurde aus den Aufnahmen von 1978 übernommen.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.stern.de/kultur/-just-a-notion---dritter-neuer-abba-song-ist-erschienen-30855960.html |titel=Dritter neuer ABBA-Song ist erschienen |sprache=de |abruf=2021-10-23}}&lt;/ref&gt; Die Promotiontour für das Comeback wird ausschließlich von Ulvaeus und Andersson betrieben, dies galt seitens Fältskog und Lyngstad als Voraussetzung für die Studioaufnahmen und die Konzertreihe.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=WDR |url=https://www1.wdr.de/nachrichten/abba-voyage-neues-album-100.html |titel=ABBA-Comeback: 5 Fakten, die Sie kennen sollten |datum=2021-11-05 |sprache=de |abruf=2021-11-06}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im November 2021 erschien das Album als neuntes Studioalbum. Im Zuge der Produktion kam es zu einem Brand einer Druckmaschine, sodass etliche Schuber der Vinylfassung beschädigt und eine Charge gänzlich vernichtet wurde. Vorbesteller mussten deshalb auf ihre Albumkopie warten und erhielten als Alternative einen Downloadlink für das Album.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.rollingstone.de/abba-album-voyage-produktionsprobleme-brand-2375189/ |titel=ABBA-Album „Voyage“: Produktionsprobleme wegen Flammeninferno |datum=2021-11-05 |sprache=de-DE |abruf=2021-11-06}}&lt;/ref&gt; Im Zuge der Promotion gab die Band bekannt, dass das Album ihr letztes sein solle und keine weiteren Veröffentlichungen mehr geplant seien.&lt;ref&gt;{{Literatur |Titel=Abba-Comeback: »Voyage« soll das allerletzte Album sein, sagen Björn und Benny in Interview |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2021-10-28 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/kultur/musik/abba-voyage-soll-das-allerletzte-album-sein-sagen-bjoern-und-benny-in-interview-a-7fcc3b14-dbb9-421f-8f47-f5f728aac303 |Abruf=2021-11-06}}&lt;/ref&gt; Das Album belegte unter anderem in [[Liste der Nummer-eins-Hits in Deutschland (2021)#Alben|Deutschland]] und [[Liste der Nummer-eins-Hits in den britischen Charts (2021)#Alben|Großbritannien]] Platz eins der Charts. In beiden Ländern wurden in der Debütwoche jeweils über 200.000 Einheiten des Albums verkauft, womit es sich in Deutschland öfter als die restlichen Alben der Hitparade zusammen verkaufte.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.offiziellecharts.de/news/item/1016-ueber-200-000-alben-verkauft-abba-feiern-rekordstart-und-mega-comeback |titel=Über 200.000 Alben verkauft: ABBA feiern Rekordstart und Mega-Comeback |werk=offiziellecharts.de |hrsg=[[GfK Entertainment]] |datum=2021-11-12 |abruf=2021-11-12}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.officialcharts.com/chart-news/abba-soar-to-tenth-number-1-on-the-official-albums-chart-with-voyage-we-are-absolutely-over-the-moon__34427/ |titel=ABBA soar to tenth Number 1 on the Official Albums Chart with Voyage: &quot;We are absolutely over the moon&quot; |hrsg=Official Charts |abruf=2021-11-13}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Nachwirkung ==<br /> === Das ABBA-Revival in den 1990er Jahren ===<br /> [[Datei:ABBA Gold.jpg|mini|Cover von ''ABBA Gold'']]<br /> 1992 veröffentlichte das britische Synthie-Pop-Duo [[Erasure]] die [[Extended Play|EP-Single]] ''Abba-esque'' mit [[Coverversion]]en der vier ABBA-Songs ''[[Lay All Your Love on Me]]'', ''[[SOS (ABBA-Lied)|SOS]]'', ''[[Take a Chance on Me]]'' und ''[[Voulez-Vous (Lied)|Voulez Vous]]''. Die Single erreichte u.&amp;nbsp;a. [[Liste der Nummer-eins-Hits in den britischen Charts (1992)|Platz 1]] in Großbritannien, Platz 2 in Deutschland (insgesamt 19 Wochen in den [[Musikcharts#Hitparadenspezifische Begriffe|Charts]]), [[Liste der Nummer-eins-Hits in Österreich (1992)|Platz 1]] in Österreich (8 Wochen) und Platz 3 in der Schweiz.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt; Infolge dieses unerwarteten Erfolges wurden nachfolgend ebenso ABBA-Songs von verschiedenen Künstlern gecovert.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.579&quot;&gt;S. 579&lt;/ref&gt; Künstler wie [[U2 (Band)|U2]], [[Nirvana (US-amerikanische Band)|Nirvana]], [[R.E.M.]], [[Madonna (Künstlerin)|Madonna]] oder [[Tina Turner]] bekannten öffentlich ihre Sympathien für die schwedische Popgruppe. Am 11. Juni 1992 kamen Andersson und Ulvaeus während eines Konzertes der irischen Rockband U2 im [[Ericsson Globe]] in [[Stockholm]] auf die Bühne und sangen gemeinsam mit dem Sänger [[Bono]] den Song ''Dancing Queen''.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.112&quot;&gt;S. 112&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Herbst 1992 – also etwa zehn Jahre nach der Trennung von ABBA – veröffentlichte das Musiklabel [[Polygram]] als Reaktion auf das einsetzende ABBA-[[Revival]] die Kompilation ''[[ABBA Gold – Greatest Hits|ABBA Gold]]''. Sie verkaufte sich weltweit so gut, dass sie in vielen Ländern vordere Positionen in den Verkaufscharts erreichte. Das Album belegte in zwölf Ländern Platz 1, darunter auch in Großbritannien, Deutschland, Österreich, der Schweiz und Australien.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt; In Deutschland hielt das Album elf Wochen die Spitzenposition.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;DE&quot; /&gt; Für die vier ABBA-Mitglieder kam der Erfolg völlig überraschend, da die CD ausschließlich bereits veröffentlichtes Material enthielt und es keine Promotiontermine mit den früheren Bandmitgliedern gab.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.581&quot;&gt;S. 581&lt;/ref&gt; Ende Juli 2008 erreichte das Album 16 Jahre nach seiner Veröffentlichung aufgrund der Popularität des Kinofilmes ''[[Mamma Mia! (Film)|Mamma Mia!]]'' erstmals Platz 1 der [[Billboard (Magazin)#Albumcharts (Auswahl)|Billboard Pop Catalog Album Charts]] in den USA und zum vierten Mal den ersten Platz der [[Britische Musikcharts|britischen Musikcharts]]. Es ist mit 31 Millionen Exemplaren das meistverkaufte Album der Gruppe.&lt;ref group=&quot;B&quot; name=&quot;S.366&quot;&gt;S.&amp;nbsp;366&lt;/ref&gt; Im Juli 2021 überschritt ''ABBA Gold'' die 1000. Woche in den britischen Albumcharts, was bis dahin noch keinem Album in der britischen Chartgeschichte gelang.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Rob Copsey |url=https://www.officialcharts.com/chart-news/abba-gold-becomes-first-album-to-reach-1000-weeks-on-the-official-albums-chart__33502/ |titel=ABBA Gold becomes first album to reach 1000 weeks on the Official Albums Chart |werk=officialcharts.com |datum=2021-07-02 |sprache=en |abruf=2021-09-17}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Als Folge stieg weltweit das Interesse an der Band und deren Musik, und das Revival setzte sich fort. In Diskotheken wurden wieder ABBA-Partys bzw. 70er-Partys veranstaltet, bei denen sogenannte Tribute- oder Revival-Bands auftraten. Obwohl die Gruppe selbst nicht mehr aktiv war, erhielt ABBA 1993 aus aller Welt Auszeichnungen als erfolgreichste internationale Popgruppe des Jahres, so auch den [[World Music Awards|World Music Award]].&lt;ref&gt;[http://www.abbaomnibus.net/years/articles/billboard_05061993.htm ABBA Omnibus] ''1993 World Music Awards'' in Billboard (USA), 5 June 1993 (Pages 63 &amp; 64)&lt;/ref&gt; Es gab Platin- und Multiplatinauszeichnungen wie zu ABBAs erfolgreichen Zeiten.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.14&quot; /&gt; Die zweite Kompilations-CD ''[[More ABBA Gold – More ABBA Hits|More ABBA Gold]]'' schaffte es Ende 1993 in die Top Ten in Deutschland und Frankreich und erreichte die Top 20 in Großbritannien und Australien.&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt; Dort wurde die Musik auch durch die 1994 erschienenen Filme ''[[Muriels Hochzeit]]'' und ''[[Priscilla – Königin der Wüste]]'' erneut populär. 1999 kam mit der schwedischen Popgruppe [[A*Teens]], die zunächst als ABBA Teens gegründet worden war, eine jugendliche Gruppe in die Musikszene, die zunächst ausschließlich Songs von ABBA spielte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.610&quot;&gt;S. 610&lt;/ref&gt; Ihr erstes Album ''The ABBA Generation'' erreichte in vielen Ländern die vorderen Plätze der Verkaufscharts.<br /> <br /> === Das Musical und die Filmreihe ''Mamma Mia!'' ===<br /> {{Hauptartikel|Mamma Mia! (Musical)|Mamma Mia! (Film)|Mamma Mia! Here We Go Again}}<br /> [[Datei:ABBA 2008 Av Daniel Åhs.jpg|mini|ABBA und Schauspieler des Films ''Mamma Mia!'' bei der Premiere in Stockholm (2008)]]<br /> Eine weitere Säule des lang anhaltenden Erfolgs von ABBA nach der Auflösung ist das weltweit erfolgreiche [[Musical]] [[Mamma Mia! (Musical)|Mamma Mia!]], in dem viele bekannte ABBA-Hits wie ''Dancing Queen'', ''Super Trouper'' und ''The Winner Takes It All'' zu hören sind. Die Hintergrundgeschichte von der alleinerziehenden Mutter Donna und ihrer Tochter Sophie, die kurz vor ihrer Hochzeit steht, stammt von der britischen Autorin [[Catherine Johnson]].&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.597&quot;&gt;S. 597&lt;/ref&gt; Die Weltpremiere fand am 6. April 1999 im [[Prince Edward Theatre]] in London statt. Mittlerweile gastierte das Musical – neben mehreren dauerhaften Spielorten – als Tourneeproduktion weltweit in über 150&amp;nbsp;Städten. Auch das zugehörige Soundtrack-Album konnte sich in vielen Ländern in den Charts platzieren, so u.&amp;nbsp;a. in Deutschland (Platz 5), Österreich ([[Liste der Nummer-eins-Hits in Österreich (2008)|Platz 1]]), der Schweiz ([[Liste der Nummer-eins-Hits in der Schweiz (2008)|Platz 1]]), Großbritannien (Platz 1 in den Kompilations-Charts) und den USA ([[Liste der Nummer-eins-Hits in den USA (2008)|Platz 1]]).&lt;ref group=&quot;A&quot; name=&quot;allgemein&quot; /&gt;<br /> <br /> Am 12. Februar 2005 kamen alle vier ABBA-Mitglieder in das Stockholmer Cirkus-Theater zur Premiere der schwedischen Version des Musicals. Es war das erste Mal seit fast 20 Jahren, dass Fältskog, Lyngstad, Andersson und Ulvaeus gemeinsam in der Öffentlichkeit zu sehen waren. Vor allem der Besuch von Fältskog war nicht erwartet worden. Am Ende der Vorstellung gingen jedoch nur Andersson und Ulvaeus auf die Bühne. Fältskog verließ das Theater. Es gibt auch kein Foto von dieser Veranstaltung, das alle vier gemeinsam zeigt. Am 30. Juni 2008 feierte die [[Mamma Mia! (Film)|Verfilmung von ''Mamma Mia!'']] Premiere und kam am 17. Juli 2008 auch in die deutschen Kinos. Der Film wurde ein weltweiter Erfolg und hielt mit einem Einspielergebnis von über 600 Millionen [[US-Dollar]] jahrelang den Rekord als erfolgreichste Musicalverfilmung.&lt;ref&gt;[http://www.imdb.com/title/tt0795421/business Internet Movie Database] Box office/Business for Mamma Mia! (2008)&lt;/ref&gt; Zur Premiere des Films in [[Stockholm]] am 4. Juli 2008 erschienen alle vier ABBA-Mitglieder und zeigten sich für etwa zwei Minuten gemeinsam mit einigen Filmdarstellern auf dem Balkon des Stockholmer Theaters Rival.<br /> <br /> === Ausstellung von ABBA-Memorabilien ===<br /> [[Datei:ABBA- The Museum (Waterloo).jpg|mini|Kopie der „Waterloo-Kostüme“ im [[ABBA The Museum|ABBA-Museum]]]]<br /> Nachdem die für das Jahr 2008 geplante Eröffnung eines ABBA-Museums in Stockholm zunächst nicht zustande kam, wurde im Dezember 2008 mitgeteilt, dass die Ausstellung stattdessen auf einer Welttournee gezeigt werden soll.&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,451185,00.html ''Mamma mia – ein Museum''.] [[Spiegel Online]], 28. November 2006, zuletzt abgerufen am 29. September 2010.&lt;/ref&gt; Die Wanderausstellung unter dem Namen „ABBA WORLD“ präsentierte den Besuchern über 750 Ausstellungsstücke. Neben Originalkostümen und -instrumenten wurden verschiedene Memorabilien und Merchandisingartikel der Popgruppe gezeigt. Auch die Song-Contest-Medaille von 1974 war zu sehen. Die Ausstellung bot außerdem verschiedene interaktive Präsentationselemente, darunter auch einen Nachbau des früheren Aufnahmestudios.<br /> <br /> Erste Station der Ausstellung war vom 26. Januar bis zum 28. März 2010 das [[Earls Court Exhibition Centre]] in der britischen Hauptstadt London, am 19. Juni 2010 wurde ''ABBA World'' am Federation Square im australischen [[Melbourne]] eröffnet. Vom 4. Dezember 2010 bis 3. April 2011 waren die Memorabilien im [[ETO Park]] im ungarischen [[Győr]] zu sehen und seit 6. Mai 2011 befand sich der Ausstellungsort im Einkaufszentrum ''Slovanský dum'' im [[Tschechien|tschechischen]] [[Prag]].&lt;ref&gt;Pressrelease ABBAWORLD multi-media exhibition: [http://www.mynewsdesk.com/se/pressroom/touringx/pressrelease/view/springtime-for-abbaworld-in-prague-602908 ''Springtime for ABBAWORLD in Prague!''] www.mynewsdesk.com 23. März 2011, abgerufen am 15. Oktober 2012.&lt;/ref&gt; Von März bis Dezember 2011 waren große Teile der Ausstellung im Powerhouse Museum im australischen Sydney ausgestellt. Am 7. Mai 2013 wurde das Museum unter der Bezeichnung [[ABBA The Museum]] als permanenter Bestandteil der Swedish Hall of Fame in Stockholm eröffnet.&lt;ref&gt;[http://www.abbathemuseum.com/ abbathemuseum.com] Website des Museums&lt;/ref&gt; Eine besondere Attraktion hierbei ist das „Ring-Ring-Telefon“, auf dem die vier ehemaligen ABBA-Mitglieder in unregelmäßigen Abständen anrufen. Besucher haben somit nach Zufallsprinzip die Möglichkeit, mit den Mitgliedern zu sprechen.<br /> <br /> == Künstlerische Arbeit ==<br /> === Musikalischer Stil ===<br /> Da alle vier Musiker von ABBA sowie ihr Manager Stig Anderson bereits vor der gemeinsamen Musikperiode eigene Musikkarrieren hatten, war in der Gruppe ein breites musikalisches [[Repertoire]] bekannt. Auch hatten alle Künstler bereits mehrjährige Erfahrungen in der Konzeption, Komposition, Produktion und Interpretation verschiedener Stilrichtungen der kommerziellen Unterhaltungsmusik. Doch obwohl alle vier Musiker bereits eigene Stücke geschrieben hatten, bildeten für ABBA fast ausschließlich Benny Andersson und Björn Ulvaeus das Komponistenteam, wobei Andersson vor allem komponierte und Ulvaeus die Liedtexte schrieb. Ihre Vorbilder waren beispielsweise [[John Lennon|Lennon]]/[[Paul McCartney|McCartney]] von den [[The Beatles|Beatles]], sowie [[Elvis Presley]] und die [[The Beach Boys|Beach Boys]].&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.300&quot;&gt;S. 300&lt;/ref&gt; Auch alte schwedische Volkslieder sowie die klassischen Komponisten [[Wolfgang Amadeus Mozart|Mozart]], [[Giuseppe Verdi|Verdi]] und [[Johann Sebastian Bach|Bach]] haben die Künstler in ihrem Schaffen beeinflusst.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.40&quot;&gt;S. 40&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Aufgrund ihrer musikalischen Vergangenheit experimentierten sie in den Anfangsjahren stetig mit verschiedenen Musikgenres: In einigen frühen Stücken wie ''People Need Love'' oder ''He Is Your Brother'' ist noch der Einfluss der [[Hippie|Flower-Power]]-Ära der späten 1960er Jahre zu hören.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.18f.&quot;&gt;S. 18&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.21&quot;&gt;S. 21&lt;/ref&gt; Von der Schlagerballade ''[[Hasta Mañana]]''&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.27ff&quot;&gt;S. 27&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; über Popschlager wie ''[[Honey, Honey]]'' oder ''[[I Do, I Do, I Do, I Do, I Do]]'', [[Reggae]]-Pop wie ''Tropical Loveland''&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.37&quot;&gt;S. 37&lt;/ref&gt; bis hin zu rockigen Songs wie ''[[Waterloo (Lied)|Waterloo]]'' oder ''[[So Long]]'' deckten sie ein breites Spektrum der Popmusik ab. Dabei produzierten sie auch ausgefallene Stücke wie ''Watch Out'' (nahezu [[Glam Rock]]), ''Sitting In The Palmtree '' oder den ''King Kong Song''&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.27ff&quot; /&gt; – aber auch eher anspruchslosen „Happy-Pop“. Mit dem im Sommer 1974 entstandenen Titel ''[[SOS (ABBA-Lied)|SOS]]'' und ''[[Mamma Mia (Lied)|Mamma Mia]]'', das im März 1975 produziert wurde, fanden sie schließlich ihren eigenen Musikstil in der Popmusik, den sie in den folgenden Jahren stetig weiterentwickelten.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.37&quot; /&gt;&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.300&quot; /&gt;<br /> <br /> Der Prozess der Komposition von Andersson und Ulvaeus wird häufig als „inspiriert und unkonventionell“, aber auch als „zwanghaft perfektionistisch“ beschrieben. Zum Komponieren zogen sich die beiden Musiker meistens in eine Hütte auf die kleine [[Stockholmer Schärengarten|Schären-Insel]] Viggsö vor Stockholm zurück und spielten dort zunächst stundenlang gemeinsam auf ihren Instrumenten (Gitarre und Klavier) [[Akkord]]e und [[Harmonik|Harmonien]].&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.251&quot;&gt;S. 251&lt;/ref&gt; Manchmal sangen sie dazu einfache englische Worte oder [[Phrase (Linguistik)|Phrasen]], die allerdings selten den späteren Liedtexten entsprachen, um die Wirkung als Popsong zu hören. Erst wenn beide das Gefühl hatten, einen interessanten und eingängigen Ansatz gefunden zu haben, versuchten sie diesen bis zum fertigen Stück weiterzuentwickeln.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.251&quot; /&gt; Da weder Andersson noch Ulvaeus Noten lesen und schreiben konnten, prägten sie sich ihre neuen Lieder während der Entstehung ein, so dass sie diese später ihren Studiomusikern für weitere Arrangements auswendig vorspielen konnten. Zu dieser Methode sagten beide Künstler später, „dass ein Stück nur dann wirklich gut sei, wenn man es sich bereits bei der Entstehung gut einprägen könne“.<br /> <br /> Nach der Melodiefindung zog sich Ulvaeus meistens allein zurück, um einen passenden Basistext für die Melodie zu schreiben. Dabei war Ulvaeus bestrebt, die einzelnen Worte und Textsilben mit dem [[Rhythmus (Musik)|Rhythmus]] der Melodie so zu harmonisieren, dass die [[Intonation (Sprachwissenschaft)|Sprachmelodie]] weitgehend auch der Melodieführung des Liedes entsprach. Nachdem der als sehr sprachbegabt geltende Ulvaeus, dessen [[Muttersprache]] [[Schwedische Sprache|Schwedisch]] ist, die [[Englische Sprache|englischsprachigen]] Texte fertiggestellt hatte, wurden diese noch von Muttersprachlern überprüft und ggf. geringfügig angepasst.<br /> <br /> In den Anfangsjahren, in denen auch ihr Manager Stig Anderson einige Songtexte oder Teile davon schrieb, dominierten einfache, manchmal auch anspruchslose Texte mit Geschichten über das Leben und die Liebe.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.35f.&quot;&gt;S. 35&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; In späterer Zeit entwickelte Ulvaeus anspruchsvollere, manchmal auch tiefgründige Texte. Der Text von ''[[The Winner Takes It All]]'' gilt als einer seiner besten. Auch wenn die Liedtexte häufig Parallelen zu den Beziehungen der beiden früheren ABBA-Paare und ihrem Leben zeigen, so ist laut Ulvaeus der Song ''Slipping Through My Fingers'' das einzig wirklich autobiographische Lied, das er je komponiert hat. Die einfühlsame Ballade, die das schnelle Heranwachsen der eigenen Kinder aus Sicht der Eltern thematisiert, ist seiner Tochter [[Linda Ulvaeus|Linda]] gewidmet.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.82&quot;&gt;S. 82 f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Zwar gibt es in ihren Liedern häufig den typischen Grundaufbau, bei dem [[Strophe]]n und [[Refrain]] im einfachen Wechsel folgen, jedoch zeigten sie mit dem Instrumentalstück ''Intermezzo No. 1'' oder Liedern wie ''[[The Name of the Game]]'', dass sie auch Stücke mit komplexerer Struktur komponieren können.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.53&quot;&gt;S. 53&lt;/ref&gt; Bei der Produktion perfektionierten sie schließlich ihre Stücke und deren Sound. Neben der typischen [[Instrumentation]] der Musikgruppen aus dieser Zeit, die aus verschiedenen E-Gitarren, Bassgitarre, Klavier und Schlagzeug bestand, setzten Andersson und Ulvaeus zusätzlich Instrumente aus klassischen [[Orchester]]n sowie die neu aufkommenden elektronischen [[Synthesizer]] mit ihren vielfältigen und bis dahin noch wenig verbreiteten Soundeffekten ein.<br /> <br /> Die eingängigen Lieder wurden fast ausschließlich von Fältskog und Lyngstad gesungen, die beide professionell ausgebildete Stimmen mit einem großen [[Tonumfang]] (Fältskog: [[Sopran]]; Lyngstad: [[Mezzosopran]]) hatten. In früheren Stücken sangen auch die beiden Männer häufiger, jedoch erkannte ABBA bald, dass vor allem die gut miteinander harmonierenden Frauenstimmen zu einer unverwechselbaren Eigenständigkeit ihrer Lieder und deren Sound führten.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.242&quot;&gt;S. 242&lt;/ref&gt; So übernahmen Andersson und Ulvaeus nach der experimentellen Anfangszeit der Band fast nur noch Begleitgesang in den Refrains, [[Begleitgesang|Backing Vocals]] oder imitierenden, geräuschähnlichen Gesang wie beispielsweise in den Stücken ''[[Take a Chance on Me]]'' oder ''[[Super Trouper (Lied)|Super Trouper]]''. Ausnahmen waren beispielsweise die Songs ''Rock Me'' aus dem dritten Album [[ABBA (Album)|''ABBA'']] und ''[[Does Your Mother Know]]'', bei denen Ulvaeus die Strophen allein singt und die Hauptstimme im Refrain übernimmt. Auch auf dem letzten Studioalbum ''[[The Visitors]]'' von 1981 übernimmt Ulvaeus bei einem Lied ''(Two for the Price of One)'' den Gesang.<br /> <br /> Mit aufwändiger Studiotechnik stellte Toningenieur [[Michael B. Tretow]] verschiedene Varianten der Stücke her, indem er die Stimmen und Instrumente auf mehrere Tonbänder aufnahm bzw. einige Soundelemente verlangsamt oder zeitlich leicht versetzt abspielte (siehe auch [[Overdub]]bing).&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.303&quot;&gt;S. 303&lt;/ref&gt; Tretow wurde in seiner Arbeitsweise von dem US-amerikanischen Musikproduzenten [[Phil Spector]] und seinen klangvollen [[Wall of Sound|Wall-of-Sound]]-Arrangements inspiriert.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.225f.&quot;&gt;S. 225 f.&lt;/ref&gt; So entstanden in den ABBA-Songs häufig völlig neuartige Klangelemente, die ohne Kenntnis dieser Herstellungstechniken so nicht kopierbar waren, wodurch ihre Lieder einen einzigartigen und unverwechselbaren Sound bekamen.<br /> <br /> Durch die Erkenntnis, wie wichtig die moderne Studiotechnik für die ABBA-Musik war, investierten sie stets viel Geld in die Produktion ihrer Titel. Sie gingen für die Aufnahmen in renommierte Tonstudios und bauten sich 1977/1978 ein eigenes Tonstudio in Stockholm, das Polar Music Studio. Um auf dem US-amerikanischen Markt erfolgreicher zu sein und den typischen Sound des frühen „Achtziger-Jahre“-Pop zu perfektionieren, gingen sie für einige Aufnahmen nach [[Miami]] in die Criteria Studios und arbeiteten dort mit den besten Musikproduzenten zusammen. Auf diese Weise produzierte ABBA nahezu zeitlose Musik mit hohem Unterhaltungs- und [[Wiedererkennungseffekt|Wiedererkennungswert]] („[[Ohrwurm|Ohrwürmer]]“) auf dem jeweils aktuellen Stand der Studiotechnik. War ein neuer Titel einem bereits eingespielten Lied allerdings zu ähnlich, wurde er erst gar nicht produziert. Ein Beleg dafür ist die ''[[Liste der unveröffentlichten Lieder von ABBA]].''&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.110f&quot;&gt;S. 110–117&lt;/ref&gt; Aufgrund ihres künstlerischen Schaffens und ihrer aufwändigen Produktionsmethoden wird die Band ABBA heute als Mitbegründer der modernen Popmusik angesehen.<br /> <br /> === Bandname ===<br /> [[Datei:ABBA Logo 1.jpg|mini|hochkant=1.5|Erstes Band-Logo auf der LP ''[[Ring Ring]]'']]<br /> Da sich die vier Musiker in den Anfängen ihrer gemeinsamen Karriere noch nicht als feste Gruppe sahen, traten sie zunächst einfach unter verschiedenen Aufzählungen ihrer vier Vornamen auf. So hießen sie „Björn &amp; Benny, Agnetha &amp; Anni-Frid“, „Anni-Frid, Agnetha, Benny, Björn“, „Björn + Benny + Agnetha + Frida“ oder auch „Björn + Benny + Anna + Frieda“.&lt;ref group=&quot;B&quot; name=&quot;S.86f.&quot;&gt;S. 86/87&lt;/ref&gt; Auf der Frontscheibe ihres ersten [[Opel]]-„Tour-Wagens“ stand bis 1973: „BJÖRN BENNY AGNETHA FRIDA“.<br /> <br /> Auf frühen Plattencovern in den USA werden „Björn &amp; Benny“ zum Teil mit dem Zusatz „med svenska flickor“ („mit schwedischen Mädchen“) genannt.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.219&quot;&gt;S. 219&lt;/ref&gt; Grund dafür war, dass Fältskog damals noch exklusiv bei der Plattenfirma CBS-Cupol unter Vertrag stand und deren erfolgreichster Star war, so dass [[Tantieme]]n und Lizenzgebühren von Polar an CBS-Cupol fällig gewesen wären.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.213&quot;&gt;S. 213&lt;/ref&gt; Diese Vertragsbindungen galten bedingt auch noch während der erfolgreichen ABBA-Zeit bis Ende 1975, so dass später noch hohe Tantiemen an CBS-Cupol gezahlt werden mussten. Lyngstads Plattenvertrag mit [[EMI Group|EMI Music]] endete 1972.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.215&quot;&gt;S. 215&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Anfang der 1970er Jahre traten die vier Schweden bei einigen Musikfestivals in den heimischen „Folkparks“ mehrfach auch unter den Namen „Festfolk“ oder „Festfolket“ (seltener auch: „Festfolk Quartet(t)“ oder „Festfolk Kvartett“) gemeinsam öffentlich auf und hatten vereinzelte Auftritte als „Engaged Couples“ in schwedischen Clubs und Bars. In Mexiko wurden ihre Platten 1972 und 1973 zunächst mit dem schlichten Gruppennamen „Los Suecos“ („Die Schweden“) veröffentlicht. Erst nachdem sie in ihrem Heimatland Schweden erste Erfolge als Gruppe hatten, wurde ein passender Bandname gesucht. Vor allem ihr Manager [[Stig Anderson]] war zunehmend genervt, gegenüber der Presse stets den umständlichen Namen „Björn &amp; Benny, Agnetha &amp; Frida“ erwähnen zu müssen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.241&quot;&gt;S. 241 f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Schon im März 1973 veröffentlichte eine schwedische Zeitschrift die Aufforderung, Namensvorschläge für die mittlerweile landesweit bekannte Gruppe einzusenden. „Friends and Neighbours“, „Alibaba“ und „BABA“ waren dabei zunächst die ernsthaftesten Vorschläge.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.241&quot; /&gt; Im Sommer 1973 wurde schließlich auf Vorschlag von Stig Anderson der Bandname „ABBA“ festgelegt, mit dem die Gruppe erstmals im Februar 1974 beim schwedischen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest auftrat. In Skandinavien und auch von Andersson und Ulvaeus wurde der Name zunächst eher verhalten beurteilt, da es in Schweden ein großes und bekanntes Nahrungsmittelunternehmen mit dem Namen ''[[Abba Seafood]]'' gibt. Anderson musste von dieser Firma die Erlaubnis einholen, um „ABBA“ verwenden zu dürfen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.242&quot; /&gt;<br /> <br /> Der Begriff „[[Abba (Bibel)|Abba]]“ ist nebenbei unter anderem ein biblisches Wort für „Vater“. Diese Wortbedeutung wird in ''[[ABBA – Der Film]]'' aus dem Jahr 1977 in einer Interviewszene von einem älteren Passanten erwähnt. Doch letztendlich setzte sich der Bandname auch international sehr schnell durch – nicht zuletzt deshalb, weil er in fast allen Sprachen leicht und gleich ausgesprochen wird und in alphabetischen Aufzählungen immer sehr weit vorne steht. Dieses einfache, sehr markante und prägnante Wort „ABBA“ ist ein [[Palindrom]] und zugleich ein [[Akronym]], das sich aus den Anfangsbuchstaben der vier [[Vorname]]n der Bandmitglieder in folgender Reihenfolge ableitet: '''A'''gnetha, '''B'''jörn, '''B'''enny, '''A'''nni-Frid → '''ABBA'''. Gelegentlich wurde die Zusammensetzung des Bandnamens auch in umgekehrter Reihenfolge interpretiert (Anni-Frid, Benny, Björn, Agnetha), wie zum Beispiel bei der Formation der Bandmitglieder bei einigen Fotoaufnahmen für Poster und Plattencover wie ''Waterloo'' oder ''Gracias por la música'', Anfang 1976 bei einem Teil der Fotoaufnahmen mit den [[Initiale|Initial-Buchstaben]] von [[Wolfgang Heilemann]] oder bei einer roten Buchstabenbeflockung auf den Rückseiten von Overalls, die die ABBA-Mitglieder 1977 bei ihrer Ankunft in Australien trugen.<br /> <br /> === Band-Logo als Markenzeichen ===<br /> Nachdem die Gruppe zu ihrem Bandnamen ABBA gefunden hatte, wurde dieser zunächst nur [[Typografie|typografisch]] auf Cover, Plakaten, Poster und sonstigen Promotionmaterialien abgebildet. Vor einem Auftritt in der deutschen Musiksendung [[Disco (Fernsehsendung)|Disco]] im Februar 1976 bekam der Fotograf [[Wolfgang Heilemann]] den Auftrag, in einem nahegelegenen Studio einige Aufnahmen von der Gruppe für die deutsche Jugendzeitschrift [[Bravo (deutsche Zeitschrift)|Bravo]] zu machen. Dabei war auch eine Fotostrecke vorgesehen, bei der vor jedem der vier Bandmitglieder ein großer silberfarbener Initial-Buchstabe stehen sollte. Bei diesen Aufnahmen stellte Andersson – an zweiter Stelle stehend – versehentlich das „B“ „auf den Kopf“, was allerdings erst nach Beendigung der Fotoaufnahmen bemerkt wurde.&lt;ref&gt;Wolfgang ›Bubi‹ Heilemann: ''ABBA: Fotografien 1974–1980''. Schwarzkopf &amp; Schwarzkopf, Sonderausgabe 2011, S. 109 ff.&lt;/ref&gt; Nachdem Heilemann die Bandmitglieder über den Fehler informiert hatte, unterhielten sich Andersson und Ulvaeus kurz, beschlossen, sich diesen „Patzer“ zu eigen zu machen, und bedankten sich bei Heilemann für die „großartige Marketing-Idee“.&lt;ref&gt;Carl Magnus Palm: ''Bright Lights, Dark Shadows.'' London, 2002, S. 393.&lt;/ref&gt; Auf Basis dieser Idee entwickelte kurz darauf der Grafiker Rune Söderqvist aus der Schriftart News Gothic Bold den ABBA-Schriftzug mit dem spiegelverkehrten „B“ und erläuterte zu dem Logo, dass „die beiden ‚B‘ sich harmonisch den beiden ‚A‘ zuwenden“.&lt;ref group=&quot;B&quot; name=&quot;S.204&quot;&gt;S. 204&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Das ABBA-Logo wurde am 13. August 1976 offiziell vorgestellt und wird seit der Single ''Dancing Queen'' bei allen offiziellen ABBA-Tonträgern, Publikationen und Fanartikeln bis heute eingesetzt. Seit den Veröffentlichungen der CD-Single ''Dancing Queen'' und dem Album ''ABBA Gold'' im Jahr 1992 wurde zwischenzeitlich auch eine aus der Schriftart [[Helvetica (Schriftart)|Helvetica Roman]] entwickelte Version des ABBA-Logos verwendet, dessen Buchstaben in der Schriftstärke etwas schlanker, aber im Schriftschnitt etwas breiter sind. Bei späteren Veröffentlichungen des Albums ''ABBA Gold'' wurde aber wieder das frühere Original-Logo verwendet. Das ABBA-Logo mit dem spiegelverkehrten „B“ ist [[spiegelsymmetrisch]] und gehört neben den Schriftzügen der Rockbands [[AC/DC]] und [[Kiss (Band)|Kiss]] sowie der „[[The Rolling Stones|Stones-Zunge]]“ zu den weltweit bekanntesten Markenzeichen von Musikgruppen. Andersson und Ulvaeus ließen den neuen ABBA-Schriftzug unmittelbar nach der Fertigstellung [[markenrecht]]lich schützen, weshalb er häufig auch zusätzlich mit dem [[Marke (Recht)|Registrierungszeichen]] ® gekennzeichnet ist. Nach dem Eintrag des ABBA-Logos als Markenzeichen gehörten die Rechte einer ABBA-eigenen Vermarktungsfirma. Bei einigen Original-Tonträgern – insbesondere in Asien –, diversen Lizenz-Tonträgern und den inoffiziellen Tonträgern wird häufig nicht das ABBA-Logo verwendet, sondern nur eine grafische Anpassung des Original-Logos.<br /> <br /> == Rezeption ==<br /> === Wirtschaftlicher Erfolg ===<br /> ==== Vermarktung ====<br /> Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den internationalen Durchbruch von ABBA war zunächst der Sieg beim [[Eurovision Song Contest 1974]], durch den die Gruppe und ihr einfacher, aber markanter Bandname ABBA quasi über Nacht international bekannt wurde. Gleichzeitig vermittelten sie durch ihr Lied ''Waterloo'' und die ungewöhnlichen, schrillen Kostüme ein neues, modernes Image, das vom europäischen Publikum überwiegend positiv beurteilt wurde. Dazu trugen vor allem die beiden Sängerinnen Fältskog und Lyngstad bei, die zwar zwei völlig unterschiedliche, aber gleichermaßen attraktive und sympathische Frauentypen waren und mit einer frischen und positiven Ausstrahlung auftraten.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.333&quot;&gt;S.&amp;nbsp;333&lt;/ref&gt; Über Jahre pflegte ABBA fortan das Image zweier glücklicher und sehr gut befreundeter Paare, die ohne die sonst für viele Bands üblichen Skandale wie [[Liebesbeziehung|Liebesaffären]], [[Droge]]nkonsum usw. stets nett und freundlich in der Öffentlichkeit, bei Fernsehshows und gegenüber ihren Fans auftraten.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.314&quot;&gt;S. 314&lt;/ref&gt;&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.474&quot;&gt;S. 474&lt;/ref&gt; Und auch nach der Trennung von Fältskog und Ulvaeus präsentierten die vier Musiker sich als Gruppe, die trotz persönlicher Differenzen gemeinsam für ein Musikprojekt arbeiteten.<br /> <br /> Während viele Bands Anfang der 1970er Jahre noch Musik spielten, die sich an die populäre englische Rockmusik der 1960er Jahre anlehnte, war ABBA bestrebt, modernere, eingängige und kommerziell erfolgreiche Unterhaltungsmusik zu produzieren. Nachdem ABBA auf den ersten Platten noch mit sehr verschiedenen Musikrichtungen experimentierte – von der [[Glam Rock|Glam-Rock]]-Nummer ''Rock Me''&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.39f&quot;&gt;S. 39&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; bis zum internationalen [[Schlager]]song ''Honey, Honey'' – fand die Gruppe 1975 mit ihrem dritten Album ''[[ABBA (Album)|ABBA]]'' einen eigenen und so bislang noch nicht produzierten [[Popmusik|Pop]]-Sound.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.34&quot;&gt;S. 34&lt;/ref&gt; Unterstützt durch eine vielseitige Instrumentenauswahl, moderne Arrangements und ausgefeilte Studiotechnik, die im Vergleich zu vielen anderen Pop- und Discomusikern ihrer Zeit sehr aufwändig war, erreichte ABBA einen sehr hohen Qualitätsstandard, sowohl bei der Musikaufnahme als auch bei der Produktion. Auch hatte die Gruppe ein sehr gutes Gespür für die Auswahl der Singles und deren Veröffentlichungen sowie für die Weiterentwicklung ihrer Musik. Nur wenn ein Lied dem Produktionsteam „erfolgversprechend“ schien, wurde es veröffentlicht.&lt;ref group=&quot;M&quot; name=&quot;S.51&quot;&gt;S. 51&lt;/ref&gt; Vor allem an die Lieder, die vor einem neuen Album als Single veröffentlicht wurden, stellte das ABBA-Team hohe Ansprüche. Aber auch die späteren Singleauskopplungen mussten „Hitniveau“ haben.<br /> <br /> Im Zuge einer globalen Vermarktungsstrategie setzte das ABBA-Management um Stig Anderson ab dem ersten Greatest-Hits-Album Ende 1975 zwar auf möglichst einheitliche Veröffentlichungen, jedoch wurden immer wieder verschiedene Titel, Singles und Alben – wie bereits zu Beginn ihrer Karriere – sehr länderspezifisch aufgenommen und veröffentlicht. So gibt es viele Titel, die in unterschiedlichen Sprachen gesungen wurden, abweichende Titel auf den B-Seiten der Singles sowie viele Sonderproduktionen und Kompilationsalben für einzelne Länder. Darüber hinaus hatte die Band in den für sie kommerziell wichtigsten Ländern eine hohe Medienpräsenz. Die Gruppe gab unzählige Interviews und trat in den bedeutenden Fernsehsendungen und Musikshows live auf, um neue Songs und Alben zu präsentieren. Auch nutzte sie das Medium des [[Musikvideo]]s wie kaum eine andere Gruppe.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.313&quot;&gt;S. 313&lt;/ref&gt; Parallel dazu trat die Gruppe 1977 und 1979 bei weltweiten Tourneen mit aufwändiger Bühnen- und Scheinwerfershow auf, was man in dieser Dimension nur von sehr wenigen Künstlern kannte.<br /> <br /> Mehrere Faktoren trugen hauptsächlich zum Erfolg auf kompositorischer Ebene bei: erstens der [[Syllabik|syllabische]] Stil, d.&amp;nbsp;h. in jedem Song pro Textsilbe eine Note. Zweitens die Übereinstimmung zwischen Textinhalt und Songaufbau (Textgliederung = Songgliederung). Drittens das in den meisten Songs sehr ausgewogene Mengenverhältnis zwischen Melodie- bzw. Silbentönen zu Pausen und Instrumentalabschnitten. Viertens eine Melodiegestaltung mit einfachen und kleinen Tonintervallen ohne [[Chromatik|chromatische]] Töne, so dass sich insgesamt ein fast volksliedhafter, besonders sanglicher, leicht nachvollziehbarer Song ergibt, bei dem die Gesangsmelodie auch ohne instrumentale Begleitung bereits das zugrundeliegende Harmoniegerüst vollständig oder weitgehend selbst enthält.<br /> <br /> ==== Das „ABBA-Imperium“ ====<br /> Im Laufe der – auch finanziell – sehr erfolgreichen Jahre bauten die vier Schweden und ihr Manager Stig Anderson einen kaum überschaubaren [[Mischkonzern]] mit unterschiedlichen Firmen, Firmenbeteiligungen und anderen Kapitalinvestitionen auf, der auch häufig das „ABBA-Imperium“ genannt wurde. Darunter befand sich beispielsweise das Unternehmen „Sannes Trading“, das Stig Anderson nach dem Erfolg der Gruppe in Osteuropa gemeinsam mit dem schwedischen Geschäftsmann Anders Wall gegründet hatte, mit dem Zweck, [[Kompensationsgeschäft]]e mit den Staaten des Ostblocks zu tätigen. Der Erfolg des Unternehmens blieb allerdings aus, da die angebotenen Produkte der Ostblockstaaten in Schweden nicht absetzbar waren.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 434f.&quot;&gt;S. 434&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Ende der 1970er wurde Sannes Trading in „Pol Oil“ umbenannt und konzentrierte sich fortan auf das Ölgeschäft.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.490f&quot;&gt;S. 490&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Der Kauf von 55.000 Tonnen Rohöl Anfang 1980 brachte der Firma einen Verlust von 30 Millionen [[Schwedische Krone|Kronen]], worauf diese schließen musste.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.490f&quot; /&gt;<br /> <br /> Bereits kurz nach der Trennung der Band folgte durch oberflächliche und teilweise nicht kontrollierte Geschäftsführung sowie durch unseriöses Finanzmanagement (u.&amp;nbsp;a. Steuernachforderungen, spekulative Kreditaufnahmen, zweifelhafte Börsenspekulationen) eine massive Krise mit hohen finanziellen Verlusten auch für Fältskog, Andersson, Ulvaeus und ihren Manager Anderson.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.539&quot;&gt;S. 539&lt;/ref&gt; Lediglich Lyngstad blieb weitgehend schadlos, da sie ihre Kapitalanteile bereits im Zuge der Trennung von ABBA verkauft hatte. Im Januar 1990 verkaufte Stig Anderson schließlich Polar Music mit fast allen Verwertungs- und Lizenzrechten an der eingetragenen Marke ABBA für 300 Millionen Kronen an den Medienkonzern [[Polygram]].&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.570&quot;&gt;S. 570&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Überschattet war der Verkauf von einer Klage der ehemaligen ABBA-Mitglieder gegen ihren Ex-Manager, als im Zuge dessen bekannt wurde, dass das Label unter seiner Leitung statt der vereinbarten 9 Prozent [[Tantieme]]n über Jahre hinweg nur 3 Prozent ausgezahlt hatte.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.570&quot; /&gt; Der Konflikt wurde im Juli 1991 außergerichtlich beigelegt, führte aber zum Zerwürfnis zwischen Stig Anderson einerseits sowie Fältskog, Ulvaeus und Andersson andererseits.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.575&quot;&gt;S. 575&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Verkaufszahlen ====<br /> [[Datei:ABBA- The Museum-4.jpg|mini|[[Schallplattenauszeichnung]]en für Tonträger-Verkäufe der Gruppe im [[ABBA The Museum|ABBA-Museum]] (Stockholm)]]<br /> Zur Anzahl der verkauften ABBA-Tonträger gibt es keine einheitlichen Angaben: Die Schätzungen reichen von etwa 140 Millionen bis zu über 500 Millionen.&lt;ref&gt;Mike Evans: ''Rock’n'Roll’s Strangest Moments: Extraordinary But True Tales from 45 Years of Rock &amp; Roll History''. Pavilion Books, 2014, Kapitel ''ABBA again (Sweden, 1974–1981)'', S. [https://books.google.de/books?id=5i-_CAAAQBAJ&amp;pg=PT169 169]&lt;/ref&gt; Zu Beginn 1977 wurden die Verkaufszahlen in einem Fernsehbeitrag mit 44 Millionen angegeben (14 Mio. Alben, 30 Mio. Singles).&lt;ref&gt;siehe ''ABBA The Album – Deluxe Edition'', DVD-Inhalt “ABBA on Tour in 1977”&lt;/ref&gt; Im Frühjahr 1978 ergaben Berechnungen von Polar Music insgesamt 53 Millionen Einheiten, während das US-Label [[Atlantic Records]] die Tonträgerverkäufe im Rahmen der Promotionreise der Band mit 120 Millionen angab. Diese Zahl wurde auch im TV-Special ''ABBA in Japan'' übernommen, ist allerdings fragwürdig, nicht zuletzt aufgrund des damals in den USA gängigen Reklameschwindels und der Berechnungsmethode des Labels.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 438f.&quot;&gt;S. 438&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; 1983 waren laut einer Schätzung vom [[Guinness-Buch der Rekorde]] bereits 125 Millionen Tonträger von ABBA verkauft worden.&lt;ref&gt;''Guinness Buch der Rekorde 1984.'' Ullstein Verlag, Frankfurt am Main/ Berlin 1983, ISBN 3-550-07722-X, S. 132.&lt;/ref&gt; Ab Mai 1985 wurden ihre Tonträgerverkäufe von selbigem mit 215 Millionen Stück beziffert.&lt;ref&gt;''Das neue Guinness Buch der Rekorde 1986.'' Ullstein Verlag, Frankfurt am Main/ Berlin 1985, ISBN 3-550-07736-X, S. 276&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;''Das neue Guinness Buch der Rekorde 1988.'' Ullstein Verlag, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-550-07743-2, S. 278&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> 1992 sollen es bereits 250 Millionen gewesen sein, wie es u.&amp;nbsp;a. in der Dokumentation ''Thank You ABBA'' aus dem Jahr 1993 erwähnt wird. Durch das ABBA-Revival stiegen die Verkäufe angeblich wiederum auf 350 Millionen, was ebenfalls als fragwürdig angesehen wird. Da sich die offiziellen Verkaufszahlen von ''ABBA Gold'', das maßgeblich zum Erfolg des ABBA-Revivals beigetragen hat, bis 1999 auf 15 Millionen Exemplare belaufen, hätten somit 85 Millionen andere ABBA-Alben und -Singles verkauft werden müssen, um dieser Zahl gleichzukommen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S. 438f.&quot; /&gt; Ausgehend von dieser Berechnung erhielt ABBA im Jahr 2004 eine symbolische Auszeichnung für 360 Millionen verkaufte Tonträger, 2010 wurde der Gruppe eine weitere für 375 Millionen Tonträger überreicht.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.abba-intermezzo.de/darc10.htm |titel=ABBA-Nachrichten |abruf=2018-08-05}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Richard Smirke: ''Abba Members Attend Abbaworld London Premiere''. Billboard, 27. Januar 2010&lt;/ref&gt; 2013 gab Björn Ulvaeus die Verkaufszahlen mit 380 Millionen Tonträgern an und bezog sich dabei auf [[Universal Music Group|Universal Music]].&lt;ref name=&quot;Ulvaeus2013&quot;&gt;[http://www.basellandschaftlichezeitung.ch/panorama/people/380-millionen-alben-verkauft-aber-abba-will-keine-wiedervereinigung-127481256 Basellandschaftliche Zeitung] ''380 Millionen Alben verkauft – aber ABBA will keine Wiedervereinigung.'' Artikel vom 15. Dezember 2013, abgerufen am 8. Oktober 2015&lt;/ref&gt; Jährlich werden schätzungsweise noch über drei Millionen verkaufte ABBA-Tonträger gezählt.&lt;ref&gt;Ivan Hewett: [http://www.telegraph.co.uk/culture/music/3556065/Abba-the-music-why-everyone-loves-Abba.html ''Abba – the music: why everyone loves Abba'']. The Telegraph, 10. Juli 2008&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[[Jenni Roth]]: [https://www.welt.de/welt_print/article2210675/Unzaehlige-Nullen-auf-dem-Konto.html ''Unzählige Nullen auf dem Konto – Abba verdiente Millionen, vor allem mit dem Musical Mamma Mia! Nun kommt auch noch der Film''.] In: ''[[Die Welt]]''. 14. Juli 2008, zuletzt abgerufen am 15. Oktober 2012.&lt;/ref&gt; 2019 wurde die Anzahl der verkauften Tonträger mit rund 385 Millionen beziffert.&lt;ref&gt;{{cite news|url=https://www.forbes.com/sites/heatherfarmbrough/2018/05/17/new-abba-exhibition-launched-as-abba-sells-more-music-than-ever/#65dbe7ca5dd5|title=New Abba Exhibition Launched as Abba Sells More Music than Ever|last=Farmbrough|first=Heather|date=2018-05-17|work=Forbes|accessdate=2019-12-13}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Internationaler Erfolg ===<br /> Die weltweite Popularität von ABBA ab 1975 war neben dem kommerziellen Aspekt auch dahingehend bemerkenswert, als dass es bis in die 1970er Jahre keine andere Band aus Schweden oder Skandinavien gegeben hatte, der vergleichbare Erfolge gelungen waren. Der Erfolg schwedischer Musikkünstler hatte sich seit den 1950er Jahren zumeist auf deren Heimatland beschränkt, wobei der Absatz von 50.000 Exemplaren eines Albums bereits als großer Erfolg angesehen wurde.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.423&quot; /&gt; Schon ihr zweites Album ''[[Waterloo (Album)|Waterloo]]'' hatte 1974 in Schweden mit 250.000 Stück einen Verkaufsrekord aufgestellt, ihr viertes Album ''[[Arrival (Album)|Arrival]]'' wurde zwei Jahre später gar 750.000 Mal abgesetzt.&lt;ref name=&quot;BillboardSE&quot; /&gt; Bis 1979 verkaufte die Gruppe in Schweden 2,9 Millionen Tonträger.&lt;ref name=&quot;BillboardSE&quot; /&gt;<br /> <br /> Die Absicht, auf dem internationalen und besonders dem englischsprachigen Musikmarkt Erfolg zu haben, hatten ABBA-Manager [[Stig Anderson]] sowie [[Benny Andersson]] und [[Björn Ulvaeus]] bereits zu einem frühen Zeitpunkt. Damit einhergehend wurde es für die Musiker schnell zum Ziel, beim [[Eurovision Song Contest]] anzutreten, um damit bei einem großen, internationalen Publikum zumindest Bekanntheit zu erlangen. Vor diesem Hintergrund entstanden in den ersten Karrierejahren viele Hits der Gruppe, während Anderson als Manager seine weltweiten Kontakte nutzte, um die Songs auf allen Märkten als Singles herauszubringen. Nachdem sich erste Erfolge außerhalb ihres Heimatlandes bereits 1973 vor allem in [[Skandinavien]] und den [[Benelux]]-Ländern gezeigt hatten, war der Erfolg von ABBA nach dem [[Eurovision Song Contest 1974]] insbesondere in Deutschland, Schweden, Norwegen, den Niederlanden, Großbritannien und Australien enorm. Aber auch auf kleineren bis mittleren Musikmärkten wie Österreich, Schweiz, Belgien, Dänemark, Finnland, Irland und Neuseeland konnte die Band zum Teil große Chart- und Verkaufserfolge verzeichnen.<br /> <br /> So hatte ABBA im Jahr 1976, dem erfolgreichsten ihrer Karriere, jeweils drei Nummer-eins-Hits in [[Liste der Nummer-eins-Hits in den britischen Charts (1976)|Großbritannien]], [[Liste der Nummer-eins-Hits in Irland (1976)|Irland]], [[Liste der Nummer-eins-Hits in Belgien (1976)|Belgien]] und den [[Liste der Nummer-eins-Hits in den Niederlanden (1976)|Niederlanden]], jeweils vier Nummer-eins-Hits in [[Liste der Nummer-eins-Hits in Deutschland (1976)|Deutschland]] und [[Liste der Nummer-eins-Hits in Neuseeland (1976)|Neuseeland]] sowie fünf Nummer-eins-Hits in [[Liste der Nummer-eins-Hits in Australien (1976)|Australien]]. Zudem belegte 1976 mindestens eine Single der Gruppe die Spitzenposition in [[Liste der Nummer-eins-Hits in Norwegen (1976)|Norwegen]], [[Liste der Nummer-eins-Hits in Schweden (1976)|Schweden]], [[Liste der Nummer-eins-Hits in Österreich (1976)|Österreich]], [[Liste der Nummer-eins-Hits in Frankreich (1976)|Frankreich]] und der [[Liste der Nummer-eins-Hits in der Schweiz (1976)|Schweiz]].<br /> <br /> In Deutschland hatte die Gruppe regelmäßig Promotion-Auftritte in verschiedenen populären Musiksendungen im Fernsehen. Neben vereinzelten Gastauftritten in Shows wie ''[[Am laufenden Band]]'' mit [[Rudi Carrell]] oder der ''[[Aktuelle Schaubude|Aktuellen Schaubude]]'' waren es überwiegend Auftritte in Musiksendungen wie beispielsweise im [[ZDF]] in ''[[Disco (Fernsehsendung)|Disco]]'' mit Ilja Richter, im ''[[Musikladen]]'' von [[Radio Bremen]] oder in der ''[[Starparade]]'', die von [[Rainer Holbe]] präsentiert wurde. In Großbritannien platzierten sich alle Singles ab 1974 bis 1981 zumindest in den [[Musikcharts#Hitparadenspezifische Begriffe|Top Ten]] der Charts, acht davon erreichten die Spitzenposition. Mit insgesamt 11,3 Millionen Stück rangieren ABBA heute auf Platz 3 der Bands mit den meistverkauften Singles in Großbritannien.&lt;ref&gt;[http://www.officialcharts.com/chart-news/the-official-top-20-biggest-selling-groups-of-all-time-revealed-1682/ officialcharts.com] ''The Official Top 20 Biggest Selling Groups Of All Time Revealed'', Artikel vom 3. November 2012.&lt;/ref&gt; Dabei ist ''Dancing Queen'' mit über einer Million an verkauften Stück die erfolgreichste Single.&lt;ref&gt;[https://www.theguardian.com/news/datablog/2012/nov/04/uk-million-selling-singles-full-list guardian.co.uk] ''UK Million Selling Singles – Full List'', abgerufen am 10. Februar 2013&lt;/ref&gt; Bis 1982 erreichten acht Alben hintereinander die Spitzenposition. Bis heute wurden in Großbritannien insgesamt 17 Millionen ABBA-Alben verkauft.&lt;ref name=&quot;ABBASalesHpage&quot;&gt;{{Webarchiv |url=http://abbasales.hpage.com/ |text=abbasales.hpage.com |wayback=20130504110144}} How many records have ABBA sold? − ABBA Record Sales&lt;/ref&gt; Begleitet war die Veröffentlichung ihrer Tonträger in Großbritannien stets von Auftritten und Interviews im Fernsehen sowie insgesamt 15 Konzerten in den Jahren 1977 und 1979.<br /> <br /> Dagegen gelang der Band in den USA nie ein ähnlich großer Durchbruch. Bereits ab 1972 veröffentlichte das US-Label [[Playboy Records]] die ersten Platten der Gruppe, die jedoch allesamt nie die Charts erreichten. 1974 schloss Stig Anderson zunächst einen Dreijahresvertrag mit [[Atlantic Records]], das fortan alle Tonträger bis zur Auflösung der Band in den USA vertrieb. Obwohl ABBA in den Jahren 1974, 1975, 1976 und 1978 [[Musikpromotion|Promotionreisen]] dorthin unternahm, gelangte keines ihrer Alben über die Top 20 hinaus. Auch der Erfolg ihrer Singles hielt sich mit einem Nummer-eins-Hit und drei Top-Ten-Hits deutlich in Grenzen; sechs weitere kamen in die Top 20.&lt;ref&gt;[https://abbasite.com/articles/abba-in-the-united-states/ abbasite.com] ''ABBA in the United States'' (englisch) Abgerufen am 17. Juli 2019&lt;/ref&gt; [[Benny Andersson]] äußerte in einem Interview 1976 seine Einschätzung, dass der US-amerikanische Musikmarkt für Bands aus Europa generell schwieriger zu erreichen sei als etwa der europäische oder australische. Nicht bloß Musikvideos und Fernsehauftritte seien hier wichtig, sondern vor allem die Live-Präsenz einer Gruppe. Die Nachfrage nach ABBA-Tonträgern stieg allerdings auch nach ihrer US-Tournee von 1979 nicht sonderlich.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.480&quot;&gt;S. 480&lt;/ref&gt; In Japan begründete ihren Erfolg vor allem die Promotiontournee im Herbst 1978, deren Fernsehauftritte und Specials 2009 unter dem Titel ''ABBA in Japan'' auf DVD veröffentlicht wurden. Ihre Konzerte waren 1980 komplett ausverkauft. Zudem erschienen in Japan zahlreiche Lizenz-LPs von ABBA, die heute zum Teil nur mehr schwer zu bekommen sind und daher Sammlerobjekte darstellen.<br /> <br /> === Kritik ===<br /> Im Schweden der [[1970er]] Jahre war die Musik stark vom progressiven “Music Movement”, kurz „Progg“ geprägt, zu der [[Musikverlag]]e, [[Musiklabel|Plattenlabels]], Zeitungen und [[Radio]]stationen gehörten. Bezeichnend für diese Musikrichtung war vor allem der linksgerichtete Charakter, der sich in politischen Texten niederschlug und keineswegs auf kommerziellen Erfolg ausgerichtet war.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.246&quot;&gt;S.&amp;nbsp;246&lt;/ref&gt; Dies stand im Gegensatz zu ABBA, denen von Seiten der Progg-Bewegung unzählige Vorwürfe gemacht wurden. So meinte der Jugend-Chefredakteur der schwedischen Broadcasting Corporation: „Ihre [ABBAs] Musik drückt keine Gefühle aus und stetig schimmert der Kommerzgedanke durch. So wird die Musik zu einem leidenschaftslosen, kalten Produkt […]“ (Palm, 2006).&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.354&quot;&gt;S.&amp;nbsp;354&lt;/ref&gt; Der [[Eurovision Song Contest 1975]], der in Schweden ausgetragen wurde, führte zur Organisation des [[Alternativfestivalen]] als Gegenveranstaltung sowie dazu, dass Schweden am Song Contest im folgenden Jahr nicht teilnahm.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.318f&quot;&gt;S.&amp;nbsp;318f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Vor allem nach dem Sieg von ABBA beim Song Contest und in den folgenden Jahren wurden die Gruppe und ihr Manager für ihr Auftreten kritisiert. Die Musik wurde als „begabter Mist“ bezeichnet, die „einen persönlichen Ausdruck vermissen lässt“ (Halling, 2014).&lt;ref group=&quot;I&quot; name=&quot;S.20f&quot; /&gt; Die Gruppe wurde als „Resultat eines abgebrühten Zynismus“ bezeichnet, ihr wurde vorgeworfen, ihre Musik „zielt in erster Linie darauf ab, den Urhebern das Konto zu füllen, ohne im Gegenzug den Hörern etwas zu geben“ (Halling, 2014).&lt;ref group=&quot;I&quot; name=&quot;S.20f&quot; /&gt; Im Artikel einer schwedischen Zeitung stand 1975: „''I love you'' singen ABBA und zeigen dabei zum Publikum. Aber das ist verlogen. ABBA lieben nicht uns, sondern nur die 20 Kronen, die sie uns aus der Tasche ziehen […]“ (Palm, 2006).&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.309&quot;&gt;S.&amp;nbsp;309&lt;/ref&gt; Die Progg-Bewegung ging so weit, dass Musiker wie [[Janne Schaffer]], Mike Watson oder [[Ulf Andersson (Musiker)|Ulf Andersson]], die mit ABBA zusammenarbeiteten, geächtet wurden. So wurde es Schaffer verboten, in Sälen zu spielen, die unter dem Einfluss der Bewegung standen.&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.354&quot; /&gt; Durch ABBA entstand im damaligen Schweden eine „Zweiklassengesellschaft“ der Musik, in der zwischen „kommerziellen“ und „nicht-kommerziellen“ Künstlern unterschieden wurde.&lt;ref group=&quot;I&quot; name=&quot;S.20f&quot; /&gt;<br /> <br /> Im Gegensatz zu Schweden wurde ABBA in den USA bald nach ihrem Sieg beim Song Contest weitgehend positiv aufgenommen. Zu dieser Zeit klagten bereits viele Kritiker, die [[Rockmusik]] hätte sich zu einer „oft anmaßenden und pompösen Kunstform entwickelt.“&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.280f&quot;&gt;S.&amp;nbsp;280f.&lt;/ref&gt; ABBA bedeutete somit eine innovative Neuerung, z.&amp;nbsp;B. schrieb Ken Barnes im [[Rolling Stone]]: „Mit ihren prägnanten und temporeichen Pop-Nummern liegen ABBA viel näher beim eigentlichen Rock’n'Roll als viele dieser übersteigerten Gitarrenkanonen oder diese seelenguten Gruppierungen, die den verwirrten Massen kosmo-dynamische Erleuchtung bringen wollen“ (Palm, 2006).&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.281&quot;&gt;S.&amp;nbsp;281&lt;/ref&gt; Auch andere Kritiker schrieben, dass sich ''[[Waterloo (Album)|Waterloo]]'' „von diesem ganzen Sumpf aus Soul-Balladen und trivialer Country-Musik […] deutlich abhebt“ (Palm, 2006).&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.281&quot; /&gt; Ebenso erhielten spätere Alben wie ''[[Arrival (Album)|Arrival]]'' und ''[[ABBA – The Album]]'' gute Kritiken, u.&amp;nbsp;a. im [[Billboard (Magazin)|Billboardmagazin]], in dem ''Arrival'' bezeichnet wurde als „Album, das Anzeichen künstlerischer Weiterentwicklung zeige.“&lt;ref&gt;[http://www.superseventies.com/spabba.html Super Seventies] Abba − Arrival, abgerufen am 4. April 2016&lt;/ref&gt; Die Songs auf ''The Album'' wurden dafür gelobt, dass „die eingängigen, gedankenvollen Texte nie unter der kräftigen Unterstützung von Keyboard/Synthesizer mit Streichern, Gitarre und Basse im Hintergrund verloren gehen.“&lt;ref&gt;[http://www.superseventies.com/spabba2.html Super Seventies] ABBA − The Album&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In Großbritannien waren vor allem Kritiker der Rockmusik überrascht, dass ABBA auf dem britischen Markt große Erfolge hatte. Eine Popgruppe, die „einfach nur unterhalten wollte“, enttäuschte die Erwartung einer Fortführung der Linie in der Rockmusik. ABBA wurde vorgeworfen, nicht mit den Traditionen der Blues- und Soulmusik verwurzelt zu sein (Palm, 2006).&lt;ref group=&quot;P&quot; name=&quot;S.351&quot;&gt;S.&amp;nbsp;351&lt;/ref&gt; Auf ihrer Konzerttournee durch Großbritannien 1977 schrieben Kritiker, die Gruppe würde „clever und rücksichtslos manipulieren“ und bringe „mit der Präzision eines Roboters eine Single nach der anderen heraus“; sie attestierten ihr einen „Mangel an Wärme, eine fast schon eisige Atmosphäre in den technisch perfekten Liveshows“ (Palm, 2006).<br /> <br /> === Auszeichnungen und Ehrungen ===<br /> ABBA erhielt in neun aufeinander folgenden Jahren (1974–1982) von der Jugendzeitschrift [[Bravo (deutsche Zeitschrift)|Bravo]] einen [[Bravo Otto]] in der Kategorie „Band“, erreichte bei der Bravo-Leserwahl aber nie den ersten Platz („Goldener Otto“).<br /> * „Silberner Otto“ (2. Platz): 1974, 1978, 1979, 1980 und 1982.<br /> * „Bronzener Otto“ (3. Platz): 1975, 1976, 1977 und 1981.<br /> <br /> Am 18. April 1977 nahm ABBA an einer Gala zum Frühlingsfest der Zeitung [[Expressen]] teil und bekam eine „Goldene Wespe“ für die 1976 gedrehte Fernsehdokumentation ''ABBA-DABBA-Doo!'' überreicht, die vom Publikum zur besten Sendung des Jahres gewählt worden war.&lt;ref group=&quot;S&quot; name=&quot;S.14&quot; /&gt;<br /> <br /> 1983 wurde in Schweden ein [[Briefmarkenblock]] ''Musik i Sverige'' herausgegeben, in dem auch eine [[Briefmarke]] mit einem Motiv von ABBA enthalten ist, das die Band auf einer Bühne vor jubelndem Publikum zeigt. Das Motiv basiert auf einem Foto von Anders Hanser, das dieser am 18. September 1979 bei einem Konzert in [[Portland (Oregon)]] ([[Vereinigte Staaten|USA]]) aufgenommen hat. Eine weitere Briefmarke mit einem Motiv von ABBA erschien in Schweden im März 2000. Das Thema dieser Briefmarke ist die musikalische Entwicklung – speziell beim Eurovision Song Contest (damals noch Grand Prix Eurovision de la Chanson). Auf der Briefmarke ist ABBA in den Kostümen von 1974 einer jungen Künstlerin im „[[New Wave]]/[[Techno]]-Outfit“ gegenübergestellt.<br /> <br /> 2002 wurde ABBA in die [[Vocal Group Hall of Fame]] in Sharon ([[Pennsylvania]], USA) aufgenommen, die die besten Gesangsgruppen der Welt ehrt.<br /> <br /> Am 23. Januar 2009 nahmen Fältskog und Lyngstad gemeinsam in Stockholm den Preis [[Rockbjörnen]] („Rock-Bär“) entgegen, der der Popgruppe für ihr Lebenswerk von der schwedischen Zeitung ''[[Aftonbladet]]'' verliehen wurde.<br /> <br /> 2010 wurde ABBA in die [[Rock and Roll Hall of Fame]] aufgenommen.&lt;ref&gt;[http://rockhall.com/inductees/abba/ ABBA in der ''Rock&amp;Roll Hall Of Fame''.] rockhall.com; abgerufen am 16. März 2010.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im September 2012 wurden von [[Madame Tussauds]] vier [[Ceroplastik|Wachsfiguren]] von ABBA angefertigt.&lt;ref&gt;siehe [http://www.abba-intermezzo.de/darc12.htm ABBA Intermezzo – News] 2012&lt;/ref&gt; Dabei tragen die Figuren jene Outfits, mit denen die Gruppe 1975 im Rahmen der Promotion-Tour für ihr drittes Album ''ABBA'' aufgetreten war. Seit Oktober 2012 waren sie in London zu sehen. Im Januar 2013 wanderten die Figuren weiter nach Wien, wo sie sich bis Mitte März befanden.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://www.madametussauds.com/wien/neuigkeiten/abba.aspx |text=madametussauds.com/wien |wayback=20130302031743}} Offizielle Website von Madame Tussauds Wien&lt;/ref&gt; Vom 20. April 2013 an waren die Figuren zwei Monate in Berlin ausgestellt.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://www.madametussauds.com/berlin/neuigkeiten/abba.aspx |text=madametussauds.com |wayback=20130701071928}} Neuigkeiten bei ''Madame Tussauds Berlin'' im April 2013.&lt;/ref&gt; Ende April 2015 übersiedelten die Figuren erneut für drei Monate nach Wien, wo sie im Rahmen einer Song-Contest-Sonderausstellung zu sehen waren.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=https://www.madametussauds.com/Wien/Neuigkeiten/ABBA.aspx |text=MadameTussauds.com |wayback=20151026002327}} ''ABBA in Wien!'' abgerufen am 19. August 2015&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Umfeld der Gruppe ==<br /> * [[Stikkan Anderson|Stig „Stikkan“ Anderson]]<br /> : Manager der Gruppe, Autor einiger früher Songtexte sowie Präsident der Firma [[Polar Music]]; fungierte auch als Berater für die Bandmitglieder in finanziellen Angelegenheiten. Zu seinem 50. Geburtstag am 25. Januar 1981 präsentierte ABBA das Lied ''Hovas Vittne'' in den Kostümen, mit denen die Gruppe 1974 beim Eurovision Song Contest mit ''Waterloo'' aufgetreten waren.<br /> * [[Slim Borgudd]] [[Datei:Grand Prix van NL op circuit van Zandvoort nr. 10 , 11 officials en politie la, Bestanddeelnr 253-8581.jpg|mini|Slim Borgudd (ATS) beim Großen Preis der Niederlande 1981, das ABBA-Logo ist auch auf dem Heckflügel zu sehen]]<br /> : Der frühere Studio-Schlagzeuger von ABBA ist ein begeisterter Motorsportler, der zwischen 1981 und 1982 an zehn [[Formel 1|Formel-1]]-Rennen teilnahm. In der Saison 1981 fuhren Borgudd und der Niederländer [[Jan Lammers]] in einem ATS-Ford, auf dessen Frontfläche und Seitenkästen sich das ABBA-Logo befand.<br /> * [[Ola Brunkert]]<br /> : Schlagzeuger von ABBA<br /> * Anders Eljas<br /> : Keyboarder auf ABBA-Welttourneen und orchestrierte selbst ''[[Chess (Musical)|Chess]]'' und ''[[Kristina från Duvemåla]]'' für ihre Produktionen.&lt;ref&gt;[https://www.dn.se/arkiv/familj/abbas-turne-andrade-hans-liv/] ''[[Dagens Nyheter]]'' 2013-01-15&lt;/ref&gt;<br /> * [[Rutger Gunnarsson]]<br /> : Bassist von ABBA. Brunkert und Gunnarsson waren nach Angaben auf der ABBA-Website die einzigen Musiker, die bei allen Aufnahmen der Band dabei waren.<br /> * [[Lasse Hallström]]<br /> : Regisseur fast aller ABBA-[[Musikvideo]]s und des Filmes ''[[ABBA – Der Film]]''<br /> * Görel Hanser (geb. Johnsen)<br /> : Assistentin von Stig Anderson, persönliche Assistentin der Bandmitglieder und später Vize-Präsidentin der Firma Polar Music sowie bis heute freundschaftlich mit allen vier ABBA-Mitgliedern verbunden. Zum 30. Geburtstag von Hanser sang ABBA 1979 das Lied ''Sång Till Görel'', von dem später eine Auflage von 50 Maxi-Singles produziert wurde. Einen weiteren gemeinsamen musikalischen Auftritt hatten die vier Bandmitglieder im Juni 1999 im privaten Kreis, als sie anlässlich des 50. Geburtstages von Hanser das schwedische Volkslied ''Med En Enkel Tulipan'' als musikalischen Glückwunsch präsentierten. Alle vier Musiker betonten nachher, dass nicht die Gruppe ABBA, sondern – wie bereits zum 30. Geburtstag – vier gute Freunde des Geburtstagskindes gemeinsam gesungen haben.<br /> * [[Tomas Ledin]]<br /> : Backgroundsänger bei ABBA, heute Solokünstler<br /> * Owe Sandström<br /> : Kostümdesigner. Er entwarf die Kleidung der Vier bereits für ihren Auftritt mit ''Ring Ring'' beim schwedischen ESC-Vorentscheid 1973. Nach seinen Angaben hat er für ABBA etwa 100 Kostüme entworfen, die später Teil des ABBA-Museums in Stockholm wurden, und ließ sich dabei unter anderem von der Natur und von Zirkus-Outfits inspirieren.&lt;ref&gt;Olaf Neumann: [https://www.nordbayern.de/kultur/woher-der-kostum-designer-von-abba-seine-ideen-hat-1.11710105 ''Woher der Kostüm-Designer von Abba seine Ideen hat''] nordbayern.de vom 9. Januar 2022, abgerufen am 16. Januar 2022, (Print: Nürnberger Nachrichten vom 10. Januar 2022, S. 10)&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://wwwc.aftonbladet.se/puls/0002/04/abba.html Aftonbladet] 4. Mai 2000&lt;/ref&gt;<br /> * Graham Tainton<br /> : Mit seinen Choreographien hatte die Gruppe Aufmerksamkeit nicht nur für die Musik gewonnen.&lt;ref&gt;[http://abbamikory.blogs.com/abbamikory/2005/06/abba_october_19.html?no_prefetch=1 VeckoRevyn] 25. Oktober 1978&lt;/ref&gt;<br /> * [[Michael B. Tretow]]<br /> : Hauptverantwortlicher und ausführender Studio-Tontechniker sowie Soundentwickler bei allen ABBA-Titeln; gilt musikalisch als „fünftes Mitglied“ der Band.<br /> <br /> == Diskografie ==<br /> {{Eingebundene Diskografie|ABBA/Diskografie|Überschrift=Studioalben}}<br /> <br /> == Filmdokumentationen ==<br /> * ''A for ABBA''. BBC, 20. Juli 1993<br /> * Thierry Lecuyer, Jean-Marie Potiez: ''Thank You ABBA.'' Willow Wil Studios/A2C Video, 1993<br /> * Barry Barnes: ''ABBA − The History.'' Polar Music International AB, 1999<br /> * Chris Hunt: ''The Winner Takes it All − The ABBA Story.'' Littlestar Services/lambic Productions, 1999<br /> * Steve Cole, Chris Hunt: ''Super Troupers − Thirty Years of ABBA''. BBC, 2004<br /> * ''The Joy of Abba''. BBC 4, 27. Dezember 2013 ([http://www.bbc.co.uk/programmes/b03lyzpp BBC-Seite])<br /> * Carl Magnus Palm, Roger Backlund: ''ABBA – When Four Became One''. SVT, 2. Januar 2012<br /> * Carl Magnus Palm, Roger Backlund: ''ABBA – Absolute Image''. SVT, 2. Januar 2012<br /> * ''ABBA – Bang a boomerang''. ABC 1, 30. Januar 2013 ([http://www.abc.net.au/tv/guide/abc1/201301/programs/DO1134Q001D2013-01-30T203200.htm ABC-Seite])<br /> * [https://www.youtube.com/watch?v=OnOca2yLVXQ ''Thank you for the music '']. Sunday Night (7 News), 1. Oktober 2019<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Christer Borg: ''ABBA (Mit Diskografie, Songtexten und 20 SW-Fotos).'' Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 1978, {{OCLC|164785262}}.<br /> * ''ABBA 5 Years.'' In: ''[[Billboard (Magazin)|Billboard Magazine]]'', 8. September 1979, S. 23–46; [http://books.google.de/books?id=6CMEAAAAMBAJ&amp;pg=PT23 Auszug] (Google).<br /> * Carl Magnus Palm: ''ABBA − The Complete Recording Sessions.'' Verulam Publishing, 1994, ISBN 0-907938-10-8.<br /> ** Neuauflage: ''ABBA − The Complete Recording Sessions. Revised and Expanded Edition.'' 1. Ausgabe. CMP Text / CPI Group, 2017, ISBN 978-91-639-2656-3.<br /> * John Tobler: ''ABBA Gold – The complete Story''. 1. Auflage. St Martins Pr, 1994, ISBN 0-312-11227-0.<br /> ** Deutsch: ''ABBA Gold − Die Erfolgsstory. 20 Jahre ABBA''. Übersetzt von Anna-Maria Dahm. Heel Verlag, Königswinter 1994, ISBN 3-89365-371-6.<br /> * Andrew Oldham, Tony Calder, Colin Irwin: ''ABBA – The Name of the Game.'' Trans-Atlantic Publications, 1. Auflage London 1995, ISBN 0-283-06232-0.<br /> ** Deutsch: ''ABBA – Thank you for the Music''. Übersetzt von Heike Steffen. Ullstein Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-548-35950-7.<br /> * Anders Hanser, Carl Magnus Palm: ''Från ABBA till Mamma Mia!'' 1999, ISBN 91-89136-06-3 (schwedisch).<br /> ** Englisch: ''From ABBA to Mamma Mia! The Official Book.'' Billboard Books, 2000, ISBN 978-1-85227-864-9 (Neuauflage Premium Forlag AB, 2010, ISBN 91-89136-62-4)<br /> * Jean-Marie Potiez: ''ABBA – The Book.'' Aurum Press, 1. Auflage London 2000, 2. Auflage 2003, ISBN 1-85410-698-8.<br /> * Carl Magnus Palm: ''Bright Lights, Dark Shadows − The real Story of ABBA.'' Omnibus Press, 1. Auflage 2001, 3. Auflage 2014, ISBN 978-1-78305-359-9.<br /> ** Deutsch: ''Licht und Schatten: ABBA – Die wahre Geschichte''. 1. Auflage. Bosworth Musikverlag, 2002, Neuauflage Berlin 2011, ISBN 978-3-86543-679-5.<br /> * [[Wolfgang Heilemann|Wolfgang „Bubi“ Heilemann]]: ''ABBA − Eine Karriere in Bildern''. 1. Auflage. Achterbahn Musik Verlag, 2001, ISBN 978-3-89719-408-3.<br /> * Frédéric Tonnon, Marisa Garau: ''ABBA − On speaking Terms''. 1. Auflage. The House of Books, 2002, ISBN 90-443-0463-1.<br /> ** Deutsch: ''ABBA − Ihre ganze Geschichte''. Übersetzt von Ilja Braun. Schwarzkopf &amp; Schwarzkopf, Berlin 2005, ISBN 3-89602-640-2.<br /> * Robert Scott: ''ABBA − Thank you for the Music. The stories behind every song.'' Carlton Publishing Group, 1. Auflage 2003, Neuauflage 2009, ISBN 1-84222-793-9.<br /> ** Deutsch: ''ABBA − The Music Still Goes On. Die Story zu ihren Songs''. 1. Auflage. Übersetzt von Karin Miedler und Ursula Pesch. Rockbuch-Verlag Buhmann und Haeseler, Schlüchtern 2004, ISBN 3-927638-18-8.<br /> ** Neuauflage: ''ABBA – Thank you for the Music: Die Storys zu allen Songs.'' edel-Rockbuch, 2011, ISBN 978-3-8419-0105-7.<br /> ** Neuauflage: ''ABBA. Alle Songs und ihre Geschichten.'' Koehler im Maximilian Verlag, Hamburg 2020, ISBN 978-3-7822-1362-2.<br /> * Wolfgang „Bubi“ Heilemann, [[Sabine Thomas]]: ''ABBA – Fotografien 1974–1980.'' Schwarzkopf &amp; Schwarzkopf, Berlin 2004, ISBN 978-3-89602-490-9, 512 Seiten.<br /> ** Neuauflage: ''ABBA – Fotografien 1974–1980.'' Schwarzkopf &amp; Schwarzkopf, Berlin 2011, ISBN 978-3-89602-902-7, 216 Seiten.<br /> * Elisabeth Vincentelli: ''Abba’s Abba Gold.'' Continuum International Publishing Group, New York 2004, ISBN 0-8264-1546-6.<br /> * Carl Magnus Palm: ''Abba – The Complete Guide to their Music''. 1. Auflage. Omnibus Press, 2005, ISBN 1-84449-505-1.<br /> ** Deutsch: ''Abba − Story &amp; Songs kompakt.'' Bosworth Musikverlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-86543-227-8.<br /> * Benny Andersson, Björn Ulvaeus, Judy Craymer: ''Mamma Mia! How can I resist you? Die Geschichte von Mamma Mia! und die Songs von ABBA.'' Krüger Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-8105-0185-9.<br /> * Chuck Klostermann: ''ABBA 1, World 0''. Scribner (Simon &amp; Schuster), 2009, ISBN 978-1-4516-2473-1<br /> * Sara Russell: ''The ABBA Guide to Stockholm''. 1. Auflage. Premium Forlag, 2010, ISBN 91-89136-54-3.<br /> ** Deutsch: ''Der ABBA-Reiseführer nach Stockholm''. 1. Auflage. Premium Publishing, übersetzt von Liska Cersowsky, 2010, ISBN 978-91-89136-69-4.<br /> * Ingmarie Halling, Carl Magnus Palm: ''ABBA − The Backstage stories''. 1. Auflage. Bonnier Fakta, 2014, ISBN 91-7424-411-6.<br /> ** Deutsch: ''ABBA Backstage''. 1. Auflage. Heel Verlag, 2014, ISBN 978-3-86852-878-7.<br /> ** Englisch: ''ABBA − The Treasures''. 1. Auflage. Carlton Books, 2014, ISBN 1-78097-494-9.<br /> * Jan Gradvall, Petter Karlsson, Bengt Wanselius, Jeppe Wikström: ''ABBA − The Official Photo Book''. 1. Auflage. Max Strom, 2014, ISBN 91-7126-282-2.<br /> ** Deutsch: ''ABBA − Die ganze Geschichte in 600 Bildern''. 1. Auflage. National Geographic, 2014, ISBN 978-3-86690-404-0.<br /> * Anna Henker (Hrsg.), Astrid Heyde (Hrsg.): {{Webarchiv |url=https://www.ni.hu-berlin.de/de/np/abba_lexikon.pdf |text=''Abba – Das Lexikon'' |format=PDF |wayback=20170325013726}} Nordeuropa-Institut, Humboldt-Universität Berlin, 2015.<br /> * Steve Harnell (Hrsg.): ''Classic Pop Presents Abba: A Celebration''. In: ''Classic Pop Magazine'' (Spezialausgabe), November 2016<br /> * Tracy McMullen: ''Haunthenticity: Musical Replay and the Fear of the Real''. Wesleyan University Press, 2019, ISBN 978-0-8195-7854-9, S. [https://books.google.de/books?id=h6WSDwAAQBAJ&amp;pg=PA46 46-57] (Kapitel ''The Case of Abba'' und ''ABBA-Mania All Over Again'')<br /> <br /> === Palm: „Licht und Schatten“ ===<br /> Carl Magnus Palm: ''Licht und Schatten. ABBA − Die wahre Geschichte.'' Bosworth Edition, 2006, Paperback-Ausgabe, 638 Seiten. ISBN 3-86543-100-3.<br /> &lt;references responsive group=&quot;P&quot; /&gt;<br /> <br /> === Palm: „Story &amp; Songs kompakt“ ===<br /> Carl Magnus Palm: ''Abba − Story &amp; Songs kompakt.'' Bosworth Edition, 2007, 156 Seiten. ISBN 978-3-86543-227-8.<br /> &lt;references group=&quot;M&quot; /&gt;<br /> <br /> === Gradvall/Karlsson: „ABBA in Bildern“ ===<br /> Jan Gradvall, Petter Karlsson: ''ABBA − Die ganze Geschichte in 600 Bildern.'' [[G+J Entertainment Media|G+J NG]] Buchgesellschaft mbH, Hamburg 2014, 400 Seiten. ISBN 978-3-86690-404-0.<br /> &lt;references group=&quot;B&quot; /&gt;<br /> <br /> === Russell: „ABBA-Reiseführer“ ===<br /> Sara Russell: ''Der ABBA-Reiseführer nach Stockholm.'' Premium Publishing, Stockholm 2010, 155 Seiten. ISBN 978-91-89136-69-4.<br /> &lt;references group=&quot;S&quot; /&gt;<br /> <br /> === Halling: „ABBA Backstage“ ===<br /> Ingmarie Halling, Carl Magnus Palm: ''ABBA Backstage − Approved by ABBA.'' HEEL Verlag GmbH, [[Königswinter]] 2014, 80 Seiten. ISBN 978-3-86852-878-7.<br /> &lt;references group=&quot;I&quot; /&gt;<br /> <br /> === Chartquellen ===<br /> Trent Nickson: [http://home.zipworld.com.au/~callisto/abba.html ABBA Charts]<br /> &lt;references group=&quot;A&quot; /&gt;<br /> * [http://home.zipworld.com.au/~callisto/austria.html Österreich] (Zusammenfassung), siehe [http://austriancharts.at/artist/ABBA Austrian Charts]<br /> * [http://home.zipworld.com.au/~callisto/switzerland.html Schweiz] (Zusammenfassung), siehe [http://hitparade.ch/artist/ABBA Schweizer Hitparade]<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat}}<br /> * {{DNB-Portal|2081856-7|TEXT=Literatur über}}<br /> * [http://www.abba.de/ Deutsche Website]<br /> * [http://www.abbasite.com/ Internationale Website] (englisch)<br /> * [https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2002/jun/08/shopping.artsfeatures Peter Paphides: ''Suptertroupers'' – Artikel im] [[The Guardian]] vom 8. Juni 2002<br /> * Owen Gleibermann: [https://variety.com/2018/film/columns/abba-were-the-feminine-pop-opera-of-their-time-1202880565/ ''The Secret Majesty of ABBA: They Were the Feminine Pop Opera of Their Time'']. Variety, 22. Juli 2018<br /> * Barry Walters: [https://www.npr.org/sections/therecord/2015/05/23/408844375/abbas-essential-influential-melancholy ''ABBA's Essential, Influential Melancholy'']. NPR, 23. Mai 2015<br /> * Jackie Mansky: [https://www.smithsonianmag.com/arts-culture/whats-behind-abbas-staying-power-180969709/ ''What’s Behind ABBA’s Staying Power?'']. Smithonian, 20. Juli 2018<br /> * Alona Wartofsky: [https://www.washingtonpost.com/archive/lifestyle/style/2002/03/31/abbas-sweet-hereafter/2c6af435-f1d9-4868-a802-63f0da22b44c/ ''Abba's Sweet Hereafter'']. Washington Post, 31. März 2002<br /> * [http://getabba.com/ getabba] Übersicht zu sämtlichen ABBA-Veröffentlichungen auf allen Medien (mit Infos zur Titelliste, Label und Bildern)<br /> * [http://abbaarticles.blogspot.de/ ''Abba – The Articles''] – Sammlung zeitgenössischer Zeitungs- und Zeitschriftenartikel zu Abba<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references responsive /&gt;<br /> <br /> {{NaviBlock<br /> |Navigationsleiste ABBA<br /> |Navigationsleiste Gewinner des Eurovision Song Contest<br /> |Navigationsleiste Schweden beim Eurovision Song Contest<br /> |Navigationsleiste Interpreten beim Eurovision Song Contest 1974<br /> }}<br /> <br /> {{Lesenswert|28. Mai 2006|17188018}}<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=k|GND=2081856-7|LCCN=n78090836|VIAF=132672797}}<br /> <br /> [[Kategorie:ABBA| ]]<br /> [[Kategorie:Popband]]<br /> [[Kategorie:Schwedische Band]]<br /> [[Kategorie:Interpret eines Siegerbeitrags zum Eurovision Song Contest]]<br /> [[Kategorie:Interpret eines schwedischen Beitrags beim Eurovision Song Contest]]<br /> [[Kategorie:Mitglied der Rock and Roll Hall of Fame]]<br /> [[Kategorie:Stikkan Anderson]]<br /> [[Kategorie:Benny Andersson]]<br /> [[Kategorie:Björn Ulvaeus]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Europ%C3%A4ische_Sumpfschildkr%C3%B6te&diff=223897653 Europäische Sumpfschildkröte 2022-06-22T07:15:42Z <p>212.117.117.42: /* Gefährdung */</p> <hr /> <div>&lt;!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. --&gt;<br /> {{Taxobox<br /> | Taxon_Name = Europäische Sumpfschildkröte<br /> | Taxon_WissName = Emys orbicularis<br /> | Taxon_Rang = Art<br /> | Taxon_Autor = ([[Carl von Linné|Linnaeus]], 1758)<br /> | Taxon2_WissName = Emys<br /> | Taxon2_Rang = Gattung<br /> | Taxon3_WissName = Emydinae<br /> | Taxon3_Rang = Unterfamilie<br /> | Taxon4_Name = Neuwelt-Sumpfschildkröten<br /> | Taxon4_WissName = Emydidae<br /> | Taxon4_Rang = Familie<br /> | Taxon5_Name = Halsberger-Schildkröten<br /> | Taxon5_WissName = Cryptodira<br /> | Taxon5_Rang = Unterordnung<br /> | Taxon6_Name = Schildkröten<br /> | Taxon6_WissName = Testudines<br /> | Taxon6_Rang = Ordnung<br /> | Bild = Emys.jpg<br /> | Bildbeschreibung = Europäische Sumpfschildkröte, Aufnahme aus den [[Nationalpark Donau-Auen|Donauauen]] bei [[Orth an der Donau]].<br /> }}<br /> <br /> Die '''Europäische Sumpfschildkröte''' (''Emys orbicularis'') ist eine kleine bis mittelgroße, fleischfressende und überwiegend im Wasser lebende [[Schildkröten|Schildkröte]]. Sie ist die einzige Schildkrötenart, die – wenn auch selten – in [[Mitteleuropa]] (auch Deutschland) natürlich vorkommt. Ihr Verbreitungsgebiet geht aber weit darüber hinaus, von Nordafrika im Südwesten bis an den [[Aralsee]] im Osten.<br /> <br /> Ungeachtet des Verbreitungsgebietes gehört die Europäische Sumpfschildkröte zur Familie der [[Neuwelt-Sumpfschildkröten]] (Emydidae), nicht etwa zu den nicht näher verwandten [[Altwelt-Sumpfschildkröten]] (Geoemydidae). Sie bildet zusammen mit der [[Sizilianische Sumpfschildkröte|Sizilianischen Sumpfschildkröte]] (''Emys trinacris'') die [[Gattung (Biologie)|Gattung]] ''[[Emys]]''. Deren nächste Verwandte sind die [[Pazifische Sumpfschildkröte]] (''Actinemys marmorata'') sowie die [[Amerikanische Sumpfschildkröte]] (''Emydoidea blandingii''). Sie war [[Reptil/Lurch des Jahres|Reptil des Jahres 2015]] in Deutschland.<br /> <br /> == Beschreibung ==<br /> [[Datei:Emys orbicularis skull.png|mini|hochkant|Skelett der Europäischen Sumpfschildkröte]]<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte erreicht je nach Unterart und Geschlecht eine Rückenpanzerlänge von weniger als zwölf Zentimetern beziehungsweise mehr als 20 Zentimetern, wobei nördliche und östliche Unterarten im Allgemeinen größer werden als südliche. Adulte Tiere weisen einen ausgeprägten [[Geschlechtsdimorphismus]] auf, wobei die Weibchen größer werden als die Männchen, ihr Gewicht bewegt sich meist zwischen 400 und 700 Gramm. Es kann jedoch in Ausnahmefällen auch ein Gewicht von bis zu 1500 Gramm erreicht werden. Die Färbung der Tiere ist ebenfalls sehr variabel. Gewisse Zeichnungselemente können für einzelne Unterarten typisch sein. Der oft dunkle, braune oder schwarze [[Knochenpanzer|Rückenpanzer]] (Carapax) kann ein Muster aus feinen gelben Punkten oder Linien tragen, die oft auf den einzelnen Schilden von einem Zentrum ausstrahlend angeordnet sind. Es gibt aber auch Formen mit dunkler Zeichnung auf hellem Hintergrund. Der [[Plastron (Schildkröte)|Bauchpanzer]] (Plastron) kann einheitlich gelb, wolkig gefleckt, gesprenkelt, dunkel oder sogar völlig schwarz sein. Meistens zeichnet er sich jedoch durch ein schwarzes Zentrum aus. Die Gliedmaßen und der Hals sind dunkelbraun bis schwarz gefärbt und weisen häufig ebenfalls gelbe Zeichnungselemente auf.<br /> <br /> Der Panzer der Europäischen Sumpfschildkröte ist oval und eher flach, bei den Weibchen ist er etwas stärker gewölbt als bei den Männchen. Bauchpanzer und Rückenpanzer sind im Bereich der so genannten Brücke durch eine flexible Knorpelschicht und elastisches, häutiges Gewebe miteinander verbunden. Die mittlere Naht des Bauchpanzers entwickelt sich bei älteren Tieren zu einem Scharnier, das dem vorderen Plastron-Lappen eine gewisse Beweglichkeit ermöglicht.<br /> <br /> Gliedmaßen und Schwanz sind von groben [[Hornschuppe|Schuppen]] bedeckt, die Haut von Kopf und Hals ist glatt. Hinter dem Kopf, der breiter als der Hals ist, sieht man eine Hautfalte, die beim Einziehen eine taschenartige Hülle bildet. Das Vorderende des Kopfes ist von oben betrachtet spitzwinklig und die Kiefer tragen unbezahnte scharfe Hornschneiden. Die seitlich im vorderen Bereich des Kopfes sitzenden Augen haben eine runde Pupille. Die Augenfärbung kann je nach Geschlecht unterschiedlich sein: adulte Männchen haben bei einigen Unterarten, insbesondere bei der [[Nominotypisches Taxon|Nominatform]] ''Emys orbicularis orbicularis'', eine rötliche Iris, doch meistens haben sie eine bräunliche Irisfärbung vorzuweisen. Die Iris der Weibchen jedoch ist in den meisten Fällen gelb.<br /> <br /> Zwischen den fünf Zehen der Vorderbeine und den vier der Hinterbeine spannen sich [[Schwimmhaut|Schwimmhäute]]. Alle Zehen sind außerdem mit einer [[Kralle]] versehen, wobei besonders die Vorderkrallen bei den Männchen deutlich stärker gekrümmt sind. Die Europäische Sumpfschildkröte gehört zu den langschwänzigen Schildkrötenarten. Besonders ausgeprägt ist das bei Schlüpflingen, aber auch bei ausgewachsenen Tieren erreicht der Schwanz noch die Länge des halben Panzers. Bei männlichen Tieren ist die Schwanzwurzel verdickt, die [[Kloake (Biologie)|Kloake]] liegt deutlich hinter dem Rückenpanzer-Rand.<br /> <br /> == Verbreitung ==<br /> [[Datei:Emys orbicularis distribution.svg|mini|Verbreitungsgebiet]]<br /> Das [[Verbreitungsgebiet]] der Europäischen Sumpfschildkröte reicht von [[Marokko]] und [[Tunesien]] in Nordafrika über die [[Iberische Halbinsel]], [[Südfrankreich]], [[Korsika]], [[Italien]] mit [[Sardinien]] und [[Sizilien]], [[Polen]], [[Ungarn]], [[Rumänien]], die Länder der [[Balkanhalbinsel]] und ganz [[Anatolien]] bis zum [[Aralsee]] und in den nördlichen [[Iran]]. In [[Russland]] reicht die östliche Grenze der Verbreitung bis an den südlichen [[Ural]], die nördliche etwa bis auf die Höhe von [[Moskau]]. Das nördlichste Vorkommen gibt es in [[Litauen]]. In den [[Benelux]]-Ländern, in [[Tschechien]] und dem größten Teil von [[Österreich]] gibt es im besten Fall noch äußerst spärliche [[Autochthone Art|autochthone]] Bestände. In der [[Schweiz]] wurden Sumpfschildkröten in sechzehn Kantonen beobachtet, vor allem im [[Mittelland (Schweiz)|Mittelland]] und im [[Tessin]]. Fortpflanzung wurde in den Kantonen [[Kanton Genf|Genf]], [[Kanton Aargau|Aargau]] und [[Kanton Thurgau|Thurgau]] beobachtet, wobei die Genfer Population mit einer Dichte von 64 Tieren pro [[Hektar]] zu den größten Europas zählt.&lt;ref&gt; {{Webarchiv|text=Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch): Merkblatt Europäische Sumpfschildkröte |url=http://www.karch.ch/files/content/sites/karch/files/Doc%20%C3%A0%20t%C3%A9l%C3%A9charger/merkbl%C3%A4tter%20DE/sumpfschildkroete.pdf |wayback=20140606212602 |archiv-bot=2018-04-09 02:19:51 InternetArchiveBot }}&lt;/ref&gt; Die wenigen Populationen, die es in Deutschland noch gibt, finden sich überwiegend in Ostdeutschland, so im Gebiet des [[Großer Stechlinsee|Großen Stechlinsees]]. Ein besonders sehenswerter Bestand findet sich in der [[Woiwodschaft Großpolen]] bei [[Leszno]]. Dort wurde unweit des Dorfes [[Gmina Osieczna|Witosław]] bei [[Osieczna]] eigens für sie das Naturschutzgebiet ''Ostoja żółwia błotnego'' ausgewiesen.<br /> <br /> == Lebensraum ==<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte lebt in stillen oder langsam fließenden Gewässern, im Uferbereich von Binnenseen, in Teichen, Gräben und den Altarmen von Flüssen. Im Süden des Verbreitungsgebietes werden auch Bäche besiedelt. Entlang der Mittelmeerküste dringt sie in die [[Brackwasser|brackigen]] Zonen der Flussmündungen vor. Stark verkrautete, nährstoffreiche Gewässer mit schlammigem Grund werden bevorzugt. Selbst in schlammigen [[Viehtränke]]n kann man sie gelegentlich finden. Aus dem Wasser ragende Äste, von [[Biber]]n gefällte Bäume, Wurzelstrünke und anderes Totholz werden zum Sonnenbaden benötigt, auch [[Horst (Botanik)|Grashorste]], alte Nester von Wasservögeln und ähnliches werden zu diesem Zweck aufgesucht. Ebenfalls wichtig sind flache Stillwasserzonen, die durch die Sonne erwärmt werden.<br /> <br /> Für das Überleben der Europäischen Sumpfschildkröte hat es sich als problematisch erwiesen, dass in der Nähe ihrer Wohngewässer stets günstig exponierte, warme Sandhügel oder andere Trockenstandorte für die Eiablage vorhanden sein müssen. Ursprünglich waren die Schildkröten auch in offeneren Vegetationen mit steppenartigem Charakter beheimatet. Ideale Bedingungen findet die Schildkröte beispielsweise in den klaren Bächen des Bruchwaldes des [[Naturpark Nuthe-Nieplitz#NSG Zarth|Naturschutzgebietes Zarth]] im Naturpark Nuthe-Nieplitz in [[Brandenburg]] vor. Allerdings kann man sie etwa in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg auch in [[Söll (Teich)|Söllen]] und Teichen inmitten von Agrarflächen finden. In [[Hessen]] existiert eine eigenständige Population am [[Reinheimer Teich]], deren Nachzuchten aus dem [[Zoologischer Garten Frankfurt|Frankfurter Zoo]] seit 2004 ausgesetzt werden; zudem befindet sich in der [[Frankfurt-Bockenheim|Bockenheimer]] Miquel-Anlage eine kleine Population. In Österreich findet sich in den [[Nationalpark Donau-Auen|Donauauen]] östlich von [[Wien]] die letzte natürlich fortpflanzende Population sowie einige ausgesetzte Exemplare am [[Wienerberg]] im Gemeindegebiet Wiens.&lt;ref&gt;[http://noe.orf.at/news/stories/2503447/ Schildkrötenbabys zurück in NÖ] auf [[ORF]] vom 29. September 2011, abgerufen am 29. September 2011&lt;/ref&gt; In Mittelfrankreich und in Polen sind Vorkommen in Teichlandschaften bekannt, die für die Fischzucht angelegt wurden.<br /> <br /> == Lebensweise ==<br /> === Fortpflanzung ===<br /> ==== Paarung ====<br /> [[Datei:Emys orbicularis.jpg|mini|Bei der Paarung]]<br /> Je nach geographischer Lage und Geschlecht variiert der Eintritt der Geschlechtsreife bei den Europäischen Sumpfschildkröten sehr stark. Männchen in Südspanien werden bereits mit vier Jahren geschlechtsreif, Weibchen in kälteren Regionen dagegen teilweise erst mit 18 Jahren, im Mittel liegen die Werte bei 8 bis 10 Jahren. Die Paarungsaktivitäten beginnen im zeitigen Frühjahr, oft schon im Februar oder März nach Beenden der [[Kältestarre|Winterstarre]]. Die Männchen treiben die Weibchen ins Wasser, steigen auf und klammern sich am Rückenpanzer fest. Mit schwingenden Kopfbewegungen und Schnappen bringen sie die Weibchen dazu, den Kopf einzuziehen. Das führt dazu, dass die [[Kloake (Biologie)|Kloake]] weiter aus dem Panzer ragt, so dass der [[Penis]] eingeführt werden kann.<br /> <br /> ==== Eiablage ====<br /> [[Datei:Eiablage.jpg|mini|Weibchen bei der Eiablage]]<br /> Die Eiablagen finden überwiegend im Laufe des Juni statt, wobei die Weibchen meist jedes Jahr zu denselben Ablageplätzen wandern. Auf der Suche nach einem geeigneten Eiablageplatz können sie große Strecken zurücklegen, in der Regel sind die Nester aber weniger als 500 Meter von ihrem normalen Aufenthaltsgewässer entfernt. Für die Eiablage werden trockene, sandige, der Sonnenwärme ausgesetzte Stellen benutzt, die nur schwachen Bewuchs aufweisen. Nach Süden orientierte Hänge, Böschungen, Waldränder etc. werden bevorzugt. Gelegentlich werden auch weniger geeignete Stellen mit feuchtem oder schlammigem Boden aufgesucht, sogar Äcker oder ungeteerte Straßen werden nicht verschmäht. Die Eiablage findet in den Nachmittags- und Abendstunden sehr warmer Tage statt. Zuerst wird mit den Hinterbeinen eine etwa zehn Zentimeter tiefe Nesthöhle ausgegraben, die sich unter einer engen Öffnung birnenförmig erweitert. Harter Boden kann mit Wasser aufgeweicht werden, das die Schildkröte in ihren Analsäcken mitführte. Nach der Ablage wird das Nest sorgfältig verschlossen und der Boden verfestigt, so dass die Stelle nur noch für kurze Zeit an der etwas dunkleren Färbung der Erde zu erkennen ist.<br /> <br /> Die [[Ei|Gelege]] umfassen im Durchschnitt 9 bis 15 Eier, aber auch Gelege mit mehr als 20 Eiern wurden schon gefunden. In den nördlichen Teilen des Verbreitungsgebietes ist die durchschnittliche Anzahl Eier pro Ablage größer, in den südlichen ist sie kleiner, dafür folgt dort meist ein zweites Gelege im Sommer. Die Eier sind etwa 20 bis 25 Millimeter lang und sechs bis zehn Gramm schwer.<br /> <br /> ==== Schlupf der Jungtiere ====<br /> [[Datei:schluepfling.jpg|mini|Schlüpfling der Europäischen Sumpfschildkröte]]<br /> Die Jungtiere schlüpfen im Spätsommer nach etwa 80 bis 120 Tagen mit einer Panzerlänge (SCL) von durchschnittlich 2–3 cm und einem Gewicht von 4 bis 6 Gramm. Mit Hilfe des Eizahnes auf der Schnauzenspitze ritzen sie die Schalen in der Nähe eines Ei-Poles an und strecken zunächst Nase und ein Vorderbein heraus, anschließend wird die restliche Schale mit den Vorderbeinen weggedrückt. Der gesamte Schlupfvorgang dauert mehrere Stunden, und die Schlüpflinge verharren meist auch danach noch einige Zeit in der Nisthöhle. In den nördlichen Arealteilen überwintern sie teilweise sogar darin. Nach Verlassen des Nestes suchen sie das nächstliegende Gewässer auf und halten sich dort bevorzugt in dichter, schützender Unterwasservegetation auf.<br /> <br /> ==== Geschlechtsausbildung ====<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte wird seit den wegweisenden Arbeiten von Claude Pieau (ab 1974) zu den Reptilien mit temperaturabhängiger Geschlechtsbestimmung gezählt.&lt;ref name= Pieau&gt; Claude Pieau: ''Temperature-dependent sex determination in &quot;Emys orbicularis&quot;. Laboratory and field studies.'' In: ''Mertensiella.'' 10, 1996, S. 199–207&lt;/ref&gt; Werden ihre Eier im [[Inkubator (Biologie)|Inkubator]] bei Temperaturen unter 28&amp;nbsp;°C bebrütet, so schlüpfen männliche Jungtiere. Bei Bruttemperaturen oberhalb von 29,5&amp;nbsp;°C sind die Schlüpflinge überwiegend weiblich. Zwischen 28 und 29,5&amp;nbsp;°C können beide Geschlechter erbrütet werden.<br /> <br /> Neuere Forschungen zeigen, dass sich die Situation im Freiland weit komplexer darbietet als unter kontrollierten Laborbedingungen. Vieles deutet darauf hin, dass die temperaturgesteuerte Geschlechtsbestimmung (TSD) bei Freiland-Bruten einen starken genetischen Beitrag überlagert.&lt;ref name= Girondot&gt;Marc Girondot, Claude Pieau: ''Does &quot;Emys orbicularis&quot; have sex chromosomes?'' Third world congress of herpetology, Prag, 2.–10. August 1997 [http://www.ese.u-psud.fr/epc/conservation/Publi/abstractr/AE_TWCH972.html Zusammenfassung]&lt;/ref&gt; Bei ''Emys orbicularis'' wirken wahrscheinlich TSD und GSD (genotypic sex determination) zusammen. Für dieses Zusammenwirken spricht, dass in den nördlichen Randregionen des Verbreitungsgebietes, wo während der empfindlichen Phase der Eientwicklung nur selten Bodentemperaturen erreicht werden, die für die Entstehung von weiblichen Schlüpflingen notwendig sind, dennoch genügend Weibchen auftreten, ja Weibchen in der Regel deutlich dominieren.&lt;ref name= Servant&gt;J. Servan, M. Dorizzi, C. Pieau, P. Zaborski: ''Female biased sex ratio in adults of the turtle Emys orbicularis at the northern limit of its distribution in France: a probable consequence of interaction of temperature with genotypic sex determination.'' In: ''Canadian Journal of Zoology.'' 67, 1989, S. 1279–1284&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Ernährung ===<br /> [[Datei:Kot emys.jpg|mini|Kotballen]]<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte ernährt sich vor allem von [[Schnecken]], [[Krebstiere]]n, [[Insekten]]larven und anderen [[wirbellose]]n Tieren. Aber auch [[Kaulquappe]]n, tote Fische oder [[Aas]] werden gerne angenommen. Größere Brocken packt sie mit ihren hornigen Kiefern und reißt sie mit den Klauen der Vorderbeine in Stücke, die sie ganz verschlingt. Entgegen den meisten Angaben in der Literatur ist sie nicht nur [[Fleischfresser|karnivor]], sondern nimmt in allen Altersstufen durchaus auch Wasserpflanzen zu sich, beispielsweise [[Wasserpest]], [[Algen]] und [[Wasserlinsen]]. Im [[Kot]] wurden auch Samen der gelben [[Teichrose]] gefunden, wobei nicht ganz klar ist, ob diese zufällig mit anderem Futter aufgenommen wurden.<br /> <br /> Die Europäische Sumpfschildkröte ist gelegentlich auch auf dem Land auf Beutesuche anzutreffen, frisst aber ausschließlich im Wasser. Das hängt damit zusammen, dass sie nur unter Wasser schlucken kann. Zum Fressen hält sie größere Nahrung mit den Vorderbeinen fest und reißt Stücke ab. Zum Schlucken stößt sie ruckartig den Kopf vor, und der dabei eintretende Wasserstrom spült den Nahrungsbrocken in den Hals.<br /> <br /> === Überwinterung ===<br /> <br /> Die Überwinterung erfolgt im Wasser, das heißt, das Tier begibt sich auf den Grund eines Teiches und fällt dort in die sogenannte Winterstarre, wobei die Nahrungsaufnahme eingestellt und der Stoffwechsel stark reduziert wird. Die Atmung erfolgt nicht mehr über die Lunge, sondern über die [[Kloakenatmung]]. Frühere Beobachtungen gingen davon aus, dass der Sauerstoff ausschließlich über die Haut aufgenommen wird.<br /> <br /> == Taxonomie und Systematik ==<br /> === Taxonomie ===<br /> Bereits [[Aristoteles]] erwähnte die Sumpfschildkröte, wobei er von einer „Wassermaus“ (mus aquaticus) sprach. Im 1. Jahrhundert n. Chr. verwendete Plinius zum ersten Mal den Namen „emys“. Die Europäische Sumpfschildkröte (''Emys orbicularis'') erhielt im Jahre 1617 von [[Conrad Gessner]] die lateinische Bezeichnung ''Testudo lutaria''. Dieser [[Art (Biologie)|Artname]] findet sich auch bei [[Carl von Linné]] (1758). Linné vergab in seiner „[[Systema naturae]]“ versehentlich noch einen anderen Namen, ''Testudo orbicularis'', der später von [[William Thomas Blanford]] 1876 nach den heute noch gültigen Nomenklaturregeln zum Artnamen bestimmt wurde. Der Artname orbicularis („mit kleinen Kreisen“) stammt also ursprünglich von Linné und bezeichnet die gelben Punkte auf Haut und Panzer. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde meist der auf [[Johann Gottlob Theaenus Schneider]] (1783) zurückgehende Name ''Testudo europaea'' verwendet. Die zoologische Gattung „Emys“ wurde 1806 von [[André Marie Constant Duméril]] beschrieben. [[George Robert Gray]] nannte die Europäische Sumpfschildkröte im Jahr 1831 „Cistudo europaea“ („Europäische Schildkröte“). Dieser Name wurde im Jahr 1835 von [[Gabriel Bibron]] durch ''Emys orbicularis'' ersetzt.<br /> Neben ''Testudo'' wurden im vorigen Jahrhundert auch die Gattungsnamen ''Lutremys'', ''Terrapene'' und ''Cistudo'' verwendet. Die [[Gattung (Biologie)|Gattung]] ''Emys'', zu der neben der Europäischen Sumpfschildkröte seit 2005 auch die Sizilianische Sumpfschildkröte zählt, wurde von Duméril 1806 eingerichtet.<br /> <br /> === Äußere Systematik ===<br /> Die nächsten Verwandten der Europäischen Sumpfschildkröte sind neben der zweiten europäischen Art innerhalb der Gattung Emys, der Sizilianischen Sumpfschildkröte ''Emys trinacris''&lt;ref name=Fritz2&gt; Uwe Fritz, Tiziano Fattizzo, Daniela Guicking, Sandro Tripepi, Maria Grazia Pennisi, Peter Lenk, Ulrich Joger, Michael Wink: ''A new cryptic species of pond turtle from southern Italy, the hottest spot in the range of the genus Emys (Reptilia, Testudines, Emydidae).'' In: ''Zoologica Scripta.'' Bd.&amp;nbsp;34, Nr.&amp;nbsp;4, Juli 2005, Seite 351.&lt;/ref&gt;, die in Nordamerika verbreitete [[Pazifische Sumpfschildkröte]] (''Actinemys marmorata'') sowie die [[Amerikanische Sumpfschildkröte]] (''Emydoidea blandingii''). Als Schwestergruppe dieser Gattungen gilt ein [[Taxon]] aus den Vertretern der [[Dosenschildkröten]] (''Terrapene'') und der monotypischen [[Tropfenschildkröte]]n (''Clemmys'').<br /> <br /> {{Klade<br /> |label1=Neue-Welt-Sumpfschildkröten (Emydinae)&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |label1=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |label1=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |1=&amp;nbsp;? [[Amerikanische Sumpfschildkröte]] (''Emydoidea blandingii'')<br /> |2=&amp;nbsp;? [[Pazifische Sumpfschildkröte]] (''Actinemys marmorata'')<br /> |3=&amp;nbsp;? Europäische Sumpfschildkröte (''Emys orbicularis'')<br /> |4=&amp;nbsp;? [[Sizilianische Sumpfschildkröte]] (''Emys trinacris'')<br /> }}<br /> |label2=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |2={{Klade<br /> |1=&amp;nbsp;[[Dosenschildkröten]] (''Terrapene'')<br /> |2=&amp;nbsp;[[Tropfenschildkröte]]n (''Clemmys'')<br /> }}<br /> }}<br /> |2=&amp;nbsp;[[Amerikanische Wasserschildkröten]] (''Glyptemys'')<br /> }}<br /> }}<br /> <br /> === Innere Systematik ===<br /> Bislang sind über 14 Unterarten der Europäischen Sumpfschildkröte beschrieben worden, die mehreren Gruppen zugeordnet werden.<br /> Es werden davon aber nur noch etwa 11 Unterarten anerkannt.<br /> Die Nominatform stellt die pontische Unterart ''Emys orbicularis orbicularis'' (Linnaeus 1758) dar, zu der auch die Tiere in Deutschland gehören. Nach [[Molekularbiologie|molekularbiologischen]] Untersuchungen mit 423 Individuen aus dem gesamten Verbreitungsgebiet der Gattung ''Emys'' wurden aber sogar 20 verschiedene Entwicklungslinien mit unterschiedlichen Verbreitungsmustern festgestellt, wobei sich sieben Hauptentwicklungslinien herauskristallisierten. Diese sieben Hauptlinien sollen einer Trennung im späten [[Pliozän]] entsprechen. Die weitere Aufspaltung deutet auf eine Vielzahl von Rückzugsgebieten innerhalb der [[Eiszeitalter|Eiszeiten]] hin.&lt;ref name=Lenk&gt;P. Lenk, U. Fritz, U. Joger, M. Wink: ''Mitochondrial phylogeography of the european pond turtle ''Emys orbicularis'' (Linnaeus 1758).'' In: ''Molecular Ecology.'' 8, 1999, S. 1911–1922 PMID 10620234.&lt;/ref&gt; Einer dieser Hauptlinien, dem Haplotyp III, wurde 2005 der Status einer eigenständigen Art zugewiesen, Sizilianische Sumpfschildkröte (''Emys trinacris'').&lt;ref name=&quot;Fritz2&quot; /&gt;<br /> <br /> ==== Occidentalis-Gruppe ====<br /> Mittelgroße, großköpfige Sumpfschildkröte mit sehr langer Intergularnaht und geschnörkelter, vermiformer Kopfzeichnung auf schwarzem oder dunklem Grund. Vorderbein meist mit zwei gelben Streifen. Beide Geschlechter gleich groß. Männchen mit gelber, weißer oder brauner Iris.&lt;ref name=&quot;Fritz&quot;&gt;Uwe Fritz: ''Die Europäische Sumpfschildkröte.'' Westarp-Wissenschaft, Magdeburg 1996, ISBN 3-89432-484-8&lt;/ref&gt;<br /> * Nordafrikanische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis occidentalis'' Fritz, 1993 – dunkel gefärbte Unterart, Schlüpflinge mit dunkler Zeichnung auf Bauchpanzer, maximal 15&amp;nbsp;cm Carapaxlänge; Vorkommen: Marokko, Algerien, Tunesien<br /> * Iberische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis hispanica'' Fritz, Keller, Budde, 1996 – hellere Unterart, Schlüpflinge mit dunkler Zeichnung auf Bauchpanzer, maximal 17&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: [[Coto de Doñana]] (Spanien)<br /> * Ostspanische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis fritzjuergenobsti'' Fritz, 1993 – hellere Unterart mit auffallend schmalem Panzer, Bauchpanzer meist einfarbig gelb, maximal 15&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: spanische Mittelmeerküste<br /> <br /> ==== Galloitalica-Gruppe ====<br /> Kleine bis mittelgroße Sumpfschildkröten mit schmalem, rechteckigen [[Carapax#Aufbau und Form|Nuchale]]. Vorderbein meist nur mit einem gelben Streifen. Männchen kleiner als Weibchen und mit weißer oder gelblicher Irisfärbung. Schlüpflinge mit kleiner bis mäßig großer dunkler Plastralfigur.&lt;ref name=Fritz/&gt;<br /> * Mittelländische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis galloitalica'' Fritz, 1995 – Unterart mit stark unterschiedlicher Rückenpanzerfärbung, Bauchpanzer meist gelb, maximal 16,5&amp;nbsp;cm, meist aber unter 15&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Süd-, Westfrankreich und Italien<br /> * Korsische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis lanzai'' Fritz, 1995 – Bauch- und Rückenpanzer dunkel, maximal 15&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Korsika<br /> * Sardische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis capolongoi'' Fritz, 1995 – helle Unterart, Bauchpanzer einfarbig gelb, nur selten mit dunklen Flecken, maximal 14,5 cm SCL; Vorkommen: Sardinien<br /> * Ligurische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis ingauna'' Jesu et al., 2004 – Rückenpanzer einheitlich kastanienbraune Färbung, gelbe Linie an den Vorderbeinen bei Weibchen und vielen Männchen, max. 15 cm SCL; Vorkommen:im Ingauna-Gebirgszug im westlichen [[Ligurien]]&lt;ref name=Jesu&gt;R. Jesu, R. Piombo, S. Salvidio, L. Lamagni, S. Ortale, P. Genta: ''Un nuovo taxon di testuggine palustre endemico della Liguria Occidentale.'' In: ''Annali del Museo Civico di Storia Naturale di Genova.'' 2004&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Orbicularis-Gruppe ====<br /> Sehr dunkel gefärbte, vorwiegend mittelgroße bis große Sumpfschildkröte. Plastron zumindest bei Männchen größtenteils schwarz, Nuchale grundsätzlich trapezförmig. Vorderbein meist mit nur einem schmalen gelben Streifen. Männchen mit roter Iris und kleiner als Weibchen. Plastra von Männchen gelegentlich mit charakteristischer Sprenkelung auf dunklem Grund. Schlüpflinge mit ausladender, großer dunkler Plastralfigur.&lt;ref name=Fritz/&gt;<br /> * Pontische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis orbicularis'' (Linnaeus, 1758 sensu lato) – U. Fritz beschreibt zwei neue Unterformen, die Unterform 1 als vorwiegend schwarz mit nur wenigen, hellen Kehlflecken, bis maximal 23&amp;nbsp;cm SCL, die Unterform 2 als etwas heller mit häufig gelbem Bauchpanzer und hellerer Kehlfärbung bei Weibchen, maximal 20&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Unterform 1, von Polen bis an den Aralsee, Unterform 2, Mittelfrankreich, Donau-Einzugsgebiet, Deutschland, Westpolen, in den beiden letzten Habitaten möglicherweise Mischformen mit Unterform 1<br /> <br /> * Eiselts Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis eiselti'' Fritz, Baran, Budak, Amthauer, 1998 – nahezu einfarbig schwarz, bis 13&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Südostanatolien<br /> <br /> Die Kolchische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis colchica ''Fritz, 1994 und Zentralanatolische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis luteofusca'' Fritz, 1989 wurden nach genetischer Untersuchung wieder der Nominatform ''Emys orbicularis orbicularis'' zugeordnet.&lt;ref name=Fritz3&gt; Fritz, U., Ayaz, D., Hundsdörfer, A. K., Kotenko, T., Guicking, D., Wink, M., Tok, C. V., Cicek, K., Buschbom, J. (2009): [http://www.uni-heidelberg.de/institute/fak14/ipmb/phazb/pubwink/2009/Emysorbicularis.pdf Mitochondrial diversity of European pond turtles (Emys orbicularis) in Anatolia and the Ponto-Caspian Region: Multiple old refuges, hotspot of extant diversification and critically endangered endemics] (PDF; 5,7&amp;nbsp;MB) ODE 9, 100-114 &lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Hellenica-Gruppe ====<br /> Nur eine Unterart wurde bisher beschrieben:<br /> * Ostmediterrane Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis hellenica'' (Valenciennes in Bibron, Bory de Saint-Vincent, 1832) – Tiere regional sehr unterschiedlich groß, von 10&amp;nbsp;cm bis über 19&amp;nbsp;cm SCL. Rückenpanzer dunkel, Bauchpanzer meist gelb, manchmal mit verwaschener dunkler Zeichnung. Männchen und Weibchen unterscheiden sich in der Färbung, bei Weibchen ist die Kehle einfarbig gelb. Männchen unregelmäßig gezeichnet; Vorkommen: Italien, Balkan<br /> <br /> ==== Iberica-Gruppe ====<br /> Kleine bis mittelgroße Sumpfschildkröten mit gelben Kehlen, Nuchale grundsätzlich trapezförmig, Männchen mit braun/schwarz reticulierter Kopfzeichnung, Weibchen mit gelben Punkten auf dunklem Grund. Weibchen kleiner als Männchen, Iris von Männchen rötlich. Schlüpflinge mit ausladender, großer, dunkler Plastralfigur.&lt;ref name=Fritz/&gt; Die Unterart Georgische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis iberica'' Eichwald, 1831 wird nach genetischer Untersuchung als Synonym für ''Emys orbicularis persica'' vorgeschlagen&lt;ref name=&quot;Fritz3&quot; /&gt; Ebenfalls als Synonym von ''Emys orbicularis persica'' wird die Kurdische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis kurae Fritz, 1994) und die Orientalische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis orientalis'' Fritz, 1994 gesehen.<br /> <br /> * Persische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis persica'' Eichwald, 1831 – dunkler Rückenpanzer, häufig mit ganz feinen gelben Punkten, maximal 18&amp;nbsp;cm SCL, meist kleiner; Vorkommen: Iran, Turkmenistan<br /> <br /> == Gefährdung ==<br /> === Fressfeinde ===<br /> Die Schlüpflinge und Jungtiere haben zahlreiche Feinde: [[Wildschwein]], [[Europäischer Dachs|Dachs]], [[Rotfuchs|Fuchs]] und andere graben die Gelege aus. [[Raben und Krähen|Krähen]], [[Raben und Krähen|Raben]], [[Elster]]n, [[Reiher]] und andere große Vögel verfolgen die Schlüpflinge. [[Hauskatze|Katzen]] und [[Haushund|Hunde]] verschleppen sie. Auch ein [[Rotmilan|Milan]] wurde schon mit einer Schildkröte in den Klauen beobachtet. Sobald die Jungtiere im Wasser sind, warten [[Hecht]] und [[Wels (Fisch)|Wels]] auf die Beute. Erwachsene Tiere hatten dagegen bislang relativ wenige Fressfeinde. Insbesondere der eingeschleppte [[Waschbär]] ist, neben einigen anderen [[Neozoon|Neozoen]], in den letzten Jahren allerdings zu einem Problem für alle Entwicklungsstadien der Europäischen Sumpfschildkröte geworden. Er ist in der Lage, die Panzer selbst von ausgewachsenen Exemplaren zu öffnen.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://lfu.brandenburg.de/info/sumpfschildkroete |titel=Schutzprojekt Europäische Sumpfschildkröte in Brandenburg {{!}} LfU |abruf=2019-10-14}}&lt;/ref&gt; Schildkröten sind sehr auffällige Raubtiere.<br /> <br /> === Weitere Gefährdungsgründe ===<br /> Die Art ist vor allem durch die Folgen menschlicher Eingriffe in ihren Lebensraum bedroht: Trockenlegung von Sümpfen und Feuchtgebieten, Gewässerkorrekturen, die [[Zersiedelung]] der Landschaft und Zerstörung der Eiablageplätze setzen den Schildkröten stark zu. Während ''Emys orbicularis'' früher in großen Mengen als Fastenspeise gefangen und verzehrt wurde, ist der Straßenverkehr heute wohl die größte Gefahr. Auf der Suche nach Nistplätzen oder auf dem Weg zurück in das Gewässer werden die Weibchen bei der Überquerung von Straßen häufig überfahren. Auch die Fischerei hat dort, wo sie mit [[Reuse]]n betrieben wurde, viele Opfer gefordert, denn die Schildkröten ertrinken in den Fischreusen unweigerlich. Die [[IUCN]] stuft die Europäische Sumpfschildkröte als ''potenziell gefährdet'' (&quot;near threatened&quot;) ein.&lt;ref&gt;{{IUCN|Year=2006|ID=7717|ScientificName=Emys orbicularis|YearAssessed=1996|Assessor=Tortoise &amp; Freshwater Turtle Specialist Group|Download=11. Mai 2006}}&lt;/ref&gt; In Deutschland gilt sie als ''vom Aussterben bedroht''.&lt;ref&gt;Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): ''Rote Liste und Gesamtartenliste der Reptilien (Reptilia) Deutschlands'', Naturschutz und Biologische Vielfalt 170(3), Landwirtschaftsverlag, Münster 2020, ISBN 978-3-7843-3773-9&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.amphibienschutz.de/schutz/artenschutz/roteliste.htm Online-Übersicht bei www.amphibienschutz.de]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Schutzmaßnahmen ===<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte ist in der Europäischen Gemeinschaft durch die [[Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie)|Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie]], Anhang IV geschützt. In Deutschland unterliegt sie damit gemäß § 42, Abs. 2, Nr. 1 und 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) einem Besitz- und Vermarktungsverbot. Tiere, die nachweislich aus legaler Zucht stammen, sind von diesen Verboten ausgenommen. Für sie besteht aber eine Meldepflicht bei den zuständigen Artenschutzbehörden. Darüber hinaus ist es verboten, wildlebende Sumpfschildkröten zu fangen, zu verletzen, zu töten oder sie in ihrer Fortpflanzung zu stören. Die Art ist zudem auch im Anhang II der FFH-Richtlinie geführt. Die Mitgliedsstaaten müssen damit für die Erhaltung der Art besondere Schutzgebiete ausweisen.<br /> <br /> Artenschutzprojekte für die letzten noch einigermaßen intakten Populationen gibt es im deutschsprachigen Raum im Land Brandenburg durch die Naturschutzstation Rhinluch/Linum&lt;ref name=rhinluch&gt;{{Internetquelle | url=http://www.mugv.brandenburg.de/cms/detail.php/5lbm1.c.185123.de | titel=Tierwelt: Die Europäische Sumpfschildkröte | hrsg=Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) Brandenburg | zugriff=2012-09-08}} &lt;/ref&gt; und im Nationalpark Donau-Auen in der Nähe von Wien.&lt;ref&gt;http://www.donauauen.at/?area=news&amp;story_id=715 &lt;/ref&gt; Darüber hinaus gibt es Wiederansiedlungsprojekte in Hessen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und in Niedersachsen.&lt;ref name=hessen&gt;{{Webarchiv|url=http://www.sumpfschildkroete.de/ |wayback=20141218105603 |text=Archivierte Kopie |archiv-bot=2019-04-09 18:56:02 InternetArchiveBot }}&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;nabu-rp&quot;&gt; http://rlp.nabu.de/imperia/md/content/rlp/nirlp_2008-4.pdf &lt;/ref&gt;&lt;ref name=McPomm&gt;http://www.lugv.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.313846.de &lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;nabu-nds&quot;&gt; {{Webarchiv|text=Archivlink |url=http://niedersachsen.nabu.de/aktionen/sumpfschildkroete/15725.html |wayback=20141129050558 |archiv-bot=2018-04-09 02:19:51 InternetArchiveBot }} &lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Holger Vetter ''Schildkröten der Welt''. Band 1: Afrika, Europa und Westasien. Chimaira, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-930612-27-5.<br /> * Uwe Fritz: ''Die Europäische Sumpfschildkröte.'' Laurenti Verlag, Bielefeld 2003, ISBN 3-933066-14-X.<br /> * Walter Hödl, Maria Rössler: ''Die Europäische Sumpfschildkröte.'' Stapfia, Linz 1999, ISBN 3-85474-049-2.<br /> * Maria Rössler: ''Aktuelle Situation, Gefährdung und Schutz der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (L.) in Österreich.'' In: ''Stapfia.'' 69, Linz 2000, S. 169–178 ({{ZOBODAT|pfad=pdf/STAPFIA_0069_0169-0178.pdf}}).<br /> * Verena Lacoste, Markus Kutzli: ''Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis LINNAEUS 1758 in der elsässischen Oberrheinebene – ein laufendes Projekt.'' TESTUDO (SIGS), 15(2), 2006 ([http://www.sigs.ch/testudo/TESTUDO_2006_Vol_15_Heft_2_Seite_7.pdf PDF; 995&amp;nbsp;kB] auf sigs.ch).<br /> * Matthias Kuprian, Sibylle Winkel: ''[http://hessen.nabu.de/imperia/md/content/hessen/fachbeitraege/3.pdf Die Europäische Sumpfschildkröte in Hessen.] (PDF; 394&amp;nbsp;kB)'' – Statusbericht der AG Sumpfschildkröte, 2006.<br /> * Martina Anne-Claire Meeske: ''Die Europäische Sumpfschildkröte am nördlichen Rand ihrer Verbreitung in Litauen.'' – Laurenti Verlag, Bielefeld 2006, ISBN 3-933066-31-X.<br /> * Jean-Claude Monney, Andreas Meyer: ''Standpunkt der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch) hinsichtlich der Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (LINNAEUS, 1758) in der Schweiz.'' TESTUDO (SIGS), 17(4), 2008 ([http://www.sigs.ch/testudo%5CTESTUDO_2008_Vol_17_Heft_4_Seite_5.pdf PDF; 781&amp;nbsp;kB] auf sigs.ch).<br /> * Maria Schindler: ''Die Europäische Sumpfschildkröte in Österreich: Entstehung und aktueller Stand eines Artenschutzprogramms.'' TESTUDO (SIGS), 17(4), 2008 ([http://www.sigs.ch/testudo%5CTESTUDO_2008_Vol_17_Heft_4_Seite_21.pdf PDF; 1,1&amp;nbsp;MB] auf sigs.ch).<br /> * Norbert Schneeweiß: ''Demographie und ökologische Situation der Arealrand-Populationen der Europäischen Sumpfschildkröte in Brandenburg.'' Landesumweltamt Brandenburg, 2003 ([http://www.mlur.brandenburg.de/cms/media.php/2320/lua_bd46.pdf PDF; 9,1&amp;nbsp;MB] auf mlur.brandenburg.de).<br /> * Norbert Schneeweiß &amp; Uwe Fritz: ''Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis).'' In: ''Rote Liste und Gesamtartenliste der Retilien (Reptilia) Deutschlands'', Naturschutz und Biologische Vielfalt 170(3), S. 22-23, Bonn-Bad Godesberg, 2020, ISBN 978-3-7843-3773-9.<br /> * Jens R. Poschadel: ''Untersuchungen zur Populationsstruktur und zum Sozialverhalten der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (Linnaeus, 1758).'' Dissertation, Universität Hamburg, 2003, ISBN 978-3-89825-649-0.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Emys orbicularis|Europäische Sumpfschildkröte}}<br /> * [http://www.dght.de/images/stories/reptil_2015/Leitfaden_2015.pdf Emys orbicularis – Reptil des Jahres 2015]<br /> * [http://www.herp.it/SpeciesPages/EmysOrbic.htm Fotos der Europäischen Sumpfschildkröte auf www.herp.it]<br /> * [http://www.glis.lt/life EU-Artenschutzprojekte, Deutschland, Polen, Litauen ]<br /> * [http://www.sielmann-stiftung.de/de/projekte/projekte_national/Sumpfschildkroete/index.php Artenschutzprojekt der Naturschutzstation Rhinluch in Linum/Brandenburg], abgerufen am 28. März 2012<br /> * [http://www.sigs.ch/emysschweiz.aspx Artenschutzprojekt Schweiz]<br /> * [http://www.emys-home.de/EmysLiteraturHerpetologFrame.htm Bibliographie zur Europäischen Sumpfschildkröte]<br /> * [http://www.karch.ch/files/content/sites/karch/files/Doc%20%C3%A0%20t%C3%A9l%C3%A9charger/merkbl%C3%A4tter%20DE/sumpfschildkroete.pdf Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch): Merkblatt Europäische Sumpfschildkröte]<br /> * {{ReptileDatabase|Emys|orbicularis}}<br /> * {{IUCN |Year= 2013.1 |ID= 7717 |ScientificName= Emys orbicularis |YearAssessed= 1996 |Assessor= Tortoise &amp; Freshwater Turtle Specialist Group |Download= 27. September 2013}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references/&gt;<br /> <br /> {{Navigationsleiste Reptil/Lurch des Jahres in Deutschland}}<br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4556267-2}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Europaische Sumpfschildkrote}}<br /> [[Kategorie:Neuwelt-Sumpfschildkröten]]<br /> [[Kategorie:FFH-Arten (Anhang II)]]<br /> [[Kategorie:FFH-Arten (Anhang IV)]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Europ%C3%A4ische_Sumpfschildkr%C3%B6te&diff=223897558 Europäische Sumpfschildkröte 2022-06-22T07:12:12Z <p>212.117.117.42: /* Fressfeinde */</p> <hr /> <div>&lt;!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. --&gt;<br /> {{Taxobox<br /> | Taxon_Name = Europäische Sumpfschildkröte<br /> | Taxon_WissName = Emys orbicularis<br /> | Taxon_Rang = Art<br /> | Taxon_Autor = ([[Carl von Linné|Linnaeus]], 1758)<br /> | Taxon2_WissName = Emys<br /> | Taxon2_Rang = Gattung<br /> | Taxon3_WissName = Emydinae<br /> | Taxon3_Rang = Unterfamilie<br /> | Taxon4_Name = Neuwelt-Sumpfschildkröten<br /> | Taxon4_WissName = Emydidae<br /> | Taxon4_Rang = Familie<br /> | Taxon5_Name = Halsberger-Schildkröten<br /> | Taxon5_WissName = Cryptodira<br /> | Taxon5_Rang = Unterordnung<br /> | Taxon6_Name = Schildkröten<br /> | Taxon6_WissName = Testudines<br /> | Taxon6_Rang = Ordnung<br /> | Bild = Emys.jpg<br /> | Bildbeschreibung = Europäische Sumpfschildkröte, Aufnahme aus den [[Nationalpark Donau-Auen|Donauauen]] bei [[Orth an der Donau]].<br /> }}<br /> <br /> Die '''Europäische Sumpfschildkröte''' (''Emys orbicularis'') ist eine kleine bis mittelgroße, fleischfressende und überwiegend im Wasser lebende [[Schildkröten|Schildkröte]]. Sie ist die einzige Schildkrötenart, die – wenn auch selten – in [[Mitteleuropa]] (auch Deutschland) natürlich vorkommt. Ihr Verbreitungsgebiet geht aber weit darüber hinaus, von Nordafrika im Südwesten bis an den [[Aralsee]] im Osten.<br /> <br /> Ungeachtet des Verbreitungsgebietes gehört die Europäische Sumpfschildkröte zur Familie der [[Neuwelt-Sumpfschildkröten]] (Emydidae), nicht etwa zu den nicht näher verwandten [[Altwelt-Sumpfschildkröten]] (Geoemydidae). Sie bildet zusammen mit der [[Sizilianische Sumpfschildkröte|Sizilianischen Sumpfschildkröte]] (''Emys trinacris'') die [[Gattung (Biologie)|Gattung]] ''[[Emys]]''. Deren nächste Verwandte sind die [[Pazifische Sumpfschildkröte]] (''Actinemys marmorata'') sowie die [[Amerikanische Sumpfschildkröte]] (''Emydoidea blandingii''). Sie war [[Reptil/Lurch des Jahres|Reptil des Jahres 2015]] in Deutschland.<br /> <br /> == Beschreibung ==<br /> [[Datei:Emys orbicularis skull.png|mini|hochkant|Skelett der Europäischen Sumpfschildkröte]]<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte erreicht je nach Unterart und Geschlecht eine Rückenpanzerlänge von weniger als zwölf Zentimetern beziehungsweise mehr als 20 Zentimetern, wobei nördliche und östliche Unterarten im Allgemeinen größer werden als südliche. Adulte Tiere weisen einen ausgeprägten [[Geschlechtsdimorphismus]] auf, wobei die Weibchen größer werden als die Männchen, ihr Gewicht bewegt sich meist zwischen 400 und 700 Gramm. Es kann jedoch in Ausnahmefällen auch ein Gewicht von bis zu 1500 Gramm erreicht werden. Die Färbung der Tiere ist ebenfalls sehr variabel. Gewisse Zeichnungselemente können für einzelne Unterarten typisch sein. Der oft dunkle, braune oder schwarze [[Knochenpanzer|Rückenpanzer]] (Carapax) kann ein Muster aus feinen gelben Punkten oder Linien tragen, die oft auf den einzelnen Schilden von einem Zentrum ausstrahlend angeordnet sind. Es gibt aber auch Formen mit dunkler Zeichnung auf hellem Hintergrund. Der [[Plastron (Schildkröte)|Bauchpanzer]] (Plastron) kann einheitlich gelb, wolkig gefleckt, gesprenkelt, dunkel oder sogar völlig schwarz sein. Meistens zeichnet er sich jedoch durch ein schwarzes Zentrum aus. Die Gliedmaßen und der Hals sind dunkelbraun bis schwarz gefärbt und weisen häufig ebenfalls gelbe Zeichnungselemente auf.<br /> <br /> Der Panzer der Europäischen Sumpfschildkröte ist oval und eher flach, bei den Weibchen ist er etwas stärker gewölbt als bei den Männchen. Bauchpanzer und Rückenpanzer sind im Bereich der so genannten Brücke durch eine flexible Knorpelschicht und elastisches, häutiges Gewebe miteinander verbunden. Die mittlere Naht des Bauchpanzers entwickelt sich bei älteren Tieren zu einem Scharnier, das dem vorderen Plastron-Lappen eine gewisse Beweglichkeit ermöglicht.<br /> <br /> Gliedmaßen und Schwanz sind von groben [[Hornschuppe|Schuppen]] bedeckt, die Haut von Kopf und Hals ist glatt. Hinter dem Kopf, der breiter als der Hals ist, sieht man eine Hautfalte, die beim Einziehen eine taschenartige Hülle bildet. Das Vorderende des Kopfes ist von oben betrachtet spitzwinklig und die Kiefer tragen unbezahnte scharfe Hornschneiden. Die seitlich im vorderen Bereich des Kopfes sitzenden Augen haben eine runde Pupille. Die Augenfärbung kann je nach Geschlecht unterschiedlich sein: adulte Männchen haben bei einigen Unterarten, insbesondere bei der [[Nominotypisches Taxon|Nominatform]] ''Emys orbicularis orbicularis'', eine rötliche Iris, doch meistens haben sie eine bräunliche Irisfärbung vorzuweisen. Die Iris der Weibchen jedoch ist in den meisten Fällen gelb.<br /> <br /> Zwischen den fünf Zehen der Vorderbeine und den vier der Hinterbeine spannen sich [[Schwimmhaut|Schwimmhäute]]. Alle Zehen sind außerdem mit einer [[Kralle]] versehen, wobei besonders die Vorderkrallen bei den Männchen deutlich stärker gekrümmt sind. Die Europäische Sumpfschildkröte gehört zu den langschwänzigen Schildkrötenarten. Besonders ausgeprägt ist das bei Schlüpflingen, aber auch bei ausgewachsenen Tieren erreicht der Schwanz noch die Länge des halben Panzers. Bei männlichen Tieren ist die Schwanzwurzel verdickt, die [[Kloake (Biologie)|Kloake]] liegt deutlich hinter dem Rückenpanzer-Rand.<br /> <br /> == Verbreitung ==<br /> [[Datei:Emys orbicularis distribution.svg|mini|Verbreitungsgebiet]]<br /> Das [[Verbreitungsgebiet]] der Europäischen Sumpfschildkröte reicht von [[Marokko]] und [[Tunesien]] in Nordafrika über die [[Iberische Halbinsel]], [[Südfrankreich]], [[Korsika]], [[Italien]] mit [[Sardinien]] und [[Sizilien]], [[Polen]], [[Ungarn]], [[Rumänien]], die Länder der [[Balkanhalbinsel]] und ganz [[Anatolien]] bis zum [[Aralsee]] und in den nördlichen [[Iran]]. In [[Russland]] reicht die östliche Grenze der Verbreitung bis an den südlichen [[Ural]], die nördliche etwa bis auf die Höhe von [[Moskau]]. Das nördlichste Vorkommen gibt es in [[Litauen]]. In den [[Benelux]]-Ländern, in [[Tschechien]] und dem größten Teil von [[Österreich]] gibt es im besten Fall noch äußerst spärliche [[Autochthone Art|autochthone]] Bestände. In der [[Schweiz]] wurden Sumpfschildkröten in sechzehn Kantonen beobachtet, vor allem im [[Mittelland (Schweiz)|Mittelland]] und im [[Tessin]]. Fortpflanzung wurde in den Kantonen [[Kanton Genf|Genf]], [[Kanton Aargau|Aargau]] und [[Kanton Thurgau|Thurgau]] beobachtet, wobei die Genfer Population mit einer Dichte von 64 Tieren pro [[Hektar]] zu den größten Europas zählt.&lt;ref&gt; {{Webarchiv|text=Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch): Merkblatt Europäische Sumpfschildkröte |url=http://www.karch.ch/files/content/sites/karch/files/Doc%20%C3%A0%20t%C3%A9l%C3%A9charger/merkbl%C3%A4tter%20DE/sumpfschildkroete.pdf |wayback=20140606212602 |archiv-bot=2018-04-09 02:19:51 InternetArchiveBot }}&lt;/ref&gt; Die wenigen Populationen, die es in Deutschland noch gibt, finden sich überwiegend in Ostdeutschland, so im Gebiet des [[Großer Stechlinsee|Großen Stechlinsees]]. Ein besonders sehenswerter Bestand findet sich in der [[Woiwodschaft Großpolen]] bei [[Leszno]]. Dort wurde unweit des Dorfes [[Gmina Osieczna|Witosław]] bei [[Osieczna]] eigens für sie das Naturschutzgebiet ''Ostoja żółwia błotnego'' ausgewiesen.<br /> <br /> == Lebensraum ==<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte lebt in stillen oder langsam fließenden Gewässern, im Uferbereich von Binnenseen, in Teichen, Gräben und den Altarmen von Flüssen. Im Süden des Verbreitungsgebietes werden auch Bäche besiedelt. Entlang der Mittelmeerküste dringt sie in die [[Brackwasser|brackigen]] Zonen der Flussmündungen vor. Stark verkrautete, nährstoffreiche Gewässer mit schlammigem Grund werden bevorzugt. Selbst in schlammigen [[Viehtränke]]n kann man sie gelegentlich finden. Aus dem Wasser ragende Äste, von [[Biber]]n gefällte Bäume, Wurzelstrünke und anderes Totholz werden zum Sonnenbaden benötigt, auch [[Horst (Botanik)|Grashorste]], alte Nester von Wasservögeln und ähnliches werden zu diesem Zweck aufgesucht. Ebenfalls wichtig sind flache Stillwasserzonen, die durch die Sonne erwärmt werden.<br /> <br /> Für das Überleben der Europäischen Sumpfschildkröte hat es sich als problematisch erwiesen, dass in der Nähe ihrer Wohngewässer stets günstig exponierte, warme Sandhügel oder andere Trockenstandorte für die Eiablage vorhanden sein müssen. Ursprünglich waren die Schildkröten auch in offeneren Vegetationen mit steppenartigem Charakter beheimatet. Ideale Bedingungen findet die Schildkröte beispielsweise in den klaren Bächen des Bruchwaldes des [[Naturpark Nuthe-Nieplitz#NSG Zarth|Naturschutzgebietes Zarth]] im Naturpark Nuthe-Nieplitz in [[Brandenburg]] vor. Allerdings kann man sie etwa in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg auch in [[Söll (Teich)|Söllen]] und Teichen inmitten von Agrarflächen finden. In [[Hessen]] existiert eine eigenständige Population am [[Reinheimer Teich]], deren Nachzuchten aus dem [[Zoologischer Garten Frankfurt|Frankfurter Zoo]] seit 2004 ausgesetzt werden; zudem befindet sich in der [[Frankfurt-Bockenheim|Bockenheimer]] Miquel-Anlage eine kleine Population. In Österreich findet sich in den [[Nationalpark Donau-Auen|Donauauen]] östlich von [[Wien]] die letzte natürlich fortpflanzende Population sowie einige ausgesetzte Exemplare am [[Wienerberg]] im Gemeindegebiet Wiens.&lt;ref&gt;[http://noe.orf.at/news/stories/2503447/ Schildkrötenbabys zurück in NÖ] auf [[ORF]] vom 29. September 2011, abgerufen am 29. September 2011&lt;/ref&gt; In Mittelfrankreich und in Polen sind Vorkommen in Teichlandschaften bekannt, die für die Fischzucht angelegt wurden.<br /> <br /> == Lebensweise ==<br /> === Fortpflanzung ===<br /> ==== Paarung ====<br /> [[Datei:Emys orbicularis.jpg|mini|Bei der Paarung]]<br /> Je nach geographischer Lage und Geschlecht variiert der Eintritt der Geschlechtsreife bei den Europäischen Sumpfschildkröten sehr stark. Männchen in Südspanien werden bereits mit vier Jahren geschlechtsreif, Weibchen in kälteren Regionen dagegen teilweise erst mit 18 Jahren, im Mittel liegen die Werte bei 8 bis 10 Jahren. Die Paarungsaktivitäten beginnen im zeitigen Frühjahr, oft schon im Februar oder März nach Beenden der [[Kältestarre|Winterstarre]]. Die Männchen treiben die Weibchen ins Wasser, steigen auf und klammern sich am Rückenpanzer fest. Mit schwingenden Kopfbewegungen und Schnappen bringen sie die Weibchen dazu, den Kopf einzuziehen. Das führt dazu, dass die [[Kloake (Biologie)|Kloake]] weiter aus dem Panzer ragt, so dass der [[Penis]] eingeführt werden kann.<br /> <br /> ==== Eiablage ====<br /> [[Datei:Eiablage.jpg|mini|Weibchen bei der Eiablage]]<br /> Die Eiablagen finden überwiegend im Laufe des Juni statt, wobei die Weibchen meist jedes Jahr zu denselben Ablageplätzen wandern. Auf der Suche nach einem geeigneten Eiablageplatz können sie große Strecken zurücklegen, in der Regel sind die Nester aber weniger als 500 Meter von ihrem normalen Aufenthaltsgewässer entfernt. Für die Eiablage werden trockene, sandige, der Sonnenwärme ausgesetzte Stellen benutzt, die nur schwachen Bewuchs aufweisen. Nach Süden orientierte Hänge, Böschungen, Waldränder etc. werden bevorzugt. Gelegentlich werden auch weniger geeignete Stellen mit feuchtem oder schlammigem Boden aufgesucht, sogar Äcker oder ungeteerte Straßen werden nicht verschmäht. Die Eiablage findet in den Nachmittags- und Abendstunden sehr warmer Tage statt. Zuerst wird mit den Hinterbeinen eine etwa zehn Zentimeter tiefe Nesthöhle ausgegraben, die sich unter einer engen Öffnung birnenförmig erweitert. Harter Boden kann mit Wasser aufgeweicht werden, das die Schildkröte in ihren Analsäcken mitführte. Nach der Ablage wird das Nest sorgfältig verschlossen und der Boden verfestigt, so dass die Stelle nur noch für kurze Zeit an der etwas dunkleren Färbung der Erde zu erkennen ist.<br /> <br /> Die [[Ei|Gelege]] umfassen im Durchschnitt 9 bis 15 Eier, aber auch Gelege mit mehr als 20 Eiern wurden schon gefunden. In den nördlichen Teilen des Verbreitungsgebietes ist die durchschnittliche Anzahl Eier pro Ablage größer, in den südlichen ist sie kleiner, dafür folgt dort meist ein zweites Gelege im Sommer. Die Eier sind etwa 20 bis 25 Millimeter lang und sechs bis zehn Gramm schwer.<br /> <br /> ==== Schlupf der Jungtiere ====<br /> [[Datei:schluepfling.jpg|mini|Schlüpfling der Europäischen Sumpfschildkröte]]<br /> Die Jungtiere schlüpfen im Spätsommer nach etwa 80 bis 120 Tagen mit einer Panzerlänge (SCL) von durchschnittlich 2–3 cm und einem Gewicht von 4 bis 6 Gramm. Mit Hilfe des Eizahnes auf der Schnauzenspitze ritzen sie die Schalen in der Nähe eines Ei-Poles an und strecken zunächst Nase und ein Vorderbein heraus, anschließend wird die restliche Schale mit den Vorderbeinen weggedrückt. Der gesamte Schlupfvorgang dauert mehrere Stunden, und die Schlüpflinge verharren meist auch danach noch einige Zeit in der Nisthöhle. In den nördlichen Arealteilen überwintern sie teilweise sogar darin. Nach Verlassen des Nestes suchen sie das nächstliegende Gewässer auf und halten sich dort bevorzugt in dichter, schützender Unterwasservegetation auf.<br /> <br /> ==== Geschlechtsausbildung ====<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte wird seit den wegweisenden Arbeiten von Claude Pieau (ab 1974) zu den Reptilien mit temperaturabhängiger Geschlechtsbestimmung gezählt.&lt;ref name= Pieau&gt; Claude Pieau: ''Temperature-dependent sex determination in &quot;Emys orbicularis&quot;. Laboratory and field studies.'' In: ''Mertensiella.'' 10, 1996, S. 199–207&lt;/ref&gt; Werden ihre Eier im [[Inkubator (Biologie)|Inkubator]] bei Temperaturen unter 28&amp;nbsp;°C bebrütet, so schlüpfen männliche Jungtiere. Bei Bruttemperaturen oberhalb von 29,5&amp;nbsp;°C sind die Schlüpflinge überwiegend weiblich. Zwischen 28 und 29,5&amp;nbsp;°C können beide Geschlechter erbrütet werden.<br /> <br /> Neuere Forschungen zeigen, dass sich die Situation im Freiland weit komplexer darbietet als unter kontrollierten Laborbedingungen. Vieles deutet darauf hin, dass die temperaturgesteuerte Geschlechtsbestimmung (TSD) bei Freiland-Bruten einen starken genetischen Beitrag überlagert.&lt;ref name= Girondot&gt;Marc Girondot, Claude Pieau: ''Does &quot;Emys orbicularis&quot; have sex chromosomes?'' Third world congress of herpetology, Prag, 2.–10. August 1997 [http://www.ese.u-psud.fr/epc/conservation/Publi/abstractr/AE_TWCH972.html Zusammenfassung]&lt;/ref&gt; Bei ''Emys orbicularis'' wirken wahrscheinlich TSD und GSD (genotypic sex determination) zusammen. Für dieses Zusammenwirken spricht, dass in den nördlichen Randregionen des Verbreitungsgebietes, wo während der empfindlichen Phase der Eientwicklung nur selten Bodentemperaturen erreicht werden, die für die Entstehung von weiblichen Schlüpflingen notwendig sind, dennoch genügend Weibchen auftreten, ja Weibchen in der Regel deutlich dominieren.&lt;ref name= Servant&gt;J. Servan, M. Dorizzi, C. Pieau, P. Zaborski: ''Female biased sex ratio in adults of the turtle Emys orbicularis at the northern limit of its distribution in France: a probable consequence of interaction of temperature with genotypic sex determination.'' In: ''Canadian Journal of Zoology.'' 67, 1989, S. 1279–1284&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Ernährung ===<br /> [[Datei:Kot emys.jpg|mini|Kotballen]]<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte ernährt sich vor allem von [[Schnecken]], [[Krebstiere]]n, [[Insekten]]larven und anderen [[wirbellose]]n Tieren. Aber auch [[Kaulquappe]]n, tote Fische oder [[Aas]] werden gerne angenommen. Größere Brocken packt sie mit ihren hornigen Kiefern und reißt sie mit den Klauen der Vorderbeine in Stücke, die sie ganz verschlingt. Entgegen den meisten Angaben in der Literatur ist sie nicht nur [[Fleischfresser|karnivor]], sondern nimmt in allen Altersstufen durchaus auch Wasserpflanzen zu sich, beispielsweise [[Wasserpest]], [[Algen]] und [[Wasserlinsen]]. Im [[Kot]] wurden auch Samen der gelben [[Teichrose]] gefunden, wobei nicht ganz klar ist, ob diese zufällig mit anderem Futter aufgenommen wurden.<br /> <br /> Die Europäische Sumpfschildkröte ist gelegentlich auch auf dem Land auf Beutesuche anzutreffen, frisst aber ausschließlich im Wasser. Das hängt damit zusammen, dass sie nur unter Wasser schlucken kann. Zum Fressen hält sie größere Nahrung mit den Vorderbeinen fest und reißt Stücke ab. Zum Schlucken stößt sie ruckartig den Kopf vor, und der dabei eintretende Wasserstrom spült den Nahrungsbrocken in den Hals.<br /> <br /> === Überwinterung ===<br /> <br /> Die Überwinterung erfolgt im Wasser, das heißt, das Tier begibt sich auf den Grund eines Teiches und fällt dort in die sogenannte Winterstarre, wobei die Nahrungsaufnahme eingestellt und der Stoffwechsel stark reduziert wird. Die Atmung erfolgt nicht mehr über die Lunge, sondern über die [[Kloakenatmung]]. Frühere Beobachtungen gingen davon aus, dass der Sauerstoff ausschließlich über die Haut aufgenommen wird.<br /> <br /> == Taxonomie und Systematik ==<br /> === Taxonomie ===<br /> Bereits [[Aristoteles]] erwähnte die Sumpfschildkröte, wobei er von einer „Wassermaus“ (mus aquaticus) sprach. Im 1. Jahrhundert n. Chr. verwendete Plinius zum ersten Mal den Namen „emys“. Die Europäische Sumpfschildkröte (''Emys orbicularis'') erhielt im Jahre 1617 von [[Conrad Gessner]] die lateinische Bezeichnung ''Testudo lutaria''. Dieser [[Art (Biologie)|Artname]] findet sich auch bei [[Carl von Linné]] (1758). Linné vergab in seiner „[[Systema naturae]]“ versehentlich noch einen anderen Namen, ''Testudo orbicularis'', der später von [[William Thomas Blanford]] 1876 nach den heute noch gültigen Nomenklaturregeln zum Artnamen bestimmt wurde. Der Artname orbicularis („mit kleinen Kreisen“) stammt also ursprünglich von Linné und bezeichnet die gelben Punkte auf Haut und Panzer. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde meist der auf [[Johann Gottlob Theaenus Schneider]] (1783) zurückgehende Name ''Testudo europaea'' verwendet. Die zoologische Gattung „Emys“ wurde 1806 von [[André Marie Constant Duméril]] beschrieben. [[George Robert Gray]] nannte die Europäische Sumpfschildkröte im Jahr 1831 „Cistudo europaea“ („Europäische Schildkröte“). Dieser Name wurde im Jahr 1835 von [[Gabriel Bibron]] durch ''Emys orbicularis'' ersetzt.<br /> Neben ''Testudo'' wurden im vorigen Jahrhundert auch die Gattungsnamen ''Lutremys'', ''Terrapene'' und ''Cistudo'' verwendet. Die [[Gattung (Biologie)|Gattung]] ''Emys'', zu der neben der Europäischen Sumpfschildkröte seit 2005 auch die Sizilianische Sumpfschildkröte zählt, wurde von Duméril 1806 eingerichtet.<br /> <br /> === Äußere Systematik ===<br /> Die nächsten Verwandten der Europäischen Sumpfschildkröte sind neben der zweiten europäischen Art innerhalb der Gattung Emys, der Sizilianischen Sumpfschildkröte ''Emys trinacris''&lt;ref name=Fritz2&gt; Uwe Fritz, Tiziano Fattizzo, Daniela Guicking, Sandro Tripepi, Maria Grazia Pennisi, Peter Lenk, Ulrich Joger, Michael Wink: ''A new cryptic species of pond turtle from southern Italy, the hottest spot in the range of the genus Emys (Reptilia, Testudines, Emydidae).'' In: ''Zoologica Scripta.'' Bd.&amp;nbsp;34, Nr.&amp;nbsp;4, Juli 2005, Seite 351.&lt;/ref&gt;, die in Nordamerika verbreitete [[Pazifische Sumpfschildkröte]] (''Actinemys marmorata'') sowie die [[Amerikanische Sumpfschildkröte]] (''Emydoidea blandingii''). Als Schwestergruppe dieser Gattungen gilt ein [[Taxon]] aus den Vertretern der [[Dosenschildkröten]] (''Terrapene'') und der monotypischen [[Tropfenschildkröte]]n (''Clemmys'').<br /> <br /> {{Klade<br /> |label1=Neue-Welt-Sumpfschildkröten (Emydinae)&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |label1=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |label1=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |1=&amp;nbsp;? [[Amerikanische Sumpfschildkröte]] (''Emydoidea blandingii'')<br /> |2=&amp;nbsp;? [[Pazifische Sumpfschildkröte]] (''Actinemys marmorata'')<br /> |3=&amp;nbsp;? Europäische Sumpfschildkröte (''Emys orbicularis'')<br /> |4=&amp;nbsp;? [[Sizilianische Sumpfschildkröte]] (''Emys trinacris'')<br /> }}<br /> |label2=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |2={{Klade<br /> |1=&amp;nbsp;[[Dosenschildkröten]] (''Terrapene'')<br /> |2=&amp;nbsp;[[Tropfenschildkröte]]n (''Clemmys'')<br /> }}<br /> }}<br /> |2=&amp;nbsp;[[Amerikanische Wasserschildkröten]] (''Glyptemys'')<br /> }}<br /> }}<br /> <br /> === Innere Systematik ===<br /> Bislang sind über 14 Unterarten der Europäischen Sumpfschildkröte beschrieben worden, die mehreren Gruppen zugeordnet werden.<br /> Es werden davon aber nur noch etwa 11 Unterarten anerkannt.<br /> Die Nominatform stellt die pontische Unterart ''Emys orbicularis orbicularis'' (Linnaeus 1758) dar, zu der auch die Tiere in Deutschland gehören. Nach [[Molekularbiologie|molekularbiologischen]] Untersuchungen mit 423 Individuen aus dem gesamten Verbreitungsgebiet der Gattung ''Emys'' wurden aber sogar 20 verschiedene Entwicklungslinien mit unterschiedlichen Verbreitungsmustern festgestellt, wobei sich sieben Hauptentwicklungslinien herauskristallisierten. Diese sieben Hauptlinien sollen einer Trennung im späten [[Pliozän]] entsprechen. Die weitere Aufspaltung deutet auf eine Vielzahl von Rückzugsgebieten innerhalb der [[Eiszeitalter|Eiszeiten]] hin.&lt;ref name=Lenk&gt;P. Lenk, U. Fritz, U. Joger, M. Wink: ''Mitochondrial phylogeography of the european pond turtle ''Emys orbicularis'' (Linnaeus 1758).'' In: ''Molecular Ecology.'' 8, 1999, S. 1911–1922 PMID 10620234.&lt;/ref&gt; Einer dieser Hauptlinien, dem Haplotyp III, wurde 2005 der Status einer eigenständigen Art zugewiesen, Sizilianische Sumpfschildkröte (''Emys trinacris'').&lt;ref name=&quot;Fritz2&quot; /&gt;<br /> <br /> ==== Occidentalis-Gruppe ====<br /> Mittelgroße, großköpfige Sumpfschildkröte mit sehr langer Intergularnaht und geschnörkelter, vermiformer Kopfzeichnung auf schwarzem oder dunklem Grund. Vorderbein meist mit zwei gelben Streifen. Beide Geschlechter gleich groß. Männchen mit gelber, weißer oder brauner Iris.&lt;ref name=&quot;Fritz&quot;&gt;Uwe Fritz: ''Die Europäische Sumpfschildkröte.'' Westarp-Wissenschaft, Magdeburg 1996, ISBN 3-89432-484-8&lt;/ref&gt;<br /> * Nordafrikanische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis occidentalis'' Fritz, 1993 – dunkel gefärbte Unterart, Schlüpflinge mit dunkler Zeichnung auf Bauchpanzer, maximal 15&amp;nbsp;cm Carapaxlänge; Vorkommen: Marokko, Algerien, Tunesien<br /> * Iberische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis hispanica'' Fritz, Keller, Budde, 1996 – hellere Unterart, Schlüpflinge mit dunkler Zeichnung auf Bauchpanzer, maximal 17&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: [[Coto de Doñana]] (Spanien)<br /> * Ostspanische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis fritzjuergenobsti'' Fritz, 1993 – hellere Unterart mit auffallend schmalem Panzer, Bauchpanzer meist einfarbig gelb, maximal 15&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: spanische Mittelmeerküste<br /> <br /> ==== Galloitalica-Gruppe ====<br /> Kleine bis mittelgroße Sumpfschildkröten mit schmalem, rechteckigen [[Carapax#Aufbau und Form|Nuchale]]. Vorderbein meist nur mit einem gelben Streifen. Männchen kleiner als Weibchen und mit weißer oder gelblicher Irisfärbung. Schlüpflinge mit kleiner bis mäßig großer dunkler Plastralfigur.&lt;ref name=Fritz/&gt;<br /> * Mittelländische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis galloitalica'' Fritz, 1995 – Unterart mit stark unterschiedlicher Rückenpanzerfärbung, Bauchpanzer meist gelb, maximal 16,5&amp;nbsp;cm, meist aber unter 15&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Süd-, Westfrankreich und Italien<br /> * Korsische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis lanzai'' Fritz, 1995 – Bauch- und Rückenpanzer dunkel, maximal 15&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Korsika<br /> * Sardische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis capolongoi'' Fritz, 1995 – helle Unterart, Bauchpanzer einfarbig gelb, nur selten mit dunklen Flecken, maximal 14,5 cm SCL; Vorkommen: Sardinien<br /> * Ligurische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis ingauna'' Jesu et al., 2004 – Rückenpanzer einheitlich kastanienbraune Färbung, gelbe Linie an den Vorderbeinen bei Weibchen und vielen Männchen, max. 15 cm SCL; Vorkommen:im Ingauna-Gebirgszug im westlichen [[Ligurien]]&lt;ref name=Jesu&gt;R. Jesu, R. Piombo, S. Salvidio, L. Lamagni, S. Ortale, P. Genta: ''Un nuovo taxon di testuggine palustre endemico della Liguria Occidentale.'' In: ''Annali del Museo Civico di Storia Naturale di Genova.'' 2004&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Orbicularis-Gruppe ====<br /> Sehr dunkel gefärbte, vorwiegend mittelgroße bis große Sumpfschildkröte. Plastron zumindest bei Männchen größtenteils schwarz, Nuchale grundsätzlich trapezförmig. Vorderbein meist mit nur einem schmalen gelben Streifen. Männchen mit roter Iris und kleiner als Weibchen. Plastra von Männchen gelegentlich mit charakteristischer Sprenkelung auf dunklem Grund. Schlüpflinge mit ausladender, großer dunkler Plastralfigur.&lt;ref name=Fritz/&gt;<br /> * Pontische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis orbicularis'' (Linnaeus, 1758 sensu lato) – U. Fritz beschreibt zwei neue Unterformen, die Unterform 1 als vorwiegend schwarz mit nur wenigen, hellen Kehlflecken, bis maximal 23&amp;nbsp;cm SCL, die Unterform 2 als etwas heller mit häufig gelbem Bauchpanzer und hellerer Kehlfärbung bei Weibchen, maximal 20&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Unterform 1, von Polen bis an den Aralsee, Unterform 2, Mittelfrankreich, Donau-Einzugsgebiet, Deutschland, Westpolen, in den beiden letzten Habitaten möglicherweise Mischformen mit Unterform 1<br /> <br /> * Eiselts Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis eiselti'' Fritz, Baran, Budak, Amthauer, 1998 – nahezu einfarbig schwarz, bis 13&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Südostanatolien<br /> <br /> Die Kolchische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis colchica ''Fritz, 1994 und Zentralanatolische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis luteofusca'' Fritz, 1989 wurden nach genetischer Untersuchung wieder der Nominatform ''Emys orbicularis orbicularis'' zugeordnet.&lt;ref name=Fritz3&gt; Fritz, U., Ayaz, D., Hundsdörfer, A. K., Kotenko, T., Guicking, D., Wink, M., Tok, C. V., Cicek, K., Buschbom, J. (2009): [http://www.uni-heidelberg.de/institute/fak14/ipmb/phazb/pubwink/2009/Emysorbicularis.pdf Mitochondrial diversity of European pond turtles (Emys orbicularis) in Anatolia and the Ponto-Caspian Region: Multiple old refuges, hotspot of extant diversification and critically endangered endemics] (PDF; 5,7&amp;nbsp;MB) ODE 9, 100-114 &lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Hellenica-Gruppe ====<br /> Nur eine Unterart wurde bisher beschrieben:<br /> * Ostmediterrane Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis hellenica'' (Valenciennes in Bibron, Bory de Saint-Vincent, 1832) – Tiere regional sehr unterschiedlich groß, von 10&amp;nbsp;cm bis über 19&amp;nbsp;cm SCL. Rückenpanzer dunkel, Bauchpanzer meist gelb, manchmal mit verwaschener dunkler Zeichnung. Männchen und Weibchen unterscheiden sich in der Färbung, bei Weibchen ist die Kehle einfarbig gelb. Männchen unregelmäßig gezeichnet; Vorkommen: Italien, Balkan<br /> <br /> ==== Iberica-Gruppe ====<br /> Kleine bis mittelgroße Sumpfschildkröten mit gelben Kehlen, Nuchale grundsätzlich trapezförmig, Männchen mit braun/schwarz reticulierter Kopfzeichnung, Weibchen mit gelben Punkten auf dunklem Grund. Weibchen kleiner als Männchen, Iris von Männchen rötlich. Schlüpflinge mit ausladender, großer, dunkler Plastralfigur.&lt;ref name=Fritz/&gt; Die Unterart Georgische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis iberica'' Eichwald, 1831 wird nach genetischer Untersuchung als Synonym für ''Emys orbicularis persica'' vorgeschlagen&lt;ref name=&quot;Fritz3&quot; /&gt; Ebenfalls als Synonym von ''Emys orbicularis persica'' wird die Kurdische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis kurae Fritz, 1994) und die Orientalische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis orientalis'' Fritz, 1994 gesehen.<br /> <br /> * Persische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis persica'' Eichwald, 1831 – dunkler Rückenpanzer, häufig mit ganz feinen gelben Punkten, maximal 18&amp;nbsp;cm SCL, meist kleiner; Vorkommen: Iran, Turkmenistan<br /> <br /> == Gefährdung ==<br /> === Fressfeinde ===<br /> Die Schlüpflinge und Jungtiere haben zahlreiche Feinde: [[Wildschwein]], [[Europäischer Dachs|Dachs]], [[Rotfuchs|Fuchs]] und andere graben die Gelege aus. [[Raben und Krähen|Krähen]], [[Raben und Krähen|Raben]], [[Elster]]n, [[Reiher]] und andere große Vögel verfolgen die Schlüpflinge. [[Hauskatze|Katzen]] und [[Haushund|Hunde]] verschleppen sie. Auch ein [[Rotmilan|Milan]] wurde schon mit einer Schildkröte in den Klauen beobachtet. Sobald die Jungtiere im Wasser sind, warten [[Hecht]] und [[Wels (Fisch)|Wels]] auf die Beute. Erwachsene Tiere hatten dagegen bislang relativ wenige Fressfeinde. Insbesondere der eingeschleppte [[Waschbär]] ist, neben einigen anderen [[Neozoon|Neozoen]], in den letzten Jahren allerdings zu einem Problem für alle Entwicklungsstadien der Europäischen Sumpfschildkröte geworden. Er ist in der Lage, die Panzer selbst von ausgewachsenen Exemplaren zu öffnen.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://lfu.brandenburg.de/info/sumpfschildkroete |titel=Schutzprojekt Europäische Sumpfschildkröte in Brandenburg {{!}} LfU |abruf=2019-10-14}}&lt;/ref&gt; Die älteren Tiere haben vorallem Raben und Krähen als Fressfeinde. Bake bake Kuchen die Schildkrot hat gerufen<br /> <br /> === Weitere Gefährdungsgründe ===<br /> Die Art ist vor allem durch die Folgen menschlicher Eingriffe in ihren Lebensraum bedroht: Trockenlegung von Sümpfen und Feuchtgebieten, Gewässerkorrekturen, die [[Zersiedelung]] der Landschaft und Zerstörung der Eiablageplätze setzen den Schildkröten stark zu. Während ''Emys orbicularis'' früher in großen Mengen als Fastenspeise gefangen und verzehrt wurde, ist der Straßenverkehr heute wohl die größte Gefahr. Auf der Suche nach Nistplätzen oder auf dem Weg zurück in das Gewässer werden die Weibchen bei der Überquerung von Straßen häufig überfahren. Auch die Fischerei hat dort, wo sie mit [[Reuse]]n betrieben wurde, viele Opfer gefordert, denn die Schildkröten ertrinken in den Fischreusen unweigerlich. Die [[IUCN]] stuft die Europäische Sumpfschildkröte als ''potenziell gefährdet'' (&quot;near threatened&quot;) ein.&lt;ref&gt;{{IUCN|Year=2006|ID=7717|ScientificName=Emys orbicularis|YearAssessed=1996|Assessor=Tortoise &amp; Freshwater Turtle Specialist Group|Download=11. Mai 2006}}&lt;/ref&gt; In Deutschland gilt sie als ''vom Aussterben bedroht''.&lt;ref&gt;Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): ''Rote Liste und Gesamtartenliste der Reptilien (Reptilia) Deutschlands'', Naturschutz und Biologische Vielfalt 170(3), Landwirtschaftsverlag, Münster 2020, ISBN 978-3-7843-3773-9&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.amphibienschutz.de/schutz/artenschutz/roteliste.htm Online-Übersicht bei www.amphibienschutz.de]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Schutzmaßnahmen ===<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte ist in der Europäischen Gemeinschaft durch die [[Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie)|Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie]], Anhang IV geschützt. In Deutschland unterliegt sie damit gemäß § 42, Abs. 2, Nr. 1 und 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) einem Besitz- und Vermarktungsverbot. Tiere, die nachweislich aus legaler Zucht stammen, sind von diesen Verboten ausgenommen. Für sie besteht aber eine Meldepflicht bei den zuständigen Artenschutzbehörden. Darüber hinaus ist es verboten, wildlebende Sumpfschildkröten zu fangen, zu verletzen, zu töten oder sie in ihrer Fortpflanzung zu stören. Die Art ist zudem auch im Anhang II der FFH-Richtlinie geführt. Die Mitgliedsstaaten müssen damit für die Erhaltung der Art besondere Schutzgebiete ausweisen.<br /> <br /> Artenschutzprojekte für die letzten noch einigermaßen intakten Populationen gibt es im deutschsprachigen Raum im Land Brandenburg durch die Naturschutzstation Rhinluch/Linum&lt;ref name=rhinluch&gt;{{Internetquelle | url=http://www.mugv.brandenburg.de/cms/detail.php/5lbm1.c.185123.de | titel=Tierwelt: Die Europäische Sumpfschildkröte | hrsg=Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) Brandenburg | zugriff=2012-09-08}} &lt;/ref&gt; und im Nationalpark Donau-Auen in der Nähe von Wien.&lt;ref&gt;http://www.donauauen.at/?area=news&amp;story_id=715 &lt;/ref&gt; Darüber hinaus gibt es Wiederansiedlungsprojekte in Hessen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und in Niedersachsen.&lt;ref name=hessen&gt;{{Webarchiv|url=http://www.sumpfschildkroete.de/ |wayback=20141218105603 |text=Archivierte Kopie |archiv-bot=2019-04-09 18:56:02 InternetArchiveBot }}&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;nabu-rp&quot;&gt; http://rlp.nabu.de/imperia/md/content/rlp/nirlp_2008-4.pdf &lt;/ref&gt;&lt;ref name=McPomm&gt;http://www.lugv.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.313846.de &lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;nabu-nds&quot;&gt; {{Webarchiv|text=Archivlink |url=http://niedersachsen.nabu.de/aktionen/sumpfschildkroete/15725.html |wayback=20141129050558 |archiv-bot=2018-04-09 02:19:51 InternetArchiveBot }} &lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Holger Vetter ''Schildkröten der Welt''. Band 1: Afrika, Europa und Westasien. Chimaira, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-930612-27-5.<br /> * Uwe Fritz: ''Die Europäische Sumpfschildkröte.'' Laurenti Verlag, Bielefeld 2003, ISBN 3-933066-14-X.<br /> * Walter Hödl, Maria Rössler: ''Die Europäische Sumpfschildkröte.'' Stapfia, Linz 1999, ISBN 3-85474-049-2.<br /> * Maria Rössler: ''Aktuelle Situation, Gefährdung und Schutz der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (L.) in Österreich.'' In: ''Stapfia.'' 69, Linz 2000, S. 169–178 ({{ZOBODAT|pfad=pdf/STAPFIA_0069_0169-0178.pdf}}).<br /> * Verena Lacoste, Markus Kutzli: ''Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis LINNAEUS 1758 in der elsässischen Oberrheinebene – ein laufendes Projekt.'' TESTUDO (SIGS), 15(2), 2006 ([http://www.sigs.ch/testudo/TESTUDO_2006_Vol_15_Heft_2_Seite_7.pdf PDF; 995&amp;nbsp;kB] auf sigs.ch).<br /> * Matthias Kuprian, Sibylle Winkel: ''[http://hessen.nabu.de/imperia/md/content/hessen/fachbeitraege/3.pdf Die Europäische Sumpfschildkröte in Hessen.] (PDF; 394&amp;nbsp;kB)'' – Statusbericht der AG Sumpfschildkröte, 2006.<br /> * Martina Anne-Claire Meeske: ''Die Europäische Sumpfschildkröte am nördlichen Rand ihrer Verbreitung in Litauen.'' – Laurenti Verlag, Bielefeld 2006, ISBN 3-933066-31-X.<br /> * Jean-Claude Monney, Andreas Meyer: ''Standpunkt der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch) hinsichtlich der Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (LINNAEUS, 1758) in der Schweiz.'' TESTUDO (SIGS), 17(4), 2008 ([http://www.sigs.ch/testudo%5CTESTUDO_2008_Vol_17_Heft_4_Seite_5.pdf PDF; 781&amp;nbsp;kB] auf sigs.ch).<br /> * Maria Schindler: ''Die Europäische Sumpfschildkröte in Österreich: Entstehung und aktueller Stand eines Artenschutzprogramms.'' TESTUDO (SIGS), 17(4), 2008 ([http://www.sigs.ch/testudo%5CTESTUDO_2008_Vol_17_Heft_4_Seite_21.pdf PDF; 1,1&amp;nbsp;MB] auf sigs.ch).<br /> * Norbert Schneeweiß: ''Demographie und ökologische Situation der Arealrand-Populationen der Europäischen Sumpfschildkröte in Brandenburg.'' Landesumweltamt Brandenburg, 2003 ([http://www.mlur.brandenburg.de/cms/media.php/2320/lua_bd46.pdf PDF; 9,1&amp;nbsp;MB] auf mlur.brandenburg.de).<br /> * Norbert Schneeweiß &amp; Uwe Fritz: ''Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis).'' In: ''Rote Liste und Gesamtartenliste der Retilien (Reptilia) Deutschlands'', Naturschutz und Biologische Vielfalt 170(3), S. 22-23, Bonn-Bad Godesberg, 2020, ISBN 978-3-7843-3773-9.<br /> * Jens R. Poschadel: ''Untersuchungen zur Populationsstruktur und zum Sozialverhalten der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (Linnaeus, 1758).'' Dissertation, Universität Hamburg, 2003, ISBN 978-3-89825-649-0.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Emys orbicularis|Europäische Sumpfschildkröte}}<br /> * [http://www.dght.de/images/stories/reptil_2015/Leitfaden_2015.pdf Emys orbicularis – Reptil des Jahres 2015]<br /> * [http://www.herp.it/SpeciesPages/EmysOrbic.htm Fotos der Europäischen Sumpfschildkröte auf www.herp.it]<br /> * [http://www.glis.lt/life EU-Artenschutzprojekte, Deutschland, Polen, Litauen ]<br /> * [http://www.sielmann-stiftung.de/de/projekte/projekte_national/Sumpfschildkroete/index.php Artenschutzprojekt der Naturschutzstation Rhinluch in Linum/Brandenburg], abgerufen am 28. März 2012<br /> * [http://www.sigs.ch/emysschweiz.aspx Artenschutzprojekt Schweiz]<br /> * [http://www.emys-home.de/EmysLiteraturHerpetologFrame.htm Bibliographie zur Europäischen Sumpfschildkröte]<br /> * [http://www.karch.ch/files/content/sites/karch/files/Doc%20%C3%A0%20t%C3%A9l%C3%A9charger/merkbl%C3%A4tter%20DE/sumpfschildkroete.pdf Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch): Merkblatt Europäische Sumpfschildkröte]<br /> * {{ReptileDatabase|Emys|orbicularis}}<br /> * {{IUCN |Year= 2013.1 |ID= 7717 |ScientificName= Emys orbicularis |YearAssessed= 1996 |Assessor= Tortoise &amp; Freshwater Turtle Specialist Group |Download= 27. September 2013}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references/&gt;<br /> <br /> {{Navigationsleiste Reptil/Lurch des Jahres in Deutschland}}<br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4556267-2}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Europaische Sumpfschildkrote}}<br /> [[Kategorie:Neuwelt-Sumpfschildkröten]]<br /> [[Kategorie:FFH-Arten (Anhang II)]]<br /> [[Kategorie:FFH-Arten (Anhang IV)]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Europ%C3%A4ische_Sumpfschildkr%C3%B6te&diff=223897449 Europäische Sumpfschildkröte 2022-06-22T07:08:16Z <p>212.117.117.42: /* Weitere Gefährdungsgründe */</p> <hr /> <div>&lt;!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. --&gt;<br /> {{Taxobox<br /> | Taxon_Name = Europäische Sumpfschildkröte<br /> | Taxon_WissName = Emys orbicularis<br /> | Taxon_Rang = Art<br /> | Taxon_Autor = ([[Carl von Linné|Linnaeus]], 1758)<br /> | Taxon2_WissName = Emys<br /> | Taxon2_Rang = Gattung<br /> | Taxon3_WissName = Emydinae<br /> | Taxon3_Rang = Unterfamilie<br /> | Taxon4_Name = Neuwelt-Sumpfschildkröten<br /> | Taxon4_WissName = Emydidae<br /> | Taxon4_Rang = Familie<br /> | Taxon5_Name = Halsberger-Schildkröten<br /> | Taxon5_WissName = Cryptodira<br /> | Taxon5_Rang = Unterordnung<br /> | Taxon6_Name = Schildkröten<br /> | Taxon6_WissName = Testudines<br /> | Taxon6_Rang = Ordnung<br /> | Bild = Emys.jpg<br /> | Bildbeschreibung = Europäische Sumpfschildkröte, Aufnahme aus den [[Nationalpark Donau-Auen|Donauauen]] bei [[Orth an der Donau]].<br /> }}<br /> <br /> Die '''Europäische Sumpfschildkröte''' (''Emys orbicularis'') ist eine kleine bis mittelgroße, fleischfressende und überwiegend im Wasser lebende [[Schildkröten|Schildkröte]]. Sie ist die einzige Schildkrötenart, die – wenn auch selten – in [[Mitteleuropa]] (auch Deutschland) natürlich vorkommt. Ihr Verbreitungsgebiet geht aber weit darüber hinaus, von Nordafrika im Südwesten bis an den [[Aralsee]] im Osten.<br /> <br /> Ungeachtet des Verbreitungsgebietes gehört die Europäische Sumpfschildkröte zur Familie der [[Neuwelt-Sumpfschildkröten]] (Emydidae), nicht etwa zu den nicht näher verwandten [[Altwelt-Sumpfschildkröten]] (Geoemydidae). Sie bildet zusammen mit der [[Sizilianische Sumpfschildkröte|Sizilianischen Sumpfschildkröte]] (''Emys trinacris'') die [[Gattung (Biologie)|Gattung]] ''[[Emys]]''. Deren nächste Verwandte sind die [[Pazifische Sumpfschildkröte]] (''Actinemys marmorata'') sowie die [[Amerikanische Sumpfschildkröte]] (''Emydoidea blandingii''). Sie war [[Reptil/Lurch des Jahres|Reptil des Jahres 2015]] in Deutschland.<br /> <br /> == Beschreibung ==<br /> [[Datei:Emys orbicularis skull.png|mini|hochkant|Skelett der Europäischen Sumpfschildkröte]]<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte erreicht je nach Unterart und Geschlecht eine Rückenpanzerlänge von weniger als zwölf Zentimetern beziehungsweise mehr als 20 Zentimetern, wobei nördliche und östliche Unterarten im Allgemeinen größer werden als südliche. Adulte Tiere weisen einen ausgeprägten [[Geschlechtsdimorphismus]] auf, wobei die Weibchen größer werden als die Männchen, ihr Gewicht bewegt sich meist zwischen 400 und 700 Gramm. Es kann jedoch in Ausnahmefällen auch ein Gewicht von bis zu 1500 Gramm erreicht werden. Die Färbung der Tiere ist ebenfalls sehr variabel. Gewisse Zeichnungselemente können für einzelne Unterarten typisch sein. Der oft dunkle, braune oder schwarze [[Knochenpanzer|Rückenpanzer]] (Carapax) kann ein Muster aus feinen gelben Punkten oder Linien tragen, die oft auf den einzelnen Schilden von einem Zentrum ausstrahlend angeordnet sind. Es gibt aber auch Formen mit dunkler Zeichnung auf hellem Hintergrund. Der [[Plastron (Schildkröte)|Bauchpanzer]] (Plastron) kann einheitlich gelb, wolkig gefleckt, gesprenkelt, dunkel oder sogar völlig schwarz sein. Meistens zeichnet er sich jedoch durch ein schwarzes Zentrum aus. Die Gliedmaßen und der Hals sind dunkelbraun bis schwarz gefärbt und weisen häufig ebenfalls gelbe Zeichnungselemente auf.<br /> <br /> Der Panzer der Europäischen Sumpfschildkröte ist oval und eher flach, bei den Weibchen ist er etwas stärker gewölbt als bei den Männchen. Bauchpanzer und Rückenpanzer sind im Bereich der so genannten Brücke durch eine flexible Knorpelschicht und elastisches, häutiges Gewebe miteinander verbunden. Die mittlere Naht des Bauchpanzers entwickelt sich bei älteren Tieren zu einem Scharnier, das dem vorderen Plastron-Lappen eine gewisse Beweglichkeit ermöglicht.<br /> <br /> Gliedmaßen und Schwanz sind von groben [[Hornschuppe|Schuppen]] bedeckt, die Haut von Kopf und Hals ist glatt. Hinter dem Kopf, der breiter als der Hals ist, sieht man eine Hautfalte, die beim Einziehen eine taschenartige Hülle bildet. Das Vorderende des Kopfes ist von oben betrachtet spitzwinklig und die Kiefer tragen unbezahnte scharfe Hornschneiden. Die seitlich im vorderen Bereich des Kopfes sitzenden Augen haben eine runde Pupille. Die Augenfärbung kann je nach Geschlecht unterschiedlich sein: adulte Männchen haben bei einigen Unterarten, insbesondere bei der [[Nominotypisches Taxon|Nominatform]] ''Emys orbicularis orbicularis'', eine rötliche Iris, doch meistens haben sie eine bräunliche Irisfärbung vorzuweisen. Die Iris der Weibchen jedoch ist in den meisten Fällen gelb.<br /> <br /> Zwischen den fünf Zehen der Vorderbeine und den vier der Hinterbeine spannen sich [[Schwimmhaut|Schwimmhäute]]. Alle Zehen sind außerdem mit einer [[Kralle]] versehen, wobei besonders die Vorderkrallen bei den Männchen deutlich stärker gekrümmt sind. Die Europäische Sumpfschildkröte gehört zu den langschwänzigen Schildkrötenarten. Besonders ausgeprägt ist das bei Schlüpflingen, aber auch bei ausgewachsenen Tieren erreicht der Schwanz noch die Länge des halben Panzers. Bei männlichen Tieren ist die Schwanzwurzel verdickt, die [[Kloake (Biologie)|Kloake]] liegt deutlich hinter dem Rückenpanzer-Rand.<br /> <br /> == Verbreitung ==<br /> [[Datei:Emys orbicularis distribution.svg|mini|Verbreitungsgebiet]]<br /> Das [[Verbreitungsgebiet]] der Europäischen Sumpfschildkröte reicht von [[Marokko]] und [[Tunesien]] in Nordafrika über die [[Iberische Halbinsel]], [[Südfrankreich]], [[Korsika]], [[Italien]] mit [[Sardinien]] und [[Sizilien]], [[Polen]], [[Ungarn]], [[Rumänien]], die Länder der [[Balkanhalbinsel]] und ganz [[Anatolien]] bis zum [[Aralsee]] und in den nördlichen [[Iran]]. In [[Russland]] reicht die östliche Grenze der Verbreitung bis an den südlichen [[Ural]], die nördliche etwa bis auf die Höhe von [[Moskau]]. Das nördlichste Vorkommen gibt es in [[Litauen]]. In den [[Benelux]]-Ländern, in [[Tschechien]] und dem größten Teil von [[Österreich]] gibt es im besten Fall noch äußerst spärliche [[Autochthone Art|autochthone]] Bestände. In der [[Schweiz]] wurden Sumpfschildkröten in sechzehn Kantonen beobachtet, vor allem im [[Mittelland (Schweiz)|Mittelland]] und im [[Tessin]]. Fortpflanzung wurde in den Kantonen [[Kanton Genf|Genf]], [[Kanton Aargau|Aargau]] und [[Kanton Thurgau|Thurgau]] beobachtet, wobei die Genfer Population mit einer Dichte von 64 Tieren pro [[Hektar]] zu den größten Europas zählt.&lt;ref&gt; {{Webarchiv|text=Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch): Merkblatt Europäische Sumpfschildkröte |url=http://www.karch.ch/files/content/sites/karch/files/Doc%20%C3%A0%20t%C3%A9l%C3%A9charger/merkbl%C3%A4tter%20DE/sumpfschildkroete.pdf |wayback=20140606212602 |archiv-bot=2018-04-09 02:19:51 InternetArchiveBot }}&lt;/ref&gt; Die wenigen Populationen, die es in Deutschland noch gibt, finden sich überwiegend in Ostdeutschland, so im Gebiet des [[Großer Stechlinsee|Großen Stechlinsees]]. Ein besonders sehenswerter Bestand findet sich in der [[Woiwodschaft Großpolen]] bei [[Leszno]]. Dort wurde unweit des Dorfes [[Gmina Osieczna|Witosław]] bei [[Osieczna]] eigens für sie das Naturschutzgebiet ''Ostoja żółwia błotnego'' ausgewiesen.<br /> <br /> == Lebensraum ==<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte lebt in stillen oder langsam fließenden Gewässern, im Uferbereich von Binnenseen, in Teichen, Gräben und den Altarmen von Flüssen. Im Süden des Verbreitungsgebietes werden auch Bäche besiedelt. Entlang der Mittelmeerküste dringt sie in die [[Brackwasser|brackigen]] Zonen der Flussmündungen vor. Stark verkrautete, nährstoffreiche Gewässer mit schlammigem Grund werden bevorzugt. Selbst in schlammigen [[Viehtränke]]n kann man sie gelegentlich finden. Aus dem Wasser ragende Äste, von [[Biber]]n gefällte Bäume, Wurzelstrünke und anderes Totholz werden zum Sonnenbaden benötigt, auch [[Horst (Botanik)|Grashorste]], alte Nester von Wasservögeln und ähnliches werden zu diesem Zweck aufgesucht. Ebenfalls wichtig sind flache Stillwasserzonen, die durch die Sonne erwärmt werden.<br /> <br /> Für das Überleben der Europäischen Sumpfschildkröte hat es sich als problematisch erwiesen, dass in der Nähe ihrer Wohngewässer stets günstig exponierte, warme Sandhügel oder andere Trockenstandorte für die Eiablage vorhanden sein müssen. Ursprünglich waren die Schildkröten auch in offeneren Vegetationen mit steppenartigem Charakter beheimatet. Ideale Bedingungen findet die Schildkröte beispielsweise in den klaren Bächen des Bruchwaldes des [[Naturpark Nuthe-Nieplitz#NSG Zarth|Naturschutzgebietes Zarth]] im Naturpark Nuthe-Nieplitz in [[Brandenburg]] vor. Allerdings kann man sie etwa in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg auch in [[Söll (Teich)|Söllen]] und Teichen inmitten von Agrarflächen finden. In [[Hessen]] existiert eine eigenständige Population am [[Reinheimer Teich]], deren Nachzuchten aus dem [[Zoologischer Garten Frankfurt|Frankfurter Zoo]] seit 2004 ausgesetzt werden; zudem befindet sich in der [[Frankfurt-Bockenheim|Bockenheimer]] Miquel-Anlage eine kleine Population. In Österreich findet sich in den [[Nationalpark Donau-Auen|Donauauen]] östlich von [[Wien]] die letzte natürlich fortpflanzende Population sowie einige ausgesetzte Exemplare am [[Wienerberg]] im Gemeindegebiet Wiens.&lt;ref&gt;[http://noe.orf.at/news/stories/2503447/ Schildkrötenbabys zurück in NÖ] auf [[ORF]] vom 29. September 2011, abgerufen am 29. September 2011&lt;/ref&gt; In Mittelfrankreich und in Polen sind Vorkommen in Teichlandschaften bekannt, die für die Fischzucht angelegt wurden.<br /> <br /> == Lebensweise ==<br /> === Fortpflanzung ===<br /> ==== Paarung ====<br /> [[Datei:Emys orbicularis.jpg|mini|Bei der Paarung]]<br /> Je nach geographischer Lage und Geschlecht variiert der Eintritt der Geschlechtsreife bei den Europäischen Sumpfschildkröten sehr stark. Männchen in Südspanien werden bereits mit vier Jahren geschlechtsreif, Weibchen in kälteren Regionen dagegen teilweise erst mit 18 Jahren, im Mittel liegen die Werte bei 8 bis 10 Jahren. Die Paarungsaktivitäten beginnen im zeitigen Frühjahr, oft schon im Februar oder März nach Beenden der [[Kältestarre|Winterstarre]]. Die Männchen treiben die Weibchen ins Wasser, steigen auf und klammern sich am Rückenpanzer fest. Mit schwingenden Kopfbewegungen und Schnappen bringen sie die Weibchen dazu, den Kopf einzuziehen. Das führt dazu, dass die [[Kloake (Biologie)|Kloake]] weiter aus dem Panzer ragt, so dass der [[Penis]] eingeführt werden kann.<br /> <br /> ==== Eiablage ====<br /> [[Datei:Eiablage.jpg|mini|Weibchen bei der Eiablage]]<br /> Die Eiablagen finden überwiegend im Laufe des Juni statt, wobei die Weibchen meist jedes Jahr zu denselben Ablageplätzen wandern. Auf der Suche nach einem geeigneten Eiablageplatz können sie große Strecken zurücklegen, in der Regel sind die Nester aber weniger als 500 Meter von ihrem normalen Aufenthaltsgewässer entfernt. Für die Eiablage werden trockene, sandige, der Sonnenwärme ausgesetzte Stellen benutzt, die nur schwachen Bewuchs aufweisen. Nach Süden orientierte Hänge, Böschungen, Waldränder etc. werden bevorzugt. Gelegentlich werden auch weniger geeignete Stellen mit feuchtem oder schlammigem Boden aufgesucht, sogar Äcker oder ungeteerte Straßen werden nicht verschmäht. Die Eiablage findet in den Nachmittags- und Abendstunden sehr warmer Tage statt. Zuerst wird mit den Hinterbeinen eine etwa zehn Zentimeter tiefe Nesthöhle ausgegraben, die sich unter einer engen Öffnung birnenförmig erweitert. Harter Boden kann mit Wasser aufgeweicht werden, das die Schildkröte in ihren Analsäcken mitführte. Nach der Ablage wird das Nest sorgfältig verschlossen und der Boden verfestigt, so dass die Stelle nur noch für kurze Zeit an der etwas dunkleren Färbung der Erde zu erkennen ist.<br /> <br /> Die [[Ei|Gelege]] umfassen im Durchschnitt 9 bis 15 Eier, aber auch Gelege mit mehr als 20 Eiern wurden schon gefunden. In den nördlichen Teilen des Verbreitungsgebietes ist die durchschnittliche Anzahl Eier pro Ablage größer, in den südlichen ist sie kleiner, dafür folgt dort meist ein zweites Gelege im Sommer. Die Eier sind etwa 20 bis 25 Millimeter lang und sechs bis zehn Gramm schwer.<br /> <br /> ==== Schlupf der Jungtiere ====<br /> [[Datei:schluepfling.jpg|mini|Schlüpfling der Europäischen Sumpfschildkröte]]<br /> Die Jungtiere schlüpfen im Spätsommer nach etwa 80 bis 120 Tagen mit einer Panzerlänge (SCL) von durchschnittlich 2–3 cm und einem Gewicht von 4 bis 6 Gramm. Mit Hilfe des Eizahnes auf der Schnauzenspitze ritzen sie die Schalen in der Nähe eines Ei-Poles an und strecken zunächst Nase und ein Vorderbein heraus, anschließend wird die restliche Schale mit den Vorderbeinen weggedrückt. Der gesamte Schlupfvorgang dauert mehrere Stunden, und die Schlüpflinge verharren meist auch danach noch einige Zeit in der Nisthöhle. In den nördlichen Arealteilen überwintern sie teilweise sogar darin. Nach Verlassen des Nestes suchen sie das nächstliegende Gewässer auf und halten sich dort bevorzugt in dichter, schützender Unterwasservegetation auf.<br /> <br /> ==== Geschlechtsausbildung ====<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte wird seit den wegweisenden Arbeiten von Claude Pieau (ab 1974) zu den Reptilien mit temperaturabhängiger Geschlechtsbestimmung gezählt.&lt;ref name= Pieau&gt; Claude Pieau: ''Temperature-dependent sex determination in &quot;Emys orbicularis&quot;. Laboratory and field studies.'' In: ''Mertensiella.'' 10, 1996, S. 199–207&lt;/ref&gt; Werden ihre Eier im [[Inkubator (Biologie)|Inkubator]] bei Temperaturen unter 28&amp;nbsp;°C bebrütet, so schlüpfen männliche Jungtiere. Bei Bruttemperaturen oberhalb von 29,5&amp;nbsp;°C sind die Schlüpflinge überwiegend weiblich. Zwischen 28 und 29,5&amp;nbsp;°C können beide Geschlechter erbrütet werden.<br /> <br /> Neuere Forschungen zeigen, dass sich die Situation im Freiland weit komplexer darbietet als unter kontrollierten Laborbedingungen. Vieles deutet darauf hin, dass die temperaturgesteuerte Geschlechtsbestimmung (TSD) bei Freiland-Bruten einen starken genetischen Beitrag überlagert.&lt;ref name= Girondot&gt;Marc Girondot, Claude Pieau: ''Does &quot;Emys orbicularis&quot; have sex chromosomes?'' Third world congress of herpetology, Prag, 2.–10. August 1997 [http://www.ese.u-psud.fr/epc/conservation/Publi/abstractr/AE_TWCH972.html Zusammenfassung]&lt;/ref&gt; Bei ''Emys orbicularis'' wirken wahrscheinlich TSD und GSD (genotypic sex determination) zusammen. Für dieses Zusammenwirken spricht, dass in den nördlichen Randregionen des Verbreitungsgebietes, wo während der empfindlichen Phase der Eientwicklung nur selten Bodentemperaturen erreicht werden, die für die Entstehung von weiblichen Schlüpflingen notwendig sind, dennoch genügend Weibchen auftreten, ja Weibchen in der Regel deutlich dominieren.&lt;ref name= Servant&gt;J. Servan, M. Dorizzi, C. Pieau, P. Zaborski: ''Female biased sex ratio in adults of the turtle Emys orbicularis at the northern limit of its distribution in France: a probable consequence of interaction of temperature with genotypic sex determination.'' In: ''Canadian Journal of Zoology.'' 67, 1989, S. 1279–1284&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Ernährung ===<br /> [[Datei:Kot emys.jpg|mini|Kotballen]]<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte ernährt sich vor allem von [[Schnecken]], [[Krebstiere]]n, [[Insekten]]larven und anderen [[wirbellose]]n Tieren. Aber auch [[Kaulquappe]]n, tote Fische oder [[Aas]] werden gerne angenommen. Größere Brocken packt sie mit ihren hornigen Kiefern und reißt sie mit den Klauen der Vorderbeine in Stücke, die sie ganz verschlingt. Entgegen den meisten Angaben in der Literatur ist sie nicht nur [[Fleischfresser|karnivor]], sondern nimmt in allen Altersstufen durchaus auch Wasserpflanzen zu sich, beispielsweise [[Wasserpest]], [[Algen]] und [[Wasserlinsen]]. Im [[Kot]] wurden auch Samen der gelben [[Teichrose]] gefunden, wobei nicht ganz klar ist, ob diese zufällig mit anderem Futter aufgenommen wurden.<br /> <br /> Die Europäische Sumpfschildkröte ist gelegentlich auch auf dem Land auf Beutesuche anzutreffen, frisst aber ausschließlich im Wasser. Das hängt damit zusammen, dass sie nur unter Wasser schlucken kann. Zum Fressen hält sie größere Nahrung mit den Vorderbeinen fest und reißt Stücke ab. Zum Schlucken stößt sie ruckartig den Kopf vor, und der dabei eintretende Wasserstrom spült den Nahrungsbrocken in den Hals.<br /> <br /> === Überwinterung ===<br /> <br /> Die Überwinterung erfolgt im Wasser, das heißt, das Tier begibt sich auf den Grund eines Teiches und fällt dort in die sogenannte Winterstarre, wobei die Nahrungsaufnahme eingestellt und der Stoffwechsel stark reduziert wird. Die Atmung erfolgt nicht mehr über die Lunge, sondern über die [[Kloakenatmung]]. Frühere Beobachtungen gingen davon aus, dass der Sauerstoff ausschließlich über die Haut aufgenommen wird.<br /> <br /> == Taxonomie und Systematik ==<br /> === Taxonomie ===<br /> Bereits [[Aristoteles]] erwähnte die Sumpfschildkröte, wobei er von einer „Wassermaus“ (mus aquaticus) sprach. Im 1. Jahrhundert n. Chr. verwendete Plinius zum ersten Mal den Namen „emys“. Die Europäische Sumpfschildkröte (''Emys orbicularis'') erhielt im Jahre 1617 von [[Conrad Gessner]] die lateinische Bezeichnung ''Testudo lutaria''. Dieser [[Art (Biologie)|Artname]] findet sich auch bei [[Carl von Linné]] (1758). Linné vergab in seiner „[[Systema naturae]]“ versehentlich noch einen anderen Namen, ''Testudo orbicularis'', der später von [[William Thomas Blanford]] 1876 nach den heute noch gültigen Nomenklaturregeln zum Artnamen bestimmt wurde. Der Artname orbicularis („mit kleinen Kreisen“) stammt also ursprünglich von Linné und bezeichnet die gelben Punkte auf Haut und Panzer. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde meist der auf [[Johann Gottlob Theaenus Schneider]] (1783) zurückgehende Name ''Testudo europaea'' verwendet. Die zoologische Gattung „Emys“ wurde 1806 von [[André Marie Constant Duméril]] beschrieben. [[George Robert Gray]] nannte die Europäische Sumpfschildkröte im Jahr 1831 „Cistudo europaea“ („Europäische Schildkröte“). Dieser Name wurde im Jahr 1835 von [[Gabriel Bibron]] durch ''Emys orbicularis'' ersetzt.<br /> Neben ''Testudo'' wurden im vorigen Jahrhundert auch die Gattungsnamen ''Lutremys'', ''Terrapene'' und ''Cistudo'' verwendet. Die [[Gattung (Biologie)|Gattung]] ''Emys'', zu der neben der Europäischen Sumpfschildkröte seit 2005 auch die Sizilianische Sumpfschildkröte zählt, wurde von Duméril 1806 eingerichtet.<br /> <br /> === Äußere Systematik ===<br /> Die nächsten Verwandten der Europäischen Sumpfschildkröte sind neben der zweiten europäischen Art innerhalb der Gattung Emys, der Sizilianischen Sumpfschildkröte ''Emys trinacris''&lt;ref name=Fritz2&gt; Uwe Fritz, Tiziano Fattizzo, Daniela Guicking, Sandro Tripepi, Maria Grazia Pennisi, Peter Lenk, Ulrich Joger, Michael Wink: ''A new cryptic species of pond turtle from southern Italy, the hottest spot in the range of the genus Emys (Reptilia, Testudines, Emydidae).'' In: ''Zoologica Scripta.'' Bd.&amp;nbsp;34, Nr.&amp;nbsp;4, Juli 2005, Seite 351.&lt;/ref&gt;, die in Nordamerika verbreitete [[Pazifische Sumpfschildkröte]] (''Actinemys marmorata'') sowie die [[Amerikanische Sumpfschildkröte]] (''Emydoidea blandingii''). Als Schwestergruppe dieser Gattungen gilt ein [[Taxon]] aus den Vertretern der [[Dosenschildkröten]] (''Terrapene'') und der monotypischen [[Tropfenschildkröte]]n (''Clemmys'').<br /> <br /> {{Klade<br /> |label1=Neue-Welt-Sumpfschildkröten (Emydinae)&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |label1=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |label1=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |1=&amp;nbsp;? [[Amerikanische Sumpfschildkröte]] (''Emydoidea blandingii'')<br /> |2=&amp;nbsp;? [[Pazifische Sumpfschildkröte]] (''Actinemys marmorata'')<br /> |3=&amp;nbsp;? Europäische Sumpfschildkröte (''Emys orbicularis'')<br /> |4=&amp;nbsp;? [[Sizilianische Sumpfschildkröte]] (''Emys trinacris'')<br /> }}<br /> |label2=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |2={{Klade<br /> |1=&amp;nbsp;[[Dosenschildkröten]] (''Terrapene'')<br /> |2=&amp;nbsp;[[Tropfenschildkröte]]n (''Clemmys'')<br /> }}<br /> }}<br /> |2=&amp;nbsp;[[Amerikanische Wasserschildkröten]] (''Glyptemys'')<br /> }}<br /> }}<br /> <br /> === Innere Systematik ===<br /> Bislang sind über 14 Unterarten der Europäischen Sumpfschildkröte beschrieben worden, die mehreren Gruppen zugeordnet werden.<br /> Es werden davon aber nur noch etwa 11 Unterarten anerkannt.<br /> Die Nominatform stellt die pontische Unterart ''Emys orbicularis orbicularis'' (Linnaeus 1758) dar, zu der auch die Tiere in Deutschland gehören. Nach [[Molekularbiologie|molekularbiologischen]] Untersuchungen mit 423 Individuen aus dem gesamten Verbreitungsgebiet der Gattung ''Emys'' wurden aber sogar 20 verschiedene Entwicklungslinien mit unterschiedlichen Verbreitungsmustern festgestellt, wobei sich sieben Hauptentwicklungslinien herauskristallisierten. Diese sieben Hauptlinien sollen einer Trennung im späten [[Pliozän]] entsprechen. Die weitere Aufspaltung deutet auf eine Vielzahl von Rückzugsgebieten innerhalb der [[Eiszeitalter|Eiszeiten]] hin.&lt;ref name=Lenk&gt;P. Lenk, U. Fritz, U. Joger, M. Wink: ''Mitochondrial phylogeography of the european pond turtle ''Emys orbicularis'' (Linnaeus 1758).'' In: ''Molecular Ecology.'' 8, 1999, S. 1911–1922 PMID 10620234.&lt;/ref&gt; Einer dieser Hauptlinien, dem Haplotyp III, wurde 2005 der Status einer eigenständigen Art zugewiesen, Sizilianische Sumpfschildkröte (''Emys trinacris'').&lt;ref name=&quot;Fritz2&quot; /&gt;<br /> <br /> ==== Occidentalis-Gruppe ====<br /> Mittelgroße, großköpfige Sumpfschildkröte mit sehr langer Intergularnaht und geschnörkelter, vermiformer Kopfzeichnung auf schwarzem oder dunklem Grund. Vorderbein meist mit zwei gelben Streifen. Beide Geschlechter gleich groß. Männchen mit gelber, weißer oder brauner Iris.&lt;ref name=&quot;Fritz&quot;&gt;Uwe Fritz: ''Die Europäische Sumpfschildkröte.'' Westarp-Wissenschaft, Magdeburg 1996, ISBN 3-89432-484-8&lt;/ref&gt;<br /> * Nordafrikanische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis occidentalis'' Fritz, 1993 – dunkel gefärbte Unterart, Schlüpflinge mit dunkler Zeichnung auf Bauchpanzer, maximal 15&amp;nbsp;cm Carapaxlänge; Vorkommen: Marokko, Algerien, Tunesien<br /> * Iberische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis hispanica'' Fritz, Keller, Budde, 1996 – hellere Unterart, Schlüpflinge mit dunkler Zeichnung auf Bauchpanzer, maximal 17&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: [[Coto de Doñana]] (Spanien)<br /> * Ostspanische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis fritzjuergenobsti'' Fritz, 1993 – hellere Unterart mit auffallend schmalem Panzer, Bauchpanzer meist einfarbig gelb, maximal 15&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: spanische Mittelmeerküste<br /> <br /> ==== Galloitalica-Gruppe ====<br /> Kleine bis mittelgroße Sumpfschildkröten mit schmalem, rechteckigen [[Carapax#Aufbau und Form|Nuchale]]. Vorderbein meist nur mit einem gelben Streifen. Männchen kleiner als Weibchen und mit weißer oder gelblicher Irisfärbung. Schlüpflinge mit kleiner bis mäßig großer dunkler Plastralfigur.&lt;ref name=Fritz/&gt;<br /> * Mittelländische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis galloitalica'' Fritz, 1995 – Unterart mit stark unterschiedlicher Rückenpanzerfärbung, Bauchpanzer meist gelb, maximal 16,5&amp;nbsp;cm, meist aber unter 15&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Süd-, Westfrankreich und Italien<br /> * Korsische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis lanzai'' Fritz, 1995 – Bauch- und Rückenpanzer dunkel, maximal 15&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Korsika<br /> * Sardische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis capolongoi'' Fritz, 1995 – helle Unterart, Bauchpanzer einfarbig gelb, nur selten mit dunklen Flecken, maximal 14,5 cm SCL; Vorkommen: Sardinien<br /> * Ligurische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis ingauna'' Jesu et al., 2004 – Rückenpanzer einheitlich kastanienbraune Färbung, gelbe Linie an den Vorderbeinen bei Weibchen und vielen Männchen, max. 15 cm SCL; Vorkommen:im Ingauna-Gebirgszug im westlichen [[Ligurien]]&lt;ref name=Jesu&gt;R. Jesu, R. Piombo, S. Salvidio, L. Lamagni, S. Ortale, P. Genta: ''Un nuovo taxon di testuggine palustre endemico della Liguria Occidentale.'' In: ''Annali del Museo Civico di Storia Naturale di Genova.'' 2004&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Orbicularis-Gruppe ====<br /> Sehr dunkel gefärbte, vorwiegend mittelgroße bis große Sumpfschildkröte. Plastron zumindest bei Männchen größtenteils schwarz, Nuchale grundsätzlich trapezförmig. Vorderbein meist mit nur einem schmalen gelben Streifen. Männchen mit roter Iris und kleiner als Weibchen. Plastra von Männchen gelegentlich mit charakteristischer Sprenkelung auf dunklem Grund. Schlüpflinge mit ausladender, großer dunkler Plastralfigur.&lt;ref name=Fritz/&gt;<br /> * Pontische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis orbicularis'' (Linnaeus, 1758 sensu lato) – U. Fritz beschreibt zwei neue Unterformen, die Unterform 1 als vorwiegend schwarz mit nur wenigen, hellen Kehlflecken, bis maximal 23&amp;nbsp;cm SCL, die Unterform 2 als etwas heller mit häufig gelbem Bauchpanzer und hellerer Kehlfärbung bei Weibchen, maximal 20&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Unterform 1, von Polen bis an den Aralsee, Unterform 2, Mittelfrankreich, Donau-Einzugsgebiet, Deutschland, Westpolen, in den beiden letzten Habitaten möglicherweise Mischformen mit Unterform 1<br /> <br /> * Eiselts Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis eiselti'' Fritz, Baran, Budak, Amthauer, 1998 – nahezu einfarbig schwarz, bis 13&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Südostanatolien<br /> <br /> Die Kolchische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis colchica ''Fritz, 1994 und Zentralanatolische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis luteofusca'' Fritz, 1989 wurden nach genetischer Untersuchung wieder der Nominatform ''Emys orbicularis orbicularis'' zugeordnet.&lt;ref name=Fritz3&gt; Fritz, U., Ayaz, D., Hundsdörfer, A. K., Kotenko, T., Guicking, D., Wink, M., Tok, C. V., Cicek, K., Buschbom, J. (2009): [http://www.uni-heidelberg.de/institute/fak14/ipmb/phazb/pubwink/2009/Emysorbicularis.pdf Mitochondrial diversity of European pond turtles (Emys orbicularis) in Anatolia and the Ponto-Caspian Region: Multiple old refuges, hotspot of extant diversification and critically endangered endemics] (PDF; 5,7&amp;nbsp;MB) ODE 9, 100-114 &lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Hellenica-Gruppe ====<br /> Nur eine Unterart wurde bisher beschrieben:<br /> * Ostmediterrane Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis hellenica'' (Valenciennes in Bibron, Bory de Saint-Vincent, 1832) – Tiere regional sehr unterschiedlich groß, von 10&amp;nbsp;cm bis über 19&amp;nbsp;cm SCL. Rückenpanzer dunkel, Bauchpanzer meist gelb, manchmal mit verwaschener dunkler Zeichnung. Männchen und Weibchen unterscheiden sich in der Färbung, bei Weibchen ist die Kehle einfarbig gelb. Männchen unregelmäßig gezeichnet; Vorkommen: Italien, Balkan<br /> <br /> ==== Iberica-Gruppe ====<br /> Kleine bis mittelgroße Sumpfschildkröten mit gelben Kehlen, Nuchale grundsätzlich trapezförmig, Männchen mit braun/schwarz reticulierter Kopfzeichnung, Weibchen mit gelben Punkten auf dunklem Grund. Weibchen kleiner als Männchen, Iris von Männchen rötlich. Schlüpflinge mit ausladender, großer, dunkler Plastralfigur.&lt;ref name=Fritz/&gt; Die Unterart Georgische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis iberica'' Eichwald, 1831 wird nach genetischer Untersuchung als Synonym für ''Emys orbicularis persica'' vorgeschlagen&lt;ref name=&quot;Fritz3&quot; /&gt; Ebenfalls als Synonym von ''Emys orbicularis persica'' wird die Kurdische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis kurae Fritz, 1994) und die Orientalische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis orientalis'' Fritz, 1994 gesehen.<br /> <br /> * Persische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis persica'' Eichwald, 1831 – dunkler Rückenpanzer, häufig mit ganz feinen gelben Punkten, maximal 18&amp;nbsp;cm SCL, meist kleiner; Vorkommen: Iran, Turkmenistan<br /> <br /> == Gefährdung ==<br /> === Fressfeinde ===<br /> Die Schlüpflinge und Jungtiere haben zahlreiche Feinde: [[Wildschwein]], [[Europäischer Dachs|Dachs]], [[Rotfuchs|Fuchs]] und andere graben die Gelege aus. [[Raben und Krähen|Krähen]], [[Raben und Krähen|Raben]], [[Elster]]n, [[Reiher]] und andere große Vögel verfolgen die Schlüpflinge. [[Hauskatze|Katzen]] und [[Haushund|Hunde]] verschleppen sie. Auch ein [[Rotmilan|Milan]] wurde schon mit einer Schildkröte in den Klauen beobachtet. Sobald die Jungtiere im Wasser sind, warten [[Hecht]] und [[Wels (Fisch)|Wels]] auf die Beute. Erwachsene Tiere hatten dagegen bislang relativ wenige Fressfeinde. Insbesondere der eingeschleppte [[Waschbär]] ist, neben einigen anderen [[Neozoon|Neozoen]], in den letzten Jahren allerdings zu einem Problem für alle Entwicklungsstadien der Europäischen Sumpfschildkröte geworden. Er ist in der Lage, die Panzer selbst von ausgewachsenen Exemplaren zu öffnen.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://lfu.brandenburg.de/info/sumpfschildkroete |titel=Schutzprojekt Europäische Sumpfschildkröte in Brandenburg {{!}} LfU |abruf=2019-10-14}}&lt;/ref&gt; Die älteren Tiere haben vorallem Raben und Krähen als Fressfeinde.<br /> <br /> === Weitere Gefährdungsgründe ===<br /> Die Art ist vor allem durch die Folgen menschlicher Eingriffe in ihren Lebensraum bedroht: Trockenlegung von Sümpfen und Feuchtgebieten, Gewässerkorrekturen, die [[Zersiedelung]] der Landschaft und Zerstörung der Eiablageplätze setzen den Schildkröten stark zu. Während ''Emys orbicularis'' früher in großen Mengen als Fastenspeise gefangen und verzehrt wurde, ist der Straßenverkehr heute wohl die größte Gefahr. Auf der Suche nach Nistplätzen oder auf dem Weg zurück in das Gewässer werden die Weibchen bei der Überquerung von Straßen häufig überfahren. Auch die Fischerei hat dort, wo sie mit [[Reuse]]n betrieben wurde, viele Opfer gefordert, denn die Schildkröten ertrinken in den Fischreusen unweigerlich. Die [[IUCN]] stuft die Europäische Sumpfschildkröte als ''potenziell gefährdet'' (&quot;near threatened&quot;) ein.&lt;ref&gt;{{IUCN|Year=2006|ID=7717|ScientificName=Emys orbicularis|YearAssessed=1996|Assessor=Tortoise &amp; Freshwater Turtle Specialist Group|Download=11. Mai 2006}}&lt;/ref&gt; In Deutschland gilt sie als ''vom Aussterben bedroht''.&lt;ref&gt;Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): ''Rote Liste und Gesamtartenliste der Reptilien (Reptilia) Deutschlands'', Naturschutz und Biologische Vielfalt 170(3), Landwirtschaftsverlag, Münster 2020, ISBN 978-3-7843-3773-9&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.amphibienschutz.de/schutz/artenschutz/roteliste.htm Online-Übersicht bei www.amphibienschutz.de]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Schutzmaßnahmen ===<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte ist in der Europäischen Gemeinschaft durch die [[Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie)|Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie]], Anhang IV geschützt. In Deutschland unterliegt sie damit gemäß § 42, Abs. 2, Nr. 1 und 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) einem Besitz- und Vermarktungsverbot. Tiere, die nachweislich aus legaler Zucht stammen, sind von diesen Verboten ausgenommen. Für sie besteht aber eine Meldepflicht bei den zuständigen Artenschutzbehörden. Darüber hinaus ist es verboten, wildlebende Sumpfschildkröten zu fangen, zu verletzen, zu töten oder sie in ihrer Fortpflanzung zu stören. Die Art ist zudem auch im Anhang II der FFH-Richtlinie geführt. Die Mitgliedsstaaten müssen damit für die Erhaltung der Art besondere Schutzgebiete ausweisen.<br /> <br /> Artenschutzprojekte für die letzten noch einigermaßen intakten Populationen gibt es im deutschsprachigen Raum im Land Brandenburg durch die Naturschutzstation Rhinluch/Linum&lt;ref name=rhinluch&gt;{{Internetquelle | url=http://www.mugv.brandenburg.de/cms/detail.php/5lbm1.c.185123.de | titel=Tierwelt: Die Europäische Sumpfschildkröte | hrsg=Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) Brandenburg | zugriff=2012-09-08}} &lt;/ref&gt; und im Nationalpark Donau-Auen in der Nähe von Wien.&lt;ref&gt;http://www.donauauen.at/?area=news&amp;story_id=715 &lt;/ref&gt; Darüber hinaus gibt es Wiederansiedlungsprojekte in Hessen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und in Niedersachsen.&lt;ref name=hessen&gt;{{Webarchiv|url=http://www.sumpfschildkroete.de/ |wayback=20141218105603 |text=Archivierte Kopie |archiv-bot=2019-04-09 18:56:02 InternetArchiveBot }}&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;nabu-rp&quot;&gt; http://rlp.nabu.de/imperia/md/content/rlp/nirlp_2008-4.pdf &lt;/ref&gt;&lt;ref name=McPomm&gt;http://www.lugv.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.313846.de &lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;nabu-nds&quot;&gt; {{Webarchiv|text=Archivlink |url=http://niedersachsen.nabu.de/aktionen/sumpfschildkroete/15725.html |wayback=20141129050558 |archiv-bot=2018-04-09 02:19:51 InternetArchiveBot }} &lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Holger Vetter ''Schildkröten der Welt''. Band 1: Afrika, Europa und Westasien. Chimaira, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-930612-27-5.<br /> * Uwe Fritz: ''Die Europäische Sumpfschildkröte.'' Laurenti Verlag, Bielefeld 2003, ISBN 3-933066-14-X.<br /> * Walter Hödl, Maria Rössler: ''Die Europäische Sumpfschildkröte.'' Stapfia, Linz 1999, ISBN 3-85474-049-2.<br /> * Maria Rössler: ''Aktuelle Situation, Gefährdung und Schutz der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (L.) in Österreich.'' In: ''Stapfia.'' 69, Linz 2000, S. 169–178 ({{ZOBODAT|pfad=pdf/STAPFIA_0069_0169-0178.pdf}}).<br /> * Verena Lacoste, Markus Kutzli: ''Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis LINNAEUS 1758 in der elsässischen Oberrheinebene – ein laufendes Projekt.'' TESTUDO (SIGS), 15(2), 2006 ([http://www.sigs.ch/testudo/TESTUDO_2006_Vol_15_Heft_2_Seite_7.pdf PDF; 995&amp;nbsp;kB] auf sigs.ch).<br /> * Matthias Kuprian, Sibylle Winkel: ''[http://hessen.nabu.de/imperia/md/content/hessen/fachbeitraege/3.pdf Die Europäische Sumpfschildkröte in Hessen.] (PDF; 394&amp;nbsp;kB)'' – Statusbericht der AG Sumpfschildkröte, 2006.<br /> * Martina Anne-Claire Meeske: ''Die Europäische Sumpfschildkröte am nördlichen Rand ihrer Verbreitung in Litauen.'' – Laurenti Verlag, Bielefeld 2006, ISBN 3-933066-31-X.<br /> * Jean-Claude Monney, Andreas Meyer: ''Standpunkt der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch) hinsichtlich der Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (LINNAEUS, 1758) in der Schweiz.'' TESTUDO (SIGS), 17(4), 2008 ([http://www.sigs.ch/testudo%5CTESTUDO_2008_Vol_17_Heft_4_Seite_5.pdf PDF; 781&amp;nbsp;kB] auf sigs.ch).<br /> * Maria Schindler: ''Die Europäische Sumpfschildkröte in Österreich: Entstehung und aktueller Stand eines Artenschutzprogramms.'' TESTUDO (SIGS), 17(4), 2008 ([http://www.sigs.ch/testudo%5CTESTUDO_2008_Vol_17_Heft_4_Seite_21.pdf PDF; 1,1&amp;nbsp;MB] auf sigs.ch).<br /> * Norbert Schneeweiß: ''Demographie und ökologische Situation der Arealrand-Populationen der Europäischen Sumpfschildkröte in Brandenburg.'' Landesumweltamt Brandenburg, 2003 ([http://www.mlur.brandenburg.de/cms/media.php/2320/lua_bd46.pdf PDF; 9,1&amp;nbsp;MB] auf mlur.brandenburg.de).<br /> * Norbert Schneeweiß &amp; Uwe Fritz: ''Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis).'' In: ''Rote Liste und Gesamtartenliste der Retilien (Reptilia) Deutschlands'', Naturschutz und Biologische Vielfalt 170(3), S. 22-23, Bonn-Bad Godesberg, 2020, ISBN 978-3-7843-3773-9.<br /> * Jens R. Poschadel: ''Untersuchungen zur Populationsstruktur und zum Sozialverhalten der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (Linnaeus, 1758).'' Dissertation, Universität Hamburg, 2003, ISBN 978-3-89825-649-0.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Emys orbicularis|Europäische Sumpfschildkröte}}<br /> * [http://www.dght.de/images/stories/reptil_2015/Leitfaden_2015.pdf Emys orbicularis – Reptil des Jahres 2015]<br /> * [http://www.herp.it/SpeciesPages/EmysOrbic.htm Fotos der Europäischen Sumpfschildkröte auf www.herp.it]<br /> * [http://www.glis.lt/life EU-Artenschutzprojekte, Deutschland, Polen, Litauen ]<br /> * [http://www.sielmann-stiftung.de/de/projekte/projekte_national/Sumpfschildkroete/index.php Artenschutzprojekt der Naturschutzstation Rhinluch in Linum/Brandenburg], abgerufen am 28. März 2012<br /> * [http://www.sigs.ch/emysschweiz.aspx Artenschutzprojekt Schweiz]<br /> * [http://www.emys-home.de/EmysLiteraturHerpetologFrame.htm Bibliographie zur Europäischen Sumpfschildkröte]<br /> * [http://www.karch.ch/files/content/sites/karch/files/Doc%20%C3%A0%20t%C3%A9l%C3%A9charger/merkbl%C3%A4tter%20DE/sumpfschildkroete.pdf Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch): Merkblatt Europäische Sumpfschildkröte]<br /> * {{ReptileDatabase|Emys|orbicularis}}<br /> * {{IUCN |Year= 2013.1 |ID= 7717 |ScientificName= Emys orbicularis |YearAssessed= 1996 |Assessor= Tortoise &amp; Freshwater Turtle Specialist Group |Download= 27. September 2013}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references/&gt;<br /> <br /> {{Navigationsleiste Reptil/Lurch des Jahres in Deutschland}}<br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4556267-2}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Europaische Sumpfschildkrote}}<br /> [[Kategorie:Neuwelt-Sumpfschildkröten]]<br /> [[Kategorie:FFH-Arten (Anhang II)]]<br /> [[Kategorie:FFH-Arten (Anhang IV)]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Europ%C3%A4ische_Sumpfschildkr%C3%B6te&diff=223897439 Europäische Sumpfschildkröte 2022-06-22T07:07:53Z <p>212.117.117.42: /* Fressfeinde */</p> <hr /> <div>&lt;!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. --&gt;<br /> {{Taxobox<br /> | Taxon_Name = Europäische Sumpfschildkröte<br /> | Taxon_WissName = Emys orbicularis<br /> | Taxon_Rang = Art<br /> | Taxon_Autor = ([[Carl von Linné|Linnaeus]], 1758)<br /> | Taxon2_WissName = Emys<br /> | Taxon2_Rang = Gattung<br /> | Taxon3_WissName = Emydinae<br /> | Taxon3_Rang = Unterfamilie<br /> | Taxon4_Name = Neuwelt-Sumpfschildkröten<br /> | Taxon4_WissName = Emydidae<br /> | Taxon4_Rang = Familie<br /> | Taxon5_Name = Halsberger-Schildkröten<br /> | Taxon5_WissName = Cryptodira<br /> | Taxon5_Rang = Unterordnung<br /> | Taxon6_Name = Schildkröten<br /> | Taxon6_WissName = Testudines<br /> | Taxon6_Rang = Ordnung<br /> | Bild = Emys.jpg<br /> | Bildbeschreibung = Europäische Sumpfschildkröte, Aufnahme aus den [[Nationalpark Donau-Auen|Donauauen]] bei [[Orth an der Donau]].<br /> }}<br /> <br /> Die '''Europäische Sumpfschildkröte''' (''Emys orbicularis'') ist eine kleine bis mittelgroße, fleischfressende und überwiegend im Wasser lebende [[Schildkröten|Schildkröte]]. Sie ist die einzige Schildkrötenart, die – wenn auch selten – in [[Mitteleuropa]] (auch Deutschland) natürlich vorkommt. Ihr Verbreitungsgebiet geht aber weit darüber hinaus, von Nordafrika im Südwesten bis an den [[Aralsee]] im Osten.<br /> <br /> Ungeachtet des Verbreitungsgebietes gehört die Europäische Sumpfschildkröte zur Familie der [[Neuwelt-Sumpfschildkröten]] (Emydidae), nicht etwa zu den nicht näher verwandten [[Altwelt-Sumpfschildkröten]] (Geoemydidae). Sie bildet zusammen mit der [[Sizilianische Sumpfschildkröte|Sizilianischen Sumpfschildkröte]] (''Emys trinacris'') die [[Gattung (Biologie)|Gattung]] ''[[Emys]]''. Deren nächste Verwandte sind die [[Pazifische Sumpfschildkröte]] (''Actinemys marmorata'') sowie die [[Amerikanische Sumpfschildkröte]] (''Emydoidea blandingii''). Sie war [[Reptil/Lurch des Jahres|Reptil des Jahres 2015]] in Deutschland.<br /> <br /> == Beschreibung ==<br /> [[Datei:Emys orbicularis skull.png|mini|hochkant|Skelett der Europäischen Sumpfschildkröte]]<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte erreicht je nach Unterart und Geschlecht eine Rückenpanzerlänge von weniger als zwölf Zentimetern beziehungsweise mehr als 20 Zentimetern, wobei nördliche und östliche Unterarten im Allgemeinen größer werden als südliche. Adulte Tiere weisen einen ausgeprägten [[Geschlechtsdimorphismus]] auf, wobei die Weibchen größer werden als die Männchen, ihr Gewicht bewegt sich meist zwischen 400 und 700 Gramm. Es kann jedoch in Ausnahmefällen auch ein Gewicht von bis zu 1500 Gramm erreicht werden. Die Färbung der Tiere ist ebenfalls sehr variabel. Gewisse Zeichnungselemente können für einzelne Unterarten typisch sein. Der oft dunkle, braune oder schwarze [[Knochenpanzer|Rückenpanzer]] (Carapax) kann ein Muster aus feinen gelben Punkten oder Linien tragen, die oft auf den einzelnen Schilden von einem Zentrum ausstrahlend angeordnet sind. Es gibt aber auch Formen mit dunkler Zeichnung auf hellem Hintergrund. Der [[Plastron (Schildkröte)|Bauchpanzer]] (Plastron) kann einheitlich gelb, wolkig gefleckt, gesprenkelt, dunkel oder sogar völlig schwarz sein. Meistens zeichnet er sich jedoch durch ein schwarzes Zentrum aus. Die Gliedmaßen und der Hals sind dunkelbraun bis schwarz gefärbt und weisen häufig ebenfalls gelbe Zeichnungselemente auf.<br /> <br /> Der Panzer der Europäischen Sumpfschildkröte ist oval und eher flach, bei den Weibchen ist er etwas stärker gewölbt als bei den Männchen. Bauchpanzer und Rückenpanzer sind im Bereich der so genannten Brücke durch eine flexible Knorpelschicht und elastisches, häutiges Gewebe miteinander verbunden. Die mittlere Naht des Bauchpanzers entwickelt sich bei älteren Tieren zu einem Scharnier, das dem vorderen Plastron-Lappen eine gewisse Beweglichkeit ermöglicht.<br /> <br /> Gliedmaßen und Schwanz sind von groben [[Hornschuppe|Schuppen]] bedeckt, die Haut von Kopf und Hals ist glatt. Hinter dem Kopf, der breiter als der Hals ist, sieht man eine Hautfalte, die beim Einziehen eine taschenartige Hülle bildet. Das Vorderende des Kopfes ist von oben betrachtet spitzwinklig und die Kiefer tragen unbezahnte scharfe Hornschneiden. Die seitlich im vorderen Bereich des Kopfes sitzenden Augen haben eine runde Pupille. Die Augenfärbung kann je nach Geschlecht unterschiedlich sein: adulte Männchen haben bei einigen Unterarten, insbesondere bei der [[Nominotypisches Taxon|Nominatform]] ''Emys orbicularis orbicularis'', eine rötliche Iris, doch meistens haben sie eine bräunliche Irisfärbung vorzuweisen. Die Iris der Weibchen jedoch ist in den meisten Fällen gelb.<br /> <br /> Zwischen den fünf Zehen der Vorderbeine und den vier der Hinterbeine spannen sich [[Schwimmhaut|Schwimmhäute]]. Alle Zehen sind außerdem mit einer [[Kralle]] versehen, wobei besonders die Vorderkrallen bei den Männchen deutlich stärker gekrümmt sind. Die Europäische Sumpfschildkröte gehört zu den langschwänzigen Schildkrötenarten. Besonders ausgeprägt ist das bei Schlüpflingen, aber auch bei ausgewachsenen Tieren erreicht der Schwanz noch die Länge des halben Panzers. Bei männlichen Tieren ist die Schwanzwurzel verdickt, die [[Kloake (Biologie)|Kloake]] liegt deutlich hinter dem Rückenpanzer-Rand.<br /> <br /> == Verbreitung ==<br /> [[Datei:Emys orbicularis distribution.svg|mini|Verbreitungsgebiet]]<br /> Das [[Verbreitungsgebiet]] der Europäischen Sumpfschildkröte reicht von [[Marokko]] und [[Tunesien]] in Nordafrika über die [[Iberische Halbinsel]], [[Südfrankreich]], [[Korsika]], [[Italien]] mit [[Sardinien]] und [[Sizilien]], [[Polen]], [[Ungarn]], [[Rumänien]], die Länder der [[Balkanhalbinsel]] und ganz [[Anatolien]] bis zum [[Aralsee]] und in den nördlichen [[Iran]]. In [[Russland]] reicht die östliche Grenze der Verbreitung bis an den südlichen [[Ural]], die nördliche etwa bis auf die Höhe von [[Moskau]]. Das nördlichste Vorkommen gibt es in [[Litauen]]. In den [[Benelux]]-Ländern, in [[Tschechien]] und dem größten Teil von [[Österreich]] gibt es im besten Fall noch äußerst spärliche [[Autochthone Art|autochthone]] Bestände. In der [[Schweiz]] wurden Sumpfschildkröten in sechzehn Kantonen beobachtet, vor allem im [[Mittelland (Schweiz)|Mittelland]] und im [[Tessin]]. Fortpflanzung wurde in den Kantonen [[Kanton Genf|Genf]], [[Kanton Aargau|Aargau]] und [[Kanton Thurgau|Thurgau]] beobachtet, wobei die Genfer Population mit einer Dichte von 64 Tieren pro [[Hektar]] zu den größten Europas zählt.&lt;ref&gt; {{Webarchiv|text=Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch): Merkblatt Europäische Sumpfschildkröte |url=http://www.karch.ch/files/content/sites/karch/files/Doc%20%C3%A0%20t%C3%A9l%C3%A9charger/merkbl%C3%A4tter%20DE/sumpfschildkroete.pdf |wayback=20140606212602 |archiv-bot=2018-04-09 02:19:51 InternetArchiveBot }}&lt;/ref&gt; Die wenigen Populationen, die es in Deutschland noch gibt, finden sich überwiegend in Ostdeutschland, so im Gebiet des [[Großer Stechlinsee|Großen Stechlinsees]]. Ein besonders sehenswerter Bestand findet sich in der [[Woiwodschaft Großpolen]] bei [[Leszno]]. Dort wurde unweit des Dorfes [[Gmina Osieczna|Witosław]] bei [[Osieczna]] eigens für sie das Naturschutzgebiet ''Ostoja żółwia błotnego'' ausgewiesen.<br /> <br /> == Lebensraum ==<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte lebt in stillen oder langsam fließenden Gewässern, im Uferbereich von Binnenseen, in Teichen, Gräben und den Altarmen von Flüssen. Im Süden des Verbreitungsgebietes werden auch Bäche besiedelt. Entlang der Mittelmeerküste dringt sie in die [[Brackwasser|brackigen]] Zonen der Flussmündungen vor. Stark verkrautete, nährstoffreiche Gewässer mit schlammigem Grund werden bevorzugt. Selbst in schlammigen [[Viehtränke]]n kann man sie gelegentlich finden. Aus dem Wasser ragende Äste, von [[Biber]]n gefällte Bäume, Wurzelstrünke und anderes Totholz werden zum Sonnenbaden benötigt, auch [[Horst (Botanik)|Grashorste]], alte Nester von Wasservögeln und ähnliches werden zu diesem Zweck aufgesucht. Ebenfalls wichtig sind flache Stillwasserzonen, die durch die Sonne erwärmt werden.<br /> <br /> Für das Überleben der Europäischen Sumpfschildkröte hat es sich als problematisch erwiesen, dass in der Nähe ihrer Wohngewässer stets günstig exponierte, warme Sandhügel oder andere Trockenstandorte für die Eiablage vorhanden sein müssen. Ursprünglich waren die Schildkröten auch in offeneren Vegetationen mit steppenartigem Charakter beheimatet. Ideale Bedingungen findet die Schildkröte beispielsweise in den klaren Bächen des Bruchwaldes des [[Naturpark Nuthe-Nieplitz#NSG Zarth|Naturschutzgebietes Zarth]] im Naturpark Nuthe-Nieplitz in [[Brandenburg]] vor. Allerdings kann man sie etwa in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg auch in [[Söll (Teich)|Söllen]] und Teichen inmitten von Agrarflächen finden. In [[Hessen]] existiert eine eigenständige Population am [[Reinheimer Teich]], deren Nachzuchten aus dem [[Zoologischer Garten Frankfurt|Frankfurter Zoo]] seit 2004 ausgesetzt werden; zudem befindet sich in der [[Frankfurt-Bockenheim|Bockenheimer]] Miquel-Anlage eine kleine Population. In Österreich findet sich in den [[Nationalpark Donau-Auen|Donauauen]] östlich von [[Wien]] die letzte natürlich fortpflanzende Population sowie einige ausgesetzte Exemplare am [[Wienerberg]] im Gemeindegebiet Wiens.&lt;ref&gt;[http://noe.orf.at/news/stories/2503447/ Schildkrötenbabys zurück in NÖ] auf [[ORF]] vom 29. September 2011, abgerufen am 29. September 2011&lt;/ref&gt; In Mittelfrankreich und in Polen sind Vorkommen in Teichlandschaften bekannt, die für die Fischzucht angelegt wurden.<br /> <br /> == Lebensweise ==<br /> === Fortpflanzung ===<br /> ==== Paarung ====<br /> [[Datei:Emys orbicularis.jpg|mini|Bei der Paarung]]<br /> Je nach geographischer Lage und Geschlecht variiert der Eintritt der Geschlechtsreife bei den Europäischen Sumpfschildkröten sehr stark. Männchen in Südspanien werden bereits mit vier Jahren geschlechtsreif, Weibchen in kälteren Regionen dagegen teilweise erst mit 18 Jahren, im Mittel liegen die Werte bei 8 bis 10 Jahren. Die Paarungsaktivitäten beginnen im zeitigen Frühjahr, oft schon im Februar oder März nach Beenden der [[Kältestarre|Winterstarre]]. Die Männchen treiben die Weibchen ins Wasser, steigen auf und klammern sich am Rückenpanzer fest. Mit schwingenden Kopfbewegungen und Schnappen bringen sie die Weibchen dazu, den Kopf einzuziehen. Das führt dazu, dass die [[Kloake (Biologie)|Kloake]] weiter aus dem Panzer ragt, so dass der [[Penis]] eingeführt werden kann.<br /> <br /> ==== Eiablage ====<br /> [[Datei:Eiablage.jpg|mini|Weibchen bei der Eiablage]]<br /> Die Eiablagen finden überwiegend im Laufe des Juni statt, wobei die Weibchen meist jedes Jahr zu denselben Ablageplätzen wandern. Auf der Suche nach einem geeigneten Eiablageplatz können sie große Strecken zurücklegen, in der Regel sind die Nester aber weniger als 500 Meter von ihrem normalen Aufenthaltsgewässer entfernt. Für die Eiablage werden trockene, sandige, der Sonnenwärme ausgesetzte Stellen benutzt, die nur schwachen Bewuchs aufweisen. Nach Süden orientierte Hänge, Böschungen, Waldränder etc. werden bevorzugt. Gelegentlich werden auch weniger geeignete Stellen mit feuchtem oder schlammigem Boden aufgesucht, sogar Äcker oder ungeteerte Straßen werden nicht verschmäht. Die Eiablage findet in den Nachmittags- und Abendstunden sehr warmer Tage statt. Zuerst wird mit den Hinterbeinen eine etwa zehn Zentimeter tiefe Nesthöhle ausgegraben, die sich unter einer engen Öffnung birnenförmig erweitert. Harter Boden kann mit Wasser aufgeweicht werden, das die Schildkröte in ihren Analsäcken mitführte. Nach der Ablage wird das Nest sorgfältig verschlossen und der Boden verfestigt, so dass die Stelle nur noch für kurze Zeit an der etwas dunkleren Färbung der Erde zu erkennen ist.<br /> <br /> Die [[Ei|Gelege]] umfassen im Durchschnitt 9 bis 15 Eier, aber auch Gelege mit mehr als 20 Eiern wurden schon gefunden. In den nördlichen Teilen des Verbreitungsgebietes ist die durchschnittliche Anzahl Eier pro Ablage größer, in den südlichen ist sie kleiner, dafür folgt dort meist ein zweites Gelege im Sommer. Die Eier sind etwa 20 bis 25 Millimeter lang und sechs bis zehn Gramm schwer.<br /> <br /> ==== Schlupf der Jungtiere ====<br /> [[Datei:schluepfling.jpg|mini|Schlüpfling der Europäischen Sumpfschildkröte]]<br /> Die Jungtiere schlüpfen im Spätsommer nach etwa 80 bis 120 Tagen mit einer Panzerlänge (SCL) von durchschnittlich 2–3 cm und einem Gewicht von 4 bis 6 Gramm. Mit Hilfe des Eizahnes auf der Schnauzenspitze ritzen sie die Schalen in der Nähe eines Ei-Poles an und strecken zunächst Nase und ein Vorderbein heraus, anschließend wird die restliche Schale mit den Vorderbeinen weggedrückt. Der gesamte Schlupfvorgang dauert mehrere Stunden, und die Schlüpflinge verharren meist auch danach noch einige Zeit in der Nisthöhle. In den nördlichen Arealteilen überwintern sie teilweise sogar darin. Nach Verlassen des Nestes suchen sie das nächstliegende Gewässer auf und halten sich dort bevorzugt in dichter, schützender Unterwasservegetation auf.<br /> <br /> ==== Geschlechtsausbildung ====<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte wird seit den wegweisenden Arbeiten von Claude Pieau (ab 1974) zu den Reptilien mit temperaturabhängiger Geschlechtsbestimmung gezählt.&lt;ref name= Pieau&gt; Claude Pieau: ''Temperature-dependent sex determination in &quot;Emys orbicularis&quot;. Laboratory and field studies.'' In: ''Mertensiella.'' 10, 1996, S. 199–207&lt;/ref&gt; Werden ihre Eier im [[Inkubator (Biologie)|Inkubator]] bei Temperaturen unter 28&amp;nbsp;°C bebrütet, so schlüpfen männliche Jungtiere. Bei Bruttemperaturen oberhalb von 29,5&amp;nbsp;°C sind die Schlüpflinge überwiegend weiblich. Zwischen 28 und 29,5&amp;nbsp;°C können beide Geschlechter erbrütet werden.<br /> <br /> Neuere Forschungen zeigen, dass sich die Situation im Freiland weit komplexer darbietet als unter kontrollierten Laborbedingungen. Vieles deutet darauf hin, dass die temperaturgesteuerte Geschlechtsbestimmung (TSD) bei Freiland-Bruten einen starken genetischen Beitrag überlagert.&lt;ref name= Girondot&gt;Marc Girondot, Claude Pieau: ''Does &quot;Emys orbicularis&quot; have sex chromosomes?'' Third world congress of herpetology, Prag, 2.–10. August 1997 [http://www.ese.u-psud.fr/epc/conservation/Publi/abstractr/AE_TWCH972.html Zusammenfassung]&lt;/ref&gt; Bei ''Emys orbicularis'' wirken wahrscheinlich TSD und GSD (genotypic sex determination) zusammen. Für dieses Zusammenwirken spricht, dass in den nördlichen Randregionen des Verbreitungsgebietes, wo während der empfindlichen Phase der Eientwicklung nur selten Bodentemperaturen erreicht werden, die für die Entstehung von weiblichen Schlüpflingen notwendig sind, dennoch genügend Weibchen auftreten, ja Weibchen in der Regel deutlich dominieren.&lt;ref name= Servant&gt;J. Servan, M. Dorizzi, C. Pieau, P. Zaborski: ''Female biased sex ratio in adults of the turtle Emys orbicularis at the northern limit of its distribution in France: a probable consequence of interaction of temperature with genotypic sex determination.'' In: ''Canadian Journal of Zoology.'' 67, 1989, S. 1279–1284&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Ernährung ===<br /> [[Datei:Kot emys.jpg|mini|Kotballen]]<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte ernährt sich vor allem von [[Schnecken]], [[Krebstiere]]n, [[Insekten]]larven und anderen [[wirbellose]]n Tieren. Aber auch [[Kaulquappe]]n, tote Fische oder [[Aas]] werden gerne angenommen. Größere Brocken packt sie mit ihren hornigen Kiefern und reißt sie mit den Klauen der Vorderbeine in Stücke, die sie ganz verschlingt. Entgegen den meisten Angaben in der Literatur ist sie nicht nur [[Fleischfresser|karnivor]], sondern nimmt in allen Altersstufen durchaus auch Wasserpflanzen zu sich, beispielsweise [[Wasserpest]], [[Algen]] und [[Wasserlinsen]]. Im [[Kot]] wurden auch Samen der gelben [[Teichrose]] gefunden, wobei nicht ganz klar ist, ob diese zufällig mit anderem Futter aufgenommen wurden.<br /> <br /> Die Europäische Sumpfschildkröte ist gelegentlich auch auf dem Land auf Beutesuche anzutreffen, frisst aber ausschließlich im Wasser. Das hängt damit zusammen, dass sie nur unter Wasser schlucken kann. Zum Fressen hält sie größere Nahrung mit den Vorderbeinen fest und reißt Stücke ab. Zum Schlucken stößt sie ruckartig den Kopf vor, und der dabei eintretende Wasserstrom spült den Nahrungsbrocken in den Hals.<br /> <br /> === Überwinterung ===<br /> <br /> Die Überwinterung erfolgt im Wasser, das heißt, das Tier begibt sich auf den Grund eines Teiches und fällt dort in die sogenannte Winterstarre, wobei die Nahrungsaufnahme eingestellt und der Stoffwechsel stark reduziert wird. Die Atmung erfolgt nicht mehr über die Lunge, sondern über die [[Kloakenatmung]]. Frühere Beobachtungen gingen davon aus, dass der Sauerstoff ausschließlich über die Haut aufgenommen wird.<br /> <br /> == Taxonomie und Systematik ==<br /> === Taxonomie ===<br /> Bereits [[Aristoteles]] erwähnte die Sumpfschildkröte, wobei er von einer „Wassermaus“ (mus aquaticus) sprach. Im 1. Jahrhundert n. Chr. verwendete Plinius zum ersten Mal den Namen „emys“. Die Europäische Sumpfschildkröte (''Emys orbicularis'') erhielt im Jahre 1617 von [[Conrad Gessner]] die lateinische Bezeichnung ''Testudo lutaria''. Dieser [[Art (Biologie)|Artname]] findet sich auch bei [[Carl von Linné]] (1758). Linné vergab in seiner „[[Systema naturae]]“ versehentlich noch einen anderen Namen, ''Testudo orbicularis'', der später von [[William Thomas Blanford]] 1876 nach den heute noch gültigen Nomenklaturregeln zum Artnamen bestimmt wurde. Der Artname orbicularis („mit kleinen Kreisen“) stammt also ursprünglich von Linné und bezeichnet die gelben Punkte auf Haut und Panzer. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde meist der auf [[Johann Gottlob Theaenus Schneider]] (1783) zurückgehende Name ''Testudo europaea'' verwendet. Die zoologische Gattung „Emys“ wurde 1806 von [[André Marie Constant Duméril]] beschrieben. [[George Robert Gray]] nannte die Europäische Sumpfschildkröte im Jahr 1831 „Cistudo europaea“ („Europäische Schildkröte“). Dieser Name wurde im Jahr 1835 von [[Gabriel Bibron]] durch ''Emys orbicularis'' ersetzt.<br /> Neben ''Testudo'' wurden im vorigen Jahrhundert auch die Gattungsnamen ''Lutremys'', ''Terrapene'' und ''Cistudo'' verwendet. Die [[Gattung (Biologie)|Gattung]] ''Emys'', zu der neben der Europäischen Sumpfschildkröte seit 2005 auch die Sizilianische Sumpfschildkröte zählt, wurde von Duméril 1806 eingerichtet.<br /> <br /> === Äußere Systematik ===<br /> Die nächsten Verwandten der Europäischen Sumpfschildkröte sind neben der zweiten europäischen Art innerhalb der Gattung Emys, der Sizilianischen Sumpfschildkröte ''Emys trinacris''&lt;ref name=Fritz2&gt; Uwe Fritz, Tiziano Fattizzo, Daniela Guicking, Sandro Tripepi, Maria Grazia Pennisi, Peter Lenk, Ulrich Joger, Michael Wink: ''A new cryptic species of pond turtle from southern Italy, the hottest spot in the range of the genus Emys (Reptilia, Testudines, Emydidae).'' In: ''Zoologica Scripta.'' Bd.&amp;nbsp;34, Nr.&amp;nbsp;4, Juli 2005, Seite 351.&lt;/ref&gt;, die in Nordamerika verbreitete [[Pazifische Sumpfschildkröte]] (''Actinemys marmorata'') sowie die [[Amerikanische Sumpfschildkröte]] (''Emydoidea blandingii''). Als Schwestergruppe dieser Gattungen gilt ein [[Taxon]] aus den Vertretern der [[Dosenschildkröten]] (''Terrapene'') und der monotypischen [[Tropfenschildkröte]]n (''Clemmys'').<br /> <br /> {{Klade<br /> |label1=Neue-Welt-Sumpfschildkröten (Emydinae)&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |label1=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |label1=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |1=&amp;nbsp;? [[Amerikanische Sumpfschildkröte]] (''Emydoidea blandingii'')<br /> |2=&amp;nbsp;? [[Pazifische Sumpfschildkröte]] (''Actinemys marmorata'')<br /> |3=&amp;nbsp;? Europäische Sumpfschildkröte (''Emys orbicularis'')<br /> |4=&amp;nbsp;? [[Sizilianische Sumpfschildkröte]] (''Emys trinacris'')<br /> }}<br /> |label2=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |2={{Klade<br /> |1=&amp;nbsp;[[Dosenschildkröten]] (''Terrapene'')<br /> |2=&amp;nbsp;[[Tropfenschildkröte]]n (''Clemmys'')<br /> }}<br /> }}<br /> |2=&amp;nbsp;[[Amerikanische Wasserschildkröten]] (''Glyptemys'')<br /> }}<br /> }}<br /> <br /> === Innere Systematik ===<br /> Bislang sind über 14 Unterarten der Europäischen Sumpfschildkröte beschrieben worden, die mehreren Gruppen zugeordnet werden.<br /> Es werden davon aber nur noch etwa 11 Unterarten anerkannt.<br /> Die Nominatform stellt die pontische Unterart ''Emys orbicularis orbicularis'' (Linnaeus 1758) dar, zu der auch die Tiere in Deutschland gehören. Nach [[Molekularbiologie|molekularbiologischen]] Untersuchungen mit 423 Individuen aus dem gesamten Verbreitungsgebiet der Gattung ''Emys'' wurden aber sogar 20 verschiedene Entwicklungslinien mit unterschiedlichen Verbreitungsmustern festgestellt, wobei sich sieben Hauptentwicklungslinien herauskristallisierten. Diese sieben Hauptlinien sollen einer Trennung im späten [[Pliozän]] entsprechen. Die weitere Aufspaltung deutet auf eine Vielzahl von Rückzugsgebieten innerhalb der [[Eiszeitalter|Eiszeiten]] hin.&lt;ref name=Lenk&gt;P. Lenk, U. Fritz, U. Joger, M. Wink: ''Mitochondrial phylogeography of the european pond turtle ''Emys orbicularis'' (Linnaeus 1758).'' In: ''Molecular Ecology.'' 8, 1999, S. 1911–1922 PMID 10620234.&lt;/ref&gt; Einer dieser Hauptlinien, dem Haplotyp III, wurde 2005 der Status einer eigenständigen Art zugewiesen, Sizilianische Sumpfschildkröte (''Emys trinacris'').&lt;ref name=&quot;Fritz2&quot; /&gt;<br /> <br /> ==== Occidentalis-Gruppe ====<br /> Mittelgroße, großköpfige Sumpfschildkröte mit sehr langer Intergularnaht und geschnörkelter, vermiformer Kopfzeichnung auf schwarzem oder dunklem Grund. Vorderbein meist mit zwei gelben Streifen. Beide Geschlechter gleich groß. Männchen mit gelber, weißer oder brauner Iris.&lt;ref name=&quot;Fritz&quot;&gt;Uwe Fritz: ''Die Europäische Sumpfschildkröte.'' Westarp-Wissenschaft, Magdeburg 1996, ISBN 3-89432-484-8&lt;/ref&gt;<br /> * Nordafrikanische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis occidentalis'' Fritz, 1993 – dunkel gefärbte Unterart, Schlüpflinge mit dunkler Zeichnung auf Bauchpanzer, maximal 15&amp;nbsp;cm Carapaxlänge; Vorkommen: Marokko, Algerien, Tunesien<br /> * Iberische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis hispanica'' Fritz, Keller, Budde, 1996 – hellere Unterart, Schlüpflinge mit dunkler Zeichnung auf Bauchpanzer, maximal 17&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: [[Coto de Doñana]] (Spanien)<br /> * Ostspanische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis fritzjuergenobsti'' Fritz, 1993 – hellere Unterart mit auffallend schmalem Panzer, Bauchpanzer meist einfarbig gelb, maximal 15&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: spanische Mittelmeerküste<br /> <br /> ==== Galloitalica-Gruppe ====<br /> Kleine bis mittelgroße Sumpfschildkröten mit schmalem, rechteckigen [[Carapax#Aufbau und Form|Nuchale]]. Vorderbein meist nur mit einem gelben Streifen. Männchen kleiner als Weibchen und mit weißer oder gelblicher Irisfärbung. Schlüpflinge mit kleiner bis mäßig großer dunkler Plastralfigur.&lt;ref name=Fritz/&gt;<br /> * Mittelländische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis galloitalica'' Fritz, 1995 – Unterart mit stark unterschiedlicher Rückenpanzerfärbung, Bauchpanzer meist gelb, maximal 16,5&amp;nbsp;cm, meist aber unter 15&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Süd-, Westfrankreich und Italien<br /> * Korsische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis lanzai'' Fritz, 1995 – Bauch- und Rückenpanzer dunkel, maximal 15&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Korsika<br /> * Sardische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis capolongoi'' Fritz, 1995 – helle Unterart, Bauchpanzer einfarbig gelb, nur selten mit dunklen Flecken, maximal 14,5 cm SCL; Vorkommen: Sardinien<br /> * Ligurische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis ingauna'' Jesu et al., 2004 – Rückenpanzer einheitlich kastanienbraune Färbung, gelbe Linie an den Vorderbeinen bei Weibchen und vielen Männchen, max. 15 cm SCL; Vorkommen:im Ingauna-Gebirgszug im westlichen [[Ligurien]]&lt;ref name=Jesu&gt;R. Jesu, R. Piombo, S. Salvidio, L. Lamagni, S. Ortale, P. Genta: ''Un nuovo taxon di testuggine palustre endemico della Liguria Occidentale.'' In: ''Annali del Museo Civico di Storia Naturale di Genova.'' 2004&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Orbicularis-Gruppe ====<br /> Sehr dunkel gefärbte, vorwiegend mittelgroße bis große Sumpfschildkröte. Plastron zumindest bei Männchen größtenteils schwarz, Nuchale grundsätzlich trapezförmig. Vorderbein meist mit nur einem schmalen gelben Streifen. Männchen mit roter Iris und kleiner als Weibchen. Plastra von Männchen gelegentlich mit charakteristischer Sprenkelung auf dunklem Grund. Schlüpflinge mit ausladender, großer dunkler Plastralfigur.&lt;ref name=Fritz/&gt;<br /> * Pontische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis orbicularis'' (Linnaeus, 1758 sensu lato) – U. Fritz beschreibt zwei neue Unterformen, die Unterform 1 als vorwiegend schwarz mit nur wenigen, hellen Kehlflecken, bis maximal 23&amp;nbsp;cm SCL, die Unterform 2 als etwas heller mit häufig gelbem Bauchpanzer und hellerer Kehlfärbung bei Weibchen, maximal 20&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Unterform 1, von Polen bis an den Aralsee, Unterform 2, Mittelfrankreich, Donau-Einzugsgebiet, Deutschland, Westpolen, in den beiden letzten Habitaten möglicherweise Mischformen mit Unterform 1<br /> <br /> * Eiselts Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis eiselti'' Fritz, Baran, Budak, Amthauer, 1998 – nahezu einfarbig schwarz, bis 13&amp;nbsp;cm SCL; Vorkommen: Südostanatolien<br /> <br /> Die Kolchische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis colchica ''Fritz, 1994 und Zentralanatolische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis luteofusca'' Fritz, 1989 wurden nach genetischer Untersuchung wieder der Nominatform ''Emys orbicularis orbicularis'' zugeordnet.&lt;ref name=Fritz3&gt; Fritz, U., Ayaz, D., Hundsdörfer, A. K., Kotenko, T., Guicking, D., Wink, M., Tok, C. V., Cicek, K., Buschbom, J. (2009): [http://www.uni-heidelberg.de/institute/fak14/ipmb/phazb/pubwink/2009/Emysorbicularis.pdf Mitochondrial diversity of European pond turtles (Emys orbicularis) in Anatolia and the Ponto-Caspian Region: Multiple old refuges, hotspot of extant diversification and critically endangered endemics] (PDF; 5,7&amp;nbsp;MB) ODE 9, 100-114 &lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Hellenica-Gruppe ====<br /> Nur eine Unterart wurde bisher beschrieben:<br /> * Ostmediterrane Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis hellenica'' (Valenciennes in Bibron, Bory de Saint-Vincent, 1832) – Tiere regional sehr unterschiedlich groß, von 10&amp;nbsp;cm bis über 19&amp;nbsp;cm SCL. Rückenpanzer dunkel, Bauchpanzer meist gelb, manchmal mit verwaschener dunkler Zeichnung. Männchen und Weibchen unterscheiden sich in der Färbung, bei Weibchen ist die Kehle einfarbig gelb. Männchen unregelmäßig gezeichnet; Vorkommen: Italien, Balkan<br /> <br /> ==== Iberica-Gruppe ====<br /> Kleine bis mittelgroße Sumpfschildkröten mit gelben Kehlen, Nuchale grundsätzlich trapezförmig, Männchen mit braun/schwarz reticulierter Kopfzeichnung, Weibchen mit gelben Punkten auf dunklem Grund. Weibchen kleiner als Männchen, Iris von Männchen rötlich. Schlüpflinge mit ausladender, großer, dunkler Plastralfigur.&lt;ref name=Fritz/&gt; Die Unterart Georgische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis iberica'' Eichwald, 1831 wird nach genetischer Untersuchung als Synonym für ''Emys orbicularis persica'' vorgeschlagen&lt;ref name=&quot;Fritz3&quot; /&gt; Ebenfalls als Synonym von ''Emys orbicularis persica'' wird die Kurdische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis kurae Fritz, 1994) und die Orientalische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis orientalis'' Fritz, 1994 gesehen.<br /> <br /> * Persische Sumpfschildkröte ''Emys orbicularis persica'' Eichwald, 1831 – dunkler Rückenpanzer, häufig mit ganz feinen gelben Punkten, maximal 18&amp;nbsp;cm SCL, meist kleiner; Vorkommen: Iran, Turkmenistan<br /> <br /> == Gefährdung ==<br /> === Fressfeinde ===<br /> Die Schlüpflinge und Jungtiere haben zahlreiche Feinde: [[Wildschwein]], [[Europäischer Dachs|Dachs]], [[Rotfuchs|Fuchs]] und andere graben die Gelege aus. [[Raben und Krähen|Krähen]], [[Raben und Krähen|Raben]], [[Elster]]n, [[Reiher]] und andere große Vögel verfolgen die Schlüpflinge. [[Hauskatze|Katzen]] und [[Haushund|Hunde]] verschleppen sie. Auch ein [[Rotmilan|Milan]] wurde schon mit einer Schildkröte in den Klauen beobachtet. Sobald die Jungtiere im Wasser sind, warten [[Hecht]] und [[Wels (Fisch)|Wels]] auf die Beute. Erwachsene Tiere hatten dagegen bislang relativ wenige Fressfeinde. Insbesondere der eingeschleppte [[Waschbär]] ist, neben einigen anderen [[Neozoon|Neozoen]], in den letzten Jahren allerdings zu einem Problem für alle Entwicklungsstadien der Europäischen Sumpfschildkröte geworden. Er ist in der Lage, die Panzer selbst von ausgewachsenen Exemplaren zu öffnen.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://lfu.brandenburg.de/info/sumpfschildkroete |titel=Schutzprojekt Europäische Sumpfschildkröte in Brandenburg {{!}} LfU |abruf=2019-10-14}}&lt;/ref&gt; die älteren Tiere haben vorallem Raben und Krähen als Fressfeinde.<br /> <br /> === Weitere Gefährdungsgründe ===<br /> Die Art ist vor allem durch die Folgen menschlicher Eingriffe in ihren Lebensraum bedroht: Trockenlegung von Sümpfen und Feuchtgebieten, Gewässerkorrekturen, die [[Zersiedelung]] der Landschaft und Zerstörung der Eiablageplätze setzen den Schildkröten stark zu. Während ''Emys orbicularis'' früher in großen Mengen als Fastenspeise gefangen und verzehrt wurde, ist der Straßenverkehr heute wohl die größte Gefahr. Auf der Suche nach Nistplätzen oder auf dem Weg zurück in das Gewässer werden die Weibchen bei der Überquerung von Straßen häufig überfahren. Auch die Fischerei hat dort, wo sie mit [[Reuse]]n betrieben wurde, viele Opfer gefordert, denn die Schildkröten ertrinken in den Fischreusen unweigerlich. Die [[IUCN]] stuft die Europäische Sumpfschildkröte als ''potenziell gefährdet'' (&quot;near threatened&quot;) ein.&lt;ref&gt;{{IUCN|Year=2006|ID=7717|ScientificName=Emys orbicularis|YearAssessed=1996|Assessor=Tortoise &amp; Freshwater Turtle Specialist Group|Download=11. Mai 2006}}&lt;/ref&gt; In Deutschland gilt sie als ''vom Aussterben bedroht''.&lt;ref&gt;Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): ''Rote Liste und Gesamtartenliste der Reptilien (Reptilia) Deutschlands'', Naturschutz und Biologische Vielfalt 170(3), Landwirtschaftsverlag, Münster 2020, ISBN 978-3-7843-3773-9&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.amphibienschutz.de/schutz/artenschutz/roteliste.htm Online-Übersicht bei www.amphibienschutz.de]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Schutzmaßnahmen ===<br /> Die Europäische Sumpfschildkröte ist in der Europäischen Gemeinschaft durch die [[Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie)|Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie]], Anhang IV geschützt. In Deutschland unterliegt sie damit gemäß § 42, Abs. 2, Nr. 1 und 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) einem Besitz- und Vermarktungsverbot. Tiere, die nachweislich aus legaler Zucht stammen, sind von diesen Verboten ausgenommen. Für sie besteht aber eine Meldepflicht bei den zuständigen Artenschutzbehörden. Darüber hinaus ist es verboten, wildlebende Sumpfschildkröten zu fangen, zu verletzen, zu töten oder sie in ihrer Fortpflanzung zu stören. Die Art ist zudem auch im Anhang II der FFH-Richtlinie geführt. Die Mitgliedsstaaten müssen damit für die Erhaltung der Art besondere Schutzgebiete ausweisen.<br /> <br /> Artenschutzprojekte für die letzten noch einigermaßen intakten Populationen gibt es im deutschsprachigen Raum im Land Brandenburg durch die Naturschutzstation Rhinluch/Linum&lt;ref name=rhinluch&gt;{{Internetquelle | url=http://www.mugv.brandenburg.de/cms/detail.php/5lbm1.c.185123.de | titel=Tierwelt: Die Europäische Sumpfschildkröte | hrsg=Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) Brandenburg | zugriff=2012-09-08}} &lt;/ref&gt; und im Nationalpark Donau-Auen in der Nähe von Wien.&lt;ref&gt;http://www.donauauen.at/?area=news&amp;story_id=715 &lt;/ref&gt; Darüber hinaus gibt es Wiederansiedlungsprojekte in Hessen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern und in Niedersachsen.&lt;ref name=hessen&gt;{{Webarchiv|url=http://www.sumpfschildkroete.de/ |wayback=20141218105603 |text=Archivierte Kopie |archiv-bot=2019-04-09 18:56:02 InternetArchiveBot }}&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;nabu-rp&quot;&gt; http://rlp.nabu.de/imperia/md/content/rlp/nirlp_2008-4.pdf &lt;/ref&gt;&lt;ref name=McPomm&gt;http://www.lugv.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.313846.de &lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;nabu-nds&quot;&gt; {{Webarchiv|text=Archivlink |url=http://niedersachsen.nabu.de/aktionen/sumpfschildkroete/15725.html |wayback=20141129050558 |archiv-bot=2018-04-09 02:19:51 InternetArchiveBot }} &lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Holger Vetter ''Schildkröten der Welt''. Band 1: Afrika, Europa und Westasien. Chimaira, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-930612-27-5.<br /> * Uwe Fritz: ''Die Europäische Sumpfschildkröte.'' Laurenti Verlag, Bielefeld 2003, ISBN 3-933066-14-X.<br /> * Walter Hödl, Maria Rössler: ''Die Europäische Sumpfschildkröte.'' Stapfia, Linz 1999, ISBN 3-85474-049-2.<br /> * Maria Rössler: ''Aktuelle Situation, Gefährdung und Schutz der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (L.) in Österreich.'' In: ''Stapfia.'' 69, Linz 2000, S. 169–178 ({{ZOBODAT|pfad=pdf/STAPFIA_0069_0169-0178.pdf}}).<br /> * Verena Lacoste, Markus Kutzli: ''Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis LINNAEUS 1758 in der elsässischen Oberrheinebene – ein laufendes Projekt.'' TESTUDO (SIGS), 15(2), 2006 ([http://www.sigs.ch/testudo/TESTUDO_2006_Vol_15_Heft_2_Seite_7.pdf PDF; 995&amp;nbsp;kB] auf sigs.ch).<br /> * Matthias Kuprian, Sibylle Winkel: ''[http://hessen.nabu.de/imperia/md/content/hessen/fachbeitraege/3.pdf Die Europäische Sumpfschildkröte in Hessen.] (PDF; 394&amp;nbsp;kB)'' – Statusbericht der AG Sumpfschildkröte, 2006.<br /> * Martina Anne-Claire Meeske: ''Die Europäische Sumpfschildkröte am nördlichen Rand ihrer Verbreitung in Litauen.'' – Laurenti Verlag, Bielefeld 2006, ISBN 3-933066-31-X.<br /> * Jean-Claude Monney, Andreas Meyer: ''Standpunkt der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch) hinsichtlich der Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (LINNAEUS, 1758) in der Schweiz.'' TESTUDO (SIGS), 17(4), 2008 ([http://www.sigs.ch/testudo%5CTESTUDO_2008_Vol_17_Heft_4_Seite_5.pdf PDF; 781&amp;nbsp;kB] auf sigs.ch).<br /> * Maria Schindler: ''Die Europäische Sumpfschildkröte in Österreich: Entstehung und aktueller Stand eines Artenschutzprogramms.'' TESTUDO (SIGS), 17(4), 2008 ([http://www.sigs.ch/testudo%5CTESTUDO_2008_Vol_17_Heft_4_Seite_21.pdf PDF; 1,1&amp;nbsp;MB] auf sigs.ch).<br /> * Norbert Schneeweiß: ''Demographie und ökologische Situation der Arealrand-Populationen der Europäischen Sumpfschildkröte in Brandenburg.'' Landesumweltamt Brandenburg, 2003 ([http://www.mlur.brandenburg.de/cms/media.php/2320/lua_bd46.pdf PDF; 9,1&amp;nbsp;MB] auf mlur.brandenburg.de).<br /> * Norbert Schneeweiß &amp; Uwe Fritz: ''Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis).'' In: ''Rote Liste und Gesamtartenliste der Retilien (Reptilia) Deutschlands'', Naturschutz und Biologische Vielfalt 170(3), S. 22-23, Bonn-Bad Godesberg, 2020, ISBN 978-3-7843-3773-9.<br /> * Jens R. Poschadel: ''Untersuchungen zur Populationsstruktur und zum Sozialverhalten der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (Linnaeus, 1758).'' Dissertation, Universität Hamburg, 2003, ISBN 978-3-89825-649-0.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Emys orbicularis|Europäische Sumpfschildkröte}}<br /> * [http://www.dght.de/images/stories/reptil_2015/Leitfaden_2015.pdf Emys orbicularis – Reptil des Jahres 2015]<br /> * [http://www.herp.it/SpeciesPages/EmysOrbic.htm Fotos der Europäischen Sumpfschildkröte auf www.herp.it]<br /> * [http://www.glis.lt/life EU-Artenschutzprojekte, Deutschland, Polen, Litauen ]<br /> * [http://www.sielmann-stiftung.de/de/projekte/projekte_national/Sumpfschildkroete/index.php Artenschutzprojekt der Naturschutzstation Rhinluch in Linum/Brandenburg], abgerufen am 28. März 2012<br /> * [http://www.sigs.ch/emysschweiz.aspx Artenschutzprojekt Schweiz]<br /> * [http://www.emys-home.de/EmysLiteraturHerpetologFrame.htm Bibliographie zur Europäischen Sumpfschildkröte]<br /> * [http://www.karch.ch/files/content/sites/karch/files/Doc%20%C3%A0%20t%C3%A9l%C3%A9charger/merkbl%C3%A4tter%20DE/sumpfschildkroete.pdf Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch): Merkblatt Europäische Sumpfschildkröte]<br /> * {{ReptileDatabase|Emys|orbicularis}}<br /> * {{IUCN |Year= 2013.1 |ID= 7717 |ScientificName= Emys orbicularis |YearAssessed= 1996 |Assessor= Tortoise &amp; Freshwater Turtle Specialist Group |Download= 27. September 2013}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references/&gt;<br /> <br /> {{Navigationsleiste Reptil/Lurch des Jahres in Deutschland}}<br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4556267-2}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Europaische Sumpfschildkrote}}<br /> [[Kategorie:Neuwelt-Sumpfschildkröten]]<br /> [[Kategorie:FFH-Arten (Anhang II)]]<br /> [[Kategorie:FFH-Arten (Anhang IV)]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bob_Dylan&diff=223742151 Bob Dylan 2022-06-16T09:56:41Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>{{Dieser Artikel|behandelt den Musiker. Zu seinem Debütalbum siehe [[Bob Dylan (Album)]].}}<br /> [[Datei:Bob Dylan - Azkena Rock Festival 2010 2.jpg|mini|Bob Dylan (2010)]]<br /> '''Bob Dylan''', [{{IPA|bob ˈdɪlən}}], eigentlich '''Robert Allen Zimmerman''' (* [[24. Mai]] [[1941]] in [[Duluth (Minnesota)|Duluth]], [[Minnesota]]), ist ein [[Vereinigte Staaten|US-amerikanischer]] [[Singer-Songwriter]], [[Lyrik]]er und [[Schauspieler]], sowie [[Nobelpreisträger]]. Sein Spitzname war auch Bobi Schmobi Er gilt als einer der einflussreichsten [[Musiker]] des 20. Jahrhunderts.&lt;ref&gt;[[Barry Graves]], [[Siegfried Schmidt-Joos]], Bernward Halbscheffel: ''Rock-Lexikon''. Sonderausgabe der überarbeiteten und erweiterten Neuausgabe von 1998. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2003, ISBN 3-499-61588-6, S.&amp;nbsp;286ff.&lt;/ref&gt; 2016 erhielt er „für seine poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Songtradition“&lt;ref&gt;Pressemitteilung: {{Internetquelle |autor= |url=https://www.nobelprize.org/nobel_prizes/literature/laureates/2016/press_ty.pdf |titel=Der Nobelpreis in Literatur des Jahres 2016 wird Bob Dylan verliehen |werk=[[Schwedische Akademie]] |hrsg= |datum=2016-10-13 |format=PDF |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20161021224220/http://www.nobelprize.org/nobel_prizes/literature/laureates/2016/press_ty.pdf |archiv-datum=2016-10-21 |abruf=2021-06-27}}&lt;/ref&gt; als erster Musiker den [[Nobelpreis für Literatur]].<br /> <br /> Bob Dylan ist Sänger und spielt [[Gitarre]], [[Mundharmonika]], [[Elektronische Orgel|Orgel]] sowie [[Klavier]]. Nachdem er seine ersten Erfolge als [[Folk]]musiker erzielt hatte, wandte er sich Mitte der 1960er Jahre der [[Rockmusik]] zu, schöpfte aber im Laufe seiner Karriere auch aus anderen Musiktraditionen wie [[Country-Musik|Country]], [[Blues]], [[Gospel]] und dem [[Great American Songbook]]. Dylans Texte im Verbund mit der musikalischen Darbietung und Aufführungspraxis zeichnen sich durch vielschichtige Bezugsebenen aus, in denen ''High culture'' und ''Popular culture'' aufeinandertreffen.<br /> <br /> In sein Werk eingewoben sind [[Reverenz]]en auf zahlreiche Personen der amerikanischen und europäischen Musik- und Literaturgeschichte, darunter beispielsweise [[Hank Williams]], [[James Joyce]], [[Woody Guthrie]], [[Ovid]], [[Merle Haggard]], [[William Shakespeare]], [[Jerry Lee Lewis]], [[Arthur Rimbaud]], [[John Lennon]], [[Homer]], [[Billy Joe Shaver]], [[Francesco Petrarca|Petrarca]] oder [[Frank Sinatra]]. Sowohl das in der Kombination vielfältiger Traditionslinien sehr eigenständige, erfindungsreiche Werk Dylans als auch seine rätselbehaftete Persönlichkeit führten zu einer umfangreichen kulturellen und [[Geisteswissenschaft|geisteswissenschaftlichen]] Rezeption.<br /> <br /> == Leben ==<br /> === Kindheit und Jugend ===<br /> [[Datei:ZimmermanHouseHibbingMN.jpg|mini|Dylans Elternhaus in Hibbing (''7th Avenue East, No. 2425'')&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Kurt Chandler |url=https://www.chicagotribune.com/travel/ct-tracing-bob-dylan-roots-minnesota-travel-1204-20161121-story.html |titel=Poetry in motion: Tracing Bob Dylan's Minnesota roots |werk=[[Chicago Tribune]] |datum=2016-11-21 |abruf=2021-06-27 |abruf-verborgen=1}}&lt;/ref&gt;]]<br /> [[Datei:Hibbing High School 2014.jpg|mini|Das Hauptgebäude der ''Hibbing High School'']]<br /> Robert Allen Zimmerman, der später den Namen Bob Dylan annehmen sollte, ist der älteste Sohn eines [[Liberales Judentum|liberalen jüdischen]] Elternhauses aus dem [[Mittlerer Westen|Mittleren Westen]].&lt;ref&gt;Anthony Scaduto: Bob Dylan - Eine indiskrete Biografie. 2. Auflage, Obertshausen, S. 10&lt;/ref&gt; Geboren wurde er am 24.&amp;nbsp;Mai 1941 im St. Mary's Hospital&lt;ref&gt;Willi Winkler: Bob Dylan. Ein Leben. Rowohlt, Reinbek 2011, ISBN 978-3-499-62716-3. S. 14&lt;/ref&gt; in [[Duluth (Minnesota)|Duluth]], [[Minnesota]]. Seine Eltern Abraham „Abe“ Zimmerman (1911–1968) und Beatrice „Beatty“ Stone (1915–2000) waren die Nachfahren [[Türkische Juden|türkisch]]-,&lt;ref&gt;[[Christiane Schlötzer]]: [https://www.sueddeutsche.de/panorama/bob-dylans-der-verschollene-verwandte-aus-amerika-1.922485 ''Der verschollene Verwandte aus Amerika.''] In: ''[[Süddeutsche Zeitung]]'', 19.&amp;nbsp;Mai 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Deniz Göktürk, in: Sabine Hake, Barbara Mennel – [https://books.google.de/books?id=itVXmVfBz08C &quot;Turkish German Cinema in the New Millennium: Sites, Sounds, and Screens.&quot;] Berghahn Books, 2012, Seite 206. Originalwerk: Dylan, Bob. 2005. ''Chronicles.'' Vol. 1. New York: Simon &amp; Schuster. Zitat: &quot;''[My grandmother] … originally, … 'd come from Turkey, sailed from Trabzon, a port town … Her family was from Kagizman, town in Turkey near the Armenian border, and the family name had been Kirghiz. (Dylan 2005: 92–93).''&quot;&lt;/ref&gt; [[Geschichte der Juden in Litauen|litauisch]]-&lt;ref&gt;[[Robert von Lucius]]: Drei baltische Wege. Litauen, Lettland, Estland – zerrieben und auferstanden, 2., aktualisierte und überarbeitete Auflage. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2012, ISBN 978-3-89812-822-3.&lt;/ref&gt; und [[Geschichte der Juden in der Ukraine|ukrainisch-jüdischer]] [[Juden in den Vereinigten Staaten|Immigranten]], die 1902 bzw. 1905 aus [[Odessa]] in die [[Einwanderung in die Vereinigten Staaten|Vereinigten Staaten eingewandert]] waren.&lt;ref&gt;In seiner 2004 erschienenen Autobiografie ''Chronicles'' schrieb Dylan, dass seine Großeltern väterlicherseits [[Sepharde]]n aus [[Istanbul]] stammten; seine Großmutter kam aus der [[Türkei|türkischen]] Stadt [[Kars]], sein Großvater aus [[Trabzon]] an der [[Schwarzes Meer|Schwarzmeerküste]].&lt;/ref&gt; Nachdem Vater „Abe“ an [[Poliomyelitis|Kinderlähmung]] erkrankte, verlor er seine Stelle als leitender Angestellter der [[American Oil Company]] und die Familie geriet nach der Geburt des zweiten Sohnes David Benjamin (*&amp;nbsp;1946) in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Um der drohenden Verarmung zu entgehen, verließen die Zimmermans Duluth am [[Lake Superior]] und zogen 1947 zu den Großeltern mütterlicherseits nach [[Hibbing]]. Die Kleinstadt im Norden Minnesotas liegt auf der [[Mesabi Range|Mesabi Iron Range]], einer Gegend die durch den intensiven [[Tagebau]] der [[Hull-Rust-Mahoning Open Pit Iron Mine|Hull-Rust-Mahoning-Mine]] dominiert wird. Die karge Landschaft prägte den jungen Robert:<br /> <br /> {{Zitat<br /> |Text=Flüsse, Wälder, endlose Weiten, es ist eine raue Gegend, die mich wild und einsam werden ließ. Im Winter war es acht Monate lang vollkommen still. Ich habe halluzinogene Erfahrungen gemacht, wenn ich nur aus dem Fenster blickte.<br /> |Autor=Bob Dylan, Chronicles&lt;ref&gt;Bob Dylan: Chronicles, Volume One. Simon &amp; Schuster, New York 2004, ISBN 0-7434-7864-9.&lt;/ref&gt;}}<br /> <br /> In Hibbing stieg der Vater nach seiner Genesung in den Elektro- und Haushaltswarenladen seiner beiden Brüder ein. Wenn die Kunden ihre Schulden nicht zurückzahlen konnten, übertrug Abraham seinem ältesten Sohn gelegentlich die ungeliebte Aufgabe, die Ware wieder zurückzuholen.&lt;ref&gt;Anthony Scaduto: Bob Dylan - Eine indiskrete Biografie. 2. Auflage, Obertshausen, S. 11&lt;/ref&gt; Bald bezog die Familie ein Haus in einer ruhigen Wohngegend der [[Mittelschicht]] und „Bobby“ erlebte eine normale Kindheit in geordneten Verhältnissen.&lt;ref&gt;David B. Green (21. Mai 2015): ''This Day in Jewish History – 1954: Shabtai Zissel Is Bar Mitzvahed, and Turns Out to Be Bob Dylan.'' In: ''Haaretz.'' Abgerufen am 16. Mai 2020.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Anthony Scaduto: Bob Dylan - Eine indiskrete Biografie. 2. Auflage, Obertshausen, S. 11&lt;/ref&gt; Allerdings ließ das [[Kleinbürger|kleinbürgerliche]], [[Konservativismus|konservative]] Milieu der Bergarbeiterstadt einen introvertierten [[Freigeist]] wie ihn zum Einzelgänger werden. Er war bemüht, seine Gefühlswelt über andere Mittel auszudrücken und ließ als passionierter Radiohörer schon früh eine Vorliebe für Musik erkennen. Zuerst zogen ihn die [[Country-Musik|Country-]] und [[Rhythm and Blues|Rhythm-and-Blues]]-Sender aus dem [[Südstaaten|Süden]] an, dann als Teenager hauptsächlich der populäre [[Rock ’n’ Roll]]. Die Eltern förderten die Musikbegeisterung ihres Sohnes, der als Zehnjähriger unter Anleitung eines Cousins mit dem [[Klavier]]spiel begann, bevor er zur [[Gitarre]] wechselte und sich das Instrument selbst beibrachte. Seine ersten musikalischen Vorbilder waren sowohl [[Hank Williams]] als auch [[Muddy Waters]], [[Howlin’ Wolf]], [[Chuck Berry]] und [[Elvis Presley]], deren Standards er auf der Gitarre nachspielte. Besonderen Eindruck hinterließen die frühen Stücke von Elvis Presley, dessen Version von ''[[Blue Moon of Kentucky]]'' er sich beibrachte und noch bis 1999 auf Konzerten spielte. Neben der Musik galt sein Interesse der Literatur. Schon als Jugendlicher begeisterte er sich für die Werke des Autors [[John Steinbeck]] (v.&amp;nbsp;a. ''[[Früchte des Zorns]]'') und schrieb eigene [[Lyrik|Gedichte]].&lt;ref&gt;Robert Shelton: Bob Dylan: No Direction Home. S. 24&lt;/ref&gt;<br /> <br /> {{Zitat<br /> |Text=Ich wollte immer schon Gitarrist und Sänger sein. Seit ich zehn, elf oder zwölf war, war dies das einzige, was mich interessierte … ''Henrietta'' war die erste Rock-’n’-Roll-Platte, die ich hörte.<br /> |Autor=Bob Dylan&lt;ref&gt;Anthony Scaduto: Bob Dylan - Eine indiskrete Biografie. 2. Auflage, Obertshausen, S. 13&lt;/ref&gt;}}<br /> <br /> Als Schüler an der ''Hibbing High School'' traf Robert („Zimmy“) auf Gleichgesinnte und war Mitglied der [[Doo Wop|Gesangsgruppe]] ''The Jokers.'' 1956 gründete er mit zwei Schulfreunden ''The Golden Chords'', die in der elterlichen Garage die Stücke bekannter Musiker nachspielten. Angetrieben durch die Ablehnung der in Hibbing herrschenden Konformität imitierte Bobby seine musikalischen Vorbilder und begann mit seiner Formation bei Talentwettbewerben oder Schulfesten erste Live-Erfahrungen zu sammeln.&lt;ref&gt;Anthony Scaduto: Bob Dylan - Eine indiskrete Biografie. 2. Auflage, Obertshausen, S. 44&lt;/ref&gt; Mit ihren rohen und ungeschliffenen Rock ’n’ Roll-[[Coverversion]]en hatten die ''Golden Chords'' bei den Gleichaltrigen der Stadt durchaus Erfolg.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben. dtv Premium, München 2006. S. 10&lt;/ref&gt;<br /> Am 31.&amp;nbsp;Januar 1959 besuchte er in Duluth ein Konzert des charismatischen [[Buddy Holly]], der drei Tage später bei einem [[The Day the Music Died|Flugzeugabsturz das Leben]] verlor.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben. dtv Premium, München 2006. S. 11&lt;/ref&gt; Das Ereignis schilderte er als lebensverändernd, da sich sein Karriereplan, selbst ein Rock ’n’ Roll-Star zu werden, immer deutlicher darstellte.&lt;ref&gt;Anthony Scaduto: Bob Dylan - Eine indiskrete Biografie. 2. Auflage, Obertshausen, S. 14&lt;/ref&gt; Nach dem High-School-Abschluss schrieb Robert Zimmerman ins Jahrbuch, er würde die Schule verlassen, um „[[Little Richard]] zu folgen.“&lt;ref&gt;Luke Crampton: ''Rock und Pop. Die Chronik von 1950 bis heute.'' Dorling Kindersley, 2003. S. 106.&lt;/ref&gt; Tatsächlich wollte der ungeduldige 18-Jährige die provinzielle Enge seiner ländlichen Heimat verlassen und zeigte keine Neigung in das Familiengeschäft einzusteigen.&lt;ref&gt;Olaf Benziner: Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben. dtv Premium, München 2006. S. 12&lt;/ref&gt; Als er im Sommer 1959 einige Wochen einem Gelegenheitsjob als [[Kellner|Aushilfskellner]] in [[Fargo]] nachging, freundete er sich mit dem Rock ’n’ Roller [[Bobby Vee]] an. Dieser konnte bereits lokale Erfolge vorweisen und unter dem [[Pseudonym]] ''Elston Gunn'' absolvierte er zwei Auftritte als Pianist in dessen [[Begleitband (Musik)|Begleitband]] ''The Shadows.''&lt;ref&gt;Anthony Scaduto: Bob Dylan - Eine indiskrete Biografie. 2. Auflage, Obertshausen, S. 11&lt;/ref&gt; Da sich die Gruppe jedoch weder ein eigenes [[Klavier]] noch ein neues Bandmitglied leisten konnte, war das Engagement nur von kurzer Dauer.&lt;ref&gt;Willi Winkler: Bob Dylan. Ein Leben. Rowohlt, Reinbek 2011, S. 18&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Entdeckung des Folk und Wandlung zu „Bob Dylan“ ===<br /> [[Datei:Woody Guthrie.jpg|mini|Woody Guthrie, 1943]]<br /> Bobby Zimmerman verließ nach eigenen Angaben sein Elternhaus in der „Wildnis“ und schrieb sich im September 1959 für ein Studium der [[Kunstgeschichte|Kunstwissenschaften]] an der [[University of Minnesota]] ein. In [[Minneapolis]] bezog er vorübergehend ein Zimmer im [[Verbindungshaus]] der jüdischen [[Fraternities und Sororities|Studentenverbindung]] ''Sigma Alpha Mu.'' Als Student besuchte er allerdings kaum [[Lehrveranstaltung]]en,&lt;ref&gt;Olaf Benziner: Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben. dtv Premium, München 2006. S. 11&lt;/ref&gt; sondern verbrachte seine Zeit lieber in den Plattenläden oder [[Bar (Lokal)|Bars]] des [[Bohème]]-Viertels [[Dinkytown]]. In seiner neuen Umgebung stieg er über die Sängerin [[Odetta]] immer intensiver in die aufstrebende [[Folk]]szene ein.&lt;ref name=&quot;NYT&quot;&gt;[https://www.nytimes.com/2008/12/03/arts/music/03odetta.html?_r=1&amp;pagewanted=all ''Odetta, Voice of Civil Rights Movement, Dies at 77''], [[New York Times]], 3. Dezember 2008&lt;/ref&gt; Zimmerman verlor das Interesse an Rock ’n’ Roll und beschäftigte sich eingehend mit dem Sänger und Bürgerrechtler [[Woody Guthrie]]. Guthrie war ein [[Okie]], der im Stil des Talking Blues ([[Sprechgesang]]) einprägsame Balladen über Armut und Dürre des [[Dust Bowl]] verfasst hatte und während der [[Great Depression]] zu einem Idol der [[Gewerkschaft]]sbewegung aufgestiegen war. Angetrieben durch seine Begeisterung für Guthries Authentizität und dessen Technik, einen Folkstandard mit eigenen Texten und veränderter [[Phrasierung]] zu modifizieren, eignete er sich diese Kunstform selbst an und imitierte sein Vorbild bis in kleinste Detail.&lt;ref&gt;Anthony Scaduto: Bob Dylan - Eine indiskrete Biografie. 2. Auflage, Obertshausen, S. 79&lt;/ref&gt; Er kombinierte [[Akustische Gitarre#Folk- und Westerngitarre|Akustikgitarre]] und [[Mundharmonika]] mit seinem nasalen Gesang und versuchte sich selbst als Folksänger zu etablieren, indem er keine Gelegenheit ausließ, um in den Clubs der Stadt aufzutreten. Bei [[Open Mic|Open-Mic]]-Abenden im Künstlerlokal ''The Ten O’Clock Scholar'' hinterließ er mit seinen Guthrie-Imitationen jedoch keinen bleibenden Eindruck.&lt;ref&gt;Willi Winkler: Bob Dylan. Ein Leben. Rowohlt, Reinbek 2011, S. 18&lt;/ref&gt; Im Wesentlichen bestand sein Repertoire aus Guthrie-Liedern und Standards, das er jedoch stetig um Songs von [[Pete Seeger]], [[Cisco Houston]], Odetta und [[Leadbelly]] erweiterte. In dieser Phase legte er sich schließlich das Pseudonym ''Bob Dylan'' zu, dessen Entstehung er selbst immer wieder unterschiedlich begründet. Am verlässlichsten dürfte wohl Robert Sheltons Rekonstruktion in seiner Biografie ''No Direction Home'' sein, nach der sich der junge Robert Zimmerman an der Figur des ''Matt Dillon'' aus der Fernsehserie ''[[Rauchende Colts]]'' orientiert, die Schreibweise aber extravagant variiert. Eine bekanntere und wahrscheinlichere Möglichkeit ist, dass sich der Name an den [[Waliser|walisischen]] Dichter [[Dylan Thomas]] anlehnt, den er bewunderte und von dem er einige Bücher besaß. Er hat auch schon behauptet, der Name sei ihm einfach so eingefallen.&lt;ref&gt;so in Martin Scorseses Dokumentarfilm ''[[No Direction Home – Bob Dylan]]''&lt;/ref&gt; Am 2. August 1962 änderte Robert Zimmerman seinen Namen offiziell in Bob Dylan.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben. dtv Premium, München 2006. S. 11&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die Beschreibung des Lebens als [[Hobo|Wanderarbeiter]] in Guthries Biografie ''Bound for Glory'' und der Roman ''[[Unterwegs|On the Road]]'' von [[Jack Kerouac]] wurden zum Vorbild der künstlerischen Identität des jungen Bob Dylan.&lt;ref&gt;Anthony Scaduto: Bob Dylan - Eine indiskrete Biografie. 2. Auflage, Obertshausen, S. 83&lt;/ref&gt; Ihn drängte es zunehmend aus dem Mittleren Westen heraus und er begann eine Legende um seine Person zu stricken und seine wahre Herkunft zu mystifizieren.&lt;ref&gt;Willi Winkler: Bob Dylan. Ein Leben. Rowohlt, Reinbek 2011, S. 19&lt;/ref&gt; Um die örtliche Folkszene kennenzulernen, verbrachte er den Sommer 1960 in [[Denver]] und [[Central City (Colorado)|Central City]] und übernahm [[Jesse Fuller]]s Technik, die Mundharmonika mit einem Nackengestell zu spielen.&lt;ref&gt;Robert Shelton: Bob Dylan - No Direction Home. Sein Leben, seine Musik 1941-1978. Edel Books. S. 64&lt;/ref&gt; Den mehrwöchigen Aufenthalt schmückte Dylan in seinen Erzählungen aus, indem er behauptete, auf [[Güterwagen]] durch große Teile des Landes [[Tramp|getrampt]] zu sein. Dabei habe er auf einem [[Indianer]]festival in [[Gallup (New Mexico)|Gallup]], [[New Mexico]], getanzt und außerdem das Grab des verstorbenen [[Country Blues|Country-Bluesmusikers]] [[Blind Lemon Jefferson]] in [[Texas]] besucht. Als Dylan erfuhr, dass Guthrie wegen eines schweren Nervenleidens in [[New Jersey]] im Krankenhaus lag, beschloss er sein Idol am Krankenbett zu besuchen.&lt;ref&gt;Luke Crampton: Rock und Pop. Die Chronik von 1950 bis heute. Dorling Kindersley. 2003. S. 47&lt;/ref&gt; Nach dem Ende seines ersten Studienjahres teilte Dylan seinen Eltern im Dezember 1960 mit, er wolle die Universität verlassen und eine Karriere als Musiker einschlagen. Diese reagierten zunächst verärgert, gaben ihrem Sohn schließlich ein Jahr Zeit. Sollte sich bis dahin kein Erfolg einstellen, müsse er sein Studium fortsetzen.<br /> <br /> === 1961: Erste Erfolge als Folksänger ===<br /> Über den Umweg [[Madison (Wisconsin)|Madison]] und [[Chicago]] gelangte der 19-jährige Bob Dylan am 24.&amp;nbsp;Januar 1961 nach [[New York City]] und bezog ein Zimmer in [[Greenwich Village]].&lt;ref name=&quot;Gray&quot;&gt;Michael Gray: ''Izzy Young'', in: ''The Bob Dylan Encyclopedia'', 2006&lt;/ref&gt; Der Stadtteil in [[Manhattan]] galt als das führende Künstlerviertel des Landes und niedrige Mieten hatten das Village zum Anlaufpunkt für Amerikas Künstler und Rebellen werden lassen, zu denen sich in den 1950er Jahren die Vertreter der [[Beat Generation]] gesellten. Diese [[Beatnik]]s wurden in ihren Werken zunehmend [[Politische Linke|linkspolitisch]] und sorgten für einen steten Zustrom von Besuchern aus allen [[Bundesstaat der Vereinigten Staaten|US-Bundesstaaten]]. Ihre Auftritte in den sogenannten ''Coffeehouses'' waren so gut besucht, dass die Bürgersteige rund um den zentral gelegenen [[Washington Square Park]] an den Wochenenden überfüllt waren und für den Verkehr gesperrt werden mussten. Zu Beginn der 1960er Jahre ergänzte der Folk die Beatnik-Bewegung, und Musiker wie [[Fred Neil]], [[Phil Ochs]] und [[Tom Paxton]] hatten ihre ersten Auftritte im Village. Vor diesem Hintergrund verlor Dylan sein ursprüngliches Ziel nicht aus den Augen und besuchte „seinen letzten Helden“ Woody Guthrie im ''Greystone Park Psychiatric Hospital.'' Guthrie litt an der unheilbaren Nervenkrankheit [[Chorea Huntington]] und war bettlägerig. Da eine Unterhaltung mit ihm sehr mühselig gewesen wäre, spielte Dylan ihm stattdessen Guthrie-Songs vor. Bei unzähligen weiteren Besuchen in den folgenden Monaten entstand zwischen dem dahinsiechenden Folksänger und dem Jungmusiker eine Freundschaft, die sich vornehmlich über Musik vermittelte.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 13.&lt;/ref&gt; Seine Bewunderung und die Eindrücke der Besuche verarbeitete er später in ''Song to Woody'', einer seiner ersten Eigenkompositionen, und im Gedicht ''[[Last Thoughts on Woody Guthrie]]'', das er als einziges aus seiner Feder jemals vortrug.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://podcasts.apple.com/us/podcast/pod-dylan-122-last-thoughts-on-woody-guthrie/id1095013228?i=1000474054044 |titel=Pod Dylan: Pod Dylan #122 - Last Thoughts on Woody Guthrie on Apple Podcasts, 1:26 |sprache=en-US |abruf=2020-06-11}}&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;Wilmeth&quot;&gt;{{Internetquelle |autor=Tom Wilmeth |url=http://wilmethway.blogspot.com/2011/01/essay-futher-thoughts-on-bob-dylans.html |titel=''Further Thoughts on Bob Dylan’s „Last Thoughts“'' |werk=The Wilmeth Way |datum=2011-01-24 |abruf=2020-04-13}}&lt;/ref&gt; Er las es live während seines ersten großen Konzerts in der New Yorker [[Town Hall (New York City)|Town Hall]] am 12.&amp;nbsp;April 1963.&lt;ref name=&quot;Bjorner&quot;&gt;{{Internetquelle |url=http://www.bjorner.com/DSN00340%201963.htm#DSN00410 |titel=Still On The Road 1963 |abruf=2020-04-10}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;„Das Rascheln des Papiers ist in der Aufnahme zu hören.“June Skinner Sawyers: ''Bob Dylan: New York.'' Roaring Forties Press, S. 52.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Luke Crampton: Rock und Pop. Die Chronik von 1950 bis heute. Dorling Kindersley. 2003. S. 106&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Allmählich fasste Dylan in der New Yorker Folkszene Fuß und lernte die Musiker [[Dave Van Ronk]], [[Ramblin’ Jack Elliott]] oder die [[The Clancy Brothers|Clancy Brothers]] kennen, die wie die Sängerin [[Odetta]], großen Einfluss auf ihn ausübten. Als Stammgast in Clubs wie dem ''[[The Gaslight Cafe|Gaslight Cafe]]'', der ''[[White Horse Tavern (Manhattan)|White Horse Tavern]]'', dem ''[[The Bitter End|Bitter End]]'', ''Gerde's Folk City'' oder dem ''Cafe Wha?'' saugte er nur über das Zuhören verschiedene Stilrichtungen auf. Tagsüber verbrachte er seine Zeit in [[Izzy Young]]s Buch- und Schallplattengeschäft ''Folklore Center''&lt;ref&gt;Michael Gray: Izzy Young, in: The Bob Dylan Encyclopedia, 2006&lt;/ref&gt; oder vertiefte sich in der [[New York Public Library]] in Zeitungsartikel aus der Zeit des [[Sezessionskrieg]]es.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 16.&lt;/ref&gt; Seine wahre Herkunft verschleierte Dylan und ließ sein Umfeld glauben, er sei als Waisenjunge auf [[Jahrmarkt|Jahrmärkten]] in New Mexico aufgewachsen und kultivierte das Image als [[Proletariat|proletarischer]] [[Hobo|Herumtreiber]].&lt;ref&gt;Luke Crampton: Rock und Pop. Die Chronik von 1950 bis heute. Dorling Kindersley. 2003. S. 52&lt;/ref&gt; Sein erstes professionelles Engagement hatte Dylan ab dem 11.&amp;nbsp;April 1961 in ''Gerde’s Folk City,'' als er für zwei Wochen im [[Vorgruppe|Vorprogramm]] des Bluesmusikers [[John Lee Hooker]] spielte.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://historio.de/jahrestage/ereignis/128-bob-dylan-erste-schritte-in-new-york |text=''Bob Dylan: Erste Schritte in New York.'' |archive-is=20120710014341}}. In: ''Historio'', April 2011.&lt;/ref&gt; Trotz seines eigenwilligen Stils und seiner schnarrenden Stimme hatte Dylan weitere Erfolge in kleinen Clubs und machte als [[Mundharmonika]]spieler erste [[Schallplatte]]naufnahmen für [[Harry Belafonte]] und [[Victoria Spivey]]. Am 29.&amp;nbsp;September 1961 veröffentlichte der Musikkritiker Robert Shelton in der ''[[The New York Times|New York Times]]'' einen wohlwollenden Artikel, in dem er dem stubbeligen Youngster eine künstlerisch bedeutsame Zukunft vorhersagte.&lt;ref&gt;Robert Shelton: {{Webarchiv |url=http://www.new-pony.com/pressphotos/spring04/NYTimesDylan.pdf |text=''Bob Dylan: A Distinctive Folk-Song Stylist.'' |wayback=20110816102221}}. In: ''[[The New York Times]]'', 29.&amp;nbsp;September 1961, (PDF; 107&amp;nbsp;kB), [http://query.nytimes.com/gst/abstract.html?res=9E02E3D6123BE13ABC4151DFBF66838A679EDE&amp;legacy=true Artikelanfang.]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> {{Zitat<br /> |Text=Mit seinem engelhaften Gesicht und dem dichten, widerborstigen Haarschopf, den er zum Teil mit einer schwarzen [[Huckleberry Finn|Huckleberry-Finn]]-Cordmütze bedeckt, sieht Dylan wie eine Kreuzung aus Chorknabe und Beatnik aus. An seiner Kleidung könnte er noch arbeiten, aber wenn er mit seiner Gitarre oder Mundharmonika oder am Klavier hantiert und neue Songs schneller komponiert, als er sie sich überhaupt merken kann, gibt es keinen Zweifel daran, dass er vor Talent aus allen Nähten platzt. Wenn es um seine Herkunft und seinen Geburtsort geht, ist Mr. Dylan nicht sehr gesprächig, doch hier zählt weniger, wo er herkommt, sondern viel mehr, wo er hingeht. Und sein Weg scheint direkt nach oben zu zeigen.<br /> |Autor=Robert Shelton, New York Times, 29. September 1961&lt;ref&gt;Willi Winkler: Bob Dylan. Ein Leben. Rowohlt, Reinbek 2011, S. 26&lt;/ref&gt;}}<br /> <br /> Zu einer Zeit als die Musiker aus Greenwich Village höchstens ein Angebot des kleinen Labels [[Folkways Records]] erhielten, wurde der legendäre [[Jazz]]-[[Musikproduzent|Produzent]] [[John Hammond]] auf die Szene-Bekanntheit aufmerksam. Sehr zur Verwunderung zahlreicher Kollegen nahm er Dylan am 25.&amp;nbsp;Oktober 1961 für das [[Musiklabel|Major-Label]] [[Columbia Records]] unter [[Plattenvertrag|Vertrag]].&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben. dtv Premium, München 2006. S. 30&lt;/ref&gt; Nach den Konditionen des Fünf-Jahres-Vertrages standen dem Musiker ein kleiner Vorschuss und lediglich fünf Prozent der Einnahmen aus den Plattenverkäufen zu. Dies kümmerte Dylan aber nicht, da er froh war, überhaupt einen Plattenvertrag erhalten zu haben. In zwei Aufnahmesessions (20./22. November 1961) spielte Dylan sein erstes Album ''[[Bob Dylan (Album)|Bob Dylan]]'' ein, das neben zwei Eigenkompositionen, überwiegend aus [[Traditional]]s bestand. Obwohl sein Debütalbum weder kommerziell noch künstlerisch wirklich befriedigend war, trug es doch enorm zu Dylans Bekanntheit bei.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 37.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 4.&amp;nbsp;November 1961 organisierte Izzy Young das erste öffentliche Konzert Dylans in einem Nebensaal der [[Carnegie Hall]], das nur 52 zahlende Zuschauer besuchten.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://www.carnegiehall.org/BlogPost.aspx?id=4294982161 |text=''Bob Dylan's Carnegie Hall Debut: A Half Century Later'' |wayback=20140907101543}}, Plakat bei Carnegie Hall, 4. November 2011&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === 1962–1964: Idol der Protestbewegung ===<br /> [[Datei:Bob Dylan in November 1963.jpg|mini|Dylan bei einem Auftritt im November 1963]]<br /> [[Datei:Bob Dylan in November 1963-4.jpg|mini|Bühnenauftritt]]<br /> [[Datei:Joan Baez Bob Dylan.jpg|mini|Joan Baez und Bob Dylan auf dem [[Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit|Civil Rights March nach Washington D.C.]] am 28. August 1963]]<br /> Dylans wohl wichtigste Bezugsperson in den frühen New Yorker Jahren war seine Freundin [[Suze Rotolo]], die er in Greenwich Village kennengelernt hatte. Rotolo war seine künstlerische Inspiration, vor allem aber weckte sie Dylans Sensibilität für gesellschaftskritische Themen.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 32.&lt;/ref&gt; Als Sekretärin der Bürgerrechtsorganisation [[Congress of Racial Equality|CORE]] machte sie ihn mit vielen Persönlichkeiten der Bürgerrechtsbewegung bekannt und verstärkte Dylans Interesse an den Werken der französischen [[Symbolismus (Literatur)|Symbolisten]] [[Arthur Rimbaud]], [[Paul Verlaine]] und [[Charles Baudelaire]]. Die wechselvolle Beziehung inspirierte ihn zu den sogenannten Love/Hate-Songs wie ''Don’t Think Twice, It’s All Right'', ''Boots of Spanish Leather'' und ''Ballad in Plain&amp;nbsp;D'', mit denen er die damals übliche Form des romantisch verklärten Lovesongs um eine bittere Variante erweiterte. Ein zweiter wichtiger Orientierungspunkt in Dylans damaliger Phase wurde [[Albert Grossman]], der ihn ab Mai 1962 offiziell als Manager betreute.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 41.&lt;/ref&gt; Grossmann war ein einflussreicher [[Impresario]], der im Hintergrund die Fäden zog, um Ruhm und Ruf seines neuen Schützlings zu mehren.<br /> <br /> Trotz des schleppenden Absatzes seines ersten Albums entwickelte sich Dylan zu einem ernstzunehmenden Künstler, der an der Seite von Pete Seeger für zahlreiche Auftritte außerhalb New Yorks engagiert wurde. Durch die Verbindung von politischem Realismus und Poesie schuf er die Form des [[Singer-Songwriter]]s. Selbst in [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] sprach man von dem zerzausten Musiker mit der kratzbürstigen Stimme und als Dylan im Dezember 1962 erstmals nach [[London]] flog, wurde er dort von Medien wie Publikum gleichermaßen als neuer Hoffnungsträger des Folk begrüßt.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 37.&lt;/ref&gt; Für sein erstes großes Solokonzert in der [[Town Hall (New York City)|Town Hall]] am 12.&amp;nbsp;April 1963 erntete Dylan ausschließlich positive Kritiken („Dylan ist aus dem Stoff, aus dem Legenden sind“).&lt;ref&gt;Luke Crampton: Rock und Pop. Die Chronik von 1950 bis heute. Dorling Kindersley. 2003. S. 147&lt;/ref&gt; Sein Mentor John Hammond verlor Dylans Karriere nicht aus den Augen und ermutigte ihn zu weiteren Studioaufnahmen für sein zweites Album ''[[The Freewheelin’ Bob Dylan]]'', das am 27.&amp;nbsp;Mai 1963 veröffentlicht wurde und den entscheidenden Durchbruch in seiner Karriere markierte. Es enthielt neben einfachen, aber umso eindringlicheren Liebesliedern vor allem sozialkritische Songs, die sich auf aktuelle politische Ereignisse bezogen.&lt;ref&gt;Hans-Peter Rodenberg: ''Subversive Phantasie. Untersuchungen zur Lyrik der amerikanischen Gegenkultur 1960-1975.'' Gießen, Focus Verlag 1983, IBN 3-88349-253.1, S. 121.&lt;/ref&gt; Das Album war kommerziell erfolgreich und fand vor allem in Großstädten und im studentischen Umfeld große Aufmerksamkeit. Auch renommierte Blätter wie ''[[The New Yorker]]'' oder das ''[[Time|Time-Magazine]]'' feierten seinen Durchbruch als Songschreiber.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 51.&lt;/ref&gt; Die Arm in Arm mit Dylan auf dem Cover der LP abgebildete Frau ist seine damalige Freundin Suze Rotolo. Insbesondere das Lied ''[[Blowin’ in the Wind]]'' begründete Dylans Ruf als Songschreiber und politischer Folksänger. Dylan traf den Nerv der Zeit und das Lied wurde – wenn auch zunächst in der Interpretation von [[Peter, Paul and Mary]] – zur [[Pazifismus|pazifistischen]] Hymne einer ganzen Generation. In dem wütend-eindringlichen ''Masters of War'' verfluchte Dylan den [[Militärisch-industrieller Komplex|militärisch-industriellen Komplex]]. Das unter dem Eindruck der [[Kubakrise]] verfasste [[Apokalypse|apokalyptische]] ''A Hard Rain’s A-Gonna Fall'' deutete bereits auf sein außergewöhnliches literarisches Talent hin und begründete seinen Ruf, ein Genie zu sein.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 51.&lt;/ref&gt; Dylans begeisternder Auftritt beim [[Newport Folk Festival]] am 26.&amp;nbsp;Juli 1963 galt als Höhepunkt der Veranstaltung und festigte seine Stellung als führender Folksänger. Hier spielte er auch einige Songs mit [[Joan Baez]] und die ganze Szene sprach offen vom „King und der Queen der Folkmusik.“&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 51.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Seine Freundin Suze Rotolo gewann in der Zeit der ersten Erfolge einen kritischeren Blick auf Dylan:<br /> <br /> {{Zitat<br /> |Text=Der Erfolg [verwandelt] meinen Freund mehr und mehr in einen Egozentriker. […] Die Persönlichkeit verändert sich, sobald sie allen ein Begriff wird. Sie entwickeln eine unkontrollierbare Egomanie. […] Dies kann auch bescheidensten und demütigen Personen passieren […], es macht Klick und plötzlich kann diese Person nichts mehr wahrnehmen außer sich selbst. […] Jeden Tag wird es schlimmer.<br /> |Autor=Suze Rotolo}}<br /> <br /> Nach Newport ging Dylan als Gastsänger von Joan Baez – die bereits zu jener Zeit so bekannt war, dass sie leicht größere Hallen füllen konnte – ab dem 3.&amp;nbsp;August 1963 auf seine erste große Tournee durch die Vereinigten Staaten. Dylan sang auf diesen Konzerten, wo Baez ihn voller Begeisterung dem Publikum vorstellte, einige Duette und ging später auch eine Liebesbeziehung mit ihr ein. Doch erst nach der endgültigen Trennung von Suze Rotolo im März 1964 traten die beiden in der Öffentlichkeit als Paar auf. Für Dylan bedeutete diese Tour und die Verbindung mit Baez eine enorme Steigerung seiner Bekanntheit. Auch finanziell lohnte sich die Tour – Manager Grossman hatte für ihn eine größere Beteiligung an den Einnahmen als für Baez ausgehandelt, obwohl sie der Star der Tour war. Nicht zuletzt unter Baez' Einfluss ließ sich Dylan von der politischen Stimmung dieser Tage mitreißen und trat am 28.&amp;nbsp;August 1963 bei der Abschlusskundgebung des [[Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit|Civil Rights March nach Washington]] auf, bei der [[Martin Luther King]] seine berühmte Rede ''[[I Have a Dream]]'' hielt. Die unter der Leitung von [[Tom Wilson (Musikproduzent)|Tom Wilson]] in zwei Blöcken aufgenommene LP ''[[The Times They Are a-Changin’]]'' knüpfte inhaltlich an den Vorgänger an und lieferte kraftvolle Beiträge zum Thema [[Rassismus in den Vereinigten Staaten|Rassendiskriminierung]] und mit ''[[With God on Our Side]]'' eine Paradenummer der Antikriegsbewegung. Unter dem Eindruck der sozialen Unruhen und dem [[Attentat auf John F. Kennedy]] radikalisierte sich das kritische Potenzial der amerikanischen Gesellschaft. Gerade für diese Kritiker lieferte Dylan engagierte [[Protestlied]]er und mit dem Titelsong schrieb er eine obligatorische Schlachthymne.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 62.&lt;/ref&gt; Dylan untermauerte seinen Ruf als „Sprachrohr und Stimme einer ganzen Generation.“ Das Folkmagazin ''[[Sing Out!]]'' erhob ihn schließlich zum Propheten und setzte den erst 23 Jahre alten Dylan auf den Thron der Bürgerrechtsbewegung.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 65.&lt;/ref&gt; Dylan selbst lehnte die ihm zugedachte Rolle des Idols ab und seine rasch wachsende Distanz zur Protestszene zeigte sich erstmals bei der Verleihung des [[Thomas Paine|Thomas Paine-Awards]] durch das [[National Emergency Civil Liberties Committee]]&lt;ref&gt;{{cite journal| title = My Friend Bob| journal = [[The Times Literary Supplement]]| url = https://www.the-tls.co.uk/articles/public/my-friend-bob/| date = 2018-06-29| accessdate = 2022-03-02 |first=Daniel |last=Karlin}}&lt;/ref&gt;:<br /> <br /> {{Zitat<br /> |Text=Sie reden von schwarz und weiß, sie reden von Hautfarben, von rot von blau und gelb, aber ich sehe das alles nicht. Sie reden von rechts und links, aber auch das kann ich nicht sehen. Ich sehe nur oben und unten, und unten ist da, wo der Fußboden ist. Ich pfeife auf Politik, mich interessiert der Mensch.<br /> |Autor=Bob Dylan, 13.&amp;nbsp;Dezember 1963}}<br /> <br /> Die Begeisterung vom Sound der [[Beatles]] und die endgültige Trennung von Rotolo beflügelten Dylans kreativen Prozess, alte Songschemata abzulösen und neue Wege des Liederschreibens zu entdecken.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 68.&lt;/ref&gt; In einer einzigen Aufnahmesession spielte er am 9.&amp;nbsp;Juni 1964 alle Songs für seine neue LP ''[[Another Side of Bob Dylan]]'' ein. Deren inhaltlicher Schwerpunkt lag auf dem Thema Beziehung und ließ klare Botschaften vermissen. Mit der LP schloss Dylan die künstlerische Lebensphase ab, die ihn an die Spitze der politisch engagierten Folkbewegung geführt hatte. Die Hinwendung zu [[Poesie|poetischen]] Liedformen symbolisierte den kreativen Umbruch des Künstlers.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 73.&lt;/ref&gt; Bei Teilen der Folkszene sorgte das Album für Befremden. So veröffentlichte [[Irwin Silber]] in ''Sing Out!'' einen offenen Brief an Dylan, in dem er seiner Sorge Ausdruck verlieh, der Sänger drohe durch die Begleitumstände von Ruhm und Erfolg den Kontakt zur Basis zu verlieren, was auch in seinen neuen Liedern zum Ausdruck komme.&lt;ref&gt;[http://www.edlis.org/twice/threads/open_letter_to_bob_dylan.html Irwin Silber: ''An Open Letter to Bob Dylan.'' Sing Out!, November 1964], online abgerufen am 16. Januar 2009.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === 1965–1966: Bob Dylan als Rockmusiker ===<br /> [[Datei:Bob-Dylan-arrived-at-Arlanda-surrounded-by-twenty-bodyguards-and-assistants-391770740297 (cropped).jpg|mini|Dylan im Jahr 1966]]<br /> Ab Mitte der 1960er Jahre ließ Dylan seine bis dahin fast ausschließlich solo und auf der akustischen Gitarre gespielte Musik elektrisch verstärken und hatte jetzt auch eine Begleitband. Ein Meilenstein dieses Wechsels war 1965 sein Auftritt beim [[Newport Folk Festival]] mit Musikern der [[Paul Butterfield Blues Band]],&lt;ref&gt;Zwei der drei damals gespielten „elektrifizierten“ Songs sind zu hören und zu sehen in Murray Lerners Film ''The Other Side Of The Mirror – Bob Dylan Live At The Newport Folk Festival 1963–1965''.&lt;/ref&gt; der bei den puristischen Freunden der Folkmusik heftige Kritik auslöste. Ein Teil des Publikums reagierte mit Buhrufen auf die „elektrische“ Version von ''Maggie’s Farm''. Auch hinter der Bühne spielten sich dramatische Szenen zwischen den Vertretern der klassischen Folktradition und der „elektrifizierten“ Musik ab. Nach drei Stücken ging Dylan mit der Band von der Bühne ab, wurde aber von Moderator [[Peter Yarrow]] zurückgebeten; er spielte dann noch zwei Stücke in gewohnter Manier solo mit [[Akustikgitarre]] und [[Mundharmonika]]. Diese Ereignisse werden in der 2005 erschienenen Dokumentation ''No Direction Home – Bob Dylan'' von [[Martin Scorsese]] aufgearbeitet, in der unter anderem seine Jugendliebe Suze Rotolo zu Wort kommt, die sich über ihre Beziehung zu Dylan lange nicht öffentlich äußerte.<br /> <br /> Auch auf der anschließenden Europatournee, bei der er sich von den Musikern begleiten ließ, die später unter dem Namen [[The Band]] bekannt wurden, stieß seine elektrisch verstärkte Musik teils auf heftige Ablehnung, vor allem in England. 1966 wurde er bei einem Konzert für seinen vermeintlichen „Verrat“ an der Folkmusik gar als „Judas“ beschimpft (zu hören auf ''[[The Bootleg Series Vol. 4 Bob Dylan Live 1966 The “Royal Albert Hall” Concert|The Bootleg Series Vol.&amp;nbsp;4: Live 1966 (1998)]]''). Während dieser Tournee wurde es beinahe zu einem Ritual, dass das Publikum Dylan und seine Band ausbuhte. Dylan selbst forderte bei dem besagten Konzert seine Band dazu auf, besonders laut zu spielen.<br /> <br /> Dylan wurde zum Rockstar, der Millionen von Schallplatten verkaufte und von Teilen der sich zunehmend politisierenden [[Gegenkultur]] als Sprachrohr betrachtet wurde. Er litt nun jedoch zunehmend unter dem Erfolgsdruck. Viele seiner alten Fans nahmen ihm seine Hinwendung zur Rockmusik übel und reagierten geradezu feindselig. Andere versuchten, ihn für sich zu vereinnahmen. Die Presse begann einerseits, ihn auf die Rolle des Idols einer Generation festzulegen, andererseits des Verrats an den Idealen der Folkbewegung zu bezichtigen. Wenn Journalisten ihn auf Pressekonferenzen durch [[Suggestion|suggestive]] Fragen in die Enge zu treiben versuchten, gab Dylan meist schlagfertig und leicht arrogant wirkende, absurde Antworten und ließ sie ins Leere laufen. Gleichwohl war ihm die Anspannung aufgrund der Belastung durch das Tourneeleben und die Reaktion von Presse und Publikum deutlich anzumerken. Kurioserweise werden viele der spontanen Aussagen Dylans aus jener Zeit (etwa seine ironisch gemeinte Selbsteinschätzung als „Song and Dance Man“) bis heute angeführt.<br /> <br /> Seinen Wandel vom Folksänger zum Rockmusiker vollzog er auf drei Alben, die er in kurzer Abfolge Mitte der 1960er Jahre veröffentlichte und die heute als Klassiker der Rockmusik gelten. Auf der zweiten Seite der LP ''[[Bringing It All Back Home]]'' befinden sich ausschließlich akustisch eingespielte Songs, die A-Seite der LP bestritt Dylan aber bereits mit einer Band. Die zwei folgenden Alben ''[[Highway 61 Revisited]]'' und die Doppel-LP ''[[Blonde on Blonde]]'' enthalten fast nur elektrisch verstärkte Rocksongs. ''[[Like a Rolling Stone]]'' von ''Highway 61 Revisited'' schaffte es 1965 auf Platz&amp;nbsp;2 der Billboard-Single-Charts. Das Lied wurde später von der Zeitschrift ''[[Rolling Stone]]'' zum „[[Die 500 besten Songs aller Zeiten|Greatest Song of All Time]]“ gekürt, und [[Greil Marcus]] schrieb 2005 ein Buch über dessen Entstehung.<br /> <br /> Vor allem sprachlich erreichten seine Lieder auf diesen Platten eine bis dahin in der populären Musik unerreichte Komplexität. Seine Texte waren gespickt mit [[Metapher]]n und literarischen Verweisen, außerdem tauchten Anspielungen auf Drogenerfahrungen auf. Dylan war selbst drogenabhängig, er hat in den frühen 1960er Jahren Heroin konsumiert.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.spiegel.de/panorama/leute/dylans-heroinbeichte-ich-war-sehr-sehr-abhaengig-a-764285.html |titel=&quot;Ich war sehr, sehr abhängig&quot; |werk=[[Spiegel Online]] |datum=2011-05-23 |abruf=2019-05-12}}&lt;/ref&gt; Typisch für diese Periode waren auch ausufernde, surrealistisch anmutende Wortspielereien, die Dylan in der Art des [[Bewusstseinsstrom|Stream of Consciousness]] verfasste. Solches dominiert auch das 1965 geschriebene und erst 1971 erschienene Buch ''Tarantula'' sowie die längeren Texte und Prosagedichte, die er gelegentlich auf den Rückseiten seiner LP-Cover veröffentlichte. Die berühmtesten davon sind die ''Eleven Outlined Epitaphs'' von 1964, die in den 1980er Jahren in deutscher Übersetzung von [[Carl Weissner]] auch in Buchform erschienen. Dylan wurde damals stark von den Dichtern der [[Beat Generation]] wie [[Jack Kerouac]] beeinflusst, mit [[Allen Ginsberg]] verband ihn ein freundschaftliches Verhältnis.<br /> <br /> Ende 1965 heiratete er das Fotomodell [[Sara Dylan|Sara Lowndes]]. Die Hochzeit wurde vor der Öffentlichkeit geheimgehalten. Lowndes brachte eine Tochter aus erster Ehe in die Verbindung mit. So wurde Dylan im Alter von 24 Jahren plötzlich Familienvater. Nun schirmte er sein Privatleben erst recht strikt vor der Öffentlichkeit ab. Einer der bekanntesten der zahlreichen Songs, die er von seiner Beziehung zu Sara inspiriert schrieb, ist ''Sad-Eyed Lady of the Lowlands'', der auf der Doppel-LP ''Blonde on Blonde'' eine der vier Plattenseiten einnimmt. Dies bekannte er nach der Trennung von seiner Frau 1975 quasi öffentlich mit dem Song ''Sara'' auf dem Album ''[[Desire (Bob-Dylan-Album)|Desire]]''. Dylan war und ist auch ansonsten äußerst zurückhaltend mit Angaben zu möglichen Adressaten seiner Lieder und Interpretationen der Inhalte seiner Texte.<br /> <br /> === Motorradunfall 1966 ===<br /> Am 29.&amp;nbsp;Juli 1966 stürzte Dylan mit seiner [[Triumph Motorcycles|Triumph Tiger]] auf einer Landstraße in der Nähe seines Wohnortes [[Woodstock (New York)|Woodstock]] und zog sich schwere, wenn auch nicht unmittelbar lebensbedrohliche Verletzungen zu. Neben mehreren leichten Kopfverletzungen waren mehrere [[Halswirbel]] [[Knochenbruch|gebrochen]]. In der Presse überschlugen sich die Gerüchte: Bob Dylan sei verunglückt und habe ein Ende wie [[James Dean]] gefunden. Der schillernde Rockstar habe einen schweren Motorradunfall erlitten, er sei tot, sein Gehirn zermahlen; andere berichteten, er vegetiere nur noch vor sich hin, sei wegen seiner Drogensucht ein psychiatrisch unheilbarer Fall oder so stark entstellt, dass er sich nie mehr in der Öffentlichkeit zeigen könne. Wieder andere Stimmen glaubten zu wissen, dass Dylan einem Anschlagskomplott der [[Central Intelligence Agency|CIA]] zum Opfer gefallen sei.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan – Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006, S.&amp;nbsp;109.&lt;/ref&gt; Die Heilung verlief schleppend, da er sich wegen seines aufreibenden Lebensstils und seines Drogenkonsums in ohnehin schlechtem Gesundheitszustand befand. Dylan zog sich zur vollständigen Rekonvaleszenz für über ein halbes Jahr von der Öffentlichkeit nach Woodstock zurück und empfing nur wenige Vertraute wie [[D. A. Pennebaker]] oder [[Allen Ginsberg]]. Der Unfall, der ihn fast das Leben kostete, ermöglichte Dylan die Flucht aus dem Star-Dasein und die radikale Abkehr von einem Lebensstil, der bei ihm von einem übervollen und kräftezehrenden Terminkalender und seiner damals außerordentlichen künstlerischen Produktivität diktiert, nahezu eine komplette gesundheitliche und mentale Erschöpfung hervorgerufen hatte. Dylan bot sich das Alibi, sämtliche Brücken zur Öffentlichkeit abzubrechen und sein Leben völlig neu zu überdenken.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan – Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006, S.&amp;nbsp;109–111.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> {{Zitat<br /> |Text=Ich hatte einen Motorradunfall gehabt und mich verletzt, aber ich erholte mich. In Wahrheit wollte ich der Tretmühle den Rücken kehren.<br /> |Autor=Bob Dylan, Chronicles}}<br /> <br /> === 1966–1973: Rückzug ins Privatleben ===<br /> [[Datei:The Big Pink (crop).jpg|mini|Das Haus „Big Pink“]]<br /> Nach dem Motorradunfall zog sich Dylan für zwei Jahre fast völlig aus der Öffentlichkeit zurück, wenngleich sich sein Ruhm gerade in der Zeit seiner Abstinenz ins fast Unermessliche steigerte. Informationen über ihn und seine Arbeit flossen außerordentlich spärlich. Er lebte nun in Woodstock, einer [[Künstlerkolonie]] unweit von New York, und widmete sich vornehmlich seiner Frau Sara und den gemeinsamen Kindern. Im ersten Teil seiner Autobiografie ''Chronicles'' sagt er, dass er sich damals ein einfaches Leben mit einem Job von 9 bis 17 Uhr wünschte. Erst am 6.&amp;nbsp;Mai 1967 gab Dylan wieder ein Interview für die ''[[Daily News]]'' und ließ seine Pläne vollkommen offen und gab sogar Gerüchten über einen endgültigen Rückzug vom Musikgeschäft reichlich Nahrung.&lt;ref&gt;Olaf Benzinger: ''Bob Dylan - Seine Musik und sein Leben.'' dtv Premium, München 2006. S. 110.&lt;/ref&gt; Doch im Sommer 1967 schienen sich die Vorzeichen in Dylans Leben wieder zu ändern, da er seinen Plattenvertrag mit Columbia verlängerte und wieder intensiv zu musizieren begann. Zusammen mit den Musikern seiner Begleitband, die sich inzwischen [[The Band]] nannten, nahm er in lockeren Sessions im Keller des angemieteten Bauernhauses ''Big Pink'' ein Sammelsurium teils fast vergessener Songs der US-amerikanischen [[Rootsmusik]] (Blues, Folk und Country) auf. Diese kursierten jahrelang als [[Bootleg]]s und erlangten Kultstatus, bevor sie 1975 offiziell und stark gekürzt unter dem Titel ''[[The Basement Tapes]]'' veröffentlicht wurden. Häufig werden die Lieder jener Zeit als Dylans Bekenntnis zu den Freuden des einfachen Lebens als Familienvater gedeutet, wohingegen viele seiner alten Fans ihm dafür erneut Verrat an den Idealen der [[Gegenkultur]] vorwarfen. Die Sessions brachten Dylan wieder zurück in den Musikbetrieb und nach einem Treffen mit [[Bob Johnston]] begann er mit dem Schreiben neuer Songs. Beeinflusst von den Basement Tapes und tief berührt vom Tod Woody Guthries wandte sich Dylan sehr einfachen Songstrukturen und Liedinhalten zu, die am 27.&amp;nbsp;Dezember 1967 auf dem Album ''[[John Wesley Harding]]'' erschienen.<br /> <br /> In den folgenden Jahren trat Dylan nur vereinzelt auf und stand beim ''Woody-Guthrie-Memorial-Concert'' am 20.&amp;nbsp;Januar 1968 erstmals wieder auf der Bühne und steuerte vier Songs seines Idols bei. 1969 folgte ein Auftritt als Begleitmusiker von The Band und während Dylan beim legendären [[Woodstock-Festival]] nicht auftreten wollte, war er am 31.&amp;nbsp;August Headliner des [[Isle of Wight Festival]]s. Dylan unterstützte den früheren Beatles-Gitarristen [[George Harrison]] bei dessen [[Konzert für Bangladesch]], indem er am 1.&amp;nbsp;August 1971 im [[Madison Square Garden]] spielte.<br /> <br /> Bei dem für seine Verhältnisse sehr gefälligen ''[[Nashville Skyline]]'', arbeitete er auch mit dem Country-Musiker [[Johnny Cash]] zusammen. Die LP wurde zu Dylans bis dahin größtem kommerziellen Erfolg. Dylan bereitete so der Akzeptanz der bislang als reaktionär verpönten Country-Musik im Rocklager den Boden und wurde –&amp;nbsp;neben [[Buffalo Springfield]] / [[Neil Young]], den [[The Byrds|Byrds]] und [[Gram Parsons]]&amp;nbsp;– zu einem Wegbereiter des [[Country-Rock]].<br /> <br /> Im Jahr 1969 wurde sein Sohn [[Jakob Dylan|Jakob]] geboren, der mittlerweile selbst als Musiker arbeitet. Dylan hat außer ihm fünf weitere Kinder: Anna, Desiree Gabrielle, [[Jesse Dylan|Jesse]], Maria und Samuel. Sein Doppelalbum ''[[Self Portrait]]'' aus dem Jahr 1970 erschien vielen Fans als eine lieblose Sammlung uninspirierter Songs und gilt als eine seiner schlechtesten Platten. Dylan selbst bezeichnete die Veröffentlichung später als den Versuch eines Befreiungsschlags, mit dem er die von ihm als bedrückend empfundene Erwartungshaltung seines Publikums zerstören wollte. Danach veröffentlichte er zwei als respektabel, aber nicht herausragend angesehene Alben (''New Morning'' und ''Planet Waves'') und spielte eine kleine Rolle in [[Sam Peckinpah]]s Western ''[[Pat Garrett jagt Billy the Kid]]'' an der Seite von [[Kris Kristofferson]] und [[James Coburn]]. Er schrieb zudem die Musik zu diesem Film, darunter das ebenso hymnische wie desillusionierte ''[[Knockin’ on Heaven’s Door (Lied)|Knockin’ on Heaven’s Door]]''.<br /> <br /> === 1974–1982: Scheidung und Hinwendung zum Christentum ===<br /> [[Datei:The Last Waltz.jpg|mini|Auftritt von Dylan (Mitte) mit ''[[The Band]]'' auf dem ''[[The Last Waltz|Last-Waltz-Konzert]]'' 1976]]<br /> Mitte der 1970er Jahre begann Dylans private Idylle zu bröckeln, als seine Ehe in eine Krise geriet. Eine spektakuläre Comebacktournee (dokumentiert auf dem Doppelalbum ''Before the Flood'') Anfang 1974 war zwar binnen weniger Stunden ausverkauft und ein großer Publikumserfolg, die Kritiken fielen jedoch eher zwiespältig aus. Kritisiert wurde vor allem, dass er kaum neue Songs bringe und mehr „schreie als singe“. Auffallend war, dass er viele bekannte Lieder in völlig neuem musikalischen Gewand darbot und diese damit zwar einerseits revitalisierte, andererseits aber oft bis zur Unkenntlichkeit veränderte. Diese Herangehensweise an das eigene Werk hat Dylan bis heute beibehalten und sie ist zu einem Markenzeichen geworden. 1975 veröffentlichte Dylan ''[[Blood on the Tracks]]''. Das Album wird seither als Dylans künstlerische Verarbeitung der Trennung von seiner Frau Sara interpretiert. Bob Dylan selbst hat jedoch immer wieder einen direkten Zusammenhang bestritten.<br /> <br /> 1975/76 startete er das Projekt der ''[[Rolling Thunder Revue]]'', eine Art musikalischen fahrenden Zirkus mit zahlreichen Musikern, der oft nur kurzfristig angekündigt an verschiedenen Orten der USA Station machte. Dylans Auftritte während des ersten Teils dieser Tournee werden heute zu den besten seiner Karriere gezählt.&lt;ref&gt;mw: {{Webarchiv |url=http://www.kulturnews.de/knde/review.php?id=3827&amp;topic=platten&amp;artist=Bob%20Dylan&amp;title=Live%201975%3A%20The%20Rolling%20Thunder%20Revue |text=''Bob Dylan Live 1975: The Rolling Thunder Revue.'' |wayback=20140220214047}}. In: ''[[Kulturnews]]''.&lt;/ref&gt; Auf der Platte ''Desire'', auf der Songs aus dieser Zeit veröffentlicht wurden, sang Dylan auch im Duett mit [[Emmylou Harris]]. Sie war ein großer kommerzieller und künstlerischer Erfolg und brachte Dylan auf einen zweiten Zenit seiner Popularität.&lt;ref&gt;[[Max Dax]]: [https://www.spiegel.de/kultur/musik/bob-dylans-rolling-thunder-revue-der-letzte-hippie-hurrikan-a-225515.html ''Der letzte Hippie-Hurrikan.''] In: ''[[Spiegel Online]]'', 4.&amp;nbsp;Dezember 2002.&lt;/ref&gt; Besonders bekannt wurde der Song ''[[Hurricane (Lied)|Hurricane]]'' über den Boxer [[Rubin Carter]], dessen Karriere durch ein möglicherweise rassistisch motiviertes juristisches Fehlurteil beendet worden war. Mit dem wehmütigen Lied ''Sara'' setzte er seiner ehemaligen Frau ein Denkmal. Der vierstündige Kinofilm ''Renaldo &amp; Clara'', der die Tour dokumentierte und bei dem Dylan selbst Regie führte, wurde jedoch von der Kritik verrissen und brachte wenig ein. 1977 nahm er Hintergrundgesang für ein Stück von [[Leonard Cohen]]s Album ''[[Death of a Ladies’ Man]]'' auf. Noch im selben Jahr wurden Bob und Sara Dylan geschieden.<br /> <br /> Dylans Welttournee im Jahr 1978 (unter anderem mit einem Auftritt am 1.&amp;nbsp;Juli vor etwa 75.000 Menschen auf dem Zeppelinfeld, dem ehemaligen [[Reichsparteitagsgelände]] in [[Nürnberg]]) war sehr erfolgreich. Jedoch stieß er im Winter 1978/79 an die Grenzen seiner psychischen Kräfte. Dylans Freundin [[Mary Alice Artes]], eine afroamerikanische Schauspielerin, riet ihm, [[Seelsorge]] in Anspruch zu nehmen und verwies ihn in diesem Zusammenhang an zwei Pastoren, die ihr persönlich bekannt waren. Dylan ließ sich darauf ein, besuchte einen dreimonatigen Bibelkurs der damals noch jungen [[Vineyard|Vineyard-Bewegung]] und empfing Anfang 1979 die [[Gläubigentaufe|Taufe]].&lt;ref&gt;Olaf Benziger: ''Bob Dylan. Seine Musik und sein Leben''. Deutscher Taschenbuch Verlag: München 2006. ISBN 978-3-423-24548-7. S. 185&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Marlin Watling: ''Natürlich Übernatürlich. Die Geschichte der Vineyard-Bewegung. Von den Anfängen der Hippie-Bewegung bis zu neuen Gemeinden im postmodernen Europa.'' R. Brockhaus im SCM-Verlag: Witten 2008, ISBN 978-3-417-26247-6. S. 44.&lt;/ref&gt; Dylans [[Konversion (Religion)|Konversion]] zum Christentum, vor allem sein Bekenntnis, ein wiedergeborener Christ zu sein, erregten Aufsehen. Künstlerischer Ausdruck seiner Konversion waren die folgenden zwischen 1979 und 1981 veröffentlichten drei Alben: ''[[Slow Train Coming]], Saved'' und ''Shot of Love''.&lt;ref&gt;[[Siegfried Schmidt-Joos]] und [[Barry Graves]]: ''Das neue Rock-Lexikon. Band 1: Abba – Anne Murray.'' Rowohlt, Reinbek 1990, ISBN 978-3-499-16320-3, S.&amp;nbsp;247.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Diese erneute Wendung in Dylans Musik konnte ein Großteil seines Publikums nicht nachvollziehen. Er war teilweise harscher Kritik ausgesetzt, obwohl er für den Song ''Gotta Serve Somebody'' seinen ersten [[Grammy Awards|Grammy]] erhielt. Die Lyrik des von „göttlicher [[Offenbarung]]“ durchdrungenen Liedes ''Every Grain of Sand'' gilt zudem als einer seiner inspiriertesten Texte. Mit der Zeit flaute die [[Kontroverse]] um seine christliche Phase ab, zumal sich ab 1981 mit dem Lied ''[[Lenny Bruce]]'' (eine [[Hommage]] an den 1966 verstorbenen [[Subversion|subversiven]] [[Komiker]]) wieder eine Rückkehr zu weltlichen Themen andeutete.<br /> <br /> === 1983–1993: Krise ===<br /> [[Datei:Bob Dylan Barcelona.jpg|mini|hochkant|Bob Dylan 1984 in [[Barcelona]]]]<br /> Die 1980er Jahre waren durch viele unterschiedliche Alben gekennzeichnet, deren Stil (Musik und Text) bei Kritik und Publikum großteils verhaltene Resonanz auslöste. Während ''[[Infidels]]'' (1983) und ''Empire Burlesque'' (1985) noch einige hervorragende Songs enthalten, erreichte er mit ''Knocked Out Loaded'' (1986) und ''Down in the Groove'' (1988) einen künstlerischen Tiefpunkt. Die Musikzeitschrift [[Rolling Stone]] wählte ''Down in the Groove'' im Mai 2007 zum „schlechtesten Album eines bedeutenden Künstlers“.&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://www.rollingstone.com/rockdaily/index.php/2007/05/14/rolling-stones-15-worst-albums-by-great-bands/ |text=''Rolling Stone’s 15 Worst Albums By Great Bands''. |wayback=20071223234414}}&lt;/ref&gt; Am 28.&amp;nbsp;Januar 1985 nahm Dylan an den Aufnahmen zu ''[[We Are the World|We are the World]]'' teil und sang die Zeile “there’s a choice we’re making”. In der zweiten Hälfte der Dekade hatte er mit einem [[Alkoholkrankheit|Alkoholproblem]] zu kämpfen. Die Auftritte jener Zeit verliefen zum Teil entsprechend chaotisch. Beim [[Live Aid|Live-Aid]]-Konzert am 13. Juli 1985 zugunsten der hungernden Bevölkerung [[Äthiopien]]s fiel er mit der Bemerkung auf, er hoffe, ein Teil des Geldes würde für die leidenden US-amerikanischen [[Landwirt|Farmer]] verwendet. („I hope that some of the money…maybe they can just take a little bit of it, maybe…one or two million, maybe…and use it, say, to pay the mortgages on some of the farms and, the farmers here, owe to the banks…“.) Diese Aussage wurde zwar angesichts der hungernden Bevölkerung Äthiopiens von vielen als unangemessen betrachtet und teils heftig kritisiert, führte schließlich aber dazu, dass ein Benefiz-Konzert [[Farm Aid]] organisiert wurde, das erstmals am 22. September 1985 in [[Champaign (Illinois)|Champaign]], [[Illinois]], stattfand.<br /> <br /> Am 4. Juni 1986 heiratete Dylan Carolyn Dennis, eine seiner vielen Background-Sängerinnen, mit denen er damals zusammen war. Eine gemeinsame Tochter war am 31.&amp;nbsp;Januar 1986 zur Welt gekommen. Hochzeit wie Geburt wurden jedoch vor Bekannten und vor der Öffentlichkeit geheimgehalten, nur einige enge Freunde des Paares wussten davon. Erst 2001 machte Howard Sounes diese privaten Ereignisse in einer Biographie publik. Die Ehe war bereits Anfang der 1990er Jahre geschieden worden. Am 17. September 1987 gab Dylan zusammen mit [[Roger McGuinn]] und [[Tom Petty &amp; the Heartbreakers]] ein Konzert in [[Ost-Berlin]] im Treptower Park vor 70.000 Besuchern,&lt;ref&gt;''[https://www.stasi-unterlagen-archiv.de/informationen-zur-stasi/themen/beitrag/bob-dylan-1987-in-ost-berlin/ Stasi-Unterlagen über das Konzert im Treptower Park 1987.]'' In: ''[[BStU]]''&lt;/ref&gt; nachdem der Kartenvorverkauf zu einem eigentlich für diesen Tag in der West-Berliner [[Berliner Waldbühne|Waldbühne]] geplant gewesenen Konzert sehr schleppend angelaufen war&lt;ref&gt;.So jedenfalls war es unter anderem der [https://taz.de/Von-der-Westcoast-nach-OstBerlin/!1859980/ taz] vom 19.&amp;nbsp;September 1987 zu entnehmen. (Abgerufen am 2.&amp;nbsp;Oktober 2020.)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Ab 1988 wirkte er neben [[Roy Orbison]], [[Tom Petty]] und [[Jeff Lynne]] maßgeblich in der von [[George Harrison]] ins Leben gerufenen Gruppe [[Traveling Wilburys]] mit. Die Gruppe, die von 1988 bis 1990 Bestand hatte, produzierte zwei Studioalben. Seit 1988 befindet sich Dylan auf der inoffiziell so bezeichneten „Never Ending Tour“, die ihn schon mehrmals um den Erdball führte. Dabei gibt er im Schnitt über 100 Konzerte pro Jahr. Während Dylan in den ersten Jahren dieser Tour manche Stücke mit zumeist skurrilen Kommentaren einleitete, spricht er dabei, mit Ausnahme der Vorstellung der Bandmitglieder, oft so gut wie kein Wort und beschränkt sich allein auf das Singen und Musizieren. Gelegentlich findet er jedoch Gefallen daran, einen Witz einzustreuen.&lt;ref&gt;''[http://expectingrain.com/jokes.html Jokes. Bob Dylan, the Jokerman.]'' In: ''Expecting Rain'', aufgerufen 5.&amp;nbsp;April 2017.&lt;/ref&gt; Fast jedes Dylan-Konzert der vergangenen Jahrzehnte (inzwischen sind es etwa 4000) wurde als sogenanntes [[Bootleg]] illegal mitgeschnitten. Die Mitschnitte werden in Fankreisen unter „Tape Tradern“ kostenlos getauscht.<br /> <br /> Im Jahr 1988 wurde Bob Dylan in die [[Rock and Roll Hall of Fame]] aufgenommen.&lt;ref&gt;[https://www.rockhall.com/inductees/bob-dylan Bob Dylan] in der [[Rock and Roll Hall of Fame]]&lt;/ref&gt; Sein Laudator war [[Bruce Springsteen]], der zu Beginn seiner Karriere als „neuer Dylan“ bezeichnet worden war. 1989 gelang Dylan mit dem von [[Daniel Lanois]] in New Orleans produzierten Album ''Oh Mercy'' die Rückkehr zu alter Form, der Nachfolger ''[[Under the Red Sky]]'' (1990) war jedoch erneut eine Enttäuschung. 1991 wurde ihm ein weiterer Grammy für sein Lebenswerk verliehen. In der ersten Hälfte der 1990er Jahre veröffentlichte er keine neuen Kompositionen. 1992 und 1993 erschienen zwei Alben ''(Good As I Been to You, World Gone Wrong)'' mit Aufnahmen traditioneller Folk- und Bluessongs, die er solo, nur begleitet von Gitarre und Mundharmonika, einspielte.<br /> <br /> === 1994–heute: Rückkehr ===<br /> [[Datei:Bob Dylan 1996.jpg|mini|Bob Dylan, 1996]]<br /> Im August 1994 trat Dylan auf dem ''[[Woodstock II|Woodstock-II]]''-Festival auf, einer Neuauflage des legendären Festivals von 1969. Sein Auftritt wurde zur Überraschung vieler Beobachter von dem überwiegend jugendlichen Publikum euphorisch aufgenommen. Im November 1994 nahm er ein Live-Album mit DVD für die [[MTV]]-Unplugged-Reihe auf. Ursprünglich hatte er vorgehabt, darauf alte Country- und Blues-Stücke spielen, die Produzenten wollten aber stattdessen einige seiner größten Hits. Dylan gab nach, und das Album wurde eines seiner finanziell erfolgreichsten und erreichte Platz 23 der US-amerikanischen Albumcharts. Der Verlag Random House veröffentlichte im selben Jahr unter dem Titel ''Drawn Blank'' einen Bildband mit Zeichnungen von Dylan, die er zwischen 1989 und 1992 angefertigt hatte. Sie zeigen seine Eindrücke vom Tourleben – Straßen, Hotelzimmer und [[Diner]]s. Im Vorwort erwähnt er, dass das Zeichnen für ihn eine Möglichkeit sei, dem Alltagsleben zu entfliehen und zu entspannen.<br /> <br /> 1996 stimmte er der Verwendung seines Liedes ''The Times They Are a-Changin’'' in [[Werbespot]]s der [[Bank of Montreal]] und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft [[Coopers &amp; Lybrand]] zu. 2004 stellte er für einen Werbespot von [[Victoria’s Secret]] nicht nur sein Lied ''Love Sick'' zur Verfügung, sondern trat auch als Akteur auf. 1997 veröffentlichte Dylan nach sieben Jahren erstmals wieder neue eigene Songs. Mit dem abermals von Daniel Lanois produzierten düsteren Album ''[[Time Out of Mind]]'' schaffte er ein Comeback. Für die Platte wurde er gleich mit drei Grammys ausgezeichnet, unter anderem für den Song ''Cold Irons Bound''. Mit dem Song ''[[Things Have Changed]]'' für den Film ''[[Die WonderBoys]]'' gewann er im Jahr 2001 den [[Golden Globe Award]] und den [[Oscar]] für den besten Filmsong.&lt;ref&gt;[https://www.rollingstone.com/movies/movie-news/dylan-wins-oscar-76603/ rollingstone.com: Dylan Wins Oscar]&lt;/ref&gt; 2000 erhielt er außerdem den inoffiziellen „[[Nobelpreis]] für Musik“, den [[Polar Music Prize]].<br /> <br /> 1997 gab Dylan ein Konzert, bei dem [[Johannes Paul&amp;nbsp;II.]] und Kardinal Ratzinger, der spätere [[Benedikt&amp;nbsp;XVI.]],&lt;ref&gt;''[https://www.kath.net/news/16193 Bob Dylan, JP II und Benedikt&amp;nbsp;XVI.]'' In: ''[[Kath.net]]'', 9. März 2007.&lt;/ref&gt; anwesend waren. Es fand während eines Internationalen Eucharistischen Kongresses in [[Bologna]]&lt;ref&gt;''[http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/letters/1997/documents/hf_jp-ii_let_19970623_card-ruini-bologna_lt.html Congresso Eucaristico Nazionale Italiano (Bologna, 20-28 Settembre 1997).]'' In: ''[[Heiliger Stuhl]]'', September 1997.&lt;/ref&gt; statt und wurde von 300.000 Menschen besucht. Dylan gab zu diesem Anlass ''Knockin’ on Heaven’s Door'' und seinen Anti-Kriegs-Klassiker ''A Hard Rain’s A-Gonna Fall'' sowie als Zugabe ''[[Forever Young (Bob-Dylan-Lied)|Forever Young]]'' zum Besten. 1998 ging er mit seinen Musikerkollegen [[Van Morrison]] und [[Joni Mitchell]] auf Tournee. Ein Jahr später begleitete ihn [[Paul Simon]] auf einer erfolgreichen US-Tournee, bei der jeder einen größeren eigenen Teil vortrug und vier Lieder gemeinsam gesungen wurden.<br /> <br /> Im September 2001 erschien ''[[“Love and Theft”]],'' eine von Publikum und Kritik begeistert aufgenommene Platte. Auf dem Album unternimmt Dylan eine Reise zu den Wurzeln der amerikanischen Musik. 2003 erschien der Spielfilm ''[[Masked and Anonymous]],'' für den er zusammen mit Larry Charles das [[Drehbuch]] schrieb und in dem er die Hauptrolle übernahm. Für die Rollenbesetzung konnten zahlreiche Hollywoodstars gewonnen werden. Im Oktober 2004 erschien der erste Teil seiner auf drei Teile angelegten Autobiografie ''Chronicles: Volume One'' (Simon &amp; Schuster) in Deutschland unter demselben Titel, übersetzt von [[Gerhard Henschel]] und [[Kathrin Passig]].&lt;ref&gt;''Chronicles: Volume One'', Hoffmann und Campe, Hamburg 2004, ISBN 3-455-09385-X; Kiepenheuer und Witsch, Köln 2008, ISBN 978-3-462-04052-4.&lt;/ref&gt; Gleichzeitig wurden seine Texte bis zum Album ''“Love and Theft”'' unter dem Titel ''Lyrics 1962–2001'' veröffentlicht, in Deutschland in der –&amp;nbsp;nach Vorgabe von Dylans Management wortgetreuen&amp;nbsp;– Übersetzung von [[Gisbert Haefs]] (Hoffmann und Campe, 2004). Zur Vermarktung des Buches gab er im Dezember 2004 sein erstes Fernsehinterview seit 19 Jahren.<br /> <br /> Im September 2005 wurde vom amerikanischen Sender PBS der Film ''[[No Direction Home – Bob Dylan]]'' im Zuge der Serie ''American Masters'' ausgestrahlt. Die Dokumentation über die Jahre 1959 bis 1966 wurde von Starregisseur [[Martin Scorsese]] produziert. Für den Film wurden hunderte Stunden unveröffentlichten Materials gesichtet und ein Interview mit Dylan geführt. Der im August 2005 erschienene Soundtrack zur Dokumentation ist gleichzeitig der siebte Teil der „Bootleg Series“. Von Mai 2006 bis April 2009 moderierte Dylan beim amerikanischen Radiosender [[XM Satellite Radio]] die wöchentlich gesendete einstündige Sendung ''Theme Time Radio Hour'', die sich jeweils einem bestimmten Thema widmet. Er selbst wählte dafür die Musik aus, die überwiegend Lob erntete und ein Publikum erreichte, das weit über den Kreis der Dylan-Fans hinausging.&lt;ref name=&quot;Amendt&quot;&gt;[[Günter Amendt]]: [http://www.konkret-verlage.de/kvv/txt.php?text=nighttimeinthebigcity&amp;jahr=2006&amp;mon=09 ''Night Time in the Big City''.] In: ''[[Konkret (Zeitschrift)|konkret]]'', Nr. 9, 2006.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im August 2006 erschien Dylans 32. Studioalbum ''[[Modern Times (Album)|Modern Times]]'', das weltweit überwiegend auf sehr positives Echo stieß und mit dem er das erste Mal seit ''Desire'' (1976) wieder an die Spitze der US-Charts gelangte. Die Rückkehr auf Platz eins der US-Hitparade nach drei Jahrzehnten war bis dahin noch keinem lebenden Musiker gelungen. Ende Juni 2007 kündigte Dylan an, ein endgültiges Best-of-Album mit dem Titel ''Dylan'' zu veröffentlichen. Das Album im Oktober 2007 weltweit in den Handel und erschien in zwei Versionen: Eine Ausgabe enthält 18 der erfolgreichsten Dylan-Songs, die „Highlight Deluxe Edition“ umfasst 51 Tracks auf 3 CDs. Im April 2009 erschien ein Studioalbum mit dem Titel ''[[Together Through Life]]''.&lt;ref&gt;''{{Webarchiv |url=http://www.rollingstone.com/news/story/26445175/dylan_records_surprise_modern_times_followup |text=Dylan Records Surprise 'Modern Times' Follow-up. |wayback=20090305151454}}'' In: ''[[Rolling Stone]]'', 4. März 2009.&lt;/ref&gt; <br /> <br /> Im Oktober 2009 wurde ein weiteres Studioalbum veröffentlicht mit dem Titel ''Christmas in the Heart,'' das Weihnachtsklassiker wie ''[[Little Drummer Boy]]'' oder ''[[Winter Wonderland]]'' enthält. Der Erlös aus dem Verkauf der CD ging als Spende an das Welternährungsprogramm und die Organisation Crisis UK. Diese verteilen in der Weihnachtswoche rund 15.000 Mahlzeiten an Obdachlose.&lt;ref&gt;Nigel Smith: ''[http://www.bbc.co.uk/music/reviews/3jb6 Christmas in the Heart.]'' In: ''[[BBC]]'', 2.&amp;nbsp;November 2009, (englisch), abgerufen am 7.&amp;nbsp;März 2013.&lt;/ref&gt; Im September 2012 erschien ein weiteres Studioalbum mit dem Titel ''[[Tempest (Album)|Tempest]]''. Im Sommer 2011 kam Dylan für einige Auftritte nach Europa, ebenso wie in den meisten der folgenden Jahre, zuletzt im Sommer 2019.<br /> <br /> Im Februar 2015 veröffentlichte er sein 36. Studioalbum ''[[Shadows in the Night]]'' – ein Konzeptalbum mit Neuinterpretationen bekannter [[Frank Sinatra|Sinatra]]-Stücke aus den 1950ern. 2016 und 2017 folgten mit ''Fallen Angels'' und ''Triplicate'' weitere Studioalben. Im Unterschied zu bisherigen Studioveröffentlichungen fokussierten die drei letztgenannten Alben fast ausschließlich auf Stücke aus dem ''[[Great American Songbook]]'' beziehungsweise von [[Frank Sinatra]]. Dylans Hinwendung zu der amerikanischen Unterhaltungsmusik vor Entstehung des [[Rock ’n’ Roll]] wurde teils zustimmend, teils jedoch auch skeptisch bewertet. [[Maik Brüggemeyer]] etwa schrieb, dass die Hinwendung zu der Vor-Rock’n’Roll-Ikone Sinatra auf viele seiner Fans befremdlich wirken müsse. Offensichtlich jedoch meine Dylan es ernst. Gesanglich habe er sich in der Zwischenzeit ebenfalls ganz auf dieses Repertoire eingestellt und zelebriere zwischenzeitlich auch seine Konzerte im [[Crooner]]-Stil.&lt;ref&gt;Maik Brüggemeyer: [https://www.deutschlandfunkkultur.de/bob-dylan-fallen-angels-struppiger-herzschmerz.2150.de.html?dram:article_id=354636 ''Struppiger Herzschmerz.''] In: ''[[Deutschlandradio Kultur]]'', 20.&amp;nbsp;Mai 2016.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Anfang März 2016 wurde bekannt, dass Dylan sein privates Archiv als [[Vorlass]] für 15 bis 20 Millionen Dollar an die [[University of Tulsa|Universität von Tulsa]] verkauft hat.&lt;ref&gt;Frank Junghänel: [https://www.berliner-zeitung.de/kultur/musik/bob-dylan-verkauft-sein-privates-archiv-an-die-universitaet-von-tulsa-23665096 ''Bob Dylan verkauft sein privates Archiv an die Universität von Tulsa.''] In: ''[[Berliner Zeitung]]'', 4.&amp;nbsp;März 2016.&lt;/ref&gt; Das Archiv umfasst etwa 6.000 Objekte, darunter Gedichte, Briefe, Aufnahmen, Filme und Fotografien.&lt;ref&gt;Ben Sisario: [https://www.nytimes.com/2016/03/06/arts/music/bob-dylans-secret-archive.html ''Bob Dylan’s Secret Archive.''] In: ''[[The New York Times]]'', 2.&amp;nbsp;März 2016 (englisch).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im März 2020 veröffentlichte Dylan auf seinem [[YouTube]]-Kanal ''Murder Most Foul''. Das über 16 Minuten lange Lied hat das [[Attentat auf John F. Kennedy]] und die Verletzungen zum Thema, die es im amerikanischen Selbstbewusstsein auslöste. Der Titel ist ein Zitat aus Shakespeares ''[[Hamlet]]'' (1. Akt, 5. Szene). Von vorsichtigen Klavier- und Geigenklängen begleitet, beschreibt Dylan die einschlägige [[Verschwörungstheorie]] und zeichnet mit zahlreichen Zitaten und Namensnennungen ein Bild der amerikanischen Popkultur.&lt;ref&gt;Willi Winkler: ''Bob Dylans Albtraum Amerika.'' In: Süddeutsche Zeitung vom 28. März 2020, S. 16, Online vom 27. März 2020 als [https://www.sueddeutsche.de/kultur/bob-dylan-rap-song-1.4859330 ''Amerikanische Apokalypse. Bob Dylan haut zu Zeiten von Corona und hoher Arbeitslosigkeit in den USA ein ungeheures Niedergangsgedicht raus. Einen Rapsong, der keinerlei Trost spendet.'']&lt;/ref&gt; <br /> <br /> Im April desselben Jahres folgte das Lied ''I Contain Multitudes'', dessen Titel dem Gedicht ''Song of Myself'' von [[Walt Whitman]] entlehnt ist. Im Juni 2020 wurde schließlich das Album ''Rough and Rowdy Ways'' veröffentlicht, mit dem Dylan zum ersten Mal Platz eins der deutschen [[Media Control|Media Control Charts]] erreichte. Außerdem belegte er damit den ersten Platz der Verkaufscharts in Großbritannien, sein neuntes Nummer-eins-Album in dem europäischen Inselstaat.&lt;ref&gt;[https://www.rollingstone.de/bob-dylan-charts-deutschland-rough-rowdy-ways-1999317/ ''Das ist Bob Dylan in Deutschland noch nie gelungen.''] Meldung in den Online-News auf www.rollingstone.de ([[Rolling Stone]]), 26. Juni 2020&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Dezember 2020 veräußerte Bob Dylan die Verlagsrechte an seinem aus über 600 Titeln bestehenden Werk an die [[Universal Music Group]]. Über den Kaufpreis machte das Unternehmen keine Angaben. Die ''[[New York Times]]'', die den Deal als „may be the biggest acquisition ever of a single act’s publishing rights“ bezeichnete, schätzte den Betrag auf mehr als 300 Millionen Dollar. Vor dem Verkauf gehörte Dylan zu den wenigen Künstlern, die die Verlagsrechte für ihre Musik noch selbst kontrollierten.&lt;ref&gt;Ben Sisario: [https://www.nytimes.com/2020/12/07/arts/music/bob-dylan-universal-music.html ''Bob Dylan Sells His Songwriting Catalog in Blockbuster Deal''], New York Times, 7. Dezember 2020.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://www.sueddeutsche.de/kultur/bob-dylan-verkauf-universal-songs-rechte-1.5140148 ''Bob Dylan verkauft alle Songrechte an Universal''], Süddeutsche Zeitung, 7. Dezember 2020.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://www.faz.net/agenturmeldungen/dpa/bob-dylan-verkauft-songrechte-an-universal-music-17090603.html ''Bob Dylan verkauft Songrechte an Universal Music''], Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7. Dezember 2020.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Juli 2021 erschien der Konzertfilm ''Shadow Kingdom: The Early Songs of Bob Dylan''. Regie führte [[Alma Har'el]]. Joachim Hentschel von der ''[[Süddeutsche Zeitung|Süddeutschen Zeitung]]'' schrieb zur Inszenierung eine wohlwollende Kritik.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Joachim Hentschel |url=https://www.sueddeutsche.de/kultur/bob-dylan-shadow-kingdom-alma-har-el-1.5357714 |titel=Grenzgenial: Bob Dylans neuer Konzertfilm &quot;Shadow Kingdom&quot; |sprache=de |abruf=2022-02-10}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Bildende Kunst ==<br /> Nebenher betätigt sich Dylan auch als Zeichner, [[Maler]] und Bildhauer. Auf seinen Reisen durch die USA, Mexiko, Europa und Asien fertigte er Zeichnungen an, überwiegend mit Bleistift und Kohle. Erste Schwarz-weiß-Zeichnungen wurden 1994 unter dem Titel ''Drawn Blank'' veröffentlicht. Im August 2007 wurde bekannt, dass Dylan diese Zeichnungen in einem aufwendigen Verfahren koloriert hat. Ausschlaggebend für diese künstlerische Umsetzung war das Interesse der [[Kunstsammlungen Chemnitz]], welche dieses außermusikalische Werk Dylans mit seiner ersten Kunstausstellung ''The Drawn Blank Series – Aquarelle und Gouachen'' zwischen Oktober 2007 und Februar 2008 würdigen wollte. In dieser Ausstellung wurden 170 [[Aquarell]]e und [[Gouache]]n gezeigt. Aufgrund des großen Erfolges wurde die Ausstellung bis Ostern 2008 verlängert.<br /> <br /> 2013 zeigte Bob Dylan in der Londoner Halcyon Gallery selbst entworfene und geschweißte Gartentore.&lt;ref&gt;Michael Pilz: [https://www.welt.de/kultur/pop/article122013084/Bob-Dylan-schweisst-jetzt-Gartenpforten.html ''Bob Dylan schweißt jetzt Gartenpforten.''] In: ''[[Die Welt]]'' / ''[[N24]]'', 19.&amp;nbsp;November 2013.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Bob Dylans „Never Ending Tour“ ==<br /> Der Begriff „Never Ending Tour“ wurde von dem Kritiker Adrian Deevoy in einem Interview 1989 geprägt.&lt;ref&gt;Michael Gray: ''The Bob Dylan Encyclopedia''. Continuum International, 2006, ISBN 0-8264-6933-7, S.&amp;nbsp;173.&lt;/ref&gt; Die Tour selbst begann 1988 und dauert an. Dylan spielt dabei jährlich um die 100 Konzerte verteilt auf die halbe Welt. Am 16.&amp;nbsp;Oktober 2007 soll Dylan gemäß der Website ''Still on the Road'' in Dayton, Ohio, das 2000. Konzert der Tour gespielt haben.<br /> <br /> Dylans Einführung erfreut sich unter Fans hoher Beliebtheit. Bis August 2002 lautete diese:<br /> {{Zitat<br /> |Text=Ladies and gentlemen, would you please welcome Columbia Recording Artist Bob Dylan.<br /> |Sprache=en}}<br /> <br /> Seit dem 15. August 2002 wurde sie in Anlehnung an einen Zeitungsartikel geändert:<br /> {{Zitat<br /> |Text=Ladies and gentlemen, please welcome the poet laureate of rock ’n’ roll. The voice of the promise of the 60’s counterculture. The guy who forced folk into bed with rock. Who donned makeup in the 70's and disappeared into a haze of substance abuse. Who emerged to find Jesus. Who was written off as a has-been by the end of the 80’s, and who suddenly shifted gears releasing some of the strongest music of his career beginning in the late 90’s. Ladies and gentlemen – Columbia recording artist Bob Dylan!<br /> |Sprache=en<br /> |Übersetzung=Meine Damen und Herren, bitte begrüßen Sie den Dichterfürsten des Rock’n’Roll. Die Stimme des Versprechens der Gegenkultur der 60er Jahre. Der Mann, der Folk und Rock unter einen Hut gebracht hat. Der in den 70ern Make-Up trug und im Drogensumpf abtauchte. Der daraus emporstieg und Jesus fand. Der am Ende der 80er schon abgeschrieben wurde und plötzlich eine ganz neue Richtung einschlug und in den späten 90ern einige der größten Werke seiner Karriere veröffentlichte. Meine Damen und Herren: Der ''Columbia Recording''-Künstler Bob Dylan!<br /> |ref=&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.bjorner.com/DSN24040%20-%202002%20US%20Summer%20Tour.htm#DSN24130 |titel=Dylan’s introduction, August 15, 2002. |werk=Bjorner’s ''Still On the Road'' |datum=2002-08-15 |abruf=2007-06-16}}&lt;/ref&gt;}}<br /> <br /> Diese Konzerteinleitung wurde mit Beginn des Jahres 2012 ebenfalls abgeschafft. Eine Ankündigung des Künstlers findet derzeit nicht statt.<br /> <br /> Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurden bereits geplante Tourneen im April und Juni/Juli 2020 in Japan bzw. den USA abgesagt, so dass Bob Dylan das erste Live-Konzert seit Dezember 2019 erst nach fast zweijähriger Unterbrechung am 2. November 2021 in Milwaukee (Wisconsin)&lt;ref&gt;Setlist und Bandmitglieder auf der Website [https://www.boblinks.com/110221s.html boblinks], abgerufen am 9. November 2021.&lt;/ref&gt; geben konnte. Es ist eine weltweite Tour bis 2024 angekündigt.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.bobdylan.com/on-tour/ |titel=On Tour {{!}} The Official Bob Dylan Site |abruf=2022-02-10}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Einfluss auf die Popkultur ==<br /> Dylan hat wie kaum ein anderer Musiker die Entwicklung der Popmusik seit den 1960er Jahren beeinflusst. Er schöpft aus dem Fundus traditioneller, populärer amerikanischer Musik von Folk über Country bis zu [[Gospel]], [[Blues]] und [[Rock ’n’ Roll]]. Das Erbe des sogenannten [[Roots Rock|Americana]] bildet über seine gesamte Karriere den Nährboden seines Werks. Obgleich er sich diese [[Idiom (Spracheigentümlichkeit)|Idiome]] teilweise erst im Laufe seiner Karriere angeeignet hat, ist es ihm immer wieder gelungen, sie entscheidend zu transformieren und zu erweitern. Eines seiner größten Verdienste ist, dass er mit einer starken Hinwendung auf die Texte seiner Lieder der modernen Rockmusik eine neue sprachliche Komplexität gegeben hat.<br /> <br /> War die Rockmusik vor ihm vor allem durch triviale Liebeslieder geprägt (ein Sammler und Freund von Dylans Werken beschrieb diese Phase einmal als „Liebe und Triebe“), so wurde sie mit Dylan nicht nur, angelehnt an die sozialkritische Tradition der Folkmusik, politisch, sondern auch zu einem Medium ernst zu nehmender Poesie. Dylan etablierte den Popsong als ein Medium, mit dem individuelle Erfahrungen verarbeitet und mitgeteilt werden können. Einige von Dylans Texten gelten als Werke von höchstem literarischem Rang und waren Gegenstand intellektueller Diskussionen (beispielsweise ''[[Desolation Row]], Like a Rolling Stone'' und ''Hurricane''). Dylan hat damit einen bedeutenden Beitrag dazu geleistet, die populäre Rockmusik als ernsthafte Kunstform zu etablieren.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Mareike Knoke |url=https://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/bob-dylan-forschung-auf-songwriters-spuren-a-514187.html |titel=Auf Songwriters Spuren |werk=[[Spiegel Online]] |datum=2007-11-14 |abruf=2009-06-19}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Seit 1996 wurde Dylan immer wieder als Anwärter auf den [[Nobelpreis für Literatur|Literatur-Nobelpreis]] gesehen. Eine von den Schriftstellern John Bauldie und Allen Ginsberg geleitete Kampagne führte 1996 zu seiner ersten Nominierung. Unterstützt wurde sie auch von dem Literaturprofessor Gordon Ball, der Dylans Texte in ihrem „außergewöhnlich einfallsreichen Symbolismus“ mit Arthur Rimbaud und [[William Butler Yeats]] vergleicht.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor= |url=https://www.spiegel.de/kultur/literatur/bob-dylan-kandidat-fuer-den-literaturnobelpreis-a-74957.html |titel=Kandidat für den Literaturnobelpreis? |werk=[[Spiegel Online]] |datum=2000-05-04 |abruf=2009-06-19}}&lt;/ref&gt; Für andere erweckt Dylans dunkle und assoziationsreiche Lyrik „immer wieder den Eindruck, als wisse er mehr, als könne er tiefer dringen und Antworten geben.“&lt;ref&gt;Thomas Winkler: {{Webarchiv |url=http://film.fluter.de/de/252/film/6631/ |text=''Dylan-Spezi: Manfred Maurenbrecher. Dem Mythos auf der Spur.'' |wayback=20160304185719}}. In: ''[[Fluter (Magazin)|film.fluter]]'', 28.&amp;nbsp;Februar 2008, Interview mit [[Manfred Maurenbrecher|Maurenbrecher]].&lt;/ref&gt; Geschmälert wurden Dylans Chancen indes dadurch, dass seine Songs nur im weiteren Sinne als Literatur klassifiziert werden können, da sie erst durch die musikalische Darbietung ihre Wirkung ganz entfalten.&lt;ref&gt;Zach Schonfeld: [https://www.theatlantic.com/entertainment/archive/2013/09/bob-dylan-doesnt-need-to-win-the-nobel-prize/310477/ ''Bob Dylan Shouldn’t Win the Nobel Prize for Literature.''] In: ''[[The Atlantic|The Atlantic Wire]]'', 30. September 2013 (englisch).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Dylans Hinwendung zu komplexen Texten und einer individuellen Spielweise der Rockmusik Mitte der 1960er Jahre fanden etwa zeitgleich mit nicht minder bedeutenden Innovationen anderer Popmusiker statt. In Großbritannien nahmen [[The Beatles]] mit ''Rubber Soul'' und ''Revolver'' zwei Alben auf, die sich sowohl musikalisch als auch textlich deutlich von dem bis dahin üblichen Niveau der gängigen Popmusik abhoben. In den USA experimentierten [[The Velvet Underground]] mit neuen musikalischen Formen und verarbeiteten literarische Themen in ihren Texten. <br /> <br /> Selbst [[Brian Wilson]] von den [[The Beach Boys|Beach Boys]] – also ein Musiker, der bis dahin eigentlich auf einfachere Popsongs abonniert war – veröffentlichte gegen den Widerstand seiner Plattenfirma das Album ''[[Pet Sounds]],'' das in seiner musikalischen Komplexität vieles der damals üblichen seichten Popmusik in den Schatten stellte und ungewöhnlich melancholische und nachdenkliche Töne anschlug. Mit Dylan und diesen anderen, ebenfalls herausragenden Künstlern erhielt die sich formierende und immer selbstbewusster artikulierende Gegenkultur auch eine künstlerische Stimme.<br /> <br /> Dylan verwirklichte seine sich immer wieder wandelnden musikalischen und textlichen Vorstellungen (von idealistischen, explizit politischen Folksongs über surrealistische Rocknummern und sentimentalen Country-Songs bis zu gospeligen Predigten in Liedform) zwar mit Unterstützung seiner Plattenfirma, aber teilweise gegen einen erbitterten Widerstand seiner angestammten Fangemeinde. Dies verdeutlicht, wie sehr Dylan zu der Rolle des populären Rockmusikers als autonomer Künstler beigetragen hat. Immer wieder betonte er, wie wichtig traditionelle Folksongs für seine Entwicklung waren und sind. Oft zog er seine Inspiration aus Liedern aus der Zeit vor dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]], die längst aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden waren. Die dort verarbeiteten Mythen und Legenden der amerikanischen Kultur bilden einen Grundpfeiler seines Schaffens als Songwriter.<br /> <br /> Deutlich erkennbar wurde dies bereits auf seiner [[Bob Dylan (Album)|ersten LP]], auf der er größtenteils [[Traditional]]s spielte. Aber auch später trat dies immer wieder offen zu Tage, so auf ''The Basement Tapes'' und den beiden Anfang der 1990er Jahre veröffentlichten Soloalben sowie auf seinem Album ''[[“Love and Theft”]]'' von 2001. Das dort enthaltene Stück ''High Water (For Charlie Patton)'' bezog sich explizit auf [[Charley Patton]]s Bluessong ''[[High Water Everywhere]]'' aus dem Jahr 1929, der von der desaströsen und folgenschweren [[Mississippiflut 1927]] erzählt. So wie es in diesen alten Liedern der amerikanischen [[Folklore]] durchaus üblich war, in den Texten reale Ereignisse zu thematisieren, so greift auch Dylan solche Themen in seinen Songs auf. Dies waren besonders in seiner frühen Karriere sozialkritische Themen, später zunehmend auch persönliche Erfahrungen.&lt;ref&gt;[[Greil Marcus]]: ''Basement blues: Bob Dylan und das alte, unheimliche Amerika''. Zweitausendeins, Hamburg 1998, ISBN 3-8077-0317-9.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Dylan hatte nie eine dem klassischen Schönheitsideal genügende, ausgebildete [[Gesang|Singstimme]]. Seine Qualitäten als Sänger sind umstritten: Einige Kritiker schätzen seine ausdrucksstarke, absichtlich „unschöne“ Art zu singen, die ungewöhnliche Phrasierung voller rhythmischer Verschiebungen, seinen unverwechselbar selbstbewusst meckernden Sound; andere wiederum stört, dass Dylan (ursprünglich wohl, um die traditionellen Blues- und Folksongs der ersten Platten glaubwürdiger klingen zu lassen) mit einer künstlich aufgerauten, sozusagen verstellten Stimme singe. <br /> <br /> Die Zeitschrift ''[[Time]]'' schrieb in den 1960er Jahren, seine Stimme klinge, „als käme sie über die Mauern eines [[Tuberkulose]]-Sanatoriums“. Dies änderte sich vorübergehend während seiner Country-Phase um 1970, als er beinahe glatt klang – nicht zuletzt deshalb, weil er vorübergehend das Rauchen aufgegeben hatte. Über die Jahre ist seine Stimme allerdings deutlich gealtert, so dass sie inzwischen einen geradezu krächzenden Klang hat, der ihr aber auch Charakter verleiht.<br /> <br /> Seine Songs sind von zahlreichen Musikern aufgenommen worden. Hierzu gehören [[Joan Baez]], [[Eric Clapton]], [[The Byrds]], [[Rod Stewart]], [[Van Morrison]], [[Joe Cocker]], [[Johnny Cash]], [[Jimi Hendrix]], [[Bryan Ferry]] (der 2007 ein Album ausschließlich mit Dylan-Liedern mit dem Titel ''Dylanesque'' herausbrachte) und Elvis Presley. Zahlreiche Lieder Dylans sind erst durch die Aufnahmen anderer Musiker populär geworden, was auch an seiner wenig massenkompatiblen Stimme liegen mag, so beispielsweise ''It’s All Over Now, Baby Blue'' in der Fassung von [[Them]], ''[[Mr. Tambourine Man]]'' von den [[The Byrds|Byrds]], ''Blowin’ in the Wind'' von den [[The Hollies|Hollies]], ''[[All Along the Watchtower]]'' in der Version von Jimi Hendrix, ''Mighty Quinn'' und ''Father of Night'' in den Interpretationen von [[Manfred Mann]] sowie ''[[Knockin’ on Heaven’s Door (Lied)|Knockin’ on Heaven’s Door]]'' von [[Guns n’ Roses]].<br /> <br /> Auf viele Musiker hat Dylan einen prägenden Einfluss gehabt, unter anderem auf Van Morrison, The Beatles, [[Steely Dan]], Bruce Springsteen, Jimi Hendrix und [[Nick Cave]]. Er prägte auch deutsche Musiker wie etwa [[Wolfgang Niedecken]] (''Leopardefell)'' und den österreichischen Liedermacher [[Wolfgang Ambros]] (''Wie im Schlaf),'' die beide jeweils ein komplettes Album mit in deutsche Dialekte ([[Kölsch (Sprache)|Kölsch]] und [[Wienerisch]]) übertragenen frühen Dylan-Songs veröffentlichten. Darüber hinaus zählte auch [[Falco]], dessen Sarg zu den Klängen von ''It’s All Over Now, Baby Blue'' in die Erde gelassen wurde, Dylan zu seinen Vorbildern.<br /> <br /> Das Nachrichtenmagazin ''[[Newsweek]]'' fand für Dylans Bedeutung die Formulierung: „Er bedeutet für die Popmusik das gleiche wie Einstein für die Physik“. In der vom US-Musikmagazin ''[[Rolling Stone]]'' veröffentlichten Liste der [[500 beste Alben aller Zeiten (Rolling Stone)|500 besten Alben aller Zeiten]] ist Dylan mit zehn Alben vertreten (davon zwei in den Top 10), er liegt damit nur knapp hinter den Beatles mit elf Alben.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.rollingstone.com/news/story/5938174/the_rs_500_greatest_albums_of_all_time |titel=The Rolling Stone 500 Greatest Albums of All Time |datum=2003-11-18 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20060206184156/http://www.rollingstone.com:80/news/story/5938174/the_rs_500_greatest_albums_of_all_time/ |archiv-datum=2006-02-06 |abruf=2021-06-27}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Ehrungen ==<br /> Dylan ist Träger zweier [[Ehrendoktortitel]]. Den ersten erhielt er 1970 von der [[Universität Princeton]],&lt;ref&gt;[https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/pop/legenden-dr-h-c-bob-dylan-1162994.html ''Dr. h.c. Bob Dylan.''] In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]'', 24. Juni 2004.&lt;/ref&gt; den zweiten verlieh ihm am 23.&amp;nbsp;Juni 2004 die schottische [[University of St Andrews]], die ihn als „Ikone des 20. Jahrhunderts“ betitelte, dessen Lieder seine Zeit prägten, so wie auch die Zeit seine Lieder prägte. Bob Dylans Lyrik sei in den Anfängen von politischem Dialog durch Musik nicht mehr wegzudenken.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.st-andrews.ac.uk/news/archive/2004/Title,42820,en.html |titel=Bob Dylan made a doctor of music |werk=[[University of St Andrews]] |datum=2004-06-24 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20110805213050/http://www.st-andrews.ac.uk/news/archive/2004/Title,42820,en.html |archiv-datum=2011-08-05 |abruf=2021-06-27 |abruf-verborgen=1}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> 2001 gewann Dylan mit [[Things Have Changed]] aus dem Film [[Wonder Boys]] sowohl den [[Oscar]] als auch den [[Golden Globe Award]] für den besten Filmsong.<br /> <br /> Am 8. April 2008 wurde die Verleihung des [[Pulitzer-Preis|Pulitzer]]-Sonderpreises an Bob Dylan bekanntgegeben.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.pulitzer.org/citation/2008-Special-Awards-and-Citations |titel=The 2008 Pulitzer Prize Winners |datum=2008 |abruf=2009-06-19}}&lt;/ref&gt; Er erhielt den Preis für seinen besonderen Einfluss auf die Popkultur und seine „lyrischen Kompositionen“.&lt;ref&gt;[[Edo Reents]]: [https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/pop/ein-pulitzerpreis-fuer-bob-dylan-hier-gehoert-jetzt-dir-dieser-preis-1541336.html ''Hier, gehört jetzt dir, dieser Preis.''] In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]'', 8.&amp;nbsp;April 2008.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> US-Präsident [[Barack Obama]] verlieh ihm 2009 in Abwesenheit die [[National Medal of Arts]]. ''Live 1966 (The Royal Albert Hall Concert)'' wurde in [[The Wire’s „100 Records That Set the World on Fire (While No One Was Listening)“]] aufgenommen. 2011 wurde er in die [[American Academy of Arts and Sciences]] gewählt.<br /> [[Datei:President Barack Obama presents American musician Bob Dylan with a Medal of Freedom (cropped).jpg|mini|Bob Dylan bekommt von [[Präsident der Vereinigten Staaten|Präsident]] [[Barack Obama|Obama]] die [[Presidential Medal of Freedom]] verliehen.]]<br /> 2012 wurde Dylan mit der [[Presidential Medal of Freedom]] ausgezeichnet.&lt;ref&gt;''{{Webarchiv |url=http://www.whitehouse.gov/the-press-office/2012/04/26/president-obama-names-presidential-medal-freedom-recipients |text=Empfänger der Freiheitsmedaille. |wayback=20120428023545}}'' In: ''[[Weißes Haus]]'', 26.&amp;nbsp;April 2012.&lt;/ref&gt; 2013 wurde er in die [[American Academy of Arts and Letters]] aufgenommen, allerdings nur als ''Ehrenmitglied'' auf Lebenszeit, da sich die Akademie nicht einigen konnte, ob er mehr zu den Musikern oder eher zu den Literaten zu zählen sei.&lt;ref&gt;[http://www.genios.de/presse-archiv/artikel/FAZ/20130321/new-york-ehrung-fuer-bob-dylan/FD1201303213826612.html ''Ehrung für Bob Dylan.''] In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]'' via ''[[GBI-Genios|Genios]]'', 21.&amp;nbsp;März 2013, S.&amp;nbsp;28.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 25. Mai 2013 nahm ihn die Frühjahrs-Mitgliederversammlung der [[Akademie der Künste Berlin]] als neues Mitglied in die Sektion Film- und Medienkunst auf.&lt;ref&gt;''[http://www.adk.de/de/blog/index.htm?we_objectID=32256 Neue Mitglieder der Akademie der Künste.]'' In: ''[[Akademie der Künste Berlin]]'', 27.&amp;nbsp;Juni 2013, aufgerufen am 5.&amp;nbsp;April 2017.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im November 2013 erhielt Dylan den französischen Orden der [[Ehrenlegion]] trotz der Ablehnung des Großkanzlers des Ordens, [[Jean-Louis Georgelin]].&lt;ref&gt;NB: ''[https://www.schweizer-illustrierte.ch/stars/und-uebrigens/bob-dylan-franzoesischer-verdienstorden-prinz-harry-nick-carter-isabell-horn-gzsz Bob Dylan: Musikerlegende bekommt französischen Verdienstorden.]'' In: ''[[Schweizer Illustrierte]]'', 14.&amp;nbsp;November 2013, abgerufen am 2.&amp;nbsp;April 2017.&lt;/ref&gt; Bei der Verleihung lobte Kulturministerin [[Aurélie Filippetti]] den Sänger als einzigartige Verkörperung der „subversiven Kraft der Kultur, die die Menschen und die Welt verändern kann“.&lt;ref&gt;''[http://www.abendblatt.de/vermischtes/article121879175/Aerger-um-franzoesischen-Orden-fuer-Bob-Dylan.html Ärger um französischen Orden für Bob Dylan.]'' In: ''[[Hamburger Abendblatt]]'', 14.&amp;nbsp;November 2013.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die [[Schwedische Akademie]] gab am 13. Oktober 2016 ihre Entscheidung bekannt, Bob Dylan als erstem [[Singer-Songwriter]] und Dichter den [[Nobelpreis für Literatur]] „für seine poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Songtradition“ zu verleihen.&lt;ref&gt;[http://www.nobelprize.org/nobel_prizes/literature/laureates/2016/press_ty.html The Nobel Prize in Literature 2016] auf nobelprize.org.&lt;/ref&gt; Auch eine Woche nach Bekanntgabe der Auszeichnung gelang es der Nobelpreisakademie nicht, mit Bob Dylan in Kontakt zu treten. Zwei Wochen nach Bekanntgabe der Verleihung gab Dylan an, der Preis sei ihm eine Ehre. Er werde ihn, wenn möglich, selbst in Empfang nehmen.&lt;ref&gt;Edna Gundersen: ''[http://www.telegraph.co.uk/men/the-filter/world-exclusive-bob-dylan---ill-be-at-the-nobel-prize-ceremony-i/ Bob Dylan – I'll be at the Nobel Prize ceremony… if I can.]'' In: ''[[The Daily Telegraph|The Telegraph]]'', 29.&amp;nbsp;Oktober 2016.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;''[http://bazonline.ch/kultur/buecher/bob-dylan-bricht-sein-schweigen/story/20606152 Bob Dylan bricht sein Schweigen.]'' In: ''[[Basler Zeitung]]'' online, 29.&amp;nbsp;Oktober 2016.&lt;/ref&gt; Am 16.&amp;nbsp;November sagte er seine Teilnahme an der Zeremonie der Preisverleihung am 10.&amp;nbsp;Dezember ab.&lt;ref&gt;[https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/pop/bob-dylan-kommt-nicht-zur-nobelpreisverleihung-14530832.html ''Bob Dylan hat was anderes vor.''] In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]'', 16.&amp;nbsp;November 2016.&lt;/ref&gt; Stellvertretend nahm die Künstlerin [[Patti Smith]] für Bob Dylan in Stockholm den Nobelpreis entgegen. Sie trug zur Preisverleihung den Bob-Dylan-Song ''A Hard Rains A-Gonna Fall'' aus dem Jahr 1962 vor.&lt;ref&gt;Julia Wäschenbach: [https://www.welt.de/kultur/article160182079/Bob-Dylan-schwaenzt-und-Patti-Smith-hat-einen-peinlichen-Moment.html ''Bob Dylan schwänzt, und Patti Smith hat einen peinlichen Moment''] In: ''[[Die Welt]]'', 11. Dezember 2016.&lt;/ref&gt; Die Bankettansprache ließ Dylan schriftlich übermitteln, sodass sie von der US-Botschafterin für Schweden Azita Raji vorgetragen wurde. Darin beschreibt er seine Überraschung und seinen Dank dafür, dass das Komitee die Frage, ob seine Lieder Literatur seien, die er sich niemals selbst gestellt habe, auf diese Weise beantwortet hat.&lt;ref&gt;[https://www.nobelprize.org/prizes/literature/2016/dylan/25424-bob-dylan-banquet-speech-2016/ Bob Dylan – Banquet speech]. NobelPrize.org. Abgerufen am 14. Oktober 2018.&lt;/ref&gt; Am 1.&amp;nbsp;April 2017 nahm Dylan in Stockholm den Preis bei einem Treffen mit Mitgliedern der Akademie und unter Ausschluss der Öffentlichkeit entgegen. Der Musiker und Poet hatte sich anlässlich eines Konzertes in der schwedischen Hauptstadt aufgehalten.&lt;ref&gt;[[Austria Presse Agentur|Apa]]/[[Dpa]]: ''{{Webarchiv |url=https://www.salzburg.com/nachrichten/welt/kultur/sn/artikel/nun-also-doch-bob-dylan-hat-sich-seinen-nobelpreis-abgeholt/ |text=Nun also doch: Bob Dylan hat sich seinen Nobelpreis abgeholt. |wayback=20170406020947}}'' In: ''[[Salzburger Nachrichten]]'', 2.&amp;nbsp;April 2017.&lt;/ref&gt; Kurz vor Ablauf der Frist am 10. Juni 2017 lieferte er die Preisrede ab, die er am 4. Juni 2017 in Los Angeles aufgenommen hatte. Er spricht darin, von Klaviermusik unterlegt, über sein Verhältnis zur Literatur und seine prägenden Vorbilder.&lt;ref&gt;[https://www.youtube.com/watch?v=3Zf04vnVPfM ''Bob Dylan 2016 Nobelpreisrede''.], in gesprochener und vertonter Version auf youtube.com&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Jan Wiele: [http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/pop/bob-dylans-nobelpreisrede-15049551.html ''Im Kreisverkehr.''] In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]'', 7. Juni 2017.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Er ist nach [[George Bernard Shaw]] die zweite Person, die einen Nobelpreis und einen Oscar erhielt.<br /> <br /> Der ''[[Rolling Stone]]'' listet Dylan auf Rang zwei der [[Die 100 größten Musiker aller Zeiten|100 größten Musiker]] (vor ihm sind nur die [[The Beatles|Beatles]] als Gruppe platziert), auf Rang sieben der [[Die 100 besten Sänger aller Zeiten|100 besten Sänger]] und auf Rang eins der [[Die 100 besten Songwriter aller Zeiten|100 besten Songwriter aller Zeiten]].&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.rollingstone.com/music/lists/100-greatest-artists-of-all-time-19691231/bob-dylan-20110420 |titel=100 Greatest Artists of All Time |hrsg=[[Rolling Stone]] |datum=2010-12-02 |sprache=en |abruf=2017-08-08}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.rollingstone.com/music/lists/100-greatest-singers-of-all-time-19691231/bob-dylan-20101202 |titel=100 Greatest Singers of All Time |hrsg=[[Rolling Stone]] |datum=2010-12-02 |sprache=en |abruf=2017-08-08}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.rollingstone.com/music/lists/100-greatest-songwriters#bob-dylan |titel=The 100 Greatest Songwriters of All Time |hrsg=[[Rolling Stone]] |datum=2015-08 |sprache=en |abruf=2017-08-08}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 9. Juni 2017 wurde ein [[Asteroid]] nach Bob Dylan benannt: [[(337044) Bobdylan]].<br /> <br /> == Trivia ==<br /> Bob Dylan besitzt ein großes Anwesen in [[Malibu (Kalifornien)|Malibu]] im US-Bundesstaat [[Kalifornien]], das sich in der Nähe des [[Point Dume State Beach]] befindet.&lt;ref&gt;Steve Chagollan, ''Bob Dylan’s Designer Brings It All Back Home: Martin Newman’s work on the singer's Malibu manse has earned him a Hollywood clientele'', in: Variety, 26. April 2013 [https://variety.com/2013/biz/features/bob-dylan-house-designer-1200406286/ (online)]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Diskografie ==<br /> {{Eingebundene Diskografie|Bob Dylan/Diskografie|Überschrift=Studioalben|Liste der Lieder von Bob Dylan}}<br /> <br /> == Radiosendungen ==<br /> * 2006 bis 2009 für den [[Sirius Satellite Radio|Sirius-Satellitenradiosender]]: ''Theme Time Radio Hour'' für [[Subskription|Subskribenten]] unter ''www.siriusxm.com/deeptracks'' nachzuhören.&lt;ref&gt;Jan Wiele: ''[http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/pop/bob-dylans-theme-time-radio-hour-der-meister-der-blauen-stunde-1636097.html Der Meister der blauen Stunde.]'' In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]'', 10.&amp;nbsp;Mai 2011, S.&amp;nbsp;33.&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;Amendt&quot; /&gt;<br /> <br /> == Bühnenbearbeitung ==<br /> * 2008: ''Dylan – The times they are a-changing''; biografisch-musikalische Revue von [[Heiner Kondschak]] (Regie und musikalische Leitung)&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://www.staatstheater.karlsruhe.de/programm/info/1179/ |text=Informationen zur Neuaufführung des Stücks ''Dylan – The times they are a-changing'' |wayback=20110927021653}} beim [[Badisches Staatstheater Karlsruhe|Badischen Staatstheater Karlsruhe]] einschließlich [https://www.youtube.com/watch?v=l-aFX4pY9cw Trailer einer Aufführung in Karlsruhe] und [https://www.youtube.com/watch?v=xF5YkgR5-kc Ingolstadt]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Filme ==<br /> * 1967: [[Dont Look Back]]. Dokumentarfilm über Dylans Großbritannien-Tournee im Jahr 1965. Regie: [[D. A. Pennebaker]]<br /> * 1972: [[Eat the Document]]. Dokumentation von Dylans 1966er England-Tournee. Regie: Bob Dylan und Howard Alk, Kamera: Bob Dylan und [[D. A. Pennebaker]]<br /> * 1973: [[Pat Garrett jagt Billy the Kid]] ''(Pat Garrett and Billy the Kid).'' Soundtrack: Bob Dylan; Dylan spielt den „Alias“<br /> * 1978: Renaldo und Clara ''(Renaldo and Clara)''<br /> * 1987: Hearts of Fire, mit [[Rupert Everett]] und Fiona, Regie: [[Richard Marquand]]<br /> * 1990: [[Catchfire]]. Dylan spielt in einer kleinen Rolle einen Künstler. Zur Besetzung gehören auch [[Dennis Hopper]], [[Jodie Foster]], [[Fred Ward]], [[Joe Pesci]], [[Dean Stockwell]], [[John Turturro]] und [[Vincent Price]].<br /> * 2003: [[Masked and Anonymous]]. Dylan agiert neben [[Penélope Cruz]], [[Jeff Bridges]], [[Jessica Lange]], [[Angela Bassett]], [[John Goodman]], [[Val Kilmer]], Michael Paul Chan, [[Ed Harris]] und [[Fred Ward]]. Dylan spielt einen aus dem Gefängnis entlassenen Musiker, der Soundtrack enthält viele Dylan-Songs.<br /> * 2005: [[No Direction Home – Bob Dylan]]. Bob-Dylan-Porträt von [[Martin Scorsese]].<br /> * 2007: The other Side of the Mirror. Drei Konzerte vom [[Newport Folk Festival|Newport Festival]] 1963 bis 1965. Dokumentarfilm von [[Murray Lerner]].<br /> * 2007: [[Todd Haynes]] drehte im Juli 2006 in Montreal den Film ''[[I’m Not There]],'' der am 4. September 2007 auf den [[Internationale Filmfestspiele von Venedig 2007|Internationalen Filmfestspielen von Venedig]] Weltpremiere hatte. Bob Dylan spielte selbst nicht mit, er wird von verschiedenen Schauspielern wie [[Richard Gere]] oder [[Cate Blanchett]] verkörpert.<br /> <br /> == Schriften ==<br /> * ''Tarantula.'' The Macmillan Company, 1971. Reprint: Scribner, New York 2004. ISBN 0-7432-3041-8.<br /> ** Wolfgang Smejkal (Hrsg.): ''Tarantula / Tarantel.'' Zweisprachige Ausgabe. Aus dem Amerikanischen von [[Carl Weissner]]. Hannibal, St. Andrä-Wördern 1995. ISBN 3-85445-100-8. (In der Reine: ''Hannibal media classics''; Rockbiographien, Rockgeschichte.)<br /> ** ''Tarantel''. Aus dem Amerikanischen von Carl Weissner. Revidiert und mit einem Nachwort versehen von Heinrich Detering. Hoffmann &amp; Campe, Hamburg 2016, ISBN 978-3-455-00116-7.<br /> * ''Writings and Drawings''. Alfred A. Knopf, New York 1973.<br /> ** ''Texte und Zeichnungen''. Zweisprachige Ausgabe. Aus dem Amerikanischen von Carl Weissner. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1975.<br /> * ''Lyrics 1962-1985 (Includes all of Writings and Drawings. Plus 120 new Writings).'' Alfred A. Knopf, New York 1985, ISBN 978-0-394-54278-2.<br /> ** ''Songtexte 1962–1985.'' Zweisprachige Ausgabe. Herausgegeben von Walter Hartmann. Aus dem Amerikanischen von Carl Weissner. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1987.<br /> * ''Lyrics – 1962–2001.'' Simon &amp; Schuster, London 2004, ISBN 978-0-7432-3101-5.<br /> ** ''Lyrics 1962–2001''. Sämtliche Songtexte. Zweisprachige Ausgabe. Aus dem Amerikanischen von Gisbert Haefs. Hoffmann und Campe, Hamburg 2004, ISBN 3-455-01591-3.<br /> * ''Chronicles, Volume One.'' Simon &amp; Schuster, New York 2004, ISBN 0-7434-7864-9.<br /> ** ''Chronicles, Volume One.'' Aus dem Amerikanischen von [[Gerhard Henschel]] und [[Kathrin Passig]]. Hoffmann und Campe, Hamburg 2004, ISBN 3-455-09385-X.<br /> * ''The Lyrics – 1961–2012.'' Edition November 2016: annotated, illustrated. Simon &amp; Schuster, New York, 2016, ISBN 978-1-4516-4876-8.<br /> ** ''Lyrics. Sämtliche Songtexte 1962–2012''. Zweisprachige Ausgabe. Aus dem Amerikanischen von [[Gisbert Haefs]]. Hoffmann &amp; Campe, Hamburg 2016, ISBN 978-3-455-00016-0.<br /> * ''The Nobel Lecture''. Simon &amp; Schuster, New York 2017, ISBN 978-1-5011-8940-1.<br /> ** ''Die Nobelpreis-Vorlesung''. Aus dem Amerikanischen von Heinrich Detering. Hoffmann &amp; Campe, Hamburg 2017, ISBN 978-3-455-00343-7.<br /> <br /> ;Ausgewählte Texte in Einzelausgaben<br /> * ''Eleven Outlined Epitaphs / Elf Entwürfe für meinen Grabspruch.'' Zweisprachige Ausgabe. Aus dem Amerikanischen von [[Wolf Biermann]]. Kiepenheuer und Witsch, Köln 2003, ISBN 3-462-03306-9.<br /> * ''Hollywood Foto-Rhetoric. The Lost Manuscript''. Mit Fotografien von [[Barry Feinstein]]. Simon &amp; Schuster, New York City, USA 2010, ISBN 978-1-4391-1255-7. (Englisch.)<br /> * ''Blowin' in the Wind.'' Mit Bildern von Jon J. Muth, einem Nachwort von [[Greil Marcus]] und CD. Sterling, New York 2011, ISBN 978-1-4027-8002-8. (englisch.)<br /> <br /> '''Übersetzungen ins Deutsche'''<br /> * Bob Dylan: ''Poesiealbum 189''. Zweisprachige Ausgabe, Verlag Neues Leben, Berlin 1983, ISBN 90-805897-6-4.<br /> * ''Bob Dylan: Songtexte 1962–1985.'' Deutsch von Carl Weissner und Walter Hartmann (zeilenweise und „reimgetreue“ Gegenüberstellung der englischen und deutschen Texte), Zweitausendeins, Frankfurt 1987&lt;!-- ohne ISBN --&gt;<br /> * [http://www.poesiealbum.info/hefte/p189.html ''Bob Dylan.''] (= [[Poesiealbum (Lyrikreihe)|Poesiealbum]]. 189/2). Lyrikauswahl und Nachdichtung von [[Heinrich Detering]], Grafik von [[Richard Lindner]]. Märkischer Verlag, Wilhelmshorst 2016.<br /> * Bob Dylan: ''Planetenwellen. Gedichte und Prosa'', übersetzt und kommentiert von Heinrich Detering. Hoffmann &amp; Campe, Hamburg 2017, ISBN 978-3-455-00118-1.<br /> <br /> == Malerei ==<br /> * ''The Drawn Blank Series'' (Aquarelle und Gouachen). Prestel, München 2007, ISBN 978-3-7913-3944-3. (Anlässlich der Ausstellung: Bob Dylan. The Drawn Blank Series, in den Kunstsammlungen Chemnitz vom 28. Oktober 2007 bis 3. Februar 2008; herausgegeben von Ingrid Mössinger und Kerstin Drechsel, übersetzt von Irmgard Hölscher und Eva Moldenhauer.)<br /> * ''The Brazil Series.'' Prestel, München 2010, ISBN 978-3-7913-5098-1. (Mit Beiträgen von John Elderfield und Kasper Monrad.)<br /> <br /> == Literatur ==<br /> &lt;small&gt;-- alphabetisch, autorenbezogen --&lt;/small&gt;<br /> * [[Günter Amendt]]: ''Reunion sundown. Jokerman 84 revisits Highway 61. Eine Robertage über Dylans Europa-Tournee 1984.'' Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1985.<br /> * Günter Amendt: ''The never ending tour. Günter Amendt über Bob Dylan.'' Konkret-Literatur-Verlag, Hamburg 1991, ISBN 3-89458-104-2.<br /> * Günter Amendt: ''Back to the Sixties. Bob Dylan zum Sechzigsten.'' Konkret-Literatur-Verlag, Hamburg 2001, ISBN 978-3-89458-199-2.<br /> * Olaf Benzinger: ''Bob Dylan. Seine Musik und sein Leben.'' dtv, München 2006, ISBN 3-423-24548-4.<br /> * Olaf Benzinger: ''Bob Dylan. Die Geschichte seiner Musik.'' dtv, München 2011, ISBN 978-3-423-34673-3.<br /> * [[Uwe Birnstein]]: ''Forever Young, Bob Dylan! Wie der Rock-Rebell Gott sucht, Eigensinn lebt und den Frieden besingt.'' Verlag Neue Stadt, München-Zürich-Wien 2021, ISBN 978-3-7346-1268-8.<br /> * Gottfried Blumenstein: ''Mr. Tambourine Man. Leben und Musik von Bob Dylan.'' 2. Auflage. Henschel Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-89487-214-4.<br /> * Betsy Bowden: ''Performed Literature. Words and Music by Bob Dylan.'' Indiana University Press, Bloomington 1982, ISBN 978-0-253-34347-5.<br /> * [[Heinrich Detering]]: ''Bob Dylan.'' 4. Auflage. Reclam, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-15-011053-9.<br /> * Heinrich Detering: ''Die Stimmen aus der Unterwelt. Bob Dylans Mysterienspiele.'' C.H. Beck, München 2016, ISBN 978-3-406-68876-8.<br /> * Michael Endepols: ''Bob Dylan von A bis Z.'' Reclam, Ditzingen 2011, ISBN 978-3-15-020225-8.<br /> * [[Michael Gray (Schriftsteller)|Michael Gray]]: ''Song &amp; Dance Man III – The Art of Bob Dylan.'' Continuum International, London / New York 2000, ISBN 978-0-8264-5150-7.<br /> * Michael Gray: ''The Bob Dylan Encyclopedia''. Continuum International, London / New York 2006, ISBN 0-8264-6933-7.<br /> * David Hajdu: ''Positively 4th Street – The Lives and Times of Joan Baez, Bob Dylan, [[Mimi Fariña|Mimi Baez Fariña]] and [[Richard Fariña]]''. Farrar, Straus &amp; Giroux, New York 2001, ISBN 978-0-312-68069-5.<br /> * Clinton Heylin: ''Bob Dylan: A Life in Stolen Moments – Day by Day, 1941–1995''. Schirmer Trade Books, 1996, ISBN 978-0-02-864676-3.<br /> * Clinton Heylin: ''Dylan: Behind Closed Doors – The Recording Sessions, 1960–1994''. Penguin Books, London 1996, ISBN 978-0-14-025749-6.<br /> * Clinton Heylin: ''Bob Dylan: Behind The Shades – The 20th Anniversary Edition.'' Faber and Faber, London 2011, ISBN 978-0-571-27240-2.<br /> * Clinton Heylin: ''Trouble In Mind – Bob Dylan's Gospel Years – What Really Happened.'' Lesser Gods, New York, 2017, ISBN 978-1-944713-29-4.<br /> ** Clinton Heylin: ''Dylan. Gospel. Die rauen Töne der wahren Geschichte''. Aus dem Englischen von Christian Rendel. Fontis-Verlag, Kreuzlingen 2018, ISBN 978-3-03848-147-8.<br /> * [[Axel Honneth]], [[Peter Kemper]], Richard Klein (Hrsg.): ''Bob Dylan. Ein Kongreß. Ergebnisse des internationalen Bob Dylan-Kongresses 2006 in Frankfurt am Main.'' Suhrkamp Verlag (edition suhrkamp 2507), Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-518-12507-6, [http://d-nb.info/982312520/04 Inhaltsverzeichnis].<br /> * Richard Klein: ''Die Herausforderung Bob Dylan.'' In: ''[[Merkur (Zeitschrift)|Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken.]]'' 56 (2002), Nr.&amp;nbsp;643, S.&amp;nbsp;1018–1024.<br /> * Richard Klein: ''Dylan in Manchester 1966. Ästhetisch-politische Hintergründe eines Eklats.'' In: ''[[Musik &amp; Ästhetik]].'' 7 (2003), {{ISSN|1432-9425}}, Nr.&amp;nbsp;27, S.&amp;nbsp;5–29.<br /> * Richard Klein: ''Kreuzzug als Kunstexplosion. Bob Dylans Wendung zur Gospelmusik.'' In: ''[[WestEnd. Neue Zeitschrift für Sozialforschung]].'' 3 (2006), H.&amp;nbsp;1, S.&amp;nbsp;146–157.<br /> * Richard Klein: ''My Name It Is Nothin'. Bob Dylan. Nicht Pop Nicht Kunst.'' Lukas Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-936872-45-7.<br /> * Richard Klein: ''Das Narrative der Stimme Bob Dylans.'' In: Christian Bielefeldt, Udo Dahmen, Rolf Grossmann (Hrsg.): ''PopMusicology. Perspektiven der Popmusikwissenschaft(en).'' Transcript, Bielefeld 2007, ISBN 978-3-89942-603-8, S.&amp;nbsp;220–240.<br /> * [[Walter Liederschmitt]]: ''Bob Dylan – alles in allem.'' éditions trèves, Trier 1992, ISBN 3-88081-275-6.<br /> * Greil Marcus: ''Bob Dylan by Greil Marcus''. PublicAffairs, New York 2010, ISBN 978-1-58648-831-4.<br /> ** ''Greil Marcus über Bob Dylan''. Aus dem Amerikanischen von Fritz Schneider. Edel Books, Hamburg 2013, ISBN 978-3-8419-0137-8.<br /> * Philippe Margotin, Jean-Michel Guesdon: ''Bob Dylan. Alle Songs. Die Geschichten hinter den Tracks.'' Delius Klasing, Bielefeld 2015, ISBN 978-3-667-10286-7.<br /> * Tino Markworth: ''Bob Dylan''. Rowohlt, Reinbek 2011, ISBN 978-3-499-50560-7.<br /> * Wilfrid Mellers: ''A Darker Shade of Pale. A Backdrop to Bob Dylan.'' Faber and Faber, London 1984, ISBN 0-571-13345-2.<br /> * Petra Mittelstenscheidt: ''Dylanfotos.'' In: ''Musik &amp; Ästhetik.'' 13 (2009), Nr.&amp;nbsp;50, S.&amp;nbsp;99&amp;nbsp;f.<br /> * Petra Mittelstenscheidt: ''Bob Dylan – Stimme und Gesicht.'' In: ''Musik &amp; Ästhetik.'' 13 (2009), Nr.&amp;nbsp;51, S.&amp;nbsp;31–40.<br /> * [[Ingrid Mössinger]] / [[Kunstsammlungen Chemnitz]] (Hrsg.): ''Bob Dylan Face Value''. Sandstein Verlag, Dresden 2016, ISBN 978-3-95498-237-0.<br /> * [[Wolfgang Niedecken]]: ''Wolfgang Niedecken über Bob Dylan'' (= ''KiWi Musikbibliothek.'' Band 11). Kiepenheuer &amp; Witsch, Köln 2021, ISBN 978-3-462-00120-4.<br /> * ''[[Rolling Stone]]'': ''Bob Dylan: 40 Jahre Rolling Stone-Interviews. Die 100 besten Songs.'' ''Rolling Stone''–Sonderausgabe, Axel Springer Mediahouse, Berlin 2013, {{ISSN|1612-9563}}.<br /> * [[Jens Rosteck]]: ''Bob Dylan – Leben, Werk, Wirkung.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-18218-8.<br /> * [[Giaco Schiesser]]: ''Der Soundtrack des Lebens. Bob Dylans ''Theme Time Radio Hour'' und das Unheimliche Amerikas.'' In: Olaf Knellessen, Giaco Schiesser, Daniel Strassberg (Hrsg.): ''Serialität. Wissenschaften, Künste, Medien.'' Turia + Kant, Wien 2015, ISBN 978-3-85132-766-3.<br /> * Mathias R. Schmidt: ''Bob Dylans „message songs“ der Sechziger Jahre und die anglo-amerikanische Tradition des sozialkritischen Liedes.'' (= ''Europäische Hochschulschriften.'' Reihe 14: ''Angelsächsische Sprache und Literatur.'' Band 108; Dissertation der Universität Marburg.) Lang, Frankfurt am Main / Bern 1982, ISBN 3-8204-7220-7.<br /> * Mathias R. Schmidt: ''Bob Dylan und die sechziger Jahre. Aufbruch und Abkehr.'' Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-596-22987-1.<br /> * [[Siegfried Schmidt-Joos]]: ''Bob Dylan. Songs auf dem Hochseil.'' In: Siegfried Schmidt-Joos: ''My Back Pages. Idole und Freaks, Tod und Legende in der Popmusik.'' Lukas Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-936872-19-8.<br /> * Stephen Scobie: ''Alias Bob Dylan.'' Red Deer College, Red Deer 1991.<br /> * Robert Shelton: ''Bob Dylan: Sein Leben und seine Musik.'' Goldmann, München 1988, ISBN 3-442-32541-2.<br /> * Robert Shelton: ''Bob Dylan. No Direction Home. Sein Leben, seine Musik 1941–1978.'' Aus dem Englischen von [[Gisbert Haefs]]. Edel Germany, Hamburg 2011, ISBN 978-3-8419-0065-4.<br /> * Howard Sounes: ''Down the Highway: The Life of Bob Dylan''. Black Swan, London 2001, ISBN 0-552-99929-6, (englisch).<br /> * [[Klaus Theweleit]] (Herausgeber und Vorwort): ''How Does It Feel. Das Bob-Dylan-Lesebuch.'' Rowohlt Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-87134-718-4.<br /> * [[Knut Wenzel]]: ''Hobo Pilgrim. Bob Dylans Reise durch die Nacht.'' Matthias Grünewald Verlag, Ostfildern 2011, ISBN 978-3-7867-2876-4.<br /> * [[Sean Wilentz]]: ''Bob Dylan in America''. Doubleday, New York 2010, ISBN 978-0-385-52988-4.<br /> ** Sean Wilentz: ''Bob Dylan und Amerika''. Aus dem Amerikanischen von Bernhard Schmid. Reclam, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-15-010869-7.<br /> * Paul Williams: ''Forever Young. Die Musik von Bob Dylan 1974–1986.'' Vorwort von Günter Amendt. Aus dem Amerikanischen von [[Kathrin Razum]]. Palmyra, Heidelberg 2006, ISBN 3-930378-66-3.<br /> * [[Willi Winkler (Autor)|Willi Winkler]]: ''Bob Dylan. Ein Leben''. Rowohlt, Reinbek 2011, ISBN 978-3-499-62716-3.<br /> * [[Harm-Peer Zimmermann]], Sonja Windmüller (Hrsg.): ''Sound des Wunderhorns. Kulturwissenschaftliche Resonanzen auf Bob Dylan''. Panama Verlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-938714-30-0.<br /> <br /> ;Bildbände<br /> * Rainer Bratfisch u. a. (Texte): ''Bob Dylan: Bilder eines Lebens. Die frühen Jahre''. Schwarzkopf &amp; Schwarzkopf Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-86265-045-3.<br /> * Barry Feinstein, Daniel Kramer, Jim Marshall: ''Early Dylan.'' Photographien. Vorwort von [[Arlo Guthrie]]. Schirmer / Mosel, München 1999, ISBN 3-88814-508-2.<br /> * Jerry Schatzberg (Texte und Photographien): ''Thin Wild Mercury.'' Genesis Publications, Guildford 2006, ISBN 0-904351-99-8.<br /> * Richard Williams (Texte): ''Bob Dylan: Eine Bildbiographie''. Heyne, München 1992, ISBN 978-3-453-05923-8.<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> * [[Bob Dylan/Auszeichnungen für Musikverkäufe]]<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commons}}<br /> {{Wikiquote}}<br /> <br /> '''Datenbanken'''<br /> * {{DNB-Portal|118528408}}<br /> * {{DDB|Person|118528408}}<br /> * {{Worldcat id|lccn-n50030190}}<br /> * {{IMDb|nm0001168}}<br /> * {{NNDB Name|320/000022254}}<br /> * Diskografie von {{Discogs}}<br /> <br /> '''Dylans Lieder'''<br /> * [http://www.bobdylan.com/ www.bobdylan.com] – offizielle Website mit den Texten und kurzen Hörproben aller Dylan-Lieder (englisch)<br /> * [http://www.dylanradio.com/ The World’s Only Bob Dylan Radio Station]<br /> * [http://dylanchords.info/ Essays über Dylan, Chords und Texte, Analysen von Harmonie und Text] (englisch)<br /> * Musik-Videos: [http://www.mtv.de/kuenstler/ehf5m8/bob-dylan Bob Dylan.] In: [[MTV Germany]], aufgerufen am 5.&amp;nbsp;April 2017 &lt;!-- &quot;(detaillierter Lebenslauf&quot; ...) ist eine alte Wikipedia-Kopie --&gt;<br /> <br /> '''Verschiedenes'''<br /> * [http://www.zeit.de/2016/23/bob-dylan-75.pdf ''Like a Rolling Stone''. Info-Grafik zu Dylans Stationen.] In: [[Die Zeit]], Nr.&amp;nbsp;23, 25.&amp;nbsp;Mai 2016, (PDF)<br /> * [http://www.expectingrain.com/ Aktuelle Nachrichten rund um Bob Dylan] (englisch)<br /> * [https://tinomarkworth.com/bob-dylan/ Kommentierte Literaturliste, Dylan Konferenz 1998, Interviewliste (mit Links)]<br /> * M. Fakhry Davids (Psychoanalytiker): [https://vimeo.com/165899358 Bob Dylan and the Art of Ageing] auf [[Vimeo]] (englisch)<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references responsive /&gt;<br /> <br /> {{Navigationsleiste Bob Dylan}}<br /> {{Navigationsleiste Literaturnobelpreisträger}}<br /> <br /> {{Lesenswert|22. August 2005|8690467}}<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=p|GND=118528408|LCCN=n50030190|NDL=00438512|VIAF=111894442}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Dylan, Bob}}<br /> [[Kategorie:Bob Dylan| ]]<br /> [[Kategorie:Folksänger]]<br /> [[Kategorie:Singer-Songwriter]]<br /> [[Kategorie:Rocksänger]]<br /> [[Kategorie:Multiinstrumentalist (Popularmusik)]]<br /> [[Kategorie:Golden-Globe-Preisträger]]<br /> [[Kategorie:Grammy-Preisträger]]<br /> [[Kategorie:Oscarpreisträger]]<br /> [[Kategorie:Pulitzer-Preisträger]]<br /> [[Kategorie:Träger des Ordre des Arts et des Lettres (Komtur)]]<br /> [[Kategorie:Nobelpreisträger für Literatur]]<br /> [[Kategorie:Mitglied der Rock and Roll Hall of Fame]]<br /> [[Kategorie:Person als Namensgeber für einen Asteroiden]]<br /> [[Kategorie:Autor]]<br /> [[Kategorie:Literatur (20. Jahrhundert)]]<br /> [[Kategorie:Literatur (Englisch)]]<br /> [[Kategorie:Literatur (Vereinigte Staaten)]]<br /> [[Kategorie:Lyrik]]<br /> [[Kategorie:Filmschauspieler]]<br /> [[Kategorie:Träger der Presidential Medal of Freedom]]<br /> [[Kategorie:Mitglied der Ehrenlegion]]<br /> [[Kategorie:Mitglied der American Academy of Arts and Sciences]]<br /> [[Kategorie:Mitglied der American Academy of Arts and Letters]]<br /> [[Kategorie:Mitglied der Akademie der Künste (Berlin)]]<br /> [[Kategorie:Ehrendoktor der Princeton University]]<br /> [[Kategorie:Ehrendoktor der University of St Andrews]]<br /> [[Kategorie:Pseudonym]]<br /> [[Kategorie:Musiker (Vereinigte Staaten)]]<br /> [[Kategorie:US-Amerikaner]]<br /> [[Kategorie:Geboren 1941]]<br /> [[Kategorie:Mann]]<br /> <br /> {{Personendaten<br /> |NAME=Dylan, Bob<br /> |ALTERNATIVNAMEN=Zimmerman, Robert Allen (wirklicher Name); Frost, Jack (Pseudonym)<br /> |KURZBESCHREIBUNG=US-amerikanischer Folk- und Rockmusiker<br /> |GEBURTSDATUM=24. Mai 1941<br /> |GEBURTSORT=[[Duluth (Minnesota)]]<br /> |STERBEDATUM=<br /> |STERBEORT=<br /> }}</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Sky:_Kinder_des_Lichts&diff=233475634 Sky: Kinder des Lichts 2021-06-24T08:51:35Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>{{Use mdy dates|date=April 2020}}<br /> {{short description|2019 social adventure game}}<br /> {{Infobox video game<br /> | title = Sky: Children of the Light<br /> | image = Sky video game.jpg<br /> | alt = Official poster for the game, featuring two characters holding hands underneath the game's title<br /> | caption = Poster<br /> | developer = [[Thatgamecompany]]<br /> | publisher = Thatgamecompany<br /> | director = [[Jenova Chen]]<br /> | producer = <br /> | designer = <br /> | artist = Yui Tanabe (Manager)&lt;br/&gt; Jacky Ke Jiang (Director)<br /> | programmer = <br /> | writer = Jennie Kong<br /> | composer = Vincent Diamanté<br /> | engine = <br /> | platforms = {{ubl|[[iOS]]|[[iPadOS]]|[[Android (operating system)|Android]]|[[Nintendo Switch]]}} <br /> | released = '''iOS'''{{video game release|WW|18 July 2019}}'''Android'''{{video game release|WW|7 April 2020}}'''Nintendo Switch'''{{video game release|WW|June 29, 2021}}<br /> | genre = [[Adventure video game|Adventure]], [[art game]]<br /> | modes = [[Multiplayer video game|Multiplayer]]<br /> }}<br /> <br /> '''''Sky: Children of the Light''''' (shortened to '''Sky''' in-game) is an [[open world]] social [[indie game|indie]] [[adventure game]] developed and published by [[Thatgamecompany]]. It was first released for [[iOS]] on July 18, 2019.&lt;ref&gt;{{cite web |title=Sky: Children of the Light Is Out Now! |url=https://thatskygame.com/events/sky-children-of-the-light-is-out-now/ |website=thatgamecompany Official Blog |accessdate=11 April 2020 |date=18 July 2019}}&lt;/ref&gt; An [[Android (operating system)|Android]] version was later released on April 7, 2020,&lt;ref&gt;{{cite web |title=Sky: Children of the Light Out on Google Play Now! |url=https://thatgamecompany.com/sky-children-of-the-light-out-on-google-play-now/ |website=thatgamecompany Official Blog |accessdate=8 April 2020 |date=7 April 2020}}&lt;/ref&gt; and a [[Nintendo Switch]] version is set to be released on June 29, 2021&lt;ref&gt;{{Cite web|date=2021-06-22|title=Promising New Game Sky: Children Of The Light Prepares Its Nintendo Switch Debut With This Trailer – NintendoHill|url=https://nintendohill.com/2021/06/promising-new-game-sky-children-of-the-light-prepares-its-nintendo-switch-debut-with-this-trailer/|access-date=2021-06-24|website=nintendohill.com|language=en-US}}&lt;/ref&gt;.&lt;ref&gt;{{cite web |title=Sky: Children of the Light's console release starts on Nintendo Switch |url=https://thatgamecompany.com/sky-children-of-the-lights-console-release-starts-on-nintendo-switch/ |website=thatgamecompany Official Blog |date=17 March 2020}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{cite web |title=Sky: Children Of Light On Switch Is The Latest Game Delayed By COVID-19|url=https://www.gamespot.com/articles/sky-children-of-light-on-switch-is-the-latest-game/1100-6481479/|website=[[GameSpot]]|date=August 26, 2020}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{cite web|url=https://www.gematsu.com/2021/06/sky-children-of-the-light-for-switch-launches-june-29|title=Sky: Children of the Light for Switch launches June 29|website=Gematsu|date=June 10, 2021|access-date=June 10, 2021}}&lt;/ref&gt; However, a beta was available since earlier, and is currently used by players to give feedback before a season or a change to the main game is implemented. <br /> <br /> ==Gameplay==<br /> In ''Sky'', players explore a once prosperous kingdom using a cape that gives them the ability to fly. The in-game world consists of seven unique realms, each with a different theme being represented as a stage of life and a variety of areas to explore. There is also Home, a small island which serves as the world hub and the starting place when the game is opened. Throughout the world, players encounter &quot;spirits&quot; that allow them to unlock items in return for in-game currency, and &quot;children of light&quot; that give players &quot;winged light&quot;. When a player has collected enough winged light, their cape level goes up, increasing the cape's maximum energy and allowing the player to fly farther. <br /> <br /> The game features a heavy focus on social mechanics. Players are able to meet and befriend one another, and can unlock new abilities such as chat and sending gifts as their friendship grows. There are also many cosmetic items to collect including capes, masks, hairstyles, hats, pants, playable [[Musical instrument|musical instruments]], expressions, and more. These items can be obtained using in-game currency or in some cases, are purchased with real life money. Some cosmetics, such as the original beta cape, are only available to select players, in this case, those who played the beta before the official global release.<br /> <br /> ''Sky'' has multiple in-game currencies. &quot;Candles&quot; are the main currency of ''Sky,'' and are exchanged with spirits and friends in return for items and abilities. Candles are obtained by collecting pieces of light and forging them, or by purchasing them for real money. &quot;Hearts&quot; are the social currency of ''Sky'', and are obtained when players receive gifts from other players and spirits when they give them 3 candles. Hearts are primarily used to purchase cosmetic items from spirits. &quot;Ascended candles&quot; are the rarest currency in Sky, rewarded to players for giving their winged light to &quot;The fallen&quot; at the end of the game. Ascended candles are exchanged with spirits for &quot;wing buffs&quot;, which give players extra Winged Light, and to upgrade friendship.<br /> <br /> ''Sky'' also features ongoing seasonal events, during which unique spirits and items are available for a limited time. These &quot;seasons&quot; have a unique currency called &quot;seasonal candles&quot;, which can be used to purchase seasonal items and are converted to regular candles when the season ends. Many seasons add new areas to the game. These seasonal spirits might also come back as a traveling spirit in later seasons, which players can give their candles to receive seasonal items for a limited time.<br /> <br /> ==Charity==<br /> In 2020, [[Thatgamecompany]] held some in-game events in support of charity. First was the &quot;Days of Nature&quot; event, in celebration of [[Earth Day]], during which a unique [[In-app purchase|IAP (in-app purchase)]] was available. Proceeds from each purchase of the IAP was used to plant one tree per purchase, in partnership with the [[One Tree Planted|OneTreePlanted]] charity. This event resulted in a total of 40,576 trees planted across the Amazonian and Australian forests damaged by wildfires. <br /> <br /> ==Reception==<br /> {{Video game reviews<br /> | MC = wikidata<br /> | IGN = 8.5/10&lt;ref name=&quot;IGN Review&quot;&gt;{{cite web |url=https://www.ign.com/articles/2019/07/20/sky-children-of-the-light-review |title=Sky: Children of the Light Review. |last=Jagneaux|first=David|date=20 July 2019 |website=[[IGN]] |accessdate=8 April 2020}}&lt;/ref&gt;<br /> | GI = 8.25/10&lt;ref name=&quot;GI Review&quot;&gt;{{cite web |last1=Miller |first1=Matt |title=Sky: Children Of The Light Review – The Next Logical Leap |url=https://www.gameinformer.com/review/sky-children-of-the-light/the-next-logical-leap |website=Game Informer |accessdate=8 April 2020 |language=en}}&lt;/ref&gt;<br /> | GSpot = 8/10&lt;ref name=&quot;GSpot Review&quot;&gt;{{cite web |last1=Barbosa |first1=Alessandro |title=Sky: Children Of The Light Review - Flying Free |url=https://www.gamespot.com/reviews/sky-children-of-the-light-review-flying-free/1900-6417262/ |website=GameSpot |accessdate=12 April 2020}}&lt;/ref&gt;<br /> | PG = {{rating|4.5|5}}&lt;ref&gt;{{cite web |last1=Sullivan |first1=Dann |title=Sky: Children of the Light review - &quot;Transcends the standards of the platformer genre&quot; |url=https://www.pocketgamer.com/articles/080718/sky-children-of-the-light-review/ |website=Pocketgamer |accessdate=12 April 2020 |language=en}}&lt;/ref&gt;<br /> | Edge = 8/10<br /> | JXV = 8.5/10&lt;ref name=&quot;Jeuxvideo.com Review&quot;&gt;{{cite web |url=https://www.jeuxvideo.com/test/1082349/sky-children-of-the-light-est-il-le-digne-successeur-de-journey.htm |title=Test Sky : Children of the Light est-il le digne successeur de Journey ?|last= <br /> L'avis de mrderiv|date=28 July 2019 |website=[[Jeuxvideo.com]] |accessdate=26 May 2021}}&lt;/ref&gt;<br /> }}<br /> <br /> [[Metacritic]] awarded the game an 81 out of 100 based on 17 reviewers, as well as awarding it the number one shared iOS game of 2019, number five most discussed iOS game of 2019, and number 12 best iOS game of 2019.&lt;ref name=MCiOS&gt;{{cite web |url=https://www.metacritic.com/game/ios/sky-children-of-the-light |title=Sky: Children of the Light for iPhone/iPad Reviews |website=[[Metacritic]] |publisher=[[CBS Interactive]] |accessdate=April 4, 2020}}&lt;/ref&gt; [[Gameinformer]] scored the game a 8.5 out of 10 stating &quot;''Sky'' is a refreshingly moving and robust game on the iOS platform, and one best shared with others – especially folks who might not normally pick up a video game.&quot;&lt;ref name=&quot;GI Review&quot;/&gt; [[Gamespot]] scored the game a 8 out of 10, giving exceptional praise to the visuals, animations and musical scores, however admitting that &quot;return visits to previous environments aren't nearly as captivating as your first trip&quot;.&lt;ref name=&quot;GSpot Review&quot;/&gt; [[IGN]] scored the game a 8.5 out of 10, likening the game to its predecessor as &quot;a bigger and bolder follow-up that expands on what made Journey so great.&quot;&lt;ref name=&quot;IGN Review&quot;/&gt; [[Destructoid]], like many other reviewers praised how it's a game that &quot;most everyone should experience&quot;, was however highly critical of the touch controls and the lack of control it gave of your character, going as far to suggest that &quot;most everyone should wait for a console or PC release&quot; to play the game.&lt;ref&gt;{{cite web |title=Review: Sky: Children of the Light |url=https://www.destructoid.com/review-sky-children-of-the-light-561952.phtml |website=Destructoid |accessdate=15 April 2020 |language=english}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ===Accolades===<br /> The game won [[Apple Inc.|Apple]]'s iPhone game of the year for 2019.&lt;ref&gt;{{cite web |title=Apple celebrates the best apps and games of 2019 |url=https://www.apple.com/newsroom/2019/12/apple-celebrates-the-best-apps-and-games-of-2019/ |website=[[Apple Newsroom]] |date=December 2, 2019}}&lt;/ref&gt; On October 5, 2020, [[Gamasutra]] reported that the game had topped 50 million downloads worldwide.&lt;ref&gt;{{Cite web|last=Kerr|first=Chris|date=2020-10-05|title=Sky: Children of the Light has topped 50 million installs worldwide|url=https://www.gamasutra.com/view/news/371344/Sky_Children_of_the_Light_has_topped_50_million_installs_worldwide.php|url-status=live|archive-url=|archive-date=|access-date=2020-10-06|website=Gamasutra|language=en}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable sortable&quot;<br /> |-<br /> ! Year !! Award !! Category !! Result !! Ref<br /> |-<br /> | style=&quot;text-align:center;&quot; rowspan=&quot;2&quot; | 2019<br /> | [[2019 Golden Joystick Awards]]<br /> | Mobile Game of the Year<br /> | {{Nom}}<br /> | style=&quot;text-align:center;&quot; | &lt;ref&gt;{{cite web |title=Golden Joystick Awards 2019 |url=https://www.gamesradar.com/goldenjoystickawards/#mobile-game-of-the-year |work=[[GamesRadar+]] |archiveurl=https://web.archive.org/web/20190928103127/https://www.gamesradar.com/goldenjoystickawards/#mobile-game-of-the-year |archivedate=September 28, 2019 |accessdate=November 21, 2019}}&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> | [[The Game Awards 2019]]<br /> | Best Mobile Game<br /> | {{Nom}}<br /> | style=&quot;text-align:center;&quot; | &lt;ref&gt;{{cite web |last=Winslow |first=Jeremy |title=The Game Awards 2019 Nominees Full List |url=https://www.gamespot.com/articles/the-game-awards-2019-nominees-full-list/1100-6471564/ |work=[[GameSpot]] |date=November 19, 2019 |accessdate=November 21, 2019}}&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> | style=&quot;text-align:center;&quot; rowspan=&quot;18&quot; | 2020<br /> | New York Game Awards<br /> | A-Train Award for Best Mobile Game<br /> | {{Nom}}<br /> | style=&quot;text-align:center;&quot; | &lt;ref&gt;{{cite web |last=Sheehan |first=Gavin |title=The New York Game Awards Announces 2020 Nominees |url=https://www.bleedingcool.com/2020/01/02/the-new-york-game-awards-announces-2020-nominees/ |work=[[Bleeding Cool]] |date=January 2, 2020 |accessdate=January 4, 2020}}&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> | rowspan=&quot;3&quot; | ''[[Pocket Gamer]]'' Mobile Games Awards<br /> | Game of the Year<br /> | {{Nom}}<br /> | rowspan=&quot;3&quot; style=&quot;text-align:center;&quot; | &lt;ref&gt;{{cite web |title=The winners of 2020 |url=https://www.mobilegamesawards.com/winners-2020/ |work=[[Pocket Gamer]] |accessdate=January 30, 2020}}&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> | Best Audio/Visual Accomplishment<br /> | {{Nom}}<br /> |-<br /> | ''Pocket Gamer'' People's Choice<br /> | {{Won}}<br /> |-<br /> | [[23rd Annual D.I.C.E. Awards]]<br /> | Portable Game of the Year<br /> | {{Nom}}<br /> | style=&quot;text-align:center;&quot; | &lt;ref&gt;{{cite web |last=Chalk |first=Andy |title=Control and Death Stranding get 8 nominations each for the 2020 DICE Awards |url=https://www.pcgamer.com/control-and-death-stranding-get-eight-nominations-each-for-the-2020-dice-awards/ |work=[[PC Gamer]] |date=January 13, 2020 |accessdate=January 20, 2020}}&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> | rowspan=&quot;2&quot; | NAVGTR Awards<br /> | Game, Original Family<br /> | {{Nom}}<br /> | rowspan=&quot;2&quot; style=&quot;text-align:center;&quot; | &lt;ref&gt;{{cite web |title=2019 Nominees |url=https://navgtr.org/2019-nominees/ |work=National Academy of Video Game Trade Reviewers |date=January 13, 2020 |accessdate=January 20, 2020}}&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> | Original Light Mix Score, New IP<br /> | {{Nom}}<br /> |-<br /> | rowspan=&quot;2&quot; | [[Game Developers Choice Awards]]<br /> | Best Mobile Game<br /> | {{Nom}}<br /> | rowspan=&quot;2&quot; style=&quot;text-align:center;&quot; | &lt;ref&gt;{{cite web |last=Shanley |first=Patrick |title='Death Stranding' Leads Game Developers Choice Awards Nominees |url=https://www.hollywoodreporter.com/news/game-developers-choice-awards-full-list-nominees-1268040 |work=[[The Hollywood Reporter]] |date=January 8, 2020 |accessdate=January 8, 2020}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{cite web |last=Makuch |first=Eddie |title=Untitled Goose Game Wins Another Game Of The Year Award |url=https://www.gamespot.com/articles/untitled-goose-game-wins-another-game-of-the-year-/1100-6474953/ |work=[[GameSpot]] |date=March 18, 2020 |accessdate=March 19, 2020}}&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> | Audience Award<br /> | {{Won}}<br /> |-<br /> | [[SXSW Gaming Awards]]<br /> | Mobile Game of the Year<br /> | {{Won}}<br /> | style=&quot;text-align:center;&quot; | &lt;ref&gt;{{cite web |last=Watkins |first=Gary |title=Announcing the 2020 SXSW Gaming Awards Winners |url=https://www.sxsw.com/news/2020/announcing-the-2020-sxsw-gaming-awards-winners |work=[[South by Southwest]] |date=March 24, 2020 |accessdate=March 26, 2020}}&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> | rowspan=&quot;4&quot; | 18th Annual G.A.N.G. Awards<br /> | Best Music for an Indie Game<br /> | {{Nom}}<br /> | rowspan=&quot;4&quot; style=&quot;text-align:center;&quot; | &lt;ref&gt;{{cite web |last=Wilson |first=Kelly |title=Game Audio Network Guild Announces 18th Annual G.A.N.G. Award Nominees |url=https://www.thehypemagazine.com/2020/02/game-audio-network-guild-announces-18th-annual-g-a-n-g-award-nominees/ |work=The Hype Magazine |date=February 13, 2020 |accessdate=February 27, 2020}}&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> | Best Sound Design in a Casual/Social Game<br /> | {{Nom}}<br /> |-<br /> | Best Music in a Casual Game<br /> | {{Nom}}<br /> |-<br /> | Best Original Song &lt;small&gt;(&quot;Constellation&quot;)&lt;/small&gt;<br /> | {{Nom}}<br /> |-<br /> | [[Webby Award]]<br /> | Apps, Mobile, and Voice: Best Visual Design - Aesthetic <br /> | {{Won}}<br /> | style=&quot;text-align:center;&quot; | &lt;ref&gt;{{cite web |title=Webby Awards: Sky: Children of the Light |url=https://winners.webbyawards.com/?_ga=2.254717960.1414351030.1589938421-1421511034.1589938421#/2020/apps-mobile-and-voice/apps-mobile-features/best-visual-design-aesthetic/121572/sky:-children-of-the-light |work=[[Webby Award|The Webby Awards]] |date=May 19, 2020 |accessdate=May 19, 2020}}&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> | [[Apple Design Awards]]<br /> | Outstanding Design and Innovation<br /> | {{Won}}<br /> | style=&quot;text-align:center;&quot; | &lt;ref&gt;{{Cite web|last=|first=|date=2020-06-29|title=Apple honors eight developers with annual Apple Design Awards|url=https://www.apple.com/newsroom/2020/06/apple-honors-eight-developers-with-annual-apple-design-awards/|url-status=live|archive-url=|archive-date=|access-date=2020-06-30|website=Apple Newsroom|language=en-US}}&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> | rowspan=&quot;2&quot; | [[Games for Change|Games for Change Awards]]<br /> | Best Gameplay<br /> | {{Won}}<br /> | rowspan=&quot;2&quot; style=&quot;text-align:center;&quot; | &lt;ref&gt;{{cite web |last=|first=|title=G4C Awards|url=http://www.gamesforchange.org/festival/awards/|date= |accessdate=August 25, 2020}}&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> | G4C People's Choice Award<br /> | {{Won}}<br /> |}<br /> <br /> ==References==<br /> {{Reflist}}<br /> <br /> ==External links==<br /> * {{Official website|http://thatskygame.com}}<br /> * [https://apkgk.com/com.tgc.sky.android Sky: Children of the Light Apps]<br /> <br /> {{Thatgamecompany}}<br /> <br /> [[Category:2019 video games]]<br /> [[Category:Adventure games]]<br /> [[Category:Android (operating system) games]]<br /> [[Category:Apple Design Awards recipients]]<br /> [[Category:Art games]]<br /> [[Category:Fantasy video games]]<br /> [[Category:Indie video games]]<br /> [[Category:IOS games]]<br /> [[Category:Multiplayer and single-player video games]]<br /> [[Category:Nintendo Switch games]]<br /> [[Category:Thatgamecompany]]<br /> [[Category:Video games developed in the United States]]<br /> [[Category:Video games postponed due to the COVID-19 pandemic]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Br%C3%BChe&diff=212761022 Brühe 2021-06-07T14:58:00Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>[[Datei:Hühnerbrühe-1.jpg|mini|Hühnerbrühe während der Zubereitung]]<br /> [[Datei:Bruehe-1.jpg|mini|Geklärte Rinderkraftbrühe (Consommé)]]<br /> <br /> '''Brühe''' ([[Mittelhochdeutsch|mhd.]] ''{{lang|gmh|brüeje}}'' „heiße Flüssigkeit“) bezeichned XD eine Flüssigkeit, die auf der Basis von Gemüse oder tierischen Produkten (aus Knochen und Abschnitten) gekocht wird. Die Aromen und Nährstoffe der Einlage gehen in das Wasser über und ergeben so durchgeseiht eine würzige, klare oder leicht getrübte Suppe, die zumeist als Grundlage für andere Gerichte dient, aber auch ohne weitere Verarbeitung konsumiert werden kann. <br /> <br /> Der Begriff '''Bouillon''' wird nur für eine '''Fleischbrühe''' und '''Knochenbrühe''' von Rind, Kalb, Lamm oder Geflügel verwendet, also eine Brühe gekocht aus Fleisch und Knochen. In der [[Küchensprache]] heißen Grundbrühen [[Fond (Lebensmittel)|Fonds]] (zumeist aus Wild-oder Fischteilen) und dienen als Grundlage für [[Suppe]]n, [[Sauce]]n und als Kochflüssigkeit für [[Fleisch]], [[Geflügel]], [[Speisefisch|Fisch]] und [[Gemüse]]. Brühen gibt es auch als [[Convenience Food|Convenienceprodukte]].<br /> <br /> Einfache Brühen und Kraftbrühen ([[Consommé|Consomme]]) können durch Einlagen aus zerkleinerten frischen Küchenkräutern, besonders Petersilie, Schnittlauch, Kerbel und Estragon, geschmacklich und ernährungsphysiologisch aufgewertet werden. [[Suppeneinlage|Suppeneinlagen]] sollten in geringen Mengen verwendet werden.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=[[Franz Maier-Bruck]] |Titel=Das große Sacher Kochbuch |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=Wiener Verlag |Ort= |Datum=1975 |ISBN= |Seiten=76 ff}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=F. Jürgen Herrmann, Thea und Dieter Nothnagel |Titel=Lehrbuch für Köche |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort=Hamburg |Datum= |ISBN=978-3-582-40055-0 |Seiten=133 ff}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Philip Pauli |Titel=Classical Cooking The Modern Way: Methods and Techniques |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=John Wiley &amp; Sons |Ort= |Datum= |ISBN=978-0-471-29187-9 |Seiten=269}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Claus Schünemann |url=https://www.europa-lehrmittel.de/downloads-downloads/1264/medialink_pfanneberg_technologie_backwarenherstellung_490575.pdf |titel=Alphabetisches Fachwörter-LexikonFachwörter von D bis F und ihre Erklärungen |werk= |hrsg=[[Europa-Lehrmittel]] |datum= |abruf=2021-01-27 |sprache=}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Zubereitung ==<br /> Zur Herstellung einer Brühe werden je nach Verwendungszweck Gemüse, Knochen, Fleisch, Geflügel oder Fisch, auch in Kombinationen, verwendet. Die darin enthaltenen Fette und Eiweiße werden durch Hitze gelöst und andere Substanzen gelangen durch [[Osmose]] in die Flüssigkeit. Damit eine Brühe besonders aromatisch wird, sollten die Zutaten bereits ins kalte Wasser gegeben und erst gegen Ende der Kochzeit gesalzen werden – so ist das osmotische Gefälle besonders hoch und mehr Substanzen [[Diffusion|diffundieren]] ins Wasser. Um flüchtige Aromen zu schützen, werden Brühen nicht sprudelnd gekocht, sondern nur gerade auf den Siedepunkt erhitzt.<br /> <br /> Während des Kochens bildet sich, besonders kurz nachdem der Siedepunkt erreicht wurde, [[Schaum]] aus geronnenem Eiweiß, der entfernt werden sollte. Ist die Brühe, je nach Zutaten, nach etwa ein bis drei Stunden fertig, kann sie [[Klären (Kochen)|geklärt]] werden; dabei werden ihr unerwünschte Schwebstoffe entzogen. Dazu wird geschlagenes [[Hühnerei|Eiweiß]] in der vorher gesiebten Brühe aufgekocht, das beim Gerinnen die Schwebstoffe an sich bindet. Anschließend wird die Brühe durch ein Haarsieb oder ein Stofftuch gefiltert. Schließlich wird die Brühe, falls notwendig, entfettet. Das kann durch vorsichtiges Abschöpfen, Absaugen mit Küchenpapier oder durch Kühlen der Brühe und anschließendes Abnehmen des erstarrten Fetts geschehen.<br /> <br /> Neben den jeweiligen Grundzutaten werden in der Regel auch [[Suppengrün]], [[Zwiebel]]n und Gewürze wie [[Pfeffer]]körner, [[Gewürznelke]]n und [[Echter Lorbeer|Lorbeer]] mitgekocht.<br /> <br /> == Arten ==<br /> * '''Fischbrühe''' oder [[Fischfond]] wird vor allem aus Resten von Speisefischen wie Köpfen und Gräten, auch den Schalen von [[Hummer]]n hergestellt.<br /> * '''Kalbsfußbrühe''' oder '''Kalbsfuß-Suppe''' nach [[Hildegard von Bingen]] wird aus Kalbsfüßen hergestellt.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.xn--hildegard-kalbsfussbrhe-wpc.de/produktion.htm |titel=Kalbsfußbrühe und -Sülze nach Hildegard von Bingen |werk=xn--hildegard-kalbsfussbrhe-wpc.de |abruf=2016-10-08 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20161008091710/http://www.xn--hildegard-kalbsfussbrhe-wpc.de/produktion.htm |archiv-datum=2016-10-08 |offline=1}}&lt;/ref&gt;<br /> * '''Fischsud''' (''Court-bouillon'') ist eine Gemüsebrühe aus Wasser, [[Karotte|Möhren]], [[Zwiebel]]n, [[Küchenkraut|Kräutern]] ([[Bouquet garni]]) und Gewürzen wie [[Pfeffer]] und [[Piment]] sowie eventuell Zitrone, Wein oder Essig. In Fischsud werden Fische und [[Schalentiere]], seltener auch Geflügel, bei schwacher Hitze langsam gegart.<br /> * '''Fleischbrühe''' wird aus Rind-, [[Kalbfleisch|Kalb-]] oder [[Lammfleisch]] hergestellt, selten aus [[Schweinefleisch]]. Damit Fleischbrühe ein volleres Mundgefühl bekommt und gekühlt erstarrt (für [[Sülze]]n, [[Aspik]] usw.), wird traditionell ein [[Kalbsfuß]] mitgekocht.<br /> ** '''Bouillon''' ist eine einfach geklärte, kräftige Rinderbrühe.<br /> ** '''Consommé''' oder '''Kraftbrühe''' ist eine Rinderbrühe, in der noch einmal Hackfleisch, Eiweiß und Wurzelgemüse gekocht wurde. Das Verhältnis zwischen Fleisch und Brühe beträgt etwa eins zu fünf. Bei '''Consommé double''' beträgt es etwa zwei zu fünf. Zum Schluss wird die Consommé noch einmal [[Seihen|abgeseiht]].<br /> * '''Geflügelbrühe''' wird vor allem aus [[Haushuhn|Huhn]] zubereitet. Für feine Brühe können ergänzend [[Tauben]] oder anderes Geflügel mitgegart werden. Die [[Karkasse (Küche)|Karkassen]] können ebenfalls eine Grundlage bilden, wenn das Fleisch anderweitig verwendet wird.<br /> * '''Gemüsebrühe''' oder '''Wurzelbrühe''' wird aus gemischtem Gemüse, vor allem Wurzelgemüse ([[Suppengrün]]), [[Küchenkraut|Kräutern]] und auch [[Speisepilz|Pilzen]] hergestellt. Um fettlösliche Aromastoffe zu binden, sollte dem Wasser etwas [[Pflanzenöl]] zugegeben werden. Gemüsebrühe muss meist nicht geklärt und entfettet werden.<br /> * '''Knochenbrühe''' wird aus gespaltenen [[Knochen (Lebensmittel)|Sand-]] und [[Knochen (Lebensmittel)|Markknochen]], meist vom [[Rindfleisch|Rind]], hergestellt. Sie dient vor allem als Zutat für Saucen und als Kochflüssigkeit. Nach dem ersten Auskochen können die Knochen zerschlagen und ein weiteres Mal verwendet werden.<br /> * '''Pilzbrühe''' wird aus frischen, in Butter angeschwitzten Pilzen und Kräutern hergestellt. Sie wird mit gehackten Pilzstielen und Zwiebeln sowie Eiweiß geklärt und durch ein Tuch passiert.<br /> * '''[[Wurstbrühe]]''' entsteht bei der Herstellung von [[Brühwurst|Brüh-]] und [[Kochwurst]]. Sie bildet eine traditionelle Grundlage für deftige [[Eintopf|Eintöpfe]].<br /> <br /> Stark eingekochte Brühen werden allgemein [[Fond (Lebensmittel)|Fond]] genannt. Sie dienen als klassische Saucengrundlage.<br /> <br /> == Fertigbrühen ==<br /> Die im Handel erhältlichen Konzentrate für Brühe, wie [[Brühwürfel]] oder gekörnte Brühe, bestehen in der Regel vorwiegend aus Salz, Fett, [[Speisewürze|Würze]], [[Geschmacksverstärker|Geschmacksverstärkern]] und Gewürzen und enthalten kein oder kaum Fleisch oder Gemüse und sind kein Ersatz für eine manuell hergestellte Brühe; auch die flüssig erhältlichen Fonds sind ähnlich zusammengesetzt und unterscheiden sich lediglich durch den Wassergehalt („flüssige Brühwürfel“).<br /> <br /> Eine Ausnahme bildet [[Fleischextrakt]].<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Broths|Brühe}}<br /> {{Wikibooks|Kochbuch/ Gemüsebrühe|Rezept für Gemüsebrühe|suffix=-}}<br /> {{Wikibooks|Kochbuch/ Fleischbrühe|Rezept für Fleischbrühe|suffix=-}}<br /> {{Wikibooks|Kochbuch/ Hühnerbrühe|Rezept für Hühnerbrühe|suffix=-}}<br /> {{Wiktionary}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Bruhe}}<br /> [[Kategorie:Brühe]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Br%C3%BChe&diff=212760989 Brühe 2021-06-07T14:56:50Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>[[Datei:Hühnerbrühe-1.jpg|mini|Hühnerbrühe während der Zubereitung]]<br /> [[Datei:Bruehe-1.jpg|mini|Geklärte Rinderkraftbrühe (Consommé)]]<br /> <br /> '''Brühe''' ([[Mittelhochdeutsch|mhd.]] ''{{lang|gmh|brüeje}}'' „heiße Flüssigkeit“) bezeichnet eine Flüssigkeit, die auf der Basis von Gemüse oder tierischen Produkten (aus Knochen und Abschnitten) gekocht wird. Die Aromen und Nährstoffe der Einlage gehen in das Wasser über und ergeben so durchgeseiht eine würzige, klare oder leicht getrübte Suppe, die zumeist als Grundlage für andere Gerichte dient, aber auch ohne weitere Verarbeitung konsumiert werden kann. <br /> <br /> Der Begriff '''Bouillon''' wird nur für eine '''Fleischbrühe''' und '''Knochenbrühe''' von Rind, Kalb, Lamm oder Geflügel verwendet, also eine Brühe gekocht aus Fleisch und Knochen. In der [[Küchensprache]] heißen Grundbrühen [[Fond (Lebensmittel)|Fonds]] (zumeist aus Wild-oder Fischteilen) und dienen als Grundlage für [[Suppe]]n, [[Sauce]]n und als Kochflüssigkeit für [[Fleisch]], [[Geflügel]], [[Speisefisch|Fisch]] und [[Gemüse]]. Brühen gibt es auch als [[Convenience Food|Convenienceprodukte]].<br /> <br /> Einfache Brühen und Kraftbrühen ([[Consommé|Consomme]]) können durch Einlagen aus zerkleinerten frischen Küchenkräutern, besonders Petersilie, Schnittlauch, Kerbel und Estragon, geschmacklich und ernährungsphysiologisch aufgewertet werden. [[Suppeneinlage|Suppeneinlagen]] sollten in geringen Mengen verwendet werden.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=[[Franz Maier-Bruck]] |Titel=Das große Sacher Kochbuch |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=Wiener Verlag |Ort= |Datum=1975 |ISBN= |Seiten=76 ff}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=F. Jürgen Herrmann, Thea und Dieter Nothnagel |Titel=Lehrbuch für Köche |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort=Hamburg |Datum= |ISBN=978-3-582-40055-0 |Seiten=133 ff}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Philip Pauli |Titel=Classical Cooking The Modern Way: Methods and Techniques |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=John Wiley &amp; Sons |Ort= |Datum= |ISBN=978-0-471-29187-9 |Seiten=269}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Claus Schünemann |url=https://www.europa-lehrmittel.de/downloads-downloads/1264/medialink_pfanneberg_technologie_backwarenherstellung_490575.pdf |titel=Alphabetisches Fachwörter-LexikonFachwörter von D bis F und ihre Erklärungen |werk= |hrsg=[[Europa-Lehrmittel]] |datum= |abruf=2021-01-27 |sprache=}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Zubereitung ==<br /> Zur Herstellung einer Brühe werden je nach Verwendungszweck Gemüse, Knochen, Fleisch, Geflügel oder Fisch, auch in Kombinationen, verwendet. Die darin enthaltenen Fette und Eiweiße werden durch Hitze gelöst und andere Substanzen gelangen durch [[Osmose]] in die Flüssigkeit. Damit eine Brühe besonders aromatisch wird, sollten die Zutaten bereits ins kalte Wasser gegeben und erst gegen Ende der Kochzeit gesalzen werden – so ist das osmotische Gefälle besonders hoch und mehr Substanzen [[Diffusion|diffundieren]] ins Wasser. Um flüchtige Aromen zu schützen, werden Brühen nicht sprudelnd gekocht, sondern nur gerade auf den Siedepunkt erhitzt.<br /> <br /> Während des Kochens bildet sich, besonders kurz nachdem der Siedepunkt erreicht wurde, [[Schaum]] aus geronnenem Eiweiß, der entfernt werden sollte. Ist die Brühe, je nach Zutaten, nach etwa ein bis drei Stunden fertig, kann sie [[Klären (Kochen)|geklärt]] werden; dabei werden ihr unerwünschte Schwebstoffe entzogen. Dazu wird geschlagenes [[Hühnerei|Eiweiß]] in der vorher gesiebten Brühe aufgekocht, das beim Gerinnen die Schwebstoffe an sich bindet. Anschließend wird die Brühe durch ein Haarsieb oder ein Stofftuch gefiltert. Schließlich wird die Brühe, falls notwendig, entfettet. Das kann durch vorsichtiges Abschöpfen, Absaugen mit Küchenpapier oder durch Kühlen der Brühe und anschließendes Abnehmen des erstarrten Fetts geschehen.<br /> <br /> Neben den jeweiligen Grundzutaten werden in der Regel auch [[Suppengrün]], [[Zwiebel]]n und Gewürze wie [[Pfeffer]]körner, [[Gewürznelke]]n und [[Echter Lorbeer|Lorbeer]] mitgekocht.<br /> <br /> == Arten ==<br /> * '''Fischbrühe''' oder [[Fischfond]] wird vor allem aus Resten von Speisefischen wie Köpfen und Gräten, auch den Schalen von [[Hummer]]n hergestellt.<br /> * '''Kalbsfußbrühe''' oder '''Kalbsfuß-Suppe''' nach [[Hildegard von Bingen]] wird aus Kalbsfüßen hergestellt.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.xn--hildegard-kalbsfussbrhe-wpc.de/produktion.htm |titel=Kalbsfußbrühe und -Sülze nach Hildegard von Bingen |werk=xn--hildegard-kalbsfussbrhe-wpc.de |abruf=2016-10-08 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20161008091710/http://www.xn--hildegard-kalbsfussbrhe-wpc.de/produktion.htm |archiv-datum=2016-10-08 |offline=1}}&lt;/ref&gt;<br /> * '''Fischsud''' (''Court-bouillon'') ist eine Gemüsebrühe aus Wasser, [[Karotte|Möhren]], [[Zwiebel]]n, [[Küchenkraut|Kräutern]] ([[Bouquet garni]]) und Gewürzen wie [[Pfeffer]] und [[Piment]] sowie eventuell Zitrone, Wein oder Essig. In Fischsud werden Fische und [[Schalentiere]], seltener auch Geflügel, bei schwacher Hitze langsam gegart.<br /> * '''Fleischbrühe''' wird aus Rind-, [[Kalbfleisch|Kalb-]] oder [[Lammfleisch]] hergestellt, selten aus [[Schweinefleisch]]. Damit Fleischbrühe ein volleres Mundgefühl bekommt und gekühlt erstarrt (für [[Sülze]]n, [[Aspik]] usw.), wird traditionell ein [[Kalbsfuß]] mitgekocht.<br /> ** '''Bouillon''' ist eine einfach geklärte, kräftige Rinderbrühe.<br /> ** '''Consommé''' oder '''Kraftbrühe''' ist eine Rinderbrühe, in der noch einmal Hackfleisch, Eiweiß und Wurzelgemüse gekocht wurde. Das Verhältnis zwischen Fleisch und Brühe beträgt etwa eins zu fünf. Bei '''Consommé double''' beträgt es etwa zwei zu fünf. Zum Schluss wird die Consommé noch einmal [[Seihen|abgeseiht]].<br /> * '''Geflügelbrühe''' wird vor allem aus [[Haushuhn|Huhn]] zubereitet. Für feine Brühe können ergänzend [[Tauben]] oder anderes Geflügel mitgegart werden. Die [[Karkasse (Küche)|Karkassen]] können ebenfalls eine Grundlage bilden, wenn das Fleisch anderweitig verwendet wird.<br /> * '''Gemüsebrühe''' oder '''Wurzelbrühe''' wird aus gemischtem Gemüse, vor allem Wurzelgemüse ([[Suppengrün]]), [[Küchenkraut|Kräutern]] und auch [[Speisepilz|Pilzen]] hergestellt. Um fettlösliche Aromastoffe zu binden, sollte dem Wasser etwas [[Pflanzenöl]] zugegeben werden. Gemüsebrühe muss meist nicht geklärt und entfettet werden.<br /> * '''Knochenbrühe''' wird aus gespaltenen [[Knochen (Lebensmittel)|Sand-]] und [[Knochen (Lebensmittel)|Markknochen]], meist vom [[Rindfleisch|Rind]], hergestellt. Sie dient vor allem als Zutat für Saucen und als Kochflüssigkeit. Nach dem ersten Auskochen können die Knochen zerschlagen und ein weiteres Mal verwendet werden.<br /> * '''Pilzbrühe''' wird aus frischen, in Butter angeschwitzten Pilzen und Kräutern hergestellt. Sie wird mit gehackten Pilzstielen und Zwiebeln sowie Eiweiß geklärt und durch ein Tuch passiert.<br /> * '''[[Wurstbrühe]]''' entsteht bei der Herstellung von [[Brühwurst|Brüh-]] und [[Kochwurst]]. Sie bildet eine traditionelle Grundlage für deftige [[Eintopf|Eintöpfe]].<br /> <br /> Stark eingekochte Brühen werden allgemein [[Fond (Lebensmittel)|Fond]] genannt. Sie dienen als klassische Saucengrundlage.<br /> <br /> == Fertigbrühen ==<br /> Die im Handel erhältlichen Konzentrate für Brühe, wie [[Brühwürfel]] oder gekörnte Brühe, bestehen in der Regel vorwiegend aus Salz, Fett, [[Speisewürze|Würze]], [[Geschmacksverstärker|Geschmacksverstärkern]] und Gewürzen und enthalten kein oder kaum Fleisch oder Gemüse und sind kein Ersatz für eine manuell hergestellte Brühe; auch die flüssig erhältlichen Fonds sind ähnlich zusammengesetzt und unterscheiden sich lediglich durch den Wassergehalt („flüssige Brühwürfel“).<br /> <br /> Eine Ausnahme bildet [[Fleischextrakt]].<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Broths|Brühe}}<br /> {{Wikibooks|Kochbuch/ Gemüsebrühe|Rezept für Gemüsebrühe|suffix=-}}<br /> {{Wikibooks|Kochbuch/ Fleischbrühe|Rezept für Fleischbrühe|suffix=-}}<br /> {{Wikibooks|Kochbuch/ Hühnerbrühe|Rezept für Hühnerbrühe|suffix=-}}<br /> {{Wiktionary}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Bruhe}}<br /> [[Kategorie:Brühe]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Br%C3%BChe&diff=212760983 Brühe 2021-06-07T14:56:37Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>[[Datei:Hühnerbrühe-1.jpg|mini|Hühnerbrühe während der Zubereitung]]<br /> [[Datei:Bruehe-1.jpg|mini|Geklärte Rinderkraftbrühe (Consommé)]]<br /> <br /> '''Brühe''' ([[Mittelhochdeutsch|mhd.]] ''{{lang|gmh|brüeje}}'' „heiße Flüssigkeit“) bezeichned eine Flüssigkeit, die auf der Basis von Gemüse oder tierischen Produkten (aus Knochen und Abschnitten) gekocht wird. Die Aromen und Nährstoffe der Einlage gehen in das Wasser über und ergeben so durchgeseiht eine würzige, klare oder leicht getrübte Suppe, die zumeist als Grundlage für andere Gerichte dient, aber auch ohne weitere Verarbeitung konsumiert werden kann. <br /> <br /> Der Begriff '''Bouillon''' wird nur für eine '''Fleischbrühe''' und '''Knochenbrühe''' von Rind, Kalb, Lamm oder Geflügel verwendet, also eine Brühe gekocht aus Fleisch und Knochen. In der [[Küchensprache]] heißen Grundbrühen [[Fond (Lebensmittel)|Fonds]] (zumeist aus Wild-oder Fischteilen) und dienen als Grundlage für [[Suppe]]n, [[Sauce]]n und als Kochflüssigkeit für [[Fleisch]], [[Geflügel]], [[Speisefisch|Fisch]] und [[Gemüse]]. Brühen gibt es auch als [[Convenience Food|Convenienceprodukte]].<br /> <br /> Einfache Brühen und Kraftbrühen ([[Consommé|Consomme]]) können durch Einlagen aus zerkleinerten frischen Küchenkräutern, besonders Petersilie, Schnittlauch, Kerbel und Estragon, geschmacklich und ernährungsphysiologisch aufgewertet werden. [[Suppeneinlage|Suppeneinlagen]] sollten in geringen Mengen verwendet werden.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=[[Franz Maier-Bruck]] |Titel=Das große Sacher Kochbuch |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=Wiener Verlag |Ort= |Datum=1975 |ISBN= |Seiten=76 ff}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=F. Jürgen Herrmann, Thea und Dieter Nothnagel |Titel=Lehrbuch für Köche |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort=Hamburg |Datum= |ISBN=978-3-582-40055-0 |Seiten=133 ff}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Philip Pauli |Titel=Classical Cooking The Modern Way: Methods and Techniques |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=John Wiley &amp; Sons |Ort= |Datum= |ISBN=978-0-471-29187-9 |Seiten=269}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Claus Schünemann |url=https://www.europa-lehrmittel.de/downloads-downloads/1264/medialink_pfanneberg_technologie_backwarenherstellung_490575.pdf |titel=Alphabetisches Fachwörter-LexikonFachwörter von D bis F und ihre Erklärungen |werk= |hrsg=[[Europa-Lehrmittel]] |datum= |abruf=2021-01-27 |sprache=}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Zubereitung ==<br /> Zur Herstellung einer Brühe werden je nach Verwendungszweck Gemüse, Knochen, Fleisch, Geflügel oder Fisch, auch in Kombinationen, verwendet. Die darin enthaltenen Fette und Eiweiße werden durch Hitze gelöst und andere Substanzen gelangen durch [[Osmose]] in die Flüssigkeit. Damit eine Brühe besonders aromatisch wird, sollten die Zutaten bereits ins kalte Wasser gegeben und erst gegen Ende der Kochzeit gesalzen werden – so ist das osmotische Gefälle besonders hoch und mehr Substanzen [[Diffusion|diffundieren]] ins Wasser. Um flüchtige Aromen zu schützen, werden Brühen nicht sprudelnd gekocht, sondern nur gerade auf den Siedepunkt erhitzt.<br /> <br /> Während des Kochens bildet sich, besonders kurz nachdem der Siedepunkt erreicht wurde, [[Schaum]] aus geronnenem Eiweiß, der entfernt werden sollte. Ist die Brühe, je nach Zutaten, nach etwa ein bis drei Stunden fertig, kann sie [[Klären (Kochen)|geklärt]] werden; dabei werden ihr unerwünschte Schwebstoffe entzogen. Dazu wird geschlagenes [[Hühnerei|Eiweiß]] in der vorher gesiebten Brühe aufgekocht, das beim Gerinnen die Schwebstoffe an sich bindet. Anschließend wird die Brühe durch ein Haarsieb oder ein Stofftuch gefiltert. Schließlich wird die Brühe, falls notwendig, entfettet. Das kann durch vorsichtiges Abschöpfen, Absaugen mit Küchenpapier oder durch Kühlen der Brühe und anschließendes Abnehmen des erstarrten Fetts geschehen.<br /> <br /> Neben den jeweiligen Grundzutaten werden in der Regel auch [[Suppengrün]], [[Zwiebel]]n und Gewürze wie [[Pfeffer]]körner, [[Gewürznelke]]n und [[Echter Lorbeer|Lorbeer]] mitgekocht.<br /> <br /> == Arten ==<br /> * '''Fischbrühe''' oder [[Fischfond]] wird vor allem aus Resten von Speisefischen wie Köpfen und Gräten, auch den Schalen von [[Hummer]]n hergestellt.<br /> * '''Kalbsfußbrühe''' oder '''Kalbsfuß-Suppe''' nach [[Hildegard von Bingen]] wird aus Kalbsfüßen hergestellt.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.xn--hildegard-kalbsfussbrhe-wpc.de/produktion.htm |titel=Kalbsfußbrühe und -Sülze nach Hildegard von Bingen |werk=xn--hildegard-kalbsfussbrhe-wpc.de |abruf=2016-10-08 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20161008091710/http://www.xn--hildegard-kalbsfussbrhe-wpc.de/produktion.htm |archiv-datum=2016-10-08 |offline=1}}&lt;/ref&gt;<br /> * '''Fischsud''' (''Court-bouillon'') ist eine Gemüsebrühe aus Wasser, [[Karotte|Möhren]], [[Zwiebel]]n, [[Küchenkraut|Kräutern]] ([[Bouquet garni]]) und Gewürzen wie [[Pfeffer]] und [[Piment]] sowie eventuell Zitrone, Wein oder Essig. In Fischsud werden Fische und [[Schalentiere]], seltener auch Geflügel, bei schwacher Hitze langsam gegart.<br /> * '''Fleischbrühe''' wird aus Rind-, [[Kalbfleisch|Kalb-]] oder [[Lammfleisch]] hergestellt, selten aus [[Schweinefleisch]]. Damit Fleischbrühe ein volleres Mundgefühl bekommt und gekühlt erstarrt (für [[Sülze]]n, [[Aspik]] usw.), wird traditionell ein [[Kalbsfuß]] mitgekocht.<br /> ** '''Bouillon''' ist eine einfach geklärte, kräftige Rinderbrühe.<br /> ** '''Consommé''' oder '''Kraftbrühe''' ist eine Rinderbrühe, in der noch einmal Hackfleisch, Eiweiß und Wurzelgemüse gekocht wurde. Das Verhältnis zwischen Fleisch und Brühe beträgt etwa eins zu fünf. Bei '''Consommé double''' beträgt es etwa zwei zu fünf. Zum Schluss wird die Consommé noch einmal [[Seihen|abgeseiht]].<br /> * '''Geflügelbrühe''' wird vor allem aus [[Haushuhn|Huhn]] zubereitet. Für feine Brühe können ergänzend [[Tauben]] oder anderes Geflügel mitgegart werden. Die [[Karkasse (Küche)|Karkassen]] können ebenfalls eine Grundlage bilden, wenn das Fleisch anderweitig verwendet wird.<br /> * '''Gemüsebrühe''' oder '''Wurzelbrühe''' wird aus gemischtem Gemüse, vor allem Wurzelgemüse ([[Suppengrün]]), [[Küchenkraut|Kräutern]] und auch [[Speisepilz|Pilzen]] hergestellt. Um fettlösliche Aromastoffe zu binden, sollte dem Wasser etwas [[Pflanzenöl]] zugegeben werden. Gemüsebrühe muss meist nicht geklärt und entfettet werden.<br /> * '''Knochenbrühe''' wird aus gespaltenen [[Knochen (Lebensmittel)|Sand-]] und [[Knochen (Lebensmittel)|Markknochen]], meist vom [[Rindfleisch|Rind]], hergestellt. Sie dient vor allem als Zutat für Saucen und als Kochflüssigkeit. Nach dem ersten Auskochen können die Knochen zerschlagen und ein weiteres Mal verwendet werden.<br /> * '''Pilzbrühe''' wird aus frischen, in Butter angeschwitzten Pilzen und Kräutern hergestellt. Sie wird mit gehackten Pilzstielen und Zwiebeln sowie Eiweiß geklärt und durch ein Tuch passiert.<br /> * '''[[Wurstbrühe]]''' entsteht bei der Herstellung von [[Brühwurst|Brüh-]] und [[Kochwurst]]. Sie bildet eine traditionelle Grundlage für deftige [[Eintopf|Eintöpfe]].<br /> <br /> Stark eingekochte Brühen werden allgemein [[Fond (Lebensmittel)|Fond]] genannt. Sie dienen als klassische Saucengrundlage.<br /> <br /> == Fertigbrühen ==<br /> Die im Handel erhältlichen Konzentrate für Brühe, wie [[Brühwürfel]] oder gekörnte Brühe, bestehen in der Regel vorwiegend aus Salz, Fett, [[Speisewürze|Würze]], [[Geschmacksverstärker|Geschmacksverstärkern]] und Gewürzen und enthalten kein oder kaum Fleisch oder Gemüse und sind kein Ersatz für eine manuell hergestellte Brühe; auch die flüssig erhältlichen Fonds sind ähnlich zusammengesetzt und unterscheiden sich lediglich durch den Wassergehalt („flüssige Brühwürfel“).<br /> <br /> Eine Ausnahme bildet [[Fleischextrakt]].<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Broths|Brühe}}<br /> {{Wikibooks|Kochbuch/ Gemüsebrühe|Rezept für Gemüsebrühe|suffix=-}}<br /> {{Wikibooks|Kochbuch/ Fleischbrühe|Rezept für Fleischbrühe|suffix=-}}<br /> {{Wikibooks|Kochbuch/ Hühnerbrühe|Rezept für Hühnerbrühe|suffix=-}}<br /> {{Wiktionary}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Bruhe}}<br /> [[Kategorie:Brühe]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=R%C3%A4dertierchen&diff=212760945 Rädertierchen 2021-06-07T14:54:59Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>&lt;!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. --&gt;<br /> {{Taxobox<br /> | Taxon_Name = Rädertierchen<br /> | Taxon_WissName = Rotifera<br /> | Taxon_Rang = Stamm<br /> | Taxon_Autor = [[Georges Cuvier|Cuvier]], 1817<br /> | Taxon2_Name = Urmünder<br /> | Taxon2_WissName = Protostomia<br /> | Taxon2_Rang = ohne Rang<br /> | Taxon3_WissName = Bilateria<br /> | Taxon3_Rang = ohne Rang<br /> | Taxon4_Name = Vielzellige Tiere<br /> | Taxon4_WissName = Metazoa<br /> | Taxon4_Rang = ohne Rang<br /> | Bild = Keratella_cochlearis.jpg<br /> | Bildbeschreibung = ''Keratella cochlearis''<br /> }}<br /> <br /> '''Rädertierchen''' ('''Rotifera''', veraltet '''Rotatoria''') sind 0,1 - 0,5 Millimeter ([[Acanthocephala]] bis 70 Zentimeter) lange [[vielzellige Tiere]] mit genetisch festgelegter, gleich bleibender Anzahl von Zellen ([[Zellkonstanz|Eutelie]]). Am Kopf befinden sich bewegliche Wimpernkränze, das ''Räderorgan''. Bislang sind weltweit etwa 2000 teilweise sehr verschiedene [[Art (Biologie)|Arten]] beschrieben, von denen etwa 550 in [[Deutschland]] vorkommen.<br /> <br /> == Lebensräume ==<br /> <br /> Rädertiere treten in vielen Lebensräumen auf. Auf dem Land, in Bäumen, in feuchtem Moos oder zwischen Bodenpartikeln sind sie ebenso zu Hause wie im Meer oder im Süßwasser. Dabei macht ihnen die Kälte der [[Antarktis]] ebenso wenig etwas aus wie die Hitze von [[Thermalquelle]]n.<br /> <br /> Die verschiedenen Rädertiergattungen leben entweder dauerhaft an Pflanzen festsitzend oder freischwebend im Wasser oder [[Detritus (Hydrologie)|Detritus]].<br /> <br /> == Morphologie ==<br /> [[Datei:Rotifera feeding and moving.ogv|miniatur|Rädertierchen beim Jagen und Fressen.]]<br /> [[Datei:Rotifera 1.JPG|mini|Rädertierchen. Gut zu erkennen die Augen, das Räderorgan und der Kauer.]]<br /> [[Datei:Rotifera 2.JPG|mini|Rädertierchen.]]<br /> [[Datei:Mikrofoto.de-Raedertier Ptygura pilula 2.jpg|mini|Rädertierchen ''[[Ptygura pilula]]'']]<br /> <br /> Das Aussehen der Rädertiere ist sehr vielgestaltig, dennoch lässt sich der Körper grob in drei Abschnitte gliedern:<br /> <br /> * '''Kopf mit Räderorgan''' – Das Räderorgan besteht aus Wimpernfeldern und/oder Wimpernkränzen, die fast ständig in Bewegung sind. Es dient zum einen der Fortbewegung und zum anderen dem Einstrudeln von Nahrungsteilchen.<br /> * '''Rumpf''' – In der Mitte des Körpers befindet sich der Rumpf. Bei manchen Arten ist der Rumpf versteift, dann spricht man auch von der Verpanzerung. Die Verpanzerung rührt nicht von einer Kutikula her, sondern von der Sklerotisierung einer in der Rumpfepidermis befindlichen Schicht, der ''dense layer''. Die Rumpfepidermis besteht nicht aus einzelnen Zellen, sondern aus einem Syncytium, das durch das Verschmelzen der Epidermiszellen entstanden ist. Einige Rädertiere, etwa ''[[Macrochaetus collinsi]]'' weisen am Rumpf lange Stacheln auf. ''[[Taphrocampa selenura]]'' wiederum besitzt eine klebrige Epidermis. Die meisten Arten können Kopf und Fuß in den Rumpf einziehen.<br /> * '''Fuß''' – Der Fuß des Rädertiers hat zwei Anhänge, die Zehen. Im Fuß befinden sich Klebedrüsen, die auf den Zehen münden. Mit Hilfe der Klebdrüsen kann sich das Rädertier zeitweise oder dauerhaft an einen gewählten Untergrund festheften. Bei einigen planktischen Rädertierchen, etwa ''[[Asplanchna]]'', fehlt jedoch der Fuß.<br /> <br /> Rädertiere haben, bedingt durch ihre Körperform, verschiedene Möglichkeiten der Fortbewegung: Gleiten, schwimmen, spannerartig kriechend, mit den Wimpern des Kopfes laufend oder strudelnd.<br /> <br /> Um Trockenzeiten überstehen zu können, geben [[Bdelloida|bdelloide]] Rädertiere einen Teil ihrer Körperflüssigkeit ab und schrumpfen zu einer kugelförmigen Gestalt zusammen. In diesem sehr widerstandsfähigen [[Dauerstadium]], auch Trockenstarre genannt, können sie bis zu vier Jahre überleben.<br /> <br /> Am Rumpf oder Fuß können einzelne Eier oder Eipakete hängen, die eine ähnlich hohe Widerstandskraft gegen Umwelteinflüsse haben wie die ausgewachsenen Tiere.<br /> <br /> Der für die Rotifera typische [[Kaumagen]] (Mastax, Pl. Mastaces) zeigt kieferartige, komplexe Gerüste aus einzelnen stäbchen-, schild- oder plattenförmigen, chitinhaltigen Hartteilen, den sogenannten Trophi (Sg. Trophus). Sie können gegeneinander bewegt werden und können je nach Form verschiedene Funktionen, wie Einsaugen, Zermahlen, Zerquetschen oder Ergreifen von Beute wahrnehmen. Bei den Monogononta sind die Trophi je nach Art stark unterschiedlich geformt und bilden ein wichtiges Merkmal zur genauen taxonomischen Bestimmung einzelner Arten. Bei den Arten der Bdelloida zeigen sie unter den einzelnen Arten eine eher gleichartige Struktur, es wird auch von den typischen ramaten Mastaces oder den ramaten Trophi der Bdelloida gesprochen (englisch ramate trophi)&lt;ref&gt;Alois Herzig ''et al.'' (Hrsg.): ''Rotifera X. Rotifer Research: Trends, New Tools and Recent Advances, Proceedings of the Xth International Rotifer Symposium, held in Illmitz, Austria, 7-13 June 2003.'' Springer, Dordrecht 2005, ISBN 978-1-4020-4408-3&lt;/ref&gt;.<br /> <br /> == Ernährung ==<br /> <br /> Die meisten Arten ernähren sich von Algen oder [[Detritus (Biologie)|Detritus]]. ''[[Brachionus calyciflorus]]'' beispielsweise ernährt sich von einzelligen Algen und Bakterien. Es strudelt diese mit seinem Räderorgan herbei. ''[[Lindia torulosa]]'' ernährt sich von [[Blaualgen]], deren Fäden sie mit dem Kauapparat abkneifen. Es gibt aber auch räuberische Rädertierchen, wie die [[Floskularien]] (''Floscularia''), die sehr kleine Lebewesen und Partikel aus dem durch ihre Ruderorgane aufgewirbelten Wasser fangen, oder die ''[[Cephalodella]]'' die ebenfalls räuberisch leben. ''[[Pleurotrocha petromyzon]]'' ernährt sich wiederum aasfressend von toten [[Wasserflöhe]]n&lt;ref&gt;[[Heinz Streble]], [[Dieter Krauter]]: ''Das Leben im Wassertropfen. Mikroflora und Mikrofauna des Süßwasser. Ein Bestimmungsbuch.'' Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-440-11966-2&lt;/ref&gt;. Die ''[[Collotheca]]'', ''[[Cupelopagis vorax]]'' aber auch ''[[Stephanoceros fimbriatus]]'' haben eine andere Jagdweise. Sie fangen ihre Nahrung mittels weit aufgesperrten Trichtern am oberen Körperende. Die beiden Arten der urtümlichen Gattung ''[[Seison]]'' leben im Meer als [[Parasitismus|Parasiten]] auf Arten der [[Krebstiere|Krebsgattung]] ''[[Nebalia]]''. Auch Süßwasserformen wie ''[[Proales]]'' werden als Parasiten angesehen, da sie in Algen wie ''[[Volvox]]'' und ''[[Vaucheria]]'' leben und sich von diesen ernähren.<br /> <br /> Die Beziehungen zwischen Räuber und Beute können komplex sein. Das Rädertierchen ''[[Asplanchna brightwellii]]'' ernährt sich räuberisch von Plankton, darunter auch anderen Rädertierchen der Gattung ''Brachionus''. In Wasser, das ''Asplanchna'' enthält, entwickelt ''Brachionus'' lange Stacheln als Körperfortsätze, die den Räuber beim Fangen behindern, die Entwicklung dieser Stacheln wird nur durch den Räuber induziert und unterbleibt sonst. Als auslösender Faktor konnte einen chemische Substanz (vermutlich ein [[Peptid]]) identifiziert werden, die ''Asplanchna'' in das Wasser abgibt. Solche Substanzen mit hormonähnlicher Wirkung auf eine andere Art werden [[Kairomon]]e genannt.&lt;ref&gt;John J. Gilbert: Kairomon-induced Morphological Defenses in Rotifers. Chapter 7 in Ralph Tollrian, C. Drew Harvell (editors): The Ecology and Evolution of Inducible Defenses. Princeton University Press, 1999. ISBN 0-691-01221-0.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Vermehrung und Lebenserwartung ==<br /> <br /> Die verschiedenen Gattungen der Rädertiere nehmen unterschiedliche Möglichkeiten der Fortpflanzung wahr. Unter günstigen Bedingungen (meist in den Sommermonaten) erfolgt eine [[ungeschlechtliche Vermehrung]] (siehe auch: [[Parthenogenese]]), unter ungünstigen Bedingungen (meist im Herbst) findet die [[geschlechtliche Fortpflanzung]] statt.<br /> <br /> Einige Arten wie etwa ''Adineta vaga'' sind in der Lage, genetisches Material anderer Lebewesen in ihr Erbgut aufzunehmen, was die Nachteile ausgleicht, die sich aus ungeschlechtlicher Fortpflanzung ergeben. Diese Fortpflanzungsstrategie wurde bei Rädertierchen erstmals durch [[Eugene Gladyshev]] nachgewiesen&lt;ref name=&quot;Science-20080530&quot;&gt;{{cite journal |last1=Gladyshev |first1=Eugene A. |last2=Meselson |first2=Matthew |last3=Arkhipoval |first3=Irina R. |title=Massive Horizontal Gene Transfer in Bdelloid Rotifers |url=http://www.sciencemag.org/content/320/5880/1210 |date=2008-05-30 |doi=10.1126/science.1156407 |journal=[[Science]] |volume=320 |issue=5880 |pages=1210–1213 }}&lt;/ref&gt; und war zuvor nur bei Bakterien bekannt. Darüber hinaus verzichtet ''A. vaga'' auf [[sexuelle Fortpflanzung]] und [[Meiose]].&lt;ref&gt;Jean-François Flot, Boris Hespeels u.&amp;nbsp;a.: ''Genomic evidence for ameiotic evolution in the bdelloid rotifer Adineta vaga.'' In: ''Nature.'' 500, 2013, S.&amp;nbsp;453–457, {{DOI|10.1038/nature12326}}.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Rädertiere haben unterschiedliche Lebenserwartungen. Der Durchschnitt liegt bei etwa einer Woche.<br /> <br /> == Taxonomie ==<br /> <br /> Als erster wissenschaftlicher Beobachter der Rädertierchen gilt [[Antoni van Leeuwenhoek]], der die Rädertiere mit seinem selbstgebauten [[Mikroskop]] beobachtete. Da dessen Vergrößerung nicht sehr stark war, konnte er die flimmernde Mundöffnung nur ungenau beobachten, beschrieb jedoch ihr räderförmiges Aussehen.<br /> <br /> Heute werden die Rädertierchen zwar weiterhin als Tierstamm akzeptiert, nach phylogenetischen Untersuchungen sowohl der Morphologie als auch anhand von molekularbiologischen Vergleichen müssen jedoch die früher ebenfalls als Tierstamm betrachteten [[Kratzwürmer]] (Acanthocephala) als Schwestergruppe der [[Bdelloida]] innerhalb der Rädertierchen angesehen werden.&lt;ref&gt;James R. Garey, Thomas J. Near, Michael R. Nonnemacher, Steven A. Nadler: ''Molecular evidence for Acanthocephala as a subtaxon of Rotifera.'' Journal of Molecular Evolution 43 (3), 1996; Seiten 287–292 ([[doi:10.1007/BF02338837]])&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Martín García-Varela, Gerardo Pérez-Ponce de León, Patricia de la Torre, Michael P. Cummings, S.S.S. Sarma, Juan P. Laclette: ''Phylogenetic Relationships of Acanthocephala Based on Analysis of 18S Ribosomal RNA Gene Sequences.'' Journal of Molecular Evolution 50 (6), 2000; Seiten 532–540 ([[doi:10.1007/s002390010056]])&lt;/ref&gt;<br /> Die umfassende Gruppe (Rotifera i.&amp;nbsp;e.&amp;nbsp;S., Seisonacea, Acanthocephala) wird gelegentlich &quot;Syndermata&quot; genannt, die meisten Bearbeiter bevorzugen aber, den Namen Rotifera im erweiterten Sinne für diese Gruppierung zu gebrauchen. Die Ordnung Seisonacea (mit der einzigen Familie Seisonidae, 2 Arten) wird von einigen Systematikern als einzige Ordnung (monotypisch) in eine eigene Klasse &quot;Pararotatoria&quot; eingeordnet.<br /> <br /> Innerhalb der Rädertierchen werden folgende Verwandtschaftsverhältnisse als eine der aktuellen Hypothesen angenommen:<br /> {{Klade<br /> |label1='''Rädertierchen'''&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |1=&amp;nbsp;[[Seisonacea]]<br /> |label2=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |2={{Klade<br /> |1=&amp;nbsp;[[Bdelloida]] und [[Kratzwürmer]] (Acanthocephala)<br /> |2=&amp;nbsp;[[Monogononta]]<br /> }}<br /> }}<br /> }}<br /> <br /> Früher wurden die Rädertierchen in eine Gruppe der „[[Schlauchwürmer]]“ oder auch Rundwürmer (Nemathelminthes) gestellt, ein Verlegenheits-Taxon ohne klare Abgrenzung, das in neueren Systematiken als nicht [[monophyletisch]] erkannt worden ist. Neuere Untersuchungen auf morphologischer, vor allem aber auf genetischer Basis&lt;ref&gt;Ferdinand Marletaz, Katja T.C.A. Peijnenburg, Taichiro Goto, Noriyuki Satoh, Daniel S. Rokhsar (2019): A New Spiralian Phylogeny Places the Enigmatic Arrow Worms among Gnathiferans. Current Biology 29: 312–318. [[doi:10.1016/j.cub.2018.11.042]]&lt;/ref&gt; haben nun übereinstimmend ergeben, dass die Rädertierchen mit zwei kleinen, wenig bekannten Gruppen, den [[Kiefermündchen]] (Gnathostomulida) und den [[Micrognathozoa]] (mit der einzigen Art ''Limnognathia maerski'') eine [[Klade]] bilden, die nach einem morphologischen Merkmal, dem ähnlichen Feinbau des Kieferapparats Gnathifera („Kieferträger“) genannt worden ist. Nächstverwandt wären die lange in ihrer Stellung rätselhaften [[Pfeilwürmer]] (Chaetognatha). Inzwischen wurde die fossile Art ''Amiskwia sagittiformis'' Walcott 1911 aus dem mittelkambrischen kanadischen [[Burgess-Schiefer]] als mögliche morphologische Zwischenform ausgemacht.&lt;ref&gt;JakobVinther &amp; Luke A.Parry (2019): Bilateral Jaw Elements in Amiskwia sagittiformis Bridge the Morphological Gap between Gnathiferans and Chaetognaths. Current Biology 29 (5): R152-R154. [[doi:10.1016/j.cub.2019.01.052]]&lt;/ref&gt; Die Zusammengehörigkeit der Gruppen wird auch durch den übereinstimmenden Bau der für die Entwicklung wichtigen [[Hox-Gen]]e unterstützt.&lt;ref&gt;Andreas C. Fröbius &amp; Peter Funch (2017): Rotiferan Hox genes give new insights into the evolution of metazoan bodyplans. Nature Communications 8, Article number 9. ([https://www.nature.com/articles/s41467-017-00020-w open access])&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Fossilien ==<br /> <br /> Das einzige bekannte Fossil aus dem Stamm Rotifera stellt der Fund eines Vertreters der Klasse Bdelloidea (Ordnung Bdelloida) in [[Tertiär (Geologie)|tertiärem]] [[Dominikanischer Bernstein|Dominikanischen Bernstein]] dar. Zugleich liefert dieser Fund den Beweis, dass Parthenogenese seit mindestens 25 bis 40 Millionen Jahren existiert.&lt;ref&gt;George O. Poinar, Jr.: ''Life in Amber''. 350 S., 147 Fig., 10 Tafeln, Stanford University Press, Stanford (Cal.) 1992. ISBN 0-8047-2001-0&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Belege ==<br /> <br /> &lt;references/&gt;<br /> <br /> == Literatur ==<br /> <br /> * Rudolf Drews: ''Mikroskopieren als Hobby'', Falken-Verlag, ISBN 3-8068-1197-0<br /> * [[Wilhelm Eigener]]: ''Enzyklopädie der Tiere.'' Nikol-Verlag Hamburg, ISBN 3-933203-98-8.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Rotifera|Rädertierchen (Rotifera)}}<br /> <br /> * [http://www.rotifera.hausdernatur.at Rotifer World Catalog, by Jersabek, C.D. &amp; Leitner M.F.]<br /> * [http://www.hydro-kosmos.de/mikmak/micro.htm Microfauna und Microflora im Gartenteich]<br /> * [http://www.ucmp.berkeley.edu/phyla/rotifera/rotifera.html Tree of Life - Introduction to the Rotifera]<br /> * [http://www.lua.nrw.de/wasser/oberflaechengewaesser/gewaesserguete/zoopl.htm Landesumweltamt NRW - Zooplankton am Niederrhein]<br /> * [http://www.plingfactory.de/Science/GruKlaOeko/Teichleben/Rotatoria/TL5RotatoriaList.html Stefansbachtal Gevelsberg: Teichlebewesen - Rädertiere (Bilder)]<br /> * [http://www.dradio.de/dlf/meldungen/forschak/680438/ Deutschlandfunk Forschung aktuell Das Rädertierchen lebt ohne Sex.]<br /> <br /> <br /> {{DEFAULTSORT:Radertierchen}}<br /> <br /> [[Kategorie:Rädertierchen| ]]<br /> [[Kategorie:Wikipedia:Artikel mit Video]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=R%C3%A4dertierchen&diff=212760913 Rädertierchen 2021-06-07T14:53:49Z <p>212.117.117.42: bis zu -</p> <hr /> <div>&lt;!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. --&gt;<br /> {{Taxobox<br /> | Taxon_Name = Rädertierchen<br /> | Taxon_WissName = Rotifera<br /> | Taxon_Rang = Stamm<br /> | Taxon_Autor = [[Georges Cuvier|Cuvier]], 1817<br /> | Taxon2_Name = Urmünder<br /> | Taxon2_WissName = Protostomia<br /> | Taxon2_Rang = ohne Rang<br /> | Taxon3_WissName = Bilateria<br /> | Taxon3_Rang = ohne Rang<br /> | Taxon4_Name = Vielzellige Tiere<br /> | Taxon4_WissName = Metazoa<br /> | Taxon4_Rang = ohne Rang<br /> | Bild = Keratella_cochlearis.jpg<br /> | Bildbeschreibung = ''Keratella cochlearis''<br /> }}<br /> <br /> '''Rädertierchen''' ('''Rotifera''', veraltet '''Rotatoria''') sind 0,1 - 0,5 Millimeter ([[Acanthocephala]] bis 70 Zentimeter) lange [[vielzellige Tiere]] mit genetisch festgelegter, gleich bleibender Anzahl von Zellen ([[Zellkonstanz|Eutelie]]). Am Kopf befinden sich bewegliche Wimpernkränze, das ''Räderorgan''. Bislang sind weltweit etwa 2000 teilweise sehr verschiedene [[Art (Biologie)|Arten]] beschrieben, von denen etwa 550 in [[Deutschland]] vorkommen.<br /> <br /> == Lebensraum ==<br /> <br /> Rädertiere treten in vielen Lebensräumen auf. Auf dem Land, in Bäumen, in feuchtem Moos oder zwischen Bodenpartikeln sind sie ebenso zu Hause wie im Meer oder im Süßwasser. Dabei macht ihnen die Kälte der [[Antarktis]] ebenso wenig etwas aus wie die Hitze von [[Thermalquelle]]n.<br /> <br /> Die verschiedenen Rädertiergattungen leben entweder dauerhaft an Pflanzen festsitzend oder freischwebend im Wasser oder [[Detritus (Hydrologie)|Detritus]].<br /> <br /> == Morphologie ==<br /> [[Datei:Rotifera feeding and moving.ogv|miniatur|Rädertierchen beim Jagen und Fressen.]]<br /> [[Datei:Rotifera 1.JPG|mini|Rädertierchen. Gut zu erkennen die Augen, das Räderorgan und der Kauer.]]<br /> [[Datei:Rotifera 2.JPG|mini|Rädertierchen.]]<br /> [[Datei:Mikrofoto.de-Raedertier Ptygura pilula 2.jpg|mini|Rädertierchen ''[[Ptygura pilula]]'']]<br /> <br /> Das Aussehen der Rädertiere ist sehr vielgestaltig, dennoch lässt sich der Körper grob in drei Abschnitte gliedern:<br /> <br /> * '''Kopf mit Räderorgan''' – Das Räderorgan besteht aus Wimpernfeldern und/oder Wimpernkränzen, die fast ständig in Bewegung sind. Es dient zum einen der Fortbewegung und zum anderen dem Einstrudeln von Nahrungsteilchen.<br /> * '''Rumpf''' – In der Mitte des Körpers befindet sich der Rumpf. Bei manchen Arten ist der Rumpf versteift, dann spricht man auch von der Verpanzerung. Die Verpanzerung rührt nicht von einer Kutikula her, sondern von der Sklerotisierung einer in der Rumpfepidermis befindlichen Schicht, der ''dense layer''. Die Rumpfepidermis besteht nicht aus einzelnen Zellen, sondern aus einem Syncytium, das durch das Verschmelzen der Epidermiszellen entstanden ist. Einige Rädertiere, etwa ''[[Macrochaetus collinsi]]'' weisen am Rumpf lange Stacheln auf. ''[[Taphrocampa selenura]]'' wiederum besitzt eine klebrige Epidermis. Die meisten Arten können Kopf und Fuß in den Rumpf einziehen.<br /> * '''Fuß''' – Der Fuß des Rädertiers hat zwei Anhänge, die Zehen. Im Fuß befinden sich Klebedrüsen, die auf den Zehen münden. Mit Hilfe der Klebdrüsen kann sich das Rädertier zeitweise oder dauerhaft an einen gewählten Untergrund festheften. Bei einigen planktischen Rädertierchen, etwa ''[[Asplanchna]]'', fehlt jedoch der Fuß.<br /> <br /> Rädertiere haben, bedingt durch ihre Körperform, verschiedene Möglichkeiten der Fortbewegung: Gleiten, schwimmen, spannerartig kriechend, mit den Wimpern des Kopfes laufend oder strudelnd.<br /> <br /> Um Trockenzeiten überstehen zu können, geben [[Bdelloida|bdelloide]] Rädertiere einen Teil ihrer Körperflüssigkeit ab und schrumpfen zu einer kugelförmigen Gestalt zusammen. In diesem sehr widerstandsfähigen [[Dauerstadium]], auch Trockenstarre genannt, können sie bis zu vier Jahre überleben.<br /> <br /> Am Rumpf oder Fuß können einzelne Eier oder Eipakete hängen, die eine ähnlich hohe Widerstandskraft gegen Umwelteinflüsse haben wie die ausgewachsenen Tiere.<br /> <br /> Der für die Rotifera typische [[Kaumagen]] (Mastax, Pl. Mastaces) zeigt kieferartige, komplexe Gerüste aus einzelnen stäbchen-, schild- oder plattenförmigen, chitinhaltigen Hartteilen, den sogenannten Trophi (Sg. Trophus). Sie können gegeneinander bewegt werden und können je nach Form verschiedene Funktionen, wie Einsaugen, Zermahlen, Zerquetschen oder Ergreifen von Beute wahrnehmen. Bei den Monogononta sind die Trophi je nach Art stark unterschiedlich geformt und bilden ein wichtiges Merkmal zur genauen taxonomischen Bestimmung einzelner Arten. Bei den Arten der Bdelloida zeigen sie unter den einzelnen Arten eine eher gleichartige Struktur, es wird auch von den typischen ramaten Mastaces oder den ramaten Trophi der Bdelloida gesprochen (englisch ramate trophi)&lt;ref&gt;Alois Herzig ''et al.'' (Hrsg.): ''Rotifera X. Rotifer Research: Trends, New Tools and Recent Advances, Proceedings of the Xth International Rotifer Symposium, held in Illmitz, Austria, 7-13 June 2003.'' Springer, Dordrecht 2005, ISBN 978-1-4020-4408-3&lt;/ref&gt;.<br /> <br /> == Ernährung ==<br /> <br /> Die meisten Arten ernähren sich von Algen oder [[Detritus (Biologie)|Detritus]]. ''[[Brachionus calyciflorus]]'' beispielsweise ernährt sich von einzelligen Algen und Bakterien. Es strudelt diese mit seinem Räderorgan herbei. ''[[Lindia torulosa]]'' ernährt sich von [[Blaualgen]], deren Fäden sie mit dem Kauapparat abkneifen. Es gibt aber auch räuberische Rädertierchen, wie die [[Floskularien]] (''Floscularia''), die sehr kleine Lebewesen und Partikel aus dem durch ihre Ruderorgane aufgewirbelten Wasser fangen, oder die ''[[Cephalodella]]'' die ebenfalls räuberisch leben. ''[[Pleurotrocha petromyzon]]'' ernährt sich wiederum aasfressend von toten [[Wasserflöhe]]n&lt;ref&gt;[[Heinz Streble]], [[Dieter Krauter]]: ''Das Leben im Wassertropfen. Mikroflora und Mikrofauna des Süßwasser. Ein Bestimmungsbuch.'' Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-440-11966-2&lt;/ref&gt;. Die ''[[Collotheca]]'', ''[[Cupelopagis vorax]]'' aber auch ''[[Stephanoceros fimbriatus]]'' haben eine andere Jagdweise. Sie fangen ihre Nahrung mittels weit aufgesperrten Trichtern am oberen Körperende. Die beiden Arten der urtümlichen Gattung ''[[Seison]]'' leben im Meer als [[Parasitismus|Parasiten]] auf Arten der [[Krebstiere|Krebsgattung]] ''[[Nebalia]]''. Auch Süßwasserformen wie ''[[Proales]]'' werden als Parasiten angesehen, da sie in Algen wie ''[[Volvox]]'' und ''[[Vaucheria]]'' leben und sich von diesen ernähren.<br /> <br /> Die Beziehungen zwischen Räuber und Beute können komplex sein. Das Rädertierchen ''[[Asplanchna brightwellii]]'' ernährt sich räuberisch von Plankton, darunter auch anderen Rädertierchen der Gattung ''Brachionus''. In Wasser, das ''Asplanchna'' enthält, entwickelt ''Brachionus'' lange Stacheln als Körperfortsätze, die den Räuber beim Fangen behindern, die Entwicklung dieser Stacheln wird nur durch den Räuber induziert und unterbleibt sonst. Als auslösender Faktor konnte einen chemische Substanz (vermutlich ein [[Peptid]]) identifiziert werden, die ''Asplanchna'' in das Wasser abgibt. Solche Substanzen mit hormonähnlicher Wirkung auf eine andere Art werden [[Kairomon]]e genannt.&lt;ref&gt;John J. Gilbert: Kairomon-induced Morphological Defenses in Rotifers. Chapter 7 in Ralph Tollrian, C. Drew Harvell (editors): The Ecology and Evolution of Inducible Defenses. Princeton University Press, 1999. ISBN 0-691-01221-0.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Vermehrung und Lebenserwartung ==<br /> <br /> Die verschiedenen Gattungen der Rädertiere nehmen unterschiedliche Möglichkeiten der Fortpflanzung wahr. Unter günstigen Bedingungen (meist in den Sommermonaten) erfolgt eine [[ungeschlechtliche Vermehrung]] (siehe auch: [[Parthenogenese]]), unter ungünstigen Bedingungen (meist im Herbst) findet die [[geschlechtliche Fortpflanzung]] statt.<br /> <br /> Einige Arten wie etwa ''Adineta vaga'' sind in der Lage, genetisches Material anderer Lebewesen in ihr Erbgut aufzunehmen, was die Nachteile ausgleicht, die sich aus ungeschlechtlicher Fortpflanzung ergeben. Diese Fortpflanzungsstrategie wurde bei Rädertierchen erstmals durch [[Eugene Gladyshev]] nachgewiesen&lt;ref name=&quot;Science-20080530&quot;&gt;{{cite journal |last1=Gladyshev |first1=Eugene A. |last2=Meselson |first2=Matthew |last3=Arkhipoval |first3=Irina R. |title=Massive Horizontal Gene Transfer in Bdelloid Rotifers |url=http://www.sciencemag.org/content/320/5880/1210 |date=2008-05-30 |doi=10.1126/science.1156407 |journal=[[Science]] |volume=320 |issue=5880 |pages=1210–1213 }}&lt;/ref&gt; und war zuvor nur bei Bakterien bekannt. Darüber hinaus verzichtet ''A. vaga'' auf [[sexuelle Fortpflanzung]] und [[Meiose]].&lt;ref&gt;Jean-François Flot, Boris Hespeels u.&amp;nbsp;a.: ''Genomic evidence for ameiotic evolution in the bdelloid rotifer Adineta vaga.'' In: ''Nature.'' 