https://de.wikipedia.org/w/api.php?action=feedcontributions&feedformat=atom&user=2001%3A67C%3A670%3A100%3A9E5C%3A8EFF%3AFECE%3ACCEFWikipedia - Benutzerbeiträge [de]2025-06-23T15:53:45ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.45.0-wmf.6https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Zeche_Jupiter&diff=191789754Zeche Jupiter2019-08-29T13:47:01Z<p>2001:67C:670:100:9E5C:8EFF:FECE:CCEF: /* Bilder der Verladeanlage */ muss nicht zweimal das selbe Motiv sein.</p>
<hr />
<div>{{Infobox Bergwerk<br />
|BILD=Witten - Muttental - Bergbauwanderweg Station 10 03 ies.jpg<br />
|BILDBESCHREIBUNG1=Mundloch des Stollens Jupiter<br />
|NAME=Zeche Jupiter<br />
|ALTERNATIVNAME=Zeche Jupiterbank<br />Zeche Jupiter Bank<br />Zeche Juppiter<br />Zeche Jupiter I & II<br />
|ROHSTOFF1=Steinkohle<br />
|ROHSTOFF2=<br />
|ROHSTOFF3=<br />
|ROHSTOFF4=<br />
|ROHSTOFF5=<br />
|ROHSTOFF6=<br />
<br />
|UNTERNEHMEN=<br />
|BESCHÄFTIGTE=max. 80<br />
|ABBAUTECHNIK=<br />
|BETRIEBSJAHRE_VON=1789<br />
|BETRIEBSJAHRE_BIS=1950<br />
|NACHFOLGENUTZUNG=Zeche Muttental<br />
<br />
|LAGERNAME1=<br />
|LAGERMÄCHTIGKEIT1=<br />
|ROHSTOFFGEHALT=<br />
|GRÖSSTE_TIEFE=<br />
|GESAMTLÄNGE=<br />
|LAGERNAME2=<br />
|LAGERMÄCHTIGKEIT2=<br />
|ROHSTOFFGEHALT2=<br />
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|GRÖSSTE_TIEFE4=<br />
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|LAGERNAME6=<br />
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|ROHSTOFFGEHALT6=<br />
|GRÖSSTE_TIEFE6=<br />
|GESAMTLÄNGE6=<br />
|ABRAUM=<br />
|FÖRDERUNG=max. 17.764<br />
|FÖRDERUNGGESAMT=<br />
|ROHSTOFF_FÖRDERUNGGESAMT=<br />
|MINERALIEN=<br />
<br />
|BREITENGRAD=51.426796<br />
|LÄNGENGRAD=7.328644<br />
|REGION-ISO=DE-NW<br />
|STANDORT=Herbede<br />(Bommerholz-Muttental)<br />
|GEMEINDE=Witten<br />
|NUTS3_1=Ennepe-Ruhr-Kreis<br />
|NUTS3_BEZEICHNUNG=Kreis<br />
|REVIER=[[Ruhrrevier]]<br />
|POSKARTE=Deutschland_NRW_Ruhrgebiet<br />
}}<br />
<br />
Die '''Zeche Jupiter''' in [[Witten]] (Ortsteil [[Bommerholz-Muttental]]) ist ein ehemaliges [[Steinkohlenbergwerk]]. Die Zeche war auch unter den Namen ''Zeche Jupiterbank'', ''Zeche Jupiter Bank'', ''Zeche Juppiter'' und ''Zeche Jupiter I & II'' bekannt. Die Zeche befand sich im Bereich der Rauendahlstraße östlich der Bockampstraße.<ref name="Quelle 1" /> Das Bergwerk gehörte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Märkischen Bergamtsbezirk und dort zum [[Bergrevier|Geschworenenrevier]] ''Hardenstein''.<ref name= "Quelle 2" /><br />
<br />
== Geschichte ==<br />
<br />
=== Die Anfänge ===<br />
<br />
Bereits im Jahr 1768 wurde das Bergwerk in den Unterlagen genannt.<ref name= "Quelle 1" /> Im Jahr 1783 wurde die [[Mutung]] für eine Kohlenbank<ref group="ANM" name="Anm. Hartmann." /> eingelegt. Diese Kohlenbank erstreckte sich vom Feld Fortuna aus in nördlicher Richtung. Als [[Muter]] traten auf Johann Oberste Frielinghaus und sein Bruder Henrich Johann Oberste Frielinghaus.<ref name="Quelle 4" /> Außerdem wurde eine Mutung auf den Stollen Jupiter eingelegt.<ref name= "Quelle 3" /> Im Jahr 1787 wurde das Bergwerk in der [[Niemeyersche Karte|Niemeyerschen Karte]] aufgeführt. Am 14. Juni des Jahres 1788 wurde ein [[Längenfeld (Bergbau)|Längenfeld]] für den [[Abbau (Bergbau)|Abbau]] im [[Mausegatt|Flöz Mausegatt]] [[Verleihung (Bergbau)|verliehen]]. Am 1. Oktober des Jahres 1789 wurde ein Längenfeld östlich vom [[Muttenbach (Ruhr)|Muttental]] als Erweiterung verliehen. Im Anschluss daran waren die Felder Jupiterbänke 1 und Jupiterbänke 2 in Abbau.<ref name= "Quelle 1" /> Um das Jahr 1790 ließen die Brüder Oberste Frielinghaus und der [[Berggeschworener|Geschworene]] <!-- Name ??? -->in den beiden Flözen Jupiter 1 (Kreftenscheer) und Mausegatt Kohlen abbauen. Der Abbau erfolgte über den Stollen vom Tal aus. Allerdings gab es, bedingt durch schlechte Transportwege, Probleme mit Verkauf der Kohlen.<ref name="Quelle 4" /> Im Jahr 1796 war die Zeche bereits wieder außer Betrieb.<ref name= "Quelle 1" /> Danach blieb das Bergwerk für längere Zeit außer Betrieb.<ref name="Quelle 4" /><br />
<br />
=== Die weiteren Jahre ===<br />
<br />
Am 6. Oktober des Jahres 1845 wurde die Zeche Fortuna wieder in Betrieb genommen.<ref name= "Quelle 1" /> Das Grubenfeld wurde über ein [[Flügelort]] des [[St.-Johannes-Erbstollen]]s [[Lösen (Bergbau)|gelöst]]. Das [[Grubenwasser]] floss über den Erbstollen zur Ruhr ab und ermöglichte so einen Betrieb des Bergwerks, ohne dass das Grubenwasser [[Pumpe|abgepumpt]] werden musste.<ref name="Quelle 5" /> Noch im selben Jahr wurde ein Querschlag aus dem östlichen [[Stollen (Bergbau)|Stollen]] der [[Zeche Fortuna (Witten)|Zeche Fortuna]] [[Streckenauffahrung|aufgefahren]]. Außerdem wurde im Jahr 1847 zusammen mit der Zeche ''Fortuna ins Osten'' der [[seiger]]e [[Schacht (Bergbau)|Schacht]] Juno [[Abteufen|abgeteuft]].<ref name= "Quelle 1" /> Der Schacht wurde auch Schacht Jonas genannt.<ref name= "Quelle 3" /> Die Kosten für die Teufarbeiten wurden von beiden Bergwerken gemeinsam erbracht.<ref name="Quelle 4" /> Der Schacht wurde zunächst bis auf eine Teufe von 20 Metern abgeteuft. Die [[Schachtförderung|Förderung]] erfolgte über einen [[Haspel (Bergbau)#Handhaspel|Handhaspel]], der von zwei [[Haspelknecht]]en bedient wurde.<ref name="Quelle 5" /> Im Jahr 1850 wurde vermutlich im [[Grubenfeld]] der Zeche Fortuna abgebaut. Im Jahr 1852 wurde ein Vertrag mit der Zeche Fortuna ins Osten geschlossen, durch diesen Vertrag wurde es möglich, den seigeren Schacht Juno der Zeche Fortuna ins Osten gegen Kostenerstattung mitzubenutzen.<ref name= "Quelle 1" /> Der Schacht Juno hatte eine [[Teufe]] von 9,5 [[Lachter]]n.<ref name= "Quelle 2" /> Zu diesem Zeitpunkt bestand noch eine Verbindung mit einem Flügelort des [[St.-Johannes-Erbstollen|St. Johannes Erbstollen]]. In den Jahren 1854, 1855 und 1857 war die Zeche Jupiter nachweislich in Betrieb, für das Jahr 1855 gibt es jedoch keine Förder- und Belegschaftsangabe.<ref name= "Quelle 1" /> Es waren drei [[Flöz]]e mit [[Mächtigkeit (Geologie)|Mächtigkeiten]] von 60, 50 und 32 [[Zoll (Einheit)|Zoll]] in [[Verhieb]].<ref name= "Quelle 2" /><br />
<br />
Im Jahr 1856 wurde der Schacht Juno erweitert und um 21 Meter tiefer geteuft.<ref name="Quelle 4" /> Der Schacht reichte nun bis zur [[Sohle (Bergbau)#Sohle als Niveau|Erbstollensohle]] des [[St.-Johannes-Erbstollen]].<ref name="Quelle 5" /> Im selben Jahr wurde der Handhaspel gegen einen [[Göpel|Pferdegöpel]] ausgetauscht.<ref name="Quelle 4" /> Mit diesem Göpel konnten nun eine Nutzlast von sechs [[Scheffel (Maßeinheit)|Scheffel]] Kohle gefördert werden.<ref name="Quelle 5" /> Am 20. Mai des Jahres 1862 [[Konsolidation (Bergbau)|konsolidierte]] die Zeche Jupiter mit anderen Zechen unterhalb der [[Sohle (Bergbau)#Sohle als Niveau|Erbstollensohle]] zur [[Zeche Vereinigte Bommerbänker Tiefbau]]. In den Jahren 1863 und 1865 war die Zeche in Betrieb. Im Jahr 1867 wurde die Zeche Jupiter erneut stillgelegt. Am 28. September des Jahres 1871 wurde für die [[Zeche Glücksstern]] ein [[Betriebsplan]] eingereicht. Dieser Betriebsplan galt gemeinsam für die Zechen [[Zeche Glücksstern|Glücksstern]], [[Zeche Saturn|Saturn]] und Jupiter, kurz darauf erfolgte die Wiederinbetriebnahme. Im Jahr 1875 war die Zeche Jupiter zunächst noch in Betrieb, im Laufe des Jahres wurde das Bergwerk in [[Fristen (Bergbau)|Fristen]] gelegt. Im Jahr 1880 wurde das Bergwerk wieder in Betrieb genommen, die [[Lösen (Bergbau)|Lösung]] erfolgte aus dem Feld Glücksstern. Ab dem Dezember des Jahres 1883 wurde die Zeche Jupiter erneut in Fristen gelegt und im Frühjahr des darauffolgenden Jahres wieder in Betrieb genommen.<ref name= "Quelle 1" /> Im darauffolgenden Jahr wurde der Betrieb an Schacht Juno ganz eingestellt.<ref name="Quelle 5" /> Am 31. Dezember des Jahres 1887 wurde die Zeche Jupiter erneut stillgelegt.<ref name= "Quelle 1" /><br />
<br />
=== Der weitere Betrieb ===<br />
Im Jahr 1934 übernahm die [[Bergrechtliche Gewerkschaft|Neugewerkschaft]] Jupiter den Stollen.<ref name="Quelle 8" /> Am 26. Mai desselben Jahres wurde die Zeche Jupiter wieder in Betrieb genommen. Zunächst wurde [[Stollenbau]] in der ehemaligen [[Berechtsame]] von Fortuna ins Osten betrieben.<ref name= "Quelle 1" /> Der Stollen wurde im Flöz Geitling aufgefahren.<ref name= "Quelle 3" /> Der Abbaubereich befand sich weiter südlich des früheren Abbaugebietes.<ref name= "Quelle 1" /> Die [[Bewetterung]] der [[Grubenbau]]e erfolgte über eine [[Lutte]], über die mittels [[Grubenlüfter|Ventilator]] frische [[Wetter (Bergbau)|Wetter]] bis vor Ort geblasen wurden. Für den Betrieb der Druckluftwerkzeuge war über Tage ein [[Kompressor]] in Betrieb.<ref name="Quelle 5" /> Zunächst wurde ein alter Stollen [[Aufwältigung|aufgewältigt]], anschließend wurde ein Schacht abgeteuft. Zusätzlich nahm man den Schacht Juno wieder in Betrieb. In der nachfolgenden Zeit kam es zur Konsolidation der beiden Längenfelder Jupiter I, Jupiter II und Upsala I + II zur Zeche Jupiter. Die Berechtsame umfasste zu diesem Zeitpunkt eine Fläche von sechs Quadratkilometern. Es wurde eine Ladebühne an der Jupiterstraße errichtet.<ref name= "Quelle 1" /> Die gefüllten [[Förderwagen (Bergbau)|Förderwagen]] wurden über Tage über einen [[Kreiselkipper]] entleert.<ref name="Quelle 5" /> Unter den Kreiselkipper konnte ein [[Lastkraftwagen]] rückwärts in der Verladebucht abgestellt werden. Durch die Schüttöffnung des Kreiselkippers fielen die Kohlen aus dem Förderwagen direkt auf die Ladefläche des Lastkraftwagens.<ref name="Quelle 8" /> Im Jahr 1945 war das Bergwerk vom April bis Mitte Juli stillgelegt. Im Jahr 1946 wurde begonnen, einen [[tonnlägig]]en Schacht bis ins Flöz Finnefrau abzuteufen. Der [[Schachtansatzpunkt]] befand sich im Muttental unterhalb der Rauentalstraße. Im Jahr 1948 wurde bei einer Teufe von 120 Metern die Fördersohle angesetzt. Im selben Jahr wurde am 9. November ein weiteres Grubenfeld verliehen.<ref name= "Quelle 1" /> Im Jahr 1950 ereignete sich auf der Zeche Jupiter ein [[Grubenunglück]], am 21. Juni war es zu einem [[Schachtverbruch|Schachteinsturz]] gekommen, dabei verloren drei [[Bergmann|Bergleute]] ihr Leben.<ref name= "Quelle 3" /> Am 31. Oktober des Jahres 1950 wurde die Zeche Jupiter erneut stillgelegt und am 27. November desselben Jahres umbenannt in ''Zeche Muttental''.<ref name= "Quelle 1" /><br />
<br />
=== Förderung und Belegschaft ===<br />
Auf dem Bergwerk wurden nur [[Esskohle]] abgebaut.<ref name= "Quelle 2" /> Die ersten bekannten Förderzahlen des Bergwerks stammen aus dem Jahr 1846, damals wurden 6644 [[Scheffel (Maßeinheit)|Scheffel]] [[Steinkohle]] gefördert. Die ersten bekannten Belegschaftszahlen stammen aus dem Jahr 1847, damals wurden mit 6 bis 16 Bergleuten 29.975 Scheffel Steinkohle gefördert. Im Jahr 1867 wurden 13.824 Scheffel Steinkohle gefördert. Im Jahr 1874 wurden mit vier Bergleuten 793 Tonnen Steinkohle gefördert. Im Jahr 1881 wurden von fünf Bergleuten 1080 Tonnen Steinkohle gefördert. Im Jahr 1883 förderten fünf Bergleute 1290 Tonnen Steinkohle. Im Jahr 1885 Förderrückgang auf 895 Tonnen Steinkohle, diese Förderung wurde von vier Bergleuten erbracht. Im Jahr 1887 wurden von drei Bergleuten 735 Tonnen Steinkohle gefördert. Im Jahr 1935 wurde von 33 Bergleuten 11.300 Tonnen Steinkohle gefördert. Die maximale Förderung der Zeche wurde 1936 mit 50 Bergleuten erbracht, es wurden 17.764 Tonnen Steinkohle gefördert. Im Jahr 1940 Rückgang der Förderung auf 3240 Tonnen, diese Förderung wurde von sechs Bergleuten erbracht. Im Jahr 1945 wurden von 23 Bergleuten 3150 Tonnen Steinkohle gefördert.<ref name= "Quelle 1" /> Die letzten Förder- und Belegschaftszahlen des Bergwerks stammen aus dem Jahr 1949, in dem mit 80 Bergleuten 12.000 Tonnen Steinkohle gefördert wurden.<ref name= "Quelle 3" /><br />
<br />
== Bilder der Verladeanlage ==<br />
<gallery><br />
File:Witten - Muttental - Bergbauwanderweg Station 10 02 ies.jpg|Gesamtansicht der Anlage<br />
File:Witten - Muttental - Bergbauwanderweg Station 10 01 ies.jpg|Beschreibung der Anlage<br />
</gallery><br />
<br />
== Weitere bergbauliche Nutzung ==<br />
<br />
=== Muttental ===<br />
Die '''Zeche Muttental''' in Witten-Bommern war eine [[Kleinzeche]], Besitzer der Kleinzeche war die ''Dahmen & Wagener G.m.b.H.'' Die Kleinzeche, die zunächst als Schürfstelle eingerichtet war, entstand am 1. November des Jahres 1950 durch Übernahme der Berechtsame der Kleinzeche Jupiter. Diese Kleinzeche war am 31. Oktober desselben Jahres stillgelegt worden. Am 27. November 1950 erfolgte die Wiederinbetriebnahme. Zur [[Schachtförderung|Förderung]] war der Schacht Juno in Betrieb. Noch im Jahr der Wiederinbetriebnahme wurde mit 17 Bergleuten eine Förderung von 13.007 Tonnen Steinkohle erbracht. Dies war auch die maximale Förderung des Bergwerks. Am 1. Februar des Jahres 1952 wurde die Zeche durch die ''Renate Bergbaugesellschaft mbH'' erworben. In diesem Jahr wurden mit 58 Bergleuten 5636 Tonnen Steinkohle gefördert. Am 31. Dezember erfolgte die Stilllegung der Zeche Muttental. Am 1. Januar des Jahres 1954 wurde die Zeche Muttental umbenannt in Zeche Jupiter II.<ref name= "Quelle 1" /><br />
<br />
=== Jupiter II ===<br />
Die '''Zeche Jupiter II''' in Witten-Bommern war eine Kleinzeche im Muttental. Die Zeche war auch unter dem Namen ''Zeche Bommerholz'' bekannt. Besitzer der Kleinzeche war die Gewerkschaft Jupiter. Die Zeche ist durch Umbenennung der stillgelegten Zeche Muttental entstanden. Am 1. Januar des Jahres 1954 wurde die Zeche wieder in Betrieb genommen. Zur Förderung war ein tonnlägiger Schacht vorhanden, dieser hatte eine Teufe von etwa 60 Metern und reichte bis ins Flöz Finefrau. Der Schacht war mit einem neuen [[Fördergerüst|Holzgerüst]] ausgestattet. Zeitweise erfolgte die Förderung auch im Schacht der [[Zeche Renate]]. Noch im selben Jahr wurden mit 68 Bergleuten 11.151 Tonnen Steinkohle gefördert. Am 11. Juli des Jahres 1955 ereignete sich auf der Zeche ein [[Grubenunglück]], danach wurde die Zeche Jupiter II stillgelegt.<ref name= "Quelle 1" /><br />
<br />
== Heutige Nutzung ==<br />
Heute ist noch das [[Mundloch|Stollenmundloch]] der Zeche Jupiter vorhanden. Das Stollenmundloch liegt an der Muttentalstraße im Muttental. Es wurde im Jahr 1979 restauriert und ist heute die Station 10 des [[Bergbauwanderweg Muttental|Bergbauwanderwegs Muttental]].<ref name="Quelle 6" /> Außerdem ist noch die Kohlenverladestation der Zeche Jupiter erhalten.<ref name="Quelle 7" /><br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
<references><br />
<ref name="Quelle 1">[[Joachim Huske]]: ''Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier. Daten und Fakten von den Anfängen bis 2005.'' (= ''Veröffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum'' 144) 3. überarbeitete und erweiterte Auflage. Selbstverlag des Deutschen Bergbau-Museums, Bochum 2006, ISBN 3-937203-24-9.</ref><br />
<ref name= "Quelle 2">[[Ludwig Jacobi|Ludwig Herrmann Wilhelm Jacobi]]: ''Das Berg-, Hütten- und Gewerbewesen des Regierungs-Bezirks Arnsberg in statistischer Darstellung.'' Verlag von Julius Bädeker, Iserlohn 1857.</ref><br />
<ref name= "Quelle 3">Wilhelm Hermann, Gertrude Hermann: ''Die alten Zechen an der Ruhr.'' 4. Auflage, unveränderter Nachdruck der 3. Auflage. Verlag Karl Robert Langewiesche, Nachfolger Hans Köster KG, Königstein i. Taunus 1994, ISBN 3-7845-6992-7.</ref><br />
<ref name="Quelle 4">Gerhard Koetter (Hrsg.): ''Bergbau im Muttental.'' 1. Auflage, Druckstatt Wöhrle, Witten 2001, ISBN 3-00-008659-5.</ref><br />
<ref name="Quelle 5">Gerhard Koetter (Hrsg.): ''Von Flözen, Stollen und Schächten im Muttental.'' 1. Auflage, Klartext Verlag, Essen 2007, ISBN 978-3-89861-612-6.</ref><br />
<ref name="Quelle 6">[http://www.ruhrkohlenrevier.de/ob9076.html Der frühe Bergbau an der Ruhr: Stollenmundloch Jupiter] (abgerufen am 16. Juli 2012)</ref><br />
<ref name="Quelle 7">[http://www.ruhrkohlenrevier.de/ob1237.html Der frühe Bergbau an der Ruhr: Zeche Jupiter] (abgerufen am 16. Juli 2012)</ref><br />
<ref name="Quelle 8">''Stollen der Gewerkschaft Jupiter''. In: Verkehrsverein Witten. (Hrsg.): Bergbaurundweg Muttental, 7. Auflage, Witten 1988</ref><br />
<br />
</references><br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat}}<br />
* [http://www.ruhrkohlenrevier.de/kh1103.html Der frühe Bergbau an der Ruhr: Historische Karte um 1840] (abgerufen am 16. Juli 2012)<br />
* [http://www.ruhrkohlenrevier.de/kg1103.html Der frühe Bergbau an der Ruhr: Karte der Situation um 2000] (abgerufen am 16. Juli 2012)<br />
* [http://www.7grad.org/Exkursionen/NRW/Muttental/Verladeanlage/verladeanlage.html Verladestation der Zeche Jupiter] (abgerufen am 16. Juli 2012)<br />
<br />
== Anmerkungen ==<br />
<references group="ANM"><br />
<br />
<ref group="ANM" name="Anm. Hartmann.">Der Begriff ''Kohlenbank'' ist die Bezeichnung für den kohleführenden Teil eines [[Flöz|Kohlenflözes]]. (Quelle: Carl Friedrich Alexander Hartmann: ''Vademecum für den praktischen Bergmann.'')</ref><br />
<br />
</references><br />
<br />
<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Jupiter}}<br />
[[Kategorie:Stillgelegtes Bergwerk im Ennepe-Ruhr-Kreis]]<br />
[[Kategorie:Kohlenzeche in Witten]]</div>2001:67C:670:100:9E5C:8EFF:FECE:CCEFhttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Geschichte_des_Ruhrgebiets&diff=191789465Geschichte des Ruhrgebiets2019-08-29T13:36:19Z<p>2001:67C:670:100:9E5C:8EFF:FECE:CCEF: Ruhrgebiet ist nirgendwo sonst verlinkt.</p>
<hr />
<div>[[Datei:Ruhr area-map.png|miniatur|Übersichtskarte Ruhrgebiet]]<br />
Die '''Geschichte des [[Ruhrgebiet]]s''' beschreibt die Entwicklung einer Region, die bereits im [[Mittelalter]] als wichtiger Verkehrsknoten galt, und im Zeitalter der [[Industrialisierung]] durch ihre [[Kohle]]vorkommen große Bedeutung erhielt.<br />
<br />
Im Mittelalter bildeten sich in der Region [[Grafschaft]]en heraus, wovon die wichtigsten die der [[Grafen von Berg]], der [[Grafen von der Mark]] und der [[Herzogtum Kleve|Grafen von Kleve]] waren. Mit dem [[Westfälischer Hellweg|Hellweg]] bestand eine durchgehende wirtschaftliche Verkehrsachse in der Region. Im Verlauf der Straße entwickelten sich wichtige Städte der Region. Seit Ende des 14. Jahrhunderts waren die Grafen von der Mark in Personalunion Grafen, später Herzöge von Kleve. Ab 1521 waren alle gräflichen Territorien im Gebiet der [[Vereinigte Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg|Vereinigten Herzogtümer]] unter einer gemeinsamen Herrschaft zusammengeführt.<br />
<br />
Bereits 1609 fielen Kleve und Mark an das [[Mark Brandenburg|Kurfürstentum Brandenburg]], womit der Beginn einer Entwicklung zur [[Königreich Preußen|preußischen]] Herrschaft in der Region eingeleitet war. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts übernahm Preußen auch die Herrschaft über einige kleinere Territorien der Ruhrregion, wie die geistlichen Territorien von Werden und Essen. Schlussendlich wurde auch das Gebiet der [[Grafschaft Dortmund]] unter preußische Herrschaft gebracht. Damit war die Vielzahl der aus dem Mittelalter überkommenen Territorien endgültig an einen Herrscher gefallen, die Entwicklung der Industrieregion in einem einheitlichen Rechtssystem war möglich geworden. Lediglich die preußischen Provinzgrenzen verliefen innerhalb des Ruhrgebiets. Als Regierungsbezirksgrenzen sind sie bis in die Gegenwart erhalten. 1946 wurde das Land [[Nordrhein-Westfalen]] um das Ruhrgebiet gebildet.<br />
<br />
Das Ruhrgebiet galt als entscheidend für die Kontrolle der deutschen Wirtschaft der Wiederaufbauzeit und sollte vor französischem oder sowjetischem Zugriff geschützt werden. Die geplante Schaffung eines Regionalpräsidiums für das Ruhrgebiet wird die wirtschaftlich einheitliche Entwicklung der Region in einem reformierten Verwaltungssystem des Landes berücksichtigen.<br />
<br />
== Vor- und Frühgeschichte ==<br />
=== Devon ===<br />
Vor 465 Millionen Jahren lag das Ruhrgebiet auf dem Kleinkontinent [[Avalonia]], zu dem die Kerne von Norddeutschland, Belgien, Zentralengland, Zentralirland Neufundland und [[Nova Scotia]] gehörten. Im Unter-Devon kollidierte der Kleinkontinent mit [[Laurussia]].<br />
<br />
=== Karbon ===<br />
[[Datei:Sigillaria.JPG|miniatur|Entrindete Sigillarien, gefunden auf der [[Zeche Nordstern|Schachtanlage Nordstern]], Flöz Zollverein 2/3 in 1000 m Tiefe.]]<br />
Im [[Karbon]], einem erdgeschichtlichen Abschnitt des [[Paläozoikum]], der vor 360 Millionen Jahren begann und vor 300 Millionen Jahren endete, bildeten sich Schichten mit [[Tonschiefer]], [[Kohle]] und [[Sandstein]]. Vor 400 bis 300 Millionen Jahren entstanden in der [[Variszische Orogenese|Variszischen Orogenese]] neue Gebirge.<br />
<br />
Im [[Silesium|Westfalium]] wurden jene Schichten abgelagert, die im Laufe der Jahrmillionen zu [[Kohleflöz]]en wurden. In dieser Periode der Erdgeschichte wechselten Sumpflandschaft und Überflutungen des Meeres einander ab, so dass die Ablagerungen aus pflanzlichen Materialien und [[Sediment]]en des Meeres heute als eine Folge von Kohleschichten und dazwischen liegendem Gestein überliefert sind.<br />
<br />
Die beherrschenden Vertreter der Flora in den Kohlesümpfen waren die Gattungen ''[[Lepidodendrales]]'' und ''[[Siegelbäume|Sigillaria]]'', baumartige Pflanzen, die zur Pflanzenabteilung der [[Bärlapppflanzen]] (Lycopodiophyta) gezählt werden. Die Vertreter beider Gattungen erreichten Größen von bis zu 40 Metern bei einem Stammdurchmesser von über einem Meter.<br />
<br />
=== Kreidezeit ===<br />
[[Datei:Riesenammonit.jpg|miniatur|Riesenammonit aus dem [[Campanium]], gefunden im Bereich des [[Kamener Kreuz]]es]]<br />
In der [[Kreide (Geologie)|Kreidezeit]] vor 135 Millionen Jahren bis vor etwa 65 Millionen bedeckte ein tropischer Ozean das Land. In seinem Wasser lebten [[Ammoniten]]. Am Grunde des Meeres bildete sich eine mächtige [[Mergel]]schicht. Die Sedimente lagerten sich über den Schichten des Karbons ab und konservierten auch die Schalen von Riesenammoniten.<br />
<br />
=== Eiszeitalter ===<br />
Das [[Eiszeitalter]] brachte einen Wechsel von Warm- und Kaltzeiten. Während der Drenthestadien der [[Saaleeiszeit]] reichte die Vergletscherung Norddeutschlands bis an die vor dem Nordrand des Mittelgebirges liegende [[Ruhr]] heran. Die Morphologie des mittleren und unteren Ruhrtals wurde vom abfließenden Schmelzwasser und von der Kraft des Eises geformt. Die Schmelzwasser strömten durch das Ruhrtal nach Westen. Dort, wo heute [[Essen]] liegt, war der Abfluss zeitweilig von einer Barriere aus Eismassen und Geröll behindert, so dass ein gewaltiger eiszeitlicher See aufgestaut wurde, der das Tal bei [[Schwerte]] füllte.<br />
<br />
=== Erste Menschenansiedlungen ===<br />
'''80.000 v. Chr.''' – Die Region des heutigen Ruhrgebiets wurde bereits im [[Mittelpaläolithikum]] zur Zeit des [[Neandertaler]]s vor rund 80.000 Jahren besiedelt. Beim Bau des [[Rhein-Herne-Kanal]]s wurden 1911 in [[Herne]] Steinwerkzeuge und Lagerspuren mit Knochen von [[Wollnashorn]], [[Wisent]]en und [[Mammuts|Mammut]] gefunden. Auch an anderen Stellen lagerten Menschen im [[Emscherland|Emschertal]]. Weitere Funde aus den 1960ern belegen dies für das [[Boye (Fluss)|Boyetal]] (gespr. Beu) zwischen [[Bottrop]] und [[Gladbeck]].<br />
<br />
'''8700 v. Chr.''' – Die im November 1978 gemachten Funde steinzeitlicher [[Feuerstein]]geräte vom Duisburger [[Kaiserberg (Duisburg)|Kaiserberg]] gehören in die Spätphase der letzten Eiszeit und können auf etwa 9000 bis 8000 Jahre v. Chr. datiert werden. Aus dem frühen [[Mittelsteinzeit|Mesolithikum]] stammen die ältesten Überreste anatomisch moderner Menschen im Raum des heutigen Ballungsgebietes. Sie wurden im Frühjahr 2004 in der [[Blätterhöhle]] bei [[Hohenlimburg|Hagen-Hohenlimburg]] entdeckt.<br />
<br />
'''Mittel- und Jungsteinzeit 6000–4500 v. Chr.''' – Aus der La-Hoguette-Gruppe sind Funde von Keramik bekannt, die die Lippe als nördliche Verbreitungslinie erkennen lassen. Aus der [[Bandkeramik]] und der [[Rössener Kultur]] sind mehrere Siedlungen im Umkreis von [[Bochum]], [[Hagen]] und [[Dortmund]] bekannt. Im Frühjahr 2004 wurden in der [[Blätterhöhle]] bei Hagen-Hohenlimburg die Skelette von mehreren Menschen der [[Michelsberger Kultur]] entdeckt. Darunter befand sich auch das Skelett einer 17 bis 22 Jahre alten Frau. Diese Funde sind die einzigen geschlossenen Hinweise auf Bestattungen aus diesem Zeitabschnitt im Ballungsraum an Rhein und Ruhr.<br />
<br />
== Altertum ==<br />
Die Geschichte des Ruhrgebiets in der Epoche des Altertums lässt sich grob in zwei Phasen einteilen:<br />
<br />
=== Landnahme der Germanen ===<br />
Funde auf einem Gräberfeld in [[Oespel]] in der Nähe des [[Oespeler Bach]]es lassen bereits auf eine Besiedlung in der [[Frühe Bronzezeit|frühen Bronzezeit]] schließen. In Zylindergruben am Rande des Gräberfeldes wurden große Mengen an verkohltem Getreide und Eicheln gefunden, die per [[Radiokarbonmethode]] auf das 17. bis 18. Jahrhundert v.&nbsp;Chr. datiert wurden<ref>Stadt Dortmund (Hrsg.): ''Bausteine und Fundstücke.'' (''Dortmunder Denkmalhefte,'' Band 01). Dortmund 2011, {{ISSN|2192-9408}}.</ref> Mit den im Verhältnis zur Gräberzahl wenigen Kreisgräben setzt sich das [[Gräberfeld von Gladbeck]] von den bekannten jungbronzezeitlichen (1700 bis 1200 v.&nbsp;Chr.) Gräberfeldern im nördlichen und nordöstlichen Westfalen ab, auf denen es üblich war die Mehrzahl der Bestattungen einzuhegen.<br />
<br />
Ab etwa 1100 v. Chr. wanderten Bevölkerungsgruppen, die der [[Urnenfelderkultur]] angehörten, ins Ruhrgebiet ein, das zu einem Randgebiet des Kulturkreises wurde. Mit dieser Einwanderung war ein erhebliches Ansteigen der Bevölkerung verbunden, was durch zahlreiche Gräberfunde belegt ist. Im Duisburger Raum wurden Friedhöfe der Urnenfelderleute in [[Wedau (Duisburg)|Wedau]], [[Beeck (Duisburg)|Beeck]], [[Meiderich|Obermeiderich]], [[Hamborn]], [[Marxloh]], [[Bruckhausen]], [[Wittfeld (Duisburg)|Wittfeld]] und [[Neumühl (Duisburg)|Neumühl]] gefunden.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Band I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;16.</ref><br />
<br />
Die aus Süden eingewanderte proto-keltische Bevölkerung geriet ab etwa 800 v. Chr. zunehmend unter den Druck von Nordwesten ins Ruhrgebiet einwandernder Bevölkerungen, die auf Grund der [[Töpferware]] als Proto-Germanen identifiziert werden können. Zwischen 600 und 400 v.&nbsp;Chr. dürfte der Prozess der Landnahme der Germanen im Ruhrgebiet abgeschlossen gewesen sein.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Band I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;17.</ref><br />
<br />
Die germanischen Gruppen setzten auf die [[linksrheinisch|linke Rheinseite]] über und verdrängten die keltische Bevölkerung auch aus dem Bereich der heutigen [[Niederlande]] und Teilen des heutigen [[Belgien]]. Dieser Prozess liegt weitgehend historisch im Dunkel, schriftliche Quellen gibt es nicht, lediglich archäologische Zeugnisse geben Kunde davon.<br />
<br />
=== Auseinandersetzung der Germanen mit den Römern ===<br />
==== Bis 13 v. Chr. ====<br />
Während der Eroberung Galliens durch [[Gaius Iulius Caesar]] erhalten wir erstmals nähere Informationen über die im Ruhrgebiet siedelnden Germanen. Östlich des Rheins, südlich der [[Lippe (Fluss)|Lippe]] bis ins Bergische Land hinein siedelten die [[Sugambrer]], nördlich der Lippe am Rhein die [[Usipeter]], östlich davon die [[Brukterer]], östlich von Dortmund waren die Dörfer der [[Marser (Germanien)|Marser]] und südlich im Raum Köln lebten die [[Ubier]] und [[Tenkterer]].<ref>Vergleiche Karte ''Germanien und Rätien zur Römerzeit''. In: Hans-Georg Stier u. a. (Hrsg.): ''Westermann. Großer Atlas zur Weltgeschichte''. Georg Westermann Verlag, Braunschweig 1981, S.&nbsp;37.</ref><br />
<br />
Erstmals kamen die im Ruhrgebiet siedelnden Germanen mit den Römern im Jahre 55 v. Chr. in Kontakt, als die Tenkterer und Usipeter in Gallien eindrangen, dort von [[Caesar]] besiegt wurden und nach der Niederlage zu den Sugambrern flohen und dort um Asyl baten. Die Sugambrer widersetzten sich Caesars Forderung, die Asylanten auszuliefern.<ref>Heinz Cüppers: ''Sugambri''. In: ''Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike.'' Band 5: ''Schaf–Zythos. Nachträge''. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1979, Spalte 415.</ref><br />
<br />
Etwa ab dem Jahr 50 v. Chr. war das linksrheinische Gebiet unter römischer Kontrolle und gehörte zur römischen Provinz „Gallia comata“. Im Jahr 16. v.&nbsp;Chr. drangen die Stämme der Sugambrer, Usipeter und Tenkterer in die römische Provinz ein. Das Heer des römischen Provinzstatthalters [[Marcus Lollius|Marcus Lollius Paulinus]] wurde von den Germanen vernichtend geschlagen, denen es gelang, den Legionsadler der 5.&nbsp;Legion zu erbeuten. Die Niederlage ging als „[[Clades Lolliana]]“ in die römische Geschichte ein.<ref>Reinhard Wolters: ''Römische Eroberung und Herrschaftsorganisation in Gallien und Germanien''. Brockmeyer, Bochum 1990, S.&nbsp;140&nbsp;f., 149–157.</ref> Unter dem Eindruck der Niederlage begab sich [[Augustus]] nach Gallien und blieb dort bis 13 v.&nbsp;Chr. Die Niederlage des Lollius wird in der Literatur häufig als Auslöser für den ab 12 v.&nbsp;Chr. beginnenden Versuch der Römer gesehen, Germanien zu erobern.<br />
<br />
==== Römischer Versuch der Eroberung Germaniens 12 v. Chr. bis 16 n. Chr. ====<br />
[[Datei:Druso in Germania per Wikipedia.JPG|miniatur|Die Feldzüge des Drusus in Germanien]]<br />
Zwischen 12. v. Chr. und 16 n. Chr. versuchten die Römer durch zahlreiche Feldzüge in das Innere Germaniens, die freien germanischen Stämme zu unterwerfen und die Reichsgrenze vom Rhein an die [[Elbe]] zu verschieben.<br />
<br />
Gleichzeitig wurde durch die Errichtung von römischen Militärlagern die Rheingrenze gesichert. Das wichtigste römische Heerlager [[Vetera]] bei Xanten wurde 13 bzw. 12 v.&nbsp;Chr. errichtet. In das Jahr 12 v.&nbsp;Chr. fielen auch der Bau des römischen [[Römische Militärlager|Kastells]] [[Asciburgium]]<ref>Tilmann Bechert: ''Asciburgium – Ausgrabungen in einem römischen Kastell am Niederrhein''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1974 (Duisburger Forschungen, Bd.&nbsp;20).</ref> an der Grenze des heutigen [[Moers]] an [[Duisburg]] sowie des Kastells Werthhausen im heutigen [[Duisburg-Rheinhausen]]. Ab dieser Zeit begannen die Römer, den [[Niedergermanischer Limes|Niedergermanischen Limes]] auszubauen.<br />
<br />
Der 12 v. Chr. erste der bis 8 v. Chr. durchgeführten Feldzüge römischer Heere unter [[Drusus]] richtete sich – wohl unter dem Eindruck der römischen Niederlage im Jahre 16 v.&nbsp;Chr. – gegen die [[Usipeter]] und [[Sugambrer]].<br />
<br />
Während des zweiten Feldzugs, im Jahre 11 v. Chr., drangen die römischen Truppen unter Drusus entlang der Lippe ostwärts vor und erreichten die [[Weser]]. Zur Kontrolle der im Ruhrgebiet siedelnden Sugambrer ließ Drusus ein [[Heerlager]] bei [[Römerlager Oberaden|Oberaden]] einrichten.<br />
[[Datei:Germanicus.jpg|miniatur|Germanicus (Marmorbüste)]]<br />
Ein großer Teil der Sugrambrer wurde im Jahre 8 v. Chr. an den linken Niederrhein umgesiedelt, um den Stamm unter die Kontrolle des römischen Legionslagers Vetera zu bringen. Das Heerlager in Oberaden wurde daraufhin aufgegeben. Die rechtsrheinisch verbliebenen Sugambrer gingen in den Nachbarstämmen auf, die auf die linke Rheinseite umgesiedelten Sugambrer wurden später als [[Cugerner]] bezeichnet.<br />
<br />
Um die Zeitenwende wurden römische Militärstützpunkte entlang der Lippe eingerichtet. Bekannt sind das [[Römerlager Holsterhausen]] das [[Römerlager Haltern]], beide im [[Kreis Recklinghausen]] und das östlichste bisher entdeckte Lager in [[Römerlager Anreppen|Anreppen]] im [[Kreis Paderborn]]. Das am besten erforschte Kastell ist Haltern am See, wo sich heute ein [[Westfälisches Römermuseum Haltern|Römermuseum]] befindet.<br />
<br />
Auch nach der [[Varusschlacht]] im Herbst 9 n. Chr. drangen die Römer in mehreren Feldzügen in das rechtsrheinische Germanien ein. Der das Ruhrgebiet tangierende Feldzug fand im Frühjahr 14 statt, als ein Heer unter [[Germanicus]] lippeaufwärts bis östlich Lünen zog und über den [[Westfälischer Hellweg|Hellweg]] zum Rhein zurück marschierte. Ab 17 fanden hier keine bedeutenderen Feldzüge mehr statt und die Römer zogen sich auf das linke Rheinufer zurück.<ref>Zur Lage der erwähnten Römerlager und zur Marschrichtung der römischen Heere vergleiche: K. Stade: ''Deutschland in römischer Zeit''. In: Walter Leisering (Hrsg.): ''Putzger. Historischer Weltatlas''. 102. Auflage. Cornelsen Verlag, Berlin 1993, S.&nbsp;30&nbsp;f.</ref><br />
<br />
==== Romanisierung und Grenzsicherung ====<br />
[[Datei:GermanenAD50.png|miniatur|Germanenstämme in Mitteleuropa im 1. Jahrhundert n. Chr.]]<br />
[[Datei:Harbor temple (1) (archaeological park Xanten, Germany, 2005-04-23).jpg|miniatur|Der römische Hafentempel der Colonia Ulpia Traiana ([[LVR-Archäologischer Park Xanten]])]]<br />
[[Datei:Limes1.png|miniatur|Der niedergermanische Limes]]<br />
<br />
Im ersten Jahrhundert n. Chr. begann nach der Aufgabe der Expansionsbestrebungen mit dem Aufbau des [[Niedergermanischer Limes|niedergermanischen Limes]] die Phase der Grenzsicherung. Der Prozess der [[Romanisierung]], der unter [[Augustus]] begonnen hatte, gewann in den ersten beiden Jahrhunderten eine zunehmende Dynamik, da zahlreiche ehemalige Soldaten, die aus allen Teilen des Römischen Reiches stammten, sich im Grenzgürtel am Rhein niederließen und so das Bevölkerungsbild [[Germania inferior|Niedergermaniens]] mitprägten. Hinzu kamen die Soldaten der germanischen Hilfstruppen, die sich nach 25 Dienstjahren mit ihrem Entlassungsgeld als Kaufleute selbstständig machten oder Landwirtschaft betrieben. Aber auch das Wirtschaftsleben der einheimischen germanischen Bevölkerung auf, da die am Rhein stationierten Truppen versorgt und ausgestattet werden mussten.<ref>Zum Prozess der Romanisierung siehe: Harald von Petrikovits: ''Rheinische Geschichte in drei Bänden.'' Band I.1: ''Altertum''. Schwann Verlag, Düsseldorf 1978, S.&nbsp;67–70.</ref><br />
<br />
Vor dem Hintergrund des im Römischen Reich ausgefochtenen Bürgerkrieges und des Abzugs römischer Truppen von der Rheingrenze sollten die [[Bataver]] weitere Truppenkontingente stellen, was im Sommer 69 n.&nbsp;Chr. zum [[Bataveraufstand]] unter [[Iulius Civilis]] führte. [[Asciburgium]] und [[Vetera]] wurden zerstört. Bei Vetera kam es im Jahre 70 zu einer Schlacht, in der die römischen Truppen siegten. Die Legionslager wurden neu errichtet.<br />
<br />
Im Jahre 85 wurde die [[Garnison]] von Asciburgium nach [[Duisburg]]-[[Werthausen]] verlegt, wo das [[Kleinkastell Werthausen]] zur Sicherung von Rheinübergang und [[Ruhr]]mündung errichtet wurde.<br />
<br />
