https://de.wikipedia.org/w/api.php?action=feedcontributions&feedformat=atom&user=200.202.200.2Wikipedia - Benutzerbeiträge [de]2025-05-03T00:55:15ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.44.0-wmf.27https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=KZ_Sachsenhausen&diff=29048884KZ Sachsenhausen2007-03-12T19:21:28Z<p>200.202.200.2: </p>
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<div>{{Positionskarte|Deutschland|label=Sachsenhausen||lat_deg=52|lat_min=46||lon_deg=13|lon_min=16|width=150|caption=Lage von Sachsenhausen|mark=Reddot.svg|marksize=5|float=right}}<br />
[[Bild:KZ Sachsenhausen-Turm A.jpg|thumb|Konzentrationslager Sachsenhausen: Eingang zum Lager – Turm A]]<br />
'''KZ Sachsenhausen''' war der Name eines ab 1936 eingerichteten [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] [[Konzentrationslager]]s im [[Oranienburg]]er Ortsteil ''Sandhausen'' (heute [[Sachsenhausen (Oranienburg)|Sachsenhausen]]). <br />
<br />
Es ist weder örtlich noch zeitlich identisch mit dem [[KZ Oranienburg]], das bereits 1933/34 mitten in Oranienburg als Lager für politische Gefangene errichtet wurde.<br />
<br />
== Überblick ==<br />
[[Bild:Bild002.jpg|thumb|Eingangstor mit dem für KZ üblichen Spruch [[Arbeit macht frei]] - Dahinter befindet sich der Appellplatz - Im Hintergrund das Mahnmal]]<br />
<br />
Das Konzentrationslager Sachsenhausen wurde [[1936]]/[[1937|37]] auf Befehl der [[Schutzstaffel|SS]] durch Häftlinge erbaut und nahm eine Sonderrolle unter den nationalsozialistischen Konzentrationslagern ein. In diesem ''Musterlager'' erfolgte die Ausbildung von SS-Wachmannschaften, die später in anderen Konzentrationslagern eingesetzt wurden. <br />
<br />
In etwa 100 Außenlagern leisteten die Häftlinge Zwangsarbeit, vor allem in der Rüstungsindustrie. Im Sommer 1945 diente das Revier des ehemaligen KZ Sachsenhausen als Übergangs-[[Lazarett]] für ehemalige Häftlinge und andere Opfer des Krieges, die auf Grund ihres Gesundheitszustandes nicht in die Heimat zurückkehren konnten. Im August [[1945]] nach Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] wurde das KZ Sachsenhausen von der [[Sowjetische Militäradministration in Deutschland|Sowjetischen Militäradministration]] (SMAD) bis [[1950]] als [[Internierungslager]] (''Speziallager Nr. 7'') verwendet.<br />
<br />
In dem nun sowjetischen Speziallager wurden NS-Funktionäre der unteren und mittleren Ebene, Wehrmachtsangehörige, Jugendliche unter "[[Werwolf (Freischärlerbewegung)|Werwolf]]-Verdacht", Gegner der neuen politischen Ordnung und völlig willkürlich Verhaftete interniert. Das Speziallager Nr. 1 wurde als letztes 1950 geschlossen. Die [[Kasernierte Volkspolizei]] übernahm [[1950]] das Gelände als Kaserne.<br />
<br />
[[1955]] kamen durch einen Spendenmarkenverkauf des Kuratoriums für den Aufbau nationaler Gedenkstätten in kurzer Zeit zwei Millionen Mark zusammen. Es wurden Aufträge für die Gestaltung einer Gedenkstätte in Sachsenhausen vergeben. Beteiligt waren der Landschafts- und Gartenarchitekt [[Reinhold Lingner]] und die Architekten [[Ludwig Deiters]], [[Horst Kutzat]] und [[Kurt Tausendschön]]. [[Renè Graetz]] schuf die Plastik "Befreiung". [[1961]] wurde die Plastik "Die Anklagende" von [[Fritz Cremer]] am Schloss Oranienburg aufgestellt. 1961 wurde die nationale Mahn- und Gedenkstätte feierlich eröffnet. Seit [[1993]] gehören die Gedenkstätte und das Museum zur [[Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten]].<br />
<br />
== KZ-Geschichte ==<br />
=== 1936–1945 ===<br />
[[Bild:Sachsenhausen gr.jpg|thumb|Inhaftierte in Häftlingsuniform (Homosexuelle mit [[rosa Winkel|rosa Winkel]]) laufen in Zweierreihen an Wärtern vorbei (1938)]]<br />
Das KZ Sachsenhausen wurde im Sommer [[1936]] von Häftlingen aus den [[Emslandlager|Emslandlagern]] im Stadtteil Oranienburg–Sandhausen errichtet. Seinen Namen erhielt es wegen des nahen [[Bahnhof]]s Sachsenhausen, der wegen der geringen Entfernung vom KZ genutzt wurde. <br />
<br />
Die von SS-Architekten am Reißbrett als idealtypisches KZ konzipierte Anlage sollte dem Weltbild der SS architektonisch Ausdruck geben und die Häftlinge auch symbolisch der absoluten Macht der SS unterwerfen. Das Häftlingslager wurde in Form eines gleichschenkligen Dreiecks angelegt. Alle Gebäude waren symmetrisch um die Mittelachse gruppiert und auf den Turm A, den Sitz der SS-Lagerleitung, auf der Mitte der Grundlinie des Dreiecks bezogen. Vor diesem Turm lag der halbkreisförmige Appellplatz, der wiederum von vier Ringen fächerförmig angeordneter Baracken umschlossen wurde. Um die Fortsetzung der Mittelachse über den Turm A und die Lagerstraße hinaus wurde das SS-Truppenlager angelegt, in dem die Axialität und Symmetrie des Häftlingslagers und der Kommandanturbereichs sich weitgehend fortsetzte. Zum 388 Hektar umfassenden SS-Komplex in Oranienburg gehörten darüber hinaus umfangreiche Wohnsiedlungen für die höheren SS-Dienstgrade und ihre Familien sowie das ab 1938 an der Lehnitzschleuse errichtete Außenlager Klinkerwerk. <br />
<br />
Zwischen 1936 und 1945 waren im KZ Sachsenhausen mehr als 200.000 Menschen aus ca. 40 Nationen inhaftiert. Häftlinge waren zunächst politische Gegner des NS-Regimes, dann in immer größerer Zahl Angehörige der von den Nationalsozialisten als rassisch und biologisch minderwertig erklärten Gruppen ([[Juden]], [[Homosexuelle]], [[Roma, Sinti und Jenische]] sowie geistig Behinderte), die dem Regime wegen ihrer Religiosität verhassten [[Zeugen Jehovas]] und ab 1939 zunehmend Bürger der besetzten Staaten Europas. Zehntausende kamen durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit und Misshandlungen um oder wurden Opfer systematischer Vernichtungsaktionen oder medizinischer Experimente. Häftlingen wurden unter anderem schwere Wundinfektionen zugefügt, um die Wirkung von Medikamenten zu testen. Kinder wurden mit [[Hepatitis B]] infiziert, um Erkenntnisse über die Veränderungen an der Leber zu gewinnen. <br />
<br />
Der [[Gefängniszelle|Zellenbau]] wurde [[1936]] als T-förmiges Gebäude errichtet, das mit 80 Zellen für Einzelhaft, Dunkelarrest und Massenunterbringung als Lagergefängnis und Sondergefängnis der [[Gestapo]] diente. Im vom übrigen Lager isolierten Hof des Zellenbaus dienten ein Erdbunker und Vorrichtungen zum "Pfahlhängen" dem Vollzug besonders brutaler Strafen. <br />
<br />
[[Bild:Sachsenhausen14.JPG|thumb|left|In den 1990er Jahren gebaute Verbrennungsöfenimitate (2001)]] <br />
Das [[Krematorium]] befand sich auf dem durch die Lagermauer vom Häftlingslager abgetrennten Industriehof und war ab Herbst 1939 Schauplatz von Vernichtungsaktionen. Im Herbst 1941 wurden hier mindestens 12.000 sowjetische Kriegsgefangene ermordet. 1942 wurde das provisorische Krematorium durch einen Neubau mit [[Krematorium]] und [[Genickschussanlage]] ersetzt, in dem [[1943]] auch eine [[Gaskammer_(Todesstrafe)|Gaskammer]] eingerichtet wurde. <br />
<br />
Um neue Opfergruppen unterbringen zu können, wurde in Abweichung vom „Idealplan“ im Sommer 1938 das "kleine Lager" als Barackenkomplex errichtet, in dem bis zu ihrer Deportation nach Auschwitz im Oktober [[1942]] die meisten der jüdischen Häftlinge untergebracht waren. <br />
<br />
[[Bild:Schuhpruefstrecke.jpg|thumb|Schuhprüfstrecke]]<br />
Auf der [[1940]] auf dem Appellplatz angelegten Schuhprüfstrecke mit unterschiedlichen Bodenbelägen mussten Häftlinge des Strafkommandos durch tagelanges Marschieren Sohlenmaterial für die Wehrmacht testen. <br />
<br />
Von 1942 bis 1945 mussten im KZ Sachsenhausen bis zu 144 jüdische Häftlinge unter Zwang ausländische Währungen, vor allem englische Pfundnoten, in Milliardenhöhe für die [[Aktion Bernhard]] fälschen.<br />
<br />
=== Das Netz der Außenlager zur Kriegsproduktion===<br />
Häftlinge wurden zunächst in SS-eigenen Werkstätten und Betrieben auf dem dem Häftlingslager benachbarten Industriehof zur Arbeit eingesetzt, wo sich u.a. eine Schneiderei, Tischler-, Schlosser- und Elektrikerwerkstätten befanden. Vor allem im Zuge des massenhaften Einsatzes der Zwangsarbeit von KZ-Häftlingen in der Rüstungsindustrie ab 1942 entstanden mehr als 100 Außenlager und Außenkommandos des KZ Sachsenhausen in der Nähe der [[Rüstungsbetrieb]]e und bei Berliner Industriebetrieben wie [[Siemens]], [[DEMAG]]-Panzer, [[Henschel]] Berlin, [[Daimler-Benz]], [[IG Farben]] und [[AEG]]. Mit dem Wort Außenkommando sind dabei Gruppen oder Kolonnen von Häftlingen gemeint, die vom Lager aus zu einer Fabrik oder einem sonstigen Arbeitseinsatz marschiren müssen. Das geschah oft über Wochen und Monate. Die Zusammensetzung der Gruppe hing vom Arbeitsanfall und der körperlichen Verfassung der Gefangenen ab. Krankheit oder Arbeitsunfall kam oft einem Todesurteil gleich, weil Arbeitsunfähige in Sammeltransporten immer wieder "nach Auschwitz" weggeschafft wurden.<br />