500, 2013, S.&amp;nbsp;453–457, {{DOI|10.1038/nature12326}}.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Rädertiere haben unterschiedliche Lebenserwartungen. Der Durchschnitt liegt bei etwa einer Woche.<br /> <br /> == Taxonomie ==<br /> <br /> Als erster wissenschaftlicher Beobachter der Rädertierchen gilt [[Antoni van Leeuwenhoek]], der die Rädertiere mit seinem selbstgebauten [[Mikroskop]] beobachtete. Da dessen Vergrößerung nicht sehr stark war, konnte er die flimmernde Mundöffnung nur ungenau beobachten, beschrieb jedoch ihr räderförmiges Aussehen.<br /> <br /> Heute werden die Rädertierchen zwar weiterhin als Tierstamm akzeptiert, nach phylogenetischen Untersuchungen sowohl der Morphologie als auch anhand von molekularbiologischen Vergleichen müssen jedoch die früher ebenfalls als Tierstamm betrachteten [[Kratzwürmer]] (Acanthocephala) als Schwestergruppe der [[Bdelloida]] innerhalb der Rädertierchen angesehen werden.&lt;ref&gt;James R. Garey, Thomas J. Near, Michael R. Nonnemacher, Steven A. Nadler: ''Molecular evidence for Acanthocephala as a subtaxon of Rotifera.'' Journal of Molecular Evolution 43 (3), 1996; Seiten 287–292 ([[doi:10.1007/BF02338837]])&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Martín García-Varela, Gerardo Pérez-Ponce de León, Patricia de la Torre, Michael P. Cummings, S.S.S. Sarma, Juan P. Laclette: ''Phylogenetic Relationships of Acanthocephala Based on Analysis of 18S Ribosomal RNA Gene Sequences.'' Journal of Molecular Evolution 50 (6), 2000; Seiten 532–540 ([[doi:10.1007/s002390010056]])&lt;/ref&gt;<br /> Die umfassende Gruppe (Rotifera i.&amp;nbsp;e.&amp;nbsp;S., Seisonacea, Acanthocephala) wird gelegentlich &quot;Syndermata&quot; genannt, die meisten Bearbeiter bevorzugen aber, den Namen Rotifera im erweiterten Sinne für diese Gruppierung zu gebrauchen. Die Ordnung Seisonacea (mit der einzigen Familie Seisonidae, 2 Arten) wird von einigen Systematikern als einzige Ordnung (monotypisch) in eine eigene Klasse &quot;Pararotatoria&quot; eingeordnet.<br /> <br /> Innerhalb der Rädertierchen werden folgende Verwandtschaftsverhältnisse als eine der aktuellen Hypothesen angenommen:<br /> {{Klade<br /> |label1='''Rädertierchen'''&amp;nbsp;<br /> |1={{Klade<br /> |1=&amp;nbsp;[[Seisonacea]]<br /> |label2=&amp;nbsp;N.N.&amp;nbsp;<br /> |2={{Klade<br /> |1=&amp;nbsp;[[Bdelloida]] und [[Kratzwürmer]] (Acanthocephala)<br /> |2=&amp;nbsp;[[Monogononta]]<br /> }}<br /> }}<br /> }}<br /> <br /> Früher wurden die Rädertierchen in eine Gruppe der „[[Schlauchwürmer]]“ oder auch Rundwürmer (Nemathelminthes) gestellt, ein Verlegenheits-Taxon ohne klare Abgrenzung, das in neueren Systematiken als nicht [[monophyletisch]] erkannt worden ist. Neuere Untersuchungen auf morphologischer, vor allem aber auf genetischer Basis&lt;ref&gt;Ferdinand Marletaz, Katja T.C.A. Peijnenburg, Taichiro Goto, Noriyuki Satoh, Daniel S. Rokhsar (2019): A New Spiralian Phylogeny Places the Enigmatic Arrow Worms among Gnathiferans. Current Biology 29: 312–318. [[doi:10.1016/j.cub.2018.11.042]]&lt;/ref&gt; haben nun übereinstimmend ergeben, dass die Rädertierchen mit zwei kleinen, wenig bekannten Gruppen, den [[Kiefermündchen]] (Gnathostomulida) und den [[Micrognathozoa]] (mit der einzigen Art ''Limnognathia maerski'') eine [[Klade]] bilden, die nach einem morphologischen Merkmal, dem ähnlichen Feinbau des Kieferapparats Gnathifera („Kieferträger“) genannt worden ist. Nächstverwandt wären die lange in ihrer Stellung rätselhaften [[Pfeilwürmer]] (Chaetognatha). Inzwischen wurde die fossile Art ''Amiskwia sagittiformis'' Walcott 1911 aus dem mittelkambrischen kanadischen [[Burgess-Schiefer]] als mögliche morphologische Zwischenform ausgemacht.&lt;ref&gt;JakobVinther &amp; Luke A.Parry (2019): Bilateral Jaw Elements in Amiskwia sagittiformis Bridge the Morphological Gap between Gnathiferans and Chaetognaths. Current Biology 29 (5): R152-R154. [[doi:10.1016/j.cub.2019.01.052]]&lt;/ref&gt; Die Zusammengehörigkeit der Gruppen wird auch durch den übereinstimmenden Bau der für die Entwicklung wichtigen [[Hox-Gen]]e unterstützt.&lt;ref&gt;Andreas C. Fröbius &amp; Peter Funch (2017): Rotiferan Hox genes give new insights into the evolution of metazoan bodyplans. Nature Communications 8, Article number 9. ([https://www.nature.com/articles/s41467-017-00020-w open access])&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Fossilien ==<br /> <br /> Das einzige bekannte Fossil aus dem Stamm Rotifera stellt der Fund eines Vertreters der Klasse Bdelloidea (Ordnung Bdelloida) in [[Tertiär (Geologie)|tertiärem]] [[Dominikanischer Bernstein|Dominikanischen Bernstein]] dar. Zugleich liefert dieser Fund den Beweis, dass Parthenogenese seit mindestens 25 bis 40 Millionen Jahren existiert.&lt;ref&gt;George O. Poinar, Jr.: ''Life in Amber''. 350 S., 147 Fig., 10 Tafeln, Stanford University Press, Stanford (Cal.) 1992. ISBN 0-8047-2001-0&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Belege ==<br /> <br /> &lt;references/&gt;<br /> <br /> == Literatur ==<br /> <br /> * Rudolf Drews: ''Mikroskopieren als Hobby'', Falken-Verlag, ISBN 3-8068-1197-0<br /> * [[Wilhelm Eigener]]: ''Enzyklopädie der Tiere.'' Nikol-Verlag Hamburg, ISBN 3-933203-98-8.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Rotifera|Rädertierchen (Rotifera)}}<br /> <br /> * [http://www.rotifera.hausdernatur.at Rotifer World Catalog, by Jersabek, C.D. &amp; Leitner M.F.]<br /> * [http://www.hydro-kosmos.de/mikmak/micro.htm Microfauna und Microflora im Gartenteich]<br /> * [http://www.ucmp.berkeley.edu/phyla/rotifera/rotifera.html Tree of Life - Introduction to the Rotifera]<br /> * [http://www.lua.nrw.de/wasser/oberflaechengewaesser/gewaesserguete/zoopl.htm Landesumweltamt NRW - Zooplankton am Niederrhein]<br /> * [http://www.plingfactory.de/Science/GruKlaOeko/Teichleben/Rotatoria/TL5RotatoriaList.html Stefansbachtal Gevelsberg: Teichlebewesen - Rädertiere (Bilder)]<br /> * [http://www.dradio.de/dlf/meldungen/forschak/680438/ Deutschlandfunk Forschung aktuell Das Rädertierchen lebt ohne Sex.]<br /> <br /> <br /> {{DEFAULTSORT:Radertierchen}}<br /> <br /> [[Kategorie:Rädertierchen| ]]<br /> [[Kategorie:Wikipedia:Artikel mit Video]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Br%C3%BChe&diff=212760891 Brühe 2021-06-07T14:53:08Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>[[Datei:Hühnerbrühe-1.jpg|mini|Hühnerbrühe während der Zubereitung]]<br /> [[Datei:Bruehe-1.jpg|mini|Geklärte Rinderkraftbrühe (Consommé)]]<br /> <br /> '''Brühe''' ([[Mittelhochdeutsch|mhd.]] ''{{lang|gmh|brüeje}}'' „heiße Flüssigkeit“) bezeichned eine Flüssigkeit, die auf der Basis von Gemüse oder tierischen Produkten (aus Knochen und Abschnitten) gekocht wird. Die Aromen und Nährstoffe der Einlage gehen in das Wasser über und ergeben so durchgeseiht eine würzige, klare oder leicht getrübte Suppe, die zumeist als Grundlage für andere Gerichte dient, aber auch ohne weitere Verarbeitung konsumiert werden kann. <br /> <br /> Der Begriff '''Bouillon''' wird nur für eine '''Fleischbrühe''' und '''Knochenbrühe''' von Rind, Kalb, Lamm oder Geflügel verwendet, also eine Brühe gekocht aus Fleisch und Knochen. In der [[Küchensprache]] heißen Grundbrühen [[Fond (Lebensmittel)|Fonds]] (zumeist aus Wild-oder Fischteilen) und dienen als Grundlage für [[Suppe]]n, [[Sauce]]n und als Kochflüssigkeit für [[Fleisch]], [[Geflügel]], [[Speisefisch|Fisch]] und [[Gemüse]]. Brühen gibt es auch als [[Convenience Food|Convenienceprodukte]].<br /> <br /> Einfache Brühen und Kraftbrühen ([[Consommé|Consomme]]) können durch Einlagen aus zerkleinerten frischen Küchenkräutern, besonders Petersilie, Schnittlauch, Kerbel und Estragon, geschmacklich und ernährungsphysiologisch aufgewertet werden. [[Suppeneinlage|Suppeneinlagen]] sollten in geringen Mengen verwendet werden.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=[[Franz Maier-Bruck]] |Titel=Das große Sacher Kochbuch |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=Wiener Verlag |Ort= |Datum=1975 |ISBN= |Seiten=76 ff}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=F. Jürgen Herrmann, Thea und Dieter Nothnagel |Titel=Lehrbuch für Köche |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort=Hamburg |Datum= |ISBN=978-3-582-40055-0 |Seiten=133 ff}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Philip Pauli |Titel=Classical Cooking The Modern Way: Methods and Techniques |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=John Wiley &amp; Sons |Ort= |Datum= |ISBN=978-0-471-29187-9 |Seiten=269}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Claus Schünemann |url=https://www.europa-lehrmittel.de/downloads-downloads/1264/medialink_pfanneberg_technologie_backwarenherstellung_490575.pdf |titel=Alphabetisches Fachwörter-LexikonFachwörter von D bis F und ihre Erklärungen |werk= |hrsg=[[Europa-Lehrmittel]] |datum= |abruf=2021-01-27 |sprache=}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Zubereitung ==<br /> Zur Herstellung einer Brühe werden je nach Verwendungszweck Gemüse, Knochen, Fleisch, Geflügel oder Fisch, auch in Kombinationen, verwendet. Die darin enthaltenen Fette und Eiweiße werden durch Hitze gelöst und andere Substanzen gelangen durch [[Osmose]] in die Flüssigkeit. Damit eine Brühe besonders aromatisch wird, sollten die Zutaten bereits ins kalte Wasser gegeben und erst gegen Ende der Kochzeit gesalzen werden – so ist das osmotische Gefälle besonders hoch und mehr Substanzen [[Diffusion|diffundieren]] ins Wasser. Um flüchtige Aromen zu schützen, werden Brühen nicht sprudelnd gekocht, sondern nur gerade auf den Siedepunkt erhitzt.<br /> <br /> Während des Kochens bildet sich, besonders kurz nachdem der Siedepunkt erreicht wurde, [[Schaum]] aus geronnenem Eiweiß, der entfernt werden sollte. Ist die Brühe, je nach Zutaten, nach etwa ein bis drei Stunden fertig, kann sie [[Klären (Kochen)|geklärt]] werden; dabei werden ihr unerwünschte Schwebstoffe entzogen. Dazu wird geschlagenes [[Hühnerei|Eiweiß]] in der vorher gesiebten Brühe aufgekocht, das beim Gerinnen die Schwebstoffe an sich bindet. Anschließend wird die Brühe durch ein Haarsieb oder ein Stofftuch gefiltert. Schließlich wird die Brühe, falls notwendig, entfettet. Das kann durch vorsichtiges Abschöpfen, Absaugen mit Küchenpapier oder durch Kühlen der Brühe und anschließendes Abnehmen des erstarrten Fetts geschehen.<br /> <br /> Neben den jeweiligen Grundzutaten werden in der Regel auch [[Suppengrün]], [[Zwiebel]]n und Gewürze wie [[Pfeffer]]körner, [[Gewürznelke]]n und [[Echter Lorbeer|Lorbeer]] mitgekocht.<br /> <br /> == Arten ==<br /> * '''Fischbrühe''' oder [[Fischfond]] wird vor allem aus Resten von Speisefischen wie Köpfen und Gräten, auch den Schalen von [[Hummer]]n hergestellt.<br /> * '''Kalbsfußbrühe''' oder '''Kalbsfuß-Suppe''' nach [[Hildegard von Bingen]] wird aus Kalbsfüßen hergestellt.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.xn--hildegard-kalbsfussbrhe-wpc.de/produktion.htm |titel=Kalbsfußbrühe und -Sülze nach Hildegard von Bingen |werk=xn--hildegard-kalbsfussbrhe-wpc.de |abruf=2016-10-08 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20161008091710/http://www.xn--hildegard-kalbsfussbrhe-wpc.de/produktion.htm |archiv-datum=2016-10-08 |offline=1}}&lt;/ref&gt;<br /> * '''Fischsud''' (''Court-bouillon'') ist eine Gemüsebrühe aus Wasser, [[Karotte|Möhren]], [[Zwiebel]]n, [[Küchenkraut|Kräutern]] ([[Bouquet garni]]) und Gewürzen wie [[Pfeffer]] und [[Piment]] sowie eventuell Zitrone, Wein oder Essig. In Fischsud werden Fische und [[Schalentiere]], seltener auch Geflügel, bei schwacher Hitze langsam gegart.<br /> * '''Fleischbrühe''' wird aus Rind-, [[Kalbfleisch|Kalb-]] oder [[Lammfleisch]] hergestellt, selten aus [[Schweinefleisch]]. Damit Fleischbrühe ein volleres Mundgefühl bekommt und gekühlt erstarrt (für [[Sülze]]n, [[Aspik]] usw.), wird traditionell ein [[Kalbsfuß]] mitgekocht.<br /> ** '''Bouillon''' ist eine einfach geklärte, kräftige Rinderbrühe.<br /> ** '''Consommé''' oder '''Kraftbrühe''' ist eine Rinderbrühe, in der noch einmal Hackfleisch, Eiweiß und Wurzelgemüse gekocht wurde. Das Verhältnis zwischen Fleisch und Brühe beträgt etwa eins zu fünf. Bei '''Consommé double''' beträgt es etwa zwei zu fünf. Zum Schluss wird die Consommé noch einmal [[Seihen|abgeseiht]].<br /> * '''Geflügelbrühe''' wird vor allem aus [[Haushuhn|Huhn]] zubereitet. Für feine Brühe können ergänzend [[Tauben]] oder anderes Geflügel mitgegart werden. Die [[Karkasse (Küche)|Karkassen]] können ebenfalls eine Grundlage bilden, wenn das Fleisch anderweitig verwendet wird.<br /> * '''Gemüsebrühe''' oder '''Wurzelbrühe''' wird aus gemischtem Gemüse, vor allem Wurzelgemüse ([[Suppengrün]]), [[Küchenkraut|Kräutern]] und auch [[Speisepilz|Pilzen]] hergestellt. Um fettlösliche Aromastoffe zu binden, sollte dem Wasser etwas [[Pflanzenöl]] zugegeben werden. Gemüsebrühe muss meist nicht geklärt und entfettet werden.<br /> * '''Knochenbrühe''' wird aus gespaltenen [[Knochen (Lebensmittel)|Sand-]] und [[Knochen (Lebensmittel)|Markknochen]], meist vom [[Rindfleisch|Rind]], hergestellt. Sie dient vor allem als Zutat für Saucen und als Kochflüssigkeit. Nach dem ersten Auskochen können die Knochen zerschlagen und ein weiteres Mal verwendet werden.<br /> * '''Pilzbrühe''' wird aus frischen, in Butter angeschwitzten Pilzen und Kräutern hergestellt. Sie wird mit gehackten Pilzstielen und Zwiebeln sowie Eiweiß geklärt und durch ein Tuch passiert.<br /> * '''[[Wurstbrühe]]''' entsteht bei der Herstellung von [[Brühwurst|Brüh-]] und [[Kochwurst]]. Sie bildet eine traditionelle Grundlage für deftige [[Eintopf|Eintöpfe]].<br /> <br /> Stark eingekochte Brühen werden allgemein [[Fond (Lebensmittel)|Fond]] genannt. Sie dienen als klassische Saucengrundlage.<br /> <br /> == Fertigbrühen ==<br /> Die im Handel erhältlichen Konzentrate für Brühe, wie [[Brühwürfel]] oder gekörnte Brühe, bestehen in der Regel vorwiegend aus Salz, Fett, [[Speisewürze|Würze]], [[Geschmacksverstärker|Geschmacksverstärkern]] und Gewürzen und enthalten kein oder kaum Fleisch oder Gemüse und sind kein Ersatz für eine manuell hergestellte Brühe; auch die flüssig erhältlichen Fonds sind ähnlich zusammengesetzt und unterscheiden sich lediglich durch den Wassergehalt („flüssige Brühwürfel“).<br /> <br /> Eine Ausnahme bildet [[Fleischextrakt]].<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Broths|Brühe}}<br /> {{Wikibooks|Kochbuch/ Gemüsebrühe|Rezept für Gemüsebrühe|suffix=-}}<br /> {{Wikibooks|Kochbuch/ Fleischbrühe|Rezept für Fleischbrühe|suffix=-}}<br /> {{Wikibooks|Kochbuch/ Hühnerbrühe|Rezept für Hühnerbrühe|suffix=-}}<br /> {{Wiktionary}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Bruhe}}<br /> [[Kategorie:Brühe]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Tom_Hardy&diff=212751936 Tom Hardy 2021-06-07T09:12:28Z <p>212.117.117.42: /* Filmografie (Auswahl) */</p> <hr /> <div>[[Datei:Tom Hardy by Gage Skidmore.jpg|mini|Tom Hardy auf der [[San Diego Comic-Con International]] 2018]]<br /> '''Edward Thomas „Tom“ Hardy''', [[Order of the British Empire|CBE]] (* [[15. September]] [[1977]] in [[Hammersmith]], [[London]]) ist ein britischer [[Filmschauspieler|Film-]] und [[Theaterschauspieler]].<br /> <br /> == Leben ==<br /> Hardy ist der Sohn des Londoner [[Comedy]]autors Chips Hardy und einer irischen Mutter. Er absolvierte das [[Drama Centre London]] und begann seine Karriere als Schauspieler in [[Kriegsfilm]]en, so 2001 in der [[Miniserie]] ''[[Band of Brothers – Wir waren wie Brüder|Band of Brothers]]'' und im selben Jahr in dem Kriegsfilm ''[[Black Hawk Down]]'' von [[Ridley Scott]]. Seinen internationalen Durchbruch hatte er 2002 mit ''[[Star Trek: Nemesis]]'' als Filmbösewicht ''Shinzon''. Er war für die Rolle für einen [[Saturn Award]] nominiert.<br /> <br /> Im Jahr 2003 wurde er zudem auch als Theaterschauspieler tätig und trat in zwei Stücken am [[Royal Court Theatre]] und am [[Hampstead Theatre]] auf. Dafür erhielt er zwei Nominierungen als bester Newcomer für den ''London Evening Standard Theatre Award'' und 2004 für den [[Laurence Olivier Award]]. Zwei Jahre später war er in der [[BBC]]-Serie ''The Virgin Queen'' als [[Robert Dudley, 1. Earl of Leicester]], der Jugendliebe der Königin [[Elisabeth I.]], zu sehen. Im Jahr 2006 spielte er in einer Neuadaption der [[Science-Fiction]]-Serie ''A for Andromeda'' ebenfalls eine der größeren Rollen.<br /> <br /> Im Jahr 2008 war Hardy in dem [[Gangsterfilm]] ''[[Rock N Rolla]]'' neben Schauspielern wie [[Gerard Butler]], [[Tom Wilkinson]] und [[Mark Strong]] zu sehen. Ein Jahr später spielte er die Hauptrolle in dem Dokudrama ''[[Bronson (Film)|Bronson]]'', das auf dem Leben des gefährlichen Häftlings [[Charles Bronson (Häftling)|Charles Bronson]] basiert. Im selben Jahr übernahm er in der Miniserie ''The Take'' von [[Martina Cole]] die Hauptrolle eines drogenabhängigen Gauners und wurde für den ''Crime Thriller Award'' nominiert.<br /> <br /> Im Jahr 2010 spielte er zum ersten Mal am amerikanischen Theater in [[Chicago]] in dem Stück ''The Long Red Road'', bei dem [[Philip Seymour Hoffman]] Regisseur war. Im selben Jahr war er in [[Christopher Nolan]]s [[Blockbuster]] ''[[Inception]]'' in der Rolle des ''Eames'' zu sehen. Im Jahr 2011 spielte er neben [[Joel Edgerton]] und [[Nick Nolte]] in dem Sportler-Drama ''[[Warrior (2011)|Warrior]]''. Nolan engagierte ihn erneut, diesmal für seinen neuen [[Batman]]-Film ''[[The Dark Knight Rises]]'' (2012), in dem Hardy die Rolle des Schurken ''[[Bane (Comic)|Bane]]'' übernahm. 2015 spielte Tom Hardy im Überlebensdrama ''[[The Revenant – Der Rückkehrer]]'' die Rolle des Fallenstellers John Fitzgerald und wurde dafür für den [[Oscar]] als [[Oscar/Bester Nebendarsteller|bester Nebendarsteller]] nominiert. Außerdem stand er 2015 für den australischen [[Actionfilm]] ''[[Mad Max: Fury Road]]'' vor der Kamera, wo er in der Hauptrolle des ''Max Rockatansky'' zu sehen war. 2018 spielte er die Hauptrolle in Marvels [[Venom (2018)|Venom]].<br /> <br /> Hardy war von 1999 bis 2004 mit Sarah Ward verheiratet. Im Jahr 2010 verlobte er sich mit der britischen Schauspielerin [[Charlotte Riley]]. Das Paar heiratete im Juli 2014&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Katy Forrester |url=https://www.mirror.co.uk/3am/celebrity-news/tom-hardy-secretly-married-fiance-4297447 |titel=Tom Hardy 'secretly married' fiancée Charlotte in France TWO months ago - they kept that quiet |werk=Mirror |hrsg= |datum=2014-09-21 |abruf=2020-08-12 |sprache=en}}&lt;/ref&gt; und bekam im Oktober 2015 sein erstes gemeinsames Kind. Ende 2018 folgte ihr zweites Kind.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Sabrina Barr |url=https://www.independent.co.uk/life-style/health-and-families/tom-hardy-charlotte-riley-baby-son-boy-forrest-gump-children-a8724341.html |titel=Tom Hardy and Charlotte Riley 'name newborn son after Forrest Gump' |werk=Independent |hrsg= |datum=2019-01-12 |abruf=2020-08-12 |sprache=en}}&lt;/ref&gt; Aus einer früheren Beziehung mit der Schauspielerin Rachael Speed hat er ebenfalls einen Sohn.<br /> <br /> == Filmografie (Auswahl) ==<br /> [[Datei:Tom Hardy Locke Premiere.jpg|miniatur|Tom Hardy (2014)]]<br /> * 2001: [[Band of Brothers – Wir waren wie Brüder]] (''Band of Brothers'', Miniserie)<br /> * 2001: [[Black Hawk Down]]<br /> * 2002: Deserter/Simon – An English Legionnaire<br /> * 2002: [[Star Trek: Nemesis]]<br /> * 2002: The Reckoning<br /> * 2003: LD 50 Lethal Dose – Tödliche Dosis ''(LD 50 Lethal Dose)''<br /> * 2003: [[Ein gefährlicher Kuss]] ''(Dot the I)''<br /> * 2004: [[Layer Cake]] ''(L4yer Cake)''<br /> * 2005: [[Colditz – Flucht in die Freiheit]] ''(Colditz)''<br /> * 2005: [[Gideon’s Daughter]]<br /> * 2005: Minotaur<br /> * 2005: [[Elizabeth I – The Virgin Queen]] (''The Virgin Queen'', Miniserie)<br /> * 2006: [[Marie Antoinette (2006)|Marie Antoinette]]<br /> * 2007: Oliver Twist (Miniserie)<br /> * 2007: [[Die Flut – Wenn das Meer die Städte verschlingt]] ''(Flood)''<br /> * 2007: [[WΔZ – Welche Qualen erträgst du?]] ''(WΔZ)''<br /> * 2007: Stuart – A Life Backwards (BBC)<br /> * 2008: [[Bronson (Film)|Bronson]]<br /> * 2008: [[Rock N Rolla]] ''(RocknRolla)''<br /> * 2009: [[The Code – Vertraue keinem Dieb]] ''(Thick as Thieves)''<br /> * 2009: Wuthering Heights (Miniserie)<br /> * 2009: [[The Take – Zwei Jahrzehnte in der Mafia]] (''The Take'', Miniserie)<br /> * 2010: [[Inception]]<br /> * 2011: [[Warrior (2011)|Warrior]]<br /> * 2011: [[Dame, König, As, Spion (2011)|Dame, König, As, Spion]] ''(Tinker, Tailor, Soldier, Spy)''<br /> * 2012: [[Das gibt Ärger]] ''(This Means War)''<br /> * 2012: [[Lawless – Die Gesetzlosen]] ''(Lawless)''<br /> * 2012: [[The Dark Knight Rises]]<br /> * 2013: [[No Turning Back (Film)|No Turning Back]] ''(Locke)''<br /> * 2014: [[The Drop – Bargeld]] ''(The Drop)''<br /> * 2014–2019: [[Peaky Blinders – Gangs of Birmingham]] (''Peaky Blinders'', Fernsehserie)<br /> * 2015: [[Kind 44 (Film)|Kind 44]] ''(Child 44)''<br /> * 2015: [[Mad Max: Fury Road]]<br /> * 2015: [[Legend (2015)|Legend]]<br /> * 2015: London Road<br /> * 2015: [[The Revenant – Der Rückkehrer]] ''(The Revenant)''<br /> * seit 2017: [[Taboo (Fernsehserie)|Taboo]] (Fernsehserie)<br /> * 2017: [[Dunkirk (2017)|Dunkirk]]<br /> * 2017: [[Star Wars: Die letzten Jedi]] (''Star Wars: The Last Jedi'', Cameo)<br /> * 2018: [[Venom (2018)|Venom]]<br /> * 2020: [[Capone (2020)|Capone]]<br /> *Herr Mattle liebt ihn<br /> &lt;!--Bitte Filme erst nach dem Filmstart eintragen.--&gt;<br /> <br /> == Synchronsprecher ==<br /> Hardy wurde in früheren Jahren von vielen verschiedenen [[Synchronsprecher]]n synchronisiert. Standardstimme seit dem Jahr 2011 ist [[Torben Liebrecht]] oder auch alternativ [[Tobias Kluckert]].<br /> <br /> == Auszeichnungen ==<br /> * 2003: [[Saturn Award|Saturn-Award]]-Nominierung als Bester Nebendarsteller für ''[[Star Trek: Nemesis]]''<br /> * 2009: [[British Independent Film Awards|British Independent Film Award]] für ''Bronson'' (Bester Hauptdarsteller)<br /> * 2011: [[British Academy Film Award/Rising Star Award|Rising Star Award]] bei den [[British Academy Film Award]]s<br /> * 2015: [[British Independent Film Awards 2015|British Independent Film Award]] als Bester Schauspieler für ''[[Legend (2015)|Legend]]''&lt;ref&gt;''[https://www.bifa.film/awards/winners Winners (2015)]'' In: bifa.film. Abgerufen am 3. Januar 2016.&lt;/ref&gt;<br /> * 2016: [[Oscarverleihung 2016|Oscar]]-Nominierung als Bester Nebendarsteller für ''[[The Revenant – Der Rückkehrer]]''<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Tom Hardy|3=S}}<br /> * {{IMDb|nm0362766}}<br /> * [https://www.allmovie.com/artist/tom-hardy-p301932 Tom Hardy] bei [[Allmovie|AllMovie]] (englisch)<br /> * {{Synchronkartei|darsteller|938}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=p|GND=140606610|LCCN=no/2006/37732|VIAF=4680980}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Hardy, Tom}}<br /> [[Kategorie:Filmschauspieler]]<br /> [[Kategorie:Theaterschauspieler]]<br /> [[Kategorie:Commander des Order of the British Empire]]<br /> [[Kategorie:Brite]]<br /> [[Kategorie:Engländer]]<br /> [[Kategorie:Geboren 1977]]<br /> [[Kategorie:Mann]]<br /> <br /> {{Personendaten<br /> |NAME=Hardy, Tom<br /> |ALTERNATIVNAMEN=Hardy, Edward Thomas (wirklicher Name)<br /> |KURZBESCHREIBUNG=britischer Film- und Theaterschauspieler<br /> |GEBURTSDATUM=15. September 1977<br /> |GEBURTSORT=[[Hammersmith]], [[London]]<br /> |STERBEDATUM=<br /> |STERBEORT=<br /> }}</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Tom_Hardy&diff=212751245 Tom Hardy 2021-06-07T08:47:54Z <p>212.117.117.42: /* Filmografie (Auswahl) */</p> <hr /> <div>[[Datei:Tom Hardy by Gage Skidmore.jpg|mini|Tom Hardy auf der [[San Diego Comic-Con International]] 2018]]<br /> '''Edward Thomas „Tom“ Hardy''', [[Order of the British Empire|CBE]] (* [[15. September]] [[1977]] in [[Hammersmith]], [[London]]) ist ein britischer [[Filmschauspieler|Film-]] und [[Theaterschauspieler]].<br /> <br /> == Leben ==<br /> Hardy ist der Sohn des Londoner [[Comedy]]autors Chips Hardy und einer irischen Mutter. Er absolvierte das [[Drama Centre London]] und begann seine Karriere als Schauspieler in [[Kriegsfilm]]en, so 2001 in der [[Miniserie]] ''[[Band of Brothers – Wir waren wie Brüder|Band of Brothers]]'' und im selben Jahr in dem Kriegsfilm ''[[Black Hawk Down]]'' von [[Ridley Scott]]. Seinen internationalen Durchbruch hatte er 2002 mit ''[[Star Trek: Nemesis]]'' als Filmbösewicht ''Shinzon''. Er war für die Rolle für einen [[Saturn Award]] nominiert.<br /> <br /> Im Jahr 2003 wurde er zudem auch als Theaterschauspieler tätig und trat in zwei Stücken am [[Royal Court Theatre]] und am [[Hampstead Theatre]] auf. Dafür erhielt er zwei Nominierungen als bester Newcomer für den ''London Evening Standard Theatre Award'' und 2004 für den [[Laurence Olivier Award]]. Zwei Jahre später war er in der [[BBC]]-Serie ''The Virgin Queen'' als [[Robert Dudley, 1. Earl of Leicester]], der Jugendliebe der Königin [[Elisabeth I.]], zu sehen. Im Jahr 2006 spielte er in einer Neuadaption der [[Science-Fiction]]-Serie ''A for Andromeda'' ebenfalls eine der größeren Rollen.<br /> <br /> Im Jahr 2008 war Hardy in dem [[Gangsterfilm]] ''[[Rock N Rolla]]'' neben Schauspielern wie [[Gerard Butler]], [[Tom Wilkinson]] und [[Mark Strong]] zu sehen. Ein Jahr später spielte er die Hauptrolle in dem Dokudrama ''[[Bronson (Film)|Bronson]]'', das auf dem Leben des gefährlichen Häftlings [[Charles Bronson (Häftling)|Charles Bronson]] basiert. Im selben Jahr übernahm er in der Miniserie ''The Take'' von [[Martina Cole]] die Hauptrolle eines drogenabhängigen Gauners und wurde für den ''Crime Thriller Award'' nominiert.<br /> <br /> Im Jahr 2010 spielte er zum ersten Mal am amerikanischen Theater in [[Chicago]] in dem Stück ''The Long Red Road'', bei dem [[Philip Seymour Hoffman]] Regisseur war. Im selben Jahr war er in [[Christopher Nolan]]s [[Blockbuster]] ''[[Inception]]'' in der Rolle des ''Eames'' zu sehen. Im Jahr 2011 spielte er neben [[Joel Edgerton]] und [[Nick Nolte]] in dem Sportler-Drama ''[[Warrior (2011)|Warrior]]''. Nolan engagierte ihn erneut, diesmal für seinen neuen [[Batman]]-Film ''[[The Dark Knight Rises]]'' (2012), in dem Hardy die Rolle des Schurken ''[[Bane (Comic)|Bane]]'' übernahm. 2015 spielte Tom Hardy im Überlebensdrama ''[[The Revenant – Der Rückkehrer]]'' die Rolle des Fallenstellers John Fitzgerald und wurde dafür für den [[Oscar]] als [[Oscar/Bester Nebendarsteller|bester Nebendarsteller]] nominiert. Außerdem stand er 2015 für den australischen [[Actionfilm]] ''[[Mad Max: Fury Road]]'' vor der Kamera, wo er in der Hauptrolle des ''Max Rockatansky'' zu sehen war. 2018 spielte er die Hauptrolle in Marvels [[Venom (2018)|Venom]].<br /> <br /> Hardy war von 1999 bis 2004 mit Sarah Ward verheiratet. Im Jahr 2010 verlobte er sich mit der britischen Schauspielerin [[Charlotte Riley]]. Das Paar heiratete im Juli 2014&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Katy Forrester |url=https://www.mirror.co.uk/3am/celebrity-news/tom-hardy-secretly-married-fiance-4297447 |titel=Tom Hardy 'secretly married' fiancée Charlotte in France TWO months ago - they kept that quiet |werk=Mirror |hrsg= |datum=2014-09-21 |abruf=2020-08-12 |sprache=en}}&lt;/ref&gt; und bekam im Oktober 2015 sein erstes gemeinsames Kind. Ende 2018 folgte ihr zweites Kind.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Sabrina Barr |url=https://www.independent.co.uk/life-style/health-and-families/tom-hardy-charlotte-riley-baby-son-boy-forrest-gump-children-a8724341.html |titel=Tom Hardy and Charlotte Riley 'name newborn son after Forrest Gump' |werk=Independent |hrsg= |datum=2019-01-12 |abruf=2020-08-12 |sprache=en}}&lt;/ref&gt; Aus einer früheren Beziehung mit der Schauspielerin Rachael Speed hat er ebenfalls einen Sohn.<br /> <br /> == Filmografie (Auswahl) ==<br /> [[Datei:Tom Hardy Locke Premiere.jpg|miniatur|Tom Hardy (2014)]]<br /> * 2001: [[Band of Brothers – Wir waren wie Brüder]] (''Band of Brothers'', Miniserie)<br /> * 2001: [[Black Hawk Down]]<br /> * 2002: Deserter/Simon – An English Legionnaire<br /> * 2002: [[Star Trek: Nemesis]]<br /> * 2002: The Reckoning<br /> * 2003: LD 50 Lethal Dose – Tödliche Dosis ''(LD 50 Lethal Dose)''<br /> * 2003: [[Ein gefährlicher Kuss]] ''(Dot the I)''<br /> * 2004: [[Layer Cake]] ''(L4yer Cake)''<br /> * 2005: [[Colditz – Flucht in die Freiheit]] ''(Colditz)''<br /> * 2005: [[Gideon’s Daughter]]<br /> * 2005: Minotaur<br /> * 2005: [[Elizabeth I – The Virgin Queen]] (''The Virgin Queen'', Miniserie)<br /> * 2006: [[Marie Antoinette (2006)|Marie Antoinette]]<br /> * 2007: Oliver Twist (Miniserie)<br /> * 2007: [[Die Flut – Wenn das Meer die Städte verschlingt]] ''(Flood)''<br /> * 2007: [[WΔZ – Welche Qualen erträgst du?]] ''(WΔZ)''<br /> * 2007: Stuart – A Life Backwards (BBC)<br /> * 2008: [[Bronson (Film)|Bronson]]<br /> * 2008: [[Rock N Rolla]] ''(RocknRolla)''<br /> * 2009: [[The Code – Vertraue keinem Dieb]] ''(Thick as Thieves)''<br /> * 2009: Wuthering Heights (Miniserie)<br /> * 2009: [[The Take – Zwei Jahrzehnte in der Mafia]] (''The Take'', Miniserie)<br /> * 2010: [[Inception]]<br /> * 2011: [[Warrior (2011)|Warrior]]<br /> * 2011: [[Dame, König, As, Spion (2011)|Dame, König, As, Spion]] ''(Tinker, Tailor, Soldier, Spy)''<br /> * 2012: [[Das gibt Ärger]] ''(This Means War)''<br /> * 2012: [[Lawless – Die Gesetzlosen]] ''(Lawless)''<br /> * 2012: [[The Dark Knight Rises]]<br /> * 2013: [[No Turning Back (Film)|No Turning Back]] ''(Locke)''<br /> * 2014: [[The Drop – Bargeld]] ''(The Drop)''<br /> * 2014–2019: [[Peaky Blinders – Gangs of Birmingham]] (''Peaky Blinders'', Fernsehserie)<br /> * 2015: [[Kind 44 (Film)|Kind 44]] ''(Child 44)''<br /> * 2015: [[Mad Max: Fury Road]]<br /> * 2015: [[Legend (2015)|Legend]]<br /> * 2015: London Road<br /> * 2015: [[The Revenant – Der Rückkehrer]] ''(The Revenant)''<br /> * seit 2017: [[Taboo (Fernsehserie)|Taboo]] (Fernsehserie)<br /> * 2017: [[Dunkirk (2017)|Dunkirk]]<br /> * 2017: [[Star Wars: Die letzten Jedi]] (''Star Wars: The Last Jedi'', Cameo)<br /> * 2018: [[Venom (2018)|Venom]]<br /> * 2020: [[Capone (2020)|Capone]]<br /> *Herr Mattle liebt ihn<br /> &lt;!--Bitte Filme erst nach dem Filmstart eintragen.--&gt;<br /> <br /> == Synchronsprecher ==<br /> Hardy wurde in früheren Jahren von vielen verschiedenen [[Synchronsprecher]]n synchronisiert. Standardstimme seit dem Jahr 2011 ist [[Torben Liebrecht]] oder auch alternativ [[Tobias Kluckert]].<br /> <br /> == Auszeichnungen ==<br /> * 2003: [[Saturn Award|Saturn-Award]]-Nominierung als Bester Nebendarsteller für ''[[Star Trek: Nemesis]]''<br /> * 2009: [[British Independent Film Awards|British Independent Film Award]] für ''Bronson'' (Bester Hauptdarsteller)<br /> * 2011: [[British Academy Film Award/Rising Star Award|Rising Star Award]] bei den [[British Academy Film Award]]s<br /> * 2015: [[British Independent Film Awards 2015|British Independent Film Award]] als Bester Schauspieler für ''[[Legend (2015)|Legend]]''&lt;ref&gt;''[https://www.bifa.film/awards/winners Winners (2015)]'' In: bifa.film. Abgerufen am 3. Januar 2016.&lt;/ref&gt;<br /> * 2016: [[Oscarverleihung 2016|Oscar]]-Nominierung als Bester Nebendarsteller für ''[[The Revenant – Der Rückkehrer]]''<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Tom Hardy|3=S}}<br /> * {{IMDb|nm0362766}}<br /> * [https://www.allmovie.com/artist/tom-hardy-p301932 Tom Hardy] bei [[Allmovie|AllMovie]] (englisch)<br /> * {{Synchronkartei|darsteller|938}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=p|GND=140606610|LCCN=no/2006/37732|VIAF=4680980}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Hardy, Tom}}<br /> [[Kategorie:Filmschauspieler]]<br /> [[Kategorie:Theaterschauspieler]]<br /> [[Kategorie:Commander des Order of the British Empire]]<br /> [[Kategorie:Brite]]<br /> [[Kategorie:Engländer]]<br /> [[Kategorie:Geboren 1977]]<br /> [[Kategorie:Mann]]<br /> <br /> {{Personendaten<br /> |NAME=Hardy, Tom<br /> |ALTERNATIVNAMEN=Hardy, Edward Thomas (wirklicher Name)<br /> |KURZBESCHREIBUNG=britischer Film- und Theaterschauspieler<br /> |GEBURTSDATUM=15. September 1977<br /> |GEBURTSORT=[[Hammersmith]], [[London]]<br /> |STERBEDATUM=<br /> |STERBEORT=<br /> }}</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Tom_Hardy&diff=212631366 Tom Hardy 2021-06-03T09:55:14Z <p>212.117.117.42: /* Filmografie (Auswahl) */</p> <hr /> <div>[[Datei:Tom Hardy by Gage Skidmore.jpg|mini|Tom Hardy auf der [[San Diego Comic-Con International]] 2018]]<br /> '''Edward Thomas „Tom“ Hardy''', [[Order of the British Empire|CBE]] (* [[15. September]] [[1977]] in [[Hammersmith]], [[London]]) ist ein britischer [[Filmschauspieler|Film-]] und [[Theaterschauspieler]].<br /> <br /> == Leben ==<br /> Hardy ist der Sohn des Londoner [[Comedy]]autors Chips Hardy und einer irischen Mutter. Er absolvierte das [[Drama Centre London]] und begann seine Karriere als Schauspieler in [[Kriegsfilm]]en, so 2001 in der [[Miniserie]] ''[[Band of Brothers – Wir waren wie Brüder|Band of Brothers]]'' und im selben Jahr in dem Kriegsfilm ''[[Black Hawk Down]]'' von [[Ridley Scott]]. Seinen internationalen Durchbruch hatte er 2002 mit ''[[Star Trek: Nemesis]]'' als Filmbösewicht ''Shinzon''. Er war für die Rolle für einen [[Saturn Award]] nominiert.<br /> <br /> Im Jahr 2003 wurde er zudem auch als Theaterschauspieler tätig und trat in zwei Stücken am [[Royal Court Theatre]] und am [[Hampstead Theatre]] auf. Dafür erhielt er zwei Nominierungen als bester Newcomer für den ''London Evening Standard Theatre Award'' und 2004 für den [[Laurence Olivier Award]]. Zwei Jahre später war er in der [[BBC]]-Serie ''The Virgin Queen'' als [[Robert Dudley, 1. Earl of Leicester]], der Jugendliebe der Königin [[Elisabeth I.]], zu sehen. Im Jahr 2006 spielte er in einer Neuadaption der [[Science-Fiction]]-Serie ''A for Andromeda'' ebenfalls eine der größeren Rollen.<br /> <br /> Im Jahr 2008 war Hardy in dem [[Gangsterfilm]] ''[[Rock N Rolla]]'' neben Schauspielern wie [[Gerard Butler]], [[Tom Wilkinson]] und [[Mark Strong]] zu sehen. Ein Jahr später spielte er die Hauptrolle in dem Dokudrama ''[[Bronson (Film)|Bronson]]'', das auf dem Leben des gefährlichen Häftlings [[Charles Bronson (Häftling)|Charles Bronson]] basiert. Im selben Jahr übernahm er in der Miniserie ''The Take'' von [[Martina Cole]] die Hauptrolle eines drogenabhängigen Gauners und wurde für den ''Crime Thriller Award'' nominiert.<br /> <br /> Im Jahr 2010 spielte er zum ersten Mal am amerikanischen Theater in [[Chicago]] in dem Stück ''The Long Red Road'', bei dem [[Philip Seymour Hoffman]] Regisseur war. Im selben Jahr war er in [[Christopher Nolan]]s [[Blockbuster]] ''[[Inception]]'' in der Rolle des ''Eames'' zu sehen. Im Jahr 2011 spielte er neben [[Joel Edgerton]] und [[Nick Nolte]] in dem Sportler-Drama ''[[Warrior (2011)|Warrior]]''. Nolan engagierte ihn erneut, diesmal für seinen neuen [[Batman]]-Film ''[[The Dark Knight Rises]]'' (2012), in dem Hardy die Rolle des Schurken ''[[Bane (Comic)|Bane]]'' übernahm. 2015 spielte Tom Hardy im Überlebensdrama ''[[The Revenant – Der Rückkehrer]]'' die Rolle des Fallenstellers John Fitzgerald und wurde dafür für den [[Oscar]] als [[Oscar/Bester Nebendarsteller|bester Nebendarsteller]] nominiert. Außerdem stand er 2015 für den australischen [[Actionfilm]] ''[[Mad Max: Fury Road]]'' vor der Kamera, wo er in der Hauptrolle des ''Max Rockatansky'' zu sehen war. 2018 spielte er die Hauptrolle in Marvels [[Venom (2018)|Venom]].<br /> <br /> Hardy war von 1999 bis 2004 mit Sarah Ward verheiratet. Im Jahr 2010 verlobte er sich mit der britischen Schauspielerin [[Charlotte Riley]]. Das Paar heiratete im Juli 2014&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Katy Forrester |url=https://www.mirror.co.uk/3am/celebrity-news/tom-hardy-secretly-married-fiance-4297447 |titel=Tom Hardy 'secretly married' fiancée Charlotte in France TWO months ago - they kept that quiet |werk=Mirror |hrsg= |datum=2014-09-21 |abruf=2020-08-12 |sprache=en}}&lt;/ref&gt; und bekam im Oktober 2015 sein erstes gemeinsames Kind. Ende 2018 folgte ihr zweites Kind.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Sabrina Barr |url=https://www.independent.co.uk/life-style/health-and-families/tom-hardy-charlotte-riley-baby-son-boy-forrest-gump-children-a8724341.html |titel=Tom Hardy and Charlotte Riley 'name newborn son after Forrest Gump' |werk=Independent |hrsg= |datum=2019-01-12 |abruf=2020-08-12 |sprache=en}}&lt;/ref&gt; Aus einer früheren Beziehung mit der Schauspielerin Rachael Speed hat er ebenfalls einen Sohn.<br /> <br /> == Filmografie (Auswahl) ==<br /> [[Datei:Tom Hardy Locke Premiere.jpg|miniatur|Tom Hardy (2014)]]<br /> * 2001: [[Band of Brothers – Wir waren wie Brüder]] (''Band of Brothers'', Miniserie)<br /> * 2001: [[Black Hawk Down]]<br /> * 2002: Deserter/Simon – An English Legionnaire<br /> * 2002: [[Star Trek: Nemesis]]<br /> * 2002: The Reckoning<br /> * 2003: LD 50 Lethal Dose – Tödliche Dosis ''(LD 50 Lethal Dose)''<br /> * 2003: [[Ein gefährlicher Kuss]] ''(Dot the I)''<br /> * 2004: [[Layer Cake]] ''(L4yer Cake)''<br /> * 2005: [[Colditz – Flucht in die Freiheit]] ''(Colditz)''<br /> * 2005: [[Gideon’s Daughter]]<br /> * 2005: Minotaur<br /> * 2005: [[Elizabeth I – The Virgin Queen]] (''The Virgin Queen'', Miniserie)<br /> * 2006: [[Marie Antoinette (2006)|Marie Antoinette]]<br /> * 2007: Oliver Twist (Miniserie)<br /> * 2007: [[Die Flut – Wenn das Meer die Städte verschlingt]] ''(Flood)''<br /> * 2007: [[WΔZ – Welche Qualen erträgst du?]] ''(WΔZ)''<br /> * 2007: Stuart – A Life Backwards (BBC)<br /> * 2008: [[Bronson (Film)|Bronson]]<br /> * 2008: [[Rock N Rolla]] ''(RocknRolla)''<br /> * 2009: [[The Code – Vertraue keinem Dieb]] ''(Thick as Thieves)''<br /> * 2009: Wuthering Heights (Miniserie)<br /> * 2009: [[The Take – Zwei Jahrzehnte in der Mafia]] (''The Take'', Miniserie)<br /> * 2010: [[Inception]]<br /> * 2011: [[Warrior (2011)|Warrior]]<br /> * 2011: [[Dame, König, As, Spion (2011)|Dame, König, As, Spion]] ''(Tinker, Tailor, Soldier, Spy)''<br /> * 2012: [[Das gibt Ärger]] ''(This Means War)''<br /> * 2012: [[Lawless – Die Gesetzlosen]] ''(Lawless)''<br /> * 2012: [[The Dark Knight Rises]]<br /> * 2013: [[No Turning Back (Film)|No Turning Back]] ''(Locke)''<br /> * 2014: [[The Drop – Bargeld]] ''(The Drop)''<br /> * 2014–2019: [[Peaky Blinders – Gangs of Birmingham]] (''Peaky Blinders'', Fernsehserie)<br /> * 2015: [[Kind 44 (Film)|Kind 44]] ''(Child 44)''<br /> * 2015: [[Mad Max: Fury Road]]<br /> * 2015: [[Legend (2015)|Legend]]<br /> * 2015: London Road<br /> * 2015: [[The Revenant – Der Rückkehrer]] ''(The Revenant)''<br /> * seit 2017: [[Taboo (Fernsehserie)|Taboo]] (Fernsehserie)<br /> * 2017: [[Dunkirk (2017)|Dunkirk]]<br /> * 2017: [[Star Wars: Die letzten Jedi]] (''Star Wars: The Last Jedi'', Cameo)<br /> * 2018: [[Venom (2018)|Venom]]<br /> * 2020: [[Capone (2020)|Capone]]<br /> *Herr Mattle findet ihn super<br /> &lt;!--Bitte Filme erst nach dem Filmstart eintragen.--&gt;<br /> <br /> == Synchronsprecher ==<br /> Hardy wurde in früheren Jahren von vielen verschiedenen [[Synchronsprecher]]n synchronisiert. Standardstimme seit dem Jahr 2011 ist [[Torben Liebrecht]] oder auch alternativ [[Tobias Kluckert]].<br /> <br /> == Auszeichnungen ==<br /> * 2003: [[Saturn Award|Saturn-Award]]-Nominierung als Bester Nebendarsteller für ''[[Star Trek: Nemesis]]''<br /> * 2009: [[British Independent Film Awards|British Independent Film Award]] für ''Bronson'' (Bester Hauptdarsteller)<br /> * 2011: [[British Academy Film Award/Rising Star Award|Rising Star Award]] bei den [[British Academy Film Award]]s<br /> * 2015: [[British Independent Film Awards 2015|British Independent Film Award]] als Bester Schauspieler für ''[[Legend (2015)|Legend]]''&lt;ref&gt;''[https://www.bifa.film/awards/winners Winners (2015)]'' In: bifa.film. Abgerufen am 3. Januar 2016.&lt;/ref&gt;<br /> * 2016: [[Oscarverleihung 2016|Oscar]]-Nominierung als Bester Nebendarsteller für ''[[The Revenant – Der Rückkehrer]]''<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Tom Hardy|3=S}}<br /> * {{IMDb|nm0362766}}<br /> * [https://www.allmovie.com/artist/tom-hardy-p301932 Tom Hardy] bei [[Allmovie|AllMovie]] (englisch)<br /> * {{Synchronkartei|darsteller|938}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=p|GND=140606610|LCCN=no/2006/37732|VIAF=4680980}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Hardy, Tom}}<br /> [[Kategorie:Filmschauspieler]]<br /> [[Kategorie:Theaterschauspieler]]<br /> [[Kategorie:Commander des Order of the British Empire]]<br /> [[Kategorie:Brite]]<br /> [[Kategorie:Engländer]]<br /> [[Kategorie:Geboren 1977]]<br /> [[Kategorie:Mann]]<br /> <br /> {{Personendaten<br /> |NAME=Hardy, Tom<br /> |ALTERNATIVNAMEN=Hardy, Edward Thomas (wirklicher Name)<br /> |KURZBESCHREIBUNG=britischer Film- und Theaterschauspieler<br /> |GEBURTSDATUM=15. September 1977<br /> |GEBURTSORT=[[Hammersmith]], [[London]]<br /> |STERBEDATUM=<br /> |STERBEORT=<br /> }}</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Tom_Hardy&diff=212630100 Tom Hardy 2021-06-03T09:12:20Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>[[Datei:Tom Hardy by Gage Skidmore.jpg|mini|Tom Hardy auf der [[San Diego Comic-Con International]] 2018]]<br /> '''Edward Thomas „Tom“ Hardy''', [[Order of the British Empire|CBE]] (* [[15. September]] [[1977]] in [[Hammersmith]], [[London]]) ist ein britischer [[Filmschauspieler|Film-]] und [[Theaterschauspieler]].<br /> <br /> == Leben ==<br /> Hardy ist der Sohn des Londoner [[Comedy]]autors Chips Hardy und einer irischen Mutter. Er absolvierte das [[Drama Centre London]] und begann seine Karriere als Schauspieler in [[Kriegsfilm]]en, so 2001 in der [[Miniserie]] ''[[Band of Brothers – Wir waren wie Brüder|Band of Brothers]]'' und im selben Jahr in dem Kriegsfilm ''[[Black Hawk Down]]'' von [[Ridley Scott]]. Seinen internationalen Durchbruch hatte er 2002 mit ''[[Star Trek: Nemesis]]'' als Filmbösewicht ''Shinzon''. Er war für die Rolle für einen [[Saturn Award]] nominiert.<br /> <br /> Im Jahr 2003 wurde er zudem auch als Theaterschauspieler tätig und trat in zwei Stücken am [[Royal Court Theatre]] und am [[Hampstead Theatre]] auf. Dafür erhielt er zwei Nominierungen als bester Newcomer für den ''London Evening Standard Theatre Award'' und 2004 für den [[Laurence Olivier Award]]. Zwei Jahre später war er in der [[BBC]]-Serie ''The Virgin Queen'' als [[Robert Dudley, 1. Earl of Leicester]], der Jugendliebe der Königin [[Elisabeth I.]], zu sehen. Im Jahr 2006 spielte er in einer Neuadaption der [[Science-Fiction]]-Serie ''A for Andromeda'' ebenfalls eine der größeren Rollen.<br /> <br /> Im Jahr 2008 war Hardy in dem [[Gangsterfilm]] ''[[Rock N Rolla]]'' neben Schauspielern wie [[Gerard Butler]], [[Tom Wilkinson]] und [[Mark Strong]] zu sehen. Ein Jahr später spielte er die Hauptrolle in dem Dokudrama ''[[Bronson (Film)|Bronson]]'', das auf dem Leben des gefährlichen Häftlings [[Charles Bronson (Häftling)|Charles Bronson]] basiert. Im selben Jahr übernahm er in der Miniserie ''The Take'' von [[Martina Cole]] die Hauptrolle eines drogenabhängigen Gauners und wurde für den ''Crime Thriller Award'' nominiert.<br /> <br /> Im Jahr 2010 spielte er zum ersten Mal am amerikanischen Theater in [[Chicago]] in dem Stück ''The Long Red Road'', bei dem [[Philip Seymour Hoffman]] Regisseur war. Im selben Jahr war er in [[Christopher Nolan]]s [[Blockbuster]] ''[[Inception]]'' in der Rolle des ''Eames'' zu sehen. Im Jahr 2011 spielte er neben [[Joel Edgerton]] und [[Nick Nolte]] in dem Sportler-Drama ''[[Warrior (2011)|Warrior]]''. Nolan engagierte ihn erneut, diesmal für seinen neuen [[Batman]]-Film ''[[The Dark Knight Rises]]'' (2012), in dem Hardy die Rolle des Schurken ''[[Bane (Comic)|Bane]]'' übernahm. 2015 spielte Tom Hardy im Überlebensdrama ''[[The Revenant – Der Rückkehrer]]'' die Rolle des Fallenstellers John Fitzgerald und wurde dafür für den [[Oscar]] als [[Oscar/Bester Nebendarsteller|bester Nebendarsteller]] nominiert. Außerdem stand er 2015 für den australischen [[Actionfilm]] ''[[Mad Max: Fury Road]]'' vor der Kamera, wo er in der Hauptrolle des ''Max Rockatansky'' zu sehen war. 2018 spielte er die Hauptrolle in Marvels [[Venom (2018)|Venom]].<br /> <br /> Hardy war von 1999 bis 2004 mit Sarah Ward verheiratet. Im Jahr 2010 verlobte er sich mit der britischen Schauspielerin [[Charlotte Riley]]. Das Paar heiratete im Juli 2014&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Katy Forrester |url=https://www.mirror.co.uk/3am/celebrity-news/tom-hardy-secretly-married-fiance-4297447 |titel=Tom Hardy 'secretly married' fiancée Charlotte in France TWO months ago - they kept that quiet |werk=Mirror |hrsg= |datum=2014-09-21 |abruf=2020-08-12 |sprache=en}}&lt;/ref&gt; und bekam im Oktober 2015 sein erstes gemeinsames Kind. Ende 2018 folgte ihr zweites Kind.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Sabrina Barr |url=https://www.independent.co.uk/life-style/health-and-families/tom-hardy-charlotte-riley-baby-son-boy-forrest-gump-children-a8724341.html |titel=Tom Hardy and Charlotte Riley 'name newborn son after Forrest Gump' |werk=Independent |hrsg= |datum=2019-01-12 |abruf=2020-08-12 |sprache=en}}&lt;/ref&gt; Aus einer früheren Beziehung mit der Schauspielerin Rachael Speed hat er ebenfalls einen Sohn.<br /> <br /> == Filmografie (Auswahl) ==<br /> [[Datei:Tom Hardy Locke Premiere.jpg|miniatur|Tom Hardy (2014)]]<br /> * 2001: [[Band of Brothers – Wir waren wie Brüder]] (''Band of Brothers'', Miniserie)<br /> * 2001: [[Black Hawk Down]]<br /> * 2002: Deserter/Simon – An English Legionnaire<br /> * 2002: [[Star Trek: Nemesis]]<br /> * 2002: The Reckoning<br /> * 2003: LD 50 Lethal Dose – Tödliche Dosis ''(LD 50 Lethal Dose)''<br /> * 2003: [[Ein gefährlicher Kuss]] ''(Dot the I)''<br /> * 2004: [[Layer Cake]] ''(L4yer Cake)''<br /> * 2005: [[Colditz – Flucht in die Freiheit]] ''(Colditz)''<br /> * 2005: [[Gideon’s Daughter]]<br /> * 2005: Minotaur<br /> * 2005: [[Elizabeth I – The Virgin Queen]] (''The Virgin Queen'', Miniserie)<br /> * 2006: [[Marie Antoinette (2006)|Marie Antoinette]]<br /> * 2007: Oliver Twist (Miniserie)<br /> * 2007: [[Die Flut – Wenn das Meer die Städte verschlingt]] ''(Flood)''<br /> * 2007: [[WΔZ – Welche Qualen erträgst du?]] ''(WΔZ)''<br /> * 2007: Stuart – A Life Backwards (BBC)<br /> * 2008: [[Bronson (Film)|Bronson]]<br /> * 2008: [[Rock N Rolla]] ''(RocknRolla)''<br /> * 2009: [[The Code – Vertraue keinem Dieb]] ''(Thick as Thieves)''<br /> * 2009: Wuthering Heights (Miniserie)<br /> * 2009: [[The Take – Zwei Jahrzehnte in der Mafia]] (''The Take'', Miniserie)<br /> * 2010: [[Inception]]<br /> * 2011: [[Warrior (2011)|Warrior]]<br /> * 2011: [[Dame, König, As, Spion (2011)|Dame, König, As, Spion]] ''(Tinker, Tailor, Soldier, Spy)''<br /> * 2012: [[Das gibt Ärger]] ''(This Means War)''<br /> * 2012: [[Lawless – Die Gesetzlosen]] ''(Lawless)''<br /> * 2012: [[The Dark Knight Rises]]<br /> * 2013: [[No Turning Back (Film)|No Turning Back]] ''(Locke)''<br /> * 2014: [[The Drop – Bargeld]] ''(The Drop)''<br /> * 2014–2019: [[Peaky Blinders – Gangs of Birmingham]] (''Peaky Blinders'', Fernsehserie)<br /> * 2015: [[Kind 44 (Film)|Kind 44]] ''(Child 44)''<br /> * 2015: [[Mad Max: Fury Road]]<br /> * 2015: [[Legend (2015)|Legend]]<br /> * 2015: London Road<br /> * 2015: [[The Revenant – Der Rückkehrer]] ''(The Revenant)''<br /> * seit 2017: [[Taboo (Fernsehserie)|Taboo]] (Fernsehserie)<br /> * 2017: [[Dunkirk (2017)|Dunkirk]]<br /> * 2017: [[Star Wars: Die letzten Jedi]] (''Star Wars: The Last Jedi'', Cameo)<br /> * 2018: [[Venom (2018)|Venom]]<br /> * 2020: [[Capone (2020)|Capone]]<br /> *Herr Mattle's Crush<br /> &lt;!--Bitte Filme erst nach dem Filmstart eintragen.--&gt;<br /> <br /> == Synchronsprecher ==<br /> Hardy wurde in früheren Jahren von vielen verschiedenen [[Synchronsprecher]]n synchronisiert. Standardstimme seit dem Jahr 2011 ist [[Torben Liebrecht]] oder auch alternativ [[Tobias Kluckert]].<br /> <br /> == Auszeichnungen ==<br /> * 2003: [[Saturn Award|Saturn-Award]]-Nominierung als Bester Nebendarsteller für ''[[Star Trek: Nemesis]]''<br /> * 2009: [[British Independent Film Awards|British Independent Film Award]] für ''Bronson'' (Bester Hauptdarsteller)<br /> * 2011: [[British Academy Film Award/Rising Star Award|Rising Star Award]] bei den [[British Academy Film Award]]s<br /> * 2015: [[British Independent Film Awards 2015|British Independent Film Award]] als Bester Schauspieler für ''[[Legend (2015)|Legend]]''&lt;ref&gt;''[https://www.bifa.film/awards/winners Winners (2015)]'' In: bifa.film. Abgerufen am 3. Januar 2016.&lt;/ref&gt;<br /> * 2016: [[Oscarverleihung 2016|Oscar]]-Nominierung als Bester Nebendarsteller für ''[[The Revenant – Der Rückkehrer]]''<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Tom Hardy|3=S}}<br /> * {{IMDb|nm0362766}}<br /> * [https://www.allmovie.com/artist/tom-hardy-p301932 Tom Hardy] bei [[Allmovie|AllMovie]] (englisch)<br /> * {{Synchronkartei|darsteller|938}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=p|GND=140606610|LCCN=no/2006/37732|VIAF=4680980}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Hardy, Tom}}<br /> [[Kategorie:Filmschauspieler]]<br /> [[Kategorie:Theaterschauspieler]]<br /> [[Kategorie:Commander des Order of the British Empire]]<br /> [[Kategorie:Brite]]<br /> [[Kategorie:Engländer]]<br /> [[Kategorie:Geboren 1977]]<br /> [[Kategorie:Mann]]<br /> <br /> {{Personendaten<br /> |NAME=Hardy, Tom<br /> |ALTERNATIVNAMEN=Hardy, Edward Thomas (wirklicher Name)<br /> |KURZBESCHREIBUNG=britischer Film- und Theaterschauspieler<br /> |GEBURTSDATUM=15. September 1977<br /> |GEBURTSORT=[[Hammersmith]], [[London]]<br /> |STERBEDATUM=<br /> |STERBEORT=<br /> }}</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fairer_Handel&diff=212601896 Fairer Handel 2021-06-02T09:04:42Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>Als '''Fairer Handel''' ({{enS|''fair trade''}}) wird ein kontrollierter [[Handel]] bezeichnet, bei dem die Erzeuger für ihre Produkte einen [[Mindestpreis]] erhalten, der von einer Fair-Trade-Organisation bestimmt wird. Damit soll den Produzenten auch bei niedrigeren Marktpreisen ein höheres und verlässlicheres Einkommen als im herkömmlichen Handel ermöglicht werden. Die Bemessung eines [[Gerechter Preis|gerechten Preises]] ist ein kontrovers diskutiertes Thema der [[Wirtschaftsethik]]. Dazu wird bei dieser Handelsform außerdem versucht, langfristige „partnerschaftliche“ Beziehungen zwischen Händlern und Erzeugern aufzubauen.&lt;ref&gt;[http://www.fairtrade.de/index.php/mID/1.1/lan/de#Mehr_als_nur_ein_fairer_Preis ''Mehr als nur ein fairer Preis.''] In: ''FairTrade.de'', abgerufen am 6. Dezember 2011.&lt;/ref&gt; In der Produktion sollen außerdem internationale sowie von den Organisationen vorgeschriebene [[Umweltstandard|Umwelt-]] und Sozialstandards eingehalten werden.<br /> <br /> [[Datei:FairtradeQuinoa ArM.jpg|mini|Idealisierte Darstellung zertifizierter Produzenten von fair gehandeltem [[Quinoa]] in [[Ecuador]]]]<br /> Die sehr [[Heterogenität|heterogene]] Fairhandelsbewegung konzentriert sich hauptsächlich auf Waren, die aus [[Entwicklungsland|Entwicklungsländern]] in [[Industrieland|Industrieländer]] exportiert werden. Fairer Handel umfasst landwirtschaftliche Erzeugnisse ebenso wie Produkte des traditionellen Handwerks und der Industrie und weitet sich zusehends auf neue Bereiche wie den [[Tourismus]] unter der Bezeichnung „faires Reisen“ aus. Angeboten werden fair gehandelte Produkte in [[Naturkostläden|Naturkost-]] und [[Weltladen|Weltläden]] sowie in Supermärkten und in der Gastronomie.<br /> <br /> Laut der Dachorganisation ''[[Fairtrade Labelling Organizations International|Fairtrade International]]'' nahmen im Jahr 2019 über 1,82&amp;nbsp;Millionen landwirtschaftliche Betriebe an entsprechenden Programmen teil.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.fairtrade.net/impact/fairtrade-producers-overview |titel=Fairtrade Producers Overview |werk=fairtrade.net |abruf=2021-03-18 |sprache=en |kommentar=siehe Infografik: ''Total Fairtrade Producer Organizations, Recent Years''}}&lt;/ref&gt;hhsjadsja<br /> <br /> == Grundsätze ==<br /> [[Datei:Transfair-produktauswahl.jpg|mini|Fair gehandelte Produkte mit [[Transfair]]-Siegel]]<br /> Der informelle Arbeitskreis [[FINE]] – bestehend aus den internationalen Dach- und Fachorganisationen des fairen Handels [[Fairtrade Labelling Organizations International|FLO]], [[International Fair Trade Association|IFAT]], [[Network of European Worldshops|News!]] und [[European Fair Trade Association|EFTA]] – einigte sich 2001 auf folgende Definition des Fairen Handels:<br /> <br /> ''Fairer Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte Produzenten und Arbeiter –&amp;nbsp;insbesondere in den Ländern des Südens&amp;nbsp;– leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung. Fairhandelsorganisationen (die von Verbrauchern unterstützt werden) sind aktiv damit beschäftigt, die Hersteller zu unterstützen, das Bewusstsein zu steigern und für Veränderungen bei den Regeln und dem Ausüben des konventionellen internationalen Handels zu kämpfen. Die strategische Absicht des fairen Handels besteht aus folgenden Punkten:''<br /> * ''Gezielt mit Herstellern und Arbeitern zusammenarbeiten, die an den Rand gedrängt wurden, um sie von einer sehr schwachen Position zu Sicherheit und [[Autarkie]] zu bewegen''<br /> * ''Hersteller und Arbeiter als Teilhaber innerhalb ihrer eigenen Organisationen stärken''<br /> * ''sich aktiv darum zu bemühen, eine größere Rolle in der globalen Arena zu spielen, um mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel zu erreichen.''&lt;ref&gt;{{Literatur | Titel=Co-operatives in a Global Economy: The Challenges of Co-operation Across Borders | Hrsg=Darryl Reed, J. J. McMurtry | Verlag=Cambridge Scholars Publishing | Datum=2008 | ISBN=978-1-443-80255-0 | Sprache=en | Online={{Google Buch|BuchID=LqoLBwAAQBAJ|Seite=172}} | Abruf=2019-03-22}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Einzelnen unterstützen Befürworter des fairen Handels generell die folgenden Grundsätze:<br /> * ''Chancen für wirtschaftlich benachteiligte Produzenten schaffen:'' Fairer Handel ist eine Strategie zur Linderung von [[Armut]] und zur Förderung einer [[Nachhaltige Entwicklung|nachhaltigen Entwicklung]]. Er soll Chancen für Hersteller schaffen, die wirtschaftlich benachteiligt oder vom bestehenden Handelssystem an den Rand gedrängt worden sind.<br /> * ''Zahlung eines fairen Preises:'' Der Preis soll im Dialog zwischen den Handelspartnern festgelegt werden und unabhängig von den Schwankungen der Weltmarktpreise stets die Produktionskosten decken, die Existenz der Produzenten sichern, eine sozial gerechte und umweltverträgliche Produktion ermöglichen. Darüber hinaus wird oftmals eine Prämie bezahlt, mit der die Bauern oder Arbeiter gemeinschaftliche Projekte zur langfristigen Verbesserung ihrer Situation umsetzen können. Bei Bedarf werden Vorfinanzierungen gewährt.<br /> * ''Sozialverträgliche Arbeitsbedingungen:'' Das Arbeitsumfeld muss sicher und gesundheitsverträglich sein. Ausbeutung, Kinder- und Sklavenarbeit ist verboten. Die Gewerkschaftsfreiheit muss gegeben sein.<br /> * ''Gleichberechtigung von Frauen:'' Frauen werden immer für ihren Beitrag im Herstellungsprozess angemessen bezahlt und innerhalb ihrer jeweiligen Organisationen gestärkt.<br /> * ''Aufbau von Kapazität und Know-how:'' Fairer Handel soll die Produzenten unabhängiger machen und sie befähigen, sich auf dem Markt zu behaupten.<br /> * ''Transparenz und Verantwortung:'' Fairer Handel bedeutet transparente Geschäftsführung und kommerzielle Beziehungen, um fair und respektvoll mit Handelspartnern umzugehen.<br /> * ''Umweltschutz:'' [[Ökologische Landwirtschaft]] ist nicht zwingend vorgeschrieben, wird jedoch gefördert. Bestimmte besonders umweltschädigende [[Pestizid]]e sind im Anbau untersagt.<br /> <br /> Fairer Handel kann auch als eine Variante des Handels mit [[Markenartikel]]n gesehen werden, wobei der [[Mehrwertstrategie|Mehrwert]] der Marke dadurch dargestellt wird, dass mit dem Mehrpreis, den der Verbraucher bezahlt, wirtschaftlich schwächeren Menschen geholfen werden soll. Anders als z.&amp;nbsp;B. bei [[Wohlfahrtsmarke]]n soll diese Hilfe jedoch nicht unbeteiligten Dritten, sondern den Produzenten zugutekommen, sodass der Bezug zwischen [[Leistung (Recht)|Leistung]] und [[Einkommen]] gewahrt bleibt.<br /> <br /> == Geschichte ==<br /> {{Hauptartikel|Entwicklung des fairen Handels im deutschen Sprachraum}}<br /> <br /> === Anfänge ===<br /> Die ersten Fair-Trade-Organisationen waren die im Jahr 1946 von nordamerikanischen [[Mennoniten]] und [[Brethren in Christ]] gegründeten [[Ten Thousand Villages]] (früher ''Self Help Crafts'') und das 1949 von der [[Church of the Brethren]] gegründete Projekt ''SERRV International''&lt;ref&gt;{{Internetquelle | url=http://www.wfto.com/index.php?option=com_content&amp;task=view&amp;id=10&amp;Itemid=17&amp;limit=1&amp;limitstart=1 | titel=Where did it all begin? | werk=wfto.com | hrsg=World Fair Trade Organization | datum=2011-07-25 | archiv-url=https://web.archive.org/web/20141022065406/http://www.wfto.com/index.php?option=com_content&amp;task=view&amp;id=10&amp;Itemid=17&amp;limit=1&amp;limitstart=1 | archiv-datum=2014-10-22 | abruf=2019-02-27 | sprache=en}}&lt;/ref&gt;. Beide Organisationen entstanden im kirchlichen Umfeld. Ten Thousand Villages steht in Verbindung mit dem [[Mennonite Central Committee|Mennonitischen Zentralkomitee]]. Die Produkte waren zu Beginn fast ausschließlich [[Handwerk]], das von aus [[Jute]] hergestellten Gütern bis zu sogenannten [[Sticken|Stickarbeiten]] reichte. Diese ersten Aktivitäten waren jedoch oft noch Bestandteil von Wohltätigkeitsprojekten und hatten noch keine welthandelspolitische Dimension.&lt;ref&gt;{{Internetquelle | url=https://oikos-international.org/wp-content/uploads/2013/10/oikos_Cases_2005_Fair_Trade1.pdf | titel=The Fair Trade Story | werk=oikos-international.org | datum=2005 | abruf=2018-11-28 | format=PDF; 629 KB | sprache=en}}&lt;/ref&gt; Der erste Fair-Trade-Shop wurde 1958 in den USA eröffnet.&lt;ref&gt;{{Internetquelle | url=https://wfto.com/about-us/history-wfto/history-fair-trade | titel=60 years of Fair Trade: A brief history of the Fair Trade movement | werk=wfto.com | abruf=2018-11-29 | sprache=en}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Soziale Bewegungen (1959 bis 1980) ===<br /> Die europäische Fairhandelsbewegung wurde in den 1960er Jahren gebildet. Der Faire Handel wurde zu der damaligen Zeit oft als Zeichen gegen den [[Neoimperialismus]] betrachtet: Radikale Studenten begannen, internationale Konzerne dafür zu kritisieren, dass Geschäftsmodelle herauskamen, welche die Traditionen stark beeinträchtigen würden. Das weltweite Modell der freien Marktwirtschaft wurde während dieser Zeit zunehmend angegriffen und Ideale des Fairen Handels entwickelt, wonach der Preis mit den tatsächlichen Kosten direkt verbunden ist und wonach alle Hersteller Anspruch auf fairen und gleichen Zugang zu den Märkten haben. Der Slogan dieser Zeit der „Trade not aid“ (dt.: „Handel statt Hilfe“), gewann 1968 Anerkennung, als ihn die [[United Nations Conference on Trade and Development]] (UNCTAD) übernahm, um die Betonung auf die Etablierung der Fairhandelsbeziehungen mit den Entwicklungsländern zu legen.<br /> <br /> Die Stiftung ''Steun voor Onderontwikkelde Streken'' (''S.O.S.'', dt. „Unterstützung für unterentwickelte Regionen“) in den [[Niederlande]]n wurde im Jahr 1959 als erste sogenannte Alternative Handelsorganisation gegründet. Sie war nicht auf Gewinn ausgerichtet, sondern importierte Handwerksprodukte von nicht sehr wohlhabenden Ländern aus der südlichen Erdhalbkugel. 1967 begann diese Organisation mit dem Handel von Produkten aus der sogenannten [[Dritte Welt|Dritten Welt]]. Im April 1969 wurde im niederländischen Ort [[Breukelen]] der erste [[Weltladen]] eröffnet, der als Einzelhändler Produkte anbot, die in diesen „unterentwickelten Regionen“ hergestellt worden waren. Er wurde von Freiwilligen betrieben und war so erfolgreich, dass bald dutzende ähnlicher Läden in den [[Beneluxstaaten]], der [[Bundesrepublik Deutschland]] und anderen westeuropäischen Ländern öffneten. Erwähnenswert bleibt aber, dass die Mehrheit der Produkte, die zu der Zeit in den Weltläden verkauft wurden, weiterhin aus dem Handwerk stammte. 1973 wurde in den Niederlanden der weltweit erste fair gehandelte Kaffee verkauft. Im selben Jahr startete auch in Deutschland der Verkauf von durch S.O.S. eingeführtem Kaffee – durch die [[action 365]]. 1980 wurde die Fairhandelsorganisation ''S.O.S.'' in ''S.O.S. Wereldhandel'' umbenannt.<br /> <br /> [[Datei:Fair Trade Products.jpg|mini|links|Produkte, die in Weltläden angeboten werden]]<br /> <br /> Während der sechziger und siebziger Jahre arbeiteten wichtige Teile dieser Bewegung daran, Märkte für Produkte aus denjenigen Ländern zu finden, die aus politischen Gründen von wichtigen Welthandelsprogrammen isoliert worden waren. So verkauften tausende Freiwilliger beispielsweise Kaffee aus [[Angola]] und [[Nicaragua]] in Weltläden, in Kirchen, bei sich daheim und bei Ständen auf öffentlichen Plätzen.<br /> <br /> === Handwerk / Landwirtschaftliche Produkte (1980er Jahre) ===<br /> In den frühen achtziger Jahren nahmen die alternativen Handelsorganisationen eine große Herausforderung an: Das „Neue“ an den fair gehandelten Produkten war immer mehr verloren gegangen, die Verkaufszahlen stagnierten und die Handwerksprodukte begannen, auf dem Markt sehr altmodisch und nicht mehr modern zu wirken. Da der Markt für Handwerksprodukte immer weiter zurückging, waren die Unterstützer des Fairen Handels dazu gezwungen, ihr Geschäftsmodell zu überdenken, und innovative Lösungen für die andauernde Krise in dieser Branche zu finden.<br /> <br /> Waren aus der Landwirtschaft bildeten dabei den Ersatz zum schwindenden Markt für Handwerksprodukte: Sie boten eine erneuerbare Einkommensquelle und waren leicht zu vermarkten, da jeder einzelne Verbraucher ein potentieller Kunde war. Die ersten landwirtschaftlichen Produkte, die im Fairen Handel verkauft worden waren, waren [[Kaffee]] und [[Tee]], denen getrocknetes [[Obst]], [[Kakao]], [[Zucker]], [[Fruchtsaft|Fruchtsäfte]], [[Reis]], [[Gewürz]]e und [[Nussfrucht|Nüsse]] schnell folgten.<br /> <br /> 1983 gab es insgesamt ungefähr 2.500&amp;nbsp;Aktionsgruppen im Fairen Handel. Im November 1985 gab es etwa 350 Weltläden, 70 davon waren zu diesem Zeitpunkt in der [[AG3WL]] organisiert. 1986 waren in Deutschland ungefähr 400&amp;nbsp;Weltläden und etwa 4.000&amp;nbsp;Aktionsgruppen angesiedelt. Im Jahr 1988 wurde der Verein Dritte-Welt Partner Ravensburg gegründet, der heute Deutschlands drittgrößter Importeur fair gehandelter Produkte ist. Im selben Jahr wurde von der niederländischen Organisation ''Solidaridad'' das [[Max-Havelaar-Stiftung (Schweiz)|Max-Havelaar]]-[[Gütesiegel]] für Fairen Handel eingeführt.<br /> <br /> 1989 wurde die [[International Fair Trade Association|International Federation for Alternative Trade (IFAT)]] als Weltverband alternativer Importorganisationen gegründet, der 1998 etwa 100 Fair-Handelorganisationen angehörten, darunter in Deutschland Dritte-Welt Partner Ravensburg, [[El Puente]], [[Gepa Fair Handelshaus|GEPA]] und TEAM. 1990 wurde die ''[[European Fair Trade Association]] (EFTA)'' als Zusammenschluss von elf alternativen Importorganisationen gegründet.<br /> <br /> === Aufstieg des Fair-Trade-Siegels (erste Hälfte der 1990er Jahre) ===<br /> Die Verkäufe aus dem Fairen Handel kamen jedoch erst richtig in Fahrt, als die ersten Initiativen für [[Fair-Trade-Siegel]] entstanden. Der Faire Handel hatte zwar durch ständig wachsende Verkaufszahlen Auftrieb bekommen, jedoch war er größtenteils auf kleinere Weltläden beschränkt, die sich in ganz [[Europa]] und in einem geringeren Ausmaß in [[Nordamerika]] verstreut befanden. Viele waren der Meinung, dass diese Läden viel zu sehr von Rhythmus und vom Lebensstil von zeitgenössischen und entwickelten Gesellschaften getrennt seien.<br /> <br /> Die einzige Möglichkeit zur Erhöhung der Verkaufsmöglichkeiten lag darin, fair gehandelte Produkte in größere Kaufhausketten anzubieten. Das Problem, das hierbei entstand, war, dass die Verbreitung der Waren dahingehend erfolgen sollte, indem die Kunden den fair gehandelten Produkten und deren jeweiliger Herkunft bedingungslos vertrauen sollten. Nachdem es in der Folgezeit zu langen Debatten innerhalb der Kreise des Fairen Handels gekommen war, wurde 1988 durch die niederländische Organisation ''Solidaridad'' das erste Logo „Max Havelaar“ (s.&amp;nbsp;o.) eingeführt. Dieses unabhängige Zertifikat machte es möglich, die Produkte außerhalb von Weltläden zu verkaufen und somit in den [[Mainstream]] zu gelangen, wodurch ein breiteres Spektrum an Kunden angesprochen werden konnte und die Verkaufszahlen des Fairen Handels daraufhin deutlich anstiegen. Die Logos unterschieden sich oft von Land zu Land. Während „Max Havelaar“ in Ländern wie Belgien, der Schweiz, Dänemark und Frankreich verwendet wurde, wurden in anderen Ländern wie Deutschland, Österreich und Italien die Produkte mit dem „Transfair“-Siegel ausgezeichnet, in Großbritannien und Irland setzte man auf das Siegel „Fairtrade Mark“.<br /> <br /> Am 12. Juni 1992 wurde die Organisation ''TransFair International'' als Träger des europäischen Fair-Trade-Siegels von der EFTA und TransFair Deutschland in [[Göttingen]] gegründet. Im Frühsommer 1993 wurde [[UNICEF]] 27. Transfair-Mitglied. Das ''[[Network of European Worldshops]]'' (''NEWS!'', dt. „Netzwerk Europäischer Weltläden“) wurde beim [[Europäischer Weltladenkongress|Europäischen Weltladenkongress]] in [[Utrecht]] gegründet. Im Herbst 1994 meldete TransFair 33 Mitgliedsorganisationen, es kam der erste TransFair-gesiegelte [[Tee]] auf den Markt. Im Jahr 1994 wurden 5.000 Tonnen [[Rohkaffee]] unter TransFair-Bedingungen importiert.<br /> <br /> === Zweite Hälfte der 1990er Jahre ===<br /> Anfang 1996 wurden [[Schokolade]] ([[Kakao]] und [[Zucker]]) und Kakaoprodukte mit dem TransFair-Siegel eingeführt. Am 11. Mai 1996 fand, organisiert vom [[Network of European Worldshops]], der erste Europäische Weltladentag unter dem Motto ''Africa in European World Shops – Frühstücke mit Afrika!'' statt.<br /> <br /> Im April 1997 schlossen sich verschiedene internationale Siegelorganisationen zu der gemeinsamen Dachorganisation [[Fairtrade Labelling Organizations International]] (FLO) mit Sitz in Bonn zusammen. Im Mai 1997 hatte TransFair 37&amp;nbsp;Mitgliedsorganisationen. Vom 2.&amp;nbsp;bis 6.&amp;nbsp;Juni 1997 wurde der ''Weltgipfel des Fairen Kaffeehandels'' in [[Tutzing]] am Starnberger See durchgeführt. Am 6. Juni 1997 erschien die erste Ausgabe des von [[Misereor]] und [[Bund der Deutschen Katholischen Jugend|BDKJ]] herausgegebenen, dreiwöchigen Informationsdienstes ''Welt &amp; Handel – Infodienst für den Fairen Handel''.<br /> <br /> Im Sommer 1997 kamen [[Bonbon]]s mit dem TransFair-Siegel auf den Markt. Am 5.&amp;nbsp;Juli 1997 startete die Eilaktion der [[Kampagne für Saubere Kleidung]] zur Einforderung eines [[Sozialfonds]] für thailändische Näharbeiterinnen. Sie wandte sich an die Konzerne C&amp;A, Karstadt, Metro, Neckermann, Otto und Quelle. Im Oktober 1997 starteten die [[Gepa Fair Handelshaus|GEPA]] und der [[Otto-Versand]] eine Kooperation. Verschiedene Handwerksprodukte der GEPA wurden auf zwei Seiten des Otto-Katalogs ''Schöner schenken'' angeboten. Vom 6. bis 12. Oktober 1997 wurde die Aktion ''Mehr recht als billig – FAIR gehandelte Bananen'' durchgeführt. Rund 130&amp;nbsp;Weltläden nehmen an den Bananenaktionstagen des ''BanaFair e.&amp;nbsp;V.'' teil.<br /> <br /> Am 17.&amp;nbsp;Januar 1998 begab sich die Asiengruppe des ''Global March Against Child Labour'' in [[Manila]] auf den Weg nach [[Genf]]. Am 25. Februar 1998 startete die Amerikagruppe in Sao Paulo und am 21.&amp;nbsp;März die Afrikagruppe in Kapstadt. Am 9. Mai selben Jahres fand der dritte Europäische Weltladentag unter dem Motto ''made in dignity'' – Produktionsbedingungen in der Bekleidungsbranche statt. In Rom wurde im selben Jahr die achte Europäische Weltladenkonferenz durchgeführt.<br /> <br /> Am 8.&amp;nbsp;Mai 1999 wurde der vierte Europäische Weltladentag durchgeführt. Dies war gleichzeitig der Start der dreijährigen Kampagne ''Land Macht Satt''.<br /> <br /> === 2001 bis heute ===<br /> [[Datei:Ten Thousand Villages store in New Hamburg, Ontario.jpg|mini|Ten Thousand Villages Store in New Hamburg in Ontario]]<br /> <br /> 2002 einigten sich 17&amp;nbsp;nationale Siegelorganisationen auf ein gemeinsames [[Signet|Logo]], das künftig den internationalen Warenverkehr und die Öffentlichkeitsarbeit erleichtern soll. Darüber hinaus gab die [[Europäische Kommission]] bekannt, dass sie Fairen Handel unterstützen wolle. Auch die [[Weltbank]] hat eine positive Einstellung zum Fairen Handel. Nach dem Kommentar zu einer von ihr veröffentlichten [[#Weltbank|Studie]] im Jahr 2003 kann fair gehandelter Kaffee Vorteile haben.&lt;ref name=&quot;web.worldbank.org&quot;&gt;{{Internetquelle |url=http://web.worldbank.org/WBSITE/EXTERNAL/NEWS/0,,contentMDK:20131845~menuPK:34459~pagePK:64003015~piPK:64003012~theSitePK:4607,00.html |titel=The State Of Sustainable Coffee – Ground-breaking study takes in-depth look at trends in coffee market |werk=web.worldbank.org |hrsg=[[Weltbank]] |datum=2003-10-14 |abruf=2019-11-15 |sprache=en}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Das Jahr 2004 wurde von den Vereinten Nationen zum ''Reisjahr'' erklärt. In den Niederlanden wurde 2004 das 45-jährige Bestehen der Fair-Trade-Organisation gefeiert. Organisationen versuchten vermehrt, den Fairen Handel mit den wirtschaftlich schwächeren Partnern in das Regelwerk der [[Welthandelsorganisation|WTO]] zu integrieren, was jedoch umstritten ist. Am 23.&amp;nbsp;März 2004 fand eine europäische Konferenz zum Thema „Fairer Handel – Ein Beitrag für eine [[Nachhaltigkeit|nachhaltige]] Entwicklung?“ im [[Europäisches Parlament|EU-Parlament]] in [[Brüssel]] statt, die federführend von [[EURO COOP]], [[Network of European Worldshops|NEWS!]] und [[European Fair Trade Association|EFTA]] organisiert wurde. 2005 wurde die Organisation [[Fair Travel]] gegründet, die das Prinzip auf den Bereich des Tourismus überträgt.<br /> <br /> 2005 wurde von den Vereinten Nationen als Jahr der [[Mikrokredit|Mikrofinanzsysteme]] ausgerufen. Im Jahr 2006 startete die [[Nichtregierungsorganisation]] „[[World Economy, Ecology &amp; Development|Weed]]“ eine Initiative zum fairen Handel mit [[Computer]]n. Mit dem Projekt „PC global“ sollen Missstände bei der Computerherstellung aufgedeckt werden.<br /> <br /> Innerhalb der letzten zehn Jahre erlebte der Faire Handel weltweit einen Aufschwung. ''FINE'' schätzte, dass der Verkauf von Produkten aus Fairem Handel, sowohl solchen mit Siegel als auch solchen ohne Siegel, etwa 260 Millionen Euro einbrachte. 2005 wurde die Summe auf 660 Millionen Euro geschätzt, was eine Steigerung um 154 % und eine stetige Erhöhung um etwa 20 % pro Jahr bedeutete. Auf ähnliche Weise entwickelte sich der Verkauf in Amerika und den Pazifikländern; dort erhöhten sich die Verkäufe von 291&amp;nbsp;Millionen im Jahr 2003 auf 376&amp;nbsp;Millionen im Jahr 2004.<br /> <br /> Wichtige Fairhandelsimporteure sind heute [[BanaFair]], [[Weltpartner eG]], [[El Puente]] und die [[GEPA – The Fair Trade Company|GEPA]]. Fairgehandelte Produkte werden in großem Stil unter anderem vom [[The Body Shop|Body Shop]], [[Hess Natur]] und [[Living Crafts]] vertrieben.<br /> <br /> Das im Jahr 2013 gegründete Unternehmen [[Fairphone]] übertrug erstmals Fairtrade-Aspekte auf die Produktion von [[Smartphone]]s.<br /> <br /> == Praxis ==<br /> === Bereiche des Fairen Handels ===<br /> Traditionell befasst sich der Faire Handel mit landwirtschaftlichen Gütern, die aus Entwicklungsländern in Industrieländer exportiert werden. Das Zertifizierungssystem der FLO umfasst heute Kaffee, {{nowrap|(Eis-)Tee}}, Bananen und weiteres frisches und getrocknetes Obst, Säfte, Kakao und Schokolade, {{nowrap|(Rohr-)Zucker}}, Honig, Nüsse, pflanzliches Öl, Reis, Gewürze, Baumwollprodukte und Wein. Daneben werden, vorwiegend in Weltläden, Produkte des traditionellen Handwerks aus Fairem Handel angeboten. Für handgefertigte Teppiche existieren eigene Gütesiegel wie [[Rugmark]], insbesondere seit die Problematik der Kinderarbeit in diesem Bereich durch Fälle wie [[Iqbal Masih]] bekannt geworden ist.<br /> <br /> In jüngerer Zeit weitet sich der Faire Handel auf industrielle Produkte wie Bekleidung und Fußbälle aus, und es gibt Initiativen, die ihn auf Computer, auf Erdöl&lt;ref&gt;{{Webarchiv | url=http://www.fairoil.org/ | wayback=20060804195936 | text=''Neueste Beiträge.''}} In: ''fairoil.org'', abgerufen am 29.&amp;nbsp;Juni 2016.&lt;/ref&gt; oder Diamanten (''siehe auch'': [[Blutdiamant]]) ausweiten wollen. Dies ist jedoch innerhalb der Fairhandelsbewegung umstritten. Auch im [[Tourismus]] wird Fairer Handel vermehrt zum Thema. Angesichts sinkender Milchpreise in Europa bestehen vereinzelt Ansätze, die „faire Preise“ für europäische Milchbauern garantieren sollen.<br /> <br /> === Gütesiegel und Zertifizierung ===<br /> [[Datei:FairTrade-Logo.svg|mini|167px|Das Fairtrade-Gütesiegel]]<br /> [[Datei:Flplogo.gif|mini|Das FLP-Gütesiegel]]<br /> {{Hauptartikel|Fair-Trade-Siegel}}<br /> Gütesiegel oder Labels machen Produkte aus Fairem Handel für die Verbraucher als solche erkennbar. Die größte Organisation, die für die Zertifizierung von Produkten und Produzenten und die unabhängige Überprüfung der Einhaltung der Kriterien&lt;ref&gt;[https://www.fairtrade.net/standard?&amp;L=0 ''Fairtrade Standards.''] In: ''fairtrade.net''. Abgerufen am 28.&amp;nbsp;Oktober 2020 (englisch).&lt;/ref&gt; verantwortlich ist, ist die internationale Dachorganisation ''[[Fairtrade Labelling Organizations International]]''&amp;nbsp;(FLO). In ihr sind zahlreiche nationale Fairhandelsorganisationen zusammengeschlossen. Das FLO-Gütesiegel für Fairen Handel ist das international normierte [[Fair-Trade-Siegel]]. Nationale Siegelinitiativen sind [[Transfair]] in Deutschland, [[Fairtrade Österreich]] in Österreich und [[Max-Havelaar-Stiftung (Schweiz)|Max Havelaar]] in der Schweiz.<br /> <br /> Neben diesen Hauptgütesiegeln bestehen einige weniger verbreitete Labels, die auf bestimmte Unternehmen/Organisationen, auf bestimmte Länder, Regionen oder Produkte beschränkt sind. Dazu zählen [[BanaFair]] e.&amp;nbsp;V. für Bananen, [[Goodweave|Rugmark]] für Teppiche aus Indien oder das [[Flowerlabel]], das vom [[Flower Label Program]] (FLP) vergeben wird. Das FLP arbeitet im Bereich der Zertifizierung von Blumenfarmen teilweise mit TransFair zusammen. Farmen, die nach dem Fairtrade-Standard zertifiziert sind, können auf der Basis dieser Prüfung auch die FLP-Mitgliedschaft beantragen. So werden Doppelprüfungen vermieden. Im Gegensatz zu TransFair kontrolliert das FLP allerdings nicht die gesamte [[Absatzkette|Handelskette]] von Schnittblumen, sondern lediglich die sozial- und umweltverträgliche Produktion. FLP-Blumen werden nach dem Mechanismus von Angebot und Nachfrage auf dem internationalen Schnittblumenmarkt gehandelt. So besteht auch für Floristen die Möglichkeit, FLP-Blumen zu beziehen und diese in ihren Fachgeschäften anzubieten. Demgegenüber sind Blumensträuße mit dem Fair-Trade-Siegel in großen Supermarktketten erhältlich.<br /> <br /> Neben den allgemeinen Kriterien – Einhaltung der [[Menschenrechte]] und der Konventionen der [[Internationale Arbeitsorganisation|ILO]] bezüglich [[Gewerkschaft]]sfreiheit, Verbot von [[Kinderarbeit]] und [[Sklaverei]] in der Produktion, im Gegenzug Zahlung eines festgelegten „fairen“ Preises, der die Produktionskosten deckt und die Existenz der Produzenten sichert – sind für die einzelnen Produkte spezifische Kriterien festgelegt, insbesondere in Bezug auf den Anbau und die entsprechende Ökologie. [[Biologische Landwirtschaft]] ist bei den meisten Gütesiegeln nicht zwingend vorgeschrieben, obwohl bestimmte [[Pestizid]]e untersagt sind.<br /> <br /> 1.210 Produzentenorganisationen arbeiteten 2013 weltweit nach den Standards des Fairen Handels.&lt;ref&gt;Stichwort „Fair Trade“, Landshuter Zeitung, 12. Januar 2015.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Fairer Handel und politische Inhalte ===<br /> Teile der Fairhandelsbewegung verbinden den eigentlichen Handel mit politischen Inhalten, indem den Verbrauchern Hintergrundinformationen über die Situation in den Herkunftsländern der Produkte und über die Weltwirtschaft vermittelt werden. So kritisierte die Kampagne für den in [[Tansania]] verarbeiteten ''[[Ujamaa]]''-Kaffee in der Schweiz in den 1970er Jahren die „Almosenmentalität“ der Entwicklungshilfe, und die Verkaufsaktionen für [[Jute]]-Taschen aus [[Bangladesch]] waren zugleich gegen eine für ökologisch bedenklich erachtete Konsum- und Wegwerfmentalität gerichtet.<br /> <br /> Teils werden gezielt politische Bewegungen in den Herkunftsländern unterstützt. Am bekanntesten waren die Kampagnen für den sogenannten Nica-Kaffee und Nica-Bananen, mit deren Verkauf die [[Sandinistas|Sandinisten]] in Nicaragua unterstützt wurden. Heute fördern verschiedene Initiativen beispielsweise den Verkauf von Kaffee [[Ejército Zapatista de Liberación Nacional|zapatistischer]] Kooperativen in [[Chiapas]] (Süd-Mexiko).<br /> <br /> === Fairer Handel in der freien Wirtschaft ===<br /> Solange Fairer Handel ohne Zwangsmaßnahmen, Subventionen oder Zoll-Initiativen erfolgt, ist der Faire Handel voll kompatibel mit freier [[Marktwirtschaft]]. Fairer Handel unterliegt den gleichen Zöllen, Beschränkungen wie jeglicher andere Warenhandel, insbesondere der Import aus Nicht-EU-Ländern. Er setzt jedoch eine Bereitschaft der Kunden voraus, höhere Preise zu akzeptieren.<br /> <br /> Ebenso wie jedes Handelsunternehmen müssen sich die Fair-Handels-Unternehmen auf dem oft stark umkämpften Markt behaupten. In Deutschland lag der Marktanteil von fair gehandeltem Kaffee 2017 bei 4,1 %.&lt;ref&gt;{{Internetquelle | autor=Alexandra Duong | url=https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/welthandel-verbraucher-kaufen-mehr-faire-produkte/22546576.html | titel=Welthandel – Verbraucher kaufen mehr faire Produkte | werk=tagesspiegel.de | datum=2018-05-15 | abruf=2019-05-11}}&lt;/ref&gt; Entgegen der Tendenz des sinkenden Kaffeeverbrauchs vermag sich der Faire Handel jedoch zu behaupten. Die Umsatzzahlen steigen langsam an. Neben traditionellen Anbietern wie [[Gepa Fair Handelshaus|GEPA]], [[El Puente]], [[WeltPartner eG]] (ehemals dwp Ravensburg) oder [[claro fair trade]] bieten unterdessen Supermärkte und [[Handelskette (Unternehmen)|Einzelhandelsketten]] Waren mit Gütesiegeln für fairen Handel an, neben ihrem konventionellen Angebot.<br /> <br /> Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler [[Hans-Heinrich Bass]] erwartet, dass das Marktsegment fair gehandelter Ware weiter wachsen wird, da vom Verbraucher akzeptierte Qualitätssiegel zu einem sich selbst verstärkenden Wachstumsprozess führen würden: Wenn immer mehr Anbieter an dem wachsenden Marktsegment teilnehmen, werde die Menge und die Vielfalt des Angebotes zunehmen –&amp;nbsp;es träten [[Skaleneffekt]]e und [[Verbundeffekt]]e ''(economies of scale and scope)'' auf. Dadurch würden wiederum mehr Nachfrager Waren aus diesem Segment kaufen&amp;nbsp;– was wiederum mehr Anbieter auf den Plan rufe.&lt;ref&gt;Sebastian Manz: [https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-wirtschaft_artikel,-Fair-Gehandeltes-erobert-den-Massenmarkt-_arid,421233.html ''Immer mehr Firmen stellen um – Fair Gehandeltes erobert den Massenmarkt.''] In: ''[[Weser Kurier|weser-kurier.de]]'' 24. Dezember 2011, abgerufen am 9. November 2019&lt;/ref&gt; Die [[Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit]] spricht sogar davon, dass jetzt ein „schlafender Riese“ erwacht sei.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.giz.de/de/downloads/giz2013-de-akzente04-der-schlafende-riese-ist-erwacht.pdf |titel=Der schlafende Riese ist erwacht |werk=giz.de |datum=2013 |abruf=2019-09-17 |format=PDF; 3,2&amp;nbsp;MB}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Nachdem der Lebensmittelhändler [[Lidl]] ab Herbst 2018 in 40 % seiner deutschen Filialen ausschließlich Fair-Trade-Bananen verkauft hatte, kündigte er im Mai 2019 an, ab dem Sommer 2019 in den betroffenen Filialen wieder konventionell gehandelte Bananen zu verkaufen, nachdem der Preisunterschied von 10 bis 20&amp;nbsp;Cent pro Kilogramm zu den von Wettbewerbern angebotenen konventionell gehandelten Bananen zu spürbaren Umsatzrückgängen geführt hatte.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/discounter-lidl-muss-bei-fairtrade-bananen-zurueckrudern_aid-38866541 |titel=Zertifizierung ohne Effekt – Lidl muss bei Fairtrade-Bananen zurückrudern |werk=[[Rheinische Post|rp-online.de]] |datum=2019-05-17 |abruf=2019-10-23}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle | url=https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/lidl-bananen-fairtrade-1.4452279 | titel=Lidl steigt doch nicht auf Fairtrade-Bananen um | werk=sueddeutsche.de | datum=2019-05-17 | abruf=2019-05-20}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Regionalisierung des Begriffs ===<br /> [[Datei:FairePreiseFuerUnsereMilchbauern.svg|mini|hochkant=0.7|„Fair“-Kennzeichen für Milch mit nationalem Bezug]]<br /> Ein junge Tendenz ist die Anwendung auch auf regionale Produkte abseits des Dritte-Welt-Handels. In Mitteleuropa wurde das besonders in der Diskussion um den Verfall des Milchpreises verwendet, um heimischen Kleinbauern wirtschaftliches Arbeiten zu ermöglichen. Eine Organisation in diesem Sinne war ''[[A faire Milch]]'' in Österreich (2006–2017),&lt;!--https://www.landwirt.com/A-faire-Milch,,2899,,Bericht.html https://derstandard.at/2000055154918/Molkereien-lassen-Milchrebellen-abblitzen--&gt; oder europaweit ''[[Die faire Milch]]'' (ab 2010).<br /> <br /> === Studien über die Auswirkungen des fairen Handels ===<br /> Zwei Analysen aus den Jahren 2008 und 2009, die zahlreiche Studien über den Fairen Handel ausgewertet haben, kommen zu dem Schluss, dass der Faire Handel einen bedeutenden Entwicklungsbeitrag leiste und meist das Leben der an der Produktion beteiligten Menschen und Familien verbessere. So hätten viele Studien ergeben, dass der Faire Handel Selbstvertrauen, Würde und [[Soziales Kapital]] der Bauern fördere, wobei dies nur schwer erfassbar ist. Die meisten Studien lassen den Schluss besserer wirtschaftlicher Umstände zu, wenn auch nicht immer eindeutig in einem zur Deckung der Grundbedürfnisse ausreichenden Maß. Besonders hervorgehoben werden höhere wirtschaftliche Stabilität und besserer Zugang zu Krediten. Fairer Handel [[Korrelation|korreliere]] signifikant mit verbesserter Gesundheit, höherem Nahrungsmittelverbrauch und häufigerem Schulbesuch. Er fördere stabile, langlebige Institutionen, verbessere den Marktzugang und führe zu diversifizierterer Produktion. Allerdings hänge der Grad des Erfolgs oft von den Umständen ab. So bringe der Faire Handel mit stärker entwickelten Ländern kaum noch ökonomische, sondern eher institutionelle Vorteile für die Produzenten. Kaum erforscht sei, inwieweit Fairer Handel Umweltverbesserungen bewirke. Am wenigsten habe der Faire Handel zu dem häufig geäußerten Ziel einer besseren Geschlechtergerechtigkeit beigetragen. Der Faire Handel allein könne komplexe Probleme marginalisierter Regionen nicht lösen, sondern sollte als Teil einer differenzierten Entwicklungsstrategie gesehen werden. Die für solche Analysen zur Verfügung stehende Auswahl an Studien wird allerdings als noch unbefriedigend eingeschätzt bzw. nicht thematisiert.&lt;ref name=&quot;LeMare2008&quot; /&gt;&lt;ref name=&quot;NelsonEtAl2009&quot; /&gt; Beispielhaft werden im Folgenden vier Studien näher ausgeführt.<br /> <br /> 2002 befasste sich Loraine Ronchi von der Poverty Research Unit an der [[Universität Sussex]] mit den Auswirkungen des Fairen Handels auf die Coocafe-Genossenschaft in [[Costa Rica]]. Sie fand heraus, dass der Faire Handel die Herstellerorganisationen stärkte und schloss, dass ''„man mit Rückblick auf die Kaffeekrise der frühen neunziger Jahre sagen kann, dass der faire Handel seine Ziele erreicht hat, die Einnahmen kleiner Hersteller zu verbessern und sich auf ihre Lebensqualität sowie auf das Wohlergehen der Organisationen, die sie auf lokaler, nationaler und der darüber hinausgehenden Ebene repräsentieren, positiv auszuwirken.“''.&lt;ref name=&quot;Ronchi2002&quot; /&gt;<br /> <br /> Im Jahr 2003 befasste sich die Forschungsgruppe für Fairen Handel der [[Colorado State University]] in sieben Fallstudien mit Kaffeeherstellern aus Lateinamerika (UCIRI, CEPCO, Majomut, Las Colinas &amp; El Sincuyo La Selva, Tzotzilotic und La Voz), die sich dem Fairen Handel verpflichtet haben, und kam letztendlich zu dem Schluss, dass der Faire Handel „innerhalb einer kurzen Zeit das Wohlbefinden der kleineren Kaffeebauern und ihrer Familien verbessert hat“.&lt;ref name=&quot;Murray.2003.27&quot; /&gt; Insbesondere fanden diese verschiedenen Fallstudien heraus, dass diese bei Fairem Handel einen größeren Zugang zu Krediten erreicht hätten. Ebenso wurde in den Studien beschrieben, dass diese Hersteller im Vergleich zu gewöhnlichen Kaffeeproduzenten einen leichteren Zugang zur Ausbildung hätten. Außerdem sollen Familien eher intakt sein und Kinder einen besseren Zugang zur Bildung haben als Kinder aus Familien, die konventionellen Kaffee herstellen.&lt;ref name=&quot;Murray.2003.6-13&quot; /&gt;<br /> <br /> Eine Fallstudie von Nicolas Eberhart (2005) für die französische NGO ''Agronomes et Vétérinaires sans frontières'' zur Herstellern von Fair-Trade-Kaffee aus [[Bolivien]] besagt, dass die Zertifizierung des Fairen Handels positive Auswirkungen auf den Kaffeepreis in der Region [[Yungas]] hatte, wovon alle Kaffeehersteller wirtschaftlich profitierten, egal ob sie ausgezeichnet worden waren oder nicht. Ebenso soll der Faire Handel die Herstellerorganisationen gestärkt und ihren politischen Einfluss erhöht haben.&lt;ref name=&quot;Eberhart2006&quot; /&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle | url=http://www.maxhavelaarfrance.org/IMG/pdf/resume-etude-yungas.pdf | titel=Eléments de synthèse d’une étude d’impact du commerce équitable sur les familles, leurs organisations et leur territoire dans la filière café des Yungas de Bolivie | werk=maxhavelaarfrance.org | hrsg=Agronomes et Vétérinaires sans frontières | archiv-url=https://web.archive.org/web/20080807162253/http://www.maxhavelaarfrance.org/IMG/pdf/resume-etude-yungas.pdf | archiv-datum=2008-08-07 | abruf=2018-10-03 | format=PDF; 99 KB | sprache=fr | kommentar=Zusammenfassung von Eberhart 2006}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> 2007 haben Sandra Imhof und Andrew Lee im Auftrag des seco (das schweizerische [[Staatssekretariat für Wirtschaft]]) eine Studie zur Wirkung des Fairen Handels in Bolivien durchgeführt. Das Ziel der Studie war es, die Auswirkung des Fairen Handels auf die Armutsreduktion der kleinen Kaffeebauern (sowohl diejenigen, die unter Fairtrade-Bedingungen produzieren wie diejenigen, die unter herkömmlichen Bedingungen produzieren) wie auf die Konfliktprävention zu untersuchen. Die Autoren kamen zu den folgenden Schlüssen: (1)&amp;nbsp;Fairer Handel kann horizontale Ungleichheiten potenziell reduzieren und könnte somit einen positiven Effekt auf Konfliktprävention haben. (2)&amp;nbsp;Fairer Handel fördert „capacity building“, was zu Armutsreduktion führt. (3)&amp;nbsp;Erzeugt Fairer Handel kompetitive Effekte im lokalen Markt, könnte Armut auch bei den herkömmlichen Produzenten reduziert werden. (4)&amp;nbsp;Durch die Auswirkungen auf den Massenmarkt könnte der faire Handel Armut indirekt reduziert haben. Allerdings betonen die Autoren, dass diese vier Hypothesen in anderen Markt- und Konfliktsituationen weiter getestet werden müssten, um präzisere Aussagen über die Auswirkung des fairen Handels machen zu können.&lt;ref&gt;{{Internetquelle | autor=Sandra Imhof, Andrew Lee | url=http://www.swisspeace.ch/fileadmin/user_upload/Media/Topics/Further_Topics/Business_and_Peace/Imhof_Sandra_Assessing_the_Potential_of_Fair_Trade_for_Poverty_Reduction_and_Conflict_Prevention.pdf | titel=Assessing the Potential of Fair Trade for Poverty Reduction and Conflict Prevention: A Case Study of Bolivian Coffee Producers | werk=swisspeace.ch | datum=2007-07 | abruf=2018-09-19 | format=PDF; 1,7 MB | sprache=en}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.nzz.ch/effekte_und_nebeneffekte_des_fairen_handels-1.520898 |titel=Effekte und Nebeneffekte des «fairen Handels» |werk=[[Neue Zürcher Zeitung|nzz.ch]] |datum=2007-06-30 |abruf=2020-12-06}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Fairtrade setzte bei nicaraguanischen Bauern um, dass diese ihre Produktion auf organischen Kaffee umstellen, was zu einem höheren Preis, aber niedrigerem Einkommen der Bauern aufgrund höherer Kosten und niedrigerer Erträge führte.&lt;ref&gt;B. Kilian, C. Jones, L. Pratt, A. Villalobos: ''Is Sustainable Agriculture a Viable Strategy to Improve Farm Income in Central America? A Case Study on Coffee''. In: ''Journal of Business Research'', 59(3), 2006, S. 322–330. J. Valkila: ''Fair Trade organic coffee production in Nicaragua – Sustainable development or a poverty trap?'' In: ''Ecological Economics'', 68, 2009, S. 3018–3025- B. R. Wilson: ''Indebted to Fair Trade? Coffee and Crisis in Nicaragua''. Geoforum, 2009.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Haltung der Politik zum Fairen Handel ===<br /> ==== Europäische Politik ====<br /> Im Juni 2006 legte der Europaabgeordnete der [[Europäische Grüne Partei|Grünen]], [[Frithjof Schmidt]], dem Entwicklungsausschuss den Bericht Fairer Handel und Entwicklung vor.<br /> <br /> Der Bericht hebt hervor, dass die Verkaufssteigerungen im Fairen Handel größtenteils bei mit einem [[Gütesiegel]] gekennzeichneten Produkten erreicht wurden und dass in den meisten europäischen Ländern Initiativen für die Kennzeichnung entwickelt wurden. Dem Bericht folgte eine Resolution, die die Europäische Kommission dazu drängte, eine Empfehlung für den Fairen Handel abzugeben, und sie aufforderte, den Fairen Handel zu fördern. Der Bericht enthält auch eine Reihe von Mindestkriterien, die ein Produkt erfüllen sollte, um mit dem Fairen Handel in Einklang zu stehen.&lt;ref&gt;Europäisches Parlament: [http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+REPORT+A6-2006-0207+0+DOC+PDF+V0//DE ''Bericht über fairen Handel und Entwicklung (2005/2245(INI))''], endgültige Fassung A6-0207/2006 vom 6. Juni 2006, abgerufen am 16. November 2010 (PDF-Datei).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die Resolution wurde am 6. Juli 2006 angenommen.<br /> <br /> ==== Weltbank ====<br /> Die Weltbank hat gegenüber dem Fairen Handel eine positive Haltung. Laut ihrer Studie zu nachhaltigen Kaffeemärkten aus dem Jahr 2003 kann nachhaltig produzierter Kaffee (sowohl aus Fairem Handel als auch aus [[Ökologische Landwirtschaft|ökologischer Landwirtschaft]]) ''„Vorteile wie einen verbesserten Umgang mit natürlichen Ressourcen mit sich bringen; in der Herstellung werden weniger landwirtschaftliche Chemikalien benötigt, was Kosten und Gesundheitsrisiken senkt. Außerdem steigt der Gebrauch ländlicher Arbeit, wodurch mehr Arbeit für diejenigen da ist, die dringend eine benötigen“.''&lt;ref name=&quot;web.worldbank.org&quot; /&gt;<br /> <br /> == Kritik ==<br /> Wydick&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Bruce Wydick |url=https://www.huffpost.com/entry/10-reasons-fair-trade-coffee-doesnt-work_b_5651663 |titel=10 Reasons Fair-Trade Coffee Doesn’t Work |werk=[[Huffpost]] |datum=2016-01-28 |abruf=2020-01-29 |sprache=en}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.christianitytoday.com/ct/2012/february/popular-strategies-helping-the-poor.html |autor=Bruce Wydick |titel=Cost-Effective Compassion: The 10 Most Popular Strategies for Helping the Poor |werk=[[Christianity Today|christianitytoday.com]] |datum=2012-02-17 |abruf=2020-11-17 |sprache=en}}&lt;/ref&gt; kritisierte:<br /> * Den geringeren Anteil der Bauern an der Wertschöpfung die Funktionsweise des Fairen Handels allgemein<br /> * Die Zertifizierung sei für die Kleinbauern extrem teuer<br /> * Die Produktions-Auflagen verringerten die Erträge<br /> * Den ärmsten der Bauern werde überhaupt nicht geholfen<br /> * Die ärmsten Länder seien am wenigsten beteiligt<br /> * Die sozialen Investitionen der Organisationen seien intransparent<br /> * Direkter Handel mit den Erzeugern sei effektiver und nachhaltiger<br /> * Hauptursache der Armut sei der Preisverfall durch [[Überproduktion]], höhere Erträge über Fairtrade stimulieren die Produktion weiter<br /> * Ursache der Armut in der Dritten Welt sei nicht die Bezahlung der Bauern, sondern die politischen und sozialen Verhältnisse dieser Länder<br /> * Unter den 16 besten Methoden der Armutsbekämpfung sei der faire Handel der vorletzte hinsichtlich der Effizienz der Kosten.<br /> <br /> {{Siehe auch|Fair-Trade-Siegel#Kritik an der Kennzeichnung|titel1=„Kritik“ im Artikel Fair-Trade-Siegel – zu Problemen der Produktkennzeichnung.}}<br /> <br /> === Unklare Definition ===<br /> Grundsätzlich wird am Fairen Handel die fehlende, eindeutige Definition kritisiert. Die Anzahl diverser Definitionen des „Fairen Handels“ ist fast genauso groß wie die Anzahl der unterschiedlichen „Fair-Trade“-Gütesiegel, die auf verschiedenste Produkte aufgebracht werden. Zudem gibt es keinen gesetzlich verbindlichen Standard; jede Organisation definiert ihre Kriterien selbst. Je nach Siegel gibt es unterschiedliche Kriterienkataloge, Überprüfungsverfahren und -zyklen. „Fairer Handel“ ist demnach vor allem Definitionssache.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.forum-fairer-handel.de/fairer-handel/definition/ |titel=Definition |werk=forum-fairer-handel.de |abruf=2019-09-28}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.coffeecircle.com/kaffeewissen/fairtrade-systeme-im-vergleich/fairer-handel/ |titel=Was bedeutet „Fairer Handel“? |werk=coffeecircle.com |archiv-url=https://web.archive.org/web/20140917084922/http://www.coffeecircle.com/kaffeewissen/fairtrade-systeme-im-vergleich/fairer-handel/ |archiv-datum=2014-09-17 |abruf=2019-11-28}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle | url=http://www.coffeecircle.com/kaffeewissen/fairtrade-systeme-im-vergleich/fair-trade-kritik/ | titel=„Fair Trade“ Systeme kritisch betrachtet | archiv-url=https://web.archive.org/web/20140702200950/http://www.coffeecircle.com/kaffeewissen/fairtrade-systeme-im-vergleich/fair-trade-kritik/ | archiv-datum=2014-07-02 | abruf=2014-08-26 }}&lt;/ref&gt;<br /> [[Datei:Fair Trade Systeme im Vergleich.png|mini|Ausgewählte „Fair-Trade“-Systeme im Vergleich]]<br /> <br /> === Mangelnde Transparenz der Preise ===<br /> Ein Kritikpunkt am Fairen Handel ist die oft fehlende Transparenz der Preiszusammensetzung von Produkten des Fairen Handels: Für den Verbraucher ist oft nicht genau nachzuvollziehen, wer in der [[Wertschöpfung (Wirtschaft)|Wertschöpfungskette]] welchen Anteil an den Mehrpreisen erhält. Die Preisdifferenz fair gehandelter Produkte im Vergleich zu konventionell gehandelten sei deutlich höher als der Mehrbetrag, den die Produzenten erhalten – der übrige Teil werde teils von Einzelhändlern abgeschöpft, teils mit den Verwaltungs- und Kontrollkosten der Organisationen erklärt, was jedoch von außen schwer nachzuprüfen sei. Diesbezüglich wurde auf hohe Gewinnmargen des Handels hingewiesen.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.weltundhandel.de/hintergrund/details/article/kritik-am-fairen-handel.html |autor=Gundis Jansen-Garz |titel=Kritik am Fairen Handel! |werk=weltundhandel.de |datum=2013 |abruf=2019-11-21}}&lt;/ref&gt; Von dem Mehrpreis für Fairtrade-Produkte gegenüber vergleichbaren Produkten, die nicht aus fairem Handel stammen, kommt meist nur ein Teil den Produzenten zugute, andere Glieder der [[Wertschöpfungskette]] können ebenfalls deutlich profitieren. Nach Untersuchungen des Ökonomen Bruce Wydick gab der durchschnittliche US-Kaffeekonsument 50&amp;nbsp;Cent mehr für eine Tasse Fairtrade-Kaffee aus. „Doch selbst im ''best-case-scenario'' für Fairtrade, bei niedrigen Weltmarktpreisen, bekam der Kaffee-Bauer gerade einmal einen Drittel-Cent davon ab.“&lt;ref name=&quot;Wenn Kaffee bitter schmeckt&quot;&gt;{{Internetquelle | autor=Axel Hansen | url=https://www.zeit.de/wirtschaft/2014-08/fairetrade-kaffee/seite-2 | titel=Fairtrade – Wenn Kaffee bitter schmeckt | werk=[[Zeit Online]] | datum=2014-08-18 | seiten=2/2 | abruf=2018-11-15}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Auch wird die Struktur der Wertschöpfungsketten von Süd nach Nord kaum berührt.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=[[Hanns Wienold]] |Titel=Inszenierte Verteilungsgerechtigkeit – Zur politischen Ökonomie von Fair Trade |TitelErg=Langfassung |Sammelwerk=[[iz3w]] |Nummer=338 |Datum=2013 |Online=[https://www.iz3w.org/zeitschrift/ausgaben/338_fairtrade/wienold iz3w.org] |Abruf=2019-11-13}}&lt;/ref&gt; Das Label „aus Fairem Handel“ sei vor allem ein Instrument der [[#Preisdifferenzierung 2. Ordnung: Selbstselektion|Preisdifferenzierung]], so dass der Preis nicht die marginalen Kosten und den Zusatzgewinn für die Produzenten widerspiegele. Costa Coffee bot eine Tasse Kaffee aus Fairem Handel für 10&amp;nbsp;[[Penny (Münze)|Pence]] teurer an als konventionell gehandelten Kaffee. Dadurch würde dem Kunden suggeriert, der Preisunterschied würde den Kaffeebauern zugutekommen, hingegen betrage das tatsächliche Zusatzeinkommen lediglich einen halben Penny pro Tasse. Dies liege vor allem an dem geringen Anteil der Kaffeebohnen an den Kosten einer Tasse Kaffee. Neuneinhalb Pence pro Tasse gingen so möglicherweise an Costa Coffee. Nachdem Costa Coffee darauf angesprochen wurde, begann das Unternehmen Ende 2004, Kaffee aus fairem Handel ohne Aufpreis anzubieten.&lt;ref name=&quot;undercover&quot;&gt;Tim Harford: ''The Undercover Economist''. Oxford University Press, New York 2005.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Zertifizierungskosten und Auswirkungen auf nicht-fairen Handel ===<br /> Es wird kritisiert, dass Produzenten für den Erhalt des Gütesiegels zum Teil hohe Preise zahlen müssten; die Fragmentierung des Marktes würde befördert, was zu einem Sinken des Lohnniveaus in der nicht-fairen Handelskette führen könne.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Amrita Narlikar, Dan Kim |url=https://www.foreignaffairs.com/articles/africa/2013-04-04/unfair-trade?page=2e=2 |titel=Unfair Trade – The Fair-Trade Movement Does More Harm Than Good |werk=[[Foreign Affairs|foreignaffairs.com]] |datum=2013-04-04 |abruf=2020-12-12 |sprache=en |kommentar=Anmeldung erforderlich}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Auch der soziale Effekt soll im Vergleich mit anderen Betrieben nicht vorhanden oder für sich genommen ineffizient sein.&lt;ref name=&quot;Wenn Kaffee bitter schmeckt&quot; /&gt;<br /> <br /> &lt;!--hier fragt sich, was mit &quot;Fairtrade&quot; gemeint ist, eine spezielle Organisation oder der Handel insgesamt?--&gt;<br /> Ein weiterer Systemfehler liegt nach Colleen Haight von der San Jose State University darin, dass Fairtrade nicht die gesamte Ware eines Bauern abnimmt, sodass dieser versucht sei, die bessere Ware frei zu verkaufen, und an Fairtrade nur die quotierte Ware zu minderer Qualität abzugeben.&lt;ref name=&quot;Wenn Kaffee bitter schmeckt&quot; /&gt;<br /> <br /> === Aufhebung von Marktmechanismen ===<br /> Aus [[Wirtschaftswissenschaft|ökonomischer]] Sicht wird kritisiert, dass der Preis nicht mehr vollständig durch [[Preisbildung]]smechanismen gesteuert wird, sondern von Organisationen teilweise festgesetzt wird.<br /> <br /> ==== Willkür, Korruption und Ineffizienz ====<br /> Da ein [[gerechter Preis]] nicht objektiv feststellbar sei, sei der festgesetzte Preis willkürlich. Weiterhin bestehe die Gefahr von [[Korruption]] und Ineffizienz, weil der Erfolg der Produzenten nicht länger von ihrer [[Produktivität]], sondern von der Mitgliedschaft in einer fairhandelszertifizierten Organisation abhängt.&lt;ref&gt;A. Singleton: ''The poverty of fair trade''. Adam Smith Institute, 2005&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.economist.com/special-report/2006/12/07/voting-with-your-trolley |titel=Food politics – Voting with your trolley |werk=[[The Economist|economist.com]] |datum=2006-12-07 |abruf=2019-09-13 |sprache=en}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Anreiz zur Überproduktion ====<br /> Besonders im Zusammenhang mit dem zeitweiligen, wesentlich durch [[Überproduktion]] verursachten Sinken der Kaffeepreise ([[Kaffeekrise]]) wurde verschiedentlich die Kritik geäußert, dass die vom fairen Handel garantierten höheren Preise die Bauern zur Steigerung ihrer Produktionsmenge ermuntern und damit das Problem der Überproduktion vergrößert werde. Kaffeebauern seien vor allem deswegen arm, weil zu viel Kaffee produziert werde, was durch Fairhandelspreise nicht noch weiter ermutigt werden solle.&lt;ref name=&quot;undercover&quot; /&gt;<br /> <br /> ==== Innovationsfeindlichkeit ====<br /> Der Faire Handel ist laut [[Paul Collier (Ökonom)|Paul Collier]] ein Instrument der [[Wohltätigkeit]], das Bauern einen Anreiz setze, ihre armutsfördernde Produktion fortzusetzen. Die Bewegung reflektiere ein antimodernes [[Idyll]], da die Farmen klein und familienbetrieben sein müssen und moderne Agrartechnologien wie [[Mechanisierung der Landwirtschaft|Mechanisierung]], [[Skalenerträge]], [[Pflanzenschutzmittel]] und [[Grüne Gentechnik|Gentechnik]] vernachlässigt und sogar aktiv vermieden werden.&lt;ref&gt;{{Internetquelle | autor=Andrew Chambers | url=https://www.theguardian.com/commentisfree/cif-green/2009/dec/12/fair-trade-fairtrade-kitkat-farmers | titel=Not so fair trade | werk=theguardian.com | datum=2009-12-12 | abruf=2019-05-17 | sprache=en}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Andererseits wird die [[Industrielle Landwirtschaft|Industrialisierung der Landwirtschaft]] auch in Europa kritisch gesehen und die Bedeutung kleiner und familienbetriebener Bauernhöfe hervorgehoben für die Selbstbestimmung der Familien und den Erhalt der kulturellen Traditionen und der Natur. So stellte der Präsident des [[Deutscher Bauernverband|Deutschen Bauernverbandes (DBV)]], Joachim Rukwied, auf dem Symposium des [[Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft|Bundeslandwirtschaftsministeriums]] zu Perspektiven für bäuerliche Familienbetriebe fest: „Die bäuerlichen Unternehmerfamilien sind eine der tragenden Säulen für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung des ländlichen Raumes“.&lt;ref&gt;Christian Brüggemann: [https://www.topagrar.com/management-und-politik/news/familienbetriebe-muessen-entwicklungsperspektiven-haben-9430235.html ''„Familienbetriebe müssen Entwicklungsperspektiven haben“.''] In: ''topagrar.com''. 13. September 2014, abgerufen am 4. Juni 2020.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Fehlende Anreize zur Qualitätssteigerung ====<br /> Die Garantie von Mindestabnahmepreisen ist Anreiz für die Kaffeebauern, nur solche Bohnen als Fairtrade zertifizieren zu lassen, die wegen mangelnder Qualität auf dem Weltmarkt nicht oberhalb des Fairtrade-Preises abgesetzt werden können. Ein Aufschlag für besonders hochwertige Bohnen wird nicht gezahlt, so dass diese bevorzugt unzertifiziert verkauft werden.&lt;ref&gt;{{Internetquelle | autor=Axel Hansen | url=https://www.zeit.de/wirtschaft/2015-01/fairtrade-qualitaet | titel=Fairtrade – Das Geschäft mit dem schlechten Geschmack | werk=zeit.de | datum=2015-01-29 | abruf=2019-04-06}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Fairer Handel vs. Freihandel ===<br /> Auch wird der Begriff „Fairer Handel“ als solcher kritisiert. Ihm sei „ein gewisses Potenzial zur Vorurteilsbildung (oder -bekräftigung) … nicht abzusprechen“;&lt;ref&gt;Hans-Otto Schenk: ''Der Handel und die Tradition der Vorurteile.'' In: G. Crockford, F. Ritschel, U.-M. Schmieder: ''Handel in Theorie und Praxis. Festschrift für Dirk Möhlenbruch.'' Wiesbaden 2013, S. 18.&lt;/ref&gt; denn diese Bezeichnung impliziert, jeglicher andere [[Handel]] sei unfair, sowohl im Außen- wie im Binnenhandel. Auf diese Weise würden nicht nur alle Hersteller, die nicht fairhandelszertifiziert sind, benachteiligt und geschädigt, sondern auch und vor allem jeder Händler, der keine Fairtrade-Artikel führt, diskriminiert. Die (Agrar-)Märkte der Industrieländer, die in vielen Fällen durch hohe Zollbarrieren vor Konkurrenz geschützt sind, sollten nach Ansicht mancher besser für alle Produzenten aus Entwicklungsländern geöffnet werden, anstatt durch Instrumente wie den Fairen Handel wenigen Produzenten einen privilegierten Zugang zu gewähren. Auch gibt es Stimmen, die die vom Fairen Handel verlangten Umwelt- und Sozialstandards als Diskriminierung der Entwicklungsländer im Handel und als verkappten [[Protektionismus]] ansehen.&lt;ref&gt;''Armutsbekämpfung durch Umweltpolitik''. Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen. Springer, 2005, ISBN 3-540-24987-7, Seite 215 [http://books.google.de/books?id=kKL7cRyMV1AC&amp;pg=PA215&amp;dq=Umwelt-+und+Sozialstandards&amp;ei=56NxSoe7A5CINIu6td4O Online]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Eine von manchen Befürwortern des Fairen Handels –&amp;nbsp;insbesondere von Vertretern des „Alternativen Handels“&amp;nbsp;– geäußerte Kritik besagt, dass der Faire Handel durch die zunehmende Ausrichtung auf Massenmärkte und die Zusammenarbeit mit großen Konzernen Gefahr laufe, sich von seinen ursprünglichen Zielen und Idealen zu entfernen. Innerhalb der Fairhandelsbewegung gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, ob der faire Handel auf möglichst hohe Marktanteile und Umsätze abzielen oder sich auf eine kleine, jedoch effektive Marktnische beschränken sollte. Die internationale [[Clean-Clothes-Kampagne]] etwa setzt nicht darauf, einzelne Produkte mit Gütesiegeln zu kennzeichnen, sondern möchte die Einhaltung fairer Arbeitsbedingungen in der gesamten Bekleidungsindustrie erreichen.&lt;ref&gt;Christian Jacquiau: ''Les Coulisses du Commerce Équitable''. Éditions Mille et Une Nuits, Paris 2006.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Fairer Handel vs. Ökologie ===<br /> Die Autorin [[Sina Trinkwalder]] nannte in ihrem Buch ''Fairarscht'' ein Beispiel für ein fragwürdig produziertes „faires“ Produkt, einen Pfefferminztee, den der deutsche Entwicklungsminister auf einer Vorlesung getrunken hat, um ihn als ein erfolgreiches Produkt des fairen Handels zu nennen. Dieser Pfefferminztee stamme aus einem „fairen“ Betrieb aus [[Ägypten]], der für gute Arbeitsbedingungen sorgen solle. Die Autorin kritisiert den Anbau in Ägypten, da [[Pfefferminze]] in Deutschland und anderen deutschsprachigen Staaten „an jeder Ecke wächst“. Außerdem würden für den Anbau in Ägypten große Wassermengen benötigt, die dortigen Anbaubedingungen seien darüber hinaus fragwürdig, weil die Pfefferminze importiert werden müsse, wobei der Transport weitere [[Treibhausgas]]e freisetze.&lt;ref&gt;[[Sina Trinkwalder]]: ''Fairarscht – Wie Wirtschaft und Handel den Kunden für dumm verkaufen.'' Knaur, 2016, ISBN 978-3-426-78794-6.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> * [[Liste von Fairtrade-Siegeln]]<br /> * [[Forum Fairer Handel]]<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Michael von Hauff, Katja Claus: ''Fair Trade – Ein Konzept nachhaltigen Handels.'' UVK Verlagsgesellschaft mbH, München 2012, ISBN 978-3-8252-3671-7.<br /> * Christine Mader: [http://www.hs-bremen.de/internet/de/studium/wfb/f1/mader/ ''Fair Trade – Betrachtung eines alternativen Handelsmodells''.] Bremen 2011<br /> * Martina Hahn, Frank Herrmann: ''Fair einkaufen – aber wie? Der Ratgeber für Fairen Handel, für Mode, Geld, Reisen, Elektronik und Genuss.'', 5. Auflage, Brandes &amp; Apsel, Frankfurt am Main 2015, ISBN 978-3-86099-610-2.<br /> * Markus Raschke: ''Fairer Handel. Engagement für eine gerechte Weltwirtschaft.'' Matthias-Grünewald-Verlag, Ostfildern 2009, ISBN 978-3-7867-2764-4 ([http://www.gbv.de/dms/zbw/587726288.pdf Inhaltsverzeichnis]).<br /> * Konrad J. Kuhn: ''Fairer Handel und Kalter Krieg. Selbstwahrnehmung und Positionierung der Fair-Trade-Bewegung in der Schweiz 1973–1990.'' Edition Soziothek, Bern 2005, ISBN 3-03796-085-X.<br /> * Benjamin Möckel: ''[https://zeithistorische-forschungen.de/3-2020/5880 Postkolonialwaren. »Dritte-Welt-Läden« – Utopie und Heterotopie eines gerechten Handels].'' In: ''[[Zeithistorische Forschungen]]'' 17 (2020), S. 503–529.<br /> * Ndongo S. Sylla: ''The Fair Trade Scandal – Marketing Poverty To Benefit The Rich.''<br /> * [[Sina Trinkwalder]]: ''Fairarscht – Wie Wirtschaft und Handel den Kunden für dumm verkaufen.'' Knaur, 2016, ISBN 978-3-426-78794-6.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Fair trade|Fairer Handel}}<br /> * {{DNB-Portal|4360045-1}}<br /> * [https://www.fairtrade.net/ FLO – Fairtrade Labelling Organizations International e.&amp;nbsp;V.]<br /> * [https://www.fairtrade-institute.org/publications/ Studien-Datenbank des Fair Trade Institute] (englisch)<br /> * [http://lernarchiv.bildung.hessen.de/globlern/themengloblern/fairhandel/index.html Online-Lernarchiv „Fairer Handel“] auf dem Hessischen Bildungsserver<br /> * [https://www.fairforlife.net/ Fair for Life Standards], Zertifizierungsprogramm der Bio-Stiftung Schweiz<br /> * {{Internetquelle |url=https://files.fairtrade.net/publications/FairtradeMonitoringReport_9thEdition_lores.pdf |titel=Monitoring Report 9th Edition |werk=fairtrade.net |datum=2018 |abruf=2021-01-12 |abruf-verborgen=1 |format=PDF; 18,4 MB |sprache=en}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references responsive&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Eberhart2006&quot;&gt;<br /> {{Literatur | Autor=Nicolas Eberhart | Titel=Synthèse de l’étude d’impact du commerce équitable sur les organisations et familles paysannes et leurs territoires dans la filière café des Yungas de Bolivie | Hrsg=Agronomes et Vétérinaires sans frontières | Verlag=Agronomes et Vétérinaires sans frontières (VSF-CICDA) | Ort=Nogent, Lyon | Datum=2006-06 | Online={{Webarchiv | url=http://www.avsf.org/library/cms_download.php?cat=article_document&amp;doc_id=926 | wayback=20070928072002 | text=Online}} | Format=PDF | KBytes=250 | Abruf=2010-11-10}}<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;LeMare2008&quot;&gt;<br /> {{Literatur | Autor=A. Le Mare | Titel=The Impact of Fair Trade on Social and Economic Development: A Review of the Literature | Sammelwerk=Geography Compass | Datum=2008-10 | ISSN=1749-8198 | DOI=10.1111/j.1749-8198.2008.00171.x}}<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Murray.2003.27&quot;&gt;<br /> {{Literatur | Autor=Douglas L. Murray, Laura T. Raynolds, Peter Leigh Taylor | Titel=One cup at a time – poverty alleviation and fair trade coffee in Latin America | Verlag=Fair Trade Research Group, Colorado State University | Datum=2003 | OCLC=172990726 | Seiten=27 | Sprache=en | Online=[https://cfat.colostate.edu/wp-content/uploads/sites/63/2009/09/One-Cup-at-a-Time.pdf#page=31 Online] | Format=PDF | KBytes=1300 | Abruf=2019-04-13 | Zitat=The Fair Trade movement has in a short time greatly improved the well-being of small-scale coffee farmers and their families.}}<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Murray.2003.6-13&quot;&gt;<br /> {{Literatur | Autor=Douglas L. Murray, Laura T. Raynolds, Peter Leigh Taylor | Titel=One cup at a time – poverty alleviation and fair trade coffee in Latin America | Verlag=Fair Trade Research Group, Colorado State University | Datum=2003 | OCLC=172990726 | Seiten=6–13 | Sprache=en | Online=[https://cfat.colostate.edu/wp-content/uploads/sites/63/2009/09/One-Cup-at-a-Time.pdf#page=10 Online] | Format=PDF | KBytes=1300 | Abruf=2019-04-13}}<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;NelsonEtAl2009&quot;&gt;<br /> {{Internetquelle | autor=Valerie Nelson, Barry Pound | url=http://www.fairtrade.org.uk/includes/documents/cm_docs/2010/n/2_nri_full_literature_review_final_version.pdf | titel=The Last Ten Years: A Comprehensive Review of the Literature on the Impact of Fairtrade | hrsg=Natural Resources Institute (NRI), University of Greenwich | datum=2009-09 | archiv-url=https://web.archive.org/web/20100326163158/http://www.fairtrade.org.uk/includes/documents/cm_docs/2010/n/2_nri_full_literature_review_final_version.pdf | archiv-datum=2010-03-26 | abruf=2018-11-18 | format=PDF; 750 kB | kommentar=beauftragt von der Fairtrade Foundation}}<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Ronchi2002&quot;&gt;<br /> {{Literatur | Autor=Loraine Ronchi | Titel=The Impact of Fair trade on Producers and their Organisations: A Case Study with CooCafé in Costa Rica | Sammelwerk=PRUS Working Papers | Nummer=11 | Verlag=Poverty Research Unit at Sussex, University of Sussex | Ort=Falmer, Brighton, GB | Datum=2002-06 | Seiten=25 | Online=[http://www.sussex.ac.uk/prus/documents/wp11.pdf Online] | Format=PDF | KBytes=100 | Abruf=2018-10-12}}<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;/references&gt;<br /> <br /> {{Gesprochener Artikel<br /> |artikel = Fairer Handel<br /> |dateiname = De-Fairer Handel-Podpedia-article.ogg<br /> |dauer = 14:24<br /> |größe = 6 MB<br /> |sprecher = Podpedia<br /> |geschlecht = männlich<br /> |dialekt = Hochdeutsch<br /> |oldid = 27162346<br /> |artikeldatum = 2007-01-31<br /> }}<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4360045-1}}<br /> <br /> [[Kategorie:Fairer Handel| ]]<br /> [[Kategorie:Internationaler Handel]]<br /> [[Kategorie:Globalisierungskritik]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Unternehmenssteuerreform_(Schweiz)&diff=212387184 Unternehmenssteuerreform (Schweiz) 2021-05-26T13:00:04Z <p>212.117.117.42: /* Unternehmenssteuerreform I */</p> <hr /> <div>&lt;!-- schweizbezogen --&gt;<br /> Die '''Unternehmenssteuerreform''' (USR) ist ein Bündel gesetzgeberischer Massnahmen zur Steuervereinfachung in der [[Schweiz]].<br /> <br /> == Unternehmenssteuerreform I ==<br /> Es war so das die Reform von 1997 umfasste verschiedene Änderungen des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG), des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG), des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben (StG) sowie des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer (VStG). Die meisten Massnahmen wurden per 1. Januar 1998 in Kraft gesetzt.<br /> <br /> Mit der Unternehmenssteuerreform I wurden Sondertarife für Holding-, Domizil- und gemischte Gesellschaften eingeführt sowie eine proportionale Gewinnsteuer von 8,5 Prozent und die Abschaffung der Kapitalsteuer auf Bundesebene.<br /> <br /> Im Bereich der Stempelabgaben wurde die Reduktion der Emissionsabgabe auf Beteiligungsrechten, die Neuregelung der Freigrenze und die Wiedereinführung einer Abgabe auf Lebensversicherungen beschlossen.<br /> <br /> Zudem erliess der Gesetzgeber eine Regelung für den Erwerb eigener Aktien.<br /> <br /> == Unternehmenssteuerreform II ==<br /> === Gesetzgebungsverfahren ===<br /> In der Frühlingssession 2007 verabschiedeten die [[Bundesversammlung (Schweiz)|eidgenössischen Räte]] das Unternehmenssteuerreformgesetz II. Die damit beschlossenen Massnahmen umfassten verschiedene Änderungen des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG), des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG), des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben (StG), des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer (VStG) sowie des Bundesgesetzes über die Bildung steuerbegünstigter Arbeitsbeschaffungsreserven (ABRG).<br /> <br /> Da das Referendum ergriffen wurde, kam es am 24. Februar 2008 zu einer Volksabstimmung. Die Vorlage wurde angenommen. Die meisten Bestimmungen traten per 1. Januar 2011 in Kraft.<br /> <br /> === Verminderung der Doppelbelastung ===<br /> Gewinne aus unternehmerischer Tätigkeit werden üblicherweise mehrfach besteuert: Das Unternehmen bezahlt Gewinnsteuern, und bei der Ausschüttung der Gewinne werden die Anteilseigner nochmals besteuert.<br /> <br /> Mit der Unternehmenssteuerreform II fallen Erträge aus Beteiligungen, die Privatvermögen darstellen, nur noch zu 60 % in die Bemessung für die Einkommenssteuer und Beteiligungen, die Geschäftsvermögen darstellen, nur noch zu 50 % in die Bemessung für die Gewinnsteuer.<br /> <br /> Voraussetzung für die reduzierte Besteuerung ist, dass die Beteiligung mindestens 10 % am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft oder Genossenschaft beträgt. Gewinne aus der Veräusserung von Beteiligungsrechten, die Geschäftsvermögen darstellen, sind nach Abzug des zurechenbaren Aufwandes ebenfalls nur zur Hälfte steuerbar.<br /> <br /> Das StHG stellt den Kantonen frei, eine vergleichbare Ermässigung der Besteuerung vorzusehen. Führen sie eine solche Ermässigung ein, so ist dies erst dann möglich, wenn die Beteiligung ebenfalls mindestens 10 % beträgt.<br /> <br /> Nach bisherigem Recht konnten Holdinggesellschaften in Form des Beteiligungsabzugs eine Ermässigung der Gewinnsteuer beanspruchen, soweit sie zu mindestens 20 % am Grund- oder Stammkapital anderer Gesellschaften beteiligt waren oder wenn diese Beteiligung einen Verkehrswert von mehr als 2 Millionen Franken betrug (Art. 69 DBG). Neu wurde die Schwelle für die Geltendmachung des Beteiligungsabzuges auf 10 % bzw. auf einen Verkehrswert von mindestens 1 Million Franken herabgesetzt. Weiter gilt der Beteiligungsabzug auch für die Inhaber jener Beteiligungsrechte, die einen Anspruch auf mindestens 10 % am Gewinn und an den Reserven einer anderen Gesellschaft gewähren.<br /> <br /> === Abbau von substanzzehrenden Steuern ===<br /> Bei der Emissionsabgabe gilt nun auch für Genossenschaften ein Freibetrag von 1 Million Franken. Dieser Freibetrag galt bereits für Kapitalgesellschaften.<br /> <br /> Wird der Betrieb einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft mit Unterbilanz zwecks Weiterführung auf eine Auffanggesellschaft übertragen, so ist das dafür notwendige neue Kapital von der Emissionsabgabe ausgenommen. Bei Sanierungen werden Kapitalerhöhungen und Zuschüsse von der Emissionsabgabe befreit, soweit die bestehenden Verluste beseitigt werden und die Leistungen der Gesellschafter oder Genossenschafter gesamthaft maximal 10 Millionen Franken betragen.<br /> <br /> Die Unternehmenssteuerreform II führte das Kapitaleinlageprinzip ein. Danach werden alle von Anteilseignern geleisteten Kapitaleinlagen, einschliesslich Aufgelder und Zuschüsse, bei Rückzahlung in das Privatvermögen gleich wie die Rückzahlung von Grund- oder Stammkapital behandelt werden und sind somit steuerfrei.<br /> <br /> Nach altem Recht mussten die Kantone auch bei Gesellschaften, die nur einen geringen Gewinn erwirtschaften, die ganze Kapitalsteuer erheben. Mit der Möglichkeit, die Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer anzurechnen, können die Kantone diese substanzzehrende Besteuerung von Unternehmen mit hohem Kapitaleinsatz, aber geringer Rentabilität abbauen. Den Kantonen ist es freigestellt, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wollen. Der Bund erhebt keine Kapitalsteuer.<br /> <br /> === Entlastung von Personenunternehmen ===<br /> Dient eine Liegenschaft nicht mehr überwiegend geschäftlichen Zwecken, wurden die stillen Reserven bisher besteuert. Neu kann der Unternehmer verlangen, dass die Steuer erst dann veranlagt wird, wenn die Liegenschaft verkauft und der Veräusserungserlös tatsächlich realisiert wird.<br /> <br /> Die Verpachtung des Betriebes gilt nur noch dann als Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit mit Steuerfolge, wenn der Unternehmer dies bei den Steuerbehörden beantragt.<br /> <br /> Bei einer Erbteilung können jene Erben, die den Betrieb nicht übernehmen, neu die Besteuerung der stillen Reserven ebenfalls bis zur tatsächlichen Veräusserung aufschieben.<br /> <br /> Die Veräusserung von betriebsnotwendigem Anlagevermögen kann bei Vorhandensein stiller Reserven auf diesen Objekten zu Steuerfolgen führen, obwohl das Kapital nach wie vor im Unternehmen gebunden bleiben muss. Die Regeln für den Besteuerungsaufschub sind vereinfacht worden.<br /> <br /> Wird eine selbständige Erwerbstätigkeit aufgegeben, werden alle stillen Reserven auf dem Geschäftsvermögen realisiert. Dieser Liquidationsgewinn stellt steuerbares Einkommen des Unternehmers dar. Dessen Besteuerung erfolgt nun separat, so dass das ordentliche Einkommen nicht der [[Steuerprogression]] unterliegt. In einem weiteren Schritt kann bei der Berechnung der Steuer neu der Betrag abgezogen werden, der bei der beruflichen Vorsorge zum Einkauf von Beitragsjahren dient.<br /> <br /> Hält ein Personenunternehmen in seinem Geschäftsvermögen Wertschriften, werden neu die ursprünglichen Anschaffungskosten anstatt der Verkehrswert der Wertschriften besteuert.<br /> <br /> === Änderung beim Sparheftprivileg ===<br /> Nach altem Recht unterlag der jährliche Zinsertrag auf jedem einzelnen Sparheft bis zu 50 Franken nicht der Verrechnungssteuer. Neu gilt dieses Privileg für Zinserträge von bis zu 200 Franken jährlich, wenn der Zinsertrag aller Guthaben einer Person diesen Betrag nicht überschreitet.<br /> <br /> === Abschaffung der Arbeitsbeschaffungsreserven ===<br /> Nach altem Recht konnten die Unternehmen steuerbegünstigte sogenannte Arbeitsbeschaffungsreserven bilden. Diese Reserven standen den Unternehmen in schwierigeren Zeiten zur Schaffung von Arbeitsplätzen zur Verfügung, wenn sie behördlich freigegeben worden waren. Die Regelung wurde aufgehoben.<br /> <br /> == Unternehmenssteuerreform III ==<br /> {{Lückenhaft|Hintergrund des Referendums sollte dargestellt werden.}}<br /> Mit der dritten Reform sollte die internationale Akzeptanz der Schweizer Unternehmensbesteuerung wieder hergestellt werden. International kritisiert wurde die Schweizer Praxis der ermässigten Besteuerung von ausländischen Erträgen bei [[Holdinggesellschaften|Holding-]], [[Domizilgesellschaft|Domizil-]] und [[Gemischte Gesellschaft|gemischten Gesellschaften]] (sogenannten [[Statusgesellschaft]]en) auf kantonaler Ebene.<br /> <br /> Die Unternehmenssteuerreform III wollte daher zwei Massnahmen&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.efd.admin.ch/dam/efd/de/dokumente/home/dokumentation/abstimmungen/2017/usrIII/usrIII-ueberblick-massnahmen.pdf.download.pdf/Massnahmen%20%20%C3%9Cberblick-161129-d.pdf |titel=Die Massnahmen der Unternehmenssteuerreform III im Überblick |autor= |hrsg=Eidgenössisches Finanzdepartement EFD |datum=2016-11-30 |sprache=de |zugriff=2017-02-01}}&lt;/ref&gt; miteinander kombinieren:<br /> # Die steuerliche Bevorzugung von Statusgesellschaften abschaffen, um dadurch die internationalen Vorbehalte zu beseitigen.<br /> # Den Kantonen neue Möglichkeiten zur Verfügung stellen, um allen Unternehmen steuerliche Entlastungen zu gewähren. Die insgesamt niedrigere Besteuerung sollte attraktiv genug sein, damit die Statusgesellschaften auch nach dem Wegfall der bevorzugten Besteuerung ihren Standort in der Schweiz beibehalten konnten. Speziell sollten innovationsintensive Unternehmenstätigkeiten in der Schweiz gefördert werden, indem Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten niedriger besteuert würden (sogenannte Patentbox). Für Forschung und Entwicklung sollte ein Abzug gewährt werden, der höher ist als der tatsächliche Forschungs- und Entwicklungsaufwand. Weitere Massnahmen bezogen sich auf die Gewinnbesteuerung, auf Anpassungen der Kapitalsteuer, Anpassungen bei der pauschalen Steueranrechnung und die Aufdeckung stiller Reserven. Bestandteil der Reform waren auch umfangreiche Veränderungen, die zu einer Umverteilung der Anteile von Bund und Kantonen am Steueraufkommen geführt hätten.<br /> <br /> Gegen die Reform wurde das Referendum ergriffen. Die Vorlage kam am 12. Februar 2017 zur Abstimmung und wurde abgelehnt.&lt;ref name=&quot;:0&quot;&gt;[https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/dokumentation/gesetzgebung/abstimmungen/reform-der-unternehmensbesteuerung--usr-iii-.html Unternehmenssteuerreformgesetz III (12.02.2017)]. Dokumentation des EFD zur Abstimmung, 14. Februar 2017&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Steuervorlage 17 ==<br /> Nachdem die Unternehmenssteuerreform III (USR III) am 12. Februar 2017 vom Stimmvolk in einem Referendum mit 59,1 % Nein-Stimmen abgelehnt wurde, führt das [[Eidgenössisches Finanzdepartement|Eidgenössische Finanzdepartement]] die USR III unter dem neuen Titel Steuervorlage 17 (SV17) weiter. In den Monaten März bis Mai 2017 traf sich das Steuerungsorgan, bestehend aus Vertretern von Bund und Kantonen, zu fünf Sitzungen, um die Empfehlung für die SV17 zu erarbeiten. Nach den Sitzungen, in denen auch Vertreter der Städte, Gemeinden, Parteien und Wirtschafts- und Arbeitnehmer-Verbände angehört wurden, empfahl das Steuerungsorgan dem [[Bundesrat (Schweiz)|Bundesrat]] folgende Kernelemente:&lt;ref name=&quot;:0&quot; /&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV |url=https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/die-estv/medien/nsb-news_list.msg-id-66912.html |titel=Steuerungsorgan verabschiedet Empfehlungen zur Steuervorlage 17 |zugriff=2018-05-10 |sprache=de}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> * [[Patentbox]]: Einführung einer obligatorischen Patentbox gemäss OECD-Standard auf kantonaler Ebene.<br /> * Abzüge für Forschung &amp; Entwicklung: Der zusätzliche Abzug für die [[Forschungs- und Entwicklungskosten|F&amp;E-Kosten]] darf maximal 50 % über den eigentlichen Kosten liegen. Die Abzüge sollen sich zur Hauptsache auf den Personalaufwand fokussieren.<br /> * Maximalentlastung: Die steuerliche Entlastung des Gewinns durch die zwei oben genannten Instrumente darf maximal 70 % erreichen. Damit wird der Entlastungs-Spielraum gegenüber der Unternehmenssteuerreform III eingeschränkt.<br /> * Teilbesteuerung der Dividenden: Die Teilbesteuerung der Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen (mindestens 10 % des Kapitals) soll auf Stufe Bund 70 % betragen, auf Ebene Kantone und Gemeinden mindestens 70 %.<br /> * Vertikaler Ausgleich: Der Bund zahlt den Kantonen neu 21,2 % aus dem Ertrag der [[Direkte Bundessteuer|Direkten Bundessteuer]] statt 17 %.<br /> * Klausel zur Berücksichtigung der Gemeinden im Zusammenhang mit der Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer.<br /> * Kinderzulagen: Die Mindesthöhe der Kinder- und Ausbildungszulagen soll um 30 Franken erhöht werden. Die Kinderzulagen werden damit auf mindestens 230 Franken steigen. Die Ausbildungszulage soll neu mindestens 280 Franken betragen.<br /> <br /> === Chronologie der Entwicklungen ===<br /> Am 9. Juni 2017 verabschiedete der Bundesrat die Eckwerte zur SV17 und beauftragte das Eidgenössische Finanzdepartement, bis im September eine Vernehmlassungvorlage zu erarbeiten. Die vom Bundesrat verabschiedeten Eckwerte folgten im Wesentlichen den Empfehlungen des Steuerorgans. Eine Abweichung von der Empfehlung gab es betreffend den Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer. Dieser sollte gemäss den verabschiedeten Eckwerten des Bundesrates auf nur 20,5 % statt auf 21,2 % angehoben werden.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Der Bundesrat |url=https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-67009.html |titel=Bundesrat diskutiert steuerpolitische Agenda und verabschiedet Eckwerte der Steuervorlage 17 |zugriff=2018-05-10 |sprache=de}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 6. September 2017 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zur SV17. Sie dauerte drei Monate und ging am 6. Dezember 2017 zu Ende. Wie sich zeigte, gingen die Vorstellungen und Meinungen auch hinsichtlich der neuen Vorlage noch weit auseinander.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Christina Neuhaus |Titel=Auch die neue Steuerreform hat einen schweren Stand |Sammelwerk=Neue Zürcher Zeitung |Datum=2017-12-07 |ISSN=0376-6829 |Online=https://www.nzz.ch/schweiz/auch-die-neue-steuerreform-hat-einen-schweren-stand-ld.1336697 |Abruf=2019-05-20}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 31. Januar 2018 beschloss der Bundesrat nach Gesprächen mit den wichtigsten Akteuren die Eckwerte für seine Botschaft zur Steuervorlage 17, welche sich stark an der Vernehmlassungvorlage orientierten. Die wichtigste Abweichung bestand darin, dass der Bundesrat den Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer nun doch von 17 auf 21,2 Prozent erhöhen wollte, statt nur auf 20,5 Prozent.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV |url=https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/die-estv/medien/nsb-news_list.msg-id-69666.html |titel=Bundesrat bestimmt Eckwerte für Botschaft zur Steuervorlage 17 |zugriff=2018-05-10 |sprache=de}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 21. März 2018 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Steuervorlage 17. Sie entsprach in weiten Teilen den Eckwerten vom 31. Januar. Mit der Botschaft wurden zudem die Ergebnisse einer Umfrage zu den kantonalen Umsetzungsplänen veröffentlicht. Im besten Fall konnte das Parlament die SV17 in der Herbstsession verabschieden.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Eidgenössisches Finanzdepartement EFD |url=https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/dokumentation/nsb-news_list.msg-id-70181.html |titel=Bundesrat will Arbeitsplätze mit Steuervorlage 17 langfristig sichern |zugriff=2018-09-27 |sprache=de}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 15. Mai 2018 sprach sich die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) einstimmig für ein Gesamtkonzept mit vier zentralen Elementen für die Steuervorlage 17 aus:&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mk-wak-s-2018-05-16.aspx?lang=1031&amp;utm_source=Klartext+zur+Steuerreform&amp;utm_campaign=58418ea2ee-EMAIL_CAMPAIGN_2017_09_01&amp;utm_medium=email&amp;utm_term=0_e48f57f485-58418ea2ee-155937789 |titel=Steuerreform 17 – Presserohstoff zur Medienkonferenz der WAK-S vom 16. Mai 2018 |zugriff=2018-09-27 |sprache=de}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> * Anstelle einer Erhöhung der Familienzulagen sollte jeder Steuerfranken, der durch die SV 17 auf allen drei Ebenen entfällt, mit einem Franken an die Finanzierung der AHV gegenfinanziert werden. Die Gegenfinanzierung erfolgte durch drei zusätzliche Lohnpromille, die Zuweisung des ganzen Zusatzprozentes der MWST und durch eine Erhöhung des Bundesbeitrags.<br /> * Qualifizierte Dividenden sollten auf kantonaler Ebene zu mindestens 50 Prozent und auf Bundesebene zu mindestens 70 Prozent besteuert werden.<br /> * Das Kapitaleinlageprinzip sollte angepasst werden, indem eine Rückzahlungsregelung (Proportionalitätsprinzip) eingeführt wird.<br /> * Der Abzug auf Eigenfinanzierung sollte grundsätzlich nicht zugelassen werden, mit Ausnahme einer fakultativen Regelung für Hochsteuerkantone.<br /> <br /> Am 25. Mai 2018 nahm die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) dieses Gesamtkonzept für die Steuervorlage 17 mit 11 zu 1 Stimmen an und schloss die Detailberatung damit ab.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-wak-s-2018-05-25.aspx?lang=1031 |titel=Das Paket «Steuerreform und AHV-Finanzierung» steht |zugriff=2018-09-27 |sprache=de}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 7. Juni 2018 beschloss der Ständerat mit 35 zu 5 Stimmen bei 5 Enthaltungen, die Steuervorlage 17 mit der AHV-Sanierung zu verknüpfen.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2018/20180607124244807194158159041_bsd116.aspx |titel=Die Entscheide des Ständerats zur Steuervorlage |zugriff=2018-09-27 |sprache=de}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) ==<br /> Mit seinem Beschluss vom 7. Juni 2018 fügte der Ständerat der Steuervorlage 17 (SV17) einen sozialpolitischen Ausgleich zugunsten der AHV im Umfang von 2 Milliarden Franken bei. Die Vorlage hiess neu ''Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung'' (STAF). Am 28. September wurde die STAF in den Schlussabstimmungen von beiden Räten angenommen und die Vorlage im Bundesblatt publiziert.&lt;ref&gt;[https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2018/6031.pdf Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF)] im Bundesblatt&lt;/ref&gt; Erste Massnahmen der STAF sollten auf Anfang 2019, der Hauptteil auf 2020 in Kraft treten. Nachdem das Referendum ergriffen worden war, wurde die STAF bei der Volksabstimmung vom 19. Mai 2019 mit klarer Mehrheit angenommen.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Eidgenössisches Finanzdepartement EFD |url=https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/themen/steuern/steuern-national/steuervorlage17.html |titel=Steuerreform und AHV-Finanzierung |zugriff=2018-12-15 |sprache=de}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Chronologie der Entwicklungen ===<br /> Am 3. September 2018 stimmte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) der Steuervorlage 17 mit 12 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu. Die WAK-N folgte weitestgehend dem Entwurf des Ständerates und beantragte lediglich beim Kapitaleinlageprinzip (KEP) eine Änderung.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-wak-n-2018-09-04.aspx |titel=Knappe Zustimmung zur Steuervorlage 17 |zugriff=2018-09-27 |sprache=de}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In einem Brief vom 7. September 2018 begrüsste die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) die Arbeiten der vorberatenden Kommission WAK-N zur Steuervorlage 17 und beantragte dem Nationalrat, der Vorlage im Sinne der vorberatenden Kommission zuzustimmen. Ausserdem unterstrich die FDK noch einmal die Dringlichkeit der SV17 – ein zweites Nein zur Reform der Unternehmensbesteuerung könne man sich nicht leisten.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor= |url=https://www.fdk-cdf.ch/-/media/FDK_CDF/Dokumente/Themen/Steuerpolitik/Unternehmensbesteuerung/180907_SV17_Brf_an_NR_DEF.pdf?la |titel=Brief an den Nationalrat |werk=Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren |hrsg= |datum= |zugriff=2018-12-15 |sprache=}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 28. September 2018 wurde die STAF in der Schlussabstimmung vom Nationalrat mit 112:67 Stimmen und vom Ständerat mit 39:4 Stimmen verabschiedet.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20180031 |titel=Geschäft Ansehen |zugriff=2018-12-15}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 15. November 2018 kündigte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) an, im Zuge der der Vorlage über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) die Bundespraxen betreffend Prinzipalgesellschaften und Swiss Finance Branches ab 2019 nicht mehr auf neue Unternehmen anzuwenden.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/dokumentation/nsb-news_list.msg-id-72938.html |titel=STAF - Keine neuen Prinzipalgesellschaften und Swiss Finance Branches mehr ab 2019 |zugriff=2018-12-15}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 17. Januar 2019 reichten die Referendumskomitees 61'381 Unterschriften gegen das Bundesgesetz vom 28. September 2018 über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) ein,&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/dokumentation/nsb-news_list.msg-id-73902.html |titel=Referenden gegen STAF-Vorlage und Waffenrichtlinie zustande gekommen |zugriff=2019-03-04}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.srf.ch/news/schweiz/steuer-und-ahv-reform-linksgruene-allianz-bringt-referendum-zustande |titel=Steuer- und AHV-Reform - Linksgrüne Allianz bringt Referendum zustande |datum=2019-01-17 |zugriff=2019-03-04 |sprache=de}}&lt;/ref&gt; womit das Referendum zustande gekommen war.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Eidgenössisches Finanzdepartement EFD |url=https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/dokumentation/gesetzgebung/abstimmungen/staf.html |titel=Volksabstimmung zum Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (19.05.2019) |zugriff=2019-03-04 |sprache=de}}&lt;/ref&gt; Bei der [[Liste der eidgenössischen Volksabstimmungen#19. Mai 2019|Volksabstimmung vom 19. Mai 2019]] wurde die STAF mit 66,4 % Ja-Stimmen angenommen.<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> * [[Steuerrecht (Schweiz)]]<br /> * [[Steuerreform]]<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> * Botschaft zur Reform der Unternehmensbesteuerung 1997 vom 26. März 1997 ([http://www.amtsdruckschriften.bar.admin.ch/viewOrigDoc.do?id=10054241 BBl 1997 II 1164])<br /> * Botschaft zum Bundesgesetz über die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeiten und Investitionen (Unternehmenssteuerreformgesetz II) vom 22. Juni 2005 ([https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2005/4733.pdf BBl 2005 4733])<br /> * Botschaft zum Unternehmenssteuerreformgesetz III vom 5. Juni 2015 ([https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2015/5069.pdf BBl 2015 5069])<br /> * Botschaft zum Bundesgesetz über die Steuervorlage 17 ([https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/51751.pdf BBI 2018])<br /> * Informationsplattform zur Steuervorlage 17 von [[Economiesuisse]]: http://steuervorlage.ch/<br /> * [https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/dokumentation/gesetzgebung/abstimmungen/staf/fb-steuervorlage17.html Faktenblatt Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF)]<br /> * [https://www.efd.admin.ch/efd/de/home/dokumentation/gesetzgebung/abstimmungen/staf/ueberblick-massnahmen.html Die Massnahmen der Steuerreform und der AHV-Finanzierung im Überblick]<br /> *Datenbank Swissvotes der Universität Bern zu den Abstimmungen über die [https://swissvotes.ch/vote/531.00 Unternehmenssteuerreform II], die [https://swissvotes.ch/vote/611.00 Unternehmenssteuerreform III] und die [https://swissvotes.ch/vote/627.00 STAF]<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> [[Kategorie:Steuerrecht (Schweiz)]]<br /> [[Kategorie:Schweizerische Wirtschaftsgeschichte]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Politisches_System_der_Vereinigten_Staaten&diff=212188348 Politisches System der Vereinigten Staaten 2021-05-21T10:02:50Z <p>212.117.117.42: Kleine Korrektur</p> <hr /> <div>[[Datei:Politisches System der Vereinigten Staaten.svg|mini|hochkant=2.5]]<br /> Das '''politische System der Vereinigten Staaten''' umfasst die staatlichen Institutionen, die politischen Entscheidungsprozesse und deren Ergebnisse als Summe der Gesetze und Verordnungen in den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]]. Es gründet auf der [[Verfassung der Vereinigten Staaten|Verfassung]] von 1787, in die wiederum [[Staatstheorie]]n der [[Aufklärung]] eingeflossen sind. Aufgrund der historischen Entwicklung ist die [[Außenpolitik der Vereinigten Staaten]] zu einer ungewöhnlich starken Konstante des politischen Systems geworden.<br /> <br /> Im [[Demokratieindex]] 2019 belegen die Vereinigten Staaten Platz 25 von 167 Ländern, womit sie als eine „unvollständige Demokratie“ gelten.&lt;ref&gt;[https://infographics.economist.com/2020/democracy-index-2019/index.html Democracy-Index 2019 Übersichtsgrafik mit Vergleichswerten zu vergangenen Jahren], auf economist.com&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Verfassung ==<br /> {{Hauptartikel|Verfassung der Vereinigten Staaten}}<br /> <br /> Nach der [[Amerikanische Unabhängigkeitserklärung|Unabhängigkeitserklärung]] von 1776 wurden 1777 die [[Konföderationsartikel]] als Vorläufer der heute geltenden amerikanischen Verfassung angenommen. Die Artikel spiegelten den starken Selbstbehauptungswillen der dreizehn Gründungsstaaten wider, die sich in ihr nur zu einem losen [[Staatenbund]] zusammenschlossen. Zwar gab es einen gemeinsamen [[Kontinentalkongress|Kongress]], der das Recht hatte, über Krieg und Frieden zu entscheiden, Steuern und Gesetze wurden aber in jedem Staat einzeln erhoben und durch ein kompliziertes Umlageverfahren teilweise mit der Zentralregierung geteilt. Diese Praxis bereitete umfassende wirtschaftliche Probleme, die durch den Krieg mit [[Königreich Großbritannien|Großbritannien]] noch verstärkt wurden. Insofern entschlossen sich die [[Gründerväter der Vereinigten Staaten|Gründerväter]] zu einer Verfassungsrevision. Die amerikanische Bundesverfassung wurde in ihrer endgültigen Fassung 1787 in [[Philadelphia]] angenommen.<br /> <br /> Die [[Verfassung der Vereinigten Staaten|Verfassung]] besteht aus sieben ursprünglichen Artikeln und 27 [[Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten|Zusatzartikeln]]. Diese für eine Verfassung geringe Länge geht auf das [[Fallrecht]] und auf germanische sowie englische ''[[common law]]''-Rechtstraditionen zurück.<br /> <br /> Der endgültige Verfassungstext stellt eine Kompromisslösung zwischen der [[Demokratisch-Republikanische Partei|Demokratisch-Republikanischen Partei]], Befürwortern einer [[Föderalismus|dezentralen]] Staatsgliederung auf der einen und Vertretern einer starken Zentralregierung auf der anderen Seite, den ''[[Föderalistische Partei|Federalists]]'', dar. Während die einen sich nicht von einer übermächtigen Zentralgewalt bestimmen lassen wollten, sahen die anderen ihr Heil in einem zupackenden, zentralisierten Gemeinwesen. Um eine Einigung möglich zu machen, akzeptierten die Anti-Föderalisten eine zweite staatliche Ebene, die Bundesstaaten, wohingegen die Föderalisten die Zentralgewalt anerkannten. Zudem konnten sich die Gegner des Föderalismus &lt;!--- des Föderalismus oder der Föderalisten? ---&gt;mit ihrer Forderung nach einem umfassenden Grundrechtskatalog durchsetzen, der Vorbild für viele andere Verfassungen weltweit wurde. Diese als „[[Bill of Rights (Vereinigte Staaten)|Bill of Rights]]“ bekannte Sammlung garantierter Rechte besteht aus den ersten zehn Zusatzartikeln der Verfassung.<br /> <br /> [[Datei:Thomas P. Rossiter, Signing of the Constitution.jpg|mini|Einbringen der zehn Verfassungszusätze (''Ball of Rights'')]]<br /> <br /> Die Verfassung der Vereinigten Staaten sieht für den Bund als Regierungsform eine [[Präsidentielles Regierungssystem|Präsidialrepublik]] vor, in der der [[Präsident der Vereinigten Staaten|Präsident]] sowohl die [[Staatschef|Staats-]] als auch die [[Regierungschef|Regierungsführung]] in sich vereint. Der Präsident wird [[Electoral College|indirekt]] von den wahlberechtigten [[Bürger]]n der USA auf vier Jahre gewählt.<br /> <br /> Das gesetzgebende Organ wird [[Kongress der Vereinigten Staaten|Kongress]] genannt, der aus [[Zweikammersystem|zwei Kammern]] besteht, dem Repräsentantenhaus und dem Senat. Das [[Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten|Repräsentantenhaus]] wird alle zwei Jahre gewählt. Die Anzahl der Abgeordneten pro Bundesstaat wird im Repräsentantenhaus proportional zur Größe seiner Bevölkerung festgelegt und in der [[Volkszählung]] alle zehn Jahre neu bestimmt. Im [[Senat der Vereinigten Staaten|Senat]] wird alle zwei Jahre jeweils ein Drittel der Mitglieder neu gewählt. Jeder Bundesstaat hat von seiner Größe unabhängig Anspruch auf zwei Senatoren. Die Verfassung versucht zwischen den Staatsorganen ein System der gegenseitigen Kontrolle zu etablieren ([[Checks and Balances]]). Über die Einhaltung der Verfassung wacht der [[Oberster Gerichtshof der Vereinigten Staaten|Oberste Gerichtshof]] (engl. ''Supreme Court'').<br /> <br /> Die Abneigung gegen eine unverhältnismäßige Stärkung der Bundesregierung prägt auch die Verfassungswirklichkeit bis heute, was in spezifisch amerikanischen Prinzipien zur Organisation der Machtverteilung zu erkennen ist. Die starke [[Exekutive]], deren zentraler Akteur der Präsident ist, wird durch ein System wechselseitiger [[Checks and Balances|Machtbe- und -verschränkung]] abgegrenzt. Die Befugnisse des Präsidenten reichen daher weiter als bei den meisten Regierungschefs [[Parlamentarisches Regierungssystem|parlamentarisch]] verfasster Länder; im Gegenzug ist der Präsident der USA mangels Auflösungskompetenz zur Zusammenarbeit mit dem Kongress gezwungen.<br /> <br /> Im politischen Diskurs der USA ist der Ausdruck ''central government'' („Zentralregierung“) gebräuchlich, der eine abwertende Konnotation bezüglich [[Zentralismus|zentralstaatlich]] geregelter Angelegenheiten enthält und eine Ignoranz der Bundesbehörden gegenüber lokalen Angelegenheiten impliziert. Allerdings ist der Begriff dem Sinn nach besser als „Staat“ zu übersetzen, da viele Amerikaner nicht nur die Maßnahmen der Exekutive, sondern auch Urteile des Obersten Gerichtshofs des Landes als Einmischung in die bundesstaatliche Rechtsprechung ansehen.<br /> <br /> === Grundwerte ===<br /> Die politische und rechtliche Kultur der Vereinigten Staaten ist von zentralen Grundüberzeugungen tief geprägt. Diese sind in einigen [[Politische Theorie und Ideengeschichte|politiktheoretischen]] Dokumenten verbrieft, die mittlerweile den Rang staatlich konstituierender Dokumente genießen. Hierzu gehören vor allem die Verfassung, die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten und die [[Federalist Papers|Föderalistenartikel]].<br /> <br /> Die konstituierenden Ideale der USA gehen auf das Unabhängigkeitsbestreben der ursprünglich fast ausschließlich protestantischen Besiedlung sowie aufklärerisch gesinnter Adeliger, Bürger und der zuvor unbekannten Großgrundbesitzer (''gentry'') zurück. In England setzte diese Klasse Schritt für Schritt die Parlamentarisierung der Monarchie durch.<br /> <br /> ==== Glaubensfreiheit und Laizismus ====<br /> Die weitreichende Gewissens- und Meinungsfreiheit geht auf die Umstände der weißen Besiedlung Nordamerikas zurück. Die Bewegung der [[Pilgerväter]], die diese anführten, entsprang dem von brutalen religiösen Auseinandersetzungen geprägten [[England]] des späten 16.&amp;nbsp;Jahrhunderts. Im Jahre 1620 besiegelten [[Puritanismus|Puritaner]], die den Atlantik auf dem nachträglich zu Berühmtheit gelangten Segelschiff [[Mayflower]] überquerten, den [[Mayflower-Vertrag]], in dem sich die zukünftigen Siedler nach gängiger Lesart zum Aufbau eines freien und gerechten Gemeinwesens verpflichteten. Obwohl die weißen Kolonien in Nordamerika über Jahrhunderte stark protestantisch dominiert waren, lehnten die Kolonisten aufgrund ihres Dissens mit der [[Römisch-katholische Kirche|katholischen]] und der zeitweisen Unterdrückung durch den katholischen und [[Anglikanische Gemeinschaft|staatlich-anglikanischen]] Klerus die Bildung einer [[Staatskirche]] ab. Aus diesem Grund sind die Vereinigten Staaten bis heute strikt [[Laizismus|laizistisch]] verfasst. Daher erinnern nationale und einzelstaatliche Feiertage an Ereignisse in der Geschichte der Vereinigten Staaten und dienen meistens der Schaffung verlängerter Wochenenden. Christliche Feiertage werden allein für ihre tatsächliche Dauer berücksichtigt und dienen nicht der Einrichtung allgemeiner Ruhephasen wie in Europa. Spezifisch katholische Feiertage werden von der Politik nicht berücksichtigt.<br /> <br /> Trotz der Religionsfreiheit und der eigentlichen Trennung von Staat und Kirche ist die Politik von christlichen Werten beeinflusst. So enden die Reden des Präsidenten gewöhnlich mit den Worten „God bless you“ („Gott segne euch“). Das Motto der Union ist seit 1956 ''[[In God We Trust]]'', zuvor war es de facto ''[[E&amp;nbsp;pluribus unum]]''. Es erscheint im Staatsemblem sowie auf Münzen und Geldscheinen.<br /> <br /> In den verschiedenen Bundesstaaten, die wie in Deutschland die [[Hoheit (Staatsrecht)|Bildungshoheit]] besitzen, gibt es auch unterschiedlichen Einfluss christlich geprägter Überzeugungen im Schulsystem. Andererseits setzt die Rechtsprechung regelmäßig eine strenge Trennung von Staat und Religion durch. So ist beispielsweise das Gebet in öffentlichen Schulen verfassungswidrig. Das [[Schulgebet]] ist eine politische Dauerkontroverse in der politischen Kultur der USA.<br /> <br /> ==== Meinungsfreiheit ====<br /> Zur Idee des Liberalismus gehört in den Vereinigten Staaten auch die Überzeugung, dass man niemandem verbieten sollte, seine [[Meinungsfreiheit|Meinung]] zu sagen. Diese Auffassung ist im [[1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten|ersten Zusatzartikel der Verfassung]] festgeschrieben und ist von den Gerichten stets anerkannt worden.<br /> <br /> Vor allem in den letzten Jahren wurde die Meinungsfreiheit zum Teil beschnitten. Seit dem [[Digital Millennium Copyright Act]] steht die Veröffentlichung von Methoden zur Umgehung eines Copyrights unter Strafe. Kritiker sprechen deshalb auch von [[Zensur (Informationskontrolle)|Zensur]]. Die Benutzung vulgärer Schimpfwörter sowie die Darstellung von [[Nacktheit]] oder anderer als jugendgefährdend eingestufter Darbietungen im [[Terrestrische Übertragung|terrestrischen]] [[Rundfunk]] und [[Fernsehen]] sind gesetzlich eng geregelt. Um Verfolgungen durch die [[Federal Communications Commission|FCC]] zu verhindern, setzen deshalb zahlreiche Sender auf „Zensurmaschinen“, die ein zeitverzögertes Senden von Live-Sendungen ermöglichen. Darüber hinaus empfinden konservative und [[Klassischer Liberalismus|klassisch liberale]] Kreise in den Vereinigten Staaten die seit den 1980er Jahren verbreitete [[Politische Korrektheit]] als Bedrohung für die Meinungsfreiheit.<br /> <br /> Dagegen wird politischem Extremismus eine recht weite Meinungsfreiheit eingeräumt. So sind beispielsweise die Mitgliedschaft in offen [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] Vereinigungen, das Verwenden nationalsozialistischer Symbole oder die [[Leugnung des Holocaust]] anders als in vielen EU-Staaten nicht verboten.<br /> <br /> ==== „Recht auf Glück“ ====<br /> Bei Niederlegung der Unabhängigkeitserklärung zitierte ihr Verfasser [[Thomas Jefferson]] aus [[John Locke]]s „Zwei Abhandlungen über die Regierung“ und übernahm dessen Postulat, dass es über die Vernunft einsichtig sei, dass jeder Mensch das Recht auf Leben, Freiheit und darauf, sein Glück zu erreichen, genieße. Letzteres führte angesichts einer fehlenden gesellschaftlichen Konsolidierung und im Zusammenhang mit einer säkularisierten Abwandlung der [[Calvinismus|calvinistischen]] [[Prädestinationslehre]] zur Idee des [[American Dream]]. Mit der unausgeglichenen Wirtschaftsordnung und der realen Abhängigkeit der Kolonien der Vereinigten Staaten vom Handel mit den Ureinwohnern des Kontinents und dem englischen Mutterland führte all dies wiederum zu einer Ausbreitung von Tugenden wie Eigenverantwortung. Bestimmend waren auch ideologische Präferenzen wie der Glauben an die [[Marktwirtschaft]] und den [[Freihandel]]. Diese Überzeugung weichte erst mit der [[Weltwirtschaftskrise]] und dem scheinbaren Erfolg des [[New Deal]] des Präsidenten [[Franklin D. Roosevelt]] in den frühen 1930er Jahren geringfügig auf.<br /> <br /> ==== Souveränitätsdenken in der Innen- und Außenpolitik ====<br /> {{Hauptartikel|Außenpolitik der Vereinigten Staaten}}<br /> In den Wertvorstellungen der [[Gesellschaft der Vereinigten Staaten]] spielt der [[Souveränität]]sgedanke eine entscheidende Rolle, sowohl nach innen als auch nach außen. In der Innenpolitik wird ein starkes [[Subsidiarität]]sgefühl gelebt, während die Vereinigten Staaten nach außen hin seit jeher einer allzu starken Unterwerfung unter völkerrechtliche Vereinbarung und dem damit befürchteten Souveränitätsverlust misstrauen.<br /> <br /> Speziell nach den [[Terroranschläge am 11. September 2001|Terroranschlägen vom 11. September 2001]] wurde diese Theorie vorübergehend zurückgestellt, um sich den Gegebenheiten anzupassen. Dazu erhielten die Bundesbehörden [[Federal Bureau of Investigation|FBI]] und [[Central Intelligence Agency|CIA]] sowie das [[Ministerium für Innere Sicherheit der Vereinigten Staaten|Ministerium für Innere Sicherheit]] zahlreiche Sonderrechte, um gegen mutmaßliche Terroristen, auch unter teilweiser Umgehung bestimmter Grundrechte, vorzugehen.<br /> <br /> === Politische Kultur ===<br /> Das Parteiensystem der Vereinigten Staaten wird von der [[Republikanische Partei|Republikanischen Partei]] mit konservativer Ausrichtung und der [[Demokratische Partei (Vereinigte Staaten)|Demokratischen Partei]] mit linksliberaler Ausrichtung dominiert. Beide Parteien sind im Vergleich zu vielen anderen demokratischen Staaten schwach strukturiert und organisiert. Manche Politikwissenschaftler sprechen deshalb von [[Wahlverein]]en.&lt;ref&gt;Vgl. Bernd Arnold: [http://www.opus.ub.uni-erlangen.de/opus/volltexte/2004/53/pdf/J%20%208%20Politische%20Parteien%20und%20direkte%20Demokratie%20in%20den%20US-Bu.pdf ''Politische Parteien, Volksbegehren und Volksabstimmungen: Studien zum Verhältnis der direkten und repräsentativen Demokratie in der Schweiz''] (PDF; 207&amp;nbsp;kB). Dissertation, Universität Erlangen-Nürnberg, 2004, S. 200.&lt;/ref&gt; Lokale politische Themen dominieren die Programme der jeweiligen Wahlkreiskandidaten. Durch das umfassende System von [[Vorwahl (Politik)|Vorwahlen]] besitzen sie auch kein Monopol bei der Kandidatenauswahl. Bei den Wahlkämpfen in den Vereinigten Staaten fallen häufig sehr hohe Kosten an, [[Wahlkampfspende]]n und ihre Herkunft sind ein wichtiges Thema, wenn die Unabhängigkeit der Kandidaten und Amtsträger in Frage gestellt werden.<br /> <br /> Für ein [[Präsidentielles Regierungssystem|präsidiales Regierungssystem]] gelten die Vereinigten Staaten als ungewöhnlich stabil. Mit seinen über 200 Jahren demokratischer Tradition ist es eine der ältesten ununterbrochen bestehenden Demokratien der Welt.<br /> <br /> ==== Machtstrukturen und Machtverteilung im amerikanischen System ====<br /> Die Verteilung von Macht und Einfluss im politischen System der USA ist in den Politik- und Sozialwissenschaften unterschiedlich eingeschätzt worden, wobei sich zwei unterschiedliche Sichtweisen gegenüberstehen. Auf der einen Seite charakterisieren Vertreter der sogenannten [[Pluralismustheorie]]n wie [[Robert A. Dahl]] das amerikanische System als eine [[Polyarchie]], in der die politische Macht innerhalb der Gesellschaft breit gestreut und Gegenstand eines offenen Wettbewerbs sei.&lt;ref&gt;Robert A. Dahl: ''Pluralist democracy in the United States. Conflict and consent.'' Chicago 1967.&lt;/ref&gt; Andere Wissenschaftler konstatieren die politische Dominanz einer kleinen [[Machtelite]]. Der Soziologe [[C. Wright Mills]] glaubte, dass in den USA verflochtene elitäre Zirkel aus Politik, Militär und Wirtschaft den Ton angeben.&lt;ref&gt;C. Wright Mills: ''Die amerikanische Elite. Gesellschaft und Macht in den Vereinigten Staaten.'' Hamburg 1962.&lt;/ref&gt; Dem Soziologen [[George William Domhoff|G. William Domhoff]] zufolge ist es eine kleine und finanzstarke ökonomische Elite, die durch ein komplexes Netzwerk aus politischen [[Stiftung]]en, [[Denkfabrik|Think Tanks]] und [[Politikberatungsagentur]]en die grundlegenden Richtlinien der Politik bestimmt.&lt;ref&gt;G. William Domhoff: ''Who rules America? Challenges to corporate and class dominance.'' New York 2009.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Ein 2004 veröffentlichter Bericht einer Arbeitsgruppe der [[American Political Science Association]], des größten Verbands von US-Politikwissenschaftlern, warnte, dass grundlegende Ideale der US-Demokratie aktuell in erheblicher Gefahr seien. Während die [[soziale Ungleichheit]] in den USA deutlich zunehme, würden die Privilegierten und Wohlhabenden mehr und viel effektiver an der Politik teilnehmen als die unteren Einkommensschichten. Dies wiederum beeinflusse das Handeln der Regierung, die entsprechend mehr Rücksicht auf die Anliegen der wohlhabenden Schichten nehme als auf die der unteren.&lt;ref&gt;[http://www.apsanet.org/imgtest/taskforcereport.pdf ''American Democracy in an Age of Rising Inequality''] (PDF; 368&amp;nbsp;kB). Bericht der ''Task Force on Inequality and American Democracy'', APSA Paper, 2004.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Eine 2014 veröffentlichte Studie der Politikwissenschaftler Martin Gilens ([[Princeton University]]) und Benjamin Page ([[Northwestern University]]) konnte zeigen, dass sich die Eliten durchsetzen, wenn die Präferenzen einer Mehrheit der Bürger im Konflikt stehen mit den Eliten. Gilens und Page charakterisieren die Vereinigten Staaten zwar nicht direkt als &quot;[[Oligarchie]]&quot; oder &quot;[[Plutokratie]]&quot;, knüpfen aber an die Idee einer &quot;zivilen Oligarchie&quot; an wie sie von Jeffrey A. Winters verwendet wird: &quot;Winters hat eine vergleichende Theorie der 'Oligarchie' aufgestellt, in der die reichsten Bürger – selbst in einer 'zivilen Oligarchie' wie den Vereinigten Staaten – die Politik in Bezug auf entscheidende Fragen des Vermögens- und Einkommensschutzes dominieren.&quot;&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Martin Gilens, Benjamin I. Page |Titel=Testing Theories of American Politics: Elites, Interest Groups, and Average Citizens |Hrsg= |Sammelwerk=Perspectives on Politics |Band=12 |Nummer=3 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2014 |ISBN= |ISSN=1537-5927 |DOI=10.1017/S1537592714001595 |Seiten=564–581 |Online=https://www.cambridge.org/core/product/identifier/S1537592714001595/type/journal_article |Abruf=2019-10-11}}&lt;/ref&gt; In ihrer Studie gelangten Gilens und Page zu folgenden Schlussfolgerungen:&lt;blockquote&gt;Wenn die Mehrheit der Bürger mit wirtschaftlichen Eliten und/oder mit organisierten Interessen nicht einverstanden ist, verlieren sie im Allgemeinen. Aufgrund der starken Status-quo-Neigung, die in das politische System der USA eingebaut ist, bekommt eine größere Mehrheit der Amerikaner im Allgemeinen nicht eine Änderung der Politik, selbst wenn diese eine Änderung befürwortet. … Die Präferenzen des Durchschnittsamerikaners scheinen nur einen winzigen, statistisch nicht bedeutenden Einfluss auf [[Public Policy|politische Maßnahmen]] zu haben. &amp;nbsp;– Martin Gilens und Benjamin I. Page, 2014&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Martin Gilens, Benjamin I. Page |Titel=Testing Theories of American Politics: Elites, Interest Groups, and Average Citizens |Hrsg= |Sammelwerk=Perspectives on Politics |Band=12 |Nummer=3 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2014 |ISBN= |ISSN=1537-5927 |DOI=10.1017/S1537592714001595 |Seiten=564–581 |Kommentar=&quot;When the preferences of economic elites and the stands of organized interest groups are controlled for, the preferences of the average American appear to have only a minuscule, near-zero, statistically non-significant impact upon public policy.&quot; |Online=https://www.cambridge.org/core/product/identifier/S1537592714001595/type/journal_article |Abruf=2019-10-11}}&lt;/ref&gt;&lt;/blockquote&gt;<br /> <br /> ==== Parteien und Verbände im amerikanischen System ====<br /> Das US-Parteiensystem unterscheidet sich stark von vielen europäischen Parteiensystemen, einschließlich des deutschen. Die beiden großen Parteien der USA, die [[Republikanische Partei|Republikaner]] und die [[Demokratische Partei (Vereinigte Staaten)|Demokraten]], haben kaum kontinuierliche Parteistrukturen, keinen Auftrag zur Willensbildung und treten auf Bundesebene hauptsächlich zu [[Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten|Präsidentschaftswahlen]] in Erscheinung. Auch der [[Philadelphia Convention|Verfassungskonvent von 1787]] hatte keine Parteien vorgesehen. In der zweiten Hälfte des 19.&amp;nbsp;Jahrhunderts und zu Beginn des 20. war in den Großstädten eine „Herrschaft der Bosse“ (am.: ''boss rule'') das dominante Muster, wobei eine Clique von Lokalpolitikern sich der Stimmen der eingewanderten Wähler zu bedienen suchte.&lt;ref&gt;[http://www.tshaonline.org/handbook/online/articles/wmb01 ''Boss rule.''] In: ''The Handbook of Texas Online.'' Abgerufen am 26. Oktober 2009.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Während deutschen [[Politische Partei|Parteien]] viele Aufgaben zukommen, liegt die Hauptaufgabe des amerikanischen Zweiparteiensystems in ihrer Rekrutierungsfunktion. Anders als in parlamentarischen Systemen existiert dabei keine klassische Parteimitgliedschaft mit Beitragszahlung und hierarchischem Durcharbeiten von der Ortsebene nach oben. Vielmehr betrachten sich viele Wähler als Gesinnungsdemokrat oder Gesinnungsrepublikaner, indem man sich zu den eher [[Progressivismus|progressiven]] Zielen der Demokraten oder eher zu den [[Wirtschaftsliberalismus|wirtschaftsliberalen]] und [[Konservatismus|konservativen]] Zielen der Republikaner bekennt, indem man für oder gegen Abtreibung oder Beschränkungen bei Waffenkäufen ist.<br /> <br /> Organisierte [[Interessengruppe]]n in den USA gliedern sich auf in Unternehmens-, Arbeitnehmer-, Berufs- und Agrarverbände und Bürgerinitiativen, die breite Interessen (zum Beispiel Umweltschutz) oder ''single issues'' (zum Beispiel die Waffenbesitzerlobby der [[National Rifle Association]] (NRA)) vertreten können. Darüber hinaus wirken [[Denkfabrik|Think Tanks]] und [[Stiftung]]en auf den politischen Meinungsbildungsprozess ein und spielen dabei eine deutlich größere Rolle als etwa in Deutschland.<br /> <br /> ==== Volksentscheide in den USA ====<br /> In den Vereinigten Staaten spielen Volksentscheide in den Rechtsordnungen einzelner Bundesstaaten, z.&amp;nbsp;B. [[Kalifornien]], eine große Rolle, leiden jedoch oft unter geringer Wahlbeteiligung an den Abstimmungen. Deswegen und aus Sparsamkeitsgründen werden sie nach Möglichkeit auf den Tag einer Wahl von allgemeinerem Interesse gelegt. So fanden im Zusammenhang mit der [[Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2004|Präsidentschaftswahl 2004]] 163 Volksabstimmungen zu den verschiedensten Themen in 34 Staaten statt. Volksentscheide sind in den Bundesstaaten jeweils verschieden und es gibt allein in den USA bis zu 56 verschiedene Arten Volksentscheide durchzuführen.<br /> <br /> Bestimmte Gesetze – wie etwa Steuersenkungen oder die Abschaffung von Rassenquoten in öffentlichen Institutionen – sind aus politischen Gründen nur auf dem Wege des Volksentscheides durchzusetzen. Volksentscheide sind auf Lokalebene (in Countys, Städten, Schulbezirken etc.) politisch wichtig, da gewählte Vertreter immer auf die Möglichkeit eingestellt sein müssen, dass Gesetzgebung durch ein Volksveto annulliert wird.<br /> <br /> Eine weitere Variante des Volksentscheides ist die Abwahl ([[Recall (Politik)|Recall]]), der gewählte Vertreter während der Wahlperiode unterliegen. So führte z.&amp;nbsp;B. das Abwählen des kalifornischen Gouverneurs [[Gray Davis]] zu einer Neuwahl, in der [[Arnold Schwarzenegger]] als neuer Gouverneur gewählt wurde.<br /> <br /> == Gewalten auf Bundesebene ==<br /> === Exekutive ===<br /> {{Hauptartikel|Bundesregierung (Vereinigte Staaten)}}<br /> ==== Präsident ====<br /> {{Hauptartikel|Präsident der Vereinigten Staaten}}<br /> Der [[Präsident der Vereinigten Staaten|Präsident]] gilt als das Machtzentrum im politischen System. Seine Position ist einflussreicher als die eines [[Premierminister]]s oder [[Kanzler]]s in parlamentarischen Demokratien, da sie die Funktionen des Staatsoberhaupts und des Regierungschefs miteinander vereint. Der Präsident darf allerdings keinesfalls Mitglied der Legislative sein. In parlamentarischen Demokratien dagegen ist die Exekutive meist geteilt – in Deutschland z.&amp;nbsp;B. mit dem Bundespräsidenten als Staatsoberhaupt und dem Bundeskanzler als Regierungschef – und in das Parlament eingebettet.<br /> <br /> Die starken Vollmachten des US-Präsidenten werden durch ein umfassendes System an Machtkontroll- und Machtverschränkungsmechanismen, die sogenannten ''Checks and Balances'', ausgeglichen. Dabei kommt dem Verhältnis zwischen Präsident und Kongress zentrale Bedeutung zu. Anders als in parlamentarischen Demokratien geht die Exekutive nicht aus dem Parlament hervor, sondern ist weitgehend von ihr getrennt. So hat der Präsident keine formalen Initiativrechte im Gesetzgebungsprozess. Stattdessen manifestiert sich der innenpolitische „Erfolg“ eines Präsidenten durch seine Fähigkeit, den Kongress in Gesetzesfragen informell auf seine Linie zu bringen, zum Beispiel durch die „[[State of the Union Address]]“. Allerdings hat der Präsident ein suspensives Vetorecht (aufschiebendes Vetorecht), er kann also Gesetze zwar nicht verhindern, sondern die Verabschiedung zeitlich verzögern. Dies bedeutet, dass über den Gesetzesentwurf neu abgestimmt werden kann.<br /> <br /> Neben diesen Erscheinungsformen des Präsidenten als Staatsorgan ist er der Chef der amerikanischen Exekutive und bestimmt mit Zustimmung des Senats die Minister (engl. ''secretaries''). Er ist zudem Oberbefehlshaber der Streitkräfte; die Befugnis, Kriege zu erklären oder zu beenden, liegt jedoch beim Kongress. Der Präsident kann unter bestimmten Voraussetzungen und unter parlamentarischer Kontrolle Einsätze des Militärs anordnen und hat Zugriff auf die Atomstreitmacht. Darüber hinaus ist der Präsident der oberste Diplomat seines Landes. Botschafter und internationale Verträge müssen allerdings vom Senat bestätigt werden.<br /> <br /> Die [[Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten|Wahl zum Präsidenten]] weist ebenfalls deutliche Unterschiede zur in parlamentarischen Systemen üblichen Praxis auf. Formale Voraussetzung für das höchste Amt im Staat hat jeder gebürtige Amerikaner, der mindestens 35 Jahre alt ist und seinen ständigen Wohnsitz seit 14 Jahren in den Vereinigten Staaten hat. Da es hier keine stehenden Parteistrukturen wie zum Beispiel in Österreich gibt, erfolgt die Nominierung geeigneter Kandidaten über Vorwahlen ([[Primary|Primaries]]). In diesen offenen oder geschlossenen Vorwahlen wählen die Bürger der einzelnen Bundesstaaten ihren Favoriten unter mehreren Alternativen. Der Gewinner der Vorwahlen wird dann durch die Delegierten der „[[Nominierungsparteitag (Vereinigte Staaten)|National Conventions]]“, einer Art Parteitag, zum Präsidentschaftskandidat einer betreffenden Partei gekürt. Der eigentliche Wahlkampf fordert von den Kandidaten immer noch einen umfassenden Einsatz von eigenen Mitteln, die aber neben Spenden, durch ein seit den 1970er Jahren existentes Prinzip staatlicher Wahlkampfhilfen erweitert wurden.<br /> <br /> Wegen dieser starken Stellung des Präsidenten und da eine einfache Nachwahl durch das Parlament nicht möglich ist, ist eine detaillierte Regelung über seine Nachfolge nötig. Die [[Nachfolge des Präsidenten der Vereinigten Staaten|Nachfolge des Präsidenten]] regelt die Verfassung sowie der ''Presidential Succession Act'' von 1947.<br /> <br /> ==== Vizepräsident ====<br /> {{Hauptartikel|Vizepräsident der Vereinigten Staaten}}<br /> Der Vizepräsident der Vereinigten Staaten hat zwei Funktionen: er ist Stellvertreter des Präsidenten, falls dieser dauerhaft amtsunfähig wird oder stirbt. In diesem Fall wird der Vizepräsident sofort neuer Präsident und übernimmt dieses Amt bis zum regulären Ende der Amtsperiode seines Vorgängers. Ist der Präsident nur zeitweise amtsunfähig, zum Beispiel durch eine Operation, kann der Vizepräsident auf Grundlage des [[25. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten|25. Verfassungszusatzes]] die Aufgaben des Präsidenten geschäftsführend wahrnehmen. Darüber hinaus ist er der Präsident des Senats, wo er zwar kein [[Stimmrecht]] hat, aber bei Stimmengleichheit ist sein Votum entscheidend. Zudem ist der Vizepräsident faktisches Mitglied der Exekutive und übernimmt zeremonielle Aufgaben.<br /> <br /> === Executive Office of the President ===<br /> {{Hauptartikel|Executive Office of the President of the United States}}<br /> [[Datei:Executive Office.png|mini|Executive Office of the President – Übersicht]]<br /> <br /> Das [[Executive Office of the President of the United States|Executive Office]] ist dem Präsidenten unmittelbar unterstellt und besteht aus verschiedenen selbstständigen Einheiten:<br /> * White House Office: umfasst unter anderem die persönlichen Assistenten und Berater des Präsidenten und den [[Stabschef des Weißen Hauses|Stabschef]] (engl. ''Chief of Staff'').<br /> * [[Office of Management and Budget]]: verantwortlich vor allem für den Bundeshaushalt<br /> * [[United States National Security Council|Nationaler Sicherheitsrat]] (''National Security Council'') und [[Nationaler Sicherheitsberater (Vereinigte Staaten)|Nationaler Sicherheitsberater]]: fungiert als zentrale Instanz außenpolitischer Entscheidungsprozesse. Dem Rat gehören neben dem Präsidenten und Vizepräsidenten auch der Außen- und der Verteidigungsminister sowie der Vorsitzende des ''Joint Chiefs of Staff'', der Direktor des ''Office for Emergency Planning'' und der Direktor der [[Central Intelligence Agency|CIA]] an.<br /> <br /> === Präsidentschaftswahlen ===<br /> {{Hauptartikel|Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten}}<br /> <br /> Einer der wenigen Akte, durch die man sich zu einer Partei bekennt, ist die Registrierung zu den Vorwahlen und das Spenden an eine Partei oder einen Kandidaten. Das amerikanische System kennt keine Landeslisten bei den Präsidentschaftswahlen. Will ein Amerikaner als Präsidentschaftskandidat antreten, kann er sich entweder als unabhängige Einzelperson oder als Vertreter einer Partei registrieren lassen. Letzteres hat den Vorteil, dass er mehr Unterstützung und mehr Gelder erhält.<br /> <br /> Stehen mehrere Kandidaten fest, beginnen die Vorwahlen. Hierbei wählen die einzelnen Bundesstaaten ihre Favoriten unter den Kandidaten der Parteien. Man unterscheidet dabei zwischen „offenen“ und „geschlossenen“ Vorwahlen. Während man sich in geschlossenen Vorwahlen als Wähler einer Partei registrieren lassen muss, können in einigen Bundesstaaten theoretisch alle Wähler über den Präsidentschaftskandidaten zum Beispiel der Demokraten abstimmen. Jeder Bundesstaat schickt dann im Sommer eines Wahljahres eine Delegation zu den so genannten „National Conventions“ – einer Art Parteitag – auf dem die Kandidaten gekürt werden. Formell müssen die [[Wahlmann|Wahlmänner]] nicht den Kandidaten wählen, den die Mehrheit der Wähler ihres Staates gewählt haben. Allerdings haben die erst Mitte des 20. Jahrhunderts eingeführten Vorwahlen erheblich zur Entmachtung der Parteien beigetragen, weil auch bisher unbekannte, aber charismatische Kandidaten durch Erfolgsstorys in den Vorwahlen landesweit hohe Zustimmungswerte erhielten.<br /> <br /> Die heiße Phase des Präsidentschaftswahlkampfs beginnt im August und endet im November. Die landesweiten Wahlen finden immer in einem durch vier ohne Rest teilbaren Jahr, am Dienstag, der auf den ersten Montag im November folgt, statt. Parteien sind (anders als in Deutschland) im Wahlkampf nicht die wichtigsten Akteure. Vielmehr konzentrieren Hauptwahlkämpfe gesellschaftliche Kräfte – vor allem die so genannten [[Political Action Committee|PACs]] (''Political Action Committees''), die das Wahlkampfmanagement, die Spendenverteilung und die Unterstützung von Kandidaten und Parteien übernehmen. PACs sind Gruppen aus dem gesellschaftlichen Umfeld, die von einem Individuum, von Unternehmen, Parteien, Lobbygruppen oder ähnlichen Strukturen ins Leben gerufen wurden. Da jeder für jeden Kandidaten werben darf, erfolgt auf diesem Wege der Großteil der Wahlkampfunterstützung. Da seit der Einführung öffentlicher Wahlkampfunterstützung große Spenden an Kandidaten streng genommen untersagt sind, kommt den PACs noch eine weitere zentrale Aufgabe zu: das Spendensammeln. Nur über einen PAC können Spenden ohne Größenbegrenzungen an eine Partei und an einen Kandidaten weitergeleitet werden.&lt;!--Bedleg?--&gt; Da auch Unternehmen und Gewerkschaften entsprechende Gruppierungen aufbauen können, wird so Wahlkampfhilfe meist an mehrere Kandidaten gleichzeitig geleistet.<br /> <br /> Die Verfassung sieht keine direkte Wahl des Präsidenten durch das Volk vor. Stattdessen wählen die Bürger der Vereinigten Staaten [[Electoral College|Wahlmänner]] (''Electors''), die wiederum ihrerseits den Präsidenten und den Vizepräsidenten wählen. Die Anzahl der Wahlmänner pro Bundesstaat entspricht dabei der Anzahl der Kongressabgeordneten des Staates. Jeder Staat darf demnach mindestens drei Wahlmänner entsenden, da jeder Staat zwei Senatoren und mindestens einen Abgeordneten zum Repräsentantenhaus entsendet. Ursprünglicher Grund für die indirekte Wahl des Präsidenten durch Wahlmänner waren nicht nur die Entfernungen zwischen den ursprünglich dreizehn Bundesstaaten, sondern auch die Befürchtung der Gründerväter, dass die Bevölkerung eines Bundesstaates einen Kandidaten aus ihrem Staat bevorzugen würde. Somit hätten bevölkerungsreiche Bundesstaaten einen großen Vorteil bei der Wahl des Präsidenten. Seit dem [[23. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten|23. Zusatzartikel zur Verfassung]], der 1961 in Kraft trat, können auch Einwohner des [[Washington, D.C.|Regierungsbezirks (District of Columbia)]] bei den Präsidentschaftswahlen teilnehmen. Zuvor war ihnen dies verwehrt, da dieses Gebiet vom Kongress selbst verwaltet wird und nicht als Bundesstaat gilt. Bei den Präsidentschaftswahlen entsendet dieser Bezirk drei Wahlmänner.<br /> <br /> Die Verfassung überlässt es den einzelnen Bundesstaaten, auf welche Weise die Wahlmänner bestellt werden. Ursprünglich wurden die Wahlmänner zum Teil durch direkte Volkswahl gewählt, zum Teil von der Legislative eines Bundesstaates bestimmt. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich jedoch in allen Bundesstaaten die Volkswahl der Wahlmänner durchgesetzt, als letzter Staat führte [[South Carolina]] diese 1860 ein. Gemeinsam mit dieser Tendenz entwickelte sich das Prinzip ''the Winner takes it all'', also ein Mehrheitswahlrecht auf bundesstaatlicher Ebene. Dabei entsendet die Partei, die in einem Staat die [[relative Mehrheit]] der Stimmen erreicht, alle Wahlmänner des Staates. Da die Staaten die Wahlordnung bestimmten, gibt es allerdings auch Ausnahmen von dieser Regel: [[Maine]] und [[Nebraska]] wählen ihre Wahlmänner jeweils pro Repräsentantenhaus-Wahlkreis sowie zwei weitere Wahlmänner (entsprechend den beiden Senatoren jedes Bundesstaates) landesweit. Sowohl in jedem Wahlkreis als auch landesweit entscheidet die einfache Mehrheit. Dadurch ist es auch möglich, dass Wahlmänner aus verschiedenen Parteien gewählt werden, dies ist jedoch sehr selten, da diese beiden Staaten eher klein und politisch vergleichsweise homogen sind. Anlässlich der [[Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2004|Präsidentschaftswahl 2004]] gab es in [[Colorado]] eine Volksabstimmung, mit dem Ziel, die Wahlmänner des Staates nach Verhältniswahlrecht zu wählen (also wieder nach einem anderen System als in Maine und Nebraska); die Abstimmung scheiterte jedoch.<br /> <br /> Die Präsidentschaftswahlkämpfe in den USA konzentrieren sich auf die so genannten „[[Swing State]]s“, also solche Bundesstaaten, in denen der Wahlausgang als offen eingeschätzt wird. Da in den Nicht-Swing-States, also solchen, in denen klar ist, welche Partei gewinnen wird, die andere Partei ohnehin keinen einzigen Wahlmann bekommen wird, verzichtet diese meistens auf nennenswerten Einsatz in diesem Bundesstaat und setzt stattdessen auf die Swing States.<br /> <br /> Laut Verfassung treten die Wahlmänner am zweiten Mittwoch im Dezember zusammen und wählen den Präsidenten und den Vizepräsidenten. Die Wahlen finden dabei für jeden Bundesstaat getrennt statt, die Gründerväter wollten damit Korruption und Händel verhindern. Die Elektoren geben je eine Stimme für einen Präsidenten und eine für einen Vizepräsidenten ab. Entweder Präsident oder Vizepräsident müssen dabei aus einem anderen Staat stammen als die Wahlmänner. Sieger der Wahl ist jeweils der Kandidat, der die absolute Mehrheit der Wahlmännerstimmen auf sich vereint.<br /> <br /> Die Wahlmänner sind formell nicht an das Votum des Wählers gebunden. Sogenannte ''unfaithful Electors'' (treulose Wahlmänner) treten tatsächlich manchmal auf, allerdings meist in Fällen, in denen ein eindeutiges Votum bereits deutlich absehbar ist. 1836 konnte allerdings [[Richard Mentor Johnson]], der Vizepräsidentschaftskandidat von [[Martin Van Buren]], nicht die erforderliche absolute Mehrheit an Wahlmännern für sich verbuchen. Gemäß Verfassung ging die Entscheidung daraufhin an den Senat, der dann trotzdem Johnson wählte.<br /> <br /> Die Wahl des Vizepräsidenten wurde mit dem [[12. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten|12.&amp;nbsp;Verfassungszusatz]] geändert. Zuvor gaben die Wahlmänner zwei Stimmen für einen Präsidentschaftskandidaten ab, wobei dieser Kandidat nicht aus dem Heimatstaat des Wahlmanns stammen durfte. Dadurch sollte das Ungleichgewicht der bevölkerungsreichen Bundesstaaten gedämpft werden. Der Kandidat mit den meisten Stimmen wurde daraufhin Präsident, derjenige mit den zweitmeisten Stimmen Vizepräsident. Dieses System wurde ursprünglich für ein politisches System ohne Parteien entworfen. Als sich jedoch Parteien herausbildeten, führte dies dazu, dass Präsident und Vizepräsident aus verschiedenen Parteien stammten und gegeneinander arbeiteten. Nachdem bei den [[Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 1800|Wahlen 1800]] ein Patt zwischen den beiden erstplatzierten Kandidaten [[Thomas Jefferson]] und [[Aaron Burr]] entstanden war, wählte das Repräsentantenhaus erst nach 36 Wahlgängen Jefferson zum Präsidenten. Der 12.&amp;nbsp;Zusatzartikel wurde gerade geschaffen, um derartige Vorgänge künftig zu verhindern.<br /> <br /> Die indirekte Wahl des Präsidenten über Wahlmänner ist umstritten. Wesentliche Kritikpunkte sind vor allem die Verteilung der Wahlmännerstimmen, die nicht genau der Bevölkerungsverteilung entspricht. Da ein Staat immer zwei Stimmen mehr als die Anzahl der Abgeordneten zum Repräsentantenhaus hat, führt dies zu einer Übergewichtung bevölkerungsarmer Staaten. Zur Wahl 1988 hatten etwa die sieben bevölkerungsärmsten Bundesstaaten ([[Alaska]], [[Delaware]], District of Columbia, [[North Dakota]], [[South Dakota]], [[Vermont]] und [[Wyoming]]) mit insgesamt 3.119.000 Wahlberechtigten 21 Wahlmännerstimmen, genauso viel wie [[Florida]] mit 9.614.000 Wahlberechtigten. Dadurch und durch das Prinzip des Mehrheitswahlrechts ist es möglich, dass ein Kandidat zum Präsidenten gewählt wird, der nicht die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Tatsächlich trat ein solcher Fall bereits 1824 ([[John Quincy Adams]]), 2000 ([[George W. Bush]]) und 2016 ([[Donald Trump]]) ein. Der Fall, dass ein Kandidat gewählt wurde, der lediglich die [[relative Mehrheit]] der abgegebenen Stimmen erhielt, trat ebenfalls schon 15 Mal ein, im 20.&amp;nbsp;Jahrhundert unter anderem bei [[John F. Kennedy]] 1960, [[Richard Nixon]] 1968 und [[Bill Clinton]] 1992 und 1996.<br /> <br /> Von den Befürwortern wird dagegen ins Feld geführt, dass das Wahlsystem ursprünglich nicht dazu gedacht war, allein die Mehrheit in der Bevölkerung zu repräsentieren. Stattdessen sei das indirekte Wahlsystem ein Kompromiss, durch den gewährleistet werde, dass nur Kandidaten gewählt werden, die sich sowohl auf eine ausreichende Unterstützung in der Bevölkerung als auch auf eine möglichst breite Grundlage in verschiedenen Staaten berufen können.<br /> <br /> === Legislative ===<br /> ''Siehe auch: [[Liste der Legislativen der Bundesstaaten der Vereinigten Staaten]]''<br /> ==== Kongress ====<br /> {{Hauptartikel|Kongress der Vereinigten Staaten}}<br /> Der [[Kongress der Vereinigten Staaten|Kongress]] versteht sich nicht als Parlament im klassischen Sinne, sondern als oberste Gesetzgebungsinstanz. Als Kongress bezeichnet man dabei das amerikanische [[Zweikammersystem]], das aus Senat und Repräsentantenhaus besteht. Beide Kammern gemeinsam tragen das [[Gesetzgebungsverfahren (Vereinigte Staaten)|Gesetzgebungsverfahren]] und verfügen über die äußerst umfassende Macht der Ausgabenbewilligung. Darüber hinaus muss der Kongress beim Abschluss von Verträgen mit ausländischen Mächten befragt werden; er hat die formelle Macht, Kriege zu erklären, Bundesbeamte, Richter, Kabinettsmitglieder und den Präsidenten wegen Vergehen zu belangen („[[Impeachment]]“), und er hat das Recht, Verhöre durchzuführen und entsprechende Unterlagen anzufordern. Damit stellen beide Häuser ein wirkungsvolles Gegengewicht zum Präsidenten dar, dessen Erfolg an der Fähigkeit gemessen wird, den Kongress auf „seine Linie“ zu bringen („Checks and Balances“). Fraktionsdisziplin nach deutschem Vorbild existiert in den Vereinigten Staaten nicht, da die Parteien nur eine geringe Rolle spielen. Senatoren und Abgeordnete verstanden sich lange weitgehend nicht als Parteivertreter und durchaus als Gegengewicht zum Präsidenten. Die Bereitschaft zum überparteilichen Konsens hat jedoch insbesondere seit den 2000er Jahren deutlich abgenommen, sodass eine extreme Polarisierung zwischen den beiden großen Lagern eingetreten ist, die die Arbeit im Kongress lähmt.&lt;ref&gt;Hannes Richter: [http://oegfe.at/2016/11/die-zunehmende-politische-polarisierung-in-den-usa-als-herausforderung/ ''Die zunehmende politische Polarisierung in den USA als Herausforderung.''] In: [[Österreichische Gesellschaft für Europapolitik]]: Policy Brief Nr. 27, 2016.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Der Kongress hat kein Selbstauflösungsrecht, er kann auch nicht vom Präsidenten aufgelöst werden oder diesem sein Misstrauen aussprechen. Zudem darf kein Mitglied der Legislative ein Amt in der Exekutive oder Judikative besetzen (Inkompatibilität).<br /> <br /> ===== Repräsentantenhaus =====<br /> {{Hauptartikel|Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten}}<br /> <br /> Das Repräsentantenhaus ist die legislative Willensvertretung aller Amerikaner, die noch am ehesten dem deutschen Bundestag entspricht. Gewählt werden Vertreter aus allen Bundesstaaten, aus dem District of Columbia und aus exterritorialen [[Verwaltungseinheit]]en (ohne Stimmrecht im Plenum) entsprechend einem [[Proporz]]prinzip. Das heißt: Alle zwei Jahre (jedes gerade Jahr) wird neu ermittelt, wie viele Abgeordnete pro Bundesstaat ins Repräsentantenhaus einziehen. Dabei entsendet jeder Bundesstaat mindestens einen Abgeordneten (z.&amp;nbsp;B. Alaska mit geringer Einwohnerzahl hat nur einen Abgeordneten, Kalifornien dagegen 53). &lt;!-- http://amerikadienst.usembassy.de/us-botschaft-cgi/ad-detailad.cgi?lfdnr=1856 --&gt; Die endgültige Zahl der Abgeordneten wird nach der Einwohnerzahl des Landes ermittelt. Derzeit sind es 435 House-Mitglieder. Abgeordnete müssen mindestens 25 Jahre alt sein, seit sieben Jahren die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzen und ihren Wohnsitz in dem Staat haben, der sie bestellt hat. Gewählt wird nach dem Mehrheitswahlrecht, d.&amp;nbsp;h., gewählt sind die Kandidaten, die in ihren Bezirken die relative Mehrheit der Stimmen erhalten haben. Die Stimmen für alle anderen Kandidaten sind bedeutungslos. Ein [[Mehrheitswahl]]system begünstigt entsprechend [[Duvergers Gesetz]] prinzipiell das Entstehen eines Zweiparteiensystems, das ist in den Vereinigten Staaten sehr deutlich sichtbar. Das sichert das System gegen – selbst kleinere – Veränderungen, so hat eine [[Green Party (Vereinigte Staaten)|grüne Partei]] ebenso wenig eine Chance wie eine [[Linkssozialismus|linkssozialistische]] Partei. In der Bewilligung von Gesetzen ist das Repräsentantenhaus mit dem Senat gleichberechtigt, außer bei Haushaltsvorlagen, in denen das Repräsentantenhaus Initiativrecht genießt. Dessen Geschäftsordnung legt fest, dass alle den Haushalt und die sozialen Sicherungssysteme betreffenden Gesetzesentwürfe das [[Committee on Ways and Means]] durchlaufen müssen.<br /> <br /> ''Siehe auch: [[Kongresswahlbezirk]]''<br /> <br /> ===== Senat =====<br /> {{Hauptartikel|Senat der Vereinigten Staaten}}<br /> Der Senat bildet die legislative Vertretung der amerikanischen Einzelstaaten auf Bundesebene und ist damit die zweite Parlamentskammer. Anders als bei der Zusammensetzung des Repräsentantenhauses entsenden alle Bundesstaaten (also nicht der [[District of Columbia]]) jeweils zwei Senatoren. Diese werden auf sechs Jahre ebenfalls direkt vom Wahlvolk nach relativer Mehrheitswahl gewählt, wobei alle zwei Jahre (jedes gerade Jahr) ein Drittel der Senatoren zur (Wieder-)Wahl steht. Daher sind mindestens zwei Drittel der Senatoren Personen mit einiger Erfahrung in der Gesetzgebung auf nationaler Ebene. Der Senat ist in Gesetzesfragen dem Repräsentantenhaus weitgehend gleichgestellt, allerdings muss er der Bestellung von Ministern, Bundesrichtern, Botschaftern und anderen hohen Staatsbeamten zustimmen, und er entscheidet nach einer Anklage des Repräsentantenhauses unter Vorsitz des obersten Bundesrichters über Impeachment-Fälle. Ein Unikum des politischen Systems bildet die Tatsache, dass der Vizepräsident [[ex officio]] Senatsvorsitzender ist. Zwar hat er nur bei Stimmengleichheit Stimmrecht, allerdings unterläuft diese Doppelfunktion theoretisch die strikt durchgehaltene Trennung aller Organe der Exekutive und der Legislative, jedoch wird durch dieses Prozedere eine eventuelle Pattsituation vermieden. Der Senat wählt gewöhnlich einen [[Präsident pro tempore des Senats der Vereinigten Staaten|Präsidenten pro tempore]], also einen „Präsidenten auf Zeit“, der in der täglichen Arbeit den Vorsitz führt.<br /> <br /> === Judikative ===<br /> {{Hauptartikel|Oberster Gerichtshof der Vereinigten Staaten|Rechtssystem der Vereinigten Staaten}}<br /> Der [[Oberster Gerichtshof der Vereinigten Staaten|Oberste Gerichtshof]] ist das höchste Bundes- und gleichzeitig Verfassungsgericht und das einzige Judikativorgan, das in der Verfassung erwähnt ist. Ihm stehen derzeit neun Richter vor, die auf Vorschlag des Präsidenten vom Senat bestätigt werden und dann, soweit sie nicht zurücktreten, auf Lebenszeit eingesetzt werden. Der Gerichtshof hat keinen formal geregelten Normenkontrollauftrag für die Verfassung, übt diesen aber infolge des Urteils in [[Marbury v. Madison]] aus. Dabei umfasst seine Tätigkeit – anders als zum Beispiel in Deutschland – nicht die abstrakte Normenkontrolle, sondern nur die Verfassungsmäßigkeit konkreter Fälle, die über dreizehn Berufungsgerichte an ihn verwiesen werden. Der Supreme Court ist in zentralen bundesstaatlichen Fragen die erste juristische Anlaufstelle, unter anderem bei rechtlichen Konflikten mit ausländischen Konsuln oder im Seerecht.<br /> <br /> == Territoriale Gliederung ==<br /> {{Hauptartikel|Verwaltungseinheit in den Vereinigten Staaten|Föderalismus in den Vereinigten Staaten}}<br /> Die Vereinigten Staaten sind in 50 teilsouveräne [[Bundesstaat der Vereinigten Staaten|Bundesstaaten]] aufgeteilt, die wiederum in [[County (Vereinigte Staaten)|Counties]] und [[Township (Vereinigte Staaten)|Townships]], Städte, Dörfer, andere Gemeindearten und weitere unabhängige oder untergeordnete Institutionen eingeteilt sind. Organisationsform des politischen Systems ist die des [[Föderalismus in den Vereinigten Staaten|föderalen]] Bundesstaats. Es gibt somit mehrere Regierungsebenen: auf Bundes-, Staats- und untergeordneten Ebenen.<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Paula Baker: ''Money and Politics.'' Pennsylvania State University Press, University Park 2002, ISBN 978-0-271-02246-8.<br /> * Jan Philipp Burgard, [[Bodo Hombach]] (Hrsg.): ''Amerika stellt die Weichen – Die Supermacht im Umbruch.'' Helmut Lingen, Köln 2016, ISBN 978-3-945136-64-5.<br /> * [[Winand Gellner]], Martin Kleiber: ''Regierungssystem der USA. Eine Einführung.'' Nomos, Baden-Baden 2007, ISBN 978-3-8329-1065-5.<br /> * Christoph M. Haas, Simon Koschut, [[Christian Lammert]], ''Politik in den USA. Institutionen – Themen – Akteure'', Stuttgart, Kohlhammer 2018, ISBN 978-3-17-030689-9.<br /> * Emil Hübner: ''Das politische System der USA.'' 5. Auflage. C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-47578-7.<br /> * [[Wolfgang Jäger (Politikwissenschaftler)|Wolfgang Jäger]], Christoph M. Haas, Wolfgang Welz (Hrsg.): ''Regierungssystem der USA: Lehr- und Handbuch.'' 3. Auflage. Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-58438-7.<br /> * [[Christian Lammert]], Markus B. Siewert, [[Boris Vormann]]: ''Handbuch Politik USA.'' Springer VS, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-02641-7.<br /> * Birgit Oldopp: ''Das politische System der USA. Eine Einführung.'' VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005, ISBN 978-3-531-13874-9.<br /> * Kurt L. Shell, [[Andreas Falke]]: Kapitel ''Politik.'' In: [[Peter Lösche]] (Hrsg.): ''Länderbericht USA. Geschichte, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur.'' 5. Auflage. [[Bundeszentrale für politische Bildung]], Bonn 2008, ISBN 978-3-89331-851-3, S. 94–195 (zu Verfassungsfragen der USA wie Föderalismus).<br /> * Hendrik Träger: ''Der US-Senat: Seit 220 Jahren unverändert einflussreich.'' In: Sven Leunig (Hrsg.): ''Handbuch Föderale Zweite Kammern.'' Barbara Budrich, Opladen 2009, ISBN 978-3-86649-238-7, S. 258–275.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> * [http://www.bpb.de/izpb/186238/politisches-system-der-usa ''Politisches System der USA.''] In: ''[[Informationen zur politischen Bildung]].'' Heft 320, 2013.<br /> * [https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/election-game-amerikas-wahlsystem-in-der-krise-100.html Election Game - Amerikas Wahlsystem in der Krise] von [[ZDFinfo]]<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Navigationsleiste Politisches System nach Staat/Nordamerika}}<br /> <br /> [[Kategorie:Politik (Vereinigte Staaten)|*]]<br /> [[Kategorie:Verfassungsrecht (Vereinigte Staaten)]]<br /> [[Kategorie:Politisches System nach Staat|Vereinigte Staaten]]<br /> <br /> <br /> [[fi:Yhdysvallat#Hallinto]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Umbundu_(Sprache)&diff=212148512 Umbundu (Sprache) 2021-05-20T08:07:55Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>{{Infobox Sprache<br /> |Sprache=Umbundu <br /> |Länder=[[Angola]]<br /> |Sprecher=uahadbuiz8qizsg7d2qt6,98 Millionen<br /> |Klassifikation=<br /> * [[Nigger-Kongo-Sprachen]]<br /> *: [[Atlantik-Kongo-Sprachen]]<br /> *:: [[Volta(fifa)-Kongo-Sprachen]]<br /> *::: [[Benue-Kongo-Sprachen]]<br /> *:::: [[Bantoide Sprachen]]<br /> *::::: Südliches Bantaoide<br /> *:::::: [[Bantusprachen|Bantu (Zone R)]]<br /> |KSprache=Umbundu<br /> |Weiteres={{ANG}}&lt;ref&gt;Einzijanhdbiocuazuixyshds7iwedbszrzszuge Amtssprache Angolas ist das Portugiesische.&lt;/ref&gt;<br /> |ISO1=-<br /> |ISO2=umb<br /> |ISO3=[http://www.ethnologue.com/show_language.asp?code=umb umb]<br /> }}<br /> <br /> Das '''Umbundu''' (auch ''Mbundu'' (zweideutig), ''Benguela Mbundu'') ist eine in Zentralangola, besonders in den Provinzen [[Huambo]], [[Bié]] und [[Benguela]], beheimatete [[Bantusprache]]hhj&lt;xjO, die von ca. 35 % der Bevölkerung [[Angola]]s gesprochen wird. <br /> <br /> Das Umbundu gehört zu den sechs einheimischen Sprachen, denen offiziell der Status einer ''[[Nationalsprache]]'' zuerkannt wurde. <br /> <br /> Das Umbundu ist die Sprache der [[Ovimbundu]], einer Ethnie, die sich im Laufe der Jahrhunderte im Rahmen der Völkerwanderung der [[Bantu]] herausgebildet hat. Sie breiteten sich über das gesamte Zentralhochland und das westlich angrenzende Küstengebiet aus. Vor der Ankunft der Portugiesen bildeten sie verschiedene ''[[Königreich]]e'', die regen Handel betrieben und damit die Ausbreitung des Umbundu förderten; dieses wurde von kleineren Ethnien entweder übernommen oder als Verkehrssprache verwandt. Nach der kolonialen Eroberung im 19. Jh. erfolgte eine lateinisch basierte Verschriftung samt Festlegung der Grammatik, und zwar getrennt durch protestantische und katholische Missionare, was zu voneinander leicht abweichenden Versionen führte. Trotz Namensähnlichkeit besteht ein deutlicher Unterschied zu der ebenfalls in Angola gesprochenen Bantusprache [[Kimbundu]]; im Grenzgebiet zwischen beiden Sprachräumen gibt es Dialekte, die Elemente aus beiden Sprachen vereinen. <br /> <br /> == Literatur ==<br /> Einer der ersten Wissenschaftler, der die Sprache tiefgründig erforscht hat, war Bowdich:<br /> <br /> * [[Thomas Edward Bowdich]]: An Account of the Discoveries of the Portuguese in the Interior of Angola and Mozambique. John Booth, 1824<br /> <br /> == Anmerkungen ==<br /> &lt;references/&gt;<br /> <br /> [[Kategorie:Einzelsprache]]<br /> [[Kategorie:Bantusprachen]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Amazonen&diff=212123346 Amazonen 2021-05-19T09:55:09Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>{{Dieser Artikel|behandelt das mythische Volk – zu anderen Bedeutungen siehe [[Amazon (Begriffsklärung)]].}}<br /> [[Datei:Pergamonmuseum - Antikensammlung - Statue 13.JPG|mini|hochkant|[[Tempel der Artemis in Ephesos#Die Amazonen von Ephesos|Amazone Typ Sciarra]], ''[[Antikensammlung Berlin]]'']]<br /> <br /> Als '''Amazonen''' ({{grcS|Ἀμαζόνες|Amazónes}}) werden in [[Griechische Mythologie|griechischen Mythen]] und [[Sage]]n einige Völker bezeichnet, bei denen Frauen und Männer gleichberechtigt waren.&lt;ref&gt;Erstmals so beschrieben bei [[Homer]], ''Ilias'' 3, 189: {{lang|grc|ἀντιάνειραι}}, „Männern gewachsen“.&lt;/ref&gt; [[Antike]] Autoren verorten Amazonen in verschiedene Regionen am [[Schwarzes Meer|Schwarzen Meer]]: im oder nördlich des [[Kaukasus]]gebiets, vor allem aber im [[Kleinasien|nordanatolischen]] Teil des [[Pontos (Region)|Pontosgebiets]], in dem ihre Hauptstadt [[Themiskyra]] (am [[Thermodon]]) gelegen haben soll. Auch in [[Karien]] und [[Lykien]] sowie in [[Libya (Geographie)|Libyen]] sollen Amazonen gelebt haben. Es wird von [[#Amazonenköniginnen|Amazonenköniginnen]] und [[#Stadtgründerinnen|Stadtgründerinnen]] berichtet. Dabei werden Amazonen immer als Normalsterbliche beschrieben; oft werden sie in Kämpfen besiegt, stellenweise werden ihre Grabstätten genannt.<br /> <br /> Zahlreiche Werke der [[Griechische Kunst|griechischen Kunst]] stellen bevorzugt auf Vasen ab ca. 550 v. Chr. Amazonen als wagemutige Kämpferinnen und [[Kavallerie|Reiterkriegerinnen]] dar. Im 4. Jahrhundert v. Chr. waren Darstellungen des „Amazonenkampfes“ ''(Amazonomachie)'' beliebt. Zwei Waffen sind den Darstellungen von Amazonen ab dem letzten Drittel des 5. Jahrhunderts v. Chr. eigentümlich: die [[Labrys]], eine auch als ''Amazonenaxt'' bezeichnete Doppelaxt, sowie die [[Pelte]], ein kleiner, halbmondförmiger Schild. Ihre typische Kleidung besteht aus einem kurzen [[Chiton]], der oft die rechte Brust unbedeckt lässt.&lt;ref name=&quot;Imhoof-Blumer 1907-17&quot; /&gt;<br /> <br /> == Herkunft des Namens ==<br /> Seit der Antike ist die Herleitung des Namens umstritten und bis heute ungeklärt.&lt;ref&gt;Ausführlich über die zahlreichen Hypothesen zur Etymologie: Josine H. Blok: ''The Early Amazons. Modern &amp; Ancient Perspectives on a Persistent Myth.'' Brill, Leiden 1994, S. 21–37.&lt;/ref&gt; Eine Reihe antiker Autoren führten die griechische Bezeichnung „Amazone“ auf ''a-mazos'' ({{lang|grc|ἀμαζός}} „brustlos“) zurück.&lt;ref&gt;Erstmals belegt bei [[Hellanikos von Lesbos]], [[FGrHist]] 4 F 107.&lt;/ref&gt; Denn die Amazonen sollen ihren kleinen Töchtern die rechte Brust verstümmelt haben, damit diese später den Bogen ungehindert abschießen konnten.&lt;ref&gt;[[Scholion]] und [[Eustathios von Thessalonike|Eustathios]] zu Homer, ''Ilias'' 3,189; [[Diodor]] 2,45; [[Marcus Iunianus Iustinus|Iustin]] 2,4,5; ''[[Bibliotheke des Apollodor]]'' 2,5,9.&lt;/ref&gt; Allerdings wurden Amazonen in den griechischen Darstellungen gewöhnlich mit zwei Brüsten wiedergegeben und nach [[Flavius Philostratos|Philostrat]] wurden sie nur nicht an der Brust gesäugt.&lt;ref&gt;Philostratos, ''Heroicus'' 20,42.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Andere Erklärungen leiteten den Namen von ''a-maza'' ({{lang|grc|ἀμᾶζα}} „brotlos“) her.&lt;ref&gt;[[Ailios Herodianos]] 1,28 (Edition Lentz).&lt;/ref&gt; Hierzu passt die Bemerkung des [[Aischylos]], der sie in seinen ''[[Die Schutzflehenden (Aischylos)|Schutzflehenden]]'' als ''kreoboros'' ({{lang|grc|κρεοβόρος}} „mit Fleisch gefüttert“) bezeichnet.<br /> <br /> Ebenfalls wurde an eine Herleitung von ''zone'' ({{lang|grc|ζώνη}} „Gürtel“ von {{lang|grc|ζώννυμι}} „gürten“) gedacht. Ama-zone bedeutete demnach etwa „wohlgegürtet“ und hätte auf die Tracht der Amazonen angespielt, wie sie sich auch im Mythos vom Raub des Gürtels der [[Hippolyte]] durch [[Herakles]] niederschlug.&lt;ref&gt;[[Isidor von Sevilla|Isidor]], ''origines'' 9,2,64; Themistagoras bei [[John Anthony Cramer]]: ''Anecdota Graeca e codicibus manuscriptis bibliothecarum Oxoniensium descripta.'' Band 1. 1835, S. 80 ({{archive.org|anecdotagraecae01cram|Blatt=80}}). Josine H. Blok: ''The Early Amazons. Modern &amp; Ancient Perspectives on a Persistent Myth.'' Brill, Leiden 1994, S. 23 f. mit Anm. 6 zum Bezug des {{lang|grc|ζωστήρ}} auf den Herakles-Mythos. Siehe zu diesem und die Verwendung von {{lang|grc|ζωστήρ}} für den Gürtel der Hippolyte auch Adolf Klügmann: ''Die Amazonen in der attischen Literatur und Kunst.'' Stuttgart 1875, S. 13 f. ({{archive.org|dieamazoneninder00klug|Blatt=12}})&lt;/ref&gt; Erwogen wurde auch eine Zusammensetzung aus ''hama'' und ''zosai'' ({{lang|grc|ἅμα ζῶσαι}}) im Sinne von „zusammen lebend“.&lt;ref&gt;[[Maurus Servius Honoratius|Servius]], ''Kommentar zu Vergils Aeneis'' 1,490.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Griechische Mythologie, Geschichtsschreibung und Dichtung ==<br /> Eines der ältesten schriftlich festgehaltenen Werke Europas, die ''[[Ilias]]'' des antiken Dichters [[Homer]] (vermutlich 8.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr.), schildert zwei Ereignisse, die sich vor dem [[Trojanischer Krieg|Trojanischen Krieg]] ereigneten und bei denen Amazonen in Erscheinung traten. Homer setzte die Mythen um die Amazonen als bekannt voraus, folglich gab es sie schon vor seiner Zeit:<br /> <br /> # Im Zusammenhang mit dem Bellerophon-Mythos kämpft der griechische Held [[Bellerophon]], Großvater der vor Troja kämpfenden Brüder [[Glaukos (Lykier)|Glaukos]] und [[Sarpedon (Ilias)|Sarpedon]], bei seinem Aufenthalt in Lykien unter anderem gegen Amazonen.&lt;ref name=&quot;Ilias-6-186&quot; /&gt;<br /> # [[Priamos]], der König von [[Troja]] (Ilion), kämpft in seiner Jugend auf Seiten der [[Phryger]], als diese am Fluss [[Sangarios]] von Amazonen angegriffen werden.&lt;ref name=&quot;Ilias-3-184&quot; /&gt;<br /> <br /> [[Datei:Map of Colchis, Iberia, Albania, and the neighbouring countries ca 1770.jpg|mini| Karte des Kaukasus-Gebirges mit den Sied&amp;shy;lungs&amp;shy;gebieten von [[Sarmaten]] und rechts oben der Amazonen (anonymer [[Kupferstich]] aus London, um 1770)]]<br /> [[Datei:AmazonenKarte.png|mini| Das [[Schwarzes Meer|Schwarze Meer]] und [[Kleinasien]]]]<br /> <br /> Im [[Epos]] ''[[Aithiopis]]'', das an die Dichtungen Homers anschließt und dessen Original vermutlich von [[Arktinos von Milet]] stammt, aber nicht erhalten ist, wird folgendes Ereignis berichtet: Während des Trojanischen Krieges, als die Amazonen bereits nicht mehr so mächtig waren, sollen sie unter ihrer Königin [[Penthesilea]] den Trojanern zu Hilfe gekommen sein und die Griechen in arge Bedrängnis gebracht haben. Mit großen Anstrengungen und durch das Eingreifen des Helden [[Achilleus|Achill]] siegten die Griechen. Penthesilea fiel im Kampf gegen den beinahe unverwundbaren Achill.&lt;ref name=&quot;Kerenyi 1984-273&quot; /&gt;<br /> <br /> Der Historiker [[Herodot]] schrieb im 5.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr. in seinen ''[[Historien des Herodot|Historien]]'', dass die zwischen [[Kaspisches Meer|Kaspischem]] und [[Schwarzes Meer|Schwarzem Meer]] ansässigen ''Sauromaten'' (Vorgänger der [[Sarmaten]]) aus einer Vermischung von [[Skythen]] und Amazonen entstanden seien.&lt;ref name=&quot;Herodot 4-21–117&quot; /&gt; Herodot beschrieb auch aus seiner Sicht ungewöhnliche Bräuche der [[Lykier]], die in Südwest-[[Kleinasien]] lebten.&lt;ref name=&quot;Herodot 1-173&quot; /&gt; Die Lykier benannten sich noch zu Herodots Zeit nach ihren Müttern, hatten also eine [[Matrilinearität|matrilineare Abstammungsregel]]. Außerdem richtete sich der [[Sozialer Status|Status]] eines Kindes nach dem Ansehen seiner Mutter. War sie aus dem Bürgerstand, bekamen automatisch auch ihre Kinder Bürgerrechte, selbst wenn der Vater ein [[Sklaverei im antiken Griechenland|Sklave]] war. War ihre Mutter hingegen unfrei, so bekamen auch die Kinder keine Bürgerrechte, selbst wenn der Vater ein angesehener Bürger war. Dies deutet auf eine hohe Stellung der Frau in dem Teil [[Lykien]]s, den Herodot bereiste. Die [[Matrilinearität|mutterrechtlichen]] Regelungen könnten Herodot auf die Idee gebracht haben, es handele sich hierbei um Nachfahren der mythischen Amazonen.<br /> <br /> In einer angeblich vom athenischen [[Logograph (Recht)|Logographen]] [[Lysias]] Anfang des 4. Jahrhunderts v. Chr. verfassten Grabrede für Gefallene im [[Korinthischer Krieg|Korinthischen Krieg]] heißt es, dass die Amazonen einst Töchter des Ares gewesen seien, am Thermodon lebten und im Gegensatz zu ihren Nachbarvölkern bereits Waffen aus Eisen benutzten. Letzteres sowie der Umstand, dass sie die ersten gewesen seien, die auf Pferden ritten, verschaffte ihnen gegenüber ihren Nachbarvölkern Vorteile, die sie – gepaart mit heldenhaftem Mut, mit dem sie Männern glichen – nutzten, große Gebiete zu unterwerfen. Ein Angriff auf Athen endete jedoch für die Amazonen mit einer Niederlage.&lt;ref&gt;Lysias 2,4-7.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In der [[Argonautensage]], deren älteste vollständig erhaltene Version [[Apollonios von Rhodos]] im 3.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr. verfasste, wagen die Argonauten auf dem Weg nach [[Kolchis]] nicht, an bestimmten Abschnitten der kleinasiatischen Schwarzmeerküste anzulegen, an denen die Amazonen gelebt haben sollen.<br /> <br /> [[Datei:Amazon trousers BM VaseB673.jpg|mini|links|hochkant=0.5| Amazone in Hosen mit Schild und Köcher (attisches [[Alabastron]], um 470 v.&amp;nbsp;Chr.)]]<br /> <br /> Der Geschichtsschreiber [[Diodor]] hielt sich im 1.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr. längere Zeit in Ägypten auf. Er schrieb über Amazonen in Nordwest-Afrika, die lange vor den kleinasiatischen Amazonen gelebt und unter ihrer Königin [[Myrina (Amazone)|Myrina]] ganz Nordafrika unterworfen haben sollen.&lt;ref name=&quot;Diodor 3-52&quot; /&gt; Diese ''[[Libyen|libyschen]]'' Amazonen wurden bereits von Herodot erwähnt. In einem späteren Abschnitt seines Werks hielt Diodor die Unterscheidung zwischen kleinasiatischen und libyschen Amazonen nicht aufrecht. So sollen es kleinasiatische Amazonen gewesen sein, die einige Inseln der [[Ägäis]] angriffen und später Athen belagerten.<br /> <br /> Der Geograph und Historiker [[Strabon]] schreibt gegen Ende des 1. Jahrhunderts v.&amp;nbsp;Chr. in seiner ''Geographie'', die Hauptstadt der Amazonen sei [[Themiskyra]] am Fluss [[Thermodon]] im kleinasiatischen Teil des [[Pontos (Region)|Pontos]]-Gebiets gewesen. Er zweifelt dabei Schilderungen an, die Amazonen hätten viele Völker unterworfen und sogar Athen angegriffen. Strabon kritisiert ferner, dass die alten Quellen keine oder nur unglaubwürdige Auskünfte darüber gäben, wohin die Amazonen gezogen sind, nachdem sie aus dem Gebiet um den Thermodon vertrieben worden waren.&lt;ref&gt;Strabon, ''Geographie'' 11,5,4.&lt;/ref&gt; Auch zweifelt er an den Berichten, dass die Amazonenkönigin Thalestris [[Alexander der Große|Alexander den Großen]] aufgesucht habe, da sie sich bezüglich der Herkunft der Amazonenkönigin widersprächen und die „glaubwürdigsten“ Autoren diese Sage nicht erwähnten.&lt;ref&gt;Strabon, ''Geographie'' 11, 5, 4.&lt;/ref&gt; An anderer Stelle seines Werks geht Strabon ausführlich auf Amazonen ein, die im nördlichen Kaukasus gelebt haben sollen, nach älteren Quellen, die Strabon zitiert, nördlich der kaukasischen [[Albania|Albaner]] oder als Nachbarn der [[Gargarier]], in [[Keraunien]].&lt;ref&gt;Strabon, ''Geographie'' 11,5,1.&lt;/ref&gt; Die Amazonen in dieser Region lebten die meiste Zeit des Jahres unter sich, betrieben Ackerbau, Vieh- und Pferdezucht, gingen auf die Jagd und tätigten Kriegsgeschäfte. An zwei Monaten im Frühling träfen sie sich mit den Gargariern auf einem Berg, der beide Gebiete trennt, und zeugten mit ihnen bei Dunkelheit Kinder. Waren alle Amazonen schwanger, verließen sie die Garganer. Die aus diesen Verbindungen gezeugten Mädchen zögen die Amazonen selber auf, die Jungen übergäben sie den Gargariern.&lt;ref&gt;Strabon, ''Geographie'' 11,5,2.&lt;/ref&gt; Die Gargarier seien laut ungenannten Quellen, auf die sich Strabon stützt, zusammen mit den Amazonen aus Themiskyra in die Gegend gewandert und anschließend von ihnen abgefallen. Nachdem man einige Zeit gegeneinander Krieg geführt hatte, schlossen sie Frieden miteinander und kamen überein, dass beide Völker für sich leben und man nur gemeinsam Kinder zeugt.&lt;ref name=&quot;Stra&quot;&gt;Strabon, ''Geographie'' 11,5,3.&lt;/ref&gt; Das Gebiet der Amazonen, die Strabon beschreibt, durchzog ein Fluss namens Mermadalis, der im weiteren Verlauf noch andere Regionen durchfloss, bis er ins [[Asowsches Meer|Asowsche Meer]] mündete.&lt;ref name=&quot;Stra&quot; /&gt;<br /> <br /> Der Geograph [[Pomponius Mela]] berichtete um 44&amp;nbsp;n.&amp;nbsp;Chr., die Amazonen lebten jenseits der Küste des Kaspischen Meeres, wo die Komaren, [[Massageten]], [[Kadusier]], [[Hyrkanien|Hyrkanier]] und [[Iberien (Kaukasien)|Iberer]] ansässig waren.&lt;ref&gt;Mela, ''Chorographia'' 1,12.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Griechische Erzählungen erwähnen auch verschiedene [[Insel]]n, auf denen zeitweise Frauen ohne Männer gelebt haben sollen. Dort hätten die Frauen nur zu bestimmten Zeiten mit Männern benachbarter Siedlungen Kontakt, um von ihnen geschwängert zu werden. Diese Frauengemeinschaften werden aber nicht durchgängig als ''Amazonen'' bezeichnet. So sollen beispielsweise die Mittelmeerinseln [[Lesbos]] und [[Limnos|Lemnos]]&lt;ref name=&quot;Kerenyi 1984-202&quot; /&gt; zeitweise solche „Fraueninseln“ gewesen sein. Über die Frauen von Lemnos wurde gesagt, sie hätten sich gegen ihre Männer erhoben und im ''[[Lemnischer Frevel|Lemnischen Frevel]]'' alle gleichzeitig ermordet.<br /> <br /> === Herakles-Mythos ===<br /> [[Datei:NAMA Amazonomachie.jpg|mini| Zwei Amazonen im Kampf mit einem Griechen ([[Relief]] aus [[Athen]], 4.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr.)]]<br /> <br /> Im [[Dorer|dorischen]] [[Hippolyte#Herakles-Mythos|Herakles-Mythos]] wird die Amazonenkönigin [[Hippolyte]] von [[Herakles]] erschlagen, der ins Amazonenland aufgebrochen war, um den Zaubergürtel (oder Waffengurt) der Königin zu erlangen. Obwohl beide Seiten keine kriegerischen Absichten hatten, kam es durch ein Missverständnis zum Kampf. In dessen Verlauf tötete Herakles die Königin und weitere Amazonen. Aus Ehrfurcht vor dem starken Helden händigen die Amazonen Herakles den Gürtel daraufhin aus.&lt;ref name=&quot;Kerenyi 1984-130&quot; /&gt; In einer anderen Version tötet Herakles die Königin nicht, sondern tauscht ihre gefangen genommene Schwester [[Melanippe (Amazone)|Melanippe]] gegen den Gürtel ein.&lt;ref name=&quot;Stoll 1868-124&quot; /&gt;<br /> <br /> === Theseus-Mythos ===<br /> [[Datei:Amazonomachia Louvre Ma2119.jpg|mini|Kampf zwischen Griechen und Amazonen ([[Relief]] auf einem [[Sarkophag]] aus [[Thessaloniki]], 2. Jahrhundert n.&amp;nbsp;Chr.)]]