https://de.wikipedia.org/w/api.php?action=feedcontributions&feedformat=atom&user=176.0.6.207 Wikipedia - Benutzerbeiträge [de] 2025-05-11T22:16:21Z Benutzerbeiträge MediaWiki 1.44.0-wmf.28 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vorname_(Deutschland)&diff=250253878 Vorname (Deutschland) 2024-11-11T17:57:10Z <p>176.0.6.207: /* Namensänderung */ k</p> <hr /> <div>In Deutschland bezeichnet der '''Vorname''' einer Person den Teil des [[Name]]ns, der nicht die Zugehörigkeit zu einer [[Familie (Soziologie)|Familie]] ausdrückt (also nicht den [[Familienname]]n), sondern sie innerhalb der Familie bezeichnet. Eine Person kann mehrere Vornamen haben. Im [[Deutsche Sprache|Deutschen]] stehen die Vornamen (als individuelle Namen) ''vor'' dem [[Deutscher Familienname|Familiennamen]] (von regionalen Ausnahmen abgesehen).<br /> <br /> Die Vornamen eines Menschen werden dort meistens nach seiner Geburt von seinen Eltern bestimmt. Es gibt Reglementierungen, die die Freiheit der Wahl des Vornamens mehr oder weniger einschränken. Die Auswahl der Vornamen unterliegt [[Mode]]n. Bei der Auswahl eines Vornamens können Eltern sich anhand der Vornamenlexika orientieren, Bücher, die laut [[Konrad Kunze]] zu den Dauerbestsellern im Buchmarkt gehören.&lt;ref&gt;Konrad Kunze: ''dtv-Atlas Namenkunde. Vor- und Familiennamen im deutschen Sprachgebiet.'' 5., durchgesehene und korrigierte Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag München 2004, Seite 13. ISBN 3-423-03266-9.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Als ''Rufname'' bezeichnet man den (oder die) Vornamen, unter dem Personen normalerweise angesprochen werden.<br /> <br /> == Historische und geographische Entwicklung ==<br /> Zur Geschichte auf den deutschen Sprachraum bezogen siehe [[Vorname#Deutscher Sprachraum]].<br /> <br /> === Renaissance und Reformation ===<br /> Zu den meistverbreiteten Vornamen in Deutschland zählten im 16.&amp;nbsp;Jahrhundert: Johann/Johannes, Georg, Heinrich, Hans, Christoph, Friedrich, Philipp, Wilhelm, Andreas, Jakob/Jacob, Joachim, Hermann, Martin, Michael, Ludwig, Peter, Caspar, Paul, Anton, Christian; Anna, Maria/Marie, Elisabeth, Katharina/Catharina, Dorothea, Agnes, Magdalene/Magdalena, Sophie, Christine/Christina, Hedwig, Sibylle/Sibylla, Sophia, Barbara, Margarete/Margaretha, Johanna, Eleonore, Ursula, Charlotte, Eva.<br /> <br /> === 17. und 18. Jahrhundert ===<br /> <br /> Zu den meistverbreiteten Vornamen in Deutschland zählten im 17.&amp;nbsp;Jahrhundert: Johann, Friedrich, Heinrich, Georg, Christian, Christoph, Wilhelm, Ludwig, Ernst, Philipp, Karl/Carl, Franz, Joachim, Hans, Anton, August, Otto, Adam, Hermann, Andreas, Bernhard; Maria/Marie, Anna, Elisabeth, Sophie, Dorothea, Charlotte, Katharina/Catharina, Eleonore, Amalie/Amalia, Christine, Magdalena, Luise, Henriette, Hedwig, Johanna, Juliane, Sibylla, Sophia, Wilhelmine, Barbara.<br /> <br /> Zu den meistverbreiteten Vornamen in Deutschland zählten im 18.&amp;nbsp;Jahrhundert: Johann, Karl/Carl, Friedrich, Georg, Wilhelm, Heinrich, Christian, Franz, Ludwig, August, Ernst, Joseph, Ferdinand, Philipp, Anton, Gustav, Christoph, Hans, Peter, Otto; Maria/Marie, Caroline/Karoline, Luise/Louise, Charlotte, Sophie, Anna, Friederike, Henriette, Amalie, Elisabeth/Elise, Johanna, Wilhelmine, Marianne, Auguste, Dorothea, Christiane, Juliane, Katharina, Julie, Therese.