<br />
Außenlager sind dagegen neue KZ´s, die in unterschiedlicher Größe vom Stammlager aus mit verwaltet wurden. Auch sie dienten überwiegend der "Lieferung" von Häftlingen an Produktionsbetriebe. Zum Teil fand die Unterbringung direkt auf dem Fabrikgelände statt, zum Teil marschierten von einem Außenlager sternförmig die Häftlingskolonnen zu verschiedenen Fabriken in der Umgebung.<br />
<br />
Von März [[1936]] bis Mai [[1936]] wurden die [[Ernst Heinkel Flugzeugwerke|Heinkelwerke]] in [[Leegebruch]] errichtet, da das Stammwerk in [[Marienehe|Rostock-Marienehe]] ausgelastet war. In diesem Werk bestand ebenfalls ein Außenlager, in dem bis zu 5.000 Häftlinge aus dem KZ Sachsenhausen arbeiten mussten. Im [[Klinker]]werk, einem Großziegelwerk mit eigenem Hafen an der [[Lehnitz]]schleuse, wurden Ziegel für [[Albert Speer|Albert Speers]] Großbauvorhaben in Berlin produziert. Am [[22. April]] [[1945]] wurden etwa 3.000 Kranke, Ärzte und Pfleger, die im Lager nach der Evakuierung zurückgelassen wurden, von russischen und polnischen Einheiten der Roten Armee befreit. In den folgenden Wochen starben noch mindestens 300 ehemalige Häftlinge an den Folgen der KZ-Haft. Sie wurden in sechs Massengräbern an der Lagermauer im Bereich des Krankenreviers bestattet.<br />
<br />
=== Geistliche im KZ Sachsenhausen ===<br />
Unter den inhaftierten politischen Gefangenen befanden sich auch circa 700 Geistliche, darunter mehr als 600 polnische Geistliche. <br />
<br />
Bis 1941 waren im Zellenbau in Sachsenhausen 230 Geistliche inhaftiert, darunter [[Martin Niemöller]] von März 1938 bis 1941 als 'persönlicher Gefangener' Hitlers bis zu seiner Überführung ins [[KZ Dachau]], sowie von Dezember 1939 bis August 1940 der [[Jesuiten]]pater [[Rupert Mayer]]. Weitere bekannte Inhaftierte waren [[Kazimierz Majdański]], der spätere Bischof von Szczecin-Kamien und der Selige [[Karl Leisner]].<br />
<br />
=== Todesmarsch ===<br />
[[Bild:Sachsenhausen32.jpg|thumb|left|Noch erhaltene Zaun-Anlagen (2001)]]<br />
Die Räumung des KZ Sachsenhausen durch die SS begann in den Morgenstunden des [[21. April]] [[1945]]. 33.000 der noch verbliebenen 36.000 Häftlinge wurden in Gruppen von 500 Häftlingen nach Nordwesten in Marsch gesetzt. <br />
[[Bild:Nassenheide-6_WT2005.jpg|thumb|Gedenktafel im Ortsteil Nassenheide von [[Löwenberger Land]]]]<br />
Nur die ersten Kolonnen erhielten einige Lebensmittel. Viele Häftlinge, die am Tag zwischen 20 und 40 Kilometer marschieren mussten, starben bei nasskaltem Wetter an Entkräftung oder wurden von der SS erschossen. Mitarbeiter des [[Internationales Komitee vom Roten Kreuz|Internationalen Komitees vom Roten Kreuz]] verteilten auf den Märschen Lebensmittel-Pakete an die Häftlinge und retteten somit viele vor dem Hungertod. Trotzdem starben auf den Todesmärschen nach der Evakuierung des Lagers im April 1945 noch einmal Tausende von Häftlingen. <br />
<br />
Im [[Grabow-Below|Belower Wald]] nördlich von [[Wittstock/Dosse|Wittstock]] wurden ab dem [[23. April]] [[1945]] in einem großen Lager mehr als 16.000 Häftlinge zusammengezogen. Für die auf dem bisherigen Marsch Umgekommenen ist hier eine Gedenkstätte errichtet worden. Ab dem 29. April wurde das Waldlager aufgelöst, und die Häftlinge erreichten auf unterschiedlichen Wegen den Raum zwischen [[Parchim]] und [[Schwerin]], wo sie, inzwischen von ihren SS-Bewachern verlassen, auf Einheiten der Roten Armee und der US Army trafen. <br />
<br />
Die befreiten Häftlinge wurden mit Gefangenen aus dem Frauen-[[KZ Ravensbrück]] und dem Außenlager Wöbbelin des KZ Neuengamme in zwei Kasernen in Schwerin untergebracht. Im Mai konnten die meisten westeuropäischen Häftlinge in ihre Heimatländer zurückkehren, während Häftlinge aus Osteuropa nicht selten zunächst eine Überprüfung in Repatriierungslagern über sich ergehen lassen mussten.<br />
<br />
=== Personen ===<br />
==== Lagerkommandanten ====<br />
*[[Hermann Schrader]]<br />
*[[Karl Otto Koch]]<br />
*[[Hermann Baranowski]] ("Vierkant")<br />
*[[Walter Eisfeld]]<br />
*[[Hans Loritz]]<br />
*[[Anton Kaindl (Kommandant)|Anton Kaindl]] (7. und letzter Lagerkommandant)<br />
<br />
==== Bekannte Internierte ====<br />
* [[Julius Adler]], KPD-Reichstagsabgeordneter<br />
* [[Ernst Angel]], Dichter, Schriftsteller, Filmschaffender, Psychologe<br />
* [[Randolph von Breidbach-Bürresheim]], Jurist und Mitglied deutschen Widerstandes vom [[20. Juli 1944]]<br />
* [[Adolf Burger]], Buchdrucker und Autor des Buches "Des Teufels Werkstatt"<br />
* [[Francisco Largo Caballero]], spanischer Politiker, Ministerpräsidenten und Kriegsminister<br />
* [[August Dickmann]], Zeuge Jehovas und erster Kriegsdienstverweigerer, der zu Beginn des Zweiten Weltkriegs hingerichtet wurde<br />
* [[Hans von Dohnanyi]], deutscher Jurist und Widerstandskämpfer<br />
* [[Willi Heidenreich]], Kopf der Widerstandsgruppe "Heidenreich", Förster in [[Tharandt]]<br />
* [[Wilhelm Kohlen]], SPD-Landrat [[Kreis Aachen]],<br />
* [[Fritz Lewerentz]], SPD-Landtagsabgeordneter in Preußen<br />
* [[Martin Luther (Nationalsozialismus)|Martin Luther]], ehemaliger Unterstaatssekretär des [[Auswärtigen Amtes]], Teilnehmer der [[Wannseekonferenz]]<br />
* [[Rupert Mayer]], Jesuitenpater<br />
* [[Martin Niemöller]], evangelischer Geistlicher<br />
* [[Arnulf Øverland]], norwegischer Dichter (trotz Bitten von Sven Hedin nicht freigelassen)<br />
* [[Rudolf Renner]], KPD-Abgeordneter im sächsischen Landtag<br />
* [[Michael Schnabrich]], SPD-Reichstagsabgeordneter<br />
* [[Ernst Schneller]], Lehrer und KPD-Reichstagsabgeordneter<br />
* [[Didrik Arup Seip]], Osloer Philologieprofessor und Universitätsdirektor (auf Bitten von [[Sven Hedin]] zur Jahreswende 1942/1943 freigelassen) <br />
* [[Friedrich Weißler]], Jurist, Mitglied der Bekennenden Kirche, Chef der Kanzlei der 2. Vorläufigen Kirchenleitung<br />
* [[Bernhard Wicki]], Regisseur (u.a. [[Die Brücke (1959)]])<br />
<br />
=== Inspektion der Konzentrationslager ===<br />
Als Modell- und Schulungslager der SS und Konzentrationslager in unmittelbarer Nähe der Reichshauptstadt nahm Sachsenhausen eine Sonderstellung im System der nationalsozialistischen Konzentrationslager ein. Diese wurde unterstrichen, als 1938 die [[Inspektion der Konzentrationslager]], die Verwaltungszentrale für alle Konzentrationslager im deutschen Machtbereich, von Berlin nach Oranienburg verlegt wurde. Die Inspektion der Konzentrationslager und die Führung der SS-Totenkopfverbände zogen im August 1938 in ein großes Stabsgebäude südlich des KZ Sachsenhausen, das wegen seiner charakteristischen dreiflügeligen Form "T-Gebäude" genannt wird. Die Inspektion war für die Lebensbedingungen der Häftlinge im Lager verantwortlich. Sie legte grundsätzlich und in Einzelfällen fest, in welches Lager die Häftlinge kamen, welche Zwangsarbeit sie zu leisten hatten und welche Hungerration sie erhielten.<br />
<br />
== 1945–1950: Sowjetisches Speziallager ==<br />
[[Bild:Sachsenhausen36.JPG|thumb|Warnschilder vor dem Todes-Streifen (2001)]]<br />
Seit August 1945 kam es zu einer neuen Nutzung des ehemaligen Schutzhaftlagers. Sie begann mit der Verlegung von 150 Häftlingen des sowjetischen [[Speziallager]]s Nr. 7 aus Weesow bei [[Werneuchen]]. Außer Krematorium und Vernichtungsanlage wurden fast alle Lagergebäude, vor allem die Holzbaracken, das Lagergefängnis und die Wirtschaftsgebäude, wieder in Betrieb genommen. Gegen Ende 1945 war das Lager wieder voll belegt (12.000 Personen). Im folgenden Jahr waren zeitweise bis zu 16.000 Menschen ohne Rechtsgrundlage und unter menschenverachtenden Bedingungen im Lager eingesperrt. Etwa 2.000 weibliche Häftlinge lebten in einem gesonderten Bereich des Lagers.<br />
<br />