Um 90 kam es zu einer Neugliederung der römischen Verwaltung, indem der ober- und untergermanische Militärbezirk aus der Provinz Belgium ausgegliedert wurden und die Provinzen Ober- und Untergermanien gebildet wurden. Das linksrheinische Gebiet nördlich von [[Andernach]] gehörte fortan zu der Provinz [[Germania inferior]].<br />
<br />
Im Zusammenhang der von den Römern geförderten Urbanisierung ihrer niedergermanischen Provinz erhielt 110 die [[Colonia Ulpia Traiana]], nahe dem heutigen Xanten, das römische [[Colonia (Rom)|Stadtrecht]].<br />
<br />
==== Krise und Zusammenbruch der römischen Herrschaft am Rhein ====<br />
Anfang des 3. Jahrhunderts schlossen sich mehrere rechtsrheinische Germanenstämme zum Stammesverband der [[Franken (Stamm)|Franken]] zusammen, die in zwei Gruppen unterteilt werden: die Oberfranken und die Niederfranken, die ihre Wohnsitze am rechten Niederrhein hatten und in die die Stämme der Sugambrer, [[Salfranken|salische Franken]], [[Chamaver]] und [[Chattuarier]] aufgingen. Der Stammesname war bei den Römern ab der Mitte des 3.&nbsp;Jahrhunderts geläufig.<ref>Ihm: ''Franci''. In: ''Paulys [[Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft]].'' Band VII.1, 13. Halbband: ''Fornax bis Glykon''. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1910, Sp.&nbsp;82f; andere und detailliertere Einteilung des Stammesverbandes der Franken vgl. Sp.&nbsp;83.</ref><br />
<br />
Nachdem es seit Anfang des 3. Jahrhunderts immer wieder Beutezüge kleinerer germanischer Gruppen in römisches Gebiet gegeben hatte, durchbrach eine größere Gruppe fränkischer Krieger im Winter 256/257 den niedergermanischen Limes und drang tief in die römische Provinz Gallien ein. Da die römischen Truppen am Limes konzentriert waren, stießen die Franken im Inneren der römischen Provinz kaum auf Widerstand. Ein Teil dieser fränkischen Kriegerschar drang sogar nach Spanien vor und eroberte Tarraco, das heutige [[Tarragona]], an der spanischen Ostküste.<ref>Harald von Petrikovits: ''Rheinische Geschichte in drei Bänden.'' Band I.1: ''Altertum''. Schwann Verlag, Düsseldorf 1978, S. 171.</ref> In den Folgejahren kam es immer wieder zu Beutezügen fränkischer Kriegsscharen in römisches Gebiet.<br />
<br />
Die Colonia Ulpia Traiana wurde 275 durch einen [[Franken (Volk)|fränkischen]] Angriff stark zerstört. An ihrer Stelle entstand Anfang des 4.&nbsp;Jahrhunderts die gewaltige Festung [[Tricensimae]].<br />
<br />
Der bislang schwerste Überfall germanischer Gruppen in römisches Gebiet erfolgte im Frühjahr 276, als nicht nur die [[Alamannen]] in Süddeutschland in die römische Provinz eindrangen, sondern gleichzeitig fränkische Kriegsscharen den niedergermanischen Limes durchbrachen. Erstmals waren auch elbgermanische Stämme wie die [[Vandalen]], [[Lugier]] und [[Burgunden]] am Einfall beteiligt. Etwa ein Jahr plünderten die Germanen die römische Provinz Gallien, bevor der römische Kaiser [[Probus (Kaiser)|Probus]] in der Lage war, sie effektiv zu bekämpfen. Die Kämpfe gegen die germanischen Plünderer in Gallien dauerten bis 281.<ref>Harald von Petrikovits: ''Rheinische Geschichte in drei Bänden.'' Band I.1: ''Altertum''. Schwann Verlag, Düsseldorf 1978, S.&nbsp;177.</ref><br />
<br />
Nachdem der römische Kaiser [[Maximian]] 291 nach schweren Kämpfen einen Sieg gegen die Niederfranken erringen konnte, siedelte er Teile des Stammes auf linksrheinischem, also römischem Gebiet an.<ref>Ihm: ''Franci''. In: ''Paulys [[Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft]].'' Bd.&nbsp;VII.1, 13. Halbband: ''Fornax bis Glykon''. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1910, Sp.&nbsp;82.</ref><br />
<br />
Für das 4. Jahrhundert sind immer wieder Kriege römischer Kaiser gegen die Niederfranken überliefert, so der Feldzug des Kaisers [[Constans]] in den Jahren 341 und 342. Im Jahre 355 eroberten die Franken die römische Festung [[Tricensimae]] in der Nähe des heutigen Xanten und zerstören die linksrheinischen Städte und Siedlungen. 356 gelang es [[Iulian]], das von Franken eroberte Köln zurückzugewinnen. Im folgenden Jahr kam es zu Kämpfen in der Gegend von Jülich, 358 errang er einen Sieg über die salischen Franken, ließ die Festung Tricensimae wieder errichten und führte 360 einen Feldzug gegen die rechtsrheinischen Franken.<ref>Ihm: ''Franci''. In: ''Paulys [[Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft]].'' Bd.&nbsp;VII.1, 13. Halbband: ''Fornax bis Glykon''. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1910, Sp.&nbsp;82f; andere und detailliertere Einteilung des Stammesverbandes der Franken vgl. Sp.&nbsp;85&nbsp;f.</ref> Im Winter 391 auf 392 überschritt ein römisches Heer den Rhein, um die [[Brukterer]] zu bekämpfen.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Bd. I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;22.</ref> Es gelang den Römern jedoch nicht, sich dauerhaft gegen die immer wiederkehrenden Raubzüge der Franken zu wehren, die auch im 5.&nbsp;Jahrhundert andauerten.<br />
<br />
Diese zahlreichen fränkischen Angriffe auf römisches Gebiet und der Abzug römischer Truppen im Jahre 405 führten zu Beginn des 5.&nbsp;Jahrhunderts zum Verlust der römischen Grenzprovinz Germania Inferior, die von Franken besiedelt wurde. Als zur Jahreswende 406 auf 407 die [[Vandalen]], [[Quaden]] und [[Alanen]] den Rhein überschritten und in Gallien einfielen, brach die römische Herrschaft am Rhein zusammen und die Römer mussten den Rhein als Grenze aufgeben.<ref>Peter La Baume: ''Die Römer am Rhein''. 2. Auflage. Wilhelm Stollfuss Verlag, Bonn o.&nbsp;J., S. 18.</ref> Im Verlauf der ersten Hälfte des 5.&nbsp;Jahrhunderts breiteten sich die Franken nach Westen aus, wenngleich für das Jahr 428 noch einmal ein Sieg des [[Flavius Aëtius|Aetius]] über die Franken<ref>Ihm: ''Franci''. In: ''Paulys [[Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft]].'' Bd.&nbsp;VII.1, 13. Halbband: ''Fornax bis Glykon''. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1910, Sp.&nbsp;85.</ref> überliefert ist, und beherrschten um 450 ein Gebiet, das etwa das heutige Belgien, das Moselgebiet und den Mittel- und Niederrhein umfasste.<ref>Heinz Cüppers: ''Franken''. In: ''Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike.'' Band 2: ''Dicta Catonis – Iuno''. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1979, S.&nbsp;608.</ref><br />
<br />
== Frühmittelalter ==<br />
Zu Beginn des 5. Jahrhunderts war das westliche Ruhrgebiet bereits relativ dicht besiedelt. In Duisburg sind bislang zehn fränkische Gräberfelder nachgewiesen.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Band I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;25.</ref> Auch in Dortmund wurde in einem Gräberfeld auf dem Asselner Feld ein Kriegergrab aus dem 6.&nbsp;Jahrhundert gefunden.<ref>Bernhard Sicherl: [http://www.lwl.org/LWL/Kultur/WMfA_Zentrale/P_Bodenaltertuemer/BAW-aktuell/popup_index2_html ''Das merowingerzeitliche Gräberfeld von Dortmund-Asseln.'']</ref><br />
<br />
Um 428 übernahm [[Chlodio]] die Herrschaft bei den [[Salfranken]]; er ist deren erster historisch fassbarer König. Nach der Überlieferung des [[Gregor von Tours]] soll er in einem Ort namens „Dispargum“ residiert haben, das in der älteren Literatur häufig mit Duisburg gleichgesetzt wurde.<ref>Das merowingische Dispargum, ein ehemals römisches Kastell, lag westlich der [[Maas]] auf heute belgischem Gebiet. Vergleiche hierzu: Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Band&nbsp;I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3.&nbsp;Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;27&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Der Beginn der Kämpfe zwischen Franken und Sachsen lässt sich auf das Jahr 556 datieren.<br />
<br />
Ende des 7. Jahrhunderts waren christliche [[Missionar]]e aus dem [[Frankenreich]] im Gebiet der fränkischen [[Brukterer]] aktiv. Mit dem Vordringen [[Sachsen (Volk)|sächsischer]] Siedler wurde die Bekehrung allerdings gestoppt. Ihre Widerspiegelung findet die gescheiterte Mission in der Heiligen[[legende]] des Schwarzen und [[Brüder Ewaldi|Weißen Ewalds]], deren Missionstätigkeit bei [[Aplerbeck]] 695 ein gewaltsames Ende gefunden haben soll.<br />
<br />
Der Königshofe in Duisburg wurde vermutlich 740 angelegt. 775 eroberte das Heer der [[Franken (Volk)|Franken]] unter der Führung [[Karl der Große|Karls des Großen]] die [[Hohensyburg|Sigiburg]], ein Jahr später auch die [[Eresburg]] bei [[Niedermarsberg]]. Es wurden Reichshöfe angelegt.<br />
<br />
In Essen-Werden begann 796 der aus Friesland stammende Missionar [[Liudger]] mit dem Bau einer Kirche auf einem Werth, d.&nbsp;h. überschwemmungsfreien Terrassenstück, an der Ruhr. Später wurde dieser Kirche ein Benediktinerkloster, das [[Kloster Werden]], angeschlossen,<ref>Kurzer Abriss der Klostergründung und der weiteren historischen Entwicklung mit umfangreichem Bildmaterial siehe Gerwing, Manfred : ''Das Kloster Werden und sein Abt Liudger''. In: Seibt, Ferdinand u. a. (Hrsg.) : ''Vergessene Zeiten. Mittelalter im Ruhrgebiet. Band 1''. Essen : Peter Pomp Verlag, 1990, S. 29–37</ref> in dessen Umfeld sich die Stadt Werden entwickelte.<ref>G. Bechthold: ''Zur Geschichte der Stadt Essen''. In: ''Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern.'' Bd. 15: ''Essen, Düsseldorf, Duisburg''. Unveränderter Nachdruck. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1975, S.&nbsp;134.</ref><br />
<br />
Die [[Normannen]] überwinterten 863 auf der [[Bislicher Insel]] bei Xanten und zerstörten die Kirche des Ortes. Einige Jahre später, 880 brandschatzten die Normannen [[Birten]].<br />
<br />
Die [[Essener Münster|Stiftskirche]] im [[Stift Essen|Essen]] wurde 870 im vom sächsischen Adligen [[Altfrid]] begründeten Damenstifts geweiht.<br />
<br />
[[Regino von Prüm]] berichtete aus dem Jahr 883, dass Normannen in Duisburg, dem ''oppidum diusburh'', überwinterten, nachdem sie es erobert hatten. Wahrscheinlich als Reaktion auf die wiederholten [[Wikinger]]einfälle wurde die [[Schloss Broich|Burg Broich]] in [[Mülheim an der Ruhr]] errichtet. Sie sicherte auch die Furt des [[Westfälischer Hellweg|Hellwegs]] durch die [[Ruhr]].<br />
<br />
== Hochmittelalter ==<br />
=== Königsaufenthalte im Ruhrgebiet ===<br />
Das Ostfränkische bzw. Deutsche Reich war im Mittelalter ein „Reich ohne Hauptstadt“, d.&nbsp;h. die Könige reisten mit Gefolge in ihrem Reich. Der [[Westfälischer Hellweg|Hellweg]] war eine wichtige Verbindungsstraße des ottonischen [[Reisekönigtum]]s. Entlang dieser Reise- und Handelsroute liegen Dortmund und andere alte Städte des Ruhrgebiets, wie Duisburg oder [[Essen]]. Auch der Königshof in Duisburg wurde zu einer Königspfalz ausgebaut.<ref>Eine Übersicht über die statistische, chronologische und geographische Streuung der Königsaufenthalte, der Herrschaftsausübung der Könige und der Ausstattung der Aufenthaltsorte siehe Kaiser, Reinhold : ''Das Ruhrgebiet im Itinerar der früh- und hochmittelalterlichen Könige''. In : Seibt, Ferdinand u. a. (Hrsg.) : ''Vergessene Zeiten. Mittelalter im Ruhrgebiet. Band 2''. Essen : Peter Pomp Verlag, 1990, S.&nbsp;12–19</ref><br />
<br />
König [[Heinrich I. (Ostfrankenreich)|Heinrich&nbsp;I.]] verbrachte im Jahr 928 das Osterfest in Dortmund. Bereits im folgenden Jahr fand die erste christliche Reichssynode in Duisburg<ref>[[Reimund Haas]]: ''Kriminalfälle auf der ersten christlichen Reichssynode in Duisburg vom Jahre 929.'' In: ''Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes.'' Band 60, 2011, S. 383–394.</ref> statt. Zwischen 922 und 1016 sind 18 Königsaufenthalte in Duisburg urkundlich belegt.<br />
<br />
Im Mai 938 hielt der deutsche König [[Otto I. (HRR)|Otto&nbsp;I.]] einen [[Hoftag]] in [[Essen-Steele|Steele]] ab.<ref><br />
Kaiser, Reinhold : ''Der Hoftag in Steele (938)''. In : Seibt, Ferdinand u. a. (Hrsg.) : ''Vergessene Zeiten. Mittelalter im Ruhrgebiet. Band 2''. Essen : Peter Pomp Verlag, 1990, S. 20–27; Wolf Schneider: ''Essen – Das Abenteuer einer Stadt.'' Düsseldorf / Wien: Econ Verlag, 1963, S. 33 f.</ref> Drei Jahre später 941 hielt sich Otto&nbsp;I. (der Große) erstmals in [[Dortmund]] auf. Einige Jahre später feierte er auch das Osterfest in der [[Königspfalz|Pfalz]]. Die häufige Nutzung als Festtagspfalz unterstreicht ihre Bedeutung.<br />
<br />
Der Beschluss zum Frankreichfeldzug wurde bei der [[Reichstag (Heiliges Römisches Reich)|Reichsversammlung]] [[Otto II. (HRR)|Ottos&nbsp;II.]] in Dortmund 978 gefasst.<br />
<br />
Am 7. Mai 992 empfing der junge [[Otto III. (HRR)|Otto&nbsp;III.]] in [[Duisburg]] Gesandte des [[Westfrankenreich|Westfränkischen]] Königs.<ref name="Reg. Imp.">Reg. Imp. II/3 Nr. 1059 und 1059a</ref><br />
<br />
Eine Reichsversammlung Ottos&nbsp;III. fand in Dortmund im Jahre 993 statt. Unter anderem wurde dabei ein Streit des Bischofs [[Dodo (Münster)|Dodo von Münster]] mit dem Kloster Mettelen zu Gunsten des Klosters entschieden.<ref name="Frensdorff">Ferdinand Frensdorff: ''Dortmunder Statuten und Urtheile.'' Verl. d. Buchhandl. d. Waisenhauses, Halle a.d.S. 1882, S.&nbsp;X.</ref><br />
<br />
[[Heinrich II. (HRR)|Heinrich&nbsp;II.]] erhielt in Duisburg 1002 seine Huldigung durch [[Lothringen|lothringische]] Bischöfe und den Erzbischof von [[Lüttich]]. Es folgte 1005 die [[Partikularkonzil|Synode]] König Heinrich&nbsp;II. in Dortmund.<br />
<br />
König Heinrich&nbsp;II. übergab um 1011 den [[Königspfalz|Königshof]] [[Duisburg]] seinem Verwandten, dem lothringischen [[Pfalzgraf]]en [[Ezzo]]. Die Ezzonen schufen im 11. und 12. Jahrhundert einen Machtbereich zwischen der Maas und dem Ruhrgau, der keiner herzoglichen Gewalt mehr unterstand. Als sich der Machtbereich der Ezzonen mehr an den Mittelrhein verlagerte und Duisburg ihr nördlichster Außenposten wurde, verlor die Stadt an politischer Relevanz, was sich darin niederschlug, dass zwischen 1016 und 1125 kein deutscher König mehr Duisburg aufsuchte.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Band I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905.'' 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;35&nbsp;f.</ref><br />
<br />
[[Datei:Duisburg stadtmaueramhafen.jpg|miniatur|Teil der erhaltenen Duisburger Stadtmauer]]<br />
Duisburg – Bei seinem Aufenthalt in Duisburg 1129 entschied der deutsche König Lothar einen Streit zwischen den Duisburger Bürgern und ihrem Reichsvogt Herzog [[Walram III. (Limburg)|Walram III.]] von Limburg, den [[Steinbruch]] im Duisburger Wald betreffend, im Interesse der Duisburger Bürger und gegen den Herzog von Limburg, dessen Nachfolger bis 1279 die [[Vogt]]ei über die Reichsstadt Duisburg innehatten.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Band I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905.'' 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;36.</ref> Ab 1129 nutzten die Duisburger den aus dem Steinbruch gebrochenen Kohlensandstein zur Errichtung einer [[Stadtmauer]]. Die höheren und damit späteren Teile der Stadtmauer wurden aus [[Tuffstein]] errichtet, der aus der [[Eifel]] herangeschafft wurde. Spätere Umbauten der Stadtmauer bestehen aus Ziegeln, die vor Ort gebrannt wurden.<ref>D. Ellmers: ''Duisburg.'' In: ''Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern,'' Bd. 15: ''Essen, Düsseldorf, Duisburg''. Unveränderter Nachdruck. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1975, S.&nbsp;121.</ref><br />
<br />
Wenige Monate nach seiner Wahl zum König hielt [[Friedrich I. (HRR)|Friedrich&nbsp;I. von Staufen]] 1152 Hoftag in Dortmund. Schon zwei Jahre später hielt sich der König abermals mit großem Gefolge in der Pfalz auf. Beide Male war auch [[Heinrich der Löwe]], mächtiger [[Stammesherzogtum Sachsen|Herzog Sachsens]], anwesend.<br />
<br />
=== Die Stifte Essen und Werden ===<br />
Das [[Stift Essen]] wurde 947 durch Papst [[Agapitus II.]] exemt, das heißt aus dem [[Erzbistum Köln]] herausgenommen und dem Papst direkt unterstellt. Damit war das Stift dem Einfluss des kölnischen [[Erzbischof]]s entzogen. In der – in ihrer Echtheit umstrittenen – Urkunde König [[Otto I. (HRR)|Ottos&nbsp;I.]] vom Januar 947 erhielt das Stift Immunitätsrechte, das Recht auf Wahl der Äbtissin durch den Konvent und die Zusicherung des Besitzstandes.<ref>Helga Mohaupt: ''Kleine Geschichte Essens. Von den Anfängen bis zur Gegenwart.'' 3. durchgesehene und erweiterte Auflage. Klartext Verlag, Essen 2002, S.&nbsp;21&nbsp;f.</ref><!-- Die Urkunde Agapits ist von 951, und die Urkunde Ottos von 947 bestätigte ältere Immunitätsrechte, das Recht der Äbtissinnenwahl und den Besitzstand, weil das Stift die älteren Urkunden aufgrund eines Brandes verloren hatte. vgl. Schilp, Essener Urkundebuch. Regesten der Urkunden des Frauenstifts Essen im Mittelalter, Bd. 1, Nr. 18 und Nr. 15. Die Zweifel an Nr. 15 sind übrigens gering, da der Inhalt noch in der Ottonenzeit mehrfach bestätigt wurde. --><br />
<br />
[[Datei:Otton Mathilde croix.jpg|miniatur|Äbtissin Mathilde II. von Essen mit ihrem Bruder Otto]]<br />
Im Alter von 22 Jahren wurde [[Mathilde II. (Essen)|Mathilde II.]], die Enkelin Ottos&nbsp;I., im Jahr 971 Äbtissin in Essen, nachdem sie siebzehnjährig in das Stift eingetreten war. Mathilde war vierzig Jahre lang, von 971 bis 1011, Äbtissin.<ref>Helga Mohaupt: ''Kleine Geschichte Essens. Von den Anfängen bis zur Gegenwart.'' 3. durchgesehene und erweiterte Auflage. Klartext Verlag, Essen 2002, S.&nbsp;17&nbsp;f.</ref><!-- Das Jahr 971 für den Amtsantritt ist unsicher. Erstmalig belegt ist Mathilde als Äbtissin 973. --><br />
<br />
In einer Urkunde des Stifts Essen wird der [[Reichshof]] Hatneggen (Hattingen) im Jahr 990 mit seiner Kapelle erstmals erwähnt.<ref>Thomas Weiß: ''Hattingen-Chronik.'' Klartext-Verlag, Essen 1996, S. 13.</ref><br />
<br />
[[Sophia (Gandersheim)|Sophia]], Tochter [[Otto II. (HRR)|Otto&nbsp;II.]], wurde 1011 Äbtissin von Essen und damit die Nachfolgerin von Mathilde&nbsp;II.<br />
<br />
Die [[Kloster Werden|Benediktinerabtei Werden]] erhielt von König [[Konrad II. (HRR)|Konrad&nbsp;II.]] 1033 das [[Regalien|Regal]] der Schifffahrt auf der [[Ruhr]] von der Mündung bis Werden verliehen.<br />
<br />
Anlässlich seines Aufenthaltes in [[Essen]] verlieh König [[Heinrich III. (HRR)|Heinrich&nbsp;III.]] 1041 dem Stift Essen ein eingeschränktes [[Marktrecht]], wonach je drei Tage vor und nach dem 27. September, dem Fest der [[Schutzpatron]]e Cosmas und Damian, ein Jahrmarkt abgehalten werden durfte.<ref>Helga Mohaupt: ''Kleine Geschichte Essens. Von den Anfängen bis zur Gegenwart.'' 3. durchgesehene und erweiterte Auflage. Klartext Verlag, Essen 2002, S.&nbsp;20.</ref><br />
<br />
Die Essener Äbtissin [[Suanhild (Essen)|Suanhild]] ließ im Jahr 1073 auf dem [[Stoppenberg]] eine [[Stiftskirche Maria in der Not|Pfarrkapelle]] errichten; diese ist ab dem 12. Jahrhundert Stiftskirche eines Konvents von [[Prämonstratenser]]innen.<br />
<br />
Die Gemeinschaft der Ministerialen des [[Stift Essen|Stifts]] und die Bürger der Stadt [[Essen]] ließen gemeinsam die [[Essener Stadtmauer]] 1244 errichten.<br />
<br />
=== Kirchenbauten und Klostergründungen ===<br />
Ab dem Jahr 1000 erfolgte die erste Baustufe romanischer Kirchen wie zum Beispiel die [[Stiepeler Dorfkirche]] oder die [[St.-Vinzentius-Kirche (Harpen)|St.-Vinzentius-Kirche]].<br />
<br />
Graf [[Gottfried von Cappenberg]] gründete 1122 das erste [[Prämonstratenser]]stift im deutschsprachigen Raum, das [[Kloster Cappenberg]] in [[Selm]]. Er übergab dazu seine Burg und sein Vermögen der noch jungen Ordensgemeinschaft. Gottfried war damit der letzte der mächtigen [[Grafen von Cappenberg]]. Sein jüngerer Bruder Otto von Cappenberg war Taufpate [[Friedrich I. (HRR)|Friedrichs&nbsp;I. von Staufen]]. Von dem eben gekrönten König erhielt Otto um 1155 das berühmte Cappenberger Kopfreliquiar mit dem Bildnis Friedrichs zum Geschenk.<br />
<br />
[[Datei:Kamp lintfort kloster kamp panorama 090605.jpg|miniatur|Kloster Kamp]]<br />
Das 1123 gegründete [[Kloster Kamp]] war das erste [[Zisterzienser]]kloster im deutschen Sprachraum.<br />
<br />
[[Datei:Abtei Hamborn3.JPG|miniatur|Kreuzgang des Klosters Hamborn]]<br />
1136 verschenkte Gerhard von Hochstaden seine Hamborner Besitztümer an den Erzbischof von Köln unter der Voraussetzung, dass an der Stelle der Pfarrkirche ein Kloster der Prämonstratenser errichtet werden sollte. 1139 verfügte Erzbischof [[Arnold I. von Köln]], dass das Stift Hamborn keine Abgaben zu zahlen habe und unterstellte es direkt dem Kölner Erzbischof. Am 11. November 1157 nahm Papst [[Hadrian IV.]] das Stift unter seinen Schutz. Nach dem Umbau der Pfarrkirche zur Klosterkirche und der Erbauung des Kreuzganges und des eigentlichen Klosters wurde die Klosteranlage 1170 geweiht und vor 1200 zur Abtei.<ref>Hostkötter, Ludwig : ''Die Anfänge des Prämonstratenserstiftes Hamborn und seine Entwicklung im ersten Jahrhundert seines Bestehens. Ein Beitrag zur Geschichte des Prämonstratenserordens im 12. und 13. Jahrhundert''. Duisburg : Walter Braun Verlag, 1967, S. 77–100 (Duisburger Forschungen. Beiheft 9)</ref><br />
<br />
Der [[Geschichte des Johanniterordens|Johanniterorden]] gründete 1145 seine erste Niederlassung auf deutschem Boden vor den Mauern der Stadt [[Duisburg]] und ließ die dortige Marienkirche errichten.<br />
<br />
In [[Saarn]] wurde 1214 das erste Zisterzienserinnenkloster des Ruhrgebietes gegründet, bis heute herrscht keine Klarheit darüber, wer der Stifter des Klosters war.<ref>Elke Dißelbeck-Tewes: ''Mittelalterliche Frauenklöster zwischen Lippe und Ruhr.'' In: Ferdinand Seibt, Gudrun Gleba u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Vergessene Zeiten. Mittelalter im Ruhrgebiet,'' Bd.&nbsp;2. Verlag Peter Pomp, Essen 1990, S.&nbsp;153.</ref><br />
<br />
1234 wurde vom Kloster Kamp ausgehend in [[Duissern]] ein Nonnenkloster der Zisterzienser gegründet, das im November 1234 vom Kölner Erzbischof unter seinen Schutz genommen wurde. Durch Schenkungen wurde es ein wohlhabendes Kloster mit Einkünften aus rechts- und linksrheinischem Besitz.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Band I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905.'' 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;251–253.</ref><br />
<br />
Die ehemalige Äbtissin des Klosters Duissern Regenwidis erwirkte 1240 vom Kölner Erzbischof die Erlaubnis, ein Zisterzienserinnenkloster auf ihren Besitzungen in Bottrop-Grafenwald zu errichten. 1255 zogen die Nonnen um in das damals neu errichtete [[Kloster Sterkrade]].<ref>Elke Dißelbeck-Tewes: ''Mittelalterliche Frauenklöster zwischen Lippe und Ruhr.'' In: Ferdinand Seibt, Gudrun Gleba u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Vergessene Zeiten. Mittelalter im Ruhrgebiet,'' Bd.&nbsp;2. Verlag Peter Pomp, Essen 1990, S.&nbsp;154.</ref><br />
<br />
=== Territoriale Entwicklungen ===<br />
[[Datei:Grafschaft Mark Entwicklung.png|miniatur|Territoriale Entwicklung der Grafschaft Mark]]<br />
Durch Erbteilung des Territoriums der Grafen von Berg entstand im Jahr 1160 die [[Grafschaft Altena]].<br />
<br />
Um 1180 entstand durch Erbteilung des Hauses Berg-Altena, die Linie der Grafen von Altena-Isenberg – auch Isenberg oder de Novus Ponte, bzw. [[Nienbrügge (Hamm)|Nienbrügge]] genannt – und die Linie der Grafen von Altena-Mark – später nennt sich die Linie nur Mark, nach ihrem Besitz Mark im heutigen Hamm. Siehe [[Burg Mark]].<br />
<br />
Die [[Isenburg (Hattingen)|Isenburg]] bei Hattingen wurde 1199 als neues Machtzentrum der Grafschaft Isenberg an der Ruhr fertiggestellt.<br />
<br />
[[Datei:ReliquienbuesteEngelbertvonKoeln.jpg|miniatur|Reliquienbüste des Erzbischofs Engelbert I. von Köln]]<br />
1225 wurde der Kölner [[Erzbischof]]s [[Engelbert I. von Köln]] durch [[Friedrich von Isenberg]] ermordet. Friedrich wurde hingerichtet, der größte Teil der Grafschaft Isenberg an der Ruhr fiel an seine Verwandten, die Grafen von der Mark. Die [[Isenburg (Hattingen)|Isenburg]] und Burg und Stadt Nienbrügge wurden geschleift. Die Stammlinie des alten Hauses Berg erlosch im Mannesstamm, nur die Isenbergischen und Märkischen Seitenlinien bestanden weiter. Berg fiel an Heinrich von Limburg, den Ehegatten der Irmgard von Berg.<br />
<br />
Im Ham zwischen [[Ahse]] und [[Lippe (Fluss)|Lippe]] wurden die Bürger des zerstörten Nienbrügge durch Graf [[Adolf I. von der Mark|Adolf von der Mark]] ab 1225 angesiedelt und erhielten von ihm 1226 das [[Stadtrecht]]. Die alte sächsische Flurbezeichnung Ham – sie bedeutet Winkel, bzw. bezeichnet den Raum zwischen den Armen, die den Winkel bilden – steht in Hamm für die Landzunge zwischen den Flüssen Lippe und Ahse. Das auf vielen alten Karten noch zu findende Ham wandelte sich mit der Zeit schließlich zum heutigen Stadtnamen [[Hamm]]. Die Stadt war von Beginn an Sitz eines gräflichen Gerichts für die [[Grafschaft Mark]], deren Residenz und auch später noch Hauptort der Grafschaft.<br />
<br />
Die Kölner Erzbischöfe übernahmen 1228 die Herrschaft im [[Vest Recklinghausen]].<br />
<br />
Während der [[Isenberger Wirren]] kämpften von 1233 bis 1243 [[Dietrich von Altena-Isenberg]] und Verwandte, vor allem die Grafen von Berg aus dem Haus Limburg und die Herzöge von Limburg, gegen den Grafen Adolf I. von der Mark, [[Grafschaft Altena|Altena]] und Krieckenbeck, sowie dessen Söhne und Mitregenten.<br />
<br />
Im Zusammenhang mit einer Fehde zwischen [[Erzbistum Köln|Köln]] und [[Herzogtum Kleve|Kleve]] wurde erstmals 1243 die [[Schloss Strünkede|Wasserburg Strünkede]] in Herne genannt. Seit dem 12. Jahrhundert waren die dort ansässigen Ritter als Ministeriale der Grafen von Kleve Garanten des klevischen Einflusses an der mittleren [[Emscher]]. Das Herrschaftsgebiet der Strünkeder erstreckte sich zeitweilig von [[Buer (Westfalen)|Buer]] im Westen über [[Herne]] und [[Castrop]] bis nach [[Mengede]] im Osten.<br />
<br />
Adolf&nbsp;I. Graf von der Mark, Altena und Krickenbeck verkaufte im selben Jahr Krieckenbeck an seinen Schwager und Verbündeten [[Otto II. (Geldern)|Otto&nbsp;II. Graf von Geldern]]. Im Friedensvertrag zwischen Adolf&nbsp;I. Graf von der Mark und Altena und seinen Gegnern Dietrich von Isenberg, seinen Verwandten u.&nbsp;a. dem Grafen von Berg und den Herzögen von Limburg wurde dem Sohn Friedrichs von Isenberg der Besitz der [[Grafschaft Limburg]] und der [[Krumme Grafschaft|Krummen Grafschaft]] bestätigt und die [[Isenberger Wirren]] fanden nach 10 Jahren Krieg ihr Ende. Graf Adolf konnte seine Positionen im ehemaligen Isenbergischen Besitz weitestgehend halten und langfristig Dietrich von Isenberg und seine Nachkommen auf eine sehr kleine Grafschaft beschränken.<br />
<br />
=== Die Entwicklung der Städte ===<br />
Mülheim an der Ruhr wurde erstmals 1093 in einer Urkunde erwähnt.<ref>Monika von Alemann-Schwartz: ''„… geschehen im Jahre des Herrn 1093, … Mülheim, im Gericht des Grafen Bernher …“. Die Gerichtsurkunde von 1093 und ihre Hintergründe.'' In: ''900 Jahre Mülheim an der Ruhr. 1093–1993''. Zeitschrift des Geschichtsverein Mülheim an der Ruhr, Bd.&nbsp;66. Hrsg. vom Geschichtsverein Mülheim an der Ruhr und dem Stadtarchiv Mülheim an der Ruhr. Selbstverlag, Mülheim/Ruhr 1993, S.&nbsp;13–65.</ref><br />
<br />
Duisburg – Kaiser [[Friedrich I. (HRR)|Friedrich Barbarossa]] gewährte Duisburg 1173 das Recht, jährlich zwei vierzehntägige Messen abzuhalten, auf denen abgabefrei Waren verkauft werden durften. Diese Märkte wurden vor allem von den flandrischen Tuchhändlern genutzt.<ref>D. Ellmers: ''Duisburg.'' In: ''Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern,'' Bd. 15: ''Essen, Düsseldorf, Duisburg''. Unveränderter Nachdruck. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1975, S.&nbsp;120.</ref><br />
<br />
In Dortmund wurde im Jahr 1200 ein großer [[Stadtmauer|Mauerring]] um die Stadt errichtet. Sein Verlauf ist in Form der „Wälle“ im Innenstadtbereich erhalten.<br />
<br />
[[Recklinghausen]] erhielt die vollen Stadtrechte im Jahr 1236.<br />
<br />
Der Dortmunder Rat erwarb 1240 ein Haus am Markt vom Grafen von Dortmund. Es wird für Jahrhunderte das [[Altes Rathaus (Dortmund)|Rathaus der Reichsstadt]]. Stark beschädigt durch Luftangriffe im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] 1944 und 1945, wurde das Rathaus 1955 abgerissen.<br />
<br />
[[Wesel]] wurde im September 1241 zur Stadt erhoben. Dies war mit Privilegien für die Bürger Wesels verbunden, darunter freie Erbschaft und Zollfreiheit an allen landesherrlichen Zollstätten. Dietrich von Kleve bestimmte auch, dass die Bürger Wesels ihre Streitfälle, die dort nicht zu entscheiden waren, in Dortmund auf dem Rathaus vortragen sollten für eine endgültige Regelung.<br />
<br />
1248 schlossen sich die [[Freie Reichsstadt|Reichsstädte]] Dortmund und Duisburg dem Gegenkönig [[Wilhelm von Holland]] an.<br />
<br />
== Der Ausbau der Territorien im Spätmittelalter ==<br />
<br />
=== Erstarken der Städte ===<br />
Auf einer [[Lippe (Fluss)|Lippebrücke]] in [[Werne]] gründeten die Städte [[Dortmund]], [[Soest]], Ahlen, Beckum, [[Münster]] und [[Lippstadt]] am 17. Juli 1253 den [[Werner Bund]], dem am 12. September 1268 auch die Stadt Osnabrück beitrat.<ref>Zur Ausdehnung des Bundes vergleiche Karte in Josef Niessen: ''Geschichtlicher Handatlas der deutschen Länder am Rhein.'' Band: ''Mittel- und Niederrhein''. J. P. Bachem Verlag, Köln 1950, S.&nbsp;35.</ref> Dieser Städtebund war ein Vorläufer der Städtehanse. Dortmund übernahm bald eine Führungsrolle als Vorort aller [[Westfalen|westfälischen]] Städte in der [[Hanse]].<ref>Karl-Pollender-Stadtmuseum Werne (Hrsg.): ''Der Werner Städtebund von 1253 im Kontext der westfälischen Stadtentwicklung des 13. Jahrhunderts''. In: ''750 Jahre Werner Bund 1253–2003''. Werne 2003, S.&nbsp;11–15, Abdruck der Gründungsurkunde S.&nbsp;3&nbsp;f.</ref><br />
<br />
[[Dinslaken]] bekam 1273 von [[Dietrich VII./IX. (Kleve)|Dietrich&nbsp;VII. Graf von Kleve]] die Stadtrechte verliehen.<ref>Roland Günter: ''Kreis Dinslaken''. L. Schwann Verlag, Düsseldorf 1968, S. 17 (Die Denkmäler des Rheinlandes, Bd. 14).</ref> Fünf Jahre später 1278 bekam [[Unna]] vom Grafen von der Mark das Stadtrecht verliehen, und 1279 wurde [[Lünen]] als „[[oppidum]]“ (Stadt) bezeichnet.<br />
<br />
Das Stadtsiegel von [[Kamen]] erschien 1284 erstmals auf einer Urkunde. Städtische Rechte hatte es durch Graf [[Engelbert I. von der Mark]] (1247–1277) erhalten. Die Rechte der Kamener waren angelehnt an die Stadtrechte von Dortmund und Hamm.<br />
<br />
König Rudolf v. Habsburg verpfändete 1290 die Stadt Duisburg an den Grafen von Kleve. Da das Pfand nicht mehr eingelöst wurde, war Duisburg keine reichsunmittelbare Stadt mehr.<br />
<br />
Graf [[Engelbert II. von der Mark]]<ref>{{ADB|6|126|126|Engelbert II., Graf von der Mark|Wilhelm Crecelius|ADB:Engelbert II. (Graf von der Mark)}}</ref> verlieh 1321 [[Bochum]] die Stadtrechte.<br />
<br />
1340 verlieh Konrad von der Mark, Herr von Hörde, mit Zustimmung seines Neffen [[Adolf II. von der Mark|Adolf&nbsp;II. Graf von der Mark]] seinem Dorf [[Hörde]] die Stadtrechte.<br />
<br />
[[Wattenscheid]] besaß ab 1417 die stadtähnlichen Rechte einer [[Minderstadt|Freiheit]].<br />
<br />
Durch eine Feuersbrunst brannte im September 1438 etwa die Hälfte der Stadt Essen nieder; das Hospital wurde zerstört, Marktkirche und Münster beschädigt.<ref>Wolf Schneider: ''Essen – Das Abenteuer einer Stadt''. Econ Verlag, Düsseldorf 1963, S. 86 f.</ref><br />
<br />
[[Buer (Westfalen)|Buer]] erhielt am 18. April 1448 die Rechte einer [[Minderstadt|Freiheit]], unter anderem des Baus einer Befestigung und der Bewachung der Tore.<br />
<br />
[[Johann II. (Kleve-Mark)|Johann&nbsp;II.]], [[Herzogtum Kleve|Herzog von Kleve]] und [[Grafschaft Mark|Graf von der Mark]], stellte 1484 den Bürgern von [[Castrop]] einen Freiheitsbrief aus. Er beinhaltete u.&nbsp;a. Bürgerrechte, Selbstverwaltung und die Abhaltung von Jahrmärkten. Der Ort war mit Wall, Graben und drei Toren befestigt.<br />
<br />
=== Einflüsse Kur-Kölns auf das Ruhrgebiet ===<br />
In [[Brechten]] bei Dortmund fand 1254 die [[Schlacht auf dem Wülferichskamp]] zwischen dem [[Fürstbistum Paderborn]] und [[Kurköln]] statt.<br />
<br />
Der Kölner Erzbischof [[Konrad von Hochstaden]]<ref>{{ADB|16|583|587|Konrad, Erzbischof von Köln|Hermann Cardauns|ADB:Konrad (Erzbischof von Köln)}}<br />Karin Groll: ''Konrad von Hochstaden''. In: ''Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL)''. Band 4, Herzberg 1992, Sp.&nbsp;395–396.</ref> rief 1259 einen Landfrieden aus, dem sich unter anderem die Grafschaften Kleve, Jülich und Berg anschließen mussten.<ref>Dieter Kastner: ''Die Territorialpolitik der Grafen von Kleve''. Schwann, Düsseldorf 1972, S.&nbsp;24 (Veröffentlichungen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Bd.&nbsp;11; zugleich Diss.phil. Universität Bonn 1972).</ref><br />
<br />
Die Truppen des Erzbischofs von Köln, Dietrich&nbsp;II. von Moers, und seiner Verbündeten, des Herzogs von Jülich-Berg und des Grafen von Sayn, begannen am 2.&nbsp;September 1443 die Belagerung von [[Schloss Broich]] in Mülheim-Broich, welches nach achtzehn Tagen kapitulieren musste.<ref>Bodo Harenberg (Hrsg.): ''Chronik des Ruhrgebiets''. Chronik Verlag, Dortmund 1987, S. 38.</ref><br />
<br />
=== Limburger Erbfolgestreit 1283–1289 ===<br />
Nach dem Tode Herzog [[Walram V. (Limburg)|Walrams V. von Limburg]], ein Bruder von [[Adolf IV. (Berg)|Adolf&nbsp;IV. von Berg]],<ref>{{ADB|1|93|93|Adolf IV., Graf von Berg|Karl Leopold Strauven|ADB:Adolf IV. (Graf von Berg)}}<br />Helmut Dahm: ''Adolf&nbsp;IV. (VI.), Graf von Berg''. In: ''Neue Deutsche Biographie (NDB)''. Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, S.&nbsp;76.</ref> im Jahre 1280 hinterließ er keine männlichen Nachkommen und da seine Tochter Irmgard von Limburg 1283 verstarb, die das Lehen im Vorjahr von König Rudolf übergeben bekommen hatte, erwuchs daraus der [[Limburger Erbfolgestreit]] um das [[Herzogtum Limburg]]. Anwärter auf das Erbe waren die Herrscher von Berg und die von Geldern. Der Graf von Berg verkaufte jedoch dem Herzog von Brabant seine Ansprüche am Herzogtum Limburg, der diese nun mit Gewalt gegen die Geldrischen durchzusetzen begann.<br />
[[Datei:Battle of Worringen 1288.PNG|miniatur|Die Schlacht von Worringen, Illustration von etwa 1440/50 aus einer Handschrift der [[Brabantsche Yeesten]] von [[Jan van Boendale]]]]<br />
<br />
Am Streit beteiligt waren auf der Seite von [[Rainald I. (Geldern)|Rainald I.]] [[Herzogtum Geldern|Graf von Geldern]]: [[Siegfried von Westerburg]] [[Erzbistum|Erzbischof]] von [[Kurköln|Köln]], [[Heinrich VI. (Luxemburg)|Heinrich&nbsp;VI.]] [[Grafschaft Luxemburg|Graf von Luxemburg]] und [[Johann von Flandern|Johann&nbsp;IV. von Flandern]] [[Bistum Lüttich|Bischof von Lüttich]] sowie deren Getreue. Auf der Gegenseite stand [[Johann I. (Brabant)|Johann&nbsp;I.]] [[Herzogtum Brabant|Herzog von Brabant]] mit seinen Verbündeten [[Engelbert I. von der Mark|Engelbert I.]] [[Grafschaft Mark|Graf von der Mark]], [[Walram (Jülich)|Walram]] [[Herzogtum Jülich|Graf von Jülich]], [[Adolf V. (Berg)|Adolf&nbsp;V. von Limburg]] [[Grafschaft Berg|Graf von Berg]] und [[Otto IV. (Tecklenburg)|Otto&nbsp;IV.]] [[Grafschaft Tecklenburg|Graf von Tecklenburg]], sowie die Bürger der Stadt [[Köln]].<br />