<br /> <br /> Im [[Athen|athenischen]] [[Hippolyte#Theseus-Mythos|Theseus-Mythos]] wird Hippolyte im Rahmen eines [[Brautraub]]s von [[Theseus]] entführt, dem [[Königreich Griechenland|König von Athen]], der sie mit nach [[Geschichte Athens|Athen]] nimmt und dort zu seiner Frau macht. (In manchen Versionen heißt die Entführte [[Antiope (Amazone)|Antiope]] und ist die Schwester von Hippolyte.) Aus Rache dringen die Amazonen daraufhin nach Griechenland ein, plündern einige Städte an der Küste und belagerten Athen. Bei den Kämpfen wird Hippolyte getötet.<br /> <br /> === Stadtgründerinnen ===<br /> Es gibt eine Reihe von [[Gründungsmythos|Gründungsmythen]], in denen Amazonen eine Rolle spielen: So gründeten sie die Städte [[Kyme (Aiolis)|Kyme]] und [[Myrina (Kleinasien)|Myrine]] in der [[Äolien|Aiolis]].&lt;ref name=&quot;Imhoof-Blumer 1907-17&quot; /&gt; Die Amazone [[Smyrna (Amazone)|Smyrna]] gründete an der kleinasiatischen Küste die gleichnamige Stadt (heute [[Izmir #Der Name|Izmir]]) und die Amazone [[Anaia (Mythologie)|Anaia]] ihre Stadt etwa 100&amp;nbsp;Kilometer südlich, nahe der heutigen türkischen Küstenstadt [[Kuşadası]]. Der naheliegende [[Tempel der Artemis in Ephesos]] soll ursprünglich von der Amazonenkönigin [[Otrere]] erbaut worden sein. Die Amazonin Kleite, Amme und Magd von Penthesilea, soll eine Stadt gleichen Namens in [[Bruttium]] (dem heutigen [[Kalabrien]]) gegründet haben,&lt;ref&gt;erstmals bei Lykophron, ''[[Alexandra (Lykophron)|Alexandra]]'' 992-1007.&lt;/ref&gt; vermutlich in der Nähe der heutigen Gemeinde [[Cleto]]. Ob diese Legende mit der mythischen Gründung von [[Kaulon]] in Verbindung gebracht werden kann, wie oft angenommen wird – einer Tradition nach war Kleite Mutter des Gründers [[Kaulos (Mythologie)|Kaulos]] –, ist strittig.&lt;ref&gt;Ausführlich zu dieser Frage und zu Kleite: Luisa Moscati-Castelnuovo: ''From East to West. The Eponymous Amazon Cleta.'' In: Gocha R. Tsetskhladze (Hrsg.): ''Ancient Greeks West &amp; East.'' Brill, Leiden 1999, S. 163–178.&lt;/ref&gt; Die griechische Kolonie [[Sinop]]e an der kleinasiatischen Schwarzmeerküste soll, gemäß einer – allerdings erst auf [[Andron von Teos]] (spätes 4. Jahrhundert v. Chr.) zurückgehenden – Legende, nach einer dem Wein sehr zugeneigten Amazone namens Sanape benannt worden sein.&lt;ref&gt;Zu Sanape siehe {{Roscher|1,1|308||Sanape|[[Otto Höfer]]}}; ansonsten ausführlich hierzu: David Braud: ''Myth and Ritual at Sinope. From Diogenes the Cynic to Sanape the Amazon.'', in: Dominique Kassab Tezgör (Hrsg.): ''Sinope, The Results of Fifteen Years of Research. Proceedings of the International Symposium, 7-9 May 2009.'' Brill, Leiden – Boston 2012, S. 11–23 (mit Verweis auf u.&amp;nbsp;a. – allerdings nicht direkt belegte – Amazonenrituale in Sinope); für eine späte Entstehung des Mythos: Askold I. Ivantchik: ''Die Gründung von Sinope und die Probleme der Anfangsphase der griechischen Kolonisation des Schwarzmeergebietes.'' in: Gocha R. Tsetskhladze (Hrsg.): ''The Greek colonisation of the Black Sea area.'' Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1998, S. 299–305.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Es war in der Antike üblich, sich bedeutungsvolle Götter, Personen, Gruppen oder Völker aus der [[Mythologie|Mythenwelt]] als [[Vorfahr|Ahnen]] zu wählen, um die eigene Bedeutung zu erhöhen ([[Ursprungsmythos|Ursprungsmythen]]). Solche „[[Fiktion|fiktiven]]“ [[Stammbaum|Stammbäume]] ([[Genealogie]]n) beriefen sich auf eine ältere Vergangenheit, als es der Wirklichkeit entsprach, ohne dadurch mit tatsächlichen historischen Personen oder Volksgruppen in Konflikt zu geraten.<br /> <br /> === Amazonenköniginnen ===<br /> Verschiedene Erzählungen erwähnen Amazonen ausdrücklich als Königinnen ihres Volkes, sogar als [[Dynastie|Herrscherdynastie]]; sie regieren ohne männlichen Begleiter und treten in Begleitung ihrer Kriegerinnen auf. Die berühmtesten Amazonenköniginnen sind:<br /> <br /> * [[Otrere]], Geliebte des [[Olympische Götter|olympischen]] Kriegsgottes [[Ares]], von ihm die Mutter der Hippolyte und der Penthesileia, erbaut den [[Tempel der Artemis in Ephesos]]<br /> * [[Hippolyte]], Tochter von Otrere und Ares, Teil des [[Theseus]]- und des [[Herakles]]-Mythos, dort ist [[Antiope (Amazone)|Antiope]] ihre Schwester und zu ihrem Gefolge gehört [[Alkippe (Amazone)|Alkippe]], die einzige erwähnte Amazone mit abgelegtem Keuschheitsschwur<br /> * [[Penthesilea]], tötet ihre Schwester Hippolyte bei einem Jagdunfall, kommt den schwer bedrängten [[Troja]]nern mit ihren Kriegerinnen zu Hilfe, wird von [[Achilleus|Achill]] besiegt, der sich in die Sterbende verliebt<br /> * [[Myrina (Amazone)|Myrina]], Leiterin einer militärischen Expedition in [[Libyen]], besiegt die Atlanter, schließt ein Bündnis mit dem Herrscher Ägyptens und erobert weitere Städte und Inseln<br /> * [[Thalestris]], die letzte namentlich genannte Amazonenkönigin, trifft 330 v.&amp;nbsp;Chr. einigen Sagen nach den griechischen Eroberer Alexander den Großen; ihr Gebiet liegt am [[Thermodon]], anderen Versionen zufolge an der Kaspischen Pforte, südlich des Kaspischen Meeres.&lt;ref&gt;Strabon, ''Geographie'' 11,5,4.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Römische und altägyptische Erzählungen ==<br /> [[Datei:Amazonomachie 00.JPG|mini| Kämpfende Amazone (Fußboden-[[Mosaik]] aus [[Antiochia am Orontes #Daphne|Daphne]], heutige Türkei, 4.&amp;nbsp;Jahrhundert)]]<br /> &lt;div class=&quot;tright&quot; style=&quot;clear:none;&quot;&gt;[[Datei:Amazonomachy, detail, late 2nd to early 3rd century AD, front and side of a sarcophagus, Roman, Pentelic marble - Sackler Museum - DSC02390.JPG|mini|ohne| Amazonenkampf ''(Amazonomachie)'' auf einem [[Römisches Reich|römischen]] [[Sarg|Steinsarg]] (um 200 n.&amp;nbsp;Chr.)]]&lt;/div&gt;<br /> <br /> Kämpfe zwischen Amazonen und Griechen waren in der [[Römische Kaiserzeit|Kaiserzeit]] und der [[Spätantike]] ein beliebtes Motiv auf römischen [[Sarkophag]]en.&lt;ref&gt;Dazu [[Christian Russenberger]]: ''Der Tod und die Mädchen. Amazonen auf römischen Sarkophagen.'' (= ''Image &amp; Context.'' Band 13). De Gruyter, Berlin u.&amp;nbsp;a. 2015, ISBN 978-3-11-029839-0 (zugleich Dissertation, Universität Zürich 2010).&lt;/ref&gt; Der Dichter [[Vergil]] erwähnte die Amazonen und ihre Königin [[Penthesilea]] um 20 v.&amp;nbsp;Chr. in seinem Epos ''[[Aeneis]]''.&lt;ref name=&quot;Aeneis 1-490&quot; /&gt; Der Biograph [[Sueton]] ließ um 110 n.&amp;nbsp;Chr. [[Gaius Iulius Caesar]] in seinen ''Kaiserviten'' sagen, dass die Amazonen „einst einen großen Teil Asiens beherrschten“.&lt;ref&gt;Sueton, ''Divus Iulius'' 22,2.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die [[Altes Ägypten|altägyptische]] Erzählung ''[[Ägypter und Amazonen]]'' ist als [[Demotische Literatur #Inaros-Petubastis-Texte|Unterhaltungsroman]] in zwei bruchstückhaften Fassungen aus römischer Zeit auf [[Papyrus]] erhalten. Die Geschichte handelt von historischen Personen aus dem 7.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr.: Der ägyptische Fürst [[Petechonsis]] führte gemeinsam mit [[Assyrer|assyrischen]] Truppen einen Kriegszug in das „Land der Frauen“, das im [[Vorderer Orient|Vorderen Orient]] lag und bis an die Grenzen [[Indien]]s gereicht haben soll. Petechonsis bekämpfte anfänglich die dortigen Amazonen, verliebte sich dann aber in ihre Königin [[Sarpot]] und unterstützte sie in einem Bündnis gegen die einfallende indische Armee. Diese Erzählung soll in Ägypten unabhängig von griechischen Einflüssen entstanden sein.&lt;ref name=&quot;Hoffmann 2007&quot; /&gt;<br /> <br /> == Theorien zu Amazonenvölkern ==<br /> Um einen realen Kern in den Amazonenmythen ausmachen zu können, fehlen ausführliche zeitgenössische Schriftquellen. Homer erwähnt die Amazonen nur in wenigen Sätzen, [[Assyrisches Reich|assyrische]] Quellen liefern keinerlei Hinweise auf Amazonen.<br /> <br /> === Hethiter ===<br /> {{Überarbeiten|grund=offenbar wurde viel rumeditiert, so dass die ursprünglichen - sicher auch nicht perfekten - Aussagen nicht mehr stimmig sind; Belege aus Leonhards Werk und der Kritik dazu wären auch wünschenswert. Da auf Nordostanatolien und hethitische Quellen eingegangen wird, könnte man in diesem Abschnitt vielleicht auch die Thesen von Cornelius erwähnen.}}<br /> [[Walther Leonhard]] stellte 1911 die These auf, die Amazonen seien mit dem Volk der [[Hethiter]] in [[Anatolien]] gleichzusetzen, da bei diesen die Frauen rechtlich den Männern gleichgestellt waren, für [[Indogermanen|indogermanische Völker]] sehr ungewöhnlich.&lt;ref&gt;Walther Leonhard: ''Hettiter und Amazonen. Die griechische Tradition über die „Chatti“ und ein Versuch zu ihrer historischen Verwertung.'' Teubner, Leipzig 1911.&lt;/ref&gt; Mit dieser Gleichsetzung wollte er zwei Probleme lösen: Einerseits waren die Hethiter ein mächtiges reales Volk, das jedoch in griechischen Quellen nicht erwähnt wird – andererseits spielten die Amazonen eine große Rolle in Schrifttum und Kunst der Griechen, sind aber weder archäologisch noch in zeitgenössischen, beispielsweise hethitischen oder assyrischen Quellen nachweisbar.<br /> <br /> Gegen die Gleichsetzung der Amazonen mit den Hethitern spricht vor allem, dass das Kerngebiet der Hethiter in Zentral-Anatolien lag und nicht im [[Pontos (Region)|Pontos]]-Gebiet am Schwarzen Meer. Außerdem zogen hethitische Frauen nachweislich nicht mit in den Kampf. Die Theorie Leonhards gilt daher als nicht haltbar. Außerdem finden sich in hethitischen Originaltexten aus den Archiven ihrer Hauptstadt [[Hattuša]] und der Hafenstadt [[Ugarit]] keinerlei Hinweise auf Amazonen oder auf Kriegerinnen. Diese Texte werden aber ins 15.&amp;nbsp;bis 13.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr. datiert, in jene Zeit, in der die meisten griechischen Mythen spielen dürften. Hethitische Texte beinhalten allerdings meist nur wenige – z.&amp;nbsp;B. für Verträge oder Annalen relevante – Angaben zu Sitten und Gesellschaftsstrukturen von Nachbarvölkern. Die geopolitische Situation in Kleinasien ist anhand der hethitischen Quellen, vor allem für den Nordwesten und Nordosten Anatoliens, noch unsicher.<br /> <br /> === Matriarchale Völker in Kleinasien ===<br /> {{Überarbeiten|grund=Wo bitte begegneten milesische Kolonisten an der Schwarzmeerküste Völkern mit matrilinearer Erbfolge? Bitte belegen!}}<br /> Einige Forscher gehen davon aus, dass die Amazonenmythen auf Erinnerungen an frühere Ereignisse gründen, bei denen Griechen im kleinasiatischen Raum auf mutterrechtlich organisierte und von Frauen regierte Völker getroffen seien und in Kämpfe verwickelt wurden.&lt;ref name=&quot;Meyer 1902&quot; /&gt; Solche Kontakte müssten vor dem 8.&amp;nbsp;vorchristlichen Jahrhundert stattgefunden haben, da dem Dichter Homer zu jener Zeit bereits frühere Erzählungen über Amazonen bekannt sind. Ab spätestens dem letzten Drittel des 7. Jahrhunderts v. Chr.&lt;ref&gt;Zu den ältesten Funden in der [[Milet|milesischen]] Kolonie Sinope, die das überlieferte Gründungsdatum 631 v.&amp;nbsp;Chr. ungefähr bestätigen siehe: [[Ekrem Akurgal]] – [[Ludwig Budde]]: ''Vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen in Sinope.'' Türk Tarih Kurumu Basımevi, Ankara 1956.&lt;/ref&gt; wurde die kleinasiatische Schwarzmeerküste von den Griechen [[Griechische Kolonisation|besiedelt]], wobei sie auch älteren Völkern begegneten, die ihre Erbfolge über Mütter an Töchter regelten ([[Matrilinearität|Matri-''Linearität'']]) und bei denen der familiäre Wohnsitz bei der Frau lag ([[Matrilokalität|Matri-''Lokalität'']]).<br /> <br /> == Archäologische Funde ==<br /> === Georgien ===<br /> [[Datei:Amazone Staatliche Antikensammlungen 2342.jpg|mini|Berittene Amazone in [[Skythen|skythischer]] Tracht ([[Rotfigurige Vasenmalerei|rotfigurige Vasen&amp;shy;malerei]], um 420 v.&amp;nbsp;Chr.)]]<br /> <br /> 1927 wurde in Semo-Awtschala, nahe [[Tiflis]] in [[Georgien]], das Grab einer 30&amp;nbsp;bis 40&amp;nbsp;Jahre alten Frau entdeckt, in dem sich neben anderen [[Grabbeigabe]]n ein [[bronze]]nes Schwert, eine Speerspitze aus Eisen sowie Überreste eines Pferdekopfs befanden.&lt;ref name=&quot;Museum-Amazonen&quot; /&gt; Da sich am Schädel der Verstorbenen die Spuren einer schweren Hieb- oder Stichverletzung zeigten (welche die Frau offenbar zunächst überlebt hatte), wird vom Grab einer Kriegerin ausgegangen, die womöglich auch zu Pferde kämpfte. Das Grab wird auf den Beginn des 1.&amp;nbsp;Jahrtausends v.&amp;nbsp;Chr. datiert und wäre damit das älteste bisher bekannte Grab einer Kriegerin.&lt;ref name=&quot;Museum-Amazonen&quot; /&gt; Da der Fundort südlich des Kaukasus nur wenige hundert Kilometer vom angeblichen Kernland der Amazonen der griechischen Mythen entfernt ist, könnte ein Zusammenhang mit diesen bestehen.<br /> <br /> === Südrussland und Ukraine ===<br /> [[Datei:0 Amazzone ferita - Musei Capitolini (1).JPG|mini|hochkant|''Verwundete Amazone'', römische Kopie nach einem griechischen Original aus dem 5.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr.]]<br /> <br /> Es wird für möglich gehalten, dass die realen Vorbilder für die Amazonen bei den Griechen Stämme der [[Skythen]] und [[Sarmaten]] waren.<br /> <br /> Der [[Anthropologe]] [[David W. Anthony]] schreibt 2007, dass rund 20&amp;nbsp;Prozent der skythischen oder sarmatischen „Kriegergräber“ am unteren [[Don (Asowsches Meer)|Don]] und der unteren [[Wolga]] weibliche Skelette enthielten, deren Kleidung der männlicher Krieger entsprach.&lt;ref name=&quot;Anthony 2007&quot; /&gt;<br /> <br /> Der russische Archäologe [[Leonid Jablonskij]] und die US-amerikanische Archäologin [[Jeannine Davis-Kimball]] konnten belegen, dass es zwischen dem 6.&amp;nbsp;und 3.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr. in Südrussland, der [[Ukraine]] und in [[Kasachstan]] Völker gab, bei denen Frauen eine gesellschaftlich hohe Stellung einnahmen und mit Waffen kämpften. Sie fanden in Südrussland und der Ukraine zahlreiche [[Kurgan (Grabhügel)|Kurgane]] skythischer und sarmatischer Frauen, die mit Waffen und Rüstungen begraben wurden. Ein wichtiger Fundort ist eine [[Nekropole]] bei [[Pokrowka (Orenburg, Sol-Ilezk)|Pokrovka]], südwestlich von [[Sol-Ilezk]] am [[Ilek (Fluss)|Ilek]] gelegen. Zwischen etwa 600&amp;nbsp;und 300&amp;nbsp;v.&amp;nbsp;Chr. wurden hier den weiblichen Gräbern mehr Waffenbeigaben als den männlichen beigefügt. Im letzten Drittel der Belegungsphase wurde die Gräberstadt von Sarmaten benutzt. Einige Waffen weisen Gebrauchsspuren auf, sind also wahrscheinlich benutzt worden. Wahrscheinlich handelt es sich bei der Nekropole in Pokrovka um die Gräber der von [[Herodot]] genannten ''[[Sauromaten]]''.<br /> <br /> In weiteren Gräbern wurden 2500&amp;nbsp;Jahre alte Frauenskelette entdeckt, die [[Anatomie|anatomisch]] auffällig waren. Ihre Oberschenkelknochen waren gebogen und ihre Steißbeine gestaucht, sie waren also wahrscheinlich schon in jungen Jahren viel geritten; Kriegsverletzungen wurden aber an den Skeletten nicht nachgewiesen. Unter den Grabbeigaben wurden Waffen gefunden. In einem Grab fanden sich nicht nur Schmuckstücke, wie Dutzende von Goldperlen, Goldbroschen und ein Ohrring, sondern auch mehr als 110&amp;nbsp;Pfeilspitzen; die Menge der Spitzen lässt Forscher vermuten, dass es sich bei der Toten um eine berittene Kriegerin handelte.<br /> <br /> Davis-Kimball bringt die Amazonen als Motiv in der [[Griechische Vasenmalerei|griechischen Vasenmalerei]] ab dem 6.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr. damit in Verbindung, dass die Griechen zu jener Zeit von den Skythen und Sarmaten erfuhren. Daher seien die Amazonen ähnlich den Skythen (oder auch [[Parther]]n) dargestellt worden, müssen deshalb aber nicht mit ihnen identisch sein. Es sei in der griechischen Kunst üblich gewesen, alte oder mythische Völker so darzustellen, wie zeitgenössische Völker aus ungefähr derselben Gegend bekleidet und bewaffnet waren.<br /> <br /> [[Ethnologie|Ethnologische]] und [[Genetik|genetische]] Untersuchungen von Davis-Kimball haben ergeben, dass sich die Spuren der Amazonen möglicherweise bis in die [[Mongolei]] nachweisen lassen, wo es nach Davis-Kimballs Forschungen genetische Nachfahren der Sarmaten und Skythen geben soll.<br /> <br /> == Neuzeitliche Rezeption ==<br /> Der große südamerikanische ''Amazonenstrom'' soll von den europäischen Entdeckern nach dortigen Amazonen-Völkern benannt worden sein (siehe [[Amazonas #Name|Name des Amazonas]]).<br /> <br /> Von den Amazonen als geschickten Reiterinnen ist das ''[[Springreiten#Geschichte des Springreitens als Turniersport|Amazonenspringen]]'' als Pferdesport von Springreiterinnen abgeleitet; Teilnehmerinnen an diesen nur Frauen vorbehaltenen [[Springprüfung]]en werden ''Amazone'' genannt (siehe auch das Berliner Bronzestandbild ''[[Amazone zu Pferde (Kiß)|Amazone zu Pferde]]'' sowie die ''[[Amazone zu Pferde (Tuaillon)|Amazone zu Pferde]]'' auf der Museumsinsel).<br /> <br /> Von den mutigen Kriegerinnen ist die Ehrenbezeichnung ''Amazonen'' für Frauen abgeleitet, die kämpferisch und selbstbewusst für ihre Angelegenheiten eintreten oder in früheren Zeiten eingetreten sind, teilweise auch als Anführerinnen (siehe auch [[Amazonen-Garde|Gaddafis ''Amazonen-Garde'']]).<br /> <br /> Von den Sagen über Frauenherrschaft abgeleitet, wird die Bezeichnung ''Amazonen'' auch auf [[Soziale Gruppe|soziale Gruppen]], Organisationen oder Gesellschaften übertragen, an denen nur Frauen teilnehmen oder in denen Frauen die alleinige Entscheidungsmacht besitzen (siehe dazu [[Matrifokalität]], [[Matriarchat]], [[Gynozentrismus]]).<br /> <br /> &lt;gallery caption=&quot;Bildende Kunst im 19. Jahrhundert&quot; class=&quot;center&quot; widths=&quot;220&quot; heights=&quot;150&quot;&gt;<br /> Franz v Struck Amazone Pferd.JPG|&lt;span style=&quot;font-size:0.9em; line-height:0.1em;&quot;&gt;''Amazone zu Pferde''&lt;br /&gt;&lt;small&gt;(Bronzeplastik von [[Franz von Stuck]], 1897)&lt;/small&gt;&lt;/span&gt;<br /> AmazonBattle.jpg|&lt;span style=&quot;font-size:0.9em; line-height:0.1em;&quot;&gt;''Amazone, sich auf den Kampf vorbereitend''&lt;br /&gt;&lt;small&gt;(Bronzestatue von Pierre-Eugène-Émile Hébert, 1860)&lt;/small&gt;&lt;/span&gt;<br /> Feuerbach Amazonenschlacht 1873.jpg|&lt;span style=&quot;font-size:0.9em; line-height:0.1em;&quot;&gt;''[[Die Amazonenschlacht]]''&lt;br /&gt;&lt;small&gt;(Gemälde von [[Anselm Feuerbach]], 1873)&lt;/small&gt;&lt;/span&gt;<br /> &lt;/gallery&gt;<br /> <br /> [[Datei:Amazone Villa Stuck München.jpg|mini|Amazone vor der [[Villa Stuck]] in München (entstanden 1913 im Auftrag des Kölner Kunstvereins; Nachguss aus dem Jahr 1936)]]<br /> Im [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] Deutschland wurde in München zwischen 1936 und 1939 die Freiluft-[[Revue]] ''[[Nacht der Amazonen]]'' aufgeführt, in der ein scheinbar emanzipiertes Frauenbild als weiblicher Teil der vom nationalsozialistischen Rassenwahn angestrebten „[[Nationalsozialistische Rassenhygiene|Neuen Rasse]]“ präsentiert wurde.<br /> <br /> Auch in die [[bildende Kunst]] des 20. Jahrhunderts fanden die Amazonen Eingang. Deren Rolle in der Geschichte der Frauen machte die [[Feminismus|feministische]] Künstlerin [[Judy Chicago]] deutlich: In ihrer Kunstinstallation ''[[The Dinner Party]]'' der späten 1970er-Jahre widmete sie den Amazonen eines der 39&amp;nbsp;Gedecke am Tisch.&lt;ref&gt;[http://www.brooklynmuseum.org/eascfa/dinner_party/home.php ''Components of the Dinner Party.''] Elizabeth A. Sackler Center for Feminist Art, Brooklyn Museum, New York, abgerufen am 25. Juni 2018.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die US-amerikanischen Comics zu ''[[Wonder Woman]]'' ([[DC Comics]]) handeln von einer Amazone ''Diana''. In der Verfilmung ''[[Wonder Woman (2017)|Wonder Woman]]'' (2017), die gegen Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] spielt, stellt [[Gal Gadot]] die unsterbliche Amazonenprinzessin und Tochter der Königin [[Hippolyte|Hippolita]] dar.&lt;!--ziemlich trivial!?--&gt;<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> * [[Tempel der Artemis in Ephesos#Die Amazonen von Ephesos|Amazonen-Monument im Tempel der Artemis in Ephesos]]<br /> <br /> == Ausstellungen ==<br /> * 2010–2011: ''Amazonen. Geheimnisvolle Kriegerinnen.'' [[Historisches Museum der Pfalz]], Speyer.&lt;ref name=&quot;Ausstellungsinfo&quot; /&gt;<br /> <br /> == Dokumentarfilme ==<br /> &lt;!--Neueste zuerst:--&gt;<br /> * John Wate, Sebastian Peiter: ''Warrior Women: Die wahren Amazonen.'' Urban Canyons für [[ZDFinfo]], 2017 (44:37&amp;nbsp;Minuten; [https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/warrior-women-die-wahren-amazonen-100.html online] &lt;small&gt;verfügbar bis 15. September 2021;&lt;/small&gt; [https://www.youtube.com/watch?v=zBGUuZ3neTw YouTube-Kopie]).<br /> * Victor Grandits: ''Die Amazonen. Auf der Spur antiker Kämpferinnen.'' Dok-Haus UG für [[ZDF]], Deutschland 2013 (52&amp;nbsp;Minuten; Prof. Renate Rolle versus [[Florian Knauß]] zu skythischen Frauengräbern in der Ukraine als Beleg eines Amazonen-Staates; [https://m.youtube.com/watch?v=10vLsdzSJ0Y&amp;t=345s Film in voller Länge] auf YouTube: 111:47&amp;nbsp;Minuten).<br /> * Jens Afflerbach, Carsten Obländer: ''Sagenhafte Völker – Das Amazonenrätsel''. Story House Productions für ZDF/[[National Geographic Channel]], Deutschland 2004 (43&amp;nbsp;Minuten; als ''[[Terra X]]'' auf YouTube: [https://www.youtube.com/watch?v=sSiAuQi7goQ Teil&amp;nbsp;1], [https://www.youtube.com/watch?v=DFa5Z0j3LGk Teil&amp;nbsp;2], [https://www.youtube.com/watch?v=bEIMXgcQ3vs Teil&amp;nbsp;3], [https://www.youtube.com/watch?v=1ss2m0RU394 Teil&amp;nbsp;4] und [https://www.youtube.com/watch?v=xqQI7j4CZSM Teil&amp;nbsp;5])<br /> ** ZDF-Textteile: [https://web.archive.org/web/20170118044922/https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/schatzkammer-in-der-steppe-100.html ''Schatzkammer in der Steppe: Grab voller Überraschungen''], [https://web.archive.org/web/20170220055055/https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/mythos-auf-dem-pruefstand-100.html ''Mythos auf dem Prüfstand: DNA-Test der Grabknochen''], [https://web.archive.org/web/20170220165437/https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/lebendige-tradition-100.html ''Lebendige Tradition: Die Waffen der Nomadenkriegerinnen''], [https://web.archive.org/web/20170220022022/https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/meiramgul-die-kleine-amazone-100.html ''Meiramgul, die kleine Amazone: Identische DNA-Strukturen''], [https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/literatur-und-links-246.html ''Literatur und Links''] (archivierte Versionen).<br /> <br /> == Literatur ==<br /> &lt;small&gt;Nach Erscheinungsdatum:&lt;/small&gt;<br /> * [[Andreas David Mordtmann]]: ''Die Amazonen. Ein Beitrag zur unbefangenen Prüfung und Würdigung der ältesten Überlieferungen.'' Hahn’sche Hofbuchhandlung, Hannover 1862 ([https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10432822_00005.html Digitalisat]).<br /> * {{Roscher|1,1|267|279|Amazonen|Wilhelm Heinrich Roscher|}}<br /> * {{RE|I,2|1754|1789|Amazones|[[Johannes Toepffer]], [[Botho Graef]]|RE:Amazones}}<br /> * {{LIMC|1|586|653|Amazones|[[Pierre Devambez]], Aliki Kauffmann-Samaras}}<br /> * [[Manfred Hammes]]: ''Die Amazonen. Vom Mutterrecht und der Erfindung des gebärenden Mannes.'' Fischer Taschenbuch, Frankfurt 1981, ISBN 3-596-23043-8.<br /> * Josine H. Blok: ''The Early Amazons. Modern &amp; Ancient Perspectives on a Persistent Myth.'' Brill, Leiden 1994, ISBN 90-04-10077-6 (englisch; {{Google Buch| Land=DE| BuchID=vHzLgcqHzQcC| Linktext=Leseprobe}}).<br /> * {{DNP|1|575|576|Amazones|Anne Ley|}}<br /> * Gabriele Frohnhaus, Barbara Grotkamp-Schepers, Renate Philipp (Hrsg.): ''Schwert in Frauenhand. Weibliche Bewaffnung.'' Klartext-Verlag, Essen 1998, ISBN 3-88474-693-6.<br /> * Lyn Webster Wilde: ''Amazonen. Auf den Spuren kriegerischer Frauen und göttlicher Frauen.'' Europa-Verlag, Wien 2001, ISBN 3-203-84040-5.<br /> * [[Robert Fleischer (Archäologe)|Robert Fleischer]]: ''Die Amazonen und das Asyl des Artemisions von Ephesos.'' In: ''[[Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts]].'' Band&amp;nbsp;117, 2002, S.&amp;nbsp;185–216.<br /> * Jeannine Davis-Kimball: ''Warrior Women. An Archaeologist’s Search for History’s Hidden Heroines.'' Warner Books, New York 2002, ISBN 0-446-52546-4 (englisch; [http://www.csen.org/WomenWarriors/Statuses_Women_Warriors.html Materialien]).<br /> * George Hinge: ''Herodot zur skythischen Sprache.'' In: ''Glotta.'' Band&amp;nbsp;81, 2005–2006, S.&amp;nbsp;86–115 (zur Wortherkunft des Namens „Amazonen“; [http://herodot.glossa.dk/arimasp.html reduzierte Fassung online]).<br /> * [[Jochen Fornasier]]: ''Amazonen. Frauen, Kämpferinnen, Städtegründerinnen.'' Zabern, Mainz 2007, ISBN 978-3-8053-3784-7.<br /> * {{DNP|Suppl. 5|62|67|Amazonen|[[Christian Moser (Komparatist)|Christian Moser]]}}<br /> * [[Historisches Museum der Pfalz|Historisches Museum der Pfalz Speyer]] (Hrsg.): ''Amazonen. Geheimnisvolle Kriegerinnen.'' Begleitbuch zur Ausstellung Speyer 2010/11. Minerva, München 2010, ISBN 978-3-938832-62-2.<br /> * [[Charlotte Schubert]], Alexander Weiß (Hrsg.): ''Amazonen zwischen Griechen und Skythen. Gegenbilder in Mythos und Geschichte'' (= ''Beiträge zur Altertumskunde.'' Band&amp;nbsp;310). de Gruyter, Berlin/Boston 2013, ISBN 978-3-11-028616-8 ({{Google Buch| Land=DE| BuchID=Q1gX0IFEAFoC| Linktext=Leseprobe}}).<br /> * [[Ahmet Ünal]]: ''Amazonların Eski Anadolu Kökenleri Hakkında Yeni Kaynak ve Gözlemler. New sources and observations on the Anatolian origin of the Amazons.'' Cerdrus 1, 2013, S. 21–32. [https://www.academia.edu/11717154/AMAZONLARIN_ESK%C4%B0_ANADOLU_K%C3%96KENLER%C4%B0_HAKKINDA_YEN%C4%B0_KAYNAK_VE_G%C3%96ZLEMLER PDF] bei [[Academia.edu]]<br /> <br /> ''Nacherzählungen:''<br /> * [[Gustav Schwab]]: ''Der Amazonenkrieg.'' In: Derselbe: ''Sagen des klassischen Altertums.'' Insel, Frankfurt am Main 1982 (Original 1838), ISBN 3-458-31827-5 ([[Hippolyte #Theseus-Mythos|Theseus-Mythos]], [https://www.projekt-gutenberg.org/schwab/sagen/sch1526.html Kapitel&amp;nbsp;61] bei [[Projekt Gutenberg-DE]]).<br /> * [[Louis Couperus]]: ''Herakles.'' Aus dem Französischen von Else Otten. Wegweiser-Verlag, 1923 ([[Hippolyte #Herakles-Mythos|Herakles-Mythos]], [https://www.projekt-gutenberg.org/couperus/herakles/chap033.html Kapitel&amp;nbsp;33] bei [[Projekt Gutenberg-DE]], weitere Kapitel zu Amazonen: 34–36).<br /> * {{Gartenlaube |Wikisource=Die Amazonen |Autor=Otto Ule |Jahr=1864 |Heft=51 |Seite= 809–811}}<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Amazons of Greek mythology|Amazonen der griechischen Mythologie|3=S}}<br /> {{Wiktionary|Amazone}}<br /> * {{Internetquelle<br /> |autor=Fotoarchiv<br /> |url=https://iconographic.warburg.sas.ac.uk/vpc/VPC_search/subcats.php?cat_1=5&amp;cat_2=351<br /> |titel=Gods &amp; Myths: Amazons<br /> |werk=[[Warburg Institute|Warburg Institute Iconographic Database]]<br /> |hrsg=Universität London<br /> |datum=2013<br /> |sprache=en<br /> |abruf=2018-09-28<br /> |kommentar=über 200 Photos von Darstellungen von Amazonen in der Kunst}}<br /> * {{Internetquelle<br /> |autor=Carlos Parada, Maicar Förlag<br /> |url=http://www.maicar.com/GML/AMAZONS.html<br /> |titel=Amazons<br /> |werk=Greek Mythology Link<br /> |datum=1997<br /> |sprache=en<br /> |abruf=2018-09-28<br /> |kommentar=ausführliche, gut bebilderte Auflistung}}<br /> * {{Internetquelle<br /> |autor=[[Jeannine Davis-Kimball]]<br /> |url=http://www.csen.org/WomenWarriors/Statuses_Women_Warriors.html<br /> |titel=Statues of Sauromatian and Sarmatian Women<br /> |werk=Center for the Study of the Eurasian Nomads (CSEN)<br /> |hrsg=USA<br /> |datum=2001<br /> |sprache=en<br /> |abruf=2018-09-28<br /> |kommentar=archäologische bebilderte Auflistung}}<br /> * {{Internetquelle<br /> |autor=Jennifer Taylor<br /> |url=https://www.mnsu.edu/emuseum/prehistory/aegean/amazons/amazonindex.html<br /> |titel=The Amazons: Introduction<br /> |werk=Ancient Greek Civilizations<br /> |hrsg=Minnesota State University, Mankato<br /> |datum=1999<br /> |sprache=en<br /> |abruf=2018-09-28<br /> |archiv-url=https://web.archive.org/web/20100603162720/https://www.mnsu.edu/emuseum/prehistory/aegean/amazons/amazonindex.html<br /> |archiv-datum=2010-06-03<br /> |kommentar=erstellt zur Konferenz „Warrior Women of Ancient Greece: Myth or Reality?“<br /> |offline=1}}<br /> * Adam Olearius (1656): [http://diglib.hab.de/wdb.php?dir=drucke/263-2-hist-2f&amp;pointer=797 ''Von Tagesthan einer Tartarischen Landschafft und von den Amazonen.''] (= 6. Buch, 12. Kapitel von ''Vermehrte Newe Beschreibung Der Muscowitischen und Persischen Reyse: So durch gelegenheit einer Holsteinischen Gesandschafft an den Russischen Zaar und König in Persien geschehen.'') Wolfenbütteler Digitale Bibliothek (WDB).<br /> <br /> == Anmerkungen ==<br /> &lt;references responsive=&quot;&quot;&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Imhoof-Blumer 1907-17&quot;&gt;<br /> [[Friedrich Imhoof-Blumer]]: ''Die Amazonen auf griechischen Münzen.'' In: Hans von Fritze, [[Hugo Gaebler]] (Hrsg.): ''Nomisma. Untersuchungen auf dem Gebiet der antiken Münzkunde.'' Band&amp;nbsp;1, Olms, Darmstadt 1974, ISBN 3-487-05385-3, S. 1–18, hier S. 17–18 (Neuauflage, erstveröffentlicht 1907): „[…] der den Amazonen eigentümliche Schild, die [[Pelte|Pelta]] […] Wie aus dieser Zusammenstellung der Amazonentypen auf Münzen hervorgeht, bilden die der [[Aioler|aiolisch]]-[[Ionier|ionischen]] Städte, die alle ihre Namen von Amazonen ableiteten, die vornehmste Gruppe. Es sind Pitane, Kyma, Myrina, Aigai, Ephesos und Smyrna, wozu noch Phokaia kommt. Unter diesen ist Kyme die einzige, die das Bild der [[Eponymer Heros|eponymen]] Amazone schon in hellenistischer Zeit führte, und Smyrna diejenige, die den Typus in beinahe ununterbrochener Folge von [[Domitian|Domitians]] bis [[Gallienus]] Zeit am häufigsten variierte. […] Von den gewöhnlichen Kennzeichen der Amazonen, kurzer [[Chiton]], der die rechte Brust nackt läßt, [[Doppelaxt]] und Pelta […] Die Turmkrone […] bildet in römischer Zeit den ständigen Kopfschmuck der Amazonen; er kennzeichnet die Trägerin nicht als Stadtgöttin, sondern als Repräsentantin der Stadt […]“.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Herodot 4-21–117&quot;&gt;<br /> [[Herodot]]: ''[[Historien des Herodot|Historien]].'' Buch&amp;nbsp;4, Verse&amp;nbsp;21–117.&lt;!-- Online? --&gt;<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Herodot 1-173&quot;&gt;<br /> Herodot: ''Historien.'' Buch&amp;nbsp;1, Vers&amp;nbsp;173.&lt;!-- Online? --&gt;<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Diodor 3-52&quot;&gt;<br /> [[Diodor|Diodorus Siculus]]: ''Historische Bibliothek'', Buch&amp;nbsp;3, Kapitel&amp;nbsp;52–56 ([http://www.myrine.at/Amazons/texts_d.html#Diodor myrine.at]).<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Ilias-6-186&quot;&gt;<br /> [[Homer]]: ''[[Ilias]].'' Buch&amp;nbsp;6, Vers&amp;nbsp;186 ([https://www.projekt-gutenberg.org/homer/ilias/ilias062.html online] bei [[Projekt Gutenberg-DE]]).<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Ilias-3-184&quot;&gt;<br /> Homer: ''Ilias.'' Buch&amp;nbsp;3, Vers&amp;nbsp;184 ([https://www.projekt-gutenberg.org/homer/ilias/ilias031.html online] bei [[Projekt Gutenberg-DE]]).<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Kerenyi 1984-273&quot;&gt;<br /> [[Karl Kerényi]]: ''Die Mythologie der Griechen.'' Band&amp;nbsp;2: ''Die Heroen-Geschichten.'' dtv, München 1984, ISBN 3-423-01346-X, S.&amp;nbsp;273–274.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Kerenyi 1984-130&quot;&gt;<br /> Karl Kerényi: ''Die Mythologie der Griechen.'' Band&amp;nbsp;2: ''Die Heroen-Geschichten.'' dtv, München 1984, ISBN 3-423-01346-X, S.&amp;nbsp;130–131.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Kerenyi 1984-202&quot;&gt;<br /> Karl Kerényi: ''Die Mythologie der Griechen.'' Band&amp;nbsp;2: ''Die Heroen-Geschichten.'' dtv, München 1984, ISBN 3-423-01346-X, S.&amp;nbsp;202–203.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Stoll 1868-124&quot;&gt;<br /> Heinrich Wilhelm Stoll: ''Die Sagen des classischen Alterthums. Erzählungen aus der alten Welt.'' Teubner, Leipzig 1868, S.&amp;nbsp;124–125 ({{Google Buch| Land=DE| BuchID=8BB1M419BhQC| Seite=124| Linktext=Seitenansicht}}).<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Aeneis 1-490&quot;&gt;<br /> [[Vergil]]: ''Aeneis.'' Buch&amp;nbsp;1, Verse 490–493 (Übersetzung von Edith und Gerhard Binder): „Den Zug der Amazonen […] führt die rasende Penthesilea, lodert inmitten Tausender; […] eine Kriegerin, und es wagt die Jungfrau, sich mit Männern im Kampf zu messen.“<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Hoffmann 2007&quot;&gt;<br /> [[Friedhelm Hoffmann]], [[Joachim Friedrich Quack]]: ''Anthologie der demotischen Literatur'' (= ''Einführungen und Quellentexte zur Ägyptologie.'' Band&amp;nbsp;4). Lit, Berlin 2007, ISBN 3-8258-0762-2, S.&amp;nbsp;9–10 und 107.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Museum-Amazonen&quot;&gt;<br /> [[Historisches Museum der Pfalz]] (Hrsg.): ''Amazonen. Geheimnisvolle Krieger. Begleitbuch zur Ausstellung Speyer 2010/11.'' München 2010, S.&amp;nbsp;11.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Anthony 2007&quot;&gt;<br /> David W. Anthony: ''The Horse, the Wheel, and Language. How Bronze-Age Riders from the Eurasian Steppes Shaped the Modern World.'' Princeton University Press, Princeton 2007, ISBN 0-691-05887-3, S.&amp;nbsp;329 ([http://books.google.de/books?hl=de&amp;id=0FDqf415wqgC&amp;q=Amazons+tales+warrior+graves#v=snippet Zitatansicht] in der Google-Buchsuche).<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Meyer 1902&quot;&gt;<br /> So beispielsweise [[Eduard Meyer]]: ''Geschichte des Altertums.'' Band&amp;nbsp;1,1: ''Einleitung. Elemente der Anthropologie.'' 1884, Kapitel&amp;nbsp;20: ''Die Frauen und Kinder. Der Rat der Alten. Soziale Gliederung.'' ([http://www.zeno.org/Geschichte/M/Meyer,+Eduard/Geschichte+des+Altertums/Erster+Band.+Erste+Abteilung%3A+Einleitung.+Elemente+der+Anthropologie/I.+Die+staatliche+und+soziale+Entwicklung/Die+Frauen+und+Kinder.+Der+Rat+der+Alten.+Soziale+Gliederung Nachdruck von 1965] auf zeno.org): „Kriegerische Organisationen der Frauen sind aus dem Altertum überliefert […] Gleichartige Sitten müssen in Kleinasien in alter Zeit vorgekommen sein und zu den dort lokalisierten Amazonensagen, sowie zu der Sage von dem Kampf mit Athen Anlaß gegeben haben.“<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Ausstellungsinfo&quot;&gt;<br /> Zur Ausstellung in Speyer 2010–2011: {{Webarchiv |url=http://www.museum.speyer.de/Deutsch/Sonderausstellungen/Amazonen.htm?b=1 |text=Museumsinfo |wayback=20131015004302}}; [http://www.badische-zeitung.de/ausstellungen/der-mythos-der-bewaffneten-frauen--37470233.html Besprechung in der Badischen Zeitung]; [[Historisches Museum der Pfalz]] (Hrsg.): ''Amazonen. Geheimnisvolle Kriegerinnen. Begleitbuch zur Ausstellung Speyer 2010/11.'' Minerva, München 2010, ISBN 978-3-938832-62-2.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;/references&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4142171-1|LCCN=sh/85/4138}}<br /> <br /> [[Kategorie:Amazone| ]]<br /> [[Kategorie:Volk der griechischen Mythologie]]<br /> [[Kategorie:Matriarchatsforschung]]<br /> [[Kategorie:Frauen und Militär]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Amazonen&diff=212119447 Amazonen 2021-05-19T07:11:06Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>{{Dieser Artikel|behandelt das mythische Volk – zu anderen Bedeutungen siehe [[Amazon (Begriffsklärung)]].}}<br /> [[Datei:Pergamonmuseum - Antikensammlung - Statue 13.JPG|mini|hochkant|[[Tempel der Artemis in Ephesos#Die Amazonen von Ephesos|Amazone Typ Sciarra]], ''[[Antikensammlung Berlin]]'']]<br /> <br /> Als '''Amazonen''' ({{grcS|Ἀμαζόνες|Amazónes}}) werden in [[Griechische Mythologie|griechischen Mythen]] und [[Sage]]n einige Völker bezeichnet, bei denen Frauen und Männer gleichberechtigt wurden.&lt;ref&gt;Erstmals so beschrieben bei [[Homer]], ''Ilias'' 3, 189: {{lang|grc|ἀντιάνειραι}}, „Männern gewachsen“.&lt;/ref&gt; [[Antike]] Autoren verorten Amazonen in verschiedene Regionen am [[Schwarzes Meer|Schwarzen Meer]]: im oder nördlich des [[Kaukasus]]gebiets, vor allem aber im [[Kleinasien|nordanatolischen]] Teil des [[Pontos (Region)|Pontosgebiets]], in dem ihre Hauptstadt [[Themiskyra]] (am [[Thermodon]]) gelegen haben soll. Auch in [[Karien]] und [[Lykien]] sowie in [[Libya (Geographie)|Libyen]] sollen Amazonen gelebt haben. Es wird von [[#Amazonenköniginnen|Amazonenköniginnen]] und [[#Stadtgründerinnen|Stadtgründerinnen]] berichtet. Dabei werden Amazonen immer als Normalsterbliche beschrieben; oft werden sie in Kämpfen besiegt, stellenweise werden ihre Grabstätten genannt.<br /> <br /> Zahlreiche Werke der [[Griechische Kunst|griechischen Kunst]] stellen bevorzugt auf Vasen ab ca. 550 v. Chr. Amazonen als wagemutige Kämpferinnen und [[Kavallerie|Reiterkriegerinnen]] dar. Im 4. Jahrhundert v. Chr. waren Darstellungen des „Amazonenkampfes“ ''(Amazonomachie)'' beliebt. Zwei Waffen sind den Darstellungen von Amazonen ab dem letzten Drittel des 5. Jahrhunderts v. Chr. eigentümlich: die [[Labrys]], eine auch als ''Amazonenaxt'' bezeichnete Doppelaxt, sowie die [[Pelte]], ein kleiner, halbmondförmiger Schild. Ihre typische Kleidung besteht aus einem kurzen [[Chiton]], der oft die rechte Brust unbedeckt lässt.&lt;ref name=&quot;Imhoof-Blumer 1907-17&quot; /&gt;<br /> <br /> == Herkunft des Namens ==<br /> Seit der Antike ist die Herleitung des Namens umstritten und bis heute ungeklärt.&lt;ref&gt;Ausführlich über die zahlreichen Hypothesen zur Etymologie: Josine H. Blok: ''The Early Amazons. Modern &amp; Ancient Perspectives on a Persistent Myth.'' Brill, Leiden 1994, S. 21–37.&lt;/ref&gt; Eine Reihe antiker Autoren führten die griechische Bezeichnung „Amazone“ auf ''a-mazos'' ({{lang|grc|ἀμαζός}} „brustlos“) zurück.&lt;ref&gt;Erstmals belegt bei [[Hellanikos von Lesbos]], [[FGrHist]] 4 F 107.&lt;/ref&gt; Denn die Amazonen sollen ihren kleinen Töchtern die rechte Brust verstümmelt haben, damit diese später den Bogen ungehindert abschießen konnten.&lt;ref&gt;[[Scholion]] und [[Eustathios von Thessalonike|Eustathios]] zu Homer, ''Ilias'' 3,189; [[Diodor]] 2,45; [[Marcus Iunianus Iustinus|Iustin]] 2,4,5; ''[[Bibliotheke des Apollodor]]'' 2,5,9.&lt;/ref&gt; Allerdings wurden Amazonen in den griechischen Darstellungen gewöhnlich mit zwei Brüsten wiedergegeben und nach [[Flavius Philostratos|Philostrat]] wurden sie nur nicht an der Brust gesäugt.&lt;ref&gt;Philostratos, ''Heroicus'' 20,42.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Andere Erklärungen leiteten den Namen von ''a-maza'' ({{lang|grc|ἀμᾶζα}} „brotlos“) her.&lt;ref&gt;[[Ailios Herodianos]] 1,28 (Edition Lentz).&lt;/ref&gt; Hierzu passt die Bemerkung des [[Aischylos]], der sie in seinen ''[[Die Schutzflehenden (Aischylos)|Schutzflehenden]]'' als ''kreoboros'' ({{lang|grc|κρεοβόρος}} „mit Fleisch gefüttert“) bezeichnet.<br /> <br /> Ebenfalls wurde an eine Herleitung von ''zone'' ({{lang|grc|ζώνη}} „Gürtel“ von {{lang|grc|ζώννυμι}} „gürten“) gedacht. Ama-zone bedeutete demnach etwa „wohlgegürtet“ und hätte auf die Tracht der Amazonen angespielt, wie sie sich auch im Mythos vom Raub des Gürtels der [[Hippolyte]] durch [[Herakles]] niederschlug.&lt;ref&gt;[[Isidor von Sevilla|Isidor]], ''origines'' 9,2,64; Themistagoras bei [[John Anthony Cramer]]: ''Anecdota Graeca e codicibus manuscriptis bibliothecarum Oxoniensium descripta.'' Band 1. 1835, S. 80 ({{archive.org|anecdotagraecae01cram|Blatt=80}}). Josine H. Blok: ''The Early Amazons. Modern &amp; Ancient Perspectives on a Persistent Myth.'' Brill, Leiden 1994, S. 23 f. mit Anm. 6 zum Bezug des {{lang|grc|ζωστήρ}} auf den Herakles-Mythos. Siehe zu diesem und die Verwendung von {{lang|grc|ζωστήρ}} für den Gürtel der Hippolyte auch Adolf Klügmann: ''Die Amazonen in der attischen Literatur und Kunst.'' Stuttgart 1875, S. 13 f. ({{archive.org|dieamazoneninder00klug|Blatt=12}})&lt;/ref&gt; Erwogen wurde auch eine Zusammensetzung aus ''hama'' und ''zosai'' ({{lang|grc|ἅμα ζῶσαι}}) im Sinne von „zusammen lebend“.&lt;ref&gt;[[Maurus Servius Honoratius|Servius]], ''Kommentar zu Vergils Aeneis'' 1,490.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Griechische Mythologie, Geschichtsschreibung und Dichtung ==<br /> Eines der ältesten schriftlich festgehaltenen Werke Europas, die ''[[Ilias]]'' des antiken Dichters [[Homer]] (vermutlich 8.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr.), schildert zwei Ereignisse, die sich vor dem [[Trojanischer Krieg|Trojanischen Krieg]] ereigneten und bei denen Amazonen in Erscheinung traten. Homer setzte die Mythen um die Amazonen als bekannt voraus, folglich gab es sie schon vor seiner Zeit:<br /> <br /> # Im Zusammenhang mit dem Bellerophon-Mythos kämpft der griechische Held [[Bellerophon]], Großvater der vor Troja kämpfenden Brüder [[Glaukos (Lykier)|Glaukos]] und [[Sarpedon (Ilias)|Sarpedon]], bei seinem Aufenthalt in Lykien unter anderem gegen Amazonen.&lt;ref name=&quot;Ilias-6-186&quot; /&gt;<br /> # [[Priamos]], der König von [[Troja]] (Ilion), kämpft in seiner Jugend auf Seiten der [[Phryger]], als diese am Fluss [[Sangarios]] von Amazonen angegriffen werden.&lt;ref name=&quot;Ilias-3-184&quot; /&gt;<br /> <br /> [[Datei:Map of Colchis, Iberia, Albania, and the neighbouring countries ca 1770.jpg|mini| Karte des Kaukasus-Gebirges mit den Sied&amp;shy;lungs&amp;shy;gebieten von [[Sarmaten]] und rechts oben der Amazonen (anonymer [[Kupferstich]] aus London, um 1770)]]<br /> [[Datei:AmazonenKarte.png|mini| Das [[Schwarzes Meer|Schwarze Meer]] und [[Kleinasien]]]]<br /> <br /> Im [[Epos]] ''[[Aithiopis]]'', das an die Dichtungen Homers anschließt und dessen Original vermutlich von [[Arktinos von Milet]] stammt, aber nicht erhalten ist, wird folgendes Ereignis berichtet: Während des Trojanischen Krieges, als die Amazonen bereits nicht mehr so mächtig waren, sollen sie unter ihrer Königin [[Penthesilea]] den Trojanern zu Hilfe gekommen sein und die Griechen in arge Bedrängnis gebracht haben. Mit großen Anstrengungen und durch das Eingreifen des Helden [[Achilleus|Achill]] siegten die Griechen. Penthesilea fiel im Kampf gegen den beinahe unverwundbaren Achill.&lt;ref name=&quot;Kerenyi 1984-273&quot; /&gt;<br /> <br /> Der Historiker [[Herodot]] schrieb im 5.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr. in seinen ''[[Historien des Herodot|Historien]]'', dass die zwischen [[Kaspisches Meer|Kaspischem]] und [[Schwarzes Meer|Schwarzem Meer]] ansässigen ''Sauromaten'' (Vorgänger der [[Sarmaten]]) aus einer Vermischung von [[Skythen]] und Amazonen entstanden seien.&lt;ref name=&quot;Herodot 4-21–117&quot; /&gt; Herodot beschrieb auch aus seiner Sicht ungewöhnliche Bräuche der [[Lykier]], die in Südwest-[[Kleinasien]] lebten.&lt;ref name=&quot;Herodot 1-173&quot; /&gt; Die Lykier benannten sich noch zu Herodots Zeit nach ihren Müttern, hatten also eine [[Matrilinearität|matrilineare Abstammungsregel]]. Außerdem richtete sich der [[Sozialer Status|Status]] eines Kindes nach dem Ansehen seiner Mutter. War sie aus dem Bürgerstand, bekamen automatisch auch ihre Kinder Bürgerrechte, selbst wenn der Vater ein [[Sklaverei im antiken Griechenland|Sklave]] war. War ihre Mutter hingegen unfrei, so bekamen auch die Kinder keine Bürgerrechte, selbst wenn der Vater ein angesehener Bürger war. Dies deutet auf eine hohe Stellung der Frau in dem Teil [[Lykien]]s, den Herodot bereiste. Die [[Matrilinearität|mutterrechtlichen]] Regelungen könnten Herodot auf die Idee gebracht haben, es handele sich hierbei um Nachfahren der mythischen Amazonen.<br /> <br /> In einer angeblich vom athenischen [[Logograph (Recht)|Logographen]] [[Lysias]] Anfang des 4. Jahrhunderts v. Chr. verfassten Grabrede für Gefallene im [[Korinthischer Krieg|Korinthischen Krieg]] heißt es, dass die Amazonen einst Töchter des Ares gewesen seien, am Thermodon lebten und im Gegensatz zu ihren Nachbarvölkern bereits Waffen aus Eisen benutzten. Letzteres sowie der Umstand, dass sie die ersten gewesen seien, die auf Pferden ritten, verschaffte ihnen gegenüber ihren Nachbarvölkern Vorteile, die sie – gepaart mit heldenhaftem Mut, mit dem sie Männern glichen – nutzten, große Gebiete zu unterwerfen. Ein Angriff auf Athen endete jedoch für die Amazonen mit einer Niederlage.&lt;ref&gt;Lysias 2,4-7.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In der [[Argonautensage]], deren älteste vollständig erhaltene Version [[Apollonios von Rhodos]] im 3.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr. verfasste, wagen die Argonauten auf dem Weg nach [[Kolchis]] nicht, an bestimmten Abschnitten der kleinasiatischen Schwarzmeerküste anzulegen, an denen die Amazonen gelebt haben sollen.<br /> <br /> [[Datei:Amazon trousers BM VaseB673.jpg|mini|links|hochkant=0.5| Amazone in Hosen mit Schild und Köcher (attisches [[Alabastron]], um 470 v.&amp;nbsp;Chr.)]]<br /> <br /> Der Geschichtsschreiber [[Diodor]] hielt sich im 1.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr. längere Zeit in Ägypten auf. Er schrieb über Amazonen in Nordwest-Afrika, die lange vor den kleinasiatischen Amazonen gelebt und unter ihrer Königin [[Myrina (Amazone)|Myrina]] ganz Nordafrika unterworfen haben sollen.&lt;ref name=&quot;Diodor 3-52&quot; /&gt; Diese ''[[Libyen|libyschen]]'' Amazonen wurden bereits von Herodot erwähnt. In einem späteren Abschnitt seines Werks hielt Diodor die Unterscheidung zwischen kleinasiatischen und libyschen Amazonen nicht aufrecht. So sollen es kleinasiatische Amazonen gewesen sein, die einige Inseln der [[Ägäis]] angriffen und später Athen belagerten.<br /> <br /> Der Geograph und Historiker [[Strabon]] schreibt gegen Ende des 1. Jahrhunderts v.&amp;nbsp;Chr. in seiner ''Geographie'', die Hauptstadt der Amazonen sei [[Themiskyra]] am Fluss [[Thermodon]] im kleinasiatischen Teil des [[Pontos (Region)|Pontos]]-Gebiets gewesen. Er zweifelt dabei Schilderungen an, die Amazonen hätten viele Völker unterworfen und sogar Athen angegriffen. Strabon kritisiert ferner, dass die alten Quellen keine oder nur unglaubwürdige Auskünfte darüber gäben, wohin die Amazonen gezogen sind, nachdem sie aus dem Gebiet um den Thermodon vertrieben worden waren.&lt;ref&gt;Strabon, ''Geographie'' 11,5,4.&lt;/ref&gt; Auch zweifelt er an den Berichten, dass die Amazonenkönigin Thalestris [[Alexander der Große|Alexander den Großen]] aufgesucht habe, da sie sich bezüglich der Herkunft der Amazonenkönigin widersprächen und die „glaubwürdigsten“ Autoren diese Sage nicht erwähnten.&lt;ref&gt;Strabon, ''Geographie'' 11, 5, 4.&lt;/ref&gt; An anderer Stelle seines Werks geht Strabon ausführlich auf Amazonen ein, die im nördlichen Kaukasus gelebt haben sollen, nach älteren Quellen, die Strabon zitiert, nördlich der kaukasischen [[Albania|Albaner]] oder als Nachbarn der [[Gargarier]], in [[Keraunien]].&lt;ref&gt;Strabon, ''Geographie'' 11,5,1.&lt;/ref&gt; Die Amazonen in dieser Region lebten die meiste Zeit des Jahres unter sich, betrieben Ackerbau, Vieh- und Pferdezucht, gingen auf die Jagd und tätigten Kriegsgeschäfte. An zwei Monaten im Frühling träfen sie sich mit den Gargariern auf einem Berg, der beide Gebiete trennt, und zeugten mit ihnen bei Dunkelheit Kinder. Waren alle Amazonen schwanger, verließen sie die Garganer. Die aus diesen Verbindungen gezeugten Mädchen zögen die Amazonen selber auf, die Jungen übergäben sie den Gargariern.&lt;ref&gt;Strabon, ''Geographie'' 11,5,2.&lt;/ref&gt; Die Gargarier seien laut ungenannten Quellen, auf die sich Strabon stützt, zusammen mit den Amazonen aus Themiskyra in die Gegend gewandert und anschließend von ihnen abgefallen. Nachdem man einige Zeit gegeneinander Krieg geführt hatte, schlossen sie Frieden miteinander und kamen überein, dass beide Völker für sich leben und man nur gemeinsam Kinder zeugt.&lt;ref name=&quot;Stra&quot;&gt;Strabon, ''Geographie'' 11,5,3.&lt;/ref&gt; Das Gebiet der Amazonen, die Strabon beschreibt, durchzog ein Fluss namens Mermadalis, der im weiteren Verlauf noch andere Regionen durchfloss, bis er ins [[Asowsches Meer|Asowsche Meer]] mündete.&lt;ref name=&quot;Stra&quot; /&gt;<br /> <br /> Der Geograph [[Pomponius Mela]] berichtete um 44&amp;nbsp;n.&amp;nbsp;Chr., die Amazonen lebten jenseits der Küste des Kaspischen Meeres, wo die Komaren, [[Massageten]], [[Kadusier]], [[Hyrkanien|Hyrkanier]] und [[Iberien (Kaukasien)|Iberer]] ansässig waren.&lt;ref&gt;Mela, ''Chorographia'' 1,12.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Griechische Erzählungen erwähnen auch verschiedene [[Insel]]n, auf denen zeitweise Frauen ohne Männer gelebt haben sollen. Dort hätten die Frauen nur zu bestimmten Zeiten mit Männern benachbarter Siedlungen Kontakt, um von ihnen geschwängert zu werden. Diese Frauengemeinschaften werden aber nicht durchgängig als ''Amazonen'' bezeichnet. So sollen beispielsweise die Mittelmeerinseln [[Lesbos]] und [[Limnos|Lemnos]]&lt;ref name=&quot;Kerenyi 1984-202&quot; /&gt; zeitweise solche „Fraueninseln“ gewesen sein. Über die Frauen von Lemnos wurde gesagt, sie hätten sich gegen ihre Männer erhoben und im ''[[Lemnischer Frevel|Lemnischen Frevel]]'' alle gleichzeitig ermordet.<br /> <br /> === Herakles-Mythos ===<br /> [[Datei:NAMA Amazonomachie.jpg|mini| Zwei Amazonen im Kampf mit einem Griechen ([[Relief]] aus [[Athen]], 4.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr.)]]<br /> <br /> Im [[Dorer|dorischen]] [[Hippolyte#Herakles-Mythos|Herakles-Mythos]] wird die Amazonenkönigin [[Hippolyte]] von [[Herakles]] erschlagen, der ins Amazonenland aufgebrochen war, um den Zaubergürtel (oder Waffengurt) der Königin zu erlangen. Obwohl beide Seiten keine kriegerischen Absichten hatten, kam es durch ein Missverständnis zum Kampf. In dessen Verlauf tötete Herakles die Königin und weitere Amazonen. Aus Ehrfurcht vor dem starken Helden händigen die Amazonen Herakles den Gürtel daraufhin aus.&lt;ref name=&quot;Kerenyi 1984-130&quot; /&gt; In einer anderen Version tötet Herakles die Königin nicht, sondern tauscht ihre gefangen genommene Schwester [[Melanippe (Amazone)|Melanippe]] gegen den Gürtel ein.&lt;ref name=&quot;Stoll 1868-124&quot; /&gt;<br /> <br /> === Theseus-Mythos ===<br /> [[Datei:Amazonomachia Louvre Ma2119.jpg|mini|Kampf zwischen Griechen und Amazonen ([[Relief]] auf einem [[Sarkophag]] aus [[Thessaloniki]], 2. Jahrhundert n.&amp;nbsp;Chr.)]]<br /> <br /> Im [[Athen|athenischen]] [[Hippolyte#Theseus-Mythos|Theseus-Mythos]] wird Hippolyte im Rahmen eines [[Brautraub]]s von [[Theseus]] entführt, dem [[Königreich Griechenland|König von Athen]], der sie mit nach [[Geschichte Athens|Athen]] nimmt und dort zu seiner Frau macht. (In manchen Versionen heißt die Entführte [[Antiope (Amazone)|Antiope]] und ist die Schwester von Hippolyte.) Aus Rache dringen die Amazonen daraufhin nach Griechenland ein, plündern einige Städte an der Küste und belagerten Athen. Bei den Kämpfen wird Hippolyte getötet.<br /> <br /> === Stadtgründerinnen ===<br /> Es gibt eine Reihe von [[Gründungsmythos|Gründungsmythen]], in denen Amazonen eine Rolle spielen: So gründeten sie die Städte [[Kyme (Aiolis)|Kyme]] und [[Myrina (Kleinasien)|Myrine]] in der [[Äolien|Aiolis]].&lt;ref name=&quot;Imhoof-Blumer 1907-17&quot; /&gt; Die Amazone [[Smyrna (Amazone)|Smyrna]] gründete an der kleinasiatischen Küste die gleichnamige Stadt (heute [[Izmir #Der Name|Izmir]]) und die Amazone [[Anaia (Mythologie)|Anaia]] ihre Stadt etwa 100&amp;nbsp;Kilometer südlich, nahe der heutigen türkischen Küstenstadt [[Kuşadası]]. Der naheliegende [[Tempel der Artemis in Ephesos]] soll ursprünglich von der Amazonenkönigin [[Otrere]] erbaut worden sein. Die Amazonin Kleite, Amme und Magd von Penthesilea, soll eine Stadt gleichen Namens in [[Bruttium]] (dem heutigen [[Kalabrien]]) gegründet haben,&lt;ref&gt;erstmals bei Lykophron, ''[[Alexandra (Lykophron)|Alexandra]]'' 992-1007.&lt;/ref&gt; vermutlich in der Nähe der heutigen Gemeinde [[Cleto]]. Ob diese Legende mit der mythischen Gründung von [[Kaulon]] in Verbindung gebracht werden kann, wie oft angenommen wird – einer Tradition nach war Kleite Mutter des Gründers [[Kaulos (Mythologie)|Kaulos]] –, ist strittig.&lt;ref&gt;Ausführlich zu dieser Frage und zu Kleite: Luisa Moscati-Castelnuovo: ''From East to West. The Eponymous Amazon Cleta.'' In: Gocha R. Tsetskhladze (Hrsg.): ''Ancient Greeks West &amp; East.'' Brill, Leiden 1999, S. 163–178.&lt;/ref&gt; Die griechische Kolonie [[Sinop]]e an der kleinasiatischen Schwarzmeerküste soll, gemäß einer – allerdings erst auf [[Andron von Teos]] (spätes 4. Jahrhundert v. Chr.) zurückgehenden – Legende, nach einer dem Wein sehr zugeneigten Amazone namens Sanape benannt worden sein.&lt;ref&gt;Zu Sanape siehe {{Roscher|1,1|308||Sanape|[[Otto Höfer]]}}; ansonsten ausführlich hierzu: David Braud: ''Myth and Ritual at Sinope. From Diogenes the Cynic to Sanape the Amazon.'', in: Dominique Kassab Tezgör (Hrsg.): ''Sinope, The Results of Fifteen Years of Research. Proceedings of the International Symposium, 7-9 May 2009.'' Brill, Leiden – Boston 2012, S. 11–23 (mit Verweis auf u.&amp;nbsp;a. – allerdings nicht direkt belegte – Amazonenrituale in Sinope); für eine späte Entstehung des Mythos: Askold I. Ivantchik: ''Die Gründung von Sinope und die Probleme der Anfangsphase der griechischen Kolonisation des Schwarzmeergebietes.'' in: Gocha R. Tsetskhladze (Hrsg.): ''The Greek colonisation of the Black Sea area.'' Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1998, S. 299–305.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Es war in der Antike üblich, sich bedeutungsvolle Götter, Personen, Gruppen oder Völker aus der [[Mythologie|Mythenwelt]] als [[Vorfahr|Ahnen]] zu wählen, um die eigene Bedeutung zu erhöhen ([[Ursprungsmythos|Ursprungsmythen]]). Solche „[[Fiktion|fiktiven]]“ [[Stammbaum|Stammbäume]] ([[Genealogie]]n) beriefen sich auf eine ältere Vergangenheit, als es der Wirklichkeit entsprach, ohne dadurch mit tatsächlichen historischen Personen oder Volksgruppen in Konflikt zu geraten.<br /> <br /> === Amazonenköniginnen ===<br /> Verschiedene Erzählungen erwähnen Amazonen ausdrücklich als Königinnen ihres Volkes, sogar als [[Dynastie|Herrscherdynastie]]; sie regieren ohne männlichen Begleiter und treten in Begleitung ihrer Kriegerinnen auf. Die berühmtesten Amazonenköniginnen sind:<br /> <br /> * [[Otrere]], Geliebte des [[Olympische Götter|olympischen]] Kriegsgottes [[Ares]], von ihm die Mutter der Hippolyte und der Penthesileia, erbaut den [[Tempel der Artemis in Ephesos]]<br /> * [[Hippolyte]], Tochter von Otrere und Ares, Teil des [[Theseus]]- und des [[Herakles]]-Mythos, dort ist [[Antiope (Amazone)|Antiope]] ihre Schwester und zu ihrem Gefolge gehört [[Alkippe (Amazone)|Alkippe]], die einzige erwähnte Amazone mit abgelegtem Keuschheitsschwur<br /> * [[Penthesilea]], tötet ihre Schwester Hippolyte bei einem Jagdunfall, kommt den schwer bedrängten [[Troja]]nern mit ihren Kriegerinnen zu Hilfe, wird von [[Achilleus|Achill]] besiegt, der sich in die Sterbende verliebt<br /> * [[Myrina (Amazone)|Myrina]], Leiterin einer militärischen Expedition in [[Libyen]], besiegt die Atlanter, schließt ein Bündnis mit dem Herrscher Ägyptens und erobert weitere Städte und Inseln<br /> * [[Thalestris]], die letzte namentlich genannte Amazonenkönigin, trifft 330 v.&amp;nbsp;Chr. einigen Sagen nach den griechischen Eroberer Alexander den Großen; ihr Gebiet liegt am [[Thermodon]], anderen Versionen zufolge an der Kaspischen Pforte, südlich des Kaspischen Meeres.&lt;ref&gt;Strabon, ''Geographie'' 11,5,4.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Römische und altägyptische Erzählungen ==<br /> [[Datei:Amazonomachie 00.JPG|mini| Kämpfende Amazone (Fußboden-[[Mosaik]] aus [[Antiochia am Orontes #Daphne|Daphne]], heutige Türkei, 4.&amp;nbsp;Jahrhundert)]]<br /> &lt;div class=&quot;tright&quot; style=&quot;clear:none;&quot;&gt;[[Datei:Amazonomachy, detail, late 2nd to early 3rd century AD, front and side of a sarcophagus, Roman, Pentelic marble - Sackler Museum - DSC02390.JPG|mini|ohne| Amazonenkampf ''(Amazonomachie)'' auf einem [[Römisches Reich|römischen]] [[Sarg|Steinsarg]] (um 200 n.&amp;nbsp;Chr.)]]&lt;/div&gt;<br /> <br /> Kämpfe zwischen Amazonen und Griechen waren in der [[Römische Kaiserzeit|Kaiserzeit]] und der [[Spätantike]] ein beliebtes Motiv auf römischen [[Sarkophag]]en.&lt;ref&gt;Dazu [[Christian Russenberger]]: ''Der Tod und die Mädchen. Amazonen auf römischen Sarkophagen.'' (= ''Image &amp; Context.'' Band 13). De Gruyter, Berlin u.&amp;nbsp;a. 2015, ISBN 978-3-11-029839-0 (zugleich Dissertation, Universität Zürich 2010).&lt;/ref&gt; Der Dichter [[Vergil]] erwähnte die Amazonen und ihre Königin [[Penthesilea]] um 20 v.&amp;nbsp;Chr. in seinem Epos ''[[Aeneis]]''.&lt;ref name=&quot;Aeneis 1-490&quot; /&gt; Der Biograph [[Sueton]] ließ um 110 n.&amp;nbsp;Chr. [[Gaius Iulius Caesar]] in seinen ''Kaiserviten'' sagen, dass die Amazonen „einst einen großen Teil Asiens beherrschten“.&lt;ref&gt;Sueton, ''Divus Iulius'' 22,2.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die [[Altes Ägypten|altägyptische]] Erzählung ''[[Ägypter und Amazonen]]'' ist als [[Demotische Literatur #Inaros-Petubastis-Texte|Unterhaltungsroman]] in zwei bruchstückhaften Fassungen aus römischer Zeit auf [[Papyrus]] erhalten. Die Geschichte handelt von historischen Personen aus dem 7.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr.: Der ägyptische Fürst [[Petechonsis]] führte gemeinsam mit [[Assyrer|assyrischen]] Truppen einen Kriegszug in das „Land der Frauen“, das im [[Vorderer Orient|Vorderen Orient]] lag und bis an die Grenzen [[Indien]]s gereicht haben soll. Petechonsis bekämpfte anfänglich die dortigen Amazonen, verliebte sich dann aber in ihre Königin [[Sarpot]] und unterstützte sie in einem Bündnis gegen die einfallende indische Armee. Diese Erzählung soll in Ägypten unabhängig von griechischen Einflüssen entstanden sein.&lt;ref name=&quot;Hoffmann 2007&quot; /&gt;<br /> <br /> == Theorien zu Amazonenvölkern ==<br /> Um einen realen Kern in den Amazonenmythen ausmachen zu können, fehlen ausführliche zeitgenössische Schriftquellen. Homer erwähnt die Amazonen nur in wenigen Sätzen, [[Assyrisches Reich|assyrische]] Quellen liefern keinerlei Hinweise auf Amazonen.<br /> <br /> === Hethiter ===<br /> {{Überarbeiten|grund=offenbar wurde viel rumeditiert, so dass die ursprünglichen - sicher auch nicht perfekten - Aussagen nicht mehr stimmig sind; Belege aus Leonhards Werk und der Kritik dazu wären auch wünschenswert. Da auf Nordostanatolien und hethitische Quellen eingegangen wird, könnte man in diesem Abschnitt vielleicht auch die Thesen von Cornelius erwähnen.}}<br /> [[Walther Leonhard]] stellte 1911 die These auf, die Amazonen seien mit dem Volk der [[Hethiter]] in [[Anatolien]] gleichzusetzen, da bei diesen die Frauen rechtlich den Männern gleichgestellt waren, für [[Indogermanen|indogermanische Völker]] sehr ungewöhnlich.&lt;ref&gt;Walther Leonhard: ''Hettiter und Amazonen. Die griechische Tradition über die „Chatti“ und ein Versuch zu ihrer historischen Verwertung.'' Teubner, Leipzig 1911.&lt;/ref&gt; Mit dieser Gleichsetzung wollte er zwei Probleme lösen: Einerseits waren die Hethiter ein mächtiges reales Volk, das jedoch in griechischen Quellen nicht erwähnt wird – andererseits spielten die Amazonen eine große Rolle in Schrifttum und Kunst der Griechen, sind aber weder archäologisch noch in zeitgenössischen, beispielsweise hethitischen oder assyrischen Quellen nachweisbar.<br /> <br /> Gegen die Gleichsetzung der Amazonen mit den Hethitern spricht vor allem, dass das Kerngebiet der Hethiter in Zentral-Anatolien lag und nicht im [[Pontos (Region)|Pontos]]-Gebiet am Schwarzen Meer. Außerdem zogen hethitische Frauen nachweislich nicht mit in den Kampf. Die Theorie Leonhards gilt daher als nicht haltbar. Außerdem finden sich in hethitischen Originaltexten aus den Archiven ihrer Hauptstadt [[Hattuša]] und der Hafenstadt [[Ugarit]] keinerlei Hinweise auf Amazonen oder auf Kriegerinnen. Diese Texte werden aber ins 15.&amp;nbsp;bis 13.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr. datiert, in jene Zeit, in der die meisten griechischen Mythen spielen dürften. Hethitische Texte beinhalten allerdings meist nur wenige – z.&amp;nbsp;B. für Verträge oder Annalen relevante – Angaben zu Sitten und Gesellschaftsstrukturen von Nachbarvölkern. Die geopolitische Situation in Kleinasien ist anhand der hethitischen Quellen, vor allem für den Nordwesten und Nordosten Anatoliens, noch unsicher.<br /> <br /> === Matriarchale Völker in Kleinasien ===<br /> {{Überarbeiten|grund=Wo bitte begegneten milesische Kolonisten an der Schwarzmeerküste Völkern mit matrilinearer Erbfolge? Bitte belegen!}}<br /> Einige Forscher gehen davon aus, dass die Amazonenmythen auf Erinnerungen an frühere Ereignisse gründen, bei denen Griechen im kleinasiatischen Raum auf mutterrechtlich organisierte und von Frauen regierte Völker getroffen seien und in Kämpfe verwickelt wurden.&lt;ref name=&quot;Meyer 1902&quot; /&gt; Solche Kontakte müssten vor dem 8.&amp;nbsp;vorchristlichen Jahrhundert stattgefunden haben, da dem Dichter Homer zu jener Zeit bereits frühere Erzählungen über Amazonen bekannt sind. Ab spätestens dem letzten Drittel des 7. Jahrhunderts v. Chr.&lt;ref&gt;Zu den ältesten Funden in der [[Milet|milesischen]] Kolonie Sinope, die das überlieferte Gründungsdatum 631 v.&amp;nbsp;Chr. ungefähr bestätigen siehe: [[Ekrem Akurgal]] – [[Ludwig Budde]]: ''Vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen in Sinope.'' Türk Tarih Kurumu Basımevi, Ankara 1956.&lt;/ref&gt; wurde die kleinasiatische Schwarzmeerküste von den Griechen [[Griechische Kolonisation|besiedelt]], wobei sie auch älteren Völkern begegneten, die ihre Erbfolge über Mütter an Töchter regelten ([[Matrilinearität|Matri-''Linearität'']]) und bei denen der familiäre Wohnsitz bei der Frau lag ([[Matrilokalität|Matri-''Lokalität'']]).<br /> <br /> == Archäologische Funde ==<br /> === Georgien ===<br /> [[Datei:Amazone Staatliche Antikensammlungen 2342.jpg|mini|Berittene Amazone in [[Skythen|skythischer]] Tracht ([[Rotfigurige Vasenmalerei|rotfigurige Vasen&amp;shy;malerei]], um 420 v.&amp;nbsp;Chr.)]]<br /> <br /> 1927 wurde in Semo-Awtschala, nahe [[Tiflis]] in [[Georgien]], das Grab einer 30&amp;nbsp;bis 40&amp;nbsp;Jahre alten Frau entdeckt, in dem sich neben anderen [[Grabbeigabe]]n ein [[bronze]]nes Schwert, eine Speerspitze aus Eisen sowie Überreste eines Pferdekopfs befanden.&lt;ref name=&quot;Museum-Amazonen&quot; /&gt; Da sich am Schädel der Verstorbenen die Spuren einer schweren Hieb- oder Stichverletzung zeigten (welche die Frau offenbar zunächst überlebt hatte), wird vom Grab einer Kriegerin ausgegangen, die womöglich auch zu Pferde kämpfte. Das Grab wird auf den Beginn des 1.&amp;nbsp;Jahrtausends v.&amp;nbsp;Chr. datiert und wäre damit das älteste bisher bekannte Grab einer Kriegerin.&lt;ref name=&quot;Museum-Amazonen&quot; /&gt; Da der Fundort südlich des Kaukasus nur wenige hundert Kilometer vom angeblichen Kernland der Amazonen der griechischen Mythen entfernt ist, könnte ein Zusammenhang mit diesen bestehen.<br /> <br /> === Südrussland und Ukraine ===<br /> [[Datei:0 Amazzone ferita - Musei Capitolini (1).JPG|mini|hochkant|''Verwundete Amazone'', römische Kopie nach einem griechischen Original aus dem 5.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr.]]<br /> <br /> Es wird für möglich gehalten, dass die realen Vorbilder für die Amazonen bei den Griechen Stämme der [[Skythen]] und [[Sarmaten]] waren.<br /> <br /> Der [[Anthropologe]] [[David W. Anthony]] schreibt 2007, dass rund 20&amp;nbsp;Prozent der skythischen oder sarmatischen „Kriegergräber“ am unteren [[Don (Asowsches Meer)|Don]] und der unteren [[Wolga]] weibliche Skelette enthielten, deren Kleidung der männlicher Krieger entsprach.&lt;ref name=&quot;Anthony 2007&quot; /&gt;<br /> <br /> Der russische Archäologe [[Leonid Jablonskij]] und die US-amerikanische Archäologin [[Jeannine Davis-Kimball]] konnten belegen, dass es zwischen dem 6.&amp;nbsp;und 3.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr. in Südrussland, der [[Ukraine]] und in [[Kasachstan]] Völker gab, bei denen Frauen eine gesellschaftlich hohe Stellung einnahmen und mit Waffen kämpften. Sie fanden in Südrussland und der Ukraine zahlreiche [[Kurgan (Grabhügel)|Kurgane]] skythischer und sarmatischer Frauen, die mit Waffen und Rüstungen begraben wurden. Ein wichtiger Fundort ist eine [[Nekropole]] bei [[Pokrowka (Orenburg, Sol-Ilezk)|Pokrovka]], südwestlich von [[Sol-Ilezk]] am [[Ilek (Fluss)|Ilek]] gelegen. Zwischen etwa 600&amp;nbsp;und 300&amp;nbsp;v.&amp;nbsp;Chr. wurden hier den weiblichen Gräbern mehr Waffenbeigaben als den männlichen beigefügt. Im letzten Drittel der Belegungsphase wurde die Gräberstadt von Sarmaten benutzt. Einige Waffen weisen Gebrauchsspuren auf, sind also wahrscheinlich benutzt worden. Wahrscheinlich handelt es sich bei der Nekropole in Pokrovka um die Gräber der von [[Herodot]] genannten ''[[Sauromaten]]''.<br /> <br /> In weiteren Gräbern wurden 2500&amp;nbsp;Jahre alte Frauenskelette entdeckt, die [[Anatomie|anatomisch]] auffällig waren. Ihre Oberschenkelknochen waren gebogen und ihre Steißbeine gestaucht, sie waren also wahrscheinlich schon in jungen Jahren viel geritten; Kriegsverletzungen wurden aber an den Skeletten nicht nachgewiesen. Unter den Grabbeigaben wurden Waffen gefunden. In einem Grab fanden sich nicht nur Schmuckstücke, wie Dutzende von Goldperlen, Goldbroschen und ein Ohrring, sondern auch mehr als 110&amp;nbsp;Pfeilspitzen; die Menge der Spitzen lässt Forscher vermuten, dass es sich bei der Toten um eine berittene Kriegerin handelte.<br /> <br /> Davis-Kimball bringt die Amazonen als Motiv in der [[Griechische Vasenmalerei|griechischen Vasenmalerei]] ab dem 6.&amp;nbsp;Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr. damit in Verbindung, dass die Griechen zu jener Zeit von den Skythen und Sarmaten erfuhren. Daher seien die Amazonen ähnlich den Skythen (oder auch [[Parther]]n) dargestellt worden, müssen deshalb aber nicht mit ihnen identisch sein. Es sei in der griechischen Kunst üblich gewesen, alte oder mythische Völker so darzustellen, wie zeitgenössische Völker aus ungefähr derselben Gegend bekleidet und bewaffnet waren.<br /> <br /> [[Ethnologie|Ethnologische]] und [[Genetik|genetische]] Untersuchungen von Davis-Kimball haben ergeben, dass sich die Spuren der Amazonen möglicherweise bis in die [[Mongolei]] nachweisen lassen, wo es nach Davis-Kimballs Forschungen genetische Nachfahren der Sarmaten und Skythen geben soll.<br /> <br /> == Neuzeitliche Rezeption ==<br /> Der große südamerikanische ''Amazonenstrom'' soll von den europäischen Entdeckern nach dortigen Amazonen-Völkern benannt worden sein (siehe [[Amazonas #Name|Name des Amazonas]]).<br /> <br /> Von den Amazonen als geschickten Reiterinnen ist das ''[[Springreiten#Geschichte des Springreitens als Turniersport|Amazonenspringen]]'' als Pferdesport von Springreiterinnen abgeleitet; Teilnehmerinnen an diesen nur Frauen vorbehaltenen [[Springprüfung]]en werden ''Amazone'' genannt (siehe auch das Berliner Bronzestandbild ''[[Amazone zu Pferde (Kiß)|Amazone zu Pferde]]'' sowie die ''[[Amazone zu Pferde (Tuaillon)|Amazone zu Pferde]]'' auf der Museumsinsel).<br /> <br /> Von den mutigen Kriegerinnen ist die Ehrenbezeichnung ''Amazonen'' für Frauen abgeleitet, die kämpferisch und selbstbewusst für ihre Angelegenheiten eintreten oder in früheren Zeiten eingetreten sind, teilweise auch als Anführerinnen (siehe auch [[Amazonen-Garde|Gaddafis ''Amazonen-Garde'']]).<br /> <br /> Von den Sagen über Frauenherrschaft abgeleitet, wird die Bezeichnung ''Amazonen'' auch auf [[Soziale Gruppe|soziale Gruppen]], Organisationen oder Gesellschaften übertragen, an denen nur Frauen teilnehmen oder in denen Frauen die alleinige Entscheidungsmacht besitzen (siehe dazu [[Matrifokalität]], [[Matriarchat]], [[Gynozentrismus]]).<br /> <br /> &lt;gallery caption=&quot;Bildende Kunst im 19. Jahrhundert&quot; class=&quot;center&quot; widths=&quot;220&quot; heights=&quot;150&quot;&gt;<br /> Franz v Struck Amazone Pferd.JPG|&lt;span style=&quot;font-size:0.9em; line-height:0.1em;&quot;&gt;''Amazone zu Pferde''&lt;br /&gt;&lt;small&gt;(Bronzeplastik von [[Franz von Stuck]], 1897)&lt;/small&gt;&lt;/span&gt;<br /> AmazonBattle.jpg|&lt;span style=&quot;font-size:0.9em; line-height:0.1em;&quot;&gt;''Amazone, sich auf den Kampf vorbereitend''&lt;br /&gt;&lt;small&gt;(Bronzestatue von Pierre-Eugène-Émile Hébert, 1860)&lt;/small&gt;&lt;/span&gt;<br /> Feuerbach Amazonenschlacht 1873.jpg|&lt;span style=&quot;font-size:0.9em; line-height:0.1em;&quot;&gt;''[[Die Amazonenschlacht]]''&lt;br /&gt;&lt;small&gt;(Gemälde von [[Anselm Feuerbach]], 1873)&lt;/small&gt;&lt;/span&gt;<br /> &lt;/gallery&gt;<br /> <br /> [[Datei:Amazone Villa Stuck München.jpg|mini|Amazone vor der [[Villa Stuck]] in München (entstanden 1913 im Auftrag des Kölner Kunstvereins; Nachguss aus dem Jahr 1936)]]<br /> Im [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] Deutschland wurde in München zwischen 1936 und 1939 die Freiluft-[[Revue]] ''[[Nacht der Amazonen]]'' aufgeführt, in der ein scheinbar emanzipiertes Frauenbild als weiblicher Teil der vom nationalsozialistischen Rassenwahn angestrebten „[[Nationalsozialistische Rassenhygiene|Neuen Rasse]]“ präsentiert wurde.<br /> <br /> Auch in die [[bildende Kunst]] des 20. Jahrhunderts fanden die Amazonen Eingang. Deren Rolle in der Geschichte der Frauen machte die [[Feminismus|feministische]] Künstlerin [[Judy Chicago]] deutlich: In ihrer Kunstinstallation ''[[The Dinner Party]]'' der späten 1970er-Jahre widmete sie den Amazonen eines der 39&amp;nbsp;Gedecke am Tisch.&lt;ref&gt;[http://www.brooklynmuseum.org/eascfa/dinner_party/home.php ''Components of the Dinner Party.''] Elizabeth A. Sackler Center for Feminist Art, Brooklyn Museum, New York, abgerufen am 25. Juni 2018.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die US-amerikanischen Comics zu ''[[Wonder Woman]]'' ([[DC Comics]]) handeln von einer Amazone ''Diana''. In der Verfilmung ''[[Wonder Woman (2017)|Wonder Woman]]'' (2017), die gegen Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] spielt, stellt [[Gal Gadot]] die unsterbliche Amazonenprinzessin und Tochter der Königin [[Hippolyte|Hippolita]] dar.&lt;!--ziemlich trivial!?--&gt;<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> * [[Tempel der Artemis in Ephesos#Die Amazonen von Ephesos|Amazonen-Monument im Tempel der Artemis in Ephesos]]<br /> <br /> == Ausstellungen ==<br /> * 2010–2011: ''Amazonen. Geheimnisvolle Kriegerinnen.'' [[Historisches Museum der Pfalz]], Speyer.&lt;ref name=&quot;Ausstellungsinfo&quot; /&gt;<br /> <br /> == Dokumentarfilme ==<br /> &lt;!--Neueste zuerst:--&gt;<br /> * John Wate, Sebastian Peiter: ''Warrior Women: Die wahren Amazonen.'' Urban Canyons für [[ZDFinfo]], 2017 (44:37&amp;nbsp;Minuten; [https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/warrior-women-die-wahren-amazonen-100.html online] &lt;small&gt;verfügbar bis 15. September 2021;&lt;/small&gt; [https://www.youtube.com/watch?v=zBGUuZ3neTw YouTube-Kopie]).<br /> * Victor Grandits: ''Die Amazonen. Auf der Spur antiker Kämpferinnen.'' Dok-Haus UG für [[ZDF]], Deutschland 2013 (52&amp;nbsp;Minuten; Prof. Renate Rolle versus [[Florian Knauß]] zu skythischen Frauengräbern in der Ukraine als Beleg eines Amazonen-Staates; [https://m.youtube.com/watch?v=10vLsdzSJ0Y&amp;t=345s Film in voller Länge] auf YouTube: 111:47&amp;nbsp;Minuten).<br /> * Jens Afflerbach, Carsten Obländer: ''Sagenhafte Völker – Das Amazonenrätsel''. Story House Productions für ZDF/[[National Geographic Channel]], Deutschland 2004 (43&amp;nbsp;Minuten; als ''[[Terra X]]'' auf YouTube: [https://www.youtube.com/watch?v=sSiAuQi7goQ Teil&amp;nbsp;1], [https://www.youtube.com/watch?v=DFa5Z0j3LGk Teil&amp;nbsp;2], [https://www.youtube.com/watch?v=bEIMXgcQ3vs Teil&amp;nbsp;3], [https://www.youtube.com/watch?v=1ss2m0RU394 Teil&amp;nbsp;4] und [https://www.youtube.com/watch?v=xqQI7j4CZSM Teil&amp;nbsp;5])<br /> ** ZDF-Textteile: [https://web.archive.org/web/20170118044922/https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/schatzkammer-in-der-steppe-100.html ''Schatzkammer in der Steppe: Grab voller Überraschungen''], [https://web.archive.org/web/20170220055055/https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/mythos-auf-dem-pruefstand-100.html ''Mythos auf dem Prüfstand: DNA-Test der Grabknochen''], [https://web.archive.org/web/20170220165437/https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/lebendige-tradition-100.html ''Lebendige Tradition: Die Waffen der Nomadenkriegerinnen''], [https://web.archive.org/web/20170220022022/https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/meiramgul-die-kleine-amazone-100.html ''Meiramgul, die kleine Amazone: Identische DNA-Strukturen''], [https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/literatur-und-links-246.html ''Literatur und Links''] (archivierte Versionen).<br /> <br /> == Literatur ==<br /> &lt;small&gt;Nach Erscheinungsdatum:&lt;/small&gt;<br /> * [[Andreas David Mordtmann]]: ''Die Amazonen. Ein Beitrag zur unbefangenen Prüfung und Würdigung der ältesten Überlieferungen.'' Hahn’sche Hofbuchhandlung, Hannover 1862 ([https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10432822_00005.html Digitalisat]).<br /> * {{Roscher|1,1|267|279|Amazonen|Wilhelm Heinrich Roscher|}}<br /> * {{RE|I,2|1754|1789|Amazones|[[Johannes Toepffer]], [[Botho Graef]]|RE:Amazones}}<br /> * {{LIMC|1|586|653|Amazones|[[Pierre Devambez]], Aliki Kauffmann-Samaras}}<br /> * [[Manfred Hammes]]: ''Die Amazonen. Vom Mutterrecht und der Erfindung des gebärenden Mannes.'' Fischer Taschenbuch, Frankfurt 1981, ISBN 3-596-23043-8.<br /> * Josine H. Blok: ''The Early Amazons. Modern &amp; Ancient Perspectives on a Persistent Myth.'' Brill, Leiden 1994, ISBN 90-04-10077-6 (englisch; {{Google Buch| Land=DE| BuchID=vHzLgcqHzQcC| Linktext=Leseprobe}}).<br /> * {{DNP|1|575|576|Amazones|Anne Ley|}}<br /> * Gabriele Frohnhaus, Barbara Grotkamp-Schepers, Renate Philipp (Hrsg.): ''Schwert in Frauenhand. Weibliche Bewaffnung.'' Klartext-Verlag, Essen 1998, ISBN 3-88474-693-6.<br /> * Lyn Webster Wilde: ''Amazonen. Auf den Spuren kriegerischer Frauen und göttlicher Frauen.'' Europa-Verlag, Wien 2001, ISBN 3-203-84040-5.<br /> * [[Robert Fleischer (Archäologe)|Robert Fleischer]]: ''Die Amazonen und das Asyl des Artemisions von Ephesos.'' In: ''[[Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts]].'' Band&amp;nbsp;117, 2002, S.&amp;nbsp;185–216.<br /> * Jeannine Davis-Kimball: ''Warrior Women. An Archaeologist’s Search for History’s Hidden Heroines.'' Warner Books, New York 2002, ISBN 0-446-52546-4 (englisch; [http://www.csen.org/WomenWarriors/Statuses_Women_Warriors.html Materialien]).<br /> * George Hinge: ''Herodot zur skythischen Sprache.'' In: ''Glotta.'' Band&amp;nbsp;81, 2005–2006, S.&amp;nbsp;86–115 (zur Wortherkunft des Namens „Amazonen“; [http://herodot.glossa.dk/arimasp.html reduzierte Fassung online]).<br /> * [[Jochen Fornasier]]: ''Amazonen. Frauen, Kämpferinnen, Städtegründerinnen.'' Zabern, Mainz 2007, ISBN 978-3-8053-3784-7.<br /> * {{DNP|Suppl. 5|62|67|Amazonen|[[Christian Moser (Komparatist)|Christian Moser]]}}<br /> * [[Historisches Museum der Pfalz|Historisches Museum der Pfalz Speyer]] (Hrsg.): ''Amazonen. Geheimnisvolle Kriegerinnen.'' Begleitbuch zur Ausstellung Speyer 2010/11. Minerva, München 2010, ISBN 978-3-938832-62-2.<br /> * [[Charlotte Schubert]], Alexander Weiß (Hrsg.): ''Amazonen zwischen Griechen und Skythen. Gegenbilder in Mythos und Geschichte'' (= ''Beiträge zur Altertumskunde.'' Band&amp;nbsp;310). de Gruyter, Berlin/Boston 2013, ISBN 978-3-11-028616-8 ({{Google Buch| Land=DE| BuchID=Q1gX0IFEAFoC| Linktext=Leseprobe}}).<br /> * [[Ahmet Ünal]]: ''Amazonların Eski Anadolu Kökenleri Hakkında Yeni Kaynak ve Gözlemler. New sources and observations on the Anatolian origin of the Amazons.'' Cerdrus 1, 2013, S. 21–32. [https://www.academia.edu/11717154/AMAZONLARIN_ESK%C4%B0_ANADOLU_K%C3%96KENLER%C4%B0_HAKKINDA_YEN%C4%B0_KAYNAK_VE_G%C3%96ZLEMLER PDF] bei [[Academia.edu]]<br /> <br /> ''Nacherzählungen:''<br /> * [[Gustav Schwab]]: ''Der Amazonenkrieg.'' In: Derselbe: ''Sagen des klassischen Altertums.'' Insel, Frankfurt am Main 1982 (Original 1838), ISBN 3-458-31827-5 ([[Hippolyte #Theseus-Mythos|Theseus-Mythos]], [https://www.projekt-gutenberg.org/schwab/sagen/sch1526.html Kapitel&amp;nbsp;61] bei [[Projekt Gutenberg-DE]]).<br /> * [[Louis Couperus]]: ''Herakles.'' Aus dem Französischen von Else Otten. Wegweiser-Verlag, 1923 ([[Hippolyte #Herakles-Mythos|Herakles-Mythos]], [https://www.projekt-gutenberg.org/couperus/herakles/chap033.html Kapitel&amp;nbsp;33] bei [[Projekt Gutenberg-DE]], weitere Kapitel zu Amazonen: 34–36).<br /> * {{Gartenlaube |Wikisource=Die Amazonen |Autor=Otto Ule |Jahr=1864 |Heft=51 |Seite= 809–811}}<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Amazons of Greek mythology|Amazonen der griechischen Mythologie|3=S}}<br /> {{Wiktionary|Amazone}}<br /> * {{Internetquelle<br /> |autor=Fotoarchiv<br /> |url=https://iconographic.warburg.sas.ac.uk/vpc/VPC_search/subcats.php?cat_1=5&amp;cat_2=351<br /> |titel=Gods &amp; Myths: Amazons<br /> |werk=[[Warburg Institute|Warburg Institute Iconographic Database]]<br /> |hrsg=Universität London<br /> |datum=2013<br /> |sprache=en<br /> |abruf=2018-09-28<br /> |kommentar=über 200 Photos von Darstellungen von Amazonen in der Kunst}}<br /> * {{Internetquelle<br /> |autor=Carlos Parada, Maicar Förlag<br /> |url=http://www.maicar.com/GML/AMAZONS.html<br /> |titel=Amazons<br /> |werk=Greek Mythology Link<br /> |datum=1997<br /> |sprache=en<br /> |abruf=2018-09-28<br /> |kommentar=ausführliche, gut bebilderte Auflistung}}<br /> * {{Internetquelle<br /> |autor=[[Jeannine Davis-Kimball]]<br /> |url=http://www.csen.org/WomenWarriors/Statuses_Women_Warriors.html<br /> |titel=Statues of Sauromatian and Sarmatian Women<br /> |werk=Center for the Study of the Eurasian Nomads (CSEN)<br /> |hrsg=USA<br /> |datum=2001<br /> |sprache=en<br /> |abruf=2018-09-28<br /> |kommentar=archäologische bebilderte Auflistung}}<br /> * {{Internetquelle<br /> |autor=Jennifer Taylor<br /> |url=https://www.mnsu.edu/emuseum/prehistory/aegean/amazons/amazonindex.html<br /> |titel=The Amazons: Introduction<br /> |werk=Ancient Greek Civilizations<br /> |hrsg=Minnesota State University, Mankato<br /> |datum=1999<br /> |sprache=en<br /> |abruf=2018-09-28<br /> |archiv-url=https://web.archive.org/web/20100603162720/https://www.mnsu.edu/emuseum/prehistory/aegean/amazons/amazonindex.html<br /> |archiv-datum=2010-06-03<br /> |kommentar=erstellt zur Konferenz „Warrior Women of Ancient Greece: Myth or Reality?“<br /> |offline=1}}<br /> * Adam Olearius (1656): [http://diglib.hab.de/wdb.php?dir=drucke/263-2-hist-2f&amp;pointer=797 ''Von Tagesthan einer Tartarischen Landschafft und von den Amazonen.''] (= 6. Buch, 12. Kapitel von ''Vermehrte Newe Beschreibung Der Muscowitischen und Persischen Reyse: So durch gelegenheit einer Holsteinischen Gesandschafft an den Russischen Zaar und König in Persien geschehen.'') Wolfenbütteler Digitale Bibliothek (WDB).<br /> <br /> == Anmerkungen ==<br /> &lt;references responsive=&quot;&quot;&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Imhoof-Blumer 1907-17&quot;&gt;<br /> [[Friedrich Imhoof-Blumer]]: ''Die Amazonen auf griechischen Münzen.'' In: Hans von Fritze, [[Hugo Gaebler]] (Hrsg.): ''Nomisma. Untersuchungen auf dem Gebiet der antiken Münzkunde.'' Band&amp;nbsp;1, Olms, Darmstadt 1974, ISBN 3-487-05385-3, S. 1–18, hier S. 17–18 (Neuauflage, erstveröffentlicht 1907): „[…] der den Amazonen eigentümliche Schild, die [[Pelte|Pelta]] […] Wie aus dieser Zusammenstellung der Amazonentypen auf Münzen hervorgeht, bilden die der [[Aioler|aiolisch]]-[[Ionier|ionischen]] Städte, die alle ihre Namen von Amazonen ableiteten, die vornehmste Gruppe. Es sind Pitane, Kyma, Myrina, Aigai, Ephesos und Smyrna, wozu noch Phokaia kommt. Unter diesen ist Kyme die einzige, die das Bild der [[Eponymer Heros|eponymen]] Amazone schon in hellenistischer Zeit führte, und Smyrna diejenige, die den Typus in beinahe ununterbrochener Folge von [[Domitian|Domitians]] bis [[Gallienus]] Zeit am häufigsten variierte. […] Von den gewöhnlichen Kennzeichen der Amazonen, kurzer [[Chiton]], der die rechte Brust nackt läßt, [[Doppelaxt]] und Pelta […] Die Turmkrone […] bildet in römischer Zeit den ständigen Kopfschmuck der Amazonen; er kennzeichnet die Trägerin nicht als Stadtgöttin, sondern als Repräsentantin der Stadt […]“.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Herodot 4-21–117&quot;&gt;<br /> [[Herodot]]: ''[[Historien des Herodot|Historien]].'' Buch&amp;nbsp;4, Verse&amp;nbsp;21–117.&lt;!-- Online? --&gt;<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Herodot 1-173&quot;&gt;<br /> Herodot: ''Historien.'' Buch&amp;nbsp;1, Vers&amp;nbsp;173.&lt;!-- Online? --&gt;<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Diodor 3-52&quot;&gt;<br /> [[Diodor|Diodorus Siculus]]: ''Historische Bibliothek'', Buch&amp;nbsp;3, Kapitel&amp;nbsp;52–56 ([http://www.myrine.at/Amazons/texts_d.html#Diodor myrine.at]).<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Ilias-6-186&quot;&gt;<br /> [[Homer]]: ''[[Ilias]].'' Buch&amp;nbsp;6, Vers&amp;nbsp;186 ([https://www.projekt-gutenberg.org/homer/ilias/ilias062.html online] bei [[Projekt Gutenberg-DE]]).<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Ilias-3-184&quot;&gt;<br /> Homer: ''Ilias.'' Buch&amp;nbsp;3, Vers&amp;nbsp;184 ([https://www.projekt-gutenberg.org/homer/ilias/ilias031.html online] bei [[Projekt Gutenberg-DE]]).<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Kerenyi 1984-273&quot;&gt;<br /> [[Karl Kerényi]]: ''Die Mythologie der Griechen.'' Band&amp;nbsp;2: ''Die Heroen-Geschichten.'' dtv, München 1984, ISBN 3-423-01346-X, S.&amp;nbsp;273–274.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Kerenyi 1984-130&quot;&gt;<br /> Karl Kerényi: ''Die Mythologie der Griechen.'' Band&amp;nbsp;2: ''Die Heroen-Geschichten.'' dtv, München 1984, ISBN 3-423-01346-X, S.&amp;nbsp;130–131.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Kerenyi 1984-202&quot;&gt;<br /> Karl Kerényi: ''Die Mythologie der Griechen.'' Band&amp;nbsp;2: ''Die Heroen-Geschichten.'' dtv, München 1984, ISBN 3-423-01346-X, S.&amp;nbsp;202–203.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Stoll 1868-124&quot;&gt;<br /> Heinrich Wilhelm Stoll: ''Die Sagen des classischen Alterthums. Erzählungen aus der alten Welt.'' Teubner, Leipzig 1868, S.&amp;nbsp;124–125 ({{Google Buch| Land=DE| BuchID=8BB1M419BhQC| Seite=124| Linktext=Seitenansicht}}).<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Aeneis 1-490&quot;&gt;<br /> [[Vergil]]: ''Aeneis.'' Buch&amp;nbsp;1, Verse 490–493 (Übersetzung von Edith und Gerhard Binder): „Den Zug der Amazonen […] führt die rasende Penthesilea, lodert inmitten Tausender; […] eine Kriegerin, und es wagt die Jungfrau, sich mit Männern im Kampf zu messen.“<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Hoffmann 2007&quot;&gt;<br /> [[Friedhelm Hoffmann]], [[Joachim Friedrich Quack]]: ''Anthologie der demotischen Literatur'' (= ''Einführungen und Quellentexte zur Ägyptologie.'' Band&amp;nbsp;4). Lit, Berlin 2007, ISBN 3-8258-0762-2, S.&amp;nbsp;9–10 und 107.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Museum-Amazonen&quot;&gt;<br /> [[Historisches Museum der Pfalz]] (Hrsg.): ''Amazonen. Geheimnisvolle Krieger. Begleitbuch zur Ausstellung Speyer 2010/11.'' München 2010, S.&amp;nbsp;11.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Anthony 2007&quot;&gt;<br /> David W. Anthony: ''The Horse, the Wheel, and Language. How Bronze-Age Riders from the Eurasian Steppes Shaped the Modern World.'' Princeton University Press, Princeton 2007, ISBN 0-691-05887-3, S.&amp;nbsp;329 ([http://books.google.de/books?hl=de&amp;id=0FDqf415wqgC&amp;q=Amazons+tales+warrior+graves#v=snippet Zitatansicht] in der Google-Buchsuche).<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Meyer 1902&quot;&gt;<br /> So beispielsweise [[Eduard Meyer]]: ''Geschichte des Altertums.'' Band&amp;nbsp;1,1: ''Einleitung. Elemente der Anthropologie.'' 1884, Kapitel&amp;nbsp;20: ''Die Frauen und Kinder. Der Rat der Alten. Soziale Gliederung.'' ([http://www.zeno.org/Geschichte/M/Meyer,+Eduard/Geschichte+des+Altertums/Erster+Band.+Erste+Abteilung%3A+Einleitung.+Elemente+der+Anthropologie/I.+Die+staatliche+und+soziale+Entwicklung/Die+Frauen+und+Kinder.+Der+Rat+der+Alten.+Soziale+Gliederung Nachdruck von 1965] auf zeno.org): „Kriegerische Organisationen der Frauen sind aus dem Altertum überliefert […] Gleichartige Sitten müssen in Kleinasien in alter Zeit vorgekommen sein und zu den dort lokalisierten Amazonensagen, sowie zu der Sage von dem Kampf mit Athen Anlaß gegeben haben.“<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;Ausstellungsinfo&quot;&gt;<br /> Zur Ausstellung in Speyer 2010–2011: {{Webarchiv |url=http://www.museum.speyer.de/Deutsch/Sonderausstellungen/Amazonen.htm?b=1 |text=Museumsinfo |wayback=20131015004302}}; [http://www.badische-zeitung.de/ausstellungen/der-mythos-der-bewaffneten-frauen--37470233.html Besprechung in der Badischen Zeitung]; [[Historisches Museum der Pfalz]] (Hrsg.): ''Amazonen. Geheimnisvolle Kriegerinnen. Begleitbuch zur Ausstellung Speyer 2010/11.'' Minerva, München 2010, ISBN 978-3-938832-62-2.<br /> &lt;/ref&gt;<br /> &lt;/references&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4142171-1|LCCN=sh/85/4138}}<br /> <br /> [[Kategorie:Amazone| ]]<br /> [[Kategorie:Volk der griechischen Mythologie]]<br /> [[Kategorie:Matriarchatsforschung]]<br /> [[Kategorie:Frauen und Militär]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Suzuki_DR-Z_400&diff=212118547 Suzuki DR-Z 400 2021-05-19T06:32:13Z <p>212.117.117.42: /* Fahrwerk DR-Z 400 SM */</p> <hr /> <div>Die '''Suzuki DR-Z&amp;nbsp;400''' ist ein [[Motorrad]] der [[Japan|japanischen]] Firma [[Suzuki]], das in vier verschiedenen Ausführungen gebaut wurde.<br /> [[Datei:Suzuki DR-Z 400 SM (Model 2006).jpg|miniatur|DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;SM (Modell 2006)]]<br /> [[Datei:Suzuki DR-Z 400 SM (Model 2006) Rechte Seite.jpg|miniatur|DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;SM (Modell 2006)]]<br /> <br /> * DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;SM ([[Supermoto]])<br /> * DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;S (Straßen-Enduro)<br /> * DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;E (Wettbewerbsenduro)<br /> * DR-Z 400 Y (Wettbewerbsenduro nur Kickstarter, 49 PS Leistung, Fahrwerk der RM 250)<br /> <br /> Die '''DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;SM''' ([[Supermoto]]-Ausführung) und die '''DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;S''' ([[Enduro]]-Ausführung) verfügen über einen [[Wasserkühlung|wassergekühlten]] [[Einzylindermotor|Einzylinder]]-[[Viertaktmotor]] mit 398 [[Kubikmeter#Kubikzentimeter|cm³]] [[Hubraum]], der bei 7.600 min&lt;sup&gt;−1&lt;/sup&gt; eine [[Leistung (Physik)|Leistung]] von 29 kW / 40 PS erbringt. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt rund 151 [[km/h]].&lt;ref&gt;{{Webarchiv|url=http://www.mcnews.com/mcn/technical/200801perfindex.pdf |wayback=20170115183223 |text=MC News „Performance Index“ vom Januar 2008 |archiv-bot=2019-05-16 16:58:30 InternetArchiveBot }}&lt;/ref&gt; Die Wettbewerbsenduro '''DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;E''' hat einen Motor mit 50 PS.<br /> <br /> == DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;SM und DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;S ==<br /> <br /> Die DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;SM ist 2,22 m lang und wiegt 134 kg ([[Leergewicht|Trockengewicht]]), das zulässige Gesamtgewicht liegt bei 335 Kilogramm. Der Verkauf wurde 2008 eingestellt. Die Abgaswerte entsprechen nicht der Euro-3-[[Abgasnorm]]. Die DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;S ist 2,31 m lang und wiegt 132 kg ([[Trockengewicht (Kraftfahrzeug)|Trockengewicht]]), das zulässige Gesamtgewicht liegt bei 335 kg. Erstmals erhältlich war die DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;S im Jahr 2000. Seither wurden nur geringe Änderungen vorgenommen. Das Fahrwerk wurde später verbessert, man übernahm es von dem Wettbewerbsmodell, der DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;E. Ein Schwachpunkt am DRZ-Motor war offenbar der Steuerkettenspanner, dieser wurde 2003 überarbeitet. Die letzte große Änderung war der Endschalldämpfer mit Katalysator aufgrund veränderter Abgasvorschriften.<br /> <br /> === Technische Daten ===<br /> <br /> ==== Triebwerk ====<br /> * Bauart: Einzylinder-Viertaktmotor <br /> * Kühlung: wassergekühlt <br /> * Abgasreinigung: Katalysator und Suzuki Pair-System (bei den neueren Baujahren)<br /> * Hubraum: 398 cm³ <br /> * Bohrung × Hub: 90 × 62,6 mm <br /> * Verdichtung: 11,3 : 1 <br /> * Leistung: 29,4 kW (39 PS) bei 7.600 min-1 <br /> * Drehmoment: 39,2 Nm bei 6.600 min-1 <br /> * Vergaser: [[Mikuni Corporation|Mikuni]] BSR 36 <br /> * Ventilsteuerung: DOHC <br /> * Ventile: 4 <br /> * Starter: Elektro<br /> <br /> ==== Kraftübertragung ====<br /> * Getriebe: 5-Gang<br /> * Kupplung: Mehrscheiben im Ölbad (Seilzug) <br /> * Antrieb: O-Ring-Kette <br /> * Höchstgeschwindigkeit: ~151 km/h<br /> <br /> ==== Elektrik ====<br /> * Zündung: DC-CDI, digital <br /> * Drehstromgenerator: 175 W <br /> * Batterie: 12 V/6,5 Ah<br /> <br /> ==== Abmessungen DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;S ====<br /> * Gesamtlänge: 2.310 mm<br /> * Gesamtbreite: 875 mm<br /> * Gesamthöhe: 1.230 mm<br /> * Radstand: 1.485 mm<br /> * Sitzhöhe: 935 mm<br /> * Trockengewicht: 132 kg<br /> * Zulässiges Gesamtgewicht: 335 kg<br /> * Tankinhalt inkl. Reserve: 10 Liter<br /> * Farben: Gelb, Schwarz, Blau<br /> <br /> ==== Abmessungen DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;SM ====<br /> * Gesamtlänge: 2.220 mm <br /> * Gesamtbreite: 870 mm <br /> * Gesamthöhe: 1.185 mm <br /> * Radstand: 1.460 mm <br /> * Sitzhöhe: 890 mm <br /> * Trockengewicht: 134 kg <br /> * Zulässiges Gesamtgewicht: 335 kg <br /> * Tankinhalt inkl. Reserve: 10 Liter <br /> * Farben: Gelb, Schwarz, Blau <br /> <br /> ==== Fahrwerk DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;SM ====<br /> * Rahmen: Doppelschleifen-Rohrrahmen, Cr-Mo-Stahl, Alu-Heck <br /> * Vorderradaufhängung: Upside-down Gabel Ø 47 mm, Zug- und Druckstufe einstellbar <br /> * Hinterradaufhängung: Alu-Kastenschwinge mit Zentralfederbein, voll einstellbar <br /> * Federweg vorn: 260 mm <br /> * Federweg hinten: 276 mm <br /> * Bremsanlage vorn: Scheibe Ø 310 mm <br /> * Bremsanlage hinten: Scheibe Ø 240 mm <br /> * Bereifung vorn: 120/70-17 <br /> * Bereifung hinten: 150/60-17<br /> <br /> ==== Fahrwerk DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;S ====<br /> * Rahmen: Doppelschleifen-Rohrrahmen, Cr-Mo-Stahl, Aluminiumheck<br /> * Vorderradaufhängung: Teleskopgabel Ø 47 mm, Zug- und Druckstufe einstellbar <br /> * Hinterradaufhängung: Alu-Kastenschwinge mit Zentralfederbein, voll einstellbar <br /> * Federweg vorn: 288 mm<br /> * Federweg hinten: 295 mm<br /> * Bremsanlage vorn: Scheibe Ø 250 mm<br /> * Bremsanlage hinten: Scheibe Ø 220 mm<br /> * Bereifung vorn: 80/100-21<br /> * Bereifung hinten: 120/90-18<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> * [http://www.suzuki-bikes.com/2006-DR-Z400SM.php suzuki-bikes.com]<br /> * [http://www.drz400s.de Private, deutschsprachige Seite für DR-Z&amp;nbsp;400&amp;nbsp;S/E/SM ]<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Suzuki DRZ 0400}}<br /> [[Kategorie:Motorradmodell]]<br /> [[Kategorie:Enduro]]<br /> [[Kategorie:Suzuki-Kraftrad|DRZ 0400]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=BVB&diff=199907034 BVB 2020-05-13T08:31:22Z <p>212.117.117.42: sie ist sehr gut</p> <hr /> <div>* Kaka ist sehr lecker.<br /> *Mampfi auch bekannt als Dumpfi ist ein Bär der Esspapier isst.<br /> *<br /> <br /> <br /> <br /> {{Begriffsklärung}}<br /> [[Kategorie:Abkürzung]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Josef_Mengele&diff=188358635 Josef Mengele 2019-05-08T12:18:49Z <p>212.117.117.42: Ich habe einige sehr relevante Änderungen vorgenommen. Belegend dafür ist die sehr verlässliche Informationsquelle des Youtubers Minermorsel.</p> <hr /> <div>{{Weiterleitungshinweis|Mengele}}<br /> [[Datei:WP Josef Mengele 1956.jpg|mini|Josef Mengele (Buenos Aires, 1956)]]<br /> [[Datei:Josef Mengele Signature.svg|rechts|rahmenlos|Unterschrift Josef Mengeles]]<br /> '''Josef Mengele''' (* [[16. März]] [[1911]] in [[Günzburg]]; † [[7. Februar]] [[1979]] in [[Bertioga]], [[Brasilien]]) war ein deutscher [[Mediziner]], [[Anthropologie#Biologische Anthropologie|Anthropologe]] und [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischer]] [[Kriegsverbrechen|Kriegsverbrecher]].<br /> Nachdem er ab 1937 als Assistent des [[Genetik|Erbbiologen]] und [[Eugenik|Rassenhygienikers]] [[Otmar von Verschuer]] gearbeitet hatte, meldete sich Mengele 1940 freiwillig zur [[Waffen-SS]]. Nach einem [[Kriegsfront|Front]]einsatz als [[Truppenarzt]] bei der [[5. SS-Panzer-Division „Wiking“]] wurde Mengele von Mai 1943 bis Januar 1945 als [[Sanitätswesen (KZ)#Lagerarzt|Lagerarzt]] im [[Konzentrationslager|Konzentrations-]] und [[Vernichtungslager]] [[KZ Auschwitz-Birkenau|Auschwitz]] eingesetzt. In dieser Funktion nahm er [[Selektion (Konzentrationslager)|Selektionen]] vor, überwachte die [[Gaskammer (Massenmord)|Vergasung]] der Opfer und führte menschenverachtende [[Menschenversuche in nationalsozialistischen Konzentrationslagern|medizinische Experimente an Häftlingen]] durch. Er sammelte Material und betrieb Studien zur [[Zwillingsforschung]], zu [[Wachstumsstörung|Wachstumsanomalien]], zu Methoden der [[Sterilisation (Empfängnisverhütung)|Unfruchtbarmachung von Menschen]] und Transplantation von [[Knochenmark]] sowie zur Therapie von [[Fleckfieber]] und [[Malaria]]. <br /> <br /> Nach dem Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] wurde er international als NS-Kriegsverbrecher gesucht, jedoch nie gefasst. Er starb 1979 im brasilianischen Badeort [[Bertioga]]. Mengele [[Ertrinken|ertrank]], als er beim Schwimmen im Meer einen [[Schlaganfall]] erlitt. 1985 wurden im Zuge einer intensivierten Fahndung seine unter falschem Namen beerdigten Gebeine entdeckt und identifiziert.<br /> <br /> Mengele rückte erst während der frühen 1960er Jahre im Zuge der Ermittlungen zu den [[Auschwitzprozesse]]n ins engere Blickfeld der Strafverfolger. Zuvor hatte er berenSOOOSSAAASSSEEEESLOOOLLAAALLEEELSCHESCHCOCKits einige Jahre unter seinem echten Namen ungestört in [[Argentinien]] gelebt. Seine weitere Flucht über [[Paraguay]] nach Brasilien gab zu unzähligen Spekulationen und Legendenbildungen Anlass, konnte aber erst nach der Entdeckung seiner Leiche aufgeklärt werden.<br /> <br /> Nachdem die Person Mengeles seit den 1960er Jahren durch sensationalistische Presseberichterstattung und [[Hollywood]]&amp;shy;filme zunehmend verzerrt wahrgenommen worden war, bemühte sich die Forschung seit Mitte der 1980er Jahre um eine „Entdämonisierung“. Standen zunächst die Umstände der Flucht und die Persönlichkeitsstruktur Mengeles im Mittelpunkt, so wurde in den letzten Jahren vor allem seine Integration in die an den deutschen [[Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften|Kaiser-Wilhelm-Instituten]] während des Nationalsozialismus betriebene wissenschaftliche Grundlagenforschung untersucht. Mengeles enger Kontakt zum [[Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik]] (KWI-A) unter [[Otmar von Verschuer|Otmar Freiherr von Verschuer]] in Berlin, dem er hunderte Präparate schickte, seine Menschenversuche an Häftlingen und vor allem seine Zwillingsforschungen in Auschwitz werden von einigen Historikern als „[[Pseudowissenschaft]]“, von anderen als Teil einer gewissenlos und unter rassistischen Prämissen betriebenen Experimentalmedizin gesehen.<br /> <br /> == Leben ==<br /> === Herkunft und Jugend ===<br /> Josef Mengele war der älteste der drei Söhne von [[Karl Mengele|Karl]] und Walburga Mengele (geb. Hupfauer), die 1907 einen Landmaschinenbetrieb in Günzburg gekauft und in wenigen Jahren zum größten Arbeitgeber des Ortes aufgebaut hatten. Beim Tod von Mengeles Vater 1959 beschäftigte die Firma [[Mengele Agrartechnik|Karl Mengele &amp; Söhne]] weltweit über 2000 Mitarbeiter. Karl Mengele kämpfte im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]], schloss sich während der 1920er Jahre dem [[Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten]], an und war zumindest zeitweise Mitglied der [[DNVP]]. Er wird als konservativ beschrieben, gilt aber nicht als [[Geschichte des Antisemitismus bis 1945|Antisemit]]. Er kandidierte 1924 und 1929 erfolglos auf der Liste der Freien Bürgervereinigung für den Günzburger Stadtrat. Dass er 1932 eine seiner Fabrikhallen für einen Wahlkampfauftritt [[Adolf Hitler]]s zur Verfügung stellte, wird oft als Beleg einer nationalsozialistischen Gesinnung angeführt, aber von Historikern übereinstimmend als solidarische Aktion im Rahmen der [[Harzburger Front]] gewertet. Im Mai 1933 trat Karl Mengele der [[NSDAP]] bei und erhielt offenbar als Gegenleistung für eine Parteispende einen Sitz im Stadtrat. Nach Kritik aus Parteikreisen, er habe sich sein Mandat erkauft, trat er außerdem 1935 der [[Schutzstaffel|SS]] bei. Das familiäre Milieu, aus dem Josef Mengele stammte, bezeichnet die historische Forschung nicht als ein nationalsozialistisches, sondern als ein [[Römisch-katholische Kirche|katholisch]]-[[Konservativismus|konservatives]] und deutschnationales.&lt;ref&gt;Zofka, ''Typologie'', S. 248–250; Völklein, ''Mengele'', S. 33–52; Keller, ''Günzburg'', S. 73–75.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Josef Mengele selbst trat 1924 dem [[Großdeutscher Jugendbund|Großdeutschen Jugendbund]] (GDJ) bei, der zur [[Bündische Jugend|Bündischen Jugend]] gehörte. Zwischen 1927 und 1930 stand er als „Ältestenführer“ der Günzburger Ortsgruppe vor. Obwohl der GDJ antisemitisch orientiert war und einen aggressiven [[Nationalismus]] vertrat, wird Mengeles Mitgliedschaft nicht als Ausdruck einer bereits [[Weltanschauung#Der Begriff in der nationalsozialistischen Propaganda|nationalsozialistischen Weltanschauung]] gesehen, weil der GDJ eher dem Spektrum der „[[Konservative Revolution|Konservativen Revolution]]“ zugeordnet wird.&lt;ref&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 77–79.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Studium ===<br /> Nach dem 1930 bestandenen [[Abitur]] immatrikulierte sich Josef Mengele an der [[Ludwig-Maximilians-Universität München]] für Medizin und wechselte zum dritten Semester wegen einer privaten Beziehung nach [[Universität Bonn|Bonn]]. Bewusst, so schildert er es selbst, schloss er sich keiner schlagenden [[Studentenverbindung]] an, da ihm deren Trinksitten nicht behagten. Im Mai 1931 trat er jedoch dem [[Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten|Jungstahlhelm]] bei. In seinem [[Tagebuch]] erklärte Mengele dies 1974 damit, dass er mit einem [[Kommilitone]]n einen kommunistischen Demonstrationszug beobachtet habe und dadurch zur Gewissheit gelangt sei, dass es an der Zeit sei, politisch Partei zu ergreifen.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 53–69.&lt;/ref&gt; Im Sommer 1932 bestand Mengele das [[Physikum]] und kehrte im Sommer 1933 nach einem Semester in Wien nach München zurück. Er schrieb sich jetzt zusätzlich auch für [[Anthropologie]] ein, die an der naturkundlichen Sektion der Philosophischen Fakultät gelehrt wurde.<br /> <br /> Mengele wurde 1935 beim Direktor des Münchner Anthropologischen Instituts [[Theodor Mollison]] mit der Höchstnote über ''„Rassenmorphologische Untersuchung des vorderen Unterkieferabschnittes bei vier rassischen Gruppen“'' zum Dr.&amp;nbsp;phil. [[Promotion (Doktor)|promoviert]]. Dazu untersuchte er 123 [[Unterkiefer]] aus der [[Staatssammlung für Anthropologie und Paläoanatomie|Münchner Anthropologischen Staatssammlung]], also Material aus der [[Frühgeschichte]] der Menschheit. Ihm ging es dabei um den Nachweis, dass sich anhand dieser Kieferabschnitte die Rassenzugehörigkeit bestimmen lasse. Aus heutiger Sicht, so der Medizinhistoriker [[Udo Benzenhöfer]], war dies „eher Wahn als Wissenschaft“.&lt;ref&gt;Benzenhöfer, ''Bemerkungen'', S. 228.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Sommer 1936 legte Mengele das medizinische [[Staatsexamen]] ab. Nach einem viermonatigen Praktikum an der Kinderklinik der [[Universität Leipzig]] trat er auf Empfehlung Mollisons 1937 eine Assistentenstelle&lt;ref&gt;Hans-Peter Kröner: ''Mengele, Josef.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 969.&lt;/ref&gt; am [[Universitäts-Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene Frankfurt am Main]] an, das zu diesem Zeitpunkt von Otmar Freiherr von Verschuer geleitet wurde.&lt;ref&gt;Ernst Klee: ''Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer.'' Frankfurt am Main 1997, S. 456&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Mollison und Verschuer gelten als diejenigen, die Mengeles Interesse für erbpathologische und [[Eugenik|rassenhygienische]] Themen weckten.<br /> <br /> === Assistent von Otmar Freiherr von Verschuer ===<br /> Besondere Bedeutung für Mengeles weitere Karriere gewann Verschuer. Dieser hatte sich seinen Namen mit Studien zur [[Erbbiologie]] gemacht und sich dabei 1927 über die Vererbung bei [[Zwillinge]]n [[Habilitation|habilitiert]]. Verschuer trat erst 1940 der NSDAP bei, ließ aber nie Zweifel daran, dass er die [[nationalsozialistische Rassenhygiene]] vorbehaltlos unterstützte. So arbeitete er nicht nur zur Vererbung von Krankheiten und deren Erbprognose, sondern gutachtete auch zu rassenhygienischen [[Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses|Zwangssterilisationen]] und in Prozessen zur sogenannten „[[Rassenschande]]“ nach den [[Nürnberger Gesetze]]n. Mengele, den sein Institutskollege [[Hans Grebe]] nach dem Krieg als „Lieblingsschüler“ Verschuers beschrieb, arbeitete an solchen Gutachten mit bzw. erstellte eigene Gutachten.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=[[Benno Müller-Hill]] |Titel=Tödliche Wissenschaft |Verlag=Rowohlt |Ort=Reinbek bei Hamburg |Datum=1988 |ISBN=3-499-15349-1 |Seiten=39, 157&amp;nbsp;ff., zit. 158}} Benzenhöfer, ''Bemerkungen'', S. 229.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Mengele wurde 1938 mit ''„Sippenuntersuchungen bei [[Lippen-Kiefer-Gaumenspalte]]“'', einem Versuch, deren Erblichkeit statistisch nachzuweisen, ebenfalls mit der Höchstnote promoviert. Für diese Studie wählte er 17 Probanden aus, die sich zwischen 1925 und 1935 in der Chirurgischen Universitätsklinik Frankfurt deswegen hatten operieren lassen. Durch die „Sippenuntersuchung“ ermittelte er insgesamt 1.222 Personen, von denen er 583 persönlich aufsuchte. Der Medizinhistoriker [[Udo Benzenhöfer]] bemerkt, dass Mengele dabei vor allem sogenannte „Mikromanifestationen“ in den Vordergrund stellte, von denen, so Benzenhöfer, eigentlich nicht sicher sei, ob man sie überhaupt zur Lippen-Kiefer-Gaumenspalte rechnen könne. Man dürfe deshalb annehmen, dass Mengele dadurch „eine hohe Erblichkeitsquote ‚erzielen‘ wollte“. Durch die Berücksichtigung der „Mikromanifestationen“ erreichte Mengele eine Erblichkeitsquote von zunächst 100 %, die er im Ergebnis dadurch, dass er schließlich nur das Vorkommen von zwei „Mikromanifestationen“ berücksichtigte, wieder senkte. Nach der Promotion übernahm Mengele zum 1. Juni 1938 eine Assistentenstelle in Verschuers ''Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene''.&lt;ref&gt;Benzenhöfer, ''Bemerkungen'', S. 229.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Beide Doktorgrade wurden Mengele wegen seiner im KZ Auschwitz begangenen Verbrechen 1960 bzw. 1961 aberkannt. Diese Entscheidung wurde am 23. September 1963 rechtsgültig.&lt;ref&gt;Den Anstoß gab eine Eingabe des Auschwitz-Überlebenden [[Hermann Langbein]]. Mengeles zweite Ehefrau Martha, die seine Rechtsansprüche in Deutschland vertrat, hatte mit Hilfe von Anwälten Einspruch einlegen lassen. Der Rechtsstreit zog sich über mehrere Jahre hin und wurde vor allem gegen die Universität Frankfurt geführt. 1963 wurde die Anfechtungsklage der Anwälte Mengeles vom [[Hessischer Verwaltungsgerichtshof|Hessischen Verwaltungsgerichtshof]] letztinstanzlich abgewiesen. Eine [[Nichtzulassungsbeschwerde]] an das [[Bundesverwaltungsgericht (Deutschland)|Bundesverwaltungsgericht]] hatten Mengeles Anwälte 1964 noch vorbereitet, aber dann kurzfristig zurückgezogen. Stefanie Harrecker: ''Degradierte Doktoren. Die Aberkennung der Doktorwürde an der Ludwig-Maximilians-Universität während der Zeit des Nationalsozialismus'' (= Beiträge zur Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München, Bd. 2). Utz, München 2007, ISBN 978-3-8316-0691-7, S. 233–238; Keller, ''Günzburg''. S. 57; Völklein, ''Mengele'', S. 273&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Mit der Eingliederung des Stahlhelms in die [[Sturmabteilung|SA]] im November 1933 gehörte auch Mengele der SA an, trat dort aber im Oktober 1934 mit Verweis auf ein seit seiner Jugend bestehendes Nierenleiden aus.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 70.&lt;/ref&gt; 1937 beantragte er die Aufnahme in die NSDAP ([[Liste der NSDAP-Mitgliedsnummern|Mitgliedsnummer]] 5.578.974), die zum 1. April 1938 erfolgte. 1938 trat er in die [[Schutzstaffel|SS]] (SS-Nr. 317.885) ein.&lt;ref&gt;Aleksander Lasik: ''Die Personalbesetzung des Gesundheitsdienstes der SS im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau in den Jahren 1940–1945.'' In: ''Hefte von Auschwitz'' 20 (1997), S. 314.&lt;/ref&gt; [[Hans Münch]], der ebenfalls Arzt im KZ Auschwitz war, attestierte Mengele 1985, er habe sich „[a]us kühlen Karriereüberlegungen und aus voller politischer Überzeugung“ auf das Gleis gesetzt, „das ihn im Mai 1943 schließlich nach Auschwitz führte“.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', zit. S. 75. Karrieregründe vermutet auch Zofka, ''Typologie'', S. 253.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Mengele engagierte sich nicht nennenswert politisch. Vom 24. Oktober 1938 bis zum 21. Januar 1939 leistete er einen auf drei Monate verkürzten Grund[[wehrdienst]] bei der 19. Kompanie des [[Gebirgsjäger]]regiments 137 in [[Saalfelden am Steinernen Meer]].&lt;ref name=&quot;V 89&quot;&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 89&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Im Juli 1939 heiratete er Irene Schönbein, die er in [[Leipzig]] kennen gelernt hatte. Weil der Großvater des Vaters seiner Frau nicht bekannt war, wurde die Aufnahme des Ehepaars in das „Sippenbuch der SS“ durch das [[SS-Hauptamt#Rasse- und Siedlungshauptamt|Rasse- und Siedlungshauptamt]] abgelehnt.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 72–74.&lt;/ref&gt;<br /> Nach Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] blieb Mengele zunächst am Frankfurter Institut, bis er am 15. Juni 1940 zur Sanitätsersatzabteilung 9 der [[Wehrmacht]] in [[Graf-Haeseler-Kaserne (Kassel)|Kassel]] eingezogen wurde.<br /> <br /> === Truppenarzt der Waffen-SS ===<br /> Angeblich weil er von einem Ausbilder schikaniert wurde, meldete sich Mengele zur [[Waffen-SS]] und absolvierte im Range eines [[Hauptscharführer]]s von Anfang August bis Anfang November 1940 eine [[Sanitätsoffizier|militärärztliche]] Ausbildung bei der Sanitätsinspektion der Waffen-SS.&lt;ref name=&quot;V89&quot;&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 89&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Im September 1940 wurde er rückwirkend zum [[Untersturmführer]] befördert. Zwischenzeitlich – offenbar bereits unmittelbar nach dem Übertritt zur Waffen-SS – war er zur „Umsiedlungsstelle“ in [[Łódź]] und zur „Einwanderungsstelle“ in [[Posen]] des [[Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums|Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums]] abgeordnet, wo er im Rahmen der [[Volkstumspolitik#Eindeutschung|nationalsozialistischen „Eindeutschungs“-Politik]] Gutachten zur rassenbiologischen Klassifizierung von [[volksdeutsche]]n Umsiedlern nach den Maßgaben der [[Deutsche Volksliste|Deutschen Volksliste]] vornahm. Vermutlich mit Aufstellung der Division von Februar bis Mai 1941, spätestens wohl zu Beginn des [[Unternehmen Barbarossa|Überfalls auf die Sowjetunion]], wurde er als Truppenarzt zur [[5. SS-Panzer-Division „Wiking“|SS-Division „Wiking“ (SS-Pionier-Bataillon&amp;nbsp;5)]] versetzt. Dass Mengele von Beginn an am [[Deutsch-Sowjetischer Krieg|Russlandfeldzug]] teilnahm, belegt das Zusammentreffen mit einem Studienfreund an der Front bei [[Dnipro|Dnepropetrowsk]] im Sommer 1941.&lt;ref&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 19–21.&lt;/ref&gt; Die Division wird für [[Massaker]] an Juden im Juli 1941 verantwortlich gemacht.&lt;ref&gt;[[Dieter Pohl (Historiker)|Dieter Pohl]]: ''Nationalsozialistische Judenverfolgung in Ostgalizien, 1941–1944.'' Oldenbourg, München 1996, ISBN 3-486-56233-9, S. 70.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Für sein Einsatzverhalten in der Sowjetunion 1941 und 1942 wurde Mengele mit dem [[Eisernes Kreuz|Eisernen Kreuz]] I. und II. Klasse ausgezeichnet und zum [[SS-Obersturmführer]] befördert. Es existieren unterschiedliche Angaben darüber, wie lange Mengele mit der Division „Wiking“ an der Front kämpfte. Spätere Aussagen des Kriegskameraden und späteren Auschwitzer KZ-Arztes [[Horst Fischer (Mediziner)|Horst Fischer]], von Verschuer sowie von Mengeles Ehefrau Irene deuten darauf hin, dass Mengele erst Mitte Januar 1943 wegen einer Verwundung von der Front zurückkehrte. Im Oktober 1942 wurde er noch bei seiner Einheit als Truppenarzt geführt und zur Beförderung vorgeschlagen. Dass er einer angeordneten Versetzung zur Dienststelle [[Reichsarzt SS|Reichsarzt SS und Polizei]] zum 23. Juli 1942 nachkam, erscheint demgegenüber unwahrscheinlich.&lt;ref&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 22–25.&lt;/ref&gt; Nach Auswertung von bislang unbekannten, auf September und Oktober 1942 datierten [[Deutsche Feldpost im Zweiten Weltkrieg|Feldpostbriefen]] und Fotografien kann nunmehr als gesichert gelten, dass Mengele nach einer ersten Verwundung und einem Fronturlaub im August 1942 in [[Freiburg im Breisgau|Freiburg]] bereits Anfang September 1942 wieder in seine Einheit und Stellung an der Ostfront zurückkehrte.&lt;ref&gt;Vgl. hierzu: Markus Wolter: ''Der SS-Arzt Josef Mengele zwischen Freiburg und Auschwitz. Ein örtlicher Beitrag zum Banalen und Bösen''. In: „Schau-ins-Land“, Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins. 133. Jahrbuch 2014, Freiburg (2015), S. 149–189, hier S. 159; Transkription des Feldpostbriefes vom 2. September 1942, hier S. 184.&lt;/ref&gt; Gesichert ist auch, dass Mengele am 14. Februar 1943 zum SS-Ersatzbataillon „Ost“ versetzt wurde und nach seiner Beförderung zum [[SS-Hauptsturmführer]] (April 1943) vom [[SS-Hauptämter#SS-Führungshauptamt|Führungshauptamt der SS]] am 24. Mai 1943 mit Wirkung zum 30. Mai 1943 zum Dienst in das KZ Auschwitz abgeordnet wurde.&lt;ref name=&quot;V91f&quot;&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 91&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Lagerarzt im KZ Auschwitz ===<br /> Mengele fungierte bis zu dessen Auflösung im August 1944 als Leitender [[Sanitätswesen (KZ)#Lagerarzt|Lagerarzt]] des [[Zigeunerlager Auschwitz|„Zigeunerlagers“ Auschwitz]] B II. Anschließend wurde er Leitender Lagerarzt im „Häftlingskrankenbaulager“ (HKB) B IIf und im Dezember 1944 [[Sanitätswesen (KZ)#Truppenarzt|Truppenarzt]] im SS-Truppenlazarett in Birkenau. Stets übernahm er aber auch Aufgaben in anderen Lagerabschnitten des KZ. Sein Vorgesetzter im KZ Auschwitz war [[Sanitätswesen (KZ)#Standortarzt|SS-Standortarzt]] [[Eduard Wirths]]. Mengele verließ das KZ Auschwitz am 18. Januar 1945 auf der Flucht vor der anrückenden [[Rote Armee|Roten Armee]] in Richtung des als Auffanglager vorgesehenen [[KZ Groß-Rosen]].<br /> <br /> Mengeles Versetzung in das KZ Auschwitz hat zu Spekulationen Anlass gegeben. Es wurde vermutet, dass Mengele sich freiwillig gemeldet habe, um nicht wieder an die Front zu müssen, oder dass von Verschuer hinter den Kulissen mitgewirkt haben könnte, um mit Mengele einen Vertrauensmann im Vernichtungslager zu haben, der Forschungsmaterial liefern könnte. Als wahrscheinlich gilt einerseits, dass das [[SS-Hauptämter#SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt|SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt]] durch die plötzliche und längerfristige Erkrankung von [[Benno Adolph]], dem Lagerarzt des gerade eingerichteten „Zigeunerlagers“, kurzfristig einen Ersatz benötigte und Mengele beim Ersatzbataillon gerade verfügbar war.&lt;ref name=&quot;V91f&quot; /&gt;<br /> <br /> Auf der anderen Seite ist belegt, dass sich Mengele während seines Berlin-Aufenthaltes inoffiziell am [[Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik]] (KWI-A), in Berlin-Dahlem aufhielt, dessen Leitung Verschuer 1942 übernommen hatte. Verschuer hatte ohnehin beabsichtigt, Mengele bei Gelegenheit nach Dahlem zu holen. Der Historiker Benoit Massin hält dabei Verschuers Assistenten [[Siegfried Liebau]] für die Schlüsselfigur. Liebau habe geradezu ein „Bündnis zwischen Verschuer und der SS“ vermittelt. Er hatte als Personalreferent im Sanitätsamt der Waffen-SS 1942 Mengeles Versetzung zum Reichsarzt SS unterzeichnet, arbeitete während Mengeles informellem Aufenthalt am KWI-A ebenfalls dort und war nicht nur bereits vor Mengeles Versetzung im KZ Auschwitz gewesen, sondern hatte der Forscherin [[Karin Magnussen]] von dort auch Fotografien von „Zigeunern“ mit verschiedenfarbigen Augen mitgebracht. Diese Verbindung und eine Aussage Hans Münchs, Mengele habe „wegen der großen Forschungsmöglichkeiten“ um die Versetzung gebeten, lassen Massin schließen, dass Mengeles Anwesenheit in Auschwitz kein Zufall war.&lt;ref&gt;Benoît Massin, ''Mengele, die Zwillingsforschung und die „Auschwitz-Dahlem Connection“.'' In: [[Carola Sachse]] (Hrsg.): ''Die Verbindung nach Auschwitz. Biowissenschaften und Menschenversuche an Kaiser-Wilhelm-Instituten. Dokumentation eines Symposiums.'' Göttingen 2003, S. 224–233. Hans-Walter Schmuhl: ''Grenzüberschreitungen. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik 1927 bis 1945.'' Göttingen 2005, S. 474–477.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Was Mengele in Auschwitz tat, ergibt sich vor allem aus den Zeugenaussagen Überlebender, nicht zuletzt weil er seine Unterlagen mitnahm und die Lager-SS kurz vor ihrer Flucht noch versuchte, die Lagerakten und Krankenhausunterlagen zu vernichten. Aufgrund seiner Durchsicht der Akten des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main warnte [[Ernst Klee]], Aussagen über Mengele seien „mit höchster Vorsicht zu behandeln“, da demnach Mengele gleichzeitig im [[KZ Auschwitz I (Stammlager)|Stammlager]], in [[KZ Auschwitz-Birkenau|Birkenau]], [[KZ Auschwitz III Monowitz|Monowitz]] und den [[Liste der Außenlager des KZ Auschwitz I (Stammlager)|Außenlagern]] „gewütet“ hätte. Mengeles Einsatzbereich sei aber Birkenau gewesen.&lt;ref&gt;Ernst Klee: ''Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon''. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-10-039333-3, S. 274&lt;/ref&gt; Zeugenaussagen können zwar fehlerhaft sein, aber speziell im Fall Mengele liegen Aussagen von Häftlingsärzten und Pflegern vor, die mitunter eng und über längere Zeiträume im KZ Auschwitz mit ihm zusammenarbeiten mussten, so dass deren Aussagen in verschiedenen Ermittlungsverfahren als stichhaltig bewertet wurden. Mengele selbst hat keinerlei Aufzeichnungen aus seiner Zeit in Auschwitz hinterlassen.&lt;ref&gt;Zofka, ''Mengele'', S. 259&amp;nbsp;f.; Völklein, ''Mengele'', S. 30–32; Keller, ''Günzburg'', S. 64–66.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Leitender Lagerarzt des „Zigeunerlagers“ ====<br /> [[Datei:Zigeunerlager im KZ Auschwitz-Birkenau.png|mini|Grafische Darstellung des Zigeunerlagers im KZ Auschwitz-Birkenau]]<br /> Verschiedene Häftlinge berichten, dass sich Mengele unmittelbar nach seiner Ankunft in Auschwitz um eine Verbesserung der Situation bemühte. So habe er die [[Kapo (KZ)|Kapos]] angewiesen, keine Häftlinge zu erschlagen, für eine ausreichende und regelmäßige Versorgung gerade der Kinder gesorgt, Sport wie Fußball zugelassen und sich den Anliegen der Häftlinge gegenüber offen gezeigt. Solche Aussagen gibt es aber nur wenige. Stattdessen überwiegen bei weitem die Charakterisierungen, die Mengeles wechselhafte Stimmungen und seine besondere Bereitschaft belegen, am [[Massenmord]] mitzuwirken. Nach einer Charakterisierung Hans Münchs war er kein Opportunist, sondern von der Notwendigkeit der „Judenvernichtung“ vollkommen überzeugt. Er habe sich vorbehaltlos mit seiner Aufgabe identifiziert. [[Hermann Langbein]], in Auschwitz Schreiber bei Eduard Wirths, sagte 1960 im Ermittlungsverfahren gegen Mengele aus, dieser sei nach [[Friedrich Entress]] „der gefürchtetste Lagerarzt“ gewesen. Mengele habe Versuche, die Lage der erkrankten Häftlinge zu verbessern, unterbunden. Er habe nicht nur auf die hygienischen Mängel in seinem Lager nicht hingewiesen, sondern sich auch energisch dafür eingesetzt, dass möglichst wenig Medikamente geliefert würden.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 11–17, zit. S. 16; Zofka, ''Mengele'', S. 265.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Mengele trat durch seine besonders rücksichtslose und menschenverachtende Art der Bekämpfung von Krankheiten und [[Seuche]]n hervor, die bei den schlechten Lebensbedingungen im Lager weit verbreitet waren. Als Ende 1943 im Frauenlager, das zu diesem Zeitpunkt unter seiner Aufsicht stand, eine [[Typhus]]epidemie ausbrach, ließ er die 600 Insassinnen eines ganzen Blocks vergasen und den Block anschließend desinfizieren. In diesen Block wurden dann die Frauen des nächsten Blocks verlegt, der geleerte Block desinfiziert und so fort. So ging er auch gegen ungarische Jüdinnen im Lager B IIc vor, die an [[Scharlach]] erkrankt waren, und gegen jüdische Kinder im Lager B IIa, unter denen sich die [[Masern]] verbreitet hatten. Auch im „Zigeunerlager“ schickte Mengele alle Kranken mit solchen potentiell epidemischen Infektionen in die [[Gaskammern und Krematorien der Konzentrationslager Auschwitz|Gaskammern]]. [[Rudolf Höß]] zufolge, dem [[KZ-Kommandant|Kommandanten]] des KZ Auschwitz, hielt sich Mengele dabei an einen Geheimbefehl [[Heinrich Himmler]]s, wonach die Kranken im Zigeunerlager, besonders die Kinder, durch die Ärzte unauffällig zu beseitigen seien.&lt;ref&gt;Kubica, ''Dr. Mengele'', S. 412–413. Im Haftbefehl des Landgerichts Frankfurt vom 19. Januar 1981 wird aufgeführt, Mengele habe am 25. Mai 1943 1035 „Zigeuner“ wegen Typhusverdachts vergasen lassen. Vgl. Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 44. Er trat aber erst am 30. Mai 1943 seinen Dienst in Auschwitz an.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Sein Vorgesetzter Wirths schlug Mengele gerade wegen seiner Tätigkeit bei der Seuchenbekämpfung im Februar 1944 für das [[Kriegsverdienstkreuz (1939)|Kriegsverdienstkreuz]] vor. Im Juli 1944 leitete Mengele die Liquidierung des „Familienlagers Theresienstadt“, wobei unter dem Vorwand der Bekämpfung einer Flecktyphusepidemie ca. 4000 Menschen ermordet wurden. Am 19. August 1944 urteilte Wirths, Mengele habe „alle ihm gestellten Aufgaben oft unter schwierigsten Voraussetzungen zur vollsten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten erfüllt und sich jeder Lage gewachsen gezeigt“.&lt;ref&gt;Kubica, ''Dr. Mengele'', S. 412–415.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Aufgrund der Krankheiten und der mangelhaften Ernährung starben von den etwa 22.600 nach Auschwitz deportierten [[Sinti und Roma]] – mehr als die Hälfte von ihnen Frauen und Kinder – bis Ende 1943 rund 70 %. Bis zum Beginn ihrer systematischen Ermordung starben 13.600 Insassen.&lt;ref&gt;{{Literatur |Hrsg=[[Wolfgang Benz]], [[Barbara Distel]], Angelika Königseder |Titel=Hinzert, Auschwitz, Neuengamme |Sammelwerk=Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager |Band=5 |Verlag=Beck |Ort=München |Datum=2007 |Seiten=117&amp;nbsp;f}}; {{Literatur |Autor=Karola Fings |Hrsg=Wolfgang Benz, Barbara Distel |Titel=Nationalsozialistische Zwangslager für Sinti und Roma |Sammelwerk=Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager |Band=9 |Verlag=Beck |Ort=München |Datum=2009 |Seiten=211}}&lt;/ref&gt; Die wohl im Mai 1944 beschlossene Liquidierung des „Zigeunerlagers“ wurde von Mengele befürwortet und umgesetzt. Nach Mengeles Selektion der noch Arbeitsfähigen, die zunächst in das [[KZ Auschwitz I (Stammlager)|Stammlager des KZ Auschwitz]] verlegt und anschließend in andere Konzentrationslager verbracht wurden, beaufsichtigte er persönlich die gewaltsame Auflösung des Lagers am 2. August 1944. Dabei wurden die verbliebenen Insassen, nach verschiedenen Angaben zwischen 2897 und 3300, in den Gaskammern ermordet.&lt;ref&gt;Kubica, ''Dr. Mengele'', S. 414; Völklein, ''Mengele'', S. 122&amp;nbsp;f.; Keller, ''Günzburg'', S. 32.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die polnischen Häftlingsärzte Tadeusz Snieszko, Tadeusz Szymanski und Danuta Szymanska berichten, die Arbeitsweise Mengeles als Lagerarzt im „Zigeunerlager“ sei „überhaupt sehr eigenartig“ gewesen. Bei Inspektionen habe er sich milde gezeigt, so dass „selbst die weniger gewandten Zigeuner sich an ihn mit ihren Bitten und Klagen wandten und ihn mit Vater, Väterchen, Onkel oder ähnlichem anredeten“. An den vielen Kranken aber habe Mengele im Allgemeinen kein Interesse gezeigt. Bei Entlausungsaktionen ließ er Kranke ohne Rücksicht auf ihren Zustand stundenlang nackt ausharren, auch im Winter bei Schnee und Regen im Freien, so dass viele starben. Sechzig [[Tuberkulose]]kranke schickte er im Spätherbst 1943 offenkundig in die Gaskammern, so dass keiner mehr wagte, sich mit Brustschmerzen krankzumelden. [[Krätze]] bekämpfte er im Frühjahr 1944 mit einem Säurebad, das zwar desinfizierte, aber lebensgefährlich war. Das besondere Interesse Mengeles erregten allein die sich ausbreitende Erkrankung an [[Noma (Krankheit)|Noma]], Zwillinge, Kinder mit angeborenen Anomalien und Menschen mit unterschiedlich farbigen Augen ([[Iris-Heterochromie]]).&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 117–121.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Selektionen ====<br /> [[Datei:Bundesarchiv Bild 183-N0827-318, KZ Auschwitz, Ankunft ungarischer Juden.jpg|mini|Ankunft ungarischer Juden im KZ Auschwitz (Mai 1944) – Aufnahme aus dem „[[Auschwitz-Album]]“]]<br /> <br /> [[Datei:Bundesarchiv Bild 183-74237-004, KZ Auschwitz-Birkenau, alte Frau und Kinder.jpg|mini|Eine alte Frau mit Kindern auf dem Weg in die Gaskammern in Auschwitz-Birkenau (Mai 1944) – Aufnahme aus dem „[[Auschwitz-Album]]“]]<br /> Zu den Hauptaufgaben der Lagerärzte in Auschwitz gehörte es, [[Selektion (Konzentrationslager)|Selektionen]] vorzunehmen. Turnusmäßig selektierten die Ärzte bei ankommenden Transporten an der sogenannten Rampe, aber auch regelmäßig im Lager selbst. Sie entschieden im Wesentlichen durch Augenschein darüber, wer unmittelbar getötet werden sollte oder nicht. Vor allem Kinder, Alte, Kranke, Behinderte, Schwache und Schwangere wurden zur sofortigen Vergasung bestimmt, die von den Ärzten auch beaufsichtigt wurde.<br /> <br /> Von Mengele wird berichtet, dass er sich förmlich danach drängte, Selektionen vorzunehmen, während andere SS-Ärzte wie Münch diese Aufgabe nach Möglichkeit vermieden. Der Günzburger SS-Mann Richard Boeck, der in Auschwitz der Fahrbereitschaft des Stammlagers angehörte, berichtete im Ermittlungsverfahren gegen Mengele 1971 von der Selektion eines Transportes ungarischer Juden 1943. Mengele habe die Kolonne der [[Deportation#Deportationen aufgrund rassischer Zuordnung|Deportierten]] an sich vorüberziehen lassen und mit dem Daumen mal nach links, mal nach rechts gewiesen. Mit dieser Geste schickte er die einen in die [[Gaskammern und Krematorien der Konzentrationslager Auschwitz|Gaskammern]], die anderen ins Lager. Überlebende berichten, dass der stets sehr gepflegt und sehr gut aussehende Mengele aufgefallen sei, weil er durchaus nicht wie ein Mörder ausgesehen habe. Er habe zuweilen gelächelt und manchmal eine Opernarie gepfiffen, besonders gerne [[Thema (Musik)|Themen]] aus [[Rigoletto]].&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 21&amp;nbsp;f., 126–133.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Auch innerhalb des KZ Auschwitz wurden immer wieder Selektionen vorgenommen, bei denen Mengele derjenige gewesen sei, der „immer weit über die vorgeschriebene Zahl hinausging“. Der [[Funktionshäftling|Lagerälteste]] des [[KZ Auschwitz-Birkenau|Birkenauer]] Quarantänelagers für Juden, [[Hermann Diamanski]], berichtete 1959 im Ermittlungsverfahren, dass Mengele von Block zu Block ging und auf diejenigen Häftlinge wies, die er zur Vergasung oder Erschießung bestimmte. Bei einem Transport aus [[Litauen]], durch den ca. 80 bis 90&amp;nbsp;Kinder und Jugendliche ins Lager kamen, stellte Mengele einen ca. 1,20 bis 1,40&amp;nbsp;m hohen Rahmen auf. Wer durch diesen Rahmen ging, ohne anzustoßen, war zur Ermordung bestimmt. Diese Methode der Selektion wird auch von weiteren Zeugen bestätigt.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 133&amp;nbsp;f.; Kubica, ''Dr. Mengele'', S. 412.&lt;/ref&gt; Der Häftlingsschreiber [[Tadeusz Joachimowski]] beschrieb außerdem, dass Mengele mitunter auch Häftlingsärzte mit Selektionen beauftragte, wenn er selber andere Aufgaben wahrnehmen wollte.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 134&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Bei Selektionen im Krankenbau pflegte Mengele häufig aber auch eine Art indirekter Selektion, bei der er sich von den Häftlingsärzten und -ärztinnen eine Liste mit Diagnosen und Prognosen vorlegen ließ und auf der Grundlage dieser Unterlagen entschied. Nicht selten versuchten die Häftlingsärzte und -pfleger gegen Mengele zu arbeiten, etwa indem sie falsche Häftlingsnummern der Selektierten aufschrieben, Nummern übersprangen oder selektierte Häftlinge zu verstecken versuchten, was manchmal, aber nicht immer gelang und bei Mengele, wenn er es entdeckte, regelmäßig zu Wutanfällen führte.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 140–143.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Allein durch die Selektionen innerhalb des Lagers war Mengele an der Tötung Zehntausender Menschen beteiligt. Joachimowski schätzt, dass Mengele 1943 und 1944 allein in den Lagerabschnitten B II b, B II c, B II e und B III rund 51.000 Frauen in den Tod schickte. Die Zahl der Opfer seiner Krankenselektionen geht ebenfalls in die Tausende, denn bei jeder Selektion seien jeweils 400 bis 800 Häftlinge „aussortiert“ worden. Bei der Auflösung des „Zigeunerlagers“ und auch der des „[[Theresienstädter Familienlager|Familienlagers Theresienstadt]]“ selektierte Mengele die noch arbeitsfähigen Häftlinge und ließ die übrigen vergasen.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 136–143; Keller, ''Günzburg'', S. 32&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Nach Angaben des italienischen Auschwitz-Häftlings und Arztes [[Leonardo De Benedetti]] führte Mengele auch im Krankenbau des [[KZ Auschwitz III Monowitz]] Selektionen durch.&lt;ref&gt;Vgl. Primo Levi: ''So war Auschwitz. Zeugnisse 1945–1986. Mit Leonardo De Benedetti''. Hrsg. v. D. Scarpa und F. Levi. München, Hanser 2017, ISBN 978-3-446-25449-7, darin vor allem die Texte: Leonardo De Benedetti: ''Anklage gegen Dr. Josef Mengele'' (1959), S. 77–84; Primo Levi / Leonardo De Benedetti: ''Bericht über die hygienisch-medizinische Organisation des Konzentrationslagers für Juden in Monowitz (Auschwitz)'' (1945/46), S. 13–47, hier S. 42 f. und Leonardo de Benedetti: ''Aussage über Monowitz'' (1946), S. 58–62, hier S. 59. Der Text ''Anklage gegen Dr. Josef Mengele'' wurde 1959 über Hermann Langbein der Staatsanwaltschaft am Oberlandesgericht [[Freiburg im Breisgau]] übermittelt, die in diesem Jahr den ersten internationalen Haftbefehl gegen Mengele erließ.&lt;/ref&gt; De Benedetti berichtete, dass er 1944 in Monowitz vier Krankenselektionen durch Mengele unterzogen worden sei: „Im Lager Monowitz fanden diese Selektionen in zwei Etappen statt: Die erste Auswahl wurde von einem SS-Offizier getroffen, assistiert von den Ärzten des Krankenbaus im Lager, und ein paar Tage später kam Dr. Mengele und bestätigte durch eine zweite, ebenso rasche und oberflächliche Überprüfung die Auswahl des Ersten.“ Diese sei „endgültig“ gewesen und stellte „ein unanfechtbares Urteil und ein unwiderrufliches Todesurteil dar.“&lt;ref&gt;De Benedetti, ''Anklage'', S. 78.&lt;/ref&gt; Auch De Benedettis Mithäftling und Freund [[Primo Levi]] bezeugte in einer Erklärung zum Warschauer Prozess gegen [[Rudolf Höß]] 1947 die Anwesenheit und die Verantwortung Mengeles für Kranken-Selektionen 1944 in Monowitz.&lt;ref&gt;: Primo Levi: ''Erklärungen für den Prozess Höß'' (1947), in: Primo Levi, ''So war Auschwitz'', S. 64: „Vom Lagerpersonal [in Monowitz] im engeren Sinne erinnere ich mich an den Namen und die Physiognomie von Dr. Mengele, dem leitenden Stabsarzt sämtlicher Lager um Auschwitz(!).“&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Medizinische Experimente und Untersuchungen ====<br /> ===== Die „Wasserkrebs“-Epidemie =====<br /> [[Datei:Noma.jpg|mini|[[Noma (Krankheit)|Noma]] – kolorierte Lithographie nach einer Zeichnung von [[Robert Froriep]] (1836)]]<br /> Besondere Aufmerksamkeit widmete Mengele dem „[[Noma (Krankheit)|Wasserkrebs]]“ (Noma), einer seltenen bakteriellen Infektionskrankheit. Dabei entsteht zunächst eine Wasserschwellung an der Wange, die sich bei fortschreitender Entzündung zu Mundfäule bis zur Verfaulung der Wange mit Löchern in der Gesichtshaut entwickelt und durch [[Sepsis|Blutvergiftung]] schließlich zum Tode führt. Voraussetzung dieses schwersten Krankheitsverlaufs ist eine erhebliche Schwächung der körpereigenen Abwehrkräfte.<br /> <br /> Der „Wasserkrebs“ brach im Sommer 1943 im „Zigeunerlager“ aus, wo Unterernährung und Hygienemängel vorherrschten. Vor allem Kinder und Jugendliche erkrankten. „Dabei fielen ganze Fleischstücke ab, auch die Unterkiefer waren betroffen“, berichtete der tschechische Häftlingsarzt Jan Češpiva. „Einen solchen Gesichtsbrand wie dort habe ich noch niemals gesehen.“&lt;ref&gt;Kubica, ''Dr. Mengele'', S. 379.&lt;/ref&gt; Mengele ließ eine eigene Baracke auf dem Gelände des Krankenbaus für die Erkrankten einrichten und von dem jüdischen Häftling und Kinderarzt [[Berthold Epstein]] beaufsichtigen, der aus [[Prag]] nach Auschwitz deportiert worden war. Mit Hilfe eines weiteren Häftlingsarztes, Rudolf Vítek (im Lager noch Rudolf Weißkopf), untersuchte Epstein in Mengeles Auftrag Verlauf, Ursachen und Heilmethoden der Krankheit und erstattete regelmäßig Bericht.<br /> <br /> Mengele führte genaue Untersuchungen der Erkrankten durch, fotografierte die jeweils befallenen Teile der Wange und beauftragte einen Kunstmaler unter den Häftlingen, die Gesichter zu zeichnen. Der Arzt Czesław Głowacki, Pfleger und Leichenträger im „Zigeunerlager“, berichtete in einer Vernehmung am 13. April 1972 außerdem, dass Mengele bei kranken Kindern Absonderungen der Mundschleimhaut entnahm und gesunden Kindern injizierte. Auch eine Versuchsgruppe Erwachsener habe es gegeben. Nach den Injektionen sei ein schneller Verfall der Betroffenen zu beobachten gewesen. Głowacki zufolge starben 3000 Menschen an diesen „Impfungen“, hauptsächlich Kinder.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 161&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Berichtet wird auch, dass Mengele erkrankte Kinder umbringen ließ, um sie untersuchen zu lassen, und dass er Versuche über die Wirkung unterschiedlicher Kost durchführte. Histopathologische Untersuchungen und andere Laboranalysen nahm das Labor des [[Hygiene-Institut der Waffen-SS|Hygiene-Instituts der Waffen-SS]] in [[Rajsko (Oświęcim)|Raisko]] vor, wo Häftlinge wie Václav Tomášek oder [[Ludwik Fleck]] arbeiteten. Präparate einzelner Organe, nach Aussage Češpivas auch ganze Kinderköpfe, wurden für die [[Medizinische Akademie der Waffen-SS]] in [[Graz]] erstellt. Von verschiedener Seite wird betont, dass sich Mengele bei den gesamten Untersuchungen, die bis zur Auflösung des Krankenhauses im „Zigeunerlager“ im Juni 1943 andauerten, weniger für die Probleme der Mangelernährung interessierte, als vor allem nach der Rolle genetischer oder rassenbiologischer Faktoren fragte.&lt;ref&gt;Kubica, ''Dr. Mengele'', S. 378–380; Lifton, ''Ärzte'', S. 421&amp;nbsp;f.; Völklein, ''Mengele'', S. 118&amp;nbsp;f.; Klee, ''Auschwitz'', S. 466; Massin, ''Mengele'', S. 237.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ===== {{Anker|Zwillingsexperimente}} Zwillingsforschung =====<br /> [[Datei:Auschwitz Mengele Block 10.jpg|mini|Block 10 im Konzentrationslager Auschwitz]]<br /> Ein weiteres Hauptinteressengebiet Mengeles war die Zwillingsforschung, zugleich das Spezialgebiet Verschuers. Die systematische Zwillingsforschung geht auf den Briten [[Francis Galton]] zurück, der zugleich als Begründer der [[Eugenik]] gilt. Die Entwicklung eineiiger und zweieiiger Zwillingspaare wird dabei unter der Annahme verglichen, dass Unterschiede zwischen eineiigen Zwillingen ausschließlich durch Umwelteinflüsse bedingt würden, weil diese Zwillingspaare im Unterschied zu zweieiigen Zwillingspaaren identisches Erbgut aufwiesen. Vor allem seit den 1920er Jahren war die Zwillingsforschung eine international anerkannte und verbreitete Untersuchungsmethode für Probleme menschlicher Vererbung. In Deutschland wurden damit vor allem erbpathologische Fragen untersucht. Anfang der 1940er Jahre bestanden die Desiderate der Forschung vor allem darin, dass man wissen wollte, welche Rolle die Vererbung bei der Reaktion des Menschen auf Infektionen spielte. Methodisch bedurfte es dazu aber einer möglichst gleichzeitigen Untersuchung erkrankter Zwillinge. In der Praxis kamen solche Fälle aber nur sehr selten vor. Noch seltener ergab sich die Möglichkeit, eine möglichst zeitnahe Sektion verstorbener Zwillingspaare vorzunehmen, um histologische oder anatomisch-pathologische Untersuchungen durchführen zu können.&lt;ref&gt;Massin, ''Mengele'', S. 202–204, 214&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Unter dieser Voraussetzung gilt es als sehr wahrscheinlich, dass Mengele im KZ Auschwitz eine Möglichkeit zur wissenschaftlichen Profilierung erblickte. Hans Münch berichtete, Mengele habe es als unverantwortlich angesehen, die Gelegenheiten, die sich der Zwillingsforschung in Auschwitz bieten würden, vorbeigehen zu lassen. „Wenn die sowieso ins Gas gehen …“, habe Mengele gesagt. „Die gibt es nie wieder, diese Chance.“&lt;ref&gt;Zit. nach Lifton, ''Ärzte'', S. 418. Der bei Robert Lifton als „Doktor B.“ zitierte Zeuge läßt sich als Hans Münch identifizieren. Massin, ''Mengele'', S. 220; Völklein, ''Mengele'', S. 144&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Er beabsichtigte wohl, sich mit dem Material seiner Zwillingsforschung zu habilitieren.&lt;ref&gt;Massin, ''Mengele'', S. 220.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Mengele richtete auf dem Gelände des „Zigeunerlagers“ einen sogenannten „Kindergarten“ ein, in welchem alle Kinder im Alter bis zu sechs Jahren untergebracht und eigens betreut wurden. Die [[KZ-Baracke|Baracken]] waren in besserem Zustand als die meisten übrigen, ein regelrechter Kinderspielplatz mit Sandkasten, Schaukeln, Karussell und Turngeräten war eingerichtet, und die Kinder erhielten eine Zeit lang bessere Kost. Hier nahm Mengele aber auch die ersten Untersuchungen an Zwillingen vor und brachte weitere Zwillingspaare unter, die er vor allem aus den ständig neu ankommenden Transporten holte. Zu diesem Zweck hielt sich Mengele auch außerhalb seines eigentlichen Dienstplans häufig an der Rampe auf.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 16; Kubica, ''Dr. Mengele'', S. 380&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Mengele konnte seine umfassenden Untersuchungen allerdings nicht ohne Hilfe durchführen. Er machte Epstein zum Leiter seines Experimentallabors und versicherte sich der Mitarbeit der Häftlingsärzte und Häftlingspfleger, die er dabei streng beaufsichtigte und über den Zweck seiner Forschungen im Unklaren ließ. Im Fall der polnischen Anthropologin Martina Puzyna, die an Typhus erkrankt war, als sie Mengele im März 1944 während einer Selektion im Krankenbau traf, sorgte Mengele für zusätzliche Verpflegung und bessere Unterbringung, um sie nach ihrer Genesung anthropologische Messungen an Zwillingen vornehmen zu lassen. Sie gab an, dass Gerüchte kursierten, es werde „eine Vermehrung der nordischen Rasse“ angestrebt und die Züchtung von Zwillingen erprobt. Über das weitere Schicksal der Zwillinge habe sie nichts erfahren.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 148&amp;nbsp;f, S. 27–29; Kubica, ''Dr. Mengele'', S. 379&amp;nbsp;f.; Lifton, ''Ärzte'', S. 416–420.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Viele Häftlingsärzte befolgten in Todesangst Mengeles Befehle. Einige wenige wählten den [[Suizid]]. Nach einem Bericht des Leiters des Häftlings-Leichenkommandos in Birkenau, Joseph Neumann, sollte der Arzt Dr.&amp;nbsp;Koblenz-Levi, der vor dem Zweiten Weltkrieg zur [[Meningitis]] geforscht hatte, auf Befehl Mengeles gemeinsam mit seinem Bruder, der ebenfalls Arzt war, seine Forschungen im Krankenbau von Auschwitz fortsetzen. Nach wenigen Tagen habe Koblenz-Levi ihm, Neumann, aber gesagt, „daß er so eine barbarische Forschung nicht machen kann. [Ein] paar Tage später hat Dr.&amp;nbsp;Koblenz-Levi Selbstmord begangen wie auch sein Bruder. […] Ich erinnere mich, wie Dr.&amp;nbsp;Koblenz-Levi bei der Arbeit die ganze Zeit geweint hat wie ein kleines Kind.“&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 159; Klee, ''Auschwitz'', S. 482.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Das von Verschuer entwickelte und von Mengele angewandte Verfahren zur Unterscheidung ein- und zweieiiger Zwillinge basierte auf einer eingehenden Untersuchung verschiedener körperlicher Merkmale. Mengele verwendete in Auschwitz Fragebogen des KWI-A, anhand derer für jeden Zwilling eine 96&amp;nbsp;Punkte umfassende Personendatei mit Fotografien, Röntgenaufnahmen, regelmäßigen Untersuchungen, Urin- und Bluttests erstellt wurde. Darüber, welche speziellen Versuche und Untersuchungen Mengele an Zwillingen vornahm, sind bislang keine gesicherten Angaben möglich.<br /> <br /> [[Eva Mozes Kor]], eine der wenigen Überlebenden und Gründerin von CANDLES (''Children of Auschwitz Nazi Deadly Lab Experiment Survivors''), erinnert sich:<br /> {{Zitat |Text=Dreimal in der Woche gingen wir in das Hauptlager von Auschwitz zu Experimenten. Diese dauerten sechs bis acht Stunden. Wir mussten nackt in einem Raum sitzen. Jeder Teil unseres Körpers wurde vermessen, betastet, mit Tabellen verglichen und fotografiert. Auf jede Bewegung wurde geachtet. Ich fühlte mich wie ein Tier in einem Käfig. Dreimal in der Woche gingen wir ins Blutlabor. Dort wurden uns Keime und Chemikalien injiziert, und sie nahmen uns viel Blut ab. |Autor=Eva Mozes Kor |Quelle= ''Heilung von Auschwitz und Mengeles Experimenten'' |ref=&lt;ref&gt;Carola Sachse (Hrsg.): ''Die Verbindung nach Auschwitz. Biowissenschaften und Menschenversuche an Kaiser-Wilhelm-Instituten. Dokumentation eines Symposiums.'' Göttingen 2004, S. 65.&lt;/ref&gt;}}<br /> <br /> [[Datei:66935A.jpeg|mini|Überlebende Kinder bei der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee, darunter die jüdischen Zwillinge Miriam und Eva Mozes (mit Strickmützen) – Standfoto aus Filmmaterial des sowjetischen Soldaten Alexander Voroncov (27. Januar 1945)]]<br /> Bezeugt sind Experimente mit [[Bluttransfusion]]en, Injektion von Fremdstoffen und Krankheitserregern sowie chirurgische Eingriffe ohne [[Narkose]]. Zwar genossen die Zwillinge im Lager als Objekte von Mengeles Forschung eine Art Sonderrolle und Schutz. Gleichzeitig bestimmte Mengele ohne weiteres über ihr Schicksal. Mehrfach wird von Tötungen berichtet, entweder im Auftrag Mengeles oder durch ihn persönlich vorgenommen, insbesondere von Fällen, in denen ein Zwilling eines natürlichen Todes starb und der andere etwa durch eine Phenolinjektion bzw. Chloroforminjektion ins Herz getötet wurde, um auch [[Obduktion|obduziert]] werden zu können.&lt;ref&gt;Massin, S. 239&amp;nbsp;f.; Völklein, S. 146–149; Kubica, S. 382–404; Lifton, Ärzte, S. 411–413.&lt;/ref&gt; Der Pathologe und Häftlingsarzt [[Miklós Nyiszli]] berichtete im Sommer 1945, wie Mengele persönlich 14&amp;nbsp;„Zigeunerzwillinge“ durch Injektion tötete, um sie anschließend [[Obduktion|sezieren]] zu lassen.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 151&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Die Opfer nahmen in der Regel nicht wahr, dass Mengele im Rahmen seiner Untersuchungen auch tötete oder töten ließ. Ihnen gegenüber, von Mengele auch als „meine Meerschweinchen“ bezeichnet, verhielt er sich äußerlich korrekt und zugänglich.&lt;ref&gt;Zofka, ''Mengele'', S. 257.&lt;/ref&gt; Überlebende hatten deshalb nach dem Krieg Schwierigkeiten, sich die Unaufrichtigkeit von Mengeles Zuwendung einzugestehen.&lt;ref&gt;Lifton, ''Ärzte'', S. 413–415.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die jüdischen Zwillinge waren seit Mai 1944 zum Teil auf dem Gelände des Krankenbaus (Abschnitt B Ia) in Baracke 22 des Frauenlagers untergebracht. Diese wurden im Juli 1944 in die Holzbaracke I verlegt. In der Baracke 22 verblieben Mütter mit Zwillingen im Alter von bis zu zwei Jahren. Ältere Jungen und Männer befanden sich in Baracke 15 des Männerkrankenbaulagers in Birkenau (B IIf).&lt;ref&gt;Kubica, ''Dr. Mengele'', S. 384–386.&lt;/ref&gt; Hier befand sich nach der Liquidierung des „Zigeunerlagers“ auch Mengeles Laboratorium mit Einrichtungen für [[Radiologie]], [[Stomatologie]] und [[Ophthalmologie]].&lt;ref&gt;Massin, ''Mengele'', S. 237.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Mit der Auflösung des „Zigeunerlagers“ Anfang August 1944 wurden die letzten dort verbliebenen zwölf Zwillingspaare getötet. Nach der Aussage von Snieszko und den Szymanskis erschoss Mengele die Kinder im Vorraum des Krematoriums in Birkenau und ordnete anschließend ihre Sektion an. Miklós Nyiszli, der das letzte dieser Paare sezierte, geht davon aus, dass die Kinder vergast wurden.&lt;ref&gt;Kubica, ''Dr. Mengele'', S. 383&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die genaue Zahl der von Mengele untersuchten Zwillinge ist unbekannt. Massin schätzt ihre Zahl insgesamt auf wenigstens 900. Eine Häftlingspflegerin gibt an, dass in der Holzbaracke I die höchste Anzahl der Zwillingspaare 350 betrug und sich im Januar 1945, kurz vor der Evakuierung, noch 72 Zwillinge dort befanden. Überwiegend handelte es sich um Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren, seltener um Erwachsene. Nur sehr wenige überlebten Auschwitz.&lt;ref&gt;Massin, ''Mengele'', S. 236; Kubica, ''Dr. Mengele'', S. 382–387; Völklein, ''Mengele'', S. 149, 152.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ===== Augen aus Auschwitz =====<br /> Verfolgte Mengele mit seinen Zwillingsstudien in erster Linie eigene Forschungsinteressen, so werden einige seiner Experimente in direkten Zusammenhang mit den Projekten anderer Wissenschaftler gebracht, die am KWI-A forschten. So berichteten Häftlinge nach 1945 mehrfach, Mengele habe ihnen gegenüber geäußert, er arbeite „an der Möglichkeit einer Veränderung der Irisfarbe“. Mengele wurde dabei beobachtet, wie er Kindern Flüssigkeiten in die Augen träufelte, welche die Augen schwellen, eitern und röten ließen und auch zur Erblindung oder zum Tode führten. Einige Zeugen berichten von einer Vielzahl präparierter Augen, die Mengele offenbar auch nach Berlin an das KWI-A zur weiteren Untersuchung schickte. Die Experimente führte Mengele sowohl an Sinti-Kindern wie auch an jüdischen und nichtjüdischen Kindern durch, darunter auch Neugeborenen.&lt;ref&gt;Hans Hesse: ''Augen aus Auschwitz. Ein Lehrstück über nationalsozialistischen Rassenwahn und medizinische Forschungen. Der Fall Dr. Karin Magnussen.'' Essen 2001, S. 74–77; Kubica, ''Dr. Mengele'', S. 407&amp;nbsp;f.; Massin, ''Mengele'', S. 247.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Zwischen Mengeles Versuchen und einem Forschungsprojekt der Biologin [[Karin Magnussen]] am KWI-A wird ein Zusammenhang gesehen. Magnussen arbeitete zur Frage, inwieweit die Augenfarbe erblich bedingt sei und als Grundlage für Rassen- und Abstammungsuntersuchungen dienen könnte. Dabei erprobte sie zunächst in der von [[Hans Nachtsheim]] geleiteten Abteilung für „Experimentelle Erbpathologie“ an [[Kaninchen]] die Wirkung von [[Hormon]]en und pharmakologischen Stoffen auf die [[Pigment (Biologie)|Pigmentierung]] der Augen verschiedener „Rassen“. Ihre Versuche erinnern dabei an die von Mengele vorgenommenen Einträufelungen. Da Mengele über keinerlei augenärztliche Erfahrungen verfügte, hatte er seine Substanzen wahrscheinlich von Magnussen erhalten. In einem Aufsatz vom Sommer 1944 ''Über die Beziehungen zwischen Irisfarbe, histologischer Pigmentverteilung und Pigmentierung des Bulbus beim menschlichen Auge'' berichtete Magnussen außerdem über die Untersuchung menschlicher Augenpaare. Bei 31 dieser Augenpaare gab sie keine Auskunft über deren Herkunft, so dass es als wahrscheinlich gilt, dass diese Augen aus dem KZ Auschwitz stammten.&lt;ref&gt;Hesse, ''Augen'', S. 56–73; Massin, ''Mengele'', S. 249.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Rahmen ihres [[Entnazifizierung]]&amp;shy;sverfahrens 1949 machte Magnussen dazu keine näheren Angaben, schilderte aber, wie sie bereits 1938 auf eine „Zigeunersippe“ – die Familie Mechau – aufmerksam geworden sei, bei denen gehäuft [[Iris-Heterochromie|Heterochromie]] auftrat. Noch im Frühjahr 1943, kurz bevor die Familie als „Zigeuner“ nach Auschwitz deportiert wurde, fotografierte sie die Augen von Zwillingen dieser Familie. Durch Mengele habe sie die Möglichkeit erhalten, ihre Forschung fortzusetzen. Sie habe ihn gebeten, ihr nach dem Tod eines Angehörigen dieser Familie einen Sektionsbericht und das pathologische Augenmaterial zu schicken. In Auschwitz starben viele Mitglieder dieser Familie. Auch wenn sich die Umstände ihres Todes bislang nicht restlos aufklären lassen, wird es als gesichert angesehen, dass die Kinder der Familie Mechau Opfer von Mengeles Menschenversuchen wurden.&lt;ref&gt;Hesse, ''Augen'', S. 56–58.&lt;/ref&gt; Der Häftlingsarzt Iancu Vexler etwa bezeugt, dass Mengele ihn beauftragte, heterochrome Augen von Angehörigen einer Zigeunerfamilie nach deren Tod zu entnehmen, zu präparieren und nach Berlin zur Untersuchung zu schicken. Hier nahm Magnussens Vorgesetzter Nachtsheim die Kiste entgegen.<br /> {{Zitat|Ich muss gestehen, daß es für mich der größte Schock war, den ich in der ganzen Nazizeit erlebt habe, als Mengele eines Tages die Augen einer im Konzentrationslager Auschwitz untergebrachten Zigeunerfamilie sandte. Die Familie hatte Heterochromie der Iris, und eine Mitarbeiterin des Instituts, die über Heterochromie arbeitete, hatte vorher Interesse an diesen Augen gezeigt.|Autor=Hans Nachtsheim | Quelle =Brief von 1961&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 169&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;}}<br /> <br /> Miklós Nyiszli berichtet außerdem von vier Zwillingspaaren, die Mengele am 27. Juni 1944 durch [[Injektion (Medizin)|Injektion]] von [[Chloroform]] oder [[Phenol]] tötete und deren heterochrome Augen er präparieren ließ.&lt;ref&gt;Massin, ''Mengele'', S. 240.&lt;/ref&gt; SS-Oberscharführer [[Erich Mußfeldt]], Kommandoführer des [[Sonderkommando KZ Auschwitz-Birkenau|Sonderkommandos KZ Auschwitz-Birkenau]], bestätigte dies bereits 1947.<br /> {{Zitat|Als ich zum Dienst erschien, traf ich drei Häftlingsärzte beim Sezieren der Leichen dieser Kinder an. Ich fragte, was das für Leichen waren. Die Ärzte antworteten darauf, daß die Kinder von Mengele mit einer Giftinjektion getötet worden seien, weil sie Merkmale hatten, die Mengele im Zusammenhang mit seinen Forschungen besonders interessierten. Es ging vor allem um die Augenfarbe. Er hatte nämlich festgestellt, daß von den Zwillingspaaren jeder Zwilling ein blaues und ein graues Auge hatte. Bei der Sektion wurden die Augäpfel entfernt und als Ausstellungsstücke nach Berlin geschickt. |Autor=Erich Mußfeldt|Quelle = Aussage vom 19. August 1947&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 150.&lt;/ref&gt;}}<br /> <br /> ===== Bluttests =====<br /> Bei einem weiteren Forschungsprojekt des KWI-A in Berlin arbeitete Mengele in seiner Funktion als Lagerarzt in Auschwitz offiziell mit. Der Biochemiker [[Emil Abderhalden]] hatte sich 1940 an Verschuer gewandt, weil er das Blut von Zwillingen zur Überprüfung der nach ihm benannten „Abderhalden-Reaktion“ an eineiigen Zwillingen benötigte. Abderhalden stellte dabei die Behauptung auf, dass bestimmte Reaktionen des Abwehrsystems die Produktion jeweils spezifischer [[Protease]]n anregten. Durch den Nachweis solcher [[Enzym]]e im Blut – Abderhalden nannte sie „Abwehrfermente“ – sollte der Nachweis von Krankheiten wie etwa Geisteskrankheiten oder [[Krebs (Medizin)|Krebs]] durch Bluttests möglich werden. Abderhalden glaubte aber auch, dass in den Eiweißstoffen des Gewebes und Blutes Rassemerkmale enthalten seien.&lt;ref&gt;Achim Trunk: ''Rassenforschung und Biochemie. Ein Projekt – und die Frage nach dem Beitrag Butenandts.'' In: [[Wolfgang Schieder]] u. Achim Trunk (Hrsg.): ''Adolf Butenandt und die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Wissenschaft, Industrie und Politik im „Dritten Reich“.'' Göttingen 2004, S. 260–264.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Diesen Gedanken griff Verschuer auf und entwickelte daraus ein Forschungsvorhaben zur Vererbung „spezifischer Eiweißkörper“, von dem er sich offensichtlich erhoffte, einen Bluttest zur Bestimmung menschlicher Rassenzugehörigkeit entwickeln zu können. In einem Zwischenbericht des KWI-A an die ''[[Deutsche Forschungsgemeinschaft]]'', die das Projekt förderte, erläuterte Verschuer, dass sein als Lagerarzt im KZ Auschwitz eingesetzter Assistent Mengele als Mitarbeiter in diesen Forschungszweig eingetreten sei. „Mit Genehmigung des [[Reichsführer SS|Reichsführers SS]] werden anthropologische Untersuchungen an den verschiedensten Rassengruppen dieses Konzentrationslagers durchgeführt und die Blutproben zur Bearbeitung an mein Laboratorium geschickt.“ In das Vorhaben wurde ferner der Biochemiker [[Günther Hillmann]] einbezogen, der als ausgewiesener Spezialist für Eiweißforschung vom [[Kaiser-Wilhelm-Institut für Biochemie]] unter [[Adolf Butenandt]] abgestellt worden war. Verschuer sprach in diesem Zusammenhang von bereits 200 untersuchten Blutproben von Angehörigen verschiedener „Rassen“, aus denen Substrate hergestellt worden seien.&lt;ref&gt;Massin, ''Mengele'', S. 232; Trunk, ''Rassenforschung'', S. 250.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Der Molekularbiologe [[Benno Müller-Hill]] hat diese Blutuntersuchungen in Verbindung mit einem anderen Forschungsprojekt am KWI-A gebracht, nämlich zur Rassenspezifik der [[Tuberkulose]], bearbeitet von [[Karl Diehl (Mediziner)|Karl Diehl]]. Demnach habe Mengele gezielt „Zigeuner“-Zwillinge und Juden mit Tuberkulose und [[Fleckfieber|Flecktyphus]] infiziert, um ihnen dann Blut für Untersuchungen in Dahlem zu entnehmen. Dies sei Inhalt der Tests Günther Hillmanns gewesen, weil man gehofft habe, dabei eine Therapie auf molekularer Basis entwickeln zu können.&lt;ref&gt;Benno Müller-Hill: ''Das Blut von Auschwitz und das Schweigen der Gelehrten.'' In: [[Doris Kaufmann]] (Hrsg.): ''Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandsaufnahme und Perspektiven der Forschung''. Göttingen 2000, S. 189–227, bes. S. 204–212.&lt;/ref&gt; Seine These wird durch die äußeren Umstände, Koinzidenzen zwischen den Forschungsvorhaben und durch das, was ohnehin über Mengeles Experimente bekannt geworden ist, plausibilisiert.<br /> <br /> Der Historiker Achim Trunk hat demgegenüber allerdings eine andere Rekonstruktion geltend gemacht. Demnach waren das Tuberkulose-Forschungsvorhaben und das Eiweißkörpervorhaben in der Tat voneinander getrennt und nicht miteinander verknüpft. Stattdessen sei es Verschuer vor allem um die „Feststellung der Rassenspezifität von Eiweißstoffen“ gegangen, also um einen serologischen Rassentest. Dazu wurden die Probanden in Auschwitz rassenanthropologisch untersucht, und es wurde ihnen Blut entnommen. Aus den Blutproben wurde in Dahlem Plasma-Substrat hergestellt und Kaninchen injiziert, um die vermuteten „Abwehrfermente“ beobachten zu können.&lt;ref&gt;Trunk, ''Rassenforschung'', S. 267–277; Wolfgang Schieder: ''Spitzenforschung und Politik. Adolf Butenandt in der Weimarer Republik und im ‚Dritten Reich‘''. In: Wolfgang Schieder u. Achim Trunk (Hrsg.): ''Adolf Butenandt und die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Wissenschaft, Industrie und Politik im „Dritten Reich“.'' Göttingen 2004, S. 66–68.&lt;/ref&gt; Hans-Walter Schmuhl zitiert in diesem Zusammenhang einen Brief Verschuers an Diehl von 1944, durch den er Trunks Rekonstruktion klar bewiesen sieht. Es sei nicht darum gegangen, „Abwehrfermente“ gegen Tuberkulose und andere Infektionskrankheiten in den von Mengele abgenommenen Blutproben nachzuweisen, sondern um die Verarbeitung der Proben zu Substraten, die durch bei Kaninchen gewonnene Abwehrfermente umgesetzt werden sollten.&lt;ref&gt;Schmuhl, ''Grenzüberschreitungen'', S. 506&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ===== Kleinwüchsige =====<br /> Neben seinem Interesse für Zwillinge wird auch von der besonderen Beachtung berichtet, die Mengele [[Kleinwuchs|kleinwüchsigen]] Menschen und solchen mit angeborenen Behinderungen entgegenbrachte. Erwähnt wird in diesem Zusammenhang etwa eine Gruppe zweiundzwanzig ungarischer Kleinwüchsiger, die im Rahmen der Deportation der ungarischen Juden am 19. Mai 1944 nach Auschwitz verbracht wurden. Mengele habe sie von der Selektion zurückgestellt und im Block 30 des Lagerabschnitts B II b untergebracht, später im Block 9 des Frauenlagers B I a und umfassende Untersuchungen durchgeführt. Angehörige dieser Familie wurden von der Roten Armee befreit.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 156&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Gerade die kleinwüchsigen Opfer gingen trotz ihrer Privilegien immer davon aus, dass sie Auschwitz nicht überleben würden.<br /> <br /> {{Zitat |Text=Uns wurden zahlreiche Spritzen in nahezu alle Organe gegeben, Medikamente verabreicht, und wir wurden zahllosen Blutentnahmen unterzogen. Fast jeden Tag wurde an uns experimentiert. … Mengele hat die Experimente persönlich überwacht, und er war fast jeden Tag da und hat bezüglich uns Weisungen an die Häftlingsärzte erteilt. …<br /> Auch wenn unsere Lebensbedingungen wesentlich besser waren“ [als die der übrigen Häftlinge], „erlebten wir große seelische Qualen, da wir davon wußten, daß wir früher oder später getötet werden und unsere Skelette in einem biologischen Museum aufgestellt werden. |Autor= [[Ľudovít Feld]] |Quelle= ''Aussage im Ermittlungsverfahren Mengele'', 12. Juni 1967|ref=&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 157.&lt;/ref&gt;}}<br /> <br /> Die Tötungen Missgebildeter zu Forschungszwecken werden von verschiedener Seite bestätigt. Miklos Nyiszli berichtet, dass er die Menschen mit Missbildungen zunächst genau zu vermessen hatte. Anschließend wurden sie von Oberscharführer [[Erich Mußfeldt]] mit einem [[Kleinkaliber]]&amp;shy;gewehr durch [[Genickschuss]] getötet. Nyiszli musste die Leichen dann sezieren und schließlich mit [[Chlorkalk]] ätzen. Die sauberen Knochen verschickte er anschließend in Paketen an das KWI-A in Dahlem, wo eine „Erbbiologische Centralsammlung“ unterhalten wurde.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 170. Mussfeldt erwähnt, dass bei einem Mann eine besonders verkrümmte Wirbelsäule festgestellt worden sei, bei seinem Sohn jedoch nicht. Beide wurden getötet und ihre präparierten Skelette nach Berlin geschickt. Völklein, Mengele, S. 150.&lt;/ref&gt; Empfänger waren dort wahrscheinlich [[Hans Grebe]] und [[Wolfgang Abel (Anthropologe)|Wolfgang Abel]], am KWI-A die Spezialisten auf diesen Gebieten. Die Zahl dieser Opfer ist nicht bekannt.&lt;ref&gt;Kubica, ''Dr. Mengele'', S. 408; Schmuhl, ''Grenzüberschreitungen'', S. 480.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ===== Weitere Medizinverbrechen =====<br /> Mengele führte Menschenversuche nicht nur im Rahmen seiner eigenen Forschungsinteressen durch, sondern orientierte sich auch an den Experimenten anderer KZ-Ärzte in Auschwitz. So experimentierten [[Carl Clauberg]] und [[Horst Schumann]] mit besonderer Förderung Heinrich Himmlers zur [[Sterilisation (Empfängnisverhütung)|Sterilisation]] von Menschen. Auch Mengele erprobte diverse Operationstechniken zur Sterilisierung und [[Kastration]] von Männern und Frauen, experimentierte mit der Injektion von [[Säuren]] in den weiblichen [[Eileiter]], mit [[Röntgen]]&amp;shy;bestrahlung und [[Hormon]]&amp;shy;gaben. Diese und andere Operationen führte Mengele, der über keine [[Facharzt|fachärztliche]] Ausbildung in [[Chirurgie]] verfügte, in der Regel ohne [[Anästhesie]] durch. Diejenigen, welche die Operationen überlebten, wurden später vergast.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 164&amp;nbsp;f., 170&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> An der Erprobung der neuen Medikamente gegen Fleckfieber und Malaria, welche die [[Behringwerke]], [[Hoechst]] und die [[Bayer AG]] in großer Menge in die Konzentrationslager schickten, war Mengele allem Anschein nach nur am Rande beteiligt. Stanisław Czelny, ein polnischer Arzt, der Häftlingspfleger im „Zigeunerlager“ war, sagte im Ermittlungsverfahren 1972 aus, dass er im Juni 1943 von Mengele zunächst mit Fleckfieber infiziert und dann mit einem unbekannten, offenbar unwirksamen Medikament behandelt wurde. Der frühere Leichenträger im Krankenbau, Jakov Balabau, berichtete, dass Mengele einmal Häftlinge habe suchen lassen, die bereits wenigstens einmal an Malaria erkrankt waren. Insgesamt hätten sich 48 Häftlinge eingefunden, die einzeln in ein Zimmer geführt und durch Injektion getötet worden seien. Man habe den noch warmen Körpern das Blut entnommen, wohl in der Hoffnung, daraus einen Impfstoff herstellen zu können.&lt;ref&gt;Vöklein, ''Mengele'', S. 172&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die Revierschreiberin Judith Guttmann, die ursprünglich als Zwilling Mengeles Aufmerksamkeit erregt hatte, sagte am 21. Januar 1972 aus, dass Mengele Experimente mit „Elektroschocks“ durchführte. Dabei wurden ca. 70 bis 80 Häftlingen, überwiegend Frauen in Auschwitz-Monowitz, Stromstöße unterschiedlicher Stärke verabreicht, um herauszufinden, bei welcher Stärke sie starben. Auch die Überlebenden dieser Versuchsreihe wurden anschließend vergast.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 163&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> [[Ruth Elias]], die als Hochschwangere Ende 1943 nach Auschwitz deportiert worden war, berichtete in ihren Erinnerungen, dass Mengele ihr nach ihrer Entbindung untersagte, ihr Kind zu stillen, offenbar um festzustellen, wie lange ein Neugeborenes ohne Essen überleben könnte. Nach sechs Tagen habe Mengele angekündigt, sie solle sich und ihr Kind zum „Abholen“ bereitmachen, was nichts anderes als die Ankündigung ihrer Vergasung bedeutet habe. In dieser ausweglosen Situation nahm Ruth Elias von einer Häftlingsärztin eine Morphiumspritze an und tötete ihr eigenes Kind. Als junge, arbeitsfähige Frau ohne Kind wurde sie einem Transport in ein anderes Lager zugeteilt. Der Historiker [[Thomas Rahe]] beschreibt dieses Beispiel einer Kindstötung, wie sie in Auschwitz immer wieder vorkam, um wenigstens das Leben der Mutter zu retten, als Teil der durch die Nationalsozialisten konstruierten Gegenlogik, die jede rationale Annahme in ihr todbringendes Gegenteil verkehrt und die Überlebensabsicht der Opfer als Teil des Vernichtungsplans instrumentalisiert habe.&lt;ref&gt;Thomas Rahe: ''Höre Israel. Jüdische Religiosität in nationalsozialistischen Konzentrationslagern''. Vandenhoeck &amp; Ruprecht 1999, S. 60–62.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Zwischenbilanz: Mengele – Direktor einer Außenstelle des KWI-A in Auschwitz? ====<br /> Die Frage, inwieweit Mengele in Auschwitz trotz aller Unmenschlichkeit seriöse wissenschaftliche Forschung betrieb, ist zuletzt neu beantwortet worden. Die Meinungen über seine Qualitäten als Wissenschaftler gingen bereits unter denjenigen, die ihn in Auschwitz erlebt hatten, weit auseinander. Für Hans Münch war er ein begabter, beinahe prophetischer Wissenschaftler. Ehemalige Häftlingsärzte stellten die Wissenschaftlichkeit seiner Arbeit in Frage, weil er nur katalogisiert und gesammelt habe, ohne in der Lage gewesen zu sein, seine so gewonnenen Daten unvoreingenommen auszuwerten. Andere Häftlinge hielten ihn für einen besessenen Megalomanen.&lt;ref&gt;Lifton, ''Ärzte'', S. 428–430.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Benno Müller-Hill hat in einer wirkmächtigen Interpretation der Zusammenarbeit zwischen Mengele und Verschuer „Massenmord und Wahrheit“ als grundsätzlich unvereinbar angesehen und von „Pseudowissenschaft“ gesprochen.&lt;ref&gt;Müller-Hill, ''Blut'', S. 212. Das Interpretament der „Pseudowissenschaft“ verwendet auch Völklein, ''Mengele'', S. 185.&lt;/ref&gt; Dagegen wurde eingewandt, dass diese Interpretation die Wissenschaft als solche entlaste. So hat die Historikerin Stefanie M. Baumann die Bezeichnung der Menschenversuche in nationalsozialistischen Konzentrationslagern als „pseudowissenschaftlich“ scharf kritisiert. Denn „die Bezeichnungen ‚pseudomedizinische‘ Versuche oder ‚Pseudowissenschaft‘, die bis heute in der Wiedergutmachungsterminologie verwendet werden, [tragen] zur Verharmlosung der Tatbestände bei, und gerade die deutsche Ärzteschaft beharrte nach 1945 auf diesen Begriffen. Die Unterscheidung zwischen seriöser und unseriöser Forschung sollte zur Entschuldigung der ‚wahren‘ Wissenschaftler beitragen […]. So ist die Bezeichnung ‚Pseudowissenschaft‘ schon allein aus dem Grund unzutreffend, da die Experimente nicht per se unwissenschaftlich waren.“ Bei der Diskussion über die Qualität nationalsozialistischer Wissenschaft werde vernachlässigt, dass die Versuche vor allem deshalb abzulehnen seien, weil sie an entrechteten und wehrlosen Menschen durchgeführt wurden.&lt;ref&gt;Stefanie Baumann: ''Opfer von Menschenversuchen als Sonderfall der Wiedergutmachung.'' In: [[Hans Günter Hockerts]], Claudia Moisel, Tobias Winstel (Hrsg.): ''Grenzen der Wiedergutmachung: die Entschädigung für NS-Verfolgte in West- und Osteuropa 1945–2000.'' Göttingen 2006, S. 155. Vgl. dazu schon [[Michael Grüttner]]: ''Wissenschaft.'' In: Wolfgang Benz (Hrsg.): ''Enzyklopädie des Nationalsozialismus.'' Stuttgart 1997, S. 153.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> [[Ernst Klee]] hat dagegen Mengeles Experimente und Tötungen als „Orgie verbrauchender Forschung“ mit der Wissenschaft schlechthin identifiziert.&lt;ref&gt;Klee, ''Auschwitz, NS-Medizin'', S. 483.&lt;/ref&gt; Ein Forschungsprojekt zur Geschichte der [[Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft]] deckte auf, dass die Verbindungen zwischen den deutschen Eliteforschungsinstitutionen und den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen jedoch weiter reichten und komplexer waren, als diese Charakterisierungen andeuten. Mengele war in der Wissenschaft gut vernetzt und erhielt vor dem Krieg Einladungen zu internationalen Kongressen.&lt;ref&gt;Massin, ''Mengele'', S. 221.&lt;/ref&gt; Der Fall Mengele zeige, so die Historikerin Carola Sachse, „daß es in dieser Eliteorganisation tatsächlich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gab, die von den medizinischen Verbrechen in Auschwitz profitieren konnten, indem sie von dort menschliche Präparate auf Bestellung bezogen. Sie nutzten diese Chance für ihre Forschung, entsprechend einer in der Experimentalmedizin weit zurück reichenden und auch heute keineswegs überwundenen Denkweise, die sich um des naturwissenschaftlichen Erkenntnisfortschritts willen möglichst wenig um die Herkunft ihrer Präparate sorgt.“&lt;ref&gt;Carola Sachse: ''Menschenversuche in Auschwitz überleben, erinnern, verantworten.'' In: Carola Sachse (Hrsg.): ''Die Verbindung nach Auschwitz. Biowissenschaften und Menschenversuche an Kaiser-Wilhelm-Instituten. Dokumentation eines Symposiums''. Göttingen 2004, S. 10–13, zit. S. 12.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Zumal verschiedene Besuche Mengeles bei Verschuer in Dahlem belegt sind,&lt;ref&gt;Müller-Hill, ''Tödliche Wissenschaft'', S. 129; Zofka, ''Mengele'', S. 259.&lt;/ref&gt; bezeichnete Benoit Massin Mengele als „‚Institutsdirektor‘ der ‚Außenstelle Auschwitz‘“ des KWI-A Dahlem.&lt;ref&gt;Massin, ''Mengele'', S. 236.&lt;/ref&gt; [[Hans-Walter Schmuhl]] findet diese weitgehende Interpretation problematisch, weil dadurch eine institutionelle Verbindung unterstellt werde, die tatsächlich nicht bestand, und auch eine zu große Abhängigkeit Mengeles von Verschuer angenommen werde. Schmuhl verweist darauf, dass Mengele versuchte, sich auch in die Wissenschaft zu integrieren, etwa indem er pharmazeutische Studien für die [[IG Farben]] durchführte. Mengeles Zusammenarbeit mit verschiedenen Forschern wie Grebe, Abel und Liebau, aber auch mit dem SS-Arzt [[Erwin von Helmersen]], der ein Schüler des Rassenhygienikers [[Fritz Lenz]] und als Lagerarzt im „Zigeunerlager“ sowie im Gefangenenhospital B II f Untergebener Mengeles war, lassen ein ganzes Netzwerk von Verbindungen mit möglichen anderen Auftraggebern aus Wissenschaft, Industrie und SS aufscheinen.&lt;ref&gt;Schmuhl, ''Grenzüberschreitungen'', S. 478–481; Sachse, ''Menschenversuche'', S. 13.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In verkürzter Form wurden diese historischen Forschungsergebnisse so wahrgenommen, als ob Mengele zwar unmenschliche, aber doch seriöse genetische Spitzenforschung betrieben hätte.&lt;ref&gt;Mathias Schulz: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-39774239.html ''Teufel im Barackenmeer'']. In: ''Der Spiegel'' 12 (2005), 21. März 2005.&lt;/ref&gt; Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass sich die [[Forschungsfrage]]n vielleicht auf der Höhe der Zeit bewegten, dass sie vor allem aber von einem unhinterfragten Rassismus bestimmt wurden, der sich auf organizistisches Weltbild gründete und einen Praxisbezug zur NS-Rassenpolitik hatte.&lt;ref&gt;Trunk, ''Rassenforschung und Biochemie'', S. 278–282.&lt;/ref&gt; Die amerikanische Historikerin Sheila Weiss hat außerdem die Frage aufgeworfen, ob Verschuer bzw. Mengele auch bereit gewesen wären, zum Wohle der Wissenschaft Versuche an Menschen durchzuführen, die sie nicht als minderwertig ansahen.&lt;ref&gt;Sheila Faith Weiss: ''The Nazi Symbiosis. Human Genetics and Politics in the Third Reich.'' Chicago 2010, ISBN 978-0-226-89176-7, S. 115–118.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Verschuer zumindest verlor seine Stellung am KWI-A, weil [[Robert Havemann]], der Anfang 1946 die Leitung der KWI-Institute in Berlin übernommen hatte, die Kontakte zwischen Mengele und Verschuer öffentlich machte und eine Untersuchungskommission eingesetzt wurde.&lt;ref&gt;Helga Satzinger: ''Adolf Butenandt, Hormone und Geschlecht. Ingredienzien einer wissenschaftlichen Karriere.'' In: [[Wolfgang Schieder]], Achim Trunk (Hrsg.): ''Adolf Butenandt und die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Wissenschaft, Industrie und Politik im „Dritten Reich“.'' Wallstein-Verlag, Göttingen 2004, ISBN 3-89244-752-7 (''Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus'' 7), S. 127; Carola Sachse: ''Adolf Butenandt und Otmar von Verschuer. Eine Freundschaft unter Wissenschaftlern (1942–1969).'' In: Wolfgang Schieder, Achim Trunk (Hrsg.): ''Adolf Butenandt und die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Wissenschaft, Industrie und Politik im „Dritten Reich“.'' Wallstein-Verlag, Göttingen 2004, ISBN 3-89244-752-7 (''Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus'' 7), S. 299&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Verschuer selbst stritt in Vernehmungen durch Militärbehörden 1947 ab, das Ausmaß der Verbrechen in Auschwitz gekannt zu haben; Mengele habe ihm lediglich von Fabriken erzählt und davon, wie gut er sich mit seinen Patienten verstanden habe.&lt;ref&gt;Schmuhl, ''Grenzüberschreitungen'', S. 481&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Lagerarzt im KZ Groß-Rosen ===<br /> Am 17. Januar 1945 rückte die Rote Armee auf das nur fünfzig Kilometer östlich von Auschwitz gelegene [[Krakau]] vor. Während Lagerkommandant [[Richard Baer]] die Räumung des Lagers anordnete, verließ Mengele das Lager mit einem PKW in Richtung des KZ Groß-Rosen, seine eilig eingepackten medizinischen Unterlagen im Gepäck. Seit dem 18. Januar wurde er in Groß-Rosen als Lagerarzt geführt. Er war offenbar zum Nachfolger des ab dem 6. Februar 1945 versetzten Friedrich Entress als neuer SS-Standortarzt designiert. Bereits am 8. oder 9. Februar 1945 wurde Groß-Rosen jedoch „evakuiert“ und am 13. Februar befreit. Vermutlich Anfang Februar 1945 traf Mengele in Nordböhmen auf das [[Lazarett|Kriegslazarett]] 2/591 der [[17. Armee (Wehrmacht)|17. Armee]]. Hier arbeitete der Internist Otto-Hans Kahler als Militärarzt, den Mengele als Kollegen am Frankfurter Institut unter Verschuer kannte. Durch Kahlers Fürsprache erhielt Mengele am 2. Mai 1945 die Erlaubnis, sich in Uniform der Wehrmacht dem Lazarett anzuschließen.<br /> <br /> === Nach Kriegsende ===<br /> ==== Internierung durch die Amerikaner ====<br /> Die Einheit hielt sich auf ihrem weiteren Rückzug zunächst im [[Erzgebirge]] auf und gelangte schließlich im Juni 1945 nach Bayern, wo sie durch Angehörige der [[United States Army|US-Armee]] interniert wurde, zunächst in einem [[Kriegsgefangenenlager]] bei [[Schauenstein]]. Nach sechs Wochen wurde Mengele in ein anderes Lager bei [[Helmbrechts]] verlegt und nach zwei weiteren Wochen entlassen, obwohl er bereits seit Mai 1945 auf den Kriegsverbrecherlisten geführt wurde. Er wurde nicht als SS-Angehöriger, geschweige denn als KZ-Arzt identifiziert, weil er keine Papiere mit sich führte, falsche Namen benutzte, Kameraden für ihn bürgten und er auch nicht die typische [[Blutgruppentätowierung]] der SS aufwies – angeblich hatte er sich aus Eitelkeit nicht tätowieren lassen. Mit gefälschten Papieren auf den Namen „Fritz Hollmann“ machte er sich über [[Donauwörth]] auf den Heimweg nach Günzburg, wo er Kontakt mit seiner Familie aufnahm und sich zunächst einige Wochen lang im Wald versteckte.&lt;ref name=&quot;Flucht&quot;&gt;Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 82–113; Völklein, ''Mengele'', S. 187–224; Keller, ''Günzburg'', S. 42–49.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Auf der Flucht ====<br /> ===== Knecht in Oberbayern =====<br /> Anfang Oktober 1945 gelangte Mengele über [[München]] auf ein einsam gelegenes Gehöft in Oberbayern, den Lechnerhof in [[Riedering|Mangolding]]. Hier arbeitete er zurückgezogen als [[Knecht]]. Die Familie Mengele vermied aus Sicherheitsgründen jeden Kontakt. Erst im Herbst 1946 besuchte ihn seine Frau Irene, die ihn um die Scheidung bat.&lt;ref name=&quot;Flucht&quot; /&gt; Zwar war der Name Josef Mengeles bereits in mehreren Prozessen gefallen, aber die Amerikaner hielten ihn für tot, zumal die Familie Mengele in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt hatte, als ob er im Osten vermisst sei.&lt;ref&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 115&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ===== Über die „Rattenlinie“ nach Argentinien =====<br /> Im Sommer 1948 war Mengele zu dem Entschluss gekommen, in das [[Juan Perón|peronistische]] Argentinien zu fliehen. Er verließ am 1. August 1948 den Lechnerhof, trat notariell seinen Erbteil ab und überquerte am 15. April 1949 die „grüne Grenze“ nach Italien.&lt;ref&gt;Über Mengeles Aufenthalt in der Zwischenzeit ist nichts bekannt.&lt;/ref&gt; Im südtirolerischen [[Sterzing]] erhielt er gefälschte Ausweispapiere auf den Namen „Helmut Gregor“ und wandte sich in [[Genua]] an das Schweizer Konsulat, das ihm einen Pass des [[Schweizerisches Rotes Kreuz|Roten Kreuzes]] ausstellte. Durch Bestechung verschaffte er sich ein italienisches Ausreisevisum und verließ am 25. Mai 1949 auf dem Schiff ''North King'' Europa mit dem Ziel [[Buenos Aires]]. Er folgte damit einer der sogenannten „[[Rattenlinien]]“, die von Fluchtorganisationen wie dem „Kameradenwerk“ des [[Hans Ulrich Rudel]] organisiert wurden.&lt;ref&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 49&amp;nbsp;f.; Völklein, ''Mengele'', S. 225–235; Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 114–122.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 20. Juni 1949 traf Mengele in Buenos Aires ein. Er fand Unterschlupf bei Gerald Malbranc, erhielt am 17. September einen Fremdenausweis auf seine falsche Identität und lernte in der deutschen Kolonie andere Emigranten wie Rudel, [[Willem Sassen]] und [[Adolf Eichmann]] kennen. Durch die Unterstützung seiner Familie war Mengele wirtschaftlich unabhängig. Nachdem 1954 seine Scheidung ausgesprochen worden war, kam es zu einem engeren Kontakt mit seiner verwitweten Schwägerin Martha. 1956 wurde ein Treffen der beiden zum Skiurlaub im Schweizer Wintersportort [[Engelberg]] organisiert. Mengele flog über [[New York City]] nach [[Genf]] ein und traf in Engelberg auch seinen 1944 in Freiburg geborenen Sohn Rolf, dem er als „Onkel Fritz“ vorgestellt wurde. Anschließend besuchte Mengele kurz Günzburg, bevor er wieder nach Argentinien zurückkehrte.&lt;ref&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 50–52; Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 123–144; Völklein, ''Mengele'', S. 236–248.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Um seine Hochzeit mit Martha zu ermöglichen, benötigte Mengele eine [[Geburtsurkunde]]. Im Sommer 1956 beantragte Mengele deshalb bei der [[Liste der deutschen Botschafter in Argentinien|deutschen Botschaft]] in Buenos Aires Ausweispapiere auf seinen richtigen Namen und erhielt am 11. September 1956 umstandslos einen neuen [[Deutscher Reisepass|deutschen Reisepass]], denn in Deutschland lag kein [[Haftbefehl]] gegen ihn vor. Die Behörden hatten sich nicht die Mühe gemacht, Mengeles Namen mit der Liste der international gesuchten Kriegsverbrecher abzugleichen.<br /> <br /> Im Oktober 1956 reiste Martha Mengele mit ihrem Sohn Karl-Heinz in Argentinien ein. Mengele hatte sich als Mitgesellschafter einer Pharmafirma eingekauft und heiratete Martha am 28. Juli 1958 in [[Nueva Helvecia]] (Uruguay).&lt;ref&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 52&amp;nbsp;f.; Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 144–149; Völklein, ''Mengele'', S. 248–251.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ===== Deutscher Haftbefehl und Untertauchen in Paraguay =====<br /> Der Schriftsteller [[Ernst Schnabel]] hatte im Frühjahr 1958 sein Buch ''[[Anne Frank]] – Spur eines Kindes'' herausgebracht, in welchem Josef Mengele erwähnt wurde. Auszüge erschienen als Fortsetzung auch in den ''[[Ulmer Nachrichten]]''. Keiner wisse, hieß es dabei an einer Stelle, wo Dr.&amp;nbsp;Mengele sei. Bald darauf ging bei der Redaktion ein anonymer Brief ein. Die Schreiberin gab an, einige Leute in Günzburg wüssten sehr wohl, wo sich Mengele aufhalte. Die Redaktion gab diesen Brief an Schnabel weiter, der ihn am 3. August 1958 der [[Ulm]]er Staatsanwaltschaft übergab. Die [[Memmingen|Memminger]] Staatsanwaltschaft stellte daraufhin Ermittlungen an, die der Familie Mengele zugetragen wurden. Am 25. Februar 1959 erließ die Staatsanwaltschaft [[Freiburg im Breisgau]],&lt;ref&gt;Zur – falschen – Meldeadresse in den Freiburger Haftbefehlen von 1959 und zur Ermittlung der tatsächlichen Freiburger Wohnadresse 1940–1944 vgl. die Dokumentation zu Mengeles biografischen Verbindungen nach Freiburg in: Markus Wolter: ''Der SS-Arzt Josef Mengele zwischen Freiburg und Auschwitz. Ein örtlicher Beitrag zum Banalen und Bösen.'' In: „Schau-ins-Land“, Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins. 133. Jahrbuch 2014, Freiburg (2015), S. 149–189.&lt;/ref&gt; welche die Ermittlungen übernommen hatte, Haftbefehl, und wenige Tage später tauchte Mengele in Paraguay unter.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 253–256; Keller, ''Günzburg'', S. 53&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Unabhängig von Schnabel hatte außerdem Hermann Langbein Mengeles Spur aufgenommen. Er hatte Mengeles Scheidungsanwalt ermittelt und ein Dossier über Mengele zusammengestellt, das er dem [[Bundesministerium der Justiz]] übermittelte. Ihm gelang es sogar, Mengeles Adresse zu ermitteln, die er dann der Freiburger Staatsanwaltschaft mitteilte.&lt;ref&gt;Irmtrud Wojak: ''Fritz Bauer 1903–1968. Eine Biographie.'' C. H. Beck, München 2009, S. 310&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Langbein war es dann auch, der mit einer Eingabe 1960 zunächst die Universität München aufforderte, zur Doktorwürdigkeit Josef Mengeles Stellung zu nehmen.&lt;ref&gt;Harrecker, ''Degradierte Doktoren,'' S. 233&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Während Martha Mengele 1961 nach Europa zurückkehrte, versteckte sich Josef Mengele zunächst im Süden Paraguays auf der Farm eines Freundes Rudels in der Nähe von [[Hohenau (Paraguay)|Hohenau]] bei [[Encarnación]]. Mit Hilfe einflussreicher Freunde beschaffte er sich im November 1959 die paraguayische Staatsbürgerschaft auf den Namen „José Mengele“. Nicht nur herrschte in Paraguay zu diesem Zeitpunkt der deutschstämmige Diktator [[Alfredo Stroessner]], zu dem Rudel enge Kontakte unterhielt, sondern die paraguayische Verfassung verbot auch die Auslieferung eigener Staatsbürger. Sorge bereiteten Mengele aber weniger die Auslieferungsanträge, welche die [[Bundesrepublik Deutschland]] mittlerweile an Argentinien gerichtet hatte. Am 11. Mai 1960 hatte der [[Mossad]] Adolf Eichmann nach [[Jerusalem]] entführt. Da seine Papiere auf seinen richtigen Namen lauteten, musste auch Mengele befürchten, bald aufgespürt zu werden. Mit einem brasilianischen Pass, ausgestellt auf den Namen „Peter Hochbichler“, flüchtete er deshalb Mitte Oktober 1960 nach [[Brasilien]].&lt;ref&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 54&amp;nbsp;f.; Völklein, ''Mengele'', S. 259–262; Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 150–167.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Es gibt unterschiedliche Angaben, wie nah der Mossad Mengele auf den Fersen war und warum die Suche schließlich eingestellt wurde. Man hatte Mengeles Spur bis nach Brasilien verfolgt und auch seinen Fluchthelfer identifiziert. Der Agent [[Zvi Aharoni]] war sich sicher, Mengele entdeckt zu haben. Aber Ende November 1962 schloss [[Isser Harel]] im Rahmen einer strategischen Neuausrichtung des Mossads Kommandounternehmen wie das im Fall Eichmann bis auf weiteres aus.&lt;ref&gt;Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 168–185, 225–236.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ===== Versteckt in Brasilien und Tod =====<br /> In [[São Paulo]] nahm Wolfgang Gerhard vom „Kameradenwerk“ Mengele auf und beschäftigte ihn in seiner Druckerei. Unzufrieden mit der eintönigen Arbeit, übernahm Mengele 1961 eine Stelle als Verwalter auf der [[Fazenda]] des ungarischen Ehepaares Stammer bei [[Araraquara]]. Als die Stammers gewahr wurden, wer ihr neuer Verwalter in Wirklichkeit war, nötigten sie Mengele zur Beteiligung am Kauf einer neuen Farm, der Kaffeeplantage Santa Luzia bei [[Lindóia]]. Anfang 1969 finanzierte Mengele einen Hauskauf der Stammers in [[Caieiras]] in der Nähe von São Paulo zur Hälfte mit und zog dann auch dort hin. Hier befreundete er sich mit Wolfram Bossert, der 1971 die notwendigen Botendienste übernahm, als Wolfgang Gerhard nach Österreich zurückkehrte. Gerhard überließ dabei Mengele seine Papiere. Der Kontakt zur Familie Mengele lief vor allem über Hans Sedlmeier, einen [[Prokurist]]en der Firma Mengele. 1975 ließen sich schon lange bestehende Spannungen zwischen Mengele und den Stammers nicht mehr überbrücken, und Mengele bezog ein kleines Haus in São Paulo. Im Oktober 1977 besuchte ihn dort sein Sohn Rolf. Am 7. Februar 1979, während eines Badeurlaubs mit den Bosserts in Bertioga, erlitt Mengele beim Schwimmen einen Schlaganfall und ertrank. Eigentlich wollte man ihn einäschern lassen. Da aber dafür das Einverständnis der Familie erforderlich war und so schnell kein Kontakt zu ihr hergestellt werden konnte, wurde er am 8. Februar 1979 als „Wolfgang Gerhard“ beerdigt.&lt;ref name=&quot;C1&quot; /&gt;<br /> <br /> Die Familie wurde informiert, beschloss aber, Stillschweigen zu bewahren.&lt;ref name=&quot;C1&quot;&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 56–60; Völklein, ''Mengele'', S. 263–308; Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 197–206, 270–297, 314–348.&lt;/ref&gt; Zwar drohten der Familie Mengele als Angehörigen keine juristischen Konsequenzen, aber der loyale Kontaktmann Sedlmeier hätte wegen [[Strafvereitelung]] zur Rechenschaft gezogen werden können. Dieses Delikt [[Verjährung (Deutschland)|verjährte]] fünf Jahre nach Josef Mengeles Tod, mithin im Februar 1984.&lt;ref&gt;Keller: ''Günzburg'', S. 180.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Entdeckung ==<br /> Mit der Identifizierung der Gebeine [[Martin Bormann]]s 1973 wurde Mengele zum weltweit wohl meistgesuchten NS-Verbrecher.&lt;ref&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 67.&lt;/ref&gt; Im August 1979 hob Paraguay nach einer Intervention der deutschen Bundesregierung unter [[Helmut Schmidt]] Mengeles Staatsbürgerschaft auf.&lt;ref&gt;Richard Breitman: ''US Intelligence and the Nazis.'' Cambridge 2005, S. 431.&lt;/ref&gt; Aber erst 1985 kam Bewegung in die Ermittlungen. Fast einhundert überlebende Opfer Mengeles, die sich 1984 in der Organisation CANDLES zusammengeschlossen hatten, besuchten 1985 am Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, dem 27. Januar, die [[Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau|Gedenkstätte]]. Vom 4. bis 6. Februar fand in [[Yad Vashem]] das sogenannte „Mengele-Tribunal“ statt, bei dem Mengele in Abwesenheit angeklagt wurde und dreißig Überlebende ihr Schicksal schilderten. Beide Ereignisse erregten große Aufmerksamkeit in aller Welt. Die [[Vereinigte Staaten|USA]] begannen, ihre Verwicklung in den Fall Mengele zu untersuchen, und starteten eine konzertierte internationale Suchaktion, um Mengeles habhaft zu werden. Richard Breitman erklärt das amerikanische Engagement damit, dass die Lehren der [[Nürnberger Prozesse]] in den amerikanischen Sicherheitsbehörden verinnerlicht worden seien. Die USA seien bereit gewesen, erhebliche Risiken zur Ergreifung Mengeles in Kauf zu nehmen, um Paraguay unter Druck zu setzen.&lt;ref&gt;Breitman, ''U.S. Intelligence.'' S. 430–437.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die auf seine Ergreifung ausgesetzten Belohnungen summierten sich auf umgerechnet zehn Millionen [[Deutsche Mark|DM]]. [[Petra Kelly]] richtete am 14. März in Zusammenhang mit dem geplanten Deutschlandbesuch Alfredo Stroessners, von dem es immer noch hieß, er verstecke Mengele, eine auch öffentlich weithin beachtete parlamentarische Anfrage an die Bundesregierung.&lt;ref&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 159–170; Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 367–391.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 6. Juni 1985 wurde dann die Entdeckung von Mengeles Leichnam auf dem Friedhof von [[Embu (Brasilien)|Embú]] gemeldet. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hatte am 31. Mai 1985 das Wohnhaus Hans Sedlmeiers durchsuchen lassen und dabei den umfangreichen Briefwechsel Mengeles und ein Adressbuch entdeckt. Am 5. Juni wurde die Wohnung der Bosserts in São Paulo durchsucht, die vom Tod Mengeles berichteten. Brasilianische, deutsche, amerikanische und [[israel]]ische Experten untersuchten die [[Exhumierung|exhumierten]] Überreste und kamen am 21. Juni zu dem eindeutigen Schluss, dass es sich tatsächlich um den Gesuchten handelte. Eine [[DNA-Analyse]] räumte 1992 letzte Zweifel aus.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 309 f.; Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 394–401. [[Richard Helmer]]: ''Identifizierung der Leichenüberreste des Josef Mengele.'' In ''Archiv für Kriminologie'' 177 (1986), S. 129–144. AJ Jeffreys, MJ Allen, E Hagelberg, A Sonnberg: ''Identification of the skeletal remains of Josef Mengele by DNA analysis.'' In: ''Forensics Science International'' 56 (September 1992), S. 65–76.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Nachlass ==<br /> Erst nach dem Auffinden seiner Leiche wurde es möglich, die Etappen von Mengeles Flucht nachzuvollziehen. Eine wesentliche Quelle stellte dabei Mengeles handschriftlicher Nachlass dar, den sein Sohn Rolf bereits 1979 aus Brasilien geholt hatte und im Juni 1985 dem [[Hubert Burda Media|Burda-Verlag München]] unter im Einzelnen unbekannten Vertragsbedingungen überließ. Die Journalisten Gerald Posner und John Ware berichten, Rolf Mengele habe zunächst versucht, der Zeitschrift ''[[Stern (Zeitschrift)|Stern]]'' den Nachlass seines Vaters gegen Geld anzubieten. Der freie Journalist Herbert Bauermeister habe ihm dann geraten, das Konvolut der Zeitschrift ''Bunte'' unter der Bedingung zu überlassen, dass die Gewinne Opfern von Konzentrationslagern zugutekommen sollten.&lt;ref&gt;Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 387 f.&lt;/ref&gt; Während der Burda-Verlag bis heute eine Geldzahlung an Rolf Mengele dementiert, kam die Wirtschaftsjournalistin Gisela Freisinger 2005 zu dem Schluss, dass [[Hubert Burda]] 1985 eine Million DM an Rolf Mengele und eine weitere Million an einen Wohltätigkeitsfonds in Jerusalem gezahlt habe.&lt;ref&gt;Gisela Freisinger: ''Hubert Burda. Der Medienfürst.'' Frankfurt 2005, S. 202 f.&lt;/ref&gt; Einen anderen Teil des Nachlasses verkaufte Wolfram Bossert an den ''Stern''.&lt;ref name=&quot;Aufz&quot;&gt;Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 13&amp;nbsp;f., S. 380, S. 387 f.; Zofka, ''Mengele'', S. 247&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Während die Materialien in den Händen des ''Stern'' frei einsehbar waren, hielt der Burda-Verlag seinen Teil des Nachlasses unter Verschluss. Lediglich zur Prüfung der Echtheit durften Experten für eine begrenzte Zeit die Unterlagen in Augenschein nehmen. Als Sachverständiger für Schriftuntersuchungen stellte Wolfgang Conrad die Echtheit fest, die von den Historikern [[Uwe Dietrich Adam]], [[Andreas Hillgruber]] und Zdenek Zofka aufgrund der in den Schriftstücken dokumentierten Detailkenntnisse bestätigt wurde. Zofka wies allerdings darauf hin, dass die Echtheit der von ihm geprüften Dokumente nicht die Echtheit des gesamten Materials bedeute, weil bei anderen Schriftstücken ungewöhnliche Rechtschreibfehler aufgefallen seien und sich die Handschriften Bosserts und Mengeles ähnelten. Eine systematische Untersuchung des Nachlasses war seinerzeit nicht möglich.&lt;ref&gt;Zofka, ''Mengele'', S. 247&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die insgesamt 3500 Seiten umfassenden Tagebücher und Journale aus Mengeles Nachlass, von denen in einer Artikelserie in der Zeitschrift ''Bunte'' 1985 kleine Ausschnitte veröffentlicht worden waren und in die auch Posner/Ware für ihre Mengele-Monographie (1986) Einblick hatten, wurden am 21. Juli 2011 für 245.000 [[US-Dollar|Dollar]] (ca. 170.000&amp;nbsp;[[Euro]]) von einem amerikanischen Autographen-Auktionshaus versteigert. Weder die Provenienz des Nachlasses noch die Identität des neuen Besitzers wurden dabei bekanntgegeben.&lt;ref&gt;[http://www.telegraph.co.uk/news/newstopics/world-war-2/8646138/Nazi-war-criminal-Josef-Mengeles-journals-to-be-auctioned.html ''Nazi war criminal Josef Mengele’s journals to be auctioned''.] In: ''[[The Daily Telegraph|The Telegraph]]'', 19. Juli 2011; zu Nachlass und Nachlassversteigerung 2011 vgl. Wolter, ''Der SS-Arzt Josef Mengele'', S. 162 f.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,775709,00.html ''245.000 Dollar für den „Todesengel“''.] In: ''[[Spiegel Online]]'', 21. Juli 2011; [http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,329376,00.html ''Todesengel ohne Reue''.] In: ''[[Spiegel Online]] – Panorama'', 24. November 2004.&lt;/ref&gt; Aufzeichnungen Mengeles aus oder über seine Zeit in Auschwitz existieren nicht. Briefe vor 1973 galten lange als verschollen beziehungsweise wurden von der Familie mutmaßlich vernichtet.&lt;ref name=&quot;Aufz&quot; /&gt; 2015 wurde im Rahmen eines Aufsatzes eine kommentierte Transkription von insgesamt zehn [[Deutsche Feldpost im Zweiten Weltkrieg|Feldpostbriefen]] Mengeles veröffentlicht, die er in den Jahren 1942 bis 1944 von der Ostfront beziehungsweise aus Auschwitz an seine Frau Irene in Freiburg und zuletzt in Günzburg geschrieben hatte. Die Anbieter der zwischen 2010 und 2013 von europäischen und amerikanischen Auktionshäusern versteigerten Briefe blieben wie auch die neuen Besitzer anonym.&lt;ref&gt;Wolter, ''Der SS-Arzt Josef Mengele'', S. 162 ff.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Josef Mengeles Selbstzeugnisse aus den Jahren 1960 bis 1975 in Südamerika zeigen einen von schwankenden Stimmungen geplagten, selbstmitleidigen und isolierten Menschen. Er rechtfertigte sich auch noch lange nach Kriegsende in seinen Aufzeichnungen mit Topoi der [[NS-Propaganda]], etwa damit, dass das Judentum Deutschland den Krieg aufgezwungen habe und dass es sich um einen Rassenkampf im [[Sozialdarwinismus|sozialdarwinistischen]] Sinne gehandelt habe. Seinem Sohn gegenüber behauptete er, er habe nie jemanden getötet.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 205–215, 277–280.&lt;/ref&gt; Rolf Mengele berichtete außerdem, sein Vater habe sich darauf berufen, in Auschwitz nur seine Pflicht getan und Befehle ausgeführt zu haben. Er, Josef Mengele, sei nicht persönlich für die Geschehnisse im Lager verantwortlich. Er habe Auschwitz nicht erfunden.&lt;ref&gt;Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 338.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Das [[Fritz Bauer Institut]] in Frankfurt verfügt über Taschenkalender Mengeles aus den Jahren 1962, 1963, 1967, 1970, 1973 und 1975 sowie über einzelne Notizblöcke. Auch darin geht Mengele nie auf seine nationalsozialistische Vergangenheit und auf die ersten Nachkriegsjahre ein, kommentiert das Weltgeschehen aber zuweilen antisemitisch. Im Verlauf der 1970er zunehmend sozial isoliert und von gesundheitlichen Problemen geplagt, war ihm der Briefkontakt zu seinem Sohn Rolf und zu seinem Neffen und Stiefsohn Karl Heinz Mengele ausgesprochen wichtig.&lt;ref&gt;Jana Lösch: ''Die Taschenkalender des Josef Mengele. Ein Archivbericht'' In [http://www.fritz-bauer-institut.de/fileadmin/user_upload/uploadsFBI/einsicht/Einsicht-16.pdf ''Einsicht. Bulletin des Fritz Bauer Instituts'' 16], Herbst 2016, S. 94&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Legendenbildung ==<br /> Obwohl Mengele bereits 1945 zu den weltweit gesuchten Kriegsverbrechern gehörte, rückte er erst Anfang der 1960er Jahre in das Bewusstsein der Öffentlichkeit. Dies hatte mit dem 1959 begonnenen Ermittlungsverfahren der deutschen Justiz zu tun, mit den verschärften Bemühungen, Mengeles in Südamerika habhaft zu werden, und mit dem [[Eichmann-Prozess]] und den [[Auschwitzprozesse]]n, durch die Mengeles Verbrechen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurden.&lt;ref&gt;Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 237&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Seine Apostrophierung als „Todesengel“ geht wohl auf Zeugenaussagen in den Prozessen zurück.&lt;ref&gt;Am Beispiel einer Zeugenaussage im Eichmann-Prozess: Nina Burkhardt: ''Rückblende. NS-Prozesse und mediale Repräsentation der Vergangenheit in Belgien und den Niederlanden''. Münster 2009, S. 148.&lt;/ref&gt; In dem überarbeiteten deutschen Haftbefehl von 1981 werden eine Reihe weiterer Verbrechen angeführt, die als „Exzeßtaten“ bezeichnet werden können.&lt;ref&gt;Zofka, ''Mengele'', S. 259&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 7. Juli 1964 veröffentlichte die [[Bild (Zeitung)|Bild-Zeitung]] den Artikel „Blieb in Günzburg die Zeit stehen?“ Der [[Frankfurt am Main|Frankfurter]] [[Generalstaatsanwalt]] [[Fritz Bauer]] hatte dem Reporter Willy Schwandes gegenüber geäußert, Mengele verfüge über Millionen, die von seinem Bruder [[Alois Mengele|Alois]] aus Günzburg stammen müssten. Mengele werde in seiner Heimatstadt gedeckt, lebe doch der ganze Ort von der [[Mengele Agrartechnik|Maschinenfabrik Mengele]]. Daraufhin griffen auch andere Medien die Angelegenheit und etwa das Gerücht auf, Mengele habe der Beerdigung seines Vaters im November 1959 beigewohnt. Der Historiker Sven Keller spricht in diesem Zusammenhang von einem „Günzburg-Mythos“. Um den wahren Kern, dass die Familie Mengele Josef deckte, habe sich „ein dichtes Gewirr von Legenden von Nazismus, Konspiration und Antisemitismus“ entwickelt.&lt;ref&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 126–143, zit. S. 142.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Auch [[Simon Wiesenthal]] griff diesen „Mythos“ auf. In seinem 1967 veröffentlichten Buch ''Doch die Mörder leben'' widmete er Mengele das Kapitel ''Der Mann, der blaue Augen sammelte''. Darin finden sich eine Reihe aufsehenerregender Geschichten, von denen aber nur die wenigsten zutrafen. So berichtet Wiesenthal davon, Mengele besuche regelmäßig die besten Restaurants von [[Asunción]]; er fahre in einem schwarzen Mercedes-Benz [[Mercedes-Benz W 113|280 SL]], umgeben von bewaffneten Leibwächtern; er habe im Sommer 1960 mit einer gecharterten Yacht von der griechischen Insel [[Kythnos]] nach [[Ägypten]] einreisen wollen; er habe eine Auschwitzüberlebende, die ihn im Auftrag des Mossad gesucht habe, umgebracht. Weitere Geschichten, die etwa auch [[Michael Bar-Zohar]] verbreitete, besagten, Mengele sei 1964 einem Entführungskommando jüdischer [[Holocaust]]-Überlebender in Paraguay knapp entkommen oder er halte sich mit [[Martin Bormann]] im brasilianischen Dschungel versteckt. Unzählige Personen wollten Mengele gesehen haben. Der Fernsehreporter Adolfo Cicero verkaufte eine angebliche Filmaufnahme von 1966, die sogar auf [[Steckbrief]]en Verwendung fand. Der brasilianische Polizist Erich Erdstein behauptete, Mengele 1968 gestellt und erschossen zu haben.&lt;ref&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 67–72; Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 254–269.&lt;/ref&gt; [[Beate Klarsfeld]] vermutete 1971 Mengele mit Bormann im Dschungel von [[Peru]].&lt;ref&gt;Posner u. Ware, ''Mengele'', S. 302&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Mengele wurde, so das Nachrichtenmagazin ''[[Der Spiegel]]'' 1985, „eine Art [[Fliegender Holländer (Sage)|Fliegender Holländer]] des tausendjährigen Reiches“.&lt;ref&gt;''Wie ein Soldat.'' In: ''Der Spiegel'' 26 (1985), 24. Juni 1985, S. 112.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Der Mengele-Mythos produziert aber auch heute noch neue Schlagzeilen. Zuletzt erregte der argentinische Autor Jorge Camarasa Aufsehen mit seiner Vermutung, Mengele habe während seines Aufenthaltes in Paraguay verschiedene Kurzbesuche nach [[Cândido Godói]] in Brasilien unternommen, auch bekannt als „Stadt der Zwillinge“, wo eine überdurchschnittlich hohe Zahl an Zwillingsgeburten verzeichnet werde. Camarasa spekuliert, Mengele habe hier Experimente angestellt.&lt;ref&gt;Jorge Camarasa: ''Mengele. El ángel de la muerte in Sudamérica.'' Buenos Aires 2008.&lt;/ref&gt; Eine Untersuchung brasilianischer Genetiker fand jedoch keine Hinweise auf einen solchen Zusammenhang und führt die überdurchschnittlich vielen Zwillingsgeburten darauf zurück, dass die Stadt von nur sehr wenigen Familien gegründet worden sei, so dass eine genetische Besonderheit zur Geltung kommen konnte.&lt;ref&gt;A. Tagliani-Ribeiro, M. Oliveira, A.&amp;nbsp;K. Sassi, M.&amp;nbsp;R. Rodrigues, M. Magonel-Oliveira, G. Steinman, U. Matte, N.&amp;nbsp;J. Fagundes, L. Schuler-Faccini: ''Twin Town in South Brazil: a Nazi's experiment or a genetic founder effect?'' In: ''PLoS One.'' 6 (2011). [[doi:10.1371/journal.pone.0020328]]. {{PMC|3110757}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Literatur, Film und Kunst ==<br /> Mengele diente auch Literatur und Film als Vorlage. Die Figur des „Doktors“ in [[Rolf Hochhuth]]s Theaterstück ''[[Der Stellvertreter]]'' erscheint von ihm inspiriert, wie auch die Figur des Zahnarztes Dr.&amp;nbsp;Christian Szell, Beiname „Der weiße Engel“, in dem Roman ''[[Marathon Man]]'' (1974) von [[William Goldman (Drehbuchautor)|William Goldman]]. Bei Hochhuth erscheint der „Doktor“ als die Verkörperung des absolut Bösen, der sich von seinen SS-Kameraden wie von der Menschheit insgesamt unterscheide. Er spiele, so Hochhuth, nur die Rolle eines Menschen. In der Verfilmung von Goldmans Roman durch [[John Schlesinger]] (1976) hinterließ vor allem eine Szene Eindruck, in welcher der Antagonist Szell ([[Laurence Olivier]]) den von [[Dustin Hoffman]] gespielten Protagonisten „Thomas Levy“ [[folter]]t. Benno Weise Varon, ehemals Botschafter Israels in Paraguay meinte, dass es mehr als alles andere die Vorstellung gewesen sei, Mengele könne Dustin Hoffman foltern und töten wollen, die in der amerikanischen Öffentlichkeit den Wunsch geweckt habe, Mengele zu fassen.&lt;ref&gt;Henry C. Lee, Frank Tirnady: ''Blood Evidence. How DNA is Revolutionizing the Way We Solve Crimes.'' Perseus, New York 2003, S. 127&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In dem Roman ''[[The Boys from Brazil]]'' (1976) von [[Ira Levin]] steht Mengele dann selbst im Zentrum einer Verschwörung und hat im südamerikanischen Dschungel 94 Klone Adolf Hitlers hergestellt. Die Verfilmung von [[Franklin J. Schaffner]] war einer der ersten Thriller zum Thema [[Klonen]]. [[Gregory Peck]] spielte Mengele und Laurence Olivier diesmal seinen Gegenspieler „Ezra Lieberman“, der unzweideutig Simon Wiesenthal nachempfunden war. Obwohl Film und Roman einige wichtige Fragen aufwarfen, etwa zum Untertauchen von NS-Kriegsverbrechern in südamerikanischen, autoritär regierten Staaten, bedienten sie zugleich gängige Hollywood-Klischees.&lt;ref&gt;Annette Insdorf: ''Indelible Shadows. Film and the Holocaust.'' 3. Auflage. Cambridge UP, Cambridge, MA 2003, S. 10&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Mengeles letzte persönliche Begegnung mit seinem Sohn Rolf in Brasilien 1977 wurde von dem Schriftsteller [[Peter Schneider (Schriftsteller)|Peter Schneider]] zum Gegenstand seiner Erzählung ''Vati'' (1987) gemacht. Die Kritik warf Schneider dabei vor, sein Buch sei „anbiederisch“, „obszön und ärgerlich“. Er habe im Grunde die fünfteilige Exclusiv-Serie, welche die Illustrierte ''Bunte'' 1985 mit Rolf Mengele publizierte, [[Plagiat|plagiiert]].&lt;ref&gt;Peter Schneider: ''Vati.'' Luchterhand, Darmstadt 1987. Gerda-Marie Schönfeld: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13521967.html ''So eine Nachbarschaft. Ist Peter Schneiders Erzählung „Vati“ ein schlichtes Illustrierten-Plagiat?''] In: ''Der Spiegel'' 11/1987, 9. März 1987.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In dem deutschen Spielfilm [[Nichts als die Wahrheit (1999)|''Nichts als die Wahrheit'']] hat Mengele ([[Götz George]]) seinen Tod 1979 nur fingiert und stellt sich zwanzig Jahre später einem Prozess in Deutschland. Dieser kontrovers diskutierte Film spielte in seiner Dramaturgie als Gerichtsdrama auf den Film ''[[Das Urteil von Nürnberg]]'' (1961) an. In der Form eines Generationendramas diskutierte Regisseur [[Roland Suso Richter]] die Fragen medizinischer Ethik und politischer Verführbarkeit.&lt;ref&gt;Hanno Loewy: ''Are we going to do this again? Nürnberg, Jerusalem, Frankfurt. Auschwitz und das Courtroom-Drama.'' In: Stephan Braese (Hrsg.): ''Rechenschaften. Juristischer und literarischer Diskurs in der Auseinandersetzung mit den NS-Massenverbrechen.'' Wallstein, Göttingen 2004, S. 97&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Für die Stadt Basel schuf der Künstler [[Jean Tinguely]] einen Mengele-[[Totentanz]]-Altar. 2005 wurde in der Geburtsstadt Günzburg eine Gedenktafel für die Opfer Josef Mengeles aufgestellt.&lt;ref&gt;Rebekka Jakob: [http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Augenblicke-der-Erinnerung-Denkmal-fuer-die-Opfer-des-KZ-Arztes-Mengele-in-Guenzburg-id2729981.html ''Augenblicke der Erinnerung: Denkmal für die Opfer des KZ-Arztes Mengele in Günzburg''], [[Augsburger Allgemeine]], 12. März 2005.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In dem Film ''[[Schindlers Liste]]'' wird Mengele kurz bei einer Selektion gezeigt. In ''[[Der Stellvertreter (2002)|Der Stellvertreter]]'' von [[Constantin Costa-Gavras]] wird Mengele in der Figur des Arztes, im Film nur „Doktor“ genannt, verkörpert.&lt;ref&gt;Rainer Traub: ''Gottes Spion in der Hölle.'' In: ''Der Spiegel'', 14. April 2001, S.&amp;nbsp;63.&lt;/ref&gt; Die Figur Dr.&amp;nbsp;Josef Heiter im Horrorfilm ''[[The Human Centipede (First Sequence)]]'', welcher aus Menschen einen menschlichen [[Hundertfüßer]] machen will, ist ebenso an Mengele angelehnt wie die Figur des vom [[Mossad]] verfolgten Dieter Vogel, genannt „Der Chirurg von Birkenau“, in dem Agententhriller ''[[Eine offene Rechnung]]'' aus dem Jahre 2010.<br /> <br /> == Historische Forschung ==<br /> Mengele war zunächst weder in der öffentlichen Wahrnehmung noch in der historischen Forschung der bekannteste oder berüchtigtste KZ-Arzt. Zwar hatte [[Miklós Nyiszli]] 1946 einen der frühesten Augenzeugenberichte über Auschwitz überhaupt unter dem Titel ''Ich war der Pathologe von Dr.&amp;nbsp;Mengele im Auschwitzer Krematorium'' verfasst, allerdings zunächst nur in ungarischer Sprache.&lt;ref&gt;Miklós Nyiszli: ''Dr. Mengele boncolóorvosa voltam az Auschwitz-i krematóriumban'' (= Dr. Mengele. Als ehemaliger Obduktionsarzt im Krematorium Auschwitz). o. O. (1946). Eine englischsprachige Ausgabe erschien 1960 mit einem Vorwort von [[Bruno Bettelheim]]: Miklós Nyiszli: ''Auschwitz: A Doctor's Eyewitness Account''. F. Fell, New York 1960. Auf Deutsch erschienen zunächst nur Auszüge. Vgl. etwa ''Die Todesfabrik.'' In: Gerhard Schoenberner (Hrsg.): ''Wir haben es gesehen. Augenzeugenberichte über Terror und Judenverfolgung im 3. Reich.'' Hamburg 1962, S. 248–252. Eine vollständige Ausgabe auf Deutsch erschien erstmals 1992: Miklós Nyiszli: ''Im Jenseits der Menschlichkeit. Ein Gerichtsmediziner in Auschwitz''. Hrsg. von Friedrich Herber. Übers. von Angelika Bihari. Dietz, Berlin 1992.&lt;/ref&gt; Da es Mengele zudem gelungen war, sich der Strafverfolgung zu entziehen, standen zunächst andere NS-Medizinverbrechen im Vordergrund. Im [[Nürnberger Ärzteprozess]] 1946/47, in welchem 20 KZ-Ärzte wegen [[Menschenversuche in nationalsozialistischen Konzentrationslagern|Menschenversuchen in nationalsozialistischen Konzentrationslagern]] angeklagt wurden, wurden etwa die [[Unterdruck]]&amp;shy;versuche [[Sigmund Rascher]]s im [[KZ Dachau]] oder die [[Sulfonamide|Sulfonamid]]-Experimente [[Karl Gebhardt]]s im [[KZ Ravensbrück]] dokumentiert.&lt;ref&gt;Mengele wurde im [[Nürnberger Ärzteprozess]] nicht angeklagt und dementsprechend auch nicht in Abwesenheit verurteilt. [[Alexander Mitscherlich]], Fred Mielke: ''Wissenschaft ohne Menschlichkeit: Medizinische und eugenische Irrwege unter Diktatur, Bürokratie und Krieg.'' Schneider, Heidelberg 1949. Die ganze Auflage wurde von den Ärztekammern aufgekauft. Neuauflage: ''Medizin ohne Menschlichkeit: Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses.'' Fischer, Heidelberg 1960, ISBN 3-596-22003-3. [[Angelika Ebbinghaus]], [[Klaus Dörner]] (Hrsg.): ''[[Vernichten und Heilen]]. Der Nürnberger Ärzteprozeß und die Folgen''. Aufbau-Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-351-02514-9.&lt;/ref&gt; Freilich stieß die von [[Alexander Mitscherlich]] und Fred Mielke 1949 besorgte Herausgabe des Abschlussberichts der deutschen Ärztekommission sowie von Dokumenten zum und aus dem Prozess erst in der Neuausgabe von 1960 auf breitere öffentliche Aufmerksamkeit.&lt;ref&gt;Jürgen Peter: ''Der Nürnberger Ärzteprozess im Spiegel seiner Aufarbeitung anhand der drei Dokumentensammlungen von Alexander Mitscherlich und Fred Mielke.'' Lit, Münster 1998.&lt;/ref&gt; Bis der Eichmann-Prozess und die Auschwitzprozesse auch die Taten Mengeles in Auschwitz ins öffentliche Bewusstsein riefen, war Mengele deshalb nur ein KZ-Arzt unter vielen.&lt;ref&gt;Vgl. etwa die marginale Erwähnung bei Raul Hilberg: ''Die Vernichtung der europäischen Juden.'' Durchges. u. erw. Ausgabe, S. Fischer, Frankfurt a. M. 1990, S. 1010.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die geheimnisumwitterte Flucht Mengeles erschwerte darüber hinaus lange seriöse Forschungen zu seinem Leben. Die Biographien, die bis 1985 erschienen, waren deshalb aus verschiedenen Gründen und in unterschiedlichem Maße fehlerhaft.&lt;ref&gt;Keller, ''Günzburg'', S. 13&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Auf Mengeles 1985 entdecktem Nachlass, zu der auch eine Autobiographie und Tagebücher gehören, basiert die Studie der Journalisten John Ware und [[Gerald Posner]], welche die Fluchtumstände erstmals detailliert nachzeichneten. Der Historiker Zdenek Zofka war 1986 in einem Aufsatz in den [[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte|Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte]] einer der ersten, der sich um eine Entdämonisierung Mengeles bemühte. Mengele habe nicht aus krankhafter Mordlust gehandelt, sondern aus kaltherzigem, skrupellosem Kalkül. Seine Persönlichkeit sei von grenzenlosem Ehrgeiz und grenzenlosem [[Zynismus]] geprägt.&lt;ref&gt;Zofka, ''Mengele'', S. 261, 266.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Aufsehen erregte im selben Jahr auch der amerikanische Psychiater [[Robert Lifton]], der in seinem Buch über ''Ärzte im Dritten Reich'' Mengele ein Kapitel widmete. Er erklärte Mengeles Verbrechen mit einer psychologischen Dopplung, die es ihm ermöglicht habe, seinen [[Sadismus]] in eine ideologische Handlungslogik einzubinden.&lt;ref&gt;Lifton, ''Ärzte'', S. 437–448.&lt;/ref&gt; Das gewachsene Interesse an der Person Mengeles dokumentierte nicht zuletzt der Dokumentarfilm ''Der Todesarzt'' aus der Reihe ''Hitlers Helfer'' (1998) von [[Guido Knopp]] bzw. das entsprechende Mengele-Kapitel in der gleichnamigen Buchedition.&lt;ref&gt;Guido Knopp und Theo Pischke: ''Der Todesarzt''. In: Guido Knopp: ''Hitlers Helfer. Täter und Vollstrecker'', München 1998, S. 329–396.&lt;/ref&gt; Die bislang einzige deutschsprachige monographische Darstellung der Biographie Mengeles, die [[Ulrich Völklein]] 1999 veröffentlichte, richtete sich ebenso bewusst an einen breiteren Leserkreis. Völklein attestierte Mengele, er sei keine [[Dissoziative Identitätsstörung|gespaltene Persönlichkeit]] gewesen, sondern ein schwer defizitärer Mensch, dessen Schwächen in Auschwitz zur Voraussetzung seines Funktionierens wurden.