Das als "Zone I" bezeichnete ehemalige Schutzhaftlager war für internierte deutsche Zivilisten ohne rechtskräftige Verurteilung vorgesehen. In dem "Zone II" genannten ehemaligen Sonderlager für alliierte Kriegsgefangene befanden sich zunächst Sowjetbürger, die auf ihre Rückführung in die Sowjetunion warteten. Das Lager war kein Arbeitslager. Die Häftlinge litten unter der erzwungenen Untätigkeit, unter ständigem Hunger, Kälte, Ungeziefer und medizinisch nicht behandelten Folgeerkrankungen. Sie starben zu Tausenden und wurden in Massengräber geworfen und verscharrt. Von den in den Jahren 1945 bis 1950 etwa 60.000 Inhaftierten starben etwa 12.000 Häftlinge an Unterernährung, Krankheiten, psychischer und physischer Entkräftung <ref> Peter Reif-Spirek, Bodo Ritscher ''Speziallager in der SBZ. Gedenkstätten mit "doppelter Vergangenheit"'', Ch. Links Verlag, Berlin, ISBN 3861531933 </ref>, darunter auch der Schauspieler [[Heinrich George]]. Ab 1948 waren Brettspiele, Sport sowie zeitweise Zeitungen und die Übertragung von Radiosendungen erlaubt. Das Speziallager war von der Außenwelt fast völlig isoliert. Angehörige wurden nicht über den Verbleib und das Schicksal der Festgehaltenen informiert. Nach Ende der [[Entnazifizierung]] in der [[Sowjetische Besatzungszone|Sowjetischen Besatzungszone]] wurden im Sommer [[1948]] etwa 5.000 Häftlinge aus dem Speziallager Nr. 7 entlassen. Die Inhaftierten waren Mitglieder der NSDAP, Sozialdemokraten, viele Jugendliche sowie willkürlich Denunzierte und politisch Missliebige, von denen Opposition gegen das sozialistisch-kommunistische Gesellschaftssystem erwartet wurde.<br />
<br />
Ab 1948 war Sachsenhausen als Speziallager Nr. 1 das größte von drei Speziallagern in der sowjetischen Besatzungszone. Außerdem war es ab dann zentrales Lager für verurteilte Frauen mit einer geringen Haftstrafe, was 15 Jahre und weniger beinhaltete. Im Frühjahr 1950 wurden die letzten Lager aufgelöst, aus dem Speziallager Nr. 1 wurden ca. 8.000 Häftlinge entlassen, eine kleinere Gruppe in die Sowjetunion transportiert. 5.500 Häftlinge überstellte der [[NKWD|sowjetische Geheimdienst]] an die Behörden der DDR. Unter ihnen befanden sich 1.119 Frauen und ca. 30 der im Lager geborenen Kinder, die in die DDR Frauenstrafanstalt Hoheneck/Stollberg verlegt wurden <ref> Alex Latotzky: Kindheit hinter Stacheldraht, Mütter mit Kindern in sowjetischen Speziallagern, Forum Verlag Leipzig, 2001, ISBN 3-931801-26-8 </ref>. Das Unrecht der Weiternutzung der nationalsozialistischen Konzentrationslager durch die sowjetische Besatzungsmacht und das damit verbundene erneute qualvolle Sterben Tausender Menschen wurde durch das SED-Regime verschwiegen oder verharmlost. Einige Überlebende wurden noch viele Jahre in DDR-Zuchthäusern wie [[Waldheim]] und [[Bautzen]] festgehalten. Mit dem Betreiben von Speziallagern durch die sowjetische Besatzungsmacht hatte sich das Prinzip des [[Gulag]]-Lagersystems der [[Sowjetunion]] auf dem Boden des besetzten Nachkriegsdeutschlands manifestiert.<br />
<br />
== 1961–1990: Nationale Mahn- und Gedenkstätte ==<br />
[[Bild:Buchenwald Spendenmarke.gif|thumb|Spendenmarke]]<br />
Nach der jahrelangen Nutzung des Geländes durch die sowjetische Armee, die Kasernierte Volkspolizei und die [[Nationale Volksarmee]] der DDR begannen 1956 die Planungen für die Nationale Mahn- und Gedenkstätte, die am [[22. April]] [[1961]] eingeweiht wurde. <br />
<br />
Sie beschränkte sich auf den Bereich des ehemaligen Häftlingslagers und umfasste lediglich etwa 5 % der Fläche des ehemaligen Konzentrationslagers. Lediglich die "Station Z" sowie der Erschießungsgraben, ursprünglich Teil des Industriehofes, wurden durch Versetzung der Lagermauer in die Gedenkstätte integriert. Um den Appellplatz wurde eine Ringmauer aus kreuzförmigen Betonelementen angelegt, in der die Giebel des ersten Barackenringes angedeutet sind. <br />
<br />
1976 wurden 200 einheitliche Tafeln an den vier Hauptstrecken des Todesmarsches zwischen Oranienburg und Raben-Steinfeld aufgestellt.<br />
<br />
== Ab 1993: Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen ==<br />
[[Bild:Zerstörtes_Dach_Baracke_38.JPG|thumb|left|Zerstörtes Dach der Baracke 38]]<br />
Am [[26. September]] [[1992]] setzten [[Neonazi]]s die Baracke 38 in der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Sachsenhausen in Brand. Das Gebäude, in dem ein "Museum für die Leiden der jüdischen Kameraden" untergebracht war, wurde zerstört.<br />
[[Bild:Sachsenhausen_BIZ.jpg|thumb|Gedenkstätte, Eingang zum Besucherinformationszentrum]]<br />
Seit Januar [[1993]] sind die Gedenkstätte und das Museum Sachsenhausen Teil der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, einer gemeinsam von der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Brandenburg finanzierten Stiftung öffentlichen Rechts. Die Stiftung hat die Aufgabe an Terror, Krieg und Gewaltherrschaft zu erinnern. Sie soll mit lokalen Initiativen und Bildungsträgern zusammenarbeiten, Forschungen anregen, Kontakte in das In- und Ausland sowie zu anderen Gedenkstätten und wissenschaftlichen Einrichtungen knüpfen. Zur Stiftung gehören neben der Gedenkstätte Sachsenhausen die Mahn- und Gedenkstätte [[Ravensbrück]], das Museum des Todesmarsches im Belower Wald, sowie die Dokumentationsstelle Zuchthaus Brandenburg an der Havel. Als Außenstelle der Gedenkstätte ist das [[1981]] eingerichtete Museum des Todesmarsches im Belower Wald bei Wittstock angeschlossen. <br />
[[Bild:Museum_Speziallager_Nr.7.JPG|thumb|Eingang zum Museum des Speziallagers Nr.7/Nr.1]]<br />
Ende [[2001]] eröffnete die Gedenkstätte Sachsenhausen in einem Museumsneubau eine neue Dauerausstellung zur Geschichte des sowjetischen Speziallagers Nr. 7/Nr. 1 (1945 – 1950). Im Rahmen der kompletten Sanierung und Neugestaltung der Gedenkstätte Sachsenhausen erhielt der Ort des Gedenkens ein neues Gesicht. Die Sanierungsarbeiten wurden zu den Feierlichkeiten anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung im April 2005 weitgehend abgeschlossen.<br />
<br />
=== Sonderausstellung „BitterSüß“ ===<br />
[[Bild:Bittersuess_Plakat.jpg|thumb|left|Plakat zur Sonderausstellung]]<br />
Zum 60. Jahrestag der Errichtung des sowjetischen Speziallagers Nr.7/Nr.1 in Sachsenhausen wurde eine Sonderausstellung im neuen Museum eröffnet (12. August 2005 - 31. August 2006): ''BitterSüß, Geschichte(n) des Hungers: Zuckerdosen aus dem sowjetischen [[Speziallager]] Nr.7/Nr.1 Sachsenhausen 1945 - 1950''.<br />
[[Bild:Bittersuess_Ausstellung.jpg|thumb|Vitrine in der Sonderausstellung]]<br />
Bei Sanierungsarbeiten in der Gedenkstätte Sachsenhausen wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche kleine Aluminiumdosen geborgen. Erstmals widmet sich eine Ausstellung ausführlich diesen Alltagsgegenständen, die vielen Haftlingen des sowjetischen Speziallagers ab 1947 zur Aufbewahrung von Zucker- und Marmeladerationen dienten.<br />
<br />
Sie dokumentieren zentrale Aspekte des Haftalltags im Speziallager: Mangelernährung und massenhaftes Verhungern, aber auch menschliche Isolation und erzwungene Untätigkeit. Einige Zuckerdosen tragen die eingravierten Namenszüge ihrer Besitzer. Die Ausstellung erzählt die Lebensgeschichten von 16 ehemaligen Häftlingen des Speziallagers, deren Dosen nach über 50 Jahren wieder ans Tageslicht gekommen sind. Die Biografien mit ihren unterschiedlichen historischen und politischen Hintergründen deuten die Heterogenität der Häftlingsgesellschaft an. Insgesamt hielt der sowjetische Geheimdienst in Sachsenhausen 60.000 Menschen gefangen: Internierte, Verurteilte durch SMT (Sowjetisches Militär-Tribunal), ehemalige deutsche Wehrmachtsoffiziere und Ausländer. Über 12.000 von ihnen starben. Die Verfahren vor den SMT waren nicht rechtsstaatlich strukturiert, sondern verliefen nach sowjetischem, [[Stalinismus|stalinistischem]] Rechtsverständnis, demzufolge es nicht auf Feststellung individueller Schuld ankam, sondern darauf, dass vor allem als Gegner des sowjetischen Systems Verdächtigte aus dem Verkehr gezogen werden sollten. Überdies wurde sowjetisches Recht rückwirkend angewandt. In den [[Schauprozess|Schnell-Verfahren]] von 15-20 Minuten Dauer waren 25 Jahre Zwangsarbeit die Regelstrafe. Verteidiger waren nicht zugelassen, ebenso keine Entlastungszeugen, und es gab keine Berufungsmöglichkeit. Eine Schuld musste nicht nachgewiesen werden, es genügte das Votum des Tribunals, um ins Lager eingewiesen, in die UdSSR deportiert oder sofort erschossen zu werden.<br />
<br style="clear:left;" /><br />
<br />
== Gedenkstein für inhaftierte Priester ==<br />
<br />
Der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky hat 2006 auf dem Gelände des KZ Sachsenhausen einen Gedenkstein von den Berliner Bildhauern Stefan Sprenker und Thomas Reifferscheid für die über 700 inhaftierten katholischen Geistlichen aufstellen lassen. Auf dem Stein sind die Namen der 96 in Sachsenhausen gestorbenen Geistlichen verzeichnet, die aus mehreren Ländern Europas stammen. Es gibt ebenso seit 2006 eine Gedenkstele für die evangelischen Häftlinge in Sachsenhausen.<br />
<br />
== Quellen ==<br />
<references/><br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* Harry Naujoks, Martha Naujoks (Hg.): ''Mein Leben im KZ Sachsenhausen: 1936–42. Erinnerungen des ehemaligen Lagerältesten''. Pahl-Rugenstein Nachf., 1989, ISBN 3891443218<br />