<br />
1288 fand die [[Schlacht von Worringen]] statt. Die Schlacht von Worringen stellte das kriegerische Finale im zuvor bereits sechs Jahre währenden Limburger Erbfolgestreit dar. Hauptkontrahenten des Konflikts waren [[Siegfried von Westerburg]], Erzbischof von Köln, und Herzog [[Johann I. (Brabant)|Johann&nbsp;I. von Brabant]]. Der Ausgang der Schlacht veränderte das Machtgefüge im gesamten Nordwesten Mitteleuropas.<br />
<br />
Nach der Niederlage Gelderns und seiner Verbündeten in der [[Schlacht von Worringen]] 1288 nördlich von [[Köln]] fiel das Herzogtum Limburg dem Herzog von Brabant zu.<ref>Alfred Bruns: ''Limburg. Herzogtum''. In: Gerhard Taddey (Hrsg.): ''Lexikon der deutschen Geschichte. Personen, Ereignisse. Institutionen''. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1979, S.&nbsp;719.</ref> Die Niederlage seines Verbündeten Kurköln einer Schwächung der Macht des Erzbistums Köln und der mit ihm verbundenen Herzogsgewalt in Westfalen, bei gleichzeitiger Stärkung der Machtposition gräflicher Territorialherren. In der Ruhrregion galt dies insbesondere für die direkt am Konflikt beteiligten Grafen von [[Herzogtum Berg|Berg]] und von der [[Grafschaft Mark|Mark]], mittelbar aber auch für den in der Fehde auf der Gegenseite kämpfenden Grafen von [[Herzogtum Kleve|Kleve]].<ref>Zur Machtkonstellation im Limburger Erbfolgestreit bzw. vor der Schlacht bei Worringen siehe: Irmgard Hantsche: ''Atlas zur Geschichte des Niederrheins''. Kartographie von Harald Krähe (Schriftenreihe der Niederrhein-Akademie, Bd.&nbsp;4). Verlag Peter Pomp, Bottrop/Essen 1999, S.&nbsp;32&nbsp;f.</ref><br />
<br />
=== Pest und Judenpogrom ===<br />
Die mittelalterliche [[Pest]]welle erreichte 1350 die Ruhrregion.<ref>Kurt Hofius: ''Die Pest am Niederrhein, insbesondere in Duisburg''. In: ''Duisburger Forschungen,'' Bd. 15. Walter Braun Verlag, Duisburg 1971, S.&nbsp;174–221.</ref> Im selben Jahr kam es zu einem [[Pogrom]] gegen die jüdische Bevölkerung. In Dortmund wurde diese aus der Stadt vertrieben und der Besitz wurde von der Stadt eingezogen; in anderen Städten wurde die jüdische Bevölkerung verbrannt.<ref>Stadtarchiv Dortmund (Hrsg.): ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, ISBN 3-611-00397-2, S. 146.</ref><br />
<br />
=== Beginn der Steinkohlenförderung ===<br />
Zwar muss davon ausgegangen werden, dass Steinkohle schon vorher im Ruhrgebiet abgebaut wurde, der erste urkundliche Beleg für Kohlebergbau in Dortmund stammt aus dem Jahre 1296, auf 1302 datiert die erste urkundliche Erwähnung des Kohlebergbaus in Schüren.<ref>Albert K. Hömberg: ''Wirtschaftsgeschichte Westfalens''. Mehren & Hobbeling, Münster 1968, S. 106.</ref><br />
<br />
Herzog Wilhelm von Jülich forderte am 24. November 1374 als Abgabe den Zehnten auf die im Bereich Werden geförderte Steinkohle.<ref>Bodo Harenberg (Hrsg.): ''Chronik des Ruhrgebiets''. Chronik Verlag, Dortmund 1987, S. 34.</ref><br />
<br />
=== Duisburg ===<br />
Nachdem um 1200 der Rhein seinen Lauf geändert hatte, war Duisburg nur noch über einen Altrheinarm, der im Laufe des folgenden Jahrhunderts zunehmend verlandete, mit dem Hauptstrom verbunden. Zwar scheint diese Veränderung des Rheinlaufes im 13. Jahrhundert noch keine große Beeinträchtigung des Duisburger Handels bewirkt zu haben, auch noch im Jahre 1306 wurden an einer rheinischen Zollstelle über 400 Duisburger Rheinschiffe gezählt, jedoch ist den Stadtrechnungen nach der Rheinhandel gegen Ende des 14. Jahrhunderts zum Erliegen gekommen.<ref>Joseph Milz: ''Die topographische Entwicklung Duisburgs bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts''. In: Ferdinand Seibt, Gudrun Gleba u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Vergessene Zeiten. Mittelalter im Ruhrgebiet.'' Bd.&nbsp;2. Verlag Peter Pomp, Essen 1990, S.&nbsp;37.</ref><br />
<br />
Am 29. April 1248 verpfändete Wilhelm von Holland die Reichsstadt Duisburg an [[Walram V. (Limburg)|Walram V. von Limburg]], bestätigte aber am 1.&nbsp;Mai in einer Urkunde die Privilegien der Stadt. Unter der Herrschaft Walrams erlebte die Stadt eine Phase weitgehender Selbstständigkeit, auch schenkte Walram der Stadt 1277 und 1278 im Umfeld der Stadt liegende Gebiete, was zu einer Erweiterung des Stadtgebietes führte.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Band&nbsp;I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1973, S.&nbsp;37.</ref><br />
<br />
Durch eine Urkunde vom 6. April 1280 ist die Existenz einer Höheren Schule in Duisburg belegt. Das in der Tradition dieser Schule stehende [[Landfermann-Gymnasium]] ist damit eines der ältesten Gymnasien des Ruhrgebiets.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Band I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;280&nbsp;f.</ref><br />
<br />
1290 wurde Duisburg vom deutschen König [[Rudolf I. (HRR)|Rudolf von Habsburg]] an Graf Diedrich von Kleve verpfändet. Da das Pfand nie mehr eingelöst wurde, ging Duisburg in den Besitz der [[Herzogtum Kleve|Grafen von Kleve]] über und verlor damit de facto ihre Reichsunmittelbarkeit als freie Reichsstadt.<ref>Zu den näheren Umständen der Verpfändung und der im Herbst 1290 stattfindenden Fehde zwischen Duisburg und dem Grafen von Kleve siehe: Heinrich Averdunk, Walter Ring: ''Geschichte der Stadt Duisburg''. Baedeker Verlag, Essen 1927, S.&nbsp;30.</ref><br />
<br />
1351 nahm die Stadt Duisburg in der Auseinandersetzung zwischen Herzog [[Rainald III. (Geldern)|Reinald III. von Geldern]]<ref>{{ADB|27|726|728|Reinald III.|Karl Theodor Wenzelburger|ADB:Reinald III.}}</ref> und seinem aufständischen Bruder [[Eduard (Geldern)|Eduard]]<ref>{{ADB|5|649|650|Eduard, Herzog von Geldern|Pieter Lodewijk Muller|ADB:Eduard}}</ref> Partei für die Aufständischen und bekam nach dem Sieg Eduards über seinen Bruder wichtige Privilegien für Schifffahrt und Handel im Herzogtum Geldern.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Band I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;40.</ref><br />
<br />
Um Ärger mit den umliegenden Grundherren zu vermeiden, galt in Duisburg die Regelung "Stadtluft macht frei" nicht, denn die Stadt nahm nur Bürger auf, die Freie waren. Als freie Nichtbürger duldete man nur diejenigen in der Stadt, die zu arm waren, um die Aufnahmegebühr in die Bürgerschaft zu bezahlen (z.&nbsp;B. Tagelöhner) und einzelne Privilegierte wie den klevischen Kanzler Oligschleger, der mehrere Häuser in der Stadt besaß. Nichtbürger, die auch kein Bürgerrecht erwerben konnten, waren Geistliche und Juden, wobei ab 1350 Juden in Duisburg grundsätzlich nicht mehr geduldet wurden.<ref>Milz, Joseph : ''Alltagsleben im mittelalterlichen Duisburg.'' In: Stadtarchiv Duisburg (Hrsg.) : ''Duisburger Forschungen. Schriftenreihe zur Geschichte und Heimatkunde Duisburgs. Band 45.'' Duisburg : Mercator Verlag, 2000, S. 27f</ref><br />
<br />
Zwar hatte Kaiser [[Karl IV. (HRR)|Karl IV]] noch 1362 die Erklärung abgegeben, er wolle Duisburg „ewiglich“ als freie Reichsstadt dem Reiche erhalten, doch befand sich bereits Anfang 1363 Graf Johann von Kleve im Besitz aller kaiserlichen Rechte über die Stadt Duisburg, was zu einer Auseinandersetzung zwischen der Stadt Duisburg und Johann von Kleve führte, da die Stadt zunächst die Rechte Johanns nicht anerkannte. Dieser verlegte daraufhin den Rheinzoll nach Orsoy, um der Stadt wirtschaftlich zu schaden. Ende 1366 kam es zu einer Einigung zwischen der Stadt und dem Grafen: Johann behielt die nominelle Oberhoheit über Duisburg, das Gerichtswesen und die Zollhoheit.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Band I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;40&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Die Genehmigung zur Errichtung einer Zollstelle durch Kaiser Karl&nbsp;IV. auf dem Homberger Werth am 28. April 1371 gilt als Gründung der späteren Stadt [[Ruhrort]]. Im Herbst 1373 war die Zollstelle errichtet.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Band II: Die Ortsteile von den Anfängen, die Gesamtstadt seit 1905''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1974, S.&nbsp;187–189.</ref> In einer Urkunde vom 28. Februar 1379 des deutschen Königs Wenzel tauchte erstmals die Bezeichnung „Ruhrort“ für die Zollstelle am Homberger Werth auf.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Band II: ''Die Ortsteile von den Anfängen. Die Gesamtstadt seit 1905''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1974, S.&nbsp;186.</ref><br />
<br />
[[Datei:Dortmund-alter-markt-reinoldikirche.jpg|miniatur|„Historisches Pflaster“ – In Dortmund am Alten Markt treffen sich beim Turm der [[St. Reinoldi (Dortmund)|Reinoldikirche]] zwei mittelalterliche Handelswege]]<br />
<br />
=== Dortmund ===<br />
Einen besonders schwierigen Stand hatte die Reichsstadt Dortmund, deren Gebiet fast vollständig von märkischem Besitz umgeben war, so dass die Grafen von Mark alle nach Dortmund führenden Straßen beherrschten und seit 1328 von der Stadt ein jährlich zu zahlendes Wegegeld kassierten, um Händler nach Dortmund hinein und wieder heraus zu lassen. Durch die Gründung der Städte [[Hörde]] (1340) und [[Lünen]] (1341) erhöhten die Grafen von Mark den Druck auf Dortmund, das in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts sich wiederholt Angriffen durch die Grafen von Mark erwehren musste. 1352 überstand Dortmund eine Belagerung durch märkische Truppen und den Versuch eines nächtlichen Überraschungsangriffs. 1377 misslang der Versuch des Grafen Wilhelm von Berg, die Stadt durch Beschießung und Belagerung zu erobern. 1378 scheiterte der Versuch eines nächtlichen Angriffs auf Dortmund, bei dem Sympathisanten des Grafen von Mark, die in der Stadt waren, die Stadttore hätten öffnen sollen.<ref>Thomas Schilp: ''Die Reichsstadt (1250–1802)''. In: Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S.&nbsp;76–79.</ref> Im gleichen Jahr hielten [[Karl IV. (HRR)|Kaiser Karl&nbsp;IV.]] und seine Frau [[Elisabeth von Pommern]] Einzug in die [[Freie Reichsstadt|Reichsstadt]] Dortmund.<br />
<br />
Ebenfalls Interesse am Besitz Dortmunds hatte das Erzbistum Köln, an das 1346 und 1376 Dortmund durch den jeweiligen deutschen König verpfändet worden war, ohne dass es Köln gelang, die erworbenen Rechte gegenüber der Stadt durchzusetzen. Als sich Graf [[Engelbert III. von der Mark|Engelbert&nbsp;III. von Mark]]<ref>{{ADB|6|126|128|Engelbert III., Graf von der Mark|Wilhelm Crecelius|ADB:Engelbert III.}}</ref> mit dem Kölner Erzbischof [[Friedrich III. von Saarwerden]] gegen Dortmund verbündete, war die Unabhängigkeit der Stadt bedroht. Mit dem Eintreffen des Fehdebriefes des Kölner Erzbischofs am 21. Februar 1388 – einen Tag später folgte der Fehdebrief des Grafen von Mark – begann die [[Große Dortmunder Fehde]].<ref>Zu Vorgeschichte, Verlauf und Auswirkungen der Dortmunder Fehde siehe auch Kirchhoff, Hans Georg : ''Die Große Dortmunder Fehde 1388/89''. In: Seibst, Ferdinand u. a. (Hrsg.) : ''Vergessene Zeiten. Mittelalter im Ruhrgebiet. Band 2''. Essen : Peter Pomp Verlag, 1990, S. 59–63</ref> Dem kurkölnisch-märkischen Bündnis schlossen sich in der Folgezeit 47 Reichsfürsten an, die jedoch zumeist nicht aktiv in die Kampfhandlungen eingriffen.<ref>Thomas Schilp: ''Die Reichsstadt (1250–1802)''. In: Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S.&nbsp;80.</ref><br />
<br />
Kurkölnische und märkische Truppen begannen unmittelbar nach Eintreffen der Fehdebriefe mit der Belagerung der Stadt, jedoch hatte sich Dortmund auf eine längere Belagerung vorbereitet und große Getreidevorräte angelegt. Eine Beschießung der Stadt vom 17. April bis 10. Juli 1388 musste abgebrochen werden, weil Dortmund mittlerweile moderne Pulverkanonen gebaut hatte und damit die gegnerischen Stellungen beschoss, so dass der Belagerungsring sich aus der Reichweite der Geschütze zurückziehen musste. Zeitgenössischen Quellen zufolge geht man davon aus, dass zwischen dem 29. Mai 1388 und dem 8.&nbsp;November 1389 etwa 110 Ausfälle von Dortmunder Truppen stattfanden, bei denen vor allem die auf märkischem Gebiet liegenden Dörfer und Bauernhöfe geplündert wurden. Auf Vermittlung der Stadt Soest schloss man am 22. November 1389 Frieden. Gegen ein sogenanntes „freiwilliges Geschenk“ von je 7000 Gulden an Kurköln und den Grafen von der Mark gaben diese alle Ansprüche und Forderungen Dortmund gegenüber auf.<ref>Ausführliche Schilderung der Fehde in Thomas Schilp: ''Die Reichsstadt (1250–1802)''. In: Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S.&nbsp;80–87.</ref><br />
<br />
Von den hohen Kosten der Kriegsführung – man schätzt insgesamt 60.000 Gulden – konnte sich Dortmund relativ schnell erholen, wie an der Errichtung des Ratschores an der Reinoldi Kirche 1421 ebenso zu sehen ist wie an der Tatsache, dass Dortmund bereits 1422 in der Lage war, seinen Beitrag als Reichsstadt an der Finanzierung des Hussitenfeldzugs zu leisten.<ref>Entgegen der älteren Geschichtsschreibung, die den wirtschaftlichen Niedergang Dortmunds in den Zusammenhang der Großen Fehde stellt, vergleiche Thomas Schilp: ''Die Reichsstadt (1250–1802)''. In: Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S.&nbsp;87–92.</ref><br />
<br />
[[Datei:Conrad von Soest 002.jpg|miniatur|Wildungen-Altar]]<br />
<br />
Mit dem ''Wildungener Altar'' war 1403 das erste erhaltene Retabel des Dortmunder Malers [[Conrad von Soest]] vollendet.<br />
<br />
=== Sonstige Städte ===<br />
In einer Urkunde des Grafen [[Engelbert III. von der Mark]] wurden 1389 erstmals die [[Saline Königsborn|Sälzer zu Brockhausen]] erwähnt. Es ist der erste Beleg für hauptberufliche Salzgewinnung im heutigen [[Unna]].<br />
<br />
[[Hamm]] verlor 1391 die Residenz an die Stadt Kleve, nachdem die Grafschaft Mark mit der Grafschaft Kleve in Personalunion vereint wurde. Die [[Stadtburg Hamm|Stadtburg]] in Hamm und der Stammsitz des Grafenhauses [[Burg Mark]] waren nun nur noch Sitz der gräflichen Burgmannen, Drosten und Amtmänner. Die Herrscher aus dem [[Haus Mark (Adelsgeschlecht)|Hause Mark]] regierten nun von Kleve aus beide Länder.<br />
<br />
1396 ist der älteste schriftliche Nachweis für [[Emscherbrücher|wilde Pferde]] in der Emscherniederung erhalten. Die Nutzung der im Emscherbruch zwischen Waltrop und Bottrop vorkommenden Bestände war ein begehrtes Adelsprivileg.<br />
<br />
[[Hattingen]] schloss mit [[Dietrich II. von der Mark|Dietrich&nbsp;II. Graf von der Mark]] einen Befestigungsvertrag.<br />
<br />
Die [[Schlacht von Kleverhamm]] festigte 1397 die Position der Grafen von der Mark. Im selben Jahr verlieh Graf Dietrich&nbsp;II. von der Mark [[Schwerte]] das volle Stadtrecht.<br />
<br />
=== Märkischer Bruderstreit 1409–1430 ===<br />
[[Datei:Cleve-Scheibler3ps.jpg|miniatur|Wappen der vereinigten Grafschaften Kleve und Mark]]<br />
<br />
1409 beanspruchte [[Gerhard von der Mark zu Hamm|Gerhard von der Mark]] erstmals einen Teil des väterlichen Erbes von seinem Bruder [[Adolf II. (Kleve-Mark)|Adolf, Graf von der Mark und Kleve]]. Er erhielt zunächst die Herrschaft [[Liemers]], 1413 Teile des [[Märkisches Sauerland|märkischen Sauerlandes]].<br />
<br />
Im Jahr 1417 wurde Adolf&nbsp;IV. Graf von der Mark und als Adolf&nbsp;II. Graf von Kleve von Kaiser Sigismund zum ersten Herzog von Kleve erhoben. Als Herzog wird er auch Adolf&nbsp;I. von Kleve bzw. von Kleve-Mark genannt.<br />
<br />
Bereits im folgenden Jahr 1418 erklärte Adolf von der Mark, Herzog von Kleve und Graf von der Mark, die Erbunteilbarkeit seiner Länder Kleve und Mark. Darüber kam es 1419 zur Fehde zwischen ihm und seinem Bruder Gerhard von der Mark, der bis 1417 Propst des Xantener Viktorstifts gewesen war. Die Stadt Duisburg weigerte sich, die Erbregelung Adolfs anzuerkennen, und schloss ein Bündnis mit Gerhard. Daraufhin sagten Herzog Adolf und über hundert andere Adelige der Stadt Duisburg die Fehde an. Die militärischen Auseinandersetzungen 1419 und 1420 beschränkten sich jedoch weitgehend auf gegenseitige Raub- und Plünderungszüge, so zum Beispiel der Duisburger Truppen gegen Orsoy und Saarn. Durch einen Vergleich im Herbst 1420 wurde die Fehde beendet.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Bd. I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;42.</ref><br />
<br />
Im Verlauf der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Fehde zwischen den beiden Brüdern Adolf und Gerhard von der Mark wurde [[Hattingen]] 1424 bis auf zwei Häuser bei der Eroberung durch bergische Truppen vollständig abgebrannt. Die Stadt musste neu aufgebaut werden. 1429 erkannten die märkischen Stände Gerhard als rechtmäßigen Herrn der Grafschaft Mark an.<br />
<br />
1430 schloss Gerhard von der Mark Frieden mit seinem Bruder Adolf von der Mark, Herzog von Kleve und Graf von der Mark. Er erhielt die Herrschaft über den nördlichen Teil der Grafschaft Mark; einige wichtige [[Landesburg]]en wie [[Burg Blankenstein (Hattingen)|Blankenstein]], [[Bad Fredeburg|Fredeburg]], [[Burg Bilstein (Lennestadt)|Bilstein]] und [[Burg Volmarstein|Volmarstein]] blieben jedoch in der Hand Herzog Adolfs. Gerhard durfte den Titel eines Grafen ''zur Mark'' tragen, sein Bruder behielt sich den Titel ''von der Mark'' vor. Hamm wurde bis zum Tode von Gerhard von der Mark, Graf zur Mark, wieder Residenz.<br />
<br />
'''Die Grafschaft Mark unter Gerhard von der Mark bis 1461'''<br />
<br />
Am 5. März 1455 stiftete Gerhard von der Mark, Graf zur Mark, das [[Franziskanerkloster Hamm]].<br />
<br />
Ab 1456 teilten sich Gerhard und sein Neffe Johann von Kleve die Herrschaft über die Grafschaft Mark.<br />
<br />
1461 starb Gerhard von der Mark, Graf zur Mark, und wurde in seiner [[Franziskanerkloster Hamm|Klostergründung Hamm]] in der Kapelle des Klosters St.&nbsp;Agnes bestattet. Die prachtvollen Messinggrabplatten gingen zwischen 1939 und 1945 verloren; es ist nur eine Zeichnung davon erhalten. Da Gerhard kinderlos verstarb, wurden die Grafschaft Mark und das Herzogtum Kleve endgültig unter der Regentschaft seines Neffen Johann von Kleve vereinigt.<br />
<br />
[[Datei:Johann I von Kleve (1419-1481).jpg|miniatur|Herzog Johann&nbsp;I. von Kleve-Mark]]<br />
<br />
=== [[Soester Fehde]] 1444–1449 ===<br />
Schon 1440 hatte der Kölner Erzbischof [[Dietrich II. von Moers]] versucht, seine Herrschaft über die Stadt Soest zu festigen. 1441 ging die Stadt daraufhin ein Bündnis mit Kleve-Mark ein. Als Soest am 25. Juni 1444 dem Herzog [[Johann I. (Kleve-Mark)|Johann&nbsp;I. von Kleve-Mark]] huldigte und damit die kurkölnische Oberhoheit ablehnte, kam es zum Krieg zwischen dem Kurfürstentum Köln und dem Herzogtum Kleve-Mark. In diesem Krieg ging es weniger um die Stadt Soest, als vielmehr um den Streit zwischen Kurköln und Kleve-Mark um die Vorherrschaft in Westfalen. Kurköln wurde unterstützt vom Bistum Münster, dem Hochstift Paderborn und der freien Reichsstadt Dortmund.<ref>Kuno Drollinger: ''Soester Fehde''. In: Gerhard Taddey (Hrsg.): ''Lexikon der deutschen Geschichte. Personen – Ereignisse – Institutionen''. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1979, S.&nbsp;1130.</ref> Die [[Vest Recklinghausen|vestischen]] Städte [[Dorsten]] und [[Recklinghausen]] waren Basen der [[Erzbistum Köln|kölnischen]] Streitmacht.<br />
<br />
In der Nacht vom 11. auf den 12. März 1445 rückte der Kölner Erzbischof mit einem Heer gegen die Stadt Duisburg und hoffte, in einem nächtlichen Überraschungsangriff die Stadt erobern zu können. Die herannahenden Truppen wurden bemerkt und das kurkölnische Heer musste sich zurückziehen.<ref>Zur Soester Fehde und Duisburgs Rolle in der Auseinandersetzung siehe: Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg.'' Band&nbsp;I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1973, S.&nbsp;43–45.</ref><br />
<br />
Das [[Vest Recklinghausen]] wurde vom Kölner Erzbischof 1446 zur Finanzierung der Soester Fehde an die Herren von [[Gemen (Adelsgeschlecht)|Gemen]] verpfändet.<br />
<br />
Im gleichen Jahr wurde bei Auseinandersetzungen auf dem Territorium Dortmunds der [[Steinerner Turm (Dortmund)|Steinerne Turm]] belagert und beschädigt, zahlreiche Dortmunder gerieten in märkische Gefangenschaft.<br />
<br />
Im Juli 1447 belagerte der Kölner Erzbischof erfolglos mit seinem um 8000 [[Hussiten|hussitische]] Söldner verstärkten Heer die Stadt Soest. Nach einer vierzehntägigen Beschießung der Stadt versuchte das kurkölnische Heer am 19. Juli 1447 die Stadtmauern von Soest zu stürmen; jedoch brachen die Söldner den Angriff ab, bevor es zu ernsthaften Gefechten gekommen war, da es auf kurkölnischer Seite 50 Gefallene gab; die Stadt Soest beklagte 10 Tote. Als der Sold für die hussitischen Söldner – mit 200.000 Gulden war der Erzbischof mittlerweile in Verzug – auch nach dem Sturmangriff nicht gezahlt wurde, zogen die Söldner am 21. Juli ab und ließen den Erzbischof mit einem Restheer von 4000 Mann zurück, der daraufhin die Belagerung abbrechen musste.<ref>Gustav Engel: ''Politische Geschichte Westfalens''. Grote, Köln/Berlin 1968, S. 140 f.</ref> Nach diesem Misserfolg war Erzbischof Dietrich von Moers zu Friedensverhandlungen bereit.<br />
<br />
Am 27. April 1449 wurde mit dem Schiedsspruch von Maastricht auf Vermittlung des burgundischen Herzogs die Soester Fehde auf der Basis des Status quo beendet. Soest und Xanten kamen an Kleve-Mark; Kurköln erhielt die Zollstätte [[Kaiserswerth]] und die von kurkölnischen Truppen 1444 und 1445 eroberten Herrschaften [[Bad Fredeburg|Fredeburg]] und [[Bilstein (Lennestadt)|Bilstein]] im Sauerland. Durch dieses Ergebnis der Soester Fehde wurde eine Vormachtstellung des Kurfürstentums Köln in Westfalen verhindert.<br />
<br />
Zwei Landtage zu Wickede beschlossen im Frühjahr 1486 eine außerordentliche Steuer in der [[Grafschaft Mark]] für den Landesherrn Johann, Graf von der Mark und Herzog von Kleve. Das dazu erstellte Schatzbuch, das ''Schatboick in Mark'', enthielt ein Verzeichnis aller Steuerpflichtigen und listete damit viele Details zu einzelnen Orten auf.<br />
<br />
=== Auseinandersetzung zwischen der Stadt Essen und dem Stift Essen ===<br />
Im Oktober 1495 musste die Äbtissin Meyna von Daun-Oberstein ihren Stiftsvogt [[Johann II. (Kleve-Mark)|Johann II., Herzog von Kleve und Graf von Mark]] um Hilfe bitten, da ihr die Kontrolle über Essen entglitten war. Zwar hatten die Grafen von Mark bereits seit Jahrzehnten die Vogtei des Stiftes Essen inne, jedoch wurde der Vogt nur für einen bestimmten Zeitraum gewählt. Johann II. nutzte die Situation aus und zwang Äbtissin Meyna und ihr Kapitel, ihn und seine Erben als Stiftsvögte einzusetzen. In dem Vertrag vom 21. Oktober 1495 wurde Essen faktisch in den Herrschaftsbereich von Kleve-Mark eingegliedert: Der Äbtissin blieben die Rechte der Gerichtsbarkeit und der Verwaltung, die militärische und politische Macht ging in die Hände von Kleve-Mark über.<ref>Robert Jahn: ''Essener Geschichte. Die geschichtliche Entwicklung im Raum der Großstadt Essen.'' Essen : Verlag G. D. Baedecker, 1957, S. 104f</ref><br />
<br />
== Frühe Neuzeit ==<br />
=== Entwicklung der Städte ===<br />
[[Schwelm]] erhielt 1496 die Stadtrechte.<br />
<br />
'''Brandkatastrophen in Recklinghausen und Bochum'''<br />
<br />
Am 4. April 1500 zerstörte eine Feuersbrunst in Recklinghausen neben der Petruskirche, Schule und Rathaus rund 350 Wohnhäuser, also etwa die Hälfte der Stadt.<br />
<br />
Die Stadt Bochum brannte am 25. April 1517 völlig ab. Ein Feuer, das im Haus des Johann Schrivers ausgebrochen war, griff auf die umstehenden mit Stroh gedeckten Fachwerkhäuser über und zerstörte innerhalb einer Nacht alle Gebäude der Stadt. Das Vermögen Schrivers, das beschlagnahmt worden war, reichte bei weitem nicht aus, die zerstörte Kirche und das Rathaus wieder aufzubauen. Der Wiederaufbau des Rathauses zog sich über sieben Jahre hin. Zwar konnte die Kirche ab 1521 behelfsmäßig wieder genutzt werden, ihr Wiederaufbau dauerte jedoch über Jahrzehnte bis zum Ende des Jahrhunderts.<ref>Harenberg, Bodo (Hrsg.) : ''Chronik des Ruhrgebiets.'' Dortmund : Chronik Verlag, 1987, S. 43.</ref><br />
<br />
'''Dortmund'''<br />
<br />
Bereits seit der Mitte des 13. Jahrhunderts hatte die Stadt Dortmund den Grafen von Dortmund zunehmend Rechtstitel abgekauft. 1320 erwarb die Stadt von Graf Konrad Stecke die Hälfte der [[Grafschaft Dortmund]].<ref>Thomas Schilp: ''Zeit-Räume. Aus der Geschichte einer Stadt''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Wittmaack Verlag, Dortmund 1989, S. 63 f.</ref> Nach dem Tode von Johann Stecke, dem letzten Grafen von Dortmund, im Jahr 1504 ging die kleine Grafschaft in den Besitz der Stadt Dortmund über.<ref>Alois Schröer: ''Die Reformation in Westfalen. Der Glaubenskampf einer Landschaft,'' Bd. 1. Aschendorff Verlag, Münster 1979, S. 411.</ref> Am 12. Oktober 1504 belehnte der römisch-deutsche König und spätere Kaiser [[Maximilian I. (HRR)|Maximilian I.]] die Stadt Dortmund mit der Grafschaft Dortmund, die etwa 6000 Hektar umfasste und zu der u.&nbsp;a. die Dörfer Brechten, Körne, Eving, Holthausen und Altenmengede gehörten. Da die Stadt damit Landesherr über die Grafschaft Dortmund wurde, bekamen die Einwohner der Grafschaft nicht das Dortmunder Bürgerrecht, sondern blieben Untertanen.<ref>Thomas Schilp: ''Die Reichsstadt (1250–1802) ''. In: Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S.&nbsp;94&nbsp;f.</ref><br />
<br />
1508 trat erstmals die „[[Syphilis|Franzosenkrankheit]]“, die Syphilis, in Dortmund auf, von der die gesamte Bevölkerung, einschließlich der Kinder, stark betroffen war. Die Geschlechtskrankheit verdankt ihren altertümlichen Namen dem Umstand, dass sie seit 1498 vielfach durch französische Söldner in Europa verbreitet wurde.<br />
<br />
=== Territoriale Entwicklung im 16. Jahrhundert ===<br />
Die Zeit von 1500 bis 1618 war geprägt durch ein erhebliches Bevölkerungswachstum, das weniger den Städten als vielmehr den ländlichen Gebieten zugutekam. Da die bestehenden Bauernhöfe ungeteilt an den ältesten Sohn vererbt wurden, blieb die Zahl der Höfe konstant. Aufgrund der wachsenden Bevölkerung kam es im Ruhrgebiet zu einer Hochphase der Kottenbildung, d.&nbsp;h. Kötter mussten in der unkultivierten Mark ein Stück Land urbar machen und bebauen. Da die etablierten Bauern kein Interesse an einer Urbarmachung der Mark hatten, versuchten sie, die einzelnen Kottenstellen möglichst klein zu halten, was dazu führte, dass ein Großteil der Kotten nicht lebensfähig war und die Kötter sich zusätzlich als Tagelöhner auf den großen Bauernhöfen verdingen mussten. Im Laufe des 16. Jahrhunderts kam die [[Hollandgänger]]ei auf, d.&nbsp;h. Kötter arbeiteten im Sommer in den wirtschaftlich aufstrebenden Niederlanden im Bereich von Landwirtschaft und Schiffsbau, um mit dem dort verdienten Geld ihre Familien zu ernähren.<ref>Albert K. Hömberg: ''Wirtschaftsgeschichte Westfalens''. Mehren & Hobbeling, Münster 1968, S. 88 f.</ref><br />
<br />
'''Entstehung der Vereinigten Herzogtümer 1511/1521'''<br />
[[Datei:Karte der Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg (1540).png|miniatur|Die Vereinigten Herzogtümer]]<br />
Nach dem Tode des letzten jülichschen Herzogs Wilhelms&nbsp;IV. 1511 trat sein Schwiegersohn, der [[Erbprinz]] von Kleve-Mark [[Johann (Jülich-Kleve-Berg)|Johann von der Mark]], der die Erbtochter Wilhelms geheiratet hatte, die Nachfolge in den Herzogtümern [[Herzogtum Jülich|Jülich]] und [[Herzogtum Berg|Berg]] sowie der [[Grafschaft Ravensberg]] an. Als 1521 der Vater Johanns starb, erbte dieser das [[Herzogtum Kleve]] und die [[Grafschaft Mark]], wodurch der Flächenstaat [[Vereinigte Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg]] entstand.<ref>Irmgard Hantsche: ''Atlas zur Geschichte des Niederrheins''. Kartographie: Harald Krähe. Verlag Peter Pomp, Bottrop/Essen 1999, S.&nbsp;72&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Der Pfandbesitz der Grafen von Holstein-Schaumburg-Gemen am [[Vest Recklinghausen]] endete 1576 nach 130 Jahren.<br />
<br />
=== Ära des Umbruchs: Humanismus und Reformation ===<br />
{{Hauptartikel|Reformation|Humanismus}}<br />
<br />
'''Die Reformation in den Vereinigten Herzogtümern'''<br />
<br />
Zwar hatte [[Johann (Jülich-Kleve-Berg)|Johann&nbsp;III. von Jülich-Kleve-Berg]]<ref>{{ADB|14|213|215|Johann III. (Herzog von Kleve-Mark und Jülich-Berg)|Woldemar Harleß|ADB:Johann III. (Herzog von Kleve-Mark und Jülich-Berg)}}<br />Wilhelm Janssen: ''Johann III''. In: ''Neue Deutsche Biographie'' (NDB). Band 10. Duncker & Humblot, Berlin 1974, S. 493 f.</ref> das [[Wormser Edikt]] von 1521, das die Ächtung Luthers und das Verbot seiner Schriften verfügte, in seinem Herrschaftsgebiet nicht veröffentlichen lassen; er legte jedoch am 26. März 1525 fest, dass die Pastoren in seinen Ländern die Lehren Luthers nicht verbreiten dürften, sondern in ihren Predigten zu verkünden hätten, dass diese Lehren ketzerisch seien. Er ordnete an, dass alle Anhänger der lutherischen Lehre zu verhaften und zu bestrafen seien. Trotzdem stand er den Missständen in der katholischen Kirche kritisch gegenüber; denn am 3.&nbsp;Juli 1525 verfügte er in einem Erlass u.&nbsp;a., dass die Pastoren seiner Länder ihren Pflichten nachzukommen hätten, für kirchliche Amtshandlungen kein Geld nehmen dürften, in der zuständigen Gemeinde zu wohnen hätten; er verbot, um die Entstehung von Aberglauben zu verhindern, Heiligenbilder bei Prozessionen mitzuführen, verbot jegliche Form kirchlicher Gerichtsbarkeit, verbot den Immobilienerwerb durch Mönche und verbot Mönchen, in seinen Ländern zu betteln.<ref>Christian Schulte: ''Versuchte konfessionelle Neutralität im Reformationszeitalter. Die Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg unter Johann&nbsp;III. und Wilhelm&nbsp;V. und das Fürstbistum Münster unter Wilhelm von Ketteler''. Lit Verlag, Münster 1995 (Geschichte, Bd.&nbsp;9); zugleich Universität Münster (Westf.) Diss.phil. 1995, S.&nbsp;20–22.</ref><br />
<br />
Gegenüber der allgemeinen Entwicklung im Reich und vor allem auf den Reichstagen, auf denen Johann&nbsp;III. sich jeweils von Graf [[Wirich VI. von Daun-Falkenstein]] vertreten ließ, versuchte der Herzog eine neutrale Religionspolitik durchzuhalten. Unter dem Einfluss des [[Erasmus von Rotterdam]] erließ Johann&nbsp;III. am 18. Juli und am 24. Oktober 1530 zwei Verordnungen zur Religionspolitik in den Vereinigten Herzogtümern, die sich gegen die Missstände in der katholischen Kirche wandten, eine umfassende Reformation aber ablehnten. In der Oktoberfassung, die diese Position noch einmal unterstrich, wurde als Grund der Missstände besonders der niedrige Bildungsstand der Geistlichen angeführt.<ref>Christian Schulte: ''Versuchte konfessionelle Neutralität im Reformationszeitalter. Die Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg unter Johann&nbsp;III. und Wilhelm&nbsp;V. und das Fürstbistum Münster unter Wilhelm von Ketteler''. Lit Verlag, Münster 1995 (Geschichte, Bd.&nbsp;9); zugleich Universität Münster (Westf.) Diss.phil. 1995, S.&nbsp;32&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Am 11. Januar 1532 erließ Herzog Johann&nbsp;III. eine Kirchenordnung für die Herzogtümer, die diese neutrale Haltung in Religionsfragen widerspiegelte. Diese Kirchenordnung wurde jedoch von beiden Konfessionen kritisiert, den Protestanten gingen die Reformen nicht weit genug, die Katholiken kritisierten die „Verwässerung“ der katholischen Lehre „im neugläubigen Sinne“.<ref>Zum Inhalt der Kirchenordnung und deren Rezeption vergleiche Christian Schulte: ''Versuchte konfessionelle Neutralität im Reformationszeitalter. Die Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg unter Johann&nbsp;III. und Wilhelm&nbsp;V. und das Fürstbistum Münster unter Wilhelm von Ketteler''. Lit Verlag, Münster 1995 (Geschichte, Bd.&nbsp;9); zugleich Universität Münster (Westf.) Diss.phil. 1995, S.&nbsp;34–36.</ref><br />
<br />
Genau ein Jahr später, am 11. Januar 1533, erließ Johann&nbsp;III. eine „Declaratio“ als Ergänzung zur Kirchenordnung, die am 18. April 1533 veröffentlicht wurde.<ref>Zusammenfassend zur klevischen Kirchenordnung von 1532/1533 siehe Alois Schröer: ''Die Reformation in Westfalen. Der Glaubenskampf einer Landschaft,'' Bd.&nbsp;1. Aschendorff Verlag, Münster 1979, S.&nbsp;232–236.</ref> Hierbei kam er den Protestanten weiter entgegen, wahrte aber grundsätzlich religiöse Neutralität. Der Herzog war bemüht, in seinen Ländern eine gegenseitige Tolerierung beider Konfessionen zu erreichen und drohende konfessionelle Auseinandersetzungen zu verhindern.<ref>Zum Inhalt der „Declaratio“ und ihrer Bedeutung für die weitere Entwicklung vergleiche Christian Schulte: ''Versuchte konfessionelle Neutralität im Reformationszeitalter. Die Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg unter Johann&nbsp;III. und Wilhelm&nbsp;V. und das Fürstbistum Münster unter Wilhelm von Ketteler''. Lit Verlag, Münster 1995 (Geschichte, Bd.&nbsp;9); zugleich Universität Münster (Westf.) Diss.phil. 1995, S.&nbsp;41–44.</ref><br />
<br />
In Mülheim an der Ruhr soll drei Tage nach Ostern im Jahr 1555 die gesamte Gemeinde zum reformierten Glauben übergetreten sein, nachdem – nach einem Predigerverzeichnis aus dem Jahr 1744 – im Jahr 1554 mit Johann Kremer der erste reformierte Prediger in Mülheim tätig geworden war. Der erste – historisch sicher nachgewiesene – evangelische Prediger war der im Jahr 1599 verstorbene Johann Schöltgen. Die [[Herrschaft Styrum]] blieb weiterhin katholisch.<ref>''Denkschrift zur Hundertjahrfeier der Stadt Mülheim an der Ruhr 1908''. Herausgegeben vom Geschichtsverein Mülheim an der Ruhr. Julius Bagel, Mülheim a.&nbsp;d. Ruhr 1908. Unveränderter Nachdruck, Mülheim a.&nbsp;d. Ruhr 1983, S.&nbsp;129–132.</ref><br />
<br />
'''Die Reformation in Dortmund'''<br />
<br />
1518/19 kam es in Dortmund zwischen Bürgerschaft und Stadtklerus zu einem Konflikt über Privilegien des [[Klerus]]. In Dortmund gab es im 15. Jahrhundert wiederholt Streitigkeiten zwischen den Handel- und Gewerbetreibenden und dem Klerus, dessen Handelsaktivitäten eingeschränkt werden sollten. Bereits 1487 hatte der Rat der Stadt Dortmund den Geistlichen die Einfuhr von Malz und Korn nur noch für den Eigenbedarf gestattet. Im Dezember 1518 verbot der Rat den Verkauf von Ablassbriefen in Dortmund. Im Verlauf der daraufhin entstandenen Auseinandersetzung zwischen Rat und Klerus verbot der Rat den Kirchen, Handel und Gewerbe zu betreiben. Im Gegenzug schlossen die Kirchen alle Dortmunder Bürger von der Teilhabe an den Sakramenten aus. Ostern 1519 wurde der Bann der Bürger durch [[Kardinal]] [[Thomas Cajetan]] aufgehoben.<ref>Alois Schröer: ''Die Reformation in Westfalen. Der Glaubenskampf einer Landschaft,'' Bd. 1. Aschendorff Verlag, Münster 1979, S.&nbsp;412.</ref><br />
<br />