<br /> <br /> === 19. Jahrhundert ===<br /> Zu den meistverbreiteten Vornamen in Deutschland zählten im 19.&amp;nbsp;Jahrhundert: Karl/Carl, Friedrich/Fritz, Wilhelm, Hans, Heinrich, Hermann, Otto, Ernst, Paul, Georg, Max, Franz, Ludwig, August, Rudolf, Adolf, Gustav, Richard, Johann, Julius, Theodor; Marie/Maria, Elisabeth/Else, Anna, Margarete, Helene, Gertrud, Luise/Louise, Hedwig, Auguste, Johanna, Sophie, Charlotte, Clara, Mathilde, Emma, Martha, Ida, Bertha, Frieda, Julie, Käthe.<br /> <br /> === 20. Jahrhundert und Gegenwart ===<br /> Zu den meistverbreiteten Vornamen in Deutschland zählten im 20.&amp;nbsp;Jahrhundert: Hans, Peter, Wolfgang, Klaus, Michael, Karl, Jürgen, Heinz, Thomas, Werner, Walter, Ernst, Franz, Paul, Kurt, Helmut, Herbert, Hermann, Andreas, Dieter; Barbara, Ursula, Maria, Susanne, Elisabeth, Monika, Petra, Karin, Sabine, Claudia, Renate, Eva, Gabriele, Anna, Brigitte, Helga, Christine, Gisela, Ruth, Ulrike.<br /> <br /> Zur Zeit des ''[[Drittes Reich|Dritten Reichs]]'' spielten Vornamen eine wichtige Rolle bei der Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung. Schon 1934 waren Vorschläge umgesetzt worden, die das ''Ausmerzen der in der [[Buchstabiertafel#Änderung 1934 unter dem NS-Regime|Buchstabiertafel]] […] enthaltenen jüdischen Namen'' (David, Isidor, Jacob, Nathan, Samuel und Zacharias) zum Ziel hatten. Die konkrete Umsetzung der im Rahmen der ''[[s:Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen|Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen]]'' beschlossenen Gesetze, die der Stigmatisierung der Juden weiteren Vorschub leistete, erfolgte durch einen ''[[s:Richtlinien über die Führung von Vornamen|Runderlass des Reichsministeriums des Innern vom 18. August 1938]]''. In den darin enthaltenen ''Richtlinien über die Führung von Vornamen'' wurde verfügt, dass Juden nur bestimmte in einer Anlage aufgelistete Vornamen gegeben werden durften, deren Verwendung anderen deutschen Staatsangehörigen nicht gestattet war. Soweit Juden keinen der in besagter Beilage aufgeführten Vornamen führten, mussten sie ab dem 1. Januar 1939 einen weiteren Vornamen annehmen, und zwar männliche Personen ''Israel'', weibliche ''Sara'', dessen Führung ''im Rechts- und Geschäftsverkehr'' ausdrücklich angeordnet wurde. Man muss davon ausgehen, dass bei der Zusammenstellung der vorgeschriebenen jüdischen Vornamen durch die NS-Behörden mit Absicht auch lächerlich und abwertend klingende Beispiele wie ''Geilchen'' oder ''Saudik'' gewählt wurden. Es ist sicher auch kaum Zufall, dass nicht wenige der biblischen Namen, wie der des aus der [[Passion Jesu|Passionsgeschichte]] bekannten Hohepriesters ''[[Kajaphas|Kaiphas]]'', für christlich sozialisierte Menschen mit extrem negativen Assoziationen verknüpft waren. Da zahlreiche Vornamen alttestamentlich-hebräischen Ursprungs auch bei den nichtjüdischen Deutschen beliebt waren, man denke nur an Josef oder Michael, entstand die paradox anmutende Situation, dass die NS-ideologisch als ''jüdisch'' betrachteten Namen wegen