* Günter Morsch: ''Von der Erinnerung zum Monument. Die Entstehungsgeschichte der nationalen Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen''. Edition Hentrich, Berlin 2001, ISBN 3894681853<br />
* Günter Morsch, Alfred Reckendrees (Hrsg.): ''Befreiung des KZ Sachsenhausen 1945''. Edition Hentrich, Berlin. 1996, ISBN 3894682132<br />
* Günter Morsch: ''Mord und Massenmord im Konzentrationslager Sachsenhausen''. Metropol, 2005, ISBN 393641193X<br />
* Günter Morsch / Susanne zur Nieden (Hrsg.), ''Jüdische Häftlinge im Konzentrationslager Sachsenhausen 1936 bis 1945''.'' Edition Hentrich, Berlin 2004, ISBN 3-89468-263-9<br />
* Bundeszentrale für politische Bildung: ''Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus: Eine Dokumentation''. Berlin 1999<br />
* Sepp Hahn, Helle Carola Gaertner-Scholle: ''Außenstelle Heinkelwerk''. Verlag Neues Leben, Berlin 1963<br />
* Inge Lammel, Günter Morsch: ''Sachsenhausen-Liederbuch''. Edition Hentrich, Berlin. 2000, ISBN 3894681624<br />
* Erika Riemann: ''Die Schleife in Stalins Bart: Ein Mädchenstreich, acht Jahre Haft und die Zeit danach''. Piper, 2004, ISBN 3492240933 (Persönliche Geschichte über den Aufenthalt im sowj. Straflager 1946 bis 1954)<br />
* Stephan Jegielka: ''Das KZ-Außenlager Genshagen. Struktur und Wahrnehmung der Zwangsarbeit in einem Rüstungsbetrieb 1944/45''. Tectum, Struktur, Marburg 2005, ISBN 382888895X (Studie über ein Außenlager des KZ Sachsenhausen)<br />
* ''Gegen das Vergessen: Häftlingsalltag im KZ-Sachsenhausen 1936-1945''. CD-ROM, Oranienburg/München 2002/2003, ISBN 3-8032-1610-9 (auch über Bundeszentrale für politische Bildung erhältlich) <br />
* Günter Morsch, Ines Reich (Hrsg.): ''Sowjetisches Speziallager Nr. 7/Nr.1 in Sachsenhausen (1945-1950)''. Katalog der Ausstellung in der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, Berlin 2005, ISBN 3938690135<br />
* [[Jan von Flocken]], Michael Klonovsky: ''Stalins Lager in Deutschland 1945-1950: Dokumentation Zeugenberichte''. Ullstein, Berlin 1991, ISBN 3550074883<br />
* [[Adolf Burger]]: ''Des Teufels Werkstatt: Die Geldfälscherwerkstatt im KZ Sachsenhausen''. Hentrich & Hentrich, 2004, ISBN 3-9334-7180-X<br />
*Gerhard Finn: ''Die politischen Häftlinge in der Sowjetzone''. Berlin 1958<br />
*Gerhard Finn: ''Sachsenhausen 1936-1950: Geschichte eines Lagers''. Westkreuz-Verlag, Berlin/Bonn 1988, ISBN 3922131603<br />
*Karl Wilhelm Fricke: ''Politik und Justiz in der DDR''. Köln 1979<br />
*Alex Latotzky: Kindheit hinter Stacheldraht, Mütter mit Kindern in sowjetischen Speziallagern, Forum Verlag Leipzig, 2001, ISBN 3-931801-26-8 (Der Autor war als Kind u.a. im sowj. Speziallager Sachsenhausen)<br />
* Wolfgang Benz & Barbara Distel (Hg): ''Der Ort des Terrors. Sachsenhausen, Buchenwald'' München: Beck, 2006 (Reihe, Band 3) ISBN 978-3-406-52963-4 ISBN 3406529631<br />
* Wolfgang Benz & Barbara Distel (Hg): [http://www.dachauer-hefte.de/ ''Dachauer Hefte.] Studien und Dokumente zur Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager.''<br />
* Hermann Kaienburg: ''Der Militär- und Wirtschaftskomplex der SS im KZ-Standort Sachsenhausen-Oranienburg''. Metropol Verlag, Schriftenreihe der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Bd. 16, Berlin 2006, 428 Seiten<br />
* Gerhard Schirmer: ''Sachsenhausen-Workuta. Zehn Jahre in den Fängen der Sowjets", Grabert-Verlag, Tübingen 1992, ISBN 3878471262<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Internationales Sachsenhausen-Komitee]]<br />
* [[Liste der Außenlager des KZ Sachsenhausen]]<br />
<br />
* [[Aktion Bernhard]] (auch Unternehmen Bernhard; eine Geldfälschungsaktion des Sicherheitsdienstes im Reichssicherheitshauptamt-RSHA)<br />
<br />
*[[Liste der Konzentrationslager|Liste der Konzentrationslager im Dritten Reich]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
<br />
*[http://www.stiftung-bg.de/gums/de/index.htm Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten]<br />
*[http://home.snafu.de/etz/sachsenhausen/ Die Männer mit dem Rosa Winkel - Homosexuelle im Konzentrationslager Sachsenhausen]<br />
*[http://speziallager.thomas-ney.com/ Geschichte des Speziallagers Sachsenhausen nach dem 2. Weltkrieg]<br />
*[http://www.uokg.de/Text2/Mit-Sachs03.htm Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft UOKG]<br />
*Berliner Zeitung: [http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2006/0826/lokales/0055/index.html ''Das Album des KZ-Kommandanten], 26. August 2006<br />
* [http://www.stiftung-bg.de/Aussenlager/seiten/index.html Das "Netzwerk Außenlager" der Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen]<br />
<br />
{{Lesenswert}}<br />
{{Koordinate Artikel|52_45_57_N_13_15_51_E_type:landmark_region:DE-BR|52° 45′ 57" n. Br., 13° 15′ 51" ö. L.}}<br />
<br />
<br />
[[Kategorie:KZ-Stammlager|Sachsenhausen]]<br />
[[Kategorie:Brandenburgische Geschichte]]<br />
[[Kategorie:Oranienburg]]<br />
<br />
[[ca:Sachsenhausen]]<br />
[[en:Sachsenhausen concentration camp]]<br />
[[es:Campo de concentración Sachsenhausen]]<br />
[[fr:Sachsenhausen]]<br />
[[he:זקסנהאוזן]]<br />
[[it:Campo di concentramento di Sachsenhausen (Oranienburg)]]<br />
[[nl:Sachsenhausen]]<br />
[[no:Sachsenhausen (konsentrasjonsleir)]]<br />
[[pl:Sachsenhausen]]<br />
[[pt:Campo de concentração de Sachsenhausen]]<br />
[[sv:Sachsenhausen]]</div>200.202.200.2https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=August_Dickmann&diff=29048629August Dickmann2007-03-12T19:16:31Z<p>200.202.200.2: </p>
<hr />
<div>'''August Dickmann''' (* [[7. Januar]] [[1910]] in [[Dinslaken]]; † [[15. September]] [[1939]] in [[Oranienburg|Sachsenhausen]]) war der erste [[Kriegsdienstverweigerung|Kriegsdienstverweigerer]], der in [[Deutschland]] nach Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]]s hingerichtet wurde.<br />
<br />
August Dickmann wurde [[1937]] als [[Zeugen Jehovas|Zeuge Jehovas]] in das [[Konzentrationslager Sachsenhausen]] eingeliefert. Drei Tage nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im Jahr [[1939]] wurde er aufgefordert, seinen [[Wehrpass]] zu unterschreiben. Als er das ablehnte, setzte sich der Lagerkommandant mit [[Heinrich Himmler]], dem [[Reichsführer SS]], in Verbindung und bat um die Erlaubnis, Dickmann im Beisein aller anderen Lagerinsassen vor den Augen seines Bruders Heinrich Dickmann hinzurichten. Vor die Wahl gestellt – Annahme seines Wehrpasses mit der damit verbundenen Einberufung zum Militär oder der [[Todesstrafe|Tod]] –, entschied sich August Dickmann, seiner Überzeugung, keine Waffe anzurühren, treu zu bleiben.<br />
<br />
Am [[17. September]] 1939 berichtete die [[New York Times]] über Deutschland: „August Dickmann, 29 Jahre alt, . . . wurde hier von einem [[Hinrichtung]]skommando [[Erschießung|erschossen]].“ Wie in der Zeitung ausgeführt wurde, war er ''der erste deutsche Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen'' im damaligen Krieg.<br />
<br />
Sechzig Jahre später, am [[18. September]] [[1999]], wurde von seiten der [[Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten]] des Todes August Dickmanns gedacht. Eine Gedenktafel erinnert Besucher jetzt an seinen Mut.<br />
== Siehe auch ==<br />
*[[Kriegsdienstverweigerung]]<br />
*[[Wehrdienstverweigerung der Zeugen Jehovas]]<br />
*[[Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus]]<br />
*[[Franz Jägerstätter]]<br />
*[[Leopold Engleitner]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
<br />
*[http://www.radio-uebrigens.de/uebrigens/50089793da132d00c/50089793da1056406/index.html Die Hinrichtung von August Dickmann in "Geschichte der Wehrdienstverweigerung" (Sendungsmanuskript des StadtRadio Göttingen)]<br />
*[http://www.standhaft.org/events/sachsenhausen/bmp190999.html Erinnerung an den ersten deutschen Kriegsdienstverweigerer in der Berliner Morgenpost vom 19. September 1999]<br />
<br />
[[Kategorie:Kriegsdienstverweigerer|Dickmann, August]]<br />
[[Kategorie:Zeuge Jehovas|Dickmann, August]]<br />
[[Kategorie:NS-Opfer|Dickmann, August]]<br />
[[Kategorie:Deutscher|Dickmann, August]]<br />
[[Kategorie:Mann|Dickmann, August]]<br />
<br />
[[Kategorie:Geboren 1910|Dickmann, August]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 1939|Dickmann, August]]<br />
<br />
<!-- Bitte nicht loeschen!<br />
Zur Erklärung siehe [[Wikipedia:Personendaten]]--><br />
<br />
{{Personendaten| <br />
NAME=Dickmann, August <br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Kriegsdienstverweigerer, Zeuge Jehovas<br />
|GEBURTSDATUM=[[7. Januar]] [[1910]]<br />
|GEBURTSORT=[[Dinslaken]], [[Deutschland]] <br />
|STERBEDATUM=[[15. September]] [[1939]]<br />
|STERBEORT=[[KZ Sachsenhausen]]<br />
}}<br />
<br />