&lt;ref&gt;Völklein, ''Mengele'', S. 184–186.&lt;/ref&gt; Um eine Aufklärung diverser Mythen bemühte sich Sven Keller, dessen Magisterarbeit 2003 in die ''Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte'' aufgenommen wurde. Er setzte sich vor allem mit dem Verhältnis Günzburgs zum Fall Mengele auseinander.<br /> <br /> Zuletzt wurden die vielfältigen Beziehungen Mengeles zur deutschen Spitzenforschung in den [[Kaiser-Wilhelm-Institut]]en während des Nationalsozialismus untersucht. Neben der Pionierarbeit von [[Benno Müller-Hill]] und den Studien Ernst Klees zur NS-Medizin war es vor allem das Forschungsprogramm ''Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus'', welche die Rolle von Mengeles Menschenversuchen im KZ Auschwitz neu bewertete.<br /> <br /> == Auszeichnungen ==<br /> * [[Eisernes Kreuz]] I und II&lt;ref name=&quot;:0&quot;&gt;Zofka, ''Typologie'', S. 254.&lt;/ref&gt;<br /> * [[Ostmedaille]] 41/42&lt;ref name=&quot;:0&quot; /&gt;<br /> * [[Verwundetenabzeichen (1939)|Verwundetenabzeichen in Schwarz]]<br /> * [[Kriegsverdienstkreuz (1939)]] II. Klasse mit Schwertern.&lt;ref&gt;Zofka, ''Typologie'', S. 254; hier irrtümlich als „Kriegsverwundetenkreuz“ bezeichnet.&lt;/ref&gt;<br /> * [[Ehrenwinkel der Alten Kämpfer|Ehrenwinkel für ehemalige Stahlhelm-Angehörige]]<br /> <br /> == Veröffentlichungen ==<br /> * ''Rassenmorphologische Untersuchung des vorderen Unterkieferabschnittes bei vier rassischen Gruppen.'' In: ''Morphologisches Jahrbuch'' 79 (1937), S. 60–117. (zugleich München, Phil. Diss. v. 13. Nov. 1935.)<br /> * ''Sippenuntersuchungen bei Lippen-Kiefer-Gaumenspalte.'' In: ''Zeitschrift für menschliche Vererbungs- und Konstitutionslehre'' 23 (1938), S. 17–42. (zugleich Frankfurt, Med. Diss. v. 30. März 1938.)<br /> * als G. Helmuth: ''Die Vererbung Als Biologischer Vorgang.'' In: ''Der Weg''&lt;ref&gt;[[Der Weg. Monatshefte zur Kulturpflege und zum Aufbau|Der Weg]] war eine Zeitschrift deutscher Emigranten in Argentinien. Sie wurde von dem früheren Deutschlehrer in Buenos Aires und Inhaber des Dürer-Verlages, Eberhard Fritsch, herausgegeben und hatte sich unter der Redaktion [[Willem Sassen]]s zu einem Bezugspunkt von Nationalsozialisten im Land entwickelt. Irmtrud Wojak: ''Fritz Bauer 1903–1968. Eine Biographie.'' C. H. Beck, München 2009, S. 291.&lt;/ref&gt; n. d. (vermutlich 1953).<br /> <br /> == Rezeption ==<br /> === Film ===<br /> * ''[[Der Marathon-Mann]]'' (1976), Regie: [[John Schlesinger]] mit [[Laurence Olivier]] als KZ-Arzt.<br /> * ''[[The Boys from Brazil]]'' (1978), Regie: [[Franklin J. Schaffner]], mit [[Gregory Peck]] als Josef Mengele.<br /> * ''[[Und die Geigen verstummen]]'' (And the Violins Stopped Playing, 1988), Regie [[Alexander Ramati]], mit [[Marcin Troński]] als Josef Mengele.<br /> * ''[[Nichts als die Wahrheit (1999)]]'', Regie: [[Roland Suso Richter]], mit [[Götz George]] als Josef Mengele.<br /> * ''[[Die Grauzone]]'' (2001), Regie: [[Tim Blake Nelson]], mit [[Henry Stram]] als Josef Mengele.<br /> * ''[[Der Stellvertreter (2002)|Der Stellvertreter]]'' (2002), Regie: [[Constantin Costa-Gavras]] mit [[Ulrich Mühe]] als „Doktor“.<br /> * ''[[My Father, Rua Alguem 5555]]'' (2003), Regie: [[Egidio Eronico]], mit [[Charlton Heston]] als Josef Mengele.<br /> * ''[[Wakolda (2013)]]'', Regie: [[Lucía Puenzo]], mit [[Alex Brendemühl]] als Josef Mengele.<br /> * ''[[Im Labyrinth des Schweigens]]'' (2014), Regie: [[Giulio Ricciarelli]].<br /> * [[Schindlers Liste]] (1993), Regie [[Steven Spielberg]], Daniel del Ponte als Dr. Josef Mengele.<br /> * [[Vier Schwestern (1/4) - Der hippokratische Eid, Ruth Elias]] (2017), Regie [[Claude Lanzmann]]; [https://www.arte.tv/de/videos/068408-001-A/vier-schwestern-1-4/ Online abrufbar]<br /> <br /> === Musik ===<br /> * [[Slayer]], ''[[Angel of Death (Lied)|Angel of Death]]'' (1986), auf dem Album ''[[Reign in Blood]]''.<br /> * [[Avatar (Band)|Avatar]], ''Bloody Angel'', auf dem Album ''Hail the Apocalypse'' (2014).<br /> * [[Saltatio Mortis]], ''Todesengel'', auf dem Album ''Zirkus Zeitgeist'' (2015).<br /> <br /> === Belletristik ===<br /> * [[Lucía Puenzo]]: ''Wakolda.'' Emecé, Buenos Aires 2011, ISBN 978-950-04-3330-3.<br /> ** deutsch: ''Wakolda.'' Aus dem argentinischen Spanisch von Rike Bolte. Wagenbach, Berlin 2012, ISBN 978-3-8031-3246-8.<br /> *[[Olivier Guez]]: ''La disparition de Josef Mengele''. Grasset, Paris 2017, ISBN 978-224-68-5587-3.<br /> ** deutsch: ''Das Verschwinden des Josef Mengele.'' Aus dem Französischen von Nicola Denis. Aufbau, Berlin 2018, ISBN 978-3-351-03728-4.<br /> <br /> == Quellen ==<br /> * [[Eva Mozes Kor]], Lisa Rojany Buccieri: ''„Ich habe den Todesengel überlebt.“ Ein Mengele-Opfer erzählt.'' [[cbj Kinderbücher Verlag|cbj]], München 2012, ISBN 978-3-570-40109-5.<br /> * Yehuda Koren, Eilat Negev: ''„Im Herzen waren wir Riesen.“ Die Überlebensgeschichte einer Liliputanerfamilie.'' Econ, München 2003, ISBN 3-430-17153-9.<br /> * [[Primo Levi]]: ''So war Auschwitz. Zeugnisse 1945–1986. Mit Leonardo De Benedetti.'' Hrsg. v. D. Scarpa und F. Levi, München, 2017, ISBN 978-3-446-25449-7.<br /> * [[Miklós Nyiszli]]: ''Im Jenseits der Menschlichkeit. Ein Gerichtsmediziner in Auschwitz.'' Dietz, Berlin; Nachdruck der 2., überarb. Auflage 2005, ISBN 3-320-02061-7.<br /> * Zdeněk und Jiří Steiner: ''Zwillinge in Auschwitz.'' In: [[Hermann Langbein]], [[Ella Lingens-Reiner]], [[Hans Günther Adler]] (Hrsg.): ''Auschwitz. Zeugnisse und Berichte.'' 5. Auflage, [[Europäische Verlagsanstalt]] EVA, Hamburg 1994 ISBN 3-434-46223-6.<br /> ** 6. Auflage, mit einem Vorwort zur Editionsgeschichte von Katharina Stengel. Schriftenreihe 1520. [[Bundeszentrale für politische Bildung]] BpB, Bonn 2014 ISBN 978-3-8389-0520-4 S. 126–129.<br /> * Anja Tuckermann: ''„Denk nicht, wir bleiben hier!“ Die Lebensgeschichte des Sinto [[Hugo Höllenreiner]].'' Carl Hanser, München 2005.<br /> * Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main: ''Schlussakte „Josef Mengele“'', vom 14. Juli 1986, im Archiv der Institution (ca. 70 S.). Juristische Schlussbetrachtung nach seinerzeitigem Wissen.<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * [[Udo Benzenhöfer]]: ''Bemerkungen zum Lebenslauf von Josef Mengele unter besonderer Berücksichtigung seiner Frankfurter Zeit.'' In: ''Hessisches Ärzteblatt'' 72 (2011), S. 228–230, 239 f. [http://www.laekh.de/upload/Hess._Aerzteblatt/2011/2011_04/2011_04_11.pdf PDF].<br /> * Sven Keller: ''Günzburg und der Fall Josef Mengele. Die Heimatstadt und die Jagd nach dem NS-Verbrecher.'' Oldenbourg Wissenschaft, München 2003, ISBN 3-486-64587-0.<br /> * [[Ernst Klee]]: ''Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer.'' 3. Auflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 2004, ISBN 3-596-14906-1.<br /> * Helena Kubica: ''Dr. Mengele und seine Verbrechen im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau.'' In: ''Hefte von Auschwitz.'' Band 20, [[Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau]] 1997, {{ISSN|0440-5897}}, S. 369–455.<br /> * [[Robert Jay Lifton]]: ''Ärzte im Dritten Reich.'' Aus dem Amerikanischen übersetzt von Annegret Lösch. Klett-Cotta, Stuttgart 1988, ISBN 3-608-93121-X<br /> * Benoît Massin: ''Mengele, die Zwillingsforschung und die „Auschwitz-Dahlem Connection“.'' In: [[Carola Sachse]] (Hrsg.): ''Die Verbindung nach Auschwitz. Biowissenschaften und Menschenversuche an Kaiser-Wilhelm-Instituten. Dokumentation eines Symposiums'' (= ''Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus.'' Bd. 6). Wallstein, Göttingen 2003, ISBN 3-89244-699-7, S. 201–254.<br /> * {{NDB|17|69|71|Mengele, Josef|[[Franz Menges]]|118783262}}<br /> * [[Benno Müller-Hill]]: ''Tödliche Wissenschaft.'' Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1988, ISBN 3-499-15349-1.<br /> * [[Benjamin Ortmeyer]]: ''Jenseits des Hippokratischen Eids. Josef Mengele und die Goethe-Universität.'' Protagoras Academicus, Frankfurt 2014, ISBN 978-3-943059-13-7.<br /> * Gerald L. Posner, John Ware: ''Mengele. The Complete Story.'' McGraw Hill, New York 1986; erste deutsche Übersetzung unter dem Titel: ''Mengele. Die Jagd auf den Todesengel.'' Aus dem Englischen von Manfred Schmitz. Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar 1993, ISBN 3-351-02409-6.<br /> * [[Hans-Walter Schmuhl]]: ''Grenzüberschreitungen. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik 1927 bis 1945'' (= ''Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus.'' Bd. 9). Wallstein, Göttingen 2005, ISBN 3-89244-799-3.<br /> * Achim Trunk: ''Rassenforschung und Biochemie. Ein Projekt – und die Frage nach dem Beitrag Butenandts.'' In: Wolfgang Schieder, Achim Trunk (Hrsg.): ''Adolf Butenandt und die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Wissenschaft, Industrie und Politik im „Dritten Reich“'' (= ''Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus.'' Bd. 7). Wallstein, Göttingen 2004, S. 247–285, ISBN 3-89244-752-7.<br /> * [[Ulrich Völklein]]: ''Josef Mengele. Der Arzt von Auschwitz.'' Steidl, Göttingen 1999, ISBN 3-88243-685-9.<br /> * Guy Walters: ''Hunting Evil. How the Nazi Criminals Escaped and the Hunt to Bring them to Justice.'' Bantam, London 2009, ISBN 978-0-553-81939-7.<br /> * Markus Wolter: ''Der SS-Arzt Josef Mengele zwischen Freiburg und Auschwitz – Ein örtlicher Beitrag zum Banalen und Bösen.'' In: '' [[Breisgau-Geschichtsverein Schau-ins-Land|„Schau-ins-Land“, Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins]].'' 133. Jahrbuch 2014, Freiburg (2015), S. 149–189. ISSN 1434-2766, {{DNB|011861479}}.<br /> * Zdenek Zofka: ''Der KZ-Arzt Josef Mengele. Zur Typologie eines NS-Verbrechers.'' In: ''[[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte]].'' 34 (1986), S. 245–267 ([http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1986_2_4_zofka.pdf PDF]).<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat}}<br /> * {{DNB-Portal|118783262}}<br /> * {{IMDb|ch0035959}}<br /> * [http://www.justice.gov/criminal/hrsp/archives/1992/10-01-92mengele-rpt.pdf ''In the Matter of Josef Mengele – A Report to the Attorney General of the United States.''] (PDF; 8,8&amp;nbsp;MB). [[Justizministerium der Vereinigten Staaten]], Oktober 1992.<br /> * Karin Orth: ''[http://einestages.spiegel.de/external/ShowTopicAlbumBackground/a1569/l3/l0/F.html#featuredEntry Wie SS-Männer zu Mördern gedrillt wurden.]'' In: [[Einestages]] (zur „Dachauer Schule“, einzige bekannte Aufnahmen von Josef Mengele aus seiner Zeit als Lagerarzt in Auschwitz aus einem 2006 an die Öffentlichkeit gekommenen Fotoalbum von [[Karl-Friedrich Höcker]], das erste Bild zeigt neben Mengele auch Rudolf Höß und [[Josef Kramer]])<br /> * [http://www.josef-mengele.de Biographie von Sven Keller (vgl. Literatur), inkl. einer Fehlerkorrektur zu anderen Internetbiographien]<br /> * [http://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/josef-mengele Mengele-Biographie] bei zukunft-braucht-erinnerung.de<br /> * {{DHM-HdG|Bio=josef-mengele|Titel=Josef Mengele}}<br /> * [http://www.guenzburg.de/guenzburg/geschichte/ein-langer-schatten/umgang Umgang der Stadt Günzburg mit Josef Mengele] – Website der Stadt Günzburg<br /> * [http://forschungsstelle.wordpress.com/jenseits-des-hippokratischen-eids-dr-mengele-und-die-goethe-universitat/ Jenseits des hippokratischen Eids: Dr.&amp;nbsp;Mengele und die Goethe-Universität, Vortrag von Benjamin Ortmeyer]<br /> <br /> == Anmerkungen ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=p|GND=118783262|LCCN=n/81/68925|NDL=00621120|VIAF=20476549}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Mengele, Josef}}<br /> [[Kategorie:Lagerarzt im KZ Auschwitz]]<br /> [[Kategorie:Lagerarzt im KZ Groß-Rosen]]<br /> [[Kategorie:SS-Arzt]]<br /> [[Kategorie:Täter des Porajmos]]<br /> [[Kategorie:Angehöriger der Waffen-SS]]<br /> [[Kategorie:NSDAP-Mitglied]]<br /> [[Kategorie:SA-Mitglied]]<br /> [[Kategorie:Mitglied im Stahlhelm]]<br /> [[Kategorie:Rassismus im Nationalsozialismus]]<br /> [[Kategorie:Krankenmorde im Nationalsozialismus]]<br /> [[Kategorie:Eugeniker]]<br /> [[Kategorie:Person (Günzburg)]]<br /> [[Kategorie:Rattenlinien]]<br /> [[Kategorie:Deutscher]]<br /> [[Kategorie:Geboren 1911]]<br /> [[Kategorie:Gestorben 1979]]<br /> [[Kategorie:Mann]]<br /> <br /> {{Personendaten<br /> |NAME=Mengele, Josef<br /> |ALTERNATIVNAMEN=Hollmann, Fritz; Gregor, Helmuth; Mengele, José; Hochbichler, Peter; Gerhard, Wolfgang<br /> |KURZBESCHREIBUNG=deutscher Mediziner, Arzt in Auschwitz, verantwortlich für tödliche Menschenversuche<br /> |GEBURTSDATUM=16. März 1911<br /> |GEBURTSORT=[[Günzburg]]<br /> |STERBEDATUM=7. Februar 1979<br /> |STERBEORT=[[Bertioga]], Brasilien<br /> }}</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Nicki_Minaj&diff=188315245 Nicki Minaj 2019-05-07T06:44:29Z <p>212.117.117.42: /* 2010–2011: Pink Friday */</p> <hr /> <div>[[Datei:Nicki Minaj cropped.jpg|alternativtext=|mini|Nicki Minaj (2011)]]<br /> '''Nicki Minaj''' [{{IPA|ˌnɪkɪ mɪˈnɑːʒ}}]&lt;ref&gt;[https://www.youtube.com/watch?gl=DE&amp;hl=de&amp;v=1agtG2FbKMw Go Hard Official Video]&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://www.youtube.com/watch?v=SXiSVQZLje8&amp;feature=youtu.be&amp;t=4 Ariana Grande – Side To Side ft. Nicki Minaj]&lt;/ref&gt; (* [[8. Dezember]] [[1982]]&lt;ref name=&quot;alter&quot;&gt;[http://tmz.vo.llnwd.net/o28/newsdesk/tmz_documents/0713_minaj_2.pdf Polizei-Report (PDF; 570&amp;nbsp;kB)]&lt;/ref&gt; als ''Onika Tanya Maraj'' in [[Port of Spain]], [[Trinidad und Tobago]]) ist eine in den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] lebende [[Rap]]perin, [[Contemporary R&amp;B|R&amp;B]]-[[Gesang|Sängerin]], [[Songwriting|Songwriterin]] und [[Schauspieler]]in. Das [[Model]]&lt;ref&gt;{{Internetquelle|url=http://www.vogue.com/article/nicki-minaj-signs-modeling-contract-wilhelmina|titel=Nicki Minaj Just Signed a Major Modeling Contract|autor=Janelle Okwodu|hrsg=Condé Nast|werk=Vogue.com|datum=|sprache=en|zugriff=2017-03-29}}&lt;/ref&gt; steht seit 2009 bei [[Young Money Entertainment]] unter Vertrag, dem Label des US-amerikanischen Rappers [[Lil Wayne]], das Label ist verbunden mit [[Cash Money]], das von dem Rapper [[Birdman]] und Lil Wayne geleitet wird. Im Juni 2010 erreichte sie als erste Rapperin seit [[Lil’ Kim]]s ''Magic Sticks'' (feat. [[50 Cent]]) 2002 mit ihrem Song ''Your Love'' die Spitze der US-[[Billboard (Magazin)|Billboard]] Hot Rap Tracks. Sie ist die erste Künstlerin überhaupt, die mit sieben Songs gleichzeitig in den [[Billboard Hot 100]] vertreten war. Im Juni 2015 brach sie mit dem Gewinn ihres sechsten ''Best Female R’n’B &amp; Hip-Hop Artist'' [[BET Award]] den Rekord von [[Missy Elliott]], die diesen Preis fünfmal gewonnen hatte. Sie ist mittlerweile mit 99 Millionen verkauften Tonträgern (Stand Januar 2019) die kommerziell erfolgreichste Rapperin aller Zeiten.&lt;ref&gt;[https://www.mix1.de/news/nicki-minaj-ein-gro-er-rekord-steht-an/ ''Nicki Minaj: ein großer Rekord steht an.'' Mix1.de, 6. Januar 2019.]&lt;/ref&gt; Im März 2017 brach sie den Billboard-Hot-100-Rekord für die meisten Chartplatzierungen einer Frau in der Geschichte der US-amerikanischen Charts.&lt;ref&gt;Gary Trust: [https://www.billboard.com/articles/columns/chart-beat/8483244/nicki-minaj-first-woman-100-hits-hot-100 ''Nicki Minaj Makes History as First Woman With 100 Appearances on Billboard Hot 100''], billboard.com, 5. November 2018, abgerufen am 7. November 2018.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Lebenslauf ==<br /> Nicki Minaj wurde am 8. Dezember 1982 als Onika Tanya Maraj in [[Saint James (Port of Spain)|Saint James]], einem Stadtteil von [[Port of Spain]] im [[Karibik|karibischen]] Inselstaat [[Trinidad und Tobago]], geboren und lebte dort die ersten fünf Jahre bei ihrer Großmutter. Ihre Vorfahren stammen ursprünglich aus Indien; ihr Familienname ist eine Kurzform des aus dem [[Sanskrit]] stammenden hinduistischen Herrschertitels „[[Maharadscha|Maharaj]]“, das „großer Herrscher“ bedeutet.&lt;ref&gt;Ben Arogundade. [http://www.arogundade.com/nicki-minajs-ethnicity-facts-race-heritage-biography.html 200,000 Google Questions About Nicki Minaj's Race, Ethnicity, Nationality &amp; Parents Robert &amp; Carol]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Ab ihrem fünften Lebensjahr lebte sie im [[New York City|New Yorker]] Stadtteil [[Queens]] bei ihren Eltern, die in die Vereinigten Staaten ausgewandert waren. Ihr Vater war [[Alkoholkrankheit|alkohol-]] und [[Drogenabhängigkeit|drogenabhängig]] und wurde gegenüber seiner Frau und seinen Kindern regelmäßig gewalttätig.&lt;ref&gt;{{Internetquelle | url=http://radaronline.com/exclusives/2014/09/nicki-minaj-mom-carol-maraj-interview-abusive-husband-beatings/ | titel=Artikel auf Radar Online | zugriff=2015-09-05}}&lt;/ref&gt; 2003 absolvierte Nicki Minaj die öffentliche Schule für Schauspiel und Musik &quot;''LaGuardia High School&quot;'' in [[Manhattan]].<br /> <br /> == Musikkarriere ==<br /> === 2004–2010: Karrierebeginn und verschiedene Mixtapes ===<br /> Minaj begann ihre Musikkarriere 2004 in [[New York City|New York]] mit dem Einsingen von [[Backing Vocal]]s und [[Hookline|Hooks]] für einige Rapper. Noch im selben Jahr hörte Fendi, der [[Chief Executive Officer|CEO]] des Labels ''Dirty Money Recordings,'' ihre Songs auf ihrer [[MySpace]]-Seite und nahm sie unter Vertrag. Nachdem sie auf der ''Dirty Money DVD The Come Up'' zu hören und zu sehen gewesen war, trat [[Lil Wayne]] mit ihr in Kontakt, und die beiden nahmen einige Songs zusammen auf.<br /> <br /> Im April 2007 veröffentlichte sie ihr erstes Mixtape ''Playtime Is Over,'' auf dem einige der Songs mit Lil Wayne zu hören waren.<br /> <br /> 2008 folgte ihr zweites Mixtape ''Sucka Free''. Außerdem war sie auf dem Cover des Hip-Hop-Magazins [[XXL (Magazin)|XXL]] zu sehen und gewann den ''Female Artist of the Year Award'' der ''Underground Music Awards''.<br /> Im April 2009 wurde mit ''[[Beam Me Up Scotty (Mixtape)|Beam Me Up Scotty]]'' ihr drittes Mixtape veröffentlicht, von dem sowohl der Sender [[Black Entertainment Television|BET]] als auch [[MTV]] positiv berichteten. Darauf folgte die Unterzeichnung eines Künstlervertrags bei Lil Waynes ''Young Money Entertainment'' in Zusammenarbeit mit [[Music Corporation of America|Universal]] [[Motown|Motown Records]]. Das Album ''We Are Young Money'' von [[Young Money]], auf dem Minaj zu hören war, erreichte Platz 9 der US [[Billboard 200]] und brachte ihr somit erste Charterfolge ein. Die zweite Single des Albums ''Bedrock'', auf dem sie als Rapperin zu hören ist, erreichte Platz 2 der US [[Billboard Hot 100]] und Platz 1 der ''US Billboard Hot Rap Tracks''.<br /> <br /> === 2010–2011: ''Pink Friday'' ===<br /> [[Datei:Nicki Minaj - Live Femme Fatale 9.jpg|mini|239x239px|Nicki Minaj auf der Femme-Fatale-Tour]]<br /> Bevor Nicki Minaj erste Solosongs veröffentlichte, nahm sie weitere Songs mit [[Mariah Carey]] ''([[Up Out My Face|Up Out My Face (Remix)]])'', [[Ludacris]] ''(My Chick Bad)'', [[Usher]] ''(Lil' Freak)'', [[Sean Kingston]] ''(Letting Go [Dutty Love])'', [[Jeffree Star]] ''(Lollipop Luxury)'' und [[Christina Aguilera]] ''([[Woohoo]])'' auf.<br /> Im Januar 2010 wurde das Mixtape ''Barbie World'' veröffentlicht, jedoch nicht von Minaj selbst, weswegen sie es nicht als ihr Mixtape ansah.<br /> Am 13. April 2010 wurde ihre erste Single ''Massive Attack'', ein Featuring mit Sänger [[Sean Garrett]], veröffentlicht und das Video zu dieser Single am 31. März 2010. Der Song erreichte Platz 22 der ''US Billboard Hot R&amp;B/Hip-Hop Songs''.<br /> Am 1. Juni 2010 veröffentlichte Minaj den Song ''Your Love'' aus ''Barbie World'', da er im Vorfeld von vielen Radiosendern gespielt worden war und so eine Menge Aufmerksamkeit bekommen hatte. Der Song wurde jedoch neu und in einer geänderten Version aufgenommen, da sich auf dem Mixtape nur eine Demo befand. Es wurde ihre bisher erfolgreichste Single; sie erreichte Platz 14 der ''Billboard Hot 100'', Platz 8 der ''Hot R&amp;B/Hip-Hop Songs'' und Platz 1 der ''Billboard Hot Rap Tracks''. Das Musikvideo wurde am 21. Juli 2010 veröffentlicht. ''Right thru Me'' wurde am 24. September 2010 veröffentlicht, das dazugehörige Video im Oktober. ''Moment 4 Life'', eine Zusammenarbeit mit dem kanadischen Rapper [[Drake (Rapper)|Drake]] erschien nach ''Right thru Me'' am 7. Dezember 2010. Der Song erreichte Platz 1 der ''US Billboard Hot R&amp;B/Hip-Hop Songs'' und Platz 1 der ''Billboard Hot Rap Tracks''.<br /> <br /> Am 11. Dezember 2010 debütierte das Album ''[[Pink Friday]]'' in den US [[Billboard 200]] auf Anhieb auf Platz 2 hinter ''[[My Beautiful Dark Twisted Fantasy]]'' von [[Kanye West]]. Am 19. Februar 2011 und damit in der elften Chartwoche schaffte es das Album an die Spitze der Album-Charts. Nicki Minaj ist weltweit die erste Frau, die sieben Songs aus einem Album gleichzeitig in den US Billboard 200 hatte, und sie war als beste R&amp;B/HipHop-Sängerin für einen Teen Choice Award 2011 nominiert.<br /> Im April 2011 gab Popsängerin [[Britney Spears]] bekannt, dass Minaj sie auf ihrer ''[[Femme Fatale-Tour]]'' begleiten werde, um im Vorprogramm aufzutreten. Passenderweise wirkte Minaj im selben Monat zusammen mit [[Kesha|Ke$ha]] an einem Remix von Spears’ Single ''[[Till the World Ends]]'' als Gastsängerin mit. Der Song erreichte Platz 3 der US-Charts.&lt;ref&gt;Billboard.com: [http://www.billboard.com/artist/297529/britney-spears/chart Britney Spears chart history]&lt;/ref&gt; Minajs Single ''[[Super Bass]]'' erreichte im August 2011 ebenfalls Platz 3 in den USA, damit ist es die erfolgreichste Single ihrer Karriere. In den britischen Charts erreichte Minaj mit demselben Lied Platz 8, dort ist es ihr erster Top-Ten-Erfolg.<br /> Für das Video zu ihrer Hit-Single ''[[Super Bass]]'' erhielt Minaj im August 2011 einen [[MTV Video Music Award]], kurz auch ''MTV VMA'', ihren ersten internationalen Musikpreis.<br /> <br /> Im November 2011 erhielt sie zwei [[American Music Awards]], einen für ihr Debütalbum [[Pink Friday]], womit sie sich gegen [[Lil Wayne]] und [[Kanye West]] durchsetzte, und den anderen als ''Fan-Award Rising Star of the Year 2011''.<br /> Sie hatte auf der [[Victoria’s Secret]] Fashion Show 2011 eine Bühnenperformance mit [[David Guetta]], dort sang sie ihren Hit ''Super Bass'' sowie ihren neuen Titel ''Turn Me On'', den sie zusammen mit David Guetta aufgenommen hatte.<br /> [[Mattel]] ließ im November 2011 eine [[Barbie]]-Puppe, die exakt wie Minaj aussah, als Unikat produzieren. Sie wurde im Dezember für wohltätige Zwecke versteigert und erzielte einen Preis von 15.000 US-Dollar.&lt;ref&gt;[http://www.billboard.com/column/the-juice/nicki-minaj-preps-pepsi-deal-consolidates-1006509152.story Nicki Minaj Preps Pepsi Deal]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === 2012–2013: ''Pink Friday: Roman Reloaded'' ===<br /> [[Datei:Nicki Minaj 3, 2012.jpg|miniatur|Nicki Minaj (2012)]]<br /> Am 14. Februar 2012 sollte ihr zweites Album ''[[Pink Friday: Roman Reloaded]]'' erscheinen, der Termin wurde jedoch auf den 3. April 2012 verschoben. Minaj war zusammen mit [[Rihanna]] und dem Hit ''[[Fly (Nicki-Minaj-Lied)|Fly]]'' für einen ''Virgin Media Music Award'' nominiert. Nicki Minaj war für die [[Grammy Awards]] 2012 insgesamt dreimal in den Kategorien ''Best New Artist'', ''Best Rap Album'' und ''Best Rap Performance'' nominiert.<br /> Die Wiederveröffentlichung von ''Pink Friday: Roman Reloaded'' erschien im April 2012 als ''Pink Friday: Roman Reloaded – The Re-Up''. Es enthält sieben neue Songs, unter anderem den Titel ''Va Va Voom'', den es bisher nur auf der ''Pink Friday: Roman Reloaded'' Deluxe Edition gab.<br /> Die erste Single aus der Wiederveröffentlichung ''Pink Friday: Roman Reloaded – The Re-Up,'' ''The Boys'' (feat. [[Cassie]]), ist am 13. September 2012 erschienen.&lt;ref&gt;{{cite web|url=http://idolator.com/6897822/nicki-minaj-the-boys-guest-artist|title=Nicki Minaj Preps New Single “The Boys”: Who’s Her Mystery Guest?|date=2012-09-11|accessdate=2015-04-10}}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{cite web|url=http://twitter.com/NICKIMINAJ/status/245706718980497408|title=Nicki Minaj on Twitter: &quot;Thursday&quot;|date=2012-09-11|accessdate=2015-04-10}}&lt;/ref&gt; Nicki Minaj befand sich mit acht Singles in den US-Charts. ''Va Va Voom,'' die nächste Single aus dem Album ''Pink Friday: Roman Reloaded'' und ''Pink Friday: Roman Reloaded: The Re-Up'', ist am 8. Oktober 2012 erschienen. Sie konnte sich in Amerika und Großbritannien gut platzieren.&lt;ref&gt;{{cite web|url=http://www.radio1.gr/music/forthcoming_uk_singles.htm|title=Forthcoming UK Singles|accessdate=2015-04-10}}&lt;/ref&gt;<br /> Am 3. November 2012 kam die dritte Single mit dem Titel ''Freedom'' auf den Markt.&lt;ref&gt;{{cite web|url=http://globalgrind.com/music/nicki-minaj-freedom-tim-westwood-interview-new-music|title=Nicki Minaj “Freedom” (NEW MUSIC)|date=2012-11-04|accessdate=2015-04-10}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die vierte Single aus ''Pink Friday: Roman Reloaded The Re-Up'' war ''High School'' mit [[Lil Wayne]] und erschien am 16. April 2013. Bei den [[Billboard Music Awards]] 2013 hatte Minaj sieben Nominierungen.&lt;ref&gt;{{cite web|url=http://www.billboard.com/bbma/winners|title=BBMA Winners|accessdate=2015-04-10}}&lt;/ref&gt; Minaj übernahm die Sprechrolle von Hailey, einem Teegnager-Mammut, im Film ''[[Ice Age 4 – Voll verschoben]]''.<br /> Ab Januar 2013 saß Minaj zum ersten Mal in der Jury von [[American Idol]], neben [[Mariah Carey]], [[Keith Urban]] und [[Randall Darius Jackson|Randy Jackson]].&lt;ref&gt;{{cite web|url=http://www.rollingstone.com/music/news/nicki-minaj-and-keith-urban-confirmed-as-american-idol-judges-20120916|title=Nicki Minaj and Keith Urban Confirmed As American Idol Judges|date=2012-09-16|accessdate=2015-04-10}}&lt;/ref&gt; Sie wird aber nicht, wie Mariah Carey, wieder in der Jury von American Idol sitzen, wie sie bekanntgab.&lt;ref&gt;{{cite web|url=http://www.rollingstone.com/music/news/nicki-minaj-and-mariah-carey-leaving-american-idol-20130531|title=Nicki Minaj and Mariah Carey Leaving 'American Idol'|date=2013-05-31|accessdate=2015-04-10}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im August 2012 stellte Nicki Minaj ihr erstes Parfum mit dem Namen ''Pink Friday'' vor.&lt;ref&gt;HuffingtonPost.com: {{Internetquelle | url=https://www.huffingtonpost.com/2012/08/21/nicki-minajs-perfume-bottle_n_1821236.html | titel=Nicki Minaj’s Perfume Bottle Revealed: ‘Pink Friday’ Packaging Looks Familiar | zugriff=2018-12-06}}&lt;/ref&gt; Anfang Mai veröffentlichte sie ihr zweites Parfum ''Minajesty'' in Deutschland. Ihre Mutter ist so fett,dass wenn sie auf dem Bauch liegt höhenangst kriegt :)<br /> <br /> === 2014–2015: ''The Pinkprint'' ===<br /> Im Mai 2014 erschien mit ''Pills N Potions'' Minajs erste Single aus dem Album ''The Pinkprint''. Im August 2014 folgte mit ''Anaconda'' die zweite Single aus ihrem dritten Studioalbum. ''Anaconda'' erreichte mit Platz 2 der US-Charts ihre bisher beste Platzierung mit einem Song. Am 28. Oktober erschien die dritte Single ''Only'' mit Lil Wayne, Drake und [[Chris Brown (Sänger)|Chris Brown]]. Als Promotion Single hat Minaj ''Feelin' Myself'' mit [[Beyoncé]] veröffentlicht.<br /> <br /> Minaj moderierte am 9. November die [[MTV Europe Music Awards 2014]] in [[Glasgow]], bei denen sie selbst viermal nominiert war und einen Award in der Kategorie ''Best Hip-Hop'' gewann. Am 16. November erschien die Single ''Bed of Lies'' mit [[Skylar Grey]]. Minajs drittes Studioalbum ''The Pinkprint'' wurde am 15. Dezember 2014 veröffentlicht und erreichte Platz 2 der US-Charts sowie Platz 22 in Großbritannien. Am 21. Januar 2015 erschien der Kurzfilm The Pinkprint Movie. Dieser thematisiert Minajs Ex-Beziehung mit Safaree Samuels und wird von ihren drei Songs „The Crying Game“, „I Lied“ und „Grand Piano“ untermauert.<br /> <br /> ''Truffle Butter'' (feat. [[Drake (Rapper)|Drake]] &amp; [[Lil Wayne]]) erschien im Januar 2015 als fünfte Single aus ihrem dritten Album. Bei den [[Grammy Awards 2015]] war Minaj sowohl in der Kategorie ''[[Grammy Award for Best Rap Song|Best Rap Song]]'' für ''Anaconda'' als auch in der Kategorie ''[[Grammy Award for Best Pop Duo/Group Performance|Best Pop Duo/Group Performance]]'' für ''[[Bang Bang (Jessie-J-Lied)|Bang Bang]]'' nominiert, sie ging jedoch leer aus.<br /> <br /> Im März 2015 startete die ''The Pinkprint Tour,'' bei der Minaj unter anderem zwei Konzerte in Deutschland gab. Begleitet wurde sie von [[Trey Songz]]. Ebenfalls im März gab [[Forbes Magazine]] bekannt, dass Minaj ihr Privatvermögen seit 2010 jährlich verdoppeln konnte, womit sie die kommerziell erfolgreichste Rapperin der Welt sei. Bei den [[Nickelodeon Kids Choice Awards]] war sie 2015 in den Kategorien Beste Sängerin und 'Best Song of the Year' (Bang Bang) nominiert; in der zuletzt genannten konnte sie sich durchsetzen.<br /> <br /> Die sechste Single ''The Night Is Still Young'' aus ''The Pinkprint'' wurde am 12. April 2015 in Europa und später in den USA veröffentlicht. Die Single erreichte in den US-Charts Platz 31.<br /> <br /> Minaj war bei den Billboard Music Awards 2015 in vier Kategorien nominiert: 'Top Rap Song' mit ''Anaconda,'' 'Top Rap Album' mit ''The Pinkprint'' sowie als 'Top Rap Artist' und als 'Top Streaming Artist'. Sie gewann bei den BET-Awards zum sechsten Mal als 'Best Hip-Hop &amp; R'n'B Artist' sowie den 'Coca-Cola Viewers Choice Award'.<br /> <br /> Am 17. Juli 2015 startete die „The Pinkprint Tour“ in Nordamerika. Vorher hatte sie im Rahmen dieser Tour zahlreiche Auftritte in Europa. Minaj war bei den World Music Awards fünfmal nominiert („Best Video - Hey Mama, Best Song - Hey Mama, Best Female Artist, Best Live Act and Entertainer of the Year“).<br /> <br /> Bei den MTV Video Music Awards war Minaj 2015 dreimal nominiert: in den Kategorien „Best Female Video“ für ''Anaconda,'' „Best Hip-Hop Video“ für ''Anaconda'' und „Best Collaboration“ für ''Bang Bang,'' eine Zusammenarbeit mit [[Jessie J]] und [[Ariana Grande]]. Ausgezeichnet wurde sie mit dem „Best Hip-Hop Video Award“. Sie eröffnete die Preisverleihung mit einem Medley aus ''Trini Dem Girls, The Night Is Still Young'' und ''Bad Blood'' von Taylor Swift, die ab ''The Night Is Still Young'' mitsang. Der gemeinsame Auftritt der beiden Künstlerinnen diente der öffentlichen Versöhnung, nachdem sie einen Streit auf Twitter hatten.<br /> <br /> Am 1. September 2015 wurde die siebte Single ''Trini Dem Girls'' mit [[Lunchmoney Lewis]] veröffentlicht. Am 25. Oktober 2015 wurde sie bei den MTV Europe Music Awards zum zweiten Mal in Folge als „Best Hip-Hop Artist“ ausgezeichnet. Minaj erhielt zwei Auszeichnungen bei den American Music Awards, den „Favorite Rap/Hip-Hop Artist Award“ und den „Favorite Rap/Hip-Hop Album Award“. Den Album Award erhielt sie für ihr 2014 veröffentlichtes Album 'The Pinkprint'<br /> <br /> Für die Grammy Awards 2016 wurde Minaj in den folgenden Kategorien nominiert: „Best Rap/Sung Collaboration“ für ''Only,'' „Best Rap Performance“ für ''Truffle Butter'' und „Best Rap Album“ für ''The Pinkprint'' (sie ging jedoch leer aus). Bei den BET Awards 2016 gewann sie zum siebten Mal den Preis als 'Favorite Female Hip Hop Artist.'<br /> <br /> === 2016–Gegenwart: ''Queen'' ===<br /> Am 4. Februar 2016 erschien das Lied ''Down in the DM'' als Single. Dies wurde ursprünglich als Solo-Lied von [[Yo Gotti]] auf dem Album ''The Art Of Hustle'' veröffentlicht, konnte aber als Remix-Version Platz 13 der US-amerikanischen Single-Charts erreichen, wo es für zwei Millionen Verkäufe mit Doppelplatin ausgezeichnet wurde. Einen Monat später trat sie bei dem Lied ''No Broken Hearts'' von [[Bebe Rexha]] in Erscheinung. Der Track konnte unter anderem in Deutschland, Tschechien und Belgien die Charts erreichen.<br /> <br /> In Kollaboration mit [[DJ Khaled]], [[Chris Brown (Sänger)|Chris Brown]], [[Jeremih]], [[Future (Rapper)|Future]], [[August Alsina]] und [[Rick Ross]] erschien im Juli 2016 das Lied ''Do You Mind'', das in den USA Platz 27 und Platin-Status erreichte. Auf dem im Mai 2016 erschienenen Album ''[[Dangerous Woman]]'' von [[Ariana Grande]], wirkte Nicki Minaj bei dem Lied ''[[Side to Side]]'' mit. Der Song wurde am 30. August 2016 als Single ausgekoppelt und rückte Stück für Stück in den Single-Charts zahlreicher Länder auf. In Großbritannien und den USA erreichte die Single Platz 4. Binnen 6 Monaten verkaufte sich der Song über drei Millionen Mal.<br /> <br /> Im Herbst 2016 erschienen die Lieder ''Froze'' von [[Meek Mill]] und [[Lil Uzi Vert]], bei der sie als Gastmusikerin mitwirkt, sowie ''Black Barbies'', eine Promo-Single, die in Zusammenarbeit mit [[Mike Will Made It]] entstand. Beide Singles brachten Minaj in die US-amerikanischen Single-Charts.<br /> <br /> Am 26. Januar 2017 erschien das Lied ''Run Up'', das in Zusammenarbeit mit dem DJ-Trio [[Major Lazer]] und Sänger [[PartyNextDoor]] entstand. Der Track erreichte die Charts von über 20 Ländern, darunter 8 Top-20-Platzierungen. Im Februar 2017 folgte ihre zweite Kollaborations-Single mit [[Jason Derulo]], die den Titel ''Swalla'' trägt. Auch diese bildete einen weltweiten Erfolg. Neben Minaj ist auch Rapper [[Ty Dolla Sign]] als Gastmusiker zu hören.<br /> <br /> Am 24. Februar 2017 wurde der Song ''Make Love'' mit [[Gucci Mane]], der lediglich in den USA einen Erfolg verzeichnete, veröffentlicht. Die erste digitale Single ''[[No Frauds]]'', die in Zusammenarbeit mit [[Lil Wayne]] und [[Drake (Rapper)|Drake]] entstand, erreichte die Charts aller deutschsprachigen Länder sowie die obere Charthälfte im Vereinigten Königreich und Platz 14 der US Billboart-Charts. ''Regret in Your Tears'' stellt ihre erste Solo-Single seit zwei Jahren dar, ''Changed It'' eine weitere Kollaboration mit Lil Wayne. Alle drei Lieder wurden am 10. März 2017 veröffentlicht. Mit der Veröffentlichung dieser drei Singles erreichte Minaj ihre 76. Chartplatzierung in den [[Billboard Hot 100]] und brach somit den 40-jährigen Rekord von [[Aretha Franklin]].<br /> <br /> In einem Live-Interview auf Facebook mit Final Kid gab der französische DJ und Produzent [[David Guetta]] am 27. Januar 2017 bekannt, dass sein siebtes Studioalbum bereits fertiggestellt und seine kommende Single eine Zusammenarbeit mit Nicki Minaj und Lil Wayne sei. Am 21. März 2017 postete Minaj auf ihrem Instagram-Profil das Artwork und enthüllte somit den Titel ''[[Light My Body Up]]''. Am 23. März 2017 erschien der Track als Single. Im Mai 2017 veröffentlichte Sängerin [[Katy Perry]] das Lied ''Swish Swish'', bei dem Minaj als Gastsängerin mitwirkt.<br /> <br /> [[Datei:Nicki Minaj &amp; Little Mix live @ MTV EMAs 2018.png|mini|Nicki Minaj zusammen mit [[Little Mix]] bei den [[MTV European Music Awards]] 2018]]<br /> Mit den Liedern Chun Li und Barbie Tingz veröffentlichte sie die ersten Singles aus ihrem Album [[Queen (Nicki-Minaj-Album)|Queen]]. Das Album wurde von Minaj auf der Met Gala 2018 in New York angekündigt. Als Veröffentlichungsdatum nannte sie zunächst den 15. Juni 2018, verschob die Veröffentlichung aber im Nachhinein, aus gesundheitlichen Gründen, auf den 10. August desselben Jahres. Barbie Tingz wurde jedoch aus der endgültigen Version des Albums entfernt. Sie ist nur noch in einer amerikanischen deluxe Edition vorhanden. Am 11. Juni 2018 veröffentlichte sie die Promo-Single Rich Sex, die einen Gastbeitrag von Lil Wayne beinhaltet und ebenfalls auf Queen vorhanden sein wird. Am selben Tag kündigte sie außerdem eine Welttournee, zusammen mit dem Rapper Future an. Wenige Tage später, am 14. Juni 2018 veröffentlichte Minaj die zweite offizielle Single ''Bed'' auf der, neben Minaj, [[Ariana Grande]] zu hören ist.<br /> <br /> Queen erschien schließlich am 10. August 2018 und erreichte Platz 2 in den US-Charts. Es enthält unter anderem Gastbeiträge von [[The Weeknd]], Future, [[Foxy Brown (Rapperin)|Foxy Brown]], [[Eminem]] und Ariana Grande. Vier Tage nach der Albumveröffentlichung wurde Barbie Dreams als dritte Single veröffentlicht.<br /> Sie ist die erste [[Hip-Hop]]-Künstlerin, die es seit Beginn ihrer Karriere im Jahre 2004 geschafft hat, ihr Privatvermögen jährlich zu verdoppeln. Damit ist Minaj die kommerziell erfolgreichste Rapperin aller Zeiten. Durch die Veröffentlichung ihrer Studioalben, der Welttournee und verschiedener Werbeverträge, unter anderem für [[Pepsi]] und [[Adidas]], konnte Minaj ein Vermögen von über 80 Millionen US-Dollar erwirtschaften. Pepsi zahlte ihr 12 Millionen US-Dollar für einen Cameo-Auftritt am Ende des Werbevideos und die Verwendung ihres Songs ''Moment 4 Life'', die bisher höchste Summe, die das Unternehmen einem Künstler für Werbezwecke gezahlt hat.<br /> <br /> == Privatleben ==<br /> Obwohl manche Lieder und Interviews andeuteten, dass sie [[Bisexualität|bisexuell]]&lt;ref&gt;{{cite web|url=http://www.slate.com/articles/arts/music_box/2010/02/whos_that_girl.html|title=Who's That Girl?|author=Jonah Weiner|publisher=Slate|date=2010-02-22| accessdate=2011-07-25}}&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;details&quot;&gt;{{cite web|url=http://www.details.com/celebrities-entertainment/music-and-books/201005/hip-hop-artist-nicki-minaj |title=Nicki Minaj: Hip-Hop's Hottest Sidekick Goes Solo|publisher=Details| accessdate=2011-07-25}}&lt;/ref&gt; sei, sagte Minaj, dass sie mit Frauen keinen [[Sex]] habe und auch nicht mit ihnen ausgehe. Jedoch fügte sie in einem Interview mit dem Magazin ''Out'' hinzu: „Ich verabrede mich aber auch nicht mit Männern“.&lt;ref name=&quot;out-curious-case&quot;&gt;{{cite web|url=http://www.out.com/entertainment/music/2010/09/12/curious-case-nicki-minaj|title=The Curious Case of Nicki Minaj|publisher=OUT magazine|author=Ganz, Caryn|date=2010-09-10|accessdate=2010-09-19}}&lt;/ref&gt; In einem Interview mit dem ''[[Vibe]]'' sagte sie: „Ich begrüße einfach alle Leute, mit all ihren verschiedenen Lebensstilen, und ich erzähle ihnen nicht, sie seien schlechte Menschen. Und ich sage Mädchen, dass sie wunderschön sind und dass sie [[Sexappeal|sexy]] sind, und sie müssen das gesagt bekommen, und wenn sie niemanden haben, der ihnen das sagt, und es wirklich ernst meint, werde ich das tun. Aber die Leute wollen mich immer definieren, und ich will nicht definiert werden.“&lt;ref&gt;{{cite web|url=http://vibe.com/content/extra-extra-lost-nicki-minaj-quotes-pg-2|title=EXTRA, EXTRA: Lost Nicki Minaj Quotes|publisher=VIBE|date=2010-07-06| accessdate=2011-07-25}}&lt;/ref&gt; In einem Interview mit ''Out'' wiederholte sie, wie sehr sie es hasse, in eine bestimmte Schublade gesteckt zu werden: „Der Punkt ist, niemand ist einfach nur schwarz oder weiß. Es gibt so viele Schattierungen dazwischen, und wenn man etwas sagen will, muss man sich dabei wohlfühlen können, es auszusprechen.“&lt;ref name=&quot;out-curious-case&quot; /&gt;<br /> <br /> Im Rahmen eines Interviews für die Mai-Ausgabe 2010 der Zeitschrift ''Details'' wurde Minaj gefragt, ob sie das Gefühl habe, Hip-Hop werde schwulenfreundlicher. Sie antwortete: „Ich denke, die ganze Welt wird schwulenfreundlicher, also wird es der Hip-Hop auch. Trotzdem fällt es schwer, sich vorzustellen, dass ein [[Homosexualität|homosexueller]] männlicher Rapper in dieser Szene akzeptiert wird, da viele der Meinung sind, ein [[Schwul]]er hätte keine ‚[[Street Credibility]]‘, man könne ihn nicht ernst nehmen. Aber ich bin mir dennoch sicher, dass wir irgendwann auch einen solchen Rapper sehen werden.“&lt;ref name=&quot;details&quot; /&gt;<br /> <br /> Minaj war mit den Rappern [[Safaree Samuels]],&lt;ref&gt;{{Internetquelle |autor=Los Angeles Times |url=http://www.latimes.com/entertainment/gossip/82374066-132.html |titel=Nicki Minaj, Safaree Samuels break up after 12-year relationship |zugriff=2018-08-07 |sprache=en-US}}&lt;/ref&gt; [[Meek Mill]] und [[Nas (Rapper)|Nas]] liiert.&lt;ref&gt;{{Literatur |Titel=Nicki Minaj and Nas split after seven months of dating |Sammelwerk=Mail Online |Online=http://www.dailymail.co.uk/tvshowbiz/article-5236519/Nicki-Minaj-Nas-split-seven-months-dating.html |Abruf=2018-08-07}}&lt;/ref&gt;<br /> == Filmografie ==<br /> '''Als Schauspielerin'''<br /> * [[Ice Age 4 – Voll verschoben|Ice Age 4: Voll verschoben]] (Steffie Stimme; 2012)<br /> * [[Die Schadenfreundinnen]] (Lydia; 2014)<br /> * [[Barbershop (Film)|Barbershop 3: The Next Cut]] (Draya; 2016)<br /> * [[The Angry Birds Movie 2]] (Thurop Van Orman; 2019)<br /> <br /> '''TV Serien'''<br /> *<br /> * Nicki Minaj: My Time Now ([[MTV Video Music Awards|VMA]] Footagee; 2010)<br /> * [[E! Entertainment Television|E!]] Special: Nicki Minaj (Journey to fame; 2011)<br /> * Nicki Minaj: Day In The Life (Behind the szenes footage; 2012)<br /> * Nicki Minaj: My Truth (Miniserie; 2012)<br /> * [[American Idol/Staffel 12|American Idol]] (Juorin Staffel 12; 2013)<br /> * [[Steven Universe]] (Sugilite; Coach Steven 2014)<br /> * Nicki Minaj: My Time Again (VMA Footage; 2015)<br /> * The BET Life of Nicki Minaj (Documentary; 2015)<br /> <br /> '''Sonstiges'''<br /> * The Come Up DVD: Volume 11 (2007)<br /> * The Come Up DVD: Volume 17 (2008)<br /> * Romans Revenge DVD (2012)<br /> * The Re-Up DVD (2012)<br /> *<br /> * The Pinkprint Movie (Kurzfilm; 2015)<br /> <br /> == Diskografie ==<br /> {{Hauptartikel|Nicki Minaj/Diskografie}}<br /> '''Studioalben'''<br /> {{:Nicki Minaj/Diskografie}}<br /> <br /> == Touren ==<br /> '''Headliner-Touren'''<br /> * [[Pink Friday World Tour|Pink Friday Tour]] (2012)<br /> * Pink Friday: Roman Reloaded World Tour (2012)<br /> * The Pinkprint World Tour (2015/16)<br /> * The Nicki Wrld Tour (2018)<br /> <br /> '''Eröffnungsakt'''<br /> * America's Most Wanted Tour (Lil Wayne; 2008)<br /> * I Am Still Music Tour (Lil Wayne; 2011)<br /> * Femme Fatale Tour (Britney Spears; 2011)<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat}}<br /> * {{IMDb|nm3747326}}<br /> * [http://www.mypinkfriday.com/ Offizielle Website]<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Navigationsleiste Nicki Minaj}}<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=p|GND=142847925|LCCN=no/2010/42410|VIAF=76145970087732250928}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Minaj, Nicki}}<br /> [[Kategorie:Nicki Minaj| ]]<br /> [[Kategorie:Rapper]]<br /> [[Kategorie:Popsänger]]<br /> [[Kategorie:Contemporary-R&amp;B-Sänger]]<br /> [[Kategorie:Songwriter]]<br /> [[Kategorie:Staatsangehöriger von Trinidad und Tobago]]<br /> [[Kategorie:Geboren 1982]]<br /> [[Kategorie:Frau]]<br /> <br /> {{Personendaten<br /> |NAME=Minaj, Nicki<br /> |ALTERNATIVNAMEN=Maraj, Onika Tanya (wirklicher Name)<br /> |KURZBESCHREIBUNG=Rapperin aus Trinidad und Tobago<br /> |GEBURTSDATUM=8. Dezember 1982<br /> |GEBURTSORT=[[Port of Spain]], [[Trinidad und Tobago]]<br /> |STERBEDATUM=<br /> |STERBEORT=<br /> }}</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Tumor&diff=177131094 Tumor 2018-05-04T08:15:02Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>Ein Sladjan Sekulic([[Plural]] ''Tumoren'', umgangssprachlich auch ''Tumore'';&lt;ref&gt;[http://www.duden.de/rechtschreibung/Tumor Duden: der Tumor]&lt;/ref&gt; von {{laS|''tumor''}}, {{lang|la|''-oris''}}, m. ‚Wucherung‘, ‚Geschwulst‘, ‚Schwellung‘) im weiteren Sinn ist jede Zunahme des [[Volumen]]s eines [[Gewebe (Biologie)|Gewebes]] von höheren [[Lebewesen]] unabhängig von der Ursache. Synonyme in einer zweiten, engeren Bedeutung sind die Begriffe '''Neoplasie''' (‚Neubildung‘) und „Gewächs“. Tumoren treten bei allen höheren Lebewesen ([[Pflanzenkrebs|auch bei Pflanzen]]) auf. Dieser Artikel geht aber ausschließlich auf Tumoren bei Menschen ein, also auf die [[Humanmedizin|humanmedizinische]] Bedeutung.<br /> <br /> == Begriff ==<br /> Dementsprechend gibt es in der [[Medizin]] zwei Definitionen des Begriffs Tumor:<br /> * im weiteren Sinn jeglicher erhöhter Platzbedarf (Raumforderung) eines [[Gewebe (Biologie)|Gewebes]] (''[[Intumeszenz]]'') oder eine tastbare Verhärtung, z.&amp;nbsp;B. auch eine Schwellung bei einer [[Entzündung]] ([[Ödem]], [[Phlegmone]], [[Abszess]]) oder [[Zyste (Medizin)|Zyste]] (siehe hierzu auch [[Pseudotumor]]), oder auch eine Stuhlansammlung im Darm, die man vor dem Stuhlgang oft im linken Unterbauch tasten kann. Es ist also ein recht unscharfer Begriff.<br /> * im engeren Sinn Neubildungen von Körpergeweben (Neoplasien), die durch [[Entartung (Zelle)|Fehlregulationen]] bei der [[Zellproliferation]] entstehen – womit bezüglich der Gut- oder Bösartigkeit ([[Dignität (Medizin)|Dignität]]) der Neubildung noch nichts ausgesagt wird.<br /> <br /> Neoplasien können jegliche Art von Gewebe betreffen, sie können gutartig ([[Benignität|benigne]]) oder bösartig ([[Malignität|maligne]]) sein. Die maligne Variante wird umgangssprachlich auch als [[Krebs (Medizin)|Krebs]] bezeichnet. Neoplasien können alleinstehend („solitär“) oder mehrfach an verschiedenen Stellen im Organismus („multizentrisch“ oder „multifokal“) auftreten. Üblicherweise werden Tumoren als ''multizentrisch'' bezeichnet, wenn die Distanz zwischen den einzelnen [[Läsion]]en mehr als fünf Zentimeter beträgt und als ''multifokal'', wenn die Distanz fünf Zentimeter oder kleiner ist, allerdings existiert keine exakte [[Radiologie|radiologische]] Definition für diese Begriffe. Je nach Ort (Lokalisation) des Tumors und der Funktion des durch ihn geschädigten Gewebes können sie zu einer Zerstörung von [[Organ (Biologie)|Organen]] mit Beeinträchtigungen des Gesamt[[organismus]] bis hin zum Tod führen.<br /> <br /> == Einteilung (Neoplasie) ==<br /> === Dignität (Eigenschaft) ===<br /> Tumoren sind Gewebeveränderungen, die auch vererblich, aber beim Menschen generell nicht ansteckend sind. Ihre Einteilung erfolgt nach ihrem biologischen Wachstumsverhalten und nach dem Ursprungsgewebe der Neoplasie.<br /> <br /> In Abhängigkeit von der [[Dignität (Medizin)|Dignität]] des Tumors, also seiner Fähigkeit, [[Metastase]]n auszubilden, unterscheidet man [[Benignität|benigne (gutartige)]], [[Malignität|maligne (bösartige)]] und semimaligne Tumoren. Die malignen Tumoren werden nochmals in niedrig-maligne und hoch-maligne Tumoren unterteilt.<br /> <br /> * '''Benigne (gutartige) Tumoren''' verdrängen durch ihr Wachstum umliegendes Gewebe, durchwachsen (''infiltrieren'') es aber nicht und bilden keine [[Metastase|Absiedlungen]].<br /> * '''Maligne Tumoren''' sind bösartige Tumoren. Diese Tumoren werden häufig als [[Krebs (Medizin)|Krebs]] bezeichnet. Sie sind '''invasiv''', das heißt, sie wachsen in umgebendes Gewebe ein und zerstören es. Außerdem setzen sie durch Verbreitung über das [[Blutkreislauf|Blut]] (''hämatogen''), über die [[Lymphatisches System|Lymphe]] (''lymphogen'') oder durch Abtropfung beispielsweise im [[Abdomen|Bauchraum]] [[Metastase|Tochtergeschwulste]]. Typische bösartige Tumoren sind der [[Dickdarmkrebs]] und der [[Lungenkrebs]].<br /> * '''Semimaligne Tumoren''' setzen in der Regel keine Tochtergeschwulste, zerstören aber umliegendes Gewebe und wachsen in dieses hinein (''Destruktion'' und ''Infiltration'').<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable&quot;<br /> !<br /> !Benigne (gutartig)<br /> !Maligne (bösartig)<br /> |-<br /> |Wachstum<br /> |'''langsam''', verdrängend<br /> |'''schnell''', invasiv<br /> |-<br /> |Abgrenzung zum gesunden Gewebe<br /> |'''gut abgrenzbar''' (z.&amp;nbsp;B. Kapsel, Pseudokapsel)<br /> |'''schlecht abgrenzbar'''<br /> |-<br /> |Differenzierung<br /> |'''gut differenziert''', homogenes Gewebe<br /> |'''unreifes''', heterogenes Gewebe<br /> |-<br /> |Zellgehalt<br /> |niedrig<br /> |hoch<br /> |-<br /> |Zellveränderungen<br /> |keine oder wenige Zellveränderungen<br /> geringe mitotische Aktivität<br /> |Hohe Mutationsrate, viele atypische Veränderungen (Atypien), hohe Zellteilungsrate<br /> |-<br /> |Verlauf<br /> |lang dauernd, symptomarm, '''keine Metastasen''', selten [[Rezidiv]]e<br /> |kurz, häufig letal, '''Metastasen''', häufig Rezidive<br /> |}<br /> <br /> === Systematik ===<br /> ''Gutartige Tumoren'' und ''semimaligne Tumoren'' werden nach ihrer Herkunft weiterdifferenziert. Die Benennung erfolgt durch die angehängte Endung „-om“ an den lateinischen Namen des Ursprungsgewebes.<br /> <br /> ''Bösartige Tumoren'' werden ebenfalls – soweit das Ursprungsgewebe noch erkennbar und der Tumor nicht völlig entdifferenziert ist – nach diesem Ursprungsgewebe benannt. Allerdings wird diese Nomenklatur nicht konsequent durchgehalten, so dass auch andere Begriffe dafür verwendet werden (z.&amp;nbsp;B. ''Siegelringzellkarzinom'' nach dem Aussehen der Tumorzellen). Bösartige Tumoren werden im Deutschen als [[Krebs (Medizin)|Krebs]] bezeichnet (auch wenn ''Krebs'' die Übersetzung des Griechischen Wortes 'Καρκινος' ist, und damit nur eine – wenn auch die häufigste – Gruppe von bösartigen Tumoren bezeichnet wird).<br /> <br /> Bösartige Tumoren können sich aus noch nicht bösartigen Vorstufen, sogenannten [[Präkanzerose]]n, entwickeln. Diese werden unterteilt in fakultative und obligate Präkanzerosen.<br /> <br /> Die bösartigen Tumoren werden folgendermaßen untergliedert:<br /> * [[Karzinom]]e bezeichnen bösartige Tumoren, die sich vom [[Epithel]] ableiten. Sie machen einen Großteil der Krebserkrankungen aus.<br /> * [[Sarkom]]e (griechisch ''σάρξ, sarx'', Fleisch), die sich aus dem Binde- und Stützgewebe ableiten, zum Beispiel<br /> ** [[Rhabdomyosarkom]]e: Krebs der quergestreiften Muskulatur<br /> ** Angiosarkome: Krebs der Blutgefäße<br /> ** [[Leiomyosarkom]]e: Krebs der glatten Muskulatur, z.&amp;nbsp;B. seltene Formen von Gebärmutterkrebs<br /> * [[Neuroendokriner Tumor|neuroendokrine Tumoren]], die sich aus dem [[Neuroektoderm]] ableiten, zum Beispiel <br /> ** [[Phäochromozytom]]<br /> ** [[Insulinom]]<br /> ** [[Bronchialkarzinom#Pathologie der Subtypen|kleinzelliges Bronchialkarzinom]]<br /> * Hämatoonkologische Malignome, die sich aus Blut- oder Blutstammzellen ableiten<br /> ** [[Leukämie]]n (die keine Tumoren sind)<br /> ** [[Lymphom]]e<br /> * Dysontogenetische Tumoren<br /> ** [[Teratom]]e aus embryonalem Gewebe (alle drei Keimblätter)<br /> ** Embryonale Tumoren (entstehen während der Organentwicklung durch Gewebefehldifferenzierung)<br /> * Mischtumoren, die aus epithelialen und mesenchymalen Anteilen aufgebaut sind<br /> <br /> Die weitere Einteilung bösartiger Tumoren erfolgt analog der [[TNM-Klassifikation]] der [[Union internationale contre le cancer|UICC]]. Es handelt sich um eine klinisch-empirische Einteilung, welche die weitere Diagnostik, Therapie und Prognose bösartiger Tumoren bestimmt.<br /> <br /> === Nomenklatur der Tumoren ===<br /> Quelle&lt;ref&gt;W. Böcker: ''Pathologie.'' Elsevier, Urban&amp;Fischer Verlag, 2008, ISBN 3-437-42382-7 S.&amp;nbsp;198f. {{Google Buch |BuchID=_aKIKlvq3KoC |Seite=198}}&lt;/ref&gt;<br /> {| class=&quot;wikitable&quot; width=&quot;800px&quot;<br /> |- style=&quot;font-size:11pt&quot; align=&quot;center&quot;<br /> | width=&quot;30%&quot; | gesundes Gewebe<br /> | width=&quot;35%&quot; | gutartige Tumoren (Beispiele)<br /> | width=&quot;35%&quot; | bösartige Tumoren (Beispiele)<br /> |- style=&quot;font-size:11pt&quot; align=&quot;center&quot;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | colspan=&quot;2&quot; height=&quot;15&quot; | '''Epitheliale Tumoren'''<br /> |-<br /> | [[Epithel|Plattenepithel]]<br /> | [[Plattenepithelpapillom]]<br /> | [[Plattenepithelkarzinom]]<br /> |-<br /> | [[Basalzelle]]n<br /> | [[Basalzellpapillom]]<br /> | [[Basaliom]]{{FN|1}}<br /> |-<br /> | [[Urothel]]<br /> | [[Übergangsepithelpapillom]]<br /> | [[Urotheliom]]<br /> |-<br /> | [[Drüse]]n<br /> | [[Adenom]], [[Papillom]], [[Zystadenom]]<br /> | [[Adenokarzinom]], [[papilläres Adenokarzinom]], [[villöses Adenokarzinom]], [[Zystadenokarzinom]], [[Siegelringkarzinom]]<br /> |- style=&quot;font-size:11pt&quot; align=&quot;center&quot;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | colspan=&quot;2&quot; height=&quot;15&quot; | [[Neuroendokriner Tumor|'''Neuroendokrine Tumoren''']]<br /> |-<br /> | endokrine Zellen in verschiedenen Organen<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Karzinoid]]e<br /> |-<br /> | [[Nebenniere#Nebennierenmark|Nebennierenmark]]<br /> | [[Phäochromozytom]]<br /> | malignes [[Phäochromozytom]]<br /> |-<br /> | [[Nebenniere#Nebennierenrinde|Nebennierenrinde]]<br /> | [[Nebennierenrindenadenom]]<br /> | [[Nebennierenrindenkarzinom]]<br /> |-<br /> | [[Bauchspeicheldrüse|endokrines Pankreas]]<br /> | [[Insulinom]]<br /> | [[malignes Insulinom]]<br /> |-<br /> | [[Adenohypophyse]]<br /> | [[Prolaktinom]]<br /> | &amp;nbsp;<br /> |-<br /> | [[Paraganglion]]<br /> | [[Paragangliom]]<br /> | &amp;nbsp;<br /> |-<br /> | [[Parafollikuläre Zelle|C-Zellen]]<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Schilddrüsenkrebs#Medulläres Karzinom|medulläres Karzinom]]<br /> |- style=&quot;font-size:11pt&quot; align=&quot;center&quot;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | colspan=&quot;2&quot; height=&quot;15&quot; | '''Neuroektodermale Tumoren'''<br /> |-<br /> | [[Gliazelle]]n, [[Meningozyt]]en<br /> | gutartige [[Gliom]]e, [[Meningeom]]<br /> | [[Astrozytom]], [[Glioblastom]], [[Meningeom|anaplastisches Meningeom]]<br /> |-<br /> | [[Melanozyt]]en<br /> | [[Nävus]]<br /> | [[malignes Melanom]]<br /> |- style=&quot;font-size:11pt&quot; align=&quot;center&quot;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | colspan=&quot;2&quot; height=&quot;15&quot; | [[Mesenchym|'''Mesenchymale Tumoren''']] ([[Sarkom]]e)<br /> |-<br /> | [[Bindegewebe]] und Derivate<br /> | [[Fibrom]]<br /> | [[Fibrosarkom]]<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Fibromatose|aggressive Fibromatose]]{{FN|1}}<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Myxosarkom]]<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Dermatofibrom|kutanes fibröses Histiozytom]]<br /> | [[Malignes Fibröses Histiozytom]]<br /> |-<br /> | [[Fettgewebe]]<br /> | [[Lipom]]<br /> | [[Liposarkom]]<br /> |-<br /> | [[Knorpel]]<br /> | [[Chondrom]]<br /> | [[Chondrosarkom]]<br /> |-<br /> | [[Knochen]]<br /> | [[Osteom]]<br /> | [[Osteosarkom]]<br /> |-<br /> | [[Gelenkkapsel#Membrana synovialis|Synovialis]]<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Synovialkarzinom]]<br /> |-<br /> | [[glatte Muskulatur]]<br /> | [[Leiomyom]]<br /> | [[Leiomyosarkom]]<br /> |-<br /> | [[Skelettmuskel|quergestreifte Muskulatur]] (Skelettmuskulatur)<br /> | [[Rhabdomyom]]<br /> | [[Rhabdomyosarkom]]{{FN|2}}<br /> |-<br /> | [[Gefäß (Anatomie)|Gefäße]]<br /> | [[Hämangioendotheliom]], [[Lymphangiom]]<br /> | [[Angiosarkom|Hämangiosarkom]], [[Angiosarkom|Lymphangiosarkom]]<br /> |-<br /> | [[Peripheres Nervensystem|periphere Nerven]]<br /> | [[Schwannom]]<br /> | [[maligner peripherer Nervenscheidentumor]] (MPNST)<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Neurofibrom]]<br /> | &amp;nbsp;<br /> |-<br /> | [[Tunica serosa|Mesothel]]<br /> | benignes [[Mesotheliom]]<br /> | malignes [[Mesotheliom]]<br /> |-<br /> | [[Hirnhaut]]<br /> | [[Meningeom]]<br /> | &amp;nbsp;<br /> |-<br /> | [[Granulosazelle]]<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Granulosazelltumor]], [[Luteom]]<br /> |- style=&quot;font-size:11pt&quot; align=&quot;center&quot;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | colspan=&quot;2&quot; height=&quot;15&quot; | '''Sonderformen mesenchymaler Tumoren'''<br /> |-<br /> | [[Knochenmark]]<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[akute myeloische Leukämie]], [[chronische myeloische Leukämie]]<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Ewing-Sarkom]]<br /> |-<br /> | [[Plasmazelle]]n<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[multiples Myelom]]<br /> |-<br /> | [[Lymphatisches System]]<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[malignes Lymphom|maligne Lymphome]]: [[Hodgkin-Lymphom]], [[Non-Hodgkin-Lymphom]]<br /> |- style=&quot;font-size:11pt&quot; align=&quot;center&quot;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | colspan=&quot;2&quot; height=&quot;15&quot; | '''Sonderformen gemischt endothelial-mesenchymale Tumoren'''<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Fibroadenom]] der [[Weibliche Brust|Mamma]]<br /> | &amp;nbsp;<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Adenofibrom]] des [[Eierstock|Ovars]]<br /> | [[Adenosarkom]]<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Adenosarkom]] der [[Endometrium|Gebärmutterschleimhaut]]<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Karzinosarkom]] der [[Endometrium|Gebärmutterschleimhaut]]<br /> |- style=&quot;font-size:11pt&quot; align=&quot;center&quot;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | colspan=&quot;3&quot; height=&quot;15&quot; | '''Keimzelltumoren'''<br /> |-<br /> | [[Keimzelle]]n<br /> | differenziertes [[Teratom]]<br /> | malignes [[Teratom]]<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Seminom]]<br /> |-<br /> | [[Eierstock|Ovar]]<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Dysgerminom]]<br /> |- style=&quot;font-size:11pt&quot; align=&quot;center&quot;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | colspan=&quot;2&quot; height=&quot;15&quot; | '''Tumoren der embryonalen Gewebe'''<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Keimzelltumor#Embryonales_Karzinom|embryonales Karzinom]]<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Nephroblastom]]<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Neuroblastom]]<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Medulloblastom]]<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Retinoblastom]]<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Hepatoblastom]]<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Chorionepitheliom]]<br /> |-<br /> | &amp;nbsp;<br /> | [[Kraniopharyngeom]]<br /> | &amp;nbsp;<br /> |}<br /> <br /> {{FNZ|1|semimaligne Tumoren}}<br /> {{FNZ|2|Rhabdomyosarkome bilden sich aus unreifen Mesenchymzellen und nicht aus der quergestreiften Muskulatur}}<br /> <br /> === Klassifikation nach WHO ===<br /> Tumoren sind nach [[Weltgesundheitsorganisation|WHO]] in Grade eingeteilt ([[TNM]]-Klassifikation):<br /> T: '''T'''umor, <br /> N: '''N'''odus (Lymphk'''N'''oten), <br /> M: '''M'''etastasen (Fernmetastasen), <br /> R: '''R'''esektion (Resttumor).<br /> G: '''G'''rading<br /> <br /> ''T-Klassifikation'' (Größe des Tumors):<br /> * T 1-3: Tumor ist auf das Ausgangsorgan beschränkt <br /> * T 4: Tumor infiltriert andere Organe<br /> <br /> ''N-Klassifikation'' (Lymphknoten):<br /> * Fehlen bzw. Vorhandensein von regionalen [[Lymphknotenmetastase]]n <br /> <br /> ''M-Klassifikation'' (Metastasen):<br /> * Vorhandensein oder Fehlen von Fernmetastasen 0-1<br /> <br /> ''R-Klassifikation'' (Resektion):<br /> * Resektion mikroskopisch = 0 (Kein Resttumor)<br /> * Resektion mikroskopisch = 1 (Resttumor vorhanden)<br /> * Resektion mit makroskopisch verbliebenen Tumorresten-Resten = 2<br /> <br /> ''G-Klassifikation'' (Grading):<br /> * G1 bis G4 gute Differenzierung (dem ursprünglichen Gewebe ähnlich) bis hochgradig maligne<br /> <br /> Die Lokalisation der Tumoren ist die wesentliche Grundlage der Einteilung der Neubildungen in der von der WHO herausgegebenen ''[[Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme|Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme]]'' (ICD-10). <br /> {{Siehe auch|Liste der Neubildungen nach ICD-10}}<br /> <br /> == Entstehung ==<br /> {{Hauptartikel|Onkogenese}}<br /> <br /> Tumoren entstehen durch Entartung, genauer durch eine Anhäufung von [[Mutation]]en in bestimmten [[Gen]]en (engl. {{lang|en|''multiple hit model''}}). Diese bestimmten Gene sind typischerweise [[Protoonkogen]]e oder [[Tumorsuppressorgen]]e. Alternativ kann eine Entartung durch [[Onkoviren]] und onkogene [[Bakterie]]n erfolgen, bei denen eine fortlaufende Stimulation mit [[Zytokin]]en durch die [[Immunreaktion]] und mit [[Wachstumsfaktor (Protein)|Wachstumsfaktoren]] zum Ersetzen der zerstörten Zellen auftritt, z.&amp;nbsp;B. beim [[Hepatitis-B-Virus]]. Durch eine häufige [[Zellteilung]] wird die Entstehung von Mutationen beim Kopieren des [[Genom]]s begünstigt. Bei einigen [[Infect and persist|persistenten]] Viren (die ''genomisch-integrierenden Viren'') erfolgt zusätzlich eine [[Insertion (Genetik)|Insertionsmutation]] durch das Einfügen des viralen Genoms in das Genom des [[Wirt (Biologie)|Wirts]], was meistens in entfalteten und [[Transkription (Biologie)|transkriptionsaktiven]] Bereichen der [[DNA]] erfolgt, z.&amp;nbsp;B. bei [[Retroviren]]. In seltenen Fällen kann ein Tumor auch übertragen werden, z.&amp;nbsp;B. durch eine [[Organtransplantation]] und die begleitende [[Immunsuppression]] oder – bei Hunden, Beutelteufeln und Hamstern – durch [[Infektiöser Tumor|infektiöse Tumoren]].<br /> <br /> == Effekte von Tumoren auf den Körper ==<br /> [[Benignität|Benigne]] Tumoren wachsen in der Regel langsam und beeinträchtigen den Körper nicht. Einige benigne Tumoren können aber zu malignen Tumoren [[Mutation|mutieren]]. Hier sind vor allem Dickdarmpolypen (''[[Kolonadenom]]e'') zu nennen, die sehr häufig zu [[Adenokarzinom]]en entarten (sogenannte [[Adenom-Karzinom-Sequenz]]). Hormonproduzierende Adenome können allerdings durch ihre Hormonwirkung zu schwerwiegenden Erkrankungen führen.<br /> <br /> Komplikationen benigner und maligner Tumoren sind:<br /> * Druckatrophie durch Wachstum (führt z.&amp;nbsp;B. zu Hormonmangel bei Tumoren in [[endokrin]]en Drüsen).<br /> * Geringgradige [[Obstruktion (Medizin)|Obstruktion]] von [[Lumen (Biologie)|Lumina]] = Verlegung von Hohlorganen mit Zystenbildung.<br /> * [[Ektopie|Ektope]] Hormonproduktion z.&amp;nbsp;B. von [[ACTH]], [[Parathormon]] oder [[Insulin]].<br /> <br /> Komplikationen maligner Tumoren sind:<br /> * Hochgradige Obstruktion von Hohlorganen, z.&amp;nbsp;B.:<br /> ** Bronchusverschluss → [[Atelektase]], [[Pneumonie]].<br /> ** Ösophagusverschluss → [[Dysphagie]] = Schluckstörung.<br /> ** Gallengangverschluss → [[Ikterus]] = Gelbsucht.<br /> ** Darmverschluss → [[Ileus]].<br /> * [[Tumorkachexie]]: [[Atrophie]] des Muskel- und Fettgewebes, [[Anorexie]], [[Anämie]], Schwäche. Der Energiebedarf von Tumorzellen wird oft durch [[Milchsäuregärung]] gedeckt, wodurch es zu [[Hypoglykämie]] und [[Azidose]] kommt, was wiederum die Ausschüttung von [[Adrenalin]], [[Glucocorticoide]]n und [[Glucagon]] auslöst. Dies fördert [[Lipolyse]] sowie [[Proteolyse]], was zu oben genannten Atrophien und schließlich zur Auszehrung führt. Vermutlich durch [[TNF-α]] und andere [[Zytokin]]e mitverursacht.<br /> * Gewebedestruktion, häufig mit Blutungen. [[Adenokarzinome]] neigen zur [[Ulkus]]bildung durch Zerstörung des Oberflächenepithels.<br /> * [[Ödem]]e durch Verschluss von [[Vene]]n und [[Lymphe|Lymphgefäßen]].<br /> * [[Paraneoplastisches Syndrom|Paraneoplastische Syndrome]]: Darunter versteht man Symptome, die nicht direkt aus der Lokalisation oder der Tumorart zu erklären sind, Erkrankungen der Nerven und Muskeln ([[Myasthenie]]), hypertrophe Osteoarthropathie ([[Trommelschlägelfinger]], [[Uhrglasnägel]]), [[Thrombophlebitis]] usw. Bei unerklärlichem Auftreten von Paraneoplasien ist eine Tumorsuche unerlässlich.<br /> <br /> == Therapie ==<br /> Die Tumortherapie erfolgt durch operative Tumorentfernung ([[Resektion]], auch [[Wachkraniotomie]] bei bestimmten Hirntumoren), Bestrahlung mit [[Ionisierende Strahlung|ionisierenden Strahlen]] und/oder (Poly-)[[Chemotherapie]]. Betroffene Menschen können eine [[Tumorberatung]] besuchen. <br /> <br /> Bei einigen bestimmten bösartigen Tumoren gibt es zusätzliche, spezielle Therapieoptionen. Gegen das [[Malignes Melanom|Maligne Melanom]], den sogenannten schwarzen Hautkrebs, gibt es im Stadium der Entwicklung befindliche [[Krebsimmuntherapie]]n, bei denen der Körper mit speziellen Oberflächenantigenen, also Zellmerkmalen des Malignen Melanoms, geimpft wird. Ein ähnliches Konzept wird bei einigen Tumoren, zum Beispiel den gastrointestinalen Stromatumoren, mit der Behandlung durch Immunmodulatoren verfolgt, bei denen das Immunsystem des Körpers angeregt wird, sich gegen Tumorzellen zu richten.<br /> <br /> Weitere Tumoren werden zusätzlich mit örtlicher Wärme, durch das Verkleben von blutzuführenden Gefäßen oder mit örtlich verabreichten Giften behandelt. Diese Therapieoptionen sind aber alle bestimmten bösartigen Tumoren vorbehalten und machen nur einen geringen Teil der ausgeführten Therapie aus. Bekannt ist, dass die Tumorvakzinierung gegen Melanome bei Hunden mindestens den gleichen Therapieerfolg wie eine Chemotherapie hat, dies aber bei weitaus geringeren bzw. keinen Nebenwirkungen (I. Kurzman, University of Wisconsin, Madison). Bei Pferden gibt es bereits zahlreiche positive Erfahrungen bei bösartigen Tumoren und Sarkoiden mit einer Vakzine mit dendritischen Zellen. Außerdem gibt es Behandlungsformen im Bereich der [[Komplementärmedizin]], die die vorgenannten jedoch keinesfalls ersetzen können, sondern lediglich als ergänzende Maßnahmen zu verstehen sind.<br /> <br /> == Epidemiologie ==<br /> {{Hauptartikel|Epidemiologie}}<br /> Bösartige Tumoren sind nach den [[Herz-Kreislauf-Erkrankung]]en die zweithäufigste [[Todesursache]] in den [[Industriestaat|industrialisierten Ländern]].<br /> <br /> Gutartige Tumoren sind sehr häufig. Die meisten Menschen besitzen mehrere gutartige Tumoren, vor allem an der Haut. Einige primär gutartige Tumoren können zu bösartigen Tumoren entarten und müssen entfernt werden. Dies ist vor allem bei [[Dickdarmpolyp|Polypen der Dickdarmschleimhaut]] der Fall. Häufig empfinden Menschen gutartige Tumoren der Haut auch als kosmetisch störend, manchmal können diese z.&amp;nbsp;B. in Körperfalten gereizt werden, so dass auch hier eine Entfernung sinnvoll erscheint.<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * H. J. Peters u.&amp;nbsp;a.: ''Tumorvakzinierung: Dendritische Zellen als Aktivatoren der spezifischen Immunreaktion in Forschung und Klinik.'' In: ''Deutsche Zeitschrift für Onkologie'' 2004 (39), S.&amp;nbsp;57–64.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Neoplasms|Tumoren}}<br /> {{Wiktionary}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Gesundheitshinweis}}<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4078460-5}}<br /> <br /> [[Kategorie:Tumor| ]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Asperger-Syndrom&diff=177131013 Asperger-Syndrom 2018-05-04T08:12:12Z <p>212.117.117.42: .jh</p> <hr /> <div>{{Infobox ICD<br /> | 01-CODE = F84.5<br /> | 01-BEZEICHNUNG = Asperger-Syndrom<br /> }}SB war hier<br /> <br /> [[Datei:Riboflavin penicillinamide.jpg|mini|Menschen mit Asperger-Syndrom entwickeln oft Spezialinteressen; dieser Junge beschäftigt sich mit [[Molekülstruktur]]en.]]<br /> <br /> Das '''Asperger-Syndrom (AS)''' ist eine Variante des [[Autismus]] und wird zu den [[Tiefgreifende Entwicklungsstörung|tiefgreifenden Entwicklungsstörungen]] gerechnet. Merkmale sind einerseits Schwächen in der [[soziale Interaktion|sozialen Interaktion]] sowie [[Kommunikation]] und andererseits [[Stereotypie (Medizin)|stereotypes]] Verhalten mit eingeschränkten Interessen. Wie alle Autismusstörungen gilt das AS als angeboren, nicht heilbar und macht sich etwa vom vierten Lebensjahr an bemerkbar.<br /> <br /> Beeinträchtigt ist vor allem die Fähigkeit, nichtsprachliche Signale ([[Gestik]], [[Mimik]], [[Blickkontakt]]) bei anderen Personen zu erkennen, diese auszuwerten (zu [[Mentalisierung|mentalisieren]]) oder selbst auszusenden. Das Kontakt- und Kommunikationsverhalten von Personen mit Asperger-Autismus kann dadurch merkwürdig und ungeschickt erscheinen. Da ihre [[Intelligenz]] in den meisten Fällen normal ausgeprägt ist, werden sie von ihrer Umwelt leicht als wunderlich wahrgenommen. Gelegentlich fällt das Asperger-Syndrom mit einer [[Hochbegabung|Hoch-]] oder [[Inselbegabung]] zusammen.&lt;ref name=&quot;Roy&quot;&gt;{{Literatur |Autor=Mandy Roy et al. |Titel=Das Asperger-Syndrom im Erwachsenenalter |Sammelwerk=Deutsches Ärzteblatt |Band= |Nummer=106(5) |Datum=2009 |Seiten=59–64 |Online=[http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&amp;id=63173 Deutscher Artikel] |DOI=10.3238/arztebl.2009.0059 |PMC=2695286}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Das Asperger-Syndrom ist nicht nur mit Beeinträchtigungen, sondern oft auch mit Stärken verbunden, etwa in den Bereichen der Wahrnehmung, der [[Selbstbeobachtung]], der Aufmerksamkeit oder der Gedächtnisleistung. Ob es als [[Krankheit]] oder als eine [[Normvariante]] der menschlichen Informationsverarbeitung eingestuft werden sollte, wird von Wissenschaftlern und Ärzten sowie von Asperger-Autisten und deren Angehörigen uneinheitlich beantwortet. Uneinig ist sich die Forschergemeinschaft auch darüber, ob man im Asperger-Syndrom ein qualitativ eigenständiges Störungsbild oder eine abgeschwächte Variante des [[Frühkindlicher Autismus|frühkindlichen Autismus]] sehen sollte.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=[[Ludger Tebartz van Elst]] |Titel=Autismus und ADHS: Zwischen Normvariante, Persönlichkeitsstörung und neuropsychiatrischer Krankheit |Auflage=1 |Verlag=Kohlhammer Verlag |Datum=2016 |ISBN=978-3-17-028687-0}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im [[Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders|DSM-5]] und dem Entwurf für die ICD-11 (Neufassung der [[Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme|ICD]]) wurde die Klassifikation von Autismus deutlich geändert. Denn dort gab man die traditionellen Subtypen (wie z.&amp;nbsp;B. ''frühkindlichen Autismus,'' ''[[Atypischer Autismus|atypischen Autismus]]'' oder das ''Asperger-Syndrom'') ganz auf und fasst nun alle Erscheinungsformen in einem allgemeinen ''Spektrum autistischer Erkrankungen'' (''autism spectrum disorders, ASS'') zusammen. Grund hierfür war die zunehmende Erkenntnis in der Wissenschaft, dass eine klare Abgrenzung von Subtypen (noch) nicht möglich ist – und man stattdessen von einem fließenden Übergang zwischen milden und stärkeren Autismusformen ausgehen sollte.&lt;ref&gt;''Leitlinie zu Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter, Teil 1: Diagnostik''. [http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/028-018l_S3_Autismus-Spektrum-Stoerungen_ASS-Diagnostik_2016-05.pdf Langfassung S. 14&amp;nbsp;f.]. Siehe unter ''A.2.2 Klassifikation von Autismus-Spektrum-Störungen'' und ''A.2.3 Autismus-Spektrum-Störungen als dimensionale Störung''. Stand 2016, [[Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften]].&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;PMID24329180&quot;&gt;F. R. Volkmar, J. C. McPartland: ''From Kanner to DSM-5: autism as an evolving diagnostic concept.'' In: ''Annual review of clinical psychology.'' Band 10, 2014, S.&amp;nbsp;193–212, [[doi:10.1146/annurev-clinpsy-032813-153710]], PMID 24329180 (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Entdeckung des Asperger-Syndroms ==<br /> Das Asperger-Syndrom ist in der [[Psychiatrie]] ab Mitte der 1920er Jahre diskutiert worden. Die älteste Darstellung stammt von der russischen Kinderpsychiaterin [[Grunja Jefimowna Sucharewa|Grunja Sucharewa]], die dafür 1926 den Ausdruck „schizoide Psychopathie“ verwendete. Der österreichische Kinderarzt [[Hans Asperger]] bezeichnete es in seiner 1943 eingereichten [[Habilitation]]sschrift als „autistische Psychopathie“.&lt;ref name=&quot;:1&quot;&gt;{{Literatur |Autor=[[Hans Asperger]] |Titel=Die „Autistischen Psychopathen“ im Kindesalter |Hrsg= |Sammelwerk=Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten |Band=117 |Nummer=1 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=1944 |Kommentar=64 Seiten, Stichwortsuche möglich. |Seiten=76–136 |ISBN= |DOI=10.1007/bf01837709 |Online=http://www.autismus-biberach.com/Asperger_Hans-_Autistischen_Psychopathen.pdf |Abruf=2017-12-14}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Aspergers Schrift erschien damals fast gleichzeitig mit [[Leo Kanner]]s grundlegendem Aufsatz über den frühkindlichen Autismus (1943). Man nimmt an, dass beide Autoren zunächst nichts über die Arbeit des jeweils anderen wussten.&lt;ref&gt;Christian Schanze (Hrsg.): ''Psychiatrische Diagnostik und Therapie bei Menschen mit Intelligenzminderung: ein Arbeits- und Praxisbuch für Ärzte, Psychologen, Heilerziehungspfleger und -pädagogen.'' 2. überarb. und erw. Auflage. Schattauer, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-7945-2951-3, S. 259.&lt;/ref&gt; Kanners in den USA veröffentlichte Arbeit fand sofort internationale Beachtung; der Aufsatz des Österreichers Asperger wurde damals – mitten im Zweiten Weltkrieg – außerhalb der deutschsprachigen wissenschaftlichen Gemeinschaft kaum bekannt. Auch ein 1962 von zwei niederländischen Autoren veröffentlichter Aufsatz, in dem eine Unterscheidung zwischen der „autistischen Psychopathie“ Aspergers und dem Kanner-Autismus versucht wurde,&lt;ref name=&quot;PMID14459626&quot;&gt;D. van Krewelen, C. Kuipers: ''The psychopathology of autistic psychopathy.'' In: ''Acta paedopsychiatrica.'' Band 29, Januar 1962, S.&amp;nbsp;22–31. PMID 14459626.&lt;/ref&gt; fand zunächst wenig Resonanz.<br /> <br /> Von der internationalen Forschungsgemeinschaft wurde das Asperger-Syndrom erst nach 1981 beachtet, als die britische Psychiaterin [[Lorna Wing]] Aspergers Arbeit fortsetzte und die Abweichung, die bis dahin als [[Psychopathie]] galt, als Teilbereich des Autismusspektrum nach Hans Asperger benannte.&lt;ref&gt;[[Lorna Wing]]: ''Asperger’s syndrome: a clinical account.'' In: ''Psychological Medicine.'' Band 11, Nummer 1, Februar 1981, S.&amp;nbsp;115–129. PMID 7208735.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In den späten 1980er Jahren wurden dann von verschiedenen Seiten Diagnosekriterien formuliert,&lt;ref name=&quot;PMID3047159&quot;&gt;D. Tantam: ''Asperger’s syndrome.'' In: ''Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines.'' Band 29, Nummer 3, Mai 1988, S.&amp;nbsp;245–255. PMID 3047159 (Review).&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;PMID2670981&quot;&gt;I. C. Gillberg, C. Gillberg: ''Asperger syndrome–some epidemiological considerations: a research note.'' In: ''Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines.'' Band 30, Nummer 4, Juli 1989, S.&amp;nbsp;631–638. PMID 2670981 (Review).&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;PMID2766209&quot;&gt;P. Szatmari, R. Bremner, J. Nagy: ''Asperger’s syndrome: a review of clinical features.'' In: ''Canadian journal of psychiatry. Revue canadienne de psychiatrie.'' Band 34, Nummer 6, August 1989, S.&amp;nbsp;554–560. PMID 2766209.&lt;/ref&gt; die sich zum Teil erheblich voneinander unterschieden.&lt;ref name=&quot;PMID1483981&quot;&gt;M. Ghaziuddin, L. Y. Tsai, N. Ghaziuddin: ''Brief report: a comparison of the diagnostic criteria for Asperger syndrome.'' In: ''Journal of autism and developmental disorders.'' Band 22, Nummer 4, Dezember 1992, S.&amp;nbsp;643–649. PMID 1483981.&lt;/ref&gt; Im Jahre 1992 wurde das Asperger-Syndrom in das medizinische Klassifikationssystem [[Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme|ICD]] der [[Weltgesundheitsorganisation]] aufgenommen. Im [[Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders]] (DSM), dem Klassifikationssystem der [[American Psychiatric Association]], war es von 1994–2013 enthalten.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot;&gt;Helmut Remschmidt: [http://www.aerzteblatt.de/pdf/97/19/a1296.pdf ''Das Asperger-Syndrom. Eine zu wenig bekannte Störung?''] (PDF) In: Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 19, 12. Mai 2000.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Daniel Tibi: [[:Datei:Kurzinfo-as 20060522.pdf|''Wie macht sich das Asperger-Syndrom bemerkbar? Eine Kurzinformation'']] (PDF)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Verwandte Bezeichnungen ==<br /> Im englischsprachigen Raum wurde beim frühkindlichen Autismus oft zwischen verschiedenen Formen unterschieden. Eine davon war der sogenannte '''Hochfunktionale Autismus''' (HFA).&lt;ref&gt;Geprägt wurde der Ausdruck 1971 von einem US-amerikanischen Forscherteam: M. K. DeMyer, D. W. Churchill, W. Pontius, K. M. Gilkey: ''A comparison of five diagnostic systems for childhood schizophrenia and infantile autism.'' In: ''Journal of autism and childhood schizophrenia.'' Band 1, Nummer 2, 1971 Apr-Jun, S.&amp;nbsp;175–189. PMID 5172391. Reviewed in: M. K. DeMyer, J. N. Hingtgen, R. K. Jackson: ''Infantile autism reviewed: a decade of research.'' In: ''Schizophrenia bulletin.'' Band 7, Nummer 3, 1981, S.&amp;nbsp;388–451. PMID 6116276, (freier Volltext) (Review).&lt;/ref&gt; Eine Studie des ''Yale Child Study Center'' schlug 1995 vor, dass es berechtigt sein könnte, zwischen [[Autismus#Hochfunktionaler Autismus|Hochfunktionalem Autismus]] und Asperger-Syndrom zu unterscheiden.&lt;ref name=&quot;PMID8847376&quot;&gt;Ami Klin et al. (1995): ''Validity and neuropsychological characterization of Asperger syndrome: convergence with nonverbal learning disabilities syndrome.'' In: ''Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines.'' Band 36, Nummer 7, S.&amp;nbsp;1127–1140. PMID 8847376.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Spätere [[Metaanalyse]]n zeigten jedoch, dass die [[empirisch]]en Daten eine solche Unterscheidung nicht rechtfertigten.&lt;ref name=&quot;PMID15055363&quot;&gt;K. E. Macintosh, C. Dissanayake: ''Annotation: The similarities and differences between autistic disorder and Asperger’s disorder: a review of the empirical evidence.'' In: ''Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines.'' Band 45, Nummer 3, März 2004, S.&amp;nbsp;421–434. PMID 15055363 (Review).&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;PMID18327636&quot;&gt;A. N. Witwer, L. Lecavalier: ''Examining the validity of autism spectrum disorder subtypes.'' In: ''Journal of autism and developmental disorders.'' Band 38, Nummer 9, Oktober 2008, S.&amp;nbsp;1611–1624, [[doi:10.1007/s10803-008-0541-2]], PMID 18327636 (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> [[Lorna Wing]] hatte bereits 1991 vorgeschlagen, Autismus als übergangslose Gesamtheit ([[Ganzheit|Kontinuum]]) unterschiedlich schwerer Störungen zu beschreiben, in dem HFA und Asperger-Syndrom milde Ausprägungsformen bilden. Viele Autoren sprechen heute darum von den „'''Autismus-Spektrums-Störungen'''“ (ASS).&lt;ref&gt;Lorna Wing: ''The Relationship Between Asperger’s Syndrome and Kanner’s Autism.'' In: U. Frith (Hrsg.): ''[http://books.google.de/books?id=HoRX8s8V8WYC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=Autism+and+Asperger+Syndrome&amp;cd=1#v=onepage&amp;q=&amp;f=false Autism and Asperger Syndrome].'' Cambridge University Press, Cambridge 1991, S.&amp;nbsp;93–121.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Zum Beispiel Brenda Smith Myles, Terry Cooper Swanson, Jeanne Holverstott, Megan Moore Duncan (Hrsg.): ''[http://books.google.de/books?id=pAKHcqdW0PcC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=autism+spectrum+disorders&amp;cd=3#v=onepage&amp;q=&amp;f=false Autism Spectrum Disorders: A Handbook for Parents and Professionals].'' 2003; Chantal Sicile-Kira: [http://books.google.de/books?id=1TR6XFQymbgC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=sicile-kira&amp;cd=1#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Autism Spectrum Disorders: The Complete Guide to Understanding Autism, Asperger’s Syndrome, Pervasive Developmental Disorder, and Other ASDs''], 2004.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Da das Autismusspektrum beim Asperger-Syndrom nicht endet, sondern sich weit in die Normalität hinein erstreckt – zum Beispiel bis in die „ganz normale“ [[Schüchternheit]] oder [[Eigenbrötler]]ei – wurde für Erscheinungsbilder mit schwach ausgeprägten autistischen Persönlichkeitsmerkmalen und Verhaltensweisen der Begriff ''Broader Autism Phenotype'' (BAP) geprägt.&lt;ref name=&quot;PMID26068453&quot;&gt;E. Pisula, K. Ziegart-Sadowska: ''Broader Autism Phenotype in Siblings of Children with ASD–A Review.'' In: ''International journal of molecular sciences.'' Band 16, Nummer 6, 2015, S.&amp;nbsp;13217–13258, [[doi:10.3390/ijms160613217]], PMID 26068453, {{PMC|4490493}} (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Häufigkeit ==<br /> Die Häufigkeit ([[Prävalenz]]) des Asperger-Syndroms im Kindesalter variiert je nach den zugrunde gelegten Diagnosekriterien. In einer Untersuchung von 2007 bei 4422 achtjährigen Kindern in Finnland&lt;ref name=&quot;PMID17450055&quot;&gt;M. L. Mattila, M. Kielinen, K. Jussila, S. L. Linna, R. Bloigu, H. Ebeling, I. Moilanen: ''An epidemiological and diagnostic study of Asperger syndrome according to four sets of diagnostic criteria.'' In: ''Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry.'' Band 46, Nummer 5, Mai 2007, S.&amp;nbsp;636–646, [[doi:10.1097/chi.0b013e318033ff42]], PMID 17450055.&lt;/ref&gt; waren die Prozentanteile 0,25 (nach DSM-IV), 0,29 (nach ICD-10), 0,27 (nach den Gillberg-Kriterien)&lt;ref name=&quot;PMID2670981&quot;&gt;I. C. Gillberg, C. Gillberg: ''Asperger syndrome–some epidemiological considerations: a research note.'' In: ''Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines.'' Band 30, Nummer 4, Juli 1989, S.&amp;nbsp;631–638. PMID 2670981 (Review).&lt;/ref&gt; und 0,16 nach den Szatmari-Kriterien.&lt;ref name=&quot;PMID2766209&quot;&gt;P. Szatmari, R. Bremner, J. Nagy: ''Asperger’s syndrome: a review of clinical features.'' In: ''Canadian journal of psychiatry. Revue canadienne de psychiatrie.'' Band 34, Nummer 6, August 1989, S.&amp;nbsp;554–560. PMID 2766209.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Das Verhältnis der betroffenen Jungen und Mädchen in der finnischen Studie betrug 0,8:1 nach DSM-IV und 2:1 nach den Gillberg-Kriterien.&lt;ref name=&quot;PMID17450055&quot;&gt;M. L. Mattila, M. Kielinen, K. Jussila, S. L. Linna, R. Bloigu, H. Ebeling, I. Moilanen: ''An epidemiological and diagnostic study of Asperger syndrome according to four sets of diagnostic criteria.'' In: ''Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry.'' Band 46, Nummer 5, Mai 2007, S.&amp;nbsp;636–646, [[doi:10.1097/chi.0b013e318033ff42]], PMID 17450055.&lt;/ref&gt; Bezüglich des gesamten Autismusspektrums zeigte eine Übersicht von 2015, dass die Zahlen zur Geschlechterverteilung wegen methodischer Schwierigkeiten stark variierten. Das Verhältnis männlich-weiblich betrage jedoch mindestens 2:1 bis 3:1, was auf einen biologischen Faktor in dieser Frage hindeute.&lt;ref name=&quot;PMID26075049&quot;&gt;A. K. Halladay, S. Bishop, J. N. Constantino, A. M. Daniels, K. Koenig, K. Palmer, D. Messinger, K. Pelphrey, S. J. Sanders, A. T. Singer, J. L. Taylor, P. Szatmari: ''Sex and gender differences in autism spectrum disorder: summarizing evidence gaps and identifying emerging areas of priority.'' In: ''Molecular autism.'' Band 6:36, Juni 2015, electronic prepublication, [[doi:10.1186/s13229-015-0019-y]], PMID 26075049, {{PMC|4465158}} (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Repräsentative Untersuchungen zur Häufigkeit des Asperger-Syndroms im Erwachsenenalter liegen (Stand: 2009) noch nicht vor.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt; Die autistischen Merkmale neigen jedoch dazu, bis ins Erwachsenenalter fortzubestehen.&lt;ref name=&quot;:13&quot;&gt;{{Literatur |Autor=Fritz-Georg Lehnhardt, Astrid Gawronski et al. |Titel=Diagnostik und Differenzialdiagnose des Asperger-Syndroms im Erwachsenenalter |Hrsg= |Sammelwerk=Deutsches Ärzteblatt International |Band=110 |Nummer=45 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2013 |Seiten=755–763 |ISBN= |DOI=10.3238/arztebl.2013.0755 |Online=https://www.aerzteblatt.de/pdf/110/45/m755.pdf}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Diagnosekriterien ==<br /> === DSM-IV bis 2013 ===<br /> Im [[Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders|DSM-IV]] der [[American Psychiatric Association]] (herausgegeben 2000) werden folgende Kriterien genannt:<br /> * qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion<br /> : ''(mindestens zwei der folgenden Merkmale):''<br /> :# merkliche Beeinträchtigung mehrerer nicht-verbaler Verhaltensweisen, die die soziale Interaktion steuern, wie Blickkontakt, Gesichtsausdruck, Körperhaltung und Gesten<br /> :# Beziehungen zu Gleichaltrigen werden nicht oder nicht dem Entwicklungsstand entsprechend entwickelt<br /> :# Mangel an spontaner Hinwendung zu anderen, um mit diesen Freude, Interessen oder Stolz über eine Leistung zu teilen (betroffene Kinder neigen zum Beispiel nicht dazu, Dinge, die sie interessieren, anderen Menschen zu zeigen)<br /> :# Mangel an sozialer oder emotionaler Gegenseitigkeit<br /> * beschränkte repetitive und stereotype Verhaltens-, Interessen- und Aktivitätenmuster<br /> : ''(mindestens eines der folgenden Merkmale):''<br /> :# umfassende Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen und beschränkten Interessenmustern, die entweder hinsichtlich der Intensität oder hinsichtlich des Gegenstandes anormal sind<br /> :# offensichtlich starres Festhalten an bestimmten nicht-funktionalen Routinen oder Ritualen<br /> :# stereotype und repetitive motorische Angewohnheiten (zum Beispiel Hand- oder Fingerbewegungen oder komplexe Bewegungen des ganzen Körpers)<br /> :# beharrliche Beschäftigung mit Objektteilen<br /> * Die Störung verursacht eine klinisch signifikante Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Bereichen.<br /> * keine klinisch bedeutsame allgemeine Sprachverzögerung (zum Beispiel Gebrauch einzelner Wörter im zweiten Lebensjahr, kommunikative Sätze im dritten Lebensjahr)<br /> * keine klinisch bedeutsame Verzögerung der Entwicklung der Kognition, der praktischen Fähigkeiten (''self-help skills'') und des Anpassungsverhaltens (außer soziale Interaktion), sowie – in der Kindheit – Neugier auf die Umgebung<br /> * Die Störung erfüllt nicht die Kriterien einer anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörung oder von [[Schizophrenie]].<br /> <br /> === DSM-5 ===<br /> Im [[DSM-5]] (2013) wurde die Kategorie „Asperger-Syndrom“ als Einzelstörung entfernt. Sie zählt zusammen mit den Störungsbildern des Autismus, der desintegrativen Störung des Kindesalters (''childhood disintegrative disorder'') und anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (''pervasive developmental disorder'', not otherwise specified) in das ''Spektrum autistischer Störungen (autism spectrum disorders).''&lt;ref name=&quot;DOI10.1159/000356537&quot;&gt;Anna M. Ehret, Matthias Berking: ''DSM-IV und DSM-5: Was hat sich tatsächlich verändert?'' In: ''Verhaltenstherapie.'' 23, 2013, S.&amp;nbsp;258–266, [[doi:10.1159/000356537]], (freier Volltext).&lt;/ref&gt; <br /> <br /> Die Begründung hierfür lautete, die Forscher gingen neuerdings davon aus, dass es sich weniger um unterschiedliche Erkrankungen handele als um eine übergangslose Gesamtheit (Kontinuum) von sehr milden bis schweren Verlaufsformen einer Entwicklungsstörung, die bereits in der frühen Kindheit beginne. Bei den Symptomen wird unterschieden zwischen Defiziten in zwei Kategorien: Gestört ist erstens die soziale Interaktion und Kommunikation (zum Beispiel Blickkontakte, Fähigkeit zur Konversation oder Aufbau von Beziehungen sind schwach ausgeprägt). Zweitens sind repetitive Verhaltensweisen und fixierte Interessen und Verhaltensweisen Merkmale autistischer Störungen.&lt;ref&gt;[https://www.autismspeaks.org/what-autism/diagnosis/dsm-5-diagnostic-criteria DSM-5 Autism Spectrum Disorder, 299.00 (F84.0), Diagnostic Criteria], abgerufen am 11. August 2015.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === ICD-10 ===<br /> In der [[Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme|ICD]] der Weltgesundheitsorganisation, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz primär zur Krankheitsklassifikation angewendet wird, werden folgende Kriterien genannt:&lt;ref name=&quot;F84.5&quot;&gt;[https://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/kodesuche/onlinefassungen/htmlgm2015/block-f80-f89.htm#F84.5 ''F84.5 Asperger-Syndrom.''] ICD-10-GM 2015 auf der [[Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information|DIMDI]]-Website, abgerufen am 4. August 2015.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ''Generelle Kriterien für Entwicklungsstörungen (F80–F89)''<br /> * „Beginn ausnahmslos im [[Kleinkind]]alter oder in der [[Kindheit]]“<br /> * „eine Entwicklungseinschränkung oder -verzögerung von Funktionen, die eng mit der biologischen Reifung des [[Zentralnervensystem]]s verknüpft sind“<br /> * „stetiger Verlauf ohne [[Remission (Medizin)|Remissionen]] und [[Rezidiv]]e“<br /> ''Kriterien nach F84.5 – Asperger-Syndrom''<br /> * qualitative Abweichungen der wechselseitigen sozialen Interaktionen (wie beim [[Autismus]])<br /> * ein eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten<br /> * keine allgemeine Entwicklungsverzögerung (anders als beim Autismus)<br /> * kein Entwicklungsrückstand der Sprache und kognitiven Entwicklung (anders als beim Autismus)<br /> In der seit 1. Januar 2015 gültigen deutschen Fassung ICD 10-GM 2015 ''(Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme 10. Revision German Modification Version 2015)''&lt;ref&gt;[https://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/ ''ICD-10-GM.''] DIMDI-Website, abgerufen am 4. August 2015.&lt;/ref&gt; wurde seit der Herausgabe des DSM-5 noch keine Veränderung bezüglich der Kategorisierung autistischer Störungen vorgenommen, das Asperger-Syndrom ist weiterhin unter der Klassifizierung F84.5&lt;ref name=&quot;F84.5&quot; /&gt; zu finden.<br /> <br /> === ICD-11 (Entwurf) ===<br /> Im Entwurf für die Neufassung der ICD (ICD-11) ist das Asperger-Syndrom wie im DSM-5 keine eigenständige Diagnose mehr, sondern Teil des Autismusspektrums (Stand: März 2017).<br /> * 7A20 Spektrum autistischer Störungen (Autism spectrum disorder)<br /> ** 7A20.1 Spektrum autistischer Störungen ohne Störung der intellektuellen Entwicklung und milde oder keine Beeinträchtigung funktioneller Sprache (Autism spectrum disorder without disorder of intellectual development and mild or no impairment of functional language)<br /> ** 7A20.2 Spektrum autistischer Störungen mit Störung der intellektuellen Entwicklung (Autism spectrum disorder with disorder of intellectual development)<br /> ** 7A20.3 Spektrum autistischer Störungen mit Beeinträchtigung funktioneller Sprache (Autism spectrum disorder with impairment of functional language)<br /> ** 7A20.4 Spektrum autistischer Störungen mit sowohl Störung der intellektuellen Entwicklung als auch Beeinträchtigung funktioneller Sprache (Autism spectrum disorder with both disorder of intellectual development and impairment of functional language)&lt;ref&gt;[https://icd.who.int/dev11/l-m/en#/http%3a%2f%2fid.who.int%2ficd%2fentity%2f437815624 Vorläufige Klassifikation im ICD-11 (Beta Draft)] (Stand Dez. 2017).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Gillberg-Kriterien ===<br /> Vor dem Erscheinen der beiden heute gängigen Klassifikationssysteme DSM und ICD veröffentlichten verschiedene Autoren eigene Diagnosekriterien, und es gab 2008 die Auffassung, dass die DSM- und ICD-Kriterien „aufgrund der [in ihnen enthaltenen] Forderung nach unauffälliger frühkindlicher Entwicklung bzw. des Fehlens kommunikativer oder motorischer Besonderheiten angezweifelt“ wurden und daher vielfach „kaum durchgängig Anwendung“ fanden.&lt;ref&gt;Kathrin Hippler, Christian Klicpera: ''Das Asperger Syndrom.'' In: Barbara Gasteiger-Klicpera u.&amp;nbsp;a. (Hrsg.): ''Sonderpädagogik der sozialen und emotionalen Entwicklung'' (= ''Handbuch der Sonderpädagogik.'' Band 3). Hogrefe, Göttingen 2008, ISBN 978-3-8017-1707-0, S. 325–352, hier S.&amp;nbsp;332.&lt;/ref&gt; Der schwedische Professor der Kinder- und Jugendpsychiatrie [[Christopher Gillberg]] veröffentlichte zusammen mit seiner Frau Carina Gillberg 1989 die unten folgenden diagnostischen Kriterien.<br /> Der britische Psychologe [[Tony Attwood]] äußerte 1998, dass es „Ansichtssache“ sei, welche Kriterien man anwende. Er selbst bevorzuge die der Gillbergs.&lt;ref&gt;[[Tony Attwood]]: ''Asperger-Syndrom. Das erfolgreiche Praxis-Handbuch für Eltern und Therapeuten.'' Englische Originalausgabe 1998, auf Deutsch: 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-8304-6596-6, S. 22f und 219ff.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ; Soziale Beeinträchtigung<br /> : ''(mindestens zwei der folgenden Merkmale):''<br /> :# Unfähigkeit, mit Gleichaltrigen zu interagieren<br /> :# mangelnder Wunsch, mit Gleichaltrigen zu interagieren<br /> :# mangelndes Verständnis für soziale Signale<br /> :# sozial und emotional unangemessenes Verhalten<br /> <br /> ; Eingegrenzte Interessen<br /> : ''(mindestens eines der folgenden Merkmale):''<br /> :# Ausschluss anderer Aktivitäten<br /> :# repetitives Befolgen der Aktivität<br /> :# mehr Routine als Bedeutung<br /> <br /> ; Repetitive Routine<br /> : ''(mindestens eines der folgenden Merkmale):''<br /> :# für sich selbst, in Bezug auf bestimmte Lebensaspekte<br /> :# für andere<br /> <br /> ; Rede- und Sprachbesonderheiten<br /> : ''(mindestens drei der folgenden Merkmale):''<br /> :# verzögerte Entwicklung<br /> :# (oberflächlich gesehen) perfekter sprachlicher Ausdruck<br /> :# formelle, pedantische Sprache<br /> :# seltsame [[Prosodie]], eigenartige Stimmmerkmale<br /> :# beeinträchtigtes Verständnis einschließlich Fehlinterpretationen von wörtlichen/implizierten Bedeutungen<br /> <br /> ; Nonverbale Kommunikationsprobleme<br /> : ''(mindestens zwei der folgenden Merkmale):''<br /> :# begrenzter Blickkontakt<br /> :# begrenzte Gestik<br /> :# unbeholfene oder linkische Körpersprache<br /> :# begrenzte Mimik<br /> :# unangemessener Ausdruck<br /> :# eigenartig starrer Blick<br /> <br /> ; Motorische Unbeholfenheit<br /> : Mangelnde Leistung bei Untersuchung der neurologischen Entwicklung<br /> <br /> == Erscheinungsbild ==<br /> Während die ersten Anzeichen für sonstige Formen von Autismus bereits in den ersten Lebensmonaten auftreten, wird das Asperger-Syndrom in der Regel erst nach dem dritten Lebensjahr sichtbar.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt; Allgemeine Kennzeichen sind: eine qualitative Beeinträchtigung der sozialen Kommunikation und Interaktion, mangelndes [[Empathie|Einfühlungsvermögen]], sensorische, motorische und sprachliche Eigenarten sowie ausgeprägte Sonderinteressen.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt;<br /> <br /> === Motorik ===<br /> Häufig treten beim Asperger-Syndrom [[Motorik|motorische]] Besonderheiten auf, die bei sonstigem Autismus normalerweise fehlen. Dazu zählen ungelenke Bewegungen, Ungeschicklichkeit sowie grob- und feinmotorische Koordinationsstörungen.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt; Manche Kinder mit Asperger zeigen, wenn sie erregt oder ängstlich sind, seltsame Bewegungsabläufe ([[Manierismen]]), die auch bei sonstigem Autismus vorkommen, wie zum Beispiel ein flatterndes Auf- und Abschlagen der Arme, Hände oder Finger.&lt;ref&gt;Jan Johnston-Tyler: [http://books.google.de/books?id=NTxvhWmtm0UC&amp;pg=PA239&amp;dq=asperger+flapping#v=onepage&amp;q=asperger%20flapping&amp;f=false ''The Mom’s Guide to Aspergers Syndrome: And Related Disorders.'' S.&amp;nbsp;239.]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Sozialverhalten ===<br /> Ebenso wie andere autistische Kinder nehmen Kinder mit Asperger-Syndrom eher wenig und nur flüchtig [[Blickkontakt]] auf. Im Alltag ist ein mangelndes Einfühlungsvermögen und Unverständnis für zwischenmenschliche Gefühle auffällig. Kinder mit Asperger-Syndrom sind oft sozial isoliert und ecken aufgrund ihrer Besonderheiten leicht an.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt; Im Klassenverband werden sie häufig gehänselt, ausgegrenzt und gemobbt.&lt;ref name=&quot;Carstensen&quot;&gt;Katja Carstensen: [http://books.google.de/books?id=e3OX3MH62w8C&amp;printsec=frontcover&amp;dq=katja+carstensen#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Das Asperger-Syndrom. Alltag, Schule und Beruf''], 2009, S.&amp;nbsp;28.&lt;/ref&gt; Im englischen Sprachraum bezeichnen viele Menschen mit Asperger ihr Anderssein scherzhaft als „Wrong Planet Syndrome“ (deutsch: ''Falscher-Planet-Syndrom'') und drücken damit ihr Gefühl aus, irrtümlich auf einem fremden Planeten gestrandet zu sein, dessen Regeln und Bewohner sie nicht verstehen.&lt;ref&gt;Zum Beispiel [http://www.wrongplanet.net/ WrongPlanet.net]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Menschen mit Asperger-Syndrom werden, auch wenn sie zu anderen Kontakt aufnehmen wollen, auf Grund ihres häufig abgewendeten Blickes und ihrer verschlossenen [[Körpersprache]] oft als förmlich, gefühlslos, ängstlich, schüchtern, ausweichend, abweisend oder desinteressiert wahrgenommen, wodurch eine Kontaktaufnahme häufig scheitert.&lt;ref&gt;[[Christine Preißmann]]: ''Psychotherapie und Beratung bei Menschen mit Asperger-Syndrom. Konzepte für eine erfolgreiche Behandlung aus Betroffenen- und Therapeutensicht.'' 2. vollst. überarbeitete und erweiterte Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-17-020757-8, S.&amp;nbsp;67.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Hans Asperger beobachtete, dass die betroffenen Kinder darüber hinaus auch zur „autistischen Selbstbeschau“ neigen. In Situationen, in denen andere Kinder [[Polarisation der Aufmerksamkeit|selbstvergessen]] „dahinleben“, stehen Asperger-Kinder sich selbst und ihren körperlichen Funktionen oft (kritisch) beobachtend gegenüber.&lt;ref name=&quot;:1&quot; /&gt;{{rp|S. 115}}<br /> <br /> Mangelndes [[Selbstvertrauen]] taucht häufig in Erfahrungsberichten und in der Ratgeberliteratur auf. Gezielte wissenschaftliche Untersuchungen hierzu liegen bislang (Stand: August 2015) noch nicht vor. Das Thema wird jedoch manchmal am Rande behandelt.&lt;ref name=&quot;PMID24089423&quot;&gt;E. Hesselmark, S. Plenty, S. Bejerot: ''Group cognitive behavioural therapy and group recreational activity for adults with autism spectrum disorders: a preliminary randomized controlled trial.'' In: ''Autism: the international journal of research and practice.'' Band 18, Nummer 6, August 2014, S.&amp;nbsp;672–683, [[doi:10.1177/1362361313493681]], PMID 24089423, {{PMC|4230566}}.&lt;/ref&gt; Auf jeden Fall hat es große Bedeutung im Bereich Beruf und Beschäftigung.&lt;ref&gt;Gail Hawkins: ''How to find work that works for people with Asperger syndrome: the ultimate guide for getting people with Asperger syndrome into the workplace (and keeping them there!).'' London und Philadelphia, Jessica Kingsley Publishers 2004, ISBN 1-84310-151-3, S. 65f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Sprache ===<br /> Im Bereich der sprachlichen Entwicklung zeigen sich beim Asperger-Syndrom deutlich andere Auffälligkeiten als beim sonstigen frühkindlichen Autismus. Charakteristisch für letzteren ist eine generelle Sprachentwicklungsverzögerung. Damit verbunden sind Symptome wie zum Beispiel unpassendes Nachsprechen ([[Echolalie]]) oder Vertauschung der [[Pronomen|Pronomina]]. Selbst beim hochfunktionalen Autismus sind die Artikulation, der verbale Ausdruck, die auditive Wahrnehmung, der Wortschatz und das verbale Gedächtnis gestört.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt;<br /> <br /> Beim Asperger-Syndrom fehlen derartige Symptome. Die betroffenen Kinder entwickeln eine grammatisch und stilistisch hochstehende Sprache.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt; Die Beobachtungen hinsichtlich des Sprachbeginns gehen auseinander. Während zum Beispiel Remschmidt feststellt, dass Asperger-Kinder früh zu sprechen beginnen,&lt;ref&gt;Helmut Remschmidt: [http://books.google.de/books?id=vfn0WvrGWtMC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=helmut+remschmidt&amp;cd=2#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Autismus: Erscheinungsformen, Ursachen, Hilfen''], 2008, S.&amp;nbsp;49.&lt;/ref&gt; berichtet Attwood, dass fast die Hälfte dieser Kinder erst spät sprechen lernt, diesen Rückstand bis zum Alter von fünf Jahren aber aufholt.&lt;ref name=&quot;:2&quot; /&gt; Wie bereits Hans Asperger beobachtete, fallen betroffene Kinder regelmäßig auf durch eine ihrem Alter nicht entsprechende, erwachsene, pedantische Ausdrucksweise und eine unübliche Betonung ([[Prosodie]]). Im englischen Sprachraum wird das Asperger-Syndrom darum auch als „Little Professor Syndrome“ (deutsch: ''Kleiner-Professor-Syndrom'') bezeichnet.&lt;ref&gt;[http://www.nytimes.com/library/magazine/home/20000618mag-asperger.html ''The Little Professor Syndrome.''] In: ''The New York Times Magazine'' (englisch)&lt;/ref&gt; Die Tonlage ist oft monoton und unterstützt zum Beispiel nicht den Unterschied zwischen ernst und humorvoll gemeinten Äußerungen. Oft sind Sprechgeschwindigkeit und die Lautstärke unangepasst oder ungewöhnlich. Auch unflüssiges, ruckartiges Sprechen kommt vor.&lt;ref name=&quot;Sprache&quot;&gt;Asperger (1944), S.&amp;nbsp;114 (textgleich: Asperger, 1943, S.&amp;nbsp;43); Ami Klin u.&amp;nbsp;a.: ''Asperger Syndrome.'' In: Byron Patrick Rourke (Hrsg.): [http://books.google.de/books?id=0Xa1RaGeQpgC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=byron+patrick+rourke#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Syndrome of nonverbal learning disabilities: neurodevelopmental manifestations.''] 1995, S.&amp;nbsp;93–118 (besonders S.&amp;nbsp;101); Ami Klin u.&amp;nbsp;a.: ''Assessment Issues in Children and Adolescents with Asperger Syndrome.'' In: Ami Klin, Fred R. Volkmar, Sara S. Sparrow (Hrsg.): ''Asperger Syndrome.'' 2000, S.&amp;nbsp;309–366 (besonders S.&amp;nbsp;323)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Viele Kinder und Erwachsene mit Asperger-Syndrom neigen dazu, unablässig und langatmig zu reden, meist über ihr Lieblingsthema, und missachten dabei oft vollständig, ob der Zuhörer an diesem Thema interessiert ist und das Gespräch mitträgt.&lt;ref name=&quot;Sprache&quot; /&gt; Einige Autoren halten dieses monologische, egozentrische Reden, in dem sich deutlich die Unempfindlichkeit von Asperger-Menschen für soziale Feinheiten offenbart, für einen der auffälligsten Züge des Syndroms.&lt;ref&gt;Ami Klin, Sara S. Sparrow, Wendy D. Marans, Alice Carter, Fred R. Volkmar: ''Assessment Issues in Children and Adolescents with Asperger Syndrome.'' In: Ami Klin, Fred R. Volkmar, Sara S. Sparrow (Hrsg.): [http://books.google.de/books?id=ovvD0ZuH0GMC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=ami+klin#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Asperger Syndrome''] (2000), S.&amp;nbsp;309–366; Digby Tantam: ''Asperger Syndrome in adulthood.'' In: Uta Frith: [http://books.google.de/books?id=HoRX8s8V8WYC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=uta+frith&amp;lr=#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Autism and Asperger syndrome''], 1991, S.&amp;nbsp;147–183.&lt;/ref&gt; Weitere Charakteristika sind eine sehr detailorientierte Erzählweise mit Schwierigkeiten, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden, abrupte und für den Zuhörer nicht nachvollziehbare Themenwechsel, das Wörtlichnehmen von bildhaften [[Redewendung]]en und das Antworten auf [[rhetorische Frage]]n.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt;<br /> <br /> Typisch ist auch die Verwendung von bildlichen Ausdrücken ([[Metapher]]n) und Wortschöpfungen, die nur ihnen selbst geläufig sind, oder das Festhaften an Formulierungen, die wie auswendig gelernt oder wie aus einem Buch vorgetragen klingen, sowie das Nichterfassen von Feinheiten ([[Nuance]]n) – zum Beispiel Ironie, Necken – und ungenaues Zuhören.&lt;ref&gt;James C. McPartland, Ami Klin: ''Asperger Syndrome.'' In: ''Adolescent Medicine Clinics of North America.'' 2006, Band 17, S.&amp;nbsp;771–788.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Ole Sylvester Jørgensen: ''Asperger. Syndrom zwischen Autismus und Normalität. Diagnostik und Heilungschancen.'' 2002, S.&amp;nbsp;58.&lt;/ref&gt; Manche Asperger-Autisten führen Selbstgespräche, um ihre Gedanken zu ordnen, etwa um ein bereits geführtes Gespräch vollends zu verstehen oder um ein anstehendes Gespräch zu proben.&lt;ref name=&quot;:2&quot;&gt;[[Tony Attwood]]: ''Asperger-Syndrom: Wie Sie und Ihr Kind alle Chancen nutzen: das erfolgreiche Praxis-Handbuch für Eltern und Therapeuten.'' Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2005 (englisches Original 1998), ISBN 3-8304-3219-4. S.&amp;nbsp;93f.(Selbstgespräche); S. 76 (Alter des ersten Sprechens)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Spezialinteressen ===<br /> Von außen betrachtet scheinen Personen mit Asperger-Syndrom kaum an ihren Mitmenschen interessiert zu sein. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Belegen dafür, dass sie ein großes Interesse an sozialen Kontakten haben können, jedoch nicht wissen, wie sie dies umsetzen können. Schwierigkeiten, die Körpersprache und Mimik anderer zu erkennen, spielen dabei eine Rolle und werden oft als mangelnde Einfühlung verstanden. Während Menschen evolutionsbiologisch als Spezialisten für sozialen Kontakt bezeichnet werden, entwickeln Asperger-Patienten diese Spezialkompetenz nicht oder in unzureichendem Maße. Typischerweise haben sie jedoch andere Spezialinteressen, die in der Sache oder in ihrer Intensität ungewöhnlich erscheinen.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt; Diese Interessen liegen oft in technischen oder naturwissenschaftlichen Gebieten wie Informatik,&lt;ref&gt;sz-online.de: [http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=3197347 Besondere Begabungen: IT-Firma sucht Autisten], 6. November 2012.&lt;/ref&gt; Mathematik, Physik, Biologie oder Astronomie. Andere Betroffene beschäftigen sich leidenschaftlich mit Musik oder dem Auswendiglernen verschiedenartigster Fakten. Manche sind leidenschaftliche Sammler, oft ungewöhnlicher Objekte.&lt;ref name=&quot;:3&quot;&gt;[[Tony Attwood]]: ''Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom. Alle Fragen – alle Antworten.'' TRIAS, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8304-3392-7. S. 109 (Differentialdiagnose); S.&amp;nbsp;31–33 (Schizophrenie).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Grundsätzlich weisen Personen innerhalb des Autismusspektrums sehr häufig eine Hoch- oder Inselbegabung auf. Nach neueren Untersuchungen trifft dies mindestens für jeden Dritten zu, und man geht inzwischen davon aus, dass wegen der besonderen Informationsflüsse im Gehirn (siehe unten: [[#Neuropsychologie|Neuropsychologie]]) autistische Merkmale und die Tendenz zu Spezialbegabungen miteinander verknüpft sind.&lt;ref name=&quot;PMID23219745&quot;&gt;L. Mottron, L. Bouvet, A. Bonnel, F. Samson, J. A. Burack, M. Dawson, P. Heaton: ''Veridical mapping in the development of exceptional autistic abilities.'' In: ''Neuroscience and biobehavioral reviews.'' Band 37, Nummer 2, Februar 2013, S.&amp;nbsp;209–228, [[doi:10.1016/j.neubiorev.2012.11.016]], PMID 23219745 (freier Volltext) (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Emotionen ===<br /> Hans Asperger empfand die Emotionen seiner Probanden nicht als unterentwickelt, sondern eher als von andersartiger Qualität.&lt;ref name=&quot;:1&quot; /&gt;{{rp|S. 128}}<br /> <br /> Die autistische Wissenschaftlerin und [[Erfinder]]in [[Temple Grandin]] äußerte sich so zu ihren Gefühlen: „Meine Emotionen sind einfacher als die der meisten anderen Menschen. Ich weiß nicht, was eine vielschichtige Emotion in einer zwischenmenschlichen Beziehung ist. Ich verstehe nur einfache Emotionen wie Wut, Furcht, Glück und Traurigkeit.“&lt;ref&gt;[[Temple Grandin]]: ''Ich bin die Anthropologin auf dem Mars: mein Leben als Autistin.'' Droemer Knaur, 1997, ISBN 3-426-77288-4, S.&amp;nbsp;110.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Intelligenz ===<br /> Im Unterschied zu manchen anderen Formen von Autismus ist die Intelligenz bei Personen mit Asperger-Syndrom oft normal ausgeprägt.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt; Bei Asperger-Kindern wird gelegentlich auch vorzeitiges Lesen ([[Hyperlexie]]) beobachtet.&lt;ref&gt;Sigrid von Aster u.&amp;nbsp;a.: [http://books.google.de/books?id=TYnIU9Y_a4YC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=sigrid+von+aster&amp;cd=1#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Kinder- und Jugendpsychiatrie: Eine praktische Einführung.''] 2008, S.&amp;nbsp;192.&lt;/ref&gt; Häufig zeigen Kinder mit Asperger-Syndrom ein unausgeglichenes Intelligenzprofil. Sie zeigen oft Stärken in den verbalen Aufgabenteilen.&lt;ref&gt;Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland e.&amp;nbsp;V. (BKJPP) / Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e.&amp;nbsp;V. (BAG). Ingo Spitczok von Brisinski: {{Webarchiv|url=http://www.bkjpp.de/index.php5?x=/for403_asperger-hochbegabung-ads.php5&amp; | wayback=20071214114117 | text=''Asperger-Syndrom, AD(H)S, Hochbegabung – differentialdiagnostische Aspekte.''}} In: ''Forum der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie.'' Heft 4/2003, abgerufen am 5. Januar 2010.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Asperger-Syndrom und Genie ===<br /> Bereits Hans Asperger schrieb: „Es scheint, dass für Erfolg in der Wissenschaft oder in der Kunst ein Schuss Autismus erforderlich ist.“&lt;ref&gt;Hans Asperger: ''Problems of infantile autism.'' Communication, Band 13, Heft 3, Seite 49. The National Society for Autistic Children, London, 1979.&lt;/ref&gt; Die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Asperger-Syndrom und herausragenden Leistungen beschäftigte auch den irischen Kinderpsychiater [[Michael Fitzgerald (Mediziner)|Michael Fitzgerald]]. Er veröffentlichte seit 1999 eine Reihe von Aufsätzen und Büchern, in denen er die Lebensläufe berühmter Persönlichkeiten auf Anzeichen des Asperger-Syndroms hin prüfte. Fitzgerald ist davon überzeugt, dass viele Merkmale des Asperger-Syndroms [[Kreativität]] begünstigen und dass die Fähigkeit, sich intensiv auf einen Gegenstand zu konzentrieren und für eine schöpferische Arbeit endlose Mühsal auf sich zu nehmen, für dieses Syndrom charakteristisch sei.&lt;ref&gt;Michael Fitzgerald: ''Autism and creativity: is there a link between autism in men and exceptional ability?'' 2004, [http://books.google.de/books?id=3zXaZqtt1RIC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=%22michael+fitzgerald%22&amp;lr=&amp;cd=13#v=onepage&amp;q=&amp;f=false S.&amp;nbsp;2&amp;nbsp;f.]&lt;/ref&gt; <br /> <br /> Christopher Gillberg&lt;ref&gt;Christopher Gillberg: ''Charles XII seems to have fulfilled all the criteria of Asperger syndrome.'' In: ''Läkartidningen.'' November 2002, Band 99 (48), S.&amp;nbsp;4837–4838.&lt;/ref&gt; und [[Oliver Sacks]]&lt;ref&gt;Oliver Sacks: [http://www.neurology.org/content/57/7/1347 Henry Cavendish: ''An early case of Asperger’s syndrome?''] In: ''Neurology.'' 2001, Band 57 (7), S.&amp;nbsp;1347.&lt;/ref&gt; haben ähnliche [[postum]]e Diagnoseversuche unternommen. Um manche Persönlichkeiten – etwa [[Isaac Newton]] und [[Albert Einstein]] – sind regelrechte Kontroversen entstanden.&lt;ref&gt;Helen Muir: [http://www.newscientist.com/article/dn3676 ''Einstein and Newton showed signs of autism.''] In: ''New Scientist.'' 30. April 2003; ''pro:'' Ioan James: ''Singular scientists.'' In: ''Journal of the Royal Society of Medicine.'' 2003, Band 96 (1), S.&amp;nbsp;36–39, {{PMC|539373}}; Michael Fitzgerald: [http://www.springerlink.com/content/k84718w048644757/ ''Einstein: Brain and Behavior.''] In: ''Journal of Autism and Developmental Disorders.'' 2004, Band 30 (6), S.&amp;nbsp;620–621; ''contra:'' Oliver Sacks: ''Henry Cavendish: An early case of Asperger’s syndrome?''&lt;/ref&gt; Wieder andere Forscher stehen solchen Diagnoseversuchen grundsätzlich skeptisch gegenüber, so zum Beispiel [[Fred Volkmar]] vom ''Yale Child Study Center'', der (2001 oder früher) äußerte: „Es gibt leider eine Art Hausindustrie, aufzudecken, dass jeder Asperger hat.“&lt;ref&gt;Erica Goode: [http://www.nytimes.com/2001/10/09/health/cases-a-disorder-far-beyond-eccentricity.html?sec=health CASES; ''A Disorder Far Beyond Eccentricity.''] In: ''New York Times.'' 9.&amp;nbsp;Oktober 2001.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Konzentrations- und Lernprobleme ===<br /> Manche Kinder mit Asperger-Syndrom fallen dadurch auf, dass sie ihre Aufmerksamkeit willentlich nur schlecht steuern können ([[exekutive Funktionen]]) und bei Aktivitäten, die sie nicht selbst gewählt haben – zum Beispiel in der Schule –, in hohem Grade unkonzentriert sind, woraus sich selbst bei hoher Intelligenz erhebliche Lernschwierigkeiten ergeben können.&lt;ref name=&quot;:1&quot; /&gt;<br /> <br /> {{Zitat<br /> |Text=Diese ''Störung der aktiven Aufmerksamkeit'' ist bei Kindern dieses Typs fast regelmäßig zu finden. Es ist also nicht oder nicht nur die landläufige Konzentrationsstörung vieler neuropathischer Kinder zu beobachten, die von allen äußeren Reizen, von jeder Bewegung und Unruhe um sie herum von ihrem Arbeitsziel abgelenkt werden. Diese Kinder sind vielmehr von vornherein gar nicht geneigt, ihre Aufmerksamkeit, ihre Arbeitskonzentration auf das zu richten, was die Außenwelt, in diesem Fall die Schule, von ihnen verlangt.<br /> |Autor=Hans Asperger<br /> |Quelle=Die „Autistischen Psychopathen“ im Kindesalter. S.&amp;nbsp;119}}<br /> <br /> Wenn solche [[Konzentration (Psychologie)|Konzentrationsschwierigkeiten]] bestehen, ist das Asperger-Syndrom sogar mit AD(H)S zu verwechseln (siehe [[#Abgrenzung|Abgrenzung]]).&lt;ref name=&quot;ADHS&quot;&gt;{{Internetquelle |url=http://www.adhs.ch/docs/10_ADHS%20oder%20Asperger-Syndrom.pdf |titel=ADHS oder Asperger-Syndrom? |hrsg=adhs.ch |zugriff=2012-04-30 |format=PDF; 136&amp;nbsp;kB |archiv-url=https://web.archive.org/web/20131212012205/http://www.adhs.ch/docs/10_ADHS%20oder%20Asperger-Syndrom.pdf |archiv-datum=2013-12-12}}&lt;/ref&gt; Als Lernhindernis erweist sich auch die für das Asperger-Syndrom typische Beeinträchtigung der [[Zentrale Kohärenz|zentralen Kohärenz]]: der Fähigkeit, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden.<br /> <br /> === Ritualisierte Handlungen ===<br /> Menschen mit Asperger sind oft darauf fixiert, ihre äußere Umgebung und Tagesabläufe möglichst gleichbleibend zu gestalten. Plötzliche Veränderungen können sie überfordern oder sehr nervös machen.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt;&lt;ref name=&quot;Carstensen&quot; /&gt; Dies liegt daran, dass Veränderungen einen höheren Grad an Aufmerksamkeit erfordern, was bei der angenommenen Schwäche von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung, Informationen auszublenden, zu einer erhöhten Belastung führt.<br /> <br /> == Das Asperger-Syndrom bei Erwachsenen ==<br /> Erwachsene mit Asperger-Syndrom leben oft zurückgezogen und haben wenige direkte Sozialkontakte. An deren Stelle treten heutzutage häufig Kontakte über das Internet. Obwohl es einigen Menschen mit Asperger gelingt, eine stabile Partnerschaft aufzubauen und eine Familie zu gründen,&lt;ref&gt;Peter Schmidt: ''Ein Kaktus zum Valentinstag. Ein Autist und die Liebe.'' Patmos, Ostfildern 2012, ISBN 978-3-8436-0211-2.&lt;/ref&gt; ist es für andere aufgrund einer mangelnden Sozialkompetenz bereits schwierig, überhaupt Kontakt zu möglichen Partnern aufzubauen. Oft werden die Anforderungen einer Partnerschaft auch als anstrengend empfunden. Entscheidend für die berufliche Entwicklung von Menschen mit Asperger ist die Frage, ob es gelingt, ihre Spezialinteressen beruflich umzusetzen.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt;<br /> <br /> Einige erwachsene Menschen mit Asperger-Syndrom bauen bewusst oder unbewusst Bekanntschaften zu Menschen auf, mit deren charakterlichen Eigenschaften sie leicht umgehen können. Sie bauen sich ein soziales Netzwerk mit Menschen auf, die meist ebenfalls eher [[introvertiert]] sind, sich vorwiegend auf einer sachlichen Ebene verständigen und oft ebenfalls Spezialinteressen haben, die aber nicht unbedingt selbst autistisch sind ([[Modebegriff]]e: [[Geek]]s und [[Nerd]]s). Erwachsene Menschen mit Asperger-Syndrom und einem gut laufenden sozialen Umfeld sind sich ihrer autistischen Züge häufig nicht bewusst. Sie können u.&amp;nbsp;U. überfordert sein, wenn sie unfreiwillig etwas mit Menschen zu tun haben, deren Persönlichkeit sich zu sehr von der eigenen unterscheidet.&lt;ref&gt;Volker Faust: [http://www.psychosoziale-gesundheit.net/pdf/faust_asperger.pdf ''ASPERGER-SYNDROM – Eine Autismus-Spektrum-Störung (ASS).''] (PDF; 281&amp;nbsp;kB) In: ''Psychiatrie Heute.'' – Seelische Störungen erkennen, verstehen, verhindern, behandeln&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Diagnose im Erwachsenenalter ===<br /> Eine Studie der Autismus-Forschungs-Kooperation (AFK) mit 271 erwachsenen Probanden mit Autismus ergab, dass deren durchschnittliches Alter zum Zeitpunkt der Diagnosestellung 35 Jahre gewesen war und dass 87 % der Probanden ihre Diagnose erst nach dem 18. Lebensjahr erhalten hatten. Besonders Asperger-Autismus würde häufig erst sehr spät diagnostiziert, weil die Probleme der normal intelligenten Autisten weniger „offenkundig“ seien.&lt;ref&gt;[http://www.autismus-forschungs-kooperation.de/images/stories/Psychotherapie/AFK_Faltblatt_Therapie_v2-34160.pdf ''Psychotherapie bei Autismus und Asperger-Syndrom''] (PDF; 632&amp;nbsp;kB). Autismus-Forschungs-Kooperation; abgerufen am 4. Juni 2017.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Bei der Diagnose im Erwachsenenalter spielen oft weniger der Schweregrad als vielmehr die Lebensumstände eine Rolle. Bei guter privater und beruflicher Integration ist unter Umständen keine Diagnose oder zusätzliche Therapie nötig. Lebenskrisen, hervorgerufen etwa durch Arbeitslosigkeit oder Scheidung, können dazu führen, dass eine Andersartigkeit im sozialen Umgang deutlicher sichtbar wird und zu einer Diagnose führt. Dies berichten viele erst im Erwachsenenalter diagnostizierte Autisten.<br /> <br /> === Beruf ===<br /> {{Zitat|Gerade bei den Autistischen sehen wir – mit weit größerer Deutlichkeit als bei den ‚Normalen‘ –, daß sie schon von frühester Jugend an für einen bestimmten Beruf prädestiniert erscheinen, daß dieser Beruf schicksalhaft aus ihren besonderen Anlagen herauswächst.|Hans Asperger: ''Die „Autistischen Psychopathen“ im Kindesalter.'' S.&amp;nbsp;133}}<br /> <br /> Der Geophysiker [[Peter Schmidt (Geophysiker)|Peter Schmidt]] beschreibt, wie sich das Asperger-Syndrom im modernen, akademischen Berufsleben auswirkt. Danach wird der Autor hinsichtlich seines Asperger-Syndroms eher als Problemfall (der „Widerstand“ hervorruft) und hinsichtlich seiner Stärken als „Kapazität“ (Leistungsträger) wahrgenommen. Menschen mit Asperger-Syndrom, die anscheinend von Kindheit an für einen bestimmten Beruf vorherbestimmt (prädestiniert) zu sein scheinen, stoßen in der modernen Arbeitswelt, in der es immer mehr auf Mobilität, Flexibilität, Teamfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit ankommt, auf große Schwierigkeiten. Inwieweit es ihnen gelingt, eine ihren Eigenarten entsprechende Nische zu finden, hängt sowohl von den Menschen, mit denen der Autist zusammenarbeiten muss, besonders den Vorgesetzten, als auch von den bereitgestellten Arbeitsbedingungen ab.&lt;ref name=&quot;Schmidt_Kollegen&quot;&gt;Peter Schmidt: ''Kein Anschluss unter diesem Kollegen. Ein Autist im Job.'' Patmos-Verlag, Ostfildern 2014, ISBN 978-3-8436-0517-5.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Kriminalstatistik ===<br /> Mitunter kommt die Frage auf, ob Autismus-Betroffene eine erhöhte Neigung zu kriminellen Handlungen besitzen. Das lässt sich gegenwärtig noch nicht sicher beantworten, da nicht genügend epidemiologische Studien dazu vorliegen. Dennoch vermuten die meisten Autoren, dass autistische Menschen eine niedrigere Kriminalrate hätten als nicht-autistische Menschen. Sie seien eher Opfer als Täter. Zudem würden sie dazu neigen, Gesetze rigide anzuwenden, und hätten Probleme mit Ausnahmen von Regeln und Gesetzesüberschreitungen. Andererseits zeigen Einzelfallschilderungen, dass Menschen mit Asperger durchaus mit dem Gesetz in Konflikt kommen.&lt;ref name=&quot;:0&quot;&gt;{{Literatur |Autor=[[Helmut Remschmidt]] (2007) |Hrsg= |Titel=Asperger-Syndrom |Auflage= |Verlag=Springer |Ort= |Datum= |ISBN=978-3-540-35072-9 |Seiten=218 |Online={{Google Buch| BuchID=zhEkBAAAQBAJ| Seite=218}}}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Prognose ===<br /> Nach Hans Asperger hängt eine günstige Prognose vom intellektuellen Begabungsgrad ab. Weniger begabte Menschen kämen oft nur in einen untergeordneten Außenseiterberuf hinein und trieben sich im ungünstigsten Fall als ''„komische Originale auf den Straßen herum“.''&lt;ref name=&quot;:1&quot; /&gt; Bei „intellektuell intakten“ und überdurchschnittlich begabten Autisten komme es:<br /> {{Zitat|zu einer guten Berufsleistung und damit zu einer sozialen Einordnung, oft in hochgestellten Berufen, oft in so hervorragender Weise, daß man zu der Anschauung kommen muß, niemand als gerade diese autistischen Menschen seien gerade zu solcher Leistung befähigt.|Hans Asperger: ''Die „Autistischen Psychopathen“ im Kindesalter.'' S.&amp;nbsp;133}}<br /> <br /> == Abgrenzung ==<br /> === Differentialdiagnose ===<br /> Hochfunktionaler Autismus und Asperger-Syndrom müssen von folgenden anderen psychischen Erkrankungen abgegrenzt werden ([[Diagnose#Differentialdiagnose|Differentialdiagnose]]):<br /> <br /> ; Schizoide Persönlichkeitsstörung (SPS): Die Abgrenzung von der [[Schizoide Persönlichkeitsstörung|schizoiden Persönlichkeitsstörung]] kann kompliziert sein, da einige autistische Menschen (bis zu 26 %) gleichzeitig die Kriterien für die schizoide PS erfüllen. Sowohl bei Asperger-Syndrom als auch SPS kann die soziale Kommunikation (Mimik, Gestik, Augenkontakt etc.) auffällig sein. Unterschiedlich ist jedoch, dass schizoide Menschen oft eher reserviert, zurückgezogen und verschlossen (oder sogar geheimnistuerisch) auftreten und tendenziell ungerne von sich erzählen. Im Gegensatz dazu sind viele Menschen mit leichtem Autismus häufig sehr offen, ehrlich, direkt und gelegentlich ungewollt aufdringlich. Die Betroffenen haben oft nur wenig Angst davor, anderen einen Einblick in ihr Innenleben zu geben. Dies kann man gut an der sehr offenen und persönlichen Selbstdarstellung in den vielen Autobiographien von Autisten und bei Interviews in der Öffentlichkeit erkennen. Sie wünschen sich gerade im Erwachsenenalter oft Freunde und Bekannte. Wegen ihrer Schwierigkeiten, vielschichtige Gefühle beim Gegenüber wahrzunehmen oder angemessen darauf zu reagieren, sind sie jedoch oft nur begrenzt zu Freundschaften in der Lage.&lt;ref name=&quot;:3&quot; /&gt;&lt;ref name=&quot;:13&quot; /&gt;<br /> <br /> ;Schizotypische Persönlichkeitsstörung (STP): Auch die Abgrenzung von der [[Schizotypische Persönlichkeitsstörung|schizotypischen PS]] ist nicht einfach, weil auch hier in bis zu 40 % der Fälle Überlappungen auftreten können (d.&amp;nbsp;h. AS und zusätzlich schizotype Merkmale). Bei den Autismus-Spektrum-Störungen stehen jedoch Symptome wie eingeschränkte Erlebnis- und Ausdruckfähigkeit, paranoide Vorstellungen und Argwohn nicht im Zentrum. Schizotypische Persönlichkeiten erkennen soziale Hinweise (Gestik, Mimik etc.) zwar meist, interpretieren sie aber dann in eher misstrauischer Weise über ''(Hyper-Mentalizing).'' Personen mit Asperger-Syndrom haben eher Probleme damit, soziale Zeichen überhaupt wahrzunehmen und zu lesen (''Hypo-Mentalizing'').&lt;ref&gt;Matthias Dose: [http://www.autkom-obb.de/uploads/media/Artikel_Prof.Dr.Dose.pdf ''Autistische Störungen bei Erwachsenen: Diagnostik und Therapie – Vorschnelle Selbstdiagnose Asperger-Syndrom.'']Fortbildung in der Zeitschrift ''NeuroTransmitter'' (7-8.2009), Berufsorgan des Berufsverbands Deutscher Psychiater (BVDP).&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;:13&quot; /&gt;<br /> :Im Unterschied zu Menschen mit Autismus verfügen schizotypische Personen über eine [[Theory of Mind]] (ToM). Die ''Imprinted Brain Theory'' von ''[[Bernard Crespi]]'' (wonach Autismus und Psychosen gegensätzliche Extreme sein sollen) sieht die schizotype PS und Asperger-Syndrom analog als jeweils abgeschwächte Form an.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=E. Kumbier u.&amp;nbsp;a. (2010) |Titel=Autismus und autistische Störungen |Hrsg= |Sammelwerk=Der Nervenarzt |Band=81 |Nummer=1 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum= |Seiten=61 |ISBN= |DOI=10.1007/s00115-009-2820-3 |Online=https://link.springer.com/article/10.1007/s00115-009-2820-3 |Abruf=}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ; Schizophrenie: Klassische [[Schizophrenie|schizophrene Symptome]] (wie Wahn, Halluzinationen und Denkstörungen) sind beim Asperger-Syndrom nicht zu beobachten. In etwa fünf Prozent der Fälle findet jedoch ein Übergang vom Asperger-Syndrom in eine schizophrene Erkrankung statt.&lt;ref name=&quot;Wolff&quot;&gt;Sula Wolff: [http://books.google.de/books?id=ltbeu-XY6YgC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=sula+wolff#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Loners. The life path of unusual children''], London, New York, Routledge, 1995.&lt;/ref&gt; Menschen mit Asperger-Syndrom flüchten sich gelegentlich in ihre Fantasie oder in ihre Spezialinteressen, das hat aber nichts mit Schizophrenie zu tun, denn sie sind durchaus in der Lage, wieder in die Alltagsrealität zurückzukehren.&lt;ref name=&quot;:3&quot; /&gt;<br /> <br /> ; Paranoia: Menschen mit Asperger-Syndrom sind in ihrem Verständnis zwischenmenschlichen Geschehens beeinträchtigt und neigen vermutlich aus diesem Grunde stärker als andere zu [[Paranoia|paranoiden Weltdeutungsmustern]].&lt;ref&gt;Alison J. Blackshaw, Peter Kinderman, Dougal J. Hare, Chris Hatton: ''Theory of Mind, Causal Attribution and Paranoia in Asperger Syndrome.'' Autism, Band 5, Heft 2, Juni 2001, S. 147–163, [http://aut.sagepub.com/content/5/2/147.abstract Abstract]&lt;/ref&gt; Ihre paranoiden Tendenzen sind jedoch schwächer als bei Personen mit Wahnvorstellungen und von diesen abgrenzbar.&lt;ref&gt;J. S. Craig, C. Hatton, F. B. Craig, R. P. Bentall: ''Persecutory beliefs, attributions and theory of mind: comparison of patients with paranoid delusions, Asperger’s syndrome and healthy controls.'' In: ''Schizophrenia research.'' Band 69, Nummer 1, Juli 2004, S.&amp;nbsp;29–33, [[doi:10.1016/S0920-9964(03)00154-3]], PMID 15145468.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ; Urbach-Wiethe-Syndrom: Autistische Verhaltensweisen können auch beim [[Urbach-Wiethe-Syndrom]] auftreten. Die dort auftretenden Haut- und Schleimhautveränderungen und [[Gen|genetische]] Untersuchungen ermöglichen aber meist eine Abgrenzung vom Autismus. <br /> <br /> ; Atypischer Autismus: Die Diagnose [[Atypischer Autismus]] (F84.1) wird gestellt, wenn die Kriterien weder für frühkindlichen Autismus noch für das Asperger-Syndrom passen, aber dennoch Charakteristika oder Probleme vorliegen, die dem Autismus-Spektrum zuzuordnen sind.&lt;ref&gt;Bernhard Blanz, Helmut Remschmidt, Martin Schmidt, Andreas Warnke: [http://books.google.de/books?id=_kLox83I084C&amp;printsec=frontcover&amp;dq=bernhard+blanz&amp;cd=1#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter: Ein entwicklungspsychopathologisches Lehrbuch''], 2006, S.&amp;nbsp;82&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Für die Differentialdiagnose im Erwachsenenalter werden in einem Überblick von 2013 zusätzlich folgende andere Abweichungen erläutert, die vom Asperger-Syndrom zu unterscheiden seien: ''Soziale Angststörung'' ([[Soziale Phobie]]), [[Zwangsstörung]], [[Zwanghafte Persönlichkeitsstörung]] und [[Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung]] (ADHS).&lt;ref name=&quot;:13&quot; /&gt;<br /> <br /> === Mögliche Begleiterscheinungen ===<br /> Manchmal tritt das Asperger-Syndrom aber auch gemeinsam mit anderen psychischen Störungen auf ([[Komorbidität]]):<br /> * Zu den häufigsten Begleiterscheinungen zählt die [[Depression]], die meist durch Beeinträchtigungen im Privat- und Berufsleben mitbedingt ist.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt;<br /> * Einige Menschen mit Asperger-Syndrom erfüllen auch die Kriterien für eine [[Zwangsstörung]] oder eine [[zwanghafte Persönlichkeitsstörung]]. Im Falle einer einfachen Zwangsstörung ist die Abgrenzung vom Asperger-Syndrom einfacher als im Falle einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung. Asperger-Syndrom und Zwangsstörung können aber auch gleichzeitig vorliegen.&lt;ref name=&quot;Remschmidt2007&quot;&gt;Helmut Remschmidt, Inge Kamp-Becker: [http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=55038 ''Das Asperger-Syndrom – eine Autismus-Spektrum-Störung.''] In: ''Deutsches Ärzteblatt.'' 2007, Band 104 (13), S.&amp;nbsp;A&amp;nbsp;873–882.&lt;/ref&gt;<br /> * Wenn Konzentrationsschwierigkeiten vorliegen, wird das Asperger-Syndrom leicht mit [[Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung|ADHS]] verwechselt.&lt;ref name=&quot;ADHS&quot; /&gt; Beide Störungen können aber auch gemeinsam auftreten. In einer Übersicht von 2012 wird betont, dass sowohl ihre Überlappungen als auch ihre Unterschiede beachtet werden müssen.&lt;ref name=&quot;PMID22851255&quot;&gt;R. Taurines, C. Schwenck, E. Westerwald, M. Sachse, M. Siniatchkin, C. Freitag: ''ADHD and autism: differential diagnosis or overlapping traits? A selective review.'' In: ''Attention deficit and hyperactivity disorders.'' Band 4, Nummer 3, September 2012, S.&amp;nbsp;115–139, [[doi:10.1007/s12402-012-0086-2]], PMID 22851255 (Review).&lt;/ref&gt;<br /> * Gelegentlich ist ein gemeinsames Vorkommen von Asperger-Syndrom und [[Tourette-Syndrom]] beschrieben worden. Wenn ein Asperger-Syndrom alleine vorliegt, ist es vom Tourette-Syndrom jedoch gut zu unterscheiden.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt;<br /> * Manchmal wird auch ein gemeinsames Vorkommen von Asperger-Syndrom und Magersucht ([[Anorexia nervosa]]) beobachtet.&lt;ref&gt;Christopher Gillberg, Maria Råstam, Carina Gillberg: ''Anorexia nervosa outcome: Six year controlled longitudinal study of 51 cases including a population cohort.'' In: ''The Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry.'' 1994, Band 33, S.&amp;nbsp;729–739.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Ursachen ==<br /> Die Ursachen des Asperger-Syndroms, wie des gesamten Autismusspektrums, liegen in [[Entwicklungsbiologie|entwicklungsbiologischen]] Abweichungen bei Entstehung und Wachstum des Gehirns, und zwar bezüglich [[Anatomie]] und Funktion, insbesondere bei der Ausbildung von Nervenverbindungen ([[Konnektom]]).&lt;ref name=&quot;PMID25891007&quot;&gt;C. Ecker, S. Y. Bookheimer, D. G. Murphy: ''Neuroimaging in autism spectrum disorder: brain structure and function across the lifespan.'' In: ''The Lancet. Neurology.'' [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] April 2015, [[doi:10.1016/S1474-4422(15)00050-2]], PMID 25891007 (Review).&lt;/ref&gt; Die möglichen Ursachen der Abweichungen, die in erster Linie – aber nicht nur – die [[Embryonalentwicklung]] betreffen, sind Gegenstand der Forschung. In Frage kommen, neben besonderen genetisch vererbten Bedingungen, im Prinzip alle Faktoren, die die Arbeit der Gene in kritischen Zeitfenstern beeinflussen ([[Teratologie]]).&lt;ref name=&quot;PMID26021712&quot;&gt;A. Ornoy, L. Weinstein-Fudim, Z. Ergaz: ''Prenatal factors associated with autism spectrum disorder (ASD).'' In: ''Reproductive toxicology (Elmsford, N.Y.).'' [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] Mai 2015, [[doi:10.1016/j.reprotox.2015.05.007]], PMID 26021712 (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Genetik ===<br /> Die genetischen Ursachen des Gesamtbereichs des Autismusspektrums haben sich als äußerst vielfältig und hochkomplex erwiesen.&lt;ref name=&quot;PMID23769996&quot;&gt;A. M. Persico, V. Napolioni: ''Autism genetics.'' In: ''Behavioural brain research.'' Band 251, August 2013, S.&amp;nbsp;95–112, [[doi:10.1016/j.bbr.2013.06.012]], PMID 23769996 (Review).&lt;/ref&gt; In einer Übersicht von 2011 wurden bereits 103 Gene und 44 Genorte ([[Genlocus|Genloci]]) als Kandidaten für eine Beteiligung identifiziert, und es wurde vermutet, dass die Zahlen weiter stark steigen würden.&lt;ref name=&quot;PMID21129364&quot;&gt;C. Betancur: ''Etiological heterogeneity in autism spectrum disorders: more than 100 genetic and genomic disorders and still counting.'' In: ''Brain research.'' Band 1380, März 2011, S.&amp;nbsp;42–77, [[doi:10.1016/j.brainres.2010.11.078]], PMID 21129364 (Review).&lt;/ref&gt; Es wird allgemein davon ausgegangen, dass die immensen Kombinationsmöglichkeiten vieler genetischer Abweichungen die Ursache für die große Vielfalt und Breite des Autismusspektrums sind, einschließlich des Asperger-Syndroms.&lt;ref name=&quot;PMID26188008&quot;&gt;S. De Rubeis, J. D. Buxbaum: ''Genetics and genomics of autism spectrum disorder: Embracing complexity.'' In: ''Human molecular genetics.'' [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] Juli 2015, [[doi:10.1093/hmg/ddv273]], PMID 26188008 (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Neuroimaging ===<br /> Durch [[Neuroimaging|bildgebende Verfahren]] konnten – auf Gruppenebene, (noch) nicht im Einzelfall – immer wieder strukturelle und funktionelle Abweichungen im Gehirn festgestellt werden.&lt;ref name=&quot;PMID25602243&quot;&gt;J. E. Lainhart: ''Brain imaging research in autism spectrum disorders: in search of neuropathology and health across the lifespan.'' In: ''Current opinion in psychiatry.'' Band 28, Nummer 2, März 2015, S.&amp;nbsp;76–82, [[doi:10.1097/YCO.0000000000000130]], PMID 25602243, {{PMC|4465432}} (Review).&lt;/ref&gt; Bildliche Darstellungen einzelner Gehirne lassen bislang wegen der natürlichen Variationsbreite noch keine Aussagen zu, aber bei statistisch ermittelten Gruppendaten sind die Abweichungen bezüglich einer Vergleichsgruppe deutlich. Sie betreffen weite Teile des Gehirns und stimmen überein mit den typischen Abweichungen im Verhalten.<br /> Allgemein zeigt sich aber bei Kindern mit Autismus eine vergrößerte Amygdala sowie ein schneller wachsendes Gehirn, 65 % mehr Neuronen im frontalen Cortex, jedoch ein kleineres [[Corpus callosum]], ebenso eine geringere [[Synapseneliminierung]].&lt;ref&gt;Autism: An evolutionary perspective, Professor Simon Baron-Cohen, 1st Symposium of EPSIG, 2016 [https://www.youtube.com/watch?v=0o1PXeFEcL0#t=624]&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;neurogenesis Amygdala [http://neurosciencenews.com/autism-amygdala-neurogenesis-8675]&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;https://doi.org/10.1073/pnas.1801912115&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Neuropsychologie ===<br /> [[Datei:Autism-stacking-cans 2nd edit.jpg|mini|hochkant|Auffällig oft wiederholtes Stapeln oder Aufreihen als möglicher Ausdruck von ''Überspezialisierung.'']]<br /> <br /> 2004 entdeckte eine Forschergruppe um [[Marcel Just]] und [[Nancy Minshew]] an der [[Carnegie Mellon University]] in [[Pittsburgh]] (USA) die Erscheinung der veränderten [[Konnektom|Konnektivität]] (großräumiger Informationsfluss, engl. ''connectivity'') im Gehirn bei den Gruppendaten von 17 Probanden aus dem Asperger-Bereich des Autismusspektrums. Funktionelle Gehirnscans ([[fMRI]]) zeigten im Vergleich zur Kontrollgruppe sowohl Bereiche erhöhter als auch Bereiche verminderter Aktivität sowie eine verminderte [[Synchronisation]] der Aktivitätsmuster verschiedener Gehirnbereiche. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse entwickelten die Autoren erstmals die Theorie der ''Unterkonnektivität'' ''(underconnectivity)'' für die Erklärung des Autismusspektrums.&lt;ref name=&quot;PMID15215213&quot;&gt;M. A. Just, V. L. Cherkassky, T. A. Keller, N. J. Minshew: ''Cortical activation and synchronization during sentence comprehension in high-functioning autism: evidence of underconnectivity.'' In: ''Brain: a journal of neurology.'' Band 127, Nummer 8, August 2004, S.&amp;nbsp;1811–1821, [[doi:10.1093/brain/awh199]], PMID 15215213 (freier Volltext).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die Ergebnisse wurden relativ schnell in weiteren Studien bestätigt, ausgebaut und präzisiert, und das Konzept der ''Unterkonnektivität'' wurde entsprechend fortentwickelt.&lt;ref name=&quot;PMID15652316&quot;&gt;H. Koshino, P. A. Carpenter, N. J. Minshew, V. L. Cherkassky, T. A. Keller, M. A. Just: ''Functional connectivity in an fMRI working memory task in high-functioning autism.'' In: ''NeuroImage.'' Band 24, Nummer 3, Februar 2005, S.&amp;nbsp;810–821, [[doi:10.1016/j.neuroimage.2004.09.028]], PMID 15652316.&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;PMID16772313&quot;&gt;M. A. Just, V. L. Cherkassky, T. A. Keller, R. K. Kana, N. J. Minshew: ''Functional and anatomical cortical underconnectivity in autism: evidence from an FMRI study of an executive function task and corpus callosum morphometry.'' In: ''Cerebral cortex (New York, N.Y.: 1991).'' Band 17, Nummer 4, April 2007, S.&amp;nbsp;951–961, [[doi:10.1093/cercor/bhl006]], PMID 16772313, {{PMC|4500121}}.&lt;/ref&gt; Bezüglich anderer Theorien wurde es nicht als Gegenmodell, sondern als übergreifendes Generalmodell präsentiert. In den folgenden Jahren nahm die Anzahl der Studien zur ''Konnektivität'' bei Autismusspektrum explosionsartig zu.<br /> <br /> Dabei wurde neben eher globaler ''Unterkonnektivität'' häufig auch eher lokale ''Überkonnektivität'' gefunden. Letztere wird allerdings – gestützt auf Kenntnisse der frühkindlichen Gehirnentwicklung bei Autismus – eher als Überspezialisierung und nicht als Steigerung der Effektivität verstanden. Um beide Erscheinungen zu berücksichtigen, wird das Konzept nun ''atypische Konnektivität'' genannt. Es zeichnet sich ab (Stand: Juli 2015), dass es sich als Konsensmodell in der Forschung etabliert.&lt;ref name=&quot;PMID21378114&quot;&gt;R. A. Müller, P. Shih, B. Keehn, J. R. Deyoe, K. M. Leyden, D. K. Shukla: ''Underconnected, but how? A survey of functional connectivity MRI studies in autism spectrum disorders.'' In: ''Cerebral cortex (New York, N.Y.: 1991).'' Band 21, Nummer 10, Oktober 2011, S.&amp;nbsp;2233–2243, [[doi:10.1093/cercor/bhq296]], PMID 21378114, {{PMC|3169656}} (Review).&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;PMID24496901&quot;&gt;J. O. Maximo, E. J. Cadena, R. K. Kana: ''The implications of brain connectivity in the neuropsychology of autism.'' In: ''Neuropsychology review.'' Band 24, Nummer 1, März 2014, S.&amp;nbsp;16–31, [[doi:10.1007/s11065-014-9250-0]], PMID 24496901, {{PMC|4059500}} (Review).&lt;/ref&gt; Dies gilt auch, wenn der Asperger-Bereich des Autismusspektrums für sich betrachtet wird.&lt;ref name=&quot;PMID15860339&quot;&gt;D. E. Welchew, C. Ashwin, K. Berkouk, R. Salvador, J. Suckling, [[Simon Baron-Cohen|S. Baron-Cohen]], E. Bullmore: ''Functional disconnectivity of the medial temporal lobe in Asperger’s syndrome.'' In: ''Biological psychiatry.'' Band 57, Nummer 9, Mai 2005, S.&amp;nbsp;991–998, [[doi:10.1016/j.biopsych.2005.01.028]], PMID 15860339.&lt;/ref&gt; Die beim Autismusspektrum vorliegende ''atypische Konnektivität'' wird verstanden als Ursache des hier beobachteten besonderen Verhaltens, wie etwa bei der Erfassung von Zusammenhängen zwischen Dingen, Personen, Gefühlen und Situationen.<br /> <br /> == Behandlung ==<br /> Nicht jede Diagnose des Asperger-Syndroms führt zur Einstufung als Krankheit, die beachtet oder gar behandelt werden sollte.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt; Auch gibt es derzeit (Stand 2017) keine kausal wirksame Therapie. Möglich ist eine [[symptomatische Therapie]], die sich auf [[Verhaltenstherapie|verhaltenstherapeutische]] Ansätze (zum Beispiel [[TEACCH]], [[Applied Behavior Analysis|ABA]]) und die Einübung sozialer Fertigkeiten stützt. Mit den Behandlungsgrundsätzen für Menschen mit Asperger haben sich insbesondere Klin und Volkmar beschäftigt.&lt;ref&gt;Ami Klin, Fred R. Volkmar: ''Treatment and intervention guidelines for individuals with Asperger Syndrome.'' In: Ami Klin, Fred R. Volkmar, Sara S. Sparrow (Hrsg.): ''Asperger Syndrome.'' New York, Guilford Press 2000, S.&amp;nbsp;340–366.&lt;/ref&gt; Zur Behandlung bei Erwachsenen liegt eine umfassende Übersicht von 2013 durch die Freiburger Autismus-Studiengruppe vor.&lt;ref&gt;Dieter Ebert, Thomas Fangmeier, Andrea Lichtblau, Julia Peters, Monica Biscaldi-Schäfer, [[Ludger Tebartz van Elst]]: ''Asperger-Autismus und hochfunktionaler Autismus bei Erwachsenen. Ein Therapiemanual der Freiburger Autismus-Studiengruppe.'' [[Hogrefe Verlag]], Göttingen 2013, ISBN 978-3-8409-2501-6.&lt;/ref&gt; Auch eine Anpassung der äußeren Umgebung an die Schwierigkeiten der Patienten kann sinnvoll sein.&lt;ref name=&quot;Remschmidt2007&quot; /&gt; <br /> <br /> Wenn Symptome wie ausgeprägte [[Hyperaktivität]] und Unruhe, aggressives Verhalten, [[Schlafstörung]]en oder [[Depression|depressive Verstimmungen]] hinzukommen, werden auch Medikamente eingesetzt.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt; In einer systematischen Übersichtsarbeit aus dem Jahre 2012 wurden 32 Studien analysiert, die die Effektivität von Behandlungen von Jugendlichen und von jungen Erwachsenen mit Autismus-Spektrum-Störungen untersuchten. Das Ergebnis war, dass keine der 32 Studien als gut qualifiziert werden könne und nur fünf davon noch als akzeptabel anzusehen seien.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Julie Lounds Taylor, Dwayne Dove, Jeremy Veenstra-VanderWeele, Nila A. Sathe, Melissa L. McPheeters |Titel=Interventions for Adolescents and Young Adults With Autism Spectrum Disorders |Reihe=AHRQ Comparative Effectiveness Reviews |Verlag=Agency for Healthcare Research and Quality (US) |Ort=Rockville MD |Datum=2012-01-01 |Online=http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK107275/ |PMID=23035276 |Abruf=2017-04-24}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Autismusrechtsbewegung ==<br /> In der [[Neurowissenschaften|neurowissenschaftlichen]] und medizinischen Forschung wird das Asperger-Syndrom als eine Abweichung in der Informationsverarbeitung des Gehirns beschrieben. Einen anderen Ansatz verfolgt zum Beispiel der britische Psychologe [[Tony Attwood]], der das Syndrom nicht als Abweichung, sondern als eine Normvariante der Informationsverarbeitung begreift. Attwood gesteht ein, dass Asperger-Autisten in einem sozialen Umfeld, dessen Verhaltensregeln sie nur schlecht folgen können, strukturell benachteiligt sind, betont jedoch, dass diese Normvariante des Gehirns eine volle Daseinsberechtigung habe.&lt;ref&gt;Carol Gray, Tony Attwood (1999): [http://www.aspiana.de/neben/Aspie.pdf ''Die Entdeckung von „Aspie“.''] (PDF; 29&amp;nbsp;kB); vgl. [http://www.parl.gc.ca/Content/SEN/Committee/391/soci/rep/repfinmar07-e.htm#_Toc162403096 ''Final Report on: The Enquiry on the Funding for the Treatment of Autism (2007): A. Definition of Autism''] Library of Parliament (Canada)&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;:3&quot; /&gt;<br /> <br /> Von Attwood stammt auch der Ausdruck „neurologisch typisch“ ([[neurotypisch]], NT) als Bezeichnung für Menschen, die nicht autistisch sind. Während „NT“s emotional gesteuert seien und durch Intuition lernen würden, seien Asperger-Autisten logisch gesteuert und würden durch Instruktion lernen. Hilfreicher als eine Diagnose und die Aufzeigung der Mängel eines Asperger-Autisten sei es, dessen Stärken und Talente zu identifizieren. Als Alternative zu klinisch klingenden Bezeichnungen, wie „Asperger-Patient“ oder „Asperger-Autist“, hat die US-amerikanische Pädagogin [[Liane Holliday Willey]] 1999 den Ausdruck „Aspie“ geprägt, eine (Selbst-) Bezeichnung, die vor allem die Fähigkeiten und Stärken von Menschen mit Asperger betonen soll.&lt;ref&gt;Liane Holliday Willey: [http://books.google.de/books?id=eWSqTIJ-6XwC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=Liane+Holliday+Willey&amp;cd=1#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Pretending to be Normal. Living with Asperger’s Syndrome''], 1999.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Manche Menschen mit Asperger sind heute organisiert und fordern –&amp;nbsp;unter anderem auf Veranstaltungen wie dem [[Autistic Pride Day]]&amp;nbsp;– die Entpathologisierung und die gesellschaftliche Anerkennung der autistischen Persönlichkeit. Der Kampfbegriff der Autismusrechtsbewegung –&amp;nbsp;„[[Neurodiversität]]“ (''neurodiversity'')&amp;nbsp;– bringt die Idee zum Ausdruck, dass eine untypische neurologische Entwicklung ein normaler menschlicher Unterschied sei, der ebenso Akzeptanz verdiene wie jede andere –&amp;nbsp;physiologische oder sonstige&amp;nbsp;– Variante des Menschseins.<br /> <br /> == Forschungseinrichtungen ==<br /> Zu den Einrichtungen, an denen Forschungsschwerpunkte für das Asperger-Syndrom bestehen, zählen das Center for Cognitive Brain Imaging an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh/USA (Marcel Just, Nancy Minshew),&lt;ref&gt;[http://www.ccbi.cmu.edu/publications.html Center for Cognitive Brain Imaging at Carnegie Mellon University], abgerufen am 31. Juli 2015.&lt;/ref&gt; das ''Yale Child Study Center'' der [[Yale University]] School of Medicine (Fred Volkmar),&lt;ref&gt;[http://childstudycenter.yale.edu/autism/ Yale Autism Program] abgerufen am 31. Juli 2015.&lt;/ref&gt; das Gillberg Neuropsychiatry Centre der [[Universität Göteborg]] (Christopher Gillberg, Carina Gillberg)&lt;ref&gt;[http://gillbergcentre.gu.se/english/research/gnc-studies Gillberg Neuropsychiatry Centre] abgerufen am 31. Juli 2015.&lt;/ref&gt; und das Universitäre Zentrum Autismus Spektrum (UZAS) in [[Freiburg im Breisgau|Freiburg]].&lt;ref&gt;[https://www.uniklinik-freiburg.de/psych/klinische-schwerpunkte/asperger-autismus/ziele-des-zentrums.html Universitäres Zentrum Autismus Spektrum (UZAS) – Freiburg] abgerufen am 1. August 2015.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Aktuelle Ergebnisse der internationalen Autismusforschung werden auf der seit 2007 jährlich stattfindenden ''Wissenschaftlichen Tagung Autismus-Spektrum'' (WTAS) vorgestellt. Diese Tagung ist mit Gründung der ''Wissenschaftlichen Gesellschaft Autismus-Spektrum'' (WGAS)&lt;ref&gt;[http://www.wgas-autismus.org/ Wissenschaftliche Gesellschaft Autismus-Spektrum (WGAS)] abgerufen am 9. Februar 2012.&lt;/ref&gt; 2008 auch deren wesentliches Organ.<br /> <br /> == Rechtssituation ==<br /> {{Hauptartikel|Autismus#Autismus und Behinderung|titel1=„Autismus und Behinderung“ im Artikel Autismus}}<br /> <br /> == Das AS als Thema in der Kunst ==<br /> Das Asperger-Syndrom wird häufig auch als Thema in Buch, Film und Videospielen verarbeitet, wie die nachfolgende Liste zeigt.<br /> <br /> === Belletristik ===<br /> * [[Marc Elsberg]]: ''ZERO – Sie wissen, was du tust.'' Blanvalet, 2014, ISBN 978-3-7645-0492-2.<br /> * [[Craig Lancaster]]: ''600 Hours of Edward.'' Riverbend Publishing, 2009, ISBN 978-1-60639-013-9.<br /> * Craig Lancaster: ''Edward Adrift.'' Lake Union Publishing, 2013, ISBN 978-1-61109-905-8; deutsch: ''Edward auf Reisen.'' AmazonCrossing, 2014, ISBN 978-1-4778-2168-8.<br /> * [[Kathy Lette]]: ''The Boy who Fell to Earth.'' Bantam Press, 2012, ISBN 978-0-593-06084-1.<br /> * [[Jodi Picoult]]: ''House Rules.'' Hodder, 2010, ISBN 978-0-340-97908-2; deutsch: ''In den Augen der anderen.'' Bastei Lübbe, August 2011, ISBN 978-3-431-03841-5. (Roman, in dem Asperger-Syndrom und seine Auswirkungen beschrieben werden.)<br /> * [[Graeme Simsion]]: ''The Rosie Project.'' Simon &amp; Schuster, 2013, ISBN 978-1-4767-2908-4; deutsch: ''Das Rosie-Projekt.'' Krüger-Verlag, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-8105-1951-1.<br /> * Graeme Simsion: ''The Rosie Effect: A Novel'' Michael Joseph Ltd, 2014, ISBN 978-0-7181-7948-9; deutsch: ''Der Rosie-Effekt: Noch verrückter nach ihr.'' Fischer Krüger, 2014, ISBN 978-3-8105-2258-0.<br /> <br /> === Jugendliteratur ===<br /> * [[Siobhan Dowd]]: ''The London Eye Mystery.'' David Fickling Books, 2007, ISBN 978-0-385-61266-1.<br /> * [[Mark Haddon]]: ''The Curious Incident of the Dog in the Night-Time.'' Vintage, 2003, ISBN 0-09-947043-8; deutsch: ''Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone.'' cbj, 2015, ISBN 978-3-570-40321-1.<br /> <br /> === Spielfilme/Serien ===<br /> * ''[[Boston Legal]]'' (US-Anwaltssatire, 2004–2009)<br /> * ''[[Mozart und der Wal]]'' (Regie: [[Petter Næss]], USA 2005)<br /> * ''[[Ben X]]'' (Belgien 2007)<br /> * ''[[Adam – Eine Geschichte über zwei Fremde. Einer etwas merkwürdiger als der Andere.]]'' (Max Mayer, Großbritannien 2009)<br /> * ''[[Der kalte Himmel]]'' (Zweiteiler, Deutschland 2010)<br /> * ''[[Im Weltraum gibt es keine Gefühle]]'' (Komödie produziert von der Svensk Filmindustri, Schweden 2010)<br /> * ''[[My Name Is Khan]]'' (Indien 2010)<br /> * ''[[Parenthood (Fernsehserie)|Parenthood]]'' (US-Familienserie, 2010–2015)<br /> * ''[[Extrem laut &amp; unglaublich nah]]'' (USA 2011)<br /> * ''[[Die Brücke – Transit in den Tod]]'' (mehrteiliger dänisch-schwedisch-deutscher Kriminalfilm, 2011)&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/die-bruecke-im-zdf-so-eine-umstaendliche-vorgehensweise-14067354.html |titel=So eine umständliche Vorgehensweise |autor= |hrsg= |werk=[[FAZ]] |datum=2016-02-14 |zugriff=2016-12-30}}&lt;/ref&gt;<br /> * ''[[Elementary (Fernsehserie)]]'' (US-Detektivserie 2012–2018)&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://autisticsherlockinelementary.tumblr.com/post/118736611949/cbs-elementarys-sherlock-autism-spectrum|titel=CBS Elementary’s Sherlock &amp; autism spectrum addressed|datum=2016|zugriff=2018-01-28|hrsg=http://autisticsherlockinelementary.tumblr.com|autor=Lucas Scheelk}}&lt;/ref&gt;<br /> * ''[[Birnenkuchen mit Lavendel]]'' (Frankreich 2015)<br /> <br /> === Trickfilme ===<br /> * ''[[Mary und Max]]'' (Animationsfilm von [[Adam Elliot]], Australien 2009)<br /> * ''[[South Park]]'' [[Liste der South-Park-Episoden#Staffel 15|Staffel 15 Nr. 8]] (Animationsserie, USA 2011) behandelt satirisch die unsichere [[Nosologie|nosologische]] Klassifikation des Asperger-Syndroms.<br /> <br /> === Videospiele ===<br /> * ''[[To the Moon]]'' (Adventure von [[Freebird Games]], 2011) – Die Partnerin des Protagonisten hat das Asperger-Syndrom.<br /> <br /> == Literatur ==<br /> === Forschungsliteratur ===<br /> * Hans Asperger: ''Das psychisch abnorme Kind.'' In: ''Wiener Klinische Wochenzeitschrift.'' Jg.&amp;nbsp;51, 1938, {{ISSN|0043-5325}}, S. 1314–1317.<br /> * [[Hans Asperger]]: ''Die „Autistischen Psychopathen“ im Kindesalter.'' In: ''Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten.'' Band 117, 1944, S.&amp;nbsp;73–136. [[doi: 10.1007/bf01837709]]. ([http://www.autismus-biberach.com/Asperger_Hans-_Autistischen_Psychopathen.pdf PDF-Datei], 197 KB, 64 Seiten, Stichwortsuche möglich)<br /> * [[Lorna Wing]]: ''Asperger’s syndrome: a clinical account.'' In: ''Psychological Medicine.'' Band 11, Nummer 1, Februar 1981, S.&amp;nbsp;115–129. PMID 7208735. (Wissenschaftliche Veröffentlichung, in der das Symptombild erstmals als „Asperger-Syndrom“ bezeichnet wird).<br /> * Ami Klin, Fred R. Volkmar, Sara S. Sparrow (Hrsg.): [http://books.google.de/books?id=ovvD0ZuH0GMC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=ami+klin#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Asperger Syndrome'']. Guilford, New York 2000, ISBN 1-57230-534-7.<br /> * [[Helmut Remschmidt]], Inge Kamp-Becker: ''Asperger-Syndrom.'' Verlag Springer, 2006, ISBN 3-540-20945-X.<br /> * {{Literatur<br /> |Autor=Mandy Roy u.&amp;nbsp;a.<br /> |Titel=Das Asperger-Syndrom im Erwachsenenalter<br /> |Sammelwerk=Dtsch Arztebl Int<br /> |Nummer=106(5)<br /> |Datum=2009<br /> |Seiten=59–64<br /> |Online=[http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&amp;id=63173 Artikel]}}<br /> * [[Ludger Tebartz van Elst]]: ''Das Asperger-Syndrom im Erwachsenenalter: und andere hochfunktionale Autismus-Spektrum-Störungen.'' MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsges., 2012, ISBN 978-3-941468-80-1.<br /> * {{Literatur<br /> |Autor=Timo Lorenz, Kathrin Heinitz<br /> |Titel=Aspergers – Different, Not Less: Occupational Strengths and Job Interests of Individuals with Asperger’s Syndrome<br /> |Verlag=[[PLOS ONE]]<br /> |Datum=2014-06-20<br /> |Kommentar=en<br /> |DOI=10.1371/journal.pone.0100358}}<br /> * Reinhard Krüger: ''homo significans: Der Mensch als Zeichenerzeuger. Förderung kommunikativer Kompetenz und die neurobiologischen Grundlagen des Lernens bei Menschen mit ASS.'' In: ''unterstützte kommunikation &amp; forschung.'' Band 1: ''Hirnforschung und Autismusspektrumsstörung.'' Von Loeper, Karlsruhe 2011, S. 4–20.<br /> <br /> === Einführungs- und Ratgeberliteratur ===<br /> * Dieter Ebert, Thomas Fangmeier, Andrea Lichtblau, Julia Peters, Monica Biscaldi-Schäfer, [[Ludger Tebartz van Elst]]: ''Asperger-Autismus und hochfunktionaler Autismus bei Erwachsenen. Ein Therapiemanual der Freiburger Autismus-Studiengruppe.'' [[Hogrefe Verlag]], Göttingen 2013, ISBN 978-3-8409-2501-6.<br /> * Valerie L. Gaus: ''Cognitive-Behavioral Therapy for Adult Asperger Syndrome (Guides to Individual Evidence Base Treatment).'' Guilford, New York 2007, ISBN 978-1-59385-497-3 (für Therapeuten geschrieben, aber allgemeinverständlich).<br /> * Isabelle Hénault: ''Asperger’s Syndrome and Sexuality.'' Jessica Kingsley Publishers, London 2006, ISBN 1-84310-189-0.<br /> * Ole Sylvester Jørgensen: ''Asperger. Syndrom zwischen Autismus und Normalität. Diagnostik und Heilungschancen.'' Beltz, Weinheim / Basel 2002, ISBN 3-407-22112-6.<br /> * Dinah Murray: ''Coming out Asperger.'' Jessica Kingsley Publishers, London 2006, ISBN 1-84310-240-4.<br /> * [[Christine Preißmann]]: ''Psychotherapie und Beratung bei Menschen mit Asperger-Syndrom. Konzepte für eine erfolgreiche Behandlung aus Betroffenen- und Therapeutensicht.'' 2., vollst. überarbeitete und erweiterte Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-17-020757-8.<br /> * [http://autismus-mfr.de/wp-content/uploads/2016/01/asperger.pdf ''Asperger-Autisten verstehen lernen. Eine Handreichung (nicht nur) für Pädagoginnen und Pädagogen, … mit praxiserprobten Lösungsansätzen.''] (PDF) Regionalverband Mittelfranken Hilfe für das autistische Kind, Emskirchen 2004/2010.<br /> * Daniel Tibi: [[:Datei:Kurzinfo-as 20060522.pdf|''Wie macht sich das Asperger-Syndrom bemerkbar? Eine Kurzinformation.'']] (PDF; 680 kB) Aspergia, Kiel 2005.<br /> * Kai Vogeley: ''Anders sein. Asperger-Syndrom und Hochfunktionaler Autismus im Erwachsenenalter – Ein Ratgeber.'' Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27933-8.<br /> * [[Christine Preißmann]]: ''Überraschend anders – Mädchen &amp; Frauen mit Asperger.'' Trias, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-8304-6819-6 ([http://books.google.de/books?id=gEy24PeSecoC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=M%C3%A4dchen+%26+Frauen++Asperger&amp;hl=de&amp;sa=X&amp;ei=8-vuUdffHoTZPPK7gPAJ&amp;ved=0CDgQ6AEwAQ#v=onepage&amp;q=M%C3%A4dchen%20%26%20Frauen%20%20Asperger&amp;f=false Inhaltsverzeichnis einsehbar bei Google-Books]).<br /> * Verschiedene Autoren, online lesbar bei ''[[WikiBooks]]: [[b:en:Autistic Survival Guide|Autistic Survival Guide]]'' (englisch, frühe [http://www.autismusundcomputer.de/marc2.de.html deutschsprachige Übersetzung]).<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Asperger syndrome|Asperger-Syndrom}}<br /> {{Wiktionary}}<br /> <br /> * Christine Preißmann: [http://www.einzigartig-eigenartig.de/content/files/Dr.%20Preismann_Handout_Walsrode_2010.pdf ''Mein Leben mit dem Asperger-Syndrom.''] (PDF; 100&amp;nbsp;kB). Vortrags-Skript, 9. April 2010.<br /> * Eva Völker: [http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/2275994/ ''Besondere Talente – Asperger-Autisten erfolgreich im Beruf.''] [[dradio]] hintergrund, 5. Oktober 2013.<br /> * [http://www.planet-wissen.de/video-planet-wissen-ein-autist-sucht-die-liebe-100.html ''Ein Autist sucht die Liebe.''] [[Planet Wissen]], [[Westdeutscher Rundfunk Köln|WDR]], Sendung vom 1. April 2014.<br /> * [http://asperger-autismus.ch/asperger_symptome/soziale-probleme/ Asperger-Symptome:Soziale Probleme] bei asperger-autismus.ch<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references responsive /&gt;<br /> <br /> {{Gesundheitshinweis}}<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4296005-8}}<br /> <br /> [[Kategorie:Asperger-Syndrom| ]]<br /> [[Kategorie:Autismus]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Asperger-Syndrom&diff=177130900 Asperger-Syndrom 2018-05-04T08:07:27Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>{{Infobox ICD<br /> | 01-CODE = F84.5<br /> | 01-BEZEICHNUNG = Asperger Syndrom<br /> }}<br /> [[Datei:Riboflavin penicillinamide.jpg|mini|Menschen mit Asperger-Syndrom entwickeln oft Spezialinteressen; dieser Junge beschäftigt sich mit [[Molekülstruktur]]en.]]<br /> <br /> Das '''Asperger-Syndrom (AS)''' ist eine Variante des [[Autismus]] und wird zu den [[Tiefgreifende Entwicklungsstörung|tiefgreifenden Entwicklungsstörungen]] gerechnet. Merkmale sind einerseits Schwächen in der [[soziale Interaktion|sozialen Interaktion]] sowie [[Kommunikation]] und andererseits [[Stereotypie (Medizin)|stereotypes]] Verhalten mit eingeschränkten Interessen. Wie alle Autismusstörungen gilt das AS als angeboren, nicht heilbar und macht sich etwa vom vierten Lebensjahr an bemerkbar.<br /> <br /> Beeinträchtigt ist vor allem die Fähigkeit, nichtsprachliche Signale ([[Gestik]], [[Mimik]], [[Blickkontakt]]) bei anderen Personen zu erkennen, diese auszuwerten (zu [[Mentalisierung|mentalisieren]]) oder selbst auszusenden. Das Kontakt- und Kommunikationsverhalten von Personen mit Asperger-Autismus kann dadurch merkwürdig und ungeschickt erscheinen. Da ihre [[Intelligenz]] in den meisten Fällen normal ausgeprägt ist, werden sie von ihrer Umwelt leicht als wunderlich wahrgenommen. Gelegentlich fällt das Asperger-Syndrom mit einer [[Hochbegabung|Hoch-]] oder [[Inselbegabung]] zusammen.&lt;ref name=&quot;Roy&quot;&gt;{{Literatur |Autor=Mandy Roy et al. |Titel=Das Asperger-Syndrom im Erwachsenenalter |Sammelwerk=Deutsches Ärzteblatt |Band= |Nummer=106(5) |Datum=2009 |Seiten=59–64 |Online=[http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&amp;id=63173 Deutscher Artikel] |DOI=10.3238/arztebl.2009.0059 |PMC=2695286}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Das Asperger-Syndrom ist nicht nur mit Beeinträchtigungen, sondern oft auch mit Stärken verbunden, etwa in den Bereichen der Wahrnehmung, der [[Selbstbeobachtung]], der Aufmerksamkeit oder der Gedächtnisleistung. Ob es als [[Krankheit]] oder als eine [[Normvariante]] der menschlichen Informationsverarbeitung eingestuft werden sollte, wird von Wissenschaftlern und Ärzten sowie von Asperger-Autisten und deren Angehörigen uneinheitlich beantwortet. Uneinig ist sich die Forschergemeinschaft auch darüber, ob man im Asperger-Syndrom ein qualitativ eigenständiges Störungsbild oder eine abgeschwächte Variante des [[Frühkindlicher Autismus|frühkindlichen Autismus]] sehen sollte.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=[[Ludger Tebartz van Elst]] |Titel=Autismus und ADHS: Zwischen Normvariante, Persönlichkeitsstörung und neuropsychiatrischer Krankheit |Auflage=1 |Verlag=Kohlhammer Verlag |Datum=2016 |ISBN=978-3-17-028687-0}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im [[Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders|DSM-5]] und dem Entwurf für die ICD-11 (Neufassung der [[Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme|ICD]]) wurde die Klassifikation von Autismus deutlich geändert. Denn dort gab man die traditionellen Subtypen (wie z.&amp;nbsp;B. ''frühkindlichen Autismus,'' ''[[Atypischer Autismus|atypischen Autismus]]'' oder das ''Asperger-Syndrom'') ganz auf und fasst nun alle Erscheinungsformen in einem allgemeinen ''Spektrum autistischer Erkrankungen'' (''autism spectrum disorders, ASS'') zusammen. Grund hierfür war die zunehmende Erkenntnis in der Wissenschaft, dass eine klare Abgrenzung von Subtypen (noch) nicht möglich ist – und man stattdessen von einem fließenden Übergang zwischen milden und stärkeren Autismusformen ausgehen sollte.&lt;ref&gt;''Leitlinie zu Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter, Teil 1: Diagnostik''. [http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/028-018l_S3_Autismus-Spektrum-Stoerungen_ASS-Diagnostik_2016-05.pdf Langfassung S. 14&amp;nbsp;f.]. Siehe unter ''A.2.2 Klassifikation von Autismus-Spektrum-Störungen'' und ''A.2.3 Autismus-Spektrum-Störungen als dimensionale Störung''. Stand 2016, [[Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften]].&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;PMID24329180&quot;&gt;F. R. Volkmar, J. C. McPartland: ''From Kanner to DSM-5: autism as an evolving diagnostic concept.'' In: ''Annual review of clinical psychology.'' Band 10, 2014, S.&amp;nbsp;193–212, [[doi:10.1146/annurev-clinpsy-032813-153710]], PMID 24329180 (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Entdeckung des Asperger-Syndroms ==<br /> Das Asperger-Syndrom ist in der [[Psychiatrie]] ab Mitte der 1920er Jahre diskutiert worden. Die älteste Darstellung stammt von der russischen Kinderpsychiaterin [[Grunja Jefimowna Sucharewa|Grunja Sucharewa]], die dafür 1926 den Ausdruck „schizoide Psychopathie“ verwendete. Der österreichische Kinderarzt [[Hans Asperger]] bezeichnete es in seiner 1943 eingereichten [[Habilitation]]sschrift als „autistische Psychopathie“.&lt;ref name=&quot;:1&quot;&gt;{{Literatur |Autor=[[Hans Asperger]] |Titel=Die „Autistischen Psychopathen“ im Kindesalter |Hrsg= |Sammelwerk=Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten |Band=117 |Nummer=1 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=1944 |Kommentar=64 Seiten, Stichwortsuche möglich. |Seiten=76–136 |ISBN= |DOI=10.1007/bf01837709 |Online=http://www.autismus-biberach.com/Asperger_Hans-_Autistischen_Psychopathen.pdf |Abruf=2017-12-14}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Aspergers Schrift erschien damals fast gleichzeitig mit [[Leo Kanner]]s grundlegendem Aufsatz über den frühkindlichen Autismus (1943). Man nimmt an, dass beide Autoren zunächst nichts über die Arbeit des jeweils anderen wussten.&lt;ref&gt;Christian Schanze (Hrsg.): ''Psychiatrische Diagnostik und Therapie bei Menschen mit Intelligenzminderung: ein Arbeits- und Praxisbuch für Ärzte, Psychologen, Heilerziehungspfleger und -pädagogen.'' 2. überarb. und erw. Auflage. Schattauer, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-7945-2951-3, S. 259.&lt;/ref&gt; Kanners in den USA veröffentlichte Arbeit fand sofort internationale Beachtung; der Aufsatz des Österreichers Asperger wurde damals – mitten im Zweiten Weltkrieg – außerhalb der deutschsprachigen wissenschaftlichen Gemeinschaft kaum bekannt. Auch ein 1962 von zwei niederländischen Autoren veröffentlichter Aufsatz, in dem eine Unterscheidung zwischen der „autistischen Psychopathie“ Aspergers und dem Kanner-Autismus versucht wurde,&lt;ref name=&quot;PMID14459626&quot;&gt;D. van Krewelen, C. Kuipers: ''The psychopathology of autistic psychopathy.'' In: ''Acta paedopsychiatrica.'' Band 29, Januar 1962, S.&amp;nbsp;22–31. PMID 14459626.&lt;/ref&gt; fand zunächst wenig Resonanz.<br /> <br /> Von der internationalen Forschungsgemeinschaft wurde das Asperger-Syndrom erst nach 1981 beachtet, als die britische Psychiaterin [[Lorna Wing]] Aspergers Arbeit fortsetzte und die Abweichung, die bis dahin als [[Psychopathie]] galt, als Teilbereich des Autismusspektrum nach Hans Asperger benannte.&lt;ref&gt;[[Lorna Wing]]: ''Asperger’s syndrome: a clinical account.'' In: ''Psychological Medicine.'' Band 11, Nummer 1, Februar 1981, S.&amp;nbsp;115–129. PMID 7208735.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In den späten 1980er Jahren wurden dann von verschiedenen Seiten Diagnosekriterien formuliert,&lt;ref name=&quot;PMID3047159&quot;&gt;D. Tantam: ''Asperger’s syndrome.'' In: ''Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines.'' Band 29, Nummer 3, Mai 1988, S.&amp;nbsp;245–255. PMID 3047159 (Review).&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;PMID2670981&quot;&gt;I. C. Gillberg, C. Gillberg: ''Asperger syndrome–some epidemiological considerations: a research note.'' In: ''Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines.'' Band 30, Nummer 4, Juli 1989, S.&amp;nbsp;631–638. PMID 2670981 (Review).&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;PMID2766209&quot;&gt;P. Szatmari, R. Bremner, J. Nagy: ''Asperger’s syndrome: a review of clinical features.'' In: ''Canadian journal of psychiatry. Revue canadienne de psychiatrie.'' Band 34, Nummer 6, August 1989, S.&amp;nbsp;554–560. PMID 2766209.&lt;/ref&gt; die sich zum Teil erheblich voneinander unterschieden.&lt;ref name=&quot;PMID1483981&quot;&gt;M. Ghaziuddin, L. Y. Tsai, N. Ghaziuddin: ''Brief report: a comparison of the diagnostic criteria for Asperger syndrome.'' In: ''Journal of autism and developmental disorders.'' Band 22, Nummer 4, Dezember 1992, S.&amp;nbsp;643–649. PMID 1483981.&lt;/ref&gt; Im Jahre 1992 wurde das Asperger-Syndrom in das medizinische Klassifikationssystem [[Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme|ICD]] der [[Weltgesundheitsorganisation]] aufgenommen. Im [[Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders]] (DSM), dem Klassifikationssystem der [[American Psychiatric Association]], war es von 1994–2013 enthalten.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot;&gt;Helmut Remschmidt: [http://www.aerzteblatt.de/pdf/97/19/a1296.pdf ''Das Asperger-Syndrom. Eine zu wenig bekannte Störung?''] (PDF) In: Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 19, 12. Mai 2000.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Daniel Tibi: [[:Datei:Kurzinfo-as 20060522.pdf|''Wie macht sich das Asperger-Syndrom bemerkbar? Eine Kurzinformation'']] (PDF)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Verwandte Bezeichnungen ==<br /> Im englischsprachigen Raum wurde beim frühkindlichen Autismus oft zwischen verschiedenen Formen unterschieden. Eine davon war der sogenannte '''Hochfunktionale Autismus''' (HFA).&lt;ref&gt;Geprägt wurde der Ausdruck 1971 von einem US-amerikanischen Forscherteam: M. K. DeMyer, D. W. Churchill, W. Pontius, K. M. Gilkey: ''A comparison of five diagnostic systems for childhood schizophrenia and infantile autism.'' In: ''Journal of autism and childhood schizophrenia.'' Band 1, Nummer 2, 1971 Apr-Jun, S.&amp;nbsp;175–189. PMID 5172391. Reviewed in: M. K. DeMyer, J. N. Hingtgen, R. K. Jackson: ''Infantile autism reviewed: a decade of research.'' In: ''Schizophrenia bulletin.'' Band 7, Nummer 3, 1981, S.&amp;nbsp;388–451. PMID 6116276, (freier Volltext) (Review).&lt;/ref&gt; Eine Studie des ''Yale Child Study Center'' schlug 1995 vor, dass es berechtigt sein könnte, zwischen [[Autismus#Hochfunktionaler Autismus|Hochfunktionalem Autismus]] und Asperger-Syndrom zu unterscheiden.&lt;ref name=&quot;PMID8847376&quot;&gt;Ami Klin et al. (1995): ''Validity and neuropsychological characterization of Asperger syndrome: convergence with nonverbal learning disabilities syndrome.'' In: ''Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines.'' Band 36, Nummer 7, S.&amp;nbsp;1127–1140. PMID 8847376.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Spätere [[Metaanalyse]]n zeigten jedoch, dass die [[empirisch]]en Daten eine solche Unterscheidung nicht rechtfertigten.&lt;ref name=&quot;PMID15055363&quot;&gt;K. E. Macintosh, C. Dissanayake: ''Annotation: The similarities and differences between autistic disorder and Asperger’s disorder: a review of the empirical evidence.'' In: ''Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines.'' Band 45, Nummer 3, März 2004, S.&amp;nbsp;421–434. PMID 15055363 (Review).&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;PMID18327636&quot;&gt;A. N. Witwer, L. Lecavalier: ''Examining the validity of autism spectrum disorder subtypes.'' In: ''Journal of autism and developmental disorders.'' Band 38, Nummer 9, Oktober 2008, S.&amp;nbsp;1611–1624, [[doi:10.1007/s10803-008-0541-2]], PMID 18327636 (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> [[Lorna Wing]] hatte bereits 1991 vorgeschlagen, Autismus als übergangslose Gesamtheit ([[Ganzheit|Kontinuum]]) unterschiedlich schwerer Störungen zu beschreiben, in dem HFA und Asperger-Syndrom milde Ausprägungsformen bilden. Viele Autoren sprechen heute darum von den „'''Autismus-Spektrums-Störungen'''“ (ASS).&lt;ref&gt;Lorna Wing: ''The Relationship Between Asperger’s Syndrome and Kanner’s Autism.'' In: U. Frith (Hrsg.): ''[http://books.google.de/books?id=HoRX8s8V8WYC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=Autism+and+Asperger+Syndrome&amp;cd=1#v=onepage&amp;q=&amp;f=false Autism and Asperger Syndrome].'' Cambridge University Press, Cambridge 1991, S.&amp;nbsp;93–121.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Zum Beispiel Brenda Smith Myles, Terry Cooper Swanson, Jeanne Holverstott, Megan Moore Duncan (Hrsg.): ''[http://books.google.de/books?id=pAKHcqdW0PcC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=autism+spectrum+disorders&amp;cd=3#v=onepage&amp;q=&amp;f=false Autism Spectrum Disorders: A Handbook for Parents and Professionals].'' 2003; Chantal Sicile-Kira: [http://books.google.de/books?id=1TR6XFQymbgC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=sicile-kira&amp;cd=1#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Autism Spectrum Disorders: The Complete Guide to Understanding Autism, Asperger’s Syndrome, Pervasive Developmental Disorder, and Other ASDs''], 2004.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Da das Autismusspektrum beim Asperger-Syndrom nicht endet, sondern sich weit in die Normalität hinein erstreckt – zum Beispiel bis in die „ganz normale“ [[Schüchternheit]] oder [[Eigenbrötler]]ei – wurde für Erscheinungsbilder mit schwach ausgeprägten autistischen Persönlichkeitsmerkmalen und Verhaltensweisen der Begriff ''Broader Autism Phenotype'' (BAP) geprägt.&lt;ref name=&quot;PMID26068453&quot;&gt;E. Pisula, K. Ziegart-Sadowska: ''Broader Autism Phenotype in Siblings of Children with ASD–A Review.'' In: ''International journal of molecular sciences.'' Band 16, Nummer 6, 2015, S.&amp;nbsp;13217–13258, [[doi:10.3390/ijms160613217]], PMID 26068453, {{PMC|4490493}} (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Häufigkeit ==<br /> Die Häufigkeit ([[Prävalenz]]) des Asperger-Syndroms im Kindesalter variiert je nach den zugrunde gelegten Diagnosekriterien. In einer Untersuchung von 2007 bei 4422 achtjährigen Kindern in Finnland&lt;ref name=&quot;PMID17450055&quot;&gt;M. L. Mattila, M. Kielinen, K. Jussila, S. L. Linna, R. Bloigu, H. Ebeling, I. Moilanen: ''An epidemiological and diagnostic study of Asperger syndrome according to four sets of diagnostic criteria.'' In: ''Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry.'' Band 46, Nummer 5, Mai 2007, S.&amp;nbsp;636–646, [[doi:10.1097/chi.0b013e318033ff42]], PMID 17450055.&lt;/ref&gt; waren die Prozentanteile 0,25 (nach DSM-IV), 0,29 (nach ICD-10), 0,27 (nach den Gillberg-Kriterien)&lt;ref name=&quot;PMID2670981&quot;&gt;I. C. Gillberg, C. Gillberg: ''Asperger syndrome–some epidemiological considerations: a research note.'' In: ''Journal of child psychology and psychiatry, and allied disciplines.'' Band 30, Nummer 4, Juli 1989, S.&amp;nbsp;631–638. PMID 2670981 (Review).&lt;/ref&gt; und 0,16 nach den Szatmari-Kriterien.&lt;ref name=&quot;PMID2766209&quot;&gt;P. Szatmari, R. Bremner, J. Nagy: ''Asperger’s syndrome: a review of clinical features.'' In: ''Canadian journal of psychiatry. Revue canadienne de psychiatrie.'' Band 34, Nummer 6, August 1989, S.&amp;nbsp;554–560. PMID 2766209.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Das Verhältnis der betroffenen Jungen und Mädchen in der finnischen Studie betrug 0,8:1 nach DSM-IV und 2:1 nach den Gillberg-Kriterien.&lt;ref name=&quot;PMID17450055&quot;&gt;M. L. Mattila, M. Kielinen, K. Jussila, S. L. Linna, R. Bloigu, H. Ebeling, I. Moilanen: ''An epidemiological and diagnostic study of Asperger syndrome according to four sets of diagnostic criteria.'' In: ''Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry.'' Band 46, Nummer 5, Mai 2007, S.&amp;nbsp;636–646, [[doi:10.1097/chi.0b013e318033ff42]], PMID 17450055.&lt;/ref&gt; Bezüglich des gesamten Autismusspektrums zeigte eine Übersicht von 2015, dass die Zahlen zur Geschlechterverteilung wegen methodischer Schwierigkeiten stark variierten. Das Verhältnis männlich-weiblich betrage jedoch mindestens 2:1 bis 3:1, was auf einen biologischen Faktor in dieser Frage hindeute.&lt;ref name=&quot;PMID26075049&quot;&gt;A. K. Halladay, S. Bishop, J. N. Constantino, A. M. Daniels, K. Koenig, K. Palmer, D. Messinger, K. Pelphrey, S. J. Sanders, A. T. Singer, J. L. Taylor, P. Szatmari: ''Sex and gender differences in autism spectrum disorder: summarizing evidence gaps and identifying emerging areas of priority.'' In: ''Molecular autism.'' Band 6:36, Juni 2015, electronic prepublication, [[doi:10.1186/s13229-015-0019-y]], PMID 26075049, {{PMC|4465158}} (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Repräsentative Untersuchungen zur Häufigkeit des Asperger-Syndroms im Erwachsenenalter liegen (Stand: 2009) noch nicht vor.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt; Die autistischen Merkmale neigen jedoch dazu, bis ins Erwachsenenalter fortzubestehen.&lt;ref name=&quot;:13&quot;&gt;{{Literatur |Autor=Fritz-Georg Lehnhardt, Astrid Gawronski et al. |Titel=Diagnostik und Differenzialdiagnose des Asperger-Syndroms im Erwachsenenalter |Hrsg= |Sammelwerk=Deutsches Ärzteblatt International |Band=110 |Nummer=45 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2013 |Seiten=755–763 |ISBN= |DOI=10.3238/arztebl.2013.0755 |Online=https://www.aerzteblatt.de/pdf/110/45/m755.pdf}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Diagnosekriterien ==<br /> === DSM-IV bis 2013 ===<br /> Im [[Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders|DSM-IV]] der [[American Psychiatric Association]] (herausgegeben 2000) werden folgende Kriterien genannt:<br /> * qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion<br /> : ''(mindestens zwei der folgenden Merkmale):''<br /> :# merkliche Beeinträchtigung mehrerer nicht-verbaler Verhaltensweisen, die die soziale Interaktion steuern, wie Blickkontakt, Gesichtsausdruck, Körperhaltung und Gesten<br /> :# Beziehungen zu Gleichaltrigen werden nicht oder nicht dem Entwicklungsstand entsprechend entwickelt<br /> :# Mangel an spontaner Hinwendung zu anderen, um mit diesen Freude, Interessen oder Stolz über eine Leistung zu teilen (betroffene Kinder neigen zum Beispiel nicht dazu, Dinge, die sie interessieren, anderen Menschen zu zeigen)<br /> :# Mangel an sozialer oder emotionaler Gegenseitigkeit<br /> * beschränkte repetitive und stereotype Verhaltens-, Interessen- und Aktivitätenmuster<br /> : ''(mindestens eines der folgenden Merkmale):''<br /> :# umfassende Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen und beschränkten Interessenmustern, die entweder hinsichtlich der Intensität oder hinsichtlich des Gegenstandes anormal sind<br /> :# offensichtlich starres Festhalten an bestimmten nicht-funktionalen Routinen oder Ritualen<br /> :# stereotype und repetitive motorische Angewohnheiten (zum Beispiel Hand- oder Fingerbewegungen oder komplexe Bewegungen des ganzen Körpers)<br /> :# beharrliche Beschäftigung mit Objektteilen<br /> * Die Störung verursacht eine klinisch signifikante Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Bereichen.<br /> * keine klinisch bedeutsame allgemeine Sprachverzögerung (zum Beispiel Gebrauch einzelner Wörter im zweiten Lebensjahr, kommunikative Sätze im dritten Lebensjahr)<br /> * keine klinisch bedeutsame Verzögerung der Entwicklung der Kognition, der praktischen Fähigkeiten (''self-help skills'') und des Anpassungsverhaltens (außer soziale Interaktion), sowie – in der Kindheit – Neugier auf die Umgebung<br /> * Die Störung erfüllt nicht die Kriterien einer anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörung oder von [[Schizophrenie]].<br /> <br /> === DSM-5 ===<br /> Im [[DSM-5]] (2013) wurde die Kategorie „Asperger-Syndrom“ als Einzelstörung entfernt. Sie zählt zusammen mit den Störungsbildern des Autismus, der desintegrativen Störung des Kindesalters (''childhood disintegrative disorder'') und anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (''pervasive developmental disorder'', not otherwise specified) in das ''Spektrum autistischer Störungen (autism spectrum disorders).''&lt;ref name=&quot;DOI10.1159/000356537&quot;&gt;Anna M. Ehret, Matthias Berking: ''DSM-IV und DSM-5: Was hat sich tatsächlich verändert?'' In: ''Verhaltenstherapie.'' 23, 2013, S.&amp;nbsp;258–266, [[doi:10.1159/000356537]], (freier Volltext).&lt;/ref&gt; <br /> <br /> Die Begründung hierfür lautete, die Forscher gingen neuerdings davon aus, dass es sich weniger um unterschiedliche Erkrankungen handele als um eine übergangslose Gesamtheit (Kontinuum) von sehr milden bis schweren Verlaufsformen einer Entwicklungsstörung, die bereits in der frühen Kindheit beginne. Bei den Symptomen wird unterschieden zwischen Defiziten in zwei Kategorien: Gestört ist erstens die soziale Interaktion und Kommunikation (zum Beispiel Blickkontakte, Fähigkeit zur Konversation oder Aufbau von Beziehungen sind schwach ausgeprägt). Zweitens sind repetitive Verhaltensweisen und fixierte Interessen und Verhaltensweisen Merkmale autistischer Störungen.&lt;ref&gt;[https://www.autismspeaks.org/what-autism/diagnosis/dsm-5-diagnostic-criteria DSM-5 Autism Spectrum Disorder, 299.00 (F84.0), Diagnostic Criteria], abgerufen am 11. August 2015.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === ICD-10 ===<br /> In der [[Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme|ICD]] der Weltgesundheitsorganisation, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz primär zur Krankheitsklassifikation angewendet wird, werden folgende Kriterien genannt:&lt;ref name=&quot;F84.5&quot;&gt;[https://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/kodesuche/onlinefassungen/htmlgm2015/block-f80-f89.htm#F84.5 ''F84.5 Asperger-Syndrom.''] ICD-10-GM 2015 auf der [[Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information|DIMDI]]-Website, abgerufen am 4. August 2015.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ''Generelle Kriterien für Entwicklungsstörungen (F80–F89)''<br /> * „Beginn ausnahmslos im [[Kleinkind]]alter oder in der [[Kindheit]]“<br /> * „eine Entwicklungseinschränkung oder -verzögerung von Funktionen, die eng mit der biologischen Reifung des [[Zentralnervensystem]]s verknüpft sind“<br /> * „stetiger Verlauf ohne [[Remission (Medizin)|Remissionen]] und [[Rezidiv]]e“<br /> ''Kriterien nach F84.5 – Asperger-Syndrom''<br /> * qualitative Abweichungen der wechselseitigen sozialen Interaktionen (wie beim [[Autismus]])<br /> * ein eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten<br /> * keine allgemeine Entwicklungsverzögerung (anders als beim Autismus)<br /> * kein Entwicklungsrückstand der Sprache und kognitiven Entwicklung (anders als beim Autismus)<br /> In der seit 1. Januar 2015 gültigen deutschen Fassung ICD 10-GM 2015 ''(Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme 10. Revision German Modification Version 2015)''&lt;ref&gt;[https://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/ ''ICD-10-GM.''] DIMDI-Website, abgerufen am 4. August 2015.&lt;/ref&gt; wurde seit der Herausgabe des DSM-5 noch keine Veränderung bezüglich der Kategorisierung autistischer Störungen vorgenommen, das Asperger-Syndrom ist weiterhin unter der Klassifizierung F84.5&lt;ref name=&quot;F84.5&quot; /&gt; zu finden.<br /> <br /> === ICD-11 (Entwurf) ===<br /> Im Entwurf für die Neufassung der ICD (ICD-11) ist das Asperger-Syndrom wie im DSM-5 keine eigenständige Diagnose mehr, sondern Teil des Autismusspektrums (Stand: März 2017).<br /> * 7A20 Spektrum autistischer Störungen (Autism spectrum disorder)<br /> ** 7A20.1 Spektrum autistischer Störungen ohne Störung der intellektuellen Entwicklung und milde oder keine Beeinträchtigung funktioneller Sprache (Autism spectrum disorder without disorder of intellectual development and mild or no impairment of functional language)<br /> ** 7A20.2 Spektrum autistischer Störungen mit Störung der intellektuellen Entwicklung (Autism spectrum disorder with disorder of intellectual development)<br /> ** 7A20.3 Spektrum autistischer Störungen mit Beeinträchtigung funktioneller Sprache (Autism spectrum disorder with impairment of functional language)<br /> ** 7A20.4 Spektrum autistischer Störungen mit sowohl Störung der intellektuellen Entwicklung als auch Beeinträchtigung funktioneller Sprache (Autism spectrum disorder with both disorder of intellectual development and impairment of functional language)&lt;ref&gt;[https://icd.who.int/dev11/l-m/en#/http%3a%2f%2fid.who.int%2ficd%2fentity%2f437815624 Vorläufige Klassifikation im ICD-11 (Beta Draft)] (Stand Dez. 2017).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Gillberg-Kriterien ===<br /> Vor dem Erscheinen der beiden heute gängigen Klassifikationssysteme DSM und ICD veröffentlichten verschiedene Autoren eigene Diagnosekriterien, und es gab 2008 die Auffassung, dass die DSM- und ICD-Kriterien „aufgrund der [in ihnen enthaltenen] Forderung nach unauffälliger frühkindlicher Entwicklung bzw. des Fehlens kommunikativer oder motorischer Besonderheiten angezweifelt“ wurden und daher vielfach „kaum durchgängig Anwendung“ fanden.&lt;ref&gt;Kathrin Hippler, Christian Klicpera: ''Das Asperger Syndrom.'' In: Barbara Gasteiger-Klicpera u.&amp;nbsp;a. (Hrsg.): ''Sonderpädagogik der sozialen und emotionalen Entwicklung'' (= ''Handbuch der Sonderpädagogik.'' Band 3). Hogrefe, Göttingen 2008, ISBN 978-3-8017-1707-0, S. 325–352, hier S.&amp;nbsp;332.&lt;/ref&gt; Der schwedische Professor der Kinder- und Jugendpsychiatrie [[Christopher Gillberg]] veröffentlichte zusammen mit seiner Frau Carina Gillberg 1989 die unten folgenden diagnostischen Kriterien.<br /> Der britische Psychologe [[Tony Attwood]] äußerte 1998, dass es „Ansichtssache“ sei, welche Kriterien man anwende. Er selbst bevorzuge die der Gillbergs.&lt;ref&gt;[[Tony Attwood]]: ''Asperger-Syndrom. Das erfolgreiche Praxis-Handbuch für Eltern und Therapeuten.'' Englische Originalausgabe 1998, auf Deutsch: 3. Auflage. Thieme, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-8304-6596-6, S. 22f und 219ff.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ; Soziale Beeinträchtigung<br /> : ''(mindestens zwei der folgenden Merkmale):''<br /> :# Unfähigkeit, mit Gleichaltrigen zu interagieren<br /> :# mangelnder Wunsch, mit Gleichaltrigen zu interagieren<br /> :# mangelndes Verständnis für soziale Signale<br /> :# sozial und emotional unangemessenes Verhalten<br /> <br /> ; Eingegrenzte Interessen<br /> : ''(mindestens eines der folgenden Merkmale):''<br /> :# Ausschluss anderer Aktivitäten<br /> :# repetitives Befolgen der Aktivität<br /> :# mehr Routine als Bedeutung<br /> <br /> ; Repetitive Routine<br /> : ''(mindestens eines der folgenden Merkmale):''<br /> :# für sich selbst, in Bezug auf bestimmte Lebensaspekte<br /> :# für andere<br /> <br /> ; Rede- und Sprachbesonderheiten<br /> : ''(mindestens drei der folgenden Merkmale):''<br /> :# verzögerte Entwicklung<br /> :# (oberflächlich gesehen) perfekter sprachlicher Ausdruck<br /> :# formelle, pedantische Sprache<br /> :# seltsame [[Prosodie]], eigenartige Stimmmerkmale<br /> :# beeinträchtigtes Verständnis einschließlich Fehlinterpretationen von wörtlichen/implizierten Bedeutungen<br /> <br /> ; Nonverbale Kommunikationsprobleme<br /> : ''(mindestens zwei der folgenden Merkmale):''<br /> :# begrenzter Blickkontakt<br /> :# begrenzte Gestik<br /> :# unbeholfene oder linkische Körpersprache<br /> :# begrenzte Mimik<br /> :# unangemessener Ausdruck<br /> :# eigenartig starrer Blick<br /> <br /> ; Motorische Unbeholfenheit<br /> : Mangelnde Leistung bei Untersuchung der neurologischen Entwicklung<br /> <br /> == Erscheinungsbild ==<br /> Während die ersten Anzeichen für sonstige Formen von Autismus bereits in den ersten Lebensmonaten auftreten, wird das Asperger-Syndrom in der Regel erst nach dem dritten Lebensjahr sichtbar.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt; Allgemeine Kennzeichen sind: eine qualitative Beeinträchtigung der sozialen Kommunikation und Interaktion, mangelndes [[Empathie|Einfühlungsvermögen]], sensorische, motorische und sprachliche Eigenarten sowie ausgeprägte Sonderinteressen.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt;<br /> <br /> === Motorik ===<br /> Häufig treten beim Asperger-Syndrom [[Motorik|motorische]] Besonderheiten auf, die bei sonstigem Autismus normalerweise fehlen. Dazu zählen ungelenke Bewegungen, Ungeschicklichkeit sowie grob- und feinmotorische Koordinationsstörungen.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt; Manche Kinder mit Asperger zeigen, wenn sie erregt oder ängstlich sind, seltsame Bewegungsabläufe ([[Manierismen]]), die auch bei sonstigem Autismus vorkommen, wie zum Beispiel ein flatterndes Auf- und Abschlagen der Arme, Hände oder Finger.&lt;ref&gt;Jan Johnston-Tyler: [http://books.google.de/books?id=NTxvhWmtm0UC&amp;pg=PA239&amp;dq=asperger+flapping#v=onepage&amp;q=asperger%20flapping&amp;f=false ''The Mom’s Guide to Aspergers Syndrome: And Related Disorders.'' S.&amp;nbsp;239.]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Sozialverhalten ===<br /> Ebenso wie andere autistische Kinder nehmen Kinder mit Asperger-Syndrom eher wenig und nur flüchtig [[Blickkontakt]] auf. Im Alltag ist ein mangelndes Einfühlungsvermögen und Unverständnis für zwischenmenschliche Gefühle auffällig. Kinder mit Asperger-Syndrom sind oft sozial isoliert und ecken aufgrund ihrer Besonderheiten leicht an.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt; Im Klassenverband werden sie häufig gehänselt, ausgegrenzt und gemobbt.&lt;ref name=&quot;Carstensen&quot;&gt;Katja Carstensen: [http://books.google.de/books?id=e3OX3MH62w8C&amp;printsec=frontcover&amp;dq=katja+carstensen#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Das Asperger-Syndrom. Alltag, Schule und Beruf''], 2009, S.&amp;nbsp;28.&lt;/ref&gt; Im englischen Sprachraum bezeichnen viele Menschen mit Asperger ihr Anderssein scherzhaft als „Wrong Planet Syndrome“ (deutsch: ''Falscher-Planet-Syndrom'') und drücken damit ihr Gefühl aus, irrtümlich auf einem fremden Planeten gestrandet zu sein, dessen Regeln und Bewohner sie nicht verstehen.&lt;ref&gt;Zum Beispiel [http://www.wrongplanet.net/ WrongPlanet.net]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Menschen mit Asperger-Syndrom werden, auch wenn sie zu anderen Kontakt aufnehmen wollen, auf Grund ihres häufig abgewendeten Blickes und ihrer verschlossenen [[Körpersprache]] oft als förmlich, gefühlslos, ängstlich, schüchtern, ausweichend, abweisend oder desinteressiert wahrgenommen, wodurch eine Kontaktaufnahme häufig scheitert.&lt;ref&gt;[[Christine Preißmann]]: ''Psychotherapie und Beratung bei Menschen mit Asperger-Syndrom. Konzepte für eine erfolgreiche Behandlung aus Betroffenen- und Therapeutensicht.'' 2. vollst. überarbeitete und erweiterte Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-17-020757-8, S.&amp;nbsp;67.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Hans Asperger beobachtete, dass die betroffenen Kinder darüber hinaus auch zur „autistischen Selbstbeschau“ neigen. In Situationen, in denen andere Kinder [[Polarisation der Aufmerksamkeit|selbstvergessen]] „dahinleben“, stehen Asperger-Kinder sich selbst und ihren körperlichen Funktionen oft (kritisch) beobachtend gegenüber.&lt;ref name=&quot;:1&quot; /&gt;{{rp|S. 115}}<br /> <br /> Mangelndes [[Selbstvertrauen]] taucht häufig in Erfahrungsberichten und in der Ratgeberliteratur auf. Gezielte wissenschaftliche Untersuchungen hierzu liegen bislang (Stand: August 2015) noch nicht vor. Das Thema wird jedoch manchmal am Rande behandelt.&lt;ref name=&quot;PMID24089423&quot;&gt;E. Hesselmark, S. Plenty, S. Bejerot: ''Group cognitive behavioural therapy and group recreational activity for adults with autism spectrum disorders: a preliminary randomized controlled trial.'' In: ''Autism: the international journal of research and practice.'' Band 18, Nummer 6, August 2014, S.&amp;nbsp;672–683, [[doi:10.1177/1362361313493681]], PMID 24089423, {{PMC|4230566}}.&lt;/ref&gt; Auf jeden Fall hat es große Bedeutung im Bereich Beruf und Beschäftigung.&lt;ref&gt;Gail Hawkins: ''How to find work that works for people with Asperger syndrome: the ultimate guide for getting people with Asperger syndrome into the workplace (and keeping them there!).'' London und Philadelphia, Jessica Kingsley Publishers 2004, ISBN 1-84310-151-3, S. 65f.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Sprache ===<br /> Im Bereich der sprachlichen Entwicklung zeigen sich beim Asperger-Syndrom deutlich andere Auffälligkeiten als beim sonstigen frühkindlichen Autismus. Charakteristisch für letzteren ist eine generelle Sprachentwicklungsverzögerung. Damit verbunden sind Symptome wie zum Beispiel unpassendes Nachsprechen ([[Echolalie]]) oder Vertauschung der [[Pronomen|Pronomina]]. Selbst beim hochfunktionalen Autismus sind die Artikulation, der verbale Ausdruck, die auditive Wahrnehmung, der Wortschatz und das verbale Gedächtnis gestört.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt;<br /> <br /> Beim Asperger-Syndrom fehlen derartige Symptome. Die betroffenen Kinder entwickeln eine grammatisch und stilistisch hochstehende Sprache.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt; Die Beobachtungen hinsichtlich des Sprachbeginns gehen auseinander. Während zum Beispiel Remschmidt feststellt, dass Asperger-Kinder früh zu sprechen beginnen,&lt;ref&gt;Helmut Remschmidt: [http://books.google.de/books?id=vfn0WvrGWtMC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=helmut+remschmidt&amp;cd=2#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Autismus: Erscheinungsformen, Ursachen, Hilfen''], 2008, S.&amp;nbsp;49.&lt;/ref&gt; berichtet Attwood, dass fast die Hälfte dieser Kinder erst spät sprechen lernt, diesen Rückstand bis zum Alter von fünf Jahren aber aufholt.&lt;ref name=&quot;:2&quot; /&gt; Wie bereits Hans Asperger beobachtete, fallen betroffene Kinder regelmäßig auf durch eine ihrem Alter nicht entsprechende, erwachsene, pedantische Ausdrucksweise und eine unübliche Betonung ([[Prosodie]]). Im englischen Sprachraum wird das Asperger-Syndrom darum auch als „Little Professor Syndrome“ (deutsch: ''Kleiner-Professor-Syndrom'') bezeichnet.&lt;ref&gt;[http://www.nytimes.com/library/magazine/home/20000618mag-asperger.html ''The Little Professor Syndrome.''] In: ''The New York Times Magazine'' (englisch)&lt;/ref&gt; Die Tonlage ist oft monoton und unterstützt zum Beispiel nicht den Unterschied zwischen ernst und humorvoll gemeinten Äußerungen. Oft sind Sprechgeschwindigkeit und die Lautstärke unangepasst oder ungewöhnlich. Auch unflüssiges, ruckartiges Sprechen kommt vor.&lt;ref name=&quot;Sprache&quot;&gt;Asperger (1944), S.&amp;nbsp;114 (textgleich: Asperger, 1943, S.&amp;nbsp;43); Ami Klin u.&amp;nbsp;a.: ''Asperger Syndrome.'' In: Byron Patrick Rourke (Hrsg.): [http://books.google.de/books?id=0Xa1RaGeQpgC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=byron+patrick+rourke#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Syndrome of nonverbal learning disabilities: neurodevelopmental manifestations.''] 1995, S.&amp;nbsp;93–118 (besonders S.&amp;nbsp;101); Ami Klin u.&amp;nbsp;a.: ''Assessment Issues in Children and Adolescents with Asperger Syndrome.'' In: Ami Klin, Fred R. Volkmar, Sara S. Sparrow (Hrsg.): ''Asperger Syndrome.'' 2000, S.&amp;nbsp;309–366 (besonders S.&amp;nbsp;323)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Viele Kinder und Erwachsene mit Asperger-Syndrom neigen dazu, unablässig und langatmig zu reden, meist über ihr Lieblingsthema, und missachten dabei oft vollständig, ob der Zuhörer an diesem Thema interessiert ist und das Gespräch mitträgt.&lt;ref name=&quot;Sprache&quot; /&gt; Einige Autoren halten dieses monologische, egozentrische Reden, in dem sich deutlich die Unempfindlichkeit von Asperger-Menschen für soziale Feinheiten offenbart, für einen der auffälligsten Züge des Syndroms.&lt;ref&gt;Ami Klin, Sara S. Sparrow, Wendy D. Marans, Alice Carter, Fred R. Volkmar: ''Assessment Issues in Children and Adolescents with Asperger Syndrome.'' In: Ami Klin, Fred R. Volkmar, Sara S. Sparrow (Hrsg.): [http://books.google.de/books?id=ovvD0ZuH0GMC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=ami+klin#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Asperger Syndrome''] (2000), S.&amp;nbsp;309–366; Digby Tantam: ''Asperger Syndrome in adulthood.'' In: Uta Frith: [http://books.google.de/books?id=HoRX8s8V8WYC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=uta+frith&amp;lr=#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Autism and Asperger syndrome''], 1991, S.&amp;nbsp;147–183.&lt;/ref&gt; Weitere Charakteristika sind eine sehr detailorientierte Erzählweise mit Schwierigkeiten, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden, abrupte und für den Zuhörer nicht nachvollziehbare Themenwechsel, das Wörtlichnehmen von bildhaften [[Redewendung]]en und das Antworten auf [[rhetorische Frage]]n.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt;<br /> <br /> Typisch ist auch die Verwendung von bildlichen Ausdrücken ([[Metapher]]n) und Wortschöpfungen, die nur ihnen selbst geläufig sind, oder das Festhaften an Formulierungen, die wie auswendig gelernt oder wie aus einem Buch vorgetragen klingen, sowie das Nichterfassen von Feinheiten ([[Nuance]]n) – zum Beispiel Ironie, Necken – und ungenaues Zuhören.&lt;ref&gt;James C. McPartland, Ami Klin: ''Asperger Syndrome.'' In: ''Adolescent Medicine Clinics of North America.'' 2006, Band 17, S.&amp;nbsp;771–788.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Ole Sylvester Jørgensen: ''Asperger. Syndrom zwischen Autismus und Normalität. Diagnostik und Heilungschancen.'' 2002, S.&amp;nbsp;58.&lt;/ref&gt; Manche Asperger-Autisten führen Selbstgespräche, um ihre Gedanken zu ordnen, etwa um ein bereits geführtes Gespräch vollends zu verstehen oder um ein anstehendes Gespräch zu proben.&lt;ref name=&quot;:2&quot;&gt;[[Tony Attwood]]: ''Asperger-Syndrom: Wie Sie und Ihr Kind alle Chancen nutzen: das erfolgreiche Praxis-Handbuch für Eltern und Therapeuten.'' Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2005 (englisches Original 1998), ISBN 3-8304-3219-4. S.&amp;nbsp;93f.(Selbstgespräche); S. 76 (Alter des ersten Sprechens)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Spezialinteressen ===<br /> Von außen betrachtet scheinen Personen mit Asperger-Syndrom kaum an ihren Mitmenschen interessiert zu sein. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Belegen dafür, dass sie ein großes Interesse an sozialen Kontakten haben können, jedoch nicht wissen, wie sie dies umsetzen können. Schwierigkeiten, die Körpersprache und Mimik anderer zu erkennen, spielen dabei eine Rolle und werden oft als mangelnde Einfühlung verstanden. Während Menschen evolutionsbiologisch als Spezialisten für sozialen Kontakt bezeichnet werden, entwickeln Asperger-Patienten diese Spezialkompetenz nicht oder in unzureichendem Maße. Typischerweise haben sie jedoch andere Spezialinteressen, die in der Sache oder in ihrer Intensität ungewöhnlich erscheinen.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt; Diese Interessen liegen oft in technischen oder naturwissenschaftlichen Gebieten wie Informatik,&lt;ref&gt;sz-online.de: [http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=3197347 Besondere Begabungen: IT-Firma sucht Autisten], 6. November 2012.&lt;/ref&gt; Mathematik, Physik, Biologie oder Astronomie. Andere Betroffene beschäftigen sich leidenschaftlich mit Musik oder dem Auswendiglernen verschiedenartigster Fakten. Manche sind leidenschaftliche Sammler, oft ungewöhnlicher Objekte.&lt;ref name=&quot;:3&quot;&gt;[[Tony Attwood]]: ''Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom. Alle Fragen – alle Antworten.'' TRIAS, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8304-3392-7. S. 109 (Differentialdiagnose); S.&amp;nbsp;31–33 (Schizophrenie).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Grundsätzlich weisen Personen innerhalb des Autismusspektrums sehr häufig eine Hoch- oder Inselbegabung auf. Nach neueren Untersuchungen trifft dies mindestens für jeden Dritten zu, und man geht inzwischen davon aus, dass wegen der besonderen Informationsflüsse im Gehirn (siehe unten: [[#Neuropsychologie|Neuropsychologie]]) autistische Merkmale und die Tendenz zu Spezialbegabungen miteinander verknüpft sind.&lt;ref name=&quot;PMID23219745&quot;&gt;L. Mottron, L. Bouvet, A. Bonnel, F. Samson, J. A. Burack, M. Dawson, P. Heaton: ''Veridical mapping in the development of exceptional autistic abilities.'' In: ''Neuroscience and biobehavioral reviews.'' Band 37, Nummer 2, Februar 2013, S.&amp;nbsp;209–228, [[doi:10.1016/j.neubiorev.2012.11.016]], PMID 23219745 (freier Volltext) (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Emotionen ===<br /> Hans Asperger empfand die Emotionen seiner Probanden nicht als unterentwickelt, sondern eher als von andersartiger Qualität.&lt;ref name=&quot;:1&quot; /&gt;{{rp|S. 128}}<br /> <br /> Die autistische Wissenschaftlerin und [[Erfinder]]in [[Temple Grandin]] äußerte sich so zu ihren Gefühlen: „Meine Emotionen sind einfacher als die der meisten anderen Menschen. Ich weiß nicht, was eine vielschichtige Emotion in einer zwischenmenschlichen Beziehung ist. Ich verstehe nur einfache Emotionen wie Wut, Furcht, Glück und Traurigkeit.“&lt;ref&gt;[[Temple Grandin]]: ''Ich bin die Anthropologin auf dem Mars: mein Leben als Autistin.'' Droemer Knaur, 1997, ISBN 3-426-77288-4, S.&amp;nbsp;110.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Intelligenz ===<br /> Im Unterschied zu manchen anderen Formen von Autismus ist die Intelligenz bei Personen mit Asperger-Syndrom oft normal ausgeprägt.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt; Bei Asperger-Kindern wird gelegentlich auch vorzeitiges Lesen ([[Hyperlexie]]) beobachtet.&lt;ref&gt;Sigrid von Aster u.&amp;nbsp;a.: [http://books.google.de/books?id=TYnIU9Y_a4YC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=sigrid+von+aster&amp;cd=1#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Kinder- und Jugendpsychiatrie: Eine praktische Einführung.''] 2008, S.&amp;nbsp;192.&lt;/ref&gt; Häufig zeigen Kinder mit Asperger-Syndrom ein unausgeglichenes Intelligenzprofil. Sie zeigen oft Stärken in den verbalen Aufgabenteilen.&lt;ref&gt;Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland e.&amp;nbsp;V. (BKJPP) / Bundesarbeitsgemeinschaft der Leitenden Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e.&amp;nbsp;V. (BAG). Ingo Spitczok von Brisinski: {{Webarchiv|url=http://www.bkjpp.de/index.php5?x=/for403_asperger-hochbegabung-ads.php5&amp; | wayback=20071214114117 | text=''Asperger-Syndrom, AD(H)S, Hochbegabung – differentialdiagnostische Aspekte.''}} In: ''Forum der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie.'' Heft 4/2003, abgerufen am 5. Januar 2010.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Asperger-Syndrom und Genie ===<br /> Bereits Hans Asperger schrieb: „Es scheint, dass für Erfolg in der Wissenschaft oder in der Kunst ein Schuss Autismus erforderlich ist.“&lt;ref&gt;Hans Asperger: ''Problems of infantile autism.'' Communication, Band 13, Heft 3, Seite 49. The National Society for Autistic Children, London, 1979.&lt;/ref&gt; Die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Asperger-Syndrom und herausragenden Leistungen beschäftigte auch den irischen Kinderpsychiater [[Michael Fitzgerald (Mediziner)|Michael Fitzgerald]]. Er veröffentlichte seit 1999 eine Reihe von Aufsätzen und Büchern, in denen er die Lebensläufe berühmter Persönlichkeiten auf Anzeichen des Asperger-Syndroms hin prüfte. Fitzgerald ist davon überzeugt, dass viele Merkmale des Asperger-Syndroms [[Kreativität]] begünstigen und dass die Fähigkeit, sich intensiv auf einen Gegenstand zu konzentrieren und für eine schöpferische Arbeit endlose Mühsal auf sich zu nehmen, für dieses Syndrom charakteristisch sei.&lt;ref&gt;Michael Fitzgerald: ''Autism and creativity: is there a link between autism in men and exceptional ability?'' 2004, [http://books.google.de/books?id=3zXaZqtt1RIC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=%22michael+fitzgerald%22&amp;lr=&amp;cd=13#v=onepage&amp;q=&amp;f=false S.&amp;nbsp;2&amp;nbsp;f.]&lt;/ref&gt; <br /> <br /> Christopher Gillberg&lt;ref&gt;Christopher Gillberg: ''Charles XII seems to have fulfilled all the criteria of Asperger syndrome.'' In: ''Läkartidningen.'' November 2002, Band 99 (48), S.&amp;nbsp;4837–4838.&lt;/ref&gt; und [[Oliver Sacks]]&lt;ref&gt;Oliver Sacks: [http://www.neurology.org/content/57/7/1347 Henry Cavendish: ''An early case of Asperger’s syndrome?''] In: ''Neurology.'' 2001, Band 57 (7), S.&amp;nbsp;1347.&lt;/ref&gt; haben ähnliche [[postum]]e Diagnoseversuche unternommen. Um manche Persönlichkeiten – etwa [[Isaac Newton]] und [[Albert Einstein]] – sind regelrechte Kontroversen entstanden.&lt;ref&gt;Helen Muir: [http://www.newscientist.com/article/dn3676 ''Einstein and Newton showed signs of autism.''] In: ''New Scientist.'' 30. April 2003; ''pro:'' Ioan James: ''Singular scientists.'' In: ''Journal of the Royal Society of Medicine.'' 2003, Band 96 (1), S.&amp;nbsp;36–39, {{PMC|539373}}; Michael Fitzgerald: [http://www.springerlink.com/content/k84718w048644757/ ''Einstein: Brain and Behavior.''] In: ''Journal of Autism and Developmental Disorders.'' 2004, Band 30 (6), S.&amp;nbsp;620–621; ''contra:'' Oliver Sacks: ''Henry Cavendish: An early case of Asperger’s syndrome?''&lt;/ref&gt; Wieder andere Forscher stehen solchen Diagnoseversuchen grundsätzlich skeptisch gegenüber, so zum Beispiel [[Fred Volkmar]] vom ''Yale Child Study Center'', der (2001 oder früher) äußerte: „Es gibt leider eine Art Hausindustrie, aufzudecken, dass jeder Asperger hat.“&lt;ref&gt;Erica Goode: [http://www.nytimes.com/2001/10/09/health/cases-a-disorder-far-beyond-eccentricity.html?sec=health CASES; ''A Disorder Far Beyond Eccentricity.''] In: ''New York Times.'' 9.&amp;nbsp;Oktober 2001.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Konzentrations- und Lernprobleme ===<br /> Manche Kinder mit Asperger-Syndrom fallen dadurch auf, dass sie ihre Aufmerksamkeit willentlich nur schlecht steuern können ([[exekutive Funktionen]]) und bei Aktivitäten, die sie nicht selbst gewählt haben – zum Beispiel in der Schule –, in hohem Grade unkonzentriert sind, woraus sich selbst bei hoher Intelligenz erhebliche Lernschwierigkeiten ergeben können.&lt;ref name=&quot;:1&quot; /&gt;<br /> <br /> {{Zitat<br /> |Text=Diese ''Störung der aktiven Aufmerksamkeit'' ist bei Kindern dieses Typs fast regelmäßig zu finden. Es ist also nicht oder nicht nur die landläufige Konzentrationsstörung vieler neuropathischer Kinder zu beobachten, die von allen äußeren Reizen, von jeder Bewegung und Unruhe um sie herum von ihrem Arbeitsziel abgelenkt werden. Diese Kinder sind vielmehr von vornherein gar nicht geneigt, ihre Aufmerksamkeit, ihre Arbeitskonzentration auf das zu richten, was die Außenwelt, in diesem Fall die Schule, von ihnen verlangt.<br /> |Autor=Hans Asperger<br /> |Quelle=Die „Autistischen Psychopathen“ im Kindesalter. S.&amp;nbsp;119}}<br /> <br /> Wenn solche [[Konzentration (Psychologie)|Konzentrationsschwierigkeiten]] bestehen, ist das Asperger-Syndrom sogar mit AD(H)S zu verwechseln (siehe [[#Abgrenzung|Abgrenzung]]).&lt;ref name=&quot;ADHS&quot;&gt;{{Internetquelle |url=http://www.adhs.ch/docs/10_ADHS%20oder%20Asperger-Syndrom.pdf |titel=ADHS oder Asperger-Syndrom? |hrsg=adhs.ch |zugriff=2012-04-30 |format=PDF; 136&amp;nbsp;kB |archiv-url=https://web.archive.org/web/20131212012205/http://www.adhs.ch/docs/10_ADHS%20oder%20Asperger-Syndrom.pdf |archiv-datum=2013-12-12}}&lt;/ref&gt; Als Lernhindernis erweist sich auch die für das Asperger-Syndrom typische Beeinträchtigung der [[Zentrale Kohärenz|zentralen Kohärenz]]: der Fähigkeit, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden.<br /> <br /> === Ritualisierte Handlungen ===<br /> Menschen mit Asperger sind oft darauf fixiert, ihre äußere Umgebung und Tagesabläufe möglichst gleichbleibend zu gestalten. Plötzliche Veränderungen können sie überfordern oder sehr nervös machen.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt;&lt;ref name=&quot;Carstensen&quot; /&gt; Dies liegt daran, dass Veränderungen einen höheren Grad an Aufmerksamkeit erfordern, was bei der angenommenen Schwäche von Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung, Informationen auszublenden, zu einer erhöhten Belastung führt.<br /> <br /> == Das Asperger-Syndrom bei Erwachsenen ==<br /> Erwachsene mit Asperger-Syndrom leben oft zurückgezogen und haben wenige direkte Sozialkontakte. An deren Stelle treten heutzutage häufig Kontakte über das Internet. Obwohl es einigen Menschen mit Asperger gelingt, eine stabile Partnerschaft aufzubauen und eine Familie zu gründen,&lt;ref&gt;Peter Schmidt: ''Ein Kaktus zum Valentinstag. Ein Autist und die Liebe.'' Patmos, Ostfildern 2012, ISBN 978-3-8436-0211-2.&lt;/ref&gt; ist es für andere aufgrund einer mangelnden Sozialkompetenz bereits schwierig, überhaupt Kontakt zu möglichen Partnern aufzubauen. Oft werden die Anforderungen einer Partnerschaft auch als anstrengend empfunden. Entscheidend für die berufliche Entwicklung von Menschen mit Asperger ist die Frage, ob es gelingt, ihre Spezialinteressen beruflich umzusetzen.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt;<br /> <br /> Einige erwachsene Menschen mit Asperger-Syndrom bauen bewusst oder unbewusst Bekanntschaften zu Menschen auf, mit deren charakterlichen Eigenschaften sie leicht umgehen können. Sie bauen sich ein soziales Netzwerk mit Menschen auf, die meist ebenfalls eher [[introvertiert]] sind, sich vorwiegend auf einer sachlichen Ebene verständigen und oft ebenfalls Spezialinteressen haben, die aber nicht unbedingt selbst autistisch sind ([[Modebegriff]]e: [[Geek]]s und [[Nerd]]s). Erwachsene Menschen mit Asperger-Syndrom und einem gut laufenden sozialen Umfeld sind sich ihrer autistischen Züge häufig nicht bewusst. Sie können u.&amp;nbsp;U. überfordert sein, wenn sie unfreiwillig etwas mit Menschen zu tun haben, deren Persönlichkeit sich zu sehr von der eigenen unterscheidet.&lt;ref&gt;Volker Faust: [http://www.psychosoziale-gesundheit.net/pdf/faust_asperger.pdf ''ASPERGER-SYNDROM – Eine Autismus-Spektrum-Störung (ASS).''] (PDF; 281&amp;nbsp;kB) In: ''Psychiatrie Heute.'' – Seelische Störungen erkennen, verstehen, verhindern, behandeln&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Diagnose im Erwachsenenalter ===<br /> Eine Studie der Autismus-Forschungs-Kooperation (AFK) mit 271 erwachsenen Probanden mit Autismus ergab, dass deren durchschnittliches Alter zum Zeitpunkt der Diagnosestellung 35 Jahre gewesen war und dass 87 % der Probanden ihre Diagnose erst nach dem 18. Lebensjahr erhalten hatten. Besonders Asperger-Autismus würde häufig erst sehr spät diagnostiziert, weil die Probleme der normal intelligenten Autisten weniger „offenkundig“ seien.&lt;ref&gt;[http://www.autismus-forschungs-kooperation.de/images/stories/Psychotherapie/AFK_Faltblatt_Therapie_v2-34160.pdf ''Psychotherapie bei Autismus und Asperger-Syndrom''] (PDF; 632&amp;nbsp;kB). Autismus-Forschungs-Kooperation; abgerufen am 4. Juni 2017.