https://de.wikipedia.org/w/api.php?action=feedcontributions&feedformat=atom&user=199.231.188.244 Wikipedia - Benutzerbeiträge [de] 2025-05-09T11:51:38Z Benutzerbeiträge MediaWiki 1.44.0-wmf.28 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hauptverwaltung_A&diff=146651554 Hauptverwaltung A 2015-10-03T18:03:34Z <p>199.231.188.244: Änderung 146651519 von Tohma rückgängig gemacht;</p> <hr /> <div>[[Datei:Emblema Stasi.svg|mini|Wappen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR]]<br /> <br /> Die '''Hauptverwaltung Aufklärung''' ('''HVA''', [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]]-intern '''''HV&amp;nbsp;A''''') war der [[Nachrichtendienst|Auslandsnachrichtendienst]] der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] und gehörte zum [[Ministerium für Staatssicherheit]]. Durch die Auflösung des MfS 1990 und die anschließende Offenlegung seiner Arbeitsweise wurde die HVA zum Gegenstand eines breiten [[Öffentlichkeit|öffentlichen]] Interesses und intensiver [[Forschung]] (seit 1991 in Verantwortung des [[Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen|Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen]]). Das Ende der HVA und damit das Bekanntwerden der Strukturen, Methoden und Mitarbeiter eines Nachrichtendienstes stellt einen bislang einmaligen Sonderfall in der deutschen Geschichte dar.<br /> <br /> == Auftrag ==<br /> === Schwerpunkte ===<br /> Die Hauptaufgabe der HVA war die ''Auslandsaufklärung'' ([[Spionage]]), darunter die politische, Militär-, Wirtschafts- und Technologiespionage. Daneben zählten Aktionen gegen westliche Nachrichtendienste ([[Spionageabwehr#Gegenspionage|Gegenspionage]] mittels ''Eindringen'' in deren Strukturen), [[Sabotage]]vorbereitung und die ''[[Aktive Maßnahmen|Aktiven Maßnahmen]]'' (z.&amp;nbsp;B. Platzierung von Artikeln in West-Zeitungen, u.&amp;nbsp;a. durch Aktivisten der Friedensbewegung)&lt;!--&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,105939,00.html Der Spiegel Nr.49/2000]XXXX in diesem ref kann ich nichts als Beleg für Aktive Maßnahmen finden. Allein der Beitrag auf S. 111 stellt einen Bezug zur HVA her [http://www.spiegel.de/spiegel/print/index-2000-49.html ''Inhaltsverzeichnis'']&lt;/ref&gt; --&gt; im ''Operationsgebiet'' [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] und [[West-Berlin]] sowie einigen weiteren Ländern zu den Aufgaben der HVA.<br /> <br /> Bekannt geworden ist in der Öffentlichkeit die ''Methode Romeo'' der DDR-Auslandsaufklärung HVA. Die Aufgabe der ''Romeos'' oder ''[[Romeo (Agent)|Romeoagenten]]'' bestand seit den frühen 1960er Jahren darin, Sekretärinnen von westdeutschen Politikern durch Vortäuschung von Liebe für sich zu gewinnen (Stasi-Jargon „intim betreut“), emotional abhängig zu machen oder sogar „gezielt nachrichtendienstlich“ zum Schein zu heiraten. Die oft ledigen und einsamen Frauen, die zuvor von ostdeutschen Experten ausgesucht wurden, gaben ohne Wissen des eigentlichen Auftraggebers geheime Dokumente ihres Arbeitsbereiches an ihre Liebhaber weiter. Im Jargon der Stasi wurde der Begriff „Ficken fürs Vaterland“ zu einem geflügelten Wort für diese Einsätze (siehe auch [[Heiratsbetrug]]).&lt;ref&gt;[http://www.welt.de/print-welt/article592141/Der_Spion_der_nicht_liebte.html] [[Udo Scheer]]: ''Der Spion, der nicht liebte.'' In: [[Die Welt]] vom 27. November 1999&lt;/ref&gt; Teilweise wurde den Frauen die Herkunft ihrer Partner aus anderen Staaten als der DDR [[Falsche Flagge|unter falscher Flagge]] vorgetäuscht.<br /> <br /> Seit Beginn der 1980er Jahre gewann die Militärspionage der Weltsysteme zunehmend an Bedeutung. Die [[Sowjetunion]], die [[SED]]-Führung und der Minister für Staatssicherheit [[Erich Mielke]] erwarteten von der HVA angesichts des [[Kalter Krieg|Kalten Krieges]] zwischen den [[Supermacht|Supermächten]] wesentliche Informationen zur Früherkennung von Kriegsvorbereitungen.<br /> <br /> === Zusammenarbeit mit dem KGB ===<br /> Die Hauptverwaltung Aufklärung lieferte den ''Bruderdiensten'' im [[Ostblock]] – vor allem dem [[KGB]] – den Löwenanteil des Informationsaufkommens aus der [[Bundesrepublik Deutschland]], einem wichtigen [[Europa|europäischen]] [[NATO]]-Mitglied. Der KGB hatte seinen DDR-Hauptsitz in [[Berlin-Karlshorst]], der sowjetische Militärgeheimdienst [[Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije|GRU]] in [[Potsdam-Babelsberg]], darüber hinaus gab es Verbindungsleute zu jeder Bezirksverwaltung. Hinzu kamen Spionageerfolge aus dem NATO-Hauptquartier in [[Brüssel]] und einigen [[Westeuropa|westeuropäischen]] Staaten, etwa aus [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]]. In den [[Vereinigte Staaten|USA]] hingegen konnte die HVA nie wirklich Fuß fassen, dort agierte fast nur der KGB. (Die bedeutsamen Erkenntnisse der DDR-Aufklärung etwa zur [[National Security Agency|NSA]] stammten von deren West-Berliner Personal.)<br /> <br /> == Organisation ==<br /> === Abteilungen ===<br /> 1989 hatte die HVA 21 ''Abteilungen'' und fünf ''Arbeitsgruppen'' (AG). Daneben gab es den ''Stab der HVA'' sowie den für die Technologiespionage zuständigen ''Sektor Wissenschaft und Technik'' (SWT) als abteilungsübergreifende Struktur.<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable&quot;<br /> |- valign=&quot;top&quot; class=&quot;hintergrundfarbe6&quot;<br /> !Abteilung || Auftrag || Leiter || Mitarbeiter&lt;br /&gt;(ca.) || Unterstellung<br /> |-<br /> |A I<br /> |BRD-Staatsapparat<br /> |[[Oberst]] [[Bernd Fischer (Oberst)|Bernd Fischer]]<br /> |align=center|100<br /> |[[Ralf-Peter Devaux]]<br /> |-<br /> |A II<br /> |Parteien u. Organisationen der BRD<br /> |Oberst [[Kurt Gailat]]<br /> |align=center|{{0}}70<br /> |Ralf-Peter Devaux<br /> |-<br /> |A III<br /> |[[Residentur|Legalresidenturen]] in „dritten Ländern“ (d.h. außer BRD)<br /> |Oberst [[Horst Machts]]<br /> |align=center|{{0}}70<br /> |Prosetzky<br /> |-<br /> |A IV<br /> |Militärspionage in der BRD<br /> |Oberst [[Siegfried Milke]]<br /> |align=center|100<br /> |[[Heinrich Tauchert]]<br /> |-<br /> |A V (SWT)<br /> |Auswertung für den SWT<br /> |Oberst [[Harry Herrmann]]<br /> |align=center|{{0}}80<br /> |[[Horst Vogel]]<br /> |-<br /> |A VI<br /> |Operativer Reiseverkehr<br /> |Oberst [[Helmut Reinhold]]<br /> |align=center|210<br /> |Geyer<br /> |-<br /> |A VII<br /> |Auswertung und Information<br /> |Oberst [[Werner Bierbaum]]<br /> |align=center|110<br /> |[[Werner Großmann]]<br /> |-<br /> |A VIII<br /> |Operative Technik, Funk<br /> |Oberst [[Werner Degenhardt]]<br /> |align=center|220<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |A IX<br /> |[[Spionageabwehr#Gegenspionage|Gegenspionage]] im In- und Ausland und feindliche [[Nachrichtendienst|Dienste]] in der BRD<br /> |[[Generalmajor]] [[Harry Schütt]]<br /> |align=center|190<br /> |[[Werner Großmann]]<br /> |-<br /> |A X<br /> |''Aktive Maßnahmen'' ([[Desinformation]]) in der BRD/West-Berlin<br /> |Oberst [[Rolf Wagenbreth]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Großmann<br /> |-<br /> |A XI<br /> |[[Nordamerika]], [[USA|US]]-Einrichtungen in der BRD<br /> |Oberst [[Jürgen Rogalla]]<br /> |align=center|{{0}}70<br /> |Heinrich Tauchert<br /> |-<br /> |A XII<br /> |[[NATO]] und [[Europäische Gemeinschaft|EG]]<br /> |Oberst [[Klaus Rösler]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Heinrich Tauchert<br /> |-<br /> |A XIII (SWT)<br /> |Grundlagenforschung<br /> |Oberst [[Siegfried Jesse]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |A XIV (SWT)<br /> |Elektronik, Optik, EDV<br /> |Oberst [[Horst Müller (Oberst)|Horst Müller]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |A XV (SWT)<br /> |Wehrtechnik, Maschinenbau&lt;br /&gt;Referat 5, Stellv. Ltr. [[Matthias Warnig]]<br /> |Oberst [[Günter Ebert (Oberst)|Günter Ebert]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |A XVI<br /> |Nutzung legaler Beziehungen, Koordinierung HVA-Firmen<br /> |Oberst [[Rudolf Genschow]]<br /> |align=center|{{0}}40<br /> |Ralf-Peter Devaux<br /> |-<br /> |A XVII<br /> |Grenzschleusungen<br /> |Oberst [[Werner Wulke]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Geyer<br /> |-<br /> |A XVIII<br /> |Sabotagevorbereitung<br /> |Oberst [[Gotthold Schramm]]<br /> |align=center|110<br /> |Ralf-Peter Devaux<br /> |-<br /> |A XIX<br /> |Schulung, Betreuung<br /> |Oberst [[Harry Mittenzwei]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Prosetzky<br /> |-<br /> |A XX<br /> |EDV, Rechenzentrum<br /> |Oberst [[Peter Feuchtenberger]]<br /> |align=center|120<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |A XXI<br /> |Rückwärtige Dienste, Verwaltung, Kasse<br /> |Oberst [[Tilo Kretzschmar]]<br /> |align=center|110<br /> |Geyer<br /> |-<br /> |AG S (Sicherheit)<br /> |Innere Sicherheit der HVA<br /> |Oberst [[Eberhard Kopprasch]]<br /> |align=center|{{0}}20<br /> |Großmann<br /> |-<br /> |AG XV/BV<br /> |Anleitung der ''Abt. XV'' der [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]]-Bezirksverwaltungen<br /> |Oberst [[Manfred Ebert]]<br /> |align=center|{{0}}10<br /> |Geyer<br /> |-<br /> |AG 1/SWT<br /> |[[Residentur]]kräfte SWT<br /> |Oberst [[Gerhard Jauck]]<br /> |align=center|{{0}}20<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |AG 3/SWT<br /> |''Operative Beschaffung'' von Rüstungsgütern<br /> |Oberst [[Erich Gaida]]<br /> |align=&quot;center&quot;|20<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |AG 5/SWT<br /> |Nutzung offizieller Kontakte<br /> |Oberst [[Christian Streubel]]<br /> |align=center|{{0}}20<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |Stab der HVA<br /> |Koordinierung, Grundsatz-/Führungsdokumente<br /> |Generalmajor [[Heinz Geyer]]<br /> |align=center|{{0}}20<br /> |(Geyer)<br /> |}<br /> <br /> &lt;u&gt;Anmerkungen:&lt;/u&gt;<br /> * Bis 1988 hieß die Abt. A XVI ''Bereich K'' oder ''Koordinierungsstelle'' (KOST), die Abt. A XVII hieß ''AG Grenze'' (AG G). Die Abt. A XVIII entstand 1987 aus Teilen der damaligen ''Abteilung IV'' des MfS.<br /> * Den in [[Römische Ziffer|römischen Ziffern]] geschriebenen Abteilungsnummern wurde ein '''A''' (oder '''HV A''') vorangestellt, um Verwechslungen mit den übrigen Abteilungen der Staatssicherheit zu vermeiden. So existierten beispielsweise gleichzeitig die ''Abt. XII'' des MfS (Archiv) und die ''Abt. A XII'' der HVA (NATO/[[Europäische Gemeinschaft|EG]]).<br /> * Nachdem etwa 1974 die ''HV B'' (Bewirtschaftung) des MfS in ''Verwaltung Rückwärtige Dienste'' umbenannt wurde, war die HVA die einzige ''Hauptverwaltung''.