ihrer weiten Verbreitung keine Aufnahme in die genannte Liste erlaubter jüdischer Namen fanden und insofern nur von nichtjüdischen Deutschen, nicht mehr aber von Juden verwendet werden durften. Der offiziell erwünschten Linie folgend empfahl die [[Ostpreußen|ostpreußische]] Autorin Hermine Lettau angehenden Eltern in ihrem im Jahre 1942 erschienenen (und 1947 in der ''[[Liste der auszusondernden Literatur]]'' aufgeführten&lt;ref&gt;''Liste der auszusondernden Literatur.'' Erster Nachtrag nach dem Stand vom 1. Januar 1947. Hrsg. von der Deutschen Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone. Zentralverlag. Berlin 1947, Nr. 2444 ([http://www.polunbi.de/bibliothek/1947-nslit-l.html online] bei [http://www.polunbi.de Datenbank Schrift und Bild 1900–1960]).&lt;/ref&gt;) Vornamenbuch ''Wie heißt Du?'' die Verwendung von Vornamen ''germanischen'' Ursprungs. Dagegen sollten die mit einem Stern gekennzeichneten ''hebräischen'' Vornamen, zu denen sie Gabriel, Simon, Jakob, Anne, Hanna, Elisabeth und Lilli zählte, unbedingt vermieden werden.&lt;ref&gt;Hermine Lettau: ''Wie heißt du? 500 Vornamen und ihre Bedeutung.'' Pädagogische Verlagsgemeinschaft Ostpreußen, Königsberg 1942. – Vgl. dazu Iman Makeba Nick: ''Personal Names, Hitler, and the Holocaust. A Socio-Onomastic Study of Genocide and Nazi Germany.'' Lexington, Lanham 2019, ISBN 9781498525978, S. 95 ([https://books.google.de/books?id=1e-YDwAAQBAJ&amp;pg=PA95 als Vorschau online] bei [[Google Books]]).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im geteilten Deutschland erfreuten sich in Ost und West unterschiedliche Namen größerer Beliebtheit. Ronny, Enrico, Mandy, Nancy, Cindy, Sindy, Sandy und Peggy werden als „DDR-Namen“ angesehen, nachdem sie von den 1970er bis in die 1990er Jahre in Ostdeutschland recht beliebt waren.&lt;ref&gt;Gabriele Rodríguez: Namen machen Leute. Wie Vornamen unser Leben beeinflussen, 2017, S. 31&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Vgl. auch: [[Ulrich Pfeil]]: Die DDR und der Westen: Transnationale Beziehungen 1949–1989, Ch. Links Verlag, 2001, ISBN 3-86153-244-1, S. 18, hier [http://books.google.de/books?id=6phy72HlTxYC&amp;lpg=PA18 S. 18]&lt;/ref&gt; Mandy taucht 1974 in der Top-Ten-Liste der beliebtesten Mädchennamen in der DDR auf, 1980 war er auf Platz sechs.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.mdr.de/zeitreise/ddr/ddr-vornamen116.html |titel=DDR-Vornamen und ihre Vorurteile: &quot;Oh Mandy!&quot; |werk=mdr.de |datum=2021-12-06 |abruf=2024-03-13}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Etwa 1000 zuvor noch nie vergebene Vornamen werden jährlich in Deutschland eingetragen, zuletzt vor allen Dingen [[Anglizismus|Anglizismen]] wie ''Moon'', ''Sunshine'', ''Fox'' und ''Summer''.