Die Auseinandersetzungen zwischen den Dortmunder Bürgern und dem Stadtklerus setzten sich ab 1523 fort, als Bürger forderten, man möge Geistlichen die Teilnahme an Hochzeitsfeiern und Kindtaufen verbieten. Ein Kompromiss des Rates von 1525 war nur von kurzer Dauer, denn 1527 forderten die Gilden von der Stadt die Einstellung lutherischer Prediger; jedoch gelang es dem Rat, die Gilden vom Übertritt zum Protestantismus abzuhalten.<ref>Alois Schröer: ''Die Reformation in Westfalen. Der Glaubenskampf einer Landschaft,'' Bd. 1. Aschendorff Verlag, Münster 1979, S. 413 f.</ref><br />
<br />
1538 wurde die kleine Gemeinde der [[Täufer]] auf Veranlassung des Rates zerschlagen. Zwei Dortmunder Bürger wurden verhaftet. Als einer der beiden Prediger, Peter von Rulsem, sich weigerte, die Lehre der sogenannten Wiedertäufer zu widerrufen, wurde er am 21. Januar 1538 enthauptet.<ref>Alois Schröer: ''Die Reformation in Westfalen. Der Glaubenskampf einer Landschaft,'' Bd. 1. Aschendorff Verlag, Münster 1979, S. 414.</ref><br />
<br />
[[Datei:HermannHamelmann.jpg|miniatur|Hermann Hamelmann. Stich von F. W. Brandshagen (1711)]]<br />
Als Ergänzung zu den kirchlichen Lateinschulen gründeten Rat und Bürger in Dortmund 1543 ein [[Humanismus|humanistisch]] geprägtes [[Gymnasium]], das Archigymnasium, als höhere Schule. Die Lehreinrichtung war beeinflusst von den Vorbildern des Gymnasiums in [[Emmerich am Rhein|Emmerich]] und des [[Gymnasium Paulinum (Münster)|Paulinums]] in Münster. Die Lehrinhalte waren humanistisch orientiert. Der erste Rektor der Schule, Johannes Lambach, prägte über dreißig Jahre das geistige und kulturelle Leben Dortmunds. Zu den Schülern der frühen Zeit an der Dortmunder Schule zählten [[Hermann Hamelmann]]<ref>{{ADB|10|474|476|Hamelmann, Hermann|August Döring|ADB:Hamelmann, Hermann}}</ref> und Johann Heitfeld.<ref>Thomas Schilp: ''Die Reichsstadt (1250–1802)''. In: Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S.&nbsp;182–185.</ref><br />
<br />
1556 begann der Kaplan von St. Marien, Johann Heitfeld, öffentlich die lutherische Lehre zu verbreiten. Als er die Anweisungen des Rates, dies einzustellen, ignorierte, wurde er 1557 aus Dortmund ausgewiesen.<ref>Alois Schröer: ''Die Reformation in Westfalen. Der Glaubenskampf einer Landschaft,'' Bd. 1. Aschendorff Verlag, Münster 1979, S. 417.</ref><br />
<br />
Der „Reformator Westfalens“, Hermann Hamelmann, bekannte sich 1553 in Kamen zum Dreifaltigkeitsfest erstmals öffentlich zum reformierten Glauben; daraufhin musste er die Stadt verlassen.<br />
<br />
1529 grassierte der [[Englischer Schweiß|Englische Schweiß]]. Die Krankheit führt binnen Stunden nach dem Ausbruch zum Tod. In Dortmund starben in den ersten vier Tagen der Epidemie von 500 Erkrankten 497.<br />
<br />
'''Entwicklung des Buchdrucks im 16. und 17. Jahrhundert'''<br />
<br />
1541 wurde in Wesel der [[Buchdruck]] eingeführt, 1544 in Dortmund das erste Buch gedruckt. Beide Städte entwickelten sich zu wichtigen Zentren des Druckwesens im 16. und 17. Jahrhundert. Ab 1552 wurden auch in Unna vereinzelt Bücher gedruckt, ab 1553 ebenfalls in [[Büderich (Wesel)|Büderich]]; beide Druckorte verloren jedoch im 17. Jahrhundert an Bedeutung. 1607 erschienen die ersten in Duisburg gedruckten Bücher; ab 1613 wurden auch in Essen, wenn auch in geringem Maße, Bücher gedruckt.<ref>Irmgard Hantsche: ''Buchdruck am Niederrhein bis zum 17. Jahrhundert''. In: Irmgard Hantsche: ''Atlas zur Geschichte des Niederrheins''. Kartographie: Harald Krähe. Verlag Peter Pomp, Bottrop/Essen 1999, S.&nbsp;86f. (Schriftenreihe der Niederrhein-Akademie, Bd.&nbsp;4).</ref> In Hamm entstand die erste beständige Buchdruckerei 1650.<br />
<br />
[[Datei:Gerardus Mercator 3.jpg|miniatur|Gerhard Mercator]]<br />
[[Datei:DuisburgVogelschauplan1566.jpg|miniatur|links|Duisburg. Corputius-Plan 1566]]<br />
'''Das „gelehrte Duisburg“ – „Duisburgum doctum“'''<br />
<br />
Der 1512 in [[Flandern]] geborene Kartograf [[Gerhard Mercator]] ließ sich 1552 auf Einladung Herzog [[Wilhelm (Jülich-Kleve-Berg)|Wilhelms des Reichen]], der ihm einen Lehrstuhl an der neu zu gründenden Universität angeboten hatte, in Duisburg nieder. Zuvor von der katholischen Kirche verfolgt, konnte Mercator im religiös toleranteren Herzogtum Kleve seine bedeutenden Arbeiten weiterführen.<ref>Zu Mercators Werk siehe Scharfe, Wolfgang : ''Gerhard Mercator und seine Zeit. 7. Kartographiehistorisches Colloquium. Duisburg, 6.-8. Oktober 1994. Vorträge und Berichte.'' Duisburg : Walter Braun Verlag, 1996 (Duisburger Forschungen, Band 42)</ref><br />
<br />
Am 11. Februar 1555 beschloss der Rat der Stadt Duisburg mit nur einer Gegenstimme, die Statue des Salvator aus der Salvatorkirche zu entfernen und für den Religionsunterricht den evangelischen [[Katechismus]] einzuführen. 1558 wurde mit Petrus von Benden der erste protestantische Pfarrer an die Salvatorkirche berufen.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg,'' Band I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;264&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Die ''Schola Duisburgensis'' wurde 1559 zum Akademischen [[Landfermann-Gymnasium|Gymnasium Duisburg]]. Einer der Lehrer dort war von 1559 bis 1562 Gerhard Mercator; er unterrichtete Mathematik und [[Kosmografie]]. Der geplanten Universitätsgründung in Duisburg standen die Jesuiten sehr kritisch gegenüber, da sie eine stark protestantisch ausgerichtete Universität befürchteten. Es gelang ihnen zunächst, eine päpstliche Genehmigung zur Errichtung zu verhindern. Erst als Herzog Wilhelm&nbsp;V. zusagte, die Lehrstühle nur mit katholischen Professoren zu besetzen und dem in Düsseldorf lehrenden [[Johannes Monheim]] die Lehrerlaubnis zu entziehen, wurde am 20. Juli 1564 die päpstliche Gründungsurkunde ausgefertigt. Zwei Jahre später erhielt Wilhelm&nbsp;V. dann auch vom Kaiser das Privileg zur Errichtung der Universität. Der Beginn des [[Achtzigjähriger Krieg|Spanisch-Niederländischen Krieges]] verhinderte die Errichtung der Universität, die erst 1655 unter preußischer Herrschaft gegründet wurde.<ref>Christian Schulte: ''Versuchte konfessionelle Neutralität im Reformationszeitalter. Die Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg unter Johann&nbsp;III. und Wilhelm&nbsp;V. und das Fürstbistum Münster unter Wilhelm von Ketteler''. Lit Verlag, Münster 1995 (Geschichte, Bd.&nbsp;9); zugleich Universität Münster (Westf.) Diss.phil. 1995, S.&nbsp;173–176.</ref><br />
<br />
Der Mercatorschüler [[Johannes Corputius]]<ref>Zur Vermessungsgrundlage des Corputius-Plans siehe Milz, Joseph : ''Der Duisburger Stadtplan des Johannes Corputius und seine Vermessungsgrundlagen.'' In: Stadtarchiv Duisburg (Hrsg.) : ''Duisburger Forschungen. Schriftenreihe zur Geschichte und Heimatkunde Duisburgs. Band 45.'' Duisburg : Mercator Verlag, 2000, S. 1–24</ref> hielt 1566 die Ansicht Duisburgs erstmals in einem exakten [[Corputius-Plan|Plan]] fest.<ref>Günter von Roden: ''Duisburg im Jahre 1566. Der Stadtplan des Johannes Corputius''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1964 (Duisburger Forschungen, Beiheft&nbsp;6). Vergleiche auch: Heike Frosien-Leinz: ''Der Corputius-Plan: Kommunales Selbstbewusstsein und Werbemittel.'' In: Heike Frosien-Leinz (Redaktion): ''Von Flandern zum Niederrhein: Wirtschaft und Kultur überwinden Grenzen. Begleitband zur Ausstellung''. Hrsg. von Stadt Duisburg – Die Oberbürgermeisterin, Kultur- und Stadthistorisches Museum Duisburg, 2000, S.&nbsp;87–100.</ref><br />
<br />
=== Auswirkungen des Achtzigjährigen Krieges auf das Ruhrgebiet ===<br />
{{Hauptartikel|Achtzigjähriger Krieg}}<br />
<br />
Mit dem Aufstand der niederländischen Provinzen gegen die spanische Herrschaft begann 1568 der Unabhängigkeitskampf der Niederlande, der als „[[Achtzigjähriger Krieg]]“ (1568–1648) bezeichnet wird. Die Kampfhandlungen griffen wiederholt auf das Ruhrgebiet über, wobei vor allem das westliche Ruhrgebiet betroffen war. So wurden Teile der Region im [[Spanischer Winter 1598/99|Winter 1598/99]] von spanischen Truppen besetzt. Aus der niederrheinischen Perspektive betrachtet, waren die in diesen Zeitraum fallenden kriegerischen Auseinandersetzungen wie der [[Truchsessischer Krieg|Truchsessische Krieg]] oder der [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährige Krieg]] lediglich Phasen innerhalb einer sich über fast achtzig Jahre hinziehenden Folge von Kämpfen im Bereich des Niederrheins und des Ruhrgebiets.<ref>Vergleiche Kapitel „Dreißig- oder Achtzigjähriger Krieg – Die niederrheinische Perspektive“ in: Stephan Ehrenpreis (Hrsg.): ''Der Dreißigjährige Krieg im Herzogtum Berg und in seinen Nachbarregionen''. Unter Mitarbeit von Klaus Herdepe. Verlagsdruckerei Schmidt, Neustadt a.d. Aisch 2002, S.&nbsp;9–64.</ref><br />
<br />
==== Truchsessischer Krieg 1583–1589 ====<br />
Durch den Kölnischen, genauer gesagt Truchsessischen Krieg wurde das Ruhrgebiet in die militärischen Auseinandersetzungen des Achtzigjährigen Krieges hineingezogen. Am 5.&nbsp;Dezember 1577 war [[Gebhard I. von Waldburg|Gebhard Truchsess von Waldburg]] gegen den Widerstand des Kaisers und des spanischen Königs zum Kölner Erzbischof und damit zum Kurfürsten gewählt worden.<ref>Franz Petri: ''Im Zeitalter der Glaubenskämpfe (1500–1648)''. In: Franz Petri, Georg Droege: ''Rheinische Geschichte,'' Band 2: ''Neuzeit''. Schwann Verlag, Düsseldorf 1976, S.&nbsp;84.</ref> Seine Heirat 1582 mit Gräfin Agnes von Mansfeld und sein Übertritt zum Protestantismus veranlassten ihn – nicht zuletzt auf Druck der calvinistischen Grafen der Rheinlande – zu dem Versuch, das katholische Erzbistum Köln in ein erbliches protestantisches Herzogtum umzuwandeln, was zu einer Zweidrittelmehrheit im Kurkolleg geführt hätte und Einfluss auf die Wahl des deutschen Königs gehabt hätte. In Edikten vom 19. Dezember 1582, 16. Januar und 2. Februar 1583 stellte er den Einwohnern Kurkölns frei, ihre Religion selbst zu wählen.<ref>Franz Petri: ''Im Zeitalter der Glaubenskämpfe (1500–1648)''. In: Franz Petri, Georg Droege: ''Rheinische Geschichte,'' Band 2: ''Neuzeit''. Schwann Verlag, Düsseldorf 1976, S.&nbsp;85.</ref> Am 22. März 1583 wurde Gebhard durch eine päpstliche Bulle seines Amtes als Erzbischof enthoben, am 23. Mai 1583 Ernst von Bayern zum Nachfolger gewählt. Nach Niederlagen gegen die bayrischen und spanischen Truppen musste Gebhard in das kurkölnische Herzogtum Westfalen fliehen, wo er in Werl residierte.<br />
<br />
1583 drang der spanische Feldherr [[Francisco de Mendoza]] mit 21.000 Fußsoldaten und 2.500 Reitern bis [[Orsoy]] vor und errichtete in [[Walsum]] ein Lager mit Schanzen. Anfang 1584 begann der Vormarsch spanischer Truppen in rechtsrheinisches Gebiet; hierbei wurden 1584 die Dörfer Meiderich und [[Lakum]] geplündert.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg,'' Band 2: ''Die Ortsteile von den Anfängen. Die Gesamtstadt seit 1905''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1974, S.&nbsp;130.</ref> Bei ihrem weiteren Vormarsch besetzten die spanischen Truppen Essen und die umliegenden Dörfer, brandschatzten und plünderten im Essener Gebiet.<ref>Wolf Schneider: ''Essen – Das Abenteuer einer Stadt''. Econ Verlag, Düsseldorf 1963, S. 96.</ref><br />
<br />
Weitere Niederlagen seiner Truppen veranlassten Gebhard, im Frühjahr 1584 mit wenigen ihm verbliebenen Reitern auf das Territorium der Niederlande zu fliehen, wo er Aufnahme und Unterstützung fand. Auf Reichsebene war der Truchsessische Krieg damit beendet, nicht jedoch aus der Sicht des Ruhrgebietes; denn nun wurde diese Region in die militärischen Auseinandersetzungen des Achtzigjährigen Krieges hineingezogen.<br />
<br />
[[Datei:Ruhrorter Kastell im Jahre 1587 von ca 1700.jpg|miniatur|1587 Eroberung Ruhrorts durch spanische Truppen]]<br />
<br />
Der Söldnerführer [[Martin Schenk von Nideggen]], der sich zu der Zeit in Diensten der Niederlande befand, besetzte 1586 mit seiner Söldnertruppe das kurkölnische Rheinberg, legte eine starke Besatzung in die Stadt und versorgte die dort stationierten Truppen mit reichlich Proviant, damit die Stadt gegen die anrückenden spanischen Truppen unter [[Alessandro Farnese (1545–1592)|Alessandro Farnese]], dem Prinzen von Parma und spanischen Statthalter in den Niederlanden, verteidigt werden könnte. Obwohl Ruhrort zum Herzogtum Kleve gehörte, gelang es Nideggen in der Nacht des 26. Januar 1587, Söldner in die Stadt Ruhrort einzuschleusen und sich der Stadt zu bemächtigen.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg,'' Band 2: ''Die Ortsteile von den Anfängen. Die Gesamtstadt seit 1905''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1974, S.&nbsp;197.</ref> Anschließend wurden das Nonnenkloster in Duisburg-Duissern und das Prämonstratenserstift in Hamborn von Nideggens Söldnern niedergebrannt.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg,'' Band I: ''Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;48.</ref><br />
<br />
Das [[Niederlande|niederländisch]] besetzte [[Ruhrort]] wurde am 26. März 1587 im Achtzigjährigen Krieg von spanischen Truppen nach einer Belagerung erobert; die spanischen Truppen blieben bis 1589.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg,'' Band II: ''Die Ortsteile von den Anfängen, die Gesamtstadt seit 1905''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1974, S.&nbsp;695.</ref><br />
<br />
==== Der Achtzigjährige Krieg von 1598 bis 1609 ====<br />
Nach einigen Jahren relativen Friedens, in denen es gelang, das rechtsrheinische Ruhrgebiet weitgehend aus den Kampfhandlungen des Achtzigjährigen Krieges herauszuhalten, griff der Krieg wieder ab 1598 auf das Ruhrgebiet über.<br />
<br />
Die Spanier verlegten 1598 Truppen ins [[Vest Recklinghausen]] und die Grafschaft Mark. Von General [[Francisco de Mendoza]] und seinen 24.000 Soldaten wurde unter anderem [[Recklinghausen]] eingenommen.<br />
<br />
[[Datei:Mord an Wirich 1598.jpg|miniatur|Ermordung Graf Wirichs VI. durch spanische Soldaten 1598; im Hintergrund die Burg Broich]]<br />
<br />
Im heutigen Mülheim an der Ruhr wurde am 9. Oktober 1598 die [[Schloss Broich|Burg Broich]] nach einer Belagerung durch spanische Söldnertruppen in Stärke von 5000 Mann auf Befehl von Francisco de Mendoza erobert; die gesamte Burgbesatzung – einschließlich der Frauen und Kinder – wurde niedergemetzelt, der in spanische Gefangenschaft geratene Burgherr von Broich, Graf [[Wirich VI. von Daun-Falkenstein]], am 11. Oktober ermordet.<ref>Rudolf op ten Höfel: ''Kleine Geschichte der Stadt Mülheim an der Ruhr''. Zeitschrift des Geschichtsvereins Mülheim a. d. Ruhr, Heft 54 / 1978, S.&nbsp;46.</ref><br />
<br />
Essen wurde am 20. Dezember 1598 von spanischen Truppen besetzt, die das Gebiet des Stifts Essen und der Abtei Werden plünderten. In der Stadt Essen wurden spanische Truppen einquartiert, die in der Stadt überwinterten. Im April 1599 zogen die Truppen gegen Zahlung eines „Zehrgeldes“ ab. Infolge der Besetzung Essens durch die spanische Garnison brach in der Stadt die Pest aus.<ref>Wolf Schneider: ''Essen – Das Abenteuer einer Stadt''. Econ Verlag, Düsseldorf/Wien 1963, S. 96 f.</ref><br />
<br />
[[Datei:Dortmund Braun-Hogenberg.jpg|miniatur|links|Dortmund um 1600]]<br />
<br />
1598 und 1599 waren spanische Truppen in der Stadt Dortmund einquartiert; das Umland wurde geplündert. [[Castrop]] hatte beispielsweise stark unter den Plünderungen zu leiden. Wegen der spanischen Truppenunterbringung kam es zu einer Lebensmittelknappheit.<ref>Thomas Schilp: ''Die Reichsstadt (1250 bis 1802)''. In: Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S.&nbsp;190.</ref><br />
<br />
Im Verlauf eines von Moritz von Oranien geleiteten staatisch-niederländischen Feldzugs am Niederrhein gelang 1601 die Eroberung von Moers und Rheinberg; die niederländischen Söldner richteten auch im rechtsrheinischen Ruhrgebiet, so z.&nbsp;B. in [[Walsum]], Schäden an.<ref>Franz Petri: ''Im Zeitalter der Glaubenskämpfe (1500–1648)''. In: Franz Petri, Georg Droege (Hrsg.): ''Rheinische Geschichte,'' Bd.&nbsp;2: ''Neuzeit''. Schwann Verlag, Düsseldorf 1976, S.&nbsp;99.</ref><br />
<br />
[[Datei:Schlacht von Mülheim 1605.jpg|miniatur|Die Schlacht bei Mülheim 1605]]<br />
<br />
Im Verlaufe des Achtzigjährigen Krieges lagerte 1605 ein spanisches Heer von 20.000 Söldnern unter [[Ambrosio Spinola]] an der Mündung der Ruhr nahe Ruhrort. Von dort aus ließ Spinola die Stadt Mülheim und die Burg Broich durch Truppenteile besetzen. Die bei Wesel lagernden staatischen Truppen unter [[Moritz von Oranien]] griffen die spanischen Truppen an und besiegten sie in der [[Schlacht bei Mülheim (1605)|Schlacht bei Mülheim]]. Auf die Nachricht hin, die spanische Hauptarmee rücke heran, zogen sich die staatischen Truppen zurück, und Mülheim blieb bis 1609 spanisch besetzt, bis staatische Truppen die Besatzung bei der [[Schlacht bei Mülheim (1609)|zweiten Schlacht]] vertrieben.<ref>''Denkschrift zur Hundertjahrfeier der Stadt Mülheim an der Ruhr''. Herausgegeben vom Geschichtsverein Mülheim an der Ruhr. Julius Bagel, Mülheim a.&nbsp;d. Ruhr 1908. Unveränderter Nachdruck, Mülheim a.&nbsp;d. Ruhr 1983, S.&nbsp;46.</ref><br />
<br />
Am 12. April 1609 einigten sich die Niederlande und Spanien in Antwerpen auf einen Waffenstillstand, der zwölf Jahre lang hielt, bis der Achtzigjährige Krieg im Zusammenhang mit dem Dreißigjährigen Krieg erneut aufflammte.<br />
<br />
=== Jülich-Klevischer Erbfolgestreit 1609–1614 ===<br />
{{Hauptartikel|Jülich-Klevischer Erbfolgestreit}}<br />
<br />
Nachdem Herzog [[Johann Wilhelm (Jülich-Kleve-Berg)|Johann Wilhelm]] am 25. März 1609 verstorben war, begann der [[Jülich-Klevischer Erbfolgestreit|Jülich-Klevische Erbfolgestreit]], die Auseinandersetzung um sein Erbe, das aus den Herzogtümern Kleve, Jülich, Berg und den Grafschaften Mark und Ravensburg bestand.<ref>Rolf-Achim Mostert: ''Der jülich-klevische Regiments- und Erbfolgestreit – ein Vorspiel zum Dreißigjährigen Krieg?'' In: Stefan Ehrenpreis (Hrsg.): ''Der Dreißigjährige Krieg im Herzogtum Berg und in seinen Nachbarregionen''. Verlagsdruckerei Schmidt, Neustadt a.d. Aisch 2002, S.&nbsp;26–64 (Bergische Forschungen. Quellen und Forschungen zur bergischen Geschichte, Kunst und Literatur, Bd.&nbsp;28).</ref> Am 10. Juni übernahmen [[Mark Brandenburg|Brandenburg]] und [[Pfalz-Neuburg]], nachdem deren Truppen die Länder besetzt hatten, gemäß dem [[Dortmunder Vertrag]] gemeinsam die Verwaltung der Gebiete. Durch die Einmischung Kaiser Rudolfs&nbsp;II., der die Annexion der Länder nicht anerkannte, und die daraus resultierende Einmischung Frankreichs, Spaniens und der Niederlande drohte der regionale Konflikt zeitweise zu einem europäischen Krieg zu eskalieren. Durch den Übertritt Wolfgang-Wilhelms von Pfalz-Neuburg zum Katholizismus und seine Heirat mit der Schwester des bayrischen Kurfürsten konnte der Konflikt entschärft werden. Im [[Vertrag von Xanten]] am 12. November 1614 einigte man sich auf eine Teilung des Erbes: Die Herzogtümer Jülich und Berg kamen an das Haus Pfalz-Neuburg, das Herzogtum Kleve und die Grafschaften Mark und Ravensberg wurden [[Brandenburg-Preußen|brandenburgisch-preußisch]]<!-- Personalunion Brandenburg-Preußen ab 1618 -->.<ref>Gerhard Taddey: ''Jülich-Klevischer Erbfolgestreit''. In: Gerhard Taddey (Hrsg.): ''Lexikon der deutschen Geschichte. Personen – Ereignisse – Institutionen''. Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1979, S.&nbsp;600.</ref><br />
<br />
=== Dreißigjähriger Krieg 1618–1648 ===<br />
{{Hauptartikel|Dreißigjähriger Krieg}}<br />
<br />
[[Datei:Dortmund-Kupferstich-Merian.png|miniatur|Dortmund 1647. Kupferstich Merians]]<br />
[[Datei:Duisburg-Kupferstich-Merian.png|miniatur|Duisburg 1647. Kupferstich Merians]]<br />
[[Datei:Essen-Kupferstich-Merian.png|miniatur|Essen 1647. Kupferstich Merians]]<br />
[[Datei:Hamm (Merian).jpg|miniatur|Hamm 1647. Kupferstich Merians, Ansicht von Norden über die [[Lippe (Fluss)|Lippe]] hinweg auf das Münstertor. Links der Turm der [[Stadtburg Hamm|landesherrlichen Burg]]]]<br />
[[Datei:Recklinghausen-Merian.png|miniatur|Recklinghausen 1647. Kupferstich Merians]]<br />
<br />
Aus der Sicht des westlichen Ruhrgebietes und des Niederrheins war der [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährige Krieg]] lediglich eine neue Phase des Achtzigjährigen Krieges, der ja bereits seit Jahrzehnten auch im westlichen Ruhrgebiet ausgefochten wurde. Im Verlaufe des Dreißigjährigen Krieges wurden nun auch das mittlere und das östliche Ruhrgebiet Kriegsschauplätze. So wurde das reiche [[Dortmund]] wiederholt eingenommen und zu hohen Geldzahlungen an die katholischen wie evangelischen Heere gezwungen. Die Stadt wird bis zur Industrialisierung nicht mehr ihre alte Größe erreichen. Am Niederrhein wurden [[Duisburg]] und [[Wesel]] abwechselnd von niederländischen und spanischen Truppen besetzt. Nicht anders erging es [[Essen]]. [[Geschichte der Stadt Hamm|Hamm]] wurde 1622 zunächst von spanischen Truppen der katholischen Liga besetzt, 1633 abgelöst durch protestantische Hessen und Schweden und 1636 schließlich erneut von [[Kaiserliche Armee (HRR)|kaiserlichen Truppen]] erobert.<br />
<br />
Schon vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges wurden in Essen [[Muskete]]n hergestellt. Während im Jahre 1608 2700 Musketen produziert wurden, erlebte die Gewehrproduktion, der bedeutendste Essener Gewerbezweig dieser Zeit, durch den Krieg eine Blüte, die Produktion stieg im Jahre 1620 auf 14800 Stück und selbst in dem Jahrzehnt 1632 bis 1642 lag die Jahresproduktion stets zwischen 5000 und 7000 Stück.<ref>Albert K. Hömberg: ''Wirtschaftsgeschichte Westfalens''. Mehren & Hobbeling, Münster 1968, S. 91.</ref><br />
<br />
1621 lief das Waffenstillstandsabkommen, das den Achtzigjährigen Krieg zwischen Spanien und den Generalstaaten unterbrochen hatte, ab und im Frühjahr 1622 begannen spanische Truppen ihren Angriff rheinabwärts. Die ersten Kriegssteuern setzten ein. General [[Gonzalo Fernández de Córdoba]] bezog mit seinen 10.000 Soldaten in der nördlichen Grafschaft Mark jeweils Winterquartier. [[Christian von Braunschweig]] erschien mit 10.000 Mann. Nach dem Sieg [[Johann t’Serclaes von Tilly|Tillys]] am 27. Juli 1623 bei Stadtlohn über die Truppen Christians von Braunschweig zogen sich die staatischen Truppen aus der Grafschaft Mark zurück und hielten nur noch Lünen, Unna und Kamen besetzt.<ref>Otto R. Redlich: ''Mülheim a. d. Ruhr. Seine Geschichte von den Anfängen bis zum Übergang an Preußen 1815''. Mülheim an der Ruhr: Selbstverlag der Stadt Mülheim an der Ruhr, 1939, S. 195.</ref><br />
<br />
In einer besonders schwierigen Situation war Dortmund, da es eine protestantische Stadt war, die jedoch als Reichsstadt direkt dem katholischen deutschen König unterstellt war. Die Stadt versuchte eine neutrale Politik zwischen den konfessionellen Lagern zu betreiben, was sogar so weit ging, dass 1625 der Rat der Stadt allen Bürgern den Verlust ihres Bürgerrechtes androhte, falls sie sich als Söldner anwerben lassen würden.<ref>Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S. 191.</ref><br />
<br />
In den Jahren 1621 bis 1624 war Duisburg nacheinander von spanischen bzw. in spanischen Diensten stehenden italienischen und verschiedenen deutschen Söldnertruppen sowie von pfalz-neuburgischen Truppen besetzt, die jeweils von der Stadt ernährt werden mussten und sich auf Kosten der Stadt und der Bürger zu bereichern suchten.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Band 1: Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S. 54 f.</ref><br />
<br />
Nachdem [[Maria Clara von Spaur, Pflaum und Valör]], die Äbtissin von Essen, die 1627 vor den protestantischen Truppen nach Köln geflohen war, ein Edikt bei Kaiser [[Ferdinand II. (HRR)|Ferdinand&nbsp;II.]] erwirkt hatte, dass die Stadt Essen wieder unter kirchliche Hoheit kommen sollte, besetzten am 27. April fünf Kompanien von Spanien bereitgestellter, italienischer Söldner die Stadt, um die Interessen der Äbtissin durchzusetzen. Am 1. Mai wurden die Essener Bürger entwaffnet, am 6. Mai nahm die Äbtissin die bis dahin evangelische Marktkirche symbolisch in Besitz. Nachdem nun ihrerseits die Essener Bürgerschaft am 27. August vom Kaiser ein Edikt erhalten hatte, dass die fremden Truppen abzuziehen seien und der entstandene Schaden der Stadt zu ersetzen sei, setzte die Äbtissin am 9. September den Rat der Stadt Essen ab und ernannte stattdessen katholische Ratsmitglieder, die am 13. November offiziell erklärten, dass Essen auf den Status einer reichsfreien Stadt verzichte. Die italienischen Truppen zogen im April 1629 ab.<ref>Wolf Schneider: ''Essen – Das Abenteuer einer Stadt''. Econ Verlag, Düsseldorf 1963, S. 99–101.</ref><br />
<br />
Im Oktober 1628 eroberten staatische Truppen unter dem Befehl des Grafen von Styrum Ratingen und plünderten die Stadt. Im Juni 1629 massierten die Spanier Truppenverbände im Herzogtum Berg, allein 30 Kompanien waren in Mülheim einquartiert. Nachdem am 19. August 1629 den niederländischen Truppen die Eroberung von Wesel gelungen war, zogen sich die Spanier zurück und staatische Truppen besetzten das Herzogtum Berg.<ref>Otto R. Redlich: ''Mülheim a. d. Ruhr. Seine Geschichte von den Anfängen bis zum Übergang an Preußen 1815''. Mülheim an der Ruhr: Selbstverlag der Stadt Mülheim an der Ruhr, 1939, S. 198 f.</ref><br />
<br />
1632 griffen die Kämpfe erneut auf das Ruhrgebiet über. [[Gottfried Heinrich Graf zu Pappenheim]] besetzte mit katholischen Truppen [[Dortmund]] und verzichtete gegen ein Lösegeld auf die Niederbrennung der Reichsstadt. Auf seinem Zug durch die Grafschaft Mark wurden 70 adlige Häuser geplündert. Bis zum 17. Januar 1633 waren die Truppen der Liga in Dortmund stationiert, bis die Stadt gegen Zahlung von 20000 Reichstalern sich von der Besatzung freikaufte. Kaum hatten die Truppen der katholischen Liga die Stadt verlassen, öffneten die Bürger die Stadt für Truppen des protestantischen Landgrafen Wilhelm von Hessen.<ref>Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S. 193.</ref> Während der mehr als dreijährigen Besetzung der Stadt durch hessische Truppen litt die Bevölkerung durch die steten Übergriffe der Soldaten. Nach einer einwöchigen Belagerung eroberten 1636 kaiserliche Truppen die Stadt. Die Bürger wurden entwaffnet, alle Kornvorräte wurden beschlagnahmt und die Stadt hatte hohe Kontributionszahlungen zu leisten, was viele Einwohner veranlasste, Dortmund zu verlassen.<ref>Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S. 194.</ref><br />
<br />
Von Dortmund aus drangen die hessischen Truppen noch im Jahre 1633 nach Westen vor und besetzten Dorsten, das bis 1641 ihre Hauptoperationsbasis war, sowie Ruhrort. Die Stadt Duisburg konnte sich durch Sachlieferungen und Geldzahlungen von einer Besetzung freikaufen. Mittlerweile hatten niederländische Truppen, die bereits von Wesel an rheinabwärts den Niederrhein kontrollierten, 1632 Orsoy besetzt und 1633 Rheinberg.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Band 1: Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S. 57.</ref> Zur besseren Kontrolle des Niederrheins besetzten die Niederländer im Februar 1636 Duisburg, dessen Neutralität bisher von den kriegführenden Parteien akzeptiert worden war. Als die niederländische Besatzung 1638 noch nicht abgezogen war, kündigte Spanien das Neutralitätsabkommen, was dazu führte, dass die Jahre 1638 bis 1645 für den Duisburger Raum die schwierigsten während des Krieges waren. Da die niederländische Besatzung zu schwach war, einen Überraschungsangriff abwehren zu können, geschweige denn das Umfeld der Stadt kontrollieren zu können, hielt man nur noch ein Stadttor geöffnet. Da die Spanier die Umgebung von Duisburg kontrollierten, konnten landwirtschaftliche Tätigkeiten im unmittelbaren Stadtumfeld nur unter dem Schutz größerer militärischer Einheiten stattfinden. Als die niederländischen Truppen im Juni 1644 abzogen und brandenburgische Truppen Duisburg besetzten, erklärten die Spanier Anfang 1645 Duisburg wieder zum neutralen Gebiet.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Band 1: Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S. 58.</ref><br />
<br />
[[Hattingen]] wurde 1635 vom schwedischen [[Oberst|Obristen]] [[Wilhelm Wendt zum Crassenstein]] mit 3.000 Soldaten eingenommen.<br />
<br />
Der [[Westfälischer Friede|Westfälische Friede]] wurde 1648 unterzeichnet. Damit wurden sowohl der Dreißig-, wie der Achtzigjährige Krieg formal beendet.<br />
<br />
Zur Sicherung der Zahlung von reichsweit insgesamt 5 Millionen Talern an Schweden blieb die den Friedensvertrag mit unterzeichnende Reichsstadt Dortmund noch zwei weitere Jahre bis zur Zahlung hoher Geldsummen von schwedischen Truppen, die in der Grafschaft Dortmund einquartiert waren, und kaiserlichen Truppen, die ihr Quartier in der Stadt Dortmund hatten, besetzt. Nach Erfüllung der Forderungen zogen am 4. April 1650 die schwedischen Truppen ab und am 27. Juli 1650 die kaiserlichen Truppen.<ref>Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S. 195.</ref> In Duisburg, das von brandenburgischen Truppen besetzt war, waren durch Durchsetzung der festgelegten Zahlungen an Schweden vom April 1649 bis November 1650 zusätzlich schwedische Truppen einquartiert.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Band 1: Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S. 58 f.</ref><br />
<br />
Auch am Niederrhein waren noch lange niederländische Truppen präsent.<ref>Johannes Arndt: ''Die Ergebnisse der Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück für die rheinischen Territorien''. In: Stefan Ehrenpreis (Hrsg.): ''Der Dreißigjährige Krieg im Herzogtum Berg und in seinen Nachbarregionen''. Neustadt an der Aisch: Verlagsdruckerei Schmidt, 2002, S. 299–327 (Bergische Forschungen. Quellen und Forschungen zur bergischen Geschichte, Kunst und Literatur. Bd. 28)</ref><br />
<br />
=== Hexenverfolgung ===<br />
In Dortmund wurde 1451 eine Frau als angebliche [[Hexe|Zauberin]] lebendig unter dem Galgen begraben.<ref>Thomas Schilp: ''Die Reichsstadt (1250–1802)''. In: Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S. 187.</ref> Bei [[Walsum]] wurden 1513 acht Personen als [[Zauberer]] verbrannt. 1514 wurde auf dem Segensberg in [[Hochlar]] eine der [[Hexerei]] bezichtigte Frau hingerichtet. [[Drost]] Graf von Schaumburg ließ die Angeklagte beschuldigen, einen kalten Winter verursacht zu haben.<br />
<br />
In Duisburg nahm ein Hexenprozess 1536 einen gerechten Verlauf. Als eine Frau Wetzel des Milchzaubers beschuldigt wurde, sie sei eine ''Molketoeversche'', wurde schließlich die Denunziantin, Frau Angerhausen, als Verleumderin verurteilt. Sie hatte deshalb 3000 Steine zum Markt zu tragen. In Duisburg wurde im Oktober 1561 Agnes Muiseltz der Hexerei verdächtigt, gefoltert und in der Ruhr der [[Hexenbad|Wasserprobe]] unterzogen.<br />
<br />
Die Hexenprozesse im [[Vest Recklinghausen]] erreichten 1580 und 1581 einen Höhepunkt. Hinrichtungsstätten waren auf dem Segensberg in Hochlar und auf dem [[Stimberg]] in der [[Haard]] bei [[Oer-Erkenschwick|Oer]]. 44 Personen, überwiegend Frauen, wurden auf Scheiterhaufen verbrannt. 1650 widerstand [[Trine Plumpe]] der Folter.<br />
<br />
Im Märkischen [[Witten]] wurden zur selben Zeit sechs Frauen und ein Mann Opfer des Hexenwahns. In einem Zaubereiprozess wurde 1647 der Wittener Bauer [[Arndt Bottermann]] für schuldig erklärt und hingerichtet. Der Fall des Arndt Bottermann ist einer der wenigen Prozesse, die in der [[Grafschaft Mark]] stattfanden.<br />
<br />
Die Dortmunderin Anna Coesters wurde 1581 am Kuckelkenmühlenteich der Wasserprobe unterzogen. Da sie auf dem Wasser trieb, wurde sie der Zauberei angeklagt, gefoltert und schließlich verbrannt. Noch im selben Jahr wurden vier weitere Personen in der Grafschaft Dortmund wegen angeblicher Zaubereien enthauptet.<ref>Thomas Schilp: ''Die Reichsstadt (1250–1802)''. In: Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S. 187 f.</ref><br />
<br />
1593 kam es in Dortmund erstmals seit 1581 erneut zu einer Kette von Anklagen und Hinrichtungen wegen Zauberei und Hexerei, der im Laufe des Jahres 15 Menschen zum Opfer fielen. Ab Ende 1593 fanden in Dortmund keine weiteren Hexenprozesse mehr statt.<ref>Thomas Schilp: ''Die Reichsstadt (1250–1802)''. In: Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S. 188 f.</ref><br />
<br />
In der [[Gelsenkirchen-Horst|Freiheit Horst]] an der [[Emscher]] – heute ein Stadtteil von [[Gelsenkirchen]] – kam es 1609<ref>Die Prozessakten haben sich erhalten und liegen seitdem im Fürstenberg-Archiv auf Schloss Huegenpot in Mülheim. Inhalt hier wiedergegeben nach Franz Wegener: ''Kelten, Hexen, Holocaust'', Gladbeck 2010.</ref> zu einem Hexenprozess, dem fast eine ganze Familie zum Opfer gefallen wäre. Die Tochter des Bauern Johann Notthoff und seiner Frau Hille zeigte beim zuständigen Richter auf [[Schloss Horst]] an, ihr Vater würde in im Dorf umlaufenden Gerüchten der Zauberei beschuldigt. Johann Notthoff meldete sich, neben einigen anderen ebenfalls Beschuldigten, kurze Zeit später freiwillig zur [[Wasserprobe (Recht)|Wasserprobe]] im Mühlteich. Auch zwei Einwohner, die die Gerüchte in Umlauf gebracht hatten, mussten sich dieser Probe unterziehen. Alle schwammen trotz Fesselung an der Wasseroberfläche, was als Beweis für Hexerei gewertet wurde. Zur Kontrolle wurde ein Unbeteiligter ebenfalls ins Wasser geworfen, der versank, aber gerettet werden konnte. Um sich vom Vorwurf der Hexerei zu befreien, meldeten sich Frau und Kinder des Johann Notthoff sofort ebenfalls zur Wasserprobe; alle schwammen oben und wurden zum weiteren Verhör in die Kellerverliese von Schloss Horst verbracht. Dieses Verhör wurde zunächst gütlich, danach „peinlich“, also mit Folter durchgeführt. Die Eltern wie auch die 13- und 14 Jahre alten Kinder gestanden Hexerei, Tanz und Unzucht mit dem Teufel. Außerdem nannten sie eine Reihe von Mittätern. Ein Fluchtversuch von Hille Notthoff misslang; einen Tag später wurde sie wieder aufgegriffen. Sie und die anderen Beschuldigten wurden zum Tode verurteilt. Johann und Hille Notthoff wurden zunächst erwürgt, anschließend ihre Körper verbrannt. Die noch minderjährigen Kinder wurden vom Schlossherrn [[Dietrich von der Recke]] begnadigt und einer christlichen Familie zur Obhut und Umerziehung anvertraut. Vier Jahre später meldete sich Röttger Schniering, ein Bauer aus dem benachbarten [[Brauck]], dessen Name bei den Verhören 1609 gefallen war und der sich deshalb seitdem ebenfalls zahlreichen Gerüchten ausgesetzt sah, freiwillig beim Horster Richter zur Wasserprobe. Auch er schwamm oben, wurde verhaftet und unter Folter verhört. Auch er gestand und wurde hingerichtet.<br />
<br />
Im wenig später beginnenden Dreißigjährigen Krieg hatte die [[Hexenverfolgung]] in Mitteleuropa einen Höhepunkt. Auch in Westfalen fanden viele Hexenprozesse statt. So wurden im Amt [[Werne]] 30 Menschen im Jahr 1629 Opfer der Hexenverfolgung.<br />
<br />