<br /> <br /> === Leitung 1952–1989 ===<br /> Die Abteilungen VII, IX, X und AG S waren direkt dem Leiter der HVA unterstellt (Zuordnung der HVA-Abteilungen siehe Tabelle). Der Leiter der HVA war gleichzeitig Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit. Er hatte fünf Stellvertreter.<br /> <br /> Leiter der HVA von 1951 bis 1952 war [[Anton Ackermann]], von 1952 bis 1986 (über 34 Jahre) [[Markus Wolf]], Stellvertreter [[Erich Mielke]]s.<br /> <br /> [[Werner Großmann]] führte die HVA von 1986 bis 1989 mit [[Horst Vogel]] als 1.&amp;nbsp;Stellvertreter, [[Heinz Geyer]] als Leiter des Stabs, [[Heinrich Tauchert]], [[Werner Prosetzky]] sowie [[Ralf-Peter Devaux]] als weiteren Stellvertretern.<br /> <br /> == Rekrutierung und Ausbildung ==<br /> === Schule der HVA ===<br /> Die als ''Zentralschule der [[Gesellschaft für Sport und Technik]] [[Etkar André]]''“ [[Legende (Geheimdienst)|legendierte]] ''Schule der HVA'' war anfangs in [[Belzig]] ansässig. Sie wurde ab 1965 schrittweise in die [[Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit|Juristische Hochschule des MfS]] (JHS) in [[Golm (Potsdam)|Golm bei Potsdam]] einbezogen, zunächst im Rang einer Fachschule. Ab 1968 hieß sie ''Fachrichtung für Aufklärung der JHS'', später wurde sie umbenannt in ''Sektion A''. Ihr angeschlossen war die ''Fremdsprachenschule des MfS'' (Lehrbereich F). 1988 zog die Schule der HVA samt der Fremdsprachenschule (vorher in [[Schloss Dammsmühle|Dammsmühle]] bei [[Mühlenbecker Land|Mühlenbeck]]) an den [[Seddinsee]] nach [[Gosen-Neu Zittau|Gosen]] an der Berliner Stadtgrenze, ca. 3&amp;nbsp;km südlich von [[Erkner]]. Dort befand sich auch der Bunker der Ausweichführungsstelle der HVA.<br /> <br /> [[Datei:MfS Hauptverwaltung Aufklärung Gosen.jpg|mini|Kinosaal der MfS Hochschule der Hauptverwaltung Aufklärung in Gosen]]<br /> [[Datei:MfS Hauptverwaltung Aufklärung Gosen2.jpg|mini|Haus 3 MfS Hochschule der Hauptverwaltung Aufklärung in Gosen]]<br /> <br /> Die Schule der HVA hatte 1989 gut 300 Mitarbeiter und wurde von Oberst Bernd Kaufmann geleitet. Sie arbeitete eng mit der Abt. A&amp;nbsp;XIX zusammen und gliederte sich in drei ''Lehrbereiche'':<br /> <br /> * ''Lehrbereich A'' – Politisch-operative Ausbildung; Leiter: Oberst Helmut Eck. Vier Lehrstühle, unter anderem [[Marxismus-Leninismus|ML]]-Ausbildung, Politik und Geschichte<br /> * ''Lehrbereich B'' – ''Spezialdisziplin'' und Methodik der nachrichtendienstlichen Arbeit; Leiter: Oberst Horst Klugow. Fünf Lehrstühle, darunter [[Operative Psychologie]], [[Rechtswissenschaft|Recht]]/Sicherheit und Residenturarbeit<br /> * ''Lehrbereich F'' – Fremdspracheninstitut; Leiter: Oberst Manfred Fröhlich. Zuständig für die Sprachausbildung vor Auslandseinsätzen, ferner Dolmetschertätigkeiten.<br /> <br /> === Hauptamtliche Mitarbeiter ===<br /> Die Hauptverwaltung Aufklärung hatte 1989 über 3800 hauptamtliche Mitarbeiter. Darunter waren laut Stellenplan etwa 2.400 Berufsoffiziere und -unteroffiziere, 700 [[Inoffizieller Mitarbeiter|Hauptamtliche IM]], 670 [[OibE]] und 5&amp;nbsp;Zivilbeschäftigte. Während der HVA-Selbstauflösung stieg die Mitarbeiterzahl zeitweilig auf über 4200 an.<br /> <br /> Im Herbst 1989 hatten sieben Führungskräfte einen [[General]]srang: Ranghöchster Mitarbeiter war der Leiter der HVA [[Werner Großmann]] als Generaloberst; vier seiner Stellvertreter sowie [[Harry Schütt]] (Chef der Gegenspionage) und [[Otto Ledermann]] (Leiter der SED-Grundorganisation der HVA) waren Generalmajore.<br /> <br /> Die HVA-Mitarbeiter verstanden sich als [[Elite]] des MfS. Von ihnen wurden hoher persönlicher Einsatz, Flexibilität, Leistungsfähigkeit und, wie von allen MfS-Kadern, absolute [[Linientreue]] zur SED verlangt. Mitarbeiter anderer MfS-Abteilungen konnten nach hervorragenden Leistungen – quasi als Auszeichnung – bei Bedarf zur HVA versetzt werden, wenn sie entsprechend [[Qualifikation (Personalwesen)|qualifiziert]] waren, also zum Beispiel über einen [[Hochschule|Hochschulabschluss]], Fremdsprachenkenntnisse oder ähnliches verfügten. Umgekehrt wurden auch HVA-Kräfte bei mangelhaften Resultaten oder nach [[Intrige]]n zu anderen Diensteinheiten der Staatssicherheit versetzt, was als Degradierung verstanden wurde, es aber administrativ nicht war.<br /> <br /> === Inoffizielle und weitere Mitarbeiter ===<br /> Die hauptamtlichen HVA-Mitarbeiter führten eine bislang nicht exakt bekannte Anzahl Inoffizieller Mitarbeiter (IM). Dies waren in erster Linie DDR-[[Staatsbürger|Bürger]] mit Westreiseerlaubnis ([[Reisekader]], umgekehrt jedoch war nur ein Bruchteil der Reisekader als IM tätig), in der DDR lebende Angehörige von „operativ interessanten“ Zielpersonen im Westen, ''Kuriere'' und ''Instrukteure'', aber auch Tausende Einwohner der BRD und West-Berlins, teils an exponierten gesellschaftlichen Positionen.<br /> <br /> Die HVA hatte insbesondere Interesse an der Werbung westlicher Studenten, die auf Besuch in der DDR waren. Diese für Leitungsaufgaben und damit vertrauliche Informationen besonders prädestinierten geeigneten Jungakademiker wurden mit hohem personellen und finanziellen Aufwand über Jahrzehnte hinweg entwickelt, mit dem Ziel ihrer Platzierung in hohen staatlichen und wirtschaftlichen Funktionen, von denen aus sie Zugang zu geheimen Informationen bekamen.<br /> <br /> Berühmtes Beispiel einer solchen Werbungsoperation war [[Gabriele Gast]], die 1968 als Studentin verpflichtet wurde und bis zur [[Regierungsdirektor]]in im [[Bundesnachrichtendienst]] entwickelt wurde. Als Top-Quelle wurde sie von Markus Wolf persönlich geführt.<br /> <br /> Die eigentlichen Quellen der Spionageerkenntnisse im westlichen Ausland waren bei der HVA (bzw. vom MfS) nicht unbedingt als IM registriert. Vielfach wurden sie als ''Kontaktpersonen'' (KP) geführt, was wenig über den Grad der Zusammenarbeit mit dem DDR-Nachrichtendienst aussagt: Die Spanne reichte von der unwissentlichen [[Abschöpfung]] durch HVA-Kontaktleute im persönlichen Umfeld bis zur bewussten und gezielten Weitergabe von Material. Die Spione trafen sich mit ihren Führungsoffizieren und Instrukteuren sowohl in der DDR, wie auch in Ländern Ost- und Westeuropas, wobei damals neutrale Staaten wie Österreich, Schweiz oder Schweden bevorzugt wurden.<br /> <br /> Nach BStU-Angaben aus dem Jahr 2004 sollen 1989 etwa 1500 Bundesbürger sowie 10.000 DDR-Bürger für die HVA aktiv gewesen sein.<br /> <br /> == Zentrale ==<br /> [[Datei:HVA-Berlin.jpg|mini|Letzter Hauptsitz der HVA im Ministeriumskomplex Berlin-Lichtenberg&lt;ref&gt;Siehe bei [http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Hauptverwaltung_Aufkl%E4rung ddr-wissen.de], Zugriff am 25. August 2008.&lt;/ref&gt;]]<br /> <br /> Der HVA-Vorläufer APN residierte zu Beginn der 1950er Jahre zuerst in [[Berlin-Pankow]], dann am [[Rolandufer]] in [[Berlin-Mitte]].<br /> <br /> Der Dienstsitz der HVA befand sich seit Mitte/Ende der 1950er Jahre im Gebäudekomplex der Zentrale des MfS in [[Berlin-Lichtenberg]]. Nach Fertigstellung der Büroneubauten an der Ecke Ruschestraße/[[Frankfurter Allee]] bezog der Dienst dort sein Hauptquartier. (Nach 1990 benutzte ein neu gegründetes [[Arbeitsamt]] ein Gebäude an der Ecke Gotlindestraße/Ruschestraße, in dem es sich noch immer befindet. Die Gebäude an der Frankfurter Allee werden von der [[Deutsche Bahn|Deutschen Bahn]] genutzt.) Der Operativ-Technische Sektor (OTS) war in der Roedernstraße in [[Berlin-Alt-Hohenschönhausen]] untergebracht. Die nachgeordneten Abteilungen XV hatten ihren Sitz in jeder Bezirksverwaltung des MfS.<br /> <br /> == Budget ==<br /> Markus Wolf erklärte vor dem [[Deutscher Bundestag|Bundestags]]-Untersuchungsausschuss zur Tätigkeit des Bereiches [[Kommerzielle Koordinierung]] (KoKo), dass zum Ende seiner Amtszeit (1986) der jährliche Finanzbedarf der HVA für ''operative Zwecke'' bei 17&amp;nbsp;Millionen [[Mark der DDR|DDR-Mark]] und 13,5&amp;nbsp;Millionen [[Deutsche Mark|DM]] gelegen habe. Diese Angabe ließ sich weder endgültig widerlegen noch verifizieren. In einzelnen HVA-Abteilungen existierten [[Reptilienfonds|schwarze Kassen]] in Verantwortung der Abteilungs- oder Referatsleiter. Zur getarnten Beschaffung von Ausrüstungen für die Abt.&amp;nbsp;A&amp;nbsp;VIII und für andere Empfänger im MfS, in der [[Nationale Volksarmee|NVA]] oder der DDR-Volkswirtschaft wurden deutlich größere Summen mobilisiert, die meist aus dem Bereich stammten.<br /> <br /> == Geschichte ==<br /> === Vorläufer ===<br /> 1951 wurde unter Leitung von [[Anton Ackermann]] der ''Außenpolitische Nachrichtendienst'' (APN) der DDR gegründet, getarnt als ''Institut für wirtschaftswissenschaftliche Forschung'' (IPW). Nach späterer Erinnerung von Markus Wolf waren bei der Gründung am 1.&amp;nbsp;September 1951 in [[Berlin-Bohnsdorf]] acht Deutsche und vier sowjetische Berater anwesend. Der APN unterstand dem Außenministerium der DDR. Erster Leiter war Ackermann, sein Stellvertreter wurde [[Richard Stahlmann]]. Chef der ''Berater'' war der KGB-Offizier Andrej Grauer, laut Wolf von [[Josef Stalin|Stalin]] persönlich mit der ''Aufbauhilfe'' beauftragt.<br /> <br /> 1952 entstand die ''Schule des APN'' (die spätere ''Schule der HV&amp;nbsp;A''), wo vor allem [[Spionage|Agenten]] (im MfS-[[Jargon]] ''[[Kundschafter des Friedens]]'') auf ihren West-Einsatz vorbereitet wurden. Gegen Ende des Jahres ersuchte Ackermann beim [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands#Politbüro des Zentralkomitees|SED-Politbüro]] um seine Ablösung, und [[Walter Ulbricht|Ulbricht]] übernahm die direkte Kontrolle über den APN. Im November wurde der bis dahin als stellvertretender Leiter der Hauptabteilung III (Abwehr) des Dienstes tätige Markus Wolf zu dessen neuem Chef berufen.<br /> <br /> Im Frühjahr 1953 wurde der APN dem Politbüro-Mitglied [[Wilhelm Zaisser]] unterstellt, jedoch vorerst nicht in die Staatssicherheit eingegliedert. Nach Zaissers Sturz infolge des [[Siebzehnter Juni 1953|17.&amp;nbsp;Juni 1953]] und der Rückstufung des MfS zum Staatssekretariat (SfS) erfolgte dann die Eingliederung unter der Bezeichnung ''Hauptabteilung XV'' (HA&amp;nbsp;XV). Leiter der HA&amp;nbsp;XV blieb Markus Wolf, der fortan auch den Posten eines Stellvertreters des Staatssekretärs bzw. Ministers für Staatssicherheit bekleidete.<br /> <br /> === Hauptverwaltung Aufklärung innerhalb des MfS ===<br /> Nachdem das SfS im November 1955 unter [[Ernst Wollweber]] wieder zum Ministerium aufgewertet worden war, erhielt die HA&amp;nbsp;XV zum 1.