&lt;ref name=&quot;stn-2021-01-25&quot;&gt;{{Literatur | Autor=David Scheu | Titel=Darf das Baby Adolf heißen? | Sammelwerk= [[Stuttgarter Nachrichten]] | Band= 76 | Datum= 2021-01-25 }}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Vornamenswahl nach Region ===<br /> <br /> Das Vorkommen von speziellen Vornamen in verschiedenen Regionen von Deutschland deutet auf regionale Vornamenspräferenzen hin. Die Verteilung in Deutschland nach dem Telefonverzeichnis von 1998&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://www.gen-evolu.de/index.php?id=80 |text=Verteilung in Deutschland nach dem Telefonverzeichnis von 1998 |wayback=20101215133916}}&lt;/ref&gt; zeigt, dass sich die männlichen Vornamen ''Hauke'' und ''Carsten'' besonders in Norddeutschland finden, während sich ''Katharina'' und ''Maria'' vor allem in Bayern und in der Eifel finden. ''Gerold'' und ''Jan'' sind typisch für [[Ostfriesland]], während ''Anton'' und ''Xaver'' nur in Süddeutschland vorkommen. ''Stefan'' und ''Alexander'' findet sich vor allem im Westen und ''Frank'' und ''Kerstin'' sind hauptsächlich im Osten populär. Bei einigen Namen, wie ''Josef'' und ''Josefa'', wirkt sich die [[Religionen in Deutschland|Verteilung der Konfessionen]] in der jeweiligen Region stark auf die Namenshäufigkeit aus.<br /> ==== Thüringen ====<br /> <br /> In [[Thüringen]] und einigen anderen Gegenden in Deutschland war es möglich, zwei oder mehrere mitunter alle gleichzeitig lebenden Kinder derselben Familie mit demselben Vornamen taufen zu lassen. Man unterschied dann zwischen „Groß-Hans“ und „Klein-Hans“. Manchmal ist die Gleichnamigkeit nur sekundär oder scheinbar, wenn bei einem Doppelnamen wie „Johann Christoph“ ein Namensteil im praktischen Gebrauch ausfiel oder vergessen wurde und nicht selten bei der Heirat oder beim Tode dieser Person ein neuer Doppelname „erfunden“ wurde. [[Genealogie|Genealogische]] Nachforschungen werden erschwert (siehe auch [[Toter Punkt (Genealogie)|Toter Punkt]]).<br /> <br /> ==== Ostfriesland ====<br /> {{Hauptartikel|Ostfriesischer Vorname}}<br /> {{Quelle}}<br /> Im ostfriesischen Raum war es bis in die 1970er Jahre üblich, dem erstgeborenen Sohn den Namen des Großvaters väterlicherseits zu geben. Dem Großvater seinerseits wurde der als ehrenvoll empfundene Zusatz „-Ohm“ gegeben. Bei weiblichen Namen galt das gleiche, dem Mädchen wurde der Name der Großmutter gegeben, die Ahnin selbst wurde durch den Zusatz „-möh“ angesprochen. Diese Regelung wird kaum noch praktiziert.<br /> * Beispiel<br /> : Großvater: Hinrich, Vater: Harm, Sohn: Hinrich. Aus dem Großvater wurde „Hinrich-Ohm“.<br /> : Großmutter: Gertje, Mutter: Jantje, Tochter: Gertje. Aus der Großmutter wurde dann „Gertje-Möh“.<br /> <br /> ==== Süddeutschland ====<br /> <br /> Im süddeutschen sowie ostsächsischen Sprachraum wird in der [[Umgangssprache]] teilweise der Rufname dem Familiennamen nachgestellt, wie „der Köhlers Werner“ oder auch „der Köhler Werner“. Obwohl der Familienmitgliedsname in diesen Fällen nicht mehr vor dem Familiennamen steht, bleibt er trotzdem der ''Vorname''.<br /> <br /> == Rechtliche Situation ==<br /> {{Hauptartikel|Namensrecht}}<br /> <br /> === Namensgebung ===<br /> {{Hauptartikel|Namensrecht (Deutschland)}}<br /> <br /> Das Recht der Namensgebung ist in Deutschland nur teilweise gesetzlich geregelt. Es handelt sich um [[Gewohnheitsrecht|Gewohnheits-]] und um [[Richterrecht]]. Ausnahmen bestehen bei Vornamensänderungen im Rahmen einer [[Adoption]] ({{§|1757|bgb|juris}} Abs.&amp;nbsp;3 BGB), im Rahmen des [[Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag|Selbstbestimmungsgesetzes]] ({{§|2|sbgg|juris}} Abs.