[[pt:August Dickmann]]</div>200.202.200.2https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=August_Dickmann&diff=28993077August Dickmann2007-03-11T16:16:41Z<p>200.202.200.2: </p>
<hr />
<div>'''August Dickmann''' (* [[7. Januar]] [[1910]] in [[Dinslaken]]; † [[15. September]] [[1939]] in [[Oranienburg|Sachsenhausen]]) war der erste [[Kriegsdienstverweigerung|Kriegsdienstverweigerer]], der in [[Deutschland]] nach Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]]s hingerichtet wurde.<br />
<br />
August Dickmann wurde [[1937]] als [[Zeugen Jehovas|Zeuge Jehovas]] in das [[Konzentrationslager Sachsenhausen]] eingeliefert. Drei Tage nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im Jahr [[1939]] wurde er aufgefordert, seinen [[Wehrpass]] zu unterschreiben. Als er das ablehnte, setzte sich der Lagerkommandant mit [[Heinrich Himmler]], dem [[Reichsführer SS]], in Verbindung und bat um die Erlaubnis, Dickmann im Beisein aller anderen Lagerinsassen vor den Augen seines Bruders Heinrich Dickmann hinzurichten. Vor die Wahl gestellt – Annahme seines Wehrpasses mit der damit verbundenen Einberufung zum Militär oder der [[Todesstrafe|Tod]] –, entschied sich August Dickmann, seiner Überzeugung, keine Waffe anzurühren, treu zu bleiben.<br />
<br />
Am [[17. September]] 1939 berichtete die [[New York Times]] über Deutschland: „August Dickmann, 29 Jahre alt, . . . wurde hier von einem [[Hinrichtung]]skommando [[Erschießung|erschossen]].“ Wie in der Zeitung ausgeführt wurde, war er ''der erste deutsche Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen'' im damaligen Krieg.<br />
<br />
Sechzig Jahre später, am [[18. September]] [[1999]], wurde von seiten der [[Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten]] des Todes August Dickmanns gedacht. Eine Gedenktafel erinnert Besucher jetzt an seinen Mut.<br />
== Siehe auch ==<br />
*[[Kriegsdienstverweigerung]]<br />
*[[Wehrdienstverweigerung der Zeugen Jehovas]]<br />
*[[Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus]]<br />
*[[Franz Jägerstätter]]<br />
*[[Leopold Engleitner]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
<br />
*[http://www.radio-uebrigens.de/uebrigens/50089793da132d00c/50089793da1056406/index.html Die Hinrichtung von August Dickmann in "Geschichte der Wehrdienstverweigerung" (Sendungsmanuskript des StadtRadio Göttingen)]<br />
*[http://www.standhaft.org/events/sachsenhausen/bmp190999.html Erinnerung an den ersten deutschen Kriegsdienstverweigerer in der Berliner Morgenpost vom 19. September 1999]<br />
<br />
[[Kategorie:Kriegsdienstverweigerer|Dickmann, August]]<br />
[[Kategorie:Zeuge Jehovas|Dickmann, August]]<br />
[[Kategorie:NS-Opfer|Dickmann, August]]<br />
[[Kategorie:Deutscher|Dickmann, August]]<br />
[[Kategorie:Mann|Dickmann, August]]<br />
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[[Kategorie:Geboren 1910|Dickmann, August]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 1939|Dickmann, August]]<br />
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<!-- Bitte nicht loeschen!<br />
Zur Erklärung siehe [[Wikipedia:Personendaten]]--><br />
<br />
{{Personendaten| <br />
NAME=Dickmann, August <br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=Kriegsdienstverweigerer, Zeuge Jehovas<br />
|GEBURTSDATUM=[[7. Januar]] [[1910]]<br />
|GEBURTSORT=[[Dinslaken]], [[Deutschland]] <br />
|STERBEDATUM=[[15. September]] [[1939]]<br />
|STERBEORT=[[KZ Sachsenhausen]]<br />
}}<br />
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[[pt:Português]]</div>200.202.200.2https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=KZ_Sachsenhausen&diff=28993041KZ Sachsenhausen2007-03-11T16:15:52Z<p>200.202.200.2: </p>
<hr />
<div>{{Positionskarte|Deutschland|label=Sachsenhausen||lat_deg=52|lat_min=46||lon_deg=13|lon_min=16|width=150|caption=Lage von Sachsenhausen|mark=Reddot.svg|marksize=5|float=right}}<br />
[[Bild:KZ Sachsenhausen-Turm A.jpg|thumb|Konzentrationslager Sachsenhausen: Eingang zum Lager – Turm A]]<br />
'''KZ Sachsenhausen''' war der Name eines ab 1936 eingerichteten [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] [[Konzentrationslager]]s im [[Oranienburg]]er Ortsteil ''Sandhausen'' (heute [[Sachsenhausen (Oranienburg)|Sachsenhausen]]). <br />
<br />
Es ist weder örtlich noch zeitlich identisch mit dem [[KZ Oranienburg]], das bereits 1933/34 mitten in Oranienburg als Lager für politische Gefangene errichtet wurde.<br />
<br />
== Überblick ==<br />
[[Bild:Bild002.jpg|thumb|Eingangstor mit dem für KZ üblichen Spruch [[Arbeit macht frei]] - Dahinter befindet sich der Appellplatz - Im Hintergrund das Mahnmal]]<br />
<br />
Das Konzentrationslager Sachsenhausen wurde [[1936]]/[[1937|37]] auf Befehl der [[Schutzstaffel|SS]] durch Häftlinge erbaut und nahm eine Sonderrolle unter den nationalsozialistischen Konzentrationslagern ein. In diesem ''Musterlager'' erfolgte die Ausbildung von SS-Wachmannschaften, die später in anderen Konzentrationslagern eingesetzt wurden. <br />
<br />
In etwa 100 Außenlagern leisteten die Häftlinge Zwangsarbeit, vor allem in der Rüstungsindustrie. Im Sommer 1945 diente das Revier des ehemaligen KZ Sachsenhausen als Übergangs-[[Lazarett]] für ehemalige Häftlinge und andere Opfer des Krieges, die auf Grund ihres Gesundheitszustandes nicht in die Heimat zurückkehren konnten. Im August [[1945]] nach Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] wurde das KZ Sachsenhausen von der [[Sowjetische Militäradministration in Deutschland|Sowjetischen Militäradministration]] (SMAD) bis [[1950]] als [[Internierungslager]] (''Speziallager Nr. 7'') verwendet.<br />
<br />
In dem nun sowjetischen Speziallager wurden NS-Funktionäre der unteren und mittleren Ebene, Wehrmachtsangehörige, Jugendliche unter "[[Werwolf (Freischärlerbewegung)|Werwolf]]-Verdacht", Gegner der neuen politischen Ordnung und völlig willkürlich Verhaftete interniert. Das Speziallager Nr. 1 wurde als letztes 1950 geschlossen. Die [[Kasernierte Volkspolizei]] übernahm [[1950]] das Gelände als Kaserne.<br />
<br />
[[1955]] kamen durch einen Spendenmarkenverkauf des Kuratoriums für den Aufbau nationaler Gedenkstätten in kurzer Zeit zwei Millionen Mark zusammen. Es wurden Aufträge für die Gestaltung einer Gedenkstätte in Sachsenhausen vergeben. Beteiligt waren der Landschafts- und Gartenarchitekt [[Reinhold Lingner]] und die Architekten [[Ludwig Deiters]], [[Horst Kutzat]] und [[Kurt Tausendschön]]. [[Renè Graetz]] schuf die Plastik "Befreiung". [[1961]] wurde die Plastik "Die Anklagende" von [[Fritz Cremer]] am Schloss Oranienburg aufgestellt. 1961 wurde die nationale Mahn- und Gedenkstätte feierlich eröffnet. Seit [[1993]] gehören die Gedenkstätte und das Museum zur [[Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten]].<br />
<br />
== KZ-Geschichte ==<br />
=== 1936–1945 ===<br />
[[Bild:Sachsenhausen gr.jpg|thumb|Inhaftierte in Häftlingsuniform (Homosexuelle mit [[rosa Winkel|rosa Winkel]]) laufen in Zweierreihen an Wärtern vorbei (1938)]]<br />
Das KZ Sachsenhausen wurde im Sommer [[1936]] von Häftlingen aus den [[Emslandlager|Emslandlagern]] im Stadtteil Oranienburg–Sandhausen errichtet. Seinen Namen erhielt es wegen des nahen [[Bahnhof]]s Sachsenhausen, der wegen der geringen Entfernung vom KZ genutzt wurde. <br />
<br />
Die von SS-Architekten am Reißbrett als idealtypisches KZ konzipierte Anlage sollte dem Weltbild der SS architektonisch Ausdruck geben und die Häftlinge auch symbolisch der absoluten Macht der SS unterwerfen. Das Häftlingslager wurde in Form eines gleichschenkligen Dreiecks angelegt. Alle Gebäude waren symmetrisch um die Mittelachse gruppiert und auf den Turm A, den Sitz der SS-Lagerleitung, auf der Mitte der Grundlinie des Dreiecks bezogen. Vor diesem Turm lag der halbkreisförmige Appellplatz, der wiederum von vier Ringen fächerförmig angeordneter Baracken umschlossen wurde. Um die Fortsetzung der Mittelachse über den Turm A und die Lagerstraße hinaus wurde das SS-Truppenlager angelegt, in dem die Axialität und Symmetrie des Häftlingslagers und der Kommandanturbereichs sich weitgehend fortsetzte. Zum 388 Hektar umfassenden SS-Komplex in Oranienburg gehörten darüber hinaus umfangreiche Wohnsiedlungen für die höheren SS-Dienstgrade und ihre Familien sowie das ab 1938 an der Lehnitzschleuse errichtete Außenlager Klinkerwerk. <br />
<br />