&amp;nbsp;Mai 1956 den Status einer ''Hauptverwaltung'' (HV&amp;nbsp;A). Dadurch konnten einige ihrer bisherigen ''Abteilungen'' selbst zu ''Hauptabteilungen'' werden, darunter die HA&amp;nbsp;I (Politische Spionage), die [[Linie II des MfS|HA&amp;nbsp;II]] (Westalliierte/Militärspionage), die HA&amp;nbsp;IV (Wirtschaftsspionage) und die HA&amp;nbsp;V (Auswertung). Im selben Jahr wurde Generalmajor [[Hans Fruck]] zum 1.&amp;nbsp;Stellvertreter des Leiters der HVA berufen.<br /> <br /> Im Jahr 1959 erfolgte eine grundlegende Umstrukturierung der HVA in acht Abteilungen, die Schule erhielt die Bezeichnung ''Objekt&amp;nbsp;9''.<br /> <br /> Neben der aus HVA-Sicht zunehmend erfolgreichen Arbeit gegen die BRD wurde in den 1960er Jahren die ''Aufbauhilfe'' für die Dienste der ''[[Nationenbildung#Geschichte|jungen Nationalstaaten]]'' zu einem Schwerpunkt der Tätigkeit. Es gab Auslandseinsätze z. B. in [[Ghana]], [[Sansibar]], [[Kuba]], im [[Sudan]] und anderen [[Entwicklungsland|Entwicklungs]]- bzw. [[Schwellenland|Schwellenländern]].<br /> <br /> Unter Frucks Protektion entwickelte sich ab 1967 [[Alexander Schalck-Golodkowski|Schalck-Golodkowskis]] Bereich [[Kommerzielle Koordinierung]] (''BKK'' bzw. ''KoKo'') mit seinen diversen Unternehmen zu einem wichtigen nachrichtendienstlichen Instrument der HVA. Die getarnten ''HVA-Firmen'' ''F.C. Gerlach'', ''G.&amp;nbsp;Simon'' (1977 umbenannt in ''Camet''), ''Asimex'' und ''Interport'' erwirtschafteten Millionensummen in westlichen [[Währung]]en für ''operative Zwecke'' des Dienstes.<br /> <br /> 1973 gründete Mielke mit dem ''Befehl 14/73'' die ''Abteilung IX'' (Gegenspionage) der HVA und beendete damit ein [[Kompetenz (Organisation)|Kompetenzgerangel]] innerhalb des MfS: Bis dahin war dessen [[Linie II des MfS|Hauptabteilung II]] ([[Spionageabwehr]]) für die westlichen Nachrichtendienste zuständig gewesen.<br /> <br /> 1974 führte die Verhaftung des HVA-Agenten [[Günter Guillaume]] zu einem schweren Rückschlag für die DDR und deren Spionage: Der vom MfS zuvor sogar durch [[Korruption|gekaufte]] Stimmen vor einem [[Misstrauensvotum]] des Bundestages bewahrte BRD-[[Bundeskanzler (Deutschland)|Kanzler]] [[Willy Brandt|Brandt]] trat zurück, und es kam zu [[Diplomatie|diplomatischen]] Verstimmungen. Guillaume hatte seit 1970 im [[Bundeskanzleramt (Deutschland)|Bundeskanzleramt]] und seit 1972 als persönlicher [[Referat (Behörde)|Referent]] Brandts gearbeitet.<br /> <br /> Im Januar 1979 lief der HVA-Oberleutnant [[Werner Stiller]] in den Westen über. Er sagte beim [[Bundesnachrichtendienst|BND]] umfassend aus, woraufhin mindestens 15&amp;nbsp;HVA-Agenten in der BRD und in [[Österreich]] festgenommen wurden. Bis zu 40 weitere [[Spionage|Spione]] konnten sich nach Warnungen durch die [[Ost-Berlin]]er MfS-Zentrale noch rechtzeitig absetzen. Stiller identifizierte unter anderem Markus Wolf auf einem 1978 in [[Stockholm]] aufgenommenen Foto und entlarvte damit den „Mann ohne Gesicht“ ([[Der Spiegel]] präsentierte dies in einer Titelgeschichte&lt;ref&gt;[http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=40350688&amp;aref=image035/E0519/PPM-SP197901000700083.pdf&amp;thumb=false DER SPIEGEL 10/1979 vom 5. März 1979]&lt;/ref&gt;). Das MfS erstellte zu Stiller den [[Operativer Vorgang|Operativen Vorgang (OV)]] ''Schakal'' mit dem Ziel seiner [[Gezielte Tötung|Liquidierung]], sein Aufenthaltsort konnte jedoch nicht ermittelt werden (Stiller erhielt durch die CIA eine neue Identität in den USA). Neben dem von Wolf und vielen HVA-Mitarbeitern als persönliche Niederlage empfundenen ''Verrat'' entstand dem Dienst vor allem deshalb großer Schaden, weil die Westseite die nun von Stiller enthüllte DDR-Technologiespionage bis dato völlig unterschätzt hatte und diese Defizite beseitigte.<br /> <br /> 1980 wurde der HVA-Hauptmann [[Werner Teske]] unter dem Vorwurf der Spionage für westliche Geheimdienste festgenommen, nachdem er es nicht geschafft hatte, nach West-Berlin überzuwechseln. Teske wurde in einem [[Geheimprozess]] [[Todesstrafe|zum Tode]] verurteilt. Die [[Strafvollstreckung|Vollstreckung]] des [[Urteil (Rechtswissenschaft)|Urteils]] im Juni 1981 war die letzte [[Hinrichtung]] in der DDR. Auch innerhalb des MfS soll dieser Fall angeblich geheim gehalten worden sein.<br /> <br /> Im Mai 1986 schied Markus Wolf aus dem aktiven Dienst aus. Die feierliche Verabschiedung fand am 27.&amp;nbsp;November 1986 statt, fast exakt 34 Jahre nachdem Wolf die Leitung des APN übernommen hatte. Sein Nachfolger und letzter regulärer Leiter der HVA wurde sein dafür aufgebauter langjähriger erster Stellvertreter Werner Großmann, der faktisch den Dienst schon seit Mitte 1984 leitete.<br /> <br /> === Auflösung (Abwicklung) ===<br /> Als Ende 1989 die meisten Bezirksverwaltungen des MfS von Demonstranten besetzt wurden, arbeitete die HVA in der Berliner MfS-Zentrale weiter. Die Mitarbeiter des Dienstes bemühten sich, Akten zu vernichten und ''Quellen'' abzuschalten. Während der Umstrukturierungen zum Jahreswechsel 1989/90 wurde die für die Überwachung der KoKo zuständige ''AG BKK'' des MfS wegen des verwandten ''Arbeitsgegenstandes'' der HVA zugeschlagen. Am 13.&amp;nbsp; Januar 1990 verfügte die DDR-[[Regierung]] unter [[Hans Modrow|Modrow]] auf Initiative des [[Runder Tisch|Zentralen Runden Tisches]] die ersatzlose Auflösung des MfS/AfNS und damit auch der kurz zuvor in ''Nachrichtendienst der DDR'' umbenannten HVA.<br /> <br /> Bei der Erstürmung des MfS-Komplexes in Berlin-Lichtenberg am 15.&amp;nbsp;Januar 1990 blieben die Räume der HVA unangetastet. Am 8.&amp;nbsp;Februar entstand einerseits das ''Komitee zur Auflösung des ehemaligen AfNS'', andererseits wurden drei Regierungsbeauftragte zur Kontrolle des Auflösungsprozesses eingesetzt.<br /> <br /> In dem Beschluss der Arbeitsgruppe Sicherheit des Zentralen Runden Tischs vom 23.&amp;nbsp;Februar 1990 zur Auflösung der HVA heißt es in der (getippten) Originalfassung: „Die Kontrolle aller Maßnahmen erfolgt durch das Bürgerkomitee.“ Vom alleinigen Unterzeichner des Dokuments, dem Regierungsbeauftragten der Modrow-Regierung Generaloberst [[Fritz Peter]], wurde, ohne erkennbare Legitimation (keine Gegenzeichnung), die Kontrolle handschriftlich geändert in: „Die Kontrolle erfolgt durch die Arbeitsgruppe Sicherheit im engen Zusammenwirken mit dem Bürgerkomitee und wird durch Herrn Dr. Böhm koordiniert.“ [[Georg Böhm (DBD)|Georg Böhm]] war Peters Stellvertreter. Damit war die eigentlich beschlossene Kontrolle nur noch Theorie, was später als „genehmigte Selbstauflösung“ bezeichnet wurde.&lt;ref&gt;[[Bundesarchiv (Deutschland)]]: DO 104 Regierungsbevollmächtigter / Komitee zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit der DDR (AfNS) [http://startext.net-build.de:8080/barch/MidosaSEARCH/DO104-20471/mets/DO104_04/index.htm?target=midosaFraContent&amp;backlink=/barch/MidosaSEARCH/DO104-20471/index.htm-kid-699750f4-0069-4e04-8073-3d07d1a6d3fd&amp;sign=DO%20104/4 Blätter 58 u. 59 klicken, Steuer-Zeile der Blätter („1, 2, 3,...20“) zuvor auf „...60“ rollen]&lt;/ref&gt; Die Zuordnung der AG BKK zur ehemaligen HVA wurde rückgängig gemacht; inzwischen waren – nach späterer Einschätzung des KoKo-[[Untersuchungsausschuss|Ausschusses]] des Bundestags sowie der BStU – etliche Unterlagen aus diesem Bereich verschwunden. Der wie alle MfS-Mitarbeiter Anfang 1990 entlassene HVA-Chef Großmann wurde ''Berater'' der umgehend gebildeten ''Gruppe zur Auflösung der HVA''. Die konkrete [[Abwicklung (Recht)|Abwicklung]] innerhalb dieser Gruppe leitete Bernd Fischer, vormals Oberst und Chef der HVA-Abteilung&amp;nbsp;I. Der Nachrichtendienst sollte zum 1.&amp;nbsp;Juli 1990 vollständig aufgelöst sein.<br /> <br /> Fast alle personenbezogenen Unterlagen, Spionageergebnisse und sonstigen HVA-Materialien wurden bis Juni 1990 vernichtet. Dabei unterliefen den ''Auflösern'' zwei folgenschwere Fehler:<br /> <br /> * Einerseits gelangte auf nicht völlig geklärte Weise eine Kopie einer [[Mikrofilm|mikroverfilmten]] Kartei, die später als [[Rosenholz-Dateien]] bekannt wurden, zur [[Central Intelligence Agency|CIA]]. Die Beschaffung hieß bei der CIA ''Operation Rosewood''. Die anfangs oft vertretene Auffassung, es handle sich um eine Art Mobilisierungskartei, trifft nicht zu.&lt;ref&gt;[[Helmut Müller-Enbergs]] (unter Mitarbeit von Sabine Fiebig, Günter Finck, Georg Herbstritt, Stephan Konopatzky): ''[http://www.bstu.bund.de/DE/Wissen/Aktenfunde/Rosenholz/rosenholzbericht2007_pdf.pdf?__blob=publicationFile &quot;Rosenholz&quot;. Eine Quellenkritik.]'' Berlin 2007, S. 251; ISBN 978-3-942130-69-1.&lt;/ref&gt;<br /> * Andererseits existierte seit 1987 eine externe [[Sicherungskopie]] der [[Sira (Datenbank)|SIRA]]-Datenbank, in der die HVA-Eingangsinformationen als Zusammenfassungen samt einigen Daten zu den liefernden Spionen gespeichert wurden. Diese SIRA-Kopie entging der Vernichtung, kam auf Umwegen ins BStU-Archiv und wurde seit 1998 weitgehend entschlüsselt. Zusammen mit den von der CIA übergebenen Rosenholz-Dateien ermöglichen diese Daten inzwischen tiefe Einblicke in die DDR-Spionage der Jahre 1969 bis 1989.<br /> <br /> Als die Gruppe um Fischer dem staatlichen MfS-Auflösungskomitee ''fristgemäßen'' Vollzug meldete, waren weder alle Dokumente vernichtet noch die HVA-Firmen korrekt liquidiert. Die Zerstörung ausgelagerter Akten lief sogar nach dem [[Deutsche Wiedervereinigung|3.&amp;nbsp;Oktober 1990]] weiter; bei ''F.C. Gerlach'' und ''Asimex'' wurden bis 1991 noch mehrere Hundert Millionen D-Mark Bundesvermögen veruntreut. Die HVA-Auflöser machten in ihrem Abschlussbericht lediglich allgemeine Angaben und verschwiegen die Probleme.<br /> <br /> == Bewertung ==<br /> === Nachrichtendienstliche Erfolge ===<br /> Wolf, Großmann und andere verwiesen ab 1990 wiederholt darauf, dass die HVA als „einer der besten Nachrichtendienste weltweit“ gegolten habe. Im MfS gab es die Selbsteinschätzung als „zweitbester Dienst nach dem [[Mossad]]“ (z. B. laut K. Thümer, mittlerer Leitungskader der HA&amp;nbsp;II). HVA-Erfolge wie die Platzierung von [[Rainer Rupp]] (''Topas'') bei der NATO, die Zusammenarbeit mit [[Gabriele Gast]] und [[Alfred Spuhler]] im BND oder mit [[Klaus Kuron]] (''Stern'') im [[Bundesamt für Verfassungsschutz|BfV]] sind inzwischen ausführlich dokumentiert. In der Öffentlichkeit vor 1990 bekannteste DDR-Kundschafter waren der ''Kanzlerspion'' [[Günter Guillaume]] und seine Frau Christel, die gezielt übergesiedelt wurden.