&amp;nbsp;3 SBGG) oder aus sonstigen wichtigen Gründen ({{§|11|nam_ndg|juris}} [[Namensänderungsgesetz]]).<br /> <br /> Das Recht auf Namensfindung liegt bei den Eltern bzw. dem allein [[Elterliche Sorge (Deutschland)|Sorgeberechtigten]]. Dabei steht ihnen auch zu, einen neuen Namen zu erfinden, solange er den geltenden Richtlinien für die Namensgebung entspricht.&lt;ref name=&quot;:0&quot;&gt;{{Internetquelle |url=https://gfds.de/vornamen-die-haeufigsten-fragen/ |titel=Vornamen: Die häufigsten Fragen |werk=GfdS |hrsg=Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. |abruf=2024-06-02}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Der Vorname …<br /> * … muss als Vorname erkennbar sein&lt;ref name=&quot;:0&quot; /&gt;<br /> ** … darf kein weitverbreiteter Orts- oder Markenname sein.<br /> ** … darf kein Familienname sein.&lt;ref&gt;[http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg05-114.html Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 691/03 von 2005 zur Zulassung des Namens „Anderson“]&lt;/ref&gt; Ausnahmen sind insbesondere bei ostfriesischen Zwischennamen (zum Beispiel „ten Doornkaat“ [[BGH]] [[StAZ]] 1959, 210 ff) und bei sehr seltenen, ungewöhnlichen Nachnamen (zum Beispiel Wannek, Birkenfeld) gemacht worden, sowie natürlich bei den Familiennamen, die hauptsächlich als Vornamen bekannt sind (wie Gerhart).<br /> ** … darf keinen Titel wie Lord oder Prinzessin bezeichnen.<br /> * … muss nicht mehr wie bis 2008 eindeutig männlich oder weiblich sein, sondern darf auch neutral sein.&lt;ref name=&quot;1 BvR 576/07&quot;&gt;{{Internetquelle |autor=1 Senat Bundesverfassungsgericht |url=https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2008/12/rk20081205_1bvr057607.html |titel=Bundesverfassungsgericht - Entscheidungen - Verweigerung der Eintragung eines in Indien für Mädchen und Jungen gebräuchlichen Vornamens ins Geburtsregister ohne Hinzufügung eines weiteren, das Geschlecht des Kindes eindeutig anzeigenden Vornamens verletzt Eltern und Kind in Grundrechten |datum=2008-12-05 |sprache=de |abruf=2024-06-02}}&lt;/ref&gt;<br /> * … darf dem Kindeswohl nicht schaden, indem er das Kind lächerlich machen oder eine Verbindung „[[das Böse|zum Bösen]]“ herstellen würde.&lt;ref name=&quot;:0&quot; /&gt;<br /> ** Der Vorname ''[[Adolf]]'' ist hingegen in Deutschland trotz der starken Belastung durch den Diktator [[Adolf Hitler]] abhängig von den Beweggründen der Eltern möglicherweise eintragungsfähig.&lt;ref&gt;[http://www.n-tv.de/ratgeber/sein-Kind-Adolf-nennen-article17203741.html ''Darf man eigentlich … … sein Kind &quot;Adolf&quot; nennen?''] Artikel des Nachrichtensender [[n-tv]] vom 13. März 2016. Abgerufen am 23. März 2017.&lt;/ref&gt;<br /> ** Die Vergabe des Vornamens ''Lucifer'' lehnte die [[Gesellschaft für deutsche Sprache|GfdS]] aus Gründen des Kindeswohls ab, jedoch wurde er in Deutschland bereits als Vorname beurkundet.&lt;ref name=&quot;:0&quot; /&gt;<br /> * … darf das religiöse Empfinden der Mitmenschen nicht verletzen, zum Beispiel Christus und früher auch Jesus (durch OLG Frankfurt 20 W 149/98 als Vorname zugelassen).<br /> * … muss innerhalb eines Monats nach der Geburt festgelegt werden ({{§|22|pstg|juris}} Abs.