Zwischen 1936 und 1945 waren im KZ Sachsenhausen mehr als 200.000 Menschen aus ca. 40 Nationen inhaftiert. Häftlinge waren zunächst politische Gegner des NS-Regimes, dann in immer größerer Zahl Angehörige der von den Nationalsozialisten als rassisch und biologisch minderwertig erklärten Gruppen ([[Juden]], [[Homosexuelle]], [[Roma, Sinti und Jenische]] sowie geistig Behinderte), die dem Regime wegen ihrer Religiosität verhassten [[Zeugen Jehovas]] und ab 1939 zunehmend Bürger der besetzten Staaten Europas. Zehntausende kamen durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit und Misshandlungen um oder wurden Opfer systematischer Vernichtungsaktionen oder medizinischer Experimente. Häftlingen wurden unter anderem schwere Wundinfektionen zugefügt, um die Wirkung von Medikamenten zu testen. Kinder wurden mit [[Hepatitis B]] infiziert, um Erkenntnisse über die Veränderungen an der Leber zu gewinnen. <br />
<br />
Der [[Gefängniszelle|Zellenbau]] wurde [[1936]] als T-förmiges Gebäude errichtet, das mit 80 Zellen für Einzelhaft, Dunkelarrest und Massenunterbringung als Lagergefängnis und Sondergefängnis der [[Gestapo]] diente. Im vom übrigen Lager isolierten Hof des Zellenbaus dienten ein Erdbunker und Vorrichtungen zum "Pfahlhängen" dem Vollzug besonders brutaler Strafen. <br />
<br />
[[Bild:Sachsenhausen14.JPG|thumb|left|In den 1990er Jahren gebaute Verbrennungsöfenimitate (2001)]] <br />
Das [[Krematorium]] befand sich auf dem durch die Lagermauer vom Häftlingslager abgetrennten Industriehof und war ab Herbst 1939 Schauplatz von Vernichtungsaktionen. Im Herbst 1941 wurden hier mindestens 12.000 sowjetische Kriegsgefangene ermordet. 1942 wurde das provisorische Krematorium durch einen Neubau mit [[Krematorium]] und [[Genickschussanlage]] ersetzt, in dem [[1943]] auch eine [[Gaskammer_(Todesstrafe)|Gaskammer]] eingerichtet wurde. <br />
<br />
Um neue Opfergruppen unterbringen zu können, wurde in Abweichung vom „Idealplan“ im Sommer 1938 das "kleine Lager" als Barackenkomplex errichtet, in dem bis zu ihrer Deportation nach Auschwitz im Oktober [[1942]] die meisten der jüdischen Häftlinge untergebracht waren. <br />
<br />
[[Bild:Schuhpruefstrecke.jpg|thumb|Schuhprüfstrecke]]<br />
Auf der [[1940]] auf dem Appellplatz angelegten Schuhprüfstrecke mit unterschiedlichen Bodenbelägen mussten Häftlinge des Strafkommandos durch tagelanges Marschieren Sohlenmaterial für die Wehrmacht testen. <br />
<br />
Von 1942 bis 1945 mussten im KZ Sachsenhausen bis zu 144 jüdische Häftlinge unter Zwang ausländische Währungen, vor allem englische Pfundnoten, in Milliardenhöhe für die [[Aktion Bernhard]] fälschen.<br />
<br />
=== Das Netz der Außenlager zur Kriegsproduktion===<br />
Häftlinge wurden zunächst in SS-eigenen Werkstätten und Betrieben auf dem dem Häftlingslager benachbarten Industriehof zur Arbeit eingesetzt, wo sich u.a. eine Schneiderei, Tischler-, Schlosser- und Elektrikerwerkstätten befanden. Vor allem im Zuge des massenhaften Einsatzes der Zwangsarbeit von KZ-Häftlingen in der Rüstungsindustrie ab 1942 entstanden mehr als 100 Außenlager und Außenkommandos des KZ Sachsenhausen in der Nähe der [[Rüstungsbetrieb]]e und bei Berliner Industriebetrieben wie [[Siemens]], [[DEMAG]]-Panzer, [[Henschel]] Berlin, [[Daimler-Benz]], [[IG Farben]] und [[AEG]]. Mit dem Wort Außenkommando sind dabei Gruppen oder Kolonnen von Häftlingen gemeint, die vom Lager aus zu einer Fabrik oder einem sonstigen Arbeitseinsatz marschiren müssen. Das geschah oft über Wochen und Monate. Die Zusammensetzung der Gruppe hing vom Arbeitsanfall und der körperlichen Verfassung der Gefangenen ab. Krankheit oder Arbeitsunfall kam oft einem Todesurteil gleich, weil Arbeitsunfähige in Sammeltransporten immer wieder "nach Auschwitz" weggeschafft wurden.<br />
<br />
Außenlager sind dagegen neue KZ´s, die in unterschiedlicher Größe vom Stammlager aus mit verwaltet wurden. Auch sie dienten überwiegend der "Lieferung" von Häftlingen an Produktionsbetriebe. Zum Teil fand die Unterbringung direkt auf dem Fabrikgelände statt, zum Teil marschierten von einem Außenlager sternförmig die Häftlingskolonnen zu verschiedenen Fabriken in der Umgebung.<br />
<br />
Von März [[1936]] bis Mai [[1936]] wurden die [[Ernst Heinkel Flugzeugwerke|Heinkelwerke]] in [[Leegebruch]] errichtet, da das Stammwerk in [[Marienehe|Rostock-Marienehe]] ausgelastet war. In diesem Werk bestand ebenfalls ein Außenlager, in dem bis zu 5.000 Häftlinge aus dem KZ Sachsenhausen arbeiten mussten. Im [[Klinker]]werk, einem Großziegelwerk mit eigenem Hafen an der [[Lehnitz]]schleuse, wurden Ziegel für [[Albert Speer|Albert Speers]] Großbauvorhaben in Berlin produziert. Am [[22. April]] [[1945]] wurden etwa 3.000 Kranke, Ärzte und Pfleger, die im Lager nach der Evakuierung zurückgelassen wurden, von russischen und polnischen Einheiten der Roten Armee befreit. In den folgenden Wochen starben noch mindestens 300 ehemalige Häftlinge an den Folgen der KZ-Haft. Sie wurden in sechs Massengräbern an der Lagermauer im Bereich des Krankenreviers bestattet.<br />
<br />
=== Geistliche im KZ Sachsenhausen ===<br />
Unter den inhaftierten politischen Gefangenen befanden sich auch circa 700 Geistliche, darunter mehr als 600 polnische Geistliche. <br />
<br />
Bis 1941 waren im Zellenbau in Sachsenhausen 230 Geistliche inhaftiert, darunter [[Martin Niemöller]] von März 1938 bis 1941 als 'persönlicher Gefangener' Hitlers bis zu seiner Überführung ins [[KZ Dachau]], sowie von Dezember 1939 bis August 1940 der [[Jesuiten]]pater [[Rupert Mayer]]. Weitere bekannte Inhaftierte waren [[Kazimierz Majdański]], der spätere Bischof von Szczecin-Kamien und der Selige [[Karl Leisner]].<br />
<br />
=== Todesmarsch ===<br />
[[Bild:Sachsenhausen32.jpg|thumb|left|Noch erhaltene Zaun-Anlagen (2001)]]<br />
Die Räumung des KZ Sachsenhausen durch die SS begann in den Morgenstunden des [[21. April]] [[1945]]. 33.000 der noch verbliebenen 36.000 Häftlinge wurden in Gruppen von 500 Häftlingen nach Nordwesten in Marsch gesetzt. <br />
[[Bild:Nassenheide-6_WT2005.jpg|thumb|Gedenktafel im Ortsteil Nassenheide von [[Löwenberger Land]]]]<br />
Nur die ersten Kolonnen erhielten einige Lebensmittel. Viele Häftlinge, die am Tag zwischen 20 und 40 Kilometer marschieren mussten, starben bei nasskaltem Wetter an Entkräftung oder wurden von der SS erschossen. Mitarbeiter des [[Internationales Komitee vom Roten Kreuz|Internationalen Komitees vom Roten Kreuz]] verteilten auf den Märschen Lebensmittel-Pakete an die Häftlinge und retteten somit viele vor dem Hungertod. Trotzdem starben auf den Todesmärschen nach der Evakuierung des Lagers im April 1945 noch einmal Tausende von Häftlingen. <br />
<br />
Im [[Grabow-Below|Belower Wald]] nördlich von [[Wittstock/Dosse|Wittstock]] wurden ab dem [[23. April]] [[1945]] in einem großen Lager mehr als 16.000 Häftlinge zusammengezogen. Für die auf dem bisherigen Marsch Umgekommenen ist hier eine Gedenkstätte errichtet worden. Ab dem 29. April wurde das Waldlager aufgelöst, und die Häftlinge erreichten auf unterschiedlichen Wegen den Raum zwischen [[Parchim]] und [[Schwerin]], wo sie, inzwischen von ihren SS-Bewachern verlassen, auf Einheiten der Roten Armee und der US Army trafen. <br />
<br />
Die befreiten Häftlinge wurden mit Gefangenen aus dem Frauen-[[KZ Ravensbrück]] und dem Außenlager Wöbbelin des KZ Neuengamme in zwei Kasernen in Schwerin untergebracht. Im Mai konnten die meisten westeuropäischen Häftlinge in ihre Heimatländer zurückkehren, während Häftlinge aus Osteuropa nicht selten zunächst eine Überprüfung in Repatriierungslagern über sich ergehen lassen mussten.<br />
<br />
=== Personen ===<br />
==== Lagerkommandanten ====<br />
*[[Hermann Schrader]]<br />
*[[Karl Otto Koch]]<br />
*[[Hermann Baranowski]] ("Vierkant")<br />
*[[Walter Eisfeld]]<br />
*[[Hans Loritz]]<br />
*[[Anton Kaindl (Kommandant)|Anton Kaindl]] (7. und letzter Lagerkommandant)<br />
<br />
==== Bekannte Internierte ====<br />
* [[Julius Adler]], KPD-Reichstagsabgeordneter<br />
* [[Ernst Angel]], Dichter, Schriftsteller, Filmschaffender, Psychologe<br />
* [[Randolph von Breidbach-Bürresheim]], Jurist und Mitglied deutschen Widerstandes vom [[20. Juli 1944]]<br />
* [[Adolf Burger]], Buchdrucker und Autor des Buches "Des Teufels Werkstatt"<br />
* [[Francisco Largo Caballero]], spanischer Politiker, Ministerpräsidenten und Kriegsminister<br />
* [[August Dickmann]], Zeuge Jehovas und erster Kriegsdienstverweigerer, der zu Beginn des Zweiten Weltkriegs hingerichtet wurde<br />
* [[Hans von Dohnanyi]], deutscher Jurist und Widerstandskämpfer<br />
* [[Willi Heidenreich]], Kopf der Widerstandsgruppe "Heidenreich", Förster in [[Tharandt]]<br />
* [[Wilhelm Kohlen]], SPD-Landrat [[Kreis Aachen]],<br />
* [[Fritz Lewerentz]], SPD-Landtagsabgeordneter in Preußen<br />
* [[Martin Luther (Nationalsozialismus)|Martin Luther]], ehemaliger Unterstaatssekretär des [[Auswärtigen Amtes]], Teilnehmer der [[Wannseekonferenz]]<br />
* [[Rupert Mayer]], Jesuitenpater<br />
* [[Martin Niemöller]], evangelischer Geistlicher<br />