<br /> <br /> Westlichen Diensten gelang es praktisch nie, mit Spionen ins MfS oder gar in die HVA einzudringen. Nach 1990 offenbarten sich hingegen zahlreiche hohe Offiziere den Geheimdiensten der BRD bzw. der CIA, die damit entscheidend zur Verurteilung von BRD-Bürgern zu langjährigen Haftstrafen wegen [[Landesverrat]]s beitrugen. Die Offiziere der HVA blieben jedoch, solange sie nur vom Boden der DDR aus tätig waren, nach einem [[Strafverfolgungshindernis für DDR-Agenten|Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Mai 1995]] straffrei.<br /> <br /> Die Erfolge der HVA wurden durch Umstände begünstigt, die das MfS kaum beeinflussen konnte:<br /> <br /> * ''Agentenrückzug'' – Die Rückzugsmöglichkeiten Richtung DDR waren deutlich besser als die in der Gegenrichtung, besonders ab dem [[Mauerbau]] 1961.<br /> * ''Einfaches Einschleusen'' – Die laschen Kontrollen der BRD bei Einreisenden aus der DDR und die für Übersiedler stets offene Grenze erleichterten das Einschleusen der HVA-Agenten erheblich. Dies soll jedoch nicht vergessen lassen, dass Geheimdienste der BRD und der Alliierten sich dieser Problematik durchaus bewusst waren und einreisende Touristen beobachteten und insbesondere (vermeintliche) Übersiedler umfassend verhörten. Die Enttarnung Günter Guillaumes geht auf eine systematische Überprüfung aller Übersiedler zurück. Die Grenze wurde durch den Zoll, [[Bundesgrenzschutz]], Grenzpolizei und alliierte Militärpolizei ständig beobachtet.<br /> * ''Strafandrohungen'' – Während bei einer Entdeckung im Westen gegen HVA-Agenten „nur“ [[Haftstrafe]]n verhängt wurden, drohten in der DDR nicht nur schlechtere Haftbedingungen, sondern bis Anfang der 1980er Jahre auch die Todesstrafe – zumindest für spionageverdächtige DDR-Bürger.<br /> <br /> === Erfolge bei ''aktiven Maßnahmen'': Beispiel ''Rettung'' der Regierung Brandt 1972 ===<br /> Neben der nachrichtendienstlichen Tätigkeit waren ''aktive Maßnahmen'' im Westen ein bedeutendes Tätigkeitsfeld der HVA.&lt;ref&gt;[[BStU]]: ''Der Deutsche Bundestag 1949 bis 1989 in den Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR.'' Gutachten an den Deutschen Bundestag gemäß § 37 (3) des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, Berlin 2013, S. 125–129 u. 265-280. ([http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/45329705_kw24_gutachten/gutachten.pdf PDF])&lt;/ref&gt; Dazu gehörte neben Desinformation und Täuschung auch die Schwächung oder Unterstützung westdeutscher Politiker, je nach Interessenlage der SED. Ihren größten Erfolg hierbei erzielte die HVA durch die Rettung der Regierung Brandt beim [[Misstrauensvotum]] vom 27.&amp;nbsp;April 1972 im Bundestag. Brandts Gegenkandidat [[Rainer Barzel]] (CDU) fehlten wider Erwarten zwei Stimmen, um Brandt als [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] abzulösen. Nach dem Ende der DDR deuteten massive Hinweise, wie Zeugenaussagen und Bankunterlagen, darauf hin, dass die Abgeordneten [[Julius Steiner (Politiker)|Julius Steiner]] (CDU) und [[Leo Wagner]] (CSU) mit jeweils 50.000&amp;nbsp;DM von der HVA bestochen wurden, damit sie nicht für Barzel stimmten und Brandt Kanzler blieb.&lt;ref&gt;[[BStU]]: ''Der Deutsche Bundestag 1949 bis 1989 in den Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR.'' Gutachten an den Deutschen Bundestag gemäß § 37 (3) des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, Berlin 2013, S. 232ff, 242f, 265ff. ([http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/45329705_kw24_gutachten/gutachten.pdf PDF])&lt;/ref&gt; Zwei Wochen nach der Abstimmung konnte SED-Chef [[Erich Honecker]] bei seinem ersten Staatsbesuch in Rumänien stolz von seinem Erfolg, als Erfolg für den gesamten Ostblock, berichten: Im Sinne einer „gemeinsamen, koordinierten Linie auf außenpolitischem Gebiet“ sei eine Regierung Brandt „für uns alle angenehmer als eine Regierung unter Leitung von Barzel und [[Franz Josef Strauß|Strauß]]“.&lt;ref&gt;[[BStU]]: ''Der Deutsche Bundestag 1949 bis 1989 in den Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR.'' Gutachten an den Deutschen Bundestag gemäß § 37 (3) des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, Berlin 2013, S. 267. ([http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/45329705_kw24_gutachten/gutachten.pdf PDF])&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Rolle im Repressivapparat ===<br /> Die Rolle der HVA innerhalb des Staatsapparates bei der Repression Oppositioneller ist Gegenstand öffentlicher Diskussion. Weder die Gleichsetzung der HVA-Mitarbeiter mit denen der primär repressiv tätigen MfS-Abteilungen (z.&amp;nbsp;B. Hauptabteilung&amp;nbsp;I, HA&amp;nbsp;IX, HA&amp;nbsp;XX), noch die von Wolf und anderen [[Insinuation|insinuierte]] Einschätzung als „gewöhnlicher Nachrichtendienst“ dürften angemessen sein.<br /> <br /> * Da die IM der HVA überwiegend in der DDR ansässig waren, fielen neben Spionage-Informationen auch solche an, die sich direkt zur [[Unterdrückung]] der Bevölkerung durch den [[Geheimpolizei]]apparat eigneten. Diese Erkenntnisse übergab die HVA an die zuständigen MfS-Abteilungen.<br /> * Von den HVA-Spionen ''im Westen'' gelieferte Informationen über DDR-Bürger dienten ebenfalls zu deren Verfolgung, z.&amp;nbsp;B. nach ''ungesetzlichen Kontaktaufnahmen'' zu BRD-Einrichtungen oder Äußerungen zu [[Flucht aus der DDR|Fluchtabsichten]].<br /> * Zu den Aufgaben der im ''OG'' (MfS-Begriff für Operationsgebiet Bundesrepublik) tätigen HVA-Agenten gehörte auch die Aufklärung und [[Zersetzung (Ministerium für Staatssicherheit)|Zersetzung]] ausgebürgerter DDR-Dissidenten; Beispiele sind u.&amp;nbsp;a. [[Jürgen Fuchs (Schriftsteller)|Jürgen Fuchs]], [[Roland Jahn]], [[Lutz Eigendorf]], [[Bernd Moldenhauer]] und [[Wolfgang Welsch (Fluchthelfer)]].<br /> * West-Einsätze anderer MfS-Abteilungen wurden koordiniert bzw. erfolgten in Zusammenarbeit mit der HVA; in den 1980er Jahren führte sie diese in der Regel in Eigenverantwortung durch. Die für Auslandseinsätze ausgebildeten Kräfte (HVA-Abt. XVIII, [[AGM/S]] und andere) ermöglichten eine enorme – nicht nur ''operative'' – Schlagkraft, die kaum zum Bild eines klassischen Nachrichtendienstes passt.<br /> <br /> == Filme ==<br /> <br /> * ''Barluschke – Psychogramm eines Spions''. Regie: [[Thomas Heise]] (1997; auf VHS erschienen im März 2000)<br /> <br /> == Literatur ==<br /> === Analysen und Berichte zur HVA ===<br /> <br /> * Anthony Glees: ''The Stasi Files. East Germany’s Secret Operations Against Britain''. Free Press, 2004 (''Englisch''). ISBN 0-7432-3105-8.<br /> * [[Jens Gieseke]]: ''Der Mielke-Konzern. Die Geschichte der Stasi 1945–1990'', München 2006, ISBN 3-421-05952-7.<br /> * Georg Herbstritt; Helmut Müller-Enbergs (Hrsg.): ''Das Gesicht dem Westen zu … DDR-Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland.'' Analysen und Dokumente (Wiss. Reihe d. BStU), Bd. 23; [[Edition Temmen]], 2003. ISBN 3-86108-388-4.<br /> * [[Hubertus Knabe]]: ''Der diskrete Charme der DDR. Stasi und Westmedien''. Ullstein Taschenbuch 36389, 2003. ISBN 3-548-36389-X.<br /> * Hubertus Knabe: ''Die unterwanderte Republik''. Ullstein Taschenbuch 36284, 2001. ISBN 3-548-36284-2.<br /> * Hubertus Knabe u. a.: ''West-Arbeit des MfS. Das Zusammenspiel von ‚Aufklärung‘ und ,Abwehr’''. Analysen u. Dokumente (Wiss. Reihe d. BStU), Bd. 18; Ch. Links Verlag, Berlin 1999. ISBN 3-86153-182-8<br /> * [[Udo Scheer]]: ''Jürgen Fuchs. Ein literarischer Weg in die Opposition'', Jaron Verlag, Berlin 2007, ISBN 3-89773-573-3.<br /> * Elisabeth Pfister: ''Unternehmen Romeo''. Aufbau Verlag, Berlin 1999. ISBN 3-351-02491-6.<br /> * [[BStU]]: ''Der Deutsche Bundestag 1949 bis 1989 in den Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR.'' Gutachten an den Deutschen Bundestag gemäß § 37 (3) des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, Berlin 2013, 397 S. ([http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/45329705_kw24_gutachten/gutachten.pdf PDF]).<br /> * [[Daniela Münkel]]: [http://www.nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0292-97839421307526 ''Kampagnen, Spione, geheime Kanäle. Die Stasi und Willy Brandt (BF informiert, 32/2013).''] Online-Publikation des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik – Abteilung Bildung und Forschung, Berlin, November 2013, 83 S.<br /> <br /> === Bücher ehemaliger HVA-Mitarbeiter ===<br /> <br /> * Manfred Bols: ''Ende der Schweigepflicht. Aus dem Leben eines Geheimdienstlers''. Verlag Das Neue Berlin, edition ost, Berlin 2002. ISBN 3-360-01037-X<br /> * Werner Großmann: ''Bonn im Blick''. Verlag Das Neue Berlin, 2001. ISBN 3-360-00943-6<br /> * Werner Stiller: ''Im Zentrum der Spionage''. v. Hase &amp; Koehler, Mainz 1986, ISBN 3-7758-1141-9, sowie Lübbe Vlg., Bergisch-Gladbach 1988, ISBN 3-404-60200-5<br /> * Markus Wolf: ''Spionagechef im geheimen Krieg''. Ullstein Tb. 36589, 2003. ISBN 3-548-36589-2<br /> * Heinz Geyer: ''Zeitzeichen. 40 Jahre in Spionageabwehr und Aufklärung''. [[Kai Homilius Verlag]], 2007. ISBN 978-3-89706-859-9<br /> * [[Klaus Eichner]], Gotthold Schramm: ''Konterspionage. Die DDR-Aufklärung in den Geheimdienstzentren''. edition ost, Berlin 2010. ISBN 3-360-01821-4<br /> <br /> === Weitere Bücher ===<br /> <br /> * Klaus Behling: ''Kundschafter a.D. Das Ende der DDR-Spionage''. Hohenheim Verlag, Stuttgart 2003. ISBN 3-89850-098-5.<br /> * Pierre Boom; G. Haase-Hindenberg: ''Der fremde Vater. Der Sohn des Kanzlerspions Guillaume erinnert sich''. Aufbau Verlag, Berlin 2004. ISBN 3-351-02567-X.<br /> * Nicole Glocke; Edina Stiller: ''Verratene Kinder. Zwei Lebensgeschichten aus dem geteilten Deutschland''. Ch. Links Verlag, Berlin 2003. ISBN 3-86153-302-2.<br /> * Peter Bernhardt: ''The Stasi File''. [http://www.youwriteon.com/books/samplechapters.aspx?bookguid=fe2505d1-b068-4082-8be8-eb8a298b3757 Leseprobe], London 2009. ISBN 978-1-84923-384-2.