Der letzte von insgesamt 130 Hexenprozessen seit 1514 fand 1706 im kölnischen [[Vest Recklinghausen]] statt. [[Trine Plumpe]] widerstand 1650 der Folter in einem Hexenprozess und trug so zum Ende der Hexenverfolgung im unmittelbaren Jurisdiktionsbereich des Vests Recklinghausen bei.<br />
<br />
=== Anfänge des Bergbaus ===<br />
Die früheste Regelung des Bergbaus im Ruhrgebiet bildet die Jülich-Clevische Bergordnung, die am 24. April 1542 erlassen wurde und bis etwa 1750 in Kraft blieb. Da der Landesherr über das Bergregal verfügte, wurde festgelegt, dass dieses Recht für bestimmte Grubenfelder gegen Zahlung des Bergzehnten verliehen werden konnte.<ref>Karl-Heinz Bader: ''Bochum. Der Steinkohlenbergbau und sein Einfluß auf die Entwicklung dieser Stadt''. In: Ernst Beier (Hrsg.): ''Die historische Entwicklung des Ruhrgebiets unter besonderer Berücksichtigung des Bergbaus''. Studienverlag Brockmeyer, Bochum 1988, S. 96 f.</ref><br />
<br />
Für [[Essen-Steele|Steele]] wurden 1576 ertragreichen Kohlengruben im Städtebuch von [[Georg Braun|Bruyn]] und [[Frans Hogenberg|Hugenberg]] genannt.<br />
<br />
Die älteste Erwähnung des Bergbaus in Witten stammt aus dem Jahre 1578, als sich die Grundherren von Haus Berge und Burg Steinhausen darauf einigten, dass der Kohlebergbau wegen der angerichteten Verwüstungen einzuschränken sei und nicht mehr Kohle gefördert werden dürfe, als die Stadt Witten verbrauche.<ref>[[Bruno J. Sobotka]]: ''Die Entwicklung der Stadt Witten unter besonderer Berücksichtigung des Bergbaus''. In: Ernst Beier (Hrsg.): ''Die historische Entwicklung des Ruhrgebiets unter besonderer Berücksichtigung des Bergbaus''. Studienverlag Brockmeyer, Bochum 1988, S. 75.</ref><br />
<br />
Für [[Holzwickede]] erscheint der fortgeschrittene Bergbau erstmals urkundlich, als Drost Bernhard von Romberg 1598 mit dem ''Kallberg sampt dem Erftstollen'' ([[Erbstollen]]) belehnt wurde.<br />
<br />
== Epoche des Absolutismus ==<br />
=== Kriege und territoriale Entwicklung ===<br />
[[Datei:Gerrit van Honthorst - Portret van Friedrich Wilhelm I, keurvorst van Brandenburg (1620-1688) en zijn echtgenote Louise Henriette van Nassau (1627-1667).jpg|miniatur|Friedrich Wilhelm&nbsp;I. und seine Gattin Luise Henriette von Nassau, um 1647]]<br />
==== Der „Kuhkrieg“ von 1651 ====<br />
[[Friedrich Wilhelm (Brandenburg)|Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg]] warf dem [[Wolfgang Wilhelm (Pfalz-Neuburg)|Herzog von Jülich-Berg Wolfgang Wilhelm]] vor, dieser habe sich nicht an die im Duisburger Vergleich von 1648 vereinbarten Rechte der einzelnen Konfessionen in den Herzogtümern gehalten. Dieser Vorwurf diente dem Brandenburger als Vorwand, einen Krieg gegen Jülich-Berg zu beginnen, wobei Friedrich Wilhelm hoffte, sich der Herzogtümer Jülich-Berg bemächtigen zu können. In Duisburg-Kaßlerfeld zog er eine Armee von gerade einmal 4000 Mann zusammen und zog mit ihr in ein Lager bei [[Düsseldorf-Angermund|Angerort]],<ref>Zur Bedeutung von Angerort siehe: Günther Engelbert: ''Angerort als Festung gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1961 (Duisburger Forschungen, Bd. 5), S. 192–204; dort auch eine Abbildung</ref> von wo er in einem Handstreich versuchte, die Stadt Düsseldorf zu erobern, was jedoch misslang. Die klevisch-märkische Ständeversammlung ergriff Partei gegen ihren eigenen Landesherrn, der Vertreter der Stadt Duisburg schlug sogar vor, man solle die niederländische Regierung bitten, mit Truppen die Stadt Duisburg zu besetzen. Auf Vermittlung des Kaisers hin bequemte sich Friedrich Wilhelm, den „Kuhkrieg“ zu beenden und die brandenburgischen Truppen abzuziehen.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Band I: Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S. 59.</ref><br />
<br />
==== Beendigung des Erbstreites um die Herzogtümer 1666 ====<br />
[[Datei:Grafschaft mark 1681 sanson.jpg|miniatur|Karte des Ruhrgebietes 1681]]<br />
<br />
Nachdem es Friedrich Wilhelm von Brandenburg nicht gelungen war, die Herzogtümer Jülich und Berg zu erobern, bahnte der Vergleich zu Dorsten vom 4. Februar 1665 eine friedliche Lösung des Erbstreites an. Am 9. September 1666 konnte in Duisburg der endgültige Erbvergleich zwischen den streitenden Fürsten erreicht werden. Pfalz-Neuburg blieb im Besitz der Herzogtümer Jülich und Berg, sowie der Herrschaften Winnenthal und Breskesand. Das Herzogtum Kleve und die Grafschaft Mark blieben brandenburgisch. In religiösen Fragen einigte man sich darauf, den Stand des Jahres 1624 zur Grundlage der Religionszugehörigkeit zu machen, jedoch musste die freie Religionsausübung der evangelischen Einwohner in Kleve und Berg gesichert werden. Bereits 1609 hatten sich die märkischen, klevischen und jülich-bergischen Stände zu einem gemeinsamen Vorgehen in der Erbstreitigkeit abgesprochen, 1627 sogar ein „Ewiges Erbverbündnis“ geschlossen, so dass die Huldigung des neuen Herrschers Friedrich Wilhelm durch die Stände erst nach erheblichen Zugeständnissen erfolgte. Nach zahlreichen Versuchen von Seiten Pfalz-Neuburgs, diese Regelung zu unterlaufen, gelang es nach zahlreichen und zähen Verhandlungen erst am 6. Mai 1672 in [[Cölln]], einen Religionsvertrag zwischen Brandenburg und Pfalz-Neuburg die Herzogtümer Jülich und Berg betreffend abzuschließen.<ref>Gustav Engel: ''Politische Geschichte Westfalens''. Köln und Berlin: Grote, 1968, S.&nbsp;183–189.</ref><br />
<br />
==== Auswirkungen des „Holländischen Krieges“ 1672 bis 1679 ====<br />
1672 fielen während des [[Holländischer Krieg|Französisch-Niederländischen Kriegs]] französische Soldaten unter Marschall [[Henri de La Tour d’Auvergne, vicomte de Turenne|Turenne]] in das Ruhrgebiet ein. Nachdem Kurfürst Friedrich Wilhelm aufseiten der Niederländer in den Krieg eingetreten war, besetzten im Herbst 1672 französische Truppen die Stadt Duisburg, woraufhin fast alle Studenten und ein Großteil der Bevölkerung die Stadt verließen. Bei ihrem Vormarsch nach Westfalen brannten die Franzosen zum Beispiel im Februar 1672 [[Haus Steinhausen]] bei Dortmund nieder. Das Dorf [[Meiderich]] wurde beim Durchzug französischer Truppen im Juni 1672 niedergebrannt.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Band II: Die Ortsteile von den Anfängen, die Gesamtstadt seit 1905''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1974, S. 696.</ref><br />
<br />
Anfang Juni 1673 schloss Friedrich Wilhelm Frieden mit Frankreich, woraufhin am 15. Juni 1673 die französische Besatzung aus Duisburg abgezogen wurde, jedoch blieben Wesel und Rees weiterhin von französischen Truppen besetzt.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Band I: Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S. 60 f.</ref><br />
<br />
Zwar trat Brandenburg 1674 wieder in den Krieg gegen Frankreich ein, jedoch verlagerte sich in den Folgejahren der Kriegsschauplatz nach Südwestdeutschland. Ab 1677 gab es erneut Vorstöße französischer Truppenverbände an den Niederrhein, denen Anfang 1679 die Eroberung der Stadt Neuß gelang.<ref>Max Braubach: ''Vom Westfälischen Frieden bis zum Wiener Kongress (1648–1815)''. In: Franz Petri, Georg Droege (Hrsg.): ''Rheinische Geschichte.'' Band II: ''Neuzeit''. Schwann Verlag, Düsseldorf 1976, S. 250.</ref><br />
<br />
==== Auswirkungen des „Pfälzischen Erbfolgekrieges“ 1688–1697 ====<br />
Nach dem Tode des Kurfürsten Karls&nbsp;II. 1685 starb das Haus Pfalz-Simmern aus und Philipp von Pfalz-Neuburg trat das Erbe an, jedoch forderte Ludwig&nbsp;XIV. ein Teil des Erbes für seine Schwägerin Elisabeth Charlotte von Orleans. Entgegenkommen signalisierte Ludwig in der pfälzischen Frage, wenn der ihm genehme Wilhelm von Fürstenberg zum Erzbischof von Köln gewählt würde. Als der Kaiser auf den Vorschlag nicht einging, brach der Krieg aus. Von Wesel aus setzten brandenburgische Truppen über den Rhein und schlugen kur-kölnische und französische Verbände im März 1689 in einer Schlacht bei Neuß. Daraufhin zerstörten die Franzosen zahlreiche Schlösser und brannten einige Orte, darunter Andernach und Ahrweiler, nieder. Im Mai 1689 kapitulierten die kölnischen Truppen, die die Festung Rheinberg besetzt hatten, vor den brandenburgischen Truppen.<ref>Max Braubach: ''Vom Westfälischen Frieden bis zum Wiener Kongress (1648–1815)''. In: Franz Petri, Georg Droege (Hrsg.): ''Rheinische Geschichte.'' Band II: ''Neuzeit''. Schwann Verlag, Düsseldorf 1976, S. 256 f.</ref><br />
<br />
=== Landesausbau und Anfänge der Industrialisierung ===<br />
==== Verwaltung ====<br />
[[Friedrich Wilhelm I. (Preußen)|Friedrich Wilhelm&nbsp;I.]] verlieh 1739 [[Herdecke]] die Stadtrechte.<br />
<br />
==== Schulen und Universitäten ====<br />
Am 14. Oktober 1655 wurde nach der vorläufigen Übernahme des [[Herzogtum Kleve|Herzogtums Kleve]] und der [[Grafschaft Mark]] durch [[Friedrich Wilhelm (Brandenburg)|Friedrich Wilhelm]], den [[Liste der Herrscher von Brandenburg|Kurfürsten von Brandenburg]], in Duisburg eine [[Alte Universität Duisburg|Universität]] errichtet.<ref>Zahlreiche Aspekte der Geschichte der alten Duisburger Universität sind dargestellt in Geuenich, Dieter / Hantsche, Irmgard (Hrsg.) : ''Zur Geschichte der Universität Duisburg 1655-1818. Wissenschaftliches Kolloquium veranstaltet im Oktober 2005 anlässlich des 350. Jahrestages der Gründung der alten Duisburger Universität''. Duisburg : Mercator Verlag, 2007 (Duisburger Forschungen, Band 53)</ref> Die Universität, die protestantisch-reformiert geprägt war, bekam vier Fakultäten, die Theologische, Juristische, Medizinische und die Philosophische Fakultät. Den Kern der Universitätsgebäude bildete das ehemalige Katharinenkloster, die Friedhofskapelle auf dem Salvatorkirchhof diente ab 1659 als zweites Auditorium. Der erste Rektor der Universität war [[Johannes Clauberg]],<ref>{{ADB|4|277|278|Clauberg, Johann|Wilhelm Gaß|ADB:Clauberg, Johann}}<br />Hans Saring: ''Clauberg, Johann''. In: ''Neue Deutsche Biographie'' (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, S. 265 f.</ref> der von 1655 bis 1665 an der Theologischen Fakultät lehrte.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Band 1: Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Braun Verlag, Duisburg 1975, S.&nbsp;305–307.</ref> Die alte Duisburger Universität wurde am 7. November 1818 aufgelöst, weil die Universität Bonn als Nachfolgeuniversität für die Rheinprovinz gegründet wurde. Die Bibliotheksbestände, das Szepter und alle anderen Insignien der Universität Duisburg mussten an die Universität Bonn übergeben werden.<ref>Zum Ende der Universität siehe Komorowski, Manfred : ''Die Schließung der Universität Duisburg und die Anfänge der Universität Bonn.'' In: Geuenich, Dieter / Hantsche, Irmgard (Hrsg.) : ''Zur Geschichte der Universität Duisburg 1655-1818. Wissenschaftliches Kolloquium veranstaltet im Oktober 2005 anlässlich des 350. Jahrestages der Gründung der alten Duisburger Universität''. Duisburg : Mercator Verlag, 2007 (Duisburger Forschungen, Band 53), S. 253–269</ref><br />
<br />
Das [[Akademisches Gymnasium Hamm|Akademische Gymnasium Hamm]] nahm am 28. Mai 1657 seinen Lehrbetrieb auf, nachdem Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg 1655 die Gründung einer weiteren reformierten Hochschule in seinen westlichen Territorien erlaubt hatte.<br />
<br />
1781 wurden das akademische Gymnasium Hamm und die ältere Lateinschule Hamm zusammengelegt zum ersten humanistischen Gymnasium Westfalens, dem Königlichen Gymnasium Hamm – heute [[Gymnasium Hammonense]]. Die Fakultäten wurden aufgelöst und das neue Gymnasium zum Vorbild aller protestantischen Gymnasien in der Grafschaft Mark und dem Herzogtum Kleve.<br />
<br />
==== Anfänge des Zeitungswesens ====<br />
Von 1732 bis 1757 erschien in Duisburg die Zeitung „Adress- und Intelligentz-Zettel“ mit dem umständlichen, hier auch nur gekürzt wiedergegebenen Namen ''{{"|Wochentliche duisburgische auf das Interesse der Commercien, der clevischen, geldrischen, moers- und märckischen, auch umliegenden Landes Orten, eingerichtete Adress- und Intelligentz-Zettel: woraus zu ersehen: was an beweg- und unbeweglichen Gütern zu kauffen und zu verkauffen, imgleichen was für Sachen zu verleyhen, zu lehnen, zu verspielen […]}}''.<ref>Die Landes- und Universitätsbibliothek an der „Heinrich Heine Universität“ in Düsseldorf hat den Gesamtbestand der Zeitung online zugänglich gemacht: http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/periodical/titleinfo/416472</ref><br />
<br />
In Essen erschien die erste Zeitung 1736. Unter dem Titel „Neueste Essendische Nachrichten von Staats- und Gelehrten Sachen“ wurde sie vom Buchdrucker Johann Heinrich Wißmann herausgebracht. 1775 übernahm [[Zacharias Gerhard Diederich Baedeker]] die Druckerei und den Verlag.<br />
<br />
1769 erschienen erstmals die „Dortmundischen vermischten Zeitungen“, die von Gottschalk Dietrich Baedeker, einem Mitglied der Essener Buchdruckerfamilie [[Baedeker]], herausgegeben wurde. Die Zeitung erschien zweimal wöchentlich und war die erste Zeitung in der Stadt.<ref>Thomas Schilp: ''Die Reichsstadt (1250–1802)''. In: Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S. 210.</ref><br />
<br />
1798 begründete der Liberale [[Arnold Mallinckrodt]]<ref>{{ADB|20|141|143|Mallinckrodt, Arnold|August Döring|ADB:Mallinckrodt, Arnold}}</ref> in Dortmund den [[Westfälischer Anzeiger (Mallinckrodt)|„Westfälischen Anzeiger“]], das führende Presseorgan der Zeit in Westfalen. Zu den Mitarbeitern gehörte auch [[Carl Arnold Kortum]].<ref>{{ADB|4|507|507|Cortüm, Karl Arnold|Jacob Achilles Mähly|ADB:Kortum, Carl Arnold (1. Artikel)}}<br />{{ADB|16|728|730|Kortum, Karl Arnold|Jakob Franck|ADB:Kortum, Carl Arnold (2. Artikel)}}</ref> Vorläufer des Westfälischen Anzeigers war das ab Frühjahr 1796 vierteljährlich erscheinende „Magazin von und für Dortmund“, welches ein Jahr später in "Magazin für Westfalen" umbenannt wurde. Ab 1798 bis 1809 erschien das Magazin nun zweimal wöchentlich unter dem Titel „Westfälischer Anzeiger“.<ref>Thomas Schilp: ''Die Reichsstadt (1250–1802)''. In: Gustav Luntowski u.&nbsp;a.: ''Geschichte der Stadt Dortmund''. Hrsg. vom Stadtarchiv Dortmund. Harenberg Verlag, Dortmund 1994, S. 210 f.</ref><br />
<br />
==== Ausbau der Verkehrswege ====<br />
'''Ruhrorter Hafen'''<br />
<br />
Zwar gab es 1661 in Ruhrort bereits eine Schiffergilde,<ref>Wolfgang Köllmann: ''Beginn der Industrialisierung''. In: Wolfgang Köllmann, Hermann Korte, Dietmar Petzina, Wolfhard Weber: ''Das Ruhrgebiet im Industriezeitalter. Geschichte und Entwicklung. Bd. 1''. Schwann im Patmos Verlag, Düsseldorf 1990, S. 60.</ref> doch der gezielte Ausbau eines Hafens begann erst Anfang des 18. Jahrhunderts. Nachdem 1712 eine erste Helling, also ein Schiffsbauplatz, angelegt worden war, begann man 1715 mit der Errichtung eines 5000 Quadratmeter großen Hafenbeckens, in dem die Rhein- und Ruhrschiffe überwintern konnten. 1716 beschloss der Ruhrorter Magistrat den Bau eines Hafens, der zur Keimzelle der heutigen [[Duisport|Duisburg-Ruhrorter Häfen]] wurde. Wegen der chronischen Finanzknappheit Ruhrorts zogen sich die Arbeiten Jahrzehnte hin, so konnte der Magistrat erst am 5. Dezember 1752 der Regierung melden, dass der Hafen fertig sei.<ref>Lehmann, Herbert : ''Ruhrort im 18. Jahrhundert''. Duisburg : Walter Braun Verlag, 1966, S. 85–91 (Duisburger Forschungen, Beiheft 8)</ref> Ein erstes Kohlenmagazin wurde 1748 errichtet, um die Umladung der Kohle von Ruhr- auf Rheinschiffe zu optimieren.<ref>Gustav Adolf Wüstenfeld: ''Die Ruhrschiffahrt von 1780 bis 1890''. Wetter: Gustav Adolf Wüstenfeld Verlag, 1978, S. 108 (Monographien zur Geschichte des Ruhrgebietes, Bd. 2)</ref><br />
<br />
Nach Verhandlungen der Stadt Duisburg mit dem Weseler Reeder Gisbert Koch wurde im Jahre 1674 ein ständiger Fracht- und Personenverkehr zwischen Duisburg und Nimwegen eingerichtet, den man [[Börtschifffahrt]] nennt. Den Höhepunkt erlebte die Börtschifffahrt im 18. Jahrhundert, als Duisburg ein zentraler Warenumschlagplatz wurde.<br />
<br />
'''Schiffbarmachung der Ruhr'''<br />
<br />
Zwischen 1773 und 1780 wurden 16 Schleusen gebaut, so dass die Ruhr über 74 Kilometer schiffbar wurde und zum Haupttransportweg für die im Ruhrtal geförderte Kohle wurde. Entlang dieser Strecke gab es wegen des zum Teil niedrigen Wasserstandes der Ruhr 86 Kohlenlager. Der Mülheimer Hafen wurde zum Hauptumschlagplatz für die Ruhrkohle, und Mülheim war 1849 mit 10700 Einwohnern die bevölkerungsreichste Stadt des Ruhrgebiets.<ref>Hort M. Bronny / Wilfried Dege: ''Raumpotential und Raumstruktur an der Schwelle zur Insztrialisierung''. In: Wolfgang Köllmann, Hermann Korte, Dietmar Petzina, Wolfhard Weber: ''Das Ruhrgebiet im Industriezeitalter. Geschichte und Entwicklung. Bd. 1.'' Schwann im Patmos Verlag, Düsseldorf 1990, S. 100.</ref><br />
<br />
Im Jahre 1784 hatten einige Hattinger Zechen einen gemeinsamen Schiebeweg bis zur Ruhr angelegt und am Ruhrufer eine Kohleverladestation errichtet. 1787 wurde dieser [[Rauendahler Schiebeweg]] mit eisernen Schienen ausgebaut, wodurch die erste „Eisenbahnstrecke“ in Deutschland entstand. Er war die erste von etlichen Pferdeeisenbahnen nach englischem Vorbild im Ruhrtal. An der Planung waren der Bergrat [[Friedrich August Alexander Eversmann|Eversmann]] und Oberbergrat Freiherr vom Stein beteiligt. 1828 wurde der Schiebeweg zu einer der ersten Pferdebahnen des Ruhrgebietes umgebaut.<ref>Kurt Pfläging: ''Der Hattinger Bergbau''. In: Ernst Beier (Hrsg.): ''Die historische Entwicklung des Ruhrgebiets unter besonderer Berücksichtigung des Bergbaus''. Studienverlag Brockmeyer, Bochum 1988, S. 56.</ref><br />
<br />
'''Straßenbau'''<br />
<br />
Mitte des 18. Jahrhunderts gab es nur wenige und schlecht ausgebaute Straßen im Ruhrgebiet, ein in Ansätzen vorhandenes Straßennetz gab es lediglich südlich der Hellwegzone und diente zum Abtransport der Kohle ins bergische Industriegebiet. Dabei waren die Straßen in derart schlechtem Zustand, dass der Transport der Kohle auf [[Packpferd]]en weit verbreitet war. Der planmäßige Bau von [[Chaussee]]n begann erst im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts. Von 1776 bis 1778 wurde der [[Gahlener Kohlenweg]] von der Ruhr über Bochum, Eickel und Buer nach Gahlen an der Lippe gebaut.<ref>Hort M. Bronny / Wilfried Dege: ''Raumpotential und Raumstruktur an der Schwelle zur Industrialisierung''. In: Wolfgang Köllmann, Hermann Korte, Dietmar Petzina, Wolfhard Weber: ''Das Ruhrgebiet im Industriezeitalter. Geschichte und Entwicklung. Bd. 1.'' Schwann im Patmos Verlag, Düsseldorf 1990, S. 100 f.</ref> 1788 begann der Chausseebaus entlang des alten [[Hellweg]]s in der preußischen Grafschaft Mark von [[Unna]] über [[Hörde]] zu den dortigen Kohlegruben und weiter nach [[Crengeldanz]]. Auch hier trieb der Freiherr vom Stein die Planung voran. Zwei Jahre später wurde mit der Essener Fürstäbtissin der Fortbau über das [[Stift Essen|Stiftsterritorium]] als Verbindung zum preußischen Gebiet Kleves vereinbart.<br />
<br />
==== Vorphase der Industrialisierung ====<br />
[[Datei:Heinrich Friedrich Karl Freiherr Vom Stein.jpg|miniatur|Freiherr vom Stein]]<br />
<br />
'''Bergbau vor 1800'''<ref>Vergleiche Köllmann, Wolfgang: ''Der Beginn der Industrialisierung''. In: Köllmann, Wolfgang u.&nbsp;a. : ''Das Ruhrgebiet im Industriezeitalter. Bd. 1.'' Düsseldorf : Schwann im Patmos Verlag, 1990, S. 11–80.</ref><br />
<br />
Als staatliche Aufsicht über den Bergbau wurde in der Grafschaft Mark 1632 als Bergmeister Dietrich von Diest eingesetzt, der sein Amt bis 1661 ausübte. Ab 1681 wurden regelmäßig Oberbergvögte als Kontrollaufsicht eingesetzt, von 1681 bis 1716 Dr. Peter König, ihm folgte im Amt sein Sohn Dr. Simeon König von 1716 bis 1721.<ref>Bruno J. Sobotka: ''Die Entwicklung der Stadt Witten unter besonderer Berücksichtigung des Bergbaus''. In: Ernst Beier (Hrsg.): ''Die historische Entwicklung des Ruhrgebiets unter besonderer Berücksichtigung des Bergbaus''. Studienverlag Brockmeyer, Bochum 1988, S. 78.</ref><br />
<br />
Das älteste Zeugnis einer Zeche in Hattingen stammt vom 23. März 1677, womit dem Bauern Heinrich Köllermann das Recht verliehen wurde, ein Flöz abzubauen. Auch die zweitälteste Zeche Hattingens wurde 1698 von Köllermann gegründet.<ref>Kurt Pfläging: ''Der Hattinger Bergbau''. In: Ernst Beier (Hrsg.): ''Die historische Entwicklung des Ruhrgebiets unter besonderer Berücksichtigung des Bergbaus''. Studienverlag Brockmeyer, Bochum 1988, S. 55.</ref><br />
<br />
In den preußischen Gebieten des Ruhrgebiets wurde der Ausbau der regionalen Wirtschaft vor allem durch die [[Merkantilismus|merkantile]] Politik [[Friedrich Wilhelm I. (Preußen)|Friedrich Wilhelms&nbsp;I.]] gefördert.<br />
<br />
Eine vom preußischen Staat in Auftrag gegebene Untersuchung des Zustandes des märkischen Kohlenbergbaus durch August Heinrich Decker ergab 1737, dass die Zechen zu klein waren und zumeist nur durch die das Land besitzenden Bauern als Nebenerwerb betrieben wurden. Am 18. Juli 1737 trat eine neue Bergordnung „für die Clevischen und angehörigen Lande, besonders die Grafschaft Mark“ in Kraft. In diesem Zusammenhang wurde 1738 das Märkische [[Bergamt]] in Bochum gegründet, das die Neuvermessung und Neuvergabe der Grubenfelder, die Kontrolle der technischen Einrichtungen und die Kontrolle der Produktions- und Verkaufsmengen übernahm. Die Bergordnung unterstellte die Zechen der völligen Kontrolle durch das Bergamt. Es war der Beginn der Phase des staatlichen Dirigismus im Steinkohlenbergbau, erst während der Industrialisierung wurde der starke staatliche Einfluss abgebaut.<ref>[[Wolfgang Köllmann]]: ''Beginn der Industrialisierung''. In: Wolfgang Köllmann, Hermann Korte, [[Dietmar Petzina]], Wolfhard Weber: ''Das Ruhrgebiet im Industriezeitalter. Geschichte und Entwicklung. Bd. 1''. Schwann im Patmos Verlag, Düsseldorf 1990, S. 24 f.</ref><br />
<br />
Zu den größten Stollenzechen der Grafschaft Mark zählt 1738 die Zeche „Glückauf“ in [[Gennebreck]] mit 17 Beschäftigten.<br />
<br />
1754 ergab eine Erhebung für die Grafschaft Mark, dass 110 aktuell fördernde Zechen mit 688 Bergarbeitern existierten. Während es in Witten nur zwei Zechen mit neun Arbeitern gab, lag der Schwerpunkt der Kohleförderung in den damaligen Ämtern [[Wetter (Ruhr)|Wetter]] (20 Zechen mit 169 Bergleuten) und [[Blankenstein (Hattingen)|Blankenstein]] (24 Zechen mit 149 Bergarbeitern).<ref>Bruno J. Sobotka: ''Die Entwicklung der Stadt Witten unter besonderer Berücksichtigung des Bergbaus''. In: Ernst Beier (Hrsg.): ''Die historische Entwicklung des Ruhrgebiets unter besonderer Berücksichtigung des Bergbaus''. Studienverlag Brockmeyer, Bochum 1988, S. 76.</ref><br />
<br />
[[Friedrich II. (Preußen)|Friedrich&nbsp;II.]] beauftragte 1755 [[Ludwig Philipp Freiherr vom Hagen]] und [[Johann Friedrich Heintzmann]] mit der Ausarbeitung einer neuen Bergordnung und der [[Knappschaft]]sbestimmungen.<br />
<br />
Friedrich&nbsp;II. erließ am 29. April 1766 die ''„Revidirte Bergordnung für das Herzogtum Cleve, das Fürstentum Meurs und die Grafschaft Mark“''. Das Schürfen nach Mineralien war damit frei, man benötigte einen staatlichen Schürfschein und, nachdem man fündig wurde, musste man eine Mutung einlegen. Eine Verleihung von Bergfeldern erfolgte vorbehaltlich der Rechte Dritter, also z.&nbsp;B. der Grundstückseigentümer, so dass Rechtsstreitigkeiten häufig vorkamen. Das in Kapitel 29 der Bergordnung festgelegte Direktionsprinzip unterstellte den Bergbau massiver staatlicher Kontrollen und Regelungen, bis hin zur Festlegung von Löhnen, Kohlepreisen und der betriebswirtschaftlichen Leitung der Bergwerke.<ref>Gerhard Gebhardt: ''Ruhrbergbau. Geschichte, Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen''. Essen: Glückauf Verlag, 1957, S.&nbsp;5–8.</ref><br />
<br />
Ein Erlass vom 17. September 1766 verfügte, dass im Bereich der Gültigkeit der Bergordnung keine „ausländische“, d.&nbsp;h. nicht im Bereich der Bergordnung geförderte Kohle verkauft werden durfte. Gleiches galt für Salz, das nur aus der Saline Königsborn bezogen werden durfte. Zuwiderhandlungen wurden mit Festungshaft bestraft. 1769 wurde dieser Erlass erneut bekräftigt.<ref>Wolfgang Köllmann: ''Beginn der Industrialisierung''. In: Wolfgang Köllmann, Hermann Korte, Dietmar Petzina, Wolfhard Weber: ''Das Ruhrgebiet im Industriezeitalter. Geschichte und Entwicklung. Bd. 1''. Schwann im Patmos Verlag, Düsseldorf 1990, S. 31.</ref><br />
<br />
An der Ruhr wurde im ausgehenden 18. Jh. die Kohle in [[Stollen (Bergbau)|Stollenbergwerken]] abgebaut. Ein frühes Beispiel ist 1780 die [[Zeche Humboldt]] in [[Mülheim an der Ruhr]].<br />
<br />
Eine Anordnung des Bergamtes verfügte 1783, dass „keine neuen Steinkohlenbergwerke in Betrieb gesetzt werden, bis daran ein Kohlenmangel sich ereignet“.<ref>Friedrich Zunkel: ''Aspekte der Industrialisierung des Ruhrgebiets im 19. Jahrhundert – unter besonderer Berücksichtigung des Ruhrbergbaus''. In: Kurt Düwell / Wolfgang Köllmann (Hrsg.): ''Rheinland-Westfalen im Industriezeitalter. Bd. 1: Von der Entstehung der Provinzen bis zur Reichsgründung''. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1983, S. 177.</ref><br />
<br />
[[Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom Stein|Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum Stein]] wurde 1784 Direktor des Bergamtes in [[Wetter (Ruhr)|Wetter an der Ruhr]]. Er trieb die Entwicklung des Bergbaus und des Hüttenwesens in den westlichen Gebieten Preußens voran.<br />
<br />
Im Jahre 1784 hatten einige Hattinger Zechen einen gemeinsamen Schiebeweg bis zur Ruhr angelegt und am Ruhrufer eine Kohleverladestation errichtet. 1787 wurde dieser Schiebeweg mit eisernen Schienen ausgebaut, wodurch die erste „Eisenbahnstrecke“ in Deutschland entstand. 1828 wurde dieser Schiebeweg zu einer der ersten Pferdebahnen des Ruhrgebietes umgebaut.<br />
<br />
[[Datei:St Antony.jpg|miniatur|Alte Ansicht der St.-Antony-Hütte]]<br />
'''Anfänge der Eisenverhüttung vor 1800'''<br />
<br />
Mit Privileg vom 13. Juli 1753 erteilte der Kölner Erzbischof Clemens August dem Freiherrn Franz Ferdinand von der Wenge die Erlaubnis, am Sterkrader Bach einen Hochofen und ein Hammerwerk zu errichten. Mit diesem Privileg beginnt die Geschichte der Eisen- und Stahlindustrie im Ruhrgebiet.<ref>Wolfgang Köllmann: ''Frühe Unternehmer''. In: Walter Först (Hrsg.): ''Ruhrgebiet und neues Land''. Grote, Köln/ Berlin 1968, S. 16f (Beiträge zur neueren Landesgeschichte des Rheinlandes und Westfalens, Bd. 2)</ref> Am 18. Oktober 1758 wurde ein neun Meter hoher Hochofen der [[St.-Antony-Hütte]] in [[Osterfeld (Oberhausen)|Osterfeld]] angeblasen. Die erste erzverarbeitende Produktionsstätte in dieser Region hatte ihren Betrieb aufgenommen.<ref>Zur Geschichte der „St.-Anthony-Hütte“ vergleiche: Roland Günther: ''Oberhausen''. Düsseldorf: Schwann, 1975, S. 79–90 (Die Denkmäler des Rheinlandes. Bd. 22)</ref> Raseneisenerz, das in der Umgebung gefunden worden war, wurde mit Hilfe von Holzkohle, die man in den umliegenden Wäldern gewann, verhüttet.<br />
<br />
1779 hatte der aus dem Siegerland stammende Hüttenmeister Eberhard Pfandhöfer die St.-Anthony-Hütte gepachtet. Vom preußischen König erhielt er 1781 die Konzession zur Errichtung einer Eisenschmelze beim Dorf Sterkrade. Das nötige Kapital zur Errichtung des Werkes lieh er sich von Helene Amalie Krupp, 1782 nahm die Hütte mit dem Namen [[Gutehoffnungshütte|„Gute Hoffnung“]] die Produktion auf.<ref name="Wolfgang Köllmann 1968">Wolfgang Köllmann: ''Frühe Unternehmer''. In: Walter Först (Hrsg.): ''Ruhrgebiet und neues Land''. Grote, Köln/ Berlin 1968, S. 17f (Beiträge zur neueren Landesgeschichte des Rheinlandes und Westfalens, Bd. 2)</ref><br />
<br />
Mit dem Privileg der Essener Fürstäbtissin Maria Cunegunda errichtete Gottlob Jacobi 1791 die Hütte „Neu-Essen“ an der Emscher in der Nähe des [[Schloss Oberhausen|Schlosses Oberhausen]].<br />
<br />
1793, nach dem Tod von Wenges, bot die Fürstäbtissin den Erben den Kauf der St.-Anthony-Hütte an. Da jedoch Pfandhöfer bereits einen Kaufvertrag besaß, besetzten Soldaten der Fürstäbtissin die St.-Anthony-Hütte und vertrieben Pfandhöfer. Im Gegenzug verhafteten preußische Polizisten Jacobi, als dieser sich auf preußischem Gebiet befand. Durch das Eingreifen des Freiherrn von Stein kam Pfandhöfer in den Besitz der St-Anthony-Hütte, musste sie allerdings wegen seiner hohen Schulden 1795 an die Fürstäbtissin verkaufen. 1800 wurde seine Hütte Gute Hoffnung zwangsversteigert, die Hauptgläubigerin Helene Amalie Krupp ersteigerte die Hütte.<ref name="Wolfgang Köllmann 1968" /><br />
<br />
[[Datei:Querschnitt Feuermaschine Kgsb.jpg|miniatur|Querschnitt durch die 1799 errichtete Dampfmaschine der ''Saline Königsborn'', Zeichnung von 1822]]<br />
'''Saline Königsborn'''<br />
<br />
1734 wurde die [[Saline Königsborn]] in Unna vom [[Preußen|preußischen]] Staat gegründet. Zwei Jahre später nahm in [[Holzwickede]] der [[Caroliner Erbstollen]] den Kohleabbau auf und belieferte die Saline Königsborn. 1747 wurde im Unnaer Salzwerk beim neu gebohrten Brunnen Friedrichsborn als technische Neuerung eine ''Windkunst'', eine Windmühle, zur Soleförderung eingesetzt.<br />
<br />
In Unna-Afferde wurde 1799 im Betrieb der Saline Königsborn erstmals eine [[Dampfmaschine]] eingesetzt. Die neue Art der Soleförderung brachte eine solche Ertragssteigerung mit sich, dass die Saline bereits im Folgejahr auf dem dritten Rang aller salzproduzierenden Betriebe in Preußen nach ihrer Produktivität lag.<br />
<br />
=== Die napoleonische Ära 1799–1815 ===<br />
'''Territoriale Neugliederung durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803'''<br />
{{Hauptartikel|Reichsdeputationshauptschluss}}<br />
<br />
Die Annexion des linken Rheinufers, das seit 1794 französisch besetzt war, wurde im [[Friede von Lunéville]] am 9. Februar 1801 auch staatsrechtlich anerkannt. Die weltlichen Herrscher, die linksrheinische Gebiete an Frankreich abtreten mussten, sollten mit rechtsrheinischen Gebieten entschädigt werden. Zwar wurde die Gebietsumverteilung erst offiziell auf dem Reichsdeputationshauptschluss festgelegt, aber in einem Vertrag mit Frankreich vom 23. Mai 1802 ließ sich Preußen den zukünftigen Besitz geistlicher Territorien noch einmal bestätigen und erhielt das Recht, diese Territorien vorab bereits besetzen zu dürfen. Daraufhin wurden im Juni bzw. August 1802 das Stift Essen bzw. das Stift Werden annektiert. 1803 wurden mit dem [[Reichsdeputationshauptschluss]] im Zuge der [[Säkularisation]] die geistlichen Territorien [[Kloster Werden|Reichsabtei Werden]] und [[Stift Essen]] aufgelöst. Die Gebiete gingen an [[Preußen]]. Herzog [[Ludwig Engelbert (Arenberg)|Ludwig-Engelbert von Arenberg]] erhielt als Entschädigungsland für sein linksrheinisches Fürstentum unter anderem das [[Vest Recklinghausen]].<ref>Zur territorialen Neugliederung 1803 vergleiche Karte in Irmgard Hantsche: ''Atlas zur Geschichte des Niederrheins''. Kartographie: Harald Krähe. Essen / Bottrop: Verlag Peter Pomp, 1999, S. 116f (Schriftenreihe der Niederrhein-Akademie Bd. 4)</ref><br />
<br />
[[Datei:Murat2.jpg|miniatur|[[Joachim Murat]] in der Uniform der bergischen Kavallerie, 1806–1808 Großherzog von Berg]]<br />
'''Großherzogtum Berg 1806–1813'''<br />
{{Hauptartikel|Großherzogtum Berg}}<br />
<br />
Kurz nach der [[Schlacht bei Austerlitz]] gelang es Napoleon im [[Vertrag von Schönbrunn]] am 15. Dezember 1805 Bayern und Preußen zu einem Gebietstausch zu bewegen: Das französisch besetzte Ansbach sollte an Bayern fallen, wogegen Bayern das Herzogtum Berg an Frankreich abtrete. Mit den preußischen Unterhändlern einigte man sich auf den Tausch des französisch besetzten Hannovers gegen den rechtsrheinischen Teil des Herzogtums Kleve. Der französisch-preußische Vertrag wurde am 4. Januar 1806 ratifiziert.<ref>Helmuth Rönnefahrt: ''Konferenzen und Verträge. Vertrags-Ploetz, ein Handbuch geschichtlich bedeutsamer Zusammenkünfte, Vereinbarungen, Manifeste und Memoranden. Teil II: 1493-1952''. Ploetz Verlagsbuchhandlung, Bielefeld 1952, S. 99.</ref><br />
<br />
Am 15. März 1806 bestimmte Napoleon seinen Schwager Joachim Murat zum Herzog von Berg, welcher am 23. März 1806 in seiner Residenzstadt Düsseldorf eintraf, und drei Tage später vollzogen Landstände und Landesbehörden den Eid auf den neuen Regenten.<ref>Meent W. Francksen: ''Staatsrat und Gesetzgebung im Großherzogtum Berg (1806–1813)''. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main/ Bern 1982, S. 17 (Rechtshistorische Reihe, Bd. 23)</ref><br />
<br />
Von Oktober 1806 bis 18. November 1813 existierte das [[Napoleon Bonaparte|Napoleonische]] [[Großherzogtum Berg]] mit dem [[Ruhrdepartement]], dessen [[Präfektur (Frankreich)|Präfektur]] sich in Dortmund befand. Als Präfekt des Ruhrdepartements wurde Freiherr [[Gisbert von Romberg I.|Gisbert von Romberg]] zu Brünninghausen eingesetzt. Der westliche Teil des Ruhrgebiets gehörte zum Departement du Rhin, dessen Hauptort Düsseldorf war. Das Arrondissement Essen umfasste die heutigen Städte Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Duisburg, Dinslaken, Dorsten und Recklinghausen.<ref>Josef Niessen: ''Geschichtlicher Handatlas der deutschen Länder am Rhein. Band: Mittel- und Niederrhein''. J. P. Bachem Verlag, Köln 1950, S. 40.</ref><br />
<br />
In den Jahren ab 1806 verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage in Berg durch die protektionistischen Maßnahmen Napoleons zur Förderung der französischen Wirtschaft und durch seine Dekrete zur Kontinentalsperre gegen Großbritannien. Durch Napoleons Dekret vom 30. April 1806, das jegliche Einfuhr von Stoffen, Tuchen und feinen Eisenwaren nach Frankreich verbot, kam der bergische Handel mit Frankreich praktisch zum Erliegen. In dem Dekret vom 21. November 1806 wurde der Handel mit den britischen Inseln untersagt, und nach dem Dekret von Turin vom 28. Dezember 1807 durften nur noch Baumwollwaren französischen Ursprungs nach Italien eingeführt werden. Die mit den napoleonischen Maßnahmen verbundenen Absatzeinbußen der bergischen Unternehmer und die steigende Arbeitslosigkeit führten zu starken antifranzösischen Stimmungsäußerungen im Volke.<ref>Mahmoud Kandil: ''Sozialer Protest gegen das napoleonische Herrschaftssystem. Äußerungen der Bevölkerung des Großherzogtums Berg 1808-1913 aus dem Blickwinkel der Obrigkeit''. Mainz Verlag, Aachen 1995, S.&nbsp;28–31; zugleich Diss. phil. Fernuniversität Hagen 1995.</ref><br />
<br />
[[Datei:Jacques-Louis David - The Emperor Napoleon in His Study at the Tuileries - Google Art Project 2.jpg|miniatur|[[Napoleon Bonaparte]] 1812]]<br />
Am 12. Dezember 1808 erließ Napoleon von Madrid aus ein Decret, das Leibeigenschaft und Hörigkeit abschaffte. Im folgenden Jahr führte Napoleon die [[Gewerbefreiheit]] ein. Die Gilden wurden aufgelöst. Die Lehns- und Gutsuntertänigkeit der Bauern wurde durch Kaiserliche Dekrete vom 11. Januar 1809 und 13. September 1811 aufgehoben.<br />