* [[Arnulf Øverland]], norwegischer Dichter (trotz Bitten von Sven Hedin nicht freigelassen)<br />
* [[Michael Schnabrich]], SPD-Reichstagsabgeordneter<br />
* [[Ernst Schneller]], Lehrer und KPD-Reichstagsabgeordneter<br />
* [[Didrik Arup Seip]], Osloer Philologieprofessor und Universitätsdirektor (auf Bitten von [[Sven Hedin]] zur Jahreswende 1942/1943 freigelassen) <br />
* [[Friedrich Weißler]], Jurist, Mitglied der Bekennenden Kirche, Chef der Kanzlei der 2. Vorläufigen Kirchenleitung<br />
* [[Bernhard Wicki]], Regisseur (u.a. [[Die Brücke (1959)]])<br />
<br />
=== Inspektion der Konzentrationslager ===<br />
Als Modell- und Schulungslager der SS und Konzentrationslager in unmittelbarer Nähe der Reichshauptstadt nahm Sachsenhausen eine Sonderstellung im System der nationalsozialistischen Konzentrationslager ein. Diese wurde unterstrichen, als 1938 die [[Inspektion der Konzentrationslager]], die Verwaltungszentrale für alle Konzentrationslager im deutschen Machtbereich, von Berlin nach Oranienburg verlegt wurde. Die Inspektion der Konzentrationslager und die Führung der SS-Totenkopfverbände zogen im August 1938 in ein großes Stabsgebäude südlich des KZ Sachsenhausen, das wegen seiner charakteristischen dreiflügeligen Form "T-Gebäude" genannt wird. Die Inspektion war für die Lebensbedingungen der Häftlinge im Lager verantwortlich. Sie legte grundsätzlich und in Einzelfällen fest, in welches Lager die Häftlinge kamen, welche Zwangsarbeit sie zu leisten hatten und welche Hungerration sie erhielten.<br />
<br />
== 1945–1950: Sowjetisches Speziallager ==<br />
[[Bild:Sachsenhausen36.JPG|thumb|Warnschilder vor dem Todes-Streifen (2001)]]<br />
Seit August 1945 kam es zu einer neuen Nutzung des ehemaligen Schutzhaftlagers. Sie begann mit der Verlegung von 150 Häftlingen des sowjetischen [[Speziallager]]s Nr. 7 aus Weesow bei [[Werneuchen]]. Außer Krematorium und Vernichtungsanlage wurden fast alle Lagergebäude, vor allem die Holzbaracken, das Lagergefängnis und die Wirtschaftsgebäude, wieder in Betrieb genommen. Gegen Ende 1945 war das Lager wieder voll belegt (12.000 Personen). Im folgenden Jahr waren zeitweise bis zu 16.000 Menschen ohne Rechtsgrundlage und unter menschenverachtenden Bedingungen im Lager eingesperrt. Etwa 2.000 weibliche Häftlinge lebten in einem gesonderten Bereich des Lagers.<br />
<br />
Das als "Zone I" bezeichnete ehemalige Schutzhaftlager war für internierte deutsche Zivilisten ohne rechtskräftige Verurteilung vorgesehen. In dem "Zone II" genannten ehemaligen Sonderlager für alliierte Kriegsgefangene befanden sich zunächst Sowjetbürger, die auf ihre Rückführung in die Sowjetunion warteten. Das Lager war kein Arbeitslager. Die Häftlinge litten unter der erzwungenen Untätigkeit, unter ständigem Hunger, Kälte, Ungeziefer und medizinisch nicht behandelten Folgeerkrankungen. Sie starben zu Tausenden und wurden in Massengräber geworfen und verscharrt. Von den in den Jahren 1945 bis 1950 etwa 60.000 Inhaftierten starben etwa 12.000 Häftlinge an Unterernährung, Krankheiten, psychischer und physischer Entkräftung <ref> Peter Reif-Spirek, Bodo Ritscher ''Speziallager in der SBZ. Gedenkstätten mit "doppelter Vergangenheit"'', Ch. Links Verlag, Berlin, ISBN 3861531933 </ref>, darunter auch der Schauspieler [[Heinrich George]]. Ab 1948 waren Brettspiele, Sport sowie zeitweise Zeitungen und die Übertragung von Radiosendungen erlaubt. Das Speziallager war von der Außenwelt fast völlig isoliert. Angehörige wurden nicht über den Verbleib und das Schicksal der Festgehaltenen informiert. Nach Ende der [[Entnazifizierung]] in der [[Sowjetische Besatzungszone|Sowjetischen Besatzungszone]] wurden im Sommer [[1948]] etwa 5.000 Häftlinge aus dem Speziallager Nr. 7 entlassen. Die Inhaftierten waren Mitglieder der NSDAP, Sozialdemokraten, viele Jugendliche sowie willkürlich Denunzierte und politisch Missliebige, von denen Opposition gegen das sozialistisch-kommunistische Gesellschaftssystem erwartet wurde.<br />
<br />
Ab 1948 war Sachsenhausen als Speziallager Nr. 1 das größte von drei Speziallagern in der sowjetischen Besatzungszone. Außerdem war es ab dann zentrales Lager für verurteilte Frauen mit einer geringen Haftstrafe, was 15 Jahre und weniger beinhaltete. Im Frühjahr 1950 wurden die letzten Lager aufgelöst, aus dem Speziallager Nr. 1 wurden ca. 8.000 Häftlinge entlassen, eine kleinere Gruppe in die Sowjetunion transportiert. 5.500 Häftlinge überstellte der [[NKWD|sowjetische Geheimdienst]] an die Behörden der DDR. Unter ihnen befanden sich 1.119 Frauen und ca. 30 der im Lager geborenen Kinder, die in die DDR Frauenstrafanstalt Hoheneck/Stollberg verlegt wurden <ref> Alex Latotzky: Kindheit hinter Stacheldraht, Mütter mit Kindern in sowjetischen Speziallagern, Forum Verlag Leipzig, 2001, ISBN 3-931801-26-8 </ref>. Das Unrecht der Weiternutzung der nationalsozialistischen Konzentrationslager durch die sowjetische Besatzungsmacht und das damit verbundene erneute qualvolle Sterben Tausender Menschen wurde durch das SED-Regime verschwiegen oder verharmlost. Einige Überlebende wurden noch viele Jahre in DDR-Zuchthäusern wie [[Waldheim]] und [[Bautzen]] festgehalten. Mit dem Betreiben von Speziallagern durch die sowjetische Besatzungsmacht hatte sich das Prinzip des [[Gulag]]-Lagersystems der [[Sowjetunion]] auf dem Boden des besetzten Nachkriegsdeutschlands manifestiert.<br />
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== 1961–1990: Nationale Mahn- und Gedenkstätte ==<br />
[[Bild:Buchenwald Spendenmarke.gif|thumb|Spendenmarke]]<br />
Nach der jahrelangen Nutzung des Geländes durch die sowjetische Armee, die Kasernierte Volkspolizei und die [[Nationale Volksarmee]] der DDR begannen 1956 die Planungen für die Nationale Mahn- und Gedenkstätte, die am [[22. April]] [[1961]] eingeweiht wurde. <br />
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Sie beschränkte sich auf den Bereich des ehemaligen Häftlingslagers und umfasste lediglich etwa 5 % der Fläche des ehemaligen Konzentrationslagers. Lediglich die "Station Z" sowie der Erschießungsgraben, ursprünglich Teil des Industriehofes, wurden durch Versetzung der Lagermauer in die Gedenkstätte integriert. Um den Appellplatz wurde eine Ringmauer aus kreuzförmigen Betonelementen angelegt, in der die Giebel des ersten Barackenringes angedeutet sind. <br />
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1976 wurden 200 einheitliche Tafeln an den vier Hauptstrecken des Todesmarsches zwischen Oranienburg und Raben-Steinfeld aufgestellt.<br />
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== Ab 1993: Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen ==<br />
[[Bild:Zerstörtes_Dach_Baracke_38.JPG|thumb|left|Zerstörtes Dach der Baracke 38]]<br />
Am [[26. September]] [[1992]] setzten [[Neonazi]]s die Baracke 38 in der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Sachsenhausen in Brand. Das Gebäude, in dem ein "Museum für die Leiden der jüdischen Kameraden" untergebracht war, wurde zerstört.<br />
[[Bild:Sachsenhausen_BIZ.jpg|thumb|Gedenkstätte, Eingang zum Besucherinformationszentrum]]<br />
Seit Januar [[1993]] sind die Gedenkstätte und das Museum Sachsenhausen Teil der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, einer gemeinsam von der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Brandenburg finanzierten Stiftung öffentlichen Rechts. Die Stiftung hat die Aufgabe an Terror, Krieg und Gewaltherrschaft zu erinnern. Sie soll mit lokalen Initiativen und Bildungsträgern zusammenarbeiten, Forschungen anregen, Kontakte in das In- und Ausland sowie zu anderen Gedenkstätten und wissenschaftlichen Einrichtungen knüpfen. Zur Stiftung gehören neben der Gedenkstätte Sachsenhausen die Mahn- und Gedenkstätte [[Ravensbrück]], das Museum des Todesmarsches im Belower Wald, sowie die Dokumentationsstelle Zuchthaus Brandenburg an der Havel. Als Außenstelle der Gedenkstätte ist das [[1981]] eingerichtete Museum des Todesmarsches im Belower Wald bei Wittstock angeschlossen. <br />
[[Bild:Museum_Speziallager_Nr.7.JPG|thumb|Eingang zum Museum des Speziallagers Nr.7/Nr.1]]<br />
Ende [[2001]] eröffnete die Gedenkstätte Sachsenhausen in einem Museumsneubau eine neue Dauerausstellung zur Geschichte des sowjetischen Speziallagers Nr. 7/Nr. 1 (1945 – 1950). Im Rahmen der kompletten Sanierung und Neugestaltung der Gedenkstätte Sachsenhausen erhielt der Ort des Gedenkens ein neues Gesicht. Die Sanierungsarbeiten wurden zu den Feierlichkeiten anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung im April 2005 weitgehend abgeschlossen.<br />
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=== Sonderausstellung „BitterSüß“ ===<br />