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> * [http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Hauptverwaltung_Aufkl%E4rung Die HVA bei ddr-wissen.de]<br /> * [http://www.stasiopfer.de/mitarbeit.html ''Zur Auflösung der HVA''] bei stasiopfer.de<br /> * [http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Abschlussbericht_%FCber_die_Aufl%F6sung_der_ehemaligen_HVA Bericht] der ''Gruppe zur Auflösung der ehemaligen HVA'' vom Juni 1990<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=k|GND=4284385-6}}<br /> {{Navigationsleiste Nachrichtendienste der Deutschen Demokratischen Republik}}<br /> {{Lesenswert|25. August 2005|8775725}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Hauptverwaltung Aufklarung}}<br /> [[Kategorie:Ministerium für Staatssicherheit]]<br /> [[Kategorie:Organisation (Kalter Krieg)]]<br /> [[Kategorie:Gegründet 1955]]<br /> [[Kategorie:Aufgelöst 1990]]<br /> [[Kategorie:Deutschland im Kalten Krieg]]</div> 199.231.188.244 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hauptverwaltung_A&diff=146651494 Hauptverwaltung A 2015-10-03T18:00:44Z <p>199.231.188.244: Änderung 146002829 von Tohma rückgängig gemacht;</p> <hr /> <div>[[Datei:Emblema Stasi.svg|mini|Wappen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR]]<br /> <br /> Die '''Hauptverwaltung Aufklärung''' ('''HVA''', [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]]-intern '''''HV&amp;nbsp;A''''') war der [[Nachrichtendienst|Auslandsnachrichtendienst]] der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] und gehörte zum [[Ministerium für Staatssicherheit]]. Durch die Auflösung des MfS 1990 und die anschließende Offenlegung seiner Arbeitsweise wurde die HVA zum Gegenstand eines breiten [[Öffentlichkeit|öffentlichen]] Interesses und intensiver [[Forschung]] (seit 1991 in Verantwortung des [[Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen|Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen]]). Das Ende der HVA und damit das Bekanntwerden der Strukturen, Methoden und Mitarbeiter eines Nachrichtendienstes stellt einen bislang einmaligen Sonderfall in der deutschen Geschichte dar.<br /> <br /> == Auftrag ==<br /> === Schwerpunkte ===<br /> Die Hauptaufgabe der HVA war die ''Auslandsaufklärung'' ([[Spionage]]), darunter die politische, Militär-, Wirtschafts- und Technologiespionage. Daneben zählten Aktionen gegen westliche Nachrichtendienste ([[Spionageabwehr#Gegenspionage|Gegenspionage]] mittels ''Eindringen'' in deren Strukturen), [[Sabotage]]vorbereitung und die ''[[Aktive Maßnahmen|Aktiven Maßnahmen]]'' (z.&amp;nbsp;B. Platzierung von Artikeln in West-Zeitungen, u.&amp;nbsp;a. durch Aktivisten der Friedensbewegung)&lt;!--&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,105939,00.html Der Spiegel Nr.49/2000]XXXX in diesem ref kann ich nichts als Beleg für Aktive Maßnahmen finden. Allein der Beitrag auf S. 111 stellt einen Bezug zur HVA her [http://www.spiegel.de/spiegel/print/index-2000-49.html ''Inhaltsverzeichnis'']&lt;/ref&gt; --&gt; im ''Operationsgebiet'' [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] und [[West-Berlin]] sowie einigen weiteren Ländern zu den Aufgaben der HVA.<br /> <br /> Bekannt geworden ist in der Öffentlichkeit die ''Methode Romeo'' der DDR-Auslandsaufklärung HVA. Die Aufgabe der ''Romeos'' oder ''[[Romeo (Agent)|Romeoagenten]]'' bestand seit den frühen 1960er Jahren darin, Sekretärinnen von westdeutschen Politikern durch Vortäuschung von Liebe für sich zu gewinnen (Stasi-Jargon „intim betreut“), emotional abhängig zu machen oder sogar „gezielt nachrichtendienstlich“ zum Schein zu heiraten. Die oft ledigen und einsamen Frauen, die zuvor von ostdeutschen Experten ausgesucht wurden, gaben ohne Wissen des eigentlichen Auftraggebers geheime Dokumente ihres Arbeitsbereiches an ihre Liebhaber weiter. Im Jargon der Stasi wurde der Begriff „Ficken fürs Vaterland“ zu einem geflügelten Wort für diese Einsätze (siehe auch [[Heiratsbetrug]]).&lt;ref&gt;[http://www.welt.de/print-welt/article592141/Der_Spion_der_nicht_liebte.html] [[Udo Scheer]]: ''Der Spion, der nicht liebte.'' In: [[Die Welt]] vom 27. November 1999&lt;/ref&gt; Teilweise wurde den Frauen die Herkunft ihrer Partner aus anderen Staaten als der DDR [[Falsche Flagge|unter falscher Flagge]] vorgetäuscht.<br /> <br /> Seit Beginn der 1980er Jahre gewann die Militärspionage der Weltsysteme zunehmend an Bedeutung. Die [[Sowjetunion]], die [[SED]]-Führung und der Minister für Staatssicherheit [[Erich Mielke]] erwarteten von der HVA angesichts des [[Kalter Krieg|Kalten Krieges]] zwischen den [[Supermacht|Supermächten]] wesentliche Informationen zur Früherkennung von Kriegsvorbereitungen.<br /> <br /> === Zusammenarbeit mit dem KGB ===<br /> Die Hauptverwaltung Aufklärung lieferte den ''Bruderdiensten'' im [[Ostblock]] – vor allem dem [[KGB]] – den Löwenanteil des Informationsaufkommens aus der [[Bundesrepublik Deutschland]], einem wichtigen [[Europa|europäischen]] [[NATO]]-Mitglied. Der KGB hatte seinen DDR-Hauptsitz in [[Berlin-Karlshorst]], der sowjetische Militärgeheimdienst [[Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije|GRU]] in [[Potsdam-Babelsberg]], darüber hinaus gab es Verbindungsleute zu jeder Bezirksverwaltung. Hinzu kamen Spionageerfolge aus dem NATO-Hauptquartier in [[Brüssel]] und einigen [[Westeuropa|westeuropäischen]] Staaten, etwa aus [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]]. In den [[Vereinigte Staaten|USA]] hingegen konnte die HVA nie wirklich Fuß fassen, dort agierte fast nur der KGB. (Die bedeutsamen Erkenntnisse der DDR-Aufklärung etwa zur [[National Security Agency|NSA]] stammten von deren West-Berliner Personal.)<br /> <br /> == Organisation ==<br /> === Abteilungen ===<br /> 1989 hatte die HVA 21 ''Abteilungen'' und fünf ''Arbeitsgruppen'' (AG). Daneben gab es den ''Stab der HVA'' sowie den für die Technologiespionage zuständigen ''Sektor Wissenschaft und Technik'' (SWT) als abteilungsübergreifende Struktur.<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable&quot;<br /> |- valign=&quot;top&quot; class=&quot;hintergrundfarbe6&quot;<br /> !Abteilung || Auftrag || Leiter || Mitarbeiter&lt;br /&gt;(ca.) || Unterstellung<br /> |-<br /> |A I<br /> |BRD-Staatsapparat<br /> |[[Oberst]] [[Bernd Fischer (Oberst)|Bernd Fischer]]<br /> |align=center|100<br /> |[[Ralf-Peter Devaux]]<br /> |-<br /> |A II<br /> |Parteien u. Organisationen der BRD<br /> |Oberst [[Kurt Gailat]]<br /> |align=center|{{0}}70<br /> |Ralf-Peter Devaux<br /> |-<br /> |A III<br /> |[[Residentur|Legalresidenturen]] in „dritten Ländern“ (d.h. außer BRD)<br /> |Oberst [[Horst Machts]]<br /> |align=center|{{0}}70<br /> |Prosetzky<br /> |-<br /> |A IV<br /> |Militärspionage in der BRD<br /> |Oberst [[Siegfried Milke]]<br /> |align=center|100<br /> |[[Heinrich Tauchert]]<br /> |-<br /> |A V (SWT)<br /> |Auswertung für den SWT<br /> |Oberst [[Harry Herrmann]]<br /> |align=center|{{0}}80<br /> |[[Horst Vogel]]<br /> |-<br /> |A VI<br /> |Operativer Reiseverkehr<br /> |Oberst [[Helmut Reinhold]]<br /> |align=center|210<br /> |Geyer<br /> |-<br /> |A VII<br /> |Auswertung und Information<br /> |Oberst [[Werner Bierbaum]]<br /> |align=center|110<br /> |[[Werner Großmann]]<br /> |-<br /> |A VIII<br /> |Operative Technik, Funk<br /> |Oberst [[Werner Degenhardt]]<br /> |align=center|220<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |A IX<br /> |[[Spionageabwehr#Gegenspionage|Gegenspionage]] im In- und Ausland und feindliche [[Nachrichtendienst|Dienste]] in der BRD<br /> |[[Generalmajor]] [[Harry Schütt]]<br /> |align=center|190<br /> |[[Werner Großmann]]<br /> |-<br /> |A X<br /> |''Aktive Maßnahmen'' ([[Desinformation]]) in der BRD/West-Berlin<br /> |Oberst [[Rolf Wagenbreth]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Großmann<br /> |-<br /> |A XI<br /> |[[Nordamerika]], [[USA|US]]-Einrichtungen in der BRD<br /> |Oberst [[Jürgen Rogalla]]<br /> |align=center|{{0}}70<br /> |Heinrich Tauchert<br /> |-<br /> |A XII<br /> |[[NATO]] und [[Europäische Gemeinschaft|EG]]<br /> |Oberst [[Klaus Rösler]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Heinrich Tauchert<br /> |-<br /> |A XIII (SWT)<br /> |Grundlagenforschung<br /> |Oberst [[Siegfried Jesse]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |A XIV (SWT)<br /> |Elektronik, Optik, EDV<br /> |Oberst [[Horst Müller (Oberst)|Horst Müller]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |A XV (SWT)<br /> |Wehrtechnik, Maschinenbau&lt;br /&gt;Referat 5, Stellv. Ltr. [[Matthias Warnig]]<br /> |Oberst [[Günter Ebert (Oberst)|Günter Ebert]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |A XVI<br /> |Nutzung legaler Beziehungen, Koordinierung HVA-Firmen<br /> |Oberst [[Rudolf Genschow]]<br /> |align=center|{{0}}40<br /> |Ralf-Peter Devaux<br /> |-<br /> |A XVII<br /> |Grenzschleusungen<br /> |Oberst [[Werner Wulke]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Geyer<br /> |-<br /> |A XVIII<br /> |Sabotagevorbereitung<br /> |Oberst [[Gotthold Schramm]]<br /> |align=center|110<br /> |Ralf-Peter Devaux<br /> |-<br /> |A XIX<br /> |Schulung, Betreuung<br /> |Oberst [[Harry Mittenzwei]]<br /> |align=center|{{0}}60<br /> |Prosetzky<br /> |-<br /> |A XX<br /> |EDV, Rechenzentrum<br /> |Oberst [[Peter Feuchtenberger]]<br /> |align=center|120<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |A XXI<br /> |Rückwärtige Dienste, Verwaltung, Kasse<br /> |Oberst [[Tilo Kretzschmar]]<br /> |align=center|110<br /> |Geyer<br /> |-<br /> |AG S (Sicherheit)<br /> |Innere Sicherheit der HVA<br /> |Oberst [[Eberhard Kopprasch]]<br /> |align=center|{{0}}20<br /> |Großmann<br /> |-<br /> |AG XV/BV<br /> |Anleitung der ''Abt. XV'' der [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]]-Bezirksverwaltungen<br /> |Oberst [[Manfred Ebert]]<br /> |align=center|{{0}}10<br /> |Geyer<br /> |-<br /> |AG 1/SWT<br /> |[[Residentur]]kräfte SWT<br /> |Oberst [[Gerhard Jauck]]<br /> |align=center|{{0}}20<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |AG 3/SWT<br /> |''Operative Beschaffung'' von Rüstungsgütern<br /> |Oberst [[Erich Gaida]]<br /> |align=&quot;center&quot;|20<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |AG 5/SWT<br /> |Nutzung offizieller Kontakte<br /> |Oberst [[Christian Streubel]]<br /> |align=center|{{0}}20<br /> |Vogel<br /> |-<br /> |Stab der HVA<br /> |Koordinierung, Grundsatz-/Führungsdokumente<br /> |Generalmajor [[Heinz Geyer]]<br /> |align=center|{{0}}20<br /> |(Geyer)<br /> |}<br /> <br /> &lt;u&gt;Anmerkungen:&lt;/u&gt;<br /> * Bis 1988 hieß die Abt. A XVI ''Bereich K'' oder ''Koordinierungsstelle'' (KOST), die Abt. A XVII hieß ''AG Grenze'' (AG G). Die Abt. A XVIII entstand 1987 aus Teilen der damaligen ''Abteilung IV'' des MfS.<br /> * Den in [[Römische Ziffer|römischen Ziffern]] geschriebenen Abteilungsnummern wurde ein '''A''' (oder '''HV A''') vorangestellt, um Verwechslungen mit den übrigen Abteilungen der Staatssicherheit zu vermeiden. So existierten beispielsweise gleichzeitig die ''Abt. XII'' des MfS (Archiv) und die ''Abt. A XII'' der HVA (NATO/[[Europäische Gemeinschaft|EG]]).<br /> * Nachdem etwa 1974 die ''HV B'' (Bewirtschaftung) des MfS in ''Verwaltung Rückwärtige Dienste'' umbenannt wurde, war die HVA die einzige ''Hauptverwaltung''.