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Bei der Diagnose im Erwachsenenalter spielen oft weniger der Schweregrad als vielmehr die Lebensumstände eine Rolle. Bei guter privater und beruflicher Integration ist unter Umständen keine Diagnose oder zusätzliche Therapie nötig. Lebenskrisen, hervorgerufen etwa durch Arbeitslosigkeit oder Scheidung, können dazu führen, dass eine Andersartigkeit im sozialen Umgang deutlicher sichtbar wird und zu einer Diagnose führt. Dies berichten viele erst im Erwachsenenalter diagnostizierte Autisten.<br /> <br /> === Beruf ===<br /> {{Zitat|Gerade bei den Autistischen sehen wir – mit weit größerer Deutlichkeit als bei den ‚Normalen‘ –, daß sie schon von frühester Jugend an für einen bestimmten Beruf prädestiniert erscheinen, daß dieser Beruf schicksalhaft aus ihren besonderen Anlagen herauswächst.|Hans Asperger: ''Die „Autistischen Psychopathen“ im Kindesalter.'' S.&amp;nbsp;133}}<br /> <br /> Der Geophysiker [[Peter Schmidt (Geophysiker)|Peter Schmidt]] beschreibt, wie sich das Asperger-Syndrom im modernen, akademischen Berufsleben auswirkt. Danach wird der Autor hinsichtlich seines Asperger-Syndroms eher als Problemfall (der „Widerstand“ hervorruft) und hinsichtlich seiner Stärken als „Kapazität“ (Leistungsträger) wahrgenommen. Menschen mit Asperger-Syndrom, die anscheinend von Kindheit an für einen bestimmten Beruf vorherbestimmt (prädestiniert) zu sein scheinen, stoßen in der modernen Arbeitswelt, in der es immer mehr auf Mobilität, Flexibilität, Teamfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit ankommt, auf große Schwierigkeiten. Inwieweit es ihnen gelingt, eine ihren Eigenarten entsprechende Nische zu finden, hängt sowohl von den Menschen, mit denen der Autist zusammenarbeiten muss, besonders den Vorgesetzten, als auch von den bereitgestellten Arbeitsbedingungen ab.&lt;ref name=&quot;Schmidt_Kollegen&quot;&gt;Peter Schmidt: ''Kein Anschluss unter diesem Kollegen. Ein Autist im Job.'' Patmos-Verlag, Ostfildern 2014, ISBN 978-3-8436-0517-5.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Kriminalstatistik ===<br /> Mitunter kommt die Frage auf, ob Autismus-Betroffene eine erhöhte Neigung zu kriminellen Handlungen besitzen. Das lässt sich gegenwärtig noch nicht sicher beantworten, da nicht genügend epidemiologische Studien dazu vorliegen. Dennoch vermuten die meisten Autoren, dass autistische Menschen eine niedrigere Kriminalrate hätten als nicht-autistische Menschen. Sie seien eher Opfer als Täter. Zudem würden sie dazu neigen, Gesetze rigide anzuwenden, und hätten Probleme mit Ausnahmen von Regeln und Gesetzesüberschreitungen. Andererseits zeigen Einzelfallschilderungen, dass Menschen mit Asperger durchaus mit dem Gesetz in Konflikt kommen.&lt;ref name=&quot;:0&quot;&gt;{{Literatur |Autor=[[Helmut Remschmidt]] (2007) |Hrsg= |Titel=Asperger-Syndrom |Auflage= |Verlag=Springer |Ort= |Datum= |ISBN=978-3-540-35072-9 |Seiten=218 |Online={{Google Buch| BuchID=zhEkBAAAQBAJ| Seite=218}}}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Prognose ===<br /> Nach Hans Asperger hängt eine günstige Prognose vom intellektuellen Begabungsgrad ab. Weniger begabte Menschen kämen oft nur in einen untergeordneten Außenseiterberuf hinein und trieben sich im ungünstigsten Fall als ''„komische Originale auf den Straßen herum“.''&lt;ref name=&quot;:1&quot; /&gt; Bei „intellektuell intakten“ und überdurchschnittlich begabten Autisten komme es:<br /> {{Zitat|zu einer guten Berufsleistung und damit zu einer sozialen Einordnung, oft in hochgestellten Berufen, oft in so hervorragender Weise, daß man zu der Anschauung kommen muß, niemand als gerade diese autistischen Menschen seien gerade zu solcher Leistung befähigt.|Hans Asperger: ''Die „Autistischen Psychopathen“ im Kindesalter.'' S.&amp;nbsp;133}}<br /> <br /> == Abgrenzung ==<br /> === Differentialdiagnose ===<br /> Hochfunktionaler Autismus und Asperger-Syndrom müssen von folgenden anderen psychischen Erkrankungen abgegrenzt werden ([[Diagnose#Differentialdiagnose|Differentialdiagnose]]):<br /> <br /> ; Schizoide Persönlichkeitsstörung (SPS): Die Abgrenzung von der [[Schizoide Persönlichkeitsstörung|schizoiden Persönlichkeitsstörung]] kann kompliziert sein, da einige autistische Menschen (bis zu 26 %) gleichzeitig die Kriterien für die schizoide PS erfüllen. Sowohl bei Asperger-Syndrom als auch SPS kann die soziale Kommunikation (Mimik, Gestik, Augenkontakt etc.) auffällig sein. Unterschiedlich ist jedoch, dass schizoide Menschen oft eher reserviert, zurückgezogen und verschlossen (oder sogar geheimnistuerisch) auftreten und tendenziell ungerne von sich erzählen. Im Gegensatz dazu sind viele Menschen mit leichtem Autismus häufig sehr offen, ehrlich, direkt und gelegentlich ungewollt aufdringlich. Die Betroffenen haben oft nur wenig Angst davor, anderen einen Einblick in ihr Innenleben zu geben. Dies kann man gut an der sehr offenen und persönlichen Selbstdarstellung in den vielen Autobiographien von Autisten und bei Interviews in der Öffentlichkeit erkennen. Sie wünschen sich gerade im Erwachsenenalter oft Freunde und Bekannte. Wegen ihrer Schwierigkeiten, vielschichtige Gefühle beim Gegenüber wahrzunehmen oder angemessen darauf zu reagieren, sind sie jedoch oft nur begrenzt zu Freundschaften in der Lage.&lt;ref name=&quot;:3&quot; /&gt;&lt;ref name=&quot;:13&quot; /&gt;<br /> <br /> ;Schizotypische Persönlichkeitsstörung (STP): Auch die Abgrenzung von der [[Schizotypische Persönlichkeitsstörung|schizotypischen PS]] ist nicht einfach, weil auch hier in bis zu 40 % der Fälle Überlappungen auftreten können (d.&amp;nbsp;h. AS und zusätzlich schizotype Merkmale). Bei den Autismus-Spektrum-Störungen stehen jedoch Symptome wie eingeschränkte Erlebnis- und Ausdruckfähigkeit, paranoide Vorstellungen und Argwohn nicht im Zentrum. Schizotypische Persönlichkeiten erkennen soziale Hinweise (Gestik, Mimik etc.) zwar meist, interpretieren sie aber dann in eher misstrauischer Weise über ''(Hyper-Mentalizing).'' Personen mit Asperger-Syndrom haben eher Probleme damit, soziale Zeichen überhaupt wahrzunehmen und zu lesen (''Hypo-Mentalizing'').&lt;ref&gt;Matthias Dose: [http://www.autkom-obb.de/uploads/media/Artikel_Prof.Dr.Dose.pdf ''Autistische Störungen bei Erwachsenen: Diagnostik und Therapie – Vorschnelle Selbstdiagnose Asperger-Syndrom.'']Fortbildung in der Zeitschrift ''NeuroTransmitter'' (7-8.2009), Berufsorgan des Berufsverbands Deutscher Psychiater (BVDP).&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;:13&quot; /&gt;<br /> :Im Unterschied zu Menschen mit Autismus verfügen schizotypische Personen über eine [[Theory of Mind]] (ToM). Die ''Imprinted Brain Theory'' von ''[[Bernard Crespi]]'' (wonach Autismus und Psychosen gegensätzliche Extreme sein sollen) sieht die schizotype PS und Asperger-Syndrom analog als jeweils abgeschwächte Form an.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=E. Kumbier u.&amp;nbsp;a. (2010) |Titel=Autismus und autistische Störungen |Hrsg= |Sammelwerk=Der Nervenarzt |Band=81 |Nummer=1 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum= |Seiten=61 |ISBN= |DOI=10.1007/s00115-009-2820-3 |Online=https://link.springer.com/article/10.1007/s00115-009-2820-3 |Abruf=}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ; Schizophrenie: Klassische [[Schizophrenie|schizophrene Symptome]] (wie Wahn, Halluzinationen und Denkstörungen) sind beim Asperger-Syndrom nicht zu beobachten. In etwa fünf Prozent der Fälle findet jedoch ein Übergang vom Asperger-Syndrom in eine schizophrene Erkrankung statt.&lt;ref name=&quot;Wolff&quot;&gt;Sula Wolff: [http://books.google.de/books?id=ltbeu-XY6YgC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=sula+wolff#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Loners. The life path of unusual children''], London, New York, Routledge, 1995.&lt;/ref&gt; Menschen mit Asperger-Syndrom flüchten sich gelegentlich in ihre Fantasie oder in ihre Spezialinteressen, das hat aber nichts mit Schizophrenie zu tun, denn sie sind durchaus in der Lage, wieder in die Alltagsrealität zurückzukehren.&lt;ref name=&quot;:3&quot; /&gt;<br /> <br /> ; Paranoia: Menschen mit Asperger-Syndrom sind in ihrem Verständnis zwischenmenschlichen Geschehens beeinträchtigt und neigen vermutlich aus diesem Grunde stärker als andere zu [[Paranoia|paranoiden Weltdeutungsmustern]].&lt;ref&gt;Alison J. Blackshaw, Peter Kinderman, Dougal J. Hare, Chris Hatton: ''Theory of Mind, Causal Attribution and Paranoia in Asperger Syndrome.'' Autism, Band 5, Heft 2, Juni 2001, S. 147–163, [http://aut.sagepub.com/content/5/2/147.abstract Abstract]&lt;/ref&gt; Ihre paranoiden Tendenzen sind jedoch schwächer als bei Personen mit Wahnvorstellungen und von diesen abgrenzbar.&lt;ref&gt;J. S. Craig, C. Hatton, F. B. Craig, R. P. Bentall: ''Persecutory beliefs, attributions and theory of mind: comparison of patients with paranoid delusions, Asperger’s syndrome and healthy controls.'' In: ''Schizophrenia research.'' Band 69, Nummer 1, Juli 2004, S.&amp;nbsp;29–33, [[doi:10.1016/S0920-9964(03)00154-3]], PMID 15145468.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ; Urbach-Wiethe-Syndrom: Autistische Verhaltensweisen können auch beim [[Urbach-Wiethe-Syndrom]] auftreten. Die dort auftretenden Haut- und Schleimhautveränderungen und [[Gen|genetische]] Untersuchungen ermöglichen aber meist eine Abgrenzung vom Autismus. <br /> <br /> ; Atypischer Autismus: Die Diagnose [[Atypischer Autismus]] (F84.1) wird gestellt, wenn die Kriterien weder für frühkindlichen Autismus noch für das Asperger-Syndrom passen, aber dennoch Charakteristika oder Probleme vorliegen, die dem Autismus-Spektrum zuzuordnen sind.&lt;ref&gt;Bernhard Blanz, Helmut Remschmidt, Martin Schmidt, Andreas Warnke: [http://books.google.de/books?id=_kLox83I084C&amp;printsec=frontcover&amp;dq=bernhard+blanz&amp;cd=1#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter: Ein entwicklungspsychopathologisches Lehrbuch''], 2006, S.&amp;nbsp;82&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Für die Differentialdiagnose im Erwachsenenalter werden in einem Überblick von 2013 zusätzlich folgende andere Abweichungen erläutert, die vom Asperger-Syndrom zu unterscheiden seien: ''Soziale Angststörung'' ([[Soziale Phobie]]), [[Zwangsstörung]], [[Zwanghafte Persönlichkeitsstörung]] und [[Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung]] (ADHS).&lt;ref name=&quot;:13&quot; /&gt;<br /> <br /> === Mögliche Begleiterscheinungen ===<br /> Manchmal tritt das Asperger-Syndrom aber auch gemeinsam mit anderen psychischen Störungen auf ([[Komorbidität]]):<br /> * Zu den häufigsten Begleiterscheinungen zählt die [[Depression]], die meist durch Beeinträchtigungen im Privat- und Berufsleben mitbedingt ist.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt;<br /> * Einige Menschen mit Asperger-Syndrom erfüllen auch die Kriterien für eine [[Zwangsstörung]] oder eine [[zwanghafte Persönlichkeitsstörung]]. Im Falle einer einfachen Zwangsstörung ist die Abgrenzung vom Asperger-Syndrom einfacher als im Falle einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung. Asperger-Syndrom und Zwangsstörung können aber auch gleichzeitig vorliegen.&lt;ref name=&quot;Remschmidt2007&quot;&gt;Helmut Remschmidt, Inge Kamp-Becker: [http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=55038 ''Das Asperger-Syndrom – eine Autismus-Spektrum-Störung.''] In: ''Deutsches Ärzteblatt.'' 2007, Band 104 (13), S.&amp;nbsp;A&amp;nbsp;873–882.&lt;/ref&gt;<br /> * Wenn Konzentrationsschwierigkeiten vorliegen, wird das Asperger-Syndrom leicht mit [[Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung|ADHS]] verwechselt.&lt;ref name=&quot;ADHS&quot; /&gt; Beide Störungen können aber auch gemeinsam auftreten. In einer Übersicht von 2012 wird betont, dass sowohl ihre Überlappungen als auch ihre Unterschiede beachtet werden müssen.&lt;ref name=&quot;PMID22851255&quot;&gt;R. Taurines, C. Schwenck, E. Westerwald, M. Sachse, M. Siniatchkin, C. Freitag: ''ADHD and autism: differential diagnosis or overlapping traits? A selective review.'' In: ''Attention deficit and hyperactivity disorders.'' Band 4, Nummer 3, September 2012, S.&amp;nbsp;115–139, [[doi:10.1007/s12402-012-0086-2]], PMID 22851255 (Review).&lt;/ref&gt;<br /> * Gelegentlich ist ein gemeinsames Vorkommen von Asperger-Syndrom und [[Tourette-Syndrom]] beschrieben worden. Wenn ein Asperger-Syndrom alleine vorliegt, ist es vom Tourette-Syndrom jedoch gut zu unterscheiden.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt;<br /> * Manchmal wird auch ein gemeinsames Vorkommen von Asperger-Syndrom und Magersucht ([[Anorexia nervosa]]) beobachtet.&lt;ref&gt;Christopher Gillberg, Maria Råstam, Carina Gillberg: ''Anorexia nervosa outcome: Six year controlled longitudinal study of 51 cases including a population cohort.'' In: ''The Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry.'' 1994, Band 33, S.&amp;nbsp;729–739.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Ursachen ==<br /> Die Ursachen des Asperger-Syndroms, wie des gesamten Autismusspektrums, liegen in [[Entwicklungsbiologie|entwicklungsbiologischen]] Abweichungen bei Entstehung und Wachstum des Gehirns, und zwar bezüglich [[Anatomie]] und Funktion, insbesondere bei der Ausbildung von Nervenverbindungen ([[Konnektom]]).&lt;ref name=&quot;PMID25891007&quot;&gt;C. Ecker, S. Y. Bookheimer, D. G. Murphy: ''Neuroimaging in autism spectrum disorder: brain structure and function across the lifespan.'' In: ''The Lancet. Neurology.'' [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] April 2015, [[doi:10.1016/S1474-4422(15)00050-2]], PMID 25891007 (Review).&lt;/ref&gt; Die möglichen Ursachen der Abweichungen, die in erster Linie – aber nicht nur – die [[Embryonalentwicklung]] betreffen, sind Gegenstand der Forschung. In Frage kommen, neben besonderen genetisch vererbten Bedingungen, im Prinzip alle Faktoren, die die Arbeit der Gene in kritischen Zeitfenstern beeinflussen ([[Teratologie]]).&lt;ref name=&quot;PMID26021712&quot;&gt;A. Ornoy, L. Weinstein-Fudim, Z. Ergaz: ''Prenatal factors associated with autism spectrum disorder (ASD).'' In: ''Reproductive toxicology (Elmsford, N.Y.).'' [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] Mai 2015, [[doi:10.1016/j.reprotox.2015.05.007]], PMID 26021712 (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Genetik ===<br /> Die genetischen Ursachen des Gesamtbereichs des Autismusspektrums haben sich als äußerst vielfältig und hochkomplex erwiesen.&lt;ref name=&quot;PMID23769996&quot;&gt;A. M. Persico, V. Napolioni: ''Autism genetics.'' In: ''Behavioural brain research.'' Band 251, August 2013, S.&amp;nbsp;95–112, [[doi:10.1016/j.bbr.2013.06.012]], PMID 23769996 (Review).&lt;/ref&gt; In einer Übersicht von 2011 wurden bereits 103 Gene und 44 Genorte ([[Genlocus|Genloci]]) als Kandidaten für eine Beteiligung identifiziert, und es wurde vermutet, dass die Zahlen weiter stark steigen würden.&lt;ref name=&quot;PMID21129364&quot;&gt;C. Betancur: ''Etiological heterogeneity in autism spectrum disorders: more than 100 genetic and genomic disorders and still counting.'' In: ''Brain research.'' Band 1380, März 2011, S.&amp;nbsp;42–77, [[doi:10.1016/j.brainres.2010.11.078]], PMID 21129364 (Review).&lt;/ref&gt; Es wird allgemein davon ausgegangen, dass die immensen Kombinationsmöglichkeiten vieler genetischer Abweichungen die Ursache für die große Vielfalt und Breite des Autismusspektrums sind, einschließlich des Asperger-Syndroms.&lt;ref name=&quot;PMID26188008&quot;&gt;S. De Rubeis, J. D. Buxbaum: ''Genetics and genomics of autism spectrum disorder: Embracing complexity.'' In: ''Human molecular genetics.'' [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] Juli 2015, [[doi:10.1093/hmg/ddv273]], PMID 26188008 (Review).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Neuroimaging ===<br /> Durch [[Neuroimaging|bildgebende Verfahren]] konnten – auf Gruppenebene, (noch) nicht im Einzelfall – immer wieder strukturelle und funktionelle Abweichungen im Gehirn festgestellt werden.&lt;ref name=&quot;PMID25602243&quot;&gt;J. E. Lainhart: ''Brain imaging research in autism spectrum disorders: in search of neuropathology and health across the lifespan.'' In: ''Current opinion in psychiatry.'' Band 28, Nummer 2, März 2015, S.&amp;nbsp;76–82, [[doi:10.1097/YCO.0000000000000130]], PMID 25602243, {{PMC|4465432}} (Review).&lt;/ref&gt; Bildliche Darstellungen einzelner Gehirne lassen bislang wegen der natürlichen Variationsbreite noch keine Aussagen zu, aber bei statistisch ermittelten Gruppendaten sind die Abweichungen bezüglich einer Vergleichsgruppe deutlich. Sie betreffen weite Teile des Gehirns und stimmen überein mit den typischen Abweichungen im Verhalten.<br /> Allgemein zeigt sich aber bei Kindern mit Autismus eine vergrößerte Amygdala sowie ein schneller wachsendes Gehirn, 65 % mehr Neuronen im frontalen Cortex, jedoch ein kleineres [[Corpus callosum]], ebenso eine geringere [[Synapseneliminierung]].&lt;ref&gt;Autism: An evolutionary perspective, Professor Simon Baron-Cohen, 1st Symposium of EPSIG, 2016 [https://www.youtube.com/watch?v=0o1PXeFEcL0#t=624]&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;neurogenesis Amygdala [http://neurosciencenews.com/autism-amygdala-neurogenesis-8675]&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;https://doi.org/10.1073/pnas.1801912115&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Neuropsychologie ===<br /> [[Datei:Autism-stacking-cans 2nd edit.jpg|mini|hochkant|Auffällig oft wiederholtes Stapeln oder Aufreihen als möglicher Ausdruck von ''Überspezialisierung.'']]<br /> <br /> 2004 entdeckte eine Forschergruppe um [[Marcel Just]] und [[Nancy Minshew]] an der [[Carnegie Mellon University]] in [[Pittsburgh]] (USA) die Erscheinung der veränderten [[Konnektom|Konnektivität]] (großräumiger Informationsfluss, engl. ''connectivity'') im Gehirn bei den Gruppendaten von 17 Probanden aus dem Asperger-Bereich des Autismusspektrums. Funktionelle Gehirnscans ([[fMRI]]) zeigten im Vergleich zur Kontrollgruppe sowohl Bereiche erhöhter als auch Bereiche verminderter Aktivität sowie eine verminderte [[Synchronisation]] der Aktivitätsmuster verschiedener Gehirnbereiche. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse entwickelten die Autoren erstmals die Theorie der ''Unterkonnektivität'' ''(underconnectivity)'' für die Erklärung des Autismusspektrums.&lt;ref name=&quot;PMID15215213&quot;&gt;M. A. Just, V. L. Cherkassky, T. A. Keller, N. J. Minshew: ''Cortical activation and synchronization during sentence comprehension in high-functioning autism: evidence of underconnectivity.'' In: ''Brain: a journal of neurology.'' Band 127, Nummer 8, August 2004, S.&amp;nbsp;1811–1821, [[doi:10.1093/brain/awh199]], PMID 15215213 (freier Volltext).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die Ergebnisse wurden relativ schnell in weiteren Studien bestätigt, ausgebaut und präzisiert, und das Konzept der ''Unterkonnektivität'' wurde entsprechend fortentwickelt.&lt;ref name=&quot;PMID15652316&quot;&gt;H. Koshino, P. A. Carpenter, N. J. Minshew, V. L. Cherkassky, T. A. Keller, M. A. Just: ''Functional connectivity in an fMRI working memory task in high-functioning autism.'' In: ''NeuroImage.'' Band 24, Nummer 3, Februar 2005, S.&amp;nbsp;810–821, [[doi:10.1016/j.neuroimage.2004.09.028]], PMID 15652316.&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;PMID16772313&quot;&gt;M. A. Just, V. L. Cherkassky, T. A. Keller, R. K. Kana, N. J. Minshew: ''Functional and anatomical cortical underconnectivity in autism: evidence from an FMRI study of an executive function task and corpus callosum morphometry.'' In: ''Cerebral cortex (New York, N.Y.: 1991).'' Band 17, Nummer 4, April 2007, S.&amp;nbsp;951–961, [[doi:10.1093/cercor/bhl006]], PMID 16772313, {{PMC|4500121}}.&lt;/ref&gt; Bezüglich anderer Theorien wurde es nicht als Gegenmodell, sondern als übergreifendes Generalmodell präsentiert. In den folgenden Jahren nahm die Anzahl der Studien zur ''Konnektivität'' bei Autismusspektrum explosionsartig zu.<br /> <br /> Dabei wurde neben eher globaler ''Unterkonnektivität'' häufig auch eher lokale ''Überkonnektivität'' gefunden. Letztere wird allerdings – gestützt auf Kenntnisse der frühkindlichen Gehirnentwicklung bei Autismus – eher als Überspezialisierung und nicht als Steigerung der Effektivität verstanden. Um beide Erscheinungen zu berücksichtigen, wird das Konzept nun ''atypische Konnektivität'' genannt. Es zeichnet sich ab (Stand: Juli 2015), dass es sich als Konsensmodell in der Forschung etabliert.&lt;ref name=&quot;PMID21378114&quot;&gt;R. A. Müller, P. Shih, B. Keehn, J. R. Deyoe, K. M. Leyden, D. K. Shukla: ''Underconnected, but how? A survey of functional connectivity MRI studies in autism spectrum disorders.'' In: ''Cerebral cortex (New York, N.Y.: 1991).'' Band 21, Nummer 10, Oktober 2011, S.&amp;nbsp;2233–2243, [[doi:10.1093/cercor/bhq296]], PMID 21378114, {{PMC|3169656}} (Review).&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;PMID24496901&quot;&gt;J. O. Maximo, E. J. Cadena, R. K. Kana: ''The implications of brain connectivity in the neuropsychology of autism.'' In: ''Neuropsychology review.'' Band 24, Nummer 1, März 2014, S.&amp;nbsp;16–31, [[doi:10.1007/s11065-014-9250-0]], PMID 24496901, {{PMC|4059500}} (Review).&lt;/ref&gt; Dies gilt auch, wenn der Asperger-Bereich des Autismusspektrums für sich betrachtet wird.&lt;ref name=&quot;PMID15860339&quot;&gt;D. E. Welchew, C. Ashwin, K. Berkouk, R. Salvador, J. Suckling, [[Simon Baron-Cohen|S. Baron-Cohen]], E. Bullmore: ''Functional disconnectivity of the medial temporal lobe in Asperger’s syndrome.'' In: ''Biological psychiatry.'' Band 57, Nummer 9, Mai 2005, S.&amp;nbsp;991–998, [[doi:10.1016/j.biopsych.2005.01.028]], PMID 15860339.&lt;/ref&gt; Die beim Autismusspektrum vorliegende ''atypische Konnektivität'' wird verstanden als Ursache des hier beobachteten besonderen Verhaltens, wie etwa bei der Erfassung von Zusammenhängen zwischen Dingen, Personen, Gefühlen und Situationen.<br /> <br /> == Behandlung ==<br /> Nicht jede Diagnose des Asperger-Syndroms führt zur Einstufung als Krankheit, die beachtet oder gar behandelt werden sollte.&lt;ref name=&quot;Roy&quot; /&gt; Auch gibt es derzeit (Stand 2017) keine kausal wirksame Therapie. Möglich ist eine [[symptomatische Therapie]], die sich auf [[Verhaltenstherapie|verhaltenstherapeutische]] Ansätze (zum Beispiel [[TEACCH]], [[Applied Behavior Analysis|ABA]]) und die Einübung sozialer Fertigkeiten stützt. Mit den Behandlungsgrundsätzen für Menschen mit Asperger haben sich insbesondere Klin und Volkmar beschäftigt.&lt;ref&gt;Ami Klin, Fred R. Volkmar: ''Treatment and intervention guidelines for individuals with Asperger Syndrome.'' In: Ami Klin, Fred R. Volkmar, Sara S. Sparrow (Hrsg.): ''Asperger Syndrome.'' New York, Guilford Press 2000, S.&amp;nbsp;340–366.&lt;/ref&gt; Zur Behandlung bei Erwachsenen liegt eine umfassende Übersicht von 2013 durch die Freiburger Autismus-Studiengruppe vor.&lt;ref&gt;Dieter Ebert, Thomas Fangmeier, Andrea Lichtblau, Julia Peters, Monica Biscaldi-Schäfer, [[Ludger Tebartz van Elst]]: ''Asperger-Autismus und hochfunktionaler Autismus bei Erwachsenen. Ein Therapiemanual der Freiburger Autismus-Studiengruppe.'' [[Hogrefe Verlag]], Göttingen 2013, ISBN 978-3-8409-2501-6.&lt;/ref&gt; Auch eine Anpassung der äußeren Umgebung an die Schwierigkeiten der Patienten kann sinnvoll sein.&lt;ref name=&quot;Remschmidt2007&quot; /&gt; <br /> <br /> Wenn Symptome wie ausgeprägte [[Hyperaktivität]] und Unruhe, aggressives Verhalten, [[Schlafstörung]]en oder [[Depression|depressive Verstimmungen]] hinzukommen, werden auch Medikamente eingesetzt.&lt;ref name=&quot;Remschmidt&quot; /&gt; In einer systematischen Übersichtsarbeit aus dem Jahre 2012 wurden 32 Studien analysiert, die die Effektivität von Behandlungen von Jugendlichen und von jungen Erwachsenen mit Autismus-Spektrum-Störungen untersuchten. Das Ergebnis war, dass keine der 32 Studien als gut qualifiziert werden könne und nur fünf davon noch als akzeptabel anzusehen seien.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Julie Lounds Taylor, Dwayne Dove, Jeremy Veenstra-VanderWeele, Nila A. Sathe, Melissa L. McPheeters |Titel=Interventions for Adolescents and Young Adults With Autism Spectrum Disorders |Reihe=AHRQ Comparative Effectiveness Reviews |Verlag=Agency for Healthcare Research and Quality (US) |Ort=Rockville MD |Datum=2012-01-01 |Online=http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK107275/ |PMID=23035276 |Abruf=2017-04-24}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Autismusrechtsbewegung ==<br /> In der [[Neurowissenschaften|neurowissenschaftlichen]] und medizinischen Forschung wird das Asperger-Syndrom als eine Abweichung in der Informationsverarbeitung des Gehirns beschrieben. Einen anderen Ansatz verfolgt zum Beispiel der britische Psychologe [[Tony Attwood]], der das Syndrom nicht als Abweichung, sondern als eine Normvariante der Informationsverarbeitung begreift. Attwood gesteht ein, dass Asperger-Autisten in einem sozialen Umfeld, dessen Verhaltensregeln sie nur schlecht folgen können, strukturell benachteiligt sind, betont jedoch, dass diese Normvariante des Gehirns eine volle Daseinsberechtigung habe.&lt;ref&gt;Carol Gray, Tony Attwood (1999): [http://www.aspiana.de/neben/Aspie.pdf ''Die Entdeckung von „Aspie“.''] (PDF; 29&amp;nbsp;kB); vgl. [http://www.parl.gc.ca/Content/SEN/Committee/391/soci/rep/repfinmar07-e.htm#_Toc162403096 ''Final Report on: The Enquiry on the Funding for the Treatment of Autism (2007): A. Definition of Autism''] Library of Parliament (Canada)&lt;/ref&gt;&lt;ref name=&quot;:3&quot; /&gt;<br /> <br /> Von Attwood stammt auch der Ausdruck „neurologisch typisch“ ([[neurotypisch]], NT) als Bezeichnung für Menschen, die nicht autistisch sind. Während „NT“s emotional gesteuert seien und durch Intuition lernen würden, seien Asperger-Autisten logisch gesteuert und würden durch Instruktion lernen. Hilfreicher als eine Diagnose und die Aufzeigung der Mängel eines Asperger-Autisten sei es, dessen Stärken und Talente zu identifizieren. Als Alternative zu klinisch klingenden Bezeichnungen, wie „Asperger-Patient“ oder „Asperger-Autist“, hat die US-amerikanische Pädagogin [[Liane Holliday Willey]] 1999 den Ausdruck „Aspie“ geprägt, eine (Selbst-) Bezeichnung, die vor allem die Fähigkeiten und Stärken von Menschen mit Asperger betonen soll.&lt;ref&gt;Liane Holliday Willey: [http://books.google.de/books?id=eWSqTIJ-6XwC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=Liane+Holliday+Willey&amp;cd=1#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Pretending to be Normal. Living with Asperger’s Syndrome''], 1999.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Manche Menschen mit Asperger sind heute organisiert und fordern –&amp;nbsp;unter anderem auf Veranstaltungen wie dem [[Autistic Pride Day]]&amp;nbsp;– die Entpathologisierung und die gesellschaftliche Anerkennung der autistischen Persönlichkeit. Der Kampfbegriff der Autismusrechtsbewegung –&amp;nbsp;„[[Neurodiversität]]“ (''neurodiversity'')&amp;nbsp;– bringt die Idee zum Ausdruck, dass eine untypische neurologische Entwicklung ein normaler menschlicher Unterschied sei, der ebenso Akzeptanz verdiene wie jede andere –&amp;nbsp;physiologische oder sonstige&amp;nbsp;– Variante des Menschseins.<br /> <br /> == Forschungseinrichtungen ==<br /> Zu den Einrichtungen, an denen Forschungsschwerpunkte für das Asperger-Syndrom bestehen, zählen das Center for Cognitive Brain Imaging an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh/USA (Marcel Just, Nancy Minshew),&lt;ref&gt;[http://www.ccbi.cmu.edu/publications.html Center for Cognitive Brain Imaging at Carnegie Mellon University], abgerufen am 31. Juli 2015.&lt;/ref&gt; das ''Yale Child Study Center'' der [[Yale University]] School of Medicine (Fred Volkmar),&lt;ref&gt;[http://childstudycenter.yale.edu/autism/ Yale Autism Program] abgerufen am 31. Juli 2015.&lt;/ref&gt; das Gillberg Neuropsychiatry Centre der [[Universität Göteborg]] (Christopher Gillberg, Carina Gillberg)&lt;ref&gt;[http://gillbergcentre.gu.se/english/research/gnc-studies Gillberg Neuropsychiatry Centre] abgerufen am 31. Juli 2015.&lt;/ref&gt; und das Universitäre Zentrum Autismus Spektrum (UZAS) in [[Freiburg im Breisgau|Freiburg]].&lt;ref&gt;[https://www.uniklinik-freiburg.de/psych/klinische-schwerpunkte/asperger-autismus/ziele-des-zentrums.html Universitäres Zentrum Autismus Spektrum (UZAS) – Freiburg] abgerufen am 1. August 2015.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Aktuelle Ergebnisse der internationalen Autismusforschung werden auf der seit 2007 jährlich stattfindenden ''Wissenschaftlichen Tagung Autismus-Spektrum'' (WTAS) vorgestellt. Diese Tagung ist mit Gründung der ''Wissenschaftlichen Gesellschaft Autismus-Spektrum'' (WGAS)&lt;ref&gt;[http://www.wgas-autismus.org/ Wissenschaftliche Gesellschaft Autismus-Spektrum (WGAS)] abgerufen am 9. Februar 2012.&lt;/ref&gt; 2008 auch deren wesentliches Organ.<br /> <br /> == Rechtssituation ==<br /> {{Hauptartikel|Autismus#Autismus und Behinderung|titel1=„Autismus und Behinderung“ im Artikel Autismus}}<br /> <br /> == Das AS als Thema in der Kunst ==<br /> Das Asperger-Syndrom wird häufig auch als Thema in Buch, Film und Videospielen verarbeitet, wie die nachfolgende Liste zeigt.<br /> <br /> === Belletristik ===<br /> * [[Marc Elsberg]]: ''ZERO – Sie wissen, was du tust.'' Blanvalet, 2014, ISBN 978-3-7645-0492-2.<br /> * [[Craig Lancaster]]: ''600 Hours of Edward.'' Riverbend Publishing, 2009, ISBN 978-1-60639-013-9.<br /> * Craig Lancaster: ''Edward Adrift.'' Lake Union Publishing, 2013, ISBN 978-1-61109-905-8; deutsch: ''Edward auf Reisen.'' AmazonCrossing, 2014, ISBN 978-1-4778-2168-8.<br /> * [[Kathy Lette]]: ''The Boy who Fell to Earth.'' Bantam Press, 2012, ISBN 978-0-593-06084-1.<br /> * [[Jodi Picoult]]: ''House Rules.'' Hodder, 2010, ISBN 978-0-340-97908-2; deutsch: ''In den Augen der anderen.'' Bastei Lübbe, August 2011, ISBN 978-3-431-03841-5. (Roman, in dem Asperger-Syndrom und seine Auswirkungen beschrieben werden.)<br /> * [[Graeme Simsion]]: ''The Rosie Project.'' Simon &amp; Schuster, 2013, ISBN 978-1-4767-2908-4; deutsch: ''Das Rosie-Projekt.'' Krüger-Verlag, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-8105-1951-1.<br /> * Graeme Simsion: ''The Rosie Effect: A Novel'' Michael Joseph Ltd, 2014, ISBN 978-0-7181-7948-9; deutsch: ''Der Rosie-Effekt: Noch verrückter nach ihr.'' Fischer Krüger, 2014, ISBN 978-3-8105-2258-0.<br /> <br /> === Jugendliteratur ===<br /> * [[Siobhan Dowd]]: ''The London Eye Mystery.'' David Fickling Books, 2007, ISBN 978-0-385-61266-1.<br /> * [[Mark Haddon]]: ''The Curious Incident of the Dog in the Night-Time.'' Vintage, 2003, ISBN 0-09-947043-8; deutsch: ''Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone.'' cbj, 2015, ISBN 978-3-570-40321-1.<br /> <br /> === Spielfilme/Serien ===<br /> * ''[[Boston Legal]]'' (US-Anwaltssatire, 2004–2009)<br /> * ''[[Mozart und der Wal]]'' (Regie: [[Petter Næss]], USA 2005)<br /> * ''[[Ben X]]'' (Belgien 2007)<br /> * ''[[Adam – Eine Geschichte über zwei Fremde. Einer etwas merkwürdiger als der Andere.]]'' (Max Mayer, Großbritannien 2009)<br /> * ''[[Der kalte Himmel]]'' (Zweiteiler, Deutschland 2010)<br /> * ''[[Im Weltraum gibt es keine Gefühle]]'' (Komödie produziert von der Svensk Filmindustri, Schweden 2010)<br /> * ''[[My Name Is Khan]]'' (Indien 2010)<br /> * ''[[Parenthood (Fernsehserie)|Parenthood]]'' (US-Familienserie, 2010–2015)<br /> * ''[[Extrem laut &amp; unglaublich nah]]'' (USA 2011)<br /> * ''[[Die Brücke – Transit in den Tod]]'' (mehrteiliger dänisch-schwedisch-deutscher Kriminalfilm, 2011)&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/die-bruecke-im-zdf-so-eine-umstaendliche-vorgehensweise-14067354.html |titel=So eine umständliche Vorgehensweise |autor= |hrsg= |werk=[[FAZ]] |datum=2016-02-14 |zugriff=2016-12-30}}&lt;/ref&gt;<br /> * ''[[Elementary (Fernsehserie)]]'' (US-Detektivserie 2012–2018)&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://autisticsherlockinelementary.tumblr.com/post/118736611949/cbs-elementarys-sherlock-autism-spectrum|titel=CBS Elementary’s Sherlock &amp; autism spectrum addressed|datum=2016|zugriff=2018-01-28|hrsg=http://autisticsherlockinelementary.tumblr.com|autor=Lucas Scheelk}}&lt;/ref&gt;<br /> * ''[[Birnenkuchen mit Lavendel]]'' (Frankreich 2015)<br /> <br /> === Trickfilme ===<br /> * ''[[Mary und Max]]'' (Animationsfilm von [[Adam Elliot]], Australien 2009)<br /> * ''[[South Park]]'' [[Liste der South-Park-Episoden#Staffel 15|Staffel 15 Nr. 8]] (Animationsserie, USA 2011) behandelt satirisch die unsichere [[Nosologie|nosologische]] Klassifikation des Asperger-Syndroms.<br /> <br /> === Videospiele ===<br /> * ''[[To the Moon]]'' (Adventure von [[Freebird Games]], 2011) – Die Partnerin des Protagonisten hat das Asperger-Syndrom.<br /> <br /> == Literatur ==<br /> === Forschungsliteratur ===<br /> * Hans Asperger: ''Das psychisch abnorme Kind.'' In: ''Wiener Klinische Wochenzeitschrift.'' Jg.&amp;nbsp;51, 1938, {{ISSN|0043-5325}}, S. 1314–1317.<br /> * [[Hans Asperger]]: ''Die „Autistischen Psychopathen“ im Kindesalter.'' In: ''Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten.'' Band 117, 1944, S.&amp;nbsp;73–136. [[doi: 10.1007/bf01837709]]. ([http://www.autismus-biberach.com/Asperger_Hans-_Autistischen_Psychopathen.pdf PDF-Datei], 197 KB, 64 Seiten, Stichwortsuche möglich)<br /> * [[Lorna Wing]]: ''Asperger’s syndrome: a clinical account.'' In: ''Psychological Medicine.'' Band 11, Nummer 1, Februar 1981, S.&amp;nbsp;115–129. PMID 7208735. (Wissenschaftliche Veröffentlichung, in der das Symptombild erstmals als „Asperger-Syndrom“ bezeichnet wird).<br /> * Ami Klin, Fred R. Volkmar, Sara S. Sparrow (Hrsg.): [http://books.google.de/books?id=ovvD0ZuH0GMC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=ami+klin#v=onepage&amp;q=&amp;f=false ''Asperger Syndrome'']. Guilford, New York 2000, ISBN 1-57230-534-7.<br /> * [[Helmut Remschmidt]], Inge Kamp-Becker: ''Asperger-Syndrom.'' Verlag Springer, 2006, ISBN 3-540-20945-X.<br /> * {{Literatur<br /> |Autor=Mandy Roy u.&amp;nbsp;a.<br /> |Titel=Das Asperger-Syndrom im Erwachsenenalter<br /> |Sammelwerk=Dtsch Arztebl Int<br /> |Nummer=106(5)<br /> |Datum=2009<br /> |Seiten=59–64<br /> |Online=[http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&amp;id=63173 Artikel]}}<br /> * [[Ludger Tebartz van Elst]]: ''Das Asperger-Syndrom im Erwachsenenalter: und andere hochfunktionale Autismus-Spektrum-Störungen.'' MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsges., 2012, ISBN 978-3-941468-80-1.<br /> * {{Literatur<br /> |Autor=Timo Lorenz, Kathrin Heinitz<br /> |Titel=Aspergers – Different, Not Less: Occupational Strengths and Job Interests of Individuals with Asperger’s Syndrome<br /> |Verlag=[[PLOS ONE]]<br /> |Datum=2014-06-20<br /> |Kommentar=en<br /> |DOI=10.1371/journal.pone.0100358}}<br /> * Reinhard Krüger: ''homo significans: Der Mensch als Zeichenerzeuger. Förderung kommunikativer Kompetenz und die neurobiologischen Grundlagen des Lernens bei Menschen mit ASS.'' In: ''unterstützte kommunikation &amp; forschung.'' Band 1: ''Hirnforschung und Autismusspektrumsstörung.'' Von Loeper, Karlsruhe 2011, S. 4–20.<br /> <br /> === Einführungs- und Ratgeberliteratur ===<br /> * Dieter Ebert, Thomas Fangmeier, Andrea Lichtblau, Julia Peters, Monica Biscaldi-Schäfer, [[Ludger Tebartz van Elst]]: ''Asperger-Autismus und hochfunktionaler Autismus bei Erwachsenen. Ein Therapiemanual der Freiburger Autismus-Studiengruppe.'' [[Hogrefe Verlag]], Göttingen 2013, ISBN 978-3-8409-2501-6.<br /> * Valerie L. Gaus: ''Cognitive-Behavioral Therapy for Adult Asperger Syndrome (Guides to Individual Evidence Base Treatment).'' Guilford, New York 2007, ISBN 978-1-59385-497-3 (für Therapeuten geschrieben, aber allgemeinverständlich).<br /> * Isabelle Hénault: ''Asperger’s Syndrome and Sexuality.'' Jessica Kingsley Publishers, London 2006, ISBN 1-84310-189-0.<br /> * Ole Sylvester Jørgensen: ''Asperger. Syndrom zwischen Autismus und Normalität. Diagnostik und Heilungschancen.'' Beltz, Weinheim / Basel 2002, ISBN 3-407-22112-6.<br /> * Dinah Murray: ''Coming out Asperger.'' Jessica Kingsley Publishers, London 2006, ISBN 1-84310-240-4.<br /> * [[Christine Preißmann]]: ''Psychotherapie und Beratung bei Menschen mit Asperger-Syndrom. Konzepte für eine erfolgreiche Behandlung aus Betroffenen- und Therapeutensicht.'' 2., vollst. überarbeitete und erweiterte Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-17-020757-8.<br /> * [http://autismus-mfr.de/wp-content/uploads/2016/01/asperger.pdf ''Asperger-Autisten verstehen lernen. Eine Handreichung (nicht nur) für Pädagoginnen und Pädagogen, … mit praxiserprobten Lösungsansätzen.''] (PDF) Regionalverband Mittelfranken Hilfe für das autistische Kind, Emskirchen 2004/2010.<br /> * Daniel Tibi: [[:Datei:Kurzinfo-as 20060522.pdf|''Wie macht sich das Asperger-Syndrom bemerkbar? Eine Kurzinformation.'']] (PDF; 680 kB) Aspergia, Kiel 2005.<br /> * Kai Vogeley: ''Anders sein. Asperger-Syndrom und Hochfunktionaler Autismus im Erwachsenenalter – Ein Ratgeber.'' Beltz, Weinheim 2012, ISBN 978-3-621-27933-8.<br /> * [[Christine Preißmann]]: ''Überraschend anders – Mädchen &amp; Frauen mit Asperger.'' Trias, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-8304-6819-6 ([http://books.google.de/books?id=gEy24PeSecoC&amp;printsec=frontcover&amp;dq=M%C3%A4dchen+%26+Frauen++Asperger&amp;hl=de&amp;sa=X&amp;ei=8-vuUdffHoTZPPK7gPAJ&amp;ved=0CDgQ6AEwAQ#v=onepage&amp;q=M%C3%A4dchen%20%26%20Frauen%20%20Asperger&amp;f=false Inhaltsverzeichnis einsehbar bei Google-Books]).<br /> * Verschiedene Autoren, online lesbar bei ''[[WikiBooks]]: [[b:en:Autistic Survival Guide|Autistic Survival Guide]]'' (englisch, frühe [http://www.autismusundcomputer.de/marc2.de.html deutschsprachige Übersetzung]).<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Asperger syndrome|Asperger-Syndrom}}<br /> {{Wiktionary}}<br /> <br /> * Christine Preißmann: [http://www.einzigartig-eigenartig.de/content/files/Dr.%20Preismann_Handout_Walsrode_2010.pdf ''Mein Leben mit dem Asperger-Syndrom.''] (PDF; 100&amp;nbsp;kB). Vortrags-Skript, 9. April 2010.<br /> * Eva Völker: [http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hintergrundpolitik/2275994/ ''Besondere Talente – Asperger-Autisten erfolgreich im Beruf.''] [[dradio]] hintergrund, 5. Oktober 2013.<br /> * [http://www.planet-wissen.de/video-planet-wissen-ein-autist-sucht-die-liebe-100.html ''Ein Autist sucht die Liebe.''] [[Planet Wissen]], [[Westdeutscher Rundfunk Köln|WDR]], Sendung vom 1. April 2014.<br /> * [http://asperger-autismus.ch/asperger_symptome/soziale-probleme/ Asperger-Symptome:Soziale Probleme] bei asperger-autismus.ch<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references responsive /&gt;<br /> <br /> {{Gesundheitshinweis}}<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4296005-8}}<br /> <br /> [[Kategorie:Asperger-Syndrom| ]]<br /> [[Kategorie:Autismus]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Au%C3%9Ferirdisches_Leben&diff=165101579 Außerirdisches Leben 2017-05-02T07:11:21Z <p>212.117.117.42: Ich habe nur die penisgrösse hinzugefügt</p> <hr /> <div>'''Außerirdisches Leben''' ist eine Bezeichnung für [[Lebewesen|Lebensformen]], die auf der [[Erde]] weder beheimatet noch entstanden sind.&lt;ref&gt;Frank White: ''{{lang|en|The Seti Factor&amp;nbsp;– How the Search for Extraterrestrial Intelligence Is Changing Our View of the Universe and Ourselves.}}'' Walker &amp; Company, New York, {{Datum|||1990}}, ISBN 978-0-8027-1105-2, S.&amp;nbsp;11: „''[…]&amp;nbsp;a being with origins and existence outside the boundaries of the earth&amp;nbsp;[…] that includes any life form originating off the planet earth.''“&lt;/ref&gt; Der Begriff deckt alle möglicherweise existierenden Arten und Erscheinungsformen von [[Leben]] nichtirdischer Herkunft ab, von einfachsten biologischen [[Systematik (Biologie)|Systemen]] (z.&amp;nbsp;B. [[Mikrosphäre]]n, [[Prion]]en, [[Viren]] und [[Prokaryoten]]) über [[pflanzen]]- und [[tier]]artiges Leben bis hin zu Lebensformen, deren Komplexität die des Menschen weit übersteigen könnte.&lt;ref&gt;Peter D. Ward: ''Life as we do not know it-the NASA search for (and synthesis of) alien life.'' Viking, New York 2005, ISBN 0-670-03458-4: ''„What is Life?“'' S.&amp;nbsp;1–23.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Michael J. Crowe: ''{{lang|en|The extraterrestrial life debate 1750–1900: The idea of a plurality of worlds from Kant to Lowell.}}'' Cambridge Univ. Press, Cambridge, {{Datum|||1986}}, ISBN 0-521-26305-0.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Michael J. Crowe: ''{{lang|en|The Extraterrestrial Life Debate, Antiquity to 1915&amp;nbsp;– A Source Book.}}'' Univ. of Notre Dame Press, Notre Dame, {{Datum|||2008}}, ISBN 978-0-268-02368-3.&lt;/ref&gt; Ein außerirdisches Wesen wird auch kurz Außerirdischer oder nach der [[Englische Sprache|englischen]] Bezeichnung ''Alien'' (deutsch ''Fremdling'') genannt. Das Adjektiv ''außerirdisch'' ist gleichbedeutend mit dem Fremdwort ''[[extraterrestrisch]].Die durschnittliche Penisgrösse eines Ausserirdischen beträgt 0,5 cm.'' <br /> <br /> Bislang ist nicht bekannt, ob Leben außerhalb der irdischen [[Biosphäre]] existiert.<br /> <br /> == Historische Überlegungen ==<br /> <br /> Naturphilosophische Gedanken zur Existenz von außerirdischem Leben lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen. So finden sich etwa schon in [[Plutarch]]s Werk ''Das Mondgesicht''&lt;ref name=&quot;mondgesicht&quot;&gt;Plutarch: ''Das Mondgesicht.'' Übers. von Herwig Görgemanns, Zürich, 1968.&lt;/ref&gt; oder [[Lukian von Samosata]]s Schrift ''Ikaromenipp oder die Wolkenreise''&lt;ref name=&quot;samosata&quot;&gt;Lukian von Samosata: ''Ikaromenipp oder die Wolkenreise.'' Zweisprachige Ausgabe, hrsg. und übers. von [[Karl Mras]], München, 1980.&lt;/ref&gt; Gedanken über Lebewesen jenseits der Erde. Derartige Texte beziehen sich jedoch wesentlich auf [[Mythos|mythische]] Motive und haben nicht den Anspruch, mit Hilfe einer rationalen Argumentation Theorien über außerirdisches Leben zu entwickeln.<br /> <br /> [[Giordano Bruno]] im 16. Jahrhundert meinte, dass das [[Universum|Weltall]] unendlich sei und dass es auch unendlich viele Lebewesen auf anderen [[Planet]]en im Universum gebe. Im späten 17. Jahrhundert veröffentlichte der Astronom [[Christiaan Huygens]] seine Schrift ''Weltbeschauer, oder vernünftige Muthmaßungen, daß die Planeten nicht weniger geschmükt und bewohnet seyn, als unsere Erde.'' Huygens, zugleich einer der Begründer der [[Geschichte der Wahrscheinlichkeitstheorie|Wahrscheinlichkeitstheorie]], erkannte, dass er zu keinen [[Gewissheit|gesicherten]] Erkenntnissen über extraterrestrisches Leben kommen konnte. Dennoch seien einige Annahmen wahrscheinlicher als andere, daher könne man doch zumindest zu „vernünftigen Mutmaßungen“ kommen. Die Idee von „vernünftigen Mutmaßungen“ beeinflusste die Naturphilosophie des 18. Jahrhunderts stark. [[Christian Wolff (Philosoph)|Christian Wolff]] berechnete mit Hilfe von [[Analogie (Philosophie)|Analogieargumenten]] und „vernünftigen Mutmaßungen“ gar die Größe der Jupiterbewohner auf 13819 1440stel eines [[Alte Maße und Gewichte (Frankreich)|Pariser Fußes]],&lt;ref&gt;Christian Wolff: ''{{lang|la|Elementa matheseos universae. Edito Nova.}}'' Halle, Renger, {{Datum|||1735}}&lt;/ref&gt; also etwa vier Meter.&lt;ref name=&quot;knobloch&quot;&gt;Einen Überblick zu Kant und der Wissenschaftsgeschichte der Suche nach außerirdischem Leben bietet: Eberhard Knobloch: ''Vielheit der Welten&amp;nbsp;– extraterrestrische Intelligenz.'' In: Wilhelm Voßkamp: ''Ideale Akademie.'' Berlin, Akademie Verlag, {{Datum|||2002}}, ISBN 3-05-003739-3, S.&amp;nbsp;185–187. Zu Wolffs Berechnung siehe dort, S.&amp;nbsp;167, [http://books.google.com/books?id=DopY0Wh3YbQC&amp;lpg=PA167&amp;ots=v2ZWaE3D15&amp;dq=Wolff%20jupiterbewohner&amp;hl=de&amp;pg=PA165#v=onepage&amp; Googlebooks.]&lt;/ref&gt; Auch [[Immanuel Kant]] beschäftigte sich 1755 in seinem Werk ''[[Von den Bewohnern der Gestirne]]'' mit der Frage, ob es Leben auf anderen Planeten gebe.<br /> <br /> Die Spekulationen über außerirdisches Leben nahmen insbesondere in der zweiten Hälfte des 19.&amp;nbsp;Jahrhunderts zu, als die [[Evolution]]stheorie an Verbreitung gewann, die besagt, dass sich das Leben auf der Erde über Zeiträume von Jahrmilliarden über natürliche [[Mutation]]s- und [[Selektion (Evolution)|Selektionsprozesse]] von einfachsten Lebensformen zu immer größerer Vielfalt, höherer Komplexität und schließlich auch zu Intelligenz entwickelt hat. Diese Vorstellung ließ es möglich erscheinen, dass sich auch auf anderen Planeten auf eine vergleichbare Weise Leben entwickelt hat – insbesondere nachdem zugleich das traditionelle biblisch-christliche Weltbild immer mehr an Bedeutung verlor und die [[Astronomie]] aufgezeigt hatte, dass unsere [[Sonne]] ein [[Stern]] unter Milliarden ähnlicher Sterne ist.<br /> <br /> Zunächst konzentrierten sich die Spekulationen über außerirdisches Leben auf die erdnächsten Himmelskörper: den [[Mond]] und die Planeten unseres eigenen [[Sonnensystem]]s, insbesondere die beiden Nachbarplaneten der Erde, [[Mars (Planet)|Mars]] und [[Venus (Planet)|Venus]]. Daneben wurde lange spekuliert, ob unser Sonnensystem mit seinen Planeten einen Sonderfall im Universum darstellt oder ob Planeten im Universum in großer Zahl vorhanden seien.<br /> <br /> 1854 theoretisierte [[William Whewell]], der Mars hätte Ozeane, Land und möglicherweise Lebensformen. Nach Teleskopbeobachtungen der [[Marskanäle]], die sich später als optische Täuschung herausstellten, explodierten Ende des 19.&amp;nbsp;Jahrhunderts die Spekulationen über Leben auf dem Mars förmlich. So veröffentlichte der amerikanische Astronom [[Percival Lowell]] 1895 sein Buch ''Mars,'' gefolgt von ''Mars and its Canals'' (Mars und seine Kanäle) 1906, in denen er vorschlug, dass die Kanäle die Arbeiten einer längst vergangenen Zivilisation wären.&lt;ref&gt;{{cite book |title = Is Mars habitable? A critical examination of Professor Percival Lowell’s book ‘Mars and its canals’, with an alternative explanation |first = Alfred Russel |last = Wallace |location = London |publisher = Macmillan |year = 1907 |oclc = 263175453}}&lt;/ref&gt; In den ersten wissenschaftlich untermauerten Vorstellungen von der Venus als Weltkörper galt dieser erdähnliche Planet durch seine größere Sonnennähe als eine lebensfreundlichere, junge und sehr warme Welt der Urzeit, die unter der undurchdringlichen Wolkendecke von Dschungel und Wüsten geprägt ist. Das hat sich dann auch in der später aufgekommenen wissenschaftlichen Phantastik der Literatur und der Filmkunst niedergeschlagen, besonders in Form verschiedenster [[Venusianer]]. Mit der Erkundung der wirklichen Bedingungen, vor allem seit den ersten Messergebnissen der Sonde [[Mariner 2]] 1962, wurde dann klar, dass die Venus nicht tropisch und lebensfreundlich, sondern sehr heiß und trocken ist.<br /> <br /> == Heutige Sicht ==<br /> <br /> === Existenzwahrscheinlichkeit ===<br /> <br /> Für die Existenz von intelligentem Leben außerhalb der Erde werden insbesondere die Tatsachen angeführt, dass es allein in der [[Milchstraße]] zwischen 200 und 400&amp;nbsp;Milliarden Sterne gibt und diese wiederum nur eine von mehr als 100&amp;nbsp;Milliarden Galaxien ist. Die Wahrscheinlichkeit der Existenz solchen Lebens wird seit 1961 mit der [[Drake-Gleichung]] abgeschätzt.&lt;ref&gt;[[Sebastian von Hoerner]]: ''Sind wir allein?&amp;nbsp;– SETI und das Leben im All.'' Beck, München 2003, ISBN 3-406-49431-5, S.&amp;nbsp;151–152.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.daviddarling.info/encyclopedia/D/DrakeEq.html ''Drake Equation.''] Bei: ''daviddarling.info.'' Abgerufen am 1.&amp;nbsp;Februar 2010.&lt;/ref&gt; Allerdings sind viele der in der Drake-Gleichung genutzten Faktoren umstritten. Auch über die Frage, inwiefern das theoretische Ergebnis der Drake-Gleichung praktische Relevanz hat oder wie es überhaupt zu deuten ist, gibt es Diskussionen.<br /> <br /> Wenn man die Betrachtung auf „[[Intelligenz|intelligentes]]“ Leben einengt, ist zu berücksichtigen, dass es unbekannt ist, ob das Leben in einer „typischen“ Biosphäre durch die Evolution zwangsläufig früher oder später auch intelligente Lebensformen hervorbringt, oder ob es nur in sehr seltenen Fällen zu solchen kommt. Auch können intelligente Lebensformen wohl wieder aussterben, sodass ihr durchschnittliches „Zeitfenster“, gemessen an den Jahrmilliarden umfassenden Zeiträumen der Lebensentwicklung auf Planeten, möglicherweise nur sehr kurz ist.<br /> <br /> Die ersten Planeten um fremde Sterne wurden 1992 entdeckt. Bis 2014 konnte die Astronomie annähernd 2000 [[Exoplanet]]en nachweisen, darunter nicht nur [[Gasriese]]n, sondern auch [[Erdähnlicher Planet|Gesteinsplaneten]]. Des Weiteren wurden in unserem eigenen Sonnensystem Hinweise auf flüssiges [[Wasser]] außerhalb der Erde (das gemeinhin als eine der notwendigen Voraussetzungen für Leben gilt) gefunden, vor allem auf den [[Eismond]]en des äußeren Sonnensystems wie etwa dem Jupitermond [[Europa (Mond)|Europa]], was Anlass zu neuen Spekulationen über außerirdisches Leben in unserem eigenen Sonnensystem gab.<br /> <br /> Einer angepassten Form der Drake-Gleichung zufolge, die das zum Stand 2016 bekannte Wissen über Exoplaneten einschließt, wurde abgeschätzt: Wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Planet in einer [[Habitable Zone|habitablen Zone]] eine „technologische Spezies“ hervorbringt, größer als etwa 10&lt;sup&gt;−24&lt;/sup&gt; ist, dann ist die Menschheit wahrscheinlich nicht der einzige Fall einer technologischen Spezies im beobachtbaren Universum.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=A. Frank, W.t. Sullivan |Titel=A New Empirical Constraint on the Prevalence of Technological Species in the Universe |Sammelwerk=Astrobiology |Band=16 |Nummer=5 |Datum=2016-04-22 |ISSN=1531-1074 |Seiten=359–362 |Online=[http://online.liebertpub.com/doi/full/10.1089/AST.2015.1418 liebertpub.com] |DOI=10.1089/ast.2015.1418}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Interstellare Kolonisation? ===<br /> <br /> Eine weitere Überlegung betrifft die mögliche interstellare Ausbreitung von Leben in der Milchstraße. Falls [[Kardaschow-Skala|technologisch fortgeschrittene Lebensformen]] zu interstellarer Kolonisation fähig wären und zudem ihre [[Zivilisation#Astronomie|Zivilisation]] über Jahrmillionen aufrechterhalten könnten, könnte die gesamte Galaxie innerhalb weniger Millionen Jahre vollständig kolonisiert sein. Die Tatsache, dass sich bis heute keine Anzeichen dafür finden, wird auch als [[Fermi-Paradoxon]] bezeichnet. Einige der Gründe sind die begrenzte habitable Zone in der Umgebung einer Sonne wie auch die nach [[Włodzisław Duch]] sehr begrenzte Anzahl von für komplexe Systeme wie die bekannten Lebensformen verwendbaren chemischen Elementen, was auch das Argument des [[Kohlenstoffchauvinismus]] entkräften soll. Der [[Rare-Earth-Hypothese]] zufolge ist das Fermi-Paradoxon keineswegs paradox. Die Entstehung und die nachgewiesene kontinuierliche Entwicklung von komplexen vielzelligen Lebewesen auf der Erde seit Milliarden von Jahren sei nur einer vergleichsweise unwahrscheinlichen Konstellation vor allem astrophysikalischer und geologischer Bedingungen geschuldet.&lt;ref&gt;J. Veizer (1976) in B. F. Windley (Hrsg.): ''The Early History of the Earth.'' John Wiley and Sons, S.&amp;nbsp;569, London.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Erscheinungsformen ===<br /> <br /> Offensichtlich ist, dass außerirdische Lebensformen, die sich unabhängig vom Leben auf der Erde entwickelt haben, sich mehr oder weniger deutlich von den uns bekannten Lebensformen auf der Erde ([[Mikroorganismus|Mikroorganismen]], [[Pflanze]]n, [[Tier]]en) unterscheiden könnten. Es ist aber auch gemäß der Hypothese der [[Panspermie]] denkbar, dass irdisches Leben nicht auf der Erde entstand, sondern durch Asteroiden auf die Erde gebracht wurde. Vor allem einfache außerirdische Lebensformen könnten somit den irdischen ähnlich sein.<br /> <br /> Die Spekulationen über die Art außerirdischer Lebensformen lassen sich grob in drei Gruppen einteilen:<br /> <br /> * Lebensformen, die dem Leben auf der Erde, insbesondere dem Menschen ([[Humanoid]]e), prinzipiell ähneln<br /> * Lebensformen, die völlig anders als alle auf der Erde vorkommenden sind<br /> * niedere Lebensformen (Mikroorganismen)<br /> <br /> Außerirdisches Leben könnte sogar auf ganz anderen chemischen Elementen beruhen. Die Annahme, dass außerirdisches Leben nur auf Kohlenstoffbasis vorstellbar sei, wird [[Polemik|polemisch]] als [[Kohlenstoffchauvinismus]] bezeichnet.&lt;ref&gt;[[Peter D. Ward]]: ''Life as we do not know it-the NASA search for (and synthesis of) alien life.'' Viking, New York 2005, ISBN 0-670-03458-4: ''Carbon/water chauvinism-how universal is CHON life?'' S.&amp;nbsp;61&amp;nbsp;ff.&amp;nbsp;&amp; ''Non-CHON life.'' S. 73–85.&lt;/ref&gt; Hinweise, dass Leben auch auf anderen Elementen basieren kann, lieferte Ende 2010 eine Studie der [[NASA]], wonach das Bakterium [[GFAJ-1]] das Halbmetall Arsen in sein Erbgut einbaut;&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,732542,00.html ''Arsen-Bakterium: Nasa entdeckt spektakuläre Lebensform.''] Spiegel Online, 2.&amp;nbsp;Dezember 2010.&lt;/ref&gt; Kritiker dieser Studie bemängeln jedoch unter anderem verunreinigte Proben und die Instabilität eines auf Arsen basierenden Erbguts.&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,743009,00.html ''Forscher zanken über vermeintliche Nasa-Aliens.''] Spiegel Online, 2.&amp;nbsp;Februar 2011.&lt;/ref&gt; Im Juni 2012 wurde bekannt, dass GFAJ-1 –&amp;nbsp;entgegen bisherigen Annahmen&amp;nbsp;– lediglich freies Arsenat, nicht aber biochemisch integriertes Arsen enthält. Stattdessen gleicht der Aufbau seiner Nukleinsäuren dem der bekannten Bakterien.&lt;ref&gt;taz: ''[http://www.taz.de/NASA-Forschungsbericht-zurueckgewiesen/!96964/ NASA-Forschungsbericht zurückgewiesen.]'' 9.&amp;nbsp;Juli 2012.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Außerirdisches Leben in der Wissenschaft ===<br /> <br /> [[Astrobiologie]] ist die interdisziplinäre Naturwissenschaft, die Ursprung, Evolution, Verteilung und Zukunft des Lebens mit einer kosmischen Perspektive erforscht. Die Möglichkeit der Entstehung und Existenz von außerirdischem Leben wird in der [[Exobiologie]] untersucht. Die [[parawissenschaft]]liche Spekulation über die möglichen [[sozial]]en Charakteristika und Entwicklungstrends von außerirdischen Zivilisationen wird unter anderem als [[Exosoziologie]] bezeichnet.<br /> <br /> Der US-amerikanische Anwalt [[Andrew G. Haley]] (1956&lt;ref&gt;Andrew G. Haley: ''Space law and Metalaw&amp;nbsp;– A Synoptic View.'' Harvard Law Record&amp;nbsp;23, 8.&amp;nbsp;November 1956.&lt;/ref&gt;, 1963&lt;ref&gt;Andrew G. Haley: ''Space Law and Government.'' Appleton Century Crofts, New York, 1963.&lt;/ref&gt;) und der österreichische Jurist [[Ernst Fasan]] (1970&lt;ref&gt;Ernst Fasan: ''Relations with alien intelligences&amp;nbsp;– the scientific basis of metalaw.'' Berlin Verl., Berlin 1970.&lt;/ref&gt;) befassten sich früh mit Fragen des [[Weltraumrecht]]s und mit den potenziellen Beziehungen zu außerirdischen Intelligenzen. Sie verwendeten hierbei den Begriff ''„metalaw“'' (deutsch etwa: Metarecht).<br /> <br /> == Einfache Lebensformen ==<br /> <br /> Falls erdähnliches Leben auf anderen Objekten im Sonnensystem existieren sollte, wäre zu klären, ob sich dieses Leben von der Erde ausgebreitet hat, vom [[Weltraum]] auf die Erde gekommen ist ([[Panspermie]]theorie), oder sich an verschiedenen Orten unabhängig voneinander entwickelt hat. In der [[Raumfahrt]] ist die [[Planetary Protection]] von Bedeutung.<br /> <br /> === Wissenschaftsphilosophische Kritik und Probleme ===<br /> <br /> Ein Problem der Astrobiologie ist, dass es keine allgemein anerkannte Definition von Leben gibt. Tatsächlich gibt es zwar zahllose Versuche, Leben zu definieren, keine davon hat sich jedoch als vollständig oder auch nur befriedigend erwiesen.&lt;ref name=&quot;Tsokolov_2009&quot;&gt;{{Literatur |Autor=S. A. Tsokolov |Titel=Why Is the Definition of Life So Elusive? Epistemological Considerations |Sammelwerk=Astrobiology |Band=9 |Datum=2009 |Seiten=401–412 |Sprache=en |bibcode=2009AsBio...9..401T}}&lt;/ref&gt; Eine mögliche Schlussfolgerung ist, dass eine feste Trennlinie zwischen „belebt“ und „unbelebt“ gar nicht existiert.&lt;ref name=&quot;Annila_Anila_2008&quot;&gt;{{Literatur |Autor=Annila, Annila |Titel=Why did life emerge? |Sammelwerk=International Journal of Astrobiology |Band=7 |Datum=2008 |Seiten=293–300 |Sprache=en |bibcode=2008IJAsB...7..293A}}&lt;/ref&gt; Als Arbeitsdefinition wird in weiten Teilen der Exobiologie, vor allem wenn es um die direkte Suche innerhalb des Sonnensystems geht, daher von „Leben in der uns bekannten Form“ gesprochen.&lt;ref&gt;Margaret S. Race, Richard O. Randolph: ''The need for operating guidelines and a decision making framework applicable to the discovery of non-intelligent extraterrestrial life.'' Advances in Space Research, Volume 30, Number 6, 2002, S. 1583–1591 [http://www.ingentaconnect.com/content/els/02731177/2002/00000030/00000006/art00478 Abstract.]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Ein weiteres ernstzunehmendes Problem wird von der [[Rare-Earth-Hypothese]] beschrieben.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Ward, Brownlee |Titel=Rare earth. Why Complex Life is Uncommon in the Universe |Verlag=Copernicus |Ort=New York |Datum=2000 |ISBN=0-387-98701-0 |Sprache=en |bibcode=2000rewc.book.....W}}&lt;/ref&gt; Sie besagt, dass komplexes Leben auf der Erde nur durch eine außergewöhnliche und höchst unwahrscheinliche Kombination von Faktoren zustande gekommen ist, sodass eine Suche nach höher entwickeltem Leben außerhalb der Erde hoffnungslos sei. Verfechter der Exobiologie wenden gegen diese Hypothese ein, dass dabei nur genau die Umstände gesucht werden, die auf der Erde zu genau unserer Form von Leben geführt haben. Es müssten aber alle Umstände berücksichtigt werden, die potentiell zu Leben führen können. Speziell die Anwendung des [[Anthropisches Prinzip|anthropischen Prinzips]], das angewandt wird um zu Aussagen über die Häufigkeit von intelligentem Leben im Universum zu kommen, erscheint ihnen daher als unangemessen.&lt;ref name=&quot;ASTBIOReview&quot;&gt;{{Literatur |Autor=Chyba, Hand |Titel=Astrobiology. The Study of the Living Universe |Sammelwerk=Annual Review of Astronomy &amp; Astrophysics |Band=43 |Datum=2005 |Seiten=31–74 |Sprache=en |bibcode=2005ARA%26A..43...31C}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Leben in unserem Sonnensystem ===<br /> <br /> {{Hauptartikel|Leben auf dem Mars}}<br /> {{Hauptartikel|Leben auf Titan}}<br /> <br /> Theoretisch könnte auch außerhalb der Erde auf anderen [[Planet]]en des [[Sonnensystem]]s Leben existieren. So nimmt man in der astrobiologischen Abteilung der [[NASA]] an, dass auf den Planeten [[Venus (Planet)|Venus]] und [[Mars (Planet)|Mars]] sowie auf einigen größeren [[Satellit (Astronomie)|Monden]], wie denen des [[Jupiter (Planet)|Jupiters]] – vor allem [[Europa (Mond)|Europa]], aber auch [[Ganymed (Mond)|Ganymed]] und [[Kallisto (Mond)|Kallisto]] – Leben existieren ''kann'' oder ''konnte.'' Eine besondere Stellung nimmt der [[Saturnmond]] [[Titan (Mond)|Titan]] ein, auf dem unter einer dichten Atmosphäre aus Stickstoff und Methan Bedingungen herrschen könnten, die denen der Ur-Erde ähneln. Die lebensfreundlichsten Bedingungen im Sonnensystem außerhalb der Erde scheint nach derzeitigem Kenntnisstand allerdings der nur 500&amp;nbsp;km große Saturnmond [[Enceladus (Mond)|Enceladus]] zu bieten.&lt;ref&gt;Christopher D. Parkinson, Mao-Chang Liang, Yuk L. Yung, Joseph L. Kirschivnk: ''[http://www.gps.caltech.edu/users/jkirschvink/pdfs/Enceladus_OLEB_online_published_paper.pdf Habitability of Enceladus: Planetary Conditions for Life.]'' (PDF; 310&amp;nbsp;kB).&lt;/ref&gt; ''(Siehe auch [[Eismond]]).''<br /> <br /> Um die Grenzen möglichen Lebens bzw. lebenstragender Umgebungen zu ermitteln, untersucht man auf der [[Erde]] extreme Umgebungen ([[Vulkan]]e, [[Tiefsee]], luftleere Räume, chemische Belastungen, [[Antarktis]]) und vergleicht diese mit den Bedingungen, die auf Planeten wie dem Mars oder Monden wie Enceladus und Titan vorherrschen. Um [[Subglazialer See|subglaziale]] Umgebungen erkunden zu können, werden sogenannte [[Kryobot]]s bzw. [[Hydrobot]]s entwickelt.<br /> <br /> Sowohl beim innersten Planet [[Merkur (Planet)|Merkur]] als auch bei den [[Innere und äußere Planeten|weit außen liegenden Eiswelten]] ab [[Uranus (Planet)|Uranus]] wird die Möglichkeit für Leben faktisch ausgeschlossen. Auf Merkur sind die Tag- und Nachttemperaturen (und damit auch die Schwankungen) zu extrem (−180&amp;nbsp;°C bis 460&amp;nbsp;°C), auf den äußeren Planeten ist die Temperatur dauerhaft zu tief (unter −190&amp;nbsp;°C), um Leben entstehen zu lassen.<br /> <br /> === Meteoriten und Kometen ===<br /> <br /> Bei Untersuchungen an [[Meteorit]]en, zum Beispiel [[ALH 84001 (Meteorit)|ALH 84001]], wurden Spuren gefunden, die [[Fossil|Versteinerungen]] von außerirdischen Mikroorganismen sein könnten.&lt;ref&gt;I. Gilmour, M. A. Sephton: ''An introduction to astrobiology.'' Cambridge Univ. Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-83736-7, The ALH 84001 Story, S.&amp;nbsp;114&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; Dies ist umstritten, weil die gefundenen Spuren auch nichtbiologisch erklärbar sind.&lt;ref&gt;J. Reitner: ''Organomineralisation. A clue to the understanding of meteorite-related bacteria-Shaped carbonat particles.'' In: Joseph Seckbach: ''Origins. Genesis, Evolution and Diversity of Life.'' Kluwer Academic, Dordrecht 2004, ISBN 1-4020-1813-4. S.&amp;nbsp;195&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; Seit der Entstehung der Astrobiologie ist kein Fund gemacht worden, der eindeutige Spuren extraterrestrischer Lebensformen belegt. [[Aminosäure]]n – wichtige Bausteine der Lebewesen auf der Erde – wurden jedoch bereits außerhalb des Sonnensystems und auch auf Meteoriten (z.&amp;nbsp;B. dem [[Murchison (Meteorit)|Murchison-Meteoriten]]) und dem [[Komet]]en [[Wild 2]] nachgewiesen.&lt;ref&gt;[http://www.pnas.org/content/68/2/486.abstract ''Nonprotein Amino Acids in the Murchison Meteorite.''] Auf: ''pnas.org.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.newscientist.com/article/dn2558-amino-acid-found-in-deep-space.html ''Amino acid found in deep space.''] Auf: ''newscientist.com.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://stardust.jpl.nasa.gov/news/news115.html ''NASA Researchers Make First Discovery of Life’s Building Block in Comet.''] Auf: ''nasa.gov.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.wissenschaft-online.de/artikel/1005077 ''Erste Aminosäure auf Kometen entdeckt.''] Auf: ''wissenschaft-online.de.''&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Inzwischen wurde experimentell nachgewiesen, dass Meteoriten wie der Murchison-Meteorit [[Katalysator|katalytische]] Fähigkeiten besitzen: Ihr Material kann bewirken, dass aus einfachen Molekülen wie [[Formamid]] unter anderem Aminosäuren und Vorläufer von Zuckermolekülen entstehen.&lt;ref&gt;{{Cite journal |doi = 10.1007/s11084-011-9239-0 |last = Saladino |first = Raffaele |coauthors = Claudia Crestini, Cristina Cossetti, Ernesto Mauro, David Deamer |title = Catalytic effects of Murchison Material: Prebiotic Synthesis and Degradation of RNA Precursors |journal = Origins of Life and Evolution of Biospheres | accessdate = 2011-05-24 |url = http://www.springerlink.com/content/2r382t6251763363/}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Nachdem 1999 das [[Lyndon B. Johnson Space Center|NASA Johnson Space Center]] im [[Nakhla (Meteorit)|Nakhla Meteoriten]] biomorphe Spuren gefunden hatte, wurde ein Fragment des Meteoriten 2006 für weitere Untersuchungen aufgebrochen um eine mögliche Kontamination mit irdischen Organismen bei weiteren Untersuchungen ausschließen zu können. Darin wurden diverse komplexe kohlenstoffhaltige Materialien gefunden, welche [[Dendrit (Biologie)|dendritartige]] Poren und Kanäle im Fels enthielten, ähnlich den Effekten von Bakterien in Steinen, die man von der Erde kennt.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/4688938.stm |titel=Space rock re-opens Mars debate |autor=Paul Rincon |hrsg=BBC News |datum=2006-02-08 |sprache=en |zugriff=2014-09-19}}&lt;/ref&gt; Nach mehrheitlicher Auffassung der Wissenschaftler reiche die Ähnlichkeit der Formen mit denen lebender Organismen nicht aus, um zu beweisen, dass einst Bakterien auf dem Mars lebten.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/289214.stm |titel=Life on Mars - new claims |autor=David Whitehouse |hrsg=BBC News |datum=1999-08-27 |sprache=en |zugriff=2014-09-19}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Anfang März 2011 veröffentlichte der NASA-Astrobiologe Richard Hoover Forschungsergebnisse, wonach in den Meteoriten ''Alais, Ivuna'' und ''Orgueil,'' drei [[Kohliger Chondrit|kohlige Chodriten]], fossile Reste extraterrestrischer Organismen gefunden worden seien. Der Fund ist Gegenstand kontroverser Diskussionen.&lt;ref&gt;[http://derstandard.at/1297819717302/Diskussion-Astrobiologe-berichtet-von-ausserirdischem-Leben ''Astrobiologe berichtet von außerirdischem Leben.''] Auf: ''derstandard.at.'' 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/astronomie/astrobiologie-forscher-will-ausserirdisches-leben-entdeckt-haben_aid_606161.html ''Forscher will außerirdisches Leben entdeckt haben.''] Auf: ''focus.de.'' 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Richard Hoover: [http://journalofcosmology.com/Life100.html ''Fossils of Cyanobacteria in CI1 Carbonaceous Meteorites.''] In: ''JournalofCosmology.com.'' Vol.&amp;nbsp;13, März 2011, abgerufen am 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.wired.com/wiredscience/2011/03/richard-hoover-meteorite-bugs/# ''Alien Microbe Claim Starts Fight Over Meteorite.''] Auf: ''wired.com.'' 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/0,1518,749402,00.html ''Leben aus dem All? Astrobiologen streiten über Meteoriten-Aliens.''] Auf: ''spiegel.de.'' 7.&amp;nbsp;März 2011, abgerufen am 8.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.latimes.com/news/science/la-sci-alien-life-20110308,0,5561322.story ''Scientists dismiss alien life report.''] Auf: ''latimes.com.'' 8.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt; Am 7.&amp;nbsp;März 2011 distanzierte sich die NASA von der Veröffentlichung Hoovers im ''Journal of Cosmology.''&lt;ref&gt;[http://www.spaceref.com/news/viewpr.html?pid=32928 ''NASA Statement on Astrobiology Paper by Richard Hoover.''] Auf: ''spaceref.com.'' Abgerufen am 8.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt; Andere Astrobiologen gehen von terrestrischer Kontamination aus und bezweifeln die Ergebnisse von Richard Hoover.&lt;ref&gt;[http://www.sciencenews.org/view/generic/id/70826/title/Meteorites_may_hold_fossils_from_space_%E2%80%94_or_not ''Meteorites may hold fossils from space — or not.''] Auf: ''sciencenews.org.'' 9.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.dailymail.co.uk/sciencetech/article-1365161/As-Nasa-scientist-claims-hes-extra-terrestrial-life-meteorites--Is-proof-aliens.html?ito=feeds-newsxml ''As a Nasa scientist claims he’s found extra-terrestrial life on meteorites.''] Auf: ''dailymail.co.uk.'' 11.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://nachrichten.rp-online.de/wissen/nasa-distanziert-sich-von-ausserirdischen-bakterien-1.473976 ''Nasa distanziert sich von außerirdischen Bakterien.''] Auf: ''rp-online.de.'' 9.&amp;nbsp;März 2011, abgerufen am 11.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Leben in anderen Planetensystemen ===<br /> <br /> Leben, so wie wir es kennen, kann sich in einem [[Planetensystem]] nur in der [[Habitable Zone|habitablen Zone]] des jeweiligen Sterns entwickeln. Die habitable Zone ist jener Teil der kosmischen Umgebung, in der auf Planeten oder Monden flüssiges Wasser bestehen kann, welches die Entstehung und das Überleben zumindest einfacher Organismen ermöglicht. Um die habitable Zone eines Sterns beurteilen zu können, ist es wichtig, zu wissen, welcher [[Spektralklasse]] er angehört. Als Spektralklasse bezeichnet man ein System der Harvard-Klassifikation, nach der alle Sterne nach ihrer Oberflächentemperatur und Leuchtkraft eingruppiert werden. Das System besteht aus 7 Grundklassen, die mit den Buchstaben O, B, A, F, G, K und M bezeichnet werden. Darüber hinaus enthält die heute in der Astronomie allgemein angewandte [[Klassifizierung der Sterne|MK-Klassifikation]] auch [[Leuchtkraftklasse]]n, die mit den römischen Ziffern I, II, III, IV und V bezeichnet werden. I steht dabei für Überriese, II für Heller Riese, III für Normaler Riese, IV für Unterriese und V für einen Hauptreihenstern. Unsere Sonne ist nach dieser Klassifikation ein Stern der Klasse G2V. Die habitable Zone erstreckt sich bei Klasse G Sternen je nach Unterklasse in einem Bereich von 0,6 bis 1,6 [[Astronomische Einheit]]en (AE). Für eine ausreichend stabile habitable Zone, d.&amp;nbsp;h. mit nur geringen Änderungen über mehrere Milliarden Jahre hinweg, kommen nur Sterne der Spektralklassen F–M und der Leuchtkraftklasse V in Betracht.<br /> <br /> Es gibt auch Überlegungen zu sehr exotischen Lebensformen, die nicht auf Kohlenstoff basieren ([[Kohlenstoffchauvinismus]]), planetare Ausmaße annehmen (eine [[Biosphäre]] als „ein“ [[Lebewesen]]) oder gar im interplanetaren und interstellaren Raum leben. Diese Überlegungen werden aber meist dem Bereich der [[Science-Fiction|Science Fiction]] zugeordnet.<br /> <br /> === Untersuchungen ===<br /> <br /> 2010 wurde das [[Cranfield Astrobiological Stratospheric Sampling Experiment]] (CASS-E) gestartet, das mit einer [[Ballonsonde (Messinstrument)|Ballonsonde]] Proben in der [[Stratosphäre]] sammelt, die dann nach möglicherweise existierenden extraterrestrischen [[Mikroorganismus|Mikroorganismen]] untersucht werden.&lt;ref&gt;[http://www.telegraph.co.uk/science/space/8038639/Mission-to-search-for-alien-life-in-outer-atmosphere.html ''Mission to search for alien life in outer atmosphere.''] Auf: ''telegraph.co.uk.'' 2. Oktober 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.cass-e.com/cranfieldbexus/Experiment.html ''Cranfield Astrobiological Stratospheric Sampling Experiment.''] Abgerufen am 5.&amp;nbsp;Oktober 2010.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Rahmen des [[Search for Extraterrestrial Genomes]] Projekts (SETG) entwickeln [[Massachusetts Institute of Technology|MIT]] und NASA ein Gerät, das sehr unterschiedliche Proben aufbereiten und darin [[Nukleinsäuren]] nachweisen kann. Nach Feldtests in der [[Atacamawüste]] und in der [[Antarktis]] ist 2018 eine Verwendung des Detektors auf dem [[Mars (Planet)|Mars]] geplant.&lt;ref&gt;[http://www.popsci.com/technology/article/2010-11/mits-martian-dna-hunter-will-search-earth-life-red-planet ''MIT’s Martian Genome Project Will Search for Alien DNA on the Red Planet.''] Auf: ''popsci.com.'' 11.&amp;nbsp;Mai 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://astrobiology.nasa.gov/astid/projects/a-search-for-extra-terrestrial-genomes-setg-an-in-situ-detector-for-life-on-mars-ancestrally-related-to-life-on-earth ''A Search for Extra-Terrestrial Genomes (SETG): An In-situ Detector for Life on Mars Ancestrally Related to Life on Earth.''] Auf: ''nasa.gov.'' 9.&amp;nbsp;November 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://web.mit.edu/setg/SETG/Mainpage.html ''SETG – A Search for Extra-Terrestrial Genomes.''] Auf: ''mit.edu.'' Abgerufen am 11.&amp;nbsp;November 2010.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Theoretische Erwägungen ===<br /> <br /> Cohen und Stewart&lt;ref&gt;Jack Cohen, Ian Stewart: ''What Does a Martian Look Like? The Science of Extraterrestrial Life.'' John Wiley&amp;nbsp;&amp; Sons, Inc. Hoboken, NJ (2002), Kap.&amp;nbsp;5 ''Possibilities of Life.'' S.&amp;nbsp;90&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; verwenden die Begriffe ''universal'' (‚universell‘) und ''parochial'' (‚beschränkt‘), um Charakteristika zu kategorisieren, deren Auftreten bei Lebensformen auf anderen, aber im weitesten Sinne ''erdähnlichen'' Planeten sehr wahrscheinlich oder eher weniger wahrscheinlich (aber möglich) ist.<br /> * Als universell werden die Prinzipien und physikalischen und chemischen Funktionen bezeichnet, die mehrfach gefunden werden und die sich unabhängig voneinander während der Evolution auf der Erde entwickelt haben und dadurch anzeigen, dass sie zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten einen evolutionären Vorteil darstellen.<br /> ** [[Fortbewegung]], d.&amp;nbsp;h. das sehr generelle Prinzip der aktiven oder erleichterten Bewegung eines [[Individuum]]s von Ort zu Ort, beispielsweise durch [[Bipedie|Laufen]], [[Gehen]], [[Klettern]], [[Kriechen]], [[Schwimmen]] oder durch entsprechenden Körperbau sich von Wind oder Wasser treiben zu lassen.<br /> *** Speziell [[Fliegen (Fortbewegung)|Flugfähigkeit]] hat sich unabhängig voneinander bei [[Insekten]], [[Pterosaurier]]n, [[Fliegende Fische|fliegenden Fischen]], [[Vögel]]n und [[Fledermäuse]]n entwickelt.<br /> ** [[Sinnesorgan]]e, die spezifische Informationen in Form von Reizen aus der Umwelt aufnehmen und weiterleiten.<br /> *** [[Sehfähigkeit]] im weitesten Sinne wird bei [[Muscheln]], [[Schnecken]], [[Gewöhnlicher Krake|Kraken]], Insekten, [[Kieferklauenträger]]n und [[Wirbeltier]]en gefunden.<br /> *** [[Echolokation]] wird von Fledermäusen, [[Wale]]n und höhlenlebenden Vögeln zur Orientierung und Kommunikation verwendet.<br /> ** Verschiedene Arten von [[Photosynthese]] findet man bei [[Purpurbakterien]] und [[Pflanzen]].<br /> ** [[Polymer]]e, speziell [[Biopolymere]], werden in Lebewesen sehr unterschiedlich synthetisiert und haben sehr unterschiedliche Funktionen.<br /> ** fellartige Körperbedeckung<br /> ** usw.<br /> * Als beschränkt gelten jene Charakteristika, die bisher nur ein einziges Mal auf der Erde aufgetreten sind; in Bezug auf extraterrestrisches Leben werden sie als unwahrscheinlich erachtet, sie sind aber möglich.<br /> ** Nahrungsaufnahme und Atmung durch dieselbe Körperöffnung<br /> ** Fünffingrigkeit<br /> ** selbstreflektierendes Bewusstsein<br /> ** usw.<br /> <br /> == Intelligente Lebensformen ==<br /> <br /> Auch wenn es eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich ist, dass es außerirdisches intelligentes Leben gibt, geht man davon aus, dass es relativ (bis extrem) selten im Universum verbreitet ist.&lt;ref&gt;Peter D. Ward, Donald Brownlee: ''Unsere einsame Erde. Warum komplexes Leben im Universum unwahrscheinlich ist.'' Springer, Berlin 2001, ISBN 3-540-41365-0.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Kontaktaufnahme ===<br /> <br /> Die meisten Menschen gehen heute davon aus, dass enorme Distanzen zwischen uns und außerirdischen Zivilisationen liegen. Angesichts dessen scheinen bis heute vor allem folgende Ansätze zur Suche und möglichen Kontaktaufnahme meistversprechend:<br /> <br /> # die Kommunikation über [[Radio]]wellen, die prinzipiell über weiteste Distanzen erfolgen kann (allerdings maximal mit [[Lichtgeschwindigkeit]]),<br /> # die [[Raumfahrt]] mit bemannten [[Raumschiff]]en oder unbemannten [[Raumsonden|Sonden]] oder<br /> # zukünftige Technologien, die uns heute noch nicht bekannt sind.<br /> <br /> Wenn nicht in unmittelbarer Umgebung (wenige Lichtjahre) zivilisatorisch vergleichbares intelligentes Leben gefunden wird, wird eine Kommunikation zwischen uns und den Außerirdischen wohl nicht zustande kommen, da die Laufzeiten − zumindest für unsere menschliche Existenz − zu lang sind.<br /> <br /> Die Wissenschaft konzentriert sich vor allem auf die Suche nach Anzeichen von (primitivem) Leben oder dessen Spuren auf Meteoriten, unseren Nachbarplaneten und deren Monden einerseits, sowie auf die Suche nach Radiosignalen, die von intelligentem außerirdischem Leben in fremden Sonnensystemen herrühren könnten.<br /> <br /> 2009 befasste sich anlässlich des [[Internationales Jahr der Astronomie 2009|Internationalen Jahres der Astronomie]] die [[Päpstliche Akademie der Wissenschaften]] mit der Suche nach außerirdischen Lebewesen.&lt;ref&gt;[https://www.welt.de/wissenschaft/weltraum/article2997519/Vatikan-tagt-zur-Suche-nach-Ausserirdischen.html?page=1 ''Vatikan tagt zur Suche nach Außerirdischen.''] Auf: ''Welt.de.'' 9.&amp;nbsp;Januar 2009.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2009/11/06/AR2009110601899.html?hpid=opinionsbox1 ''When E.T. phones the pope.''] Auf: ''[[The Washington Post|washingtonpost.com.]]'' 8.&amp;nbsp;November 2009, abgerufen am 10.&amp;nbsp;April 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://astrobiology.nasa.gov/news/vatican-hosts-study-week-on-astrobiology/ ''Vatican Hosts Study Week on Astrobiology.''] Auf: ''astrobiology.nasa.gov.'' Abgerufen am 30.&amp;nbsp;März 2017.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Kontaktversuche ===<br /> <br /> {{siehe auch|Liste der Botschaften an Außerirdische}}<br /> <br /> [[Datei:The Sounds of Earth Record Cover - GPN-2000-001978.jpg|mini|Golden Record Cover mit Gebrauchsanleitung]]<br /> <br /> Schon im 19. Jahrhundert schlug [[Franz von Paula Gruithuisen]] vor, mit den von ihm vermuteten Mondbewohnern dadurch Kontakt aufzunehmen, dass man in den Weiten Sibiriens entsprechend dimensionierte Steckrübenpflanzungen in Form der Figur des [[Satz des Pythagoras|pythagoräischen Lehrsatzes]] anlege.&lt;ref&gt;Arno Schmidt: ''Die Kreisschlösser.'' Fischer TB 1926, S. 34.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die Suche nach intelligentem außerirdischem Leben wird mit der Abkürzung SETI ([[Search for Extraterrestrial Intelligence]]) bezeichnet. Das SETI-Projekt basiert auf der Annahme, dass Außerirdische beiläufig oder gezielt [[Elektromagnetisches Spektrum|elektromagnetische]] Signale aussenden, welche von anderen intelligenten Lebewesen entdeckt werden könnten.<br /> <br /> Im Jahre 1919 wurden bereits die ersten Versuche von [[Guglielmo Marconi]] unternommen, außerirdische Radiosignale zu empfangen, welche jedoch nicht bestätigt werden konnten. Seit dem Jahr 1960 wird die SETI weiter verfolgt, bisher allerdings ohne Erfolg. Das bisher spektakulärste empfangene Signal ist das sogenannte [[Wow!-Signal]], allerdings ist nicht sicher, ob es wirklich außerirdischen Ursprungs ist.<br /> <br /> Als 1972 die beiden interstellaren Raumsonden [[Pioneer 10]] und [[Pioneer 11]] ausgesandt wurden, brachte man an den Sonden goldene Tafeln, die sogenannten [[Pioneer-Plakette]]n an, in der Hoffnung, dass falls die Sonden eines Tages von etwaigen intelligenten außerirdischen Lebensformen gefunden würden, diese dadurch von der Menschheit erfahren würden. 1974 wurde von der Erde aus einmalig eine Botschaft von der Erde an mögliche Außerirdische in Form eines Radiowellen-Signals ausgestrahlt, die sogenannte [[Arecibo-Botschaft]].<br /> <br /> Die NASA hat 1977 die Raumsonden [[Voyager 1]] und [[Voyager 2]] zu den äußeren Planeten gestartet. Sie befinden sich mittlerweile im Grenzbereich des [[Sonnensystem]]s und tragen je eine goldene Datenplatte mit Bild- und Audio-Informationen ([[Voyager Golden Record]]) über die Erde und die Menschheit mit sich, die für außerirdische Zivilisationen vermutlich lesbar wären.<br /> <br /> Am 30. September 2006 strahlte der Kultursender [[Arte]] die Sendung [[CosmicConnexion]] auch per Spezialantenne in Richtung des Sterns [[Errai]]. Im Gegensatz zu früheren Nachrichten besteht sie nicht aus reinen Informationen über die Erde und den Menschen, sondern ist eine mehr künstlerische Darstellung der Menschheit. Arte plant außerdem eine eigene Serie, die ebenfalls per Antenne ins Weltall geschickt werden soll.<br /> <br /> Für das Jahr 2015 plante die [[Europäische Weltraumorganisation]] ein mittlerweile eingestelltes Weltraumexperiment, welches erdähnliche Exoplaneten beobachten und nach Anzeichen von Leben auf ihnen suchen sollte, das nach Charles Darwin benannte Teleskop [[Darwin (Weltraumteleskop)|Darwin]]. Ebenfalls unsicher in der Realisierung ist das auf unbestimmte Zeit verschobene Projekt [[Terrestrial Planet Finder]].<br /> <br /> === Spekulationen ===<br /> <br /> Einige Menschen meinen, dass technologisch fortgeschrittene Außerirdische in der Lage sein könnten, die Erde zu besuchen, zum Beispiel mit Raumschiffen, die auf einer uns unbekannten Technik beruhen. Es gibt auch Menschen, die glauben, dass dies bereits geschehen sei, insbesondere im Zusammenhang mit Sichtungen von [[UFO]]s („unbekannten Flug-Objekten“).&lt;ref&gt;Michael Michaud: ''Contact with Alien Civilizations. Our Hopes and Fears about Encountering Extraterrestrials.'' Springer, Berlin 2006, ISBN 0-387-28598-9, ''The UFO Controversy.'' S.&amp;nbsp;143–161.&lt;/ref&gt; Andere behaupten, Opfer einer [[Entführung durch Außerirdische]] gewesen zu sein. Einer weiteren Hypothese nach könnten Außerirdische sogar mitten unter den Menschen leben.&lt;ref&gt;''{{Webarchiv | url=http://www.sueddeutsche.de/t5p38P/3235477/Sie-sind-unter-uns.html | wayback=20100401230507 | text=Sie sind unter uns. Britischer Hofastronom spekuliert über die Existenz von Aliens.}}''. Auf: ''sueddeutsche.de.'' 24.&amp;nbsp;Februar 2010, abgerufen am 18.&amp;nbsp;Dezember 2014.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.telegraph.co.uk/science/space/7289507/Royal-astronomer-Aliens-may-be-staring-us-in-the-face.html ''Royal astronomer: ‚Aliens may be staring us in the face‘.''] Auf: ''telegraph.co.uk.'' 22.&amp;nbsp;Februar 2010, abgerufen am 18.&amp;nbsp;Dezember 2014.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Es gibt [[Verschwörungstheorie]]n darüber, dass die Existenz von Außerirdischen gezielt vor der allgemeinen Menschheit geheimgehalten wird.&lt;ref&gt;Travis S. Taylor u. a.: ''An Introduction to Planetary Defense – A Study of Modern Warfare Applied to Extra-Terrestrial Invasion.'' BrownWalker Press, Boca Raton 2006, ISBN 1-58112-447-3, The ''Need to Know,'' S. 125–136.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Teilweise wird auch über die Möglichkeit spekuliert, dass Außerirdische in der Frühgeschichte der Menschheit die Erde besucht haben könnten (genannt [[Prä-Astronautik]], siehe auch [[Erich von Däniken]]).&lt;ref&gt;Michael Michaud: ''Contact with Alien Civilizations. Our Hopes and Fears about Encountering Extraterrestrials.'' Springer, Berlin 2006, ISBN 0-387-28598-9, ''Ancient Visitors to Earth.'' S.&amp;nbsp;141–142&amp;nbsp;&amp; ''Astroarchaeology.'' S.&amp;nbsp;138–139.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Als Reaktion auf eine Online-Petition veröffentlichte der wissenschaftliche Dienst des [[Weißes Haus|Weißen Hauses]] im November 2011 eine Erklärung, wonach es zurzeit keine Hinweise auf die Existenz irgendeiner Form extraterrestrischen Lebens gibt.&lt;ref&gt;[http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/wissenschaft-weisses-haus-hat-keinen-beweis-fuer-ausserirdische_aid_682257.html ''Weißes Haus hat keinen Beweis für Außerirdische.''] Auf: ''focus.de.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.telegraph.co.uk/science/space/8875780/White-House-denies-alien-cover-up.html ''White House denies alien cover-up.''] Auf: ''telegraph.co.uk.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://wwws.whitehouse.gov/petitions#!/response/searching-et-no-evidence-yet ''Searching for ET, But No Evidence Yet.''] Auf: ''whitehouse.gov.'' Abgerufen am 23.&amp;nbsp;November 2011.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Potenzielle Gefahren bei Kontakt ===<br /> <br /> Es wird spekuliert, dass der Kontakt mit außerirdischen Lebensformen gefährlich sein könnte, vor allem, wenn diese der Menschheit überlegen wären. Forscher wie [[Stephen Hawking]] und [[Simon Conway Morris]] äußerten ihre Befürchtungen über einen Kontakt mit intelligenten extraterrestrischen Wesen.&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/0,1518,691115,00.html ''Warnung von Astrophysiker Hawking.''] Auf: ''spiegel.de.'' 25.&amp;nbsp;April 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://transcripts.cnn.com/TRANSCRIPTS/1004/30/lkl.01.html ''CNN LARRY KING LIVE.''] Gesendet am 30.&amp;nbsp;April 2010. Auf: ''transcripts.cnn.com.'' Abgerufen am 18.&amp;nbsp;März 2012.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://derstandard.at/1293370357736/Vorbereitungen-fuer-den-Alien-Kontakt ''Vorbereitungen für den Alien-Kontakt.''] Auf: ''derstandard.at.'' 10.&amp;nbsp;Januar 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Simon Conway Morris: ''Predicting what extra-terrestrials will be like: and preparing for the worst.'' Phil. Trans. R. Soc. A, 2011 369:555–571; [[doi:10.1098/rsta.2010.0276]], [http://rsta.royalsocietypublishing.org/content/369/1936/555.full.pdf+html online] (PDF), abgerufen am 12.&amp;nbsp;Januar 2011.&lt;/ref&gt; Hawking meinte beispielsweise, dass die Menschheit, anstatt aktiv nach außerirdischen Zivilisationen zu suchen, stattdessen alles Erdenkliche tun sollte, um unentdeckt zu bleiben. Außerirdische Zivilisationen seien möglicherweise an der Erde nur als Ressourcenquelle interessiert und würden diese ausplündern wollen. Als Beispiel führte Hawking die Entdeckung Amerikas durch [[Christoph Kolumbus]] an, die für die Ureinwohner Amerikas auch nicht positiv ausgegangen sei.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://news.bbc.co.uk/2/hi/8642558.stm |titel=Stephen Hawking warns over making contact with aliens |hrsg=BBC News |zugriff=2014-06-13 |datum=2010-04-10 |sprache=en}}&lt;/ref&gt; Der Astronom [[Alexander Zaitsev]] prägte für ein eventuelles Gefahrenszenario den Begriff ''Darth Vader Scenario,'' benannt nach einer Figur aus den [[Science-Fiction]]-Filmen [[Star Wars]].&lt;ref&gt;Alexander Zaitsev u. a.: [http://www.setileague.org/editor/meti.htm ''Making a Case for METI.''] ''2.&amp;nbsp;METI is risky.'' Auf: ''setileague.org.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Harald Zaun: ''SETI. Die wissenschaftliche Suche nach außerirdischen Zivilisationen. Chancen, Perspektiven, Risiken.'' Heise, Hannover 2010, ISBN 978-3-936931-57-0, S.&amp;nbsp;271&amp;nbsp;ff. Abgerufen am 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt; Es gibt Überlegungen für eine [[planetare Verteidigung]]. Der ''Global Risks Report 2013'' des [[Weltwirtschaftsforum|World Economic Forums]] bezeichnet eine zukünftige Entdeckung außerirdischen Lebens als einen möglichen ''X-Factor,'' der tiefgreifende Auswirkungen haben könnte.&lt;ref&gt;[http://www.nature.com/news/realities-of-risk-1.12159 ''Realities of risk.''] Auf: ''nature.com.'' Abgerufen am 4.&amp;nbsp;Februar 2013.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://reports.weforum.org/global-risks-2013/section-one/executive-summary/ ''Executive Summary.'']&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://reports.weforum.org/global-risks-2013/section-five/x-factors/ ''X Factors.''] Global Risks 2013 – Eighth Edition. Auf: ''weforum.org.''&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Außerirdische in der Populärkultur und Science-Fiction ==<br /> <br /> [[Datei:Baron15a.gif|mini|hochkant|Bewohner des [[Sirius|Hundssterns]] nach einer Erzählung von [[Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen|Münchhausen]], 1793]]<br /> <br /> {{Belege fehlen}}<br /> <br /> Außerirdische haben in der [[Science-Fiction]] schon sehr früh eine Rolle gespielt. Es kann sogar behauptet werden, dass die Science-Fiction von Beginn an in erheblichem Maße durch die Idee von intelligenten, humanoiden, außerirdischen Lebensformen beeinflusst wurde. In diesem Zusammenhang wurden auch die ersten Spekulationen, beispielsweise über ''[[Marsianer]]'' und ''[[Venusianer]],'' entwickelt, welche bis heute viele Science-Fiction-Geschichten prägen.&lt;ref&gt;Vgl. Helga Abret, [[Lucian Boia]]: ''Das Jahrhundert der Marsianer. Der Planet Mars in der Science-fiction bis zur Landung der Viking-Sonden 1976.'' Ein Science-fiction-Sachbuch, Heyne Verlag, München 1984, [[Bibliothek der Science Fiction Literatur]], Band&amp;nbsp;32.&lt;/ref&gt; Umgekehrt prägt und beeinflusst aber auch die Science-Fiction von Beginn an ernste wissenschaftliche Bemühungen, mehr über den Menschen selbst und auch über andere Lebewesen zu erfahren.<br /> <br /> Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich keine belastbare Aussage darüber treffen, ob hypothetische intelligente Lebensformen auf anderen Planeten eine [[Anthropomorphismus|anthropomorphe]] (menschenähnliche) Gestalt besitzen. Dessen ungeachtet herrscht bis heute in der populären Kultur die Vorstellung von humanoiden und intelligenten Außerirdischen vor. In den meisten Fällen diente der menschliche Körper, der nur in Details verfremdet wurde, als Vorbild für die Gestalt von Außerirdischen. Der [[Great Moon Hoax]] von 1835 mit seinen „Fledermausmenschen“ zeigt ein frühes Beispiel für diese Tendenz. Im 20. Jahrhundert kristallisierten sich bestimmte [[Stereotyp]]e heraus, darunter die „kleinen grünen Männchen“ und die Ausstattung der (oft ansonsten humanoiden) fiktiven Wesen mit körperlichen Details, die als abstoßend oder furchterregend empfunden werden (beispielsweise [[Tentakel]], [[Schleim]], Haarlosigkeit oder besondere Behaarung).<br /> <br /> Im Film kam es bereits 1902, in der [[Die Reise zum Mond|''Reise zum Mond'']] von [[Georges Méliès]], zu einem Zusammentreffen von Menschen und Aliens.<br /> Ganz allgemein werden annähernd in den filmischen Darstellungen fünf Kategorien von Aliens unterschieden:<br /> * ''[[Humanoid]]e (Menschenähnliche),'' wie z.&amp;nbsp;B. [[Superman]], Mr. Spock in [[Star Trek]], der „Doktor“ aus [[Doctor Who]], Klaatu aus [[Der Tag, an dem die Erde stillstand (1951)|Der Tag, an dem die Erde stillstand]], die außerirdischen Flüstergestalten in [[Knowing – Die Zukunft endet jetzt]].<br /> * ''Tierähnliche'' wie beispielsweise [[Alf (Fernsehserie)|Alf]], die Goa’uld aus der Serie [[Stargate – Kommando SG-1]], die Bugs aus [[Starship Troopers]].<br /> * ''[[Monster]]'' wie in [[Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt]].<br /> * ''Nicht-kategorisierbare'' wie zum Beispiel in [[Blob – Schrecken ohne Namen]] oder [[Abyss – Abgrund des Todes]].<br /> * ''Abwesende Außerirdische – alien in absentia,'' über die nichts bekannt ist und lediglich Artefakte oder Ähnliches vorhanden sind wie unter anderem in [[2001: Odyssee im Weltraum]].&lt;ref&gt;Simon Spiegel: ''Woran erkenne ich einen Ausserirdischen. Einführung in die filmische Exobiologie.'' In: Thomas Myrach u. a.: ''Science&amp;nbsp;&amp; Fiction. Imagination und Realität des Weltraums.'' Haupt Verlag, Bern 2009, ISBN 978-3-258-07560-0, S.&amp;nbsp;175–197, [http://books.google.at/books?id=6Cs-r4KhKOIC&amp;pg=PA175&amp;lpg=PA175&amp;dq=Simon+Spiegel:+Woran+erkenne+ich+Ausserirdische&amp;source=bl&amp;ots=UVtAT8rubG&amp;sig=sDAMp1C9Lmc2_iuUgEmgRR_Jvv8&amp;hl=de&amp;ei=q5ZbTfKTEoWutwecl5iVDA&amp;sa=X&amp;oi=book_result&amp;ct=result&amp;resnum=4&amp;ved=0CCwQ6AEwAw#v=onepage&amp;q=Simon%20Spiegel%3A%20Woran%20erkenne%20ich%20Ausserirdische&amp;f=false Googlebooks].&lt;/ref&gt;<br /> Eine Sonderstellung nimmt der Roman [[Solaris (Roman)|Solaris]] von [[Stanisław Lem]] ein. Darin hat die Menschheit einen Planeten entdeckt, der fast völlig von einem anscheinend intelligenten, lebenden [[Ozean]] bedeckt ist. Auch nach Jahrzehnten intensiver Forschung ist es jedoch –&amp;nbsp;bis die Handlung des Romans einsetzt&amp;nbsp;– nicht gelungen, seine Natur annähernd zu verstehen oder mit ihm in Kontakt zu treten.<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> <br /> * [[Anthropisches Prinzip]]<br /> * [[Astrobiologie]]<br /> * [[Kopernikanisches Prinzip]]<br /> * [[Rare-Earth-Hypothese]]<br /> * [[Wasservorkommen im Universum]]<br /> <br /> == Literatur ==<br /> <br /> * Karim Akerma: ''Außerirdische. Einleitung in die Philosophie. Extraterrestrier im Denken von Epikur bis Jonas.'' Münster 2002, ISBN 3-935363-70-2.<br /> * Dieter Beste (Hrsg.): ''Leben im All.'' Spektrum der Wissenschaft Dossier 2002, 3, Spektrum-d.-Wiss.-Verl., Heidelberg 2002, ISBN 3-936278-14-8, {{Webarchiv | url=http://www.spektrum.de/artikel/849269 | wayback=20141009134859 | text=''Spektrum.de.''}}.<br /> * Steven J. Dick: ''Life on Other Worlds.'' Cambridge University Press, Cambridge UK 1998, ISBN 0-521-62012-0.<br /> * [[Ernst Fasan]]: ''Relations with alien intelligences&amp;nbsp;– the scientific basis of metalaw.'' Berlin Verl., Berlin 1970.<br /> * [[Gerald Feinberg]], Robert Shapiro: ''Life beyond earth&amp;nbsp;– the intelligent earthling’s guide to life in the universe.'' Morrow Quill, New York 1980, ISBN 0-688-08642-X.<br /> * Linus Hauser: ''Die Bedeutung der Frage nach außerirdischem Leben für die (christliche) Theologie.'' In: T. Myrach, T. Weddigen, J. Wohlwend, S. M. Zwahlen (Hrsg.): ''Science und Fiction. Imagination und Realität des Weltraums.'' Stuttgart/Wien 2009, 199–218.<br /> * Jean Heidmann: ''Bioastronomie&amp;nbsp;– Über irdisches Leben und außerirdische Intelligenz.'' Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1994, ISBN 3-540-57137-X.<br /> * Michael Michaud: ''Contact with Alien Civilizations&amp;nbsp;– Our Hopes and Fears about Encountering Extraterrestrials.'' Springer, Berlin 2006, ISBN 0-387-28598-9.<br /> * Heinz H. Peitz u. a.: ''Der vervielfachte Christus. Außerirdisches Leben und christliche Heilsgeschichte.'' Akad. d. Diözese Rottenburg-Stuttgart 2004, ISBN 3-926297-92-1, [http://www.akademie-rs.de/fileadmin/user_upload/pdf_archive/khr46.pdf ''PDF online.'']<br /> * Michael Schetsche, Martin Engelbrecht (Hrsg.): ''Von Menschen und Außerirdischen. Transterrestrische Begegnungen im Spiegel der Kulturwissenschaft.'' Transcript-Verl., Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89942-855-1.<br /> * Michael Schetsche, Andreas Anton: ''Im Spiegelkabinett. Anthropozentrische Fallstricke beim Nachdenken über die Kommunikation mit Außerirdischen.'' In: M. Schetsche (Hrsg.): ''Interspezies-Kommunikation. Voraussetzungen und Grenzen.'' Berlin 2014: Logos-Verlag, S.&amp;nbsp;125–150, ISBN 978-3-8325-3830-9.<br /> * Travis S. Taylor u.&amp;nbsp;a.: ''An Introduction to Planetary Defense&amp;nbsp;– A Study of Modern Warfare Applied to Extra-Terrestrial Invasion.'' BrownWalker Press, Boca Raton 2006, ISBN 1-58112-447-3.<br /> * Karl H. Türk: ''Außerirdische Intelligenz, Realität oder Illusion.'' QNST-Verlag 1993, ISBN 3-928641-06-9.<br /> * Diana G. Tumminia: ''Alien Worlds&amp;nbsp;– Social and Religious Dimensions of Extraterrestrial Contact.'' Syracuse Univ. Press, Syracuse 2007, ISBN 978-0-8156-0858-5.<br /> * [[Peter Ward (Paläontologe)|Peter D. Ward]]: ''Life as we do not know it&amp;nbsp;- the NASA search for (and synthesis of) alien life.'' Viking, New York 2005, ISBN 0-670-03458-4.<br /> * Hubert Untersteiner: ''Exobiologie&amp;nbsp;– Wissenschaft vom Leben im All.'' Edition nove 2006, ISBN 978-3-902546-42-5.<br /> * Harald Zaun: ''SETI&amp;nbsp;– Die wissenschaftliche Suche nach außerirdischen Zivilisationen. Chancen, Perspektiven, Risiken.'' Mit einem Vorwort von [[Harald Lesch]]. Heise-Verlag, Hannover 2010, ISBN 978-3-936931-57-0.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> <br /> {{Commonscat|Aliens|Außerirdische Lebensformen}}<br /> <br /> * [http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/273974.html Warum uns die Außerirdischen noch nicht gefunden haben] – Ute Kehse in ''[[Bild der Wissenschaft]]'', am {{Datum|19|1|2007}}<br /> * {{Webarchiv | url=http://www.mpifr-bonn.mpg.de/public/life/ritter.htm | wayback=20110429004209 | text=Leben im All – Wirklichkeit oder Fiktion?}} – Birgit Ritter auf ''mpifr-bonn.mpg.de''<br /> * [https://www.heise.de/tp/features/Warum-Aliens-nicht-gruen-sein-muessen-und-Alien-Pflanzen-auch-nicht-3413108.html Warum Aliens nicht grün sein müssen (und Alien-Pflanzen auch nicht)] – [[Peter Mühlbauer]] auf ''[[Telepolis]]'', {{Datum|13|4|2007}}<br /> * ''[http://www.esa.int/esa-mmg/mmg.pl?b=b&amp;topic=Life%20beyond%20Earth&amp;subtopic=Exobiology&amp;single=y&amp;start=27 Searching for Planets with life.]'' Animation der ''[[Europäische Weltraumorganisation|Europäischen Weltraumorganisation]]'' (englisch).<br /> * [[Royal Society|The Royal Society]] 2010: ''[http://royalsociety.org/Event.aspx?ID=1887 The detection of extra-terrestrial life and the consequences for science and society.]'' &amp; ''[http://royalsociety.org/Audio-extra-terrestrial-life/ Towards a scientific and societal agenda on extra-terrestrial life.]'' – abgerufen am {{Datum|29|8|2011}}<br /> <br /> === Videos ===<br /> <br /> * {{Alpha Centauri|7}}<br /> * {{Alpha Centauri|27}}<br /> * {{Alpha Centauri|18}}<br /> * {{Alpha Centauri|43}}<br /> * {{Alpha Centauri|79}}<br /> * {{Alpha Centauri|104}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> <br /> &lt;references/&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4003864-6}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Ausserirdisches Leben}}<br /> [[Kategorie:Astrobiologie]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Au%C3%9Ferirdisches_Leben&diff=165100935 Außerirdisches Leben 2017-05-02T07:07:36Z <p>212.117.117.42: kartoffel.ch</p> <hr /> <div>'''Außerirdisches Leben''' ist eine Bezeichnung für [[Lebewesen|Lebensformen]], die auf der [[Erde]] weder beheimatet noch entstanden sind.&lt;ref&gt;Frank White: ''{{lang|en|The Seti Factor&amp;nbsp;– How the Search for Extraterrestrial Intelligence Is Changing Our View of the Universe and Ourselves.}}'' Walker &amp; Company, New York, {{Datum|||1990}}, ISBN 978-0-8027-1105-2, S.&amp;nbsp;11: „''[…]&amp;nbsp;a being with origins and existence outside the boundaries of the earth&amp;nbsp;[…] that includes any life form originating off the planet earth.''“&lt;/ref&gt; Der Begriff deckt alle möglicherweise existierenden Arten und Erscheinungsformen von [[Leben]] nichtirdischer Herkunft ab, von einfachsten biologischen [[Systematik (Biologie)|Systemen]] (z.&amp;nbsp;B. [[Mikrosphäre]]n, [[Prion]]en, [[Viren]] und [[Prokaryoten]]) über [[pflanzen]]- und [[tier]]artiges Leben bis hin zu Lebensformen, deren Komplexität die des Menschen weit übersteigen könnte.&lt;ref&gt;Peter D. Ward: ''Life as we do not know it-the NASA search for (and synthesis of) alien life.'' Viking, New York 2005, ISBN 0-670-03458-4: ''„What is Life?“'' S.&amp;nbsp;1–23.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Michael J. Crowe: ''{{lang|en|The extraterrestrial life debate 1750–1900: The idea of a plurality of worlds from Kant to Lowell.}}'' Cambridge Univ. Press, Cambridge, {{Datum|||1986}}, ISBN 0-521-26305-0.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Michael J. Crowe: ''{{lang|en|The Extraterrestrial Life Debate, Antiquity to 1915&amp;nbsp;– A Source Book.}}'' Univ. of Notre Dame Press, Notre Dame, {{Datum|||2008}}, ISBN 978-0-268-02368-3.&lt;/ref&gt; Ein außerirdisches Wesen wird auch kurz Außerirdischer oder nach der [[Englische Sprache|englischen]] Bezeichnung ''Alien'' (deutsch ''Fremdling'') genannt. Das Adjektiv ''außerirdisch'' ist gleichbedeutend mit dem Fremdwort ''[[extraterrestrisch]].''<br /> <br /> Bislang ist nicht bekannt, ob Leben außerhalb der irdischen [[Biosphäre]] existiert. Vielleicht auf dem Gaggimond der Venus. Vielleicht auf einem Kamelpenis.<br /> <br /> == Historische Überlegungen ==<br /> <br /> Naturphilosophische Gedanken zur Existenz von außerirdischem Leben lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen. So finden sich etwa schon in [[Plutarch]]s Werk ''Das Mondgesicht''&lt;ref name=&quot;mondgesicht&quot;&gt;Plutarch: ''Das Mondgesicht.'' Übers. von Herwig Görgemanns, Zürich, 1968.&lt;/ref&gt; oder [[Lukian von Samosata]]s Schrift ''Ikaromenipp oder die Wolkenreise''&lt;ref name=&quot;samosata&quot;&gt;Lukian von Samosata: ''Ikaromenipp oder die Wolkenreise.'' Zweisprachige Ausgabe, hrsg. und übers. von [[Karl Mras]], München, 1980.&lt;/ref&gt; Gedanken über Lebewesen jenseits der Erde. Derartige Texte beziehen sich jedoch wesentlich auf [[Mythos|mythische]] Motive und haben nicht den Anspruch, mit Hilfe einer rationalen Argumentation Theorien über außerirdisches Leben zu entwickeln.<br /> <br /> [[Giordano Bruno]] im 16. Jahrhundert meinte, dass das [[Universum|Weltall]] unendlich sei und dass es auch unendlich viele Lebewesen auf anderen [[Planet]]en im Universum gebe. Im späten 17. Jahrhundert veröffentlichte der Astronom [[Christiaan Huygens]] seine Schrift ''Weltbeschauer, oder vernünftige Muthmaßungen, daß die Planeten nicht weniger geschmükt und bewohnet seyn, als unsere Erde.'' Huygens, zugleich einer der Begründer der [[Geschichte der Wahrscheinlichkeitstheorie|Wahrscheinlichkeitstheorie]], erkannte, dass er zu keinen [[Gewissheit|gesicherten]] Erkenntnissen über extraterrestrisches Leben kommen konnte. Dennoch seien einige Annahmen wahrscheinlicher als andere, daher könne man doch zumindest zu „vernünftigen Mutmaßungen“ kommen. Die Idee von „vernünftigen Mutmaßungen“ beeinflusste die Naturphilosophie des 18. Jahrhunderts stark. [[Christian Wolff (Philosoph)|Christian Wolff]] berechnete mit Hilfe von [[Analogie (Philosophie)|Analogieargumenten]] und „vernünftigen Mutmaßungen“ gar die Größe der Jupiterbewohner auf 13819 1440stel eines [[Alte Maße und Gewichte (Frankreich)|Pariser Fußes]],&lt;ref&gt;Christian Wolff: ''{{lang|la|Elementa matheseos universae. Edito Nova.}}'' Halle, Renger, {{Datum|||1735}}&lt;/ref&gt; also etwa vier Meter.&lt;ref name=&quot;knobloch&quot;&gt;Einen Überblick zu Kant und der Wissenschaftsgeschichte der Suche nach außerirdischem Leben bietet: Eberhard Knobloch: ''Vielheit der Welten&amp;nbsp;– extraterrestrische Intelligenz.'' In: Wilhelm Voßkamp: ''Ideale Akademie.'' Berlin, Akademie Verlag, {{Datum|||2002}}, ISBN 3-05-003739-3, S.&amp;nbsp;185–187. Zu Wolffs Berechnung siehe dort, S.&amp;nbsp;167, [http://books.google.com/books?id=DopY0Wh3YbQC&amp;lpg=PA167&amp;ots=v2ZWaE3D15&amp;dq=Wolff%20jupiterbewohner&amp;hl=de&amp;pg=PA165#v=onepage&amp; Googlebooks.]&lt;/ref&gt; Auch [[Immanuel Kant]] beschäftigte sich 1755 in seinem Werk ''[[Von den Bewohnern der Gestirne]]'' mit der Frage, ob es Leben auf anderen Planeten gebe.<br /> <br /> Die Spekulationen über außerirdisches Leben nahmen insbesondere in der zweiten Hälfte des 19.&amp;nbsp;Jahrhunderts zu, als die [[Evolution]]stheorie an Verbreitung gewann, die besagt, dass sich das Leben auf der Erde über Zeiträume von Jahrmilliarden über natürliche [[Mutation]]s- und [[Selektion (Evolution)|Selektionsprozesse]] von einfachsten Lebensformen zu immer größerer Vielfalt, höherer Komplexität und schließlich auch zu Intelligenz entwickelt hat. Diese Vorstellung ließ es möglich erscheinen, dass sich auch auf anderen Planeten auf eine vergleichbare Weise Leben entwickelt hat – insbesondere nachdem zugleich das traditionelle biblisch-christliche Weltbild immer mehr an Bedeutung verlor und die [[Astronomie]] aufgezeigt hatte, dass unsere [[Sonne]] ein [[Stern]] unter Milliarden ähnlicher Sterne ist.<br /> <br /> Zunächst konzentrierten sich die Spekulationen über außerirdisches Leben auf die erdnächsten Himmelskörper: den [[Mond]] und die Planeten unseres eigenen [[Sonnensystem]]s, insbesondere die beiden Nachbarplaneten der Erde, [[Mars (Planet)|Mars]] und [[Venus (Planet)|Venus]]. Daneben wurde lange spekuliert, ob unser Sonnensystem mit seinen Planeten einen Sonderfall im Universum darstellt oder ob Planeten im Universum in großer Zahl vorhanden seien.<br /> <br /> 1854 theoretisierte [[William Whewell]], der Mars hätte Ozeane, Land und möglicherweise Lebensformen. Nach Teleskopbeobachtungen der [[Marskanäle]], die sich später als optische Täuschung herausstellten, explodierten Ende des 19.&amp;nbsp;Jahrhunderts die Spekulationen über Leben auf dem Mars förmlich. So veröffentlichte der amerikanische Astronom [[Percival Lowell]] 1895 sein Buch ''Mars,'' gefolgt von ''Mars and its Canals'' (Mars und seine Kanäle) 1906, in denen er vorschlug, dass die Kanäle die Arbeiten einer längst vergangenen Zivilisation wären.&lt;ref&gt;{{cite book |title = Is Mars habitable? A critical examination of Professor Percival Lowell’s book ‘Mars and its canals’, with an alternative explanation |first = Alfred Russel |last = Wallace |location = London |publisher = Macmillan |year = 1907 |oclc = 263175453}}&lt;/ref&gt; In den ersten wissenschaftlich untermauerten Vorstellungen von der Venus als Weltkörper galt dieser erdähnliche Planet durch seine größere Sonnennähe als eine lebensfreundlichere, junge und sehr warme Welt der Urzeit, die unter der undurchdringlichen Wolkendecke von Dschungel und Wüsten geprägt ist. Das hat sich dann auch in der später aufgekommenen wissenschaftlichen Phantastik der Literatur und der Filmkunst niedergeschlagen, besonders in Form verschiedenster [[Venusianer]]. Mit der Erkundung der wirklichen Bedingungen, vor allem seit den ersten Messergebnissen der Sonde [[Mariner 2]] 1962, wurde dann klar, dass die Venus nicht tropisch und lebensfreundlich, sondern sehr heiß und trocken ist.<br /> <br /> == Heutige Sicht ==<br /> <br /> === Existenzwahrscheinlichkeit ===<br /> <br /> Für die Existenz von intelligentem Leben außerhalb der Erde werden insbesondere die Tatsachen angeführt, dass es allein in der [[Milchstraße]] zwischen 200 und 400&amp;nbsp;Milliarden Sterne gibt und diese wiederum nur eine von mehr als 100&amp;nbsp;Milliarden Galaxien ist. Die Wahrscheinlichkeit der Existenz solchen Lebens wird seit 1961 mit der [[Drake-Gleichung]] abgeschätzt.&lt;ref&gt;[[Sebastian von Hoerner]]: ''Sind wir allein?&amp;nbsp;– SETI und das Leben im All.'' Beck, München 2003, ISBN 3-406-49431-5, S.&amp;nbsp;151–152.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.daviddarling.info/encyclopedia/D/DrakeEq.html ''Drake Equation.''] Bei: ''daviddarling.info.'' Abgerufen am 1.&amp;nbsp;Februar 2010.&lt;/ref&gt; Allerdings sind viele der in der Drake-Gleichung genutzten Faktoren umstritten. Auch über die Frage, inwiefern das theoretische Ergebnis der Drake-Gleichung praktische Relevanz hat oder wie es überhaupt zu deuten ist, gibt es Diskussionen.<br /> <br /> Wenn man die Betrachtung auf „[[Intelligenz|intelligentes]]“ Leben einengt, ist zu berücksichtigen, dass es unbekannt ist, ob das Leben in einer „typischen“ Biosphäre durch die Evolution zwangsläufig früher oder später auch intelligente Lebensformen hervorbringt, oder ob es nur in sehr seltenen Fällen zu solchen kommt. Auch können intelligente Lebensformen wohl wieder aussterben, sodass ihr durchschnittliches „Zeitfenster“, gemessen an den Jahrmilliarden umfassenden Zeiträumen der Lebensentwicklung auf Planeten, möglicherweise nur sehr kurz ist.<br /> <br /> Die ersten Planeten um fremde Sterne wurden 1992 entdeckt. Bis 2014 konnte die Astronomie annähernd 2000 [[Exoplanet]]en nachweisen, darunter nicht nur [[Gasriese]]n, sondern auch [[Erdähnlicher Planet|Gesteinsplaneten]]. Des Weiteren wurden in unserem eigenen Sonnensystem Hinweise auf flüssiges [[Wasser]] außerhalb der Erde (das gemeinhin als eine der notwendigen Voraussetzungen für Leben gilt) gefunden, vor allem auf den [[Eismond]]en des äußeren Sonnensystems wie etwa dem Jupitermond [[Europa (Mond)|Europa]], was Anlass zu neuen Spekulationen über außerirdisches Leben in unserem eigenen Sonnensystem gab.<br /> <br /> Einer angepassten Form der Drake-Gleichung zufolge, die das zum Stand 2016 bekannte Wissen über Exoplaneten einschließt, wurde abgeschätzt: Wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Planet in einer [[Habitable Zone|habitablen Zone]] eine „technologische Spezies“ hervorbringt, größer als etwa 10&lt;sup&gt;−24&lt;/sup&gt; ist, dann ist die Menschheit wahrscheinlich nicht der einzige Fall einer technologischen Spezies im beobachtbaren Universum.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=A. Frank, W.t. Sullivan |Titel=A New Empirical Constraint on the Prevalence of Technological Species in the Universe |Sammelwerk=Astrobiology |Band=16 |Nummer=5 |Datum=2016-04-22 |ISSN=1531-1074 |Seiten=359–362 |Online=[http://online.liebertpub.com/doi/full/10.1089/AST.2015.1418 liebertpub.com] |DOI=10.1089/ast.2015.1418}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Interstellare Kolonisation? ===<br /> <br /> Eine weitere Überlegung betrifft die mögliche interstellare Ausbreitung von Leben in der Milchstraße. Falls [[Kardaschow-Skala|technologisch fortgeschrittene Lebensformen]] zu interstellarer Kolonisation fähig wären und zudem ihre [[Zivilisation#Astronomie|Zivilisation]] über Jahrmillionen aufrechterhalten könnten, könnte die gesamte Galaxie innerhalb weniger Millionen Jahre vollständig kolonisiert sein. Die Tatsache, dass sich bis heute keine Anzeichen dafür finden, wird auch als [[Fermi-Paradoxon]] bezeichnet. Einige der Gründe sind die begrenzte habitable Zone in der Umgebung einer Sonne wie auch die nach [[Włodzisław Duch]] sehr begrenzte Anzahl von für komplexe Systeme wie die bekannten Lebensformen verwendbaren chemischen Elementen, was auch das Argument des [[Kohlenstoffchauvinismus]] entkräften soll. Der [[Rare-Earth-Hypothese]] zufolge ist das Fermi-Paradoxon keineswegs paradox. Die Entstehung und die nachgewiesene kontinuierliche Entwicklung von komplexen vielzelligen Lebewesen auf der Erde seit Milliarden von Jahren sei nur einer vergleichsweise unwahrscheinlichen Konstellation vor allem astrophysikalischer und geologischer Bedingungen geschuldet.&lt;ref&gt;J. Veizer (1976) in B. F. Windley (Hrsg.): ''The Early History of the Earth.'' John Wiley and Sons, S.&amp;nbsp;569, London.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Erscheinungsformen ===<br /> <br /> Offensichtlich ist, dass außerirdische Lebensformen, die sich unabhängig vom Leben auf der Erde entwickelt haben, sich mehr oder weniger deutlich von den uns bekannten Lebensformen auf der Erde ([[Mikroorganismus|Mikroorganismen]], [[Pflanze]]n, [[Tier]]en) unterscheiden könnten. Es ist aber auch gemäß der Hypothese der [[Panspermie]] denkbar, dass irdisches Leben nicht auf der Erde entstand, sondern durch Asteroiden auf die Erde gebracht wurde. Vor allem einfache außerirdische Lebensformen könnten somit den irdischen ähnlich sein.<br /> <br /> Die Spekulationen über die Art außerirdischer Lebensformen lassen sich grob in drei Gruppen einteilen:<br /> <br /> * Lebensformen, die dem Leben auf der Erde, insbesondere dem Menschen ([[Humanoid]]e), prinzipiell ähneln<br /> * Lebensformen, die völlig anders als alle auf der Erde vorkommenden sind<br /> * niedere Lebensformen (Mikroorganismen)<br /> <br /> Außerirdisches Leben könnte sogar auf ganz anderen chemischen Elementen beruhen. Die Annahme, dass außerirdisches Leben nur auf Kohlenstoffbasis vorstellbar sei, wird [[Polemik|polemisch]] als [[Kohlenstoffchauvinismus]] bezeichnet.&lt;ref&gt;[[Peter D. Ward]]: ''Life as we do not know it-the NASA search for (and synthesis of) alien life.'' Viking, New York 2005, ISBN 0-670-03458-4: ''Carbon/water chauvinism-how universal is CHON life?'' S.&amp;nbsp;61&amp;nbsp;ff.&amp;nbsp;&amp; ''Non-CHON life.'' S. 73–85.&lt;/ref&gt; Hinweise, dass Leben auch auf anderen Elementen basieren kann, lieferte Ende 2010 eine Studie der [[NASA]], wonach das Bakterium [[GFAJ-1]] das Halbmetall Arsen in sein Erbgut einbaut;&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,732542,00.html ''Arsen-Bakterium: Nasa entdeckt spektakuläre Lebensform.''] Spiegel Online, 2.&amp;nbsp;Dezember 2010.&lt;/ref&gt; Kritiker dieser Studie bemängeln jedoch unter anderem verunreinigte Proben und die Instabilität eines auf Arsen basierenden Erbguts.&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,743009,00.html ''Forscher zanken über vermeintliche Nasa-Aliens.''] Spiegel Online, 2.&amp;nbsp;Februar 2011.&lt;/ref&gt; Im Juni 2012 wurde bekannt, dass GFAJ-1 –&amp;nbsp;entgegen bisherigen Annahmen&amp;nbsp;– lediglich freies Arsenat, nicht aber biochemisch integriertes Arsen enthält. Stattdessen gleicht der Aufbau seiner Nukleinsäuren dem der bekannten Bakterien.&lt;ref&gt;taz: ''[http://www.taz.de/NASA-Forschungsbericht-zurueckgewiesen/!96964/ NASA-Forschungsbericht zurückgewiesen.]'' 9.&amp;nbsp;Juli 2012.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Außerirdisches Leben in der Wissenschaft ===<br /> <br /> [[Astrobiologie]] ist die interdisziplinäre Naturwissenschaft, die Ursprung, Evolution, Verteilung und Zukunft des Lebens mit einer kosmischen Perspektive erforscht. Die Möglichkeit der Entstehung und Existenz von außerirdischem Leben wird in der [[Exobiologie]] untersucht. Die [[parawissenschaft]]liche Spekulation über die möglichen [[sozial]]en Charakteristika und Entwicklungstrends von außerirdischen Zivilisationen wird unter anderem als [[Exosoziologie]] bezeichnet.<br /> <br /> Der US-amerikanische Anwalt [[Andrew G. Haley]] (1956&lt;ref&gt;Andrew G. Haley: ''Space law and Metalaw&amp;nbsp;– A Synoptic View.'' Harvard Law Record&amp;nbsp;23, 8.&amp;nbsp;November 1956.&lt;/ref&gt;, 1963&lt;ref&gt;Andrew G. Haley: ''Space Law and Government.'' Appleton Century Crofts, New York, 1963.&lt;/ref&gt;) und der österreichische Jurist [[Ernst Fasan]] (1970&lt;ref&gt;Ernst Fasan: ''Relations with alien intelligences&amp;nbsp;– the scientific basis of metalaw.'' Berlin Verl., Berlin 1970.&lt;/ref&gt;) befassten sich früh mit Fragen des [[Weltraumrecht]]s und mit den potenziellen Beziehungen zu außerirdischen Intelligenzen. Sie verwendeten hierbei den Begriff ''„metalaw“'' (deutsch etwa: Metarecht).<br /> <br /> == Einfache Lebensformen ==<br /> <br /> Falls erdähnliches Leben auf anderen Objekten im Sonnensystem existieren sollte, wäre zu klären, ob sich dieses Leben von der Erde ausgebreitet hat, vom [[Weltraum]] auf die Erde gekommen ist ([[Panspermie]]theorie), oder sich an verschiedenen Orten unabhängig voneinander entwickelt hat. In der [[Raumfahrt]] ist die [[Planetary Protection]] von Bedeutung.<br /> <br /> === Wissenschaftsphilosophische Kritik und Probleme ===<br /> <br /> Ein Problem der Astrobiologie ist, dass es keine allgemein anerkannte Definition von Leben gibt. Tatsächlich gibt es zwar zahllose Versuche, Leben zu definieren, keine davon hat sich jedoch als vollständig oder auch nur befriedigend erwiesen.&lt;ref name=&quot;Tsokolov_2009&quot;&gt;{{Literatur |Autor=S. A. Tsokolov |Titel=Why Is the Definition of Life So Elusive? Epistemological Considerations |Sammelwerk=Astrobiology |Band=9 |Datum=2009 |Seiten=401–412 |Sprache=en |bibcode=2009AsBio...9..401T}}&lt;/ref&gt; Eine mögliche Schlussfolgerung ist, dass eine feste Trennlinie zwischen „belebt“ und „unbelebt“ gar nicht existiert.&lt;ref name=&quot;Annila_Anila_2008&quot;&gt;{{Literatur |Autor=Annila, Annila |Titel=Why did life emerge? |Sammelwerk=International Journal of Astrobiology |Band=7 |Datum=2008 |Seiten=293–300 |Sprache=en |bibcode=2008IJAsB...7..293A}}&lt;/ref&gt; Als Arbeitsdefinition wird in weiten Teilen der Exobiologie, vor allem wenn es um die direkte Suche innerhalb des Sonnensystems geht, daher von „Leben in der uns bekannten Form“ gesprochen.&lt;ref&gt;Margaret S. Race, Richard O. Randolph: ''The need for operating guidelines and a decision making framework applicable to the discovery of non-intelligent extraterrestrial life.'' Advances in Space Research, Volume 30, Number 6, 2002, S. 1583–1591 [http://www.ingentaconnect.com/content/els/02731177/2002/00000030/00000006/art00478 Abstract.]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Ein weiteres ernstzunehmendes Problem wird von der [[Rare-Earth-Hypothese]] beschrieben.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Ward, Brownlee |Titel=Rare earth. Why Complex Life is Uncommon in the Universe |Verlag=Copernicus |Ort=New York |Datum=2000 |ISBN=0-387-98701-0 |Sprache=en |bibcode=2000rewc.book.....W}}&lt;/ref&gt; Sie besagt, dass komplexes Leben auf der Erde nur durch eine außergewöhnliche und höchst unwahrscheinliche Kombination von Faktoren zustande gekommen ist, sodass eine Suche nach höher entwickeltem Leben außerhalb der Erde hoffnungslos sei. Verfechter der Exobiologie wenden gegen diese Hypothese ein, dass dabei nur genau die Umstände gesucht werden, die auf der Erde zu genau unserer Form von Leben geführt haben. Es müssten aber alle Umstände berücksichtigt werden, die potentiell zu Leben führen können. Speziell die Anwendung des [[Anthropisches Prinzip|anthropischen Prinzips]], das angewandt wird um zu Aussagen über die Häufigkeit von intelligentem Leben im Universum zu kommen, erscheint ihnen daher als unangemessen.&lt;ref name=&quot;ASTBIOReview&quot;&gt;{{Literatur |Autor=Chyba, Hand |Titel=Astrobiology. The Study of the Living Universe |Sammelwerk=Annual Review of Astronomy &amp; Astrophysics |Band=43 |Datum=2005 |Seiten=31–74 |Sprache=en |bibcode=2005ARA%26A..43...31C}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Leben in unserem Sonnensystem ===<br /> <br /> {{Hauptartikel|Leben auf dem Mars}}<br /> {{Hauptartikel|Leben auf Titan}}<br /> <br /> Theoretisch könnte auch außerhalb der Erde auf anderen [[Planet]]en des [[Sonnensystem]]s Leben existieren. So nimmt man in der astrobiologischen Abteilung der [[NASA]] an, dass auf den Planeten [[Venus (Planet)|Venus]] und [[Mars (Planet)|Mars]] sowie auf einigen größeren [[Satellit (Astronomie)|Monden]], wie denen des [[Jupiter (Planet)|Jupiters]] – vor allem [[Europa (Mond)|Europa]], aber auch [[Ganymed (Mond)|Ganymed]] und [[Kallisto (Mond)|Kallisto]] – Leben existieren ''kann'' oder ''konnte.'' Eine besondere Stellung nimmt der [[Saturnmond]] [[Titan (Mond)|Titan]] ein, auf dem unter einer dichten Atmosphäre aus Stickstoff und Methan Bedingungen herrschen könnten, die denen der Ur-Erde ähneln. Die lebensfreundlichsten Bedingungen im Sonnensystem außerhalb der Erde scheint nach derzeitigem Kenntnisstand allerdings der nur 500&amp;nbsp;km große Saturnmond [[Enceladus (Mond)|Enceladus]] zu bieten.&lt;ref&gt;Christopher D. Parkinson, Mao-Chang Liang, Yuk L. Yung, Joseph L. Kirschivnk: ''[http://www.gps.caltech.edu/users/jkirschvink/pdfs/Enceladus_OLEB_online_published_paper.pdf Habitability of Enceladus: Planetary Conditions for Life.]'' (PDF; 310&amp;nbsp;kB).&lt;/ref&gt; ''(Siehe auch [[Eismond]]).''<br /> <br /> Um die Grenzen möglichen Lebens bzw. lebenstragender Umgebungen zu ermitteln, untersucht man auf der [[Erde]] extreme Umgebungen ([[Vulkan]]e, [[Tiefsee]], luftleere Räume, chemische Belastungen, [[Antarktis]]) und vergleicht diese mit den Bedingungen, die auf Planeten wie dem Mars oder Monden wie Enceladus und Titan vorherrschen. Um [[Subglazialer See|subglaziale]] Umgebungen erkunden zu können, werden sogenannte [[Kryobot]]s bzw. [[Hydrobot]]s entwickelt.<br /> <br /> Sowohl beim innersten Planet [[Merkur (Planet)|Merkur]] als auch bei den [[Innere und äußere Planeten|weit außen liegenden Eiswelten]] ab [[Uranus (Planet)|Uranus]] wird die Möglichkeit für Leben faktisch ausgeschlossen. Auf Merkur sind die Tag- und Nachttemperaturen (und damit auch die Schwankungen) zu extrem (−180&amp;nbsp;°C bis 460&amp;nbsp;°C), auf den äußeren Planeten ist die Temperatur dauerhaft zu tief (unter −190&amp;nbsp;°C), um Leben entstehen zu lassen.<br /> <br /> === Meteoriten und Kometen ===<br /> <br /> Bei Untersuchungen an [[Meteorit]]en, zum Beispiel [[ALH 84001 (Meteorit)|ALH 84001]], wurden Spuren gefunden, die [[Fossil|Versteinerungen]] von außerirdischen Mikroorganismen sein könnten.&lt;ref&gt;I. Gilmour, M. A. Sephton: ''An introduction to astrobiology.'' Cambridge Univ. Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-83736-7, The ALH 84001 Story, S.&amp;nbsp;114&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; Dies ist umstritten, weil die gefundenen Spuren auch nichtbiologisch erklärbar sind.&lt;ref&gt;J. Reitner: ''Organomineralisation. A clue to the understanding of meteorite-related bacteria-Shaped carbonat particles.'' In: Joseph Seckbach: ''Origins. Genesis, Evolution and Diversity of Life.'' Kluwer Academic, Dordrecht 2004, ISBN 1-4020-1813-4. S.&amp;nbsp;195&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; Seit der Entstehung der Astrobiologie ist kein Fund gemacht worden, der eindeutige Spuren extraterrestrischer Lebensformen belegt. [[Aminosäure]]n – wichtige Bausteine der Lebewesen auf der Erde – wurden jedoch bereits außerhalb des Sonnensystems und auch auf Meteoriten (z.&amp;nbsp;B. dem [[Murchison (Meteorit)|Murchison-Meteoriten]]) und dem [[Komet]]en [[Wild 2]] nachgewiesen.&lt;ref&gt;[http://www.pnas.org/content/68/2/486.abstract ''Nonprotein Amino Acids in the Murchison Meteorite.''] Auf: ''pnas.org.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.newscientist.com/article/dn2558-amino-acid-found-in-deep-space.html ''Amino acid found in deep space.''] Auf: ''newscientist.com.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://stardust.jpl.nasa.gov/news/news115.html ''NASA Researchers Make First Discovery of Life’s Building Block in Comet.''] Auf: ''nasa.gov.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.wissenschaft-online.de/artikel/1005077 ''Erste Aminosäure auf Kometen entdeckt.''] Auf: ''wissenschaft-online.de.''&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Inzwischen wurde experimentell nachgewiesen, dass Meteoriten wie der Murchison-Meteorit [[Katalysator|katalytische]] Fähigkeiten besitzen: Ihr Material kann bewirken, dass aus einfachen Molekülen wie [[Formamid]] unter anderem Aminosäuren und Vorläufer von Zuckermolekülen entstehen.&lt;ref&gt;{{Cite journal |doi = 10.1007/s11084-011-9239-0 |last = Saladino |first = Raffaele |coauthors = Claudia Crestini, Cristina Cossetti, Ernesto Mauro, David Deamer |title = Catalytic effects of Murchison Material: Prebiotic Synthesis and Degradation of RNA Precursors |journal = Origins of Life and Evolution of Biospheres | accessdate = 2011-05-24 |url = http://www.springerlink.com/content/2r382t6251763363/}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Nachdem 1999 das [[Lyndon B. Johnson Space Center|NASA Johnson Space Center]] im [[Nakhla (Meteorit)|Nakhla Meteoriten]] biomorphe Spuren gefunden hatte, wurde ein Fragment des Meteoriten 2006 für weitere Untersuchungen aufgebrochen um eine mögliche Kontamination mit irdischen Organismen bei weiteren Untersuchungen ausschließen zu können. Darin wurden diverse komplexe kohlenstoffhaltige Materialien gefunden, welche [[Dendrit (Biologie)|dendritartige]] Poren und Kanäle im Fels enthielten, ähnlich den Effekten von Bakterien in Steinen, die man von der Erde kennt.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/4688938.stm |titel=Space rock re-opens Mars debate |autor=Paul Rincon |hrsg=BBC News |datum=2006-02-08 |sprache=en |zugriff=2014-09-19}}&lt;/ref&gt; Nach mehrheitlicher Auffassung der Wissenschaftler reiche die Ähnlichkeit der Formen mit denen lebender Organismen nicht aus, um zu beweisen, dass einst Bakterien auf dem Mars lebten.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/289214.stm |titel=Life on Mars - new claims |autor=David Whitehouse |hrsg=BBC News |datum=1999-08-27 |sprache=en |zugriff=2014-09-19}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Anfang März 2011 veröffentlichte der NASA-Astrobiologe Richard Hoover Forschungsergebnisse, wonach in den Meteoriten ''Alais, Ivuna'' und ''Orgueil,'' drei [[Kohliger Chondrit|kohlige Chodriten]], fossile Reste extraterrestrischer Organismen gefunden worden seien. Der Fund ist Gegenstand kontroverser Diskussionen.&lt;ref&gt;[http://derstandard.at/1297819717302/Diskussion-Astrobiologe-berichtet-von-ausserirdischem-Leben ''Astrobiologe berichtet von außerirdischem Leben.''] Auf: ''derstandard.at.'' 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/astronomie/astrobiologie-forscher-will-ausserirdisches-leben-entdeckt-haben_aid_606161.html ''Forscher will außerirdisches Leben entdeckt haben.''] Auf: ''focus.de.'' 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Richard Hoover: [http://journalofcosmology.com/Life100.html ''Fossils of Cyanobacteria in CI1 Carbonaceous Meteorites.''] In: ''JournalofCosmology.com.'' Vol.&amp;nbsp;13, März 2011, abgerufen am 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.wired.com/wiredscience/2011/03/richard-hoover-meteorite-bugs/# ''Alien Microbe Claim Starts Fight Over Meteorite.''] Auf: ''wired.com.'' 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/0,1518,749402,00.html ''Leben aus dem All? Astrobiologen streiten über Meteoriten-Aliens.''] Auf: ''spiegel.de.'' 7.&amp;nbsp;März 2011, abgerufen am 8.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.latimes.com/news/science/la-sci-alien-life-20110308,0,5561322.story ''Scientists dismiss alien life report.''] Auf: ''latimes.com.'' 8.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt; Am 7.&amp;nbsp;März 2011 distanzierte sich die NASA von der Veröffentlichung Hoovers im ''Journal of Cosmology.''&lt;ref&gt;[http://www.spaceref.com/news/viewpr.html?pid=32928 ''NASA Statement on Astrobiology Paper by Richard Hoover.''] Auf: ''spaceref.com.'' Abgerufen am 8.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt; Andere Astrobiologen gehen von terrestrischer Kontamination aus und bezweifeln die Ergebnisse von Richard Hoover.&lt;ref&gt;[http://www.sciencenews.org/view/generic/id/70826/title/Meteorites_may_hold_fossils_from_space_%E2%80%94_or_not ''Meteorites may hold fossils from space — or not.''] Auf: ''sciencenews.org.'' 9.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.dailymail.co.uk/sciencetech/article-1365161/As-Nasa-scientist-claims-hes-extra-terrestrial-life-meteorites--Is-proof-aliens.html?ito=feeds-newsxml ''As a Nasa scientist claims he’s found extra-terrestrial life on meteorites.''] Auf: ''dailymail.co.uk.'' 11.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://nachrichten.rp-online.de/wissen/nasa-distanziert-sich-von-ausserirdischen-bakterien-1.473976 ''Nasa distanziert sich von außerirdischen Bakterien.''] Auf: ''rp-online.de.'' 9.&amp;nbsp;März 2011, abgerufen am 11.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Leben in anderen Planetensystemen ===<br /> <br /> Leben, so wie wir es kennen, kann sich in einem [[Planetensystem]] nur in der [[Habitable Zone|habitablen Zone]] des jeweiligen Sterns entwickeln. Die habitable Zone ist jener Teil der kosmischen Umgebung, in der auf Planeten oder Monden flüssiges Wasser bestehen kann, welches die Entstehung und das Überleben zumindest einfacher Organismen ermöglicht. Um die habitable Zone eines Sterns beurteilen zu können, ist es wichtig, zu wissen, welcher [[Spektralklasse]] er angehört. Als Spektralklasse bezeichnet man ein System der Harvard-Klassifikation, nach der alle Sterne nach ihrer Oberflächentemperatur und Leuchtkraft eingruppiert werden. Das System besteht aus 7 Grundklassen, die mit den Buchstaben O, B, A, F, G, K und M bezeichnet werden. Darüber hinaus enthält die heute in der Astronomie allgemein angewandte [[Klassifizierung der Sterne|MK-Klassifikation]] auch [[Leuchtkraftklasse]]n, die mit den römischen Ziffern I, II, III, IV und V bezeichnet werden. I steht dabei für Überriese, II für Heller Riese, III für Normaler Riese, IV für Unterriese und V für einen Hauptreihenstern. Unsere Sonne ist nach dieser Klassifikation ein Stern der Klasse G2V. Die habitable Zone erstreckt sich bei Klasse G Sternen je nach Unterklasse in einem Bereich von 0,6 bis 1,6 [[Astronomische Einheit]]en (AE). Für eine ausreichend stabile habitable Zone, d.&amp;nbsp;h. mit nur geringen Änderungen über mehrere Milliarden Jahre hinweg, kommen nur Sterne der Spektralklassen F–M und der Leuchtkraftklasse V in Betracht.<br /> <br /> Es gibt auch Überlegungen zu sehr exotischen Lebensformen, die nicht auf Kohlenstoff basieren ([[Kohlenstoffchauvinismus]]), planetare Ausmaße annehmen (eine [[Biosphäre]] als „ein“ [[Lebewesen]]) oder gar im interplanetaren und interstellaren Raum leben. Diese Überlegungen werden aber meist dem Bereich der [[Science-Fiction|Science Fiction]] zugeordnet.<br /> <br /> === Untersuchungen ===<br /> <br /> 2010 wurde das [[Cranfield Astrobiological Stratospheric Sampling Experiment]] (CASS-E) gestartet, das mit einer [[Ballonsonde (Messinstrument)|Ballonsonde]] Proben in der [[Stratosphäre]] sammelt, die dann nach möglicherweise existierenden extraterrestrischen [[Mikroorganismus|Mikroorganismen]] untersucht werden.&lt;ref&gt;[http://www.telegraph.co.uk/science/space/8038639/Mission-to-search-for-alien-life-in-outer-atmosphere.html ''Mission to search for alien life in outer atmosphere.''] Auf: ''telegraph.co.uk.'' 2. Oktober 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.cass-e.com/cranfieldbexus/Experiment.html ''Cranfield Astrobiological Stratospheric Sampling Experiment.''] Abgerufen am 5.&amp;nbsp;Oktober 2010.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Rahmen des [[Search for Extraterrestrial Genomes]] Projekts (SETG) entwickeln [[Massachusetts Institute of Technology|MIT]] und NASA ein Gerät, das sehr unterschiedliche Proben aufbereiten und darin [[Nukleinsäuren]] nachweisen kann. Nach Feldtests in der [[Atacamawüste]] und in der [[Antarktis]] ist 2018 eine Verwendung des Detektors auf dem [[Mars (Planet)|Mars]] geplant.&lt;ref&gt;[http://www.popsci.com/technology/article/2010-11/mits-martian-dna-hunter-will-search-earth-life-red-planet ''MIT’s Martian Genome Project Will Search for Alien DNA on the Red Planet.''] Auf: ''popsci.com.'' 11.&amp;nbsp;Mai 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://astrobiology.nasa.gov/astid/projects/a-search-for-extra-terrestrial-genomes-setg-an-in-situ-detector-for-life-on-mars-ancestrally-related-to-life-on-earth ''A Search for Extra-Terrestrial Genomes (SETG): An In-situ Detector for Life on Mars Ancestrally Related to Life on Earth.''] Auf: ''nasa.gov.'' 9.&amp;nbsp;November 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://web.mit.edu/setg/SETG/Mainpage.html ''SETG – A Search for Extra-Terrestrial Genomes.''] Auf: ''mit.edu.'' Abgerufen am 11.&amp;nbsp;November 2010.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Theoretische Erwägungen ===<br /> <br /> Cohen und Stewart&lt;ref&gt;Jack Cohen, Ian Stewart: ''What Does a Martian Look Like? The Science of Extraterrestrial Life.'' John Wiley&amp;nbsp;&amp; Sons, Inc. Hoboken, NJ (2002), Kap.&amp;nbsp;5 ''Possibilities of Life.'' S.&amp;nbsp;90&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; verwenden die Begriffe ''universal'' (‚universell‘) und ''parochial'' (‚beschränkt‘), um Charakteristika zu kategorisieren, deren Auftreten bei Lebensformen auf anderen, aber im weitesten Sinne ''erdähnlichen'' Planeten sehr wahrscheinlich oder eher weniger wahrscheinlich (aber möglich) ist.<br /> * Als universell werden die Prinzipien und physikalischen und chemischen Funktionen bezeichnet, die mehrfach gefunden werden und die sich unabhängig voneinander während der Evolution auf der Erde entwickelt haben und dadurch anzeigen, dass sie zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten einen evolutionären Vorteil darstellen.<br /> ** [[Fortbewegung]], d.&amp;nbsp;h. das sehr generelle Prinzip der aktiven oder erleichterten Bewegung eines [[Individuum]]s von Ort zu Ort, beispielsweise durch [[Bipedie|Laufen]], [[Gehen]], [[Klettern]], [[Kriechen]], [[Schwimmen]] oder durch entsprechenden Körperbau sich von Wind oder Wasser treiben zu lassen.<br /> *** Speziell [[Fliegen (Fortbewegung)|Flugfähigkeit]] hat sich unabhängig voneinander bei [[Insekten]], [[Pterosaurier]]n, [[Fliegende Fische|fliegenden Fischen]], [[Vögel]]n und [[Fledermäuse]]n entwickelt.<br /> ** [[Sinnesorgan]]e, die spezifische Informationen in Form von Reizen aus der Umwelt aufnehmen und weiterleiten.<br /> *** [[Sehfähigkeit]] im weitesten Sinne wird bei [[Muscheln]], [[Schnecken]], [[Gewöhnlicher Krake|Kraken]], Insekten, [[Kieferklauenträger]]n und [[Wirbeltier]]en gefunden.<br /> *** [[Echolokation]] wird von Fledermäusen, [[Wale]]n und höhlenlebenden Vögeln zur Orientierung und Kommunikation verwendet.<br /> ** Verschiedene Arten von [[Photosynthese]] findet man bei [[Purpurbakterien]] und [[Pflanzen]].<br /> ** [[Polymer]]e, speziell [[Biopolymere]], werden in Lebewesen sehr unterschiedlich synthetisiert und haben sehr unterschiedliche Funktionen.<br /> ** fellartige Körperbedeckung<br /> ** usw.<br /> * Als beschränkt gelten jene Charakteristika, die bisher nur ein einziges Mal auf der Erde aufgetreten sind; in Bezug auf extraterrestrisches Leben werden sie als unwahrscheinlich erachtet, sie sind aber möglich.<br /> ** Nahrungsaufnahme und Atmung durch dieselbe Körperöffnung<br /> ** Fünffingrigkeit<br /> ** selbstreflektierendes Bewusstsein<br /> ** usw.<br /> <br /> == Intelligente Lebensformen ==<br /> <br /> Auch wenn es eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich ist, dass es außerirdisches intelligentes Leben gibt, geht man davon aus, dass es relativ (bis extrem) selten im Universum verbreitet ist.&lt;ref&gt;Peter D. Ward, Donald Brownlee: ''Unsere einsame Erde. Warum komplexes Leben im Universum unwahrscheinlich ist.'' Springer, Berlin 2001, ISBN 3-540-41365-0.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Kontaktaufnahme ===<br /> <br /> Die meisten Menschen gehen heute davon aus, dass enorme Distanzen zwischen uns und außerirdischen Zivilisationen liegen. Angesichts dessen scheinen bis heute vor allem folgende Ansätze zur Suche und möglichen Kontaktaufnahme meistversprechend:<br /> <br /> # die Kommunikation über [[Radio]]wellen, die prinzipiell über weiteste Distanzen erfolgen kann (allerdings maximal mit [[Lichtgeschwindigkeit]]),<br /> # die [[Raumfahrt]] mit bemannten [[Raumschiff]]en oder unbemannten [[Raumsonden|Sonden]] oder<br /> # zukünftige Technologien, die uns heute noch nicht bekannt sind.<br /> <br /> Wenn nicht in unmittelbarer Umgebung (wenige Lichtjahre) zivilisatorisch vergleichbares intelligentes Leben gefunden wird, wird eine Kommunikation zwischen uns und den Außerirdischen wohl nicht zustande kommen, da die Laufzeiten − zumindest für unsere menschliche Existenz − zu lang sind.<br /> <br /> Die Wissenschaft konzentriert sich vor allem auf die Suche nach Anzeichen von (primitivem) Leben oder dessen Spuren auf Meteoriten, unseren Nachbarplaneten und deren Monden einerseits, sowie auf die Suche nach Radiosignalen, die von intelligentem außerirdischem Leben in fremden Sonnensystemen herrühren könnten.<br /> <br /> 2009 befasste sich anlässlich des [[Internationales Jahr der Astronomie 2009|Internationalen Jahres der Astronomie]] die [[Päpstliche Akademie der Wissenschaften]] mit der Suche nach außerirdischen Lebewesen.&lt;ref&gt;[https://www.welt.de/wissenschaft/weltraum/article2997519/Vatikan-tagt-zur-Suche-nach-Ausserirdischen.html?page=1 ''Vatikan tagt zur Suche nach Außerirdischen.''] Auf: ''Welt.de.'' 9.&amp;nbsp;Januar 2009.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2009/11/06/AR2009110601899.html?hpid=opinionsbox1 ''When E.T. phones the pope.''] Auf: ''[[The Washington Post|washingtonpost.com.]]'' 8.&amp;nbsp;November 2009, abgerufen am 10.&amp;nbsp;April 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://astrobiology.nasa.gov/news/vatican-hosts-study-week-on-astrobiology/ ''Vatican Hosts Study Week on Astrobiology.''] Auf: ''astrobiology.nasa.gov.'' Abgerufen am 30.&amp;nbsp;März 2017.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Kontaktversuche ===<br /> <br /> {{siehe auch|Liste der Botschaften an Außerirdische}}<br /> <br /> [[Datei:The Sounds of Earth Record Cover - GPN-2000-001978.jpg|mini|Golden Record Cover mit Gebrauchsanleitung]]<br /> <br /> Schon im 19. Jahrhundert schlug [[Franz von Paula Gruithuisen]] vor, mit den von ihm vermuteten Mondbewohnern dadurch Kontakt aufzunehmen, dass man in den Weiten Sibiriens entsprechend dimensionierte Steckrübenpflanzungen in Form der Figur des [[Satz des Pythagoras|pythagoräischen Lehrsatzes]] anlege.&lt;ref&gt;Arno Schmidt: ''Die Kreisschlösser.'' Fischer TB 1926, S. 34.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die Suche nach intelligentem außerirdischem Leben wird mit der Abkürzung SETI ([[Search for Extraterrestrial Intelligence]]) bezeichnet. Das SETI-Projekt basiert auf der Annahme, dass Außerirdische beiläufig oder gezielt [[Elektromagnetisches Spektrum|elektromagnetische]] Signale aussenden, welche von anderen intelligenten Lebewesen entdeckt werden könnten.<br /> <br /> Im Jahre 1919 wurden bereits die ersten Versuche von [[Guglielmo Marconi]] unternommen, außerirdische Radiosignale zu empfangen, welche jedoch nicht bestätigt werden konnten. Seit dem Jahr 1960 wird die SETI weiter verfolgt, bisher allerdings ohne Erfolg. Das bisher spektakulärste empfangene Signal ist das sogenannte [[Wow!-Signal]], allerdings ist nicht sicher, ob es wirklich außerirdischen Ursprungs ist.<br /> <br /> Als 1972 die beiden interstellaren Raumsonden [[Pioneer 10]] und [[Pioneer 11]] ausgesandt wurden, brachte man an den Sonden goldene Tafeln, die sogenannten [[Pioneer-Plakette]]n an, in der Hoffnung, dass falls die Sonden eines Tages von etwaigen intelligenten außerirdischen Lebensformen gefunden würden, diese dadurch von der Menschheit erfahren würden. 1974 wurde von der Erde aus einmalig eine Botschaft von der Erde an mögliche Außerirdische in Form eines Radiowellen-Signals ausgestrahlt, die sogenannte [[Arecibo-Botschaft]].<br /> <br /> Die NASA hat 1977 die Raumsonden [[Voyager 1]] und [[Voyager 2]] zu den äußeren Planeten gestartet. Sie befinden sich mittlerweile im Grenzbereich des [[Sonnensystem]]s und tragen je eine goldene Datenplatte mit Bild- und Audio-Informationen ([[Voyager Golden Record]]) über die Erde und die Menschheit mit sich, die für außerirdische Zivilisationen vermutlich lesbar wären.<br /> <br /> Am 30. September 2006 strahlte der Kultursender [[Arte]] die Sendung [[CosmicConnexion]] auch per Spezialantenne in Richtung des Sterns [[Errai]]. Im Gegensatz zu früheren Nachrichten besteht sie nicht aus reinen Informationen über die Erde und den Menschen, sondern ist eine mehr künstlerische Darstellung der Menschheit. Arte plant außerdem eine eigene Serie, die ebenfalls per Antenne ins Weltall geschickt werden soll.<br /> <br /> Für das Jahr 2015 plante die [[Europäische Weltraumorganisation]] ein mittlerweile eingestelltes Weltraumexperiment, welches erdähnliche Exoplaneten beobachten und nach Anzeichen von Leben auf ihnen suchen sollte, das nach Charles Darwin benannte Teleskop [[Darwin (Weltraumteleskop)|Darwin]]. Ebenfalls unsicher in der Realisierung ist das auf unbestimmte Zeit verschobene Projekt [[Terrestrial Planet Finder]].<br /> <br /> === Spekulationen ===<br /> <br /> Einige Menschen meinen, dass technologisch fortgeschrittene Außerirdische in der Lage sein könnten, die Erde zu besuchen, zum Beispiel mit Raumschiffen, die auf einer uns unbekannten Technik beruhen. Es gibt auch Menschen, die glauben, dass dies bereits geschehen sei, insbesondere im Zusammenhang mit Sichtungen von [[UFO]]s („unbekannten Flug-Objekten“).&lt;ref&gt;Michael Michaud: ''Contact with Alien Civilizations. Our Hopes and Fears about Encountering Extraterrestrials.'' Springer, Berlin 2006, ISBN 0-387-28598-9, ''The UFO Controversy.'' S.&amp;nbsp;143–161.&lt;/ref&gt; Andere behaupten, Opfer einer [[Entführung durch Außerirdische]] gewesen zu sein. Einer weiteren Hypothese nach könnten Außerirdische sogar mitten unter den Menschen leben.&lt;ref&gt;''{{Webarchiv | url=http://www.sueddeutsche.de/t5p38P/3235477/Sie-sind-unter-uns.html | wayback=20100401230507 | text=Sie sind unter uns. Britischer Hofastronom spekuliert über die Existenz von Aliens.}}''. Auf: ''sueddeutsche.de.'' 24.&amp;nbsp;Februar 2010, abgerufen am 18.&amp;nbsp;Dezember 2014.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.telegraph.co.uk/science/space/7289507/Royal-astronomer-Aliens-may-be-staring-us-in-the-face.html ''Royal astronomer: ‚Aliens may be staring us in the face‘.''] Auf: ''telegraph.co.uk.'' 22.&amp;nbsp;Februar 2010, abgerufen am 18.&amp;nbsp;Dezember 2014.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Es gibt [[Verschwörungstheorie]]n darüber, dass die Existenz von Außerirdischen gezielt vor der allgemeinen Menschheit geheimgehalten wird.&lt;ref&gt;Travis S. Taylor u. a.: ''An Introduction to Planetary Defense – A Study of Modern Warfare Applied to Extra-Terrestrial Invasion.'' BrownWalker Press, Boca Raton 2006, ISBN 1-58112-447-3, The ''Need to Know,'' S. 125–136.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Teilweise wird auch über die Möglichkeit spekuliert, dass Außerirdische in der Frühgeschichte der Menschheit die Erde besucht haben könnten (genannt [[Prä-Astronautik]], siehe auch [[Erich von Däniken]]).&lt;ref&gt;Michael Michaud: ''Contact with Alien Civilizations. Our Hopes and Fears about Encountering Extraterrestrials.'' Springer, Berlin 2006, ISBN 0-387-28598-9, ''Ancient Visitors to Earth.'' S.&amp;nbsp;141–142&amp;nbsp;&amp; ''Astroarchaeology.'' S.&amp;nbsp;138–139.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Als Reaktion auf eine Online-Petition veröffentlichte der wissenschaftliche Dienst des [[Weißes Haus|Weißen Hauses]] im November 2011 eine Erklärung, wonach es zurzeit keine Hinweise auf die Existenz irgendeiner Form extraterrestrischen Lebens gibt.&lt;ref&gt;[http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/wissenschaft-weisses-haus-hat-keinen-beweis-fuer-ausserirdische_aid_682257.html ''Weißes Haus hat keinen Beweis für Außerirdische.''] Auf: ''focus.de.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.telegraph.co.uk/science/space/8875780/White-House-denies-alien-cover-up.html ''White House denies alien cover-up.''] Auf: ''telegraph.co.uk.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://wwws.whitehouse.gov/petitions#!/response/searching-et-no-evidence-yet ''Searching for ET, But No Evidence Yet.''] Auf: ''whitehouse.gov.'' Abgerufen am 23.&amp;nbsp;November 2011.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Potenzielle Gefahren bei Kontakt ===<br /> <br /> Es wird spekuliert, dass der Kontakt mit außerirdischen Lebensformen gefährlich sein könnte, vor allem, wenn diese der Menschheit überlegen wären. Forscher wie [[Stephen Hawking]] und [[Simon Conway Morris]] äußerten ihre Befürchtungen über einen Kontakt mit intelligenten extraterrestrischen Wesen.&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/0,1518,691115,00.html ''Warnung von Astrophysiker Hawking.''] Auf: ''spiegel.de.'' 25.&amp;nbsp;April 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://transcripts.cnn.com/TRANSCRIPTS/1004/30/lkl.01.html ''CNN LARRY KING LIVE.''] Gesendet am 30.&amp;nbsp;April 2010. Auf: ''transcripts.cnn.com.'' Abgerufen am 18.&amp;nbsp;März 2012.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://derstandard.at/1293370357736/Vorbereitungen-fuer-den-Alien-Kontakt ''Vorbereitungen für den Alien-Kontakt.''] Auf: ''derstandard.at.'' 10.&amp;nbsp;Januar 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Simon Conway Morris: ''Predicting what extra-terrestrials will be like: and preparing for the worst.'' Phil. Trans. R. Soc. A, 2011 369:555–571; [[doi:10.1098/rsta.2010.0276]], [http://rsta.royalsocietypublishing.org/content/369/1936/555.full.pdf+html online] (PDF), abgerufen am 12.&amp;nbsp;Januar 2011.&lt;/ref&gt; Hawking meinte beispielsweise, dass die Menschheit, anstatt aktiv nach außerirdischen Zivilisationen zu suchen, stattdessen alles Erdenkliche tun sollte, um unentdeckt zu bleiben. Außerirdische Zivilisationen seien möglicherweise an der Erde nur als Ressourcenquelle interessiert und würden diese ausplündern wollen. Als Beispiel führte Hawking die Entdeckung Amerikas durch [[Christoph Kolumbus]] an, die für die Ureinwohner Amerikas auch nicht positiv ausgegangen sei.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://news.bbc.co.uk/2/hi/8642558.stm |titel=Stephen Hawking warns over making contact with aliens |hrsg=BBC News |zugriff=2014-06-13 |datum=2010-04-10 |sprache=en}}&lt;/ref&gt; Der Astronom [[Alexander Zaitsev]] prägte für ein eventuelles Gefahrenszenario den Begriff ''Darth Vader Scenario,'' benannt nach einer Figur aus den [[Science-Fiction]]-Filmen [[Star Wars]].&lt;ref&gt;Alexander Zaitsev u. a.: [http://www.setileague.org/editor/meti.htm ''Making a Case for METI.''] ''2.&amp;nbsp;METI is risky.'' Auf: ''setileague.org.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Harald Zaun: ''SETI. Die wissenschaftliche Suche nach außerirdischen Zivilisationen. Chancen, Perspektiven, Risiken.'' Heise, Hannover 2010, ISBN 978-3-936931-57-0, S.&amp;nbsp;271&amp;nbsp;ff. Abgerufen am 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt; Es gibt Überlegungen für eine [[planetare Verteidigung]]. Der ''Global Risks Report 2013'' des [[Weltwirtschaftsforum|World Economic Forums]] bezeichnet eine zukünftige Entdeckung außerirdischen Lebens als einen möglichen ''X-Factor,'' der tiefgreifende Auswirkungen haben könnte.&lt;ref&gt;[http://www.nature.com/news/realities-of-risk-1.12159 ''Realities of risk.''] Auf: ''nature.com.'' Abgerufen am 4.&amp;nbsp;Februar 2013.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://reports.weforum.org/global-risks-2013/section-one/executive-summary/ ''Executive Summary.'']&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://reports.weforum.org/global-risks-2013/section-five/x-factors/ ''X Factors.''] Global Risks 2013 – Eighth Edition. Auf: ''weforum.org.''&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Außerirdische in der Populärkultur und Science-Fiction ==<br /> <br /> [[Datei:Baron15a.gif|mini|hochkant|Bewohner des [[Sirius|Hundssterns]] nach einer Erzählung von [[Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen|Münchhausen]], 1793]]<br /> <br /> {{Belege fehlen}}<br /> <br /> Außerirdische haben in der [[Science-Fiction]] schon sehr früh eine Rolle gespielt. Es kann sogar behauptet werden, dass die Science-Fiction von Beginn an in erheblichem Maße durch die Idee von intelligenten, humanoiden, außerirdischen Lebensformen beeinflusst wurde. In diesem Zusammenhang wurden auch die ersten Spekulationen, beispielsweise über ''[[Marsianer]]'' und ''[[Venusianer]],'' entwickelt, welche bis heute viele Science-Fiction-Geschichten prägen.&lt;ref&gt;Vgl. Helga Abret, [[Lucian Boia]]: ''Das Jahrhundert der Marsianer. Der Planet Mars in der Science-fiction bis zur Landung der Viking-Sonden 1976.'' Ein Science-fiction-Sachbuch, Heyne Verlag, München 1984, [[Bibliothek der Science Fiction Literatur]], Band&amp;nbsp;32.&lt;/ref&gt; Umgekehrt prägt und beeinflusst aber auch die Science-Fiction von Beginn an ernste wissenschaftliche Bemühungen, mehr über den Menschen selbst und auch über andere Lebewesen zu erfahren.<br /> <br /> Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich keine belastbare Aussage darüber treffen, ob hypothetische intelligente Lebensformen auf anderen Planeten eine [[Anthropomorphismus|anthropomorphe]] (menschenähnliche) Gestalt besitzen. Dessen ungeachtet herrscht bis heute in der populären Kultur die Vorstellung von humanoiden und intelligenten Außerirdischen vor. In den meisten Fällen diente der menschliche Körper, der nur in Details verfremdet wurde, als Vorbild für die Gestalt von Außerirdischen. Der [[Great Moon Hoax]] von 1835 mit seinen „Fledermausmenschen“ zeigt ein frühes Beispiel für diese Tendenz. Im 20. Jahrhundert kristallisierten sich bestimmte [[Stereotyp]]e heraus, darunter die „kleinen grünen Männchen“ und die Ausstattung der (oft ansonsten humanoiden) fiktiven Wesen mit körperlichen Details, die als abstoßend oder furchterregend empfunden werden (beispielsweise [[Tentakel]], [[Schleim]], Haarlosigkeit oder besondere Behaarung).<br /> <br /> Im Film kam es bereits 1902, in der [[Die Reise zum Mond|''Reise zum Mond'']] von [[Georges Méliès]], zu einem Zusammentreffen von Menschen und Aliens.<br /> Ganz allgemein werden annähernd in den filmischen Darstellungen fünf Kategorien von Aliens unterschieden:<br /> * ''[[Humanoid]]e (Menschenähnliche),'' wie z.&amp;nbsp;B. [[Superman]], Mr. Spock in [[Star Trek]], der „Doktor“ aus [[Doctor Who]], Klaatu aus [[Der Tag, an dem die Erde stillstand (1951)|Der Tag, an dem die Erde stillstand]], die außerirdischen Flüstergestalten in [[Knowing – Die Zukunft endet jetzt]].<br /> * ''Tierähnliche'' wie beispielsweise [[Alf (Fernsehserie)|Alf]], die Goa’uld aus der Serie [[Stargate – Kommando SG-1]], die Bugs aus [[Starship Troopers]].<br /> * ''[[Monster]]'' wie in [[Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt]].<br /> * ''Nicht-kategorisierbare'' wie zum Beispiel in [[Blob – Schrecken ohne Namen]] oder [[Abyss – Abgrund des Todes]].<br /> * ''Abwesende Außerirdische – alien in absentia,'' über die nichts bekannt ist und lediglich Artefakte oder Ähnliches vorhanden sind wie unter anderem in [[2001: Odyssee im Weltraum]].&lt;ref&gt;Simon Spiegel: ''Woran erkenne ich einen Ausserirdischen. Einführung in die filmische Exobiologie.'' In: Thomas Myrach u. a.: ''Science&amp;nbsp;&amp; Fiction. Imagination und Realität des Weltraums.'' Haupt Verlag, Bern 2009, ISBN 978-3-258-07560-0, S.&amp;nbsp;175–197, [http://books.google.at/books?id=6Cs-r4KhKOIC&amp;pg=PA175&amp;lpg=PA175&amp;dq=Simon+Spiegel:+Woran+erkenne+ich+Ausserirdische&amp;source=bl&amp;ots=UVtAT8rubG&amp;sig=sDAMp1C9Lmc2_iuUgEmgRR_Jvv8&amp;hl=de&amp;ei=q5ZbTfKTEoWutwecl5iVDA&amp;sa=X&amp;oi=book_result&amp;ct=result&amp;resnum=4&amp;ved=0CCwQ6AEwAw#v=onepage&amp;q=Simon%20Spiegel%3A%20Woran%20erkenne%20ich%20Ausserirdische&amp;f=false Googlebooks].&lt;/ref&gt;<br /> Eine Sonderstellung nimmt der Roman [[Solaris (Roman)|Solaris]] von [[Stanisław Lem]] ein. Darin hat die Menschheit einen Planeten entdeckt, der fast völlig von einem anscheinend intelligenten, lebenden [[Ozean]] bedeckt ist. Auch nach Jahrzehnten intensiver Forschung ist es jedoch –&amp;nbsp;bis die Handlung des Romans einsetzt&amp;nbsp;– nicht gelungen, seine Natur annähernd zu verstehen oder mit ihm in Kontakt zu treten.<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> <br /> * [[Anthropisches Prinzip]]<br /> * [[Astrobiologie]]<br /> * [[Kopernikanisches Prinzip]]<br /> * [[Rare-Earth-Hypothese]]<br /> * [[Wasservorkommen im Universum]]<br /> <br /> == Literatur ==<br /> <br /> * Karim Akerma: ''Außerirdische. Einleitung in die Philosophie. Extraterrestrier im Denken von Epikur bis Jonas.'' Münster 2002, ISBN 3-935363-70-2.<br /> * Dieter Beste (Hrsg.): ''Leben im All.'' Spektrum der Wissenschaft Dossier 2002, 3, Spektrum-d.-Wiss.-Verl., Heidelberg 2002, ISBN 3-936278-14-8, {{Webarchiv | url=http://www.spektrum.de/artikel/849269 | wayback=20141009134859 | text=''Spektrum.de.''}}.<br /> * Steven J. Dick: ''Life on Other Worlds.'' Cambridge University Press, Cambridge UK 1998, ISBN 0-521-62012-0.<br /> * [[Ernst Fasan]]: ''Relations with alien intelligences&amp;nbsp;– the scientific basis of metalaw.'' Berlin Verl., Berlin 1970.<br /> * [[Gerald Feinberg]], Robert Shapiro: ''Life beyond earth&amp;nbsp;– the intelligent earthling’s guide to life in the universe.'' Morrow Quill, New York 1980, ISBN 0-688-08642-X.<br /> * Linus Hauser: ''Die Bedeutung der Frage nach außerirdischem Leben für die (christliche) Theologie.'' In: T. Myrach, T. Weddigen, J. Wohlwend, S. M. Zwahlen (Hrsg.): ''Science und Fiction. Imagination und Realität des Weltraums.'' Stuttgart/Wien 2009, 199–218.<br /> * Jean Heidmann: ''Bioastronomie&amp;nbsp;– Über irdisches Leben und außerirdische Intelligenz.'' Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1994, ISBN 3-540-57137-X.<br /> * Michael Michaud: ''Contact with Alien Civilizations&amp;nbsp;– Our Hopes and Fears about Encountering Extraterrestrials.'' Springer, Berlin 2006, ISBN 0-387-28598-9.<br /> * Heinz H. Peitz u. a.: ''Der vervielfachte Christus. Außerirdisches Leben und christliche Heilsgeschichte.'' Akad. d. Diözese Rottenburg-Stuttgart 2004, ISBN 3-926297-92-1, [http://www.akademie-rs.de/fileadmin/user_upload/pdf_archive/khr46.pdf ''PDF online.'']<br /> * Michael Schetsche, Martin Engelbrecht (Hrsg.): ''Von Menschen und Außerirdischen. Transterrestrische Begegnungen im Spiegel der Kulturwissenschaft.'' Transcript-Verl., Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89942-855-1.<br /> * Michael Schetsche, Andreas Anton: ''Im Spiegelkabinett. Anthropozentrische Fallstricke beim Nachdenken über die Kommunikation mit Außerirdischen.'' In: M. Schetsche (Hrsg.): ''Interspezies-Kommunikation. Voraussetzungen und Grenzen.'' Berlin 2014: Logos-Verlag, S.&amp;nbsp;125–150, ISBN 978-3-8325-3830-9.<br /> * Travis S. Taylor u.&amp;nbsp;a.: ''An Introduction to Planetary Defense&amp;nbsp;– A Study of Modern Warfare Applied to Extra-Terrestrial Invasion.'' BrownWalker Press, Boca Raton 2006, ISBN 1-58112-447-3.<br /> * Karl H. Türk: ''Außerirdische Intelligenz, Realität oder Illusion.'' QNST-Verlag 1993, ISBN 3-928641-06-9.<br /> * Diana G. Tumminia: ''Alien Worlds&amp;nbsp;– Social and Religious Dimensions of Extraterrestrial Contact.'' Syracuse Univ. Press, Syracuse 2007, ISBN 978-0-8156-0858-5.<br /> * [[Peter Ward (Paläontologe)|Peter D. Ward]]: ''Life as we do not know it&amp;nbsp;- the NASA search for (and synthesis of) alien life.'' Viking, New York 2005, ISBN 0-670-03458-4.<br /> * Hubert Untersteiner: ''Exobiologie&amp;nbsp;– Wissenschaft vom Leben im All.'' Edition nove 2006, ISBN 978-3-902546-42-5.<br /> * Harald Zaun: ''SETI&amp;nbsp;– Die wissenschaftliche Suche nach außerirdischen Zivilisationen. Chancen, Perspektiven, Risiken.'' Mit einem Vorwort von [[Harald Lesch]]. Heise-Verlag, Hannover 2010, ISBN 978-3-936931-57-0.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> <br /> {{Commonscat|Aliens|Außerirdische Lebensformen}}<br /> <br /> * [http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/273974.html Warum uns die Außerirdischen noch nicht gefunden haben] – Ute Kehse in ''[[Bild der Wissenschaft]]'', am {{Datum|19|1|2007}}<br /> * {{Webarchiv | url=http://www.mpifr-bonn.mpg.de/public/life/ritter.htm | wayback=20110429004209 | text=Leben im All – Wirklichkeit oder Fiktion?}} – Birgit Ritter auf ''mpifr-bonn.mpg.de''<br /> * [https://www.heise.de/tp/features/Warum-Aliens-nicht-gruen-sein-muessen-und-Alien-Pflanzen-auch-nicht-3413108.html Warum Aliens nicht grün sein müssen (und Alien-Pflanzen auch nicht)] – [[Peter Mühlbauer]] auf ''[[Telepolis]]'', {{Datum|13|4|2007}}<br /> * ''[http://www.esa.int/esa-mmg/mmg.pl?b=b&amp;topic=Life%20beyond%20Earth&amp;subtopic=Exobiology&amp;single=y&amp;start=27 Searching for Planets with life.]'' Animation der ''[[Europäische Weltraumorganisation|Europäischen Weltraumorganisation]]'' (englisch).<br /> * [[Royal Society|The Royal Society]] 2010: ''[http://royalsociety.org/Event.aspx?ID=1887 The detection of extra-terrestrial life and the consequences for science and society.]'' &amp; ''[http://royalsociety.org/Audio-extra-terrestrial-life/ Towards a scientific and societal agenda on extra-terrestrial life.]'' – abgerufen am {{Datum|29|8|2011}}<br /> <br /> === Videos ===<br /> <br /> * {{Alpha Centauri|7}}<br /> * {{Alpha Centauri|27}}<br /> * {{Alpha Centauri|18}}<br /> * {{Alpha Centauri|43}}<br /> * {{Alpha Centauri|79}}<br /> * {{Alpha Centauri|104}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> <br /> &lt;references/&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4003864-6}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Ausserirdisches Leben}}<br /> [[Kategorie:Astrobiologie]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Au%C3%9Ferirdisches_Leben&diff=165100642 Außerirdisches Leben 2017-05-02T07:03:41Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>'''Außerirdisches Leben''' ist eine Bezeichnung für [[Lebewesen|Lebensformen]], die auf der [[Erde]] weder beheimatet noch entstanden sind.&lt;ref&gt;Frank White: ''{{lang|en|The Seti Factor&amp;nbsp;– How the Search for Extraterrestrial Intelligence Is Changing Our View of the Universe and Ourselves.}}'' Walker &amp; Company, New York, {{Datum|||1990}}, ISBN 978-0-8027-1105-2, S.&amp;nbsp;11: „''[…]&amp;nbsp;a being with origins and existence outside the boundaries of the earth&amp;nbsp;[…] that includes any life form originating off the planet earth.''“&lt;/ref&gt; Der Begriff deckt alle möglicherweise existierenden Arten und Erscheinungsformen von [[Leben]] nichtirdischer Herkunft ab, von einfachsten biologischen [[Systematik (Biologie)|Systemen]] (z.&amp;nbsp;B. [[Mikrosphäre]]n, [[Prion]]en, [[Viren]] und [[Prokaryoten]]) über [[pflanzen]]- und [[tier]]artiges Leben bis hin zu Lebensformen, deren Komplexität die Penis des Menschen weit übersteigen könnte.&lt;ref&gt;Peter D. Ward: ''Life as we do not know it-the NASA search for (and synthesis of) alien life.'' Viking, New York 2005, ISBN 0-670-03458-4: ''„What is Life?“'' S.&amp;nbsp;1–23.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Michael J. Crowe: ''{{lang|en|The extraterrestrial life debate 1750–1900: The idea of a plurality of worlds from Kant to Lowell.}}'' Cambridge Univ. Press, Cambridge, {{Datum|||1986}}, ISBN 0-521-26305-0.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Michael J. Crowe: ''{{lang|en|The Extraterrestrial Life Debate, Antiquity to 1915&amp;nbsp;– A Source Book.}}'' Univ. of Notre Dame Press, Notre Dame, {{Datum|||2008}}, ISBN 978-0-268-02368-3.&lt;/ref&gt; Ein außerirdisches Wesen wird auch kurz Außerirdischer oder nach der [[Englische Sprache|englischen]] Bezeichnung ''Alien'' (deutsch ''Fremdling'') genannt. Das Adjektiv ''außerirdisch'' ist gleichbedeutend mit dem Fremdwort ''[[extraterrestrisch]].''<br /> <br /> Bislang ist nicht bekannt, ob Leben außerhalb der irdischen [[Biosphäre]] existiert. Vielleicht auf dem Gaggimond der Venus<br /> <br /> == Historische Überlegungen ==<br /> <br /> Naturphilosophische Gedanken zur Existenz von außerirdischem Leben lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen. So finden sich etwa schon in [[Plutarch]]s Werk ''Das Mondgesicht''&lt;ref name=&quot;mondgesicht&quot;&gt;Plutarch: ''Das Mondgesicht.'' Übers. von Herwig Görgemanns, Zürich, 1968.&lt;/ref&gt; oder [[Lukian von Samosata]]s Schrift ''Ikaromenipp oder die Wolkenreise''&lt;ref name=&quot;samosata&quot;&gt;Lukian von Samosata: ''Ikaromenipp oder die Wolkenreise.'' Zweisprachige Ausgabe, hrsg. und übers. von [[Karl Mras]], München, 1980.&lt;/ref&gt; Gedanken über Lebewesen jenseits der Erde. Derartige Texte beziehen sich jedoch wesentlich auf [[Mythos|mythische]] Motive und haben nicht den Anspruch, mit Hilfe einer rationalen Argumentation Theorien über außerirdisches Leben zu entwickeln.<br /> <br /> [[Giordano Bruno]] im 16. Jahrhundert meinte, dass das [[Universum|Weltall]] unendlich sei und dass es auch unendlich viele Lebewesen auf anderen [[Planet]]en im Universum gebe. Im späten 17. Jahrhundert veröffentlichte der Astronom [[Christiaan Huygens]] seine Schrift ''Weltbeschauer, oder vernünftige Muthmaßungen, daß die Planeten nicht weniger geschmükt und bewohnet seyn, als unsere Erde.'' Huygens, zugleich einer der Begründer der [[Geschichte der Wahrscheinlichkeitstheorie|Wahrscheinlichkeitstheorie]], erkannte, dass er zu keinen [[Gewissheit|gesicherten]] Erkenntnissen über extraterrestrisches Leben kommen konnte. Dennoch seien einige Annahmen wahrscheinlicher als andere, daher könne man doch zumindest zu „vernünftigen Mutmaßungen“ kommen. Die Idee von „vernünftigen Mutmaßungen“ beeinflusste die Naturphilosophie des 18. Jahrhunderts stark. [[Christian Wolff (Philosoph)|Christian Wolff]] berechnete mit Hilfe von [[Analogie (Philosophie)|Analogieargumenten]] und „vernünftigen Mutmaßungen“ gar die Größe der Jupiterbewohner auf 13819 1440stel eines [[Alte Maße und Gewichte (Frankreich)|Pariser Fußes]],&lt;ref&gt;Christian Wolff: ''{{lang|la|Elementa matheseos universae. Edito Nova.}}'' Halle, Renger, {{Datum|||1735}}&lt;/ref&gt; also etwa vier Meter.&lt;ref name=&quot;knobloch&quot;&gt;Einen Überblick zu Kant und der Wissenschaftsgeschichte der Suche nach außerirdischem Leben bietet: Eberhard Knobloch: ''Vielheit der Welten&amp;nbsp;– extraterrestrische Intelligenz.'' In: Wilhelm Voßkamp: ''Ideale Akademie.'' Berlin, Akademie Verlag, {{Datum|||2002}}, ISBN 3-05-003739-3, S.&amp;nbsp;185–187. Zu Wolffs Berechnung siehe dort, S.&amp;nbsp;167, [http://books.google.com/books?id=DopY0Wh3YbQC&amp;lpg=PA167&amp;ots=v2ZWaE3D15&amp;dq=Wolff%20jupiterbewohner&amp;hl=de&amp;pg=PA165#v=onepage&amp; Googlebooks.]&lt;/ref&gt; Auch [[Immanuel Kant]] beschäftigte sich 1755 in seinem Werk ''[[Von den Bewohnern der Gestirne]]'' mit der Frage, ob es Leben auf anderen Planeten gebe.<br /> <br /> Die Spekulationen über außerirdisches Leben nahmen insbesondere in der zweiten Hälfte des 19.&amp;nbsp;Jahrhunderts zu, als die [[Evolution]]stheorie an Verbreitung gewann, die besagt, dass sich das Leben auf der Erde über Zeiträume von Jahrmilliarden über natürliche [[Mutation]]s- und [[Selektion (Evolution)|Selektionsprozesse]] von einfachsten Lebensformen zu immer größerer Vielfalt, höherer Komplexität und schließlich auch zu Intelligenz entwickelt hat. Diese Vorstellung ließ es möglich erscheinen, dass sich auch auf anderen Planeten auf eine vergleichbare Weise Leben entwickelt hat – insbesondere nachdem zugleich das traditionelle biblisch-christliche Weltbild immer mehr an Bedeutung verlor und die [[Astronomie]] aufgezeigt hatte, dass unsere [[Sonne]] ein [[Stern]] unter Milliarden ähnlicher Sterne ist.<br /> <br /> Zunächst konzentrierten sich die Spekulationen über außerirdisches Leben auf die erdnächsten Himmelskörper: den [[Mond]] und die Planeten unseres eigenen [[Sonnensystem]]s, insbesondere die beiden Nachbarplaneten der Erde, [[Mars (Planet)|Mars]] und [[Venus (Planet)|Venus]]. Daneben wurde lange spekuliert, ob unser Sonnensystem mit seinen Planeten einen Sonderfall im Universum darstellt oder ob Planeten im Universum in großer Zahl vorhanden seien.<br /> <br /> 1854 theoretisierte [[William Whewell]], der Mars hätte Ozeane, Land und möglicherweise Lebensformen. Nach Teleskopbeobachtungen der [[Marskanäle]], die sich später als optische Täuschung herausstellten, explodierten Ende des 19.&amp;nbsp;Jahrhunderts die Spekulationen über Leben auf dem Mars förmlich. So veröffentlichte der amerikanische Astronom [[Percival Lowell]] 1895 sein Buch ''Mars,'' gefolgt von ''Mars and its Canals'' (Mars und seine Kanäle) 1906, in denen er vorschlug, dass die Kanäle die Arbeiten einer längst vergangenen Zivilisation wären.&lt;ref&gt;{{cite book |title = Is Mars habitable? A critical examination of Professor Percival Lowell’s book ‘Mars and its canals’, with an alternative explanation |first = Alfred Russel |last = Wallace |location = London |publisher = Macmillan |year = 1907 |oclc = 263175453}}&lt;/ref&gt; In den ersten wissenschaftlich untermauerten Vorstellungen von der Venus als Weltkörper galt dieser erdähnliche Planet durch seine größere Sonnennähe als eine lebensfreundlichere, junge und sehr warme Welt der Urzeit, die unter der undurchdringlichen Wolkendecke von Dschungel und Wüsten geprägt ist. Das hat sich dann auch in der später aufgekommenen wissenschaftlichen Phantastik der Literatur und der Filmkunst niedergeschlagen, besonders in Form verschiedenster [[Venusianer]]. Mit der Erkundung der wirklichen Bedingungen, vor allem seit den ersten Messergebnissen der Sonde [[Mariner 2]] 1962, wurde dann klar, dass die Venus nicht tropisch und lebensfreundlich, sondern sehr heiß und trocken ist.<br /> <br /> == Heutige Sicht ==<br /> <br /> === Existenzwahrscheinlichkeit ===<br /> <br /> Für die Existenz von intelligentem Leben außerhalb der Erde werden insbesondere die Tatsachen angeführt, dass es allein in der [[Milchstraße]] zwischen 200 und 400&amp;nbsp;Milliarden Sterne gibt und diese wiederum nur eine von mehr als 100&amp;nbsp;Milliarden Galaxien ist. Die Wahrscheinlichkeit der Existenz solchen Lebens wird seit 1961 mit der [[Drake-Gleichung]] abgeschätzt.&lt;ref&gt;[[Sebastian von Hoerner]]: ''Sind wir allein?&amp;nbsp;– SETI und das Leben im All.'' Beck, München 2003, ISBN 3-406-49431-5, S.&amp;nbsp;151–152.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.daviddarling.info/encyclopedia/D/DrakeEq.html ''Drake Equation.''] Bei: ''daviddarling.info.'' Abgerufen am 1.&amp;nbsp;Februar 2010.&lt;/ref&gt; Allerdings sind viele der in der Drake-Gleichung genutzten Faktoren umstritten. Auch über die Frage, inwiefern das theoretische Ergebnis der Drake-Gleichung praktische Relevanz hat oder wie es überhaupt zu deuten ist, gibt es Diskussionen.<br /> <br /> Wenn man die Betrachtung auf „[[Intelligenz|intelligentes]]“ Leben einengt, ist zu berücksichtigen, dass es unbekannt ist, ob das Leben in einer „typischen“ Biosphäre durch die Evolution zwangsläufig früher oder später auch intelligente Lebensformen hervorbringt, oder ob es nur in sehr seltenen Fällen zu solchen kommt. Auch können intelligente Lebensformen wohl wieder aussterben, sodass ihr durchschnittliches „Zeitfenster“, gemessen an den Jahrmilliarden umfassenden Zeiträumen der Lebensentwicklung auf Planeten, möglicherweise nur sehr kurz ist.<br /> <br /> Die ersten Planeten um fremde Sterne wurden 1992 entdeckt. Bis 2014 konnte die Astronomie annähernd 2000 [[Exoplanet]]en nachweisen, darunter nicht nur [[Gasriese]]n, sondern auch [[Erdähnlicher Planet|Gesteinsplaneten]]. Des Weiteren wurden in unserem eigenen Sonnensystem Hinweise auf flüssiges [[Wasser]] außerhalb der Erde (das gemeinhin als eine der notwendigen Voraussetzungen für Leben gilt) gefunden, vor allem auf den [[Eismond]]en des äußeren Sonnensystems wie etwa dem Jupitermond [[Europa (Mond)|Europa]], was Anlass zu neuen Spekulationen über außerirdisches Leben in unserem eigenen Sonnensystem gab.<br /> <br /> Einer angepassten Form der Drake-Gleichung zufolge, die das zum Stand 2016 bekannte Wissen über Exoplaneten einschließt, wurde abgeschätzt: Wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Planet in einer [[Habitable Zone|habitablen Zone]] eine „technologische Spezies“ hervorbringt, größer als etwa 10&lt;sup&gt;−24&lt;/sup&gt; ist, dann ist die Menschheit wahrscheinlich nicht der einzige Fall einer technologischen Spezies im beobachtbaren Universum.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=A. Frank, W.t. Sullivan |Titel=A New Empirical Constraint on the Prevalence of Technological Species in the Universe |Sammelwerk=Astrobiology |Band=16 |Nummer=5 |Datum=2016-04-22 |ISSN=1531-1074 |Seiten=359–362 |Online=[http://online.liebertpub.com/doi/full/10.1089/AST.2015.1418 liebertpub.com] |DOI=10.1089/ast.2015.1418}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Interstellare Kolonisation? ===<br /> <br /> Eine weitere Überlegung betrifft die mögliche interstellare Ausbreitung von Leben in der Milchstraße. Falls [[Kardaschow-Skala|technologisch fortgeschrittene Lebensformen]] zu interstellarer Kolonisation fähig wären und zudem ihre [[Zivilisation#Astronomie|Zivilisation]] über Jahrmillionen aufrechterhalten könnten, könnte die gesamte Galaxie innerhalb weniger Millionen Jahre vollständig kolonisiert sein. Die Tatsache, dass sich bis heute keine Anzeichen dafür finden, wird auch als [[Fermi-Paradoxon]] bezeichnet. Einige der Gründe sind die begrenzte habitable Zone in der Umgebung einer Sonne wie auch die nach [[Włodzisław Duch]] sehr begrenzte Anzahl von für komplexe Systeme wie die bekannten Lebensformen verwendbaren chemischen Elementen, was auch das Argument des [[Kohlenstoffchauvinismus]] entkräften soll. Der [[Rare-Earth-Hypothese]] zufolge ist das Fermi-Paradoxon keineswegs paradox. Die Entstehung und die nachgewiesene kontinuierliche Entwicklung von komplexen vielzelligen Lebewesen auf der Erde seit Milliarden von Jahren sei nur einer vergleichsweise unwahrscheinlichen Konstellation vor allem astrophysikalischer und geologischer Bedingungen geschuldet.&lt;ref&gt;J. Veizer (1976) in B. F. Windley (Hrsg.): ''The Early History of the Earth.'' John Wiley and Sons, S.&amp;nbsp;569, London.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Erscheinungsformen ===<br /> <br /> Offensichtlich ist, dass außerirdische Lebensformen, die sich unabhängig vom Leben auf der Erde entwickelt haben, sich mehr oder weniger deutlich von den uns bekannten Lebensformen auf der Erde ([[Mikroorganismus|Mikroorganismen]], [[Pflanze]]n, [[Tier]]en) unterscheiden könnten. Es ist aber auch gemäß der Hypothese der [[Panspermie]] denkbar, dass irdisches Leben nicht auf der Erde entstand, sondern durch Asteroiden auf die Erde gebracht wurde. Vor allem einfache außerirdische Lebensformen könnten somit den irdischen ähnlich sein.<br /> <br /> Die Spekulationen über die Art außerirdischer Lebensformen lassen sich grob in drei Gruppen einteilen:<br /> <br /> * Lebensformen, die dem Leben auf der Erde, insbesondere dem Menschen ([[Humanoid]]e), prinzipiell ähneln<br /> * Lebensformen, die völlig anders als alle auf der Erde vorkommenden sind<br /> * niedere Lebensformen (Mikroorganismen)<br /> <br /> Außerirdisches Leben könnte sogar auf ganz anderen chemischen Elementen beruhen. Die Annahme, dass außerirdisches Leben nur auf Kohlenstoffbasis vorstellbar sei, wird [[Polemik|polemisch]] als [[Kohlenstoffchauvinismus]] bezeichnet.&lt;ref&gt;[[Peter D. Ward]]: ''Life as we do not know it-the NASA search for (and synthesis of) alien life.'' Viking, New York 2005, ISBN 0-670-03458-4: ''Carbon/water chauvinism-how universal is CHON life?'' S.&amp;nbsp;61&amp;nbsp;ff.&amp;nbsp;&amp; ''Non-CHON life.'' S. 73–85.&lt;/ref&gt; Hinweise, dass Leben auch auf anderen Elementen basieren kann, lieferte Ende 2010 eine Studie der [[NASA]], wonach das Bakterium [[GFAJ-1]] das Halbmetall Arsen in sein Erbgut einbaut;&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,732542,00.html ''Arsen-Bakterium: Nasa entdeckt spektakuläre Lebensform.''] Spiegel Online, 2.&amp;nbsp;Dezember 2010.&lt;/ref&gt; Kritiker dieser Studie bemängeln jedoch unter anderem verunreinigte Proben und die Instabilität eines auf Arsen basierenden Erbguts.&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,743009,00.html ''Forscher zanken über vermeintliche Nasa-Aliens.''] Spiegel Online, 2.&amp;nbsp;Februar 2011.&lt;/ref&gt; Im Juni 2012 wurde bekannt, dass GFAJ-1 –&amp;nbsp;entgegen bisherigen Annahmen&amp;nbsp;– lediglich freies Arsenat, nicht aber biochemisch integriertes Arsen enthält. Stattdessen gleicht der Aufbau seiner Nukleinsäuren dem der bekannten Bakterien.&lt;ref&gt;taz: ''[http://www.taz.de/NASA-Forschungsbericht-zurueckgewiesen/!96964/ NASA-Forschungsbericht zurückgewiesen.]'' 9.&amp;nbsp;Juli 2012.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Außerirdisches Leben in der Wissenschaft ===<br /> <br /> [[Astrobiologie]] ist die interdisziplinäre Naturwissenschaft, die Ursprung, Evolution, Verteilung und Zukunft des Lebens mit einer kosmischen Perspektive erforscht. Die Möglichkeit der Entstehung und Existenz von außerirdischem Leben wird in der [[Exobiologie]] untersucht. Die [[parawissenschaft]]liche Spekulation über die möglichen [[sozial]]en Charakteristika und Entwicklungstrends von außerirdischen Zivilisationen wird unter anderem als [[Exosoziologie]] bezeichnet.<br /> <br /> Der US-amerikanische Anwalt [[Andrew G. Haley]] (1956&lt;ref&gt;Andrew G. Haley: ''Space law and Metalaw&amp;nbsp;– A Synoptic View.'' Harvard Law Record&amp;nbsp;23, 8.&amp;nbsp;November 1956.&lt;/ref&gt;, 1963&lt;ref&gt;Andrew G. Haley: ''Space Law and Government.'' Appleton Century Crofts, New York, 1963.&lt;/ref&gt;) und der österreichische Jurist [[Ernst Fasan]] (1970&lt;ref&gt;Ernst Fasan: ''Relations with alien intelligences&amp;nbsp;– the scientific basis of metalaw.'' Berlin Verl., Berlin 1970.&lt;/ref&gt;) befassten sich früh mit Fragen des [[Weltraumrecht]]s und mit den potenziellen Beziehungen zu außerirdischen Intelligenzen. Sie verwendeten hierbei den Begriff ''„metalaw“'' (deutsch etwa: Metarecht).<br /> <br /> == Einfache Lebensformen ==<br /> <br /> Falls erdähnliches Leben auf anderen Objekten im Sonnensystem existieren sollte, wäre zu klären, ob sich dieses Leben von der Erde ausgebreitet hat, vom [[Weltraum]] auf die Erde gekommen ist ([[Panspermie]]theorie), oder sich an verschiedenen Orten unabhängig voneinander entwickelt hat. In der [[Raumfahrt]] ist die [[Planetary Protection]] von Bedeutung.<br /> <br /> === Wissenschaftsphilosophische Kritik und Probleme ===<br /> <br /> Ein Problem der Astrobiologie ist, dass es keine allgemein anerkannte Definition von Leben gibt. Tatsächlich gibt es zwar zahllose Versuche, Leben zu definieren, keine davon hat sich jedoch als vollständig oder auch nur befriedigend erwiesen.&lt;ref name=&quot;Tsokolov_2009&quot;&gt;{{Literatur |Autor=S. A. Tsokolov |Titel=Why Is the Definition of Life So Elusive? Epistemological Considerations |Sammelwerk=Astrobiology |Band=9 |Datum=2009 |Seiten=401–412 |Sprache=en |bibcode=2009AsBio...9..401T}}&lt;/ref&gt; Eine mögliche Schlussfolgerung ist, dass eine feste Trennlinie zwischen „belebt“ und „unbelebt“ gar nicht existiert.&lt;ref name=&quot;Annila_Anila_2008&quot;&gt;{{Literatur |Autor=Annila, Annila |Titel=Why did life emerge? |Sammelwerk=International Journal of Astrobiology |Band=7 |Datum=2008 |Seiten=293–300 |Sprache=en |bibcode=2008IJAsB...7..293A}}&lt;/ref&gt; Als Arbeitsdefinition wird in weiten Teilen der Exobiologie, vor allem wenn es um die direkte Suche innerhalb des Sonnensystems geht, daher von „Leben in der uns bekannten Form“ gesprochen.&lt;ref&gt;Margaret S. Race, Richard O. Randolph: ''The need for operating guidelines and a decision making framework applicable to the discovery of non-intelligent extraterrestrial life.'' Advances in Space Research, Volume 30, Number 6, 2002, S. 1583–1591 [http://www.ingentaconnect.com/content/els/02731177/2002/00000030/00000006/art00478 Abstract.]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Ein weiteres ernstzunehmendes Problem wird von der [[Rare-Earth-Hypothese]] beschrieben.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Ward, Brownlee |Titel=Rare earth. Why Complex Life is Uncommon in the Universe |Verlag=Copernicus |Ort=New York |Datum=2000 |ISBN=0-387-98701-0 |Sprache=en |bibcode=2000rewc.book.....W}}&lt;/ref&gt; Sie besagt, dass komplexes Leben auf der Erde nur durch eine außergewöhnliche und höchst unwahrscheinliche Kombination von Faktoren zustande gekommen ist, sodass eine Suche nach höher entwickeltem Leben außerhalb der Erde hoffnungslos sei. Verfechter der Exobiologie wenden gegen diese Hypothese ein, dass dabei nur genau die Umstände gesucht werden, die auf der Erde zu genau unserer Form von Leben geführt haben. Es müssten aber alle Umstände berücksichtigt werden, die potentiell zu Leben führen können. Speziell die Anwendung des [[Anthropisches Prinzip|anthropischen Prinzips]], das angewandt wird um zu Aussagen über die Häufigkeit von intelligentem Leben im Universum zu kommen, erscheint ihnen daher als unangemessen.&lt;ref name=&quot;ASTBIOReview&quot;&gt;{{Literatur |Autor=Chyba, Hand |Titel=Astrobiology. The Study of the Living Universe |Sammelwerk=Annual Review of Astronomy &amp; Astrophysics |Band=43 |Datum=2005 |Seiten=31–74 |Sprache=en |bibcode=2005ARA%26A..43...31C}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Leben in unserem Sonnensystem ===<br /> <br /> {{Hauptartikel|Leben auf dem Mars}}<br /> {{Hauptartikel|Leben auf Titan}}<br /> <br /> Theoretisch könnte auch außerhalb der Erde auf anderen [[Planet]]en des [[Sonnensystem]]s Leben existieren. So nimmt man in der astrobiologischen Abteilung der [[NASA]] an, dass auf den Planeten [[Venus (Planet)|Venus]] und [[Mars (Planet)|Mars]] sowie auf einigen größeren [[Satellit (Astronomie)|Monden]], wie denen des [[Jupiter (Planet)|Jupiters]] – vor allem [[Europa (Mond)|Europa]], aber auch [[Ganymed (Mond)|Ganymed]] und [[Kallisto (Mond)|Kallisto]] – Leben existieren ''kann'' oder ''konnte.'' Eine besondere Stellung nimmt der [[Saturnmond]] [[Titan (Mond)|Titan]] ein, auf dem unter einer dichten Atmosphäre aus Stickstoff und Methan Bedingungen herrschen könnten, die denen der Ur-Erde ähneln. Die lebensfreundlichsten Bedingungen im Sonnensystem außerhalb der Erde scheint nach derzeitigem Kenntnisstand allerdings der nur 500&amp;nbsp;km große Saturnmond [[Enceladus (Mond)|Enceladus]] zu bieten.&lt;ref&gt;Christopher D. Parkinson, Mao-Chang Liang, Yuk L. Yung, Joseph L. Kirschivnk: ''[http://www.gps.caltech.edu/users/jkirschvink/pdfs/Enceladus_OLEB_online_published_paper.pdf Habitability of Enceladus: Planetary Conditions for Life.]'' (PDF; 310&amp;nbsp;kB).&lt;/ref&gt; ''(Siehe auch [[Eismond]]).''<br /> <br /> Um die Grenzen möglichen Lebens bzw. lebenstragender Umgebungen zu ermitteln, untersucht man auf der [[Erde]] extreme Umgebungen ([[Vulkan]]e, [[Tiefsee]], luftleere Räume, chemische Belastungen, [[Antarktis]]) und vergleicht diese mit den Bedingungen, die auf Planeten wie dem Mars oder Monden wie Enceladus und Titan vorherrschen. Um [[Subglazialer See|subglaziale]] Umgebungen erkunden zu können, werden sogenannte [[Kryobot]]s bzw. [[Hydrobot]]s entwickelt.<br /> <br /> Sowohl beim innersten Planet [[Merkur (Planet)|Merkur]] als auch bei den [[Innere und äußere Planeten|weit außen liegenden Eiswelten]] ab [[Uranus (Planet)|Uranus]] wird die Möglichkeit für Leben faktisch ausgeschlossen. Auf Merkur sind die Tag- und Nachttemperaturen (und damit auch die Schwankungen) zu extrem (−180&amp;nbsp;°C bis 460&amp;nbsp;°C), auf den äußeren Planeten ist die Temperatur dauerhaft zu tief (unter −190&amp;nbsp;°C), um Leben entstehen zu lassen.<br /> <br /> === Meteoriten und Kometen ===<br /> <br /> Bei Untersuchungen an [[Meteorit]]en, zum Beispiel [[ALH 84001 (Meteorit)|ALH 84001]], wurden Spuren gefunden, die [[Fossil|Versteinerungen]] von außerirdischen Mikroorganismen sein könnten.&lt;ref&gt;I. Gilmour, M. A. Sephton: ''An introduction to astrobiology.'' Cambridge Univ. Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-83736-7, The ALH 84001 Story, S.&amp;nbsp;114&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; Dies ist umstritten, weil die gefundenen Spuren auch nichtbiologisch erklärbar sind.&lt;ref&gt;J. Reitner: ''Organomineralisation. A clue to the understanding of meteorite-related bacteria-Shaped carbonat particles.'' In: Joseph Seckbach: ''Origins. Genesis, Evolution and Diversity of Life.'' Kluwer Academic, Dordrecht 2004, ISBN 1-4020-1813-4. S.&amp;nbsp;195&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; Seit der Entstehung der Astrobiologie ist kein Fund gemacht worden, der eindeutige Spuren extraterrestrischer Lebensformen belegt. [[Aminosäure]]n – wichtige Bausteine der Lebewesen auf der Erde – wurden jedoch bereits außerhalb des Sonnensystems und auch auf Meteoriten (z.&amp;nbsp;B. dem [[Murchison (Meteorit)|Murchison-Meteoriten]]) und dem [[Komet]]en [[Wild 2]] nachgewiesen.&lt;ref&gt;[http://www.pnas.org/content/68/2/486.abstract ''Nonprotein Amino Acids in the Murchison Meteorite.''] Auf: ''pnas.org.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.newscientist.com/article/dn2558-amino-acid-found-in-deep-space.html ''Amino acid found in deep space.''] Auf: ''newscientist.com.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://stardust.jpl.nasa.gov/news/news115.html ''NASA Researchers Make First Discovery of Life’s Building Block in Comet.''] Auf: ''nasa.gov.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.wissenschaft-online.de/artikel/1005077 ''Erste Aminosäure auf Kometen entdeckt.''] Auf: ''wissenschaft-online.de.''&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Inzwischen wurde experimentell nachgewiesen, dass Meteoriten wie der Murchison-Meteorit [[Katalysator|katalytische]] Fähigkeiten besitzen: Ihr Material kann bewirken, dass aus einfachen Molekülen wie [[Formamid]] unter anderem Aminosäuren und Vorläufer von Zuckermolekülen entstehen.&lt;ref&gt;{{Cite journal |doi = 10.1007/s11084-011-9239-0 |last = Saladino |first = Raffaele |coauthors = Claudia Crestini, Cristina Cossetti, Ernesto Mauro, David Deamer |title = Catalytic effects of Murchison Material: Prebiotic Synthesis and Degradation of RNA Precursors |journal = Origins of Life and Evolution of Biospheres | accessdate = 2011-05-24 |url = http://www.springerlink.com/content/2r382t6251763363/}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Nachdem 1999 das [[Lyndon B. Johnson Space Center|NASA Johnson Space Center]] im [[Nakhla (Meteorit)|Nakhla Meteoriten]] biomorphe Spuren gefunden hatte, wurde ein Fragment des Meteoriten 2006 für weitere Untersuchungen aufgebrochen um eine mögliche Kontamination mit irdischen Organismen bei weiteren Untersuchungen ausschließen zu können. Darin wurden diverse komplexe kohlenstoffhaltige Materialien gefunden, welche [[Dendrit (Biologie)|dendritartige]] Poren und Kanäle im Fels enthielten, ähnlich den Effekten von Bakterien in Steinen, die man von der Erde kennt.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/4688938.stm |titel=Space rock re-opens Mars debate |autor=Paul Rincon |hrsg=BBC News |datum=2006-02-08 |sprache=en |zugriff=2014-09-19}}&lt;/ref&gt; Nach mehrheitlicher Auffassung der Wissenschaftler reiche die Ähnlichkeit der Formen mit denen lebender Organismen nicht aus, um zu beweisen, dass einst Bakterien auf dem Mars lebten.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/289214.stm |titel=Life on Mars - new claims |autor=David Whitehouse |hrsg=BBC News |datum=1999-08-27 |sprache=en |zugriff=2014-09-19}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Anfang März 2011 veröffentlichte der NASA-Astrobiologe Richard Hoover Forschungsergebnisse, wonach in den Meteoriten ''Alais, Ivuna'' und ''Orgueil,'' drei [[Kohliger Chondrit|kohlige Chodriten]], fossile Reste extraterrestrischer Organismen gefunden worden seien. Der Fund ist Gegenstand kontroverser Diskussionen.&lt;ref&gt;[http://derstandard.at/1297819717302/Diskussion-Astrobiologe-berichtet-von-ausserirdischem-Leben ''Astrobiologe berichtet von außerirdischem Leben.''] Auf: ''derstandard.at.'' 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/astronomie/astrobiologie-forscher-will-ausserirdisches-leben-entdeckt-haben_aid_606161.html ''Forscher will außerirdisches Leben entdeckt haben.''] Auf: ''focus.de.'' 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Richard Hoover: [http://journalofcosmology.com/Life100.html ''Fossils of Cyanobacteria in CI1 Carbonaceous Meteorites.''] In: ''JournalofCosmology.com.'' Vol.&amp;nbsp;13, März 2011, abgerufen am 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.wired.com/wiredscience/2011/03/richard-hoover-meteorite-bugs/# ''Alien Microbe Claim Starts Fight Over Meteorite.''] Auf: ''wired.com.'' 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/0,1518,749402,00.html ''Leben aus dem All? Astrobiologen streiten über Meteoriten-Aliens.''] Auf: ''spiegel.de.'' 7.&amp;nbsp;März 2011, abgerufen am 8.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.latimes.com/news/science/la-sci-alien-life-20110308,0,5561322.story ''Scientists dismiss alien life report.''] Auf: ''latimes.com.'' 8.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt; Am 7.&amp;nbsp;März 2011 distanzierte sich die NASA von der Veröffentlichung Hoovers im ''Journal of Cosmology.''&lt;ref&gt;[http://www.spaceref.com/news/viewpr.html?pid=32928 ''NASA Statement on Astrobiology Paper by Richard Hoover.''] Auf: ''spaceref.com.'' Abgerufen am 8.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt; Andere Astrobiologen gehen von terrestrischer Kontamination aus und bezweifeln die Ergebnisse von Richard Hoover.&lt;ref&gt;[http://www.sciencenews.org/view/generic/id/70826/title/Meteorites_may_hold_fossils_from_space_%E2%80%94_or_not ''Meteorites may hold fossils from space — or not.''] Auf: ''sciencenews.org.'' 9.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.dailymail.co.uk/sciencetech/article-1365161/As-Nasa-scientist-claims-hes-extra-terrestrial-life-meteorites--Is-proof-aliens.html?ito=feeds-newsxml ''As a Nasa scientist claims he’s found extra-terrestrial life on meteorites.''] Auf: ''dailymail.co.uk.'' 11.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://nachrichten.rp-online.de/wissen/nasa-distanziert-sich-von-ausserirdischen-bakterien-1.473976 ''Nasa distanziert sich von außerirdischen Bakterien.''] Auf: ''rp-online.de.'' 9.&amp;nbsp;März 2011, abgerufen am 11.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Leben in anderen Planetensystemen ===<br /> <br /> Leben, so wie wir es kennen, kann sich in einem [[Planetensystem]] nur in der [[Habitable Zone|habitablen Zone]] des jeweiligen Sterns entwickeln. Die habitable Zone ist jener Teil der kosmischen Umgebung, in der auf Planeten oder Monden flüssiges Wasser bestehen kann, welches die Entstehung und das Überleben zumindest einfacher Organismen ermöglicht. Um die habitable Zone eines Sterns beurteilen zu können, ist es wichtig, zu wissen, welcher [[Spektralklasse]] er angehört. Als Spektralklasse bezeichnet man ein System der Harvard-Klassifikation, nach der alle Sterne nach ihrer Oberflächentemperatur und Leuchtkraft eingruppiert werden. Das System besteht aus 7 Grundklassen, die mit den Buchstaben O, B, A, F, G, K und M bezeichnet werden. Darüber hinaus enthält die heute in der Astronomie allgemein angewandte [[Klassifizierung der Sterne|MK-Klassifikation]] auch [[Leuchtkraftklasse]]n, die mit den römischen Ziffern I, II, III, IV und V bezeichnet werden. I steht dabei für Überriese, II für Heller Riese, III für Normaler Riese, IV für Unterriese und V für einen Hauptreihenstern. Unsere Sonne ist nach dieser Klassifikation ein Stern der Klasse G2V. Die habitable Zone erstreckt sich bei Klasse G Sternen je nach Unterklasse in einem Bereich von 0,6 bis 1,6 [[Astronomische Einheit]]en (AE). Für eine ausreichend stabile habitable Zone, d.&amp;nbsp;h. mit nur geringen Änderungen über mehrere Milliarden Jahre hinweg, kommen nur Sterne der Spektralklassen F–M und der Leuchtkraftklasse V in Betracht.<br /> <br /> Es gibt auch Überlegungen zu sehr exotischen Lebensformen, die nicht auf Kohlenstoff basieren ([[Kohlenstoffchauvinismus]]), planetare Ausmaße annehmen (eine [[Biosphäre]] als „ein“ [[Lebewesen]]) oder gar im interplanetaren und interstellaren Raum leben. Diese Überlegungen werden aber meist dem Bereich der [[Science-Fiction|Science Fiction]] zugeordnet.<br /> <br /> === Untersuchungen ===<br /> <br /> 2010 wurde das [[Cranfield Astrobiological Stratospheric Sampling Experiment]] (CASS-E) gestartet, das mit einer [[Ballonsonde (Messinstrument)|Ballonsonde]] Proben in der [[Stratosphäre]] sammelt, die dann nach möglicherweise existierenden extraterrestrischen [[Mikroorganismus|Mikroorganismen]] untersucht werden.&lt;ref&gt;[http://www.telegraph.co.uk/science/space/8038639/Mission-to-search-for-alien-life-in-outer-atmosphere.html ''Mission to search for alien life in outer atmosphere.''] Auf: ''telegraph.co.uk.'' 2. Oktober 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.cass-e.com/cranfieldbexus/Experiment.html ''Cranfield Astrobiological Stratospheric Sampling Experiment.''] Abgerufen am 5.&amp;nbsp;Oktober 2010.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Rahmen des [[Search for Extraterrestrial Genomes]] Projekts (SETG) entwickeln [[Massachusetts Institute of Technology|MIT]] und NASA ein Gerät, das sehr unterschiedliche Proben aufbereiten und darin [[Nukleinsäuren]] nachweisen kann. Nach Feldtests in der [[Atacamawüste]] und in der [[Antarktis]] ist 2018 eine Verwendung des Detektors auf dem [[Mars (Planet)|Mars]] geplant.&lt;ref&gt;[http://www.popsci.com/technology/article/2010-11/mits-martian-dna-hunter-will-search-earth-life-red-planet ''MIT’s Martian Genome Project Will Search for Alien DNA on the Red Planet.''] Auf: ''popsci.com.'' 11.&amp;nbsp;Mai 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://astrobiology.nasa.gov/astid/projects/a-search-for-extra-terrestrial-genomes-setg-an-in-situ-detector-for-life-on-mars-ancestrally-related-to-life-on-earth ''A Search for Extra-Terrestrial Genomes (SETG): An In-situ Detector for Life on Mars Ancestrally Related to Life on Earth.''] Auf: ''nasa.gov.'' 9.&amp;nbsp;November 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://web.mit.edu/setg/SETG/Mainpage.html ''SETG – A Search for Extra-Terrestrial Genomes.''] Auf: ''mit.edu.'' Abgerufen am 11.&amp;nbsp;November 2010.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Theoretische Erwägungen ===<br /> <br /> Cohen und Stewart&lt;ref&gt;Jack Cohen, Ian Stewart: ''What Does a Martian Look Like? The Science of Extraterrestrial Life.'' John Wiley&amp;nbsp;&amp; Sons, Inc. Hoboken, NJ (2002), Kap.&amp;nbsp;5 ''Possibilities of Life.'' S.&amp;nbsp;90&amp;nbsp;ff.&lt;/ref&gt; verwenden die Begriffe ''universal'' (‚universell‘) und ''parochial'' (‚beschränkt‘), um Charakteristika zu kategorisieren, deren Auftreten bei Lebensformen auf anderen, aber im weitesten Sinne ''erdähnlichen'' Planeten sehr wahrscheinlich oder eher weniger wahrscheinlich (aber möglich) ist.<br /> * Als universell werden die Prinzipien und physikalischen und chemischen Funktionen bezeichnet, die mehrfach gefunden werden und die sich unabhängig voneinander während der Evolution auf der Erde entwickelt haben und dadurch anzeigen, dass sie zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten einen evolutionären Vorteil darstellen.<br /> ** [[Fortbewegung]], d.&amp;nbsp;h. das sehr generelle Prinzip der aktiven oder erleichterten Bewegung eines [[Individuum]]s von Ort zu Ort, beispielsweise durch [[Bipedie|Laufen]], [[Gehen]], [[Klettern]], [[Kriechen]], [[Schwimmen]] oder durch entsprechenden Körperbau sich von Wind oder Wasser treiben zu lassen.<br /> *** Speziell [[Fliegen (Fortbewegung)|Flugfähigkeit]] hat sich unabhängig voneinander bei [[Insekten]], [[Pterosaurier]]n, [[Fliegende Fische|fliegenden Fischen]], [[Vögel]]n und [[Fledermäuse]]n entwickelt.<br /> ** [[Sinnesorgan]]e, die spezifische Informationen in Form von Reizen aus der Umwelt aufnehmen und weiterleiten.<br /> *** [[Sehfähigkeit]] im weitesten Sinne wird bei [[Muscheln]], [[Schnecken]], [[Gewöhnlicher Krake|Kraken]], Insekten, [[Kieferklauenträger]]n und [[Wirbeltier]]en gefunden.<br /> *** [[Echolokation]] wird von Fledermäusen, [[Wale]]n und höhlenlebenden Vögeln zur Orientierung und Kommunikation verwendet.<br /> ** Verschiedene Arten von [[Photosynthese]] findet man bei [[Purpurbakterien]] und [[Pflanzen]].<br /> ** [[Polymer]]e, speziell [[Biopolymere]], werden in Lebewesen sehr unterschiedlich synthetisiert und haben sehr unterschiedliche Funktionen.<br /> ** fellartige Körperbedeckung<br /> ** usw.<br /> * Als beschränkt gelten jene Charakteristika, die bisher nur ein einziges Mal auf der Erde aufgetreten sind; in Bezug auf extraterrestrisches Leben werden sie als unwahrscheinlich erachtet, sie sind aber möglich.<br /> ** Nahrungsaufnahme und Atmung durch dieselbe Körperöffnung<br /> ** Fünffingrigkeit<br /> ** selbstreflektierendes Bewusstsein<br /> ** usw.<br /> <br /> == Intelligente Lebensformen ==<br /> <br /> Auch wenn es eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich ist, dass es außerirdisches intelligentes Leben gibt, geht man davon aus, dass es relativ (bis extrem) selten im Universum verbreitet ist.&lt;ref&gt;Peter D. Ward, Donald Brownlee: ''Unsere einsame Erde. Warum komplexes Leben im Universum unwahrscheinlich ist.'' Springer, Berlin 2001, ISBN 3-540-41365-0.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Kontaktaufnahme ===<br /> <br /> Die meisten Menschen gehen heute davon aus, dass enorme Distanzen zwischen uns und außerirdischen Zivilisationen liegen. Angesichts dessen scheinen bis heute vor allem folgende Ansätze zur Suche und möglichen Kontaktaufnahme meistversprechend:<br /> <br /> # die Kommunikation über [[Radio]]wellen, die prinzipiell über weiteste Distanzen erfolgen kann (allerdings maximal mit [[Lichtgeschwindigkeit]]),<br /> # die [[Raumfahrt]] mit bemannten [[Raumschiff]]en oder unbemannten [[Raumsonden|Sonden]] oder<br /> # zukünftige Technologien, die uns heute noch nicht bekannt sind.<br /> <br /> Wenn nicht in unmittelbarer Umgebung (wenige Lichtjahre) zivilisatorisch vergleichbares intelligentes Leben gefunden wird, wird eine Kommunikation zwischen uns und den Außerirdischen wohl nicht zustande kommen, da die Laufzeiten − zumindest für unsere menschliche Existenz − zu lang sind.<br /> <br /> Die Wissenschaft konzentriert sich vor allem auf die Suche nach Anzeichen von (primitivem) Leben oder dessen Spuren auf Meteoriten, unseren Nachbarplaneten und deren Monden einerseits, sowie auf die Suche nach Radiosignalen, die von intelligentem außerirdischem Leben in fremden Sonnensystemen herrühren könnten.<br /> <br /> 2009 befasste sich anlässlich des [[Internationales Jahr der Astronomie 2009|Internationalen Jahres der Astronomie]] die [[Päpstliche Akademie der Wissenschaften]] mit der Suche nach außerirdischen Lebewesen.&lt;ref&gt;[https://www.welt.de/wissenschaft/weltraum/article2997519/Vatikan-tagt-zur-Suche-nach-Ausserirdischen.html?page=1 ''Vatikan tagt zur Suche nach Außerirdischen.''] Auf: ''Welt.de.'' 9.&amp;nbsp;Januar 2009.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2009/11/06/AR2009110601899.html?hpid=opinionsbox1 ''When E.T. phones the pope.''] Auf: ''[[The Washington Post|washingtonpost.com.]]'' 8.&amp;nbsp;November 2009, abgerufen am 10.&amp;nbsp;April 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://astrobiology.nasa.gov/news/vatican-hosts-study-week-on-astrobiology/ ''Vatican Hosts Study Week on Astrobiology.''] Auf: ''astrobiology.nasa.gov.'' Abgerufen am 30.&amp;nbsp;März 2017.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Kontaktversuche ===<br /> <br /> {{siehe auch|Liste der Botschaften an Außerirdische}}<br /> <br /> [[Datei:The Sounds of Earth Record Cover - GPN-2000-001978.jpg|mini|Golden Record Cover mit Gebrauchsanleitung]]<br /> <br /> Schon im 19. Jahrhundert schlug [[Franz von Paula Gruithuisen]] vor, mit den von ihm vermuteten Mondbewohnern dadurch Kontakt aufzunehmen, dass man in den Weiten Sibiriens entsprechend dimensionierte Steckrübenpflanzungen in Form der Figur des [[Satz des Pythagoras|pythagoräischen Lehrsatzes]] anlege.&lt;ref&gt;Arno Schmidt: ''Die Kreisschlösser.'' Fischer TB 1926, S. 34.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die Suche nach intelligentem außerirdischem Leben wird mit der Abkürzung SETI ([[Search for Extraterrestrial Intelligence]]) bezeichnet. Das SETI-Projekt basiert auf der Annahme, dass Außerirdische beiläufig oder gezielt [[Elektromagnetisches Spektrum|elektromagnetische]] Signale aussenden, welche von anderen intelligenten Lebewesen entdeckt werden könnten.<br /> <br /> Im Jahre 1919 wurden bereits die ersten Versuche von [[Guglielmo Marconi]] unternommen, außerirdische Radiosignale zu empfangen, welche jedoch nicht bestätigt werden konnten. Seit dem Jahr 1960 wird die SETI weiter verfolgt, bisher allerdings ohne Erfolg. Das bisher spektakulärste empfangene Signal ist das sogenannte [[Wow!-Signal]], allerdings ist nicht sicher, ob es wirklich außerirdischen Ursprungs ist.<br /> <br /> Als 1972 die beiden interstellaren Raumsonden [[Pioneer 10]] und [[Pioneer 11]] ausgesandt wurden, brachte man an den Sonden goldene Tafeln, die sogenannten [[Pioneer-Plakette]]n an, in der Hoffnung, dass falls die Sonden eines Tages von etwaigen intelligenten außerirdischen Lebensformen gefunden würden, diese dadurch von der Menschheit erfahren würden. 1974 wurde von der Erde aus einmalig eine Botschaft von der Erde an mögliche Außerirdische in Form eines Radiowellen-Signals ausgestrahlt, die sogenannte [[Arecibo-Botschaft]].<br /> <br /> Die NASA hat 1977 die Raumsonden [[Voyager 1]] und [[Voyager 2]] zu den äußeren Planeten gestartet. Sie befinden sich mittlerweile im Grenzbereich des [[Sonnensystem]]s und tragen je eine goldene Datenplatte mit Bild- und Audio-Informationen ([[Voyager Golden Record]]) über die Erde und die Menschheit mit sich, die für außerirdische Zivilisationen vermutlich lesbar wären.<br /> <br /> Am 30. September 2006 strahlte der Kultursender [[Arte]] die Sendung [[CosmicConnexion]] auch per Spezialantenne in Richtung des Sterns [[Errai]]. Im Gegensatz zu früheren Nachrichten besteht sie nicht aus reinen Informationen über die Erde und den Menschen, sondern ist eine mehr künstlerische Darstellung der Menschheit. Arte plant außerdem eine eigene Serie, die ebenfalls per Antenne ins Weltall geschickt werden soll.<br /> <br /> Für das Jahr 2015 plante die [[Europäische Weltraumorganisation]] ein mittlerweile eingestelltes Weltraumexperiment, welches erdähnliche Exoplaneten beobachten und nach Anzeichen von Leben auf ihnen suchen sollte, das nach Charles Darwin benannte Teleskop [[Darwin (Weltraumteleskop)|Darwin]]. Ebenfalls unsicher in der Realisierung ist das auf unbestimmte Zeit verschobene Projekt [[Terrestrial Planet Finder]].<br /> <br /> === Spekulationen ===<br /> <br /> Einige Menschen meinen, dass technologisch fortgeschrittene Außerirdische in der Lage sein könnten, die Erde zu besuchen, zum Beispiel mit Raumschiffen, die auf einer uns unbekannten Technik beruhen. Es gibt auch Menschen, die glauben, dass dies bereits geschehen sei, insbesondere im Zusammenhang mit Sichtungen von [[UFO]]s („unbekannten Flug-Objekten“).&lt;ref&gt;Michael Michaud: ''Contact with Alien Civilizations. Our Hopes and Fears about Encountering Extraterrestrials.'' Springer, Berlin 2006, ISBN 0-387-28598-9, ''The UFO Controversy.'' S.&amp;nbsp;143–161.&lt;/ref&gt; Andere behaupten, Opfer einer [[Entführung durch Außerirdische]] gewesen zu sein. Einer weiteren Hypothese nach könnten Außerirdische sogar mitten unter den Menschen leben.&lt;ref&gt;''{{Webarchiv | url=http://www.sueddeutsche.de/t5p38P/3235477/Sie-sind-unter-uns.html | wayback=20100401230507 | text=Sie sind unter uns. Britischer Hofastronom spekuliert über die Existenz von Aliens.}}''. Auf: ''sueddeutsche.de.'' 24.&amp;nbsp;Februar 2010, abgerufen am 18.&amp;nbsp;Dezember 2014.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.telegraph.co.uk/science/space/7289507/Royal-astronomer-Aliens-may-be-staring-us-in-the-face.html ''Royal astronomer: ‚Aliens may be staring us in the face‘.''] Auf: ''telegraph.co.uk.'' 22.&amp;nbsp;Februar 2010, abgerufen am 18.&amp;nbsp;Dezember 2014.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Es gibt [[Verschwörungstheorie]]n darüber, dass die Existenz von Außerirdischen gezielt vor der allgemeinen Menschheit geheimgehalten wird.&lt;ref&gt;Travis S. Taylor u. a.: ''An Introduction to Planetary Defense – A Study of Modern Warfare Applied to Extra-Terrestrial Invasion.'' BrownWalker Press, Boca Raton 2006, ISBN 1-58112-447-3, The ''Need to Know,'' S. 125–136.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Teilweise wird auch über die Möglichkeit spekuliert, dass Außerirdische in der Frühgeschichte der Menschheit die Erde besucht haben könnten (genannt [[Prä-Astronautik]], siehe auch [[Erich von Däniken]]).&lt;ref&gt;Michael Michaud: ''Contact with Alien Civilizations. Our Hopes and Fears about Encountering Extraterrestrials.'' Springer, Berlin 2006, ISBN 0-387-28598-9, ''Ancient Visitors to Earth.'' S.&amp;nbsp;141–142&amp;nbsp;&amp; ''Astroarchaeology.'' S.&amp;nbsp;138–139.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Als Reaktion auf eine Online-Petition veröffentlichte der wissenschaftliche Dienst des [[Weißes Haus|Weißen Hauses]] im November 2011 eine Erklärung, wonach es zurzeit keine Hinweise auf die Existenz irgendeiner Form extraterrestrischen Lebens gibt.&lt;ref&gt;[http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/wissenschaft-weisses-haus-hat-keinen-beweis-fuer-ausserirdische_aid_682257.html ''Weißes Haus hat keinen Beweis für Außerirdische.''] Auf: ''focus.de.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.telegraph.co.uk/science/space/8875780/White-House-denies-alien-cover-up.html ''White House denies alien cover-up.''] Auf: ''telegraph.co.uk.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[https://wwws.whitehouse.gov/petitions#!/response/searching-et-no-evidence-yet ''Searching for ET, But No Evidence Yet.''] Auf: ''whitehouse.gov.'' Abgerufen am 23.&amp;nbsp;November 2011.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Potenzielle Gefahren bei Kontakt ===<br /> <br /> Es wird spekuliert, dass der Kontakt mit außerirdischen Lebensformen gefährlich sein könnte, vor allem, wenn diese der Menschheit überlegen wären. Forscher wie [[Stephen Hawking]] und [[Simon Conway Morris]] äußerten ihre Befürchtungen über einen Kontakt mit intelligenten extraterrestrischen Wesen.&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/0,1518,691115,00.html ''Warnung von Astrophysiker Hawking.''] Auf: ''spiegel.de.'' 25.&amp;nbsp;April 2010.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://transcripts.cnn.com/TRANSCRIPTS/1004/30/lkl.01.html ''CNN LARRY KING LIVE.''] Gesendet am 30.&amp;nbsp;April 2010. Auf: ''transcripts.cnn.com.'' Abgerufen am 18.&amp;nbsp;März 2012.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://derstandard.at/1293370357736/Vorbereitungen-fuer-den-Alien-Kontakt ''Vorbereitungen für den Alien-Kontakt.''] Auf: ''derstandard.at.'' 10.&amp;nbsp;Januar 2011.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Simon Conway Morris: ''Predicting what extra-terrestrials will be like: and preparing for the worst.'' Phil. Trans. R. Soc. A, 2011 369:555–571; [[doi:10.1098/rsta.2010.0276]], [http://rsta.royalsocietypublishing.org/content/369/1936/555.full.pdf+html online] (PDF), abgerufen am 12.&amp;nbsp;Januar 2011.&lt;/ref&gt; Hawking meinte beispielsweise, dass die Menschheit, anstatt aktiv nach außerirdischen Zivilisationen zu suchen, stattdessen alles Erdenkliche tun sollte, um unentdeckt zu bleiben. Außerirdische Zivilisationen seien möglicherweise an der Erde nur als Ressourcenquelle interessiert und würden diese ausplündern wollen. Als Beispiel führte Hawking die Entdeckung Amerikas durch [[Christoph Kolumbus]] an, die für die Ureinwohner Amerikas auch nicht positiv ausgegangen sei.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=http://news.bbc.co.uk/2/hi/8642558.stm |titel=Stephen Hawking warns over making contact with aliens |hrsg=BBC News |zugriff=2014-06-13 |datum=2010-04-10 |sprache=en}}&lt;/ref&gt; Der Astronom [[Alexander Zaitsev]] prägte für ein eventuelles Gefahrenszenario den Begriff ''Darth Vader Scenario,'' benannt nach einer Figur aus den [[Science-Fiction]]-Filmen [[Star Wars]].&lt;ref&gt;Alexander Zaitsev u. a.: [http://www.setileague.org/editor/meti.htm ''Making a Case for METI.''] ''2.&amp;nbsp;METI is risky.'' Auf: ''setileague.org.''&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Harald Zaun: ''SETI. Die wissenschaftliche Suche nach außerirdischen Zivilisationen. Chancen, Perspektiven, Risiken.'' Heise, Hannover 2010, ISBN 978-3-936931-57-0, S.&amp;nbsp;271&amp;nbsp;ff. Abgerufen am 7.&amp;nbsp;März 2011.&lt;/ref&gt; Es gibt Überlegungen für eine [[planetare Verteidigung]]. Der ''Global Risks Report 2013'' des [[Weltwirtschaftsforum|World Economic Forums]] bezeichnet eine zukünftige Entdeckung außerirdischen Lebens als einen möglichen ''X-Factor,'' der tiefgreifende Auswirkungen haben könnte.&lt;ref&gt;[http://www.nature.com/news/realities-of-risk-1.12159 ''Realities of risk.''] Auf: ''nature.com.'' Abgerufen am 4.&amp;nbsp;Februar 2013.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://reports.weforum.org/global-risks-2013/section-one/executive-summary/ ''Executive Summary.'']&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://reports.weforum.org/global-risks-2013/section-five/x-factors/ ''X Factors.''] Global Risks 2013 – Eighth Edition. Auf: ''weforum.org.''&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Außerirdische in der Populärkultur und Science-Fiction ==<br /> <br /> [[Datei:Baron15a.gif|mini|hochkant|Bewohner des [[Sirius|Hundssterns]] nach einer Erzählung von [[Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen|Münchhausen]], 1793]]<br /> <br /> {{Belege fehlen}}<br /> <br /> Außerirdische haben in der [[Science-Fiction]] schon sehr früh eine Rolle gespielt. Es kann sogar behauptet werden, dass die Science-Fiction von Beginn an in erheblichem Maße durch die Idee von intelligenten, humanoiden, außerirdischen Lebensformen beeinflusst wurde. In diesem Zusammenhang wurden auch die ersten Spekulationen, beispielsweise über ''[[Marsianer]]'' und ''[[Venusianer]],'' entwickelt, welche bis heute viele Science-Fiction-Geschichten prägen.&lt;ref&gt;Vgl. Helga Abret, [[Lucian Boia]]: ''Das Jahrhundert der Marsianer. Der Planet Mars in der Science-fiction bis zur Landung der Viking-Sonden 1976.'' Ein Science-fiction-Sachbuch, Heyne Verlag, München 1984, [[Bibliothek der Science Fiction Literatur]], Band&amp;nbsp;32.&lt;/ref&gt; Umgekehrt prägt und beeinflusst aber auch die Science-Fiction von Beginn an ernste wissenschaftliche Bemühungen, mehr über den Menschen selbst und auch über andere Lebewesen zu erfahren.<br /> <br /> Aus wissenschaftlicher Sicht lässt sich keine belastbare Aussage darüber treffen, ob hypothetische intelligente Lebensformen auf anderen Planeten eine [[Anthropomorphismus|anthropomorphe]] (menschenähnliche) Gestalt besitzen. Dessen ungeachtet herrscht bis heute in der populären Kultur die Vorstellung von humanoiden und intelligenten Außerirdischen vor. In den meisten Fällen diente der menschliche Körper, der nur in Details verfremdet wurde, als Vorbild für die Gestalt von Außerirdischen. Der [[Great Moon Hoax]] von 1835 mit seinen „Fledermausmenschen“ zeigt ein frühes Beispiel für diese Tendenz. Im 20. Jahrhundert kristallisierten sich bestimmte [[Stereotyp]]e heraus, darunter die „kleinen grünen Männchen“ und die Ausstattung der (oft ansonsten humanoiden) fiktiven Wesen mit körperlichen Details, die als abstoßend oder furchterregend empfunden werden (beispielsweise [[Tentakel]], [[Schleim]], Haarlosigkeit oder besondere Behaarung).<br /> <br /> Im Film kam es bereits 1902, in der [[Die Reise zum Mond|''Reise zum Mond'']] von [[Georges Méliès]], zu einem Zusammentreffen von Menschen und Aliens.<br /> Ganz allgemein werden annähernd in den filmischen Darstellungen fünf Kategorien von Aliens unterschieden:<br /> * ''[[Humanoid]]e (Menschenähnliche),'' wie z.&amp;nbsp;B. [[Superman]], Mr. Spock in [[Star Trek]], der „Doktor“ aus [[Doctor Who]], Klaatu aus [[Der Tag, an dem die Erde stillstand (1951)|Der Tag, an dem die Erde stillstand]], die außerirdischen Flüstergestalten in [[Knowing – Die Zukunft endet jetzt]].<br /> * ''Tierähnliche'' wie beispielsweise [[Alf (Fernsehserie)|Alf]], die Goa’uld aus der Serie [[Stargate – Kommando SG-1]], die Bugs aus [[Starship Troopers]].<br /> * ''[[Monster]]'' wie in [[Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt]].<br /> * ''Nicht-kategorisierbare'' wie zum Beispiel in [[Blob – Schrecken ohne Namen]] oder [[Abyss – Abgrund des Todes]].<br /> * ''Abwesende Außerirdische – alien in absentia,'' über die nichts bekannt ist und lediglich Artefakte oder Ähnliches vorhanden sind wie unter anderem in [[2001: Odyssee im Weltraum]].&lt;ref&gt;Simon Spiegel: ''Woran erkenne ich einen Ausserirdischen. Einführung in die filmische Exobiologie.'' In: Thomas Myrach u. a.: ''Science&amp;nbsp;&amp; Fiction. Imagination und Realität des Weltraums.'' Haupt Verlag, Bern 2009, ISBN 978-3-258-07560-0, S.&amp;nbsp;175–197, [http://books.google.at/books?id=6Cs-r4KhKOIC&amp;pg=PA175&amp;lpg=PA175&amp;dq=Simon+Spiegel:+Woran+erkenne+ich+Ausserirdische&amp;source=bl&amp;ots=UVtAT8rubG&amp;sig=sDAMp1C9Lmc2_iuUgEmgRR_Jvv8&amp;hl=de&amp;ei=q5ZbTfKTEoWutwecl5iVDA&amp;sa=X&amp;oi=book_result&amp;ct=result&amp;resnum=4&amp;ved=0CCwQ6AEwAw#v=onepage&amp;q=Simon%20Spiegel%3A%20Woran%20erkenne%20ich%20Ausserirdische&amp;f=false Googlebooks].