[[Bild:Bittersuess_Plakat.jpg|thumb|left|Plakat zur Sonderausstellung]]<br />
Zum 60. Jahrestag der Errichtung des sowjetischen Speziallagers Nr.7/Nr.1 in Sachsenhausen wurde eine Sonderausstellung im neuen Museum eröffnet (12. August 2005 - 31. August 2006): ''BitterSüß, Geschichte(n) des Hungers: Zuckerdosen aus dem sowjetischen [[Speziallager]] Nr.7/Nr.1 Sachsenhausen 1945 - 1950''.<br />
[[Bild:Bittersuess_Ausstellung.jpg|thumb|Vitrine in der Sonderausstellung]]<br />
Bei Sanierungsarbeiten in der Gedenkstätte Sachsenhausen wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche kleine Aluminiumdosen geborgen. Erstmals widmet sich eine Ausstellung ausführlich diesen Alltagsgegenständen, die vielen Haftlingen des sowjetischen Speziallagers ab 1947 zur Aufbewahrung von Zucker- und Marmeladerationen dienten.<br />
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Sie dokumentieren zentrale Aspekte des Haftalltags im Speziallager: Mangelernährung und massenhaftes Verhungern, aber auch menschliche Isolation und erzwungene Untätigkeit. Einige Zuckerdosen tragen die eingravierten Namenszüge ihrer Besitzer. Die Ausstellung erzählt die Lebensgeschichten von 16 ehemaligen Häftlingen des Speziallagers, deren Dosen nach über 50 Jahren wieder ans Tageslicht gekommen sind. Die Biografien mit ihren unterschiedlichen historischen und politischen Hintergründen deuten die Heterogenität der Häftlingsgesellschaft an. Insgesamt hielt der sowjetische Geheimdienst in Sachsenhausen 60.000 Menschen gefangen: Internierte, Verurteilte durch SMT (Sowjetisches Militär-Tribunal), ehemalige deutsche Wehrmachtsoffiziere und Ausländer. Über 12.000 von ihnen starben. Die Verfahren vor den SMT waren nicht rechtsstaatlich strukturiert, sondern verliefen nach sowjetischem, [[Stalinismus|stalinistischem]] Rechtsverständnis, demzufolge es nicht auf Feststellung individueller Schuld ankam, sondern darauf, dass vor allem als Gegner des sowjetischen Systems Verdächtigte aus dem Verkehr gezogen werden sollten. Überdies wurde sowjetisches Recht rückwirkend angewandt. In den [[Schauprozess|Schnell-Verfahren]] von 15-20 Minuten Dauer waren 25 Jahre Zwangsarbeit die Regelstrafe. Verteidiger waren nicht zugelassen, ebenso keine Entlastungszeugen, und es gab keine Berufungsmöglichkeit. Eine Schuld musste nicht nachgewiesen werden, es genügte das Votum des Tribunals, um ins Lager eingewiesen, in die UdSSR deportiert oder sofort erschossen zu werden.<br />
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== Gedenkstein für inhaftierte Priester ==<br />
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Der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky hat 2006 auf dem Gelände des KZ Sachsenhausen einen Gedenkstein von den Berliner Bildhauern Stefan Sprenker und Thomas Reifferscheid für die über 700 inhaftierten katholischen Geistlichen aufstellen lassen. Auf dem Stein sind die Namen der 96 in Sachsenhausen gestorbenen Geistlichen verzeichnet, die aus mehreren Ländern Europas stammen. Es gibt ebenso seit 2006 eine Gedenkstele für die evangelischen Häftlinge in Sachsenhausen.<br />
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== Quellen ==<br />
<references/><br />
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== Literatur ==<br />
<br />
* Harry Naujoks, Martha Naujoks (Hg.): ''Mein Leben im KZ Sachsenhausen: 1936–42. Erinnerungen des ehemaligen Lagerältesten''. Pahl-Rugenstein Nachf., 1989, ISBN 3891443218<br />
* Günter Morsch: ''Von der Erinnerung zum Monument. Die Entstehungsgeschichte der nationalen Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen''. Edition Hentrich, Berlin 2001, ISBN 3894681853<br />
* Günter Morsch, Alfred Reckendrees (Hrsg.): ''Befreiung des KZ Sachsenhausen 1945''. Edition Hentrich, Berlin. 1996, ISBN 3894682132<br />
* Günter Morsch: ''Mord und Massenmord im Konzentrationslager Sachsenhausen''. Metropol, 2005, ISBN 393641193X<br />
* Günter Morsch / Susanne zur Nieden (Hrsg.), ''Jüdische Häftlinge im Konzentrationslager Sachsenhausen 1936 bis 1945''.'' Edition Hentrich, Berlin 2004, ISBN 3-89468-263-9<br />
* Bundeszentrale für politische Bildung: ''Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus: Eine Dokumentation''. Berlin 1999<br />
* Sepp Hahn, Helle Carola Gaertner-Scholle: ''Außenstelle Heinkelwerk''. Verlag Neues Leben, Berlin 1963<br />
* Inge Lammel, Günter Morsch: ''Sachsenhausen-Liederbuch''. Edition Hentrich, Berlin. 2000, ISBN 3894681624<br />
* Erika Riemann: ''Die Schleife in Stalins Bart: Ein Mädchenstreich, acht Jahre Haft und die Zeit danach''. Piper, 2004, ISBN 3492240933 (Persönliche Geschichte über den Aufenthalt im sowj. Straflager 1946 bis 1954)<br />
* Stephan Jegielka: ''Das KZ-Außenlager Genshagen. Struktur und Wahrnehmung der Zwangsarbeit in einem Rüstungsbetrieb 1944/45''. Tectum, Struktur, Marburg 2005, ISBN 382888895X (Studie über ein Außenlager des KZ Sachsenhausen)<br />
* ''Gegen das Vergessen: Häftlingsalltag im KZ-Sachsenhausen 1936-1945''. CD-ROM, Oranienburg/München 2002/2003, ISBN 3-8032-1610-9 (auch über Bundeszentrale für politische Bildung erhältlich) <br />
* Günter Morsch, Ines Reich (Hrsg.): ''Sowjetisches Speziallager Nr. 7/Nr.1 in Sachsenhausen (1945-1950)''. Katalog der Ausstellung in der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, Berlin 2005, ISBN 3938690135<br />
* [[Jan von Flocken]], Michael Klonovsky: ''Stalins Lager in Deutschland 1945-1950: Dokumentation Zeugenberichte''. Ullstein, Berlin 1991, ISBN 3550074883<br />
* [[Adolf Burger]]: ''Des Teufels Werkstatt: Die Geldfälscherwerkstatt im KZ Sachsenhausen''. Hentrich & Hentrich, 2004, ISBN 3-9334-7180-X<br />
*Gerhard Finn: ''Die politischen Häftlinge in der Sowjetzone''. Berlin 1958<br />
*Gerhard Finn: ''Sachsenhausen 1936-1950: Geschichte eines Lagers''. Westkreuz-Verlag, Berlin/Bonn 1988, ISBN 3922131603<br />
*Karl Wilhelm Fricke: ''Politik und Justiz in der DDR''. Köln 1979<br />
*Alex Latotzky: Kindheit hinter Stacheldraht, Mütter mit Kindern in sowjetischen Speziallagern, Forum Verlag Leipzig, 2001, ISBN 3-931801-26-8 (Der Autor war als Kind u.a. im sowj. Speziallager Sachsenhausen)<br />
* Wolfgang Benz & Barbara Distel (Hg): ''Der Ort des Terrors. Sachsenhausen, Buchenwald'' München: Beck, 2006 (Reihe, Band 3) ISBN 978-3-406-52963-4 ISBN 3406529631<br />
* Wolfgang Benz & Barbara Distel (Hg): [http://www.dachauer-hefte.de/ ''Dachauer Hefte.] Studien und Dokumente zur Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager.''<br />
* Hermann Kaienburg: ''Der Militär- und Wirtschaftskomplex der SS im KZ-Standort Sachsenhausen-Oranienburg''. Metropol Verlag, Schriftenreihe der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Bd. 16, Berlin 2006, 428 Seiten<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Internationales Sachsenhausen-Komitee]]<br />
* [[Liste der Außenlager des KZ Sachsenhausen]]<br />
<br />
* [[Aktion Bernhard]] (auch Unternehmen Bernhard; eine Geldfälschungsaktion des Sicherheitsdienstes im Reichssicherheitshauptamt-RSHA)<br />
<br />
*[[Liste der Konzentrationslager|Liste der Konzentrationslager im Dritten Reich]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
<br />
*[http://www.stiftung-bg.de/gums/de/index.htm Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten]<br />
*[http://home.snafu.de/etz/sachsenhausen/ Die Männer mit dem Rosa Winkel - Homosexuelle im Konzentrationslager Sachsenhausen]<br />
*[http://speziallager.thomas-ney.com/ Geschichte des Speziallagers Sachsenhausen nach dem 2. Weltkrieg]<br />
*[http://www.uokg.de/Text2/Mit-Sachs03.htm Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft UOKG]<br />
*Berliner Zeitung: [http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2006/0826/lokales/0055/index.html ''Das Album des KZ-Kommandanten], 26. August 2006<br />
* [http://www.stiftung-bg.de/Aussenlager/seiten/index.html Das "Netzwerk Außenlager" der Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen]<br />
<br />
{{Lesenswert}}<br />
{{Koordinate Artikel|52_45_57_N_13_15_51_E_type:landmark_region:DE-BR|52° 45′ 57" n. Br., 13° 15′ 51" ö. L.}}<br />
<br />
<br />
[[Kategorie:KZ-Stammlager|Sachsenhausen]]<br />
[[Kategorie:Brandenburgische Geschichte]]<br />
[[Kategorie:Oranienburg]]<br />
<br />
[[ca:Sachsenhausen]]<br />
[[en:Sachsenhausen concentration camp]]<br />
[[es:Campo de concentración Sachsenhausen]]<br />
[[fr:Sachsenhausen]]<br />
[[he:זקסנהאוזן]]<br />
[[it:Campo di concentramento di Sachsenhausen (Oranienburg)]]<br />
[[nl:Sachsenhausen]]<br />
[[no:Sachsenhausen (konsentrasjonsleir)]]<br />
[[pl:Sachsenhausen]]<br />
[[sv:Sachsenhausen]]<br />
[[pt:Português]]</div>200.202.200.2