<br /> <br /> === Leitung 1952–1989 ===<br /> Die Abteilungen VII, IX, X und AG S waren direkt dem Leiter der HVA unterstellt (Zuordnung der HVA-Abteilungen siehe Tabelle). Der Leiter der HVA war gleichzeitig Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit. Er hatte fünf Stellvertreter.<br /> <br /> Leiter der HVA von 1951 bis 1952 war [[Anton Ackermann]], von 1952 bis 1986 (über 34 Jahre) [[Markus Wolf]], Stellvertreter [[Erich Mielke]]s.<br /> <br /> [[Werner Großmann]] führte die HVA von 1986 bis 1989 mit [[Horst Vogel]] als 1.&amp;nbsp;Stellvertreter, [[Heinz Geyer]] als Leiter des Stabs, [[Heinrich Tauchert]], [[Werner Prosetzky]] sowie [[Ralf-Peter Devaux]] als weiteren Stellvertretern.<br /> <br /> == Rekrutierung und Ausbildung ==<br /> === Schule der HVA ===<br /> Die als ''Zentralschule der [[Gesellschaft für Sport und Technik]] [[Etkar André]]''“ [[Legende (Geheimdienst)|legendierte]] ''Schule der HVA'' war anfangs in [[Belzig]] ansässig. Sie wurde ab 1965 schrittweise in die [[Hochschule des Ministeriums für Staatssicherheit|Juristische Hochschule des MfS]] (JHS) in [[Golm (Potsdam)|Golm bei Potsdam]] einbezogen, zunächst im Rang einer Fachschule. Ab 1968 hieß sie ''Fachrichtung für Aufklärung der JHS'', später wurde sie umbenannt in ''Sektion A''. Ihr angeschlossen war die ''Fremdsprachenschule des MfS'' (Lehrbereich F). 1988 zog die Schule der HVA samt der Fremdsprachenschule (vorher in [[Schloss Dammsmühle|Dammsmühle]] bei [[Mühlenbecker Land|Mühlenbeck]]) an den [[Seddinsee]] nach [[Gosen-Neu Zittau|Gosen]] an der Berliner Stadtgrenze, ca. 3&amp;nbsp;km südlich von [[Erkner]]. Dort befand sich auch der Bunker der Ausweichführungsstelle der HVA.<br /> <br /> [[Datei:MfS Hauptverwaltung Aufklärung Gosen.jpg|mini|Kinosaal der MfS Hochschule der Hauptverwaltung Aufklärung in Gosen]]<br /> [[Datei:MfS Hauptverwaltung Aufklärung Gosen2.jpg|mini|Haus 3 MfS Hochschule der Hauptverwaltung Aufklärung in Gosen]]<br /> <br /> Die Schule der HVA hatte 1989 gut 300 Mitarbeiter und wurde von Oberst Bernd Kaufmann geleitet. Sie arbeitete eng mit der Abt. A&amp;nbsp;XIX zusammen und gliederte sich in drei ''Lehrbereiche'':<br /> <br /> * ''Lehrbereich A'' – Politisch-operative Ausbildung; Leiter: Oberst Helmut Eck. Vier Lehrstühle, unter anderem [[Marxismus-Leninismus|ML]]-Ausbildung, Politik und Geschichte<br /> * ''Lehrbereich B'' – ''Spezialdisziplin'' und Methodik der nachrichtendienstlichen Arbeit; Leiter: Oberst Horst Klugow. Fünf Lehrstühle, darunter [[Operative Psychologie]], [[Rechtswissenschaft|Recht]]/Sicherheit und Residenturarbeit<br /> * ''Lehrbereich F'' – Fremdspracheninstitut; Leiter: Oberst Manfred Fröhlich. Zuständig für die Sprachausbildung vor Auslandseinsätzen, ferner Dolmetschertätigkeiten.<br /> <br /> === Hauptamtliche Mitarbeiter ===<br /> Die Hauptverwaltung Aufklärung hatte 1989 über 3800 hauptamtliche Mitarbeiter. Darunter waren laut Stellenplan etwa 2.400 Berufsoffiziere und -unteroffiziere, 700 [[Inoffizieller Mitarbeiter|Hauptamtliche IM]], 670 [[OibE]] und 5&amp;nbsp;Zivilbeschäftigte. Während der HVA-Selbstauflösung stieg die Mitarbeiterzahl zeitweilig auf über 4200 an.<br /> <br /> Im Herbst 1989 hatten sieben Führungskräfte einen [[General]]srang: Ranghöchster Mitarbeiter war der Leiter der HVA [[Werner Großmann]] als Generaloberst; vier seiner Stellvertreter sowie [[Harry Schütt]] (Chef der Gegenspionage) und [[Otto Ledermann]] (Leiter der SED-Grundorganisation der HVA) waren Generalmajore.<br /> <br /> Die HVA-Mitarbeiter verstanden sich als [[Elite]] des MfS. Von ihnen wurden hoher persönlicher Einsatz, Flexibilität, Leistungsfähigkeit und, wie von allen MfS-Kadern, absolute [[Linientreue]] zur SED verlangt. Mitarbeiter anderer MfS-Abteilungen konnten nach hervorragenden Leistungen – quasi als Auszeichnung – bei Bedarf zur HVA versetzt werden, wenn sie entsprechend [[Qualifikation (Personalwesen)|qualifiziert]] waren, also zum Beispiel über einen [[Hochschule|Hochschulabschluss]], Fremdsprachenkenntnisse oder ähnliches verfügten. Umgekehrt wurden auch HVA-Kräfte bei mangelhaften Resultaten oder nach [[Intrige]]n zu anderen Diensteinheiten der Staatssicherheit versetzt, was als Degradierung verstanden wurde, es aber administrativ nicht war.<br /> <br /> === Inoffizielle und weitere Mitarbeiter ===<br /> Die hauptamtlichen HVA-Mitarbeiter führten eine bislang nicht exakt bekannte Anzahl Inoffizieller Mitarbeiter (IM). Dies waren in erster Linie DDR-[[Staatsbürger|Bürger]] mit Westreiseerlaubnis ([[Reisekader]], umgekehrt jedoch war nur ein Bruchteil der Reisekader als IM tätig), in der DDR lebende Angehörige von „operativ interessanten“ Zielpersonen im Westen, ''Kuriere'' und ''Instrukteure'', aber auch Tausende Einwohner der BRD und West-Berlins, teils an exponierten gesellschaftlichen Positionen.<br /> <br /> Die HVA hatte insbesondere Interesse an der Werbung westlicher Studenten, die auf Besuch in der DDR waren. Diese für Leitungsaufgaben und damit vertrauliche Informationen besonders prädestinierten geeigneten Jungakademiker wurden mit hohem personellen und finanziellen Aufwand über Jahrzehnte hinweg entwickelt, mit dem Ziel ihrer Platzierung in hohen staatlichen und wirtschaftlichen Funktionen, von denen aus sie Zugang zu geheimen Informationen bekamen.<br /> <br /> Berühmtes Beispiel einer solchen Werbungsoperation war [[Gabriele Gast]], die 1968 als Studentin verpflichtet wurde und bis zur [[Regierungsdirektor]]in im [[Bundesnachrichtendienst]] entwickelt wurde. Als Top-Quelle wurde sie von Markus Wolf persönlich geführt.<br /> <br /> Die eigentlichen Quellen der Spionageerkenntnisse im westlichen Ausland waren bei der HVA (bzw. vom MfS) nicht unbedingt als IM registriert. Vielfach wurden sie als ''Kontaktpersonen'' (KP) geführt, was wenig über den Grad der Zusammenarbeit mit dem DDR-Nachrichtendienst aussagt: Die Spanne reichte von der unwissentlichen [[Abschöpfung]] durch HVA-Kontaktleute im persönlichen Umfeld bis zur bewussten und gezielten Weitergabe von Material. Die Spione trafen sich mit ihren Führungsoffizieren und Instrukteuren sowohl in der DDR, wie auch in Ländern Ost- und Westeuropas, wobei damals neutrale Staaten wie Österreich, Schweiz oder Schweden bevorzugt wurden.<br /> <br /> Nach BStU-Angaben aus dem Jahr 2004 sollen 1989 etwa 1500 Bundesbürger sowie 10.000 DDR-Bürger für die HVA aktiv gewesen sein.<br /> <br /> == Zentrale ==<br /> [[Datei:HVA-Berlin.jpg|mini|Letzter Hauptsitz der HVA im Ministeriumskomplex Berlin-Lichtenberg&lt;ref&gt;Siehe bei [http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Hauptverwaltung_Aufkl%E4rung ddr-wissen.de], Zugriff am 25. August 2008.&lt;/ref&gt;]]<br /> <br /> Der HVA-Vorläufer APN residierte zu Beginn der 1950er Jahre zuerst in [[Berlin-Pankow]], dann am [[Rolandufer]] in [[Berlin-Mitte]].<br /> <br /> Der Dienstsitz der HVA befand sich seit Mitte/Ende der 1950er Jahre im Gebäudekomplex der Zentrale des MfS in [[Berlin-Lichtenberg]]. Nach Fertigstellung der Büroneubauten an der Ecke Ruschestraße/[[Frankfurter Allee]] bezog der Dienst dort sein Hauptquartier. (Nach 1990 benutzte ein neu gegründetes [[Arbeitsamt]] ein Gebäude an der Ecke Gotlindestraße/Ruschestraße, in dem es sich noch immer befindet. Die Gebäude an der Frankfurter Allee werden von der [[Deutsche Bahn|Deutschen Bahn]] genutzt.) Der Operativ-Technische Sektor (OTS) war in der Roedernstraße in [[Berlin-Alt-Hohenschönhausen]] untergebracht. Die nachgeordneten Abteilungen XV hatten ihren Sitz in jeder Bezirksverwaltung des MfS.<br /> <br /> == Budget ==<br /> Markus Wolf erklärte vor dem [[Deutscher Bundestag|Bundestags]]-Untersuchungsausschuss zur Tätigkeit des Bereiches [[Kommerzielle Koordinierung]] (KoKo), dass zum Ende seiner Amtszeit (1986) der jährliche Finanzbedarf der HVA für ''operative Zwecke'' bei 17&amp;nbsp;Millionen [[Mark der DDR|DDR-Mark]] und 13,5&amp;nbsp;Millionen [[Deutsche Mark|DM]] gelegen habe. Diese Angabe ließ sich weder endgültig widerlegen noch verifizieren. In einzelnen HVA-Abteilungen existierten [[Reptilienfonds|schwarze Kassen]] in Verantwortung der Abteilungs- oder Referatsleiter. Zur getarnten Beschaffung von Ausrüstungen für die Abt.&amp;nbsp;A&amp;nbsp;VIII und für andere Empfänger im MfS, in der [[Nationale Volksarmee|NVA]] oder der DDR-Volkswirtschaft wurden deutlich größere Summen mobilisiert, die meist aus dem Bereich stammten.<br /> <br /> == Geschichte ==<br /> === Vorläufer ===<br /> 1951 wurde unter Leitung von [[Anton Ackermann]] der ''Außenpolitische Nachrichtendienst'' (APN) der DDR gegründet, getarnt als ''Institut für wirtschaftswissenschaftliche Forschung'' (IPW). Nach späterer Erinnerung von Markus Wolf waren bei der Gründung am 1.&amp;nbsp;September 1951 in [[Berlin-Bohnsdorf]] acht Deutsche und vier sowjetische Berater anwesend. Der APN unterstand dem Außenministerium der DDR. Erster Leiter war Ackermann, sein Stellvertreter wurde [[Richard Stahlmann]]. Chef der ''Berater'' war der KGB-Offizier Andrej Grauer, laut Wolf von [[Josef Stalin|Stalin]] persönlich mit der ''Aufbauhilfe'' beauftragt.<br /> <br /> 1952 entstand die ''Schule des APN'' (die spätere ''Schule der HV&amp;nbsp;A''), wo vor allem [[Spionage|Agenten]] (im MfS-[[Jargon]] ''[[Kundschafter des Friedens]]'') auf ihren West-Einsatz vorbereitet wurden. Gegen Ende des Jahres ersuchte Ackermann beim [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands#Politbüro des Zentralkomitees|SED-Politbüro]] um seine Ablösung, und [[Walter Ulbricht|Ulbricht]] übernahm die direkte Kontrolle über den APN. Im November wurde der bis dahin als stellvertretender Leiter der Hauptabteilung III (Abwehr) des Dienstes tätige Markus Wolf zu dessen neuem Chef berufen.<br /> <br /> Im Frühjahr 1953 wurde der APN dem Politbüro-Mitglied [[Wilhelm Zaisser]] unterstellt, jedoch vorerst nicht in die Staatssicherheit eingegliedert. Nach Zaissers Sturz infolge des [[Siebzehnter Juni 1953|17.&amp;nbsp;Juni 1953]] und der Rückstufung des MfS zum Staatssekretariat (SfS) erfolgte dann die Eingliederung unter der Bezeichnung ''Hauptabteilung XV'' (HA&amp;nbsp;XV). Leiter der HA&amp;nbsp;XV blieb Markus Wolf, der fortan auch den Posten eines Stellvertreters des Staatssekretärs bzw. Ministers für Staatssicherheit bekleidete.<br /> <br /> === Hauptverwaltung Aufklärung innerhalb des MfS ===<br /> Nachdem das SfS im November 1955 unter [[Ernst Wollweber]] wieder zum Ministerium aufgewertet worden war, erhielt die HA&amp;nbsp;XV zum 1.