&lt;/ref&gt;<br /> Eine Sonderstellung nimmt der Roman [[Solaris (Roman)|Solaris]] von [[Stanisław Lem]] ein. Darin hat die Menschheit einen Planeten entdeckt, der fast völlig von einem anscheinend intelligenten, lebenden [[Ozean]] bedeckt ist. Auch nach Jahrzehnten intensiver Forschung ist es jedoch –&amp;nbsp;bis die Handlung des Romans einsetzt&amp;nbsp;– nicht gelungen, seine Natur annähernd zu verstehen oder mit ihm in Kontakt zu treten.<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> <br /> * [[Anthropisches Prinzip]]<br /> * [[Astrobiologie]]<br /> * [[Kopernikanisches Prinzip]]<br /> * [[Rare-Earth-Hypothese]]<br /> * [[Wasservorkommen im Universum]]<br /> <br /> == Literatur ==<br /> <br /> * Karim Akerma: ''Außerirdische. Einleitung in die Philosophie. Extraterrestrier im Denken von Epikur bis Jonas.'' Münster 2002, ISBN 3-935363-70-2.<br /> * Dieter Beste (Hrsg.): ''Leben im All.'' Spektrum der Wissenschaft Dossier 2002, 3, Spektrum-d.-Wiss.-Verl., Heidelberg 2002, ISBN 3-936278-14-8, {{Webarchiv | url=http://www.spektrum.de/artikel/849269 | wayback=20141009134859 | text=''Spektrum.de.''}}.<br /> * Steven J. Dick: ''Life on Other Worlds.'' Cambridge University Press, Cambridge UK 1998, ISBN 0-521-62012-0.<br /> * [[Ernst Fasan]]: ''Relations with alien intelligences&amp;nbsp;– the scientific basis of metalaw.'' Berlin Verl., Berlin 1970.<br /> * [[Gerald Feinberg]], Robert Shapiro: ''Life beyond earth&amp;nbsp;– the intelligent earthling’s guide to life in the universe.'' Morrow Quill, New York 1980, ISBN 0-688-08642-X.<br /> * Linus Hauser: ''Die Bedeutung der Frage nach außerirdischem Leben für die (christliche) Theologie.'' In: T. Myrach, T. Weddigen, J. Wohlwend, S. M. Zwahlen (Hrsg.): ''Science und Fiction. Imagination und Realität des Weltraums.'' Stuttgart/Wien 2009, 199–218.<br /> * Jean Heidmann: ''Bioastronomie&amp;nbsp;– Über irdisches Leben und außerirdische Intelligenz.'' Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1994, ISBN 3-540-57137-X.<br /> * Michael Michaud: ''Contact with Alien Civilizations&amp;nbsp;– Our Hopes and Fears about Encountering Extraterrestrials.'' Springer, Berlin 2006, ISBN 0-387-28598-9.<br /> * Heinz H. Peitz u. a.: ''Der vervielfachte Christus. Außerirdisches Leben und christliche Heilsgeschichte.'' Akad. d. Diözese Rottenburg-Stuttgart 2004, ISBN 3-926297-92-1, [http://www.akademie-rs.de/fileadmin/user_upload/pdf_archive/khr46.pdf ''PDF online.'']<br /> * Michael Schetsche, Martin Engelbrecht (Hrsg.): ''Von Menschen und Außerirdischen. Transterrestrische Begegnungen im Spiegel der Kulturwissenschaft.'' Transcript-Verl., Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89942-855-1.<br /> * Michael Schetsche, Andreas Anton: ''Im Spiegelkabinett. Anthropozentrische Fallstricke beim Nachdenken über die Kommunikation mit Außerirdischen.'' In: M. Schetsche (Hrsg.): ''Interspezies-Kommunikation. Voraussetzungen und Grenzen.'' Berlin 2014: Logos-Verlag, S.&amp;nbsp;125–150, ISBN 978-3-8325-3830-9.<br /> * Travis S. Taylor u.&amp;nbsp;a.: ''An Introduction to Planetary Defense&amp;nbsp;– A Study of Modern Warfare Applied to Extra-Terrestrial Invasion.'' BrownWalker Press, Boca Raton 2006, ISBN 1-58112-447-3.<br /> * Karl H. Türk: ''Außerirdische Intelligenz, Realität oder Illusion.'' QNST-Verlag 1993, ISBN 3-928641-06-9.<br /> * Diana G. Tumminia: ''Alien Worlds&amp;nbsp;– Social and Religious Dimensions of Extraterrestrial Contact.'' Syracuse Univ. Press, Syracuse 2007, ISBN 978-0-8156-0858-5.<br /> * [[Peter Ward (Paläontologe)|Peter D. Ward]]: ''Life as we do not know it&amp;nbsp;- the NASA search for (and synthesis of) alien life.'' Viking, New York 2005, ISBN 0-670-03458-4.<br /> * Hubert Untersteiner: ''Exobiologie&amp;nbsp;– Wissenschaft vom Leben im All.'' Edition nove 2006, ISBN 978-3-902546-42-5.<br /> * Harald Zaun: ''SETI&amp;nbsp;– Die wissenschaftliche Suche nach außerirdischen Zivilisationen. Chancen, Perspektiven, Risiken.'' Mit einem Vorwort von [[Harald Lesch]]. Heise-Verlag, Hannover 2010, ISBN 978-3-936931-57-0.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> <br /> {{Commonscat|Aliens|Außerirdische Lebensformen}}<br /> <br /> * [http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/273974.html Warum uns die Außerirdischen noch nicht gefunden haben] – Ute Kehse in ''[[Bild der Wissenschaft]]'', am {{Datum|19|1|2007}}<br /> * {{Webarchiv | url=http://www.mpifr-bonn.mpg.de/public/life/ritter.htm | wayback=20110429004209 | text=Leben im All – Wirklichkeit oder Fiktion?}} – Birgit Ritter auf ''mpifr-bonn.mpg.de''<br /> * [https://www.heise.de/tp/features/Warum-Aliens-nicht-gruen-sein-muessen-und-Alien-Pflanzen-auch-nicht-3413108.html Warum Aliens nicht grün sein müssen (und Alien-Pflanzen auch nicht)] – [[Peter Mühlbauer]] auf ''[[Telepolis]]'', {{Datum|13|4|2007}}<br /> * ''[http://www.esa.int/esa-mmg/mmg.pl?b=b&amp;topic=Life%20beyond%20Earth&amp;subtopic=Exobiology&amp;single=y&amp;start=27 Searching for Planets with life.]'' Animation der ''[[Europäische Weltraumorganisation|Europäischen Weltraumorganisation]]'' (englisch).<br /> * [[Royal Society|The Royal Society]] 2010: ''[http://royalsociety.org/Event.aspx?ID=1887 The detection of extra-terrestrial life and the consequences for science and society.]'' &amp; ''[http://royalsociety.org/Audio-extra-terrestrial-life/ Towards a scientific and societal agenda on extra-terrestrial life.]'' – abgerufen am {{Datum|29|8|2011}}<br /> <br /> === Videos ===<br /> <br /> * {{Alpha Centauri|7}}<br /> * {{Alpha Centauri|27}}<br /> * {{Alpha Centauri|18}}<br /> * {{Alpha Centauri|43}}<br /> * {{Alpha Centauri|79}}<br /> * {{Alpha Centauri|104}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> <br /> &lt;references/&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4003864-6}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Ausserirdisches Leben}}<br /> [[Kategorie:Astrobiologie]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kalter_Krieg&diff=164987101 Kalter Krieg 2017-04-28T11:08:57Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>[[Datei:NATO vs. Warsaw (1949-1990).svg|miniatur|[[NATO]] und [[Warschauer Pakt]] im Kalten Krieg]]<br /> '''Kalter Krieg''' wird der Konflikt zwischen den [[Westliche Welt|Westmächten]] unter Führung der [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten von Amerika]] und dem sogenannten [[Ostblock]] unter Führung der [[Sowjetunion]] genannt, <br /> <br /> = Northrop B-2 =<br /> {| class=&quot;wikitable&quot;<br /> ! colspan=&quot;3&quot; |&lt;big&gt;Northrop B-2 „Spirit“&lt;/big&gt;<br /> |-<br /> | colspan=&quot;2&quot; |''Eine B-2 „Spirit“ über dem [[Pazifischer Ozean|Pazifischen Ozean]]''<br /> |-<br /> |Typ:<br /> |[[Strategischer Bomber]]<br /> |-<br /> |Entwurfsland:<br /> | [[Vereinigte Staaten]]<br /> |-<br /> |Hersteller:<br /> |[[Northrop Corporation]]<br /> |-<br /> |Erstflug:<br /> |17. Juli 1989<br /> |-<br /> |Indienststellung:<br /> |17. Dezember 1993<br /> |-<br /> |Produktionszeit:<br /> |1988 bis 1997<br /> |-<br /> |Stückzahl:<br /> |21<br /> |}<br /> Die '''Northrop B-2 ''Spirit''''' ([[Englische Sprache|englisch]] auch ''Stealth bomber''‚ ''Tarnkappenbomber'') ist ein [[Strategischer Bomber|strategischer Langstreckenbomber]], der ausschließlich von der [[United States Air Force]] betrieben wird. Sein herausragendes Merkmal ist die [[Tarnkappenflugzeug|tarnkappenoptimierte]] Konstruktion, wodurch er wesentlich schwieriger zu entdecken und zu bekämpfen ist als konventionelle strategische Bomber. Die als [[Nurflügler]] ausgelegte B-2 gilt als das bei weitem teuerste [[Kampfflugzeug]] der Welt.<br /> <br /> Ursprünglich war das Flugzeug als [[Kernwaffe|Kernwaffenträger]] konzipiert, der im Konfliktfall die [[Sowjetische Luftverteidigungsstreitkräfte|sowjetische Luftabwehr]] umgehen sollte, um dann tief im Hinterland feindliche Ziele mit einer großen Zahl an Nuklearwaffen zu bekämpfen. Nach dem Ende des [[Kalter Krieg|Kalten Krieges]] wurden allerdings zahlreiche Modifikationen vorgenommen, um auch eine breite Palette konventioneller und [[Präzisionsgelenkte Munition|präzisionsgelenkter]] Luft-Boden-Waffen einsetzen zu können.<br /> <br /> == Inhaltsverzeichnis ==<br /> * [[Northrop B-2#Entwicklung und Geschichte|1 Entwicklung und Geschichte]]<br /> ** [[Northrop B-2#Die Urspr.C3.BCnge|1.1 Die Ursprünge]]<br /> ** [[Northrop B-2#Das ATB-Programm|1.2 Das ATB-Programm]]<br /> ** [[Northrop B-2#Fertigung und Einf.C3.BChrung|1.3 Fertigung und Einführung]]<br /> ** [[Northrop B-2#Einsatz|1.4 Einsatz]]<br /> * [[Northrop B-2#Technik und Konstruktion|2 Technik und Konstruktion]]<br /> ** [[Northrop B-2#Flugzeugzelle|2.1 Flugzeugzelle]]<br /> ** [[Northrop B-2#Triebwerke|2.2 Triebwerke]]<br /> ** [[Northrop B-2#Avionik|2.3 Avionik]]<br /> ** [[Northrop B-2#Cockpit|2.4 Cockpit]]<br /> * [[Northrop B-2#Varianten|3 Varianten]]<br /> ** [[Northrop B-2#Block 10|3.1 Block 10]]<br /> ** [[Northrop B-2#Block 20|3.2 Block 20]]<br /> ** [[Northrop B-2#Block 30|3.3 Block 30]]<br /> ** [[Northrop B-2#Weitere Kampfwertsteigerungen|3.4 Weitere Kampfwertsteigerungen]]<br /> * [[Northrop B-2#Technische Daten|4 Technische Daten]]<br /> * [[Northrop B-2#Bewaffnung|5 Bewaffnung]]<br /> * [[Northrop B-2#Siehe auch|6 Siehe auch]]<br /> * [[Northrop B-2#Weblinks|7 Weblinks]]<br /> * [[Northrop B-2#Einzelnachweise|8 Einzelnachweise]]<br /> <br /> == Entwicklung und Geschichte ==<br /> <br /> === Die Ursprünge ===<br /> Die Ursprünge der B-2 lassen sich bis ins Jahr 1974 zurückverfolgen. Zu diesem Zeitpunkt begann die [[Defense Advanced Research Projects Agency|DARPA]], eine Organisation zur Erforschung neuer Technologien für die US-Streitkräfte, im Rahmen des Projekts ''Harvey'' (der Name ist eine ironische Anspielung auf den unsichtbaren Hasen, der [[James Stewart]] im Film ''[[Mein Freund Harvey (1950)|Mein Freund Harvey]]'' verfolgt) Studien über Fluggeräte mit geringer Entdeckungswahrscheinlichkeit. Zwar hatte die Air Force bereits Erfahrungen mit solchen Fluggeräten gemacht ([[Lockheed SR-71]] und [[Lockheed U-2]]), allerdings konnten sich diese nicht alleine auf ihre Tarnkappeneigenschaften („stealth“) verlassen, sondern mussten ihre Sicherheit durch große Flughöhen und Geschwindigkeit steigern. Das Projekt ''Harvey'' sollte jedoch eine Maschine hervorbringen, die vollständig durch ihre Stealth-Eigenschaften geschützt wurde. Im Januar 1975 erhielten [[McDonnell Aircraft Corporation|McDonnell Douglas]] und [[Northrop Corporation|Northrop]] Aufträge für entsprechende Entwürfe. Mitarbeiter von [[Lockheed]] bekamen Kenntnis von dem Projekt und so wurde dort auf eigene Kosten ebenfalls eine Studie erarbeitet. Dies zahlte sich aus, denn die DARPA wählte Northrop und Lockheed aus, um ''[[Experimental Survivable Testbed]]'' (XST) genannte Modelle zu entwickeln. Die XST waren nicht flugfähig, besaßen jedoch vollen [[Radarquerschnitt]] und wurden für Radartests auf der [[Holloman Air Force Base]] verwendet.<br /> <br /> Im März 1976 wurde Lockheed als Gewinner der Ausschreibung bekannt gegeben, da der Entwurf bessere Rundum-Stealtheigenschaften bot und Lockheed mehr Erfahrung mit [[Tarnkappentechnik|radarabsorbierenden Materialien]] (RAM) hatte. Im Folgenden entwickelte das Unternehmen zwei weitere, flugfähige Demonstratoren, genannt [[Lockheed Have Blue|Have Blue]]. Aus diesen Maschinen ging wiederum die [[Lockheed F-117|F-117 „Nighthawk“]] hervor.<br /> <br /> Der Prototyp [[Northrop Tacit Blue]]<br /> <br /> Northrop war zwar im Wettbewerb um das ''Experimental Survivable Testbed'' ausgeschieden, aber schon im Dezember 1976 kontaktierte die DARPA das Unternehmen erneut, da um Vorschläge für das neue „[[Assault Breaker]]“-Programm des [[Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten|Verteidigungsministeriums der Vereinigten Staaten]] gebeten wurde. Das Projekt sollte ein Flugzeug hervorbringen, das bei einem Krieg in Europa weit hinter den Frontlinien die zahlenmäßig überlegenen [[Sowjetunion|sowjetischen]] Panzerverbände bekämpfen sollte. Hierzu wurde eine hohe Überlebensfähigkeit, moderne Sensoren und die Befähigung zum Einsatz von [[Präzisionsgelenkte Munition|präzisionsgelenkter Munition]] gefordert. Das Projekt war in einen Aufklärer und einen Waffenträger aufgeteilt, wobei Northrop ersteren herstellen sollte. Dieses Modell wurde als ''Battlefield Surveillance Aircraft – Experimental'' (BSAX) bezeichnet und sollte Zieldaten für die waffentragende Maschine liefern. Da es auch länger über einem Gebiet patrouillieren sollte, wurde großer Wert auf gute Stealtheigenschaften aus allen Winkelbereichen gelegt. Im Jahre 1977 wurde ein erster Prototyp fertiggestellt und erprobt. Die Testergebnisse waren unbefriedigend und so wurde ein neuer Entwurf eingereicht. Im April 1978 erteilte die DARPA Northrop dann den Auftrag, einen neuen flugfähigen Prototyp anzufertigen, der als ''[[Northrop Tacit Blue|Tacit Blue]]'' (deutsch etwa: „stilles Blau“) bezeichnet wurde.<br /> <br /> Der Erstflug des Prototyps fand im Februar 1982 statt, dem in den nächsten drei Jahren 134 weitere Flüge folgten. Im Jahre 1984 entschied die Air Force, dass sie eine Aufklärungsplattform ohne [[Tarnkappentechnik]] beschaffen würde. Die Wahl fiel auf eine modifizierte [[Boeing 707]], aus der dann die [[Boeing E-8|E-8 „Joint Stars“]] hervorging. Der ''Tacit-Blue''-Prototyp wurde daher nicht weiter fortentwickelt.<br /> <br /> der die unterschiedlichen Phasen der sich ständig wandelnden Beziehungen zwischen den Blöcken besser berücksichtigt sind.<br /> <br /> Der Konflikt nahm dreimal äußerst bedrohlichen Charakter an, sodass die Möglichkeit eines „heißen“ Krieges näher rückte: in der [[Berlin-Blockade]] 1948/49, in der [[Kubakrise]] 1962 und im [[NATO-Doppelbeschluss|Streit um die Mittelstreckenraketen]] von 1979 bis 1982/83. Zwischen diesen Phasen kam es zu Perioden mit geringerer Konfliktintensität oder auch der Entspannung.<br /> <br /> Mit eigenen Streitkräften griffen die USA ab 1950 und ab 1965 in „heiße“ Kriege der nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] gespaltenen Länder [[Koreakrieg|Korea]] und [[Vietnamkrieg|Vietnam]] ein. Die [[sowjetische Intervention in Afghanistan]] ab 1979 verfolgte das [[Strategie (Militär)|strategische]] Ziel, die Position der Sowjetunion in Zentral- und Südasien zu konsolidieren. In der [[Dritte Welt|Dritten Welt]] standen sich die Gegner in [[Stellvertreterkrieg]]en indirekt gegenüber.<br /> <br /> Wo sie das Überwechseln eines Staates in das gegnerische Lager befürchteten, mischten sich die USA und ihre Verbündeten mit [[#Rolle der Geheimdienste|verdeckten Operationen ihrer Geheimdienste]] durch Organisation oder Absicherung von [[Putsch|Militärputschen]] ein, wie die [[Operation Ajax]] im [[Iran]] und die [[US-Intervention in Chile]]. Die Sowjetunion setzte ihre Streitkräfte bei der Niederschlagung eines [[Aufstand des 17. Juni|Volksaufstands in der DDR]] (17.&amp;nbsp;Juni 1953) sowie zur [[Okkupation|Besetzung]] [[Ungarischer Volksaufstand|Ungarns (1956)]] und der [[Prager Frühling|Tschechoslowakei (1968)]] ein, um die amtierenden Regierungen zu beseitigen. Die 1968 entwickelte [[Breschnew-Doktrin]] sollte ein derartiges Vorgehen der Sowjetunion innerhalb des „[[Sozialistische Bruderländer|sozialistischen Lagers]]“ auch für die Zukunft rechtfertigen.&lt;ref&gt;[[Michail Gorbatschow|Gorbatschow]] teilte bei seinem Amtsantritt im März 1985 den Ministerpräsidenten des [[Ostblock]]s mit, dass er sie nicht anwenden werde.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Der Konkurrenzkampf beider Systeme zeigte sich auch in der Verbreitung [[Ideologie|ideologischer]] [[Propaganda]] der Supermächte und ihrer Verbündeten, an ihrem [[Wettrüsten]], in der Wirtschaftsentwicklung und an Entwicklungen in den Bereichen Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie, etwa bei den aufwändigen [[Wettlauf ins All|Raumfahrtprogrammen]] beider Seiten.<br /> <br /> Als Dauer des Kalten Krieges gilt im Allgemeinen die Nachkriegszeit von 1945 bis zum [[Zusammenbruch der Sowjetunion]] 1991. [[Michail Sergejewitsch Gorbatschow|Michail Gorbatschow]] bezeichnet in seinen ''Erinnerungen'' das Treffen mit dem [[Ronald Reagan]] ablösenden US-Präsidenten [[George H. W. Bush|George Bush]] auf Malta im Dezember 1989 als „Anfang vom Ende des Kalten Krieges“.&lt;ref&gt;Michail Gorbatschow: ''Erinnerungen'', Wolf Jobst Siedler Verlag, Berlin 1995. Zitiert nach btb-Taschenbuch, Goldmann Verlag, 1996, ISBN 3-442-72037-0, S. 692.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Begriffsgeschichte ==<br /> Der Begriff des Kalten Krieges stammt aus dem Jahr 1945. Der englische Autor [[George Orwell]] verwendete ihn im Essay ''„You and the Atomic Bomb“'' am 19.&amp;nbsp;Oktober 1945, im allgemeinen Sinne einer Konfrontation von Supermächten unter der Drohung eines Atomkrieges. Im ''Observer'' vom 10.&amp;nbsp;März 1946 schrieb Orwell: {{&quot;|''After the Moscow conference last December, Russia began to make a ‘cold war’ on Britain and the British Empire.''}}&lt;ref&gt;Orwell, George, ''The Observer'', 10. März 1946.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Zusätzlich wird auf den amerikanischen Finanzier und langjährigen Politikberater [[Bernard Baruch]] verwiesen, der den Begriff 1947 in einer Rede benutzte, die ihm der Journalist Herbert Swope geschrieben hatte. Baruch und Swope waren Mitglieder der US-Delegation bei der „Kommission zum Studium internationaler Kontrolle der Atomenergie“ der [[Vereinte Nationen|UNO]].&lt;ref&gt;[[Bernd Stöver]]: ''Der Kalte Krieg 1947–1991. Geschichte eines radikalen Zeitalters'', München 2011, ISBN 978-3-406-61480-4, S. 11.&lt;/ref&gt; Popularisiert wurde der Terminus schließlich vom Journalisten [[Walter Lippmann]] (1889–1974) durch das Buch ''The Cold War''. Gefragt nach dem Ursprung des Begriffs verwies Lippmann auf den französischen Ausdruck ''la guerre froide'' aus den 1930er-Jahren.&lt;ref&gt;[[Strobe Talbott]]: ''The Great Experiment: The Story of Ancient Empires, Modern States, and the Quest for a Global Nation'', 2009, S. 441 (n.3); {{cite book|url=http://books.google.com/?id=Ydc3AAAAIAAJ&amp;q=walter+lippmann+cold+war&amp;dq=walter+lippmann+cold+war|author=Walter Lippmann|title=The Cold War|accessdate=2008-09-02|publisher=Harper|year=1947}}&lt;/ref&gt; In den folgenden Jahren wurde „Kalter Krieg“ als [[politisches Schlagwort]] gebräuchlich, nicht nur für die nukleare Konfrontation der Supermächte. Auch die Konfrontation zweier Staaten oder [[Staatenbündnis]]se wird so bezeichnet, wenn sie durch Kampfmaßnahmen unterhalb der Schwelle offener militärischer Aktionen gegeneinander geprägt ist. Zu diesen Kampfmaßnahmen gehören [[Militärbündnis|militärische Bündnisse]], [[Wettrüsten]], diplomatisch-politischer Druck bis hin zu Kriegsdrohungen, wirtschaftlicher Druck durch [[Embargo]]s, [[Invasion (Militär)|militärisches Eingreifen]] in regionale Konflikte außerhalb der eigenen Territorien, ideologische Unterwanderung, Förderung von [[Putsch]]en und Staatsstreichen im anderen „Lager“, internationale [[Propaganda]] zum Nachteil des Kontrahenten und zum eigenen Vorteil.<br /> <br /> == Überblick ==<br /> [[Datei:Cold war europe military alliances map de.png|mini|Nicht alle europäischen Länder gehörten einem der beiden Militärbündnisse an.]]<br /> [[Datei:Cold war europe economic alliances map de.png|mini|Sie waren jedoch wirtschaftlich meist mit einer Seite verbunden.]]<br /> <br /> === Entstehung ===<br /> Der Kalte Krieg war die Hochphase eines Weltkonflikts, der 1917 mit der russischen [[Oktoberrevolution]] unter [[Wladimir Iljitsch Lenin|Lenins]] Führung begann, den [[Russischer Bürgerkrieg|Russischen Bürgerkrieg]] nach sich zog, an dem westliche Kräfte auf gegenrevolutionärer Seite teilnahmen, und der sich in den 1920er und 1930er-Jahren durch den [[Revolutionsexport]] der [[Kommunistische Internationale|Kommunistischen Internationale]] fortgesetzt hatte. Die [[#Anti-Hitler-Koalition und Blockkonfrontation|Anti-Hitler-Koalition]] seit 1941 überdeckte den Konflikt zeitweise.&lt;ref&gt;In der kriegshetzerischen Diktion der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] hieß es 1941: „Diese Demokratie [gemeint sind die USA] und diese marxistische Diktatur [gemeint ist die Sowjetunion] kommen leicht dazu, sich die Hände zu schütteln; aber auch ohne dieses verstehen sie sich durch Augenzwinkern und spielen sich die Bälle zu, während ihre Zeitungen sich noch begeifern.“ Aus: Peter Aldag, ''Worüber berichten wir heute? Unsere Gegner und ihr Krieg. Berichte aus dem „Zeitgeschehen“ des [[Großdeutscher Rundfunk|Großdeutschen Rundfunks]]'' (zitiert: Vorwort von Wolfgang Fehrmann), [[Nordland-Verlag]], Berlin, August 1941.&lt;/ref&gt; In der Nachkriegszeit traten die unterschiedlichen Ziele und Interessen der Supermächte bei der Neuordnung der Welt hervor und führten zur Teilung [[Europa]]s in zwei feindliche Machtblöcke mit zugehörigen Militärbündnissen: der [[NATO]] und den Staaten des [[Warschauer Pakt]]es. Deren Ausdehnung entsprach weitgehend der militärischen Präsenz der [[Streitkräfte der Vereinigten Staaten|US-Truppen]] und der [[Rote Armee|Roten Armee]] 1945. In [[Südostasien]] schufen die USA mit der [[SEATO]] ein ähnliches Bündnis (gegründet 8.&amp;nbsp;September 1954, aufgelöst 1977), was die Sowjetunion als Provokation sah.<br /> <br /> Als Ausgangspunkt des Kalten Krieges gilt die Verkündigung der sogenannten [[Truman-Doktrin]] durch US-Präsident [[Harry S. Truman]] am 12. März 1947. Deren Hintergrund bildete die [[Irankrise]]: In den Jahren 1945 und 1946 versuchte die Sowjetunion, die von [[Kurden]] und [[Aseris]] bewohnten Provinzen [[Iran]]s abzuspalten, um dort prosowjetische Staaten zu etablieren. [[Josef Stalin]] plante auch, in [[Teheran]] eine [[Kommunismus|kommunistische]] Regierung zu installieren. Truman drohte im Frühjahr 1946 Stalin mit ernsthaften Konsequenzen bis hin zum Einsatz von [[Kernwaffe|Atomwaffen]], wenn er seine Truppen nicht aus dem Iran abzöge.&lt;ref name=&quot;Schweizer_Iran_383&quot;&gt;{{Literatur |Autor=[[Gerhard Schweizer]] |Titel=Iran |Ort=Stuttgart |Datum=1991 |ISBN=3-7632-4034-9 |Seiten=383}}&lt;/ref&gt; Für Truman stand außer Frage, dass die Kontrolle des iranischen Öls durch die Sowjetunion zu einer Verschiebung des Machtgleichgewichts in der Welt führen würde und die aufstrebende westliche Wirtschaft massiv beschädigen könnte.&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Gholam Reza Afkhami |Titel=The life and the times of the Shah |Verlag=University of California Press |Datum=2009 |Seiten=98}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Bipolare Welt ===<br /> Die Bündnissysteme standen sich hochgerüstet gegenüber und prägten jahrzehntelang eine [[bipolare Welt]] mit unvereinbaren Ideologien und Politikkonzepten, die sich gegeneinander definierten. Aus westlicher Sicht standen dabei ''Freiheit und [[Demokratie]]'' gegen ''totalitäre [[Diktatur]]'' sowie ''[[Marktwirtschaft]]'' gegen ''[[Zentralverwaltungswirtschaft|Planwirtschaft]]''. Aus östlicher Sicht stand die von der Staatspartei geleitete ''allseitige Entfaltung der sozialistischen Persönlichkeit'' im Übergang zum Kommunismus gegen das sogenannte ''Wolfsgesetz der systematischen [[Ausbeutung]]'' im ''imperialistischen [[Kapitalismus]]''.<br /> <br /> === Wettrüsten ===<br /> Die Supermächte vermieden den offenen Krieg mit Waffeneinsatz gegeneinander, betrieben aber seit den [[Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki|Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki]] ein beispielloses, auch [[Kernwaffe|atomares]] [[Wettrüsten]]. Die wechselseitige Androhung des [[Atomkrieg]]es unter dem Begriff „[[Abschreckung]]“ beschwor erstmals die mögliche Selbstauslöschung der Menschheit („[[Overkill]]“) herauf. Der Interessenkonflikt drohte mehrmals [[militär]]isch zu eskalieren: in der [[Berlin-Blockade]] 1948, während des [[#Koreakrieg, Berliner Mauer und Kubakrise|Koreakriegs]] 1950, beim [[Berliner Mauer|Mauerbau in Berlin]] 1961, und besonders während der [[#Kubakrise|Kubakrise]] 1962, sowie im Jahre 1983 im Zuge des Nato-Manövers [[Able Archer 83|Able Archer]].<br /> <br /> === Dialog und Verlagerung in Drittländer ===<br /> Nach der Kubakrise regulierten die [[Vereinigte Staaten|USA]] und die [[Sowjetunion|UdSSR]] den Konflikt durch Krisendialog und [[Bilateralität|bilaterale]] [[Rüstungskontrolle]], setzten aber das Wettrüsten und den Kampf um Einflusszonen unvermindert auch militärisch fort. So waren die USA im [[Vietnamkrieg]], die Sowjetunion bei ihrer [[Sowjetische Intervention in Afghanistan|Intervention in Afghanistan]] mit eigenen Truppen direkt beteiligt, während der Rivale die Gegenseite mit Geld, Waffen, Logistik und Informationen unterstützte. Zudem unterstützten beide Supermächte zahlreiche [[Bürgerkrieg]]e und bewaffnete Konflikte in [[Afrika]], [[Mittelamerika|Mittel]]- und [[Südamerika]], wahlweise Rebellengruppen gegen ihnen nicht genehme Regierungen oder umgekehrt.<br /> <br /> Die USA betrachten die Staaten Mittelamerikas seit dem 18.&amp;nbsp;Jahrhundert als ihren [[Beziehungen zwischen Lateinamerika und den Vereinigten Staaten|''Backyard'' (Hinterhof)]]; die [[Kubanische Revolution]] 1959 nahmen sie als Bedrohung wahr (was sich in der Kubakrise im Herbst 1962 bestätigte).<br /> <br /> === Deutsche Teilung als Kernelement der blockpolitischen Spaltung Europas ===<br /> Besonders deutlich zeigte sich der Kalte Krieg in der Spaltung Deutschlands und Europas entlang des „[[Eiserner Vorhang|Eisernen Vorhangs]]“, ähnlich auch an der bis heute bestehenden Teilung [[Korea]]s entlang des [[Teilung Koreas|38. Breitengrads]]. Die beiden 1949 gegründeten deutschen Staaten standen bis zur [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|friedlichen Revolution]] in der [[Deutsche Demokratische Republik|Deutschen Demokratischen Republik]] in einem besonders prekären Verhältnis zueinander. Die [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] erkannte die DDR bis zur ''[[Ostpolitik#Neue Ostpolitik|neuen Ostpolitik]]'' unter [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] [[Willy Brandt]] nicht als [[Staat]] an und unterhielt auch nach dem [[Grundlagenvertrag]] 1972 offiziell keine Botschaft, sondern eine [[Ständige Vertretung]]. Dagegen bezeichnete die DDR die Bundesrepublik als „[[BRD#Abkürzung in der Deutschen Demokratischen Republik|BRD]]“ und [[Ost-Berlin]] als ''Hauptstadt der DDR'', obwohl dies den [[Viermächte-Status]] von ganz [[Berlin]] verletzte.<br /> <br /> Trotz Integration der beiden deutschen Staaten in entgegengesetzte politische, militärische und wirtschaftliche Systeme gab es während des Kalten Krieges über 40 Jahre hinweg ein stabiles Band zwischen Bundesrepublik und DDR: den [[Interzonenhandel|innerdeutschen Handel]] (idH).&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Peter Krewer |Titel=Geschäfte mit dem Klassenfeind |Ort=Trier |Datum=2008 |Seiten=296&amp;nbsp;f}}&lt;/ref&gt; Der innerdeutsche Handel ermöglichte trotz der ideologischen Gegensätze {{&quot;|eine große Zahl von Kontakten, Kooperationen usw. im geteilten Deutschland}}.&lt;ref&gt;Zit. nach Peter Krewer, ''Geschäfte mit dem Klassenfeind'', S. 303&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; Dadurch wirkte sich der innerdeutsche Handel positiv auf das politische Klima zwischen beiden deutschen Staaten aus. {{&quot;|Im Gegensatz dazu blieb im geteilten [[Korea]], wo beide Teilstaaten nichts mit dem innerdeutschen Handel Vergleichbares entwickelten, die trennende Grenze während des Vergleichszeitraumes grundsätzlich unüberwindbar.}}&lt;ref&gt;Zit. nach Peter Krewer, ''Geschäfte mit dem Klassenfeind'', S. 304.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Rolle der Geheimdienste ===<br /> [[Nachrichtendienst|Geheimdienstliche]] Aktionen wie [[Spionage]], [[verdeckte Operation]]en, gezielte [[Desinformation]] und [[Propaganda]], [[Sabotage]], [[Geiselnahme]]n und sogar [[Politischer Mord|Morde]] an missliebigen Personen kennzeichneten den Kalten Krieg sowohl zwischen den Supermächten als auch ihren Verbündeten. Man weiß heute, dass die DDR [[Terrorismus|terroristische]] und [[Sezession|separatistische]] Gruppen in [[Westeuropa]] (wie etwa die [[Gruppe Ralf Forster]]) logistisch und finanziell unterstützte.<br /> <br /> === Stellvertreterkriege in der Dritten Welt ===<br /> Zudem fanden, oft in [[Entwicklungsland|weniger entwickelten Ländern]], sogenannte [[Stellvertreterkrieg]]e oder „geheime Kriege“ statt: So unterstützte die [[Ronald Reagan|Reagan]]-Regierung in den 1980er-Jahren [[Boland-Amendment|gegen den Willen des US-Kongresses]] illegal den [[Contra-Krieg|Krieg der Contra-Rebellen]] gegen die linksgerichtete Regierung der [[Frente Sandinista de Liberación Nacional|Sandinisten]] in [[Nicaragua]]. Im [[Bürgerkrieg in Angola|Angolanischen Bürgerkrieg]] standen sich von den USA, [[Kuba]] und der Sowjetunion unterstützte Gruppen gegenüber. Über befreundete Dienste förderte die CIA auch afghanische [[Kriegsherr|Warlords]]. Vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren unterstützten die USA [[Beziehungen zwischen Lateinamerika und den Vereinigten Staaten#1970er Jahre: die Ära der Juntas|zahlreiche rechtsgerichtete Militärdiktaturen in Südamerika]] – denen sie zum Teil [[US-Intervention in Chile|durch den Sturz linker Regierungen an die Macht geholfen hatten]] – und halfen diesen bei der gewaltsamen [[Desaparecidos|Unterdrückung der linksgerichteten Opposition]] in so genannten ''[[Schmutziger Krieg|schmutzigen Kriegen]]''. Dabei bildete das US-Militär auch [[Todesschwadron]]en in [[Lateinamerika]] und anderen Ländern aus und schulte diese unter anderem in physisch nicht nachweisbaren [[Weiße Folter|Foltermethoden]] (''siehe etwa'' [[Western Hemisphere Institute for Security Cooperation|School of the Americas]]). Als Beispiel für die [[Beziehungen zwischen Lateinamerika und den Vereinigten Staaten#El Salvador und Guatemala: Todesschwadronen als Mittel der Politik|Auswirkungen dieser Politik]] gilt [[El Salvador]], wo die US-gestützte [[Militärdiktatur]] Anfang der 1980er-Jahre etwa 40.000 [[Opposition (Politik)|Oppositionelle]] ermordete,&lt;ref name=&quot;Atlantic&quot;&gt;Benjamin Schwarz: [http://www.theatlantic.com/past/docs/issues/98dec/elsalv.htm ''Dirty Hands. The success of U.S. policy in El Salvador – preventing a guerrilla victory – was based on 40,000 political murders.''] Buchrezension zu: William M. LeoGrande: ''Our own Backyard. The United States in Central America 1977–1992'', in: ''The Atlantic online'', Dezember 1998.&lt;/ref&gt; rund 0,8 % der Bevölkerung.<br /> <br /> === Auswirkungen und Ende ===<br /> Der Rüstungswettlauf trieb die technologische Entwicklung auch in zivilen Bereichen wie [[Luft- und Raumfahrttechnik|Raumfahrt-]] und [[Raketentechnik]] fortlaufend voran. Auch die Entwicklung von [[Biologische Waffe|B-]] und [[Chemische Waffe|C-Waffen]] schuf neue Forschungsfelder in [[Biologie]] und [[Chemie]]. Für die heutige [[Elektronik]], [[Rechnertechnik|Computertechnik]] und den gegenwärtigen [[Flugzeugbau]] hat der Kalte Krieg die Weichen gestellt.<br /> <br /> Erst mit dem schleichenden Zusammenbruch der Wirtschaft im Ostblock und dem Führungswechsel im [[Moskauer Kreml|Kreml]] von 1985 eröffneten sich ernsthafte Chancen zu militärischer Abrüstung und politischer Annäherung der Blöcke. [[Michail Sergejewitsch Gorbatschow|Michail Gorbatschows]] Verzicht auf die [[Breschnew-Doktrin]] ermöglichte die zunehmende [[Selbstbestimmungsrecht der Völker|Selbstbestimmung der Völker]] [[MOEL|Mittelosteuropas]]. Das zog dann den Zerfall des [[Eiserner Vorhang|Eisernen Vorhanges]] und in dessen Folge die Auflösung des [[Ostblock]]s beziehungsweise 1991 der [[Auflösung der Sowjetunion|Sowjetunion]] nach sich. Damit war der Kalte Krieg beendet.<br /> <br /> == Vorgeschichte 1917 bis 1940 ==<br /> 1917 ergriffen in großen Teilen des europäischen [[Russland]]s die [[Bolschewiki]] unter Führung Lenins im Zuge der Oktoberrevolution die Macht. Eine Reihe von Mächten, darunter die USA, versuchten erfolglos mit [[Russischer Bürgerkrieg#Intervention der Entente-Mächte|Interventionstruppen]] das Entstehen eines Regimes zu verhindern, das die kommunistische [[Weltrevolution]] predigte. In den USA griff aus diesem Grund die sogenannte [[Rote Angst]] um sich.<br /> <br /> Erst 1933 erkannten die USA die [[Sowjetunion]] an. Ab 1934 versuchte die geopolitisch isolierte Sowjetunion sich den europäischen Demokratien anzunähern, was aber wegen der ablehnenden Haltung [[Frankreich]]s und [[Vereinigtes Königreich|Großbritanniens]] nicht gelang.<br /> <br /> Um sich vor einer Bedrohung durch das [[Deutsches Reich 1933 bis 1945|Deutsche Reich]] abzusichern und eigene Eroberungspläne bezüglich [[Zweite Polnische Republik|Polens]], des [[Baltikum]]s und [[Finnland]]s umsetzen zu können, schloss die sowjetische Führung 1939 unmittelbar vor Beginn des Zweiten Weltkrieges einen [[Deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt|Nichtangriffspakt]] mit Deutschland, bekannt als ''Hitler-Stalin-Pakt''. In der Zeit, als die Sowjetunion Hitlers Verbündeter war, besetzte sie die drei baltischen Staaten, presste [[Rumänien]] die nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] abgetretenen Gebiete wieder ab und versuchte Finnland zu erobern. Der [[Winterkrieg]] ermöglichte aber nur die Annexion einiger Grenzgebiete Finnlands.<br /> <br /> == Anti-Hitler-Koalition und Blockkonfrontation ==<br /> Nachdem Deutschland die Sowjetunion am 22.&amp;nbsp;Juni 1941 angegriffen hatte, wechselte sie zur [[Anti-Hitler-Koalition]] und kämpfte gemeinsam mit den westlichen [[Alliierte]]n gegen Deutschland und dessen Verbündete in Europa; zwei Wochen vor Kriegsende erklärte sie auch [[Japanisches Kaiserreich|Japan]] den Krieg. Das Verhältnis zwischen [[Josef Stalin]] und dem damaligen [[Präsident der Vereinigten Staaten|US-Präsidenten]] [[Franklin D. Roosevelt]] war relativ entspannt, da Roosevelt sich Hoffnungen auf eine Zusammenarbeit auch nach dem Krieg machte. Die Sowjetunion wurde mit Kriegsmaterial beliefert ([[Leih- und Pachtgesetz|Lend-Lease-Abkommen]]) und im [[Luftkrieg]] strategisch unterstützt.<br /> <br /> Stalin setzte im Baltikum bereits 1944 – zum Teil gewaltsam – [[Kommunismus|kommunistische]] Regierungen ein. In [[Griechenland]] kam es zum [[Griechischer Bürgerkrieg|Bürgerkrieg]], in [[Italien]] und Frankreich gab es starke kommunistische Gruppen. In letztgenannten Ländern aber konnten die Kommunisten sich nicht auf die Rote Armee stützen.<br /> [[Datei:Yalta summit 1945 with Churchill, Roosevelt, Stalin.jpg|mini|[[Konferenz von Jalta]] 4.–11.&amp;nbsp;Februar 1945]]<br /> <br /> Auf der [[Konferenz von Jalta]] im Februar 1945 zeigten sich erste Risse in der Anti-Hitler-Koalition: Roosevelt lehnte angesichts der sich abzeichnenden sowjetischen Vorherrschaft in [[Osteuropa]] konkrete Vereinbarungen mit der Sowjetunion für die Nachkriegszeit ab. Daraufhin änderte Stalin seinen Kurs und ging verstärkt daran, sowjetische Sicherheitsinteressen in den von ihm kontrollierten Gebieten ohne Rücksprache mit den Westalliierten durchzusetzen.<br /> <br /> [[Datei:Josef Stalin bei der Potsdamer Konferenz.jpg|mini|[[Potsdamer Konferenz]] 17.&amp;nbsp;Juli – 2.&amp;nbsp;August 1945]]<br /> <br /> === Zerbrechen der Anti-Hitler-Koalition ===<br /> Nach Roosevelts Tod am 12.&amp;nbsp;April 1945 zerbrach die Anti-Hitler-Koalition. Unter seinem Nachfolger Truman war das Ziel der Westmächte, die kommunistische Ausbreitung in Europa nach dem Sieg über das Deutsche Reich zu verhindern. Als er auf der [[Potsdamer Konferenz|Konferenz von Potsdam]] vom erfolgreichen [[Trinity-Test]] der ersten Atombombe am 16.&amp;nbsp;Juli&amp;nbsp;1945 erfuhr, gab er den Befehl für den Einsatz der neuen [[Massenvernichtungswaffe]]. Die [[Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki]] am 6.&amp;nbsp;und 9.&amp;nbsp;August sollten die bedingungslose [[Kapitulation Japans]] beschleunigen. Die Abwürfe waren nach Ansicht des US-Historikers [[David Horowitz]] auch eine gezielte Machtdemonstration an die Sowjetunion für die Nachkriegszeit und sollten ihrem weiteren Vorrücken in [[Ostasien]] zuvorkommen.<br /> <br /> [[Datei:Nagasakibomb.jpg|mini|hochkant|Atombombenabwurf auf [[Nagasaki]] am 9.&amp;nbsp;August 1945]]<br /> <br /> Das Bekanntwerden massiver Spionageaktionen der Sowjetunion in Großbritannien, den USA und [[Kanada]] durch Dokumente des übergelaufenen [[Kryptographie|Kryptographen]] [[Igor Gouzenko]] bewirkte im Jahr 1945 zusätzlich eine deutlich distanziertere Haltung des Westens. Seit der Nachkriegskonferenz in [[London]] stützten sich die USA auch politisch gegenüber der Sowjetunion auf ihre wirtschaftliche Überlegenheit und auf ihr Atomwaffenmonopol, das bis 1949 bestand. In ihrer Außenpolitik begünstigten sie den westeuropäischen Wiederaufbau- und Einigungsprozess auf der Basis privatwirtschaftlicher und parlamentarischer Strukturen. In der [[Außenhandelspolitik]] zielten sie auf offene Märkte und die Durchsetzung des US-Dollars als [[Leitwährung]]. Die Sowjetunion wiederum wollte ihre vorgelagerte Sicherheitssphäre in Mittelost- und Osteuropa festigen, was von der US-Administration mit einer antikommunistischen Eindämmungsstrategie ([[Containment-Politik]]) beantwortet wurde.<br /> <br /> [[Datei:Harry S. Truman.jpg|mini|hochkant|US-Präsident [[Harry S. Truman]], Nachfolger Roosevelts]]<br /> <br /> [[Deutschland 1945 bis 1949|Deutschlands]] Nachkriegsordnung war in Potsdam umstritten. Das [[Potsdamer Abkommen]] enthielt zwar allgemeine Vereinbarungen über die künftige gemeinsame Verwaltung der [[Siegermacht|Siegermächte]] und formulierte Grundsätze wie Demilitarisierung, Entnazifizierung und Demokratisierung, die aber je nach politischer Interessenlage unterschiedlich ausgelegt wurden.<br /> <br /> === Irankrise ===<br /> Das gegenseitige Misstrauen wuchs, als mit der [[Irankrise]] 1946 und im Hinblick auf die politische Entwicklung der Türkei weitere Konfliktherde hinzukamen. In den Jahren 1945 und 1946 hatte Stalin den Versuch unternommen, die von Kurden und Aseris bewohnten Provinzen Irans abzuspalten, um dort prosowjetische Staaten zu etablieren. So wurde am 12.&amp;nbsp;Dezember 1945 die [[Autonome Republik Aserbaidschan]] mit Premierminister [[Jafar Pischevari]] an der Spitze der Regierung ausgerufen.&lt;ref&gt;Kristen Blake: ''The U.S.-Soviet confrontation in Iran, 1945–1962.'' University Press of America, 2009, S.&amp;nbsp;33.&lt;/ref&gt; Die Partei Pischevaris, die {{faF|فرقه دموکرات&amp;lrm;|b=Demokratische Partei}}, die auf direkte Anordnung Stalins gegründet worden war, begann mit dem Aufbau einer eigenen staatlichen Verwaltung. Die innere und äußere Sicherheit sollte durch bewaffnete [[Miliz (Polizei)|Milizen]] sichergestellt werden.&lt;ref&gt;[http://mashruteh.org/wiki/index.php?title=%D9%BE%D8%B1%D9%88%D9%86%D8%AF%D9%87:Secret_Soviet_Instructions_on_Measures_to_Carry_out_Special_Assignments_throughout_Southern_Azerbaijan_and_the_Northern_Provinces_of_Iran_in_an_attempt_to_set_the_basis_for_a_separatist_movement_in_Northern_Iran.pdf&amp;page=1 ''Secret Soviet Instructions on Measures to Carry out Special Assignments throughout Southern Azerbaijan and the Northern Provinces of Iran in an attempt to set the basis for a separatist movement in Northern Iran'']&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://mashruteh.org/wiki/index.php?title=%D9%BE%D8%B1%D9%88%D9%86%D8%AF%D9%87:Decree_of_the_CC_CPSU_Politburo_to_Mir_Bagirov_CC_Secretary_of_the_Communist_Party_of_Azerbaijan.pdf&amp;page=1 ''Decree of the CC CPSU Politburo to Mir Bagirov CC Secretary of the Communist Party of Azerbaijan'']&lt;/ref&gt; Am 22. Januar 1946 kam es zur Gründung der [[Republik Mahabad]]. Ziel Stalins war es, die Ölvorkommen im Norden des Iran unter sowjetische Kontrolle zu bringen.&lt;ref&gt;[http://mashruteh.org/wiki/index.php?title=%D9%BE%D8%B1%D9%88%D9%86%D8%AF%D9%87:Decree_of_the_USSR_State_Defense_Committee_No_9168_SS_Regarding_Geological_Prospecting_Work_for_Oil_in_Northern_Iran.pdf&amp;page=1 ''Decree of the USSR State Defense Committee No.&amp;nbsp;9168 SS Regarding Geological Prospecting Work for Oil in Northern Iran'']&lt;/ref&gt; Stalins Weigerung, die im Rahmen der [[Anglo-Sowjetische Invasion Irans|anglo-sowjetischen Invasion Irans]] im August 1941 in den Norden Irans einmarschierten sowjetischen Truppen nach Kriegsende wieder abzuziehen, führte zur ersten Konfrontation zwischen den USA und der UdSSR im neu gegründeten [[Sicherheitsrat der Vereinten Nationen|Sicherheitsrat]] der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]]. Nach Unterlagen des iranischen militärischen Geheimdienstes plante Stalin auch in Teheran eine kommunistische Regierung zu installieren, die der dauerhaften Besetzung Irans durch sowjetische Truppen zustimmen und aus dem Iran einen prosowjetischen [[Satellitenstaat]] machen würde.&lt;ref&gt;Hassan Arfa, ''Under five Shahs'', London 1964, S.&amp;nbsp;352.&lt;/ref&gt; Erst die Drohung Präsident Trumans mit ernsthaften Konsequenzen, bis hin zum Einsatz von Atomwaffen, ließ Stalin einlenken.&lt;ref name=&quot;Schweizer_Iran_383&quot; /&gt;&lt;ref&gt;{{Literatur |Autor=Jamil Haslani |Titel=At the Dawn of the Cold War |Verlag=Rowman &amp; Littlefield Publishers, Inc. |Ort=Lanham/New York/Toronto/Oxford |Datum=2006 |ISBN=0-7425-4055-3 |Seiten=408}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Truman-Doktrin ===<br /> Mit der [[Truman-Doktrin]] 1947, in der der US-Präsident ankündigte, ''„alle freien Völker zu unterstützen, die sich der Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten oder durch Druck von außen widersetzen“'', gingen die Vereinigten Staaten unmissverständlich auf antikommunistischen und antisowjetischen Kurs. Anlass dafür war die Situation im Iran, in Griechenland und der Türkei, die keine kommunistischen [[Regime]] erhalten sollten. Den Anstoß für die in der Truman-Doktrin demonstrativ vollzogene außenpolitische Wende hatte das ''long telegram'' des amerikanischen Diplomaten [[George F. Kennan]] gegeben, der aufgrund seiner Beobachtungen in Moskau jedes politische Arrangement mit der Sowjetunion ablehnte. <br /> <br /> Der [[Marshall-Plan]] bot allen europäischen Staaten, auch der Sowjetunion, Unterstützung beim Wiederaufbau an. Die Verhandlungen dazu in [[Paris]] brach letztere jedoch ab, da die USA politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen vorgaben, die für die Sowjetunion mit ihrer zentralistisch organisierten Wirtschaft inakzeptabel waren. Die osteuropäischen Staaten unter sowjetischer Vorherrschaft mussten auf amerikanische Wirtschaftshilfe verzichten und wurden ökonomisch eng an die Sowjetunion gebunden.<br /> <br /> Am 20. Juni 1948 führten die Westalliierten ohne Absprache mit der Sowjetunion eine [[Währungsreform 1948 (Westdeutschland)|Währungsreform]] in ihren [[Besatzungszone#Besatzungszonen in Deutschland|Besatzungszonen]] Deutschlands und in den Westsektoren Berlins durch. Die Sowjetunion betrachtete dies als Bruch der Potsdamer Konferenzbeschlüsse, wonach Deutschland als politische und wirtschaftliche Einheit zu wahren war, und antwortete am 24. Juni 1948 mit der [[Berlin-Blockade]], einer totalen Wirtschafts- und Handelsblockade der Berliner Westsektoren. Diese sollten von der Versorgung mit Lebensmitteln und Brennstoffen abgeschnitten werden, um ihre Unterstellung unter sowjetische Kontrolle oder anderweitige politische Zugeständnisse zu erzwingen. Das verhinderte der Westen mit der [[Berliner Luftbrücke]]. Dieser erste Höhepunkt des Kalten Krieges verstärkte die westliche Furcht vor einer sowjetischen Expansion in Europa.<br /> <br /> === Gründung der Bundesrepublik Deutschland ===<br /> Im April 1949 wurden die [[Trizone|drei Westzonen]] zur Bundesrepublik Deutschland vereint und das westliche Militärbündnis [[NATO]] gegründet. Die UdSSR zogen mit der bereits vorbereiteten Gründung der Deutschen Demokratischen Republik gleich. Damit war die Teilung Deutschlands und Europas besiegelt und die [[bipolare Welt]]ordnung zementiert. Auch wirtschaftlich festigte sich die Teilung mit der für die Koordination der Marshallplan-Hilfen 1948 gegründeten [[OECD|OEEC]] und mit der ab 1952 bestehenden [[Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl|Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl]] (EGKS) im Westen sowie mit der Bildung des [[Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe|Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe]] (RGW/COMECON) im Osten. Die wichtigsten westlich orientierten Staaten praktizierten ab 1950 gegen die Ostblockstaaten das [[COCOM]]-Embargo für Hochtechnologie und Rüstungsgüter.<br /> <br /> === Rollback-Strategie der USA gegen den Kommunismus ===<br /> Ebenfalls 1949 zündete die Sowjetunion ihre erste Atombombe. In [[China]] gelangten die Kommunisten unter [[Mao Zedong]] an die Macht. Im Zuge dessen verstärkten die USA ihre Eindämmungspolitik. Sie erkannten die neue chinesische Regierung nicht an, verweigerten der [[Volksrepublik China]] die Mitgliedschaft in den [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] und unterstützten Japans Entwicklung zu einem antikommunistischen Gegenpol. Ihre auch für die NATO verbindliche Militärstrategie basierte bis 1954 auf der Drohung mit „massiver Vergeltung“ (''massive retaliation'') „an Orten und mit Mitteln eigener Wahl“ für jeden nicht näher definierten kommunistischen Expansionsversuch. Damit verfolgten die USA nun offen eine Politik des ''[[Rollback-Politik|roll back]]'', d.&amp;nbsp;h. ein Zurückdrängen des Staatskommunismus in Eurasien.<br /> <br /> == Koreakrieg, Berliner Mauer, Kongo- und Kubakrise ==<br /> === Erster Stellvertreterkrieg in Korea ===<br /> Im Juni 1950 eskalierte der Kalte Krieg in Nordostasien zum [[Koreakrieg]] – einem Stellvertreterkrieg vor allem zwischen den USA, die [[Südkorea]] unterstützten, und der VR China, die [[Nordkorea]] unterstützte. Dieser Krieg forderte nach Schätzungen [[Koreakrieg#Kriegsopfer und Massaker|vier bis fünf Millionen Opfer]]. Vorausgegangen war 1949 der Abzug der sowjetischen Truppen aus Nordkorea und der US-Truppen aus Südkorea. Beide Siegermächte des Zweiten Weltkrieges hatten das Land nach der Kapitulation [[Japanisches Kaiserreich|Japans]] entlang des 38. Breitengrades geteilt. Da sowohl der nordkoreanische als auch der südkoreanische Diktator, [[Kim Il-sung]] bzw. [[Syngman Rhee]], eine notfalls gewaltsame Vereinigung Koreas unter jeweils ihrer Führung anstrebten, kam es in der Folgezeit zu wiederholten Grenzverletzungen beider Seiten. Schließlich überschritten nordkoreanische Truppen im Juni 1950 die Grenze und besetzten innerhalb weniger Wochen den Großteil Südkoreas. Die USA [[Intervention (Politik)|intervenierten]] daraufhin mit eigenen Verbänden, in deren Folge die Nordkoreaner bis November soweit zurückgedrängt wurden, dass nur das Eingreifen von inoffiziellen chinesischen Truppen wiederum Nordkorea vor US-amerikanischer Besetzung bewahrte. Weltkriegserfahrene sowjetische Piloten flogen chinesischerseits in [[MiG-15]]-Düsenjägern mit nordkoreanischen [[Hoheitszeichen]] Angriffe gegen amerikanische [[North American F-86|F-86]] „Sabre“-Jets.&lt;ref&gt;[[National Geographic Channel|National Geographic]]-Dokumentation „Luftkampf über Korea“, über www.sevenload.com ({{Webarchiv | url=http://de.sevenload.com/sendungen/National-Geographic-Reportage/folgen/HpoH6cC-Luftkampf-ueber-Korea | wayback=20111114202013 | text=online (ohne Video)}}).&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;N24-Dokumentation History Channel: ''Mig 15 – Russlands Geheimwaffe im Kalten Krieg.'' über www.veoh.com ([http://www.veoh.com/browse/videos/category/educational/watch/v17159071T3aMRjjC online]). (Video nicht mehr abrufbar)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Weil die Sowjetunion den [[UN-Sicherheitsrat|Sicherheitsrat]] der Vereinten Nationen vorübergehend [[boykott]]ierte, beschloss dieser ein [[Resolution 85 des UN-Sicherheitsrates|militärisches Eingreifen]] in den Koreakrieg. Nach weiteren verlustreichen Kämpfen ohne nennenswerte Erfolge beider Kriegsparteien wurde rund drei Jahre nach Beginn der Auseinandersetzung ein bis heute gültiges Waffenstillstandsabkommen abgeschlossen (''vgl. aber auch'' [[Nordkorea-Krise 2013]]), in dem der 38. Breitengrad als Grenze zwischen Nord- und Südkorea verankert wurde.<br /> <br /> Vor und während des Krieges wurden zahlreiche [[genozid]]ähnliche [[Massaker in Südkorea]] an [[Zivilist]]en (erwiesene oder mutmaßliche Unterstützer von Kommunisten) durchgeführt. Eine Aufarbeitung der Massaker wurde zwischen 2005 und 2010 durch die [[Kommission für Wahrheit und Versöhnung (Südkorea)|''Truth and Reconciliation Commission'']] in Südkorea versucht. In deren Berichten wurden schwere Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen&lt;ref&gt;{{Webarchiv | url=http://jinsil.go.kr/English/Information/notice/read.asp?num=230&amp;pageno=1&amp;stype=&amp;sval=&amp;data_years=2008&amp;data_month= | wayback=20140829122217 | text=„Seoul probes civilian `massacres' by US“}} von Hanley, Charles J.; Jae-Soon Chang, auf Truth and Reconciliation Commission, Republic of Korea, vom 4. April 2008, Abgerufen am 4. Januar 2014.&lt;/ref&gt; festgestellt.<br /> <br /> === McCarthy-Ära: massiver Antikommunismus in den USA ===<br /> In den USA nahm zu Beginn der 1950er-Jahre der [[Antikommunismus]] enorm zu. Das 1938 gegründete [[Komitee für unamerikanische Umtriebe]] wurde dafür nun zur wichtigsten Schaltstelle. Senator [[Joseph McCarthy]] leitete den Ausschuss zur Untersuchung „antiamerikanischer Umtriebe“. Er versuchte systematisch nicht nur Kommunisten, sondern auch [[Liberalismus|liberale]] Intellektuelle als vermeintliche Spione und Systemgegner ausfindig zu machen, zu verhören, einzuschüchtern und aus ihren Ämtern zu entfernen („McCarthyism“). 1954 wurde er schließlich wegen seines unverhältnismäßigen Vorgehens gerügt und abgelöst.<br /> <br /> Mit den „[[Stalin-Noten]]“ versuchte der sowjetische Diktator 1952, die sich anbahnende (u.&amp;nbsp;a. militärische) [[Westintegration]] der Bundesrepublik aufzuhalten. Er bot eine Vereinigung Deutschlands an, wenn dieses keinem Militärbündnis angehöre. [[Freie Wahl]]en erwähnte er zunächst nicht. Die bundesdeutsche Politik vermutete ein Störmanöver. Tatsächlich fanden sich später in sowjetischen Archiven keine Pläne für den Fall, dass der Westen auf das Angebot eingegangen wäre. Unterschiedliche Auffassungen gab es nur darüber, ob das Angebot ignoriert werden sollte (die Mehrheit mit [[Konrad Adenauer|Adenauer]]) oder ob man auf das Angebot eingehen und damit Stalin bloßstellen solle (die Minderheit, unter anderem [[Kurt Schumacher]] von der SPD).<br /> <br /> 1955 wurde ein Angebot der Sowjetunion für die [[Österreichische Neutralität|endgültige Neutralisierung]] [[Österreich]]s angenommen. Anders als im deutschen Fall hatte es in Österreich schon 1945 eine gesamtösterreichische Regierung gegeben, und die sowjetische Besatzungszone in Österreich war in ihrer Bedeutung nicht mit der in Deutschland vergleichbar.<br /> <br /> === Wiederbewaffnung Westdeutschlands und Tod Stalins ===<br /> Mit dem ''[[Amt Blank]]'' begann 1952 die westdeutsche [[Wiederbewaffnung]] der [[Westdeutschland|Bundesrepublik]], nachdem im Vorjahr schon der [[Bundesgrenzschutz]] (BGS) gegründet worden war. Die DDR verfügte bereits in ihrer Gründungszeit mit der ''[[Hauptverwaltung Ausbildung]]'' über militärische Einheiten.<br /> <br /> Als am 5. März 1953 Stalin starb, boten sich Chancen zur „Entstalinisierung“ der Sowjetunion. Sein Nachfolger [[Nikita Sergejewitsch Chruschtschow|Chruschtschow]] setzte angesichts der atomaren Pattsituation und massiver innenpolitischer Probleme auf einen Entspannungskurs und leitete die Politik der „friedlichen [[Koexistenz]]“ ein. Die kurze Phase endete mit dem Aufstand in der DDR am [[Aufstand des 17. Juni|17. Juni 1953]], der demonstrierte, dass die DDR-Regierung nicht das Vertrauen ihrer Bürger genoss, dass freie Wahlen sie entmachtet und die Eigenstaatlichkeit der DDR gefährdet hätten.<br /> <br /> === Strategie der massiven atomaren Vergeltung ===<br /> 1954 zog die Sowjetunion auch bei den [[Wasserstoffbombe]]n und neuen Flugzeugen mit interkontinentaler Reichweite mit den USA gleich. Damit etablierte sich das sogenannte [[Gleichgewicht des Schreckens]]. Dessen Erhaltung bestimmte fortan die Beziehungen der Supermächte und trieb den [[Rüstungswettlauf]] zusätzlich voran. Die USA begannen nun, in Westeuropa auch auf dem Boden der Bundesrepublik nuklearfähige [[Artillerie]] und Kurzstreckenraketen aufzustellen. Sie hielten an der Abschreckungsdoktrin der „massiven Vergeltung“ und ihrem Entscheidungsmonopol zur atomaren Eskalation im „Verteidigungsfall“ fest.<br /> <br /> Eine Folge der 1955 abgeschlossenen [[Pariser Verträge]] war in der Bundesrepublik die offene Wiederbewaffnung. Der Aufstellung der [[Bundeswehr]] als konventionelle, in die NATO-Struktur integrierte Armee folgte im selben Jahr die Gründung des [[Warschauer Pakt]]es durch die Sowjetunion und ihre Satellitenstaaten und 1956 die Aufstellung der [[Nationale Volksarmee|Nationalen Volksarmee]] (NVA) der DDR aus der bereits vorhandenen [[Kasernierte Volkspolizei|Kasernierten Volkspolizei]] (KVP). Vergeblich strebten Bundeskanzler [[Konrad Adenauer]] und Verteidigungsminister [[Franz Joseph Strauß]] in den darauffolgenden Jahren die atomare Bewaffnung der Bundeswehr zur Erlangung der vollen militärischen Gleichberechtigung im Westen an.<br /> <br /> === Volksaufstand in Ungarn ===<br /> 1956 kam es in [[Volksrepublik Ungarn|Ungarn]] zu einem [[Ungarischer Volksaufstand|Volksaufstand]]. Mehrere hunderttausend Demonstranten forderten mit Rundfunkbesetzungen und einem [[Generalstreik]] demokratische Wahlen sowie eine Loslösung von der Sowjetunion und riefen [[Imre Nagy]] zum Ministerpräsidenten aus. Als dieser den Austritt aus der Warschauer Pakt-Organisation verkündete, schlugen sowjetische Truppen den Aufstand nieder und töteten etwa 20.000 Ungarn. Hilfe aus dem Westen, auf die [[Radio Free Europe]] Hoffnung gemacht hatte, blieb aus. Die Westmächte waren zeitgleich mit der [[Suez-Krise]] befasst, die dazu führte, dass nach der Verstaatlichung des Suez-Kanals durch [[Ägypten]]s neuen Führer [[Gamal Abdel Nasser]] Frankreich, Großbritannien und [[Israel]] Ägypten vom 29. Oktober 1956 an militärisch angriffen.<br /> <br /> Im April 1957 machte ein Interview Adenauers die Pläne, Atomwaffen auf dem Boden der Bundesrepublik zu stationieren, öffentlich bekannt. Das „[[Göttinger Manifest]]“ von 18 Physikern (12. April) leitete die erste breite [[außerparlamentarische Opposition]] in der Bundesrepublik ein: die Bewegung [[Kampf dem Atomtod]], die vor allem von SPD, [[Kirche (Organisation)|Kirchen]] und [[Gewerkschaft]]en getragen wurde. Sie forderte den Verzicht auf Atomwaffen und teilweise den Austritt aus der NATO.<br /> <br /> [[Datei:EuropaNATOWP1959.png|mini|Truppenstärke der NATO-[[Mitgliedstaat|Mitgliedsstaaten]] inkl. Kontingente aus den USA und Kanada und der Staaten des Warschauer Paktes in Europa 1959]]<br /> [[Datei:Berlinermauer.jpg|mini|Die [[Berliner Mauer]] am Bethaniendamm, 1986]]<br /> <br /> === Abrüstungspläne und Sputnikschock ===<br /> Am 2.&amp;nbsp;Oktober 1957 schlug der polnische Außenminister [[Adam Rapacki]] vor der [[UNO-Vollversammlung]] überraschend einen beiderseitigen Verzicht der Militärbündnisse auf Atomwaffen und eine Entmilitarisierung ganz Mitteleuropas vor ([[Rapacki-Plan]]). Damit griff er Vorschläge des britischen Premierministers [[Anthony Eden]] ([[Eden-Pläne|Eden-Plan]]) von 1954 auf, die eine entmilitarisierte Zone auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs vorgesehen hatten, um Erfahrungen in der Kontrolle von Abrüstungsmaßnahmen zu sammeln. Der sowjetische Außenminister [[Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow|Molotow]] hatte diese Idee weiterentwickelt. Doch seine Vorschläge verlangten den Verzicht auf atomare Bewaffnung der im konventionellen Bereich seinerzeit weit unterlegenen NATO, während der Westen die Auflösung des Warschauer Pakts verlangte. Als die NATO im Dezember 1957 – nach dem [[Sputnikschock]] – ihre Atombewaffnung beschloss, war der Rapacki-Plan gescheitert und das atomare Wettrüsten der Blöcke nicht mehr aufzuhalten. Die Bundeswehr erhielt jedoch keine eigenen Atomwaffen.<br /> <br /> Ein 1960 als „Friedensgipfel“ angedachtes [[Pariser Gipfelkonferenz|Treffen in Paris]] zwischen US-Präsident [[Dwight D. Eisenhower|Eisenhower]] und Chruschtschow scheiterte. Kurz zuvor war ein US-Spionageflugzeug über der Sowjetunion abgeschossen worden, wobei der Pilot [[Francis Gary Powers]] überlebte und in Gefangenschaft geriet. Die USA gaben zu, die Sowjetunion seit 1956 unter Verletzung ihres Luftraums zu beobachten. Chruschtschow verlangte vom Präsidenten das Eingeständnis, dass es sich dabei um „aggressive Akte“ gehandelt habe, was Eisenhower ablehnte. Im selben Jahr entschlossen sich die USA zu ersten wirtschaftlichen [[Beziehungen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten|Maßnahmen gegen Kuba]], da die seit Anfang 1959 dort herrschende Revolutionsregierung unter [[Fidel Castro]] einen sozialistischen Kurs eingeschlagen hatte. Darauf folgte eine Reihe erfolgloser [[Verdeckte Operation|verdeckter Operationen]], um das Castro-Regime zu stürzen. Daneben begann zwischen der Sowjetunion und der VR China der [[Chinesisch-sowjetisches Zerwürfnis|Konflikt]] um die Führungsrolle im Weltkommunismus.<br /> <br /> === Bau der Berliner Mauer ===<br /> Seit 1958 hatte die Sowjetunion in der Deutschlandpolitik mit dem [[Chruschtschow-Ultimatum]], das den Abzug der Westmächte aus ihren Berliner Sektoren verlangte, um Berlin zur entmilitarisierten „Freien Stadt“ zu machen, massiven Druck aufgebaut. Wesentliche Ursache dafür war die steigende Anzahl von Flüchtlingen, die die DDR über die offene Sektorengrenze nach [[West-Berlin]] verließen. Nachdem die Westmächte das Ultimatum folgenlos hatten verstreichen lassen, formulierte US-Präsident [[John F. Kennedy]] „three essentials“ in Bezug auf die Lage der Stadt, die der sowjetischen Seite Möglichkeiten und Grenzen ihrer Handlungsfreiheit aufzeigten: dauerhaftes Bleiberecht und freier Zugang für die Westalliierten in und nach Berlin sowie politisches Selbstbestimmungsrecht der West-Berliner. Die Westmächte griffen daher zunächst nicht ein, als die DDR-Führung unter [[Walter Ulbricht]] am 13. August 1961 mit Grenzabsperrungen begann, die in die Errichtung der [[Berliner Mauer]] mündeten. (Auf einer Pressekonferenz im Juni 1961 hatte Ulbricht diese Absicht ausdrücklich bestritten.) Damit sollte die massive Abwanderung von Fachkräften in den Westen, circa 2,6 Millionen Menschen seit 1949, gestoppt werden, während die amtliche Propaganda von einem ''antifaschistischen Schutzwall'' sprach. Nach wechselseitigen Provokationen standen sich dann doch für kurze Zeit sowjetische und US-amerikanische Panzer am [[Checkpoint Charlie]] in Berlin direkt gegenüber. Insgesamt kamen bis 1989 wegen des Schießbefehls an der innerdeutschen Grenze mehrere hundert Menschen bei Fluchtversuchen ums Leben. Allerdings kam es im Gegensatz zur Grenze in Korea hier nur selten zu bewaffneten Zwischenfällen zwischen Grenzschützern auf beiden Seiten.<br /> <br /> === Kongokrise ===<br /> [[Datei:Kongo 1961 map de.png|mini|Machtbereiche während der Kongo-Krise 1961]]<br /> <br /> Zwischen 1960 und 1965 wurde auch Afrika für die Weltöffentlichkeit während der [[Kongo-Krise]] zu einem Schlachtfeld des Kalten Krieges. Am 30. Juni 1960 wurde die rohstoffreiche [[Demokratische Republik Kongo]], ein Land von der Größe Westeuropas, von [[Belgien]] unabhängig. [[Joseph Kasavubu]] wurde Staatspräsident, der bedeutende Panafrikanist und Führer der kongolesischen Unabhängigkeitsbewegung [[Patrice Lumumba]] wurde der erste Ministerpräsident des jungen Landes. Den jungen Staat konnte Lumumba allerdings nicht zusammenzuhalten, da aufgrund mangelnder Fachkräfte die Wirtschaft zusammenbrach, die Armee meuterte, im Herbst 1960 eine Invasion der alten Kolonialmacht Belgien stattfand und sezessionistische Bestrebungen in der Provinz [[Katanga (Staat)|Katanga]] das Land auseinander rissen. Insbesondere die kontinuierlichen Interventionen Belgiens, der USA, aber auch der Sowjetunion führten zu einer Eskalation und zwischen 1961–1963 zu einem internationalen Stellvertreter Krieg zwischen den beiden Supermächten und der alten Kolonialmacht Belgien. Lumumba wurde schließlich vom Militär abgesetzt und verhaftet. Zwar konnte er der Haft kurz entfliehen, wurde aber kurze Zeit später wieder ergriffen, seinem Gegner [[Moïse Tschombé]] ausgeliefert und anschließend am 17. Januar 1961 ermordet. Eine persönliche Beteiligung der CIA sowie des belgischen Geheimdienstes wurde im Jahr 2000 bestätigt. Während der Krise kam der damalige [[Generalsekretär der Vereinten Nationen]] [[Dag Hammarskjöld]] am 18. September 1961 bei einem ungeklärten [[Flugunfall des UNO-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld|Flugzeugabsturz]] ums Leben. 1964 starteten Anhänger Lumumbas unter [[Christophe Gbenye]] die [[Simba-Rebellion]]. Diese Rebellion konnte aber trotz logistischer Unterstützung der Sowjetunion sowie der Volksrepublik China und einer kleinen Kubanischen Expeditions-Truppe unter [[Che Guevara]] von der prowestlichen Zentralregierung mit direkter militärischer Unterstützung der [[United States Air Force]] und der belgischen [[Para-Commando-Brigade]] niedergeschlagen werden.<br /> <br /> === Kubakrise ===<br /> [[Datei:Cubacrisis 01 Nov 1962.jpg|mini|Stationierung sowjetischer Raketen auf Kuba 1962]]<br /> [[Datei:Cuban crisis map missile range.jpg|mini|[[Kubakrise]] 1962: Reichweite der vor der Krise installierten sowjetischen Raketentypen. Die [[R-14|SS-5]] konnte mit 2200 [[Nautische Meile|nautischen Meilen]] (etwa 4000&amp;nbsp;km) innerhalb von wenigen Minuten fast jeden Punkt in den USA erreichen.]]<br /> <br /> 1962 standen die [[Supermacht|Supermächte]] und die Welt in der [[Kubakrise]] am Rand eines neuen [[Weltkrieg]]es. Nachdem die USA [[Jupiter (IRBM)|Jupiter]]- und [[Thor (Rakete)|Thor]]-[[Mittelstreckenraketen]] in der [[Türkei]] stationiert hatten, stationierte die Sowjetunion ihrerseits Atomraketen auf [[Kuba]]. Diese hätten die Vorwarnzeiten für einen Angriff auf die USA extrem herabgesetzt. Daraufhin verhängte Präsident Kennedy eine [[Seeblockade]] über sowjetische Schiffe, die Kuba anliefen. Die Situation eskalierte bis zu dem Punkt, als die Kurs auf Kuba haltenden sowjetischen Schiffe abdrehten. Über geheime diplomatische Kontakte gelang es dem Bruder des Präsidenten, [[Robert F. Kennedy]], Chruschtschow zum Verzicht auf die Raketenstationierung zu bewegen. Dabei half das der Öffentlichkeit zunächst vorenthaltene Zugeständnis des Abzugs US-amerikanischer Raketen aus der Türkei. Ende August 1963 wurde ein „[[heißer Draht]]“ zwischen den [[Staatschef]]s beider Supermächte, das sogenannte „rote Telefon“, eingerichtet, um künftige Zusammenstöße infolge von Fehlwahrnehmungen und Irrtümern zu vermeiden.<br /> <br /> == Entspannungsbemühungen und Machtbehauptung ==<br /> Am 5. August 1963 unterzeichneten die USA, die UdSSR und Großbritannien eine erste wichtige Vereinbarung, das [[Vertrag über das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser|Atomteststoppabkommen]], welches Tests von [[Kernwaffe]]n in der Luft, dem Weltraum und unter Wasser verbot. Damit sollte die zunehmende radioaktive Verseuchung der Atmosphäre und der Meere eingedämmt werden. Gleichzeitig wurde damit aber auch ein weiteres nukleares Wettrüsten im Weltraum verhindert. Anders als unterirdische Tests waren solche Versuche leicht nachzuweisen. Die meisten Staaten, auch die Bundesrepublik Deutschland, unterschrieben den Vertrag, nur die Atommächte Frankreich und China weigerten sich.<br /> [[Datei:NATO und Warschauer Pakt - Truppenstärke - (1973).png|mini|Truppenstärke der NATO-Mitgliedsstaaten inkl. Kontingente aus den USA und Kanada und der Staaten des Warschauer Paktes in Europa 1973]]<br /> <br /> Nach dem [[Koreakrieg]] hatten die USA die Strategie der [[Massive Vergeltung|Massiven Vergeltung]] entwickelt, die bei einem Angriff der Sowjetunion den Einsatz ihrer vollen atomaren Streitmacht vorsah. In Europa gab es die Sorge, die USA könnten (unabhängig davon) ihren atomaren Schirm verringern. Um diese Befürchtungen zu zerstreuen, stellten die USA 1963 den Plan einer [[Multilateral Force]] vor, einer NATO-Atomstreitmacht zur See, an der europäische Staaten ohne eigene Atomwaffen sich beteiligen sollten. Obwohl dieser Plan fallen gelassen wurde, löste die Möglichkeit einer westdeutschen Verfügung über Atomwaffen im Ostblock erhebliche Ängste und entsprechende Gegenpropaganda aus. Die [[Nonproliferationsabkommen|Nichtverbreitung von Atomwaffen]] war nunmehr ein internationales Thema, über das 1964 eine 18-Mächte-Abrüstungskonferenz der Vereinten Nationen in Genf beriet. Innerhalb des Ostblocks hatte die Sowjetunion ein Monopol auf Atomwaffen; seit 1964 verfügt auch die VR China über Atomwaffen.<br /> <br /> Ab 1963 herrschte eine zögernde Entspannungspolitik zwischen den verfeindeten Blöcken vor, die von sowjetischer Seite unter dem Leitbegriff „[[friedliche Koexistenz]]“ firmierte, während auf westlicher Seite – und insbesondere im Hinblick auf die [[deutsche Teilung]] – die Überwindung des [[Status quo]] auf der Basis eines „[[Wandel durch Annäherung|Wandels durch Annäherung]]“ ([[Egon Bahr]])&lt;ref&gt;[http://www.fes.de/archiv/adsd_neu/inhalt/stichwort/tutzinger_rede.pdf ''Wandel durch Annäherung''] (PDF; 110&amp;nbsp;kB), Rede Egon Bahrs am 15. Juli 1963 in der [[Evangelische Akademie Tutzing|Evangelischen Akademie Tutzing]].&lt;/ref&gt; propagiert wurde. Die Attraktivität des westlichen [[Gesellschaftsmodell]]s wurde hierbei als letztlich ausschlaggebend unterstellt.<br /> [[Datei:Bundesarchiv Bild 183-U1007-0009, Berlin, 30. Jahrestag DDR-Gründung, Parade.jpg|mini|Truppenparade zum 30. Jahrestag der Gründung der DDR mit einer Formation Flugabwehrraketen vom Typ [[S-75|SA-2 Guideline]], 1979]]<br /> <br /> Gemäß einer 2016 veröffentlichten Studie&lt;ref&gt;Delores Knipp, Universität Boulder: [http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/2016SW001423/abstract;jsessionid=214B592841A58F7D98F1411F46F0D099.f03t03 The May 1967 Great Storm and Radio Disruption Event: Extreme Space Weather and Extraordinary Responses] vom 9. August 2016&lt;/ref&gt; von amerikanischen Forschern um Delores Knippe, ging die Welt am 23. Mai 1967, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, wahrscheinlich nur knapp an einer atomaren Katastrophe vorbei. An diesem Tag fielen sämtliche Frühwarn-Radarstationen des [[Fylingdales Ballistic Missile Early Warning Station|Ballistic Missile Early Warning System (BMEWS)]] in Kanada, Grönland und England aus. Die Verantwortlichen der US-Armee gingen von einem sowjetischen Angriff aus und ließen nuklear bestückte Bomber auf die Startbahnen rollen. Glücklicherweise konnten noch Astrophysiker des amerikanischen ''Air Weather Service (AWS)'' vor dem Start der Atombomber die Militärs davon überzeugen, dass die Radaranlagen von einem der heftigsten [[Sonnensturm|Sonnenstürme]] des zwanzigsten Jahrhunderts gestört wurden, ausgelöst durch große [[Sonnenfleck]]en. Der Start der Bomber wurde abgebrochen. Der Air Weather Service, welcher für die Beobachtung des Weltraumwetters zuständig war, wurde nur wenige Jahre zuvor in Betrieb genommen.<br /> Ob es wirklich zu einem nuklearen Waffengang der Supermächte gekommen wäre, wird man wohl nie mehr genau feststellen können. Nach der Logik der Abschreckung hätte eine große Zahl von aufsteigenden US-Bombern von Seiten der Sowjetunion als aggressiven Akt gedeutet werden können. Einmal in der Luft, wäre wahrscheinlich wegen des Sonnensturms auch die Kommunikation zu den Piloten abgebrochen und somit ein nachträgliches Zurückrufen der Bomber unmöglich geworden. Die Vernichtungsspirale wäre nicht mehr zu stoppen gewesen.&lt;ref&gt;Jan Hattenbach: [http://www.faz.net/aktuell/wissen/weltraum/gefaehrliches-weltraumwetter-als-die-sonne-fast-den-dritten-weltkrieg-ausloeste-14389799.html ''Gefährliches Weltraumwetter: Als die Sonne fast den 3. Weltkrieg auslöste''] In: [[Frankfurter Allgemeine]] vom 17. August 2016&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.srf.ch/news/international/knapp-am-atomkrieg-vorbei-wie-physiker-1967-die-welt-retteten ''Knapp am Atomkrieg vorbei – wie Physiker 1967 die Welt retteten''] In: [[Schweizer Radio und Fernsehen|SRF]] vom 19. August 2016&lt;/ref&gt;<br /> <br /> 1968 versuchten reformorientierte Mitglieder innerhalb der Kommunistischen Partei der [[Tschechoslowakei|ČSSR]] unter [[Alexander Dubček]] Maßnahmen zur Demokratisierung der [[Tschechoslowakei]] durchzuführen (Aufhebung der Zensur, Informations- und Meinungsfreiheit, Wirtschaftsreformen). Dieser sogenannte [[Prager Frühling]] war aber nur von kurzer Dauer. Die sowjetische Führung bewertete die Auswirkungen der Reformen als [[konterrevolution]]är, ließ Truppen des Warschauer Pakts ab Abend des 20. August 1968 in die Tschechoslowakei einmarschieren und erzwang das Einschwenken der politischen Führung auf die von Moskau vorgegebene Linie. Antisowjetische Demonstrationen wurden blutig niedergeschlagen. Der Westen verurteilte das Vorgehen der Sowjetunion zwar, unternahm aber wie beim [[Ungarischer Volksaufstand|Ungarischen Volksaufstand 1956]] keine praktischen Schritte. Der sowjetische Staats- und Parteichef [[Leonid Breschnew]] rechtfertigte die Intervention nachträglich damit, dass die Souveränität der „[[Sozialistische Bruderländer|sozialistischen Bruderstaaten]]“ keine Abkehr von den Grundlagen des Sozialismus einschließe; andernfalls sei äußeres Eingreifen gerechtfertigt. Diese [[Breschnew-Doktrin|Doktrin]] galt bis zu der von Gorbatschow 1985 vollzogenen Wende („[[Sinatra-Doktrin]]“) fort.<br /> <br /> 1969 begannen bilaterale Gespräche zwischen der Sowjetunion und den USA zur Kontrolle und Begrenzung der Atomwaffen. Diese mündeten in die Unterzeichnung der [[Strategic Arms Limitation Talks|SALT-Verträge]] und des [[ABM-Vertrag]]s. Parallel dazu leitete die [[sozialliberale Koalition]] unter Bundeskanzler Brandt ([[Kabinett Brandt I]]) mit ihrer [[Ostpolitik]] die Entspannung in Mittelosteuropa ein. Sie zielte auf menschliche Erleichterungen im geteilten Deutschland und insbesondere für Berlin, suchte dazu die Verständigung mit den östlichen Nachbarn wie mit der Vormacht Sowjetunion und garantierte in den [[Ostverträge]]n die Unverletzlichkeit der nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Grenzen. Ein weiterer Schritt der Entspannung war 1973 die erste [[Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa|Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa]] (KSZE), die 1975 zur [[Schlussakte von Helsinki]] führte.<br /> <br /> Im Februar 1972 hatte [[Richard Nixon]] (US-Präsident von 1969 bis 1974) durch einen Staatsbesuch in der VR China Entspannungsbereitschaft auch gegenüber der anderen kommunistischen Führungsmacht verdeutlicht und die Voraussetzungen für eine aus Sicht der US-Administration erträgliche Beendigung des [[Vietnamkrieg]]s verbessert. Seit der [[Tongking-Resolution]] des US-Kongresses 1964 hatten die USA offiziell Krieg an der Seite ihrer [[südvietnam]]esischen Verbündeten gegen die von [[Nordvietnam]] unterstützten kommunistischen [[Nationale Front für die Befreiung Südvietnams|Vietcong]] geführt, nachdem die vormalige Kolonialmacht Frankreich sich nach [[Indochinakrieg|militärischen Niederlagen]] zurückgezogen hatte. Trotz intensiven Bombenkriegs und Inkaufnahme bedeutender eigener Verluste an Soldaten und hoher Kosten gelang es der USA nicht, den Vietcong zu besiegen. Am 27. Januar 1973 unterzeichneten die USA und Nordvietnam ein Waffenstillstandsabkommen ([[Pariser Abkommen (1973)|Pariser Abkommen]]); die USA zogen ihre restlichen Truppen aus Südvietnam zurück.<br /> <br /> == Letzte Phase des Rüstungswettlaufes ==<br /> [[Datei:SS20 irbm.jpg|mini|Sowjetische mobile Mittelstreckenrakete [[RSD-10|SS-20]] „Saber“]]<br /> [[Datei:President Reagan speaking in Minneapolis 1982.jpg|mini|Ronald Reagan 1982]]<br /> [[Datei:M60A3 Panzer.jpg|mini|Häufige Militärübungen in der Bundesrepublik sollten die Verteidigungsfähigkeit der NATO sicherstellen, Aufnahme vom Manöver [[REFORGER]] 1985 in Hessen]]<br /> [[Datei:Soviet Navy Bases 1984.png|mini|Sowjetische Marinebasen und Ankerrechte 1984]]<br /> <br /> Nachdem der Warschauer Pakt in den späten 1970er-Jahren die eigene Rüstung bereits massiv verstärkte (SS-18 [[Interkontinentalrakete|ICBM]], große Flottenbauprogramme und neue [[Ship Submersible Ballistic Nuclear|SSBNs]] sowie neue strategische Bomber) markierten 1979 zwei nahezu gleichzeitig stattfindende Ereignisse das Ende der Entspannungspolitik der 1970er-Jahre und eine Verschärfung des Kalten Krieges. Der [[NATO-Doppelbeschluss]], der das entstandene Übergewicht sowjetischer Mittelstreckenraketen neutralisieren sollte, und der [[Sowjetisch-Afghanischer Krieg|sowjetische Einmarsch in Afghanistan]], der auch strategische Interessen der USA an den Erdölreserven im Nahen und Mittleren Osten berührte.<br /> <br /> Hierauf reagierten die USA unter Präsident [[Jimmy Carter]] mit einem Boykott der [[Olympische Sommerspiele 1980|Olympischen Sommerspiele 1980]] in [[Moskau]], dem die westlichen Staaten sich anschlossen. Außerdem belieferten die USA in der Folge die gegen die sowjetische Besatzung kämpfenden afghanischen [[Mujaheddin]] (Glaubenskämpfer) mit Waffen und unterstützten sie über den pakistanischen Geheimdienst [[Inter-Services Intelligence]] (ISI) mit Ausbildern.&lt;ref&gt;Wolfgang Schreiber (Hrsg.): ''Das Kriegsgeschehen 2007. Daten und Tendenzen der Kriege und bewaffneten Konflikte'', Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF), VS Verlag, Wiesbaden 2009, [http://books.google.de/books?id=QcAzmHQ8Nt4C&amp;pg=PA119 S. 119].&lt;/ref&gt; [[Ronald Reagan]] als Carters Amtsnachfolger erhöhte die zuvor reduzierten Rüstungsausgaben auf ein neues Rekordniveau und führte darüber hinaus die „[[Strategic Defense Initiative]]“ (SDI) (auch Star-Wars-Programm genannt) zur Abwehr strategischer Raketen ein. Damit sollte die Fähigkeit der Sowjetunion zum strategischen [[Zweitschlag]] ausgeschaltet werden. Es gehörte ausdrücklich zu den Zielen dieses Vorhabens, einen uneinholbaren Vorsprung im Rüstungswettlauf zu gewinnen, um den Ostblock ökonomisch und politisch zu destabilisieren. Dieser konnte sich die Militärausgaben nach westlichen Einschätzungen nicht mehr lange leisten.&lt;ref&gt; Der ehemalige amerikanische Außenminister [[Henry Kissinger]] äußerte dazu in der Zeitschrift [[Newsweek]] vom 11. April 1994: „Es blieb Ronald Reagan überlassen, ein oberflächlicher Mann mit nur wenigen guten Ideen, aber einem ungewöhnlichen intuitiven Rapport zur amerikanischen Psyche, Macht mit Recht zu vereinigen, eine Super-Rüstung zu erstellen und der Sowjetunion den Todesstoß zu versetzen.“ (Zitiert nach Jürgen Bruhn: ''Der Kalte Krieg oder: Die Totrüstung der Sowjetunion''. Gießen 1995, S. 218)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im Herbst 1982 scheiterten die Genfer Abrüstungsverhandlungen zwischen den USA und der Sowjetunion über den Abbau von Mittelstreckenraketen. Ein Grund dafür war, dass man sich nicht auf die Definition des Gleichgewichts einigen konnte. Die Sowjetunion bezog auch die U-Boot-gestützten Raketen Frankreichs als gegen sich gerichtet in ihre Berechnungen ein, während die USA diese ausklammerten.<br /> <br /> Damit wurde die Stationierung einer neuen Raketengeneration auch auf [[Westdeutschland|westdeutschem Boden]] absehbar. Nach der Meinung von Gegnern dieser Nachrüstung dienten die [[Pershing II]] und [[Cruise Missile]]s nicht dem Schließen einer „Raketenlücke“ (Bundeskanzler [[Helmut Schmidt]]) als Gegengewicht gegen die [[RSD-10|SS-20]], sondern der Umsetzung einer auf „Sieg im Atomkrieg“ ausgerichteten Strategie der USA, die Reagans führender Militärberater [[Colin S. Gray]] 1980 öffentlich vorgestellt hatte.<br /> <br /> 1983 stimmte der Bundestag mit der neuen christlich-liberalen Mehrheit unter Bundeskanzler [[Helmut Kohl]] der Aufstellung der NATO-Raketen zu. Dagegen bezog die seit 1979 wachsende westdeutsche [[Friedensbewegung]] nun verstärkt Konzepte eines [[Gewaltfreiheit|gewaltfreien]] Widerstands ein. Nach Umfragen waren weiterhin gut zwei Drittel der westdeutschen Bevölkerung gegen die Aufstellung. An den Blockaden an Raketenstandorten nahmen auch viele prominente Politiker, Intellektuelle und einige Bundeswehrgeneräle teil. Parallel fanden in der DDR von staatlicher Seite nicht geduldete Demonstrationen gegen die Aufrüstung auch des Warschauer Paktes statt.<br /> <br /> In der bereits 1978 mit der Entwicklung der [[Neutronenbombe]] neu eröffneten Runde eines forciert technologischen Rüstungswettlaufs, zu dem auch [[Stealthflugzeug]]e und immer komplexere EDV-Systeme gehörten, konnte die Sowjetunion nicht mehr mithalten, zumal sie ihre militärischen und ökonomischen Kräfte mit den vorherigen Rüstungsprogrammen und der Intervention in Afghanistan schon überdehnt hatte.<br /> <br /> Auch die gesellschaftspolitischen Verhältnisse in Mittelosteuropa waren neuerlich in Bewegung geraten. Dazu haben wesentlich die auf Gewährleistung der Menschenrechte gerichteten Vereinbarungen der [[Schlussakte von Helsinki]] beigetragen, die der [[Bürgerrechtsbewegung#Ostblock während des Kalten Krieges|Bürgerrechtsbewegung]] innerhalb des sowjetischen Machtbereichs Auftrieb gaben. Von ausstrahlender Wirkung waren die [[Streik]]s und zwischenzeitlichen Erfolge der unabhängigen Gewerkschaft [[Solidarność]] unter [[Lech Wałęsa]] in der [[Volksrepublik Polen]] 1980/81, die – im Sinne der Breschnew-Doktrin – nur mit der Verhängung des Kriegsrechts eingedämmt werden konnten.<br /> <br /> {{Siehe auch|Nordatlantik#Strategischer Angelpunkt|titel1=Strategischer Angelpunkt}}<br /> <br /> == Ausgang und Folgeentwicklungen ==<br /> === Auflösung des Ostblocks ===<br /> ==== Reformen Gorbatschows und Abrüstungsschritte ====<br /> Wegen der zunehmenden [[Stagnation (Wirtschaft)|wirtschaftlichen Stagnation]] des Ostblocks seit Anfang der 1980er-Jahre nahm auch innerhalb der politischen Führung der Sowjetunion die Einsicht in die Notwendigkeit eines Kurswechsels zu. 1985 leitete der neue Generalsekretär des Politbüros, [[Michail Gorbatschow]], ein Reformprogramm ein, das er [[Perestroika]] (Wende in Wirtschaft und Verwaltung) und [[Glasnost]] (Offenheit und Transparenz nach innen und außen) nannte. In der Außenpolitik bestand der Kurswechsel zunächst darin, dass das gigantische Haushaltsdefizit der Sowjetunion durch wechselseitige [[Abrüstung]] der Blöcke aufgefangen werden sollte. Dem standen anfangs die SDI-Pläne der US-Regierung entgegen, die eher eine neue Runde im Rüstungswettlauf hätten einleiten können.<br /> <br /> Im November 1985 trafen sich US-Präsident [[Ronald Reagan]] und Generalsekretär des Politbüros, [[Michail Gorbatschow]] in Genf zu einem Gipfeltreffen. Thema der Gespräche war das amerikanische Weltraumprojekt SDI, die strategische Rüstung, Afghanistan und die Menschenrechte. Eine Lösung für die Hauptprobleme brachten die zweitägigen Gespräche nicht, doch der Genfer Gipfel bedeutet eine klimatische Wende in den Ost-West-Beziehungen.&lt;ref&gt;[https://www.tagesschau.de/jahresrueckblick/meldung376152.html Jahresrückblick 1985: Gipfeltreffen in Genf] auf [[tagesschau.de]]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> [[Datei:Reagan and Gorbachev signing.jpg|mini|Michail Gorbatschow und Ronald Reagan, 1987]]<br /> 1986 legte Gorbatschow überraschend einen Plan zur Abschaffung aller Atomwaffen bis zum Jahr 2000 vor, um die westliche Blockadehaltung zu überwinden. Nach einigen Schwierigkeiten der Unterhändler bei den seit Herbst 1985 laufenden Genfer Abrüstungsgesprächen kam es im Oktober 1986 zu einem Gipfeltreffen zwischen Reagan und Gorbatschow in [[Reykjavík]]. Dort wurde die Halbierung der Menge aller Atomwaffen und die Abschaffung aller [[Ballistische Rakete|ballistischen Raketen]] binnen zehn Jahren diskutiert. Eine sofortige Einigung scheiterte daran, dass die USA am SDI-Programm festhielten, das aus Sicht der Sowjetunion gegen den [[ABM-Vertrag]] über Raketen-Abwehrraketen von 1972 verstieß.<br /> <br /> Bereits 1987 aber machte Gorbatschow nicht mehr ein Gesamtpaket einschließlich der Abkehr der USA vom SDI-Programm zur Vorbedingung konkreter Abrüstungsschritte. Es kam schließlich zum [[INF-Vertrag]], der die Verschrottung aller Mittelstreckenraketen in Europa vorsah. Zudem wurde mit dem START-I-Vertrag die Reduzierung der strategischen Kernwaffen eingeleitet. Ferner sollten Obergrenzen bei antiballistischen Raketen und Mischungsverhältnisse von Offensiv- und Defensivwaffen festgelegt werden. Dies war der bis dahin weitestreichende Durchbruch zur Abrüstung, der das Ende des Kalten Krieges einläutete.<br /> <br /> ==== Selbstbestimmte Entwicklungen in den mittel- und osteuropäischen Ländern ====<br /> Nach der ausdrücklichen Abkehr Gorbatschows von der Breschnew-Doktrin kam es zu unterschiedlichen eigenständigen Entwicklungen in den [[MOEL|europäischen Ostblockstaaten]]. In [[Polen]] fanden bereits im April 1988 nicht genehmigte Streiks statt. Im August kamen Gespräche zwischen der verbotenen Gewerkschaft [[Solidarność]] und der kommunistischen Regierung in Gang; im Dezember wurde das oppositionelle Bürgerkomitee unter Vorsitz [[Lech Wałęsa]]s gegründet. Nach der Neubildung von Parteien kam es am 4.&amp;nbsp;Juni 1989 zum Sieg des Bürgerkomitees bei Parlamentswahlen. Ähnlich verlief die Entwicklung in Ungarn.<br /> <br /> Einen Tag nach dem [[Mauerfall]] in Berlin trat in [[Bulgarien]] der langjährige Ministerpräsident [[Todor Schiwkow]] von allen Ämtern zurück. Im Zuge der Machterhaltung unterzog sich die regierende [[Bulgarische Kommunistische Partei|kommunistische Partei]] einer politischen Neuausrichtung, was neben dem Parteiausschluss des alten Machtapparates auch die Neugründung als [[Balgarska Sozialistitscheska Partija|sozialistische Partei]] zur Folge hatte. Mit den 1990 durchgeführten ersten freien Parlamentswahlen endete auch in Bulgarien die Ära des Sozialismus.<br /> <br /> [[Datei:MoskauRoterPlatzSeptember1990.jpg|mini|Militärparade auf dem Roten Platz in Moskau am 18.&amp;nbsp;September 1990]]<br /> [[Datei:A Su-27 escorted by an F-16.jpg|mini|Eine sowjetische [[Suchoi Su-27|Su-27]] Flanker und eine US-amerikanische [[F-16]]A Fighting Falcon im August 1990]]<br /> Im November 1989 folgten Massenproteste und erfolgreiche Revolutionen auch in der [[Tschechoslowakei]]. In [[Prag]] verlief der politische Umsturz unblutig, mit [[Václav Havel]] und [[Alexander Dubček]] wurden zwei bekannte Kritiker des alten Systems neuer Präsident und Parlamentspräsident.<br /> <br /> Zur gleichen Zeit kam es in mehreren Städten Rumäniens zu blutigen Zusammenstößen zwischen Zivilisten und Soldaten der [[Armata Română|Armee]] und des Geheimdienstes [[Securitate]]. Nachdem große Teile des Militärs sich mit den Demonstranten solidarisiert hatten, floh der bisherige Machthaber [[Nicolae Ceaușescu]] aus [[Bukarest]]. In der rumänischen Hauptstadt kam es in der Folgezeit zu vereinzelten Gefechten zwischen Soldaten und Heckenschützen, die vermutlich der Securitate angehörten. Ceaușescu wurde drei Tage nach seiner Flucht zusammen mit seiner [[Elena Ceaușescu|Frau]] verhaftet, vor ein Militärgericht gestellt und anschließend [[standrecht]]lich erschossen. Nach dem Tod des Diktators sowie dem Ende der Kampfhandlungen, die knapp 1.000 Menschen das Leben gekostet hatten, löste sich die bislang regierende kommunistische Partei auf. Als neuer Staatspräsident wurde mit [[Ion Iliescu]] ein ehemaliger Parteikader eingesetzt, der sich Mitte der 1980er-Jahre mit Ceaușescu überworfen hatte. Durch einen überlegenen Sieg seiner ''Nationalen Rettungsfront'' FSN bei den ersten freien Parlamentswahlen wurde Iliescu im Mai 1990 in seinem Amt bestätigt. Die Wahlen waren von neuen Protestkundgebungen begleitet, deren anschließende Zusammenstöße zwischen Unterstützern und Gegnern Iliescus sechs Todesopfer forderte. Auseinandersetzungen innerhalb der regierenden FSN und deren anschließende Spaltung verhinderten auch in der Folgezeit eine stabile Nachfolgeregierung in Rumänien.<br /> <br /> ==== Friedliche Revolution in der DDR, Mauerfall und deutsche Wiedervereinigung ====<br /> {{Hauptartikel|Wende und friedliche Revolution in der DDR|Deutsche Wiedervereinigung}}<br /> <br /> In der DDR verstärkte sich im Juli 1989 die Flüchtlings- und Ausreisewelle, denn ab dem Frühjahr 1989 baute Ungarn die Grenzanlagen zu Österreich ab.&lt;ref&gt;Hans Werner Scheidl: ''Der „Ostblock“ beginnt zu bröckeln'', in: Die Presse vom 2. Mai 2014.&lt;/ref&gt; Bei der Öffnung eines Grenztors zwischen Österreich und Ungarn beim [[Paneuropäisches Picknick|Paneuropäischen Picknick]] am 19.&amp;nbsp;August 1989 gelangten rund 700 Ostdeutsche über die Grenze von Ungarn nach Österreich.&lt;ref&gt;[[Manfred Görtemaker]]: ''Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Von der Gründung bis zur Gegenwart''. C.H. Beck, München 1999, S. 725.&lt;/ref&gt; Es war die größte Fluchtbewegung aus Ost-Deutschland seit dem Bau der Berliner Mauer.&lt;ref&gt;Otmar Lahodynsky: ''Paneuropäisches Picknick: Die Generalprobe für den Mauerfall'', in: Profil vom 9. August 2014.&lt;/ref&gt; Die Schirmherren des Picknicks ([[Otto von Habsburg]] und der ungarische Staatsminister [[Imre Pozsgay]]) sahen im geplanten Picknick eine Chance, die Reaktion Gorbatschows auf eine Grenzöffnung am Eisernen Vorhang zu testen.&lt;ref&gt;Vgl. Thomas Roser: ''DDR-Massenflucht: Ein Picknick hebt die Welt aus den Angeln'', in: Die Presse vom 16. August 2018.&lt;/ref&gt; Dabei wurde insbesondere geprüft ob Moskau den in Ungarn stationierten sowjetischen Truppen den Befehl zum Eingreifen geben würde.&lt;ref&gt;Vgl. „Der 19. August 1989 war ein Test Gorbatschows“ in FAZ vom 19. August 2009.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Mit der Massenflucht beim Paneuropäischen Picknick und dem Nichteingreifen der Sowjetunion brachen dann die Dämme. Nun machten sich Ostdeutschen zu Zehntausenden nach Ungarn auf, das nicht mehr bereit war, seine Grenzen völlig dicht zu halten. Die Führung der DDR in Ostberlin wagte aber nicht, die Grenzen des eigenen Landes völlig zu verriegeln.&lt;ref&gt;Vgl. Michael Frank: ''Paneuropäisches Picknick – Mit dem Picknickkorb in die Freiheit'', in: SZ vom 17. Mai 2010.&lt;/ref&gt; Der ungarische Verzicht auf Grenzkontrollen ab dem 11. September 1989 führte dann zu einer unkontrollierten Massenflucht an DDR-Bürgern.&lt;ref&gt;Vgl. u.&amp;nbsp;a. [[Manfred Görtemaker]]: ''Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Von der Gründung bis zur Gegenwart''. C.H. Beck, München 1999, S. 725.&lt;/ref&gt; <br /> <br /> Danach fanden in immer mehr DDR-Städten die von [[Leipzig]] ausgehenden [[Montagsdemonstrationen 1989/1990 in der DDR|Montagsdemonstrationen]] statt, in denen eine Demokratisierung der Gesellschaft gefordert wurde („[[Wir sind das Volk]]“). Anlässlich der Feierlichkeiten des 40. Jahrestages der Republik am 7. Oktober in Berlin, die ebenfalls von Demonstrationen begleitet waren, riet der geladene Michail Gorbatschow der DDR-Führung unter [[Erich Honecker]] nochmals zur Übernahme seines Reformkurses (daher die Kurzformel: ''[[Liste geflügelter Worte/W#Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.|Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.]]''), den die SED-Führung bis dahin – trotz der stets propagierten sowjetischen Vorbildfunktion (''Von der Sowjetunion lernen, heißt Siegen lernen!'') – nachdrücklich abgelehnt hatte. Vor einem Militäreinsatz gegen die Großdemonstrationen schreckte die nun völlig isolierte DDR-Führung aber zurück. Anders als bei den Volkserhebungen in der DDR 1953, in Ungarn 1956 und in Prag 1968 konnte nun nicht mehr auf den Einsatz von Streitkräften des Warschauer Paktes gegen die Demonstranten gezählt werden. So kam es erst zur Absetzung Honeckers im Politbüro der SED und schließlich – nach Ankündigung eines grundlegend liberalisierten Reisegesetzes für alle DDR-Bürger – zum spontanen Massenansturm auf die Berliner Grenzübergänge und zum [[Mauerfall]].<br /> <br /> Auf einem Treffen mit Bundeskanzler Kohl in Gorbatschows kaukasischer Heimat gab dieser am 15. Juli 1990 sein Einverständnis, dass ein vereintes Deutschland Mitglied der NATO sein könne. Bedingung war, dass die NATO auf eine Expansion auf das ehemalige DDR-Territorium verzichten solle, solange dort sowjetische Truppen stationiert waren. Deren Abzug wurde in einem Sondervertrag geregelt. Die Bundesrepublik Deutschland verpflichtete sich im Gegenzug, die Bundeswehr dauerhaft auf maximal 370.000 Soldaten zu begrenzen und auf ABC-Waffen auch künftig zu verzichten.<br /> <br /> Aufgrund eines von der Volkskammer der DDR verabschiedeten Wahlgesetzes fanden im Frühjahr die ersten freien Parlamentswahlen der DDR statt. Standen bisher die Forderungen nach demokratischen Reformen innerhalb der DDR im Mittelpunkt der Demonstrationen, so verstärkte sich im Vorfeld der Wahlen der Ruf nach einer Vereinigung mit der Bundesrepublik („[[Wir sind ein Volk]]!“), was sich letztlich in einem überlegenen Wahlsieg des von der [[Bundesregierung (Deutschland)|bundesdeutschen Regierung]] unterstützten Parteien-Bündnisses „Allianz für Deutschland“ widerspiegelte.<br /> <br /> Nach der [[Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion]] vom 1. Juli wurde am 31. August der deutsche [[Einigungsvertrag]] geschlossen. Am 3. Oktober 1990 wurde die [[deutsche Wiedervereinigung]] durch Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes]] vollzogen. Auf die in der ursprünglichen Fassung des Grundgesetzes in Artikel 146 vorgesehene neue Verfassung wurde anderen Auffassungen zum Trotz (unter anderem der Verfassungsentwurf des [[Runder Tisch|Runden Tisches]]) mit Hinweis auf die Bewährtheit des Grundgesetzes verzichtet.<br /> <br /> === Ende des „Supermächte“-Dualismus ===<br /> In der [[Charta von Paris]] wurde am 21. November 1990 der Kalte Krieg formell beigelegt. Die 34 KSZE-Staaten bekannten sich zur Demokratie als Regierungsform und zur Achtung der Menschenrechte. Mitte 1991 folgte die Auflösung des [[Warschauer Pakt]]s und des [[Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe|Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe]] (RGW).<br /> <br /> ==== Zerfall der Sowjetunion ====<br /> {{Hauptartikel|Zerfall der Sowjetunion}}<br /> <br /> 1991 erreichte die Abkehr vom sowjetischen Zentralismus auch die Sowjetunion selbst. Da Gorbatschow das [[Selbstbestimmungsrecht der Völker]] im Einflussbereich der Sowjetunion anerkannt hatte, verlangten nun auch die [[Baltische Staaten|baltischen Staaten]] Unabhängigkeit und Rückzug der [[Rote Armee|Sowjetarmee]] aus ihren Hoheitsgebieten. Dem versuchte Gorbatschow noch mit einer Verfassungsänderung zu begegnen, die mehr [[Föderalismus]] und Teilautonomie gewährte, aber die staatliche Einheit der Sowjetunion wahren sollte. Der gegen Gorbatschows Reformkurs gerichtete, am Volkswiderstand gescheiterte [[Augustputsch]] beschleunigte das Ende der [[Kommunistische Partei der Sowjetunion|KPdSU]] und das der Sowjetunion. Gorbatschow trat von seinem Amt als Generalsekretär zurück. [[Boris Nikolajewitsch Jelzin|Boris Jelzin]] verbot die KPdSU für das Gebiet der russischen Unionsrepublik. Wenige Wochen darauf erklärten sich die baltischen Republiken für unabhängig (→&amp;nbsp;[[Singende Revolution]]), viele Teilrepubliken setzten ihre KP-Führer ab. Die Sowjetunion wurde zum Jahresende 1991 aufgelöst. Aus einigen der neu gegründeten Staaten bildete sich die [[Gemeinschaft unabhängiger Staaten|GUS]].<br /> <br /> Der rasche Niedergang und schließlich kollapsartige Zusammenbruch der Sowjetunion kam für westliche Beobachter wie auch für die amerikanische Führung teilweise überraschend, da die Sowjetunion bis zuletzt den Status der hochgerüsteten Supermacht besaß, die die eigenen Interessen und Einflussgebiete kaum freiwillig preisgeben würde. Andererseits gab es westliche Analysen, die eine Zahlungsunfähigkeit und den ökonomischen Zusammenbruch der Sowjetunion prognostiziert hatten.<br /> <br /> ==== USA zunächst „einzige Supermacht“ ====<br /> Das Ende der bipolaren Machtstruktur hinterließ eine globalpolitisch neue Situation, in der durch den [[Zerfall der Sowjetunion]] die Vereinigten Staaten vorerst den Status der „einzigen Supermacht“ erreichten. Manche der osteuropäischen Staaten, die dem Warschauer Pakt angehört hatten und nach 1989 ein [[Demokratie|demokratisches]], [[Parlamentarismus|parlamentarisches]] und [[marktwirtschaft]]liches System annahmen, sind heute Mitglied in der NATO. Die Auflösung der sowjetischen Machtsphäre hat zudem die [[Globalisierung]] gefördert und unter anderem dazu geführt, dass die überwiegende Mehrheit der gegenwärtigen Staaten weltweit das Prinzip des [[Freihandel]]s anerkennt.<br /> <br /> [[Stephen F. Cohen]], Hochschullehrer an der [[New York University]] und Russland-Experte, vertritt die These, die USA hätten den Kalten Krieg nach einer kurzen Phase der scheinbaren Entspannung wieder aufleben lassen. Man sei davon ausgegangen, dass der alte Kontrahent sich nach 1991 auch politisch und wirtschaftlich den USA weitergehend annähern würde, als dies dann tatsächlich der Fall war. Die [[NATO-Osterweiterung]] und die einseitige Aufkündigung des [[ABM-Vertrag]]s durch die USA im Jahr 2002 hätten neues Misstrauen geschürt. In der „unsinnigen Dämonisierung“ [[Wladimir Wladimirowitsch Putin|Putins]] als „Autokrat“ sieht Cohen eine Fortsetzung dieses falschen Kurses.&lt;ref&gt;Stephen F. Cohen: [http://www.thenation.com/article/new-american-cold-war ''The New American Cold War''], in: ''[[The Nation (Vereinigte Staaten)|The Nation]]'' vom 10. Juli 2006.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Stephen F. Cohen: [http://www.thenation.com/article/167746/stop-pointless-demonization-putin ''Stop the Pointless Demonization of Putin''], in: ''The Nation'' vom 6. Mai 2012.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Deutungen der Entstehungsursachen des Ost-West-Konfliktes ==<br /> === Verhalten der Sowjetunion als Auslöser ===<br /> Die Epoche des Kalten Krieges wird besonders unter US-amerikanischen Historikern und Politikwissenschaftlern kontrovers bewertet. Die mit Beginn des Kalten Krieges aufkommende „orthodoxe“ Sicht sah die Hauptverantwortung für seinen Verlauf in einem ideologisch begründeten Expansionsdrang der Sowjetunion, dem sich die USA in verteidigender Weise entgegenstellte. Die Sowjetunion habe nach dem Zweiten Weltkrieg besonders Länder in Osteuropa sowie mit China das bevölkerungsreichste Land der Welt in ihren Einflussbereich gebracht, was ihre Eindämmung durch die USA und die Verteidigung von Freiheit und Demokratie erfordert habe. Außerdem wird auf Stalins bestimmende Rolle im sowjetischen Verhalten zu Beginn des Kalten Krieges hingewiesen. In dieser Zeit wurde das Stichwort der [[Nationale Sicherheit|nationalen Sicherheit]] geschaffen, das als Schlagwort die US-amerikanische Bevölkerung hinter die antikommunistische Politik ihrer Regierung bringen sollte.<br /> <br /> === „Kapitalistische Expansion“ der USA als Auslöser ===<br /> Die so genannte „[[Geschichtsrevisionismus|revisionistische]]“ Schule, vertreten etwa von [[Gabriel Kolko]], betonte seit den 1960er-Jahren hingegen das von ökonomischen und hegemonialen Interessen bestimmte Vorgehen der USA als treibende Kraft in dem Systemkonflikt. Die kapitalistische Tendenz zur Expansion sei Basis der amerikanischen Außenpolitik gewesen, die auf die Öffnung neuer Märkte gezielt habe. Die beispielsweise im Marshallplan sichtbar gewordene Einmischung der USA in die ökonomische Struktur europäischer Länder habe zur Konfrontation mit der Sowjetunion geführt, die ihre eigene Sicherheit habe bedroht sehen müssen.<br /> <br /> === Alternative Ansätze ===<br /> Letzten Endes gingen beide Ansätze von einem Aggressor aus, dem ein reagierender Verteidiger gegenüberstand. Die beiden Schulen mussten mit dem erheblichen Mangel kämpfen, dass ihnen zum großen Teil nur Informationen aus den USA zugrunde lagen und selbst diese oft als geheim klassifiziert waren. Der hauptsächlich seit den 1990er-Jahren hinzugekommene „Post-Revisionismus“ verlässt sich demgegenüber mehr auf die Analyse von schrittweise zugänglich gewordenen Archiven beider Kontrahenten nach dem Ende des Kalten Krieges. Dieser Ansatz gilt allgemein als ausgewogener, auch wenn in ihm ebenfalls Schwerpunktlegungen auf jeweils eine der beiden Seiten vorzufinden sind. Der führende Vertreter dieser Schule etwa, [[John Lewis Gaddis]], nimmt entsprechend eine bereits als „neo-orthodox“ bezeichnete Haltung ein, indem er wiederum Stalins Persönlichkeit als eigentliche Ursache für die Entstehung des Kalten Krieges hervorhebt und den USA eher die reagierende Rolle zuschreibt.<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> * [[Verträge und Abkommen des Kalten Krieges]]<br /> * [[Grand Area]] – das angestrebte Einflussgebiet der USA nach dem Zweiten Weltkrieg<br /> * [[Nuklearstrategie]]n – Rüstungsstrategien die den Einsatz von Kernwaffen berücksichtigen, im Kalten Krieg speziell [[Flexible Response]] und [[massive Vergeltung]]<br /> * [[Permanente Rüstungswirtschaft]] – eine Theorie, die das Wettrüsten während des Kalten Krieges als Mitursache für den Aufschwung des Kapitalismus sieht<br /> * [[AlliiertenMuseum]]<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Spencer C. Tucker (Hrsg.): ''The encyclopedia of the Cold War: a political, social, and military history'', 5 Bände. ABC-CLIO, Santa Barbara, CL 2008, ISBN 978-1-85109-701-2 (fünf Bände: Band 1: A-D, Band 2: E-L, Band 3: M-R, Band 4: S-Z, Band 5: Documents).<br /> * Michael R. Beschloss, Strobe Talbott: ''Auf höchster Ebene''. Das Ende des Kalten Krieges und die Geheimdiplomatie der Supermächte 1989–91. Econ, Düsseldorf 1993, ISBN 3-430-11247-8.<br /> * Jürgen Bruhn: ''Der Kalte Krieg oder: Die Totrüstung der Sowjetunion.'' Der US-militär-industrielle Komplex und seine Bedrohung durch Frieden. Focus, Gießen 1995, ISBN 3-88349-434-8.<br /> * Whittacker Chambers: ''Witness'' 1952/1987, ISBN 978-0-89526-789-4.<br /> * Jürgen Dinkel: ''Die Bewegung Bündnisfreier Staaten. Genese, Organisation und Politik (1927–1992)'', De Gruyter, Oldenbourg, Berlin/Boston 2015, ISBN 978-3-11-040418-0.<br /> * Franziska Flucke, Bärbel Kuhn und [[Ulrich Pfeil]] (Hg.): ''Der Kalte Krieg im [[Schulbuch]]'', Röhrig, St. Ingbert, 2017, ISBN 9783861106302.<br /> * John Lewis Gaddis: ''Der Kalte Krieg''. Eine neue Geschichte. Siedler, München 2007, ISBN 3-88680-864-5.<br /> * Raymond L. Garthoff: ''Détente and Confrontation''. American-Soviet Relations from Nixon to Reagan. Brookings Institution, Washington, DC 1994, ISBN 0-8157-3041-1 (englisch).<br /> * [[Michail Gorbatschow]]: ''Erinnerungen'', Wolf Jobst Siedler Verlag, Berlin 1995. Taschenbuch: btb, Goldmann-Verlag, 1996, ISBN 3-442-72037-0.<br /> * Bernd Greiner, [[Christian Th. Müller]], Dierk Walter (Hrsg.): ''Heiße Kriege im Kalten Krieg''. Hamburger Edition HIS, Hamburg 2006, ISBN 978-3-936096-61-3.&lt;ref&gt;[http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2006-3-024 Rezension von H. Hoff]&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.akweb.de//ak_s/ak521/03.htm Rezension von I. Küpeli]&lt;/ref&gt;<br /> * David Horowitz: ''Kalter Krieg''. Hintergründe der US-Außenpolitik von Jalta bis Vietnam. Wagenbach, Berlin 1983, ISBN 3-8031-1013-0.<br /> * Jeremy Isaacs, Taylor Downing: ''Der Kalte Krieg''. Heyne, München 2001, ISBN 3-453-19710-0.<br /> * Melvyn P. Leffler, Odd Arne Westad (Hrsg.): ''The Cambridge History of the Cold War''. 3 Bände, Cambridge University Press, Cambridge 2010, ISBN 978-1-107-60229-8 (englisch).&lt;ref&gt;Rezension von Lawrence D. Freedman: [http://www.foreignaffairs.com/articles/66033/lawrence-d-freedman/frostbitten ''Frostbitten'']&lt;/ref&gt;<br /> * Werner Link: ''Der Ost-West-Konflikt: die Organisation der internationalen Beziehungen im 20. Jahrhundert''. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Kohlhammer, Stuttgart [u.&amp;nbsp;a.] 1988, ISBN 3-17-009931-0.<br /> * Wilfried Loth: ''Die Teilung der Welt. Geschichte des Kalten Krieges 1941–1955'', dtv, München 2000, ISBN 3-423-30756-0.<br /> * [[Wolfgang Michalka]] (Hrsg.): ''Ost-West-Konflikt und Friedenssicherung'' (=&amp;nbsp;''Neue politische Literatur, Beihefte – Forschungsberichte zur internationalen Literatur''. Band 1). Steiner, Stuttgart 1985, ISBN 3-515-04267-9.<br /> * [[Ion Mihai Pacepa]] (1978 übergelaufener rumänischer Geheimdienstchef): ''Disinformation. Former Spy Chief Reveals Secret Strategies for Undermining Freedom, Attacking Religion, and Promoting Terrorism.'' Wnd Books, 2013, ISBN 978-1-936488-60-5.<br /> * Nadine Ritzer: ''Der Kalte Krieg in den Schweizer Schulen : eine kulturgeschichtliche Analyse'' (=&amp;nbsp;''Geschichtsdidaktik heute'', Band 6). hep, Bern 2015, ISBN 978-3-0355-0275-6 (Diss. Univ. Fribourg 2015, 566 Seiten).<br /> * Karl-Heinz Schoenfeld; Ingeborg Siggelkow, Ulrike Martens (Hrsg.): ''Der Kalte Krieg und die Berliner Mauer in Karikaturen''. Universitätsverlag der TU, Berlin 2011, ISBN 978-3-7983-2358-2 (239 Seiten, zahlreiche Illustrationen).<br /> * Georges-Henri Soutou: ''La guerre de Cinquante Ans. Le conflit Est-Ouest 1943–1990''. Fayard, Paris 2004, ISBN 2-213-60847-4 (französisch).<br /> * Rolf Steininger: ''Der Kalte Krieg''. Fischer-TB 15551, Frankfurt am Main 2003, ISBN 978-3-596-15551-4.<br /> * Bernd Stöver: ''Der Kalte Krieg. Geschichte eines radikalen Zeitalters 1947–1991.'' Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-48014-0.<br /> * [[Adam Bruno Ulam]]: ''The Rivals. America and Russia since World War II''. Viking Press, New York 1971, ISBN 0-670-59959-X.<br /> * Wladimir K. Wolkow, Harald Neubert (Hrsg.): ''Stalin wollte ein anderes Europa. Moskaus Außenpolitik 1940 bis 1968 und die Folgen''. Eine Dokumentation. Edition Ost, Berlin 2003, ISBN 978-3-360-01046-9.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Wiktionary}}<br /> {{Wikibooks|Der Wettlauf zum Mond – Die Rolle der Raumfahrt im Kalten Krieg|Der Wettlauf zum Mond – Die Rolle der Raumfahrt im Kalten Krieg}}<br /> * [http://www.hdg.de/lemo/html/Nachkriegsjahre/EntstehungZweierDeutscherStaaten/derKalteKrieg.html Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Der Kalte Krieg]<br /> * [http://www.dhm.de/ausstellungen/kalter_krieg/hint.htm Deutschland im Kalten Krieg], eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum (Hintergrundmaterial: Fachaufsätze)<br /> * [[George F. Kennan]]: [http://www.historyguide.org/europe/kennan.html ''The Sources of Soviet Conduct''], aus: [[Foreign Affairs]], Ausgabe Juli 1947<br /> * [http://de.ria.ru/comments_interviews/20060303/43898608.html 60 Jahre Churchills Fulton-Rede]: Interview mit [[Walentin Michailowitsch Falin|Walentin Falin]] (RIA Novosti, 3.&amp;nbsp;März 2006). Die Rede [[Winston Churchill]]s am 5. März 1946 ([http://www.nato.int/docu/speech/1946/s460305a_e.htm hier der Text]) gilt in Russland als der Tag, an dem der Kalte Krieg begann. Zudem machte sie im Westen die Vokabel vom [[Eiserner Vorhang|Eisernen Vorhang]] populär.<br /> * [http://www.historicum.net/themen/internationale-geschichte/bibliographie/ Bibliographie zu: Europa im Ost-West-Konflikt 1945–1991] (Historicum.net)<br /> * {{DNB-Portal|4075770-5|TEXT=Literatur zum|NAME=Kalten Krieg}}<br /> * [http://www.kas.de/wf/de/71.4503/ Charta von Paris]<br /> * [[Bernd Greiner]]: [http://docupedia.de/zg/Cold_War_Studies ''Kalter Krieg und „Cold War Studies“''], in: [[Docupedia Zeitgeschichte]], 11. Februar 2010<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Lesenswert|16. August 2005|8520702}}<br /> <br /> {{Gesprochener Artikel<br /> |artikel = Kalter Krieg<br /> |dateiname = De-Kalter Krieg 1-article.ogg<br /> |inhalt = Überblick; Begriffsgeschichte; Vorgeschichte 1917 bis 1940; Anti-Hitler-Koalition und Blockkonfrontation; Koreakrieg, Berliner Mauer, Kongo- und Kubakrise<br /> |dauer = 60:01<br /> |größe = 26,3 MB<br /> |sprecher = Blik<br /> |geschlecht = männlich<br /> |dialekt = Hochdeutsch<br /> |oldid = 160827153<br /> |artikeldatum = 2016-12-20<br /> |dateiname2 = De-Kalter Krieg 2-article.ogg<br /> |inhalt2 = Entspannungsbemühungen und Machtbehauptung; Letzte Phase des Rüstungswettlaufes; Ausgang und Folgeentwicklungen; Deutungen der Entstehungsursachen des Ost-West-Konfliktes<br /> |dauer2 = 36:22<br /> |größe2 = 16,0 MB<br /> |oldid2 = 160827153<br /> |artikeldatum2= 2016-12-20<br /> }}<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4075770-5|LCCN=sh/88/005637}}<br /> <br /> [[Kategorie:Kalter Krieg| ]]<br /> [[Kategorie:Sicherheitspolitik]]<br /> [[Kategorie:Nuklearwaffenpolitik]]<br /> [[Kategorie:Warschauer Pakt]]<br /> [[Kategorie:NATO]]<br /> [[Kategorie:Politischer Konflikt]]<br /> [[Kategorie:Beziehungen zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten]]<br /> [[Kategorie:1940er]]<br /> [[Kategorie:1950er]]<br /> [[Kategorie:1960er]]<br /> [[Kategorie:1970er]]<br /> [[Kategorie:1980er]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Honen&diff=164865033 Honen 2017-04-24T09:38:19Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>Honen = JAN ISCH E UERE{{Dieser Artikel|behandelt eine Bearbeitungsmethode für Metalle. Zum japanisch-buddhistischen Priestermönch, siehe [[Hōnen]].}}<br /> [[Datei:Honed surface.jpg|mini|Nahaufnahme einer gehonten durch Kreuzschliff gekennzeichneten Metalloberfläche]]<br /> [[Datei:Honanje.jpg|mini|Werkzeugbewegung der ''Honahle'', ein zylindrisches Honwerkzeug]]<br /> Das '''Honen''' ist ein [[zerspanen]]des [[Feinbearbeitung]]sverfahren für fast alle Werkstoffe und stellt in der Produktion den letzten Fertigungsprozess dar. Ziele sind die Verbesserung der Maß- und Formgenauigkeit sowie die Oberflächenbehandlung, die zur Verbesserung der [[Tribologie|tribologischen]] Eigenschaften führt. Das Werkzeug ist im Unterschied zum [[Schleifen (Fertigungsverfahren)|Schleifen]] selbstausrichtend, beim Rund-Honen selbst-zentrierend. Das Honen zählt zum [[Spanen mit geometrisch unbestimmter Schneide]].<br /> <br /> Die Oberflächen umfassen dabei hauptsächlich zylindrische Innenflächen (z.&amp;nbsp;B. Bohrungen) und ebene Flächen. Am bekanntesten sind dabei die Kolbenlaufflächen an [[Zylinder (Technik)|Zylindern]] von [[Verbrennungsmotor]]en und [[Hydraulik]]-Bauelementen.<br /> <br /> == Wortherkunft ==<br /> <br /> Der Begriff Honen stammt vom englischen Verb ''to hone'' ab, das ursprünglich das Abziehen oder Wetzen eines Gegenstandes auf einem Stein bedeutete. 1923 setzte das Automobilunternehmen [[Ford]] im amerikanischen [[Detroit]] Honen das erste Mal in der [[Massenproduktion]] ein.&lt;ref&gt;Klaus Jörg Konrad: ''Taschenbuch der Werkzeugmaschinen'', Carl Hanser Verlag München Wien, 2002, ISBN 3-446-21859-9, S. 654.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Werkzeug ==<br /> === Honahle ===<br /> [[Datei:WVN Diam.png|mini|Große Honahlen mit [[Kardangelenk]]&lt;br /&gt; (zwei [[diamant]]besetzte Honleisten)]]<br /> Der Werkstoff wird mit geometrisch unbestimmten Schneiden durch die in Honleisten (auch Honsteine genannt) zusammengefassten [[Schleifmittel]] (gebundenes Korn) abgetragen. Je nach zu bearbeitendem Werkstoff und gewünschtem Ergebnis können die Honleisten aus denselben Materialien mit den gleichen oder ähnlichen Bindungen wie bei [[Schleifscheibe|Schleifscheiben]] gefertigt sein.<br /> Sie sind jeweils in einem kraft- oder formschlüssig nachgeführten Träger (auch Schuh) eingesetzt.<br /> <br /> Das Werkzeug, auch als ''Honahle'' bezeichnet, bewegt sich sowohl in der Längsachse als auch drehend; daher ist eine gehonte Fläche meist am [[Kreuzschliff]] (Kreuzstrich) erkennbar. Dieser Kreuzschliff ist charakteristisch für das Bearbeitungsverfahren des Honens, das auch als „Ziehschleifen“ bezeichnet wird. Er verbessert die Gleit- und [[Notlaufeigenschaft]], da sich in den kleinen Furchen Öl sammeln kann. Außerdem wird die Rundheit des bearbeiteten Werkstücks deutlich verbessert. Auch die Zylindrizität des Werkstücks kann durch entsprechende Steuerung der Werkzeugumkehrpunkte beeinflusst werden: Wird der Umkehrpunkt über 1/3 ausgefahrener Werkzeuglänge gewählt, ergibt sich an den Werkstückenden größerer Abtrag und umgekehrt. Auch ist es bei fast allen Honmaschinen möglich, das Werkzeug an jeder beliebigen Stelle im Werkstück zu wenden, womit sich große Möglichkeiten zur Beeinflussung der Zylindrizität eröffnen.<br /> <br /> Damit sich die Honleisten nicht mit dem Schleifschlamm zusetzen, wird beim Arbeitsvorgang reichlich (meist mit speziellen Honölen) gespült.<br /> <br /> === Anderes Werkzeug ===<br /> <br /> Zum Rundhonen kann alternativ zur Honahle auch eine ''Honbürste'' eingesetzt werden, bei der kleine Kugeln aus gebundenen Schleifmittel am Ende von Borsten befestigt sind. Sie können auch bei Absätzen, z.&amp;nbsp;B. einer [[Nut (Fertigungstechnik)|Nut]], in der Zylinderwand sowie für andere Zwecke eingesetzt werden.&lt;ref&gt;z.&amp;nbsp;B.: [http://www.flex-hone.at/flex_hone.htm Flex-Hone – die Idee] Produktbeschreibung der gleichnamigen Firma, abgerufen 2014&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Verfahren ==<br /> <br /> In der DIN 8589 wird das Honen nach verschiedenen Kriterien eingeteilt. Als Ordnungskriterien werden die Form sowie die Lage der erzeugten Fläche herangezogen. Die Verfahren sind Innenrundhonen (formschlüssig oder kraftschlüssig), Außenrundhonen (zwischen Spitzen oder spitzenlos), Flachhonen und Profilhonen.<br /> <br /> Gemeinsam ist den Verfahren die aus zwei Richtungen zusammengesetzte zyklische Schnittbewegung, von denen meist eine oszillierend ist. Je nach [[Frequenz]] der oszillierenden Bewegung kann das Honen in das sogenannte Langhubhonen sowie das Kurzhubhonen (auch Feinziehschleifen) unterteilt werden.<br /> <br /> === Langhubhonen ===<br /> <br /> Beim Langhubhonen einer Bohrung beispielsweise rotiert das Werkzeug um die eigene Achse und wird dabei über die gesamte Länge der Bohrung auf und ab, also oszillierend, bewegt. Durch mehrmaliges Überfahren der gleichen Fläche mit entgegengesetzter [[Spanungsbewegung|Vorschubrichtung]] ergeben sich die für das Honen typischen gerade oder elliptisch kreuzenden Riefen auf der Oberfläche, die für eine niedrige Schnittkraft bestenfalls einen Winkel von ungefähr 45&amp;nbsp;° aufweisen. Die geforderten [[Tribologie|tribologischen]] Eigenschaften stehen dem jedoch häufig im Wege, so dass nicht die optimale [[Standzeit]] der Werkzeuge erreicht werden kann. Eine wichtige Anwendung des Langhubhonens besteht im sogenannten [[Plateauhonen]], das vor allem für die Bearbeitung von [[Zylinderlaufbuchse]]n eine Rolle spielt.<br /> <br /> === Kurzhubhonen ===<br /> <br /> Beim Kurzhubhonen hingegen entsteht ein Sinusschliff in Form von sich kreuzenden Bearbeitungsspuren, da sich der Umkehrpunkt des Werkzeuges innerhalb des Werkstücks befindet. Dieses Verfahren wird auch als Superfinish oder Microfinish bezeichnet. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass bei diesem Verfahren das Werkstück die Rotations- und das Werkzeug die Oszillationsbewegung ausführen kann. Beim Langhubhonen werden immer beide Bewegungen über das Werkzeug ausgeführt.<br /> <br /> === Flachhonen ===<br /> Beim Flachhonen wird eine Oberfläche gerichtet, indem drehende Werkzeuge sich darauf bewegen. <br /> <br /> [[Datei:Flat honing.JPG|mini|Flachhonen]]<br /> <br /> === Laser-Honen ===<br /> <br /> Ein gänzlich neues Verfahren, das aber nicht auf dem Verfahren [[Zerspanen]] sondern Abtragen ([[thermisches Abtragen]]) beruht, ist das Laser-Honen (z.&amp;nbsp;B. bei Zylinderlaufbuchsen). Der Einsatz dieser Technik findet sich vor allem bei [[Dieselmotor]]en. Bei diesem Laserhonen schmilzt ein Laserstrahl die metallische Oberfläche auf, verdampft sie teilweise, und erzeugt so die gewünschten feinen ölhaltenden Vertiefungen. Vorteil bei diesem Verfahren ist zusätzlich die Ausbildung von durch den Schmelzprozess erzeugten harten Schmelzkanten, die sehr verschleißfest sind. Eine Verschleißminderung und Lebensdauerverlängerung um etwa 75 % ist so zu erreichen. &lt;!-- Quelle? --&gt;<br /> <br /> == Honmaschinen ==<br /> <br /> [[Datei:Honownica1.jpg|mini|Einfache Honmaschine mit [[Spanntisch]] und aufgespanntem [[Spannfutter|Dreibackenfutter]]]]<br /> Honarbeiten sind auf gewöhnlichen [[Drehmaschine]]n und Vertikal-[[Bohrmaschine]]n möglich, in der [[Serienfertigung]] sind jedoch spezielle Honmaschinen mit senkrechter oder waagrechter Spindel üblich. Beim Flachhonen wiederum werden [[planparallel]]e Werkstücke bearbeitet.<br /> <br /> Auf einer Honmaschine wird – ähnlich wie bei einer [[Fräsmaschine]] – ein [[Werkzeug]] in die zu bearbeitende [[Bohrung]] eingeführt und darin rotierend sowie oszillierend (längs hin und her) bewegt.<br /> Entscheidend für optimale Ergebnisse ist die Variabilität der Drehzahl- und vor allem der Hubsteuerung, da über letztere die Zylindrizität der Bohrung in weiten Grenzen beeinflusst werden kann.<br /> Die eigentlichen Schneidleisten aus [[Siliziumkarbid]], [[Korund]] oder [[Diamant]] werden mit einem durch Form- oder Kraftschluss im Werkzeug einstellbaren Druck an die Bohrung angepresst.<br /> <br /> Hierdurch erhält die Oberfläche der inneren Zylinderwandung ein charakteristisches Aussehen mit sich (in der Regel spitzwinkelig) kreuzenden schräg im Zylinder verlaufenden Riefen und bekommt definierte Rauhigkeitseigenschaften, oftmals mit einer Resthaftfähigkeit für Flüssigkeiten ([[Hydrauliköl]]e, [[Motoröl]]e).<br /> <br /> Diese Bearbeitung geschieht regelmäßig in einem starken Flüssigkeitsstrom, um die Späne schnell aus dem Bearbeitungsprozess abzuführen und das Werkstück zu kühlen, damit die geforderten [[Toleranz (Technik)|Toleranzen]] eingehalten werden. Deshalb hat das Volumen des Hilfsstoffbehälters und die Güte der Hilfsstofffilterung entscheidenden Anteil an der Eignung einer Maschine für das jeweils gewünschte Fertigungsergebnis.<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> * [[Liste der spanenden Fertigungsverfahren]]<br /> * [[Spanbildung]]<br /> * [[Zerspanbarkeit]]<br /> * [[Hochgeschwindigkeitszerspanen]]<br /> * [[Energieumwandlung und Wärme beim Spanen]]<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> <br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> [[Kategorie:Glätten (Fertigungsverfahren)]]<br /> [[Kategorie:Spanendes Fertigungsverfahren mit geometrisch unbestimmter Schneide]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Stress_(Musiker)&diff=153610423 Stress (Musiker) 2016-04-19T08:46:16Z <p>212.117.117.42: dass er aus Makkaroni hausen kommt</p> <hr /> <div>&lt;!--schweizbezogen--&gt;<br /> &lt;!-- siehe [[Wikipedia:Formatvorlage Charts]] für Hinweise zu den Chartquellen --&gt;<br /> {{Infobox Chartplatzierungen<br /> | Bild = Stress 2012.jpg<br /> | Bildbeschreibung = Stress (2012)<br /> | vorläufige Chartplatzierung = ja <br /> | Singles =<br /> {{Single<br /> |Tu me manques &lt;small&gt;(feat. [[Xavier Naidoo]])&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|20|09.02.2003|11|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Tout l’amour<br /> |{{Charts|CH|42|04.01.2004|7|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Si tu aimes &lt;small&gt;(mit [[Sens Unik]] und [[Greis (Musiker)|Greis]])&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|20|09.02.2003|11|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Libéré<br /> |{{Charts|CH|6|28.08.2005|16|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Avenues<br /> |{{Charts|CH|4|28.01.2007|19|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Rester soi-même<br /> |{{Charts|CH|16|12.08.2007|26|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |On n’a q’une terre<br /> |{{Charts|CH|5|28.10.2007|72|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |V<br /> |{{Charts|CH|30|08.02.2009|8|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Tous les mêmes &lt;small&gt;(feat. [[Karolyn]])&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|16|12.04.2009|26|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Stahn uf &lt;small&gt;(mit [[Baschi (Sänger)|Baschi]], [[Bligg]], [[Ritschi]] &amp; [[Seven (Sänger)|Seven]])&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|1|28.06.2009|26|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Saint Profit &lt;small&gt;(feat. Karolyn)&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|41|11.10.2009|9|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Si loin<br /> |{{Charts|CH|16|06.12.2009|14|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |C’est réel<br /> |{{Charts|CH|9|13.06.2010|7|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Au poste &lt;small&gt;(feat. [[Bligg|Kaspar E. Glättli III]])&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|43|14.08.2011|8|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Fuck Stress<br /> |{{Charts|CH|70|23.10.2011|1|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Elle &lt;small&gt;(feat. Noah Veraguth)&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|7|23.10.2011|26|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Starship &lt;small&gt;(mit Noah Veraguth)&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|32|09.12.2012|6|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |All My Life &lt;small&gt;(mit Noah Veraguth &amp; Bastian Baker)&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|35|09.12.2012|1|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Back in My Life &lt;small&gt;(mit Bastian Baker)&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|34|09.12.2012|12|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Love You When I’m High &lt;small&gt;(ft. Sway Clarke II)&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|37|09.11.2014|6|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |Horizon &lt;small&gt;(ft. [[Nicole Bernegger]])&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|15|04.01.2015|11|}}<br /> }}<br /> {{Single<br /> |’95 &lt;small&gt;(ft. M.A.M &amp; Nassi)&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|62|07.06.2015|1|}}<br /> }}<br /> | Alben =<br /> {{Album<br /> |Billy Bear<br /> |{{Charts|CH|20|23.02.2003|22|}}<br /> }}<br /> {{Album<br /> |25.07.03<br /> |{{Charts|CH|3|27.02.2005|55|}}<br /> }}<br /> {{Album<br /> |Renaissance<br /> |{{Charts|CH|[[Liste der Nummer-eins-Hits in der Schweiz (2007)|1]]|04.03.2007|89|}}<br /> }}<br /> {{Album<br /> |Des rois, des pions et des fous<br /> |{{Charts|CH|[[Liste der Nummer-eins-Hits in der Schweiz (2009)|1]]|19.04.2009|72|}}<br /> }}<br /> {{Album<br /> |Renaissance II<br /> |{{Charts|CH|[[Liste der Nummer-eins-Hits in der Schweiz (2011)|1]]|23.10.2011|25|}}<br /> }}<br /> {{Album<br /> |Noël’s Room &lt;small&gt;(mit [[Pegasus (Band)|Noah Veraguth]] &amp; [[Bastian Baker]])&lt;/small&gt;<br /> |{{Charts|CH|[[Liste der Nummer-eins-Hits in der Schweiz (2012)|1]]|09.12.2012|20|}}<br /> }}<br /> {{Album<br /> |Golden Greats<br /> |{{Charts|CH|12|24.03.2013|8|}}<br /> }}<br /> {{Album<br /> |Stress<br /> |{{Charts|CH|3|07.12.2014|21|}}<br /> }}<br /> | Quellen Singles =<br /> &lt;ref name=&quot;ChCharts&quot;&gt;[http://www.hitparade.ch/showinterpret.asp?interpret=Stress CH-Chartdiskografie]&lt;/ref&gt;<br /> | Quellen Alben =<br /> &lt;ref name=&quot;ChCharts&quot;/&gt;<br /> }}<br /> '''Stress''' (* [[25. Juli]] [[1977]] in [[Tallinn]]&lt;ref&gt;{{Webarchiv | url=http://www.schweizer-illustrierte.ch/vip/-stress-0 | wayback=20130417012126 | text=Schweizer Illustrierte online, VIP-Lexikon}}&lt;/ref&gt;; auch ''Billy Bear'', bürgerlich ''Andres Andrekson'') ist ein [[Schweiz]]er [[Rap]]per aus [[Lausanne]]. Momentan lebt Stress in [[Zollikerberg]].&lt;ref&gt;[http://www.aargauerzeitung.ch/unterhaltung/people/so-wohnt-chillt-und-singt-stress-am-zollikerberg-125641312 So wohnt Stress]&lt;/ref&gt; er kommt aus Makkaroni hausen<br /> <br /> == Leben ==<br /> Im Alter von zwölf Jahren zog Andrekson mit seiner Familie aus der Sowjetunion in die Schweiz und wurde später Schweizer Bürger. Er studierte Wirtschaft an der [[Universität Lausanne]] und arbeitete danach in der Abteilung Marketing der Firma [[Procter &amp; Gamble]] in [[Genf]]. Von 2008 bis 2012 war er mit der Schauspielerin und Ex-[[Miss Schweiz]] [[Melanie Winiger]] verheiratet.&lt;ref&gt;[http://bazonline.ch/panorama/leute/Melanie-Winiger-und-Stress-haben-sich-getrennt/story/13251709 Melanie Winiger und Stress haben sich getrennt] in: [[Basler Zeitung]] vom 13. September 2011&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.glanzundgloria.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2012/08/09/Schweiz/Winiger-und-Stress-Jetzt-sind-sie-offiziell-geschiedene-Leute ''Winiger und Stress: Jetzt sind sie offiziell geschiedene Leute.''] In: [[glanz &amp; gloria]] vom 9. August 2012&lt;/ref&gt; Zurzeit ist der Musiker mit dem Schweizer Model [[Ronja Furrer]] liiert.&lt;ref&gt;{{Internetquelle | url=http://www.glanzundgloria.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2012/10/07/Schweiz/Offiziell-Stress-und-Ronja-Furrer-sind-ein-Paar | titel=Offiziell: Stress und Ronja Furrer sind ein Paar | hrsg=[[Schweizer Fernsehen]] | zugriff=2012-10-13}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im November 2010 gründete er sein [[Modelabel]] ''Bear Inc.'' bei [[Metro Boutique]]. Er ist seit Januar 2013 Jurymitglied und Coach in der Gesangs-Castingshow [[The Voice of Switzerland]].<br /> <br /> == Musik ==<br /> === Werdegang ===<br /> Stress war schon in Frankreich und Deutschland bekannt, bevor er in der Schweiz den Durchbruch schaffte. Er war elf Jahre lang Mitglied der erfolgreichen Hip-Hop-Gruppe ''[[Double Pact]]'' und arbeitete während dieser Zeit mit Szenegrössen wie [[Freundeskreis]] und [[Massive Töne]] zusammen. Die Band löste sich 2006 auf, die Mitglieder treten aber weiterhin gemeinsam auf.<br /> <br /> 2003 erschien Stress' erstes Soloalbum ''Billy Bear''. Mit der zusammen mit [[Xavier Naidoo]] aufgenommenen Singleauskopplung ''Tu me manques'' gelang dem Rapper dabei der landesweite Durchbruch. Zwei Jahre später kam mit ''25.07.03'' die Fortsetzung zu ''Billy Bear'' in die Geschäftsläden. Es folgte das Album ''[[Renaissance (Stress-Album)|Renaissance]]'', welches sofort Platin-Status erreichte.<br /> <br /> Im Oktober 2007 veröffentlichte Stress eine neue Single mit dem Namen ''On n'a qu'une terre („Wir haben nur eine Erde“),'' in der er sich mit den Themen [[Globale Erwärmung]] und Ressourcenknappheit beschäftigt. Das Lied und den Clip produzierte er im Rahmen einer Werbekampagne des Detailhandelkonzerns [[Coop (Schweiz)|Coop]].<br /> <br /> Stress erhielt bei den ersten [[Swiss Music Award]]s 2008 in der Kategorie „Best Song National“ mit ''On n’a qu’une terre'', in der Sparte „Best Album Urban National“ mit ''Renaissance'' und in der Sparte „Best Video National“ mit ''Mais où'' eine Auszeichnung.<br /> <br /> 2009 wurde Stress mit dem [[Fischhof-Preis]] der [[Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus]] (GRA) ausgezeichnet. Die Jury begründete ihre Wahl damit, dass Stress „mit seinem Engagement die Jugend dazu animiert, sich aktiv an der politischen und gesellschaftlichen Gestaltung unseres Landes zu beteiligen.“ &lt;ref&gt;{{internetquelle |url=http://www.gra.ch/lang-de/fischhof-preis | titel=Fischhof-Preis | hrsg=Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) | zugriff=13. August 2010 }}&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{internetquelle | autor=sda | hrsg=Neue Zürcher Zeitung | url=http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/buehne/fischhof-preis_2009_stress_robert_huber_1.3413600.html | titel=Auszeichnung für Rapper Stress | datum=25. August 2009 | zugriff=2010-08-13}}&lt;/ref&gt; Die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus veranstaltete 2009/2010 in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Fachstelle für Rassismusbekämpfung den Video-Contest ''Lève-toi! Steh auf gegen Rassismus'', aus dessen Beiträge ein Musikvideo mit Stress geschnitten und mit dem Song ''La peur de l’autre'' untermalt wurde.&lt;ref&gt;{{internetquelle| hrsg=GRA | url=http://gra-youandme.ch/ | titel=Lève-toi! Der Videoclip gegen Rassismus mit Stress | datum=29. Oktober 2009 | zugriff=2010-08-13}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Textinhalte ===<br /> Für Stress repräsentiert die Musik seine Gefühle und seine persönliche Balance. In Musikstücken stellt er auch sein eigenes Leben dar. Seine Lieder enthalten häufig klare Botschaften gegen jegliche Form von [[Rassismus]] und [[Radikalismus|politischen Extremismus]]. Stress behandelt Themen wie [[Droge]]n, Gefühle, Sehnsüchte, [[Ethanol|Alkohol]], [[Gefängnis]], [[Politik]] und [[Liebe]].<br /> <br /> In dem Lied ''F*ck Blocher''&lt;!--sic--&gt;&lt;ref name=&quot;hitparade&quot;&gt;hitparade.ch: [http://hitparade.ch/showitem.asp?interpret=Stress+feat%2E+Greis+et+Bligg&amp;titel=F%2Ack+Blocher&amp;cat=s Stress Feat. Greis et Bligg – F*ck Blocher]&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;{{Internetquelle | url=http://www.stressmusic.com/ | titel=Discography | hrsg=stressmusic | datum=25. Juli 2003 | zugriff=30. April 2008 }}&lt;/ref&gt; macht er sich zusammen mit [[Greis (Musiker)|Greis]] und [[Bligg]]&lt;ref name=&quot;hitparade&quot; /&gt; über Alt-Bundesrat [[Christoph Blocher]] und seine Partei, die [[Schweizerische Volkspartei|SVP]], lustig. Seiner Meinung nach finanziert die SVP ihre Werbekampagnen mit Millionen von renommierten Schweizer Grossfirmen und manipuliert mit den provokanten Werbungen die Wähler.<br /> <br /> == Schauspiel und Filmmusik ==<br /> Stress war Teilnehmer der Doku-Soap ''[[Der Match]]'' des [[Schweizer Fernsehen]]s. Ausserdem spielte er verschiedene Schurkenrollen in den Filmen ''Redemption'', ''Verso'' und ''Breakout'' und steuerte zu mehreren Filmen die Titelmusik bei.<br /> <br /> == Diskographie ==<br /> === Alben ===<br /> ;Solo<br /> * 2003: ''Billy Bear''<br /> * 2005: ''25.07.03''<br /> * 2006: ''[[Renaissance (Stress-Album)|Renaissance]]''<br /> * 2009: ''Des rois, des pions et des fous''<br /> * 2011: ''Renaissance II''<br /> * 2012: ''Noël's Room'' (zusammen mit Bastian Baker, Noah Veraguth, M.A.M. und Karolyn)<br /> * 2013: ''Golden Greats''<br /> * 2014: ''Stress''<br /> <br /> ;Mit der Gruppe Double Pact<br /> * 1995: ''Impact n° 3''<br /> * 1998: ''Pour ma planète bleue''<br /> * 1999: ''C'est comme la vie''<br /> * 2002: ''Rien à perdre''<br /> * 2006: ''Au revoir'' (Best of)<br /> <br /> ;''25.07.03''<br /> An seinem Album ''25.07.03'' arbeitete Stress eineinhalb Jahre. Zunächst stellte er seine Arbeit in einer Firma in den Vordergrund, danach widmete er sich vollständig dem Erstellen der Texte und der Aufnahmen im Studio. Das Album ''25.07.03'' benannte Stress nach dem Datum der Trennung von seiner Ehefrau. Sie waren nur vier Monate lang verheiratet. Titel und Cover des Albums nehmen Bezug auf Stress' Absicht, sein Werk als persönliches Tagebuch zu gestalten. Er greift darin Themen auf wie die Beziehung zu seinem Vater oder die Trennung von seiner Frau.<br /> <br /> Nachdem die erste Auflage Goldstatus erreichte, entschied man sich, das Album in einer neuen Edition zu veröffentlichen, welche ''25.07.03 Gold Edition'' genannt wurde.<br /> <br /> Nach seiner Trennung von Melanie Winiger entstand im Sommer 2012 das Projekt ''Noël's Room'', in welchem Stress zusammen mit Karolyn, M.A.M., Bastian Baker und Noah Veraguth die Trennung verarbeitete.<br /> <br /> === Singles ===<br /> * 2003: ''Billy Bear/Ma musique meurt''<br /> * 2003: ''Tout l’amour'' (featuring Chris Wicky)<br /> * 2003: ''Tu me manques'' (featuring [[Xavier Naidoo]])<br /> * 2004: ''Si tu aimes'' (featuring [[Sens Unik]] &amp; [[Greis (Musiker)|Greis]])<br /> * 2005: ''Des fois''<br /> * 2005: ''Ténèbres'' (featuring Mark Angelil)<br /> * 2005: ''Libéré''<br /> * 2005: ''Game''<br /> * 2006: ''Time Club'' (featuring [[Griot (Rapper)|Griot]] &amp; Karolyn)<br /> * 2007: ''Avenues'' (featuring Karolyn)<br /> * 2007: ''Mais où?''<br /> * 2007: ''Rester soi-même''<br /> * 2007: ''On n’a qu’une terre''<br /> * 2009: ''V''<br /> * 2009: ''Tous les mêmes'' (featuring Karolyn)<br /> * 2009: ''Stahn uf!'' (featuring [[Baschi (Sänger)|Baschi]], [[Bligg]], [[Seven (Sänger)|Seven]] &amp; [[Ritschi]])<br /> * 2009: ''Saint Profit'' (featuring Karolyn)<br /> * 2009: ''Si loin'' (featuring Karolyn)<br /> * 2010: ''C'est réel''<br /> * 2011: ''Au poste'' (featuring [[Bligg|Kaspar E. Glättli III]])<br /> * 2011: ''Elle'' (featuring Noah Veraguth)<br /> * 2012: ''Starship'' (mit Noah Veraguth)<br /> * 2014: ''Love You When I’m High'' (featuring Sway Clarke II)<br /> * 2014: ''Horizon'' (featuring [[Nicole Bernegger]])<br /> * 2015: ''’95'' (featuring M.A.M &amp; Nassi)<br /> <br /> == Filmografie ==<br /> * 2004: [[Redemption – Früchte des Zorns]]<br /> * 2007: [[Breakout (Film)|Breakout]]<br /> * 2009: [[Verso (Film)|Verso]]<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> * [http://www.stressmusic.com/ Website von Stress]<br /> * [http://www.laut.de/wortlaut/artists/s/stress/biographie/index.htm Biografie bei Laut.de] <br /> * [http://www.stressmusic.ch/ Deutschsprachige Fanpage]<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=p|GND=1089889941|VIAF=121775281}}<br /> <br /> [[Kategorie:Rapper]]<br /> [[Kategorie:Pseudonym]]<br /> [[Kategorie:Schweizer Musiker]]<br /> [[Kategorie:Este]]<br /> [[Kategorie:Geboren 1977]]<br /> [[Kategorie:Mann]]<br /> <br /> {{Personendaten<br /> |NAME=Stress<br /> |ALTERNATIVNAMEN=Andrekson, Andres (wirklicher Name)<br /> |KURZBESCHREIBUNG=estnisch-schweizerischer Rapper<br /> |GEBURTSDATUM=25. Juli 1977<br /> |GEBURTSORT=[[Tallinn]]<br /> |STERBEDATUM=<br /> |STERBEORT=<br /> }}</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Basel&diff=136451585 Basel 2014-12-04T07:47:55Z <p>212.117.117.42: /* Juden */</p> <hr /> <div></div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Valentin_Stocker&diff=134371488 Valentin Stocker 2014-09-26T09:58:56Z <p>212.117.117.42: /* Vereinskarriere */</p> <hr /> <div>&lt;!--schweizbezogen--&gt;<br /> {{Infobox Fußballspieler<br /> | kurzname= Valentin Stocker<br /> | bildname = Valentin Stocker 5867.jpg<br /> | langname = <br /> | geburtstag = [[12. April]] [[1989]]<br /> | geburtsort = [[Luzern]]<br /> | geburtsland = [[Schweiz]]<br /> | größe = 178 cm<br /> | position = [[Mittelfeldspieler|Mittelfeld]]<br /> | jugendvereine = [[SC Kriens]]<br /> | jugendjahre = 1996–2005<br /> | jahre = 2006–2007&lt;br /&gt;2007–2014&lt;br /&gt;2014–&lt;br /&gt;2014–<br /> | vereine = FC Basel U-21&lt;br /&gt;[[FC Basel]]&lt;br /&gt;[[Hertha BSC]]&lt;br /&gt;[[Hertha BSC|Hertha BSC II]]<br /> | spiele (tore) = 37 (13)&lt;br /&gt;176 (50)&lt;br /&gt;1 {{0}}(0)&lt;br /&gt;2 {{0}}(1)<br /> | nationalmannschaft = Schweiz U-16&lt;br /&gt;[[Schweizer Fussballnationalmannschaft (U-17-Junioren)|Schweiz U-17]]&lt;br /&gt;Schweiz U-18&lt;br /&gt;Schweiz U-19&lt;br /&gt;[[Schweizer Fussballnationalmannschaft (U-21-Männer)|Schweiz U-21]]&lt;br /&gt;[[Schweizer Fussballnationalmannschaft|Schweiz]]<br /> | nationaljahre = 2005&lt;br /&gt;2005–2006&lt;br /&gt;2006&lt;br /&gt;2006–2008&lt;br /&gt;2007–2009&lt;br /&gt;2008–<br /> | länderspiele (tore) = 5 {{0}}(1)&lt;br /&gt;11 {{0}}(6)&lt;br /&gt;1 {{0}}(0)&lt;br /&gt;13 {{0}}(3)&lt;br /&gt;7 {{0}}(2)&lt;br /&gt;25 {{0}}(3)<br /> | lgupdate = 21. September 2014<br /> | nmupdate = 15. Juni 2014<br /> }}<br /> <br /> '''Valentin Stocker''' (* [[12. April]] [[1989]] in [[Luzern]]) ist ein [[Schweiz]]er [[Fußball|Fussballspieler]]. Seine bevorzugte Position ist das linke Mittelfeld.<br /> <br /> == Vereinskarriere ==<br /> === Jugend ===<br /> Stocker begann seine Karriere beim FC Barcelona, für dessen Jugendmannschaften er von 1996 bis Dezember 2005 spielte.Dannach missglückte ihm die Aufnahme in die erste Mannschaft. Dannach zog es ihn in die Schweiz zum FC Basel.<br /> <br /> === FC Basel ===<br /> Ab Januar 2006 spielte er für die U-21-Mannschaft des FC Basel. Im Sommer 2007 wurde er in die Profimannschaft des FC Basel befördert, mit der er in der Saison 2008, 2010 und 2011 Schweizer Meister und 2008 Schweizer Pokalsieger wurde. In der Saison 2008/09 spielte er mit dem FC Basel in der [[UEFA Champions League]] und wurde zum besten Nachwuchsspieler der Schweizer Liga gewählt. <br /> <br /> Stocker zog sich am 23. April 2011 in seinem 100. [[Axpo Super League|Super-League]]Spiel gegen [[BSC Young Boys]] einen [[Kreuzbandriss]] zu&lt;ref name=&quot;fcb 2&quot;&gt;{{cite web | last=Meister | first=Remo | year=2011 | url = http://www.fcb.ch/news/show/byItemID/-/10044/25831| title=Der FCB setzt ein starkes Zeichen | publisher=FC Basel 1893 | accessdate=2011-04-23}}&lt;/ref&gt; und wurde zwei Tage später operiert.&lt;ref name=&quot;fcb 3&quot;&gt;{{cite web | year=2011 | url = http://www.fcb.ch/news/show/byItemID/-/10044/25833 | title=Valentin Stocker nach Kreuzbandriss erfolgreich operiert | publisher=FC Basel 1893 | accessdate=2011-04-25}}&lt;/ref&gt; Sein erstes Spiel nach der Verletzungspause war am 3. Dezember 2011 beim 1:0-Heimsieg gegen den [[FC Luzern]]. Stocker verlängerte seinen Vertrag vorzeitig um zwei zusätzliche Jahre bis Ende Juni 2016.&lt;ref name=&quot;fcb 4&quot;&gt;{{cite web | last=Meister | first=Remo | year=2011 | url=http://www.fcb.ch/news/show/byItemID/de-de/10044/27090/26/7/7 | title=Vertragsverlängerung mit Valentin Stocker bis 2016 | publisher=FC Basel 1893 | accessdate=2011-12-03}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am Ende der [[Schweizer Fussballmeisterschaft 2012/13|Saison 2012/13]] wurde Stocker mit dem FC Basel zum fünften Mal Schweizer Meister&lt;ref name=&quot;uefa 2013-06-10&quot;&gt;{{cite web | last = Schifferle | first = Michael | authorlink = | coauthors = | year = 2013 | url = http://de.uefa.com/memberassociations/association=sui/news/newsid=1959785.html | title = Saisonrückblick: Schweiz | format = | work = | publisher = UEFA | accessdate = 2013-06-10}}&lt;/ref&gt; und die Mannschaft stand im [[Schweizer Cup 2012/13|Cupfinal]], das sie im [[Elfmeterschießen|Penaltyschiessen]] verlor.&lt;ref name=&quot;sfv2013-05-20&quot;&gt;{{cite web | last = SFV | first = | authorlink = | coauthors = | year = 2013 | url = http://www.football.ch/de/SFV/Schweizer-Cup/Schweizer-Cup-Maenner/Statistik-und-Resultate-Schweizer-Cup/Telegramm-Schweizer-Cup.aspx/tg-2132469/ | title = Telegramm Schweizer Cup Final | format = | work = | publisher = Schweizerischer Fussballverband | accessdate = 2013-05-20}}&lt;/ref&gt; In der [[UEFA Europa League 2012/13]] gelangte er mit dem FC Basel ins Halbfinale gegen den amtierenden [[UEFA Champions League]]-Sieger [[FC Chelsea]] und schied nach zwei Niederlagen mit einem Gesamtergebnis von 2:5 aus.&lt;ref name=&quot;uefa 2013-05-03&quot;&gt;{{cite web | last = Schifferle | first = Michael | authorlink = | coauthors = | year = 2013 | url = http://de.uefa.com/news/newsid=1947624.html#basel+blues+nicht+gewachsen | title = Das Wunder für Basel bleibt aus | format = | work = | publisher = UEFA | accessdate = 2013-05-03}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Hertha BSC ===<br /> Zur [[Fußball-Bundesliga 2014/15|Saison 2014/15]] wechselt Stocker in die [[Fußball-Bundesliga|Bundesliga]] zu [[Hertha BSC]]. Er unterschrieb am 16. Mai 2014 einen Vertrag bis zum 30. Juni 2018.&lt;ref&gt;Hertha BSC: [http://www.herthabsc.de/de/intern/verpflichtung-stocker/page/5217--17--.html Hertha BSC verpflichtet den Schweizer Nationalspieler Valentin Stocker], 18. Mai 2014&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 24. August 2014 absolvierte Stocker für Hertha BSC II in der [[Fußball-Regionalliga Nordost|Regionalliga Nordost]] gegen den [[VfB Auerbach]] sein erstes Pflichtspiel für eine deutsche Mannschaft. Er erziehlte dabei das sechste Tor beim 6:0 Sieg für die Berliner. &lt;ref&gt;DFB: [http://www.dfb.de/regionalliga/regionalliga-nordost/spieltagtabelle/?spieledb_path=%2Fmatches%2F2212399 Hertha BSC II - VfB Auerbach], 24. August 2014&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Nationalmannschaft ==<br /> Stocker absolvierte sieben Spiele für die [[Schweizer Fussballnationalmannschaft (U-21-Männer)|Schweizer U21-Nationalmannschaft]]. Am 20. August 2008 debütierte Stocker in der [[Schweizer Fussballnationalmannschaft]]. Beim Spiel gegen [[Zyprische Fußballnationalmannschaft|Zypern]] stand er in der Startaufstellung und schoss gleich sein erstes Tor.<br /> <br /> == Titel und Erfolge ==<br /> '''FC Basel'''<br /> * Schweizer Meister mit der U18 des FC Basel: 2006&lt;ref name=&quot;fcb 1&quot;&gt;{{cite web | last = | first = | authorlink = | coauthors = | year = 2006 | url = http://www.fcb.ch/news/show/byItemID/-/10044/16573 | title = Zwei weitere Titel für FCB-Nachwuchs | format = | work = | publisher = FC Basel 1893 | accessdate = 2006-06-18}}&lt;/ref&gt;<br /> * Schweizer Pokalsieger mit der U18 des FC Basel: 2006&lt;ref name=&quot;fcb 1&quot; /&gt;<br /> * [[Schweizer Meister (Fussball)|Schweizer Meister]]: [[Schweizer Fussballmeisterschaft 2007/08|2008]], [[Schweizer Fussballmeisterschaft 2009/10|2010]], [[Schweizer Fussballmeisterschaft 2010/11|2011]], [[Schweizer Fussballmeisterschaft 2011/12|2012]], [[Schweizer Fussballmeisterschaft 2012/13|2013]], [[Schweizer Fussballmeisterschaft 2013/14|2014]]<br /> * [[Schweizer Cup]]sieger: [[Schweizer Cup 2007/08|2008]], [[Schweizer Cup 2009/10|2010]], [[Schweizer Cup 2011/12|2012]]<br /> * [[Uhrencup]]sieger: 2008, 2011, 2013<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> * [http://www.valentinstocker.ch/ Stockers Website]<br /> * {{wfb|valentin-stocker}}<br /> * {{Fußballdaten|ID=stockervalentin}}<br /> * {{Fussballnationalmannschaft|73170}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Navigationsleiste Kader von Hertha BSC}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Stocker, Valentin}}<br /> [[Kategorie:Fußballnationalspieler (Schweiz)]]<br /> [[Kategorie:Fußballspieler (FC Basel)]]<br /> [[Kategorie:Schweizer]]<br /> [[Kategorie:Schweizer Meister (Fussball)]]<br /> [[Kategorie:Geboren 1989]]<br /> [[Kategorie:Mann]]<br /> <br /> {{Personendaten<br /> |NAME=Stocker, Valentin<br /> |ALTERNATIVNAMEN=<br /> |KURZBESCHREIBUNG=Schweizer Fußballspieler<br /> |GEBURTSDATUM=12. April 1989<br /> |GEBURTSORT=[[Luzern]], Schweiz<br /> |STERBEDATUM=<br /> |STERBEORT=<br /> }}</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Basel&diff=134371415 Basel 2014-09-26T09:56:18Z <p>212.117.117.42: /* Quartiere */</p> <hr /> <div>&lt;!--schweizbezogen--&gt;<br /> {{Dieser Artikel|behandelt die Stadt ''Basel'', weitere Bedeutungen unter [[Basel (Begriffsklärung)]].}}<br /> {{Infobox Ort in der Schweiz<br /> |BILDPFAD_KARTE = Karte Gemeinde Basel 2007.png<br /> |BILDPFAD_WAPPEN = Wappen Basel-Stadt matt.svg<br /> |BILD = Basel - Münsterpfalz3.jpg<br /> |BESCHREIBUNG = Basler Münster mit Pfalz und der Mittleren Rheinbrücke<br /> |IMAGEMAP = Kanton Basel-Stadt<br /> |REGION-ISO = CH-BS<br /> |BFS = 2701<br /> |PLZ = 4000–4059<br /> |UN/LOCODE = CH BSL<br /> |BREITENGRAD = 47.557421<br /> |LÄNGENGRAD = 7.5925727<br /> |HÖHE = 260<br /> |FLÄCHE = 22.75<br /> |EINWOHNER = &lt;!-- wird durch eine zentralisierte Vorlage eingebunden--&gt;<br /> |STAND_EINWOHNER = &lt;!-- wird durch eine zentralisierte Vorlage eingebunden--&gt;<br /> |AUSLÄNDER = &lt;!-- ? --&gt;<br /> |STADTPRÄSIDENT = &lt;small&gt; keiner, die Funktion wird vom Regierungspräsidenten des Kantons Basel-Stadt ausgeübt &lt;/small&gt;<br /> |WEBSITE = www.bs.ch<br /> }}<br /> '''Basel''' {{Audio|Gsw-baseldytsch-Basel.ogg|[ˈbaːzəl]}} ({{frS|''Bâle''}}, {{itS|''Basilea''}}, {{rmS|{{Audio|roh-Basilea.ogg|''Basilea''}}}}) ist eine [[Grossstadt]] und [[politische Gemeinde]] sowie [[Hauptort#Schweiz und Liechtenstein|Hauptort]] des [[Kanton (Schweiz)|Kantons]] [[Kanton Basel-Stadt|Basel-Stadt]], zusammen mit den Landgemeinden [[Riehen]] und [[Bettingen BS|Bettingen]]. Nach [[Zürich]] und [[Genf]] ist Basel die drittgrösste Stadt der [[Schweiz]]. <br /> <br /> Basel liegt am [[Dreiländereck]] Schweiz/[[Deutschland]]/[[Frankreich]]. Während die Stadt Basel selbst rund 173'000 Einwohner zählt, wohnen in ihrer [[Trinationaler Eurodistrict Basel|trinationalen Agglomeration]] rund 830'000 Menschen.&lt;ref&gt;[http://www.eurodistrictbasel.eu/index.php?id=26&amp;L=1 Schweiz 479'000, Deutschland 189'000, Frankreich 63'000: BFS, Grenzüberschreitende Agglomerationen 2004]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die Stadt Basel gliedert sich in [[Grossbasel]] auf der linken (südwestlichen) Seite des [[Rhein]]s und [[Kleinbasel]] (einschliesslich des früheren Fischerdorfes [[Basel-Kleinhüningen|Kleinhüningen]]) am rechten Rheinufer. Das Zentrum Basels sind die Altstadt in Grossbasel rund um den Marktplatz&amp;nbsp;– wo auch das [[Rathaus (Basel)|Rathaus]] (Baubeginn 1504) steht&amp;nbsp;– und der über den Rhein emporragende [[Basler Münster|Münsterhügel]] mit der [[Königspfalz|Pfalz]]-Terrasse. Die [[Mittlere Brücke]] verbindet die Altstadt auf beiden Seiten des Rheins. In der teilweise vom Autoverkehr befreiten Innenstadt verkehrt das [[Straßenbahn|Tram]].<br /> <br /> Basel ist ein Zentrum der [[Chemie]]- und [[Pharmazie|Pharmaindustrie]]. So haben unter anderem die beiden Pharmafirmen [[Novartis]] und [[Hoffmann-La Roche]] ihren Hauptsitz in Basel. Basel bildet einen [[Eisenbahnknoten]]punkt mit einem der grössten [[Rangierbahnhof|Rangierbahnhöfe]] Europas im benachbarten [[Muttenz]]. Mit den Frachthäfen der Region Basel, den einzigen der Schweiz, besteht über den Rhein eine Wasserstraßenverbindung zur [[Nordsee]]. Der im Elsass auf französischem Staatsgebiet liegende [[Flughafen Basel-Mülhausen]] wird gemeinsam mit dem Nachbar in Frankreich betrieben.<br /> <br /> == Geographie ==<br /> [[Datei:Basel Luftbild 1.jpg|mini|Luftbild der Basler Innenstadt]]<br /> [[Datei:Rathaus-004.jpg|mini|&lt;center&gt;Das Basler Rathaus (2012)&lt;/center&gt;]]<br /> [[Datei:Grossraum Basel.png|mini|hochkant=1.5|Basel im Dreiländereck]]<br /> === Lage ===<br /> Die im äussersten Nordwesten der Schweiz gelegene Stadt liegt zu beiden Seiten des Rheins. Neben Teilen der Kantone [[Kanton Schaffhausen|Schaffhausen]] und [[Kanton Zürich|Zürich]] gehört [[Kleinbasel]] mit dem nördlichen Teil des Kantons Basel-Stadt zu den einzigen Gebieten in der Schweiz rechts des [[Hochrhein]]s.<br /> <br /> Der Rhein ändert im Stadtbereich von Basel&amp;nbsp;– beim [[Rheinknie]] zwischen dem [[Jura (Gebirge)|Schweizer Jura]] und den Vorhöhen des [[Schwarzwald]]s – seine Flussrichtung von Ost-West nach Süd-Nord. Hier endet der Rheinabschnitt [[Hochrhein]] und beginnt der [[Oberrhein]]. Kurz vor dieser Stelle mündet am höher gelegenen südlichen Rheinufer die [[Birs]] in den Hochrhein, welche die Grenze zum [[Kanton Basel-Landschaft]] bildet; auch der von der Birs abgeleitete Kanal [[St. Alban-Teich]] von Süden kommend leitet Wasser in den Rhein. Am flacheren nördlichen Ufer dehnen sich grosse Industriegebiete aus, aus denen die [[Wiese (Fluss)|Wiese]] in den Oberrhein zufliesst.<br /> <br /> Der die Stadt prägende [[Rhein]] gilt von seiner Mündung bis zur Basler Altstadt (historische Mittlere Rheinbrücke) als [[Internationale Gewässer|internationales Gewässer]]. Diese Verkehrsrechte erhielt die Schweiz 1868 durch die [[Mannheimer Akte]].<br /> <br /> === Nachbargemeinden ===<br /> Die Nachbargemeinden von Basel sind (im Uhrzeigersinn):<br /> <br /> * im Norden und Nordosten [[Weil am Rhein]] (Deutschland) und [[Riehen]] (Kanton Basel-Stadt; die dahinter liegenden deutschen Kommunen [[Lörrach]] und [[Grenzach-Wyhlen]] grenzen nur an Riehen)<br /> * von Ost bis Süd [[Birsfelden]], [[Muttenz]], [[Münchenstein]], [[Reinach BL|Reinach]] und [[Bottmingen]] (allesamt im Kanton Basel-Landschaft),<br /> * im Westen [[Binningen]] und [[Allschwil]] (Kanton Basel-Landschaft) sowie die elsässischen Gemeinden [[Saint-Louis (Haut-Rhin)|Saint-Louis]], [[Hegenheim]] und [[Huningue]] (Frankreich).<br /> <br /> Dank seiner Lage wurde Basel schon früh zum Knotenpunkt wichtiger Verkehrswege und damit ein bedeutender Handelsplatz. Die Stadt zählt deshalb zu den am dichtesten besiedelten Gebieten [[Europa]]s und verfügt aber mit einer grossen Gemarkung über 320&amp;nbsp;ha Grünfläche und 71&amp;nbsp;ha Wald.<br /> <br /> Die Stadt Basel und die beiden Landgemeinden Riehen und Bettingen weisen einschliesslich ihrer Wasserflächen 3694&amp;nbsp;ha auf und bilden damit den flächenmässig kleinsten Schweizer Kanton. Dennoch sind innerhalb dieses verhältnismässig kleinen Landstücks beträchtliche Höhenunterschiede vorhanden. Den tiefsten Punkt im [[Kanton Basel-Stadt]] misst man am Rheinhafen in Kleinhüningen mit 245&amp;nbsp;m, der [[Münsterplatz (Basel)|Münsterplatz]] im Zentrum liegt 270&amp;nbsp;m über dem Meeresspiegel, und die höchste Erhebung liegt oberhalb Bettingen bei [[St. Chrischona]] mit 522&amp;nbsp;m. Dort befindet sich auch der [[Fernsehturm St. Chrischona]], das höchste freistehende Bauwerk der Schweiz.<br /> <br /> [[Datei:Panorama basel.jpg|mini|700px|zentriert|Blick vom [[Basler Münster]] auf Kleinbasel und das [[Rheinknie]]. In der Mitte ist der [[Messeturm Basel|Messeturm]] zu erkennen, rechts die [[Wettsteinbrücke]].]]<br /> <br /> === Klima ===<br /> Die Stadt Basel hat dank der Lage im Rheintal durch die von der [[Burgundische Pforte|Burgundischen Pforte]] einströmende mediterrane Luft ein äusserst mildes, sonniges [[Klima]] und im Vergleich zum [[Mittelland (Schweiz)|Mittelland]] im Herbst wenig Nebel. Die Jahresmitteltemperatur liegt bei rund 11,5 °C.&lt;ref&gt;meteocentrale.ch [http://meteo.tstebler.ch/] [http://www.basilea.it/Huger_Wetter/html/start.html]&lt;/ref&gt; Dies auch aufgrund der geschützten Lage wie in einem Talkessel. Es fällt vergleichsweise wenig Regen mit rund 725 mm im Jahr.<br /> Es gedeihen auch deshalb verschiedene exotische Pflanzen- und Palmenarten ausgezeichnet. Die Sommer können sehr heiss ausfallen, während die Winter auch im Vergleich zur übrigen Deutschschweiz mild sind.<br /> <br /> === Geologie ===<br /> Basel liegt in einer vom [[Rhein]] geschaffenen Senke, die von drei niederen bis mittleren Gebirgszügen umgeben ist, im Westen befinden sich die französischen [[Vogesen]], im Osten der deutsche [[Schwarzwald]], im Süden, Südwest und -ost Ausläufer des [[Jura (Gebirge)|Juras]]. Diese Senke hat wie oben erwähnt Auswirkungen aufs Klima der Stadt und Region. In Basel beginnt somit die [[Oberrheinische Tiefebene]].<br /> <br /> ==== Potentielles Erdbebengebiet ====<br /> {{Hauptartikel|Erdbebengebiet Basel}}<br /> <br /> Die drei [[Plattentektonik|Platten]] des Schwarzwaldes, der Vogesen und des Juragebirges stossen in der Basler Senke aneinander und ihre fortlaufende Bewegung bewirkt eine potentielle [[Erdbeben]]-Gefahr. Basel ist eines der meistgefährdeten Erdbebengebiete der Schweiz.&lt;ref&gt;[http://www.onlinereports.ch/Gesellschaft.112+M5dfbe3584c0.0.html Onlinereports.ch]&lt;/ref&gt; Eines der grössten Erdbeben der Schweiz ereignete sich [[Basler Erdbeben 1356|1356]] in Basel und forderte mehrere hundert Tote.<br /> <br /> ==== Geothermie ====<br /> {{Hauptartikel|Deep Heat Mining Basel}}<br /> <br /> In den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts wurde die Idee geboren, mittels [[Geothermie]] Energie eines eingepressten unterirdischen Wasserreservoirs in einer Tiefe von 5000 Metern unter der Stadt nutzbar zu machen. Die Betreiber unterschätzten jedoch die Erdbebengefahr. Nach Probebohrungen in den Jahren 2007 und 2008 musste das Projekt Deep Heat Mining Basel wegen einzelner Erdstösse gestoppt&lt;ref&gt;[http://bazonline.ch/basel/stadt/Erdbebenrisiko-deutlich-zu-gross-fuer-Geothermie-in-Basel/story/12803210 Basler Zeitung vom 10. Dezember 2009]&lt;/ref&gt; und das Gestein näher untersucht werden.&lt;ref&gt;[http://bazonline.ch/basel/stadt/Im-Basler-GeothermieLoch-wird-wieder-gebohrt/story/25272054 Basler Zeitung vom 30. März 2010]&lt;/ref&gt; Im Januar 2012 kam es zu einem Strafverfahren gegen die Betreiber des Projekts, das in einem Freispruch resultierte.&lt;ref&gt;[http://www.blick.ch/news/schweiz/basel/freispruch-fuer-basler-chef-geologen-id38867.html Blick vom 3. Januar 2012]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Quartiere ===<br /> Die Stadt Basel kennt keine politischen Bezirke oder Stadtteile, sondern gliedert sich zu statistischen Zwecken nach Wohnvierteln, den sogenannten Quartieren. Es gibt 19 dieser Quartiere, die sich links und rechts des [[Rhein]]s verteilen.<br /> <br /> * Linksrheinische Quartiere → [[Grossbasel]]: Altstadt Grossbasel(4052), Vorstädte(4057), Am Ring(4051), Breite(4060), St. Alban/Gellert(4053), Gundeldingen(4081), Bruderholz(40'921), Bachletten (4054), Gotthelf(keine Angabe) , Iselin(4071), St. Johann(4056)<br /> * Rechtsrheinische Quartiere → [[Kleinbasel]]: Altstadt Kleinbasel, Clara, Wettstein, Hirzbrunnen, Rosental, Matthäus und Klybeck sowie Kleinhüningen (1893 eingemeindet)<br /> <br /> [[Datei:Karte Basel Quartiere.png|miniatur|Basler Quartiere]]<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra&quot;<br /> |- class=&quot;hintergrundfarbe5&quot;<br /> ! Quartier !! Hektar !! rowspan=&quot;13&quot; | !! Quartier !! Hektar<br /> |-<br /> | [[Altstadt Grossbasel]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 37,63 || [[Altstadt Kleinbasel]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 24,21<br /> |-<br /> | [[Basel-Vorstädte|Vorstädte]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 89,66 || [[Basel-Clara|Clara]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 23,66<br /> |-<br /> | [[Basel-Am Ring|Am Ring]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 90,98 || [[Basel-Wettstein|Wettstein]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 75,44<br /> |-<br /> | [[Basel-Breite|Breite]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 68,39 || [[Basel-Hirzbrunnen|Hirzbrunnen]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 305,32<br /> |-<br /> | [[Basel-St. Alban|St. Alban]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 294,46 || [[Basel-Rosental|Rosental]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 64,33<br /> |-<br /> | [[Basel-Gundeldingen|Gundeldingen]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 123,19 || [[Basel-Matthäus|Matthäus]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 59,14<br /> |-<br /> | [[Basel-Bruderholz|Bruderholz]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 259,61 || [[Basel-Klybeck|Klybeck]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 91,19<br /> |-<br /> | [[Basel-Bachletten|Bachletten]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 151,39 || [[Basel-Kleinhüningen|Kleinhüningen]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 136,11<br /> |-<br /> | [[Basel-Gotthelf|Gotthelf]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 46,62 || '''Stadt Basel''' || style=&quot;text-align:right;&quot;| '''2275,05'''<br /> |-<br /> | [[Basel-Iselin|Iselin]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 109,82 || [[Riehen]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 1086,10<br /> |-<br /> | [[Basel-St. Johann|St. Johann]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 223,90 || [[Bettingen BS|Bettingen]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 222,69<br /> |-<br /> | colspan=&quot;2&quot; | || '''Kanton Basel-Stadt''' || style=&quot;text-align:right;&quot;| '''3583,84'''<br /> |}<br /> <br /> Jedes der Quartiere ist zusätzlich in Wohnbezirke unterteilt, wobei einige Wohnbezirksnamen synonym für das zugehörige Quartier stehen, z.&amp;nbsp;B. Kannenfeld (Wohnbezirk St. Johann), Lehenmatte (Wohnbezirk Breite) oder Gellert, Dreispitz und St. Jakob (Wohnbezirke St. Alban).<br /> <br /> Eine inoffizielle, stadtweit bekannte Bezeichnung für Teile der Quartiere Bachletten und Gotthelf ist das [[Neubad (Basel)|Neubad]].<br /> <br /> == Geschichte ==<br /> [[Datei:Nuremberg chronicles - BASILEA.png|mini|Basel 1493 in der Schedelschen Weltchronik]]<br /> [[Datei:Basel-Merian.JPG|mini|Basel, Stich von [[Matthäus Merian]], um 1650]]<br /> [[Datei:Basel - Basler Münster - Westfassade.jpg|mini|hochkant|[[Basler Münster]]]]<br /> <br /> === Vor- und Frühgeschichte, Antike ===<br /> Durch Funde lassen sich Spuren menschlicher Anwesenheit im Raum Basel seit rund 300.000 Jahren nachweisen.&lt;ref&gt;René Teuteberg: ''Basler Geschichte.'' S. 36–37.&lt;/ref&gt; Erste Siedlungsspuren auf dem Gebiet des heutigen Basels reichen ins 5. Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr.&amp;nbsp;zurück, als [[Kelten]] sich am Rheinknie niederliessen. Um 150 v.&amp;nbsp;Chr.&amp;nbsp;entstand am nordwestlichen Rand der heutigen Stadt eine keltische Siedlung der [[Rauriker]], die seit ihrer Ausgrabung 1911 nach dem Fundort unter dem Namen Basel-Gasfabrik bekannt wurde. Möglicherweise ist sie mit der Strassenstation Arialbinnum identisch, die auf einer jüngeren römischen Strassenkarte verzeichnet ist.&lt;ref&gt;René Teuteberg: ''Basler Geschichte.'' S. 49.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Nachdem die Rauriker 58 v. Chr. zusammen mit den [[Helvetier]]n versucht hatten, nach [[Gallien]] auszuwandern, aber von [[Gaius Iulius Caesar|Caesar]] in der [[Schlacht bei Bibracte]] geschlagen und in ihre Heimat zurückgeschickt wurden, errichteten sie in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts v. Chr. eine befestigte Siedlung, ein sogenanntes [[Oppidum]], auf dem heutigen Basler [[Basler Münster#Vorgängerbauten|Münsterhügel]].&lt;ref&gt;René Teuteberg: ''Basler Geschichte.'' S. 52.&lt;/ref&gt; Nach der Gründung der römischen Kolonie [[Augusta Raurica]] 44/43 v. Chr. auf dem Gebiet der heutigen Gemeinden Augst und [[Kaiseraugst]] geriet diese Siedlung unter römische Herrschaft.<br /> <br /> Der [[Ortsname|Name]] der Stadt wird 237 oder 238 erstmals urkundlich erwähnt (''Basileam applicuerunt'').&lt;ref name=&quot;ks&quot;&gt;Andres Kristol: ''Basel BS (Basel Stadt)'' in: ''Dictionnaire toponymique des communes suisses – Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen – Dizionario toponomastico dei comuni svizzeri (DTS|LSG).'' Centre de dialectologie, Université de Neuchâtel, Verlag Huber, Frauenfeld/Stuttgart/Wien 2005, ISBN 3-7193-1308-5 und Éditions Payot, Lausanne 2005, ISBN 2-601-03336-3, S.&amp;nbsp;125.&lt;/ref&gt; Damals bestand auf dem Münsterhügel ein [[Römische Militärlager|Militärkastell]], das die Invasion von germanischen Stämmen aus dem Norden ins Römische Reich verhindern sollte. Als um 400 die römischen Truppen abzogen, siedelten sich die [[Alamannen]] um Basel an. Im Bereich des römischen Kastells, dem neuen Siedlungskern, siedelte weiter eine wohl zunächst noch romanische Bevölkerung.<br /> <br /> Die Herkunft des Namens Basel beziehungsweise Basilia ist nicht ganz geklärt. Es kann sich um eine Form des gut belegten römischen [[Personenname]]ns [[Basilius]] als Besitzerangabe handeln.&lt;ref name=&quot;ks&quot; /&gt; Früher häufig vertreten, unter anderem von [[Pius II.|Enea Silvio de' Piccolomini]], wurde eine Herleitung vom griechischen Wort [[Basileus]] («König»). 1786 führte [[Peter Ochs]] zwölf verschiedene Deutungen des Namens auf.&lt;ref&gt;{{Internetquelle|url=http://www.baselland.ch/004-htm.274577.0.html|titel=Kanton Basel-Landschaft, Staatsarchiv: Was bedeutet der Name «Basel»?|zugriff=27. Juni 2009}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Mittelalter ===<br /> {{Siehe auch|Liste der Bischöfe von Basel}}<br /> [[Datei:11-11-24-basel-by-ralfr-061.jpg|mini|links|Eingang des Olsbergerhofs an der Rittergasse 27. Das im Barockstil umgebaute Haus geht auf das Jahr 1389 zurück.]]<br /> Ende des 5. Jahrhunderts fiel Basel an die [[Franken (Volk)|Franken]], die sich ebenfalls in und um Basel niederliessen. Eine kontinuierliche Besiedlung Basels ist jedoch erst wieder ab dem 7. Jahrhundert archäologisch gesichert. In diese Zeit fällt die erste inschriftliche Nennung Basels auf einer dort geprägten Goldmünze (''Basilia fit''). In der ersten Teilung des Frankenreichs fiel Basel in den Herrschaftsbereich von [[Lothar I. (Frankenreich)|Lothar I]]. Mit dem [[Vertrag von Meerssen]] fiel Basel 870 an das Reich [[Ludwig der Deutsche|Ludwig des Deutschen]], kam aber um 926/935 an das Königreich [[Hochburgund]]. 917 wurde die Stadt Basel durch die [[Ungarneinfälle|Magyaren]] zerstört und geplündert; zu den Todesopfern zählte auch der damalige Bischof. 1006/32 wurde Basel dem [[Heiliges Römisches Reich|römisch-deutschen Reich]] angegliedert. Bereits im frühen 7. Jahrhundert ist ein Bischof bezeugt, der wie seine Nachfolger wohl bereits die Herrschaft in der Stadt ausübte. Der [[Diözese|Bischofssitz]] war aus dem durch die Alamannen verwüsteten Augusta Raurica nach Basel verlegt worden. Unter Bischof Haito entstand in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts eine erste [[Basler Münster|Kathedrale]] auf dem Münsterhügel, die dann durch einen 1019 geweihten frühromanischen Bau ersetzt wurde.&lt;ref&gt;{{HLS|7478|Basel (-Stadt) - Von der Urgeschichte bis ins Frühmittelalter - Die alemannische und fränkische Zeit|Autor=Rolf d'Aujourd'hui}}. Abgerufen am 8. Mai 2014&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Gegen 1100 erhielt die Stadt die erste [[Basler Stadtmauer|Stadtmauer]]; weitere folgten in der Mitte des 13. und gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Unter Bischof [[Heinrich von Thun]] erfolgte um 1225 der Bau der ersten Basler Rheinbrücke und in der Folge entstand die Stadt [[Kleinbasel]] zur Brückensicherung.<br /> <br /> Mehrere schwere Schicksalsschläge musste die Stadt im 14. Jahrhundert verkraften. 1348 starb annähernd die Hälfte der Bevölkerung während einer [[Pest]]epidemie, und nur acht Jahre später (1356) ereignete sich das [[Basler Erdbeben 1356|Basler Erdbeben]]. Das bis heute schwerste Erdbeben [[Mitteleuropa]]s forderte zwar nur wenige Opfer, doch der anschliessende Grossbrand legte grosse Teile der Stadt in Schutt und Asche. Infolge eines Aufruhrs vom 26.&amp;nbsp;Februar 1376, der als [[Böse Fasnacht]] in die Geschichte einging, wurden der Stadt Basel vom [[habsburg]]ischen [[Leopold III. von Habsburg|Herzog Leopold III.]] harte Sanktionen auferlegt.&lt;ref&gt;Andreas Heusler: ''Geschichte der Stadt Basel.'' S. 36–38.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;René Teuteberg: ''Basler Geschichte.'' S. 133–135.&lt;/ref&gt;<br /> [[Datei:Historische-Karte-des-Kantons-Basel.png|miniatur|Karte der historischen Entwicklung des Gebiets der Basler Kantone]]<br /> <br /> In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts beginnt die städtische Selbstverwaltung durch einen urkundlich ab 1185/90 belegten Rat aus Rittern und Bürgern, der mit [[Schultheiss]], Bürgermeister (ab 1253) und Stadtschreiber die Geschicke der Gemeinde lenkte. Der Bischof als Stadtherr ernannte zunächst den Rat und einen Vogt. Erste Konflikte um die Kontrolle der Stadt entschied der Bischof Mitte des 13. Jahrhunderts zu seinen Gunsten. Versuche der Habsburger, die Stadt in ihren Herrschaftsbereich einzugliedern scheiterten im 14. Jahrhundert, spalteten jedoch die Bürgerschaft in zwei Parteien: Die pro-Habsburgischen «Sterner» und die anti-Habsburgischen «Psitticher».&lt;ref&gt;[[Werner Meyer (Historiker, 1937)|Werner Meyer]]: «Unter fürstbischöflicher Herrschaft», in: Basel (-Stadt), Historisches Lexikon der Schweiz (http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D7478.php).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die [[Bürgerschaft]] von Grossbasel erwarb 1392 von Bischof [[Friedrich von Blankenheim]] die Stadt Kleinbasel für 29'800 [[Gulden]]. In dieser Zeit erwarb sich die Stadt vom Bischof auch pfandweise die wichtigsten [[Regalien]] ([[Münzrecht|Münz-]] und [[Zollrecht]], [[Schultheiß|Schultheissengericht]] usw.). Basel wurde damit zwar faktisch unabhängig vom Bischof, konnte aber dessen nominelle Oberherrschaft bis um 1500 nicht ablösen. So bestimmten zwar die Bürger die Inhaber wichtiger Ämter, die feierliche Amtseinsetzung erfolgte jedoch weiter durch den Bischof. Basel galt deshalb nicht als freie Reichsstadt.&lt;ref&gt;Werner Meyer: «Unter fürstbischöflicher Herrschaft», in: Basel (-Stadt), Historisches Lexikon der Schweiz (http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D7478.php).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Eine wichtige Rolle im politischen und sozialen Leben Basels spielten die Zünfte, die in zwei Gruppen, die Herrenzünfte und die Handwerkerzünfte aufgeteilt waren. Im Rat waren seit 1337 neben vier Rittern und acht sog. Achtburgern (lehensfähige Bürgerschaft) 15 Vertreter der Zünfte vertreten. Zu letzteren stiessen 1382 noch die 15 Zunftmeister. Die Zünfte bildeten überdies in der Stadtregierung unter ihrem Oberzunftmeister ein eigenes Kollegium das grosses politisches Gewicht hatte.<br /> <br /> Das [[Konzil von Basel]], das 1439 den [[Felix V. (Gegenpapst)|Gegenpapst Felix V.]] wählte (→&amp;nbsp;[[Basler Münster#Papstwahl am Basler Münster|Papstwahl am Basler Münster]]), tagte von 1431 bis 1449 in der Stadt. Um 1433 begann die Papierfabrikation in Basel. Ein eidgenössisches Kontingent unterlag 1444 in der [[Schlacht bei St. Jakob an der Birs|Schlacht bei St. Jakob]] einem französischen Söldnerheer. Die [[Universität Basel|Universität]], die erste im Gebiet der heutigen Schweiz, wurde 1460 durch [[Pius II.|Papst Pius II.]] gestiftet. 1471 verlieh [[Friedrich III. (HRR)|Kaiser Friedrich III.]] der Stadt das [[Messe (Wirtschaft)|Messeprivileg]]. Um diese Zeit wurde in Basel auch der [[Buchdruck]] eingeführt. In der Folge kam es zu einem kulturellen Aufschwung: Neben dem [[Humanismus|Humanisten]] [[Erasmus von Rotterdam]] weilten auch [[Paracelsus]], [[Sebastian Brant]] und [[Hans Holbein der Jüngere]] in Basel.<br /> <br /> Um 1400 begann die Stadt Basel durch die Erwerbung bischöflicher Herrschaften durch Pfand oder Kauf ein eigenes Territorium aufzubauen, vorerst jedoch nicht sehr erfolgreich. Es gelang zwar einige Herrschaften im Sisgau zu gewinnen, der Versuch der Expansion ins Laufental und über den Hauenstein (Olten) scheiterte jedoch. Gegenüber der Eidgenossenschaft verhielt sich Basel ambivalent. Während sie in den [[Burgunderkriege]]n auf Seiten der Eidgenossen kämpfte, blieb sie im [[Schwabenkrieg]] neutral. Zwischen Solothurn und Basel entstanden zeitweise heftige Konflikte um die Herrschaftsrechte im Sisgau, vor allem wegen Dorneck. Den eigentlichen Abschluss der Bildung des Territoriums der Stadt Basel bildete der Erwerb von Pratteln 1525, wodurch die Herrschaftsgebiete verbunden wurden. Bis zum Ende des Stadtstaates 1798 konnten nur noch kleinere Erwerbungen gemacht werden.&lt;ref&gt;Werner Meyer: «Territorialbildung und Bündnispolitik vom 13. Jahrhundert bis zum Beitritt zur Eidgenossenschaft», in: Basel (Kanton), Historisches Lexikon der Schweiz (http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D7387.php).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Neuzeit ===<br /> [[Datei:Merian Basel 1642.jpg|mini|Ansicht der Stadt Basel aus der Vogelschau von Matthäus Merian in der Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae, 1642]]<br /> [[Datei:Gliederung Stadtstaat Basel 1798.png|mini|Gliederung des Stadtstaates Basel im 18. Jahrhundert]]<br /> <br /> Nach dem [[Schwabenkrieg|Schwaben- bzw. Schweizerkrieg]] 1499 wandte sich Basel der [[Alte Eidgenossenschaft|Eidgenossenschaft]] zu, der es am 13.&amp;nbsp;Juli 1501 als elfter Ort beitrat. Eine Änderung in der Ratsverfassung, die den Zünften die Vormachtstellung sicherte, erfolgte 1521. Gleichzeitig erfolgte die einseitige völlige Emanzipation von der Herrschaft des Bischofs, indem nun die Besetzung der Ämter auch formell durch den Rat vorgenommen wurde.<br /> <br /> Nach einem [[Zunft]]aufstand trat Basel 1529 zur [[Reformation]] über. Am 12.&amp;nbsp;Mai 1529 siedelten die [[Domherr]]en und [[Kaplan|Kapläne]], welche nicht zur Reformation wechselten oder auf ihre [[Pfründe|Nebenpfründen]] zogen, nach [[Freiburg im Breisgau]] um. Am 28.&amp;nbsp;August 1529 schloss das [[Domkapitel]] mit der Stadt Freiburg einen Vertrag über die rechtlichen und steuerlichen Belange, den Erwerb von Häusern, Kapitel- und Amtshaus sowie über die Benützung des Münsters. Damit war Basel nicht mehr der Sitz des Bischofs und auch nicht mehr des Domkapitels und wurde es auch nie wieder. Verwaltungssitz des Domkapitels war ab 1587 das [[Konrad Stürtzel|Stürtzelsche]] Haus, heute [[Basler Hof]] genannt. 1585 erwarb die Stadt im Vertrag von Baden auch formal alle bischöflichen Herrschaftsrechte in der Stadt und über ihr Herrschaftsgebiet und wurde damit endgültig unabhängig.<br /> <br /> 1543 erschien in Basel das erste komplette Lehrbuch der menschlichen [[Anatomie]] ''De Humani Corporis Fabrica'' (Über den Bau des menschlichen Körpers) von [[Andreas Vesalius]] (1514–1564). Das [[Gymnasium]] wurde 1589 in der Nachfolge der Lateinschule des Domstifts gegründet (heute [[Gymnasium am Münsterplatz]]).<br /> <br /> Während eines Zeitraums von 50 Jahren wurde Basel von fünf schweren Pestepidemien heimgesucht: Von 1563 bis 1564 starben in der «Grossen Sterbendt» 4000 Einwohner&amp;nbsp;– ein Drittel der damaligen Stadtbevölkerung. Die Pest kehrte in den Jahren 1576–1578 (etwa 800 Tote), 1582–1583 (etwa 1200 Tote), 1593–1594 (etwa 900 Tote) und ein letztes, aber vernichtendes Mal 1609–1611 (etwa 3600 Tote) zurück.<br /> <br /> 1648 vertrat der Basler Bürgermeister [[Johann Rudolf Wettstein]] die Eidgenossenschaft am [[Westfälischer Friede|Friedenskongress in Münster]] und erreichte die Anerkennung der Eidgenossenschaft durch die damaligen Grossmächte. Frankreich bedrohte Basel jedoch ab 1681 durch die [[Festung Hüningen]] direkt an der Stadtgrenze.<br /> <br /> Die Stadt Basel verwaltete ihr Herrschaftsgebiet durch vom Rat eingesetzte Landvögte. Es bestanden die Ämter [[Farnsburg]], [[Ruine Homburg|Homburg]], [[Kleinhüningen]], [[Liestal]], [[Münchenstein]], [[Riehen]] und [[Waldenburg BL|Waldenburg]]. Konflikte zwischen der städtischen Herrschaft und der Landbevölkerung eskalierten in den Bauernkriegen 1525 und 1653 sowie im [[Rappenkrieg (Basel)|Rappenkrieg]] 1591–1594, die Stadt schlug diese Aufstände jedoch blutig nieder.<br /> <br /> Der Ankauf des [[Amerbach (Familie)|Amerbachschen]] [[Wunderkammer|Kunstkabinetts]], des Grundstocks aller städtischen Sammlungen, insbesondere des Kunstmuseums, erfolgte 1662.<br /> <br /> Die Gründung des Handelshauses [[Novartis|Johann Rudolf Geigy]] ist auf 1758 datiert, 1795 beendete der [[Friede von Basel]] den Krieg zwischen [[Frankreich]], [[Spanien]] und [[Preußen|Preussen]].<br /> <br /> Am 20. Dezember 1790 hob der Grosse Rat von Basel als Reaktion auf die [[Französische Revolution]] im städtischen Herrschaftsgebiet die [[Leibeigenschaft]] auf. Nach der Durchreise [[Napoleon Bonaparte|Napoleons]] am 24. November 1797 kam es trotzdem im Januar in der Landschaft zu Aufständen und zum Sturm auf die Landvogteischlösser Waldenburg, Farnsburg und Homburg. Darauf übernahmen die reformerisch und revolutionär gesinnten «Patrioten» um den Oberstzunftmeister [[Peter Ochs]] die Macht und erklärten die Gleichberechtigung aller Kantonsbürger. Die Basler Nationalversammlung, eines der ersten Parlamente der Schweiz, setzte sich zu gleichen Teilen aus je 20 Vertretern der Stadt und der Landschaft zusammen und leitete weitreichende Reformen ein.&lt;ref&gt;{{HLS|7387|Basel (Kanton)|Autor=Jürg Tauber, [[Werner Meyer (Historiker, 1937)|Werner Meyer]], [[Ruedi Brassel|Ruedi Brassel-Moser]], [[Bernard Degen]]}}&lt;/ref&gt; Mit dem Inkrafttreten der Helvetischen Verfassung am 12. April 1798 löste sich dieses Parlament auf und der alte Stadtstaat Basel hörte formell auf zu existieren. Basel war nun theoretisch eine normale Gemeinde des Kantons Basel der [[Helvetische Republik|Helvetischen Republik]], bildete jedoch einen eigenen Distrikt. Als Folge der Einführung des einheitlichen Bürgerrechts in der Helvetischen Republik wurde auch in Basel die Einwohnergemeinde («Munizipalität») von der Bürgergemeinde getrennt. Der Anteil der Bewohner der Stadt, die Mitglied der Bürgergemeinde waren, sank deshalb bis 1815 auf noch 37 %, während 1779 noch 51 % der Einwohner das Bürgerrecht innehielten.&lt;ref&gt;{{HLS|7478|Basel (-Stadt)|Autor=Rolf d’Aujourd’hui, Hans Berner, Niklaus Röthlin, [[Bernard Degen]], [[Philipp Sarasin]]}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== 19. Jahrhundert ====<br /> [[Datei:Spalentor Basel retouched.jpg|mini|hochkant|[[Spalentor]]]]<br /> Als 1815 der [[Wiener Kongress]] die ewige bewaffnete [[Neutralität (Internationale Politik)|Neutralität]] der Schweiz anerkannte, wurde das ehemalige [[Bistum Basel|Fürstbistum Basel]] zwischen Bern und Basel aufgeteilt: Der [[Kanton Jura|Jura]] und das [[Laufen (Bezirk)|Laufental]] gingen an Bern, während Basel die ehemaligen bischöflichen Vogteien [[Birseck]] und [[Pfeffingen BL|Pfeffingen]] zugesprochen wurde. Im August 1815 feierte Basel [[Johann von Österreich|Erzherzog Johann von Österreich]], der die [[Festung Hüningen]], von der aus Basel immer wieder beschossen und erpresst worden war, zur Kapitulation gezwungen hatte und auf Bitte der Basler Bürger auch gleich [[Schleifung|schleifte]].&lt;ref&gt;Anton Schlossar: ''Erzherzog Johann von Österreich und sein Einfluß auf das Culturleben der Steiermark''; Wilhelm Braumüller, Wien 1878, S. 307.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 4. August 1819 fand die letzte Hinrichtung statt (Baselland: 1851). Drei Mitglieder einer Räuberbande wurden am Erdbeergraben vor dem [[Steinentor]] enthauptet. Der Hinrichtung wohnten 20'000 Schaulustige bei, mehr als Basel damals Einwohner hatte.<br /> <br /> 1814 wurde die politische Vorherrschaft der Stadt über die Landschaft wiederhergestellt, in dem die Stadt ein unverhältnismässiges Übergewicht an Sitzen im Grossen Rat erhielt. Im Jahr 1833 wehrten sich die Landgemeinden (Baselbiet) nach längerem Widerstand erfolgreich gegen die Dominanz der Stadt. Nach der Schlacht an der [[Hülftenschanz]], welche die Stadt verlor, konstituierten sich die Landgemeinden als eigener [[Halbkanton]] [[Kanton Basel-Landschaft|Basel-Landschaft]], nur die rechtsrheinischen Gemeinden [[Riehen]], [[Bettingen BS|Bettingen]] und das 1907 in die Stadt eingemeindete [[Basel-Kleinhüningen|Kleinhüningen]] verblieben bei Basel und bildeten fortan den Halbkanton [[Kanton Basel-Stadt|Basel-Stadt]] (→&amp;nbsp;[[Basler Kantonstrennung]]).<br /> <br /> Der erste Zug der Schweiz fuhr 1844 von [[Saint-Louis (Haut-Rhin)|St. Louis]] her in Basel ein. 1849 erfolgte der Bau der [[Naturhistorisches Museum Basel|Museen]] an der Augustinergasse, und nach 1859 wurden die Stadtmauern geschleift; nur einige der grösseren Tore wie das [[Spalentor]] blieben erhalten.<br /> <br /> Vom 26. bis zum 29. August 1897 fand der von [[Theodor Herzl]] und [[David Farbstein]] organisierte erste [[Zionistenkongress|Zionistische Weltkongress]] in Basel statt. Auf dem Kongress wurde die «Schaffung einer öffentlich und gesetzlich gesicherten Heimat für das [[Judentum|jüdische]] Volk in [[Palästina (Region)|Palästina]]» beschlossen. Zu diesem Zweck wurden ein Fonds und eine jüdische Bank (später [[Bank Leumi]]) gegründet.<br /> <br /> ==== 20. und 21. Jahrhundert ====<br /> [[Datei:Basel postkarte.jpg|mini|Basel um 1910 (Postkarte)]]<br /> <br /> Basel wurde während der [[Industrialisierung]] zu einer der bedeutendsten Industriestädte der Schweiz. Um 1900 wurde Basel vom Kantonsstatistiker im internationalen Vergleich als «eindeutige Fabrikstadt» bezeichnet. Die Stadt zählte noch bis um 1980 überdurchschnittlich viele Arbeiter.&lt;ref&gt;{{HLS|7478|Basel (-Stadt): Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur im 19. und 20. Jahrhundert, Sozialstruktur und sozialer Wandel|Autor=[[Bernard Degen]], [[Philipp Sarasin]]}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Zu den bedeutendsten Ereignissen der Basler Geschichte zählt der in Vorahnung der kommenden Ereignisse ausserordentlich anberaumte [[Internationaler Sozialistenkongress (1912)|Internationale Friedenskongress der Sozialisten]] im November 1912. Die beiden [[Weltkrieg]]e erlebte Basel durch seine grenznahe Lage intensiver als die anderen grossen Städte in der Schweiz. Die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln war immer sichergestellt, aber schwieriger als in der inneren Schweiz. Der Streikparole des [[Landesstreik]]s von 1918 folgte in Basel fast die ganze Arbeiterschaft.&lt;ref&gt;René Teuteberg: ''Basler Geschichte.'' S. 362–364.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In den Dreissigerjahren wurde die [[Bank für Internationalen Zahlungsausgleich]] (BIZ), die Bank der Zentralbanken, in Basel domiziliert.<br /> <br /> 1939 kaufte und rettete das [[Kunstmuseum Basel]] 21 [[Entartete Kunst|«entartete» Kunstwerke]] aus Deutschland, Werke von [[Paula Modersohn-Becker]] (3), [[André Derain]] (2), [[Marc Chagall]] (2), [[Franz Marc]] (2), [[Oskar Kokoschka]], [[Emil Nolde]], [[Paul Klee]], [[Otto Dix]], [[Max Beckmann]], [[Lovis Corinth]] (2), [[Oskar Schlemmer]] (2), [[Georg Schrimpf]] (2) und [[Ernst Barlach]].&lt;ref&gt;[[Georg Kreis]] et al.: ''«Entartete» Kunst für Basel. Die Herausforderung von 1939.'' Wiese Verlag, Basel 1990, ISBN 3-909158-31-5.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Gegen Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]], am 4.&amp;nbsp;März 1945, wurde der Güterbahnhof Wolf in Basel irrtümlich von den Alliierten bombardiert.&lt;ref&gt;René Teuteberg: ''Basler Geschichte.'' S. 376.&lt;/ref&gt; Die Schäden blieben gering.<br /> <br /> Der [[Flughafen Basel-Mülhausen]] wurde 1953 als binationaler [[Flughafen]] eingeweiht. 1993 wurde er trinational, der Name ist nunmehr offiziell Basel Mulhouse Freiburg.<br /> <br /> Seine zweitausendjährige Stadtgeschichte feierte Basel 1957. Die [[Regio Basiliensis]] für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wurde 1963 gegründet. 1966 erhielten die Frauen das kantonale [[Stimmrecht]]. 1969 scheiterte die Wiedervereinigung von Basel-Stadt und [[Kanton Basel-Landschaft|Basel-Landschaft]] am Nein der Stimmberechtigten in Basel-Landschaft.<br /> <br /> Am 1.&amp;nbsp;November 1986 ereignete sich im nahen [[Schweizerhalle]] ein [[Schweizerhalle#Der Grossbrand vom 1. November 1986|schwerer Chemieunfall]], der für die Bevölkerung glimpflich ausging. Der Rhein wurde jedoch vom Löschwasser verseucht. 1989 wurde das [[Basler Übereinkommen]] zur Kontrolle der grenzüberschreitenden [[Abfallwirtschaft]] in Basel zur Unterschriftsreife gebracht.<br /> In den 1990ern erfolgte die Fusion von [[Sandoz]] und [[Novartis|Ciba-Geigy]] zu [[Novartis]] sowie des Schweizerischen Bankvereins und der Schweizerischen Bankgesellschaft zur [[UBS]].<br /> <br /> Erstmals seit 1950 gibt es in Basel wieder eine linke Regierungsmehrheit, als es 2004 durch die Stadtwahlen rot-grün wurde. 2006 erhielt Basel-Stadt eine neue Verfassung,&lt;ref&gt;[http://www.admin.ch/ch/d/sr/131_222_1/index.html Verfassung des Kantons Basel-Stadt]&lt;/ref&gt; mit der unter anderem der [[Grosser Rat (Basel-Stadt)|Grosse Rat]] von 130 auf 100 Mitglieder reduziert wurde und das Amt eines Regierungspräsidenten eingeführt worden ist.<br /> <br /> == Bevölkerung ==<br /> === Bevölkerungsentwicklung ===<br /> Die Stadt Basel (Gemeinde) zählt ohne die Landgemeinden {{EWZ CH|CH-BS|2701}} Einwohner und belegt damit hinter Zürich und Genf den dritten Platz in der Schweiz. Der [[Kanton Basel-Stadt]] hat {{EWZ CH|CH-BS|CH-BS}} Einwohner.&lt;ref&gt;[http://www.statistik-bs.ch/tabellen/t01/1/t01.0.02-10.xls ''Bevölkerungsbilanz nach Geschlecht, Heimat und Gemeinde im März 2013''] ([[Microsoft Excel|XLS]], 87&amp;nbsp;kB), Statistisches Amt Basel-Stadt&lt;/ref&gt; Die trinationale Agglomeration Basel zählt insgesamt 830'000 Einwohner in der Schweiz, Deutschland und Frankreich.<br /> <br /> Tabelle zur Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Basel (Zahlen ab 1900 inkl. Kleinhüningen):&lt;ref&gt;{{Webarchiv | url=http://www.statistik-bs.ch/themen/01/bevoelkerungsstruktur/wohnbev1/t0110100 | wayback=20080611103611 | text=Basel-Stadt Statistik}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> [[Datei:Population Basel.svg|mini|hochkant=1.8|Einwohnerentwicklung von Basel]]<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra&quot;<br /> |- class=&quot;hintergrundfarbe5&quot;<br /> ! Jahr !! Einwohner der&lt;br /&gt;Gemeinde Basel !! rowspan=&quot;11&quot; | !! Jahr !! Einwohner der&lt;br /&gt;Gemeinde Basel<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1774 || 15'040 || 1910 || 132'276<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1815 || 16'674 || 1920 || 135'976<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1835 || 21'219 || 1930 || 148'063<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1847 || 25'787 || 1941 || 162'105<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1850 || 27'170 || 1950 || 183'543<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1860 || 37'915 || 1960 || 206'746<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1870 || 44'122 || 1970 || 212'857<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1880 || 60'550 || 1980 || 182'143<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1888 || 69'809 || 1990 || 178'428<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1900 || 109'161 || 2000 || 166'558<br /> |}<br /> <br /> Tabelle zur Bevölkerungsentwicklung der trinationalen Agglomeration Basel:&lt;ref&gt;[http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/regionen/11/geo/analyse_regionen/05.html]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra&quot;<br /> |- class=&quot;hintergrundfarbe5&quot;<br /> ! Jahr !! Agglomeration Basel, Einwohner !! in der Schweiz !! in Deutschland !! in Frankreich!! Einwohner ganze Agglomeration Basel<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 2000 || || 479'308 || 188'553 || 63'306 || 731'167<br /> |}<br /> <br /> Das durch die [[Industrialisierung]] typische und kontinuierliche Bevölkerungswachstum im 19. Jahrhundert fand auch in Basel statt. Durch diesen raschen Anstieg wuchs die Stadt hinter [[Zürich]] zur zweitgrössten in der Schweiz an. Durch die engen Kantons- und Landesgrenzen konnte die Stadt Basel mit der Ausnahme von Kleinhüningen nicht durch Eingemeindungen wachsen, wie das bei den anderen grossen Schweizer Städten der Fall war. Mit der Industrialisierung entstand eine Oberschicht der alteingesessenen Bürger ([[Daig]]), die bis ins 20. Jahrhundert ihre Abgeschlossenheit bewahrte und die ursprüngliche Form des [[Baseldeutsch]] sprach.<br /> <br /> Seit 1970 nahm die Bevölkerung infolge der [[Suburbanisierung]] merklich ab. Im Zeitraum von 1970 bis 2005 verliessen über 51'000 Schweizer Bürger Basel und zogen in das angrenzende [[Umland]]. Im gleichen Zeitraum zogen zwar rund 12'000 Ausländer in die Stadt, die Nettoabnahme von 39'000 Einwohnern führte trotzdem dazu, dass die Stadt [[Genf]] Mitte der 1990er Jahre Basel in Bezug auf die Einwohnerzahlen überholte. Die Abwanderung steuerlich potenterer Bevölkerungsgruppen war zeitweise in Verbindung mit dem [[Steuerwettbewerb]] unter den Kantonen für den Stadtkanton ein besonderes Problem.&lt;ref&gt;[http://www.regierungsrat.bs.ch/politikplan-2006-2009.pdf Politikplan 2006–2009, Seiten 7, 36, 37, 57] (PDF; 2,2&amp;nbsp;MB)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Religionen ===<br /> {{Siehe auch|Liste von Sakralbauten in Basel}}<br /> <br /> [[Datei:Oekolampad.jpg|mini|Johannes Oekolampad]]<br /> <br /> ==== Überblick ====<br /> Im Jahr 1529 setzte sich in Basel unter der Mitwirkung von [[Johannes Oekolampad]] die [[Reformation]] durch, die schnell wichtige Persönlichkeiten wie den [[Stadtschreiber (Kanzleivorsteher)|Stadtschreiber]] [[Caspar Schaller]] für sich gewinnen konnte. Seither ist die Staatskirche beider Basel die Evangelisch-Reformierte Kirche. Unter dem Druck des [[Französische Revolution|revolutionären Frankreich]], welches die Schweiz von 1798 bis 1815 kontrollierte, wurde 1798 offiziell die Glaubensfreiheit gewährt. Basel entwickelte sich von einer rein reformierten zu einer multireligiösen Stadt.&lt;ref&gt;[http://www.inforel.ch/i10e1.html#c1815 Vom «frommen Basel» zur multireligiösen Stadt]&lt;/ref&gt; Heute zählt Basel über 300 christliche und nichtchristliche Religionen, Kirchen, [[Freikirche]]n und andere religiöse Gemeinschaften. Zu den nichtchristlichen Religionen, welche in Basel vertreten sind, gehören die [[Judentum|jüdische Gemeinde]], der [[Islam]], die [[Aleviten]], die [[Hinduismus|Hindus]], die [[Sikhismus|Sikhs]], die [[Buddhismus|Buddhisten]] und neuere religiöse Bewegungen.<br /> <br /> ==== Reformierte ====<br /> Die [[Schweizer Reformierte Kirchen|Evangelisch-Reformierte Kirche]] Basel ist als öffentlich-rechtliche [[Körperschaft]] mit eigener Steuerhoheit ausgestattet. Damit ist sie finanziell und organisatorisch unabhängig vom Kanton. Obwohl durch die zunehmenden Kirchenaustritte auch die dominierende Stellung der Evangelisch-Reformierten Kirche zurückgeht, nimmt sie am sozialen und kulturellen Leben der Stadt nach wie vor grossen Anteil. Ein soziales Netzwerk mit Einrichtungen für die [[Seelsorge]]stellen, Drogenberatung oder den [[Suppenküche|Gassenküchen]] wird durch die Kirche aufrechterhalten. Zu den sichtbaren Zeichen der Evangelisch-Reformierten Kirche im Kanton Basel-Stadt gehören 85 Kirchen, Gemeinde-, Pfarrhäuser und [[Küster|Sigristenwohnungen]]. Zahlreiche Baudenkmäler prägen das Gesicht der Stadt, wie das [[Basler Münster]] als Wahrzeichen von Basel und die Innenstadtkirchen [[Leonhardskirche (Basel)|St. Leonhard]], [[Martinskirche (Basel)|St. Martin]], [[Peterskirche (Basel)|St. Peter]] und die [[Theodorskirche (Basel)|Theodorskirche]].&lt;ref&gt;Kirchenbauten der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt. Basel o.J. (Br 32 S., Fotos)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die [[Predigerschule Basel]] existierte von 1876 bis 1915.<br /> <br /> ==== Katholiken ====<br /> Die [[Römisch-katholische Kirche]] Basels zählt insgesamt 13 [[Pfarrei]]en, elf davon sind deutschsprachig, eine französisch, eine weitere italienisch. Die Pfarreien zusammen mit den kantonalen Diensten bilden das [[Dekanat]], das einen Teil des [[Bistum Basel|Bistums Basel]] darstellt. Der [[Religionsunterricht]] wird gemeinsam mit der Evangelisch-Reformierten Kirche organisiert und finanziert.<br /> Neben der grösseren Römisch-katholischen Kirche Basels gibt es seit 1873 die kleinere [[Christkatholische Kirche der Schweiz|Christkatholische Kirche]].<br /> <br /> ==== Juden ====<br /> [[Datei:Basler Synagoge(ws)-2.jpg|mini|Basler Synagoge]]<br /> <br /> Die Juden in Basel siedelten sich bereits urkundlich gesichert im 12. Jahrhundert an. Die erste [[Synagoge]] stand am Rindermarkt. Ausgrabungen in Augusta Raurica zufolge könnte die Ansiedlung von Juden sogar auf das 2. Jahrhundert zurück datiert werden.&lt;ref&gt;[http://www.juedische-musik.de/synagogenchor/synagoge.htm Geschichte der Juden in Basel]&lt;/ref&gt;<br /> Die Gründung der heutigen [[Israelitische Gemeinde Basel|Israelitischen Gemeinde Basel (IGB)]] geht auf das Jahr 1805 mit damals etwa 70 Mitgliedern zurück.&lt;ref&gt;[[Heiko Haumann]] (Hrsg.): Acht Jahrhunderte Juden in Basel. 200 Jahre Israelitische Gemeinde Basel. Basel 2005.&lt;/ref&gt; Heute umfasst sie in der Stadt und der Umgebung rund 1100 Mitglieder und ist damit die zweitgrösste der Schweiz.&lt;ref&gt;[http://www.inforel.ch/i1165.html Israelitische Gemeinde Basel]&lt;/ref&gt; Sie erhielt 1972 durch eine [[Volksabstimmung (Schweiz)|Volksabstimmung]] die Anerkennung als [[Körperschaft des öffentlichen Rechts (Schweiz)|öffentlich-rechtliche Körperschaft]]. Sie führt heute neben der [[Synagoge (Basel)|Basler Synagoge]] diverse Schulen und die öffentliche Karger-Bibliothek.&lt;ref&gt;[http://www.inforel.ch/i1384.html Karger-Bibliothek]&lt;/ref&gt; Neben der Israelitischen Gemeinde Basel gibt es seit 1927 eine sogenannte Austrittsgemeinde, die streng orthodoxe Israelitische Religionsgesellschaft Basel (IRG) mit einer eigenen Synagoge.&lt;ref&gt;[http://www.inforel.ch/i1166.html Israelitische Religionsgesellschaft Basel (IRG)]&lt;/ref&gt; Zudem steht in Basel das [[Jüdisches Museum der Schweiz|Jüdische Museum der Schweiz]], welches eine kostbare Sammlung jüdischer Kulturgüter zeigt.&lt;ref&gt;Christoph Peter Baumann (Hrg): Judentum in Basel. Basel 2010&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Muslime ====<br /> Seit den 1960er Jahren gibt es durch [[Einwanderung]] aus muslimischen Ländern, vor allem der Türkei, dem Maghreb und dem Kosovo einen wachsenden [[Islam|muslimischen]] Bevölkerungsanteil, der heute schätzungsweise knapp 10 % der Stadtbevölkerung umfasst, in den Kleinbasler Quartieren deutlich mehr (siehe untenstehende Tabelle). In Basel bestehen zurzeit 13 Moscheen und Gebetsräume. &lt;ref&gt;http://www.moscheesuche.de/moschee/stadt/Basel/40116&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Statistik ====<br /> Tabelle der Konfessionszugehörigkeit der Kantonsbevölkerung in Prozent (Quelle: Volkszählungen):&lt;ref&gt;{{Webarchiv | url=http://www.statistik-bs.ch/themen/16/sprachen/konfession | wayback=20071210020220 | text=statistik-bs.ch: Verteilung der Konfessionen}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra&quot; width=&quot;70%&quot;<br /> |- class=&quot;hintergrundfarbe5&quot;<br /> ! Jahr<br /> ! Evangelisch-&lt;br /&gt;Reformiert<br /> ! Römisch-&lt;br /&gt;katholisch<br /> ! Übrige&lt;br /&gt;Christen (*)<br /> ! Jüdisch<br /> ! Muslime<br /> ! Andere&lt;br /&gt;Religionen<br /> ! Konfessionslos (**)<br /> ! Keine&lt;br /&gt;Angaben<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1950 || 63,3 || 31,3 || 1,4 || 1,3 || 0,0 || 0,0 || 0,0 || 0,0<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1960 || 59,9 || 35,8 || 1,3 || 1,1 || 0,0 || 0,3 || 1,6 || 0,0<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1970 || 52,7 || 40,7 || 1,1 || 0,9 || 0,2 || 0,2 || 3,2 || 1,0<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1980 || 44,4 || 35,5 || 1,2 || 0,9 || 1,1 || 0,3 || 13,9 || 1,9<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1990 || 32,1 || 25,4 || 1,8 || 0,8 || 4,0 || 0,5 || 34,5 || 0,3<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 2000 || 26,5 || 24,9 || 2,8 || 0,8 || 6,7 || 1,2 || 31,0 || 5,1<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 2012&lt;ref&gt;[http://www.kirche-heute.ch/kirche-heute/beitraege/3aktuell/2013-46-Immer-mehr-Konfessionslose.php Immer mehr Konfessionslose], aufgerufen am 17. November 2013&lt;/ref&gt;<br /> || 16,5 || 15,3 || &gt;1 || 0,6 || 9,3 || || 44,7 || <br /> |}<br /> <br /> (*) Innerhalb der Gruppe «übrige Christen» gab es eine Verschiebung: Die Anzahl Christkatholiken nahm stark ab, während die Anzahl ostkirchlicher etwa gleich stark zunahm.<br /> <br /> (**) Für die Abnahme der Konfessionslosen zwischen 1990 und 2000 gibt es zwei Erklärungen:<br /> * Unter den Ausländern nahm der Anteil der Konfessionslosen stark ab.<br /> * Man kann vermuten, dass die Konfessionslosen die Auskunft überdurchschnittlich oft verweigerten. Aufgrund der hohen Zahl der Auskunftsverweigerungen in der Volkszählung 2000 hätte das eine merkbare Verfälschung der Statistik zur Folge.<br /> <br /> Konfessionszugehörigkeit in Prozent nach Quartier (2013) (Quelle: Statistischer Atlas Basel-Stadt, &lt;ref&gt;http://www.statistik-bs.ch/karten/interaktiv&lt;/ref&gt;)<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra&quot; width=&quot;70%&quot;<br /> |- class=&quot;hintergrundfarbe5&quot;<br /> ! Quartier<br /> ! Evangelisch-&lt;br /&gt;Reformiert<br /> ! Römisch-&lt;br /&gt;katholisch<br /> ! Christ-&lt;br /&gt;katholisch<br /> ! Ost-&lt;br /&gt;kirchliche<br /> ! Jüdisch<br /> ! Islamisch<br /> ! Andere&lt;br /&gt;Religionen<br /> ! Konfessionslos<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Altstadt Grossbasel || 21,8 || 14,4 || 0,8 || 0,8 || 0,7 || 0,8 || 3,5 || 56,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Vorstädte || 18,0 || 15,8 || 1,0 || 1,8 || 1,4 || 2,3 || 3,9 || 54,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Am Ring || 17,9 || 15,4 || 0,8 || 2,1 || 2,9 || 3,1 || 3,9 || 52,9<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Breite || 15,8 || 15,2 || 0,6 || 2,3 || 0,1 || 10,3 || 4,3 || 50,4<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| St. Alban || 21,4 || 15,7 || 0,5 || 1,9 || 0,8 || 5,1 || 3,3 || 50,3<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Gundeldingen || 13,3 || 14,4 || 0,5 || 3,6 || 0,1 || 13,9 || 5,2 || 47,3<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Bruderholz || 25,2 || 17,8 || 0,4 || 1,4 || 0,5 || 2,5 || 2,5 || 49,2<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Bachletten || 23,8 || 17,3 || 0,5 || 1,2 || 1,5 || 3,1 || 2,2|| 49,9<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Gotthelf || 18,7 || 16,5 || 0,5 || 1,7 || 1,9 || 3,5 || 3,6 || 53,0<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Iselin || 14,2 || 16,3 || 0,5 || 3,1 || 0,7 || 10,7 || 5,5 || 48,7<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| St. Johann || 13,1 || 14,0 || 0,7 || 2,7 || 0,2 || 13,5 || 5,2 || 49,1<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Altstadt Kleinbasel || 15,0 || 15,0 || 1,0 || 1,9 || 0,3 || 5,0 || 3,1 || 57,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Clara || 10,4 || 11,7 || 0,8 || 4,7 || 0,0 || 12,1 || 8,0 || 48,9<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Wettstein || 19,3 || 16,0 || 0,5 || 1,1 || 0,2 || 4,5 || 3,4 || 54,2<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Hirzbrunnen || 19,9 || 18,6 || 0,3 || 1,1 || 0,1 || 7,8 || 2,7 || 51,2<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Rosental || 8,7 || 15,8 || 0,4 || 2,2 || 0,2 || 20,5 || 8,3 || 42,6<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Matthäus || 10,3 || 12,1 || 0,6 || 4,3 || 0,1 || 15,0 || 6,7 || 48,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Klybeck || 9,5 || 11,5|| 0,4 || 3,2 || 0,0 || 21,4 || 5,7 || 45,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Kleinhüningen || 10,2 || 12,2 || 0,4 || 4,4 || 0,0 || 20,5 || 6,6 || 44,1<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | colspan=&quot;9&quot; class=&quot;hintergrundfarbe5&quot; |<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Riehen || 26,1 || 16,8 || 0,3 || 0,9 || 0,1 || 2,9 || 2,9 || 49,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Bettingen || 33,1 || 14,5 || 0,1 || 1,2 || 0,3 || 0,5 || 4,4 || 45,8<br /> |}<br /> <br /> <br /> Konfessionszugehörigkeit in Prozent nach Quartier (1988) (Quelle: Statistisches Amt Basel)<br /> {| class=&quot;wikitable zebra&quot; width=&quot;70%&quot;<br /> |- class=&quot;hintergrundfarbe5&quot;<br /> ! Quartier<br /> ! Evangelisch-&lt;br /&gt;Reformiert<br /> ! Römisch-&lt;br /&gt;katholisch<br /> ! Christ-&lt;br /&gt;katholisch<br /> ! Ost-&lt;br /&gt;kirchliche<br /> ! Jüdisch<br /> ! Islamisch<br /> ! Andere&lt;br /&gt;Religionen<br /> ! Konfessionslos<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Altstadt Grossbasel || 25,2 || 15,3 || 0,1 || 0,4 || 0,4 || 0,8 || 5,3 || 52,4<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Vorstädte || 22,1 || 16,9 || 0,6 || 1,1 || 1,7 || 3,4 || 6,1 || 48,1<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Am Ring || 20,8 || 18,0 || 0,5 || 2,0 || 3,2 || 3,7 || 7,3 || 44,6<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Breite || 19,9 || 17,1 || 0,3 || 1,9 || 0,1 || 9,8 || 6,9 || 43,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| St. Alban || 25,0 || 18,6 || 0,4 || 1,3 || 0,9 || 5,1 || 6,3 || 42,4<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Gundeldingen || 15,3 || 16,5 || 0,2 || 3,7 || 0,2 || 15,5 || 7,7 || 40,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Bruderholz || 29,1 || 19,3 || 0,3 || 1,1 || 0,8 || 2,6 || 6,3 || 40,4<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Bachletten || 26,4 || 19,4 || 0,4 || 0,9 || 1,7 || 2,8 || 6,8 || 41,5<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Gotthelf || 21,8 || 18,3 || 0,3 || 1,5 || 2,0 || 3,5 || 7,9 || 44,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Iselin || 17,0 || 17,8 || 0,2 || 2,6 || 0,7 || 11,0 || 8,3 || 42,4<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| St. Johann || 15,1 || 16,3 || 0,3 || 2,7 || 0,2 || 15,6 || 9,2 || 40,6<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Altstadt Kleinbasel || 18,9 || 16,5 || 0,2 || 1,6 || 0,0 || 5,5 || 6,6 || 50,6<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Clara || 13,2 || 14,8 || 0,1 || 4,3 || 0,1 || 12,0 || 11,0 || 44,5<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Wettstein || 22,1 || 19,3 || 0,3 || 0,8 || 0,2 || 5,0 || 6,8 || 45,6<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Hirzbrunnen || 24,5 || 18,6 || 0,3 || 1,1 || 0,1 || 7,8 || 5,3 || 42,2<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Rosental || 10,1 || 14,5 || 0,1 || 1,9 || 0,1 || 23,6 || 13,6 || 36,2<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Matthäus || 11,8 || 14,3 || 0,2 || 4,1 || 0,1 || 17,9 || 10,4 || 41,2<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Klybeck || 11,6 || 14,6 || 0,2 || 3,1 || 0,0 || 20,6 || 9,1 || 40,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Kleinhüningen || 13,0 || 14,3 || 0,2 || 4,0 || 0,0 || 19,9 || 9,2 || 39,4<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | colspan=&quot;9&quot; class=&quot;hintergrundfarbe5&quot; |<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Riehen || 30,2 || 18,4 || 0,2 || 0,8 || 0,1 || 2,6 || 6,4 || 41,3<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Bettingen || 35,9 || 15,9 || 0,2 || 1,3 || 0,2 || 0,3 || 7,1 || 39,1<br /> |}<br /> <br /> Die scheinbare Inkonsistenz mit den Zahlen für den Gesamtkanton rührt daher, dass die Quartiere sehr verschieden gross sind.<br /> <br /> == Politik ==<br /> === Legislative und Exekutive ===<br /> Regierung und Verwaltung der Stadtgemeinde Basel werden durch den [[Kanton Basel-Stadt]] wahrgenommen. Die [[Politische Gemeinde|Einwohnergemeinde]] Basel verfügt somit weder über eine eigene [[Exekutive]] noch eine eigene [[Legislative]]. Stattdessen werden diese Funktionen vom [[Liste der Regierungsräte des Kantons Basel-Stadt|Regierungsrat]] (Exekutive) respektive dem [[Grosser Rat (Basel-Stadt)|Grossen Rat]] (Legislative) des Kantons ausgeübt. Diese für Basel etablierte Lösung der Zusammenlegung der Gemeindebehörden mit den Kantonsbehörden ist in der Schweiz unüblich. Einbürgerungen, die in der Schweiz Aufgabe der Gemeinde sind, werden von der [[Bürgergemeinde]] vorgenommen.<br /> <br /> === Wappen ===<br /> {{Hauptartikel|Fahne und Wappen des Kantons Basel-Stadt und der Stadt Basel}}<br /> <br /> [[Datei:Basel Wappen.jpg|miniatur|Basler Wappen mit dem [[Baselstab]] (Bischofsstab)]]<br /> <br /> Das Wappen der Stadt Basel sowie des Kantons Basel-Stadt ist ein nach links ([[Heraldik|heraldisch]] rechts) gerichteter schwarzer Krummstab auf weissem Feld, [[Baselstab]] genannt. Drei Querbalken unterbrechen diesen Stab, der nach unten breiter wird und in drei Zacken ausläuft. Das Sinnbild des Baselstabs ist der gekrümmte [[Krummstab|Hirtenstab]] der Bischöfe. [[Schildhalter]] sind Löwen, [[Wilder Mann|wilde Männer]], Engel und seit dem 15.&amp;nbsp;Jahrhundert auch [[Basilisk (Mythologie)|Basilisken]]&amp;nbsp;– das sind Drachen mit Hahnenkopf und Schlangenschwanz.<br /> <br /> Die korrekte [[Blasonierung]] lautet: ''{{&quot;-de-CH|In Silber ein schwarzer [[Baselstab]]}}''. [[Livree]]farben sind Weiss und Schwarz.&lt;ref&gt;[http://wiki.genealogy.net/wiki/Basel_Stadt#Wappen Wiki Genealogie: Wappen des Kantons Basel-Stadt]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Das Wappen tauchte erstmals im 11. Jahrhundert auf, damals noch in der Form eines Holzstabs mit oben goldenem Bogen. Die heutige Form des schwarzen Stabs stammt aus dem 12. Jahrhundert und entspricht dem Wappen der Bischöfe von Basel, und zwar nachweislich seit 1384.&lt;ref&gt;[http://www.ngw.nl/int/zwi/kanton/basels.htm Kanton Basel-Stadt im Offiziellen Wappenlexikon]&lt;/ref&gt; Seit dieser Zeit hat sich das Wappen nicht mehr verändert und blieb das Wappen der Stadt und bei der Trennung der Landschaft von der Stadt später auch das Wappen des [[Kanton Basel-Stadt|Kantons]].<br /> <br /> === Städtepartnerschaften ===<br /> {{CHN|#}} [[Shanghai]], Volksrepublik China seit 19. November 2007&lt;ref&gt;[http://www.baselarea.ch/news/news-ansicht/news/shanghai-wird-staedtepartner-von-basel/8.html Shanghai wird Städtepartner von Basel]&lt;/ref&gt;&lt;br /&gt;<br /> {{USA|#}} [[Miami Beach]], Vereinigte Staaten seit 28. November 2011&lt;ref&gt;[http://bazonline.ch/basel/stadt/Basel-und-Miami-Beach-werden-Partnerstaedte/story/10560445 Basler Zeitung online]&lt;/ref&gt;&lt;br /&gt;<br /> {{TUR|#}} [[Van (Türkei)|Van]], Türkei<br /> <br /> == Wirtschaft und Infrastruktur ==<br /> [[Datei:BaselMessehalle2 6749.jpg|miniatur|Halle 2 des Messezentrums Basel]]<br /> <br /> Basel kommt aufgrund seiner zentralen Lage in Mitteleuropa eine besonders wichtige und bevorzugte handelsgeografische Bedeutung zu. Der [[Metropolregion Basel|Lebens- und Wirtschaftsraum]] am [[Dreiländereck]] umfasst rund 1,3&amp;nbsp;Millionen Einwohner und 650 Tausend Erwerbstätige.<br /> <br /> Basel ist einer der wichtigsten weltweiten Zentren pharmazeutischer Betriebe, wie der Novartis AG, Hoffmann-La Roche Holding, Syngenta AG und der Lonza Group.<br /> Wertmässig fallen über 94 % der baselstädtischen Warenexporte auf den Chemie- und Pharmabereich.&lt;ref&gt;[http://emagazine.credit-suisse.com/app/_customtags/download_tracker.cfm?logged=true&amp;dom=emagazine.credit-suisse.com&amp;doc=/data/_product_documents/_articles/256954/090331_branchen_aussenhandel_de.pdf Swiss Issues Branchen: Aussenhandel Schweiz – Fakten und Trends] von [[Credit Suisse]]&lt;/ref&gt; Zusammen mit den Fabrikationsstätten im benachbarten [[Schweizerhalle]] stellt Basel 20 % des Schweizer [[Export]]s und erwirtschaftet ein Drittel des [[Sozialprodukt]]es. Neben der Chemie sind die Industriezweige [[Maschinenbau]], [[Metallindustrie|Metallveredelung]], [[Textilindustrie|Textilverarbeitung]] sowie die [[Lebensmittelindustrie|Nahrungs]]- und [[Genussmittel]]produktion angesiedelt. Die jahrhundertelange Tradition in der [[Papierherstellung]] und im [[Buchdruck]] hat dazu geführt, dass mehrere [[Verlag]]e in Basel beheimatet sind.<br /> Seit 1917 hat sich aus der [[Mustermesse Basel|Schweizer Mustermesse]], einer nationalen Leistungsschau, ein europaweit bedeutender Messestandort entwickelt. Das [[Mustermesse Basel|Messezentrum Basel]] trägt jedes Jahr zahlreiche Fachmessen und Kongresse aus, unter anderem die «[[Art Basel]]», die weltweit grösste Messe für zeitgenössische Kunst, und die «[[Baselworld]]», die weltweit grösste Uhren- und Schmuckmesse.<br /> <br /> [[Datei:Basel BIZ.jpg|miniatur|Hochhaus der [[Bank für Internationalen Zahlungsausgleich]] in Basel, im Vordergrund das [[Strassburger Denkmal]]]]<br /> <br /> Ebenfalls traditionell begründet ist die Bedeutung Basels als Bankenplatz. Neben zahlreichen Bank- und Versicherungshäusern hat die [[Bank für Internationalen Zahlungsausgleich]] (BIZ) hier ihren Sitz. Die [[Schweizerische Nationalbank|Schweizer Nationalbank]] (SNB) hat in Basel eine Vertretung.<br /> <br /> Die [[Handelskammer beider Basel]] ist ein Wirtschaftsverband für [[Kanton Basel-Stadt|Basel-Stadt]] und [[Kanton Basel-Landschaft|Basel-Landschaft]].<br /> <br /> === Ansässige Unternehmen ===<br /> <br /> '''Liste der grössten Unternehmen mit Hauptsitz in Basel'''<br /> <br /> segmantas.ch stellte eine Liste der 500 größten Schweizer Unternehmen auf, darunter auch die grössten aus Basel.<br /> {| class=&quot;wikitable&quot;<br /> |-<br /> ! Rang !! Unternehmen !! Branche !! Umsatz in Mrd.<br /> |-<br /> | 1 || Novartis || Pharma || 53,114<br /> |-<br /> | 2 || Roche Holding AG || Pharma || 45,499<br /> |-<br /> | 3 || Coop-Gruppe || Einzelhandel || 27,818<br /> |-<br /> | 4 || Syngenta AG || Pharma || 13,492<br /> |-<br /> | 5 || Transgourmet Schweiz || Grosshandel || 8,300<br /> |-<br /> | 6 || Panalpina Welttransport Holding || Logistik || 6,617<br /> |-<br /> | 7 || Swiss International Air Lines || Fluggesellschaft || 5,033<br /> |-<br /> | 8 || Lonza Group || Pharma/Chemie || 3,925<br /> |-<br /> | 9 || Dufry Travel Retail || Großhandel || 3,154<br /> |-<br /> | 10 || Manor AG || Einzelhandel || 3,000<br /> <br /> |}<br /> <br /> Diese Liste lässt Banken, Finanzdienstleister und Versicherungen aus, jedoch ist Basel neben Zürich das grösste Finanzzentrum der Schweiz. Die [[UBS]] hat einen ihrer Standorte in Basel, auch die [[Basler Kantonalbank]], die [[Bank CIC (Schweiz)|Bank CIC]], die [[WIR Bank]] und die Versicherungen [[Bâloise]], [[Pax Schweizerische Lebensversicherungs-Gesellschaft|Pax]] und [[Nationale Suisse]].<br /> Weitere Banken und Versicherungen in Basel sind die Privatbanken [[La Roche 1787]], Baumann &amp; Cie., [[Bank J. Safra Sarasin|J. Safra Sarasin]] und [[E. Gutzwiller &amp; Cie. Banquiers]]. Hinzu kommen verschiedene Treuhand- und Immobilienunternehmen wie [[Pax-Anlage]], die [[STG Schweizerische Treuhandgesellschaft|STG]] und [[Warteck Invest]]. Die Standorte dieser Unternehmen konzentrieren sich um den Aeschenplatz, wo bis 1998 auch die Basler Börse lag. In Basel ist der [[Verband (Recht)|Verband]] der Schweizerischen Bankiervereinigung ansässig, die 1912 gegründet wurde.&lt;ref&gt;{{Webarchiv | url=http://www.basel.ch/de/wirtschaft/branchen_und_unternehmen/banken_und_versicherungen | wayback=20060507171556 | text=über den Finanzplatz Basel}}&lt;/ref&gt;<br /> Noch dazu ist in Basel in der Nähe des Bahnhof SBB´s die [[Bank für Internationalen Zahlungsausgleich]].<br /> <br /> Viele Chemie- und Pharmakonzerne sind ebenfalls in Basel beheimatet, unter anderem [[Novartis]], eine [[Fusion (Wirtschaft)|Firmenfusion]], welche 1996 aus der [[Sandoz]] und Ciba-Geigy hervorging, [[Hoffmann-La Roche|Roche]], [[Basilea Pharmaceutica]], [[Acino Holding]] und [[Syngenta]], ein im Jahre 2000 entstandener ''[[Ableger (Wirtschaft)|Spin-out]]'' der [[Agrochemie|Agrarsparten]] von Novartis. Auch die [[Ciba AG]], ein ''Spin-out'' der Ciba-Geigy, war in Basel ansässig, bevor sie 2008 von dem deutschen Chemiekonzern [[BASF]] übernommen wurde und Basel zu einer Zweigstelle von BASF wurde.<br /> <br /> In Basel ist der Sektor Transport und Logistik durch die Firmen [[Panalpina]] und [[SBB Cargo]] vertreten. Die grösste schweizerische Fluggesellschaft [[Swiss]] sowie [[Jet Aviation]] haben ebenfalls ihren Sitz in Basel (früher auch die 2002 aufgelöste [[Crossair]] und die 2012 in Konkurs gegangene [[Hello (Fluggesellschaft)|Hello]]).<br /> <br /> Viele bedeutende Gross- und Einzelhandelsunternehmen wie die Kaufhauskette [[Manor AG|Manor]], der Hersteller von Raucherbedarfsartikeln [[Zino Davidoff|Oettinger Imex AG]], der grösste Fleischproduzent der Schweiz [[Bell AG (Schweiz)|Bell]] sowie das Einzelhandelsunternehmen [[Coop (Schweiz)|Coop]] sind in Basel beheimatet.<br /> <br /> Daneben haben die [[MCH Group|''mch'' Messe Schweiz AG]], das [[Life Sciences|Life-Sciences]]-Unternehmen [[Lonza Group]] AG, das Haustechnikunternehmen [[Sauter AG|Sauter]], die Modekette [[Tally Weijl]], der Reisedetailhändler [[Dufry]], der Mineralöl- und Autohändler [[Fritz Meyer Holding]] und der Implantatehersteller [[Straumann]] ihren Sitz in Basel.<br /> <br /> [[Datei:Hotel Les Trois Rois.jpg|miniatur|Les Trois Rois]]<br /> <br /> === Gastgewerbe ===<br /> <br /> Basel hat eine Vielzahl geschichtsträchtiger Gastbetriebe und Hotels.<br /> <br /> Das [[Hotel Les Trois Rois]], in [[Grossbasel]] neben der Mittleren Brücke direkt am Rhein, ist eines der ältesten verbrieften [[Hotel]]s Europas (erste Erwähnung 1681 als Gasthof Drei Könige). Zahlreiche Persönlichkeiten der Geschichte sind im Les Trois Rois abgestiegen (Napoléon Bonaparte, Theodor Herzl, Johann Wolfgang Goethe, Voltaire, Pablo Picasso, Thomas Mann, Marc Chagall, Richard Wagner, The Rolling Stones. [[Giacomo Casanova]] schrieb in seinen [[Geschichte meines Lebens (Giacomo Casanova)|Memoiren (''«Histoire de ma vie»'')]]: «Wir kehrten bei dem berüchtigten Imhoff ein, der uns die Haut über die Ohren zog; aber die ‹Drei Könige› waren das beste Gasthaus der Stadt.»). Das Luxushotel gehört zu den führenden Hotels in Europa. Der klassizistische Bau aus dem Jahr 1844 (Architekt: [[Amadeus Merian]]) wurde 2004–2006 umfassend renoviert, rekonstruiert und erweitert. Als Messestandort verfügt Basel über zahlreiche weitere Hotels, überdurchschnittlich viele davon im 4- und 5-Sterne-Bereich.<br /> <br /> Das älteste Wirtshaus von Basel ist der [[Gasthof zum Goldenen Sternen (Basel)|Gasthof zum Goldenen Sternen]], welcher urkundlich 1346 das erste Mal erwähnt wurde und seit 1412 als eine der 13 [[Herrenwirtschaft (Basel)|Herrenwirtschaften]] den Gästen Speis und Trank anbot. Im Jahr 1501 wurden die Gesandten der zehn Orte der damaligen Eidgenossenschaft zum Willkommenstrunk empfangen. Nach einer Strassenverbreiterung der Aeschenvorstadt wurde diese Wirtschaft im Jahr 1963 abgebrochen, aber 10&amp;nbsp;Jahre später auf Initiative des früheren Sternen-Wirtes Jost Müller im St. Alban-Tal wieder aufgebaut. Spitzengastronomie wird unter anderem in den Restaurants [[Restaurant Stucki (Basel)|Stucki]] (Köchin [[Tanja Grandits]]) im Quartier [[Bruderholz]] und [[Teufelhof Basel|Teufelhof]] geboten. Zu den bekanntesten Cafés der Stadt gehört das Grand Café Huguenin am [[Barfüsserplatz]].<br /> <br /> Weitere historische Basler Restaurants sind das Restaurant Atlantis am Klosterberg, die Hasenburg und das Gifthüttli in der Grossbasler Altstadt.<br /> <br /> === Verlagswesen ===<br /> Die Gründung der Universität Basel im Jahr 1460 brachte der Stadt und auch dem Druckgewerbe und Verlagswesen grossen Aufschwung. Zu den Papiermachern kamen über 50 Drucker, darunter so berühmte wie [[Johannes Petri|Petri]], [[Johann Amerbach|Amerbach]] und [[Johann Froben|Froben]]. 1468 erschien eine lateinische Bibel, welche mit beweglichen Lettern von Bertold Ruppel gesetzt wurde. 1488 gründete Johannes Petri seinen Verlag, der heute das älteste bestehende Druck- und Verlagshaus ist (heute: [[Schwabe AG]].). Mit dem berühmtesten aller Basler Drucker, [[Johann Froben]], wurde nach 1500 Basel zu einem der führenden Verlags- und Druckorte Europas. Heute zählt Basel über 15 Sachbuch- und Literaturverlage, neben Schwabe beispielsweise den [[Birkhäuser Verlag]], den Wissenschaftsverlag [[S. Karger]], den [[EMH Schweizerischer Ärzteverlag|Schweizerischen Ärzteverlag]], den [[Christoph Merian Verlag]], den [[Lenos Verlag]], [[Urs Engeler Editor]], den [[Münsterverlag]], den [[Brunnen-Verlag]] und den [[Hungerkünstler Verlag]].<br /> <br /> === Medien ===<br /> In Basel und der näheren Umgebung erscheinen diverse Zeitungen: Die von der [[Basler Zeitung Medien]] herausgegebene [[Basler Zeitung]] (baz) ist die grösste Tageszeitung der [[Nordwestschweiz]]. Neu entstand, nach dem Streit um die Basler Zeitung, die wöchentlich (jeweils Freitags) erscheinende [[TagesWoche]]. Daneben gibt es auch noch die [[Basellandschaftliche Zeitung]], die in Liestal erscheint, sowie die [[Riehener Zeitung]] als unabhängige Wochenzeitung für die beiden baselstädtischen Gemeinden Riehen und Bettingen. Regionale Nachrichten erscheinen auch in den Gratiszeitungen [[20 Minuten]] und [[Blick am Abend]]. Ein breites Informationsangebot bietet auch die Webzeitung [[OnlineReports]].