<br />
Am 17. Dezember 1811 wurden im Großherzogtum Berg der Anbau, die Einfuhr und die Weiterverarbeitung von Tabak verboten, um die französische Tabakindustrie zu stärken. Alle Vorräte und Maschinen der Tabak verarbeitenden Betriebe wurden beschlagnahmt und nach Frankreich transportiert. Die blühende Tabakindustrie des Ruhrgebiets erlitt einen ziemlichen Rückschlag, in Duisburg z.&nbsp;B. wurden durch dieses Verbot 15 % der Bevölkerung arbeitslos.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Bd. 1: Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S. 173.</ref><br />
<br />
Die mit der Regie von Tabak und Salz im Großherzogtum Berg verbundene Erbitterung der Bevölkerung gegen die französische Herrschaft führte in Verbindung mit neuen Konskriptionen Anfang 1813 zu einem Aufstand von Arbeitern und Bauern im Großherzogtum. Der Aufstand wurde durch aus Wesel und Elberfeld herangezogene Truppen niedergeschlagen, 17 Anführer wurden hingerichtet.<ref>Max Braubach: ''Vom Westfälischen Frieden bis zum Wiener Kongress (1648–1815)''. In: Franz Petri, Georg Droege (Hrsg.): ''Rheinische Geschichte. Bd. 2: Neuzeit''. Schwann Verlag, Düsseldorf 1976, S. 346.</ref><br />
<br />
Gemäß dem Senatsconsult vom 12. Dezember 1810 wurden die nördlich einer Linie Wesel – Haltern gelegenen Gebiete Teil des französischen Kaiserreichs, womit das [[Fürstentum Salm]] und das [[Herzogtum Arenberg-Meppen]] ihre Unabhängigkeit verloren. Die südlich der Lippe gelegenen arenbergischen Besitztümer, zum Beispiel Recklinghausen, wurden 1811 Teil des Großherzogtums Berg.<ref>Gustav Engel: ''Politische Geschichte Westfalens''. Grote, Köln/ Berlin 1968, S. 233.</ref><br />
<br />
'''Auswirkungen des „Befreiungskrieges“ 1813/14'''<br />
<br />
Nach der [[Völkerschlacht bei Leipzig]], 16. bis 19. Oktober 1813, zogen sich die französischen Truppen auf das linksrheinische Gebiet zurück, nur die Festung Wesel blieb rechtsrheinisch französisch besetzt. Am 9. November erreichten die ersten preußischen Truppen Hamm, von wo aus am gleichen Tag ein Aufruf an alle Bewohner von Berg und Mark erging, die Waffen zum Kampf gegen die Franzosen zu ergreifen. Am 13. November traf ein Spähtrupp von 18 russischen Kosaken in Duisburg ein und wurde von der Bevölkerung jubelnd empfangen, am 15. November folgte ein russisches Infanterieregiment. Ab Mitte Dezember 1813 war Duisburg von russischen Truppen, Kirgisen und Baschkiren des russischen Generals [[Alexander Iwanowitsch Tschernyschow|Tschernyschow]], besetzt, die dort den Winter über stationiert waren. Die russischen Truppen wussten mit zum Teil erheblicher Brutalität ihre Ansprüche und Bedürfnisse gegenüber der Duisburger Bevölkerung durchzusetzen, so dass der Winter 1813 auf 1814 als „Kosakenwinter“ bezeichnet wurde.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Bd. 1: Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S. 70.</ref><br />
<br />
'''Territoriale Neugliederung durch den Wiener Kongress 1815'''<br />
{{Hauptartikel|Wiener Kongress}}<br />
<br />
Gemäß den Beschlüssen des [[Wiener Kongress]]es erhielt [[Preußen]] seine Besitzungen in [[Westfalen]] und am Rhein zurück, dazu noch das einstige [[Herzogtum Berg]] und die Gebiete der vormaligen [[Freie Reichsstadt|Reichsstadt]] und Grafschaft [[Dortmund]]. Damit waren alle Territorien um Ruhr, Emscher und Niederrhein in einer Hand vereinigt. Sie gehörten nun zu Preußen.<br />
<br />
== Industrialisierung von 1800 bis 1918 ==<br />
=== Frühindustrialisierung 1800 bis 1835 ===<br />
Die erste, noch importierte [[Dampfmaschine]] des Ruhrbergbaus wurde 1802 auf der [[Zeche Vollmond]] in [[Werne (Bochum)|Werne]] bei [[Bochum]] zur [[Wasserhaltung (Bergbau)|Wasserhaltung]] in Betrieb genommen. Der damit beauftragte Techniker [[Franz Dinnendahl]] gründete kurz darauf in Essen eine Fabrik und ließ selbst entworfene Dampfmaschinen herstellen, die erste von Dinnendahl gebaute Dampfmaschine wurde 1804 auf der Zeche Wohlgemuth in Betrieb genommen.<ref>Lange, Irmgard : „Die Einführung der Dampfmaschine im ehemaligen Kreis Duisburg“. In: Duisburger Forschungen, Bd. 14. Duisburg : Walter Braun Verlag, 1970, S. 74</ref><br />
<br />
1804 zählte das Ruhrgebiet 229 Zechen mit einer Förderung von 380 000 Tonnen.<ref name="damals">''Damals auf dem Pütt.'' In: ''WAZ Extra.'' Essen, 16. April 2010.</ref><br />
<br />
1805 kauften [[Franz Haniel]], sein Bruder [[Gerhard Haniel]] und der mit ihnen verschwägerte [[Gottlob Jacobi]] die beiden Eisenhütten [[St.-Antony-Hütte]] in [[Oberhausen-Osterfeld]] und „Neu-Essen“ im [[Reichsstift Essen]]. Durch die Vermittlung von [[Heinrich Arnold Huyssen]] gelang 1808 der Zukauf der Hütte „Gutehoffnung“ in [[Oberhausen-Sterkrade]], die sich im Besitz von [[Helene Amalie Krupp]] befand. Im gleichen Jahr wurde die Firma „Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel & Huyssen (JHH)“ als Betreiberin der drei benachbart gelegenen Hütten gegründet, aus der sich die [[Gutehoffnungshütte]] entwickelte.<br />
<br />
Wilhelm Hobrecker errichtete 1810 ein Walzwerk in Hamm. Ein Jahr später im Jahr 1811 begründete in Essen [[Friedrich Krupp]]<ref>{{ADB|55|537|538|Krupp, Friedrich|Franz Maria Feldhaus|ADB:Krupp, Friedrich}}<br />Renate Köhne-Lindenlaub: ''Krupp, Friedrich''. In: ''Neue Deutsche Biographie'' (NDB). Band 13. Duncker & Humblot, Leipzig 1982, S. 129 f.</ref> die [[Krupp-Gussstahlfabrik]] und in Mülheim begründete [[Johann Dinnendahl]] eine Dampfmaschinenwerkstatt, die Keimzelle der späteren [[Friedrich Wilhelms-Hütte]].<br />
<br />
Das [[Jahr ohne Sommer]], das Jahr 1816 (am 25. Juni fällt sogar Schnee) brachte Hunger über Europa und Nordamerika. Im selben Jahr wurde die [[Technische Fachhochschule Georg Agricola|Bochumer Bergschule]] gegründet. An ihr wurde das Führungspersonal für den Bergbau ausgebildet.<br />
<br />
[[Heinrich Friedrich Karl vom Stein]] ließ sich auf [[Schloss Cappenberg]] in [[Selm]] nieder. Ab 1826 war er Präsident der ersten drei westfälischen [[Provinziallandtag (Preußen)|Provinziallandtage]].<br />
<br />
Am 18. Oktober 1818 wurde auf Grund einer Kabinettsorder von [[Friedrich Wilhelm III. (Preußen)|Friedrich Wilhelm&nbsp;III.]] die Universität in Duisburg geschlossen. Im selben Jahr wurde die [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität|Bonner Universität]] wiedergegründet. Große Teile der Duisburger Universitätsbibliothek und das Universitätszepter gingen nach Bonn.<br />
<br />
[[Datei:Alfred Rethel 001.jpg|miniatur|Die Harkortsche Fabrik auf Burg Wetter um 1834]]<br />
Der ''Vater des Ruhrgebiets'' [[Friedrich Harkort]]<ref>{{ADB|50|1|6|Harkort, Friedrich Wilhelm|Otto Schell|ADB:Harkort, Friedrich}}</ref> gründete 1819 auf der [[Burg Wetter|Burg]] in [[Wetter (Ruhr)|Wetter an der Ruhr]] seine ''Mechanischen Werkstätten'' und ließ Dampfmaschinen produzieren. 1826 gliederte er seiner Fabrik einen [[Puddelverfahren|Puddelofen]] an und brachte somit erstmals das in England 1784 erfundene Verfahren zur Stahlherstellung ins Ruhrgebiet. Bereits 1828 gründete Eduard Schmidt ein weiteres Puddelwerk in [[Nachrodt]], kurze Zeit später Theodor Freiherr von Dücker in [[Rödinghausen]] ein weiteres Werk.<ref>[[Peter Borscheid]]: ''Westfälische Industriepioniere in der Frühindustrialisierung''. In: Kurt Düwell, Wolfgang Köllmann (Hrsg.): ''Rheinland-Westfalen im Industriezeitalter. Bd. 1: Von der Entstehung der Provinzen bis zur Reichsgründung''. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1983, S. 165.</ref><br />
<br />
Im Zuge der Industrialisierung wurde die [[Lippe (Fluss)|Lippe]] bis hinter [[Hamm]] von 1819 bis 1826 schiffbar gemacht.<br />
<br />
Das Königlich Preußische Oberlandesgericht Kleve wurde am 1. Juli 1820 nach Hamm verlegt – heute ist es das [[Oberlandesgericht Hamm]].<br />
<br />
[[Witten]] erhielt 1823 die Stadtrechte. Mit der Bevölkerungszunahme, die mit der fortschreitenden Industrialisierung verbunden war, setzte eine neue Folge von Stadtrechtsverleihungen in der Region ein. Im Unterschied zu den zahlreichen mittelalterlichen Stadtrechtsverleihungen erfolgte die „Erhebung“ zur Stadt jetzt nach der preußischen Städteordnung.<br />
<br />
In [[Lünen]] nahm 1827 die Gewerkschaft Eisenhütte „Westphalia“ den Betrieb auf.<ref name="Mertes">P.H. Mertes: Das Werden der Dortmunder Wirtschaft – Im Auftrage der Industrie- und Handelskammer geschrieben, Ruhfus Verlag, Dortmund 1940, S. 109.</ref> Ein Jahr später eröffnete [[Franz Haniel]] 1828 in Ruhrort eine Werft für den Bau von [[Dampfschiff]]en.<br />
<br />
Die [[Prinz-Wilhelm-Eisenbahn-Gesellschaft|Deilthaler Eisenbahn-Aktiengesellschaft]] war die erste [[Aktiengesellschaft]] im Ruhrgebiet.<br />
<br />
[[Friedrich Harkort]] eröffnete mit der [[Schlebusch-Harkorter Kohlenbahn]] 1828 und der [[Prinz-Wilhelm-Eisenbahn-Gesellschaft#Deilthaler Eisenbahn|Deilthaler Eisenbahn]] 1831 die ersten Eisenbahnen über eine [[Preußische Meile]]. Die Bahnen wurden zunächst als [[Pferdebahn]] errichtet und später auf Dampfbetrieb umgerüstet. Sie verbanden die Zechen im südlichen Ruhrgebiet mit den Kohlenwegen im südlichen Ruhrtal und der Industrie an der [[Enneperstraße]].<br />
<br />
{{Panorama|Lange diercke sachsen deutschland ruhrgebiet 1830.jpg|800|Das rheinisch-westfälische Industriegebiet im Jahr 1830}}<br />
<br />
=== Erste Phase der Industrialisierung 1835 bis 1873 ===<br />
Nach dem preußischen [[Preußisches Regulativ|Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken]] von 1839 betrug das Mindestalter für Kinderarbeit neun Jahre, die Arbeitszeit war auf zehn Stunden täglich beschränkt. An Sonn- und Feiertagen und nachts durften Kinder nicht zur Arbeit eingesetzt werden.<br />
<br />
==== Anfänge der Schwerindustrie ====<br />
[[Datei:HermDietrPiepenstock.jpg|miniatur|Hermann Diedrich Piepenstock]]<br />
Im Bereich der heutigen Stadt '''Dortmund''' begann die Industrialisierung 1839 in Hörde mit der Gründung der [[Hermannshütte (Hörde)|Hermannshütte]] durch [[Hermann Diedrich Piepenstock]],<ref>Reininghaus, Wilfried: ''Piepenstock, Hermann Diedrich''. In: Bohrmann, Hans (Hrsg.): ''Biographien bedeutender Dortmunder. Menschen in, aus und für Dortmund. Band 1''. Ruhfus Verlag, Dortmund 1994, S. 109 ff.</ref> der die Burg Hörde und Teile des Umlandes kaufte und dort ein Puddelwerk zur Herstellung von Schmiedeeisen, ein Hammerwerk und ein Walzwerk errichten ließ. 1841 besuchte der preußische König [[Friedrich Wilhelm IV.]] das Werk, das er ein Jahr später einweihte. Die Inbetriebnahme des Werkes verzögerte sich jedoch, und Piepenstock, der 1843 verstarb, erlebte den im Folgejahr stattfindenden Produktionsbeginn nicht mehr. Seine Erben wandelten 1852 die Hermannshütte in die Aktiengesellschaft ''[[Hörder Bergwerks- und Hütten-Verein]]'' um, welche die erste Aktiengesellschaft in der Hüttenindustrie des Ruhrgebiets war. 1854 wurde ein erster Kokshochofen angeblasen. Er sollte die örtlichen Vorkommen von [[Kohleneisenstein]] verarbeiten, ein Gemenge von [[Eisenerz|Eisenstein]] mit Ton und Kohle. 1855 waren bereits vier Hochöfen in Betrieb, und die Hütte wurde im gleichen Jahr an das Eisenbahnnetz angeschlossen.<ref>Walter Gronemann: ''Kleine Geschichte der Stadt Hörde''. Dortmund 1991, S.&nbsp;76–79.</ref><br />
<br />
Durch das Auffinden reicher Eisensteinvorkommen in Hörde, Schüren und Aplerbeck erhielt Dortmund durch das regionale Nebeneinander von Steinkohle und Eisenerz im Hinblick auf die Schwerindustrie einen erheblichen Standortvorteil.<ref>Luntowski, Gustav: ''Kleine Wirtschaftsgeschichte von Dortmund''. Dortmund 1988, S. 49.</ref><br />
<br />
Mit dem Geld Essener Bergwerksbesitzer sowie Kölner und Berliner Bankhäuser wurden 1850 die ersten modernen Zechen finanziert. Als im Sommer 1855 neben der königlichen Bank drei weitere Bankhäuser Filialen in Dortmund errichteten, „ergriff die Dortmunder Bürger ein fast amerikanischer Gründungstaumel“.<ref>[[Luise von Winterfeld]]: ''Geschichte der freien Reichs- und Hansestadt Dortmund''. 2. erweiterte Auflage. Ruhfus Verlag, Dortmund 1956, S. 170.</ref> In den Jahren 1855 und 1856 wurden in Dortmund 23 Aktiengesellschaften mit einem Stammkapital von 53 Millionen gegründet, die im Bereich des Bergbaus und der Schwerindustrie investierten. Die Anzahl der Puddelöfen stieg von 5 im Jahre 1855 auf 45 im Jahre 1858. Die Anzahl der Arbeiter in der Schwerindustrie stieg bis zum Jahre 1858 auf 1201.<ref>Winterfeld, Luise von: ''Geschichte der freien Reichs- und Hansestadt Dortmund''. 2. erweiterte Auflage. Ruhfus Verlag, Dortmund 1956, S. 171 f.</ref><br />
<br />
[[Datei:Mayer und Kuehne 1845.jpg|miniatur|links|Gussstahlfabrik Mayer & Kühne in Bochum 1845]]<br />
In '''Bochum''' gründeten 1842 [[Jacob Mayer (Fabrikant)|Jacob Mayer]] und [[Eduard Kühne]] die Gussstahlfabrik ''Mayer & Kühne'', den Vorläufer des Montankonzerns [[Bochumer Verein]]. 1852 präsentierten [[Mayer & Kühne]] der Öffentlichkeit die ersten aus [[Stahlguss]] hergestellten Gussstahlglocken auf der Düsseldorfer Gewerbeausstellung.<br />
<br />
In '''Duisburg''' wurde 1844 in Hochfeld am Rheinkanal durch Ernst Berkmann die „Borussiahütte“ gegründet, die um 1850 etwa 50 Arbeiter beschäftigte.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Band 1: Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S. 188 f.</ref> Die ''[[Niederrheinische Hütte]]'' wurde am Rheinufer errichtet. Der Tuchfabrikant Peter Göring aus Düsseldorf und der Kaufmann Wilhelm Stein aus Lintorf ließen 1851 bis 1853 die Hütte errichten, die bereits 1854 einen zweiten Hochofen in Betrieb nahm. Zu der Hütte gehörten mehrere Eisensteingruben im Hessischen und eine Kokerei auf dem Duisburger Werksgelände. Da die Investitionskosten von den beiden Gründern allein nicht aufgebracht werden konnten, wurde die Firma 1855 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt: ''Rheinische Bergbau- und Hüttenwesen-AG''. 1857 beschäftigte die Hütte etwa 150 Arbeiter.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Band 1: Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S. 191 f.</ref> Die dritte Duisburger Hütte „Vulkan“ wurde ebenfalls in Hochfeld am Rheinkanal errichtet und mit niederländischem Kapital finanziert. Es wurden zwei Hochöfen errichtet; der erste ging 1856 in Betrieb. 1859 wurde das Werk stillgelegt, weil die Besitzer das noch vorhandene Kapital in den Ausbau der zum Konzern gehörenden Zeche „Java“ investieren wollten. Bevor die Zeche mit der Förderung begann, ging der Konzern pleite.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Band 1: Das alte Duisburg von den Anfängen bis 1905''. 3. Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975, S. 192.</ref><br />
<br />
1867 gründete [[August Thyssen]] mit mehreren Verwandten in Duisburg das Eisenwerk „Thyssen-Foussol & Co“.<br />
<br />
Auf der [[Gutehoffnungshütte]] in '''Osterfeld''' wurde 1839 eine erste [[Dampflokomotive]] gebaut.<br />
<br />
Im Ruhrgebiet wurde 1849 erstmals die [[Stahl]]produktion mit [[Koks]]kohle in der [[Friedrich Wilhelms-Hütte]] in '''Mülheim an der Ruhr''' durchgeführt.<br />
<br />
Die '''Hattingen'''er [[Henrichshütte]] wurde 1854 gegründet. Zunächst wurde in unmittelbarer Nähe abgebautes Erz verhüttet. Später diente die [[Ruhrtalbahn]] zur Versorgung des Werkes mit Erz und Kohle.<br />
<br />
In '''Hamm''' entstand 1855 das Eisendrahtwerk Cosack & Co., der späteren [[Westfälische Union|Westfälischen Union]] – heute Böhler Welding und die Drahtwerke Hobrecker-Witte-Herbers – sie firmierten 1872 zur ''Aktiengesellschaft Westfälischer Draht-Industrie-Verein'' um, und 1890 wurde der Name nochmals gewechselt in ''[[Westfälische Drahtindustrie]]''.<br />
<br />
==== Bergbau ====<br />
{| align="right"<br />
|<br />
[[Datei:KohleRuhr19JhBrockhaus.png|miniatur|Entwicklung der Kohleförderung im Rheinisch-Westfälischen Kohlenbecken während des 19. Jahrhunderts]]<br />
|}<br />
[[Datei:Malakoff01.jpg|miniatur|Über den Schächten der Tiefbauzechen errichtete man Ende des 19. Jh. [[Malakow-Turm|Malakow-Türme]], hier der der [[Zeche Julius-Philipp]] im Bochumer Süden]]<br />
<br />
1850 entstanden die ersten [[Malakow-Turm|Malakofftürme]].<br />
<br />
In mehreren Gesetzen wurde in den Jahren 1851 bis 1865 die Berggesetzgebung reformiert und liberalisiert. 1851 wurde in einer ersten Änderung des Bergrechts, dem sogenannten „Miteigentümergesetz“, der Einfluss des Staates reduziert, und die Besitzer erhielten erweiterte Rechte über die Zechen. 1854 wurden die Kassen der Knappschaftsvereine Zwangskassen, was zu einer erheblichen sozialen Absicherung der Bergarbeiter führte, wobei die Knappschaftsvereine den Bergarbeitern freie Kuren und kostenlose Arzneien, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Invaliden- und Witwenunterstützung zugute kommen ließen. Finanziert wurde das Modell durch die Unternehmer, die 1/20 der Kohleförderung einzahlten, und die Bergleute, die sich mit 1/20 ihres Lohnes beteiligten.<br />
Durch die Bergrechtsnovelle von 1860 wurde die „Freizügigkeit“ des Arbeitsverhältnisses zwischen Grubenbesitzer und Arbeiter eingeführt, d.&nbsp;h. der letzte staatliche Einfluss auf die Vertragsbedingungen der Bergarbeiter abgeschafft, was 1861 konsequenterweise zur Auflösung der staatlichen Bergämter führte.<br />
Zwischen 1851 und 1863 wurde durch 14 Bergrechtsänderungen das Bergrecht liberalisiert und staatlicher Einflussnahme entzogen. Am 24. Juni 1865 wurde der Stand des Bergrechts im „Allgemeinen Berggesetz für die Preußischen Staaten“ (ABG) verabschiedet. Das Gesetz trat am 1. Oktober 1865 in Kraft.<ref>nähere Einzelheiten siehe Weber, Wolfgang: ''Entfaltung der Industriewirtschaft.'' In: Köllmann, Wolfgang / Korte, Hermann u.&nbsp;a. : ''Das Ruhrgebiet im Industriezeitalter. Geschichte und Entwicklung. Band 1''. Düsseldorf : Schwann im Patmos Verlag, 1990, S. 207–210.</ref><br />
<br />
1855 wurde unter der Federführung von [[William Thomas Mulvany]] mit dem Abteufen des ersten Schachtes der [[Zeche Hibernia]] in [[Gelsenkirchen]] begonnen. Als technische Neuerung wurden [[Tübbing]]s als [[Küvelage]] zur Schachtauskleidung genutzt. In den nächsten Jahren folgten unter der Leitung des irischen Ingenieurs entlang der [[Emscherland|Emscherniederung]] die Zechen [[Zeche Shamrock|Shamrock]] in [[Herne]] und [[Zeche Erin|Erin]] in [[Castrop-Rauxel|Castrop]]. Die Geldmittel stammten von irischen und belgischen Kapitalgebern. Der Kohletransport erfolgte über die Köln-Mindener Eisenbahn.<br />
<br />
Die [[Wirtschaftskrise von 1857]] führte zu Absatzschwierigkeiten für Kohle und Stahl, mit sozialer Auswirkung für die Beschäftigten. 1857 geriet der Bergbau des Ruhrgebiets in eine Krise auf Grund fallender Kohlepreise, durch gleichzeitig sinkende Eisenpreise in England mussten Hochöfen schließen, was die Kokskohleproduktion beeinträchtigte. In dieser wirtschaftlichen Krisensituation gründeten am 17. Dezember 1858 Bergwerksbesitzer in Essen den [[Verein für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund]], kurz Bergbau-Verein. In der Gründungssitzung des Vereins waren 89 Bergwerksgesellschaften mit 16000 Arbeitern vertreten. Die vertretenen Bergwerke waren zwar nur eine Minderheit bei 202 Bergwerken im Oberbergamtsbezirk Dortmund, repräsentierten jedoch etwa die Hälfte der Kohlenförderung des Bezirks. Zum ersten Vorsitzenden des Vereins wurde [[Friedrich Hammacher]] gewählt, der bis 1890 in diesem Amt blieb, zum Gründungsvorstand gehörten u.&nbsp;a. [[Hugo Haniel]], [[Friedrich Wilhelm Waldthausen]], [[Gustav Stinnes]], [[William Thomas Mulvany]]. Im Laufe der folgenden Jahre schlossen sich fast alle Zechen des Oberbergamtsbezirks dem Verein an. Die Ziele des Vereins waren vor allem Steigerung des Kohleabsatzes, Ausbau des Verkehrsnetzes, günstigere Tarife im Eisenbahntransport und Abbau der staatlichen Reglementierung in Bergbau.<ref>Gerhard Gebhardt: ''Ruhrbergbau. Geschichte, Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen''. Glückauf Verlag, Essen 1957, S. 20 f.</ref><br />
<br />
In [[Mülheim an der Ruhr]] wurde 1858 eine Fabrik zur Produktion von [[Koks]]briketts an der [[Zeche Wiesche]] eröffnet. Es war die erste Anlage dieser Art im Ruhrgebiet.<br />
<br />
Den Zeitraum 1871 bis 1873 bezeichnet man als die [[Gründerjahre]]. Die französische [[Kontribution]] führte zu einem Bauboom und einem Investitionsschub. Im Ruhrgebiet wurden zahlreiche Zechengesellschaften mit dem aus [[Frankreich]] zufließenden Kapital gegründet.<br />
<br />
==== Ausbau des Verkehrswesens ====<br />
'''Eisenbahn'''<br />
<br />
[[Datei:Coeln-Minden aus Bahnkarte Deutschland 1849.png|mini|hochkant=2.0|Stammstrecke der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft auf der [[:Datei:Bahnkarte Deutschland 1849.jpg|Bahnkarte Deutschland 1849]]]]<br />
Nachdem bereits Friedrich Harkort 1825 den Bau einer Eisenbahnlinie von Köln nach Minden vorgeschlagen hatte und [[Friedrich List]] diese Streckenverbindung 1833 als westlichste Teilstrecke seines „Konzeptes eines Eisenbahnnetzes für Deutschland“ vorgesehen hatte, erhielt die [[Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft|Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft]] 1843 die Lizenz zum Bau der Strecke. Die Strecke sollte das Rheinland mit dem Netz der [[Königlich Hannöversche Staatseisenbahnen|Königlich Hannöverschen Staatseisenbahnen]] verbinden. Die erste Teilstrecke von [[Köln-Deutz]] nach Düsseldorf wurde am 20. Dezember 1845 eröffnet, die Strecke bis Duisburg am 9. Februar 1846. Um die Kosten des Baus der Eisenbahnlinie möglichst niedrig zu halten, wurde im Bereich des Ruhrgebietes eine Trasse nördlich der Zentren der Hellwegzone gewählt. Am 15. Mai 1847 war mit dem Erreichen Hamms die Teilstrecke durch das Ruhrgebiet fertiggestellt. Bis zum 15. Oktober 1847 war der Bau der Gesamtstrecke bis Minden – zunächst eingleisig – vollendet.<ref>Karl-Peter Ellerbrock / Marina Schuster (Hrsg.): ''150 Jahre Köln-Mindener Eisenbahn''. 2. Auflage. Klartext, Essen 1997.</ref><br />
<br />
Noch während des Baus der Eisenbahn im nördlichen Ruhrgebiet interessierten sich die Kölner Bankhäuser Camphausen und [[A. Schaaffhausen'scher Bankverein|Schaafhausen]] für das daraus resultierende Wachstumspotential im [[Emscherland]]. Der [[Kölner Bergwerks-Verein]] wurde als eine frühe Aktiengesellschaft des Ruhrbergbaus gegründet und ließ Bergwerke im nördlichen Essen [[abteufen]], darunter die [[Zeche Carl]]. Transportweg der Zukunft war die neue Bahntrasse.<br />
<br />
1847 fuhr auf der [[Bahnstrecke Wuppertal-Vohwinkel–Essen-Überruhr|Steele-Vohwinkler Eisenbahn]] der erste Dampfzug durch das Ruhrtal.<br />
<br />
Die Köln-Mindener Eisenbahnlinie wurde unmittelbar nach Fertigstellung durch zahlreiche Nebenlinien erweitert. So wurde 1848 der [[Bahnhof Hamm (Westfalen)]] der erste deutsche [[Eisenbahnknoten]], da die Bahnstrecke Hamm-Münster eröffnet wurde und 1850 die [[Bahnstrecke Hamm–Warburg]] als dritte Strecke an den Knotenpunkt Hamm angegliedert wurde. Ausgehend vom Bahnhof Oberhausen wurde eine Stichstrecke über Meiderich nach Ruhrort gebaut, die am 12. November 1852 fertiggestellt wurde. Dadurch waren die in der nördlichen Hellwegzone und der Emscherzone gelegenen Zechen mit dem Ruhrorter Hafen verbunden. 1856 wurde eine rechtsrheinische Eisenbahnstrecke in Betrieb genommen, die [[Oberhausen]] und das niederländische [[Arnheim]] verband.<br />
<br />
Weitere wichtige Eisenbahnlinien folgten, so z.&nbsp;B. 1862 die [[Bergisch-Märkische Eisenbahn-Gesellschaft]] mit der [[Bahnstrecke Witten/Dortmund–Oberhausen/Duisburg]], die die zweite wichtige Ost-West-Verbindung im Süden des Ruhrgebiets herstellte. 1866 wurde die [[Bahnstrecke Hagen-Hamm|Bahnstrecke Hamm-Hagen]] der [[Bergisch-Märkische Eisenbahn-Gesellschaft|Bergisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft]] eröffnet.<br />
<br />
'''Schifffahrt und Häfen'''<br />
<br />
Nachdem der Kohleumschlag im Ruhrorter Hafen 1831 über 600 000 Tonnen betragen hatte und die bestehenden Kapazitäten nicht mehr ausreichten, wurden in der Folgezeit weitere Häfen gebaut: 1837 bis 1842 der Schleusenhafen und 1860 bis 1868 der Nord- und der Südhafen.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Bd. 2: Die Ortsteile von den Anfängen. Die Gesamtstadt seit 1905''. 2. verbesserte Auflage. Walter Braun Verlag, Duisburg 1979, S. 222.</ref><br />
<br />
Die Bedeutung der Ruhr als Schifffahrtsweg stieg in den 1830er und 1840er Jahren weiter an, jedoch mit zum Teil stark schwankenden Jahresergebnissen. Waren 1830 275 000 Tonnen Güter auf der Ruhr transportiert worden, stieg die Zahl bis 1849 auf 514 000 Tonnen. Ab 1850 liegen auch Daten über den Anteil der Kohle an der Gesamtgütermenge vor. Wobei der Anteil der Kohle an der Gesamtgütermenge in allen Jahren über 90 % lag. Der Höhepunkt der Kohletransportmenge auf der Ruhr lag mit 868 000 Tonnen im Jahre 1860. In den 1860er und Anfang der 1870er Jahre sank der Kohlentransport auf 78 000 Tonnen im Jahre 1874. In der Folgezeit spielte die Ruhr als Kohlentransportweg keine Rolle mehr, die Transportmenge sank auf 10000 Tonnen im Jahre 1884 und 3000 Tonnen im Jahre 1889. 1890 wurden noch ganze 12 Schiffsladungen Kohle auf der Ruhr transportiert. Die Ruhr hatte ihre Rolle als Kohletransportweg verloren.<ref>Gustav Adolf Wüstenfeld: ''Die Ruhrschiffahrt von 1780 bis 1890''. Wüstenfeld Verlag, Wetter 1978, S. 118–120 (Monographien zur Geschichte des Ruhrgebiets, Bd. 2)</ref><br />
<br />
1838 lief in der Werft der Firma Jacobi, Haniel & Huyssen das Dampfschiff „Graf von Paris“ vom Stapel. Es war das erste in Deutschland ganz aus Eisen gebaute Schiff.<ref>Schumacher, Martin : „Alexander Seydell - ein vergessener Pionier. Ein Beitrag zur Rheinschiffahrt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“. In: Duisburger Forschungen, Bd. 14. Duisburg : Walter Braun Verlag, 1970, S. 47</ref><br />
<br />
==== Verwaltung ====<br />
Am 4. September 1846 erhielt [[Mülheim an der Ruhr]] das Stadtrecht, die bisher mit Mülheim verbundenen Landgemeinden bildeten einen eigenen Bürgermeistereienverbund.<ref>''Denkschrift zur Hundertjahrfeier der Stadt Mülheim an der Ruhr 1908''. Hrsg. vom Geschichtsverein Mülheim an der Ruhr. Mülheim an der Ruhr: Julius Bagel, 1908, S.&nbsp;84.</ref><br />
<br />
Die Bürgermeisterei Oberhausen wurde gemäß königlichen Erlasses vom 18. November 1861 am 1. Februar 1862 gegründet. Sie umfasste die zuvor zur Bürgermeisterei [[Borbeck (Oberhausen)|Borbeck]] gehörige [[Lipper Heide]] mit den Bauerschaften [[Lippern (Oberhausen)|Lippern]] und [[Lirich]] und Heidegebieten, die zuvor zu den Gemeinden [[Meiderich]], [[Alstaden]], [[Styrum (Gemeinde)|Styrum]] und [[Dümpten]] gehörten.<ref>Zur Entstehung Oberhausens vergleiche: Heinz Reif: ''Die verspätete Stadt. Industrialisierung, städtischer Raum und Politik in Oberhausen 1846–1929. Textband''. Rheinland Verlag, Köln, S.&nbsp;162–172.</ref><br />
<br />
==== Siedlungsstruktur ====<br />
[[Datei:Oberhausen Siedlung Eisenheim IMGP0783 smial wp.jpg|miniatur|links|Siedlung Eisenheim]]<br />
[[Datei:Villa Hügel Terrassenseite.jpg|miniatur|Schlossartige Architektur für „Industriebarone“: Gartenseite der Villa Hügel in Essen von 1873]]<br />
<br />
Durch das Anwachsen der Bevölkerungszahl und den Beginn der Errichtung von neuen Siedlungen, sahen sich die Kommunen gezwungen, Stadterweiterungspläne zu erarbeiten. Die in den 1850er und 1860er Jahren in Duisburg, Mülheim, Essen und Dortmund entwickelten Pläne, die eine rasterförmige Erweiterung der Innenstädte vorsahen, konnten auf Grund von Industrieneuansiedlungen, neu errichteten Werkssiedlungen und dem raschen Wachstum der die Städte umgebenden Dörfer nicht realisiert werden, so dass im Ruhrgebiet die Entwicklung der Siedlungsstruktur weitgehend unkoordiniert und unkontrolliert vonstatten ging.<ref>Susanne Henle: ''Industriekultur und Architektur''. In: Wolfgang Köllmann, Hermann Korte, Dietmar Petzina u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Das Ruhrgebiet im Industriezeitalter. Geschichte und Entwicklung''. Schwann im Patmos-Verlag, Düsseldorf 1990, Band 2, S. 219–290, hier S. 223.</ref> Das Ruhrgebiet galt in jener Zeit als „Preußens wilder Westen“.<ref>Gert-Jan Hospers, Burkhard Wetterau: ''Kleiner Atlas Metropole Ruhr. Das Ruhrgebiet im Wandel''. Regionalverband Ruhr, Essen, 7., vollständig überarbeitete Aufl. 2018, S. 3.</ref><br />
<br />
Mit dem Bau der seit 1836 geplanten [[Werkssiedlung Eisenheim]] in [[Osterfeld (Oberhausen)|Osterfeld]] wurde 1844 durch die Errichtung der ersten zwanzig Häuser begonnen. In mehreren Bauphasen wurde die Siedlung 1865, 1866, 1872, 1898, 1901 und 1910/1911 erweitert.<ref>Zu Entstehung, Ausbau und Beschreibung der Siedlung vergleiche: Günter, Roland: ''Oberhausen''. Schwann Verlag, Düsseldorf 1975, S. 92–96 (Die Denkmäler des Rheinlandes. Band 22)</ref><br />
<br />
1869 ließ der Industrielle [[Alfred Krupp]] sich im Essener Süden die schlossartige [[Villa Hügel (Essen)|Villa Hügel]] errichten. Im Grundbuch der Stadt ließ er das Anwesen als ''Einfamilienhaus mit Garten'' eintragen. Vier Jahre später wurde der Bau fertiggestellt.<br />
<br />
Durch die erhebliche Steigerung der Bevölkerungszahl waren die Ruhrgebietsstädte zu hohen Investitionen für die innerstädtische Entwicklung gezwungen, z.&nbsp;B. im Wegebau: Waren 1863 bis 1865 zusammen 5.868 Taler in den Wegebau in der Stadt Dortmund investiert worden, so betrug die Ausgabe im Jahr 1870 27.333 Taler; eine Berechnung aus dem Jahre 1872 ergab, dass eine Pflasterung aller bestehenden Straßen in Dortmund 170.000 Taler kosten würde. Hinzu kamen zahlreiche andere kommunale Aufgaben: Bau von Kranken- und Waisenhäusern, Friedhöfen, Schlachthöfen usw. Vor allem aber Pflasterung der Straßen, Entwässerung und Straßenbeleuchtung waren zentrale Investitionsbereiche. Dies führte dazu, dass die Städte ihre kommunalen Haushalte nicht mehr ausgleichen konnten und Anleihen aufnehmen mussten, so z.&nbsp;B. Dortmund allein in 1873 eine Summe von 200.000 Talern. Andererseits wurden bauliche Großmaßnahmen gestemmt wie 1871 bis 1874 die fast völlige Abtragung der Wälle, um die wachsenden Vorstädte an den Stadtkern anbinden zu können.<ref>Kurt Koszyk: ''Dortmunder Kommunalpolitik während der Gründerjahre''. In: Historischer Verein für Dortmund und die Grafschaft Mark (Hrsg.): ''Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark''. Band 67. Dortmund 1971, S. 92–94.</ref><br />
<br />
==== Anfänge der Arbeiterbewegung ====<br />
[[Datei:Friedrich Albert Lange.jpg|miniatur|Friedrich Albert Lange]]<br />
Im Umfeld der Gründung des [[Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein|Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV)]] versuchte der Düsseldorfer Kaufmann Gustav Levy, der [[Ferdinand Lassalle]]s Beauftragter im Rheinland war, die Arbeiter zu organisieren und für die Lehren Lassalles zu begeistern, jedoch mit nur geringem Erfolg. Unter den elf auf der Gründungsversammlung des ADAV am 23. Mai 1863 vertretenen Städte befanden sich aus dem Rheinland Köln, Düsseldorf, Elberfeld, Barmen und Solingen, von dem 17köpfigen Vorstand des ADAV kamen fünf Vorstandsmitglieder aus dem Rheinland. Im Juni 1863 wurden die ersten fünf ADAV-Gemeinden im Rheinland gegründet, die Mitgliederzahlen blieben jedoch hinter den Erwartungen stark zurück. Die erste Gründung einer ADAV-Gemeinde im Ruhrgebiet fand Anfang 1864 in Duisburg statt, zum Bevollmächtigten für Duisburg wurde der Maschinenwärter Caspar Bergrath ernannt, und im Mai 1864 hatte die Organisation etwa 50 Mitglieder.<ref>Ludger Heid: ''Von der Zunft zur Arbeiterpartei. Die Social-Demokratie in Duisburg 1848–1878''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1983, S. 125 f., 129. (Duisburger Forschungen, Bd. 32)</ref> In den Anfangsjahren rekrutierte der ADAV seine Mitglieder nicht aus der Industriearbeiterschaft, sondern kleine Handwerksmeister, Gesellen und Heimarbeiter bildeten die Trägergruppe der Organisation.<ref>Arno Herzig: ''Der Allgemeine Deutsche Arbeiter-Verein in der deutschen Sozialdemokratie. Dargestellt an der Biographie des Funktionärs Carl Wilhelm Tölcke (1817–1893)''. Berlin: Colloquium Verlag, 1979, ISBN 3-7678-0465-4, S. 57 (Beihefte zur Internationalen wissenschaftlichen Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung (IWK), Bd. 5)</ref><br />
<br />
In Duisburg hatte seit Anfang der 1860er Jahre [[Friedrich Albert Lange]] sich für die Gründung von Arbeiter- und Konsumvereinen eingesetzt, 1863 wurde er Vorsitzender des ersten Duisburger Konsumvereins. Ab September 1865 gab er die Zeitung „Der Bote vom Niederrhein“ heraus, in der er unter anderem sich für Arbeitervereine, Konsumgenossenschaften und die Abschaffung des Drei-Klassen-Wahlrechts einsetzte.<ref>Friedrich Albert Lange: ''Über Politik und Philosophie. Briefe und Leitartikel 1862 bis 1875''. Hrsg. von Georg Eckert. Walter Braun Verlag, Duisburg 1968, S. 33–36 u. ö. (Duisburger Forschungen, Beiheft 10)</ref> Im Januar 1865 erschien in Duisburg seine Schrift ''Die Arbeiterfrage in ihrer Bedeutung für Gegenwart und Zukunft'', in der er eine Besserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter forderte.<ref>Friedrich Albert Lange: ''Die Arbeiterfrage in ihrer Bedeutung für Gegenwart und Zukunft''. Verlag W. Falck und Volmer, Duisburg 1865; neu hrsg. von Julius H. Schoeps in ''Sozialpolitik zwischen Liberalismus und Sozialismus''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1975 (Duisburger Hochschulbeiträge, Bd. 4)</ref> Zwar hielt Lange eine kritische Distanz zum ADAV, jedoch trugen sein Vertreten von Arbeiterinteressen und seine Wahlrechtsforderungen zur Politisierung der Unter- und Mittelschichten im Ruhrgebiet bei.<ref>zu Langes politischer Bedeutung vergleiche Klaus Tenfelde: ''Sozialgeschichte der Bergarbeiterschaft an der Ruhr im 19. Jahrhundert''. 2. durchgesehene Auflage. Verlag Neue Gesellschaft, Bonn 1981, S. 441 f.</ref><br />
<br />
Lediglich im westlichen Ruhrgebiet gelang es dem ADAV zunächst, Vereine zu gründen, so 1864 in Mülheim a.d. Ruhr und 1865 in Oberhausen, die jedoch zum Teil nur kurzlebig waren. Vereinsgründungsversuche in Essen, Bochum und Dortmund scheiterten vor 1866. In Berichten der Landräte im September 1865 werden lediglich die ADAV-Gemeinden in Duisburg mit 309 Mitgliedern und Ruhrort mit 64 Mitgliedern erwähnt.<ref>Klaus Tenfelde: ''Sozialgeschichte der Bergarbeiterschaft an der Ruhr im 19. Jahrhundert''. 2. durchgesehene Auflage. Verlag Neue Gesellschaft, Bonn 1981, S. 443 f.</ref><br />
[[Datei:Wilhelm Hasenclever.jpg|miniatur|Wilhelm Hasenclever, der erste sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete des Ruhrgebiets]]<br />