&amp;nbsp;Mai 1956 den Status einer ''Hauptverwaltung'' (HV&amp;nbsp;A). Dadurch konnten einige ihrer bisherigen ''Abteilungen'' selbst zu ''Hauptabteilungen'' werden, darunter die HA&amp;nbsp;I (Politische Spionage), die [[Linie II des MfS|HA&amp;nbsp;II]] (Westalliierte/Militärspionage), die HA&amp;nbsp;IV (Wirtschaftsspionage) und die HA&amp;nbsp;V (Auswertung). Im selben Jahr wurde Generalmajor [[Hans Fruck]] zum 1.&amp;nbsp;Stellvertreter des Leiters der HVA berufen.<br /> <br /> Im Jahr 1959 erfolgte eine grundlegende Umstrukturierung der HVA in acht Abteilungen, die Schule erhielt die Bezeichnung ''Objekt&amp;nbsp;9''.<br /> <br /> Neben der aus HVA-Sicht zunehmend erfolgreichen Arbeit gegen die BRD wurde in den 1960er Jahren die ''Aufbauhilfe'' für die Dienste der ''[[Nationenbildung#Geschichte|jungen Nationalstaaten]]'' zu einem Schwerpunkt der Tätigkeit. Es gab Auslandseinsätze z. B. in [[Ghana]], [[Sansibar]], [[Kuba]], im [[Sudan]] und anderen [[Entwicklungsland|Entwicklungs]]- bzw. [[Schwellenland|Schwellenländern]].<br /> <br /> Unter Frucks Protektion entwickelte sich ab 1967 [[Alexander Schalck-Golodkowski|Schalck-Golodkowskis]] Bereich [[Kommerzielle Koordinierung]] (''BKK'' bzw. ''KoKo'') mit seinen diversen Unternehmen zu einem wichtigen nachrichtendienstlichen Instrument der HVA. Die getarnten ''HVA-Firmen'' ''F.C. Gerlach'', ''G.&amp;nbsp;Simon'' (1977 umbenannt in ''Camet''), ''Asimex'' und ''Interport'' erwirtschafteten Millionensummen in westlichen [[Währung]]en für ''operative Zwecke'' des Dienstes.<br /> <br /> 1973 gründete Mielke mit dem ''Befehl 14/73'' die ''Abteilung IX'' (Gegenspionage) der HVA und beendete damit ein [[Kompetenz (Organisation)|Kompetenzgerangel]] innerhalb des MfS: Bis dahin war dessen [[Linie II des MfS|Hauptabteilung II]] ([[Spionageabwehr]]) für die westlichen Nachrichtendienste zuständig gewesen.<br /> <br /> 1974 führte die Verhaftung des HVA-Agenten [[Günter Guillaume]] zu einem schweren Rückschlag für die DDR und deren Spionage: Der vom MfS zuvor sogar durch [[Korruption|gekaufte]] Stimmen vor einem [[Misstrauensvotum]] des Bundestages bewahrte BRD-[[Bundeskanzler (Deutschland)|Kanzler]] [[Willy Brandt|Brandt]] trat zurück, und es kam zu [[Diplomatie|diplomatischen]] Verstimmungen. Guillaume hatte seit 1970 im [[Bundeskanzleramt (Deutschland)|Bundeskanzleramt]] und seit 1972 als persönlicher [[Referat (Behörde)|Referent]] Brandts gearbeitet.<br /> <br /> Im Januar 1979 lief der HVA-Oberleutnant [[Werner Stiller]] in den Westen über. Er sagte beim [[Bundesnachrichtendienst|BND]] umfassend aus, woraufhin mindestens 15&amp;nbsp;HVA-Agenten in der BRD und in [[Österreich]] festgenommen wurden. Bis zu 40 weitere [[Spionage|Spione]] konnten sich nach Warnungen durch die [[Ost-Berlin]]er MfS-Zentrale noch rechtzeitig absetzen. Stiller identifizierte unter anderem Markus Wolf auf einem 1978 in [[Stockholm]] aufgenommenen Foto und entlarvte damit den „Mann ohne Gesicht“ ([[Der Spiegel]] präsentierte dies in einer Titelgeschichte&lt;ref&gt;[http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=40350688&amp;aref=image035/E0519/PPM-SP197901000700083.pdf&amp;thumb=false DER SPIEGEL 10/1979 vom 5. März 1979]&lt;/ref&gt;). Das MfS erstellte zu Stiller den [[Operativer Vorgang|Operativen Vorgang (OV)]] ''Schakal'' mit dem Ziel seiner [[Gezielte Tötung|Liquidierung]], sein Aufenthaltsort konnte jedoch nicht ermittelt werden (Stiller erhielt durch die CIA eine neue Identität in den USA). Neben dem von Wolf und vielen HVA-Mitarbeitern als persönliche Niederlage empfundenen ''Verrat'' entstand dem Dienst vor allem deshalb großer Schaden, weil die Westseite die nun von Stiller enthüllte DDR-Technologiespionage bis dato völlig unterschätzt hatte und diese Defizite beseitigte.<br /> <br /> 1980 wurde der HVA-Hauptmann [[Werner Teske]] unter dem Vorwurf der Spionage für westliche Geheimdienste festgenommen, nachdem er es nicht geschafft hatte, nach West-Berlin überzuwechseln. Teske wurde in einem [[Geheimprozess]] [[Todesstrafe|zum Tode]] verurteilt. Die [[Strafvollstreckung|Vollstreckung]] des [[Urteil (Rechtswissenschaft)|Urteils]] im Juni 1981 war die letzte [[Hinrichtung]] in der DDR. Auch innerhalb des MfS soll dieser Fall angeblich geheim gehalten worden sein.<br /> <br /> Im Mai 1986 schied Markus Wolf aus dem aktiven Dienst aus. Die feierliche Verabschiedung fand am 27.&amp;nbsp;November 1986 statt, fast exakt 34 Jahre nachdem Wolf die Leitung des APN übernommen hatte. Sein Nachfolger und letzter regulärer Leiter der HVA wurde sein dafür aufgebauter langjähriger erster Stellvertreter Werner Großmann, der faktisch den Dienst schon seit Mitte 1984 leitete.<br /> <br /> === Auflösung (Abwicklung) ===<br /> Als Ende 1989 die meisten Bezirksverwaltungen des MfS von Demonstranten besetzt wurden, arbeitete die HVA in der Berliner MfS-Zentrale weiter. Die Mitarbeiter des Dienstes bemühten sich, Akten zu vernichten und ''Quellen'' abzuschalten. Während der Umstrukturierungen zum Jahreswechsel 1989/90 wurde die für die Überwachung der KoKo zuständige ''AG BKK'' des MfS wegen des verwandten ''Arbeitsgegenstandes'' der HVA zugeschlagen. Am 13.&amp;nbsp; Januar 1990 verfügte die DDR-[[Regierung]] unter [[Hans Modrow|Modrow]] auf Initiative des [[Runder Tisch|Zentralen Runden Tisches]] die ersatzlose Auflösung des MfS/AfNS und damit auch der kurz zuvor in ''Nachrichtendienst der DDR'' umbenannten HVA.<br /> <br /> Bei der Erstürmung des MfS-Komplexes in Berlin-Lichtenberg am 15.&amp;nbsp;Januar 1990 blieben die Räume der HVA unangetastet. Am 8.&amp;nbsp;Februar entstand einerseits das ''Komitee zur Auflösung des ehemaligen AfNS'', andererseits wurden drei Regierungsbeauftragte zur Kontrolle des Auflösungsprozesses eingesetzt.<br /> <br /> In dem Beschluss der Arbeitsgruppe Sicherheit des Zentralen Runden Tischs vom 23.&amp;nbsp;Februar 1990 zur Auflösung der HVA heißt es in der (getippten) Originalfassung: „Die Kontrolle aller Maßnahmen erfolgt durch das Bürgerkomitee.“ Vom alleinigen Unterzeichner des Dokuments, dem Regierungsbeauftragten der Modrow-Regierung Generaloberst [[Fritz Peter]], wurde, ohne erkennbare Legitimation (keine Gegenzeichnung), die Kontrolle handschriftlich geändert in: „Die Kontrolle erfolgt durch die Arbeitsgruppe Sicherheit im engen Zusammenwirken mit dem Bürgerkomitee und wird durch Herrn Dr. Böhm koordiniert.“ [[Georg Böhm (DBD)|Georg Böhm]] war Peters Stellvertreter. Damit war die eigentlich beschlossene Kontrolle nur noch Theorie, was später als „genehmigte Selbstauflösung“ bezeichnet wurde.&lt;ref&gt;[[Bundesarchiv (Deutschland)]]: DO 104 Regierungsbevollmächtigter / Komitee zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit der DDR (AfNS) [http://startext.net-build.de:8080/barch/MidosaSEARCH/DO104-20471/mets/DO104_04/index.htm?target=midosaFraContent&amp;backlink=/barch/MidosaSEARCH/DO104-20471/index.htm-kid-699750f4-0069-4e04-8073-3d07d1a6d3fd&amp;sign=DO%20104/4 Blätter 58 u. 59 klicken, Steuer-Zeile der Blätter („1, 2, 3,...20“) zuvor auf „...60“ rollen]&lt;/ref&gt; Die Zuordnung der AG BKK zur ehemaligen HVA wurde rückgängig gemacht; inzwischen waren – nach späterer Einschätzung des KoKo-[[Untersuchungsausschuss|Ausschusses]] des Bundestags sowie der BStU – etliche Unterlagen aus diesem Bereich verschwunden. Der wie alle MfS-Mitarbeiter Anfang 1990 entlassene HVA-Chef Großmann wurde ''Berater'' der umgehend gebildeten ''Gruppe zur Auflösung der HVA''. Die konkrete [[Abwicklung (Recht)|Abwicklung]] innerhalb dieser Gruppe leitete Bernd Fischer, vormals Oberst und Chef der HVA-Abteilung&amp;nbsp;I. Der Nachrichtendienst sollte zum 1.&amp;nbsp;Juli 1990 vollständig aufgelöst sein.<br /> <br /> Fast alle personenbezogenen Unterlagen, Spionageergebnisse und sonstigen HVA-Materialien wurden bis Juni 1990 vernichtet. Dabei unterliefen den ''Auflösern'' zwei folgenschwere Fehler:<br /> <br /> * Einerseits gelangte auf nicht völlig geklärte Weise eine Kopie einer [[Mikrofilm|mikroverfilmten]] Kartei, die später als [[Rosenholz-Dateien]] bekannt wurden, zur [[Central Intelligence Agency|CIA]]. Die Beschaffung hieß bei der CIA ''Operation Rosewood''. Die anfangs oft vertretene Auffassung, es handle sich um eine Art Mobilisierungskartei, trifft nicht zu.&lt;ref&gt;[[Helmut Müller-Enbergs]] (unter Mitarbeit von Sabine Fiebig, Günter Finck, Georg Herbstritt, Stephan Konopatzky): ''[http://www.bstu.bund.de/DE/Wissen/Aktenfunde/Rosenholz/rosenholzbericht2007_pdf.pdf?__blob=publicationFile &quot;Rosenholz&quot;. Eine Quellenkritik.]'' Berlin 2007, S. 251; ISBN 978-3-942130-69-1.&lt;/ref&gt;<br /> * Andererseits existierte seit 1987 eine externe [[Sicherungskopie]] der [[Sira (Datenbank)|SIRA]]-Datenbank, in der die HVA-Eingangsinformationen als Zusammenfassungen samt einigen Daten zu den liefernden Spionen gespeichert wurden. Diese SIRA-Kopie entging der Vernichtung, kam auf Umwegen ins BStU-Archiv und wurde seit 1998 weitgehend entschlüsselt. Zusammen mit den von der CIA übergebenen Rosenholz-Dateien ermöglichen diese Daten inzwischen tiefe Einblicke in die DDR-Spionage der Jahre 1969 bis 1989.<br /> <br /> Als die Gruppe um Fischer dem staatlichen MfS-Auflösungskomitee ''fristgemäßen'' Vollzug meldete, waren weder alle Dokumente vernichtet noch die HVA-Firmen korrekt liquidiert. Die Zerstörung ausgelagerter Akten lief sogar nach dem [[Deutsche Wiedervereinigung|3.&amp;nbsp;Oktober 1990]] weiter; bei ''F.C. Gerlach'' und ''Asimex'' wurden bis 1991 noch mehrere Hundert Millionen D-Mark Bundesvermögen veruntreut. Die HVA-Auflöser machten in ihrem Abschlussbericht lediglich allgemeine Angaben und verschwiegen die Probleme.<br /> <br /> == Bewertung ==<br /> === Nachrichtendienstliche Erfolge ===<br /> Wolf, Großmann und andere verwiesen ab 1990 wiederholt darauf, dass die HVA als „einer der besten Nachrichtendienste weltweit“ gegolten habe. Im MfS gab es die Selbsteinschätzung als „zweitbester Dienst nach dem [[Mossad]]“ (z. B. laut K. Thümer, mittlerer Leitungskader der HA&amp;nbsp;II). HVA-Erfolge wie die Platzierung von [[Rainer Rupp]] (''Topas'') bei der NATO, die Zusammenarbeit mit [[Gabriele Gast]] und [[Alfred Spuhler]] im BND oder mit [[Klaus Kuron]] (''Stern'') im [[Bundesamt für Verfassungsschutz|BfV]] sind inzwischen ausführlich dokumentiert. In der Öffentlichkeit vor 1990 bekannteste DDR-Kundschafter waren der ''Kanzlerspion'' [[Günter Guillaume]] und seine Frau Christel, die gezielt übergesiedelt wurden.<br /> <br /> Westlichen Diensten gelang es praktisch nie, mit Spionen ins MfS oder gar in die HVA einzudringen. Nach 1990 offenbarten sich hingegen zahlreiche hohe Offiziere den Geheimdiensten der BRD bzw. der CIA, die damit entscheidend zur Verurteilung von BRD-Bürgern zu langjährigen Haftstrafen wegen [[Landesverrat]]s beitrugen. Die Offiziere der HVA blieben jedoch, solange sie nur vom Boden der DDR aus tätig waren, nach einem [[Strafverfolgungshindernis für DDR-Agenten|Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Mai 1995]] straffrei.