&amp;nbsp;1 [[Personenstandsgesetz (Deutschland)|Personenstandsgesetz]]).<br /> <br /> Eine Person kann mehrere, muss aber mindestens einen Vornamen besitzen. Nach einem Beschluss des [[Bundesverfassungsgericht]]es darf das Amtsgericht die Anzahl der Vornamen eines Kindes zu dessen Wohle beschränken (in diesem Fall&lt;ref&gt;[http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20040128_1bvr099498.html 1 BvR 994/98, Entscheidung von 2004 über Chenekwahow Tecumseh Migiskau Kioma Ernesto]&lt;/ref&gt; durfte die Mutter ihrem Kind statt zwölf nur fünf Vornamen geben). Bei Verwendung mehrerer Vornamen wird der Vorname, mit dem die Person hauptsächlich angeredet („gerufen“) wird, als „Rufname“ bezeichnet. Die Reihenfolge der Vornamen stellt keine Rangfolge dar. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 15. April 1959 – IV ZB 286/58) steht es in Deutschland dem Namensträger frei, zwischen seinen standesamtlich eingetragenen Namen zu wählen. Ein [[Rufname (Deutschland)|Rufname]] ist also nicht unveränderlich festgelegt.<br /> <br /> Die Namen eines Kindes müssen sich von denen seiner Geschwister unterscheiden. Wenn mehrere Vornamen vergeben werden, darf einer dem der Geschwister entsprechen (BayObLGZ 1985, 362–368). Drei Vornamen sollen nicht durch Bindestrich zu einem Vornamen verbunden werden (Jan-Marius-Severin; StAZ 1982, 46–47).<br /> <br /> Bei der Geschlechtsgebundenheit des Vornamens wurde eine ältere [[Dienstanweisung]] durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts verworfen. Nach §&amp;nbsp;262 Abs.&amp;nbsp;4 der Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden soll der Vorname eindeutig männlich oder weiblich sein. Lässt ein Vorname Zweifel über das Geschlecht des Kindes aufkommen, so soll der Standesbeamte verlangen, dass dem Kinde ein weiterer, den Zweifel ausschließender Vorname beigelegt wird. Eine Ausnahme stellen etablierte Namen wie [[Toni]], [[Sascha]], [[Nicola]], [[Ashley (Vorname)|Ashley]], [[Robin (Name)|Robin]], [[Andrea (Vorname)|Andrea]] dar. Eine seit langem bestehende Ausnahme von der Geschlechtskennzeichnung stellt die Vergabe des weiblichen zweiten Vornamen Maria an einen Jungen dar (BGHZ 30, 132–140; mittlerweile sogar mit Bindestrich zulässig: Claus-Maria, AG Traunstein 10 UR III 61/92; Johannes-Marie, AG Mönchengladbach 15 III 7/97). Das Bundesverfassungsgericht entschied dagegen 2008, dass das Gesetz keine Begrenzung der elterlichen Vornamenswahl auf einen geschlechtsbezogenen Namen vorsieht.&lt;ref name=&quot;1 BvR 576/07&quot; /&gt; Obengenannte Dienstanweisung ist daher für die Eltern nicht bindend. Die elterliche Vornamenswahl findet ihre Grenzen nur da, wo eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, von der {{&quot;|allenfalls dann auszugehen [ist], wenn der gewählte Vorname dem Kind offensichtlich nicht und nach keiner Betrachtungsweise die Möglichkeit bietet, sich anhand des Vornamens mit seinem Geschlecht zu identifizieren}}.