Bei einer Nachwahl zum [[Reichstag (Norddeutscher Bund)|Reichstag des Norddeutschen Bundes]] am 25. Februar 1869 gelang es völlig überraschend dem ADAV mit ihrem Kandidaten [[Wilhelm Hasenclever]], das Reichstagsmandat im Wahlkreis Duisburg-Mülheim-Ruhrort mit absoluter Mehrheit zu gewinnen.<ref>Wahlergebnis siehe Fritz Specht, Paul Schwabe: ''Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1907. Eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnis der gewählten Abgeordneten.'' 2. durch einen Anhang ergänzte Auflage. ''Nachtrag. Die Reichstagswahl von 1907 (12. Legislaturperiode).'' Verlag Carl Heymann, Berlin 1908, S. 167; ausführlich wird die Wahl behandelt in Ludger Heid: ''Von der Zunft zur Arbeiterpartei. Die Social-Demokratie in Duisburg 1848–1878''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1983, S. 176–187 (Duisburger Forschungen, Bd. 32)</ref> Hasenclever war der erste Sozialdemokrat, der im Ruhrgebiet in den Reichstag gewählt wurde. Als nächster Sozialdemokrat wurde 1895 [[Franz Lütgenau]] im Wahlkreis Dortmund in den Reichstag gewählt. Im Duisburger Wahlkreis erreichten die Sozialdemokraten vor dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] nur noch einmal bei der [[Reichstagswahl 1907]] eine Mehrheit, als [[Klemens Hengsbach]] gewählt wurde. Auf Grund der Abstimmung Hasenclevers im Reichstag bei der Kriegskreditdebatte und vor dem Hintergrund der nationalen Begeisterung der Bevölkerung während des [[Deutsch-Französischer Krieg|Deutsch-Französischen Krieges]] sanken die Stimmen des ADAV von 6.792 in der Wahl 1869 auf 2.392 bei der Wahl 1871. Die Sozialdemokraten hatten im westlichen Ruhrgebiet erheblich an Rückhalt in der Arbeiterschaft verloren, und der Wahlkreis Duisburg wurde von 1871 bis 1907 durchgängig von Kandidaten der [[Nationalliberale Partei|Nationalliberalen]] gewonnen. Die weitere Entwicklung der Sozialdemokratie im Ruhrgebiet wird zeigen, dass die SPD vor 1914 verglichen mit anderen Industriegebieten relativ schwach ist.<ref>Vergleiche hierzu die These von Karl Rohe von dem Ruhrgebiet als „verspäteter Region“: Rohe, Karl : ''Die „verspätete“ Region. Thesen und Hypothesen zur Wahlentwicklung im Ruhrgebiet vor 1914''. In: Steinbach, Peter : ''Probleme politischer Partizipation im Modernisierungsprozeß''. Stuttgart : Klett-Cotta, 1982, S. 231–252 (Geschichte und Theorie der Politik : Unterreihe A, Geschichte : Bd. 5)</ref><br />
<br />
Vom 17. Juni bis 28. Juli 1872 kam es zum ersten großen [[Bergarbeiterstreik von 1872|Bergarbeiterstreik]], an dem etwa 20.500 Bergleute beteiligt waren und der –&nbsp;mit Ausnahme Duisburgs&nbsp;– alle Städte des Ruhrgebiets erfasste. Es war der bis dahin größte Streik, der in Deutschland stattgefunden hat. Die Forderungen der Bergleute waren u.&nbsp;a. eine 25-prozentige Erhöhung der Gedingesätze, Mindestlohn, achtstündige Schicht inklusive Ein- und Ausfahrt, Bezug verbilligter Kohle zur Heizung der Wohnungen. – Die Bergleute konnten ihre Forderungen nicht durchsetzen.<ref>[[Lothar Machtan]]: ''Streiks und Aussperrungen im Deutschen Kaiserreich. Eine sozialgeschichtliche Dokumentation für die Jahre 1871 bis 1875''. Colloquium Verlag, Berlin 1984, S. 207 (Beiheft zur Internationalen Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Bd. 9); vgl. auch [[Klaus Tenfelde]]: ''Sozialgeschichte der Bergarbeiterschaft an der Ruhr im 19. Jahrhundert''. 2. Auflage. Verlag Neue Gesellschaft, Bonn 1981, S. 464–486; vgl. auch Dietrich Milles: ''„Aber es kam kein Mensch nach den Gruben, um anzufahren …“. Ruhrbergarbeiterbewegung, Sozialdemokratie und Klassenverhältnisse in Preußen-Deutschland 1867–1878''. Campus Verlag, Frankfurt am Main 1983, S. 133–265.</ref><br />
<br />
=== Ausbau der Industrie 1873 bis 1914 ===<br />
Auf Grund der Gründerkrise von 1873, Folge von Spekulationen deutscher Anleger, floss Kapital aus den französischen Kontributionszahlungen in Unternehmen des Ruhrbergbaus, ohne dass weitere [[Zubuße|Kapitalforderungen]] aus den [[Kux]]en gedeckt waren. Die Stahlproduktion im Ruhrgebiet nahm um 13 % ab.<br />
<br />
==== Verwaltung ====<br />
[[Datei:Provinz Westfalen 1905.png|miniatur|Provinz Westfalen 1905]]<br />
<br />
Die preußische Verwaltung gliederte die Provinzen in Kreise, deren Verwaltung einem Landrat oblag. Innerhalb dieser Kreise gab es Bürgermeistereien, die zumeist mehrere Gemeinden umfassten, einzelnen Gemeinden konnte das Stadtrecht verliehen werden, die damit zu einer selbstständigen Bürgermeisterei innerhalb des Kreises wurden. Neben den Kreisen, die wir heute als Landkreise bezeichnen würden, gab es Stadtkreise, die nicht von einem Landrat, sondern von einem Oberbürgermeister verwaltet wurden.<br />
<br />
Auf Grund der wachsenden Bevölkerungszahl wurden zwischen 1873 und 1876 zunächst die vier größten Städte des Ruhrgebietes aus ihren Kreisen herausgelöst und in eigene Stadtkreise umgewandelt. Am 28. Februar 1873 wurde die Stadt Essen zum Stadtkreis, so dass es in diesem Bereich zukünftig zwei Kreise gab, den Stadtkreis Essen und den (Land-)Kreis Essen.<br />
<br />
Am 24. Januar 1874 wurde die Stadt Duisburg ein eigener Kreis, aus den bisherigen Gemeinden des (Land-)Kreises Duisburg wurde der (Land-)Kreis Mülheim an der Ruhr gebildet. Da der (Land-)Kreis Mülheim das Gebiet bis zur Lippe umfasste und die steigende Bevölkerung in der Emscherzone eine Verwaltung von Mülheim aus immer schwieriger gestaltete, wurden am 1. Juli 1887 die nordwestlich der Gemeinde Alstaden liegenden Gemeinden in einem neu geschaffenen (Land-)Kreis Ruhrort organisiert.<br />
<br />
Am 15. Februar 1875 wurde die Stadt Dortmund ein Stadtkreis, so dass es einen Stadtkreis Dortmund und einen (Land-)Kreis Dortmund gab. Aus dem (Land-)Kreis Dortmund wurden am 1. April 1887 die südlich des Stadtkreises Dortmund gelegenen Gemeinden ausgegliedert und aus ihnen wurde der (Land-)Kreis Hörde gebildet, so dass im Dortmunder Raum ab 1887 drei Kreise existierten: Stadtkreis Dortmund, Landkreis Dortmund und der (Land-)Kreis Hörde.<br />
<br />
Zuletzt wurde am 24. Mai 1876 die Stadt Bochum ein eigenständiger Stadtkreis neben dem weiterhin bestehenden (Land-)Kreis Bochum, aus dem am 1. Juli 1885 die Kreise Gelsenkirchen und Hattingen ausgegliedert wurden, so dass es auf dem Gebiet des ehemaligen Kreises Bochum vier Kreise gab: Stadtkreis Bochum, Landkreis Bochum, (Land-)Kreis Gelsenkirchen und (Land-)Kreis Hattingen.<br />
<br />
[[Oberhausen]] erhielt am 10. September 1874 Stadtrecht und [[Gelsenkirchen]] 1875.<br />
<br />
Durch die Industrialisierung bedingt, ist der Gerichtsbezirk des [[Oberlandesgericht Hamm|Oberlandesgerichts Hamm]] 1874 der bedeutendste in Westfalen geworden. Mit der [[Reichsjustizreform 1877|Reichsjustizreform]] von 1877 wurde es daher das einzige Oberlandesgericht Westfalens.<br />
<br />
[[Meiderich]], das „größte Dorf Preußens“ mit über 20.000 Einwohnern, erhielt am 11. Oktober 1894 das Stadtrecht.<ref>Günter von Roden: ''Geschichte der Stadt Duisburg. Band 2: Die Ortsteile von den Anfängen. Die Gesamtstadt seit 1905''. Walter Braun Verlag, Duisburg 1974, S. 157 f.</ref><br />
<br />
1897 erhielt Herne das Stadtrecht.<br />
<br />
Die Stadt [[Castrop]] wurde 1902 aus den Gemeinden Castrop, [[Obercastrop]] und [[Behringhausen]] gebildet.<br />
<br />
Zwecks Erweiterung des Duisburger Hafens wurden [[Ruhrort]] und [[Meiderich]] auf Wunsch der preußischen Regierung 1905 nach Duisburg eingemeindet.<br />
<br />
Die Kommunen des Ruhrgebiets stellten 1910 erstmals die Mehrheit im Aufsichtsrat des [[RWE]].<br />
<br />
==== Ausbau der Infrastruktur ====<br />
In [[Essen]] wurde 1893 die erste elektrische [[Straßenbahn]] im Raum Rhein-Ruhr eröffnet.<br />
<br />
Die [[Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerke|Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke]] (RWE) wurden 1898, gegründet. Im folgenden Jahr auch die [[Emschergenossenschaft]], um die Kanalisierung und Tieferlegung der [[Emscher]] vorzunehmen. Die Regelung der Abwasserprobleme bis etwa 1910 war Voraussetzung für das weitere Wachstum der Industrieregion.<br />
<br />
Der [[Dortmund-Ems-Kanal]] wurde 1898 eröffnet. Zur Einweihung des [[Hafen Dortmund|Dortmunder Hafens]] und des [[Schiffshebewerk Henrichenburg|Schiffshebewerks Henrichenburg]] reiste Wilhelm&nbsp;II. an. Dem Kanal kommt besondere Bedeutung für den Transport von über den Seeweg importierten Erzen zu, die mit der Kohle des Ruhrgebiets verhüttet werden.<br />
<br />
[[Karl Imhoff]], Ingenieur bei der Emschergenossenschaft, verfasste 1910 ein ''Gutachten zur Reinhaltung der Ruhr''.<ref name="Reinhaltung">{{Literatur |Autor=Karl Imhoff |Titel=Die Reinhaltung der Ruhr |TitelErg=Bearbeitet im Auftrag des Herrn Regierungspräsidenten von Bake in Arnsberg|Verlag=C. W. Haarfeld |Ort=Essen |Datum=1910}}</ref><br />
<br />
Unter dem Einfluss der Arbeit von Karl Imhoff zur Reinhaltung der [[Ruhr]] wurde 1913 das [[Ruhrreinhaltungsgesetz]] erlassen.<ref name="Begründung">{{Literatur |Titel=Entwurf und Begründung zu einem Gesetz über den Verband zur Reinhaltung der Ruhr |Verlag=C. W. Haarfeld |Ort=Essen |Datum=1912 |Online=http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/periodical/pageview/363213}}</ref> Die Arbeit des Ruhrtalsperrenvereins wurde zeitgleich durch das [[Ruhrtalsperrengesetz]] geregelt. Beide Gesetze trugen wesentlich dazu bei, die Brauch- und Trinkwasserversorgung des wachsenden Ballungsraums sicherzustellen.<br />
<br />
Die Eröffnung des [[Rhein-Herne-Kanal]]s, der zum meistbefahrenen Binnenkanal in Europa wird, erfolgte 1914. Er stellte die Verbindung vom Rhein und dem Duisburger Hafen zu einem bis Herne führenden Stichkanal des [[Dortmund-Ems-Kanal]]s her.<br />
<br />
==== Bergbau ====<br />
[[Datei:Rheinisch Westfaelisches Kohlengebiet 1896.jpg|miniatur|Rheinisch-Westfälisches Kohlen- und Industriegebiet, 1896]]<br />
<br />
Bei Mutungsbohrungen in [[Herringen]] und [[Pelkum (Hamm)|Pelkum]] bei [[Hamm]] wurden 1874 Fettkohlevorkommen entdeckt.<br />
<br />
1882 wurde bei Bohrungen in [[Werries]] statt der erhofften Kohle Sole gefunden; die Quelle versorgte die Bäder [[Königsborn (Unna)]] und [[Bad Hamm]].<br />
<br />
1892 erfolgten die ersten Verleihungen der 1874 entdeckten Kohlefelder in Herringen und Pelkum bei Hamm.<br />
<br />
In Werries bei Hamm wurde 1898 bei acht Tiefbohrungen bis in 840 m Tiefe Kohle gefunden. In Werries bei Hamm wurde 1898 bei acht Tiefbohrungen bis in 840 m Tiefe Kohle gefunden. 1900 wurde in Werries mit Schachtarbeiten begonnen und die [[Zeche Maximilian]] gegründet.<br />
<br />
Um 1900 gab es im Ruhrgebiet 170 Zechen mit 228.000 Beschäftigten und 60,1 Mio Tonnen Förderung von Steinkohle betrieben.<ref name="damals" /><br />
<br />
Der Herner Unternehmer [[Otto Heinrich Flottmann]] erhielt 1904 das Reichspatent für den ''[[Drucklufthammer|Druckluft-Bohrhammer mit Kugelsteuerung und selbsttätiger Umsetzung]]''. Der Einsatz des neuartigen Presslufthammers im Ruhrbergbau sollte die Abbauleistung deutlich steigern.<br />
<br />
1905 wurde die [[Zeche Radbod]] bei den [[Bockum-Hövel|Dörfern Bockum und Hövel]] nahe Hamm gegründet und die zunächst eingleisige [[Bahnstrecke Oberhausen-Osterfeld–Hamm]], auch Hamm-Osterfelder Bahn genannt, wurde eröffnet und vergrößerte den Bahnknoten Hamm.<br />
<br />
Auf der Zeche Radbod in Hamm ereignete sich am 12. November 1908 das bis dahin schwerste [[Grubenunglück 1908 auf der Zeche Radbod|Grubenunglück]] in Deutschland. Es ist bis heute das zweitschwerste des deutschen Steinkohlebergbaus. 350 Kumpel – bis auf wenige Personen die gesamte Nachtschicht – fanden den Tod. Das Bergwerk wurde 15 Stunden nach dem Unglück wegen der [[Grubenbrand|Grubenbrände]] mit Lippewasser geflutet. Erst im Oktober 1909 wurde die Förderung wieder aufgenommen.<br />
<br />
Die [[Zeche Sachsen]] in [[Heessen]] entstand 1912 als letzte der heute auf Hammer Stadtgebiet liegenden ehemaligen Schachtanlagen.<br />
<br />
Am 13. August 1914 wurde die [[Zeche Maximilian]] in Werries bei Hamm wegen kriegsbedingten Materialmangels ersoffen. Die einströmende Sole floss vier Wochen später aus dem Schacht über Tage in die Geithe ab.<br />
<br />
==== Aufbau von Arbeitgeberorganisationen ====<br />
[[Datei:Ruhrgebiet Generalstreik 1905.jpg|miniatur|Bergarbeiterstreik 1905]]<br />
<br />
Am 24. Februar 1882 schlossen sich fünfzehn rheinische und westfälische Stahlwerke zu einem Kartell zusammen, um sich gegen Konkurrenz zu schützen.<br />
<br />
1893 wurde das [[Rheinisch-Westfälisches Kohlen-Syndikat|Rheinisch-Westfälischen Kohlen-Syndikat]] mit Sitz in Essen als Vereinigung eines Großteils der Ruhrzechen gebildet. Ihr Ziel war es, die Produktion, den Absatz und die Preise zu regulieren. Der Verkauf wurde über eine zentrale Stelle organisiert.<br />
<br />
Der [[Zechenverband]] wurde am 22. Januar 1908 als Vereinigung der Arbeitgeber im Ruhrbergbau gegründet.<br />
<br />
==== Arbeiterbewegung ====<br />
Dortmund – um den 10. April 1874: Ein Streik der Stahlarbeiter bei Hoesch, die eine Reduzierung der täglichen Arbeitszeit erstreiken wollten, führte zu einer Massenentlassung der streikenden Arbeiter.<ref>Lothar Machtan: ''Streiks und Aussperrungen im Deutschen Kaiserreich. Eine sozialgeschichtliche Dokumentation für die Jahre 1871 bis 1875''. Colloquium Verlag, Berlin 1984, S. 405 (Beiheft zur Internationalen Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Bd. 9)</ref><br />
<br />
[[Datei:Ruhrgebiet Bergarbeiterstreik 1889 Versammlungsaufruf.png|miniatur|Aufruf zum Bergarbeiterstreik 1889]]<br />
<br />
Als Ausdruck [[Soziale Frage|sozialer Spannungen]] verbreitete sich 1889 ein erster großer [[Bergarbeiterstreik von 1889|Bergarbeiterstreik]] von [[Bochum]] aus auf das gesamte Ruhrgebiet. Die Arbeiter forderten einen Anteil an den sich nach der Gründerkrise stabilisierenden Gewinnen der Unternehmen. Noch im selben Jahr wurde mit dem „[[Deutsche Bergarbeitergewerkschaften|Alten Verband]]“ die erste dauerhafte Bergarbeitergewerkschaft in [[Dorstfeld]] gegründet. Im Jahr 1894 kam dann noch eine christliche und 1902 eine [[Polnische Berufsvereinigung|polnische Gewerkschaft]] für Bergarbeiter hinzu.<br />
<br />
Der spätere sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete [[Otto Hue]] wurde 1895 [[Redakteur|Schriftleiter]] der ''Berg- und Hüttenarbeiterzeitung'' des [[Deutsche Bergarbeitergewerkschaften|Alten Bergarbeiterverbandes]]. Hue galt wegen seiner Funktion bald als ''Sprecher der Bergarbeiter''.<br />
<br />
In einem ruhrgebietsweiten [[Bergarbeiterstreik von 1905|Streik]] erreichten die Bergleute 1905 eine Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf 8½ Stunden.<br />
<br />
[[Rosa Luxemburg]] war 1910 auf einer Versammlungstour im Ruhrgebiet unterwegs. Sie wandte sich gegen das preußische [[Dreiklassenwahlrecht]] und trat für politischen Massenstreik und konsequenten Antimonarchismus ein.<br /><br />
<br />
Der [[Bergarbeiterstreik von 1912|Bergarbeiterstreik]] vom 1912 lähmte das gesamte Ruhrgebiet. Als Antwort ließ [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Kaiser Wilhelm]] Militär aufziehen. Die Arbeiter gaben angesichts der kaiserlichen Gewaltbereitschaft auf.<br /><br />
<br />
==== Kulturelle Entwicklung ====<br />
Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Duisburger [[Tonhalle Duisburg|Tonhalle]] wurde 1887 eröffnet.<br />
<br />
Das [[Grillo-Theater]] wurde 1892 in Essen eröffnet.<br />
<br />
In Mülheim an der Ruhr wurde 1912 das [[Max-Planck-Institut für Kohlenforschung|Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung]] gegründet.<br /><br />
<br />
Das [[Stadttheater Duisburg]] wurde 1912 eröffnet.<br />
<br />
== Weimarer Republik 1919–1933 ==<br />
[[Datei:Notgeld der Stadt Bochum 1923 - 500 000 DM - Vorderseite.jpg|miniatur|Notgeld der Stadt Bochum von 1923]]<br />
<br />
Am 19. Januar 1919 gründeten Spitzen der deutschen Industrie-, Handels- und Bankwelt, auch von der Ruhr, den [[Antibolschewistische Liga|Antibolschewistenfonds der deutschen Unternehmerschaft]] in Berlin.<br />
<br />
[[Sozialisierungsbewegung im Ruhrgebiet|Sozialisierungsbewegung im Ruhrbergbau]] mit bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen zwischen [[Deutsche Bergarbeitergewerkschaften|Bergarbeitern]] und Freikorpssoldaten.<br />
<br />
Erster Tarifvertrag zwischen Zechenverband und Bergarbeitergesellschaften.<ref name="damals" /><br />
<br />
[[Bottrop]] und [[Gladbeck]] erhalten durch Erlass des [[Preußisches Staatsministerium|Preußischen Staatsministeriums]] vom 21. Juli die Stadtrechte.<br />
<br />
[[Datei:Ruhraufstand 1920 002.jpg|miniatur|„Weg der Roten Ruhr Armee, 17.–23. März 1920“]]<br />
Der [[Ruhraufstand]] infolge des [[Kapp-Putsch]]es ereignete sich 1920. In [[Stadtbezirk Mengede|Mengede]] und [[Ickern]] wurden erste Arbeiter-Bataillone für den Ruhrkampf aufgestellt. Die [[Rote Ruhrarmee]] setzte sich vor allem aus Anhängern der KPD, der USPD und Syndikalisten zusammen.<ref>[[Erhard Lucas|Erhard Lucas-Busemann]]: ''Kapp-Putsch und Rote Ruhrarmee''. In: Johannes Gorlas, [[Detlev J. K. Peukert]] (Hrsg.): ''Ruhrkampf 1920''. Klartext Verlag, Essen 1987, S. 60.</ref><br />
<br />
Der [[Regionalverband Ruhr|Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk]] (SVR) wurde 1920 gegründet und übernahm wichtige planerische Aufgaben für das gesamte Ruhrgebiet.<br />
<br />
Französische und belgische Truppen besetzten am 8. März 1921 Duisburg. Die Sanktionsmaßnahme war eine unmittelbare Folge der Pariser Konferenz, bei der Deutschland zur Zahlung von [[Reparationen]] aufgefordert wurde.<br />
<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 102-00772, Dortmund, Letzte Franzosen verlassen die Stadt.jpg|mini|Französische Truppen verlassen im Oktober 1924 Dortmund]]<br />
[[Datei:Zeche Zollverein Fördergerüst.jpg|mini|Fördertürme, wie dieser der [[Zeche Zollverein]] von 1928, prägten das Bild des Ruhrgebiets]]<br />
<br />
Von Duisburg aus wurde am 10. und 11. Januar 1923 mit der Besetzung des restlichen Ruhrgebiets begonnen ([[Ruhrbesetzung]]). In Duisburg riefen Separatisten des Rheinischen Unabhängigkeitsbunds im Oktober die „[[Rheinische Republik]]“ aus, doch wurde ihr Bestreben im November von den Besatzungstruppen beendet. Die Finanzierung der Abwehr der Ruhrbesetzung durch die Regierung [[Wilhelm Cuno|Cuno]] war eine der Ursachen der einsetzenden [[Deutsche Inflation 1914 bis 1923|Hyperinflation]].<br /><br />
Der Ruhrindustrielle [[Fritz Thyssen]] begann mit einer massiven finanziellen Unterstützung der [[NSDAP]]. Als Gegenleistung erhielt er nach 1933 umfangreiche Rüstungsaufträge für sein Unternehmen vom Naziregime.<br />
<br />
Im August und September 1925 wurde der [[Dawes-Plan]] durch die deutsche Regierung angenommen. Die Alliierten beendeten die Ruhrbesetzung.<br />
<br />
Vertreter der Städte Köln, Düsseldorf und des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk gründeten die „[[Rheinisch-Westfälische Städtebahn|Studiengesellschaft für die rheinisch-westfälische Schnellbahn]]“. Es wurde eine durchgehende Schnellbahnlinie mit eigenem Gleiskörper und elektrischen Zügen von Köln nach Dortmund geplant. Die Reichsbahn trat diesen Plänen entgegen und beabsichtigte einige Jahre darauf, die vorhandenen Eisenbahnstrecken auszubauen und einen eigenen Schnellbahnverkehr einzurichten.<br />
<br />
Die [[Westfalenhalle]] wurde in Dortmund eröffnet. Sie wird Austragungsort der [[Sechs-Tage-Rennen]] und anderer großer Sportereignisse, wie auch politischer Kundgebungen der [[Weimarer Republik|Weimarer Zeit]].<br />
<br />
Am 27. April 1925 wurde der [[Flughafen Dortmund]] in Betrieb genommen. Dortmund wurde Teil der Fluglinie Kopenhagen-Hamburg-Bremen-Dortmund-Frankfurt(M)-Stuttgart-Zürich der [[Lufthansa|Deutschen Luft Hansa AG]].<br />
<br />
Die Sendestelle Dortmund der [[Westdeutsche Funkstunde AG|Westdeutschen Funkstunde AG]] (WEFAG) nahm ihren Betrieb auf. Als Studio wurden zwei Räume in einem Gebäude gegenüber dem alten Rathaus im Stadtzentrum genutzt. Die Sendeanlagen für den Radiobetrieb befanden sich bei der [[Zeche Dorstfeld]]. Bis Juli 1930 existierte dieser erste Radiobetrieb in Dortmund, dann wurde der Sendebetrieb in Köln zentralisiert.<br />
<br />
Das bereits 1921 erbaute [[Wedaustadion]] wurde in [[Duisburg]] 1926 eingeweiht. Mit einer Kapazität von 40.000 Zuschauern war es nach dem [[Berlin]]er [[Deutsches Stadion (Berlin)|Grunewaldstadion]] die zweite Großkampfstätte im Deutschen Reich. Bereits 1922 fanden dort die [[Deutsche Leichtathletik-Meisterschaften|Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften]] statt. 1924 verlor Deutschland bei dem ersten Spiel einer deutschen Fußballnationalmannschaft auf deutschem Boden gegen Italien im Wedaustadion mit 1:0.<br />
<br />
Der neue Stadtkreis [[Wanne-Eickel]] wurde gebildet.<br />
<br />
[[Paul Reusch]] gründete im Januar 1928 die [[Ruhrlade]]. Am 1. April 1928 wurde mit dem ersten Schritt der [[Gebietsreform|Kommunalen Neugliederung]] der Weimarer Zeit im Ruhrgebiet begonnen. In der Folge entstanden unter anderem die „Doppelstädte“ [[Gelsenkirchen-Buer]] und [[Duisburg-Hamborn (Stadt)|Duisburg-Hamborn]]. Bereits zwei Jahre zuvor hatten diese temporären Namenskonstrukte ihre Vorbilder in der Gestalt von [[Castrop-Rauxel]] und [[Wanne-Eickel]] gefunden.<br />
<br />
Während des [[Ruhreisenstreit]]s wurden mehr als 200.000 Beschäftigte der Eisen- und Stahlindustrie ausgesperrt und mussten staatlich unterstützt werden.<br />
<br />
Der Volkspark [[Grugapark]] wurde als ''Große Ruhrländische Gartenbau-Ausstellung'' 1929 eröffnet.<br />
<br />
Der [[Gasometer Oberhausen|Oberhausener Gasometer]] wurde als größter Gasbehälter Europas fertiggestellt. Er ist bis in die Gegenwart weithin sichtbares Symbol der Industrieregion im Emschertal.<br />
<br />
Das preußische [[Gesetz über die kommunale Neugliederung des rheinisch-westfälischen Industriegebiets]] trat am 8. August 1929 in Kraft.<br />
<br />
Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise brach die exportorientierte Produktion der Montanindustrie drastisch ein. Die [[Weltwirtschaftskrise]] erreichte 1932 ihren Höhepunkt. Die [[Arbeitslosenquote]] im Ruhrgebiet lag bei 31,2 %. Seit Beginn der Krise 1929 war die exportorientierte Produktion der [[Montanindustrie]] drastisch eingebrochen. Die Eisenproduktion hatte sich um 60 % verringert, ähnlich verhielt es sich mit der Produktion im Stahlbereich und dem Steinkohlenbergbau. Der Industrielle [[Friedrich Flick]] rettete sein Vermögen durch ein Geschäft mit Angehörigen der Reichsregierung, was als [[Gelsenberg-Affäre]] bekannt wurde.<br />
<br />
{{Panorama|Lange diercke sachsen deutschland ruhrgebiet 1930.jpg|800|Das rheinisch-westfälische Industriegebiet im Jahr 1930}}<br />
<br />
== Drittes Reich 1933–1945 ==<br />
Durch die [[Machtergreifung|nationalsozialistische Machtergreifung]] wurde die [[Steinwache]] in [[Dortmund]] ab 1933 ein Foltergefängnis der Gestapo. 1936 kam es zu Enteignungen der jüdischen Geschäftsinhaber wie zum Beispiel der [[Gebr. Alsberg AG|Gebr. Alsberg]] und am 20. April erhielt [[Marl]] die Stadtrechte. Während der [[Novemberpogrome]] 1938 wurden die [[Synagoge]]n der meisten Ruhrgebietsstädte zerstört, so die [[Alte Synagoge (Dortmund)|Alte Synagoge]] in Dortmund. Die Konstruktion der [[Alte Synagoge Essen|Synagoge in Essen]] war so stabil, dass es unmöglich war, sie zu sprengen, ohne die umliegenden Gebäude zu gefährden, daher blieb der Bau erhalten, obwohl sein Inneres verwüstet und verbrannt wurde.<br />
<br />
In der Drewer Mark in Marl wurden die [[Chemiepark Marl|Chemischen Werke Hüls]] gegründet. Sie waren mehrheitlich ein Tochterunternehmen der [[I.G. Farben]]. Im Dritten Reich wurde dort synthetischer Kautschuk, [[Buna (Kautschuk)|Buna]], für Reifen hergestellt. Dabei wurden auch [[Zwangsarbeiter]] in der Produktion eingesetzt.<br />
<br />
Am 30. Januar 1939 erhielt [[Waltrop]] die Stadtrechte. Im selben Jahr wurde am 1. September der [[Zweiter Weltkrieg|Zweite Weltkrieg]] begonnen.<br />
<br />
Alliierte [[Luftangriffe auf das Ruhrgebiet]] zerstörten 1943 in einigen Städten wie Dortmund und [[Duisburg]] die Wohnbebauung zu mehr als 65 %. In [[Essen]] war es noch mehr als die Hälfte der Wohnhäuser. Tausende Menschen verloren ihr Leben. Die Innenstadtbereiche entlang der Hellwegzone lagen nahezu vollständig in Trümmern.<br />
<br />
Am 18. Mai 1943 wurde die [[Möhnetalsperre]] von der britischen Luftwaffe bombardiert. Eine Flutwelle raste als Folge des Staumauerbruchs die Täler von Möhne und Ruhr hinab, über 1.000 Menschen kamen in den Fluten um.<br />
<br />
Bereits während der [[Teheran-Konferenz]] wurde deutlich, welche Bedeutung die Alliierten dem Ruhrgebiet bei einer Neuordnung Deutschlands nach Kriegsende zumaßen. Nach dem Vorschlag [[Franklin D. Roosevelt]]s käme die Industrieregion, unabhängig von anderen deutschen Teilstaaten, unter internationale Verwaltung.<br />
<br />
[[Datei:Ruhrpocket.png|miniatur|Der Ruhrkessel 1945]]<br />
<br />
Der [[Morgenthau-Plan]] wurde 1944 in den Vereinigten Staaten diskutiert. Ihm zufolge wäre das Ruhrgebiet nach Kriegsende, neben einem Norddeutschen und einem Süddeutschen Staat, eine internationale Zone unter Verwaltung der UNO geworden. Industrieanlagen drohte die Demontage, verbunden mit einem Verbot einer Reindustrialisierung.<br />
<br />
Der [[Ruhrkessel]] forderte 1945 kurz vor Ende des Kriegs noch etwa 105 000 Tote.<br />
<br />
Am 11. April wurde der Rüstungsindustrielle [[Alfried Krupp von Bohlen und Halbach]] von amerikanischen Truppen in der [[Villa Hügel (Essen)|Villa Hügel]] unter Arrest gestellt.<br />
<br />
== Nachkriegszeit 1945 bis heute ==<br />
=== Umbruch und Neuordnung 1945–1948 ===<br />
Mit Übernahme der Verwaltung des Ruhrgebiets durch die britische Militärregierung 1945 wurde die North German Coal Control (NGCC) als Kontrollorgan über den Bergbau der britischen Zone gegründet. Sie hatte ihren Sitz in der Villa Hügel in Essen. Sie wurde Ende 1947, mit dem Entstehen der Bizone, in UK/US Coal Control Group (UK/USCCG) und 1949, nach dem Beitritt der Franzosen, in Combined Coal Control Group (CCCG) umbenannt.<br />
<br />
Während der [[Potsdamer Konferenz]] im Juli/August 1945 besprachen [[Winston Churchill]] und [[Josef Stalin]] einen Austausch von Ruhrkohle aus der britischen Besatzungszone gegen Lebensmittel aus der sowjetischen Zone. Gleichzeitig wurden Reparationsleistungen in Form industrieller Ausrüstung des Ruhrgebiets festgelegt. Stalin und [[Harry S. Truman|Truman]] waren sich einig, dass das Ruhrgebiet ein Teil Deutschlands bleibt, entgegen den Wünschen Frankreichs, das einen staatlichen Sonderstatus für die Industrieregion forderte.<br />
<br />
Im März 1946 einigten sich die vier Besatzungsmächte auf den „Industrieplan“, in dem dem Ruhrgebiet ein industrielles Niveau wie 1932 zugebilligt wurde, Produktion in den Bereichen Luftfahrt, Schiffsbau, Maschinenbau und Großchemie war verboten. Dem Bergbau wurde vorgeschrieben, vor allem für die Energiebedürfnisse der Nachbarländer Kohle zu fördern.<ref>Pankoke, Eckart: ''Öffentliche Verwaltung 1918 - 1975.'' In: Köllmann, Wolfgang / Korte, Hermann / Petzina, Dieter u.&nbsp;a. (Hrsg.) : ''Das Ruhrgebiet im Industriezeitalter. Geschichte und Entwicklung. Band 2.'' Düsseldorf : Schwann im Patmos-Verlag, 1990, S. 40</ref><br />
<br />
1946 wurde das Land [[Nordrhein-Westfalen]], auf dessen Gebiet das gesamte Ruhrgebiet liegt, durch die britische Militärregierung gebildet. Damit waren die Pläne Frankreichs, einen Sonderstatus für das Ruhrgebiet einzuführen, durch politische Tatsachen verhindert. Auch der alternative Vorschlag Stalins von Potsdam, einen Viermächtestatus für die Region einzuführen, ist damit obsolet.<br />
<br />
Die bis dahin größte Schlagwetterexplosion fand 1946 auf [[Zeche Grimberg III/IV]] statt, 405 Bergleute fielen ihr zum Opfer.<br />
<br />
Der [[Deutschland 1945–1949#Lebensmittelversorgung|Hungerwinter]] traf 1946–1947 die Bevölkerung des Ruhrgebiets besonders hart. Tausende Städter unternahmen [[Hortung#Hamsterkäufe, Hamsterfahrten|Hamsterfahrten]] zu den bäuerlichen Regionen des Umlands.<br />
<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-R80414, Essen, Zeche "Zollverein".jpg|miniatur|Die für den Wiederaufbau Deutschlands entscheidende Montanindustrie des Ruhrgebiets stand 1949 unter Kontrolle der internationalen Ruhrbehörde]]<br />
Im Januar 1948 kam es in den Ruhrgebietsstädten immer wieder zu Streiks der Arbeiter, allein in Essen traten 50.000 Menschen in den Ausstand. Die Arbeiter wollten auf die mangelhafte Versorgung mit Lebensmitteln aufmerksam machen. Insbesondere weigerte sich Bayern, seinen Verpflichtungen im Warenaustausch in der [[Bizone]] nachzukommen.<br />
<br />
Mit der [[Währungsreform 1948 (Westdeutschland)|Währungsreform]] im Juni wurde zwar das zuvor vielfach gehortete Warenangebot wieder sichtbar, jedoch hatten gerade Haushalte mit geringem Einkommen, wie beispielsweise Arbeiterhaushalte, durch die folgende Abwertung des Geldvermögens die Hauptlast der Kriegskosten zu tragen.<br />
<br />
=== Wiederaufbau und Wirtschaftswunder 1949–1958 ===<br />
==== Steinkohlenbergbau ====<br />
Das [[Ruhrstatut]] vom 28. April 1949 regelte die Kontrolle der Kohle- und Stahlproduktion durch die Internationale Ruhrbehörde. Damit blieben die rüstungsrelevanten Industrien des Ruhrgebiets auch mit Übergabe der staatlichen Souveränität an die [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik]] im Mai unter internationaler Kontrolle.<br />
<br />
Am 13. Juni 1949 gingen belgische Soldaten gegen deutsche Arbeiter vor, die mit Barrikaden die Demontage eines [[Hydrierwerk]]s verhindern wollen.<br />
<br />
Im Ruhrrevier arbeiteten 1950 143 Zechen mit 433 359 Beschäftigten und 103 Mio Tonnen Steinkohle [[Jahresförderung]].<ref name="damals" /><br />
<br />
Die [[Montan-Mitbestimmungsgesetz|paritätische Mitbestimmung]] in [[Montanbetrieb]]en wurde am 10. April 1951 gesetzlich beschlossen.<br />
<br />
Mit der Gründung der [[Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl|Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl]] am 23. Juli 1952 stellte die nach dem Ruhrstatut geschaffene Internationale Ruhrbehörde ihre Arbeit ein. Die Montanunion wurde zur Keimzelle der Europäischen Union.<br />
<br />
Die 7,5-Stunden-Schicht für Bergarbeiter unter Tage wurde 1953 eingeführt.<ref name="damals" /> In Gelsenkirchen wurde zur Bergung verschütteter Bergleute die [[Dahlbuschbombe]] entwickelt.<br />
<br />
1956 erreichte die Kohleförderung mit 124,6 Mio. [[Jahresförderung|Jahrestonnen]] und die Zahl der Beschäftigten mit 494.000 Kumpeln im Ruhrbergbau ihren Höhepunkt.<br />
<br />
Der Unternehmensverband Ruhrbergbau startete 1957 unter dem Titel „Vita Nuova presso l’industria mineria di carbon fossile nella Germania Occidentale“ eine Werbekampagne in ländlichen Regionen Italiens zur Anwerbung von Arbeitskräften.<br />
<br />
==== Kulturelle Entwicklung ====<br />
1947 gründeten die Stadt Recklinghausen und der Deutsche Gewerkschaftsbund die ''Gesellschaft zur Durchführung der Ruhrfestspiele'' und riefen die [[Ruhrfestspiele]] als jährliches Ereignis ins Leben.<br />
<br />
Am 6. April 1950 nahm in Dortmund das Westfalenstudio des [[Nordwestdeutscher Rundfunk|Nordwestdeutschen Rundfunks]] (NWDR) den Betrieb auf. Das Studio befand sich in einem Seitenflügel der Industrie- und Handelskammer in der Stadt.<br />
<br />
Die Dortmunder [[Westfalenhalle]] wurde 1952, nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg, in ihrer heutigen Form wieder errichtet. Die Einweihung fand am 2. Februar in Anwesenheit von Bundespräsident [[Theodor Heuss]] statt.<br />
<br />
Das heutige Gebäude des [[Schauspielhaus Bochum|Schauspielhauses Bochum]] wurde eröffnet. Das Haus gilt bis heute als eine der besten Sprechbühnen Deutschlands.<br />
<br />
Als erste deutsche Stadt rationierte Duisburg den Parkraum. Am 4. Januar 1954 wurden in der Straße „Am Buchenbaum“ 20 so genannte Parkographen installiert.<br />
<br />
In [[Oberhausen]] fanden 1954 zum ersten Mal die [[Internationale Kurzfilmtage Oberhausen|Westdeutschen Kulturfilmtage]] statt. Beim achten Festival wurde im Februar 1962 das [[Oberhausener Manifest]] verkündet, mit dem 26 junge deutsche Filmemacher, unter ihnen [[Alexander Kluge]], [[Peter Schamoni]] und [[Edgar Reitz]], den alten Film für tot erklärten und ihren Anspruch verkündeten, den [[Neuer Deutscher Film|neuen deutschen Film]] zu schaffen.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.oberhausen-rheinland.de/kultur/kurzfilm/chronik/chronik.php | wayback=20070815183638 | text=Gründung der "Westdeutschen Kulturfilmtage" durch Hilmar Hoffmann}}</ref><br />
<br />
Duisburg und Düsseldorf gründeten 1955 die [[Deutsche Oper am Rhein]]. Sie entwickelte sich zu einer der renommiertesten Opernbühnen Deutschlands. In Dortmund wurde das bis dahin älteste steinerne [[Altes Rathaus (Dortmund)|Rathaus]] in Deutschland abgerissen.<br />
<br />
An der [[Sternwarte Bochum]] empfing im Oktober 1957 [[Heinz Kaminski]], erstmals außerhalb der Sowjetunion, die Funksignale des ersten künstlichen Satelliten [[Sputnik 1]].<br />
<br />
Das [[Bistum Essen]] wurde 1958 als (Ruhrbistum) aus Teilen der Bistümer Köln, Münster und Paderborn gegründet.<br />
<br />
==== Verwaltung ====<br />
Am 12. Februar 1950 wurden der Großgemeinde [[Kamp-Lintfort]] die Stadtrechte verliehen.<br />
<br />
=== Das Revier und die Krise des Bergbaus 1958–1974 ===<br />
==== Bergbaukrise ====<br />
In Bonn protestierten 1959 Bochumer Bergarbeiter gegen den Import billiger amerikanischer Kohle. Das [[Zechensterben]] begann. Auch in Teilen der [[Montanindustrie]] begann ein lang anhaltender Abbau von Arbeitsplätzen.<br />
<br />
Am 31. Oktober 1964 meldete der [[Rationalisierungsverband des Steinkohlenbergbaus]] 31 Großzechen mit 64.000 Beschäftigten und einer Jahresförderung von 26,5 Millionen Tonnen zur Stilllegung an. Daraufhin kam es in den folgenden Wochen zu Demonstrationen.<br />
<br />
Das letzte [[Grubenpferd]] verfuhr im August 1966 auf [[Zeche Lothringen]] seine letzte Schicht.<ref>Ulrike Gilhaus: ''[http://www.lwl.org/pressemitteilungen/mitteilung.php?urlID=22822#.UT98K5ZVOkU Kumpel auf vier Beinen. Grubenpferde im Ruhrbergbau]''</ref><br />
<br />
Die [[Ruhrkohle AG]] wurde 1969 gegründet.<br />
<br />
==== Wirtschaftliche Entwicklung ====<br />
Das [[Adam Opel AG Werk Bochum I|Opel-Werk Bochum I]] wurde im Oktober 1962 fertiggestellt. Im Juli 1963 lief dort die Produktion des [[Opel Kadett A]] an.<br />
<br />
Das Unternehmen [[Friedrich Krupp AG|Krupp]] wurde 1967 in eine [[Kapitalgesellschaft]] umgewandelt.<br />
<br />
==== Kulturelle Entwicklung ====<br />
Das [[Musiktheater im Revier]] wurde in [[Gelsenkirchen]] 1959 vom Architekten [[Werner Ruhnau]] eröffnet. Seine vom [[Bauhaus]] beeinflusste Architektur und die blauen Schwammreliefs des Künstlers [[Yves Klein]] gaben dem Gebäude bis heute internationalen Rang.<br />
<br />
Die Duisburger [[Mercatorhalle]] wurde 1962 festlich eröffnet.<br />
<br />
Der Schriftsteller [[Max von der Grün]] veröffentlichte seinen ersten, die Arbeitswelt der Bergleute des Ruhrgebiets thematisierenden Roman ''Männer in zweifacher Nacht''.<br />
<br />