<br /> <br /> Die Erfolge der HVA wurden durch Umstände begünstigt, die das MfS kaum beeinflussen konnte:<br /> <br /> * ''Agentenrückzug'' – Die Rückzugsmöglichkeiten Richtung DDR waren deutlich besser als die in der Gegenrichtung, besonders ab dem [[Mauerbau]] 1961.<br /> * ''Einfaches Einschleusen'' – Die laschen Kontrollen der BRD bei Einreisenden aus der DDR und die für Übersiedler stets offene Grenze erleichterten das Einschleusen der HVA-Agenten erheblich. Dies soll jedoch nicht vergessen lassen, dass Geheimdienste der BRD und der Alliierten sich dieser Problematik durchaus bewusst waren und einreisende Touristen beobachteten und insbesondere (vermeintliche) Übersiedler umfassend verhörten. Die Enttarnung Günter Guillaumes geht auf eine systematische Überprüfung aller Übersiedler zurück. Die Grenze wurde durch den Zoll, [[Bundesgrenzschutz]], Grenzpolizei und alliierte Militärpolizei ständig beobachtet.<br /> * ''Strafandrohungen'' – Während bei einer Entdeckung im Westen gegen HVA-Agenten „nur“ [[Haftstrafe]]n verhängt wurden, drohten in der DDR nicht nur schlechtere Haftbedingungen, sondern bis Anfang der 1980er Jahre auch die Todesstrafe – zumindest für spionageverdächtige DDR-Bürger.<br /> <br /> === Erfolge bei ''aktiven Maßnahmen'': Beispiel ''Rettung'' der Regierung Brandt 1972 ===<br /> Neben der nachrichtendienstlichen Tätigkeit waren ''aktive Maßnahmen'' im Westen ein bedeutendes Tätigkeitsfeld der HVA.&lt;ref&gt;[[BStU]]: ''Der Deutsche Bundestag 1949 bis 1989 in den Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR.'' Gutachten an den Deutschen Bundestag gemäß § 37 (3) des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, Berlin 2013, S. 125–129 u. 265-280. ([http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/45329705_kw24_gutachten/gutachten.pdf PDF])&lt;/ref&gt; Dazu gehörte neben Desinformation und Täuschung auch die Schwächung oder Unterstützung westdeutscher Politiker, je nach Interessenlage der SED. Ihren größten Erfolg hierbei erzielte die HVA durch die Rettung der Regierung Brandt beim [[Misstrauensvotum]] vom 27.&amp;nbsp;April 1972 im Bundestag. Brandts Gegenkandidat [[Rainer Barzel]] (CDU) fehlten wider Erwarten zwei Stimmen, um Brandt als [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] abzulösen. Nach dem Ende der DDR deuteten massive Hinweise, wie Zeugenaussagen und Bankunterlagen, darauf hin, dass die Abgeordneten [[Julius Steiner (Politiker)|Julius Steiner]] (CDU) und [[Leo Wagner]] (CSU) mit jeweils 50.000&amp;nbsp;DM von der HVA bestochen wurden, damit sie nicht für Barzel stimmten und Brandt Kanzler blieb.&lt;ref&gt;[[BStU]]: ''Der Deutsche Bundestag 1949 bis 1989 in den Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR.'' Gutachten an den Deutschen Bundestag gemäß § 37 (3) des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, Berlin 2013, S. 232ff, 242f, 265ff. ([http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/45329705_kw24_gutachten/gutachten.pdf PDF])&lt;/ref&gt; Zwei Wochen nach der Abstimmung konnte SED-Chef [[Erich Honecker]] bei seinem ersten Staatsbesuch in Rumänien stolz von seinem Erfolg, als Erfolg für den gesamten Ostblock, berichten: Im Sinne einer „gemeinsamen, koordinierten Linie auf außenpolitischem Gebiet“ sei eine Regierung Brandt „für uns alle angenehmer als eine Regierung unter Leitung von Barzel und [[Franz Josef Strauß|Strauß]]“.&lt;ref&gt;[[BStU]]: ''Der Deutsche Bundestag 1949 bis 1989 in den Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR.'' Gutachten an den Deutschen Bundestag gemäß § 37 (3) des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, Berlin 2013, S. 267. ([http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/45329705_kw24_gutachten/gutachten.pdf PDF])&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Rolle im Repressivapparat ===<br /> Die Rolle der HVA innerhalb des Staatsapparates bei der Repression Oppositioneller ist Gegenstand öffentlicher Diskussion. Weder die Gleichsetzung der HVA-Mitarbeiter mit denen der primär repressiv tätigen MfS-Abteilungen (z.&amp;nbsp;B. Hauptabteilung&amp;nbsp;I, HA&amp;nbsp;IX, HA&amp;nbsp;XX), noch die von Wolf und anderen [[Insinuation|insinuierte]] Einschätzung als „gewöhnlicher Nachrichtendienst“ dürften angemessen sein.<br /> <br /> * Da die IM der HVA überwiegend in der DDR ansässig waren, fielen neben Spionage-Informationen auch solche an, die sich direkt zur [[Unterdrückung]] der Bevölkerung durch den [[Geheimpolizei]]apparat eigneten. Diese Erkenntnisse übergab die HVA an die zuständigen MfS-Abteilungen.<br /> * Von den HVA-Spionen ''im Westen'' gelieferte Informationen über DDR-Bürger dienten ebenfalls zu deren Verfolgung, z.&amp;nbsp;B. nach ''ungesetzlichen Kontaktaufnahmen'' zu BRD-Einrichtungen oder Äußerungen zu [[Flucht aus der DDR|Fluchtabsichten]].<br /> * Zu den Aufgaben der im ''OG'' (MfS-Begriff für Operationsgebiet Bundesrepublik) tätigen HVA-Agenten gehörte auch die Aufklärung und [[Zersetzung (Ministerium für Staatssicherheit)|Zersetzung]] ausgebürgerter DDR-Dissidenten; Beispiele sind u.&amp;nbsp;a. [[Jürgen Fuchs (Schriftsteller)|Jürgen Fuchs]], [[Roland Jahn]], [[Lutz Eigendorf]], [[Bernd Moldenhauer]] und [[Wolfgang Welsch (Fluchthelfer)]].<br /> * West-Einsätze anderer MfS-Abteilungen wurden koordiniert bzw. erfolgten in Zusammenarbeit mit der HVA; in den 1980er Jahren führte sie diese in der Regel in Eigenverantwortung durch. Die für Auslandseinsätze ausgebildeten Kräfte (HVA-Abt. XVIII, [[AGM/S]] und andere) ermöglichten eine enorme – nicht nur ''operative'' – Schlagkraft, die kaum zum Bild eines klassischen Nachrichtendienstes passt.<br /> <br /> == Filme ==<br /> <br /> * ''Barluschke – Psychogramm eines Spions''. Regie: [[Thomas Heise]] (1997; auf VHS erschienen im März 2000)<br /> <br /> == Literatur ==<br /> === Analysen und Berichte zur HVA ===<br /> <br /> * Anthony Glees: ''The Stasi Files. East Germany’s Secret Operations Against Britain''. Free Press, 2004 (''Englisch''). ISBN 0-7432-3105-8.<br /> * [[Jens Gieseke]]: ''Der Mielke-Konzern. Die Geschichte der Stasi 1945–1990'', München 2006, ISBN 3-421-05952-7.<br /> * Georg Herbstritt; Helmut Müller-Enbergs (Hrsg.): ''Das Gesicht dem Westen zu … DDR-Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland.'' Analysen und Dokumente (Wiss. Reihe d. BStU), Bd. 23; [[Edition Temmen]], 2003. ISBN 3-86108-388-4.<br /> * [[Hubertus Knabe]]: ''Der diskrete Charme der DDR. Stasi und Westmedien''. Ullstein Taschenbuch 36389, 2003. ISBN 3-548-36389-X.<br /> * Hubertus Knabe: ''Die unterwanderte Republik''. Ullstein Taschenbuch 36284, 2001. ISBN 3-548-36284-2.<br /> * Hubertus Knabe u. a.: ''West-Arbeit des MfS. Das Zusammenspiel von ‚Aufklärung‘ und ,Abwehr’''. Analysen u. Dokumente (Wiss. Reihe d. BStU), Bd. 18; Ch. Links Verlag, Berlin 1999. ISBN 3-86153-182-8<br /> * [[Udo Scheer]]: ''Jürgen Fuchs. Ein literarischer Weg in die Opposition'', Jaron Verlag, Berlin 2007, ISBN 3-89773-573-3.<br /> * Elisabeth Pfister: ''Unternehmen Romeo''. Aufbau Verlag, Berlin 1999. ISBN 3-351-02491-6.<br /> * [[BStU]]: ''Der Deutsche Bundestag 1949 bis 1989 in den Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR.'' Gutachten an den Deutschen Bundestag gemäß § 37 (3) des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, Berlin 2013, 397 S. ([http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/45329705_kw24_gutachten/gutachten.pdf PDF]).<br /> * [[Daniela Münkel]]: [http://www.nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0292-97839421307526 ''Kampagnen, Spione, geheime Kanäle. Die Stasi und Willy Brandt (BF informiert, 32/2013).''] Online-Publikation des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik – Abteilung Bildung und Forschung, Berlin, November 2013, 83 S.<br /> <br /> === Bücher ehemaliger HVA-Mitarbeiter ===<br /> <br /> * Manfred Bols: ''Ende der Schweigepflicht. Aus dem Leben eines Geheimdienstlers''. Verlag Das Neue Berlin, edition ost, Berlin 2002. ISBN 3-360-01037-X<br /> * Werner Großmann: ''Bonn im Blick''. Verlag Das Neue Berlin, 2001. ISBN 3-360-00943-6<br /> * Werner Stiller: ''Im Zentrum der Spionage''. v. Hase &amp; Koehler, Mainz 1986, ISBN 3-7758-1141-9, sowie Lübbe Vlg., Bergisch-Gladbach 1988, ISBN 3-404-60200-5<br /> * Markus Wolf: ''Spionagechef im geheimen Krieg''. Ullstein Tb. 36589, 2003. ISBN 3-548-36589-2<br /> * Heinz Geyer: ''Zeitzeichen. 40 Jahre in Spionageabwehr und Aufklärung''. [[Kai Homilius Verlag]], 2007. ISBN 978-3-89706-859-9<br /> * [[Klaus Eichner]], Gotthold Schramm: ''Konterspionage. Die DDR-Aufklärung in den Geheimdienstzentren''. edition ost, Berlin 2010. ISBN 3-360-01821-4<br /> <br /> === Weitere Bücher ===<br /> <br /> * Klaus Behling: ''Kundschafter a.D. Das Ende der DDR-Spionage''. Hohenheim Verlag, Stuttgart 2003. ISBN 3-89850-098-5.<br /> * Pierre Boom; G. Haase-Hindenberg: ''Der fremde Vater. Der Sohn des Kanzlerspions Guillaume erinnert sich''. Aufbau Verlag, Berlin 2004. ISBN 3-351-02567-X.<br /> * Nicole Glocke; Edina Stiller: ''Verratene Kinder. Zwei Lebensgeschichten aus dem geteilten Deutschland''. Ch. Links Verlag, Berlin 2003. ISBN 3-86153-302-2.<br /> * Peter Bernhardt: ''The Stasi File''. [http://www.youwriteon.com/books/samplechapters.aspx?bookguid=fe2505d1-b068-4082-8be8-eb8a298b3757 Leseprobe], London 2009. ISBN 978-1-84923-384-2.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> * [http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Hauptverwaltung_Aufkl%E4rung Die HVA bei ddr-wissen.de]<br /> * [http://www.stasiopfer.de/mitarbeit.html ''Zur Auflösung der HVA''] bei stasiopfer.de<br /> * [http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Abschlussbericht_%FCber_die_Aufl%F6sung_der_ehemaligen_HVA Bericht] der ''Gruppe zur Auflösung der ehemaligen HVA'' vom Juni 1990<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=k|GND=4284385-6}}<br /> {{Navigationsleiste Nachrichtendienste der Deutschen Demokratischen Republik}}<br /> {{Lesenswert|25. August 2005|8775725}}<br /> <br /> {{SORTIERUNG:Hauptverwaltung Aufklarung}}<br /> [[Kategorie:Ministerium für Staatssicherheit]]<br /> [[Kategorie:Organisation (Kalter Krieg)]]<br /> [[Kategorie:Gegründet 1955]]<br /> [[Kategorie:Aufgelöst 1990]]<br /> [[Kategorie:Deutschland im Kalten Krieg]]</div> 199.231.188.244