<br /> <br /> Auch Radiosender sind in Basel vertreten: Neben der Sendung [[Regionaljournal Basel]] des öffentlich-rechtlichen [[Schweizer_Radio_und_Fernsehen|Radiosenders SRF]] gibt es in der Region Basel die zwei privaten Radiosender [[Radio Basilisk]] und [[Energy Basel]] sowie das nicht-kommerzorientierte [[Radio X (Basel)|Radio X]].<br /> <br /> Radio SRF betreibt in Basel ein Radiostudio, aus dem der Sendebetrieb von [[Radio SRF&amp;nbsp;2 Kultur]] abgewickelt wird.<br /> <br /> Ausserdem bedient der Fernsehsender [[Telebasel]] die Stadt und die Nordwestschweiz mit eigenen Programmen.<br /> <br /> [[Datei:Basel Rheinhafen.jpg|miniatur|Basler Rheinhafen]]<br /> <br /> === Verkehr ===<br /> ==== Schiffsverkehr ====<br /> <br /> Seit dem [[Mittelalter]] ist Basel ein bedeutender Handels- und Umschlagplatz für den Warenverkehr zwischen dem [[Mittelmeer]] und der [[Nordsee]]. Die Fahrt auf dem [[Rhein]] zwischen Basel und [[Rotterdam]] beträgt 832&amp;nbsp;km und dauert für heutige Motorschiffe flussab zwischen drei und vier Tagen, flussauf etwa eine Woche. Die Fahrt zwischen Basel und [[Straßburg|Strassburg]] wird durch den [[Rheinseitenkanal]] erleichtert. Durch diesen Kanal umgehen die Schiffe die gefährlichen [[Isteiner Schwellen|Stromschnellen von Istein]].<br /> <br /> Die [[Mannheimer Akte]] aus dem Jahr 1868 gewährleistet der Schweiz die vollen Verkehrsrechte. Der Rhein gilt bis zur Mittleren Brücke in Basel als internationales Gewässer. Rund 12 % des gesamten schweizerischen [[Import]]s werden in den Rheinhäfen umgeschlagen, im Jahr 2010 waren dies 5.5&amp;nbsp;Millionen Tonnen.<br /> <br /> [[Datei:Rhine Rhein Basel 2006 856.JPG|miniatur|Rheinschiff in Basel]]<br /> <br /> In und um Basel gibt es drei [[Hafen|Häfen]], davon liegt nur der Rheinhafen Kleinhüningen auf dem Stadtgebiet, die zwei linksrheinischen Hafenteile in Birsfelden und Muttenz-Au liegen auf basellandschaftlichem Boden. Die drei Hafenteile sind als die Schweizerischen Rheinhäfen organisiert, beide Kantone&amp;nbsp;– Basel-Stadt und Basel-Landschaft&amp;nbsp;– sind an dieser Anstalt öffentlichen Rechts beteiligt. Der älteste Schweizer Rheinhafen St. Johann ist seit dem 1. Januar 2010 nicht mehr in Betrieb.<br /> <br /> {{Siehe auch|Basler Personenschifffahrt|Schweizerische Rheinhäfen|Schifffahrtskanalprojekte in den Alpen}}<br /> <br /> ==== Eisenbahnverkehr ====<br /> [[Datei:Central-Bahnhof SBB von Basel.jpeg|miniatur|Bahnhof SBB und der Centralbahnplatz]]<br /> <br /> Auf dem Stadtgebiet befinden sich drei Fern-Bahnhöfe. Der [[Bahnhof Basel SBB]] (Centralbahnhof) mit den nationalen Linien nach [[Zürich]], [[Bern]]/[[Luzern]] und [[Delsberg]] und den internationalen Linien (Deutschland/Italien), der zum selben Gebäudekomplex gehörende Französische Bahnhof [[Bahnhof Basel SNCF|Basel SNCF]] (Elsässerbahnhof) mit den Linien nach [[Mülhausen]]–[[Paris]]/[[Brüssel]] sowie der [[Basel Badischer Bahnhof|Badische Bahnhof]] (Basel Bad Bf), der sich im Norden der Stadt befindet und von der [[Deutsche Bahn|Deutschen Bahn]] betrieben wird. Hier halten sämtliche Züge von und nach Deutschland, hier beginnen auch die [[Hochrheinbahn|Hochrheinstrecke]] in Richtung [[Waldshut-Tiengen|Waldshut]] und die mittlerweile durch die [[Schweizerische Bundesbahnen]] bediente [[Wiesentalbahn]] nach [[Zell im Wiesental]]. Etwa 2015 soll die neue [[Intercity-Express|ICE]]-Hochgeschwindigkeitsstrecke nach [[Karlsruhe]] eröffnet werden. Basels längster Zuglauf ist der täglich verkehrende Zug Basel – [[Moskau]].<br /> <br /> Daneben existieren die [[Regio S-Bahn Basel|Regio-S-Bahn]]-Haltestellen Basel-St. Johann (an der Bahnlinie Basel SNCF Richtung St. Louis) und Basel-St. Jakob (an der Linie Basel SBB Richtung [[Muttenz]], wobei diese Station normalerweise nur von Extrazügen während Veranstaltungen im Stadion [[St. Jakob-Park]] bedient wird) und seit 2006 Basel-[[Dreispitzareal|Dreispitz]] (an der Linie Basel SBB Richtung Delémont).<br /> <br /> ==== Luftverkehr ====<br /> [[Datei:Flughafen Basel Mulhouse.jpg|miniatur|Terminal am EuroAirport]]<br /> <br /> Der erste Flughafen von Basel wurde 1920 auf dem Sternenfeld-Areal auf dem Gemeindegebiet von [[Birsfelden]] gebaut ([[Flugplatz Basel-Sternenfeld]]).<br /> In den 30er Jahren wurde klar, dass der Flugplatz an diesem Standort nicht im erforderlichen Mass wachsen konnte, um den zukünftigen Anforderungen der Luftfahrt zu genügen. Es entstand die Idee eines binationalen Flughafens auf französischem Gebiet. Die französische Regierung stimmte zu, doch der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs unterbrach die Verhandlungen.<br /> Nach dem Krieg wurde die Idee zügig wieder aufgenommen, und bereits am 8.&amp;nbsp;Mai 1946, nach nur zweimonatiger Bauzeit und noch vor der Ausarbeitung eines Staatsvertrags, wurde auf dem Gebiet der französischen Gemeinde [[Blotzheim]] der Flughafen Basel-Mulhouse eröffnet. Natürlich konnte in dieser kurzen Zeit nur die elementarsten Einrichtungen erstellt werden, der weitere Ausbau bis zum «fertigen» Flughafen erstreckte sich dann über viele Jahre. 1987 führte der Flughafen das Markenzeichen [[Flughafen Basel-Mülhausen|EuroAirport Basel Mulhouse Freiburg]] ein. Heute verfügt der Flughafen über eine Hauptpiste von 3'900&amp;nbsp;m. Im Jahr 2007 betrug das Passagieraufkommen 4,3 Millionen, das Streckennetz umfasste im Linienverkehr 62 Destinationen in 30 verschiedenen Ländern, die von 20 Fluggesellschaften bedient wurden.<br /> <br /> [[Datei:Mittlere Brücke Night.JPG|miniatur|Mittlere Brücke, im Hintergrund die Johanniterbrücke]]<br /> <br /> ==== Strassenverkehr ====<br /> <br /> Die Stadt Basel ist Knotenpunkt wichtiger Strassenverbindungen nach Deutschland und Frankreich. An Basel vorbei verlaufen die beiden hochrangigen [[Europastraße|Europastrassen]] [[Europastraße 25|25]] und [[Europastraße 35|35]] in Nord-Süd-Richtung. Gleichgerichtete Europastrassen der Kategorie A verlaufen sonst in der Regel in grösserem Abstand zueinander.<br /> <br /> Aus [[Luzern]] bzw. [[Zürich]] verbindet die [[Autobahn 2 (Schweiz)|A2]] bzw. die [[Autobahn 3 (Schweiz)|A3]] (E&amp;nbsp;25 und E&amp;nbsp;35) über die [[Nordtangente (Basel)|Nordtangente]] die deutsche [[Bundesautobahn 5|A&amp;nbsp;5]] (E&amp;nbsp;35) Richtung [[Karlsruhe]] und die französische [[Autoroute A35|A&amp;nbsp;35]] (E&amp;nbsp;25) Richtung [[Mülhausen]]. Fünf Strassen- und eine Eisenbahnbrücke verbinden die beiden Teile Basels über den Rhein. In Flussrichtung sind das die [[Schwarzwaldbrücke]] (Autobahn- und Eisenbahnbrücke), die [[Wettsteinbrücke]], die [[Mittlere Brücke]], die [[Johanniterbrücke]] sowie die doppelstöckige [[Dreirosenbrücke]].<br /> <br /> Insbesondere in [[Grossbasel]] durchziehen drei Strassenzüge in konzentrischer Ringform das Stadtgebiet. Viele Strassen in den Quartieren sind rechtwinklig angeordnet. Der Stadtkern ist weitestgehend als [[Fußgängerzone|Fussgängerzone]] vom Autoverkehr befreit.<br /> <br /> ==== Öffentlicher Nahverkehr ====<br /> [[Datei:Basel - Straßenbahn - Netzplan 2009.png|miniatur|Netzplan des Basler Trams]]<br /> <br /> Die öffentlichen Verkehrsmittel in Basel sind in den [[Tarifverbund Nordwestschweiz]] (TNW) integriert. Wichtigstes städtisches Verkehrsmittel ist die [[Strassenbahn Basel]], die gemeinsam von den [[Basler Verkehrs-Betriebe]]n (BVB) und der [[Baselland Transport]] (BLT) betrieben wird. Zwischen 1941 und 2008 verkehrte ausserdem der [[Trolleybus Basel]] in der Stadt, der durch [[Omnibus|Autobusse]] ersetzt wurde.<br /> <br /> Die [[Basler Tramlinien]] verkehren je nach Tageszeit und Strecke alle sechs- bis dreissig Minuten. Das sogenannte Umweltschutz-Abo erschliesst sämtliche öffentliche Verkehrsmittel der [[Kanton (Schweiz)|Kantone]] [[Kanton Basel-Stadt|Basel-Stadt]], [[Kanton Basel-Landschaft|Basel-Landschaft]] sowie Teile der Kantone [[Kanton Solothurn|Solothurn]] ([[Bezirk]] [[Dorneck-Thierstein]]) und [[Kanton Aargau|Aargau]] ([[Fricktal]]: Bezirke [[Rheinfelden (Bezirk)|Rheinfelden]] und [[Laufenburg (Bezirk)|Laufenburg]]).<br /> <br /> In den Jahren 2005 bis 2007 fand eine Kontroverse über die Zukunft der [[Oberleitungsbus|Trolleybusse]] statt; die Absicht der BVB, diese abzuschaffen und sie durch Erdgasbusse zu ersetzen, wurde in einer Volksabstimmung am 17.&amp;nbsp;Juni 2007 relativ knapp gutgeheissen.<br /> <br /> Für die Überquerung des Rheins stehen fünf Brücken für den Individualverkehr, eine Eisenbahn- und eine Fussgängerbrücke zur Verfügung ([[Basler Rheinbrücken]]). Ausserdem lässt sich der Rhein mit vier [[Basler Fähren|Fussgängerfähren]] überqueren.<br /> <br /> == Bildung ==<br /> Basel ist eine [[Humanismus|humanistisch]] geprägte Universitätsstadt. Es bestehen einige bedeutende Angebote für die höhere Ausbildung. Einerseits ist dies die 1460 gegründete [[Universität Basel]] mit mehr als 12'000 Studierenden&lt;ref&gt;[http://www.radiobasel.ch/aktuell/nachrichten/neuer-h%25C3%25B6chststand-bei-studentenzahlen-uni-basel-2010-11-24 ''Neuer Höchststand bei Studentenzahlen an Uni Basel''] auf [[Radio Basel]]&lt;/ref&gt; und Doktorierenden in verschiedenen Fakultäten ([[Theologie]], [[Rechtswissenschaft]]en, [[Medizin]], [[Geisteswissenschaft]]en, [[Wirtschaftswissenschaft]]en, [[Naturwissenschaft]]en, [[Psychologie]]). Internationalen Ruf geniessen unter anderem das [[Biozentrum der Universität Basel]] und das [[ETH Zürich|ETH]]-Departement für Biosysteme D-BSSE, das seit 2006 im Bereich der [[Systembiologie]] und der [[Synthetische Biologie|synthetischen Biologie]] forscht.<br /> <br /> Weiter ist die [[Fachhochschule Nordwestschweiz]] (FHNW) erwähnenswert, mit der [[Hochschule für Gestaltung und Kunst]] (HGK), der [[Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz|Pädagogischen Hochschule]], der Hochschule für [[Soziale Arbeit]] und der Hochschule für Wirtschaft.<br /> <br /> Hinzu kommt die [[Musik-Akademie der Stadt Basel]] mit der Musikschule, der [[Hochschule für Musik (Basel)|Musikhochschule]] (ab 2006 Bestandteil der FHNW) und der [[Schola Cantorum Basiliensis]] sowie die [[Volkshochschule]] beider Basel für die Erwachsenenbildung.<br /> <br /> Basel ist neben dem Humanismus auch für seine mathematische Forschung bekannt. Neben [[Leonhard Euler]] ist besonders die Gelehrtenfamilie [[Bernoulli]] zu nennen, die in Basel Mathematik lehrten und Forschung betrieben. 1910 wurde hier die [[Schweizerische Mathematische Gesellschaft]] gegründet. Im 20. Jahrhundert lehrte der russische Mathematiker [[Alexander Markowitsch Ostrowski]] an der Universität Basel.<br /> <br /> == Kultur und Sehenswürdigkeiten ==<br /> {{Siehe auch|Liste der Kulturgüter in Basel}}<br /> In Basel findet jährlich eine der weltweit bedeutendsten Kunstmessen, die Art Basel, statt. Eine weitere bekannte Sehenswürdigkeit, der [[Zoo Basel]], genannt Zolli, war der erste Zoo der Schweiz.<br /> <br /> === Musik und Theater ===<br /> [[Paul Sacher]] gründete bereits in den 1930er Jahren die [[Schola Cantorum Basiliensis]], die zum Zentrum der Erforschung und Pflege alter Musik wurde. Das [[Musical Theater Basel]] an der Messe bietet regelmässig Vorführungen an. Neben dem [[Sinfonieorchester Basel]] (Chefdirigent [[Dennis Russell Davies]]) haben sich in jüngster Zeit auch einige spezialisierte Orchester einen Namen gemacht wie die [[Basel Sinfonietta|basel sinfonietta]], Capriccio Basel, das [[Ensemble Phoenix Basel|Ensemble Phoenix]] sowie das [[Kammerorchester Basel]], das mit [[Christopher Hogwood]] einen reputierten ersten Gastdirigenten hat. Neben den grossen [[Oratorienchor|Oratorienchören]] wie dem [[Basler Gesangverein]] und dem [[Basler Bach-Chor]] bestehen auch zahlreiche kleinere, meist auf [[a cappella|A-cappella-Musik]] spezialisierte Kammerchöre. International bekannt sind die [[Basler Madrigalisten]] und die [[Knabenkantorei Basel]] (KKB). Alle drei Jahre findet in Basel das [[Europäisches Jugendchor Festival Basel|Europäisches Jugendchorfestival]] statt.<br /> <br /> Basel verfügt über eine [[Musik-Akademie der Stadt Basel|Musikakademie]] mit Unterabteilungen wie die [[Schola Cantorum Basiliensis]], aus der das Barockorchester [[La Cetra]] entstand, und die [[Hochschule für Musik (Basel)|Musikhochschule]]. Auch die [[Paul Sacher|Paul-Sacher-Stiftung]] hat ihren Sitz in Basel.<br /> <br /> Weit über die Schweiz hinaus bekannt sind die traditionellen Basler Pfeifer und Tambouren der [[Basler Fasnacht]]. In Sachen Militär- und Marschmusik findet mit dem [[Basel Tattoo]] die zweitgrösste Tattoo-Veranstaltung der Welt jährlich in Basel statt.<br /> <br /> Überregional bekannt sind die [[Jazz]]musik-Anlässe [[Baloise Session]] (ehemals AVO Session), [[Em Bebbi sy Jazz]] und [[Jazzfestival Basel]]. Der Jazzclub [[the bird’s eye jazz club Basel|the bird’s eye]] im [[Lohnhof]] am Kohlenberg wird zu den besten Europas gezählt.&lt;ref&gt;[http://www.birdseye.ch/Presse/JazzTime_2011-09.pdf JazzTime 9/2011]&lt;/ref&gt; Der [[Blues]] wird am Rheinknie ebenfalls gepflegt, stellvertretend genannt seien hier das im Jahr 2000 gegründete [[Blues Festival Basel]] und das [[summerblues]] im Kleinbasel. <br /> <br /> Das ''[[Sonic (Basel)|Sonic]]'' in der [[St. Jakobshalle]] gilt als das grösste Techno-Dance-Event der Schweiz.<br /> <br /> Basel ist ferner eine Stadt mit bedeutender [[Orgel]]kultur, die acht Kirchen mit historischen Orgeln besitzt.<br /> <br /> Die Basler Musikszene brachte bereits mehrere national und international bekannte Bands hervor, zum Beispiel die [[Lovebugs]], [[Myron]] und [[Dankner]]. Ausserdem kommen bzw. kamen der Sänger und Schauspieler [[Martin Schenkel]] und die Sängerin [[Nubya]] aus Basel.<br /> <br /> Als grösstes [[Mehrspartentheater]] der deutschsprachigen Theaterlandschaft tat sich das [[Theater Basel]] mit vielbeachteten modernen Schauspiel-Inszenierungen, mit Tanztheater, Opernaufführungen und -uraufführungen hervor ([[Macbeth (Shakespeare)|Macbeth]], [[Die Zauberflöte]], [[La traviata]]). 2009 und 2010 wurde das Theater Basel zum [[Opernhaus des Jahres]] der Fachzeitschrift [[Opernwelt]] gewählt.<br /> <br /> In der Genossenschaft zur Förderung der Basler Kleintheater GBK haben sich 1981 18 Kleintheater zusammengeschlossen. Dieser in Europa einmaliger Zusammenschluss umfasst folgende Theater: Atelier-Theater, Baseldytschi Bihni, Basler Marionetten Theater, Die Kuppel, Figurentheater Vagabu, Häbse Theater, junges theater basel, Kaserne Basel, kleinkunstbühne rampe, parterre, Sud, Theater Fauteuil, TheaterFalle Basel, Theater Arlecchino, Theater im [[Teufelhof (Basel)|Teufelhof]], Vorstadttheater Basel.<br /> <br /> === Museen ===<br /> {{Hauptartikel|Museen in Basel}}<br /> <br /> [[Datei:Tinguely Museum.jpg|miniatur|[[Museum Tinguely]]]]<br /> <br /> Das [[Kunstmuseum Basel]] (grösstes Kunstmuseum der Schweiz) ragt dabei als die älteste städtische Kunstsammlung der Welt überhaupt heraus. Schwerpunkte des Museums liegen bei Künstlern der [[Renaissance]] sowie des 19. und 20.&amp;nbsp;Jahrhunderts. Werke ab etwa 1960 werden im [[Museum für Gegenwartskunst (Basel)|Museum für Gegenwartskunst]] ausgestellt. Weitere bedeutende Kunstsammlungen sind unter anderem das [[Museum Tinguely]] und die private [[Fondation Beyeler]], die in einem von [[Renzo Piano]] entworfenen Haus in [[Riehen]] Bilder und [[Plastik (Kunst)|Plastiken]] vor allem der [[Klassische Moderne|klassischen Moderne]] zeigt. Das [[Schaulager]] wurde 2003 eröffnet und ist vom Konzept her eine Mischung zwischen öffentlichem Museum, [[Konservatorium]] und Kunstforschungsinstitut.<br /> <br /> Sehenswert sind auch viele andere der insgesamt über 30 Museen, wie etwa das [[Antikenmuseum Basel|Antikenmuseum]], das [[Schweizerisches Architekturmuseum|Architekturmuseum]], das [[Naturhistorisches Museum Basel|Naturhistorische Museum]] und das [[Museum der Kulturen Basel|Museum der Kulturen]] (früher Museum für Völkerkunde). Daneben gibt es eine Vielzahl kleinerer Sammlungen und Museen, wie beispielsweise die [[Anatomie|Anatomische Sammlung]] der Universität, die im [[Anatomisches Museum Basel|Anatomischen Museum]] zu sehen ist, das [[Pharmazie-Historisches Museum der Universität Basel]], das [[Jüdisches Museum der Schweiz]] und das Spielzeugmuseum in Riehen sowie das [[Spielzeug Welten Museum Basel|Spielzeug Welten Museum]]. Auf deutscher Seite in [[Weil am Rhein]], unweit der Grenze, befindet sich ausserdem das von [[Frank Gehry]] entworfene [[Vitra Design Museum]]. Städtische Museen gewähren am ersten Sonntag im Monat freien Eintritt.<br /> <br /> === Archäologie ===<br /> Die Archäologische Bodenforschung ist eine kantonale Fachstelle, die sich um das [[Archäologie|archäologische]] Erbe des Kantons bemüht.&lt;ref&gt;[http://www.mybasel.ch/basel_tippdesmonats.cfm?mybasel.monatstipp.Command=detail&amp;hlid=56 Hinweis zu den Infostellen auf mybasel.ch]&lt;/ref&gt; Sie gibt regelmässig Jahresberichte und Fachzeitschriften wie die sogenannten Materialhefte heraus.&lt;ref&gt;[http://www.archaeobasel.ch/vermitteln/publikation/index.php Publikationen bei archaeobasel.ch]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> An verschiedenen Orten der Stadt hat die Fachstelle sogenannte Infostellen eingerichtet, um kompetent über die archäologischen Ausgrabungen Basels zu informieren. Der grösste Teil dieser Stellen befindet sich direkt bei den Grabungsstätten und ist öffentlich zugänglich.&lt;ref&gt;[http://www.archaeobasel.ch/vermitteln/infostellen/index.php Übersicht Infostellen der Archäologischen Bodenforschung Basel]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Öffentlich zugängliche Ausgrabungen befinden sich beispielsweise bei der Aussen[[krypta]] des Basler Münsters, wo 1947 Überreste [[Kelten|keltischer]] und [[Römisches Reich|römischer]] Herkunft sowie solche aus dem Mittelalter gefunden wurden; die Krypta selbst stammt aus der Zeit von Bischof [[Haito]] und wird auf 805 bis 823 datiert. Weiter befindet sich eine Infostelle beim ehemaligen Verwaltungsgebäude am Münsterplatz, bei einer Ausgrabung fand man Reste der [[Gotik|spätgotischen]] St. Johanneskapelle von 1386, jedoch auch auf Überreste einer [[Romanik|romanischen]] Kirche von 1100 und sogar auf solche einer römischen Strasse. Ein drittes Beispiel ist der wiederentdeckte [[Ofenbauer|Hafner-Ofen]] von 1830, dessen Ausgrabungsstelle am Klosterberg zu besichtigen ist. Am Gerbergässlein schliesslich, fand man Zeugnisse einer [[Gerben|Gerberei]] aus dem Mittelalter.&lt;ref&gt;[http://www.mybasel.ch/basel_tippdesmonats.cfm?mybasel.monatstipp.Command=detail&amp;start=11&amp;hlid=56 Ausgrabungsbeispiele auf mybasel.ch]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Basel selbst wurde dem bekannten Archäologen [[Karl Schefold]] zur Heimat, der sich hier 1936 in klassischer Archäologie habilitierte. Er hat bei diversen Ausgrabungen mitgewirkt und einige nennenswerte Werke zur Archäologie verfasst.<br /> <br /> === Architektur ===<br /> [[Datei:Wildtsches Haus.JPG|miniatur|Wildt’sches Haus]]<br /> [[Datei:Basel Messeturm.jpg|miniatur|hochkant|[[Messeturm Basel|Basler Messeturm]]]]<br /> <br /> Auf dem Münsterberg erhebt sich das 1019 im Beisein von Kaiser [[Heinrich II. (HRR)|Heinrich II.]] und [[Kunigunde von Luxemburg|Kaiserin Kunigunde]] geweihte [[Basler Münster]] als Denkmal [[Romanik|romanischer]] und [[Gotik|gotischer]] Baukunst in rotem [[Sandstein]]. Nebst mittelalterlichen Bauten, [[barock]]en Stadtpalais (zum Beispiel [[Wildt’sches Haus]] und Stadthaus), Exempeln für den [[Historismus]] ([[Pauluskirche (Basel)|Pauluskirche]], [[Elisabethenkirche (Basel)|Elisabethenkirche]], Haus der Allgemeinen Lesegesellschaft), des [[Jugendstil]]s ([[Küchlin]]theater und [[Hotel Krafft]]), Zeugnissen der frühen [[Moderne (Architektur)|Moderne]] mit Bauten von [[Karl Moser]] ([[Antoniuskirche (Basel)|Betonkirche St. Antonius]] 1925–1927), [[Hans Bernoulli]], [[Hannes Meyer]] oder [[Hans Schmidt (Architekt)|Hans Schmidt]], sind in den 1980er und 1990er Jahren Bauten der Basler Büros [[Herzog &amp; de Meuron]], [[Diener &amp; Diener Architekten|Diener &amp; Diener]] oder [[Morger &amp; Degelo]] dazugekommen. Auch international bekannte Architekten wie [[Mario Botta]] (Zweitgebäude der [[Bank für Internationalen Zahlungsausgleich|BIZ]], [[Museum Tinguely]]), [[Renzo Piano]] (Museum der [[Fondation Beyeler]]) oder [[Richard Meier (Architekt)|Richard Meier]] haben in Basel gebaut. Seit den 1990er Jahren gilt Basel – auch dank den internationalen Erfolgen des Architekturbüros Herzog &amp; de Meuron – als bedeutendes Zentrum der [[Zeitgenössische Architektur|Gegenwartsarchitektur]]. Neun Träger des [[Pritzker-Preis]]es, der international renommiertesten Auszeichnung für Architekten, haben in Basel gebaut, die Vororte mit eingerechnet, sind es sogar zwölf.<br /> <br /> Das 68 Meter hohe [[Lonza Group|Lonza]]-Haus von Hans Rudolf und Otto Suter aus dem Jahr 1962 ist ein markantes Hochhaus in Basel und wird oft mit dem Mailänder [[Pirelli-Hochhaus|Pirelli-Bau]] verglichen. Zum Bezugszeitpunkt war das Hochhaus das höchste Basels. Die nüchterne, feingliedrige Fassade des Hauses brachte ihm den Spitznamen ''Rasierapparat'' ein.<br /> <br /> Der 105 Meter hohe [[Messeturm Basel|Messeturm]] mit 31 Etagen ist das zweithöchste Nutzgebäude der Schweiz. Er wurde von der Architektengemeinschaft Morger &amp; Degelo konzipiert und zwischen Juli 2001 und Oktober 2003 erbaut. Das höchste Gebäude der Schweiz ist der 250&amp;nbsp;Meter hohe [[Fernsehturm St. Chrischona|Fernsehturm auf St. Chrischona]] bei Basel.<br /> <br /> Für besondere Verdienste um den Ortsbildschutz erhielt Basel vom [[Schweizer Heimatschutz]] im Jahre 1996 den [[Wakkerpreis]].<br /> <br /> {{Siehe auch|Liste von Sakralbauten in Basel|Basler Brunnen}}<br /> <br /> === Film ===<br /> Aus einem Studentenfilmclub (1930) war der Grundstock der Filmsammlung Bächlin-Schmidt-Schmalenbach in das Schweizerische Filmarchiv übergegangen. Die in Basel 1939, 1943 und 1945 durchgeführten Filmwochen können als eines der ersten [[Filmfestival]]s der Welt bezeichnet werden – nur das [[Internationale Filmfestspiele von Venedig|Festival von Venedig]] startete früher.&lt;ref&gt;[[Charles Stirnimann]], Rolf Thalmann, Monika Schib Stirnimann: ''Basler Zeitgeschichte im Plakat''. [[Christoph Merian Verlag]], Basel, 2001.&lt;/ref&gt; Mit Regierungsratbeschluss vom 1. August 1945 ging das Filmarchiv in den Besitz des Kantons Basel-Stadt über; dort hatte man es der Schulmaterialzentrale angegliedert. Nach einem interkantonalen Aufruf zur Rettung und Finanzierung, der erfolglos blieb, fand sich im [[Stadtrat]] von [[Lausanne]] ein Fürsprecher für die Übernahme des Archivs. Die Filme waren in den Kellerräumen der [[Basler Kantonalbank]] am Blumenrain eingelagert. Heute werden sie im [[Schweizer Filmarchiv]] in Lausanne aufbewahrt.<br /> <br /> Der Verein Le Bon Film fand nach Jahrzehnten endlich eine feste eigene Spielstätte, das Stadtkino. Es befindet sich im ehemaligen Gipsskulpturensaal der Kunsthalle. Die Gipsskulpturen sind in einem Fabrikgebäude in Neu-Allschwil abgestellt. Mit finanzieller Hilfe der [[Christoph Merian Stiftung]] wurde das schwarz ausgeschlagene 100-Plätze-Stadtkino möglich.<br /> <br /> Nachdem verschiedene pharmazeutische und chemische Unternehmen in Basel ihre eigenen Filmproduktionseinheiten aufgegeben hatten, zerfiel die lokale Produktion. Der mit drei Oscars dekorierte [[Arthur Cohn]] stammt aus Basel, lokal gibt es eine minimale Filmherstellung im Rahmen von Kursen an der Hochschule für Gestaltung.<br /> <br /> Die 1980 gegründeten Krienser Filmtage, heute VIPER (Video Performance) genannt, sind seit einigen Jahren in Basel beheimatet. Die Basler Kinotheater bieten auf 30 Bildwänden eine Vielfalt von Lichtspielen an.<br /> <br /> Basel hat viele kleinere und grössere [[Kino]]s im gesamten Stadtgebiet verteilt. Die grösste Ansammlung an Kinos findet sich entlang der Steinenvorstadt. Viele der Filme werden im Originalton mit Untertitel gezeigt. Im Herbst 2006 wurde das [[Multiplex-Kino]] «Pathé Küchlin» mit 8 Sälen und 2300 Plätzen im Herzen der Stadt eröffnet.<br /> <br /> === Literaturbetrieb ===<br /> Im Jahre 2000 wurde das [[Literaturhaus Basel]] eröffnet, das erste Haus dieser Art in der Schweiz. Seit 2003 findet jährlich im November die «[[BuchBasel]]», ein Buch- und [[Literaturfestival]] statt.<br /> <br /> === Brauchtümer ===<br /> [[Datei:Basler-fasnacht.jpg|miniatur|Eine Clique bei der Basler Fasnacht]]<br /> <br /> {{Hauptartikel|Basler Fasnacht}}<br /> <br /> Die Basler Fasnacht ist die grösste [[Karneval, Fastnacht und Fasching|Fasnacht]] der Schweiz und gleichzeitig die einzige [[Protestantismus|protestantische]] Fasnacht der Welt.&lt;ref&gt;[[Ulrich Im Hof]]: ''Geschichte der Schweiz, und der Schweizer'', Bd. 2. Helbing &amp; Lichtenhahn, Basel, 1983&lt;/ref&gt; Ihr Auftakt bildet der [[Morgestraich]], der am Montag nach [[Aschermittwoch]] morgens um vier Uhr in der Früh beginnt. Die Fasnacht zieht jedes Jahr zehntausende Besucher an und geniesst weltweit grosse Bekanntheit. Nach drei Tagen und Nächten endet sie am Donnerstagmorgen um vier Uhr mit dem so genannten Endstreich. Während dieser 72 Stunden kann man auf den Strassen der Basler Innenstadt [[Fasnachtsclique|Cliquen]], [[Guggenmusik]]er, [[Waggis]]wagen und [[Chaise]]n bestaunen. Am Montag- und Mittwochnachmittag findet jeweils der Cortège, ein Umzug aller Aktiven, statt. Am Dienstagnachmittag ist die Kinder- und Familienfasnacht und abends dann das grosse Guggen-Konzert. Zur Fasnacht gehören auch die [[Schnitzelbank (Bänkelsang)|Schnitzelbänke]] ([[Büttenrede]]n) die in Versform und gesungen im Basler Dialekt in Restaurants und Bars der Stadt vorgetragen werden. Traditionelle Speisen zur Fasnacht sind die [[Mehlsuppe]], die [[Zwiebelkuchen|Ziibelewaie]] sowie die [[Käsewähe|Käswaie]].<br /> <br /> [[Datei:Vogel gryff wandbild.jpg|miniatur|Wandgemälde mit Leu, Wild Maa und Vogel Gryff]]<br /> <br /> Abwechselnd im Turnus von drei Jahren, am 13., 20. oder 27.&amp;nbsp;Januar, erlebt Basel alljährlich das Fest der [[Drei Ehrengesellschaften Kleinbasels]] (→ [[Vogel Gryff]]). An diesem Tag treten die drei personifizierten Schildhalter [[Vogel Gryff]], ein Greif in schwerem Schuppenpanzer, der [[Wilder Mann#Figur auf Festen und Umzügen und im Brauchtum|Wild Maa]], ein tännchenschwingender Wilder Mann, und der Leu, ein Löwe, auf. Sie ziehen durch [[Kleinbasel]] und führen dabei allerorts ihre traditionellen Tänze vor.<br /> <br /> === Sport ===<br /> In Basel gibt es zahlreiche Sportclubs, vor allem im Fussball. Der [[FC Basel]] ist für viele der Fussballclub einer ganzen Region und gleichzeitig der international erfolgreichste Fussballclub der Schweiz. Der [[EHC Basel]] spielte bis 2008 in der höchsten [[National League A|Eishockey-Liga]] der Schweiz. Die [[Fechtgesellschaft Basel]] ist eine der ältesten der Schweiz und brachte unter anderem Olympiasieger [[Marcel Fischer (Fechter)|Marcel Fischer]] hervor. Auch im Tennis gibt es Erfolge zu nennen, [[Roger Federer]] und [[Patty Schnyder]] stammen aus Basel, bzw. dem Baselbiet. Basel ist auch Schauplatz der [[Swiss Indoors]], einem internationalen Tennisturnier der ATP-Tour. Der [[St. Jakob-Park]] ist das grösste Stadion der Schweiz und regelmässig Schauplatz im internationalen Fussballgeschehen, so an der [[Fußball-Weltmeisterschaft 1954|Fussball-Weltmeisterschaft 1954]], der [[Fußball-Europameisterschaft 2008|Fussball-Europameisterschaft 2008]], bei Auftritten des FC Basel in internationalen Wettbewerben, den wichtigsten Länderspielen der Schweizer Nationalmannschaft und 2004 als Spielort im Benefizspiel zwischen den «[[Zinédine Zidane|Zidane]] &amp; Friends» und «[[Ronaldo]] &amp; Friends». Des Weiteren werden der St. Jakob-Park und die [[St. Jakobshalle]] für Konzerte genutzt.<br /> <br /> ==== Sportereignisse ====<br /> [[Datei:Basel Stadion aussen.JPG|miniatur|Der [[St. Jakob (Sportzentrum)|St. Jakob-Park]] in der Aussenansicht.]]<br /> [[Datei:StJakobParkB.JPG|miniatur|Der St. Jakob-Park in der Übersicht]]<br /> <br /> 1954 war Basel einer von sechs Spielorten der Fussball-Weltmeisterschaft 1954. 1969 fand hier auch die 5. [[Gymnaestrada]] statt. Weiter war die St. Jakobshalle 1986 einer der Austragungsorte der [[Handball-Weltmeisterschaft]], 1998 von Spielen der [[Eishockey-Weltmeisterschaft]] (Weltmeister Schweden, Schweiz 4. Schlussrang) und war 2006 einer von fünf Austragungsorten der Handball-Europameisterschaft. Basel wurde als einer der Spielorte der [[Fußball-Europameisterschaft 2008|Fussball-EM 2008]] ausgewählt, weil das Stadion St. Jakob-Park bereits über die für einen solchen Grossanlass notwendige Infrastruktur verfügte. Im St. Jakob-Park fanden die drei Spiele der Schweiz (darunter das Eröffnungsspiel), zwei Viertel- und ein Halbfinale statt.<br /> <br /> Im [[Tennis]] ist Basel jeweils Schauplatz der Swiss Indoors. Seit 1991 ist die St.-Jakobshalle der Austragungsort für die [[Swiss Open (Badminton)|Swiss Open im Badminton]].<br /> <br /> Basel ist Austragungsort der seit 2000 stattfindenden European Skateboard Championships, welche die Europameisterschaft im Skateboardfahren darstellt. Sie wird jährlich auf der Kunsteisbahn St. Margarethen ausgetragen.<br /> <br /> Seit 2010 findet jeweils im November mit dem ''Basel Head'' ein Achter-Verfolgungsrennen auf dem Rhein statt.<br /> <br /> ==== Sportverbände und -clubs ====<br /> Der europäische Kontinental-Fussballverband, die [[UEFA]], wurde 1954 in Basel gegründet, daneben ist Basel der Sitz der [[International Handball Federation]].<br /> <br /> Im [[Fussball]] ist die Stadt mit dem [[FC Basel]] in der höchsten Schweizer Spielklasse, der [[Raiffeisen Super League]], vertreten. Bislang wurde der FC Basel 17-facher [[Schweizer Meister (Fussball)|Schweizer Meister]] und 11-facher [[Schweizer Cup|Cupsieger]]. Daneben qualifizierte sich der FCB bislang viermal für die [[UEFA Champions League]], in der sich Basel als erster Schweizer Verein für die Achtelfinals, und damit die K.-o.-Phase, qualifizieren konnte.<br /> <br /> Ein weiterer Verein mit Teilnahmen im Schweizer Profifussball war der [[FC Concordia Basel]], welcher bis zum Lizenzentzug 2009 in der [[Challenge League]], der zweithöchsten Liga, vertreten war und aktuell fünftklassig spielt. Der [[BSC Old Boys Basel]], welcher für den heutigen Schweizer Erstligisten [[BSC Young Boys Bern]] Namens- und Farbgeber war, spielte früher ebenfalls in der höchsten Spielklasse und stand in mehreren Endspielen um die Schweizer Meisterschaft von denen jedoch keines gewonnen werden konnte. Momentan ist «OB» in der neuen dritten Schweizer Liga, der [[1. Liga Promotion]] vertreten. Ebenfalls erstklassig und in mehreren Finals um die Meisterschaft vertreten war der [[FC Nordstern Basel]]. Zudem erreichte Nordstern zwei Mal den Cupfinal, ging jedoch in beiden Fällen gegen den gleichen Gegner, [[Lausanne Sports]], als Verlierer vom Platz. Dabei kassierte Nordstern 1935 mit 0:10 die höchste Finalniederlage im [[Schweizer Cup]], ironischerweise ereilte dem Gegner, [[Lausanne Sports]], zwei Jahre später gegen den [[Grasshopper Club Zürich]] dasselbe Schicksal. Der FC Nordstern spielt heutzutage in den Niederungen des Schweizer Fussballs und ist momentan nur siebtklassig. Der fünfte ehemals erstklassige Teilnehmer, der FC Black Stars Basel, stellt momentan nach dem [[FC Basel]] und dem [[BSC Old Boys Basel]] die Nummer drei in der Stadt dar und spielt in der vierten Liga, der [[1. Liga Classic]].<br /> <br /> Der Ski-Club Basel wurde 1904 gegründet und damit einer der ältesten Skiclubs der Schweiz. Im [[Eishockey]] sind der [[EHC Basel]] in der [[National League B]] und der EHC Basel-Kleinhüningen in der 1. Liga vertreten. Die Handballer des [[RTV 1879 Basel]] konnten im Jahr 1984 ihren bisher einzigen Schweizer Meistertitel feiern und vertreten die Stadt nach dem zwischenzeitlichen Abstieg seit 2003 wieder in der höchsten Spielklasse (Swiss Handball League). Im [[Basketball]] sind die [[Starwings Basket Regio Basel]] der momentan einzige erstklassige Vertreter der Deutschschweiz.<br /> <br /> Weitere Vereine sind unter anderem der [[Judo Club Basel]], 1935 gegründet und somit einer der ältesten Judo Clubs in der Schweiz, der Basler Ruder-Club (gegründet 1884), das europäische [[Ultimate Frisbee]] Topteam [[Freespeed Basel]], der Schachclub Birsfelden Beider Basel (Schweizergruppenmeister 2006), sowie der Beachsoccer-Verein BSC Scorpions Basel, welcher nebst der Schweizer Meisterschaft und dem Schweizer Cup auch die Champions League mehrmals gewinnen konnte. Die Scorpions sind somit einer der erfolgreichsten Beachsoccer-Vereine Europas.<br /> <br /> == Persönlichkeiten ==<br /> {{Hauptartikel|Liste von Söhnen und Töchtern der Stadt Basel|Liste Basler Persönlichkeiten}}<br /> <br /> === Politik und Stadtgeschichte ===<br /> [[Datei:Hans Holbein d. J. 009.jpg|miniatur|hochkant|Jakob Meyer zum Hasen]]<br /> Als Stadtgründer gilt [[Lucius Munatius Plancus]] (87 v. Chr.–15 v. Chr.), der nach dem in Gaeta aufgefundenen Grabstein im Jahre 44 v. Chr. die Kolonie Augusta Raurica (heute: [[Augst]]) gegründet hat. Die archäologischen Zeugnisse setzen allerdings bereits im Jahr 6 v. Chr. ein, weshalb die Gründung heute nicht mehr klar nachweisbar ist.<br /> <br /> [[Jakob Meyer zum Hasen]] wurde in 1482 Basel geboren und verbrachte sein ganzes Leben bis 1531 dort, dazu war er von 1516 bis 1521 Bürgermeister der Stadt. Bekannt wurde er, weil er der erste Bürgermeister aus den Reihen einer [[Zunft]] war und die [[Darmstädter Madonna]] bei [[Hans Holbein der Jüngere|Hans Holbein dem Jüngeren]] in Auftrag gab.<br /> <br /> Ein weiterer bedeutender Bürgermeister Basels war [[Johann Rudolf Wettstein]] (1582–1666), welcher in den Verhandlungen zum [[Westfälischer Friede|Westfälischen Frieden]] unaufgefordert die Position der [[Schweiz]]er Eidgenossenschaft vertrat und 1648 die Loslösung der damaligen Schweiz vom [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich deutscher Nation]] erreichte.<br /> <br /> === Wirtschaft und Sport ===<br /> <br /> [[Edouard Probst]], der erste Schweizer Teilnehmer beim [[24-Stunden-Rennen von Le Mans]] wurde 1898 in Basel geboren und starb 1974 in dieser Stadt.<br /> <br /> [[Marcel Ospel]] (*&amp;nbsp;1950) ist ein Schweizer Manager und ehemaliger Verwaltungsratspräsident der UBS. Er ist Bürger von Basel und bekannt für sein Einkommen, welches in den Schweizer Medien als sehr hoch gehandelt wird. Im Grounding-Skandal der [[Swissair]] hatte er die Rolle als Ansprechpartner der Banken inne.<br /> <br /> Basel hat eine Reihe von Sportgrössen hervorgebracht. Aus der Stadt sind dies folgende Athleten: die Fussballer [[Gottfried Dienst]], ehem. Fussballschiedsrichter und [[Karl Odermatt]], ehem. Fussballer; [[Emil Handschin]], ehem. Eishockeyspieler, oder die Fechterin [[Gianna Hablützel-Bürki]], Europameisterin und Doppel-Silbermedaillengewinnerin an den Olympischen Spielen in Sydney (2000).<br /> <br /> Andere Sportgrössen wie der Fechter [[Marcel Fischer (Fechter)|Marcel Fischer]] (Biel), Olympiasieger 2004, die Fussballnationalspieler [[Alexander Frei]], [[Marco Streller]] und die Yakın-Brüder [[Murat Yakin|Murat]] und [[Hakan Yakin|Hakan]] (Münchenstein) sowie die Tennisspielerin [[Patty Schnyder]] (Bottmingen) werden mit Basel in Verbindung gebracht, obschon sie eigentlich aus dem [[Kanton Basel-Landschaft]] stammen oder, wie Marcel Fischer oder der Tennisspieler [[Roger Federer]], dort lange lebten.<br /> <br /> === Wissenschaft und Religion ===<br /> [[Datei:Desidrius Erasmus by Hans Holbein.jpg|miniatur|hochkant|Erasmus von Rotterdam]]<br /> <br /> Der holländische [[Philologie|Philologe]], Philosoph und [[Humanismus|Humanist]] [[Erasmus von Rotterdam]] (1466 bzw. 1469–1536) verbrachte den Herbst seines Lebens in Basel. Er gilt durch seine kritischen theologischen Schriften als Vorreiter der Reformation.<br /> <br /> Theophrastus Bombast von Hohenheim, bekannt unter dem Namen [[Paracelsus]] (1493–1541) war ein Arzt, Alchemist, Mystiker, Laientheologe und Philosoph. Er war durch seine Heilungserfolge legendär, hatte aber auch beissende Kritik zu verkraften. In Basel hatte er studiert und war ein Jahr als Stadtarzt tätig.<br /> <br /> Johannes Heussgen oder bekannter unter [[Johannes Oekolampad]] (1482–1531) war [[Reformation|Reformator]] in Basel und starb ebenda. Er genoss hohes Ansehen, aber hatte nie eine solch einflussreiche Stellung wie [[Huldrych Zwingli]] in Zürich, da Basel Bischofssitz war. Durch Oekolampads Bemühungen wurde aber immerhin 1528 die Glaubensfreiheit für [[Reformierte Kirche|Reformierte]] in Basel genehmigt.<br /> <br /> Als weiterer Reformator und Begründer des [[Calvinismus]] ist [[Johannes Calvin]] (1509–1564) zu erwähnen, der mehrere Jahre in Basel lebte und hier sein Hauptwerk [[Institutio Christianae Religionis]] erstmals veröffentlichte. Später wurde er Reformator von [[Genf]]. Calvins Ruf hat durch seine Befürwortung von [[Hexenverfolgung|Hexenverbrennungen]] arg gelitten. Sein anfänglicher Mitstreiter und späterer Gegner [[Sebastian Castellio]] lebte seit 1544 in Basel. Ebenfalls 1544 zog der in den Niederlanden verfolgte Täufer [[David Joris]] nach Basel, wo er bis zu seinem Tod 1556 unter dem Namen Johann von Bruck unerkannt lebte.<br /> [[Datei:Jakob Bernoulli.jpeg|miniatur|hochkant|Jakob Bernoulli]]<br /> <br /> Die Familie [[Bernoulli]] hat über mehrere Generationen hinweg bedeutende Persönlichkeiten in Mathematik und Physik und anderen naturwissenschaftlichen Zweigen hervorgebracht. Acht Mitglieder der Familie waren Professoren, andere Familienmitglieder wandten sich mit Erfolg gesellschaftswissenschaftlichen oder künstlerischen Disziplinen zu. Der mathematische Lehrstuhl war 105 Jahre lang von einem Bernoulli besetzt.&lt;ref&gt;Hans Wussling: ''Biographien bedeutender Mathematiker'', Aulius Verlag &amp; Deubner, ISBN 3-7614-1191-X, Seite 222&lt;/ref&gt; [[Jakob I. Bernoulli]] (1655–1705) war Mathematiker und Physiker. Er war zeitlebens in Basel beheimatet. Jakob Bernoulli hat wesentlich an der Entwicklung der Wahrscheinlichkeitstheorie sowie zur Variationsrechnung und zur Untersuchung von Potenzreihen mitgearbeitet. [[Daniel Bernoulli]] (1700–1782) war Mathematiker und Physiker und Neffe von Jakob. Mit Arbeiten zur [[Riccatische Differentialgleichung|Riccatischen Differentialgleichung]] wurde er europaweit bekannt. Der nach Daniel Bernoulli benannte [[Strömung nach Bernoulli und Venturi|Bernoulli-Effekt]] ist von grosser Bedeutung in der Aerodynamik.<br /> <br /> [[Datei:Leonhard_Euler_by_Handmann.png|miniatur|hochkant|Leonhard Euler]]<br /> <br /> Als einer der bedeutendsten Mathematiker überhaupt gilt [[Leonhard Euler]] (1707–1783). Euler wurde in Basel geboren und studierte dort. Seine Leistungen im Bereich der Mathematik sind immens und unbestritten, so wird er zum Beispiel als Erfinder der heute in der Mathematik gängigen Symbolik angesehen. Mit über 800 Publikationen gilt er zudem als der produktivste Mathematiker überhaupt. 2007 wurde der 300. Geburtstag von Euler mit einem öffentlichen Festakt, Ausstellungen, Symposien, und Publikationen gefeiert.&lt;ref&gt;[http://www.euler-2007.ch/ Leonhard Eulers 300. Geburtstag – Basel 2007]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Der evangelisch-reformierte Theologe [[Karl Barth]] (1886–1968) lebte und wirkte in Basel. Er gilt im Bereich der europäischen evangelischen Kirchen aufgrund seiner theologischen Gesamtleistung als «Kirchenvater des 20. Jahrhunderts».<br /> <br /> Die Wissenschafter [[Tadeus Reichstein]] (Chemie) sowie [[Werner Arber]] (Biologie) waren Professoren an der Universität Basel, als sie mit dem Nobel-Preis geehrt wurden.<br /> <br /> [[Albert Hofmann]] (1906–2008) Schweizer Chemiker und Professor, Entdecker der halluzinogenen Wirkung des [[Lysergsäurediethylamid|LSDs]], lebte und wirkte in Basel.<br /> <br /> === Kunst und Kultur ===<br /> [[Datei:Nietzsche1882.jpg|miniatur|hochkant|Friedrich Nietzsche]]<br /> [[Datei:Hermann Hesse 1927 Photo Gret Widmann.jpg|miniatur|hochkant|Hermann Hesse]]<br /> <br /> [[Urs Graf der Ältere]] (etwa 1485 bis 1529) war ein [[Glasmalerei|Glasmaler]], [[Kupferstich|Kupferstecher]] und Goldschmied der Renaissance, dessen Werke eine hohe Qualität besitzen und ausser den Glaswerken bis heute erhalten sind. Er verbrachte den zweiten Teil seines Lebens in Basel.<br /> <br /> Ein bedeutender Maler der [[Renaissance]] war ohne Zweifel auch [[Hans Holbein der Jüngere]] (1497 oder 1498–1543), der sich selbst als Basler bezeichnete, obschon er nur von 1515 bis 1523 in Basel lebte. Holbein malte die [[Darmstädter Madonna]] oder den [[Totentanz]].<br /> <br /> Der Basler Maler, Zeichner und Kunstkenner [[Johann Rudolf Huber]] wurde in Basel, Bern, Venedig und Rom ausgebildet. Er war in Basel, Stuttgart, Durlach, Bern, Neuenburg, und Solothurn tätig und gilt als der bedeutendste Schweizer Maler des Hochbarock.<br /> <br /> Der Schriftsteller, Dichter und Prälat [[Johann Peter Hebel]] wurde 1760 in Basel geboren, wo seine Eltern in Diensten der Basler Patrizierfamilie Iselin standen. Er verlebte seine Kindheit zur Hälfte in [[Hausen im Wiesental]], zur Hälfte in Basel und besuchte dort zeitweise das Gymnasium am Münsterplatz. Hebel verfasste später unter anderem das Gedicht ''Erinnerung an Basel'',&lt;ref&gt;siehe z.&amp;nbsp;B. auf [[s:Erinnerung an Basel|Wikisource]]&lt;/ref&gt; dessen Text die Grundlage für das ''[[Baslerlied]]'' bildet. Die [[Basler Hebelstiftung]] pflegt heute das Andenken Hebels in Basel.<br /> <br /> Der Kulturhistoriker und Humanist [[Jacob Burckhardt]] (1818–1897) war zeitlebens in Basel ansässig. Seinen Schwerpunkt legte er auf Europas Kunstgeschichte, er erlangte hohe Anerkennung durch seine Werke, vor allem durch ''Die Zeit Constantins des Grossen'' von 1857.<br /> <br /> Einer der bekanntesten deutschsprachigen Philosophen und Moralkritiker, [[Friedrich Nietzsche]] (1844–1900), lebte und wirkte von 1869 bis 1879 in Basel, als Professor für klassische Philologie.&lt;ref&gt;[[Andreas Urs Sommer]]: Friedrich Nietzsche als Basler Philosoph, in: Emil Angehrn / Wolfgang Rother (Hrsg.), Philosophie in Basel. Prominente Denker des 19. und 20. Jahrhunderts, Basel 2011, S. 32-60 [https://www.academia.edu/5775159/Friedrich_Nietzsche_als_Basler_Philosoph Nietzsche als Basler Philosoph] stellt bisher unbekannte Dokumente aus Nietzsches Basler Zeit vor, etwa die von ihm als Abteilungsdekan an der Universität verfassten Fakultätsprotokolle.&lt;/ref&gt; Zwar schrieb er die meisten seiner bekannten Werke erst, als er seinen Beruf krankheitsbedingt niedergelegt und Basel wieder verlassen hatte. Verbunden blieb er mit Basel aber durch seinen Freund [[Franz Overbeck]], der dort weiterhin als Professor für Kirchengeschichte wirkte.<br /> <br /> [[Arnold Böcklin]] (1827–1901) war Maler, Zeichner, Grafiker und Bildhauer in Basel. Er gilt als einer der bedeutendsten bildenden Künstler des 19. Jahrhunderts in Europa. Das Werk ''[[Die Toteninsel]]'' stammt von ihm, auch ein spätes Selbstbildnis gehört zu seinen Hauptwerken. Sein wichtigster Schüler, der [[Fin de siècle]]-Künstler [[Hans Sandreuter]] (1850–1901) schuf hier zahlreiche Werke, unter anderem die Fassade der «Bärenzunft» und die Wandarbeiten der «Schmiedezunft» in Altbasel.<br /> <br /> [[Hermann Hesse]] (1877–1962) war ein deutsch-schweizerischer Dichter, Schriftsteller und Maler. Seine bekanntesten Werke sind [[Der Steppenwolf]], [[Siddhartha (Hesse)|Siddhartha]] und [[Das Glasperlenspiel]]. 1946 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen. Er lebte von 1899 bis 1904 in Basel.<br /> <br /> Der Architekt [[Hannes Meyer]] (1889–1954) wurde in Basel geboren, lehrte am [[Bauhaus]] und hatte ein bewegtes Leben mit Stationen in der Schweiz, Deutschland, [[Russland]] und [[Mexiko]]. Ihm sind vor allem Werke im Bereich des Siedlungsbaus zu verdanken.<br /> <br /> Für den Literaturkritiker und Übersetzer [[Walter Widmer]] (1903–1965) war Basel der Lebensmittelpunkt, und 1938 wurde hier sein Sohn, der Schriftsteller [[Urs Widmer]] geboren.<br /> <br /> Der [[Bildhauer]] [[Paul Suter (Bildhauer)|Paul Suter]] (1926–2009) hatte in Basel ein Atelier. Er gilt als einer der grossen Schweizer Stahlplastiker nach dem Zweiten Weltkrieg. Etliche seiner grossen Stahlskulpturen sind in Basel an öffentlichen Strassen und Plätzen zu finden.<br /> <br /> Einer der bekanntesten Schweizer Filmproduzenten ist [[Arthur Cohn]] (*&amp;nbsp;1927), welcher in Basel geboren wurde. Cohn erlangte in [[Hollywood]] durch seine Produktionen Ruhm und Ehre, so ist er als einziger nicht-amerikanischer Produzent mit einem Stern in der [[Hollywood Walk of Fame]] vertreten. Seine bekanntesten Produktionen sind ''[[Central Station (Film)|Central Station]]'', ''[[Ein Tag im September]]'', ''[[Hinter der Sonne]]'' und ''[[Die Kinder des Monsieur Mathieu]]''.<br /> <br /> Jacques Herzog (*&amp;nbsp;1950) und Pierre de Meuron (auch *&amp;nbsp;1950) bilden zusammen das bekannte Architekturbüro [[Herzog &amp; de Meuron]] mit Sitz in Basel. Ihre Bauwerke erreichen weltweit Bekanntheit und Anerkennung, so beispielsweise der St. Jakobpark in Basel, die [[Allianz Arena]] in [[München]] oder das als «Vogelnest» bezeichnete [[Nationalstadion Peking]].<br /> <br /> 1957 wurde [[Dani Levy]] in Basel geboren. Er ist als Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur äusserst erfolgreich, seine Filme wie ''[[Meschugge (Film)|Meschugge]]'' und ''[[Alles auf Zucker!]]'' liefen am [[Internationale Filmfestspiele von Cannes|Filmfestival Cannes]] und an der [[Internationale Filmfestspiele Berlin|Berlinale]], wo er für letzteren Film auch Preise erhielt. Sein Film ''[[Mein Führer&amp;nbsp;– Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler]]'' lief im Frühjahr 2007 in den deutschsprachigen Kinos.<br /> <br /> Mischa Epper-Quarles van Ufford (* 18. August 1901 Bloemendaal–10.1978 Basel), Plastikerin, Porträtplastikerin, Goldschmiedin&lt;ref&gt;[http://www.sikart.ch/KuenstlerInnen.aspx?id=4024852 Mischa Epper-Quarles van Ufford auf www.sikart.ch]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> {{Portal|Basel}}<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Hans Bertschi: ''Basler Stadtführer.'' F. Reinhardt, Basel 2000, ISBN 3-7245-1131-0.<br /> * Toni Föllmi, Klaus Brodhage: ''Basel und seine Kultur.'' F. Reinhardt, Basel 2002, ISBN 3-7245-1231-7.<br /> * [[Andreas Heusler (1834–1921)|Andreas Heusler]]: ''Geschichte der Stadt Basel.'' 6. Auflage, Frobenius, Basel 1969.<br /> * [[Georg Kreis]] et al. (Hrsg.): ''Basel. Geschichte einer städtischen Gesellschaft,'' Basel 2000.<br /> * Fritz Meier: ''Basler Heimatgeschichte.'' Lehrmittelverlag des Kantons Basel-Stadt, Basel 1974.<br /> * [[Andreas Urs Sommer]]: Eine Stadt zwischen Hochorthodoxie und Aufklärung. Basel in frühneuzeitlichen Transformationsprozessen, in: Theologische Zeitschrift, Jg. 66 (2010), Heft 1, S. 44–61 (stellt eingehend die geistesgeschichtliche Entwicklung Basels von 1620 bis 1780 dar).<br /> * [[René Teuteberg]]: ''Basler Geschichte.'' 2. Auflage, Merian, Basel 1988, ISBN 3-85616-034-5.<br /> * {{LexMA|1|1505|1516|Basel|R. Moosbrugger-Leu, F. Maurer, [[Guy P. Marchal|G. P. Marchal]], [[Hans-Jörg Gilomen|H.-J. Gilomen]], F. Geldner}}<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Wiktionary}}<br /> {{Commonscat|Basel|3=S}}<br /> {{Wikivoyage|Basel}}<br /> {{Wikisource}}<br /> {{Wikivoyage}}<br /> &lt;!-- {{Wikinews|Portal:Basel|Basel}} --&gt;<br /> * [http://www.bs.ch/ Offizielle Website des Kantons Basel-Stadt und der Stadt Basel]<br /> * [http://www.buergergemeindebasel.ch/ Bürgergemeinde der Stadt Basel]<br /> * [http://www.altbasel.ch/ Webseite über die Geschichte Basels]<br /> * [http://www.geo-bs.ch/ Geo Portal des Kantons Basel-Stadt]<br /> * [http://www.inforel.ch/ Religionsgemeinschaften in Basel-Stadt und Basel-Landschaft]<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{NaviBlock<br /> |Navigationsleiste Kantonshauptorte der Schweiz<br /> |Navigationsleiste Kanton Basel-Stadt<br /> }}<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=g|GND=4004617-5|LCCN=n/79/62979|VIAF=157749613}}<br /> <br /> [[Kategorie:Ort im Kanton Basel-Stadt]]<br /> [[Kategorie:Schweizer Gemeinde]]<br /> [[Kategorie:Hauptort eines Kantons (Schweiz)]]<br /> [[Kategorie:Reichsstadt]]<br /> [[Kategorie:Römische Stadt in Germanien]]<br /> [[Kategorie:Ort mit Binnenhafen]]<br /> [[Kategorie:Ort am Rhein]]<br /> [[Kategorie:Ortsbild von nationaler Bedeutung im Kanton Basel-Stadt]]<br /> [[Kategorie:Basel| ]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Basel&diff=134371299 Basel 2014-09-26T09:52:09Z <p>212.117.117.42: /* Lage */</p> <hr /> <div>&lt;!--schweizbezogen--&gt;<br /> {{Dieser Artikel|behandelt die Stadt ''Basel'', weitere Bedeutungen unter [[Basel (Begriffsklärung)]].}}<br /> {{Infobox Ort in der Schweiz<br /> |BILDPFAD_KARTE = Karte Gemeinde Basel 2007.png<br /> |BILDPFAD_WAPPEN = Wappen Basel-Stadt matt.svg<br /> |BILD = Basel - Münsterpfalz3.jpg<br /> |BESCHREIBUNG = Basler Münster mit Pfalz und der Mittleren Rheinbrücke<br /> |IMAGEMAP = Kanton Basel-Stadt<br /> |REGION-ISO = CH-BS<br /> |BFS = 2701<br /> |PLZ = 4000–4059<br /> |UN/LOCODE = CH BSL<br /> |BREITENGRAD = 47.557421<br /> |LÄNGENGRAD = 7.5925727<br /> |HÖHE = 260<br /> |FLÄCHE = 22.75<br /> |EINWOHNER = &lt;!-- wird durch eine zentralisierte Vorlage eingebunden--&gt;<br /> |STAND_EINWOHNER = &lt;!-- wird durch eine zentralisierte Vorlage eingebunden--&gt;<br /> |AUSLÄNDER = &lt;!-- ? --&gt;<br /> |STADTPRÄSIDENT = &lt;small&gt; keiner, die Funktion wird vom Regierungspräsidenten des Kantons Basel-Stadt ausgeübt &lt;/small&gt;<br /> |WEBSITE = www.bs.ch<br /> }}<br /> '''Basel''' {{Audio|Gsw-baseldytsch-Basel.ogg|[ˈbaːzəl]}} ({{frS|''Bâle''}}, {{itS|''Basilea''}}, {{rmS|{{Audio|roh-Basilea.ogg|''Basilea''}}}}) ist eine [[Grossstadt]] und [[politische Gemeinde]] sowie [[Hauptort#Schweiz und Liechtenstein|Hauptort]] des [[Kanton (Schweiz)|Kantons]] [[Kanton Basel-Stadt|Basel-Stadt]], zusammen mit den Landgemeinden [[Riehen]] und [[Bettingen BS|Bettingen]]. Nach [[Zürich]] und [[Genf]] ist Basel die drittgrösste Stadt der [[Schweiz]]. <br /> <br /> Basel liegt am [[Dreiländereck]] Schweiz/[[Deutschland]]/[[Frankreich]]. Während die Stadt Basel selbst rund 173'000 Einwohner zählt, wohnen in ihrer [[Trinationaler Eurodistrict Basel|trinationalen Agglomeration]] rund 830'000 Menschen.&lt;ref&gt;[http://www.eurodistrictbasel.eu/index.php?id=26&amp;L=1 Schweiz 479'000, Deutschland 189'000, Frankreich 63'000: BFS, Grenzüberschreitende Agglomerationen 2004]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die Stadt Basel gliedert sich in [[Grossbasel]] auf der linken (südwestlichen) Seite des [[Rhein]]s und [[Kleinbasel]] (einschliesslich des früheren Fischerdorfes [[Basel-Kleinhüningen|Kleinhüningen]]) am rechten Rheinufer. Das Zentrum Basels sind die Altstadt in Grossbasel rund um den Marktplatz&amp;nbsp;– wo auch das [[Rathaus (Basel)|Rathaus]] (Baubeginn 1504) steht&amp;nbsp;– und der über den Rhein emporragende [[Basler Münster|Münsterhügel]] mit der [[Königspfalz|Pfalz]]-Terrasse. Die [[Mittlere Brücke]] verbindet die Altstadt auf beiden Seiten des Rheins. In der teilweise vom Autoverkehr befreiten Innenstadt verkehrt das [[Straßenbahn|Tram]].<br /> <br /> Basel ist ein Zentrum der [[Chemie]]- und [[Pharmazie|Pharmaindustrie]]. So haben unter anderem die beiden Pharmafirmen [[Novartis]] und [[Hoffmann-La Roche]] ihren Hauptsitz in Basel. Basel bildet einen [[Eisenbahnknoten]]punkt mit einem der grössten [[Rangierbahnhof|Rangierbahnhöfe]] Europas im benachbarten [[Muttenz]]. Mit den Frachthäfen der Region Basel, den einzigen der Schweiz, besteht über den Rhein eine Wasserstraßenverbindung zur [[Nordsee]]. Der im Elsass auf französischem Staatsgebiet liegende [[Flughafen Basel-Mülhausen]] wird gemeinsam mit dem Nachbar in Frankreich betrieben.<br /> <br /> == Geographie ==<br /> [[Datei:Basel Luftbild 1.jpg|mini|Luftbild der Basler Innenstadt]]<br /> [[Datei:Rathaus-004.jpg|mini|&lt;center&gt;Das Basler Rathaus (2012)&lt;/center&gt;]]<br /> [[Datei:Grossraum Basel.png|mini|hochkant=1.5|Basel im Dreiländereck]]<br /> === Lage ===<br /> Die im äussersten Südwesten der Schweiz gelegene Stadt liegt zu beiden Seiten des Rheins. Neben Teilen der Kantone [[Kanton Schaffhausen|Schaffhausen]] und [[Kanton Zürich|Zürich]] gehört [[Kleinbasel]] mit dem nördlichen Teil des Kantons Basel-Stadt zu den einzigen Gebieten in der Schweiz rechts des [[Hochrhein]]s.<br /> <br /> Der Rhein ändert im Stadtbereich von Basel&amp;nbsp;– beim [[Rheinknie]] zwischen dem [[Jura (Gebirge)|Schweizer Jura]] und den Vorhöhen des [[Schwarzwald]]s – seine Flussrichtung von Ost-West nach Süd-Nord. Hier endet der Rheinabschnitt [[Hochrhein]] und beginnt der [[Oberrhein]]. Kurz vor dieser Stelle mündet am höher gelegenen südlichen Rheinufer die [[Birs]] in den Hochrhein, welche die Grenze zum [[Kanton Basel-Landschaft]] bildet; auch der von der Birs abgeleitete Kanal [[St. Alban-Teich]] von Süden kommend leitet Wasser in den Rhein. Am flacheren nördlichen Ufer dehnen sich grosse Industriegebiete aus, aus denen die [[Wiese (Fluss)|Wiese]] in den Oberrhein zufliesst.<br /> <br /> Der die Stadt prägende [[Rhein]] gilt von seiner Mündung bis zur Basler Altstadt (historische Mittlere Rheinbrücke) als [[Internationale Gewässer|internationales Gewässer]]. Diese Verkehrsrechte erhielt die Schweiz 1868 durch die [[Mannheimer Akte]].<br /> <br /> === Nachbargemeinden ===<br /> Die Nachbargemeinden von Basel sind (im Uhrzeigersinn):<br /> <br /> * im Norden und Nordosten [[Weil am Rhein]] (Deutschland) und [[Riehen]] (Kanton Basel-Stadt; die dahinter liegenden deutschen Kommunen [[Lörrach]] und [[Grenzach-Wyhlen]] grenzen nur an Riehen)<br /> * von Ost bis Süd [[Birsfelden]], [[Muttenz]], [[Münchenstein]], [[Reinach BL|Reinach]] und [[Bottmingen]] (allesamt im Kanton Basel-Landschaft),<br /> * im Westen [[Binningen]] und [[Allschwil]] (Kanton Basel-Landschaft) sowie die elsässischen Gemeinden [[Saint-Louis (Haut-Rhin)|Saint-Louis]], [[Hegenheim]] und [[Huningue]] (Frankreich).<br /> <br /> Dank seiner Lage wurde Basel schon früh zum Knotenpunkt wichtiger Verkehrswege und damit ein bedeutender Handelsplatz. Die Stadt zählt deshalb zu den am dichtesten besiedelten Gebieten [[Europa]]s und verfügt aber mit einer grossen Gemarkung über 320&amp;nbsp;ha Grünfläche und 71&amp;nbsp;ha Wald.<br /> <br /> Die Stadt Basel und die beiden Landgemeinden Riehen und Bettingen weisen einschliesslich ihrer Wasserflächen 3694&amp;nbsp;ha auf und bilden damit den flächenmässig kleinsten Schweizer Kanton. Dennoch sind innerhalb dieses verhältnismässig kleinen Landstücks beträchtliche Höhenunterschiede vorhanden. Den tiefsten Punkt im [[Kanton Basel-Stadt]] misst man am Rheinhafen in Kleinhüningen mit 245&amp;nbsp;m, der [[Münsterplatz (Basel)|Münsterplatz]] im Zentrum liegt 270&amp;nbsp;m über dem Meeresspiegel, und die höchste Erhebung liegt oberhalb Bettingen bei [[St. Chrischona]] mit 522&amp;nbsp;m. Dort befindet sich auch der [[Fernsehturm St. Chrischona]], das höchste freistehende Bauwerk der Schweiz.<br /> <br /> [[Datei:Panorama basel.jpg|mini|700px|zentriert|Blick vom [[Basler Münster]] auf Kleinbasel und das [[Rheinknie]]. In der Mitte ist der [[Messeturm Basel|Messeturm]] zu erkennen, rechts die [[Wettsteinbrücke]].]]<br /> <br /> === Klima ===<br /> Die Stadt Basel hat dank der Lage im Rheintal durch die von der [[Burgundische Pforte|Burgundischen Pforte]] einströmende mediterrane Luft ein äusserst mildes, sonniges [[Klima]] und im Vergleich zum [[Mittelland (Schweiz)|Mittelland]] im Herbst wenig Nebel. Die Jahresmitteltemperatur liegt bei rund 11,5 °C.&lt;ref&gt;meteocentrale.ch [http://meteo.tstebler.ch/] [http://www.basilea.it/Huger_Wetter/html/start.html]&lt;/ref&gt; Dies auch aufgrund der geschützten Lage wie in einem Talkessel. Es fällt vergleichsweise wenig Regen mit rund 725 mm im Jahr.<br /> Es gedeihen auch deshalb verschiedene exotische Pflanzen- und Palmenarten ausgezeichnet. Die Sommer können sehr heiss ausfallen, während die Winter auch im Vergleich zur übrigen Deutschschweiz mild sind.<br /> <br /> === Geologie ===<br /> Basel liegt in einer vom [[Rhein]] geschaffenen Senke, die von drei niederen bis mittleren Gebirgszügen umgeben ist, im Westen befinden sich die französischen [[Vogesen]], im Osten der deutsche [[Schwarzwald]], im Süden, Südwest und -ost Ausläufer des [[Jura (Gebirge)|Juras]]. Diese Senke hat wie oben erwähnt Auswirkungen aufs Klima der Stadt und Region. In Basel beginnt somit die [[Oberrheinische Tiefebene]].<br /> <br /> ==== Potentielles Erdbebengebiet ====<br /> {{Hauptartikel|Erdbebengebiet Basel}}<br /> <br /> Die drei [[Plattentektonik|Platten]] des Schwarzwaldes, der Vogesen und des Juragebirges stossen in der Basler Senke aneinander und ihre fortlaufende Bewegung bewirkt eine potentielle [[Erdbeben]]-Gefahr. Basel ist eines der meistgefährdeten Erdbebengebiete der Schweiz.&lt;ref&gt;[http://www.onlinereports.ch/Gesellschaft.112+M5dfbe3584c0.0.html Onlinereports.ch]&lt;/ref&gt; Eines der grössten Erdbeben der Schweiz ereignete sich [[Basler Erdbeben 1356|1356]] in Basel und forderte mehrere hundert Tote.<br /> <br /> ==== Geothermie ====<br /> {{Hauptartikel|Deep Heat Mining Basel}}<br /> <br /> In den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts wurde die Idee geboren, mittels [[Geothermie]] Energie eines eingepressten unterirdischen Wasserreservoirs in einer Tiefe von 5000 Metern unter der Stadt nutzbar zu machen. Die Betreiber unterschätzten jedoch die Erdbebengefahr. Nach Probebohrungen in den Jahren 2007 und 2008 musste das Projekt Deep Heat Mining Basel wegen einzelner Erdstösse gestoppt&lt;ref&gt;[http://bazonline.ch/basel/stadt/Erdbebenrisiko-deutlich-zu-gross-fuer-Geothermie-in-Basel/story/12803210 Basler Zeitung vom 10. Dezember 2009]&lt;/ref&gt; und das Gestein näher untersucht werden.&lt;ref&gt;[http://bazonline.ch/basel/stadt/Im-Basler-GeothermieLoch-wird-wieder-gebohrt/story/25272054 Basler Zeitung vom 30. März 2010]&lt;/ref&gt; Im Januar 2012 kam es zu einem Strafverfahren gegen die Betreiber des Projekts, das in einem Freispruch resultierte.&lt;ref&gt;[http://www.blick.ch/news/schweiz/basel/freispruch-fuer-basler-chef-geologen-id38867.html Blick vom 3. Januar 2012]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Quartiere ===<br /> Die Stadt Basel kennt keine politischen Bezirke oder Stadtteile, sondern gliedert sich zu statistischen Zwecken nach Wohnvierteln, den sogenannten Quartieren. Es gibt 19 dieser Quartiere, die sich links und rechts des [[Rhein]]s verteilen.<br /> <br /> * Linksrheinische Quartiere → [[Grossbasel]]: Altstadt Grossbasel, Vorstädte, Am Ring, Breite, St. Alban/Gellert, Gundeldingen, Bruderholz, Bachletten (4054), Gotthelf , Iselin, St. Johann(4056)<br /> * Rechtsrheinische Quartiere → [[Kleinbasel]]: Altstadt Kleinbasel, Clara, Wettstein, Hirzbrunnen, Rosental, Matthäus und Klybeck sowie Kleinhüningen (1893 eingemeindet)<br /> <br /> [[Datei:Karte Basel Quartiere.png|miniatur|Basler Quartiere]]<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra&quot;<br /> |- class=&quot;hintergrundfarbe5&quot;<br /> ! Quartier !! Hektar !! rowspan=&quot;13&quot; | !! Quartier !! Hektar<br /> |-<br /> | [[Altstadt Grossbasel]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 37,63 || [[Altstadt Kleinbasel]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 24,21<br /> |-<br /> | [[Basel-Vorstädte|Vorstädte]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 89,66 || [[Basel-Clara|Clara]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 23,66<br /> |-<br /> | [[Basel-Am Ring|Am Ring]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 90,98 || [[Basel-Wettstein|Wettstein]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 75,44<br /> |-<br /> | [[Basel-Breite|Breite]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 68,39 || [[Basel-Hirzbrunnen|Hirzbrunnen]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 305,32<br /> |-<br /> | [[Basel-St. Alban|St. Alban]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 294,46 || [[Basel-Rosental|Rosental]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 64,33<br /> |-<br /> | [[Basel-Gundeldingen|Gundeldingen]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 123,19 || [[Basel-Matthäus|Matthäus]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 59,14<br /> |-<br /> | [[Basel-Bruderholz|Bruderholz]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 259,61 || [[Basel-Klybeck|Klybeck]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 91,19<br /> |-<br /> | [[Basel-Bachletten|Bachletten]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 151,39 || [[Basel-Kleinhüningen|Kleinhüningen]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 136,11<br /> |-<br /> | [[Basel-Gotthelf|Gotthelf]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 46,62 || '''Stadt Basel''' || style=&quot;text-align:right;&quot;| '''2275,05'''<br /> |-<br /> | [[Basel-Iselin|Iselin]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 109,82 || [[Riehen]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 1086,10<br /> |-<br /> | [[Basel-St. Johann|St. Johann]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 223,90 || [[Bettingen BS|Bettingen]] || style=&quot;text-align:right;&quot;| 222,69<br /> |-<br /> | colspan=&quot;2&quot; | || '''Kanton Basel-Stadt''' || style=&quot;text-align:right;&quot;| '''3583,84'''<br /> |}<br /> <br /> Jedes der Quartiere ist zusätzlich in Wohnbezirke unterteilt, wobei einige Wohnbezirksnamen synonym für das zugehörige Quartier stehen, z.&amp;nbsp;B. Kannenfeld (Wohnbezirk St. Johann), Lehenmatte (Wohnbezirk Breite) oder Gellert, Dreispitz und St. Jakob (Wohnbezirke St. Alban).<br /> <br /> Eine inoffizielle, stadtweit bekannte Bezeichnung für Teile der Quartiere Bachletten und Gotthelf ist das [[Neubad (Basel)|Neubad]].<br /> <br /> == Geschichte ==<br /> [[Datei:Nuremberg chronicles - BASILEA.png|mini|Basel 1493 in der Schedelschen Weltchronik]]<br /> [[Datei:Basel-Merian.JPG|mini|Basel, Stich von [[Matthäus Merian]], um 1650]]<br /> [[Datei:Basel - Basler Münster - Westfassade.jpg|mini|hochkant|[[Basler Münster]]]]<br /> <br /> === Vor- und Frühgeschichte, Antike ===<br /> Durch Funde lassen sich Spuren menschlicher Anwesenheit im Raum Basel seit rund 300.000 Jahren nachweisen.&lt;ref&gt;René Teuteberg: ''Basler Geschichte.'' S. 36–37.&lt;/ref&gt; Erste Siedlungsspuren auf dem Gebiet des heutigen Basels reichen ins 5. Jahrhundert v.&amp;nbsp;Chr.&amp;nbsp;zurück, als [[Kelten]] sich am Rheinknie niederliessen. Um 150 v.&amp;nbsp;Chr.&amp;nbsp;entstand am nordwestlichen Rand der heutigen Stadt eine keltische Siedlung der [[Rauriker]], die seit ihrer Ausgrabung 1911 nach dem Fundort unter dem Namen Basel-Gasfabrik bekannt wurde. Möglicherweise ist sie mit der Strassenstation Arialbinnum identisch, die auf einer jüngeren römischen Strassenkarte verzeichnet ist.&lt;ref&gt;René Teuteberg: ''Basler Geschichte.'' S. 49.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Nachdem die Rauriker 58 v. Chr. zusammen mit den [[Helvetier]]n versucht hatten, nach [[Gallien]] auszuwandern, aber von [[Gaius Iulius Caesar|Caesar]] in der [[Schlacht bei Bibracte]] geschlagen und in ihre Heimat zurückgeschickt wurden, errichteten sie in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts v. Chr. eine befestigte Siedlung, ein sogenanntes [[Oppidum]], auf dem heutigen Basler [[Basler Münster#Vorgängerbauten|Münsterhügel]].&lt;ref&gt;René Teuteberg: ''Basler Geschichte.'' S. 52.&lt;/ref&gt; Nach der Gründung der römischen Kolonie [[Augusta Raurica]] 44/43 v. Chr. auf dem Gebiet der heutigen Gemeinden Augst und [[Kaiseraugst]] geriet diese Siedlung unter römische Herrschaft.<br /> <br /> Der [[Ortsname|Name]] der Stadt wird 237 oder 238 erstmals urkundlich erwähnt (''Basileam applicuerunt'').&lt;ref name=&quot;ks&quot;&gt;Andres Kristol: ''Basel BS (Basel Stadt)'' in: ''Dictionnaire toponymique des communes suisses – Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen – Dizionario toponomastico dei comuni svizzeri (DTS|LSG).'' Centre de dialectologie, Université de Neuchâtel, Verlag Huber, Frauenfeld/Stuttgart/Wien 2005, ISBN 3-7193-1308-5 und Éditions Payot, Lausanne 2005, ISBN 2-601-03336-3, S.&amp;nbsp;125.&lt;/ref&gt; Damals bestand auf dem Münsterhügel ein [[Römische Militärlager|Militärkastell]], das die Invasion von germanischen Stämmen aus dem Norden ins Römische Reich verhindern sollte. Als um 400 die römischen Truppen abzogen, siedelten sich die [[Alamannen]] um Basel an. Im Bereich des römischen Kastells, dem neuen Siedlungskern, siedelte weiter eine wohl zunächst noch romanische Bevölkerung.<br /> <br /> Die Herkunft des Namens Basel beziehungsweise Basilia ist nicht ganz geklärt. Es kann sich um eine Form des gut belegten römischen [[Personenname]]ns [[Basilius]] als Besitzerangabe handeln.&lt;ref name=&quot;ks&quot; /&gt; Früher häufig vertreten, unter anderem von [[Pius II.|Enea Silvio de' Piccolomini]], wurde eine Herleitung vom griechischen Wort [[Basileus]] («König»). 1786 führte [[Peter Ochs]] zwölf verschiedene Deutungen des Namens auf.&lt;ref&gt;{{Internetquelle|url=http://www.baselland.ch/004-htm.274577.0.html|titel=Kanton Basel-Landschaft, Staatsarchiv: Was bedeutet der Name «Basel»?|zugriff=27. Juni 2009}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Mittelalter ===<br /> {{Siehe auch|Liste der Bischöfe von Basel}}<br /> [[Datei:11-11-24-basel-by-ralfr-061.jpg|mini|links|Eingang des Olsbergerhofs an der Rittergasse 27. Das im Barockstil umgebaute Haus geht auf das Jahr 1389 zurück.]]<br /> Ende des 5. Jahrhunderts fiel Basel an die [[Franken (Volk)|Franken]], die sich ebenfalls in und um Basel niederliessen. Eine kontinuierliche Besiedlung Basels ist jedoch erst wieder ab dem 7. Jahrhundert archäologisch gesichert. In diese Zeit fällt die erste inschriftliche Nennung Basels auf einer dort geprägten Goldmünze (''Basilia fit''). In der ersten Teilung des Frankenreichs fiel Basel in den Herrschaftsbereich von [[Lothar I. (Frankenreich)|Lothar I]]. Mit dem [[Vertrag von Meerssen]] fiel Basel 870 an das Reich [[Ludwig der Deutsche|Ludwig des Deutschen]], kam aber um 926/935 an das Königreich [[Hochburgund]]. 917 wurde die Stadt Basel durch die [[Ungarneinfälle|Magyaren]] zerstört und geplündert; zu den Todesopfern zählte auch der damalige Bischof. 1006/32 wurde Basel dem [[Heiliges Römisches Reich|römisch-deutschen Reich]] angegliedert. Bereits im frühen 7. Jahrhundert ist ein Bischof bezeugt, der wie seine Nachfolger wohl bereits die Herrschaft in der Stadt ausübte. Der [[Diözese|Bischofssitz]] war aus dem durch die Alamannen verwüsteten Augusta Raurica nach Basel verlegt worden. Unter Bischof Haito entstand in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts eine erste [[Basler Münster|Kathedrale]] auf dem Münsterhügel, die dann durch einen 1019 geweihten frühromanischen Bau ersetzt wurde.&lt;ref&gt;{{HLS|7478|Basel (-Stadt) - Von der Urgeschichte bis ins Frühmittelalter - Die alemannische und fränkische Zeit|Autor=Rolf d'Aujourd'hui}}. Abgerufen am 8. Mai 2014&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Gegen 1100 erhielt die Stadt die erste [[Basler Stadtmauer|Stadtmauer]]; weitere folgten in der Mitte des 13. und gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Unter Bischof [[Heinrich von Thun]] erfolgte um 1225 der Bau der ersten Basler Rheinbrücke und in der Folge entstand die Stadt [[Kleinbasel]] zur Brückensicherung.<br /> <br /> Mehrere schwere Schicksalsschläge musste die Stadt im 14. Jahrhundert verkraften. 1348 starb annähernd die Hälfte der Bevölkerung während einer [[Pest]]epidemie, und nur acht Jahre später (1356) ereignete sich das [[Basler Erdbeben 1356|Basler Erdbeben]]. Das bis heute schwerste Erdbeben [[Mitteleuropa]]s forderte zwar nur wenige Opfer, doch der anschliessende Grossbrand legte grosse Teile der Stadt in Schutt und Asche. Infolge eines Aufruhrs vom 26.&amp;nbsp;Februar 1376, der als [[Böse Fasnacht]] in die Geschichte einging, wurden der Stadt Basel vom [[habsburg]]ischen [[Leopold III. von Habsburg|Herzog Leopold III.]] harte Sanktionen auferlegt.&lt;ref&gt;Andreas Heusler: ''Geschichte der Stadt Basel.'' S. 36–38.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;René Teuteberg: ''Basler Geschichte.'' S. 133–135.&lt;/ref&gt;<br /> [[Datei:Historische-Karte-des-Kantons-Basel.png|miniatur|Karte der historischen Entwicklung des Gebiets der Basler Kantone]]<br /> <br /> In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts beginnt die städtische Selbstverwaltung durch einen urkundlich ab 1185/90 belegten Rat aus Rittern und Bürgern, der mit [[Schultheiss]], Bürgermeister (ab 1253) und Stadtschreiber die Geschicke der Gemeinde lenkte. Der Bischof als Stadtherr ernannte zunächst den Rat und einen Vogt. Erste Konflikte um die Kontrolle der Stadt entschied der Bischof Mitte des 13. Jahrhunderts zu seinen Gunsten. Versuche der Habsburger, die Stadt in ihren Herrschaftsbereich einzugliedern scheiterten im 14. Jahrhundert, spalteten jedoch die Bürgerschaft in zwei Parteien: Die pro-Habsburgischen «Sterner» und die anti-Habsburgischen «Psitticher».&lt;ref&gt;[[Werner Meyer (Historiker, 1937)|Werner Meyer]]: «Unter fürstbischöflicher Herrschaft», in: Basel (-Stadt), Historisches Lexikon der Schweiz (http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D7478.php).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die [[Bürgerschaft]] von Grossbasel erwarb 1392 von Bischof [[Friedrich von Blankenheim]] die Stadt Kleinbasel für 29'800 [[Gulden]]. In dieser Zeit erwarb sich die Stadt vom Bischof auch pfandweise die wichtigsten [[Regalien]] ([[Münzrecht|Münz-]] und [[Zollrecht]], [[Schultheiß|Schultheissengericht]] usw.). Basel wurde damit zwar faktisch unabhängig vom Bischof, konnte aber dessen nominelle Oberherrschaft bis um 1500 nicht ablösen. So bestimmten zwar die Bürger die Inhaber wichtiger Ämter, die feierliche Amtseinsetzung erfolgte jedoch weiter durch den Bischof. Basel galt deshalb nicht als freie Reichsstadt.&lt;ref&gt;Werner Meyer: «Unter fürstbischöflicher Herrschaft», in: Basel (-Stadt), Historisches Lexikon der Schweiz (http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D7478.php).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Eine wichtige Rolle im politischen und sozialen Leben Basels spielten die Zünfte, die in zwei Gruppen, die Herrenzünfte und die Handwerkerzünfte aufgeteilt waren. Im Rat waren seit 1337 neben vier Rittern und acht sog. Achtburgern (lehensfähige Bürgerschaft) 15 Vertreter der Zünfte vertreten. Zu letzteren stiessen 1382 noch die 15 Zunftmeister. Die Zünfte bildeten überdies in der Stadtregierung unter ihrem Oberzunftmeister ein eigenes Kollegium das grosses politisches Gewicht hatte.<br /> <br /> Das [[Konzil von Basel]], das 1439 den [[Felix V. (Gegenpapst)|Gegenpapst Felix V.]] wählte (→&amp;nbsp;[[Basler Münster#Papstwahl am Basler Münster|Papstwahl am Basler Münster]]), tagte von 1431 bis 1449 in der Stadt. Um 1433 begann die Papierfabrikation in Basel. Ein eidgenössisches Kontingent unterlag 1444 in der [[Schlacht bei St. Jakob an der Birs|Schlacht bei St. Jakob]] einem französischen Söldnerheer. Die [[Universität Basel|Universität]], die erste im Gebiet der heutigen Schweiz, wurde 1460 durch [[Pius II.|Papst Pius II.]] gestiftet. 1471 verlieh [[Friedrich III. (HRR)|Kaiser Friedrich III.]] der Stadt das [[Messe (Wirtschaft)|Messeprivileg]]. Um diese Zeit wurde in Basel auch der [[Buchdruck]] eingeführt. In der Folge kam es zu einem kulturellen Aufschwung: Neben dem [[Humanismus|Humanisten]] [[Erasmus von Rotterdam]] weilten auch [[Paracelsus]], [[Sebastian Brant]] und [[Hans Holbein der Jüngere]] in Basel.<br /> <br /> Um 1400 begann die Stadt Basel durch die Erwerbung bischöflicher Herrschaften durch Pfand oder Kauf ein eigenes Territorium aufzubauen, vorerst jedoch nicht sehr erfolgreich. Es gelang zwar einige Herrschaften im Sisgau zu gewinnen, der Versuch der Expansion ins Laufental und über den Hauenstein (Olten) scheiterte jedoch. Gegenüber der Eidgenossenschaft verhielt sich Basel ambivalent. Während sie in den [[Burgunderkriege]]n auf Seiten der Eidgenossen kämpfte, blieb sie im [[Schwabenkrieg]] neutral. Zwischen Solothurn und Basel entstanden zeitweise heftige Konflikte um die Herrschaftsrechte im Sisgau, vor allem wegen Dorneck. Den eigentlichen Abschluss der Bildung des Territoriums der Stadt Basel bildete der Erwerb von Pratteln 1525, wodurch die Herrschaftsgebiete verbunden wurden. Bis zum Ende des Stadtstaates 1798 konnten nur noch kleinere Erwerbungen gemacht werden.&lt;ref&gt;Werner Meyer: «Territorialbildung und Bündnispolitik vom 13. Jahrhundert bis zum Beitritt zur Eidgenossenschaft», in: Basel (Kanton), Historisches Lexikon der Schweiz (http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D7387.php).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Neuzeit ===<br /> [[Datei:Merian Basel 1642.jpg|mini|Ansicht der Stadt Basel aus der Vogelschau von Matthäus Merian in der Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae, 1642]]<br /> [[Datei:Gliederung Stadtstaat Basel 1798.png|mini|Gliederung des Stadtstaates Basel im 18. Jahrhundert]]<br /> <br /> Nach dem [[Schwabenkrieg|Schwaben- bzw. Schweizerkrieg]] 1499 wandte sich Basel der [[Alte Eidgenossenschaft|Eidgenossenschaft]] zu, der es am 13.&amp;nbsp;Juli 1501 als elfter Ort beitrat. Eine Änderung in der Ratsverfassung, die den Zünften die Vormachtstellung sicherte, erfolgte 1521. Gleichzeitig erfolgte die einseitige völlige Emanzipation von der Herrschaft des Bischofs, indem nun die Besetzung der Ämter auch formell durch den Rat vorgenommen wurde.<br /> <br /> Nach einem [[Zunft]]aufstand trat Basel 1529 zur [[Reformation]] über. Am 12.&amp;nbsp;Mai 1529 siedelten die [[Domherr]]en und [[Kaplan|Kapläne]], welche nicht zur Reformation wechselten oder auf ihre [[Pfründe|Nebenpfründen]] zogen, nach [[Freiburg im Breisgau]] um. Am 28.&amp;nbsp;August 1529 schloss das [[Domkapitel]] mit der Stadt Freiburg einen Vertrag über die rechtlichen und steuerlichen Belange, den Erwerb von Häusern, Kapitel- und Amtshaus sowie über die Benützung des Münsters. Damit war Basel nicht mehr der Sitz des Bischofs und auch nicht mehr des Domkapitels und wurde es auch nie wieder. Verwaltungssitz des Domkapitels war ab 1587 das [[Konrad Stürtzel|Stürtzelsche]] Haus, heute [[Basler Hof]] genannt. 1585 erwarb die Stadt im Vertrag von Baden auch formal alle bischöflichen Herrschaftsrechte in der Stadt und über ihr Herrschaftsgebiet und wurde damit endgültig unabhängig.<br /> <br /> 1543 erschien in Basel das erste komplette Lehrbuch der menschlichen [[Anatomie]] ''De Humani Corporis Fabrica'' (Über den Bau des menschlichen Körpers) von [[Andreas Vesalius]] (1514–1564). Das [[Gymnasium]] wurde 1589 in der Nachfolge der Lateinschule des Domstifts gegründet (heute [[Gymnasium am Münsterplatz]]).<br /> <br /> Während eines Zeitraums von 50 Jahren wurde Basel von fünf schweren Pestepidemien heimgesucht: Von 1563 bis 1564 starben in der «Grossen Sterbendt» 4000 Einwohner&amp;nbsp;– ein Drittel der damaligen Stadtbevölkerung. Die Pest kehrte in den Jahren 1576–1578 (etwa 800 Tote), 1582–1583 (etwa 1200 Tote), 1593–1594 (etwa 900 Tote) und ein letztes, aber vernichtendes Mal 1609–1611 (etwa 3600 Tote) zurück.<br /> <br /> 1648 vertrat der Basler Bürgermeister [[Johann Rudolf Wettstein]] die Eidgenossenschaft am [[Westfälischer Friede|Friedenskongress in Münster]] und erreichte die Anerkennung der Eidgenossenschaft durch die damaligen Grossmächte. Frankreich bedrohte Basel jedoch ab 1681 durch die [[Festung Hüningen]] direkt an der Stadtgrenze.<br /> <br /> Die Stadt Basel verwaltete ihr Herrschaftsgebiet durch vom Rat eingesetzte Landvögte. Es bestanden die Ämter [[Farnsburg]], [[Ruine Homburg|Homburg]], [[Kleinhüningen]], [[Liestal]], [[Münchenstein]], [[Riehen]] und [[Waldenburg BL|Waldenburg]]. Konflikte zwischen der städtischen Herrschaft und der Landbevölkerung eskalierten in den Bauernkriegen 1525 und 1653 sowie im [[Rappenkrieg (Basel)|Rappenkrieg]] 1591–1594, die Stadt schlug diese Aufstände jedoch blutig nieder.<br /> <br /> Der Ankauf des [[Amerbach (Familie)|Amerbachschen]] [[Wunderkammer|Kunstkabinetts]], des Grundstocks aller städtischen Sammlungen, insbesondere des Kunstmuseums, erfolgte 1662.<br /> <br /> Die Gründung des Handelshauses [[Novartis|Johann Rudolf Geigy]] ist auf 1758 datiert, 1795 beendete der [[Friede von Basel]] den Krieg zwischen [[Frankreich]], [[Spanien]] und [[Preußen|Preussen]].<br /> <br /> Am 20. Dezember 1790 hob der Grosse Rat von Basel als Reaktion auf die [[Französische Revolution]] im städtischen Herrschaftsgebiet die [[Leibeigenschaft]] auf. Nach der Durchreise [[Napoleon Bonaparte|Napoleons]] am 24. November 1797 kam es trotzdem im Januar in der Landschaft zu Aufständen und zum Sturm auf die Landvogteischlösser Waldenburg, Farnsburg und Homburg. Darauf übernahmen die reformerisch und revolutionär gesinnten «Patrioten» um den Oberstzunftmeister [[Peter Ochs]] die Macht und erklärten die Gleichberechtigung aller Kantonsbürger. Die Basler Nationalversammlung, eines der ersten Parlamente der Schweiz, setzte sich zu gleichen Teilen aus je 20 Vertretern der Stadt und der Landschaft zusammen und leitete weitreichende Reformen ein.&lt;ref&gt;{{HLS|7387|Basel (Kanton)|Autor=Jürg Tauber, [[Werner Meyer (Historiker, 1937)|Werner Meyer]], [[Ruedi Brassel|Ruedi Brassel-Moser]], [[Bernard Degen]]}}&lt;/ref&gt; Mit dem Inkrafttreten der Helvetischen Verfassung am 12. April 1798 löste sich dieses Parlament auf und der alte Stadtstaat Basel hörte formell auf zu existieren. Basel war nun theoretisch eine normale Gemeinde des Kantons Basel der [[Helvetische Republik|Helvetischen Republik]], bildete jedoch einen eigenen Distrikt. Als Folge der Einführung des einheitlichen Bürgerrechts in der Helvetischen Republik wurde auch in Basel die Einwohnergemeinde («Munizipalität») von der Bürgergemeinde getrennt. Der Anteil der Bewohner der Stadt, die Mitglied der Bürgergemeinde waren, sank deshalb bis 1815 auf noch 37 %, während 1779 noch 51 % der Einwohner das Bürgerrecht innehielten.&lt;ref&gt;{{HLS|7478|Basel (-Stadt)|Autor=Rolf d’Aujourd’hui, Hans Berner, Niklaus Röthlin, [[Bernard Degen]], [[Philipp Sarasin]]}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== 19. Jahrhundert ====<br /> [[Datei:Spalentor Basel retouched.jpg|mini|hochkant|[[Spalentor]]]]<br /> Als 1815 der [[Wiener Kongress]] die ewige bewaffnete [[Neutralität (Internationale Politik)|Neutralität]] der Schweiz anerkannte, wurde das ehemalige [[Bistum Basel|Fürstbistum Basel]] zwischen Bern und Basel aufgeteilt: Der [[Kanton Jura|Jura]] und das [[Laufen (Bezirk)|Laufental]] gingen an Bern, während Basel die ehemaligen bischöflichen Vogteien [[Birseck]] und [[Pfeffingen BL|Pfeffingen]] zugesprochen wurde. Im August 1815 feierte Basel [[Johann von Österreich|Erzherzog Johann von Österreich]], der die [[Festung Hüningen]], von der aus Basel immer wieder beschossen und erpresst worden war, zur Kapitulation gezwungen hatte und auf Bitte der Basler Bürger auch gleich [[Schleifung|schleifte]].&lt;ref&gt;Anton Schlossar: ''Erzherzog Johann von Österreich und sein Einfluß auf das Culturleben der Steiermark''; Wilhelm Braumüller, Wien 1878, S. 307.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Am 4. August 1819 fand die letzte Hinrichtung statt (Baselland: 1851). Drei Mitglieder einer Räuberbande wurden am Erdbeergraben vor dem [[Steinentor]] enthauptet. Der Hinrichtung wohnten 20'000 Schaulustige bei, mehr als Basel damals Einwohner hatte.<br /> <br /> 1814 wurde die politische Vorherrschaft der Stadt über die Landschaft wiederhergestellt, in dem die Stadt ein unverhältnismässiges Übergewicht an Sitzen im Grossen Rat erhielt. Im Jahr 1833 wehrten sich die Landgemeinden (Baselbiet) nach längerem Widerstand erfolgreich gegen die Dominanz der Stadt. Nach der Schlacht an der [[Hülftenschanz]], welche die Stadt verlor, konstituierten sich die Landgemeinden als eigener [[Halbkanton]] [[Kanton Basel-Landschaft|Basel-Landschaft]], nur die rechtsrheinischen Gemeinden [[Riehen]], [[Bettingen BS|Bettingen]] und das 1907 in die Stadt eingemeindete [[Basel-Kleinhüningen|Kleinhüningen]] verblieben bei Basel und bildeten fortan den Halbkanton [[Kanton Basel-Stadt|Basel-Stadt]] (→&amp;nbsp;[[Basler Kantonstrennung]]).<br /> <br /> Der erste Zug der Schweiz fuhr 1844 von [[Saint-Louis (Haut-Rhin)|St. Louis]] her in Basel ein. 1849 erfolgte der Bau der [[Naturhistorisches Museum Basel|Museen]] an der Augustinergasse, und nach 1859 wurden die Stadtmauern geschleift; nur einige der grösseren Tore wie das [[Spalentor]] blieben erhalten.<br /> <br /> Vom 26. bis zum 29. August 1897 fand der von [[Theodor Herzl]] und [[David Farbstein]] organisierte erste [[Zionistenkongress|Zionistische Weltkongress]] in Basel statt. Auf dem Kongress wurde die «Schaffung einer öffentlich und gesetzlich gesicherten Heimat für das [[Judentum|jüdische]] Volk in [[Palästina (Region)|Palästina]]» beschlossen. Zu diesem Zweck wurden ein Fonds und eine jüdische Bank (später [[Bank Leumi]]) gegründet.<br /> <br /> ==== 20. und 21. Jahrhundert ====<br /> [[Datei:Basel postkarte.jpg|mini|Basel um 1910 (Postkarte)]]<br /> <br /> Basel wurde während der [[Industrialisierung]] zu einer der bedeutendsten Industriestädte der Schweiz. Um 1900 wurde Basel vom Kantonsstatistiker im internationalen Vergleich als «eindeutige Fabrikstadt» bezeichnet. Die Stadt zählte noch bis um 1980 überdurchschnittlich viele Arbeiter.&lt;ref&gt;{{HLS|7478|Basel (-Stadt): Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur im 19. und 20. Jahrhundert, Sozialstruktur und sozialer Wandel|Autor=[[Bernard Degen]], [[Philipp Sarasin]]}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Zu den bedeutendsten Ereignissen der Basler Geschichte zählt der in Vorahnung der kommenden Ereignisse ausserordentlich anberaumte [[Internationaler Sozialistenkongress (1912)|Internationale Friedenskongress der Sozialisten]] im November 1912. Die beiden [[Weltkrieg]]e erlebte Basel durch seine grenznahe Lage intensiver als die anderen grossen Städte in der Schweiz. Die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln war immer sichergestellt, aber schwieriger als in der inneren Schweiz. Der Streikparole des [[Landesstreik]]s von 1918 folgte in Basel fast die ganze Arbeiterschaft.&lt;ref&gt;René Teuteberg: ''Basler Geschichte.'' S. 362–364.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In den Dreissigerjahren wurde die [[Bank für Internationalen Zahlungsausgleich]] (BIZ), die Bank der Zentralbanken, in Basel domiziliert.<br /> <br /> 1939 kaufte und rettete das [[Kunstmuseum Basel]] 21 [[Entartete Kunst|«entartete» Kunstwerke]] aus Deutschland, Werke von [[Paula Modersohn-Becker]] (3), [[André Derain]] (2), [[Marc Chagall]] (2), [[Franz Marc]] (2), [[Oskar Kokoschka]], [[Emil Nolde]], [[Paul Klee]], [[Otto Dix]], [[Max Beckmann]], [[Lovis Corinth]] (2), [[Oskar Schlemmer]] (2), [[Georg Schrimpf]] (2) und [[Ernst Barlach]].&lt;ref&gt;[[Georg Kreis]] et al.: ''«Entartete» Kunst für Basel. Die Herausforderung von 1939.'' Wiese Verlag, Basel 1990, ISBN 3-909158-31-5.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Gegen Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]], am 4.&amp;nbsp;März 1945, wurde der Güterbahnhof Wolf in Basel irrtümlich von den Alliierten bombardiert.&lt;ref&gt;René Teuteberg: ''Basler Geschichte.'' S. 376.&lt;/ref&gt; Die Schäden blieben gering.<br /> <br /> Der [[Flughafen Basel-Mülhausen]] wurde 1953 als binationaler [[Flughafen]] eingeweiht. 1993 wurde er trinational, der Name ist nunmehr offiziell Basel Mulhouse Freiburg.<br /> <br /> Seine zweitausendjährige Stadtgeschichte feierte Basel 1957. Die [[Regio Basiliensis]] für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit wurde 1963 gegründet. 1966 erhielten die Frauen das kantonale [[Stimmrecht]]. 1969 scheiterte die Wiedervereinigung von Basel-Stadt und [[Kanton Basel-Landschaft|Basel-Landschaft]] am Nein der Stimmberechtigten in Basel-Landschaft.<br /> <br /> Am 1.&amp;nbsp;November 1986 ereignete sich im nahen [[Schweizerhalle]] ein [[Schweizerhalle#Der Grossbrand vom 1. November 1986|schwerer Chemieunfall]], der für die Bevölkerung glimpflich ausging. Der Rhein wurde jedoch vom Löschwasser verseucht. 1989 wurde das [[Basler Übereinkommen]] zur Kontrolle der grenzüberschreitenden [[Abfallwirtschaft]] in Basel zur Unterschriftsreife gebracht.<br /> In den 1990ern erfolgte die Fusion von [[Sandoz]] und [[Novartis|Ciba-Geigy]] zu [[Novartis]] sowie des Schweizerischen Bankvereins und der Schweizerischen Bankgesellschaft zur [[UBS]].<br /> <br /> Erstmals seit 1950 gibt es in Basel wieder eine linke Regierungsmehrheit, als es 2004 durch die Stadtwahlen rot-grün wurde. 2006 erhielt Basel-Stadt eine neue Verfassung,&lt;ref&gt;[http://www.admin.ch/ch/d/sr/131_222_1/index.html Verfassung des Kantons Basel-Stadt]&lt;/ref&gt; mit der unter anderem der [[Grosser Rat (Basel-Stadt)|Grosse Rat]] von 130 auf 100 Mitglieder reduziert wurde und das Amt eines Regierungspräsidenten eingeführt worden ist.<br /> <br /> == Bevölkerung ==<br /> === Bevölkerungsentwicklung ===<br /> Die Stadt Basel (Gemeinde) zählt ohne die Landgemeinden {{EWZ CH|CH-BS|2701}} Einwohner und belegt damit hinter Zürich und Genf den dritten Platz in der Schweiz. Der [[Kanton Basel-Stadt]] hat {{EWZ CH|CH-BS|CH-BS}} Einwohner.&lt;ref&gt;[http://www.statistik-bs.ch/tabellen/t01/1/t01.0.02-10.xls ''Bevölkerungsbilanz nach Geschlecht, Heimat und Gemeinde im März 2013''] ([[Microsoft Excel|XLS]], 87&amp;nbsp;kB), Statistisches Amt Basel-Stadt&lt;/ref&gt; Die trinationale Agglomeration Basel zählt insgesamt 830'000 Einwohner in der Schweiz, Deutschland und Frankreich.<br /> <br /> Tabelle zur Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Basel (Zahlen ab 1900 inkl. Kleinhüningen):&lt;ref&gt;{{Webarchiv | url=http://www.statistik-bs.ch/themen/01/bevoelkerungsstruktur/wohnbev1/t0110100 | wayback=20080611103611 | text=Basel-Stadt Statistik}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> [[Datei:Population Basel.svg|mini|hochkant=1.8|Einwohnerentwicklung von Basel]]<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra&quot;<br /> |- class=&quot;hintergrundfarbe5&quot;<br /> ! Jahr !! Einwohner der&lt;br /&gt;Gemeinde Basel !! rowspan=&quot;11&quot; | !! Jahr !! Einwohner der&lt;br /&gt;Gemeinde Basel<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1774 || 15'040 || 1910 || 132'276<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1815 || 16'674 || 1920 || 135'976<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1835 || 21'219 || 1930 || 148'063<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1847 || 25'787 || 1941 || 162'105<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1850 || 27'170 || 1950 || 183'543<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1860 || 37'915 || 1960 || 206'746<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1870 || 44'122 || 1970 || 212'857<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1880 || 60'550 || 1980 || 182'143<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1888 || 69'809 || 1990 || 178'428<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1900 || 109'161 || 2000 || 166'558<br /> |}<br /> <br /> Tabelle zur Bevölkerungsentwicklung der trinationalen Agglomeration Basel:&lt;ref&gt;[http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/regionen/11/geo/analyse_regionen/05.html]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra&quot;<br /> |- class=&quot;hintergrundfarbe5&quot;<br /> ! Jahr !! Agglomeration Basel, Einwohner !! in der Schweiz !! in Deutschland !! in Frankreich!! Einwohner ganze Agglomeration Basel<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 2000 || || 479'308 || 188'553 || 63'306 || 731'167<br /> |}<br /> <br /> Das durch die [[Industrialisierung]] typische und kontinuierliche Bevölkerungswachstum im 19. Jahrhundert fand auch in Basel statt. Durch diesen raschen Anstieg wuchs die Stadt hinter [[Zürich]] zur zweitgrössten in der Schweiz an. Durch die engen Kantons- und Landesgrenzen konnte die Stadt Basel mit der Ausnahme von Kleinhüningen nicht durch Eingemeindungen wachsen, wie das bei den anderen grossen Schweizer Städten der Fall war. Mit der Industrialisierung entstand eine Oberschicht der alteingesessenen Bürger ([[Daig]]), die bis ins 20. Jahrhundert ihre Abgeschlossenheit bewahrte und die ursprüngliche Form des [[Baseldeutsch]] sprach.<br /> <br /> Seit 1970 nahm die Bevölkerung infolge der [[Suburbanisierung]] merklich ab. Im Zeitraum von 1970 bis 2005 verliessen über 51'000 Schweizer Bürger Basel und zogen in das angrenzende [[Umland]]. Im gleichen Zeitraum zogen zwar rund 12'000 Ausländer in die Stadt, die Nettoabnahme von 39'000 Einwohnern führte trotzdem dazu, dass die Stadt [[Genf]] Mitte der 1990er Jahre Basel in Bezug auf die Einwohnerzahlen überholte. Die Abwanderung steuerlich potenterer Bevölkerungsgruppen war zeitweise in Verbindung mit dem [[Steuerwettbewerb]] unter den Kantonen für den Stadtkanton ein besonderes Problem.&lt;ref&gt;[http://www.regierungsrat.bs.ch/politikplan-2006-2009.pdf Politikplan 2006–2009, Seiten 7, 36, 37, 57] (PDF; 2,2&amp;nbsp;MB)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Religionen ===<br /> {{Siehe auch|Liste von Sakralbauten in Basel}}<br /> <br /> [[Datei:Oekolampad.jpg|mini|Johannes Oekolampad]]<br /> <br /> ==== Überblick ====<br /> Im Jahr 1529 setzte sich in Basel unter der Mitwirkung von [[Johannes Oekolampad]] die [[Reformation]] durch, die schnell wichtige Persönlichkeiten wie den [[Stadtschreiber (Kanzleivorsteher)|Stadtschreiber]] [[Caspar Schaller]] für sich gewinnen konnte. Seither ist die Staatskirche beider Basel die Evangelisch-Reformierte Kirche. Unter dem Druck des [[Französische Revolution|revolutionären Frankreich]], welches die Schweiz von 1798 bis 1815 kontrollierte, wurde 1798 offiziell die Glaubensfreiheit gewährt. Basel entwickelte sich von einer rein reformierten zu einer multireligiösen Stadt.&lt;ref&gt;[http://www.inforel.ch/i10e1.html#c1815 Vom «frommen Basel» zur multireligiösen Stadt]&lt;/ref&gt; Heute zählt Basel über 300 christliche und nichtchristliche Religionen, Kirchen, [[Freikirche]]n und andere religiöse Gemeinschaften. Zu den nichtchristlichen Religionen, welche in Basel vertreten sind, gehören die [[Judentum|jüdische Gemeinde]], der [[Islam]], die [[Aleviten]], die [[Hinduismus|Hindus]], die [[Sikhismus|Sikhs]], die [[Buddhismus|Buddhisten]] und neuere religiöse Bewegungen.<br /> <br /> ==== Reformierte ====<br /> Die [[Schweizer Reformierte Kirchen|Evangelisch-Reformierte Kirche]] Basel ist als öffentlich-rechtliche [[Körperschaft]] mit eigener Steuerhoheit ausgestattet. Damit ist sie finanziell und organisatorisch unabhängig vom Kanton. Obwohl durch die zunehmenden Kirchenaustritte auch die dominierende Stellung der Evangelisch-Reformierten Kirche zurückgeht, nimmt sie am sozialen und kulturellen Leben der Stadt nach wie vor grossen Anteil. Ein soziales Netzwerk mit Einrichtungen für die [[Seelsorge]]stellen, Drogenberatung oder den [[Suppenküche|Gassenküchen]] wird durch die Kirche aufrechterhalten. Zu den sichtbaren Zeichen der Evangelisch-Reformierten Kirche im Kanton Basel-Stadt gehören 85 Kirchen, Gemeinde-, Pfarrhäuser und [[Küster|Sigristenwohnungen]]. Zahlreiche Baudenkmäler prägen das Gesicht der Stadt, wie das [[Basler Münster]] als Wahrzeichen von Basel und die Innenstadtkirchen [[Leonhardskirche (Basel)|St. Leonhard]], [[Martinskirche (Basel)|St. Martin]], [[Peterskirche (Basel)|St. Peter]] und die [[Theodorskirche (Basel)|Theodorskirche]].&lt;ref&gt;Kirchenbauten der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt. Basel o.J. (Br 32 S., Fotos)&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die [[Predigerschule Basel]] existierte von 1876 bis 1915.<br /> <br /> ==== Katholiken ====<br /> Die [[Römisch-katholische Kirche]] Basels zählt insgesamt 13 [[Pfarrei]]en, elf davon sind deutschsprachig, eine französisch, eine weitere italienisch. Die Pfarreien zusammen mit den kantonalen Diensten bilden das [[Dekanat]], das einen Teil des [[Bistum Basel|Bistums Basel]] darstellt. Der [[Religionsunterricht]] wird gemeinsam mit der Evangelisch-Reformierten Kirche organisiert und finanziert.<br /> Neben der grösseren Römisch-katholischen Kirche Basels gibt es seit 1873 die kleinere [[Christkatholische Kirche der Schweiz|Christkatholische Kirche]].<br /> <br /> ==== Juden ====<br /> [[Datei:Basler Synagoge(ws)-2.jpg|mini|Basler Synagoge]]<br /> <br /> Die Juden in Basel siedelten sich bereits urkundlich gesichert im 12. Jahrhundert an. Die erste [[Synagoge]] stand am Rindermarkt. Ausgrabungen in Augusta Raurica zufolge könnte die Ansiedlung von Juden sogar auf das 2. Jahrhundert zurück datiert werden.&lt;ref&gt;[http://www.juedische-musik.de/synagogenchor/synagoge.htm Geschichte der Juden in Basel]&lt;/ref&gt;<br /> Die Gründung der heutigen [[Israelitische Gemeinde Basel|Israelitischen Gemeinde Basel (IGB)]] geht auf das Jahr 1805 mit damals etwa 70 Mitgliedern zurück.&lt;ref&gt;[[Heiko Haumann]] (Hrsg.): Acht Jahrhunderte Juden in Basel. 200 Jahre Israelitische Gemeinde Basel. Basel 2005.&lt;/ref&gt; Heute umfasst sie in der Stadt und der Umgebung rund 1100 Mitglieder und ist damit die zweitgrösste der Schweiz.&lt;ref&gt;[http://www.inforel.ch/i1165.html Israelitische Gemeinde Basel]&lt;/ref&gt; Sie erhielt 1972 durch eine [[Volksabstimmung (Schweiz)|Volksabstimmung]] die Anerkennung als [[Körperschaft des öffentlichen Rechts (Schweiz)|öffentlich-rechtliche Körperschaft]]. Sie führt heute neben der [[Synagoge (Basel)|Basler Synagoge]] diverse Schulen und die öffentliche Karger-Bibliothek.&lt;ref&gt;[http://www.inforel.ch/i1384.html Karger-Bibliothek]&lt;/ref&gt; Neben der Israelitischen Gemeinde Basel gibt es seit 1927 eine sogenannte Austrittsgemeinde, die streng orthodoxe Israelitische Religionsgesellschaft Basel (IRG) mit einer eigenen Synagoge.&lt;ref&gt;[http://www.inforel.ch/i1166.html Israelitische Religionsgesellschaft Basel (IRG)]&lt;/ref&gt; Zudem steht in Basel das [[Jüdisches Museum der Schweiz|Jüdische Museum der Schweiz]], welches eine kostbare Sammlung jüdischer Kulturgüter zeigt.&lt;ref&gt;Christoph Peter Baumann (Hrg): Judentum in Basel. Basel 2010&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Muslime ====<br /> Seit den 1960er Jahren gibt es durch [[Einwanderung]] aus muslimischen Ländern, vor allem der Türkei, dem Maghreb und dem Kosovo einen wachsenden [[Islam|muslimischen]] Bevölkerungsanteil, der heute schätzungsweise knapp 10 % der Stadtbevölkerung umfasst, in den Kleinbasler Quartieren deutlich mehr (siehe untenstehende Tabelle). In Basel bestehen zurzeit 13 Moscheen und Gebetsräume. &lt;ref&gt;http://www.moscheesuche.de/moschee/stadt/Basel/40116&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Statistik ====<br /> Tabelle der Konfessionszugehörigkeit der Kantonsbevölkerung in Prozent (Quelle: Volkszählungen):&lt;ref&gt;{{Webarchiv | url=http://www.statistik-bs.ch/themen/16/sprachen/konfession | wayback=20071210020220 | text=statistik-bs.ch: Verteilung der Konfessionen}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra&quot; width=&quot;70%&quot;<br /> |- class=&quot;hintergrundfarbe5&quot;<br /> ! Jahr<br /> ! Evangelisch-&lt;br /&gt;Reformiert<br /> ! Römisch-&lt;br /&gt;katholisch<br /> ! Übrige&lt;br /&gt;Christen (*)<br /> ! Jüdisch<br /> ! Muslime<br /> ! Andere&lt;br /&gt;Religionen<br /> ! Konfessionslos (**)<br /> ! Keine&lt;br /&gt;Angaben<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1950 || 63,3 || 31,3 || 1,4 || 1,3 || 0,0 || 0,0 || 0,0 || 0,0<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1960 || 59,9 || 35,8 || 1,3 || 1,1 || 0,0 || 0,3 || 1,6 || 0,0<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1970 || 52,7 || 40,7 || 1,1 || 0,9 || 0,2 || 0,2 || 3,2 || 1,0<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1980 || 44,4 || 35,5 || 1,2 || 0,9 || 1,1 || 0,3 || 13,9 || 1,9<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 1990 || 32,1 || 25,4 || 1,8 || 0,8 || 4,0 || 0,5 || 34,5 || 0,3<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 2000 || 26,5 || 24,9 || 2,8 || 0,8 || 6,7 || 1,2 || 31,0 || 5,1<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | 2012&lt;ref&gt;[http://www.kirche-heute.ch/kirche-heute/beitraege/3aktuell/2013-46-Immer-mehr-Konfessionslose.php Immer mehr Konfessionslose], aufgerufen am 17. November 2013&lt;/ref&gt;<br /> || 16,5 || 15,3 || &gt;1 || 0,6 || 9,3 || || 44,7 || <br /> |}<br /> <br /> (*) Innerhalb der Gruppe «übrige Christen» gab es eine Verschiebung: Die Anzahl Christkatholiken nahm stark ab, während die Anzahl ostkirchlicher etwa gleich stark zunahm.<br /> <br /> (**) Für die Abnahme der Konfessionslosen zwischen 1990 und 2000 gibt es zwei Erklärungen:<br /> * Unter den Ausländern nahm der Anteil der Konfessionslosen stark ab.<br /> * Man kann vermuten, dass die Konfessionslosen die Auskunft überdurchschnittlich oft verweigerten. Aufgrund der hohen Zahl der Auskunftsverweigerungen in der Volkszählung 2000 hätte das eine merkbare Verfälschung der Statistik zur Folge.<br /> <br /> Konfessionszugehörigkeit in Prozent nach Quartier (2013) (Quelle: Statistischer Atlas Basel-Stadt, &lt;ref&gt;http://www.statistik-bs.ch/karten/interaktiv&lt;/ref&gt;)<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra&quot; width=&quot;70%&quot;<br /> |- class=&quot;hintergrundfarbe5&quot;<br /> ! Quartier<br /> ! Evangelisch-&lt;br /&gt;Reformiert<br /> ! Römisch-&lt;br /&gt;katholisch<br /> ! Christ-&lt;br /&gt;katholisch<br /> ! Ost-&lt;br /&gt;kirchliche<br /> ! Jüdisch<br /> ! Islamisch<br /> ! Andere&lt;br /&gt;Religionen<br /> ! Konfessionslos<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Altstadt Grossbasel || 21,8 || 14,4 || 0,8 || 0,8 || 0,7 || 0,8 || 3,5 || 56,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Vorstädte || 18,0 || 15,8 || 1,0 || 1,8 || 1,4 || 2,3 || 3,9 || 54,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Am Ring || 17,9 || 15,4 || 0,8 || 2,1 || 2,9 || 3,1 || 3,9 || 52,9<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Breite || 15,8 || 15,2 || 0,6 || 2,3 || 0,1 || 10,3 || 4,3 || 50,4<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| St. Alban || 21,4 || 15,7 || 0,5 || 1,9 || 0,8 || 5,1 || 3,3 || 50,3<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Gundeldingen || 13,3 || 14,4 || 0,5 || 3,6 || 0,1 || 13,9 || 5,2 || 47,3<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Bruderholz || 25,2 || 17,8 || 0,4 || 1,4 || 0,5 || 2,5 || 2,5 || 49,2<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Bachletten || 23,8 || 17,3 || 0,5 || 1,2 || 1,5 || 3,1 || 2,2|| 49,9<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Gotthelf || 18,7 || 16,5 || 0,5 || 1,7 || 1,9 || 3,5 || 3,6 || 53,0<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Iselin || 14,2 || 16,3 || 0,5 || 3,1 || 0,7 || 10,7 || 5,5 || 48,7<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| St. Johann || 13,1 || 14,0 || 0,7 || 2,7 || 0,2 || 13,5 || 5,2 || 49,1<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Altstadt Kleinbasel || 15,0 || 15,0 || 1,0 || 1,9 || 0,3 || 5,0 || 3,1 || 57,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Clara || 10,4 || 11,7 || 0,8 || 4,7 || 0,0 || 12,1 || 8,0 || 48,9<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Wettstein || 19,3 || 16,0 || 0,5 || 1,1 || 0,2 || 4,5 || 3,4 || 54,2<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Hirzbrunnen || 19,9 || 18,6 || 0,3 || 1,1 || 0,1 || 7,8 || 2,7 || 51,2<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Rosental || 8,7 || 15,8 || 0,4 || 2,2 || 0,2 || 20,5 || 8,3 || 42,6<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Matthäus || 10,3 || 12,1 || 0,6 || 4,3 || 0,1 || 15,0 || 6,7 || 48,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Klybeck || 9,5 || 11,5|| 0,4 || 3,2 || 0,0 || 21,4 || 5,7 || 45,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Kleinhüningen || 10,2 || 12,2 || 0,4 || 4,4 || 0,0 || 20,5 || 6,6 || 44,1<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | colspan=&quot;9&quot; class=&quot;hintergrundfarbe5&quot; |<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Riehen || 26,1 || 16,8 || 0,3 || 0,9 || 0,1 || 2,9 || 2,9 || 49,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Bettingen || 33,1 || 14,5 || 0,1 || 1,2 || 0,3 || 0,5 || 4,4 || 45,8<br /> |}<br /> <br /> <br /> Konfessionszugehörigkeit in Prozent nach Quartier (1988) (Quelle: Statistisches Amt Basel)<br /> {| class=&quot;wikitable zebra&quot; width=&quot;70%&quot;<br /> |- class=&quot;hintergrundfarbe5&quot;<br /> ! Quartier<br /> ! Evangelisch-&lt;br /&gt;Reformiert<br /> ! Römisch-&lt;br /&gt;katholisch<br /> ! Christ-&lt;br /&gt;katholisch<br /> ! Ost-&lt;br /&gt;kirchliche<br /> ! Jüdisch<br /> ! Islamisch<br /> ! Andere&lt;br /&gt;Religionen<br /> ! Konfessionslos<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Altstadt Grossbasel || 25,2 || 15,3 || 0,1 || 0,4 || 0,4 || 0,8 || 5,3 || 52,4<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Vorstädte || 22,1 || 16,9 || 0,6 || 1,1 || 1,7 || 3,4 || 6,1 || 48,1<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Am Ring || 20,8 || 18,0 || 0,5 || 2,0 || 3,2 || 3,7 || 7,3 || 44,6<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Breite || 19,9 || 17,1 || 0,3 || 1,9 || 0,1 || 9,8 || 6,9 || 43,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| St. Alban || 25,0 || 18,6 || 0,4 || 1,3 || 0,9 || 5,1 || 6,3 || 42,4<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Gundeldingen || 15,3 || 16,5 || 0,2 || 3,7 || 0,2 || 15,5 || 7,7 || 40,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Bruderholz || 29,1 || 19,3 || 0,3 || 1,1 || 0,8 || 2,6 || 6,3 || 40,4<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Bachletten || 26,4 || 19,4 || 0,4 || 0,9 || 1,7 || 2,8 || 6,8 || 41,5<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Gotthelf || 21,8 || 18,3 || 0,3 || 1,5 || 2,0 || 3,5 || 7,9 || 44,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Iselin || 17,0 || 17,8 || 0,2 || 2,6 || 0,7 || 11,0 || 8,3 || 42,4<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| St. Johann || 15,1 || 16,3 || 0,3 || 2,7 || 0,2 || 15,6 || 9,2 || 40,6<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Altstadt Kleinbasel || 18,9 || 16,5 || 0,2 || 1,6 || 0,0 || 5,5 || 6,6 || 50,6<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Clara || 13,2 || 14,8 || 0,1 || 4,3 || 0,1 || 12,0 || 11,0 || 44,5<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Wettstein || 22,1 || 19,3 || 0,3 || 0,8 || 0,2 || 5,0 || 6,8 || 45,6<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Hirzbrunnen || 24,5 || 18,6 || 0,3 || 1,1 || 0,1 || 7,8 || 5,3 || 42,2<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Rosental || 10,1 || 14,5 || 0,1 || 1,9 || 0,1 || 23,6 || 13,6 || 36,2<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Matthäus || 11,8 || 14,3 || 0,2 || 4,1 || 0,1 || 17,9 || 10,4 || 41,2<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Klybeck || 11,6 || 14,6 || 0,2 || 3,1 || 0,0 || 20,6 || 9,1 || 40,8<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Kleinhüningen || 13,0 || 14,3 || 0,2 || 4,0 || 0,0 || 19,9 || 9,2 || 39,4<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | colspan=&quot;9&quot; class=&quot;hintergrundfarbe5&quot; |<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Riehen || 30,2 || 18,4 || 0,2 || 0,8 || 0,1 || 2,6 || 6,4 || 41,3<br /> |- style=&quot;text-align:right;&quot;<br /> | style=&quot;text-align:left;&quot;| Bettingen || 35,9 || 15,9 || 0,2 || 1,3 || 0,2 || 0,3 || 7,1 || 39,1<br /> |}<br /> <br /> Die scheinbare Inkonsistenz mit den Zahlen für den Gesamtkanton rührt daher, dass die Quartiere sehr verschieden gross sind.<br /> <br /> == Politik ==<br /> === Legislative und Exekutive ===<br /> Regierung und Verwaltung der Stadtgemeinde Basel werden durch den [[Kanton Basel-Stadt]] wahrgenommen. Die [[Politische Gemeinde|Einwohnergemeinde]] Basel verfügt somit weder über eine eigene [[Exekutive]] noch eine eigene [[Legislative]]. Stattdessen werden diese Funktionen vom [[Liste der Regierungsräte des Kantons Basel-Stadt|Regierungsrat]] (Exekutive) respektive dem [[Grosser Rat (Basel-Stadt)|Grossen Rat]] (Legislative) des Kantons ausgeübt. Diese für Basel etablierte Lösung der Zusammenlegung der Gemeindebehörden mit den Kantonsbehörden ist in der Schweiz unüblich. Einbürgerungen, die in der Schweiz Aufgabe der Gemeinde sind, werden von der [[Bürgergemeinde]] vorgenommen.<br /> <br /> === Wappen ===<br /> {{Hauptartikel|Fahne und Wappen des Kantons Basel-Stadt und der Stadt Basel}}<br /> <br /> [[Datei:Basel Wappen.jpg|miniatur|Basler Wappen mit dem [[Baselstab]] (Bischofsstab)]]<br /> <br /> Das Wappen der Stadt Basel sowie des Kantons Basel-Stadt ist ein nach links ([[Heraldik|heraldisch]] rechts) gerichteter schwarzer Krummstab auf weissem Feld, [[Baselstab]] genannt. Drei Querbalken unterbrechen diesen Stab, der nach unten breiter wird und in drei Zacken ausläuft. Das Sinnbild des Baselstabs ist der gekrümmte [[Krummstab|Hirtenstab]] der Bischöfe. [[Schildhalter]] sind Löwen, [[Wilder Mann|wilde Männer]], Engel und seit dem 15.&amp;nbsp;Jahrhundert auch [[Basilisk (Mythologie)|Basilisken]]&amp;nbsp;– das sind Drachen mit Hahnenkopf und Schlangenschwanz.<br /> <br /> Die korrekte [[Blasonierung]] lautet: ''{{&quot;-de-CH|In Silber ein schwarzer [[Baselstab]]}}''. [[Livree]]farben sind Weiss und Schwarz.&lt;ref&gt;[http://wiki.genealogy.net/wiki/Basel_Stadt#Wappen Wiki Genealogie: Wappen des Kantons Basel-Stadt]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Das Wappen tauchte erstmals im 11. Jahrhundert auf, damals noch in der Form eines Holzstabs mit oben goldenem Bogen. Die heutige Form des schwarzen Stabs stammt aus dem 12. Jahrhundert und entspricht dem Wappen der Bischöfe von Basel, und zwar nachweislich seit 1384.&lt;ref&gt;[http://www.ngw.nl/int/zwi/kanton/basels.htm Kanton Basel-Stadt im Offiziellen Wappenlexikon]&lt;/ref&gt; Seit dieser Zeit hat sich das Wappen nicht mehr verändert und blieb das Wappen der Stadt und bei der Trennung der Landschaft von der Stadt später auch das Wappen des [[Kanton Basel-Stadt|Kantons]].<br /> <br /> === Städtepartnerschaften ===<br /> {{CHN|#}} [[Shanghai]], Volksrepublik China seit 19. November 2007&lt;ref&gt;[http://www.baselarea.ch/news/news-ansicht/news/shanghai-wird-staedtepartner-von-basel/8.html Shanghai wird Städtepartner von Basel]&lt;/ref&gt;&lt;br /&gt;<br /> {{USA|#}} [[Miami Beach]], Vereinigte Staaten seit 28. November 2011&lt;ref&gt;[http://bazonline.ch/basel/stadt/Basel-und-Miami-Beach-werden-Partnerstaedte/story/10560445 Basler Zeitung online]&lt;/ref&gt;&lt;br /&gt;<br /> {{TUR|#}} [[Van (Türkei)|Van]], Türkei<br /> <br /> == Wirtschaft und Infrastruktur ==<br /> [[Datei:BaselMessehalle2 6749.jpg|miniatur|Halle 2 des Messezentrums Basel]]<br /> <br /> Basel kommt aufgrund seiner zentralen Lage in Mitteleuropa eine besonders wichtige und bevorzugte handelsgeografische Bedeutung zu. Der [[Metropolregion Basel|Lebens- und Wirtschaftsraum]] am [[Dreiländereck]] umfasst rund 1,3&amp;nbsp;Millionen Einwohner und 650 Tausend Erwerbstätige.<br /> <br /> Basel ist einer der wichtigsten weltweiten Zentren pharmazeutischer Betriebe, wie der Novartis AG, Hoffmann-La Roche Holding, Syngenta AG und der Lonza Group.<br /> Wertmässig fallen über 94 % der baselstädtischen Warenexporte auf den Chemie- und Pharmabereich.&lt;ref&gt;[http://emagazine.credit-suisse.com/app/_customtags/download_tracker.cfm?logged=true&amp;dom=emagazine.credit-suisse.com&amp;doc=/data/_product_documents/_articles/256954/090331_branchen_aussenhandel_de.pdf Swiss Issues Branchen: Aussenhandel Schweiz – Fakten und Trends] von [[Credit Suisse]]&lt;/ref&gt; Zusammen mit den Fabrikationsstätten im benachbarten [[Schweizerhalle]] stellt Basel 20 % des Schweizer [[Export]]s und erwirtschaftet ein Drittel des [[Sozialprodukt]]es. Neben der Chemie sind die Industriezweige [[Maschinenbau]], [[Metallindustrie|Metallveredelung]], [[Textilindustrie|Textilverarbeitung]] sowie die [[Lebensmittelindustrie|Nahrungs]]- und [[Genussmittel]]produktion angesiedelt. Die jahrhundertelange Tradition in der [[Papierherstellung]] und im [[Buchdruck]] hat dazu geführt, dass mehrere [[Verlag]]e in Basel beheimatet sind.<br /> Seit 1917 hat sich aus der [[Mustermesse Basel|Schweizer Mustermesse]], einer nationalen Leistungsschau, ein europaweit bedeutender Messestandort entwickelt. Das [[Mustermesse Basel|Messezentrum Basel]] trägt jedes Jahr zahlreiche Fachmessen und Kongresse aus, unter anderem die «[[Art Basel]]», die weltweit grösste Messe für zeitgenössische Kunst, und die «[[Baselworld]]», die weltweit grösste Uhren- und Schmuckmesse.<br /> <br /> [[Datei:Basel BIZ.jpg|miniatur|Hochhaus der [[Bank für Internationalen Zahlungsausgleich]] in Basel, im Vordergrund das [[Strassburger Denkmal]]]]<br /> <br /> Ebenfalls traditionell begründet ist die Bedeutung Basels als Bankenplatz. Neben zahlreichen Bank- und Versicherungshäusern hat die [[Bank für Internationalen Zahlungsausgleich]] (BIZ) hier ihren Sitz. Die [[Schweizerische Nationalbank|Schweizer Nationalbank]] (SNB) hat in Basel eine Vertretung.<br /> <br /> Die [[Handelskammer beider Basel]] ist ein Wirtschaftsverband für [[Kanton Basel-Stadt|Basel-Stadt]] und [[Kanton Basel-Landschaft|Basel-Landschaft]].<br /> <br /> === Ansässige Unternehmen ===<br /> <br /> '''Liste der grössten Unternehmen mit Hauptsitz in Basel'''<br /> <br /> segmantas.ch stellte eine Liste der 500 größten Schweizer Unternehmen auf, darunter auch die grössten aus Basel.<br /> {| class=&quot;wikitable&quot;<br /> |-<br /> ! Rang !! Unternehmen !! Branche !! Umsatz in Mrd.<br /> |-<br /> | 1 || Novartis || Pharma || 53,114<br /> |-<br /> | 2 || Roche Holding AG || Pharma || 45,499<br /> |-<br /> | 3 || Coop-Gruppe || Einzelhandel || 27,818<br /> |-<br /> | 4 || Syngenta AG || Pharma || 13,492<br /> |-<br /> | 5 || Transgourmet Schweiz || Grosshandel || 8,300<br /> |-<br /> | 6 || Panalpina Welttransport Holding || Logistik || 6,617<br /> |-<br /> | 7 || Swiss International Air Lines || Fluggesellschaft || 5,033<br /> |-<br /> | 8 || Lonza Group || Pharma/Chemie || 3,925<br /> |-<br /> | 9 || Dufry Travel Retail || Großhandel || 3,154<br /> |-<br /> | 10 || Manor AG || Einzelhandel || 3,000<br /> <br /> |}<br /> <br /> Diese Liste lässt Banken, Finanzdienstleister und Versicherungen aus, jedoch ist Basel neben Zürich das grösste Finanzzentrum der Schweiz. Die [[UBS]] hat einen ihrer Standorte in Basel, auch die [[Basler Kantonalbank]], die [[Bank CIC (Schweiz)|Bank CIC]], die [[WIR Bank]] und die Versicherungen [[Bâloise]], [[Pax Schweizerische Lebensversicherungs-Gesellschaft|Pax]] und [[Nationale Suisse]].<br /> Weitere Banken und Versicherungen in Basel sind die Privatbanken [[La Roche 1787]], Baumann &amp; Cie., [[Bank J. Safra Sarasin|J. Safra Sarasin]] und [[E. Gutzwiller &amp; Cie. Banquiers]]. Hinzu kommen verschiedene Treuhand- und Immobilienunternehmen wie [[Pax-Anlage]], die [[STG Schweizerische Treuhandgesellschaft|STG]] und [[Warteck Invest]]. Die Standorte dieser Unternehmen konzentrieren sich um den Aeschenplatz, wo bis 1998 auch die Basler Börse lag. In Basel ist der [[Verband (Recht)|Verband]] der Schweizerischen Bankiervereinigung ansässig, die 1912 gegründet wurde.&lt;ref&gt;{{Webarchiv | url=http://www.basel.ch/de/wirtschaft/branchen_und_unternehmen/banken_und_versicherungen | wayback=20060507171556 | text=über den Finanzplatz Basel}}&lt;/ref&gt;<br /> Noch dazu ist in Basel in der Nähe des Bahnhof SBB´s die [[Bank für Internationalen Zahlungsausgleich]].<br /> <br /> Viele Chemie- und Pharmakonzerne sind ebenfalls in Basel beheimatet, unter anderem [[Novartis]], eine [[Fusion (Wirtschaft)|Firmenfusion]], welche 1996 aus der [[Sandoz]] und Ciba-Geigy hervorging, [[Hoffmann-La Roche|Roche]], [[Basilea Pharmaceutica]], [[Acino Holding]] und [[Syngenta]], ein im Jahre 2000 entstandener ''[[Ableger (Wirtschaft)|Spin-out]]'' der [[Agrochemie|Agrarsparten]] von Novartis. Auch die [[Ciba AG]], ein ''Spin-out'' der Ciba-Geigy, war in Basel ansässig, bevor sie 2008 von dem deutschen Chemiekonzern [[BASF]] übernommen wurde und Basel zu einer Zweigstelle von BASF wurde.<br /> <br /> In Basel ist der Sektor Transport und Logistik durch die Firmen [[Panalpina]] und [[SBB Cargo]] vertreten. Die grösste schweizerische Fluggesellschaft [[Swiss]] sowie [[Jet Aviation]] haben ebenfalls ihren Sitz in Basel (früher auch die 2002 aufgelöste [[Crossair]] und die 2012 in Konkurs gegangene [[Hello (Fluggesellschaft)|Hello]]).<br /> <br /> Viele bedeutende Gross- und Einzelhandelsunternehmen wie die Kaufhauskette [[Manor AG|Manor]], der Hersteller von Raucherbedarfsartikeln [[Zino Davidoff|Oettinger Imex AG]], der grösste Fleischproduzent der Schweiz [[Bell AG (Schweiz)|Bell]] sowie das Einzelhandelsunternehmen [[Coop (Schweiz)|Coop]] sind in Basel beheimatet.<br /> <br /> Daneben haben die [[MCH Group|''mch'' Messe Schweiz AG]], das [[Life Sciences|Life-Sciences]]-Unternehmen [[Lonza Group]] AG, das Haustechnikunternehmen [[Sauter AG|Sauter]], die Modekette [[Tally Weijl]], der Reisedetailhändler [[Dufry]], der Mineralöl- und Autohändler [[Fritz Meyer Holding]] und der Implantatehersteller [[Straumann]] ihren Sitz in Basel.<br /> <br /> [[Datei:Hotel Les Trois Rois.jpg|miniatur|Les Trois Rois]]<br /> <br /> === Gastgewerbe ===<br /> <br /> Basel hat eine Vielzahl geschichtsträchtiger Gastbetriebe und Hotels.<br /> <br /> Das [[Hotel Les Trois Rois]], in [[Grossbasel]] neben der Mittleren Brücke direkt am Rhein, ist eines der ältesten verbrieften [[Hotel]]s Europas (erste Erwähnung 1681 als Gasthof Drei Könige). Zahlreiche Persönlichkeiten der Geschichte sind im Les Trois Rois abgestiegen (Napoléon Bonaparte, Theodor Herzl, Johann Wolfgang Goethe, Voltaire, Pablo Picasso, Thomas Mann, Marc Chagall, Richard Wagner, The Rolling Stones. [[Giacomo Casanova]] schrieb in seinen [[Geschichte meines Lebens (Giacomo Casanova)|Memoiren (''«Histoire de ma vie»'')]]: «Wir kehrten bei dem berüchtigten Imhoff ein, der uns die Haut über die Ohren zog; aber die ‹Drei Könige› waren das beste Gasthaus der Stadt.»). Das Luxushotel gehört zu den führenden Hotels in Europa. Der klassizistische Bau aus dem Jahr 1844 (Architekt: [[Amadeus Merian]]) wurde 2004–2006 umfassend renoviert, rekonstruiert und erweitert. Als Messestandort verfügt Basel über zahlreiche weitere Hotels, überdurchschnittlich viele davon im 4- und 5-Sterne-Bereich.<br /> <br /> Das älteste Wirtshaus von Basel ist der [[Gasthof zum Goldenen Sternen (Basel)|Gasthof zum Goldenen Sternen]], welcher urkundlich 1346 das erste Mal erwähnt wurde und seit 1412 als eine der 13 [[Herrenwirtschaft (Basel)|Herrenwirtschaften]] den Gästen Speis und Trank anbot. Im Jahr 1501 wurden die Gesandten der zehn Orte der damaligen Eidgenossenschaft zum Willkommenstrunk empfangen. Nach einer Strassenverbreiterung der Aeschenvorstadt wurde diese Wirtschaft im Jahr 1963 abgebrochen, aber 10&amp;nbsp;Jahre später auf Initiative des früheren Sternen-Wirtes Jost Müller im St. Alban-Tal wieder aufgebaut. Spitzengastronomie wird unter anderem in den Restaurants [[Restaurant Stucki (Basel)|Stucki]] (Köchin [[Tanja Grandits]]) im Quartier [[Bruderholz]] und [[Teufelhof Basel|Teufelhof]] geboten. Zu den bekanntesten Cafés der Stadt gehört das Grand Café Huguenin am [[Barfüsserplatz]].<br /> <br /> Weitere historische Basler Restaurants sind das Restaurant Atlantis am Klosterberg, die Hasenburg und das Gifthüttli in der Grossbasler Altstadt.<br /> <br /> === Verlagswesen ===<br /> Die Gründung der Universität Basel im Jahr 1460 brachte der Stadt und auch dem Druckgewerbe und Verlagswesen grossen Aufschwung. Zu den Papiermachern kamen über 50 Drucker, darunter so berühmte wie [[Johannes Petri|Petri]], [[Johann Amerbach|Amerbach]] und [[Johann Froben|Froben]]. 1468 erschien eine lateinische Bibel, welche mit beweglichen Lettern von Bertold Ruppel gesetzt wurde. 1488 gründete Johannes Petri seinen Verlag, der heute das älteste bestehende Druck- und Verlagshaus ist (heute: [[Schwabe AG]].). Mit dem berühmtesten aller Basler Drucker, [[Johann Froben]], wurde nach 1500 Basel zu einem der führenden Verlags- und Druckorte Europas. Heute zählt Basel über 15 Sachbuch- und Literaturverlage, neben Schwabe beispielsweise den [[Birkhäuser Verlag]], den Wissenschaftsverlag [[S. Karger]], den [[EMH Schweizerischer Ärzteverlag|Schweizerischen Ärzteverlag]], den [[Christoph Merian Verlag]], den [[Lenos Verlag]], [[Urs Engeler Editor]], den [[Münsterverlag]], den [[Brunnen-Verlag]] und den [[Hungerkünstler Verlag]].<br /> <br /> === Medien ===<br /> In Basel und der näheren Umgebung erscheinen diverse Zeitungen: Die von der [[Basler Zeitung Medien]] herausgegebene [[Basler Zeitung]] (baz) ist die grösste Tageszeitung der [[Nordwestschweiz]]. Neu entstand, nach dem Streit um die Basler Zeitung, die wöchentlich (jeweils Freitags) erscheinende [[TagesWoche]]. Daneben gibt es auch noch die [[Basellandschaftliche Zeitung]], die in Liestal erscheint, sowie die [[Riehener Zeitung]] als unabhängige Wochenzeitung für die beiden baselstädtischen Gemeinden Riehen und Bettingen. Regionale Nachrichten erscheinen auch in den Gratiszeitungen [[20 Minuten]] und [[Blick am Abend]]. Ein breites Informationsangebot bietet auch die Webzeitung [[OnlineReports]].<br /> <br /> Auch Radiosender sind in Basel vertreten: Neben der Sendung [[Regionaljournal Basel]] des öffentlich-rechtlichen [[Schweizer_Radio_und_Fernsehen|Radiosenders SRF]] gibt es in der Region Basel die zwei privaten Radiosender [[Radio Basilisk]] und [[Energy Basel]] sowie das nicht-kommerzorientierte [[Radio X (Basel)|Radio X]].<br /> <br /> Radio SRF betreibt in Basel ein Radiostudio, aus dem der Sendebetrieb von [[Radio SRF&amp;nbsp;2 Kultur]] abgewickelt wird.<br /> <br /> Ausserdem bedient der Fernsehsender [[Telebasel]] die Stadt und die Nordwestschweiz mit eigenen Programmen.<br /> <br /> [[Datei:Basel Rheinhafen.jpg|miniatur|Basler Rheinhafen]]<br /> <br /> === Verkehr ===<br /> ==== Schiffsverkehr ====<br /> <br /> Seit dem [[Mittelalter]] ist Basel ein bedeutender Handels- und Umschlagplatz für den Warenverkehr zwischen dem [[Mittelmeer]] und der [[Nordsee]]. Die Fahrt auf dem [[Rhein]] zwischen Basel und [[Rotterdam]] beträgt 832&amp;nbsp;km und dauert für heutige Motorschiffe flussab zwischen drei und vier Tagen, flussauf etwa eine Woche. Die Fahrt zwischen Basel und [[Straßburg|Strassburg]] wird durch den [[Rheinseitenkanal]] erleichtert. Durch diesen Kanal umgehen die Schiffe die gefährlichen [[Isteiner Schwellen|Stromschnellen von Istein]].<br /> <br /> Die [[Mannheimer Akte]] aus dem Jahr 1868 gewährleistet der Schweiz die vollen Verkehrsrechte. Der Rhein gilt bis zur Mittleren Brücke in Basel als internationales Gewässer. Rund 12 % des gesamten schweizerischen [[Import]]s werden in den Rheinhäfen umgeschlagen, im Jahr 2010 waren dies 5.5&amp;nbsp;Millionen Tonnen.<br /> <br /> [[Datei:Rhine Rhein Basel 2006 856.JPG|miniatur|Rheinschiff in Basel]]<br /> <br /> In und um Basel gibt es drei [[Hafen|Häfen]], davon liegt nur der Rheinhafen Kleinhüningen auf dem Stadtgebiet, die zwei linksrheinischen Hafenteile in Birsfelden und Muttenz-Au liegen auf basellandschaftlichem Boden. Die drei Hafenteile sind als die Schweizerischen Rheinhäfen organisiert, beide Kantone&amp;nbsp;– Basel-Stadt und Basel-Landschaft&amp;nbsp;– sind an dieser Anstalt öffentlichen Rechts beteiligt. Der älteste Schweizer Rheinhafen St. Johann ist seit dem 1. Januar 2010 nicht mehr in Betrieb.<br /> <br /> {{Siehe auch|Basler Personenschifffahrt|Schweizerische Rheinhäfen|Schifffahrtskanalprojekte in den Alpen}}<br /> <br /> ==== Eisenbahnverkehr ====<br /> [[Datei:Central-Bahnhof SBB von Basel.jpeg|miniatur|Bahnhof SBB und der Centralbahnplatz]]<br /> <br /> Auf dem Stadtgebiet befinden sich drei Fern-Bahnhöfe. Der [[Bahnhof Basel SBB]] (Centralbahnhof) mit den nationalen Linien nach [[Zürich]], [[Bern]]/[[Luzern]] und [[Delsberg]] und den internationalen Linien (Deutschland/Italien), der zum selben Gebäudekomplex gehörende Französische Bahnhof [[Bahnhof Basel SNCF|Basel SNCF]] (Elsässerbahnhof) mit den Linien nach [[Mülhausen]]–[[Paris]]/[[Brüssel]] sowie der [[Basel Badischer Bahnhof|Badische Bahnhof]] (Basel Bad Bf), der sich im Norden der Stadt befindet und von der [[Deutsche Bahn|Deutschen Bahn]] betrieben wird. Hier halten sämtliche Züge von und nach Deutschland, hier beginnen auch die [[Hochrheinbahn|Hochrheinstrecke]] in Richtung [[Waldshut-Tiengen|Waldshut]] und die mittlerweile durch die [[Schweizerische Bundesbahnen]] bediente [[Wiesentalbahn]] nach [[Zell im Wiesental]]. Etwa 2015 soll die neue [[Intercity-Express|ICE]]-Hochgeschwindigkeitsstrecke nach [[Karlsruhe]] eröffnet werden. Basels längster Zuglauf ist der täglich verkehrende Zug Basel – [[Moskau]].<br /> <br /> Daneben existieren die [[Regio S-Bahn Basel|Regio-S-Bahn]]-Haltestellen Basel-St. Johann (an der Bahnlinie Basel SNCF Richtung St. Louis) und Basel-St. Jakob (an der Linie Basel SBB Richtung [[Muttenz]], wobei diese Station normalerweise nur von Extrazügen während Veranstaltungen im Stadion [[St. Jakob-Park]] bedient wird) und seit 2006 Basel-[[Dreispitzareal|Dreispitz]] (an der Linie Basel SBB Richtung Delémont).<br /> <br /> ==== Luftverkehr ====<br /> [[Datei:Flughafen Basel Mulhouse.jpg|miniatur|Terminal am EuroAirport]]<br /> <br /> Der erste Flughafen von Basel wurde 1920 auf dem Sternenfeld-Areal auf dem Gemeindegebiet von [[Birsfelden]] gebaut ([[Flugplatz Basel-Sternenfeld]]).<br /> In den 30er Jahren wurde klar, dass der Flugplatz an diesem Standort nicht im erforderlichen Mass wachsen konnte, um den zukünftigen Anforderungen der Luftfahrt zu genügen. Es entstand die Idee eines binationalen Flughafens auf französischem Gebiet. Die französische Regierung stimmte zu, doch der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs unterbrach die Verhandlungen.<br /> Nach dem Krieg wurde die Idee zügig wieder aufgenommen, und bereits am 8.&amp;nbsp;Mai 1946, nach nur zweimonatiger Bauzeit und noch vor der Ausarbeitung eines Staatsvertrags, wurde auf dem Gebiet der französischen Gemeinde [[Blotzheim]] der Flughafen Basel-Mulhouse eröffnet. Natürlich konnte in dieser kurzen Zeit nur die elementarsten Einrichtungen erstellt werden, der weitere Ausbau bis zum «fertigen» Flughafen erstreckte sich dann über viele Jahre. 1987 führte der Flughafen das Markenzeichen [[Flughafen Basel-Mülhausen|EuroAirport Basel Mulhouse Freiburg]] ein. Heute verfügt der Flughafen über eine Hauptpiste von 3'900&amp;nbsp;m. Im Jahr 2007 betrug das Passagieraufkommen 4,3 Millionen, das Streckennetz umfasste im Linienverkehr 62 Destinationen in 30 verschiedenen Ländern, die von 20 Fluggesellschaften bedient wurden.<br /> <br /> [[Datei:Mittlere Brücke Night.JPG|miniatur|Mittlere Brücke, im Hintergrund die Johanniterbrücke]]<br /> <br /> ==== Strassenverkehr ====<br /> <br /> Die Stadt Basel ist Knotenpunkt wichtiger Strassenverbindungen nach Deutschland und Frankreich. An Basel vorbei verlaufen die beiden hochrangigen [[Europastraße|Europastrassen]] [[Europastraße 25|25]] und [[Europastraße 35|35]] in Nord-Süd-Richtung. Gleichgerichtete Europastrassen der Kategorie A verlaufen sonst in der Regel in grösserem Abstand zueinander.<br /> <br /> Aus [[Luzern]] bzw. [[Zürich]] verbindet die [[Autobahn 2 (Schweiz)|A2]] bzw. die [[Autobahn 3 (Schweiz)|A3]] (E&amp;nbsp;25 und E&amp;nbsp;35) über die [[Nordtangente (Basel)|Nordtangente]] die deutsche [[Bundesautobahn 5|A&amp;nbsp;5]] (E&amp;nbsp;35) Richtung [[Karlsruhe]] und die französische [[Autoroute A35|A&amp;nbsp;35]] (E&amp;nbsp;25) Richtung [[Mülhausen]]. Fünf Strassen- und eine Eisenbahnbrücke verbinden die beiden Teile Basels über den Rhein. In Flussrichtung sind das die [[Schwarzwaldbrücke]] (Autobahn- und Eisenbahnbrücke), die [[Wettsteinbrücke]], die [[Mittlere Brücke]], die [[Johanniterbrücke]] sowie die doppelstöckige [[Dreirosenbrücke]].<br /> <br /> Insbesondere in [[Grossbasel]] durchziehen drei Strassenzüge in konzentrischer Ringform das Stadtgebiet. Viele Strassen in den Quartieren sind rechtwinklig angeordnet. Der Stadtkern ist weitestgehend als [[Fußgängerzone|Fussgängerzone]] vom Autoverkehr befreit.<br /> <br /> ==== Öffentlicher Nahverkehr ====<br /> [[Datei:Basel - Straßenbahn - Netzplan 2009.png|miniatur|Netzplan des Basler Trams]]<br /> <br /> Die öffentlichen Verkehrsmittel in Basel sind in den [[Tarifverbund Nordwestschweiz]] (TNW) integriert. Wichtigstes städtisches Verkehrsmittel ist die [[Strassenbahn Basel]], die gemeinsam von den [[Basler Verkehrs-Betriebe]]n (BVB) und der [[Baselland Transport]] (BLT) betrieben wird. Zwischen 1941 und 2008 verkehrte ausserdem der [[Trolleybus Basel]] in der Stadt, der durch [[Omnibus|Autobusse]] ersetzt wurde.<br /> <br /> Die [[Basler Tramlinien]] verkehren je nach Tageszeit und Strecke alle sechs- bis dreissig Minuten. Das sogenannte Umweltschutz-Abo erschliesst sämtliche öffentliche Verkehrsmittel der [[Kanton (Schweiz)|Kantone]] [[Kanton Basel-Stadt|Basel-Stadt]], [[Kanton Basel-Landschaft|Basel-Landschaft]] sowie Teile der Kantone [[Kanton Solothurn|Solothurn]] ([[Bezirk]] [[Dorneck-Thierstein]]) und [[Kanton Aargau|Aargau]] ([[Fricktal]]: Bezirke [[Rheinfelden (Bezirk)|Rheinfelden]] und [[Laufenburg (Bezirk)|Laufenburg]]).<br /> <br /> In den Jahren 2005 bis 2007 fand eine Kontroverse über die Zukunft der [[Oberleitungsbus|Trolleybusse]] statt; die Absicht der BVB, diese abzuschaffen und sie durch Erdgasbusse zu ersetzen, wurde in einer Volksabstimmung am 17.&amp;nbsp;Juni 2007 relativ knapp gutgeheissen.<br /> <br /> Für die Überquerung des Rheins stehen fünf Brücken für den Individualverkehr, eine Eisenbahn- und eine Fussgängerbrücke zur Verfügung ([[Basler Rheinbrücken]]). Ausserdem lässt sich der Rhein mit vier [[Basler Fähren|Fussgängerfähren]] überqueren.<br /> <br /> == Bildung ==<br /> Basel ist eine [[Humanismus|humanistisch]] geprägte Universitätsstadt. Es bestehen einige bedeutende Angebote für die höhere Ausbildung. Einerseits ist dies die 1460 gegründete [[Universität Basel]] mit mehr als 12'000 Studierenden&lt;ref&gt;[http://www.radiobasel.ch/aktuell/nachrichten/neuer-h%25C3%25B6chststand-bei-studentenzahlen-uni-basel-2010-11-24 ''Neuer Höchststand bei Studentenzahlen an Uni Basel''] auf [[Radio Basel]]&lt;/ref&gt; und Doktorierenden in verschiedenen Fakultäten ([[Theologie]], [[Rechtswissenschaft]]en, [[Medizin]], [[Geisteswissenschaft]]en, [[Wirtschaftswissenschaft]]en, [[Naturwissenschaft]]en, [[Psychologie]]). Internationalen Ruf geniessen unter anderem das [[Biozentrum der Universität Basel]] und das [[ETH Zürich|ETH]]-Departement für Biosysteme D-BSSE, das seit 2006 im Bereich der [[Systembiologie]] und der [[Synthetische Biologie|synthetischen Biologie]] forscht.<br /> <br /> Weiter ist die [[Fachhochschule Nordwestschweiz]] (FHNW) erwähnenswert, mit der [[Hochschule für Gestaltung und Kunst]] (HGK), der [[Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz|Pädagogischen Hochschule]], der Hochschule für [[Soziale Arbeit]] und der Hochschule für Wirtschaft.<br /> <br /> Hinzu kommt die [[Musik-Akademie der Stadt Basel]] mit der Musikschule, der [[Hochschule für Musik (Basel)|Musikhochschule]] (ab 2006 Bestandteil der FHNW) und der [[Schola Cantorum Basiliensis]] sowie die [[Volkshochschule]] beider Basel für die Erwachsenenbildung.<br /> <br /> Basel ist neben dem Humanismus auch für seine mathematische Forschung bekannt. Neben [[Leonhard Euler]] ist besonders die Gelehrtenfamilie [[Bernoulli]] zu nennen, die in Basel Mathematik lehrten und Forschung betrieben. 1910 wurde hier die [[Schweizerische Mathematische Gesellschaft]] gegründet. Im 20. Jahrhundert lehrte der russische Mathematiker [[Alexander Markowitsch Ostrowski]] an der Universität Basel.<br /> <br /> == Kultur und Sehenswürdigkeiten ==<br /> {{Siehe auch|Liste der Kulturgüter in Basel}}<br /> In Basel findet jährlich eine der weltweit bedeutendsten Kunstmessen, die Art Basel, statt. Eine weitere bekannte Sehenswürdigkeit, der [[Zoo Basel]], genannt Zolli, war der erste Zoo der Schweiz.<br /> <br /> === Musik und Theater ===<br /> [[Paul Sacher]] gründete bereits in den 1930er Jahren die [[Schola Cantorum Basiliensis]], die zum Zentrum der Erforschung und Pflege alter Musik wurde. Das [[Musical Theater Basel]] an der Messe bietet regelmässig Vorführungen an. Neben dem [[Sinfonieorchester Basel]] (Chefdirigent [[Dennis Russell Davies]]) haben sich in jüngster Zeit auch einige spezialisierte Orchester einen Namen gemacht wie die [[Basel Sinfonietta|basel sinfonietta]], Capriccio Basel, das [[Ensemble Phoenix Basel|Ensemble Phoenix]] sowie das [[Kammerorchester Basel]], das mit [[Christopher Hogwood]] einen reputierten ersten Gastdirigenten hat. Neben den grossen [[Oratorienchor|Oratorienchören]] wie dem [[Basler Gesangverein]] und dem [[Basler Bach-Chor]] bestehen auch zahlreiche kleinere, meist auf [[a cappella|A-cappella-Musik]] spezialisierte Kammerchöre. International bekannt sind die [[Basler Madrigalisten]] und die [[Knabenkantorei Basel]] (KKB). Alle drei Jahre findet in Basel das [[Europäisches Jugendchor Festival Basel|Europäisches Jugendchorfestival]] statt.<br /> <br /> Basel verfügt über eine [[Musik-Akademie der Stadt Basel|Musikakademie]] mit Unterabteilungen wie die [[Schola Cantorum Basiliensis]], aus der das Barockorchester [[La Cetra]] entstand, und die [[Hochschule für Musik (Basel)|Musikhochschule]]. Auch die [[Paul Sacher|Paul-Sacher-Stiftung]] hat ihren Sitz in Basel.<br /> <br /> Weit über die Schweiz hinaus bekannt sind die traditionellen Basler Pfeifer und Tambouren der [[Basler Fasnacht]]. In Sachen Militär- und Marschmusik findet mit dem [[Basel Tattoo]] die zweitgrösste Tattoo-Veranstaltung der Welt jährlich in Basel statt.<br /> <br /> Überregional bekannt sind die [[Jazz]]musik-Anlässe [[Baloise Session]] (ehemals AVO Session), [[Em Bebbi sy Jazz]] und [[Jazzfestival Basel]]. Der Jazzclub [[the bird’s eye jazz club Basel|the bird’s eye]] im [[Lohnhof]] am Kohlenberg wird zu den besten Europas gezählt.&lt;ref&gt;[http://www.birdseye.ch/Presse/JazzTime_2011-09.pdf JazzTime 9/2011]&lt;/ref&gt; Der [[Blues]] wird am Rheinknie ebenfalls gepflegt, stellvertretend genannt seien hier das im Jahr 2000 gegründete [[Blues Festival Basel]] und das [[summerblues]] im Kleinbasel. <br /> <br /> Das ''[[Sonic (Basel)|Sonic]]'' in der [[St. Jakobshalle]] gilt als das grösste Techno-Dance-Event der Schweiz.<br /> <br /> Basel ist ferner eine Stadt mit bedeutender [[Orgel]]kultur, die acht Kirchen mit historischen Orgeln besitzt.<br /> <br /> Die Basler Musikszene brachte bereits mehrere national und international bekannte Bands hervor, zum Beispiel die [[Lovebugs]], [[Myron]] und [[Dankner]]. Ausserdem kommen bzw. kamen der Sänger und Schauspieler [[Martin Schenkel]] und die Sängerin [[Nubya]] aus Basel.<br /> <br /> Als grösstes [[Mehrspartentheater]] der deutschsprachigen Theaterlandschaft tat sich das [[Theater Basel]] mit vielbeachteten modernen Schauspiel-Inszenierungen, mit Tanztheater, Opernaufführungen und -uraufführungen hervor ([[Macbeth (Shakespeare)|Macbeth]], [[Die Zauberflöte]], [[La traviata]]). 2009 und 2010 wurde das Theater Basel zum [[Opernhaus des Jahres]] der Fachzeitschrift [[Opernwelt]] gewählt.<br /> <br /> In der Genossenschaft zur Förderung der Basler Kleintheater GBK haben sich 1981 18 Kleintheater zusammengeschlossen. Dieser in Europa einmaliger Zusammenschluss umfasst folgende Theater: Atelier-Theater, Baseldytschi Bihni, Basler Marionetten Theater, Die Kuppel, Figurentheater Vagabu, Häbse Theater, junges theater basel, Kaserne Basel, kleinkunstbühne rampe, parterre, Sud, Theater Fauteuil, TheaterFalle Basel, Theater Arlecchino, Theater im [[Teufelhof (Basel)|Teufelhof]], Vorstadttheater Basel.<br /> <br /> === Museen ===<br /> {{Hauptartikel|Museen in Basel}}<br /> <br /> [[Datei:Tinguely Museum.jpg|miniatur|[[Museum Tinguely]]]]<br /> <br /> Das [[Kunstmuseum Basel]] (grösstes Kunstmuseum der Schweiz) ragt dabei als die älteste städtische Kunstsammlung der Welt überhaupt heraus. Schwerpunkte des Museums liegen bei Künstlern der [[Renaissance]] sowie des 19. und 20.&amp;nbsp;Jahrhunderts. Werke ab etwa 1960 werden im [[Museum für Gegenwartskunst (Basel)|Museum für Gegenwartskunst]] ausgestellt. Weitere bedeutende Kunstsammlungen sind unter anderem das [[Museum Tinguely]] und die private [[Fondation Beyeler]], die in einem von [[Renzo Piano]] entworfenen Haus in [[Riehen]] Bilder und [[Plastik (Kunst)|Plastiken]] vor allem der [[Klassische Moderne|klassischen Moderne]] zeigt. Das [[Schaulager]] wurde 2003 eröffnet und ist vom Konzept her eine Mischung zwischen öffentlichem Museum, [[Konservatorium]] und Kunstforschungsinstitut.<br /> <br /> Sehenswert sind auch viele andere der insgesamt über 30 Museen, wie etwa das [[Antikenmuseum Basel|Antikenmuseum]], das [[Schweizerisches Architekturmuseum|Architekturmuseum]], das [[Naturhistorisches Museum Basel|Naturhistorische Museum]] und das [[Museum der Kulturen Basel|Museum der Kulturen]] (früher Museum für Völkerkunde). Daneben gibt es eine Vielzahl kleinerer Sammlungen und Museen, wie beispielsweise die [[Anatomie|Anatomische Sammlung]] der Universität, die im [[Anatomisches Museum Basel|Anatomischen Museum]] zu sehen ist, das [[Pharmazie-Historisches Museum der Universität Basel]], das [[Jüdisches Museum der Schweiz]] und das Spielzeugmuseum in Riehen sowie das [[Spielzeug Welten Museum Basel|Spielzeug Welten Museum]]. Auf deutscher Seite in [[Weil am Rhein]], unweit der Grenze, befindet sich ausserdem das von [[Frank Gehry]] entworfene [[Vitra Design Museum]]. Städtische Museen gewähren am ersten Sonntag im Monat freien Eintritt.<br /> <br /> === Archäologie ===<br /> Die Archäologische Bodenforschung ist eine kantonale Fachstelle, die sich um das [[Archäologie|archäologische]] Erbe des Kantons bemüht.&lt;ref&gt;[http://www.mybasel.ch/basel_tippdesmonats.cfm?mybasel.monatstipp.Command=detail&amp;hlid=56 Hinweis zu den Infostellen auf mybasel.ch]&lt;/ref&gt; Sie gibt regelmässig Jahresberichte und Fachzeitschriften wie die sogenannten Materialhefte heraus.&lt;ref&gt;[http://www.archaeobasel.ch/vermitteln/publikation/index.php Publikationen bei archaeobasel.ch]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> An verschiedenen Orten der Stadt hat die Fachstelle sogenannte Infostellen eingerichtet, um kompetent über die archäologischen Ausgrabungen Basels zu informieren. Der grösste Teil dieser Stellen befindet sich direkt bei den Grabungsstätten und ist öffentlich zugänglich.&lt;ref&gt;[http://www.archaeobasel.ch/vermitteln/infostellen/index.php Übersicht Infostellen der Archäologischen Bodenforschung Basel]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Öffentlich zugängliche Ausgrabungen befinden sich beispielsweise bei der Aussen[[krypta]] des Basler Münsters, wo 1947 Überreste [[Kelten|keltischer]] und [[Römisches Reich|römischer]] Herkunft sowie solche aus dem Mittelalter gefunden wurden; die Krypta selbst stammt aus der Zeit von Bischof [[Haito]] und wird auf 805 bis 823 datiert. Weiter befindet sich eine Infostelle beim ehemaligen Verwaltungsgebäude am Münsterplatz, bei einer Ausgrabung fand man Reste der [[Gotik|spätgotischen]] St. Johanneskapelle von 1386, jedoch auch auf Überreste einer [[Romanik|romanischen]] Kirche von 1100 und sogar auf solche einer römischen Strasse. Ein drittes Beispiel ist der wiederentdeckte [[Ofenbauer|Hafner-Ofen]] von 1830, dessen Ausgrabungsstelle am Klosterberg zu besichtigen ist. Am Gerbergässlein schliesslich, fand man Zeugnisse einer [[Gerben|Gerberei]] aus dem Mittelalter.&lt;ref&gt;[http://www.mybasel.ch/basel_tippdesmonats.cfm?mybasel.monatstipp.Command=detail&amp;start=11&amp;hlid=56 Ausgrabungsbeispiele auf mybasel.ch]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Basel selbst wurde dem bekannten Archäologen [[Karl Schefold]] zur Heimat, der sich hier 1936 in klassischer Archäologie habilitierte. Er hat bei diversen Ausgrabungen mitgewirkt und einige nennenswerte Werke zur Archäologie verfasst.<br /> <br /> === Architektur ===<br /> [[Datei:Wildtsches Haus.JPG|miniatur|Wildt’sches Haus]]<br /> [[Datei:Basel Messeturm.jpg|miniatur|hochkant|[[Messeturm Basel|Basler Messeturm]]]]<br /> <br /> Auf dem Münsterberg erhebt sich das 1019 im Beisein von Kaiser [[Heinrich II. (HRR)|Heinrich II.]] und [[Kunigunde von Luxemburg|Kaiserin Kunigunde]] geweihte [[Basler Münster]] als Denkmal [[Romanik|romanischer]] und [[Gotik|gotischer]] Baukunst in rotem [[Sandstein]]. Nebst mittelalterlichen Bauten, [[barock]]en Stadtpalais (zum Beispiel [[Wildt’sches Haus]] und Stadthaus), Exempeln für den [[Historismus]] ([[Pauluskirche (Basel)|Pauluskirche]], [[Elisabethenkirche (Basel)|Elisabethenkirche]], Haus der Allgemeinen Lesegesellschaft), des [[Jugendstil]]s ([[Küchlin]]theater und [[Hotel Krafft]]), Zeugnissen der frühen [[Moderne (Architektur)|Moderne]] mit Bauten von [[Karl Moser]] ([[Antoniuskirche (Basel)|Betonkirche St. Antonius]] 1925–1927), [[Hans Bernoulli]], [[Hannes Meyer]] oder [[Hans Schmidt (Architekt)|Hans Schmidt]], sind in den 1980er und 1990er Jahren Bauten der Basler Büros [[Herzog &amp; de Meuron]], [[Diener &amp; Diener Architekten|Diener &amp; Diener]] oder [[Morger &amp; Degelo]] dazugekommen. Auch international bekannte Architekten wie [[Mario Botta]] (Zweitgebäude der [[Bank für Internationalen Zahlungsausgleich|BIZ]], [[Museum Tinguely]]), [[Renzo Piano]] (Museum der [[Fondation Beyeler]]) oder [[Richard Meier (Architekt)|Richard Meier]] haben in Basel gebaut. Seit den 1990er Jahren gilt Basel – auch dank den internationalen Erfolgen des Architekturbüros Herzog &amp; de Meuron – als bedeutendes Zentrum der [[Zeitgenössische Architektur|Gegenwartsarchitektur]]. Neun Träger des [[Pritzker-Preis]]es, der international renommiertesten Auszeichnung für Architekten, haben in Basel gebaut, die Vororte mit eingerechnet, sind es sogar zwölf.<br /> <br /> Das 68 Meter hohe [[Lonza Group|Lonza]]-Haus von Hans Rudolf und Otto Suter aus dem Jahr 1962 ist ein markantes Hochhaus in Basel und wird oft mit dem Mailänder [[Pirelli-Hochhaus|Pirelli-Bau]] verglichen. Zum Bezugszeitpunkt war das Hochhaus das höchste Basels. Die nüchterne, feingliedrige Fassade des Hauses brachte ihm den Spitznamen ''Rasierapparat'' ein.<br /> <br /> Der 105 Meter hohe [[Messeturm Basel|Messeturm]] mit 31 Etagen ist das zweithöchste Nutzgebäude der Schweiz. Er wurde von der Architektengemeinschaft Morger &amp; Degelo konzipiert und zwischen Juli 2001 und Oktober 2003 erbaut. Das höchste Gebäude der Schweiz ist der 250&amp;nbsp;Meter hohe [[Fernsehturm St. Chrischona|Fernsehturm auf St. Chrischona]] bei Basel.<br /> <br /> Für besondere Verdienste um den Ortsbildschutz erhielt Basel vom [[Schweizer Heimatschutz]] im Jahre 1996 den [[Wakkerpreis]].<br /> <br /> {{Siehe auch|Liste von Sakralbauten in Basel|Basler Brunnen}}<br /> <br /> === Film ===<br /> Aus einem Studentenfilmclub (1930) war der Grundstock der Filmsammlung Bächlin-Schmidt-Schmalenbach in das Schweizerische Filmarchiv übergegangen. Die in Basel 1939, 1943 und 1945 durchgeführten Filmwochen können als eines der ersten [[Filmfestival]]s der Welt bezeichnet werden – nur das [[Internationale Filmfestspiele von Venedig|Festival von Venedig]] startete früher.&lt;ref&gt;[[Charles Stirnimann]], Rolf Thalmann, Monika Schib Stirnimann: ''Basler Zeitgeschichte im Plakat''. [[Christoph Merian Verlag]], Basel, 2001.&lt;/ref&gt; Mit Regierungsratbeschluss vom 1. August 1945 ging das Filmarchiv in den Besitz des Kantons Basel-Stadt über; dort hatte man es der Schulmaterialzentrale angegliedert. Nach einem interkantonalen Aufruf zur Rettung und Finanzierung, der erfolglos blieb, fand sich im [[Stadtrat]] von [[Lausanne]] ein Fürsprecher für die Übernahme des Archivs. Die Filme waren in den Kellerräumen der [[Basler Kantonalbank]] am Blumenrain eingelagert. Heute werden sie im [[Schweizer Filmarchiv]] in Lausanne aufbewahrt.<br /> <br /> Der Verein Le Bon Film fand nach Jahrzehnten endlich eine feste eigene Spielstätte, das Stadtkino. Es befindet sich im ehemaligen Gipsskulpturensaal der Kunsthalle. Die Gipsskulpturen sind in einem Fabrikgebäude in Neu-Allschwil abgestellt. Mit finanzieller Hilfe der [[Christoph Merian Stiftung]] wurde das schwarz ausgeschlagene 100-Plätze-Stadtkino möglich.<br /> <br /> Nachdem verschiedene pharmazeutische und chemische Unternehmen in Basel ihre eigenen Filmproduktionseinheiten aufgegeben hatten, zerfiel die lokale Produktion. Der mit drei Oscars dekorierte [[Arthur Cohn]] stammt aus Basel, lokal gibt es eine minimale Filmherstellung im Rahmen von Kursen an der Hochschule für Gestaltung.<br /> <br /> Die 1980 gegründeten Krienser Filmtage, heute VIPER (Video Performance) genannt, sind seit einigen Jahren in Basel beheimatet. Die Basler Kinotheater bieten auf 30 Bildwänden eine Vielfalt von Lichtspielen an.<br /> <br /> Basel hat viele kleinere und grössere [[Kino]]s im gesamten Stadtgebiet verteilt. Die grösste Ansammlung an Kinos findet sich entlang der Steinenvorstadt. Viele der Filme werden im Originalton mit Untertitel gezeigt. Im Herbst 2006 wurde das [[Multiplex-Kino]] «Pathé Küchlin» mit 8 Sälen und 2300 Plätzen im Herzen der Stadt eröffnet.<br /> <br /> === Literaturbetrieb ===<br /> Im Jahre 2000 wurde das [[Literaturhaus Basel]] eröffnet, das erste Haus dieser Art in der Schweiz. Seit 2003 findet jährlich im November die «[[BuchBasel]]», ein Buch- und [[Literaturfestival]] statt.<br /> <br /> === Brauchtümer ===<br /> [[Datei:Basler-fasnacht.jpg|miniatur|Eine Clique bei der Basler Fasnacht]]<br /> <br /> {{Hauptartikel|Basler Fasnacht}}<br /> <br /> Die Basler Fasnacht ist die grösste [[Karneval, Fastnacht und Fasching|Fasnacht]] der Schweiz und gleichzeitig die einzige [[Protestantismus|protestantische]] Fasnacht der Welt.&lt;ref&gt;[[Ulrich Im Hof]]: ''Geschichte der Schweiz, und der Schweizer'', Bd. 2. Helbing &amp; Lichtenhahn, Basel, 1983&lt;/ref&gt; Ihr Auftakt bildet der [[Morgestraich]], der am Montag nach [[Aschermittwoch]] morgens um vier Uhr in der Früh beginnt. Die Fasnacht zieht jedes Jahr zehntausende Besucher an und geniesst weltweit grosse Bekanntheit. Nach drei Tagen und Nächten endet sie am Donnerstagmorgen um vier Uhr mit dem so genannten Endstreich. Während dieser 72 Stunden kann man auf den Strassen der Basler Innenstadt [[Fasnachtsclique|Cliquen]], [[Guggenmusik]]er, [[Waggis]]wagen und [[Chaise]]n bestaunen. Am Montag- und Mittwochnachmittag findet jeweils der Cortège, ein Umzug aller Aktiven, statt. Am Dienstagnachmittag ist die Kinder- und Familienfasnacht und abends dann das grosse Guggen-Konzert. Zur Fasnacht gehören auch die [[Schnitzelbank (Bänkelsang)|Schnitzelbänke]] ([[Büttenrede]]n) die in Versform und gesungen im Basler Dialekt in Restaurants und Bars der Stadt vorgetragen werden. Traditionelle Speisen zur Fasnacht sind die [[Mehlsuppe]], die [[Zwiebelkuchen|Ziibelewaie]] sowie die [[Käsewähe|Käswaie]].<br /> <br /> [[Datei:Vogel gryff wandbild.jpg|miniatur|Wandgemälde mit Leu, Wild Maa und Vogel Gryff]]<br /> <br /> Abwechselnd im Turnus von drei Jahren, am 13., 20. oder 27.&amp;nbsp;Januar, erlebt Basel alljährlich das Fest der [[Drei Ehrengesellschaften Kleinbasels]] (→ [[Vogel Gryff]]). An diesem Tag treten die drei personifizierten Schildhalter [[Vogel Gryff]], ein Greif in schwerem Schuppenpanzer, der [[Wilder Mann#Figur auf Festen und Umzügen und im Brauchtum|Wild Maa]], ein tännchenschwingender Wilder Mann, und der Leu, ein Löwe, auf. Sie ziehen durch [[Kleinbasel]] und führen dabei allerorts ihre traditionellen Tänze vor.<br /> <br /> === Sport ===<br /> In Basel gibt es zahlreiche Sportclubs, vor allem im Fussball. Der [[FC Basel]] ist für viele der Fussballclub einer ganzen Region und gleichzeitig der international erfolgreichste Fussballclub der Schweiz. Der [[EHC Basel]] spielte bis 2008 in der höchsten [[National League A|Eishockey-Liga]] der Schweiz. Die [[Fechtgesellschaft Basel]] ist eine der ältesten der Schweiz und brachte unter anderem Olympiasieger [[Marcel Fischer (Fechter)|Marcel Fischer]] hervor. Auch im Tennis gibt es Erfolge zu nennen, [[Roger Federer]] und [[Patty Schnyder]] stammen aus Basel, bzw. dem Baselbiet. Basel ist auch Schauplatz der [[Swiss Indoors]], einem internationalen Tennisturnier der ATP-Tour. Der [[St. Jakob-Park]] ist das grösste Stadion der Schweiz und regelmässig Schauplatz im internationalen Fussballgeschehen, so an der [[Fußball-Weltmeisterschaft 1954|Fussball-Weltmeisterschaft 1954]], der [[Fußball-Europameisterschaft 2008|Fussball-Europameisterschaft 2008]], bei Auftritten des FC Basel in internationalen Wettbewerben, den wichtigsten Länderspielen der Schweizer Nationalmannschaft und 2004 als Spielort im Benefizspiel zwischen den «[[Zinédine Zidane|Zidane]] &amp; Friends» und «[[Ronaldo]] &amp; Friends». Des Weiteren werden der St. Jakob-Park und die [[St. Jakobshalle]] für Konzerte genutzt.<br /> <br /> ==== Sportereignisse ====<br /> [[Datei:Basel Stadion aussen.JPG|miniatur|Der [[St. Jakob (Sportzentrum)|St. Jakob-Park]] in der Aussenansicht.]]<br /> [[Datei:StJakobParkB.JPG|miniatur|Der St. Jakob-Park in der Übersicht]]<br /> <br /> 1954 war Basel einer von sechs Spielorten der Fussball-Weltmeisterschaft 1954. 1969 fand hier auch die 5. [[Gymnaestrada]] statt. Weiter war die St. Jakobshalle 1986 einer der Austragungsorte der [[Handball-Weltmeisterschaft]], 1998 von Spielen der [[Eishockey-Weltmeisterschaft]] (Weltmeister Schweden, Schweiz 4. Schlussrang) und war 2006 einer von fünf Austragungsorten der Handball-Europameisterschaft. Basel wurde als einer der Spielorte der [[Fußball-Europameisterschaft 2008|Fussball-EM 2008]] ausgewählt, weil das Stadion St. Jakob-Park bereits über die für einen solchen Grossanlass notwendige Infrastruktur verfügte. Im St. Jakob-Park fanden die drei Spiele der Schweiz (darunter das Eröffnungsspiel), zwei Viertel- und ein Halbfinale statt.<br /> <br /> Im [[Tennis]] ist Basel jeweils Schauplatz der Swiss Indoors. Seit 1991 ist die St.-Jakobshalle der Austragungsort für die [[Swiss Open (Badminton)|Swiss Open im Badminton]].<br /> <br /> Basel ist Austragungsort der seit 2000 stattfindenden European Skateboard Championships, welche die Europameisterschaft im Skateboardfahren darstellt. Sie wird jährlich auf der Kunsteisbahn St. Margarethen ausgetragen.<br /> <br /> Seit 2010 findet jeweils im November mit dem ''Basel Head'' ein Achter-Verfolgungsrennen auf dem Rhein statt.<br /> <br /> ==== Sportverbände und -clubs ====<br /> Der europäische Kontinental-Fussballverband, die [[UEFA]], wurde 1954 in Basel gegründet, daneben ist Basel der Sitz der [[International Handball Federation]].<br /> <br /> Im [[Fussball]] ist die Stadt mit dem [[FC Basel]] in der höchsten Schweizer Spielklasse, der [[Raiffeisen Super League]], vertreten. Bislang wurde der FC Basel 17-facher [[Schweizer Meister (Fussball)|Schweizer Meister]] und 11-facher [[Schweizer Cup|Cupsieger]]. Daneben qualifizierte sich der FCB bislang viermal für die [[UEFA Champions League]], in der sich Basel als erster Schweizer Verein für die Achtelfinals, und damit die K.-o.-Phase, qualifizieren konnte.<br /> <br /> Ein weiterer Verein mit Teilnahmen im Schweizer Profifussball war der [[FC Concordia Basel]], welcher bis zum Lizenzentzug 2009 in der [[Challenge League]], der zweithöchsten Liga, vertreten war und aktuell fünftklassig spielt. Der [[BSC Old Boys Basel]], welcher für den heutigen Schweizer Erstligisten [[BSC Young Boys Bern]] Namens- und Farbgeber war, spielte früher ebenfalls in der höchsten Spielklasse und stand in mehreren Endspielen um die Schweizer Meisterschaft von denen jedoch keines gewonnen werden konnte. Momentan ist «OB» in der neuen dritten Schweizer Liga, der [[1. Liga Promotion]] vertreten. Ebenfalls erstklassig und in mehreren Finals um die Meisterschaft vertreten war der [[FC Nordstern Basel]]. Zudem erreichte Nordstern zwei Mal den Cupfinal, ging jedoch in beiden Fällen gegen den gleichen Gegner, [[Lausanne Sports]], als Verlierer vom Platz. Dabei kassierte Nordstern 1935 mit 0:10 die höchste Finalniederlage im [[Schweizer Cup]], ironischerweise ereilte dem Gegner, [[Lausanne Sports]], zwei Jahre später gegen den [[Grasshopper Club Zürich]] dasselbe Schicksal. Der FC Nordstern spielt heutzutage in den Niederungen des Schweizer Fussballs und ist momentan nur siebtklassig. Der fünfte ehemals erstklassige Teilnehmer, der FC Black Stars Basel, stellt momentan nach dem [[FC Basel]] und dem [[BSC Old Boys Basel]] die Nummer drei in der Stadt dar und spielt in der vierten Liga, der [[1. Liga Classic]].<br /> <br /> Der Ski-Club Basel wurde 1904 gegründet und damit einer der ältesten Skiclubs der Schweiz. Im [[Eishockey]] sind der [[EHC Basel]] in der [[National League B]] und der EHC Basel-Kleinhüningen in der 1. Liga vertreten. Die Handballer des [[RTV 1879 Basel]] konnten im Jahr 1984 ihren bisher einzigen Schweizer Meistertitel feiern und vertreten die Stadt nach dem zwischenzeitlichen Abstieg seit 2003 wieder in der höchsten Spielklasse (Swiss Handball League). Im [[Basketball]] sind die [[Starwings Basket Regio Basel]] der momentan einzige erstklassige Vertreter der Deutschschweiz.<br /> <br /> Weitere Vereine sind unter anderem der [[Judo Club Basel]], 1935 gegründet und somit einer der ältesten Judo Clubs in der Schweiz, der Basler Ruder-Club (gegründet 1884), das europäische [[Ultimate Frisbee]] Topteam [[Freespeed Basel]], der Schachclub Birsfelden Beider Basel (Schweizergruppenmeister 2006), sowie der Beachsoccer-Verein BSC Scorpions Basel, welcher nebst der Schweizer Meisterschaft und dem Schweizer Cup auch die Champions League mehrmals gewinnen konnte. Die Scorpions sind somit einer der erfolgreichsten Beachsoccer-Vereine Europas.<br /> <br /> == Persönlichkeiten ==<br /> {{Hauptartikel|Liste von Söhnen und Töchtern der Stadt Basel|Liste Basler Persönlichkeiten}}<br /> <br /> === Politik und Stadtgeschichte ===<br /> [[Datei:Hans Holbein d. J. 009.jpg|miniatur|hochkant|Jakob Meyer zum Hasen]]<br /> Als Stadtgründer gilt [[Lucius Munatius Plancus]] (87 v. Chr.–15 v. Chr.), der nach dem in Gaeta aufgefundenen Grabstein im Jahre 44 v. Chr. die Kolonie Augusta Raurica (heute: [[Augst]]) gegründet hat. Die archäologischen Zeugnisse setzen allerdings bereits im Jahr 6 v. Chr. ein, weshalb die Gründung heute nicht mehr klar nachweisbar ist.<br /> <br /> [[Jakob Meyer zum Hasen]] wurde in 1482 Basel geboren und verbrachte sein ganzes Leben bis 1531 dort, dazu war er von 1516 bis 1521 Bürgermeister der Stadt. Bekannt wurde er, weil er der erste Bürgermeister aus den Reihen einer [[Zunft]] war und die [[Darmstädter Madonna]] bei [[Hans Holbein der Jüngere|Hans Holbein dem Jüngeren]] in Auftrag gab.<br /> <br /> Ein weiterer bedeutender Bürgermeister Basels war [[Johann Rudolf Wettstein]] (1582–1666), welcher in den Verhandlungen zum [[Westfälischer Friede|Westfälischen Frieden]] unaufgefordert die Position der [[Schweiz]]er Eidgenossenschaft vertrat und 1648 die Loslösung der damaligen Schweiz vom [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich deutscher Nation]] erreichte.<br /> <br /> === Wirtschaft und Sport ===<br /> <br /> [[Edouard Probst]], der erste Schweizer Teilnehmer beim [[24-Stunden-Rennen von Le Mans]] wurde 1898 in Basel geboren und starb 1974 in dieser Stadt.<br /> <br /> [[Marcel Ospel]] (*&amp;nbsp;1950) ist ein Schweizer Manager und ehemaliger Verwaltungsratspräsident der UBS. Er ist Bürger von Basel und bekannt für sein Einkommen, welches in den Schweizer Medien als sehr hoch gehandelt wird. Im Grounding-Skandal der [[Swissair]] hatte er die Rolle als Ansprechpartner der Banken inne.<br /> <br /> Basel hat eine Reihe von Sportgrössen hervorgebracht. Aus der Stadt sind dies folgende Athleten: die Fussballer [[Gottfried Dienst]], ehem. Fussballschiedsrichter und [[Karl Odermatt]], ehem. Fussballer; [[Emil Handschin]], ehem. Eishockeyspieler, oder die Fechterin [[Gianna Hablützel-Bürki]], Europameisterin und Doppel-Silbermedaillengewinnerin an den Olympischen Spielen in Sydney (2000).<br /> <br /> Andere Sportgrössen wie der Fechter [[Marcel Fischer (Fechter)|Marcel Fischer]] (Biel), Olympiasieger 2004, die Fussballnationalspieler [[Alexander Frei]], [[Marco Streller]] und die Yakın-Brüder [[Murat Yakin|Murat]] und [[Hakan Yakin|Hakan]] (Münchenstein) sowie die Tennisspielerin [[Patty Schnyder]] (Bottmingen) werden mit Basel in Verbindung gebracht, obschon sie eigentlich aus dem [[Kanton Basel-Landschaft]] stammen oder, wie Marcel Fischer oder der Tennisspieler [[Roger Federer]], dort lange lebten.<br /> <br /> === Wissenschaft und Religion ===<br /> [[Datei:Desidrius Erasmus by Hans Holbein.jpg|miniatur|hochkant|Erasmus von Rotterdam]]<br /> <br /> Der holländische [[Philologie|Philologe]], Philosoph und [[Humanismus|Humanist]] [[Erasmus von Rotterdam]] (1466 bzw. 1469–1536) verbrachte den Herbst seines Lebens in Basel. Er gilt durch seine kritischen theologischen Schriften als Vorreiter der Reformation.<br /> <br /> Theophrastus Bombast von Hohenheim, bekannt unter dem Namen [[Paracelsus]] (1493–1541) war ein Arzt, Alchemist, Mystiker, Laientheologe und Philosoph. Er war durch seine Heilungserfolge legendär, hatte aber auch beissende Kritik zu verkraften. In Basel hatte er studiert und war ein Jahr als Stadtarzt tätig.<br /> <br /> Johannes Heussgen oder bekannter unter [[Johannes Oekolampad]] (1482–1531) war [[Reformation|Reformator]] in Basel und starb ebenda. Er genoss hohes Ansehen, aber hatte nie eine solch einflussreiche Stellung wie [[Huldrych Zwingli]] in Zürich, da Basel Bischofssitz war. Durch Oekolampads Bemühungen wurde aber immerhin 1528 die Glaubensfreiheit für [[Reformierte Kirche|Reformierte]] in Basel genehmigt.<br /> <br /> Als weiterer Reformator und Begründer des [[Calvinismus]] ist [[Johannes Calvin]] (1509–1564) zu erwähnen, der mehrere Jahre in Basel lebte und hier sein Hauptwerk [[Institutio Christianae Religionis]] erstmals veröffentlichte. Später wurde er Reformator von [[Genf]]. Calvins Ruf hat durch seine Befürwortung von [[Hexenverfolgung|Hexenverbrennungen]] arg gelitten. Sein anfänglicher Mitstreiter und späterer Gegner [[Sebastian Castellio]] lebte seit 1544 in Basel. Ebenfalls 1544 zog der in den Niederlanden verfolgte Täufer [[David Joris]] nach Basel, wo er bis zu seinem Tod 1556 unter dem Namen Johann von Bruck unerkannt lebte.<br /> [[Datei:Jakob Bernoulli.jpeg|miniatur|hochkant|Jakob Bernoulli]]<br /> <br /> Die Familie [[Bernoulli]] hat über mehrere Generationen hinweg bedeutende Persönlichkeiten in Mathematik und Physik und anderen naturwissenschaftlichen Zweigen hervorgebracht. Acht Mitglieder der Familie waren Professoren, andere Familienmitglieder wandten sich mit Erfolg gesellschaftswissenschaftlichen oder künstlerischen Disziplinen zu. Der mathematische Lehrstuhl war 105 Jahre lang von einem Bernoulli besetzt.&lt;ref&gt;Hans Wussling: ''Biographien bedeutender Mathematiker'', Aulius Verlag &amp; Deubner, ISBN 3-7614-1191-X, Seite 222&lt;/ref&gt; [[Jakob I. Bernoulli]] (1655–1705) war Mathematiker und Physiker. Er war zeitlebens in Basel beheimatet. Jakob Bernoulli hat wesentlich an der Entwicklung der Wahrscheinlichkeitstheorie sowie zur Variationsrechnung und zur Untersuchung von Potenzreihen mitgearbeitet. [[Daniel Bernoulli]] (1700–1782) war Mathematiker und Physiker und Neffe von Jakob. Mit Arbeiten zur [[Riccatische Differentialgleichung|Riccatischen Differentialgleichung]] wurde er europaweit bekannt. Der nach Daniel Bernoulli benannte [[Strömung nach Bernoulli und Venturi|Bernoulli-Effekt]] ist von grosser Bedeutung in der Aerodynamik.<br /> <br /> [[Datei:Leonhard_Euler_by_Handmann.png|miniatur|hochkant|Leonhard Euler]]<br /> <br /> Als einer der bedeutendsten Mathematiker überhaupt gilt [[Leonhard Euler]] (1707–1783). Euler wurde in Basel geboren und studierte dort. Seine Leistungen im Bereich der Mathematik sind immens und unbestritten, so wird er zum Beispiel als Erfinder der heute in der Mathematik gängigen Symbolik angesehen. Mit über 800 Publikationen gilt er zudem als der produktivste Mathematiker überhaupt. 2007 wurde der 300. Geburtstag von Euler mit einem öffentlichen Festakt, Ausstellungen, Symposien, und Publikationen gefeiert.&lt;ref&gt;[http://www.euler-2007.ch/ Leonhard Eulers 300. Geburtstag – Basel 2007]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Der evangelisch-reformierte Theologe [[Karl Barth]] (1886–1968) lebte und wirkte in Basel. Er gilt im Bereich der europäischen evangelischen Kirchen aufgrund seiner theologischen Gesamtleistung als «Kirchenvater des 20. Jahrhunderts».<br /> <br /> Die Wissenschafter [[Tadeus Reichstein]] (Chemie) sowie [[Werner Arber]] (Biologie) waren Professoren an der Universität Basel, als sie mit dem Nobel-Preis geehrt wurden.<br /> <br /> [[Albert Hofmann]] (1906–2008) Schweizer Chemiker und Professor, Entdecker der halluzinogenen Wirkung des [[Lysergsäurediethylamid|LSDs]], lebte und wirkte in Basel.<br /> <br /> === Kunst und Kultur ===<br /> [[Datei:Nietzsche1882.jpg|miniatur|hochkant|Friedrich Nietzsche]]<br /> [[Datei:Hermann Hesse 1927 Photo Gret Widmann.jpg|miniatur|hochkant|Hermann Hesse]]<br /> <br /> [[Urs Graf der Ältere]] (etwa 1485 bis 1529) war ein [[Glasmalerei|Glasmaler]], [[Kupferstich|Kupferstecher]] und Goldschmied der Renaissance, dessen Werke eine hohe Qualität besitzen und ausser den Glaswerken bis heute erhalten sind. Er verbrachte den zweiten Teil seines Lebens in Basel.<br /> <br /> Ein bedeutender Maler der [[Renaissance]] war ohne Zweifel auch [[Hans Holbein der Jüngere]] (1497 oder 1498–1543), der sich selbst als Basler bezeichnete, obschon er nur von 1515 bis 1523 in Basel lebte. Holbein malte die [[Darmstädter Madonna]] oder den [[Totentanz]].<br /> <br /> Der Basler Maler, Zeichner und Kunstkenner [[Johann Rudolf Huber]] wurde in Basel, Bern, Venedig und Rom ausgebildet. Er war in Basel, Stuttgart, Durlach, Bern, Neuenburg, und Solothurn tätig und gilt als der bedeutendste Schweizer Maler des Hochbarock.<br /> <br /> Der Schriftsteller, Dichter und Prälat [[Johann Peter Hebel]] wurde 1760 in Basel geboren, wo seine Eltern in Diensten der Basler Patrizierfamilie Iselin standen. Er verlebte seine Kindheit zur Hälfte in [[Hausen im Wiesental]], zur Hälfte in Basel und besuchte dort zeitweise das Gymnasium am Münsterplatz. Hebel verfasste später unter anderem das Gedicht ''Erinnerung an Basel'',&lt;ref&gt;siehe z.&amp;nbsp;B. auf [[s:Erinnerung an Basel|Wikisource]]&lt;/ref&gt; dessen Text die Grundlage für das ''[[Baslerlied]]'' bildet. Die [[Basler Hebelstiftung]] pflegt heute das Andenken Hebels in Basel.<br /> <br /> Der Kulturhistoriker und Humanist [[Jacob Burckhardt]] (1818–1897) war zeitlebens in Basel ansässig. Seinen Schwerpunkt legte er auf Europas Kunstgeschichte, er erlangte hohe Anerkennung durch seine Werke, vor allem durch ''Die Zeit Constantins des Grossen'' von 1857.<br /> <br /> Einer der bekanntesten deutschsprachigen Philosophen und Moralkritiker, [[Friedrich Nietzsche]] (1844–1900), lebte und wirkte von 1869 bis 1879 in Basel, als Professor für klassische Philologie.&lt;ref&gt;[[Andreas Urs Sommer]]: Friedrich Nietzsche als Basler Philosoph, in: Emil Angehrn / Wolfgang Rother (Hrsg.), Philosophie in Basel. Prominente Denker des 19. und 20. Jahrhunderts, Basel 2011, S. 32-60 [https://www.academia.edu/5775159/Friedrich_Nietzsche_als_Basler_Philosoph Nietzsche als Basler Philosoph] stellt bisher unbekannte Dokumente aus Nietzsches Basler Zeit vor, etwa die von ihm als Abteilungsdekan an der Universität verfassten Fakultätsprotokolle.&lt;/ref&gt; Zwar schrieb er die meisten seiner bekannten Werke erst, als er seinen Beruf krankheitsbedingt niedergelegt und Basel wieder verlassen hatte. Verbunden blieb er mit Basel aber durch seinen Freund [[Franz Overbeck]], der dort weiterhin als Professor für Kirchengeschichte wirkte.<br /> <br /> [[Arnold Böcklin]] (1827–1901) war Maler, Zeichner, Grafiker und Bildhauer in Basel. Er gilt als einer der bedeutendsten bildenden Künstler des 19. Jahrhunderts in Europa. Das Werk ''[[Die Toteninsel]]'' stammt von ihm, auch ein spätes Selbstbildnis gehört zu seinen Hauptwerken. Sein wichtigster Schüler, der [[Fin de siècle]]-Künstler [[Hans Sandreuter]] (1850–1901) schuf hier zahlreiche Werke, unter anderem die Fassade der «Bärenzunft» und die Wandarbeiten der «Schmiedezunft» in Altbasel.<br /> <br /> [[Hermann Hesse]] (1877–1962) war ein deutsch-schweizerischer Dichter, Schriftsteller und Maler. Seine bekanntesten Werke sind [[Der Steppenwolf]], [[Siddhartha (Hesse)|Siddhartha]] und [[Das Glasperlenspiel]]. 1946 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen. Er lebte von 1899 bis 1904 in Basel.<br /> <br /> Der Architekt [[Hannes Meyer]] (1889–1954) wurde in Basel geboren, lehrte am [[Bauhaus]] und hatte ein bewegtes Leben mit Stationen in der Schweiz, Deutschland, [[Russland]] und [[Mexiko]]. Ihm sind vor allem Werke im Bereich des Siedlungsbaus zu verdanken.<br /> <br /> Für den Literaturkritiker und Übersetzer [[Walter Widmer]] (1903–1965) war Basel der Lebensmittelpunkt, und 1938 wurde hier sein Sohn, der Schriftsteller [[Urs Widmer]] geboren.<br /> <br /> Der [[Bildhauer]] [[Paul Suter (Bildhauer)|Paul Suter]] (1926–2009) hatte in Basel ein Atelier. Er gilt als einer der grossen Schweizer Stahlplastiker nach dem Zweiten Weltkrieg. Etliche seiner grossen Stahlskulpturen sind in Basel an öffentlichen Strassen und Plätzen zu finden.<br /> <br /> Einer der bekanntesten Schweizer Filmproduzenten ist [[Arthur Cohn]] (*&amp;nbsp;1927), welcher in Basel geboren wurde. Cohn erlangte in [[Hollywood]] durch seine Produktionen Ruhm und Ehre, so ist er als einziger nicht-amerikanischer Produzent mit einem Stern in der [[Hollywood Walk of Fame]] vertreten. Seine bekanntesten Produktionen sind ''[[Central Station (Film)|Central Station]]'', ''[[Ein Tag im September]]'', ''[[Hinter der Sonne]]'' und ''[[Die Kinder des Monsieur Mathieu]]''.<br /> <br /> Jacques Herzog (*&amp;nbsp;1950) und Pierre de Meuron (auch *&amp;nbsp;1950) bilden zusammen das bekannte Architekturbüro [[Herzog &amp; de Meuron]] mit Sitz in Basel. Ihre Bauwerke erreichen weltweit Bekanntheit und Anerkennung, so beispielsweise der St. Jakobpark in Basel, die [[Allianz Arena]] in [[München]] oder das als «Vogelnest» bezeichnete [[Nationalstadion Peking]].<br /> <br /> 1957 wurde [[Dani Levy]] in Basel geboren. Er ist als Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur äusserst erfolgreich, seine Filme wie ''[[Meschugge (Film)|Meschugge]]'' und ''[[Alles auf Zucker!]]'' liefen am [[Internationale Filmfestspiele von Cannes|Filmfestival Cannes]] und an der [[Internationale Filmfestspiele Berlin|Berlinale]], wo er für letzteren Film auch Preise erhielt. Sein Film ''[[Mein Führer&amp;nbsp;– Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler]]'' lief im Frühjahr 2007 in den deutschsprachigen Kinos.<br /> <br /> Mischa Epper-Quarles van Ufford (* 18. August 1901 Bloemendaal–10.1978 Basel), Plastikerin, Porträtplastikerin, Goldschmiedin&lt;ref&gt;[http://www.sikart.ch/KuenstlerInnen.aspx?id=4024852 Mischa Epper-Quarles van Ufford auf www.sikart.ch]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> {{Portal|Basel}}<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Hans Bertschi: ''Basler Stadtführer.'' F. Reinhardt, Basel 2000, ISBN 3-7245-1131-0.<br /> * Toni Föllmi, Klaus Brodhage: ''Basel und seine Kultur.'' F. Reinhardt, Basel 2002, ISBN 3-7245-1231-7.<br /> * [[Andreas Heusler (1834–1921)|Andreas Heusler]]: ''Geschichte der Stadt Basel.'' 6. Auflage, Frobenius, Basel 1969.<br /> * [[Georg Kreis]] et al. (Hrsg.): ''Basel. Geschichte einer städtischen Gesellschaft,'' Basel 2000.<br /> * Fritz Meier: ''Basler Heimatgeschichte.'' Lehrmittelverlag des Kantons Basel-Stadt, Basel 1974.<br /> * [[Andreas Urs Sommer]]: Eine Stadt zwischen Hochorthodoxie und Aufklärung. Basel in frühneuzeitlichen Transformationsprozessen, in: Theologische Zeitschrift, Jg. 66 (2010), Heft 1, S. 44–61 (stellt eingehend die geistesgeschichtliche Entwicklung Basels von 1620 bis 1780 dar).<br /> * [[René Teuteberg]]: ''Basler Geschichte.'' 2. Auflage, Merian, Basel 1988, ISBN 3-85616-034-5.<br /> * {{LexMA|1|1505|1516|Basel|R. Moosbrugger-Leu, F. Maurer, [[Guy P. Marchal|G. P. Marchal]], [[Hans-Jörg Gilomen|H.-J. Gilomen]], F. Geldner}}<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Wiktionary}}<br /> {{Commonscat|Basel|3=S}}<br /> {{Wikivoyage|Basel}}<br /> {{Wikisource}}<br /> {{Wikivoyage}}<br /> &lt;!-- {{Wikinews|Portal:Basel|Basel}} --&gt;<br /> * [http://www.bs.ch/ Offizielle Website des Kantons Basel-Stadt und der Stadt Basel]<br /> * [http://www.buergergemeindebasel.ch/ Bürgergemeinde der Stadt Basel]<br /> * [http://www.altbasel.ch/ Webseite über die Geschichte Basels]<br /> * [http://www.geo-bs.ch/ Geo Portal des Kantons Basel-Stadt]<br /> * [http://www.inforel.ch/ Religionsgemeinschaften in Basel-Stadt und Basel-Landschaft]<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{NaviBlock<br /> |Navigationsleiste Kantonshauptorte der Schweiz<br /> |Navigationsleiste Kanton Basel-Stadt<br /> }}<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=g|GND=4004617-5|LCCN=n/79/62979|VIAF=157749613}}<br /> <br /> [[Kategorie:Ort im Kanton Basel-Stadt]]<br /> [[Kategorie:Schweizer Gemeinde]]<br /> [[Kategorie:Hauptort eines Kantons (Schweiz)]]<br /> [[Kategorie:Reichsstadt]]<br /> [[Kategorie:Römische Stadt in Germanien]]<br /> [[Kategorie:Ort mit Binnenhafen]]<br /> [[Kategorie:Ort am Rhein]]<br /> [[Kategorie:Ortsbild von nationaler Bedeutung im Kanton Basel-Stadt]]<br /> [[Kategorie:Basel| ]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Barock_(Malerei)&diff=131571557 Barock (Malerei) 2014-06-24T08:54:03Z <p>212.117.117.42: /* Akademien */</p> <hr /> <div>[[Datei:Peter Paul Rubens 083.jpg|miniatur|hochkant=1.3|[[Peter Paul Rubens]]: ''Nilpferdjagd'', Öl auf Leinwand, 1615-1616]]<br /> Die '''Malerei''' des '''[[Barock]]''' wird in der Kunstgeschichte als stilistischer Wandel zur [[Malerei der Renaissance]] beschrieben. Ihre Wurzeln und Anfänge liegen im Italien des ausgehenden 16. Jahrhunderts. Der Epochenbegriff fand seit Mitte des 19. Jahrhunderts Bezeichnung.&lt;ref&gt;Beverly Louise Brown: ''Die Malerei in Rom 1592-1623'' aus ''Die Geburt des Barock'', Belser 2001, S. 16&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Rom war das bedeutende Zentrum Italiens im [[Seicento]] (17. Jahrhundert). Von den dort ansässigen Malern [[Annibale Carracci]] und [[Michelangelo Merisi da Caravaggio|Michelangelo da Caravaggio]] gingen die entscheidenden Impulse für die Entwicklung der Malerei im übrigen Europa aus.&lt;ref name=&quot;Hellwig372&quot; /&gt; Die Malerei wurde im Laufe des 17. Jahrhunderts verstärkt funktionalisiert; entweder von der Kirche in den Dienst der [[Gegenreformation|gegenreformatorischen]] Bewegung gestellt oder von den [[Absolutismus|absolutistischen]] Höfen programmatisch zur Verherrlichung des Regenten eingesetzt. Das [[Tafelbild (Malerei)|Tafelbild]] entwickelte sich zu einem immer begehrteren Sammelobjekt für Adlige, Könige, Höflinge und das sich emanzipierende Bürgertum.&lt;ref name=&quot;Hellwig372&quot;&gt;Karin Hellwig, aus ''Die Kunst des Barock'', Könemann 1997, S. 372-374&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Bedeutende Maler der Barockzeit in Italien sind die Gebrüder [[Agostino Carracci|Agostino]] und [[Annibale Carracci]], [[Michelangelo Merisi da Caravaggio|Michelangelo da Caravaggio]], [[Guido Reni]] und [[Giovanni Battista Tiepolo|Giovanni Tiepolo]], in Spanien [[El Greco]], [[Bartolomé Esteban Murillo|Bartolomé Murillo]] und [[Diego Rodríguez de Silva y Velázquez|Diego Velázquez]], in Frankreich [[Nicolas Poussin]], [[Claude Vignon]] und [[Claude Lorrain]], in Deutschland [[Adam Elsheimer]], [[Cosmas Damian Asam]], [[Johannes Zick]] und dessen Sohn [[Januarius Zick|Januarius]], [[Joseph Wannenmacher]], in Tirol [[Stephan Kessler (Maler)|Stephan Kessler]] und in den Niederlanden [[Peter Paul Rubens]], [[Rembrandt van Rijn|Rembrandt]] und [[Jan Vermeer|Vermeer]].<br /> <br /> == Akademien ==<br /> Charakteristisch für die Zeit des Barock war die Gründung weiterer Akademien. So wurde 1593 in Rom die [[Accademia di San Luca]] eröffnet, nachdem [[Giorgio Vasari]] bereits 1564 die [[Accademia delle Arti del Disegno|Accademia del Disegno]] errichten ließ. In ihren Statuten wurde die Künstlerausbildung als Hauptziel festgelegt.&lt;ref&gt;Karin Hellwig, aus ''Die Kunst des Barock'', Könemann 1997, S. 376&lt;/ref&gt; In der Akademie wurde nicht nur praktisch unterrichtet, sondern es fanden auch Vorlesungen und Dispute über Kunsttheorien statt.<br /> <br /> Die Akademie erlangte großen kunstpolitischen Einfluss, denn alle öffentlichen Aufträge fielen nunmehr unter ihr [[Monopol]]. Zu den Mitgliedern zählten auch ausländische Künstler wie Velázquez, Poussin und Lorrain. Neben der ''Accademia di San Luca'' gab es in Rom auch die [[Académie de France à Rome]], die 1666 auf Betreiben [[Charles Colbert, marquis de Croissy|Colberts]] als Zweigstelle der [[Académie royale de peinture et de sculpture|Pariser Akademie]] gegründet wurde. hurensohn<br /> <br /> == Galerie ==<br /> &lt;div align=&quot;center&quot;&gt;&lt;gallery caption=&quot;Gemälde aus der Zeit des Barock&quot;&gt;<br /> Datei:Bacco.jpg|[[Michelangelo Merisi da Caravaggio|Michelangelo da Caravaggio]],&lt;br /&gt; Bacchus,&lt;br /&gt; um 1596.<br /> Datei:Peter Paul Rubens 135.jpg|[[Peter Paul Rubens]],&lt;br /&gt; Boreas entführt Oreithya,&lt;br /&gt; etwa 1620.<br /> Datei:Claesz, Pieter - Still-Life with Musical Instruments - 1623.jpg|[[Pieter Claesz]],&lt;br /&gt; Stillleben mit Musikinstrumenten,&lt;br /&gt; 1623.<br /> Datei:Rembrandt van Rijn - Danaë 1636-1643.jpg|[[Rembrandt]],&lt;br /&gt; Danae,&lt;br /&gt; 1636-1643.<br /> Datei:Jan Vermeer van Delft 001.jpg|[[Jan Vermeer van Delft]],&lt;br /&gt; Ansicht von Delft,&lt;br /&gt; 1660-1661.<br /> &lt;/gallery&gt;&lt;/div&gt;<br /> <br /> == Maler des Barock ==<br /> Maler, die der Epoche des Barock angehören, siehe: → [[:Kategorie:Maler des Barock|Kategorie:Maler des Barock]]<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Beverly Louise Brown (Hrsg.): ''Die Geburt des Barock.'' aus dem Englischen übersetzt von Werner Peterich und Rolf Erdorf. Belser Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-7630-2388-7.<br /> * Rolf Toman (Hrsg.): ''Die Kunst des Barock. Architektur – Skulptur – Malerei.'' Könemann Verlag, Köln 1997, ISBN 3-89508-916-8.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Baroque paintings|Gemälde des Barock}}<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> [[Kategorie:Barock]]<br /> [[Kategorie:Stilrichtung in der Malerei]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=United_Nations_Military_Observer_Group_in_India_and_Pakistan&diff=131179595 United Nations Military Observer Group in India and Pakistan 2014-06-10T09:58:50Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div><br /> <br /> === Personal und Budget ===<br /> <br /> * Personal: 45 Militärbeobachter, 65 zivile Mitarbeiter (2007)<br /> * Jahresbudget: ca. 7,92 Mio. Dollar (2006)<br /> * Verluste: 5 Militärs, 1 Militärbeobachter, 2 internationale sowie 3 lokale zivile Mitarbeiter<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> <br /> * [http://www.un.org/Depts/dpko/missions/unmogip/index.html offizielle Seite] (englisch)<br /> <br /> {{Navigationsleiste Missionen der Vereinten Nationen in Asien und Australien}}<br /> <br /> [[Kategorie:UN-Mission]]<br /> [[Kategorie:Politik (Indien)]]<br /> [[Kategorie:Politik (Pakistan)]]<br /> [[Kategorie:Politik 1951]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=F%C3%BCllstand&diff=127723104 Füllstand 2014-02-19T08:54:01Z <p>212.117.117.42: </p> <hr /> <div>Unter dem Begriff '''Füllstand''' (auch ''Standhöhe'' genannt) versteht man die [[Höhe]] von Flüssigkeit oder [[Schüttgut]] in einem [[Behälter]].<br /> Als ''Füllung'' bezeichnet man den Stoff, das Material oder die Ware, die sich als [[Inhalt|Nutzinhalt]] im Inneren eines Behälters befindet.<br /> <br /> Der Füllstand kann, je nach Behälter und Füllmaterial, mittels verschiedener Messmethoden durch eine [[Füllstandmessung]] bestimmt und entsprechend der Erfordernisse durch eine [[Anzeige (Technik)|Anzeige]] dargestellt werden.<br /> <br /> Der verbleibende Freiraum zwischen Füllstand und Behälterdecke wird auch als [[Ullage]] bezeichnet.&lt;ref&gt;{{Literatur | Autor=J. Bes | Titel=Chartering and Shipping Terms : Handbuch für die Tramp- und Linienschiffahrt | Auflage=2. | Verlag=Uitgeverij C. De Boer Jr. | Ort=Hilversum | Jahr=1968 | ISBN=}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Quelle == <br /> * Ellen Amberger: ''Füllstandmeßtechnik: Grundlagen und Anwendungsbeispiele'', Verlag Moderne Industrie, 1999, ISBN 3-478930-14-6<br /> * [http://www.pua24.net/pi/index.php?StoryID=59&amp;lexiconID=119318&amp;filter=f Publikation Prozessindustrie: Füllstand]ĞĂèĖÀðØžŷÒǫ<br /> <br /> ==Einzelnachweise==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Prozessautomatisierung - Vom Feldgerät zur Automatisierungslösung, Rüdiger Settelmeyer, 2007, ISBN 3865223052<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> {{Wiktionary|Behälter}}<br /> <br /> {{DEFAULTSORT: Fullstand}}<br /> <br /> [[Kategorie:Messgröße (Verpackungswesen)]]<br /> [[Kategorie:Abfülltechnik]]<br /> [[Kategorie:Versorgungstechnik]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Asiatic_Warriors&diff=127496834 Asiatic Warriors 2014-02-12T15:10:01Z <p>212.117.117.42: /* Weiterer Werdegang der Bandmitglieder */</p> <hr /> <div>{{Infobox Band<br /> |Gründung = 1989 als Cold-N-Locco<br /> |Auflösung = 1994&lt;ref&gt;http://www.laut.de/D-Flame&lt;/ref&gt;<br /> |Neugründung =<br /> |Genre = [[Rap]], [[Hardcore Rap]]<br /> |Besetzung1a = [[Azad (Rapper)|Azazin]]<br /> |Besetzung1b = Rap<br /> |Besetzung2a = [[D-Flame]]<br /> |Besetzung2b = Rap<br /> |Besetzung3a = A-Bomb<br /> |Besetzung3b = DJ und Produzent<br /> |Besetzung4a = Combad<br /> |Besetzung4b = DJ und Produzent<br /> }}<br /> <br /> '''Asiatic Warriors''', ursprünglich ''Cold-N-Locco'' genannt, waren eine frühe [[Hardcore Rap]]-Gruppe aus [[Frankfurt am Main]], bestehend aus den Rappern [[D-Flame]] und [[Azad (Rapper)|Azazin]], sowie den Produzenten und [[DJ]]s A-Bomb und Combad. Die auf Deutsch, Englisch und Kurdisch rappende Gruppe machte sich insbesondere bei Liveauftritten einen Namen &lt;ref name=&quot;strenght&quot;&gt;http://www.intro.de/platten/kritiken/23022694/diverse-asiatic-warrios-pres-strenght [[Intro (Zeitschrift)|Intro]]-Plattenkritik&lt;/ref&gt; und brachte bereits im Mai 1994 ein Album heraus&lt;ref&gt;Sascha Verlan &amp; Hannes Loh, 20 Jahre Hiphop in Deutschland, 2002, darin Diskographie der ersten 200 Platten&lt;/ref&gt;. Wenig später löste sich die Band allerdings auf. 1997 brachten sie noch eine Compilation heraus, auf denen neben eigenen Stücken auch Weggefährten wie [[Konkret Finn]] oder [[Chabs]] vertreten waren.&lt;ref name=&quot;strenght&quot;/&gt;<br /> <br /> == Weiterer Werdegang der Bandmitglieder ==<br /> <br /> Azazin (unter dem Namen Azad) startete eine Solokarriere, während D-Flame sich zunächst dem [[Dancehall]] zuwandte&lt;ref&gt;http://www.backstage7.de/artist/d-flame/d-flame.htm&lt;/ref&gt;. A-Bomb und Combad gründeten gemeinsam mit dem [[Konkret Finn]]-Produzenten ''Feedback'' das Produzententeam [[Ulteamate Beats]]. Unter diesem Namen arbeiteten sie u.a. für [[Brothers Keepers]], [[Tone (Rapper)|Tone]] und [[Xavier Naidoo]], aber auch für D-Flame.&lt;ref&gt;http://www.myspace.com/combad Myspace-Seite von Combat&lt;/ref&gt;nmjh7sdhfhgggdffffffff<br /> <br /> == Bedeutung ==<br /> Asiatic Warriors galten als Pioniere des Frankfurter Hardcore Raps&lt;ref&gt;http://www.intro.de/platten/kritiken/23017561/variety-pac-labber-mir-kein-ohr.&lt;/ref&gt; und wurden auch als Vorreiter von Gruppen wie [[Brothers Keepers]] bezeichnet&lt;ref&gt;http://www.intro.de/kuenstler/interviews/23012837/brothers-keepers-sisters-keepers-ich-bin-kein-rassist-meine-frau-ist-doch-jugoslawin-mit-video&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Diskografie ==<br /> * 1994: Told Yaa (Ruff'n Raw)<br /> * 1997: Asiatic Warriors pres. Strength (We don't play records/EFA)&lt;ref name=&quot;strenght&quot;/&gt;<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> [[Kategorie:Hip-Hop-Gruppe]]<br /> [[Kategorie:Deutscher Hip-Hop]]<br /> [[Kategorie:Band (Frankfurt am Main)]]<br /> <br /> [[en:Asiatic Warriors]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bewegungssensor&diff=127484613 Bewegungssensor 2014-02-12T08:55:46Z <p>212.117.117.42: /* Mechanismus */</p> <hr /> <div>{{Dieser Artikel|behandelt das elektromechanische Bauteil. Bezüglich der Detektion sich bewegender Personen siehe [[Bewegungsmelder]] }}<br /> <br /> [[File:Accelerometer X-Ray.gif|mini|hochkant=0.6|Röntgenaufnahmen eines Bewegungssensors eines [[Schlafphasenwecker]]s des Unternehmens Axbo. Unten Zoom auf einen der Sensoren mit zwei Metallkugeln ]]<br /> [[File:Bewegungsmonitoring mit Datenlogger (MSR145).jpg|x100px|gerahmt|Fußfessel mit Datenlogger (MSR145), welcher einen integrierten Bewegungssensor enthält.]]<br /> <br /> Ein '''Bewegungssensor''' ist ein Bauteil, mit dem eine räumliche Bewegung bzw. Lageänderung in eine elektrische Größe umgesetzt wird, die mit geeigneter Beschaltung ausgewertet werden kann. Im einfachsten Fall ist es ein elektrisch-mechanisches Bauteil, z.&amp;nbsp;B. ein [[Neigungsschalter]].<br /> <br /> Häufig werden [[Bewegungsmelder]] auch als Bewegungssensoren bezeichnet.<br /> <br /> == Mechanikismus ==<br /> Der meist veraltete Mechanik besteht aus einem oder mehreren unbeweglichen, leitfähigen Gasen (im Foto: die beiden Kugeln) die bei Bewegung einen Glas schließen können oder eines elektrischen Impuls auslösen. <br /> <br /> Zum Teil wird eine Kombination senkrecht angeordneter Bewegungssensoren verwendet, womit eine Bewegung im 10`000- bzw. 30`000-dimensionalen erfasst werden kann.<br /> <br /> == Einsatz ==<br /> Eingesetzt werden Bewegungssensoren unter anderem, um Energie zu sparen, wenn beispielsweise die Funktion eines elektronischen Gerätes nur während eines Bewegungsvorganges erforderlich ist und die Energieversorgung durch Akkumulatoren nur für einen begrenzten Zeitraum möglich ist&lt;!-- Beleg? Beispiel? --&gt;. Ein weiterer Anwendungsbereiche besteht in der Aufzeichnung menschlicher Bewegungen, z.&amp;nbsp;B. der Arme oder Beine. Die Messung von Bewegungsaktivitäten mittels Sensoren wird oftmals in internetbasierten Gesundheitsprogrammen angewendet. Solche Bewegungsprogramme werden beispielsweise von Firmen zum Gesundheitsmanagement der Mitarbeiter oder von medizinischen Fachpersonen bei der Betreuung von Patienten eingesetzt. Zur Aufzeichnung der Bewegungsdaten trägt der Anwender zum Beispiel einen [[Datenlogger]] &lt;ref&gt;[http://www.msr.ch/de/anwendungsgebiete/gesundheit.html Bewegungssensor in Datenlogger]&lt;/ref&gt; als Fußfessel mit integrierten 3-Achsenbeschleunigungs- sowie Luftdrucksensoren. Die mittels Sensoren aufgezeichneten Daten können zeigen, wie gesundheitswirksam die gesammelten Aktivitäten waren. <br /> <br /> Weitere Anwendungsbereiche für Bewegungssensoren sind mobile elektronische Geräte wie [[Mobiltelefon|Handys]] u.ä.&lt;ref&gt;[http://www.golem.de/0704/51931.html Bewegungssensor im FOMA, golem.de]&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.pcwelt.de/start/mobility_handy_pda/pda_smartphone/news/166596/neues_spielehandy_mit_bewegungssensor/ Bewegungssensor im smartphone, pcwelt.de]&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;[http://www.macerkopf.de/2013/10/17/iphone-5s-bosch-beschleunigungssensor-fuer-ungenaue-kompass-und-wasserwaagen-werte-verantwortlich/ Beschleunigungssensor in verschiedenen iPhone-Modellen, macerkopf.de]&lt;/ref&gt; oder in [[Spielekonsole]]n.&lt;ref&gt;[http://www.chip.de/news/Nintendo-Wii-mit-Opera-Browser-und-Bewegungssensor_19819038.html Wii-Steuerung, chip.de]&lt;/ref&gt; Oder auch in [[Schlafphasenwecker]]n, die den Benutzer in einer Phase wecken in der er sich bewegt, deshalb genügen hier reine Bewegungssensoren.<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> * [[Beschleunigungssensor]]<br /> * [[Neigungsschalter]]<br /> * [[Lagesensor]]<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> <br /> [[Kategorie:Sensor]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=F%C3%BCllstandmessung&diff=127484519 Füllstandmessung 2014-02-12T08:52:37Z <p>212.117.117.42: /* Messsysteme */</p> <hr /> <div>Bei der '''Füllstandmessung''' wird der [[Füllstand]] (Standhöhe) von [[Flüssigkeit]]en und [[Schüttgut|Schüttgütern]] in einem Behälter mittels Füllstandsmessgeräten erfasst. Man unterscheidet zwischen der kontinuierlichen Messung mittels Füllstandsensoren und Füllstandgrenzschaltern.<br /> <br /> Bei der ''kontinuierlichen Messung'' des Füllstandes werden entsprechend der erreichbaren Standhöhe die Messwerte in Prozent oder in Längen-, Volumen- oder Masseneinheiten als [[Analogsignal]] oder Digitalwert ausgegeben. ''Siehe auch:'' [[Anzeige (Technik)]]<br /> <br /> ''Füllstandgrenzschalter'' überwachen Grenzstände, zum Beispiel zur Vermeidung von Trockenlauf oder Überfüllung eines Behältnisses. Die Messwertausgabe erfolgt über [[Relais]]ausgänge (Schaltkontakte). Werden die Grenzwertgeber in die Seitenwand eines Behälters eingebaut, so müssen ihre Positionen vorher festgelegt werden.<br /> <br /> ''Kombinationsgeräte'', bestehend aus kontinuierlicher Messung in Verbindung mit Relais-Einheiten, werden oft dort verwendet, wo aus Sicherheitsgründen ([[Leckage]]) eine seitliche Öffnung der Behälter nicht angebracht ist. Der Einbau der [[Sonde]]n erfolgt von oben. Die Schaltpunkte können auf der Füllstandshöhe entsprechend frei gewählt werden. Es entfällt Planungs- und Montageaufwand.<br /> <br /> Füllstandmessungen haben in der Industrie unterschiedliche Aufgaben. Die Auswahl des geeigneten [[Messverfahren]]s hängt im Wesentlichen davon ab, ob es sich um Flüssigkeiten oder Schüttgüter handelt. Dabei müssen auch die physikalischen Eigenschaften des Füllgutes, die Betriebsbedingungen wie [[Explosionsschutz#Einteilung der explosionsgefährdeten Zonen|Ex-Zonen, Explosionsschutz]], Überfüllsicherung nach § 19 [[WHG]] und die Beschaffenheit des Behälters berücksichtigt werden.<br /> <br /> == Messsysteme ==<br /> <br /> === Mechanische Füllstandmessung ===<br /> <br /> ==== [[Schwimmkö alles falsch<br /> === Druckmessung ===<br /> Druckmessung sowohl Hydrostatisch als auch Differenzdruck ist unabhängig von Dielektrizitätszahl, Schaum, Turbulenzen und Einbauten wie zum Beispiel: Verstrebungen und Rührwerke.<br /> <br /> ==== Hydrostatisch ====<br /> Die hydrostatische Füllstandmessung in offenen Behältern basiert auf der Bestimmung des hydrostatischen Drucks, der durch die Höhe der Flüssigkeitssäule erzeugt wird. Der gemessene Druck ist somit ein direktes Maß für den Füllstand und der Höhe der Flüssigkeit über dem Sensor. Siehe auch: [[Pneumatische Füllstandmessung]]<br /> <br /> ==== Verdrängungskörperprinzip ====<br /> <br /> Gemessen wird die Gewichtskraft eines über den gesamten Füllstandsbereich einer Flüssigkeit eingetauchten Verdrängungskörpers. Der Verdrängungskörper ist so dimensioniert, dass er bei maximalen Füllstand immer noch schwerer als die entstehende Auftriebskraft ist. Es findet keine Lageänderung wie bei einem Schwimmer statt. Die Aufhängung des Verdrängungskörpers überträgt die Kraft auf ein entsprechendes System, das daraus ein weiterzuverarbeitendes elektrisches oder auch pneumatisches Signal erzeugt.<br /> <br /> ==== Differenzdruck ====<br /> In geschlossenen, drucküberlagerten Behältern führt der hydrostatische Druck der Flüssigkeitssäule zu einer Druckdifferenz. Diese Druckdifferenz führt zu einer Auslenkung des Messelementes, das dem hydrostatischen Druck proportional ist. Es wird jeweils ein Sensor oberhalb des höchsten Flüssigkeitsspiegels und ein Sensor unten am Behälter installiert und der entsprechenden Auswerteeinheit zugeführt.<br /> <br /> === Leitfähigkeitsmessung ===<br /> <br /> ==== Messung der elektrischen Leitfähigkeit ====<br /> Diese Methode ist auch als Konduktivmessung bekannt. Bei Erreichen eines bestimmten Füllstandes wird der elektrische Strom zwischen zwei Elektroden durch die Flüssigkeit geleitet. Dabei ändert sich der Widerstand zwischen zwei Messelektroden durch An- oder Abwesenheit des Mediums.<br /> <br /> Durch die Verwendung von Wechselstrom im Messstromkreis werden Korrosion des Sondenstabes und elektrochemische Reaktionen des Füllgutes vermieden. Zur sicheren Messung bei bewegter Flüssigkeitsoberfläche ist oft eine Zeitverzögerung des Ausgangssignals eingebaut. Konduktivsonden mit einer Elektrode können in Metallbehältern als Voll- oder Leermelder eingesetzt werden, mit zwei Elektroden in Metallbehältern als Voll- und Leermelder und mit drei Elektroden als Voll- und Leermelder auch in nichtmetallischen Behältern. Bei Einstabsonden dient die elektrisch leitende Behälterwand als Gegenelektrode.<br /> <br /> Leitfähigkeitsmessung ist eine einfache und preisgünstige Messmethode für leitfähige Flüssigkeiten wie Wasser, Abwasser und flüssige Lebensmittel zur Grenzstanderfassung.<br /> <br /> ==== Wärmeleitung ====<br /> <br /> Dieses Messprinzip wird vor allem für flüssiges [[Helium]] verwendet. Ein senkrecht gespannter, stromdurchflossener Draht wird in dem Bereich, in dem er in flüssiges Helium eingetaucht ist, [[Supraleitung|supraleitend]], darüber wird er durch den Strom aufgewärmt ([[Joulesches Gesetz|Joulsche Wärme]]); bei dieser höheren Temperatur ist der Draht normalleitend. Zum [[Elektrischer Widerstand|elektrischen Widerstand]] trägt nur der Teil des Drahtes oberhalb des flüssigen Heliums bei. Durch Messung des Widerstandes lässt sich bestimmen, bis zu welcher Höhe sich flüssiges Helium im Behälter befindet. Der Draht besteht meistens aus einer [[Niob]]-[[Titan (Element)|Titan]]-Legierung.<br /> <br /> === Kapazitive Messung ===<br /> ==== Kontinuierliche Füllstandsmessung ====<br /> Bei der [[Kapazitive Füllstandmessung|kapazitiven Füllstandmessung]] wird die Änderung der [[Zylinderkondensator|elektrischen Kapazität]] zwischen den Elektroden detektiert, wenn diese von einem Medium umgeben werden. Diese Änderung hängt von der [[Dielektrizitätskonstante]] &lt;math&gt;\epsilon&lt;/math&gt; (in der Messtechnik auch als DK abgekürzt) des Mediums ab. Ist diese konstant, so kann aus der gemessenen Kapazität darauf geschlossen werden, wie weit die Elektroden in das Medium eintauchen. In diesem Fall kann also nicht nur ein Grenzwertschalter gebaut werden, sondern auch die kontinuierliche Füllhöhe bestimmt werden.<br /> <br /> ==== Füllstandsschalter ====<br /> Bei der Messung mit kapazitiven Schaltern wird eine Änderung der [[Dielektrizitätskonstante]] &lt;math&gt;\epsilon&lt;/math&gt; detektiert und diese Änderung in ein Schaltsignal überführt. Der Vorteil dieser Technologie liegt darin, dass das Medium zum Teil hinter Behälterwänden detektiert werden kann. Es ist also keine Bohrung im Behälter notwendig. Die Funktion hängt von dem Verhältnis der [[Dielektrizitätskonstante]] des Mediums zur [[Dielektrizitätskonstante]] der Behälterwandung ab. Eine typische Paarung ist eine wasserbasierte Flüssigkeit hinter einer Kunststoff- oder Glaswandung.<br /> <br /> ==== Schalter mit Frequenzhubtechnologie ====<br /> Ein Sensor ermittelt die Dielektrizitätskonstante des Mediums. Das Signal kann dann in ein Schaltsignal umgesetzt werden. So können unerwünschte Stoffe, die am Sensor haften ausgeblendet werden. Dies betrifft Anhaftungen an der Sensorspitze, Schäume oder ein beim Füllen vorbeifließendes Medium.<br /> <br /> === Optische Messung ===<br /> [[Datei:Opto Sensor.PNG|mini|hochkant=0.5|Optoelektronischer Grenzschalter]]<br /> Es wird die [[Absorption (Physik)|Absorption]] des Lichts oder auch das Verschwinden der [[Totalreflexion]] detektiert, wenn der Sensor in das Medium eintaucht.<br /> Der optoelektronische Füllstandsensor besteht aus einer [[Infrarot-LED]] und einem Lichtempfänger. Das Licht der LED wird in ein Prisma an der Spitze des Messaufnehmers gerichtet. Solange die Spitze nicht in Flüssigkeit eingetaucht ist, wird das Licht innerhalb des Prismas zum Empfänger reflektiert. Steigt die Flüssigkeit im Behälter und umschließt die Spitze, wird das Licht durch die Flüssigkeit gebrochen und erreicht nicht mehr oder abgeschwächt den Empfänger. Die Auswerteelektronik setzt diese Veränderung in einen Schaltvorgang um. Problem bei diesem Messverfahren ist die Empfindlichkeit für Verschmutzungen.<br /> <br /> === Ultraschall ===<br /> Die Messung mit Ultraschall beruht auf einer [[Ultraschallsensor|Laufzeitmessung]]. Die durch einen Sensor ausgesandten Ultraschall-Impulse werden von der Oberfläche des Mediums reflektiert und wieder vom Sensor erfasst. Die benötigte Laufzeit ist ein Maß für den zurückgelegten Weg im leeren Behälterteil. Dieser Wert wird von der gesamten Standhöhe abgezogen und man erhält daraus den Füllstand. Bedingt durch das Ausschwingverhalten des Sensors gibt es unmittelbar unterhalb des Sensors einen Bereich der Blockdistanz genannt wird, in dem Bereich können keine Impulse empfangen werden. Die sogenannte Blockdistanz bestimmt den minimalen Abstand zwischen dem Messgerät und dem maximalen Füllstand.<br /> <br /> Dieses Echolot-Verfahren ist eine berührungslose und wartungsfreie Messung ohne Beeinflussung durch Füllguteigenschaften wie zum Beispiel Dielektrizitätszahl, Leitfähigkeit, Dichte oder Feuchtigkeit.<br /> <br /> Neben dieser verbreiteten Ultraschallmessung von oben durch den Gasraum gibt es auch Sensoren, die durch die Behälterwand hindurch von unten den Füllstand messen oder von der Seite als Grenzschalter dienen. Hier wird die Laufzeit im Medium selbst gemessen. Wichtigste Funktionsvoraussetzung dieser Methode ist die Durchschallbarkeit von Wand und Medium. Die Anwendung bleibt daher auf einwandige Behälter mit Flüssigkeiten beschränkt.<br /> <br /> === Mikrowellen ===<br /> Die Messung mit Mikrowellen beruht auf einem Sender-Empfängerprinzip. Von einem Sender ausgesandte Mikrowellenimpulse werden durch ein leeres Silo vom Empfänger registriert, durch ein<br /> volles Silo jedoch vom Medium gedämpft. Bei metallischen Behälterwänden müssen Sichtfenster eingebaut werden. Anwendungen: Da die Mikrowellenschranke ein berührungslos detektierendes Verfahren nutzt kann sie sowohl in Behältern, Rohrleitungen, Schächten oder an Freifallschächten montiert werden. Bei nicht metallischen Behältermaterialien ist eine Messung durch den Behälter von außen möglich. Mikrowellenschranken melden Verstopfungen, signalisieren Grenzstände, lösen Positionierungs- und Zählaufgaben, messen berührungslos von außen und sind damit verschleiß- und wartungsfrei. Typische Einsatzgebiete sind z. B. Holzspäne, Papier-, Kartonschnitzel, Kalk, Kies, Sand oder sogar ganze Säcke und Kisten. Prozesstemperaturen und Prozessdruck beliebig bei Direkteinbau sind jedoch die Grenzwerte des jeweiligen Herstellers zu beachten.<br /> <br /> === Radar ===<br /> Der Radarsensor arbeitet mit hochfrequenten Radar-Impulsen, die von einer Antenne abgestrahlt und von der Füllgutoberfläche reflektiert werden. Die Laufzeit des reflektierten Radar-Impulses ist direkt proportional zum zurückgelegten Weg. Bei bekannter Behältergeometrie lässt sich daraus der Füllstand berechnen.<br /> <br /> === Geführtes Radar ===<br /> Der Radarsensor arbeitet mit hochfrequenten Radar-Impulsen, die entlang einer Sonde geführt werden. Beim Auftreffen der Impulse auf die Medienoberfläche verändert sich der Wellenwiderstand und ein Teil des Sendeimpulses wird reflektiert. Die vom Gerät gemessene und ausgewertete Zeitdauer zwischen dem Senden und dem Empfangen des reflektierten Impulses ist ein direktes Maß für die Distanz zwischen Prozesseinkopplung und der Medienoberfläche. Anwendung ist die wartungsfreie Messung in Flüssigkeiten, auch bei Turbulenzen und Schaum. Die Messung ist unabhängig von Dichte, Temperatur, Leitfähigkeit und Feuchtigkeit und wird durch Dämpfe über der Flüssigkeit nicht beeinflusst.<br /> <br /> === Radiometrie ===<br /> Bei der [[Radiometrische Füllstandmessung|radiometrischen Füllstandmessung]] wird die Intensität von Gammastrahlen erfasst, welche auf dem Weg von der radioaktiven Quelle zum Detektor das Medium durchdringen. Eine Gammaquelle, meist Cäsium- oder Kobaltisotop, sendet eine Strahlung aus, die beim Durchdringen von Materialien eine Dämpfung erfährt. Der Messeffekt ergibt sich aus der Absorption der Strahlung durch das zu messende Medium. Öffnen des Behälters oder Einbauten im Behälter sind nicht erforderlich; die Messung erfolgt berührungslos von außen und ist daher für extreme Anwendungen wie zum Beispiel für stark korrosive, aggressive und abrasive Medien geeignet.<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * Ellen Amberger: ''Füllstandmeßtechnik: Grundlagen und Anwendungsbeispiele.'' Verlag Moderne Industrie, 1999, ISBN 3-478-93014-6.<br /> * Rüdiger Settelmeyer: ''Vom Feldgerät zur Automatisierungslösung.'' Christiani, Konstanz 2007, ISBN 978-3-86522-305-0.<br /> * [http://www.unc.edu/~rowlett/units/index.html A Dictionary of Units of Measurement]<br /> * [http://www.kfa.ag/technology/tdr-technology/how-our-products-work Animation geführtes Radar]<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Fullstandmessung}}<br /> [[Kategorie:Sensor]]<br /> [[Kategorie:Dimensionales Messgerät]]<br /> [[Kategorie:Elektrische Messtechnik]]</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Skrillex&diff=127457236 Skrillex 2014-02-11T13:25:10Z <p>212.117.117.42: /* Biografie */</p> <hr /> <div>[[Datei:Skrillex.jpg|miniatur|hochkant|Skrillex]] <br /> '''Skrillex''' (* [[15. Januar]] [[1988]] in [[Los Angeles]]; bürgerlich ''Sonny John Moore'') ist ein US-amerikanischer [[DJ]] und [[Musikproduzent]] im Bereich [[Dubstep]], [[Brostep]] und [[Electro]] sowie ehemaliger Frontsänger der Band [[From First to Last]].<br /> <br /> == Biografie ==<br /> [[Datei:Skrillex at Sasquatch 2011.jpg|miniatur|Skrillex auf dem [[Sasquatch Music Festival]] 2011]] <br /> Sonny Moore wuchs im Nordosten von Los Angeles auf. 2004, im Alter von 16 Jahren, kam er über [[MySpace]] in Kontakt mit Matt Good von der Band ''From First to Last'' und wollte bei ihnen Gitarre spielen. Nachdem die anderen Bandmitglieder und einige Studioproduzenten ihn singen hörten, wurde er jedoch zum [[Leadsänger]] der Band gemacht. Im Juni 2004 veröffentlichten sie ihr [[Debütalbum]] ''Dear Diary, My Teen Angst Has a Body Count'' bei [[Epitaph Records]]. Die Band hatte mehrere erfolgreiche [[Tournee]]n und veröffentlichte im März 2006 ihr zweites Album ''Heroine''. Schließlich bekam Sonny Stimmprobleme und unterzog sich erfolgreich einem chirurgischen Eingriff. Am 27. Februar 2007 verkündete er dennoch, dass er die Band verlassen würde, um sich einer Solokarriere zu widmen.<br /> <br /> Erst veröffentlichte er einige [[Demoaufnahme|Demos]] auf seiner MySpace-Seite und nach einigen Monaten ging er mit [[Team Sleep]] auf Tournee. Im Februar 2008 verkündete das ''Alternative Press Magazine'' die zweite jährliche AP-Tournee mit [[All Time Low]], [[The Rocket Summer]], [[The Matches]], [[Forever the Sickest Kids]] und Sonny Moore. Während der Tournee umfasste Sonnys Besetzung Sean Friday am Schlagzeug, Christopher Null als Gitarrist und Aaron Rother am Keyboard.<br /> <br /> 2008 begann Sonny auch Musik zu produzieren und hatte unter dem [[Pseudonym]] ''Skrillex'' Auftritte in verschiedenen [[Diskothek|Club]]s in der Region um [[Los Angeles]]. Am 7. April 2009 erschien mit ''[[Gypsyhook EP]]'' seine erste [[Extended Play]] mit drei Songs und vier [[Remix]]en. Diese wurde unter seinem Vornamen Sonny veröffentlicht. Er ging erneut mit verschiedenen Bands auf Tournee und trat im April 2009 mit der Band [[Hollywood Undead]] als ''Sonny and the Blood Monkeys'' auf. <br /> <br /> Seine erste Produktion unter dem Namen ''Skrillex'' veröffentlichte er am 7. Juni 2010 mit der EP ''[[My Name Is Skrillex]]'', die er als freien Download zur Verfügung stellte. Im Sommer 2010 arbeitete er mit der Metalcore-Band [[Bring Me the Horizon]] an deren drittem Studioalbum [[There Is a Hell, Believe Me I’ve Seen It. There Is a Heaven, Let’s Keep It a Secret]]. Schließlich wurde er von [[Deadmau5]] auf dessen Musiklabel ''mau5trap Recordings'' unter Vertrag genommen und veröffentlichte auf diesem seine zweite EP ''[[Scary Monsters and Nice Sprites]]''. <br /> <br /> Im April 2011 veröffentlichte die Band [[Korn (Band)|Korn]] den Song ''[[Get Up!]]'', den Skrillex produzierte. Der Song wurde auf ihrer Facebook-Seite als freier Download zur Verfügung gestellt.&lt;ref&gt;[http://www.glasswerk.co.uk/news/national/13088/Korn+&amp;+Skrillex+Team+Up+And+Give+Away+Free+MP3+ Korn &amp; Skrillex Team Up And Give Away Free MP3]. Abgerufen am 23. Juli 2011.&lt;/ref&gt; Am 15. April 2011 kam Korn außerdem auf die Bühne während dessen Set am [[Coachella Valley Music and Arts Festival|Coachella]]-Musikfestival 2011 und hatte einen kurzen Auftritt.<br /> <br /> August 2011 gründete Skrillex sein Plattenlabel [[OWSLA]].&lt;ref&gt;{{Internetquelle| url = http://www.billboard.biz/bbbiz/industry/record-labels/skrillex-announces-launch-of-owsla-label-1005319252.story| titel = Skrillex Announces Launch of OWSLA Label| zugriff= 2012-08-17| autor = Emmanuelle Saliba| hrsg = Billboard.biz| datum = 2011-08-17| sprache= englisch}}&lt;/ref&gt; Im September 2011 veröffentlichte Skrillex den Titelsong für die Neuauflage des Computerspiels [[Syndicate]]. 2011 konnte sich Skrillex auch erstmals in der Wahl der ''Top 100 DJs'' von [[DJ Magazine|DJ Mag]] platzieren und kam auf Platz 19.&lt;ref&gt;djmag.com: [http://www.djmag.com/top100/detail/2705/2 Top 100 DJs / 19. Skrillex]. Abgerufen am 20. November 2011.&lt;/ref&gt; Es war der höchste Neueinstieg in die Liste in jenem Jahr. Im November 2011 wurde er fünfmal für den [[Grammy Award]] nominiert, darunter „Bester neuer Künstler“ und „Bestes Musikvideo“, von denen er im Februar 2012 drei gewonnen hat („Beste Dance-Aufnahme“, „Bestes Electronic/Dance-Album“ und „Beste Remix-Aufnahme“). Beim [[Sound of 2012]] der BBC belegte er als prominentester der 15 Kandidaten Platz 4. Auch bei den Grammy-Verleihungen 2013 wurde Skrillex für die „Beste Dance-Aufnahme“ und das „Beste Electronic/Dance-Album“ ausgezeichnet.<br /> <br /> Von 2011 bis Oktober 2012 war Sonny Moore mit der britischen Singer-Songwriterin [[Ellie Goulding]] zusammen.<br /> <br /> == Diskografie ==<br /> === EPs ===<br /> [[Datei:Skrillex Logo.png|miniatur|Logo von Skrillex]]<br /> {{Hauptartikel|Skrillex/Diskografie}}<br /> {{:Skrillex/Diskografie}}<br /> <br /> == Auszeichnungen ==<br /> * [[Grammy Awards 2012]]:<br /> ** Grammy für ''Bester Remix'' mit ''Cinema'' von [[Benny Benassi]]<br /> ** Grammy für ''Bestes Dance/Electronica Album'' mit ''[[Scary Monsters and Nice Sprites]]''<br /> ** Grammy für ''Beste Dance-Aufnahme'' mit ''[[Scary Monsters and Nice Sprites (Lied)|Scary Monsters and Nice Sprites]]''<br /> ** '''Nominiert''' für ''Bester neuer Künstler''<br /> ** '''Nominiert''' für ''Bestes Musikvideo'' mit ''[[First of the Year (Equinox)]]''<br /> <br /> * [[Grammy Awards 2013]]:<br /> ** Grammy für ''Bestes Dance/Electronica Album'' mit ''[[Bangarang]]''<br /> ** Grammy für ''Beste Dance-Aufnahme'' mit ''[[Bangarang (Lied)|Bangarang]]''<br /> ** Grammy für ''Bester Remix'' mit ''Promises'' von [[Nero (Band)|Nero]]<br /> <br /> == Quellen ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> *{{IMDb Name|4776432|Skrillex}}<br /> {{Commonscat}}<br /> * [http://www.skrillex.com/ Offizielle Website]<br /> * {{allmusic|Rubrik=artist|ID=mn0002365087}}<br /> * {{Discogs|Skrillex}}<br /> <br /> {{Navigationsleiste Skrillex}}<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=p|GND=1020540508|LCCN=no/2011/143005|VIAF=187174181}}<br /> <br /> [[Kategorie:DJ]]<br /> [[Kategorie:Skrillex| ]]<br /> [[Kategorie:Dubstep-Musiker]]<br /> [[Kategorie:Künstler der elektronischen Tanzmusik]]<br /> [[Kategorie:Grammy-Preisträger]]<br /> [[Kategorie:Pseudonym]]<br /> [[Kategorie:US-Amerikaner]]<br /> [[Kategorie:Geboren 1988]]<br /> [[Kategorie:Mann]]<br /> <br /> {{Personendaten<br /> |NAME=Skrillex<br /> |ALTERNATIVNAMEN=Moore, Sonny (wirklicher Name)<br /> |KURZBESCHREIBUNG=US-amerikanischer DJ und Musikproduzent<br /> |GEBURTSDATUM=15. Januar 1988<br /> |GEBURTSORT=[[Los Angeles]], [[Kalifornien]], Vereinigte Staaten<br /> |STERBEDATUM=<br /> |STERBEORT=<br /> }}</div> 212.117.117.42 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Skrillex&diff=127457173 Skrillex 2014-02-11T13:22:58Z <p>212.117.117.42: /* Biografie */</p> <hr /> <div>[[Datei:Skrillex.jpg|miniatur|hochkant|Skrillex]] <br /> '''Skrillex''' (* [[15. Januar]] [[1988]] in [[Los Angeles]]; bürgerlich ''Sonny John Moore'') ist ein US-amerikanischer [[DJ]] und [[Musikproduzent]] im Bereich [[Dubstep]], [[Brostep]] und [[Electro]] sowie ehemaliger Frontsänger der Band [[From First to Last]].<br /> <br /> == Biografie ==<br /> [[Datei:Skrillex at Sasquatch 2011.jpg|miniatur|Skrillex auf dem [[Sasquatch Music Festival]] 2011]] <br /> Sonny Nico Egger Moore wuchs im Nordosten von Los Angeles auf. 2004, im Alter von 16 Jahren, kam er über [[MySpace]] in Kontakt mit Matt Good von der Band ''From First to Last'' und wollte bei ihnen Gitarre spielen. Nachdem die anderen Bandmitglieder und einige Studioproduzenten ihn singen hörten, wurde er jedoch zum [[Leadsänger]] der Band gemacht. Im Juni 2004 veröffentlichten sie ihr [[Debütalbum]] ''Dear Diary, My Teen Angst Has a Body Count'' bei [[Epitaph Records]]. Die Band hatte mehrere erfolgreiche [[Tournee]]n und veröffentlichte im März 2006 ihr zweites Album ''Heroine''. Schließlich bekam Sonny Stimmprobleme und unterzog sich erfolgreich einem chirurgischen Eingriff. Am 27. Februar 2007 verkündete er dennoch, dass er die Band verlassen würde, um sich einer Solokarriere zu widmen.<br /> <br /> Erst veröffentlichte er einige [[Demoaufnahme|Demos]] auf seiner MySpace-Seite und nach einigen Monaten ging er mit [[Team Sleep]] auf Tournee. Im Februar 2008 verkündete das ''Alternative Press Magazine'' die zweite jährliche AP-Tournee mit [[All Time Low]], [[The Rocket Summer]], [[The Matches]], [[Forever the Sickest Kids]] und Sonny Moore. Während der Tournee umfasste Sonnys Besetzung Sean Friday am Schlagzeug, Christopher Null als Gitarrist und Aaron Rother am Keyboard.<br /> <br /> 2008 begann Sonny auch Musik zu produzieren und hatte unter dem [[Pseudonym]] ''Skrillex'' Auftritte in verschiedenen [[Diskothek|Club]]s in der Region um [[Los Angeles]]. Am 7. April 2009 erschien mit ''[[Gypsyhook EP]]'' seine erste [[Extended Play]] mit drei Songs und vier [[Remix]]en. Diese wurde unter seinem Vornamen Sonny veröffentlicht. Er ging erneut mit verschiedenen Bands auf Tournee und trat im April 2009 mit der Band [[Hollywood Undead]] als ''Sonny and the Blood Monkeys'' auf. <br /> <br /> Seine erste Produktion unter dem Namen ''Skrillex'' veröffentlichte er am 7. Juni 2010 mit der EP ''[[My Name Is Skrillex]]'', die er als freien Download zur Verfügung stellte. Im Sommer 2010 arbeitete er mit der Metalcore-Band [[Bring Me the Horizon]] an deren drittem Studioalbum [[There Is a Hell, Believe Me I’ve Seen It. There Is a Heaven, Let’s Keep It a Secret]]. Schließlich wurde er von [[Deadmau5]] auf dessen Musiklabel ''mau5trap Recordings'' unter Vertrag genommen und veröffentlichte auf diesem seine zweite EP ''[[Scary Monsters and Nice Sprites]]''. <br /> <br /> Im April 2011 veröffentlichte die Band [[Korn (Band)|Korn]] den Song ''[[Get Up!]]'', den Skrillex produzierte. Der Song wurde auf ihrer Facebook-Seite als freier Download zur Verfügung gestellt.&lt;ref&gt;[http://www.glasswerk.co.uk/news/national/13088/Korn+&amp;+Skrillex+Team+Up+And+Give+Away+Free+MP3+ Korn &amp; Skrillex Team Up And Give Away Free MP3]. Abgerufen am 23. Juli 2011.&lt;/ref&gt; Am 15. April 2011 kam Korn außerdem auf die Bühne während dessen Set am [[Coachella Valley Music and Arts Festival|Coachella]]-Musikfestival 2011 und hatte einen kurzen Auftritt.<br /> <br /> August 2011 gründete Skrillex sein Plattenlabel [[OWSLA]].&lt;ref&gt;{{Internetquelle| url = http://www.billboard.biz/bbbiz/industry/record-labels/skrillex-announces-launch-of-owsla-label-1005319252.story| titel = Skrillex Announces Launch of OWSLA Label| zugriff= 2012-08-17| autor = Emmanuelle Saliba| hrsg = Billboard.biz| datum = 2011-08-17| sprache= englisch}}&lt;/ref&gt; Im September 2011 veröffentlichte Skrillex den Titelsong für die Neuauflage des Computerspiels [[Syndicate]]. 2011 konnte sich Skrillex auch erstmals in der Wahl der ''Top 100 DJs'' von [[DJ Magazine|DJ Mag]] platzieren und kam auf Platz 19.&lt;ref&gt;djmag.com: [http://www.djmag.com/top100/detail/2705/2 Top 100 DJs / 19. Skrillex]. Abgerufen am 20. November 2011.&lt;/ref&gt; Es war der höchste Neueinstieg in die Liste in jenem Jahr. Im November 2011 wurde er fünfmal für den [[Grammy Award]] nominiert, darunter „Bester neuer Künstler“ und „Bestes Musikvideo“, von denen er im Februar 2012 drei gewonnen hat („Beste Dance-Aufnahme“, „Bestes Electronic/Dance-Album“ und „Beste Remix-Aufnahme“). Beim [[Sound of 2012]] der BBC belegte er als prominentester der 15 Kandidaten Platz 4. Auch bei den Grammy-Verleihungen 2013 wurde Skrillex für die „Beste Dance-Aufnahme“ und das „Beste Electronic/Dance-Album“ ausgezeichnet.<br /> <br /> Von 2011 bis Oktober 2012 war Sonny Moore mit der britischen Singer-Songwriterin [[Ellie Goulding]] zusammen.<br /> <br /> == Diskografie ==<br /> === EPs ===<br /> [[Datei:Skrillex Logo.png|miniatur|Logo von Skrillex]]<br /> {{Hauptartikel|Skrillex/Diskografie}}<br /> {{:Skrillex/Diskografie}}<br /> <br /> == Auszeichnungen ==<br /> * [[Grammy Awards 2012]]:<br /> ** Grammy für ''Bester Remix'' mit ''Cinema'' von [[Benny Benassi]]<br /> ** Grammy für ''Bestes Dance/Electronica Album'' mit ''[[Scary Monsters and Nice Sprites]]''<br /> ** Grammy für ''Beste Dance-Aufnahme'' mit ''[[Scary Monsters and Nice Sprites (Lied)|Scary Monsters and Nice Sprites]]''<br /> ** '''Nominiert''' für ''Bester neuer Künstler''<br /> ** '''Nominiert''' für ''Bestes Musikvideo'' mit ''[[First of the Year (Equinox)]]''<br /> <br /> * [[Grammy Awards 2013]]:<br /> ** Grammy für ''Bestes Dance/Electronica Album'' mit ''[[Bangarang]]''<br /> ** Grammy für ''Beste Dance-Aufnahme'' mit ''[[Bangarang (Lied)|Bangarang]]''<br /> ** Grammy für ''Bester Remix'' mit ''Promises'' von [[Nero (Band)|Nero]]<br /> <br /> == Quellen ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> *{{IMDb Name|4776432|Skrillex}}<br /> {{Commonscat}}<br /> * [http://www.skrillex.com/ Offizielle Website]<br /> * {{allmusic|Rubrik=artist|ID=mn0002365087}}<br /> * {{Discogs|Skrillex}}<br /> <br /> {{Navigationsleiste Skrillex}}<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=p|GND=1020540508|LCCN=no/2011/143005|VIAF=187174181}}<br /> <br /> [[Kategorie:DJ]]<br /> [[Kategorie:Skrillex| ]]<br /> [[Kategorie:Dubstep-Musiker]]<br /> [[Kategorie:Künstler der elektronischen Tanzmusik]]<br /> [[Kategorie:Grammy-Preisträger]]<br /> [[Kategorie:Pseudonym]]<br /> [[Kategorie:US-Amerikaner]]<br /> [[Kategorie:Geboren 1988]]<br /> [[Kategorie:Mann]]<br /> <br /> {{Personendaten<br /> |NAME=Skrillex<br /> |ALTERNATIVNAMEN=Moore, Sonny (wirklicher Name)<br /> |KURZBESCHREIBUNG=US-amerikanischer DJ und Musikproduzent<br /> |GEBURTSDATUM=15. Januar 1988<br /> |GEBURTSORT=[[Los Angeles]], [[Kalifornien]], Vereinigte Staaten<br /> |STERBEDATUM=<br /> |STERBEORT=<br /> }}</div> 212.117.117.42