Der [[Grimme-Preis|Adolf-Grimme-Preis]] wurde erstmals 1964 in [[Marl]] vergeben. Einer der ersten Preisträger war [[Günter Gaus]].<br />
<br />
1964 wurde das [[Zeiss Planetarium Bochum|Planetarium Bochum]] eröffnet. Es ist seither die modernste und größte Anlage dieser Art in Deutschland.<br />
<br />
[[Datei:Bochum Ruhruniversität.jpg|miniatur|Ruhr-Universität Bochum]]<br />
Die [[Ruhr-Universität Bochum]] wurde 1965 eröffnet.<br />
<br />
Vom 25. bis zum 29. September 1968 fanden die [[Internationale Essener Songtage|Internationalen Essener Songtage]] statt. Das Festival galt als die Geburtsstunde eigenständiger deutscher Rockmusik.<br />
<br />
Am 16. Dezember 1968 erfolgte die Gründung der [[Technische Universität Dortmund|Universität Dortmund]].<br />
<br />
1972 wurden die Gesamthochschulen Essen und Duisburg gegründet. Sie wurden 2003 zur [[Universität Duisburg-Essen]] fusioniert.<br />
<br />
Die [[Stiftung für Hochschulzulassung|Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen]] wurde 1973 in Dortmund eingerichtet.<br />
<br />
==== Infrastrukturmaßnahmen ====<br />
In der Essener [[Gruga]] fand 1965 die Bundesgartenschau statt.<br />
<br />
Der [[Duisburger Vertrag]] wurde am 16.&nbsp;September 1966 geschlossen. Er bildete als Einigung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Bayern über die Finanzierung und Ausführung der Ausbaumaßnahmen des [[Rhein-Main-Donau-Kanal]]s die Grundlage für die durchgängig schiffbare Verbindung von der Rheinmündung in Rotterdam bis zur Donaumündung ins Schwarze Meer.<br />
<br />
Im Gebietsentwicklungsplan 1966 wurden die regionalen Grünzüge A bis F des Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk definiert.<ref name="SVR Nr. 5" /> [[Grünzug|Grünzüge]] zwischen den Kernstädten des Ruhrgebiets wurden damit, als [[Raumplanung|raumplanerisches]] Element erstmals in der Bundesrepublik, verbindlich.<ref name="Weiland" /><br />
<br />
In [[Herne]] entstand 1970 der [[Gysenbergpark]], der erste [[Revierpark]].<br />
<br />
Die auf Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen von den Ruhrgebietsstädten gegründete ''Stadtbahngesellschaft Ruhr'' übernahm 1969 die Planung des [[Stadtbahnnetz Rhein-Ruhr|Stadtbahnnetzes Rhein-Ruhr]].<br />
<br />
In Mülheim an der Ruhr entstand 1973 das [[RheinRuhrZentrum]], Deutschlands erstes überdachtes Einkaufszentrum.<br />
<br />
==== Sport im Ruhrgebiet ====<br />
Am 28. Juli 1962 beschloss der [[Deutscher Fußball-Bund|Deutsche Fußball-Bund]] auf einer Tagung in Dortmund die Einführung der [[Fußball-Bundesliga]] für die Saison 1963/64. Die Fußball-Bundesliga startete 1963 mit drei Vereinen aus dem Ruhrgebiet: [[FC Schalke 04|Schalke 04]], Meidericher SV (heute: [[MSV Duisburg]]), [[Borussia Dortmund]].<br />
<br />
Die Mannschaft des BV 09 Borussia Dortmund gewann am 5.&nbsp;Mai 1966 mit einem 2:1-Sieg über den [[FC Liverpool]] im schottischen [[Glasgow]] den [[Europapokal der Pokalsieger (Fußball)|Europapokal der Pokalsieger]].<br />
<br />
Die [[Fußball-Weltmeisterschaft 1974]] fand in Deutschland statt. Es gab WM-Spiele im neu errichteten Gelsenkirchener [[Parkstadion]] und Dortmunder [[Westfalenstadion]].<br />
<br />
==== Verwaltung ====<br />
Die Nordrhein-Westfälische Landesregierung unter [[Franz Meyers]] (Ministerpräsident von 1958 bis 1966) hatte 1965 erste Pläne zur Bildung eines Regierungsbezirks Ruhrgebiet. Seit dem Regierungswechsel im Dezember 1966 (Meyers Nachfolger wurde 1966–1978 [[Heinz Kühn]] (SPD)) wurde die Idee nicht weiterverfolgt.<br />
<br />
Die Stadt Oberhausen feierte 1962 ihren 100. Geburtstag.<br />
<br />
==== Umweltschutz ====<br />
[[Willy Brandt]] forderte im Bundestagswahlkampf 1961 einen [[Blauer Himmel über dem Ruhrgebiet|Blauen Himmel über dem Ruhrgebiet]].<br />
<br />
[[Smog-Krise im Ruhrgebiet 1962|Smog-Krise im Ruhrgebiet (3. bis 7. Dezember 1962)]]<br />
<br />
=== Das Revier und die Krise der Stahlindustrie 1975–1990 ===<br />
==== Krise des Bergbaus ====<br />
1976 schloss die zweite Hammer Zeche, [[Zeche Sachsen]] in Heessen, wegen der Kohlekrise.<br />
<br />
Auf [[Zeche Monopol]] wurde 1977 eine Teufe von 1415 m erreicht. Der [[Jahrhundertvertrag]] sollte die Zukunft der Kohleförderung sichern.<br />
<br />
In der [[Haard]] wurde 1979 [[Zeche Auguste Victoria|Schacht Haltern 1]] abgeteuft.<br />
<br />
1986 wurde das letzte Essener Bergwerk geschlossen.<br />
<br />
==== Krise der Stahlindustrie ====<br />
[[Datei:Krupp Ende.jpg|miniatur|Zeichen des Strukturwandels: 1983 fielen, trotz medial sehr erfolgreicher Proteste der Arbeiter, die Produktionsanlagen des Stahlwerkes in Duisburg-Rheinhausen]]<br />
<br />
1977 gab es einen ersten Höhepunkt der [[Stahlkrise]], die im Jahre 1975 begann. Seit 1974 sank die Rohstahlerzeugung von 32,2 Mio. [[Tonne (Einheit)|t]] auf 21,5 Mio t. Die Krise erfasste weite Teile des Ruhrgebiets. Im produzierenden Gewerbe gingen 200.000 Arbeitsplätze verloren. Nach der ersten [[Ölkrise]] (1973/74) folgten in vielen Industrieländern Jahre der [[Stagflation]] ([[Inflation]] und [[Stagnation (Wirtschaft)|Stagnation]]). Die erste [[EG-Erweiterung]] („Norderweiterung“): Dänemark, die Republik Irland und das Vereinigte Königreich traten der EG (heute EU) bei, die bis dahin aus den sechs Gründerstaaten bestand (D,F,I,Benelux).<br />
<br />
Revierweite Proteste der Stahlarbeiter gegen Schließungs- und Entlassungsabsichten der Stahlunternehmen im Ruhrgebiet erfolgten 1982. Krupp legte das Walzwerk in Duisburg-Rheinhausen still. Der letzte Hochofen zwischen Duisburg und Dortmund wurde in Gelsenkirchen stillgelegt.<br />
<br />
Ein Konzept zur Neuordnung der deutschen Stahlindustrie wurde 1983 vorgelegt.<br />
<br />
==== Infrastrukturmaßnahmen ====<br />
In der Essener Innenstadt wurde 1977 der [[Stadtbahnnetz Rhein-Ruhr|Straßenbahnbetrieb]] zwischen Saalbau und Porscheplatz in den Untergrund verlegt. Mit der U 18 zwischen Mülheim und Essen wurde die erste „echte“ Stadtbahn in Betrieb genommen.<br />
<br />
Der [[Verkehrsverbund Rhein-Ruhr]] gründete sich 1980.<br />
<br />
Das letzte Teilstück zwischen Bochum und Dortmund der S-Bahn von Düsseldorf nach Dortmund wurde 1984 fertig gestellt.<br />
<br />
In Dortmund wurde 1984 die erste U-Bahn-Linie eingeweiht.<br />
<br />
Die erste Landesgartenschau in NRW fand 1984 auf dem sanierten und umgestalteten Gelände der Zeche Maximilian in [[Hamm]] statt. Die Zeche war als erste Hammer Zeche schon 1914 wegen eines unkontrollierbaren Soleeinbruchs geschlossen worden. Wahrzeichen der Veranstaltung war die fast 40 m hohe Großplastik eines Elefanten aus Glas. Der Elefant ist heute Wahrzeichen und Maskottchen der Stadt.<br />
<br />
1988 wurde der [[Initiativkreis Ruhrgebiet]] gegründet.<br />
<br />
Anfang des Jahres 1989 wurden erste deutsche [[Internet]]anschlüsse in Betrieb genommen. Führend beteiligt ist das Projekt [[EUnet]] der [[Technische Universität Dortmund|Universität Dortmund]]. Als erste der mittlerweile über 10 Millionen <nowiki>.de</nowiki>-[[Top-Level-Domain|Domains]] wurde die Domain uni-dortmund.de registriert.<br />
<br />
1988 begann die [[Internationale Bauausstellung Emscher Park]] ihre Arbeit.<br />
<br />
==== Kulturelle Entwicklung ====<br />
Die [[Alte Synagoge Essen|Alte Synagoge]] in Essen wurde 1979 Gedenkstätte.<br />
<br />
Erster [[Tatort (Fernsehreihe)|Tatort]] mit [[Horst Schimanski]] löste 1981 Proteste der konservativen Presse in [[Duisburg]] aus.<ref>Interviewausschnitte mit Regisseur und Darsteller: [https://www.youtube.com/watch?v=f_fvyMtTrM4 youtube.com]</ref><br />
<br />
[[Günter Wallraff]]s Buch ''[[Ganz unten]]'' wurde 1985 veröffentlicht.<br />
<br />
Papst [[Johannes Paul II.]] besuchte 1987 Essen und das Ruhrgebiet.<br />
<br />
==== Sport im Ruhrgebiet ====<br />
Das Ruhrgebiet bewarb sich 1984 um die [[Olympische Spiele|Olympischen Spiele]].<br />
<br />
==== Verwaltung ====<br />
Der [[Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk]] (SVR) verlor 1975 durch ein Landesgesetz die Planungshoheit über das Ruhrgebiet. Die [[Gebietsreform|kommunale Neugliederung]] verschaffte Bochum und Duisburg Gebietszuwächse: Bochum erhielt Wattenscheid, Duisburg [[Duisburg-Rheinhausen|Rheinhausen]], [[Homberg (Duisburg)|Homberg]] und [[Walsum]]. [[Herne]] und [[Wanne-Eickel]] schlossen sich zusammen. [[Hamm]] wurde durch die Eingliederung der Städte [[Heessen]], [[Bockum-Hövel]] und der Gemeinden und Dörfer um [[Pelkum (Hamm)|Pelkum]], [[Herringen]], [[Rhynern]] und [[Uentrop (Hamm)|Uentrop]] zur [[Großstadt]]. Aus den Kreisen [[Kreis Dinslaken|Dinslaken]], [[Kreis Moers|Moers]] und dem südöstlichen Teil des Kreises [[Kreis Rees|Rees]] wurde der [[Kreis Wesel]] gebildet.<br />
<br />
Ein Urteil des [[Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen|Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen]] in Münster beendete den 1975 Streit um das im Zuge der [[Kommunale Neugliederung|kommunalen Neugliederung]] gebildete [[Glabotki]]. Der Zusammenschluss von [[Bottrop]], [[Gladbeck]] und [[Bottrop-Kirchhellen|Kirchhellen]] wurde für nichtig erklärt, Gladbeck wurde Teil des Kreises Recklinghausen.<br />
<br />
[[Selm]], seit zwei Jahren dem [[Kreis Unna]] angehörig, erhielt 1977 Stadtrecht.<br />
<br />
Aus dem [[Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk]] (SVR) wurde 1979 der [[Kommunalverband Ruhrgebiet]] (KVR).<br />
<br />
==== Umweltschutz ====<br />
Zum ersten Mal wurde im Ruhrgebiet [[Smog]]alarm am 17. Januar 1979 ausgelöst.<br />
<br />
Im westlichen Ruhrgebiet wurde im Januar 1985 die höchste Smogalarm-Stufe ausgelöst. Nordrhein-Westfalen hatte zu dieser Zeit die schärfsten Smog-Grenzwerte in Deutschland.<br />
<br />
Im Mai 1986 kam es zu einem Störfall im [[Kernkraftwerk THTR-300|Kernkraftwerk Uentrop]], eine radioaktive Wolke zog von [[Hamm]] über das Ruhrgebiet. Die Betreiber versuchten den gefährlichen Unfall zu vertuschen. In Essen wurde man auf die hohe Strahlung aufmerksam, da wegen der [[Katastrophe von Tschernobyl|Tschernobyl-Katastrophe]] regelmäßige Messungen der [[Becquerel (Einheit)|Becquerelwerte]] stattfanden.<br />
<br />
=== Strukturwandel und Neuorientierung 1990 bis heute ===<br />
==== Das Ende des Bergbaus im Ruhrgebiet ====<br />
1990 förderten 19 Zechen mit 101.000 Beschäftigten 54 Millionen Tonnen Steinkohle. Schacht 9 der [[Zeche Auguste Victoria]] wurde in [[Haltern]] in Betrieb genommen. Es war die letzte Inbetriebnahme eines Schachtes im [[Ruhrbergbau]].<br />
<br />
Die Zeche Radbod – 1905 gegründet und Schauplatz des bis heute zweit schwersten Grubenunglücks in Deutschland – schloss 1990 planmäßig wegen der anhaltenden Steinkohlenbergbaukrise.<br />
<br />
Im Dezember 1992 wurde die [[Kokerei Kaiserstuhl]] in Dortmund als zu diesem Zeitpunkt modernste [[Kokerei]] Europas in Betrieb genommen. Die Anlage war nur acht Jahre in Betrieb.<br />
<br />
Im Januar 2007 verständigte sich die Regierungskoalition des Bundes auf eine Einstellung der Subventionen für den deutschen Steinkohle-Bergbau im Jahr 2018. Unter gleichzeitigem Verzicht auf Strukturhilfen des Bundes für das Ruhrgebiet wollte die nordrhein-westfälische Landesregierung die Unterstützung für den Bergbau bereits 2015 abbrechen. Die im Landeshaushalt frei werdenden Gelder sollten laut Erklärung von [[Lutz Lienenkämper]], dem wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU Fraktion des Landtags, ausdrücklich nicht allein in den Strukturwandel des Ruhrgebiets fließen.<ref name="LandtagIntern">[http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/Webmaster/GB_II/II.2/Suche/Landtag_Intern/Suchergebnisse_Landtag_Intern.jsp?w=native('+(+ID+ph+like+''LIN02912''++)+and+((HNR%20ph%20like%20''3'')%20and%20(JAHR%20=%20''38''))')&order=native('ID(1)%2FDescend+')&view=detail LANDTAG INTERN 3/2007], S. 9, {{ISSN|0934-9154}}</ref><br />
<br />
2007 förderten noch vier Bergwerke: [[Bergwerk West]], [[Bergwerk Prosper-Haniel]], [[Bergwerk Auguste Victoria]] und [[Bergwerk Ost]].<br />
<br />
In Abwesenheit des EU-Kommissars für Energie, [[Günther Oettinger]], beschloss die [[Europäische Kommission]] am 20.&nbsp;Juli 2010 den Vorschlag für eine ''Verordnung über staatliche Beihilfen zur Erleichterung der Stilllegung nicht wettbewerbsfähiger Steinkohlebergwerke'', die eine Ende 2010 auslaufende Verordnung ersetzen sollte. Der Entwurf sah die Stilllegung aller betroffenen Bergwerke bis Oktober 2014 vor.<br />
<br />
In Hamm schloss mit dem [[Bergwerk Ost]], der ehemaligen Zeche De Wendel beziehungsweise [[Zeche Heinrich-Robert]], das letzte Steinkohlenbergwerk des östlichen Ruhrgebiets. Die Stilllegung erfolgte am 30. September ohne Festakt, da die Stilllegung kein Grund zum Feiern sei. Ursprünglich war sie schon neun Monate früher geplant, jedoch musste die Zeche noch Produktionsausfälle des Bergwerkes Saar auffangen. Hamm war nach 109 Jahren keine Bergbaustadt mehr, in der Region Hamm waren auf dem Höhepunkt des Steinkohlenbergbaues mehr als 40000 Menschen im Bergbau beschäftigt.<br />
<br />
In Marl schloss mit der [[Zeche Auguste Victoria]] und dem bereits 2001 zusammengelegtem [[Bergwerk Blumenthal/Haard]] im Dezember 2015 das letzte Steinkohlebergwerk im nördlichen Ruhrgebiet und des Kreises Recklinghausen. Damit endeten von Betriebsbeginn der [[Zeche Erin]] bis zur Schließung von ''Auguste Victoria'' nahezu 150 Jahre Bergbau im nördlichen Kohlenrevier und im Kreis Recklinghausen.<br />
<br />
Nachdem im [[Bergwerk Ibbenbüren]] im August 2018 die letzte Kohle abgebaut wurde, erfolgte dort die letzte Kohleförderung am [[Barbaratag]] (4. Dezember). Mit dem letzten Kohleabbau auf [[Bergwerk Prosper-Haniel]] am 14. September 2018 erfolgte dessen offizielle Schließung am 21. Dezember 2018 mit einem Festakt. Damit endete für das Bergwerk Prosper-Haniel die mehr als 150 jährige Steinkohleförderung. Mit Schließung der beiden letzten Bergwerke endete für das Ruhrgebiet und für Deutschland die Steinkohlenförderung. Nach dem Abbau der untertätigen Förderanlagen werden nur mehr einige hundert Bergleute mit der [[Wasserhaltung (Bergbau)|Wasserhaltung]] im Ruhrbergbau beschäftigt sein.<br />
<br />
==== Abbau von Arbeitsplätzen ====<br />
Die Brauerei [[Isenbeck]] in Hamm wurde 1990 als letzte große Hammer Brauerei abgerissen, Isenbeck war jetzt nur noch ein Markenname der [[Warsteiner]] Gruppe.<br />
<br />
Die [[Adam Opel AG]] plante 2004, auch in Bochum mehrere tausend Arbeitsplätze abzubauen. Ein Streik der [[Belegschaft]] gegen den Willen der [[IG Metall]] und gegen ihren eigenen [[Betriebsrat]] legte die europäische Produktion für kurze Zeit still. Am [[19. Oktober]] versammelten sich auf dem Platz am Schauspielhaus 25.000 Menschen zu einer spontanen Solidaritätskundgebung.<br />
<br />
Das [[Nokia-Werk Bochum]] wurde 2008 geschlossen. Etwa 1700 Arbeitsplätze gingen verloren.<br />
<br />
Bedingt durch die [[Finanzkrise ab 2007|Finanzkrise]] musste [[General Motors]] im Februar 2009 Insolvenz anmelden. Opel war von der Zahlungsunfähigkeit des Automobilkonzerns betroffen. Zeitweilig wurde eine Schließung des Bochumer Standortes erwogen. Im Januar 2010 wurde der Erhalt der Werke im Ruhrgebiet bekanntgegeben.<br />
<br />
[[Datei:Adam Opel AG Werk Bochum I Luftaufnahme 2014.jpg|mini|Ehemaliges Opel-Werk Bochum (2014)]]<br />
Das Bochumer [[Adam Opel AG Werk Bochum I|Opel-Werk]] wurde im Dezember 2014 geschlossen. Hier wurden ab 1962 in Spitzenzeiten bis zu 20.000 Menschen beschäftigt und über 350.000 Fahrzeuge pro Jahr gefertigt. Nach dem Rückbau der Anlagen wird das Gelände der städtebaulichen und gewerblichen Nutzung übergeben. Die einzige Anlage des ehemaligen Opel-Werks in Bochum ist das Warenverteilzentrum.<br />
<br />
==== Verwaltungsstruktur des Ruhrgebietes ====<br />
Das Ruhrgebiet wurde 1995 Teil der neu definierten Europäischen [[Metropolregion]] [[Rhein-Ruhr]].<br />
<br />
[[Datei:Ruhr area-administration.png|miniatur|Verwaltungsgliederung des Ruhrgebietes]]<br />
Der Kommunalverband Ruhrgebiet (KVR) wurde 2004 durch den [[Regionalverband Ruhr]] (RVR) abgelöst. Dieser besaß auf Druck der Ruhrgebietsstädte wieder erweiterte Rechte und hatte jetzt zum Beispiel die Befugnis, sogenannte Masterpläne zu erstellen.<br />
<br />
Der Landtag verabschiedete 2007 das ''Gesetz zur Übertragung der Regionalplanung für die Metropole Ruhr auf den Regionalverband Ruhr''.<ref name="GesetzNW">[http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/XMMGVB0714.pdf?von=212&bis=214 Gesetz und Verordnungsblatt des Landes NRW] Nr. 14</ref> Die Planungsaufgaben wurden von den drei bisher zuständigen Regierungspräsidien übertragen.<br />
<br />
==== Umweltschutz ====<br />
Im Rahmen der [[Bundesgartenschau]] 1997 in Gelsenkirchen wurde das Gelände der ehemaligen [[Zeche Nordstern]] in den Landschaftspark [[Nordsternpark]] umgestaltet.<br />
<br />
Das Finale der [[Internationale Bauausstellung Emscher Park|IBA Emscher Park]], ein Beispiel für den Bereich ''Arbeiten im Park'', stellte 1999 die neue Nutzung des [[Innenhafen Duisburg|Innenhafens]] in Duisburg dar.<br />
<br />
2004 war der Start des [[Umbau des Emschersystems|Umbaus des Emschersystems]] zum unterirdischen Emscherkanal.<br />
<br />
Am 21. Oktober 2007 übernahm der Regionalverband Ruhr wieder die [[Regionalplanung]] für das Ruhrgebiet, wie sie der Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk schon seit der Gründung 1920 bis 1975 wahrgenommen hatte. Damit war diese Aufgabe nach 34-jähriger Dreiteilung unter den Regierungsbezirken Arnsberg, Düsseldorf und Münster wieder zentral im Ruhrgebiet angesiedelt.<br />
<br />
==== Sport im Ruhrgebiet ====<br />
Nach der [[Deutsche Wiedervereinigung|Wiedervereinigung]] gab das Ruhrgebiet 1990 seine Olympiabewerbung von 1984 zugunsten einer Bewerbung Berlins auf.<br />
<br />
Seit den 1990er Jahren kristallisierte sich [[Borussia Dortmund]] als der führende Fußballverein des Ruhrgebiets heraus, der Verein gewann 1995, 1996, 2002, 2010 und 2011 die deutsche Fußballmeisterschaft.<br />
<br />
In Duisburg und seinen Nachbarstädten Mülheim an der Ruhr, Oberhausen und Bottrop fanden 2005 die 7. [[World Games]] statt.<br />
<br />
Dortmund und Gelsenkirchen waren Austragungsorte der [[Fußball-Weltmeisterschaft 2006]].<br />
<br />
==== Entstehung von Einkaufszentren ====<br />
[[Datei:Centro mit Sea Life Abenteuer Park Luftaufnahme 2014.jpg|miniatur|Ergebnis des Strukturwandels: das Einkaufszentrum CentrO in Oberhausen steht auf dem Gelände eines ehemaligen Hüttenwerkes]]<br />
<br />
Am 14. November 1964 eröffnete mit dem [[Ruhr-Park]] im Bochumer Stadtteil Harpen das erste Einkaufszentrum des Ruhrgebiets, es war das zweite Einkaufszentrum der Bundesrepublik überhaupt. Bei der Eröffnung umfasste die Mietfläche 24.000&nbsp;m², nach mehreren Aus- und Umbauten sind es inzwischen 125.000&nbsp;m².<br />
<br />
Auf dem Gelände der ehemaligen [[Zeche Concordia]] wurde in in der Nähe der Innenstadt 1971 das [[BERO-Zentrum Oberhausen]] errichtet.<br />
<br />
Das [[RheinRuhrZentrum]] in Mülheim an der Stadtgrenze zu Essen wurde 1973 auf dem Gelände der ehemaligen [[Zeche Rosenblumendelle]] gebaut. Nach mehreren Erweiterungen umfasst es heute eine Mietfläche von 79.000&nbsp;m². Das erste Einkaufszentrum Essens eröffnete am 2. November 1973 im Essener Stadtteil [[Altenessen]].<br />
<br />
Im Rahmen der Neuschaffung der Marler Innenstadt wurde 1974 das Einkaufszentrum [[Marler Stern]] errichtet, im gleichen Jahr unmittelbar an die Innenstadt angrenzend das [[Forum City Mülheim]] in direkter Anbindung an den Mülheimer Hauptbahnhof.<br />
<br />
1976 wurde in Dortmund das Indupark Center errichtet und 1979 die [[Rathaus Galerie Essen]], die eine Verbindung zwischen Rathaus und der Fußgängerzone der Innenstadt herstellt.<br />
<br />
Das Alleecenter [[Hamm]] entstand 1992 auf dem Gelände der [[Isenbeck]]-Brauerei in Hamm.<br />
<br />
Am 11. September 1996 wurde das Einkaufszentrum [[CentrO]] in Oberhausen eröffnet. Es war Kernstück der ''[[Neue Mitte Oberhausen|Neuen Mitte]]'' auf dem Gelände der einstigen Gutehoffnungshütte und ein sichtbares Zeichen des Strukturwandels im Ruhrgebiet.<br />
<br />
Viele dieser frühen Einkaufszentren wurden auf dem Gelände ehemaliger Industrieanlagen erbaut.<br />
<br />
==== Großveranstaltungen im Ruhrgebiet ====<br />
Die erste [[Mayday (Veranstaltung)|Mayday]] fand 1993 in der Westfalenhalle statt. Sie war der größte Indoor-Rave in Deutschland und bis heute Teil der [[Technokultur]].<br />
<br />
Essen wurde 2006 stellvertretend für das Ruhrgebiet zur [[Kulturhauptstadt Europas|Kulturhauptstadt]] 2010 gewählt.<br />
<br />
In Essen fand im August 2007 die [[Loveparade]] statt. Die erste Veranstaltung nach dem Umzug der Parade von Berlin ins Ruhrgebiet stand unter dem Motto ''Love Is Everywhere''. Im folgenden Jahr erreichte die Loveparade in Dortmund mit 1,6 Millionen Teilnehmern einen Besucherrekord.<br />
<br />
[[Datei:RUHR.2010-Kulturhauptstadt-Europas.svg|miniatur|RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas]]<br />
Essen und das übrige Ruhrgebiet veranstalteten 2010 [[RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas]]. An der Eröffnungsfeier am 9. Januar auf dem Gelände der [[Zeche Zollverein]] nahmen unter anderem Bundespräsident [[Horst Köhler]] und [[José Manuel Barroso]], Präsident der Europäischen Kommission, teil. Das Leitprojekt [[Still-Leben Ruhrschnellweg|Still-Leben]] auf der [[Bundesautobahn 40|A 40]] besuchten am 18.&nbsp;Juli 2010 geschätzt mehrere Millionen Menschen und feierten ein Fest der Alltagskulturen.<br />
<br />
Bei der [[Unglück bei der Loveparade 2010|Loveparade]] am 24.&nbsp;Juli 2010 kam es zu einem Gedränge im Eingangsbereich des Veranstaltungsgeländes, dabei starben mindestens 21 Menschen.<br />
<br />
==== Sonstiges ====<br />
Im Dezember 1994 wurde ein [[EU-Gipfel]] in Essen in der [[Grugahalle]] abgehalten. Wichtigste Themen des [[Europäischer Rat|Europäischen Rates]] waren Entwürfe zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur Förderung der Chancengleichheit in der [[Europäische Union|Europäischen Union]].<br />
<br />
Am 17. November 1995 wurde der letzte Standort der [[Britische Rheinarmee|Britischen Rheinarmee]] in Dortmund, die Suffolk Barracks, geschlossen.<br />
<br />
2005 erfolgte die Einführung von [[Hartz-Konzept|Hartz IV]]. Fast 1 Mio. Menschen im Ruhrgebiet waren betroffen.<br />Von den Parteien der nordrhein-westfälischen Regierung wird die Bildung eines Regionalpräsidiums Ruhrgebiet angekündigt.<br />
<br />
Hamm erhielt seit der Schließung der Zweigstelle der Pädagogischen Hochschule Ruhr 2005 wieder eine Hochschule, die private SRH Hochschule für Logistik und Wirtschaft. Sie ging als SRH Fachhochschule Hamm an den Start.<br />
<br />
In [[Hamm]] entstand 2007 ein Teil der staatlichen [[Hochschule Hamm-Lippstadt]].<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Geschichte Westfalens]]<br />
* [[Ruhrschifffahrt]]<br />
* [[Reichstagswahlen im Ruhrgebiet 1871 bis 1912]]<br />
* [[Liste von Bergwerken in Nordrhein-Westfalen]]<br />
<br />
'''Geschichte der Ruhrgebietsstädte'''<br />
* [[Geschichte der Stadt Bochum|Bochum]]<br />
* [[Bottrop#Geschichte|Bottrop]]<br />
* [[Castrop-Rauxel#Geschichte|Castrop-Rauxel]]<br />
* [[Geschichte der Stadt Dortmund|Dortmund]]<br />
* [[Geschichte der Stadt Duisburg|Duisburg]]<br />
* [[Essen#Geschichte|Essen]]<br />
* [[Gelsenkirchen#Geschichte|Gelsenkirchen]]<br />
* [[Geschichte der Stadt Hagen|Hagen]]<br />
* [[Geschichte der Stadt Hamm|Hamm]]<br />
* [[Geschichte der Stadt Hattingen|Hattingen]]<br />
* [[Herne#Geschichte|Herne]]<br />
* [[Geschichte der Stadt Kamen|Kamen]]<br />
* [[Geschichte der Stadt Mülheim an der Ruhr|Mülheim an der Ruhr]]<br />
* [[Oberhausen#Geschichte|Oberhausen]]<br />
* [[Recklinghausen#Geschichte|Recklinghausen]]<br />
* [[Unna#Geschichte|Unna]]<br />
* [[Wesel#Geschichte|Wesel]]<br />
* [[Geschichte der Stadt Witten|Witten]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
'''Chroniken:'''<br />
* Bodo Harenberg (Hrsg.): ''Chronik des Ruhrgebiets.'' WAZ-Buch Chronik Verlag, Dortmund 1987, ISBN 3-88379-089-3 (mit 155 Kalendarien, 1.693 Einzelartikeln, 1.759 überwiegend farbigen Abbildungen, 19 Übersichtsartikeln, Tabellen- und Statistik-Anhang sowie Personen- und Sachregister).<br />
* Wolfgang Köllmann u.&nbsp;a.: ''Das Ruhrgebiet im Industriezeitalter. Geschichte und Entwicklung.'' 2 Bände, [[Patmos-Verlag]], Düsseldorf 1990, ISBN 3-491-33206-0.<br />
* Dietmar Bleidick, Manfred Rasch (Hrsg.): ''Technikgeschichte im Ruhrgebiet. Technikgeschichte für das Ruhrgebiet.'' [[Klartext Verlag]], Essen 2004, ISBN 3-89861-376-3.<br />
* Georg W. Oesterdiekhoff, [[Hermann Strasser]]: ''Köpfe der Ruhr. 200 Jahre Industriegeschichte und Strukturwandel im Lichte von Biografien.'' Klartext Verlag, Essen 2009, ISBN 978-3-8375-0036-3.<br />
<br />
'''Vor der Industrialisierung:'''<br />
* Detlef Hopp, Charlotte Trümpler: ''Die frühe römische Kaiserzeit im Ruhrgebiet.'' Kolloquium des [[Ruhr Museum|Ruhrlandmuseums]] und der Stadtarchäologie/Denkmalbehörde in Zusammenarbeit mit der [[Universität Essen]], Klartext Verlag, Essen 2001, ISBN 3-89861-069-1.<br />
* Ferdinand Seibt (Hrsg.): ''Vergessene Zeiten, Mittelalter im Ruhrgebiet.'' Katalog zur Ausstellung (26. September 1990 bis 6. Januar 1991) im Ruhrlandmuseum Essen, 2 Bände, Essen 1990.<br />
* [[Ernst Dossmann]]: ''Auf den Spuren der Grafen von der Mark. Wissenswertes über das Werden und Wachsen der ehemaligen Grafschaft Mark und über den Märkischen Kreis.'' Verlag Mönnig, Iserlohn 1983, ISBN 3-922885-14-4.<br />
* [[Johann Dietrich von Steinen]]: ''Westphälische Geschichte.'' 1757.<br />
* Harald Polenz: ''Von Grafen, Bischöfen und feigen Morden.'' Klartext Verlag, Essen 2004, ISBN 3-89861-260-0.<br />
* [[Albert K. Hömberg]]: ''Geschichtliche Nachrichten über Adelssitze und Rittergüter im Herzogtum Westfalen und ihre Besitzer.'' aus dem Nachlass veröffentlicht, Münster / Westf. 1969–1979, 20 Hefte (Veröffentlichungen der Hist. Komm. Westfalens, Band 33).<br />
* Friedrich Keinemann: ''Soziale und politische Geschichte des westfälischen Adels 1815–1945.'' Hamm 1976.<br />
* Jan Gerchow: ''Haus, Stand und Amt. Die Gesellschaft des Ruhrgebiets vor der Industrie.'' In: ''Die Erfindung des Ruhrgebiets. Arbeit und Alltag um 1900.'' Katalog zur sozialhistorischen Dauerausstellung, Ruhrlandmuseum Essen, hrsg. von Michael Zimmermann u.&nbsp;a., Essen-Bottrop 2000, ISBN 3-89355-211-1, S. 31–46.<br />
* Andreas Schlieper: ''150 Jahre Ruhrgebiet. Ein Kapitel deutscher Wirtschaftsgeschichte.'' Verlag Schwann, Düsseldorf 1986, ISBN 3-590-18150-8.<br />
* [[Hans Spethmann]]: ''Das Ruhrgebiet im Wechselspiel von Land und Leuten, Wirtschaft, Technik und Politik. Band 1: Von der Vorrömerzeit bis zur Gestalt eines Reviers in der Mitte des 18. Jahrhunderts.'' Verlag [[Reimar Hobbing]], Berlin 1933 (unveränderter Nachdruck: Klartext Verlag, Essen 1995, ISBN 3-88474-287-6).<br />
* [[Ludger Tewes]]: ''Mittelalter im Ruhrgebiet Siedlung am westfälischen Hellweg zwischen Essen und Dortmund (13. bis 16. Jahrhundert),'' Verlag Schöningh, Paderborn 1997, ISBN 3-506-79152-4.<br />
<br />
'''Bergbau und Zechen:'''<br />
* Wilhelm Hermann, Gertrude Hermann: ''Die alten Zechen an der Ruhr.'' 6. Auflage, Königstein i.T. ([[Verlag Langewiesche]]) 2008, ISBN 978-3-7845-6994-9.<br />
* [[Joachim Huske]]: ''Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier. Daten und Fakten von den Anfängen bis 1997.'' [[Deutsches Bergbau-Museum]], Bochum 1998, ISBN 3-921533-62-7.<br />
* Hans-Christoph Seidel: ''Der Ruhrbergbau im Zweiten Weltkrieg. Zechen – Bergarbeiter – Zwangsarbeiter.'' Klartext Verlag, Essen 2010, ISBN 978-3-8375-0017-2.<br />
* Hans Spethmann: ''Das Ruhrgebiet im Wechselspiel von Land und Leuten, Wirtschaft, Technik und Politik. Band 2: Die Entwicklung zum Grossrevier seit Mitte des 18. Jahrhunderts.'' Verlag Reimar Hobbing, Berlin 1933 (unveränderter Nachdruck: Klartext Verlag, Essen 1995, ISBN 3-88474-287-6).<br />
* Hans Spethmann: ''Das Ruhrgebiet im Wechselspiel von Land und Leuten, Wirtschaft, Technik und Politik. Bd. 3: Das Ruhrgebiet der Gegenwart 1.'' Verlag Reimar Hobbing, Berlin 1933 (unveränderter Nachdruck: Klartext Verlag, Essen 1995, ISBN 3-88474-287-6).<br />
* Hans Spethmann: ''Das Ruhrgebiet im Wechselspiel von Land und Leuten, Wirtschaft, Technik und Politik. Bde. 4–5: Das Ruhrgebiet der Gegenwart 2 und 3.'' Klartext Verlag, Essen 2011, ISBN 978-3-8375-0336-4 (Erstveröffentlichung aus dem Nachlass).<br />
* Gustav Adolf Wüstenfeld: ''Auf den Spuren des Kohlenbergbaus: Bilder und Dokumente zur Geschichte des Ruhrbergbaus im 18. u. 19. Jh.'' (Monographien zur Geschichte des Ruhrgebietes Schrift III) Wüstenfeld, Wetter-Wengern 1985, ISBN 3-922014-04-6.<br />
* Gustav Adolf Wüstenfeld: ''Frühe Stätten des Ruhrbergbaues''. (Monographien zur Geschichte des Ruhrgebietes Schrift I) Wüstenfeld, Wetter-Wengern 1975.<br />
<br />
'''Stahlproduktion und -verarbeitung:'''<br />
* [[Egon Erwin Kisch]]: ''Stahlwerk in Bochum, vom Hochofen aus gesehen.'' / ''Das Nest der Kanonenkönige: Essen.'' zwei Reportagen; in: ''Der rasende Reporter.'' Berlin 1924. ([[Aufbau-Verlag]] 2001, ISBN 3-7466-5051-8).<br />
* Hans Spethmann: ''Das Ruhrgebiet im Wechselspiel von Land und Leuten, Wirtschaft, Technik und Politik. Bde. 4–5: Das Ruhrgebiet der Gegenwart 2 und 3.'' Klartext Verlag, Essen 2011, ISBN 978-3-8375-0336-4 (Erstveröffentlichung aus dem Nachlass).<br />
* Zeitzeugenbörse Duisburg e.&nbsp;V.: ''Duisburger Hüttenwerke'', Erfurt 2014, ISBN 978-3-95400-364-8.<br />
<br />
'''Nationalsozialismus und Drittes Reich:'''<br />
* Wilfried Böhnke: ''Die NSDAP im Ruhrgebiet 1920–1933''. Bonn 1974, ISBN 3-87831-166-4.<br />
* Heinz-Jürgen Priamus: ''Meyer. Zwischen Kaisertreue und NS-Täterschaft. Biographische Konturen eines deutschen Bürgers''. Klartext Verlag, Essen 2011, ISBN 978-3-8375-0592-4.<br />
<br />
'''Frauen:'''<br />
* Hetty Kemmerich: ''Sagt, was ich gestehen soll! Hexenprozesse – Entstehung-Schicksale-Chronik!'' Lessing, Dortmund 2003, ISBN 3-929931-17-6.<br />
* Doris Freer (Konzept); Stadt Duisburg, Frauenbüro (Hrsg.): ''Von Griet zu Emma. Beiträge zur Geschichte von Frauen in Duisburg vom Mittelalter bis heute.'' 2. Duisburger Frauengeschichtsbuch, Duisburg 2000. ([http://www.duisburg.de/vv/ob_3/medien/emma1.pdf pdf Teil 1 (1 Mb)]; [http://www.duisburg.de/vv/ob_3/medien/emma2.pdf PDF Teil 2 (3,25 MB)]).<br />
<br />
'''Strukturwandel:'''<br />
* [[Roland Günter]]: ''Im Tal der Könige: ein Reisebuch zu Emscher, Rhein und Ruhr.'' Klartext-Verlag, Essen 1994, ISBN 3-88474-044-X.<br />
* [[Klaus Engel (Manager)|Klaus Engel]], [[Jürgen Großmann]], [[Bodo Hombach]] u.&nbsp;a.: ''Phönix flieg!: Das Ruhrgebiet entdeckt sich neu''. Klartext-Verlag, Essen 2011, ISBN 978-3-8375-0425-5.<br />
<br />
'''Kommunalreformen:'''<br />
* [[Paul Kanold]] u. a.: ''Grundlagen für die Neuregelung der kommunalen Grenzen im Ruhrgebiet.'' Berlin 1928.<br />
* ''Die kommunale Neugliederung im Ruhrgebiet als Etappe zur diktatorischen großpreußischen Zentralisation.'' Schriften der Reichsarbeitsgemeinschaft deutscher Föderalisten, Köln 1929.<br />
<br />
'''Sonstiges:'''<br />
* Grütter/Grewe (Hrsg.): ''Chargesheimer. Die Entdeckung des Ruhrgebiets'', Köln 2014, ISBN 978-3-86335-526-5.<br />
* Ruth Kersting, Lore Ponthöfer (Hrsg.): ''Wirtschaftsraum Ruhrgebiet.'' [[Cornelsen Verlag|Cornelsen]] und [[Schroedel Verlag|Schroedel]], Berlin 1990 (Seydlitz Gymnasiale Oberstufe).<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
* [http://www.historisches-centrum.de/index.php?id=325 Luftangriffe auf das Ruhrgebiet 1939–1945]<br />
* [http://www.historisches-centrum.de/index.php?id=280 Gauleiter der NSDAP im Ruhrgebiet]<br />
* [http://www.zum.de/psm/dormann/dormann33.php PSM: Stellungnahme der Bergarbeiterverbände im Ruhrgebiet vom 7. Januar 1905]<br />
* [http://www.ruhrmuseum.de/ Ruhr Museum Essen], hervorragende Ausstellung zur Sozialgeschichte der Industrialisierung des Ruhrgebietes ([[Ruhr Museum]])<br />
* [http://www.rehbein-dortmund.de/kursbuch-ruhrgebiet.html Daniel A. Rehbein: Das Eisenbahnnetz im Ruhrgebiet]<br />
<br />
== Anmerkungen ==<br />
<references><br />
<ref name="SVR Nr. 5"><br />
{{Literatur<br />
|Autor=Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk<br />
|Titel=Gebietsentwicklungsplan 1966 / Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk<br />
|Verlag=Deutscher Gemeindeverlag / Kohlhammer<br />
|Ort=Köln<br />
|Jahr=1967}}<br />
</ref><br />
<ref name="Weiland"><br />
{{Literatur<br />
|Autor=Ulrike Weiland<br />
|Titel=Einführung in die Raum- und Umweltplanung<br />
|Verlag=Schöningh<br />
|Ort=Paderborn<br />
|Jahr=2007<br />
|ISBN=978-3-506-76366-2}}<br />
</ref><br />
</references><br />
<br />
[[Kategorie:Geschichte (Ruhrgebiet)|!]]</div>2001:67C:670:100:9E5C:8EFF:FECE:CCEFhttps://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Diskussion:Liste_der_l%C3%A4ngsten_Stra%C3%9Fenbr%C3%BCcken_in_Deutschland&diff=179081943Diskussion:Liste der längsten Straßenbrücken in Deutschland2018-07-12T10:00:34Z<p>2001:67C:670:100:9E5C:8EFF:FECE:CCEF: /* Die Längste */</p>
<hr />
<div>== Hochmoselbrücke ==<br />
Wo bleibt die Moselhochquerung? <small>(''nicht [[Hilfe:Signatur|signierter]] Beitrag von'' [[Benutzer:84.166.112.39|84.166.112.39]] ([[Benutzer Diskussion:84.166.112.39|Diskussion]]&nbsp;|&nbsp;[[Spezial:Beiträge/84.166.112.39|Beiträge]]) 19:06, 5. Aug. 2009 (CEST)) </small><br />
<br />
== In Planung ==<br />
Die neue Elbebrücke bei Wittenberge [http://www.elbebruecke-wittenberge.de/html/1__preis.html] (1108,5 m mit maximal 160 m Stützweite) und bei Schönebeck [http://www.lap-consult.com/projekt.php?sp=00295&kat=] mit (1128 m mit maximal 185 m Stützweite). --[[Benutzer:Störfix|Störfix]] 15:12, 28. Aug. 2009 (CEST)<br />
<br />
== Tabelle zusammenfassen ==<br />
Spricht etwas dagegen, die beiden Tabellen zusammenzufassen? - Man kann eine gemeinsame Tabelle ja ganz einfach nach den einzelnen Spalten sortierbar machen. So wie es jetzt ist, steht ein Teil der Daten in beiden Tabellen doppelt. -- EWriter 08:12, 29. Mär. 2010 (CEST)<br />
:Ja. Jede Tabelle hat ihre eigene, klare Definiton. Bei einer gemeinsamen Tabelle würde das verwischt und die Abgrenzung der aufgelisteten Brücken zu den nicht aufgelisteten wäre nicht mehr eindeutig erkennbar. Dann lieber ein paar Wiederholungen von Brücken, die in beide Tabellen gehören. --[[Benutzer:Störfix|Störfix]] 17:58, 29. Mär. 2010 (CEST)<br />
<br />
== Die Längste ==<br />
<br />
Der Artikel zur [[Saale-Elster-Talbrücke]] behauptet von sich, dass diese nun die längste Brücke sei.--[[Spezial:Beiträge/91.67.79.73|91.67.79.73]] 19:15, 26. Mai 2016 (CEST)<br />
:Das behauptet der Artikel zwar, es handelt sich aber um eine reine Eisenbahnbrücke, und die Liste behandelt Straßenbrücken. --[[Spezial:Beiträge/2001:67C:670:100:9E5C:8EFF:FECE:CCEF|2001:67C:670:100:9E5C:8EFF:FECE:CCEF]] 12:00, 12. Jul. 2018 (CEST)</div>2001:67C:670:100:9E5C:8EFF:FECE:CCEF