<br /> <br /> === Namensänderung ===<br /> {{main|Geschlechtliche Selbstbestimmung}}<br /> Gemäß dem [[Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag|Selbstbestimmungsgesetz]] vom 19. Juni 2024 können intersexuelle, transgeschlechtliche und nichtbinären Personen in Deutschland ihren Vornamen ändern lassen, so dass er ihrer [[Geschlechtsidentität]] entspricht. Eine Kontroverse besteht noch darüber, ob die Anzahl der alten Vornamen beibehalten werden muß, wie einige Standesämter unrichtigerweise behaupten, oder auch die Anzahl der Vornamen geändet werden kann, damit die eigene empfundene Geschlechtsidentität wirksam abgebildet wird. Beispielsweise kann aus ''Gerhard'' auch ''Andrea Luca'' werden und nicht nur ''Andrea'' oder ''Luca''.<br /> <br /> In Deutschland besteht darüber hinaus in Ausnahmefällen die Möglichkeit, den eigenen Vornamen im Nachhinein ändern zu lassen. Dies fällt in den Zuständigkeitsbereich der Namenänderungsbehörde, die entweder beim [[Standesamt]], der [[Kreisverwaltung]] oder beim [[Ordnungsamt]] angesiedelt ist. <br /> <br /> Damit der Vorname geändert werden kann, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein. Zum Beispiel können [[Ausländer|ausländische]] Vornamen nach der [[Staatsbürgerschaft#Erwerb durch Einbürgerung (Naturalisation)|Einbürgerung]] eingedeutscht werden, oder falls dies nicht möglich ist, neue Vornamen gewählt werden (Art. 47 EGBGB). Außerdem gibt es die Möglichkeit, den Vornamen aufgrund der Religion ändern zu lassen und, wenn jemand schon immer anders genannt wurde und sich mit seinem exotischen Vornamen nicht abfinden kann.<br /> <br /> === Vornamen in den Personaldokumenten ===<br /> <br /> In den [[Personalausweis]]en und [[Reisepass|Reisepässen]] der Bundesrepublik Deutschland wurden und werden alle Vornamen der Person im Feld „Vornamen“, in der Reihenfolge wie sie von links nach rechts in der Geburtsurkunde stehen, eingetragen. In der [[Maschinenlesbarer Bereich|maschinenlesbaren Zone]] (''MRZ''; auf Personalausweisen auf der Rückseite, in Reisepässen unten auf der Vorderseite der Passkarte) wurde bis 31.&amp;nbsp;Oktober 2010 hingegen nur ''ein'' Vorname eingetragen. Dies war in der Regel der erste Vorname, außer wenn der Antragsteller die Eintragung eines anderen Vornamens als „[[Rufname (Deutschland)|Rufname]]“ wünschte.&lt;ref name=&quot;BMI-Perso&quot; /&gt;<br /> <br /> Internationalen Standards, die auf Empfehlungen der [[International Civil Aviation Organization|Internationalen Zivilluftfahrtorganisation]] ''(ICAO)'' zurückgehen, folgend wird seit Oktober 2010 die Zusammensetzung des Namens in der ''MRZ'' nach einem einheitlichen Verfahren festgelegt. Mit Wirkung vom 1.&amp;nbsp;November 2010 werden deshalb in der ''MRZ'' alle Vornamen der Geburtsurkunde entsprechend eingetragen. In Fällen, in denen auf Grund der begrenzten Anzahl von Zeichen in der ''MRZ'' die Eintragung aller Vornamen nicht möglich ist, werden zuerst der Familienname und dahinter die Vornamen aus der Geburtsurkunde soweit möglich eingetragen.&lt;ref name=&quot;BMI-Perso&quot; /&gt;<br /> <br /> === Verwendung der Vornamen ===<br /> <br /> Die in der Geburtsurkunde eingetragenen Vornamen dürfen von den Namensträgern im privaten Rechts- und Geschäftsverkehr nach Belieben genutzt werden und sind gleichberechtigt. Während in der Bundesrepublik Deutschland heutzutage nicht mehr zwischen Rufnamen und sonstigen Vornamen unterschieden wird, wurden in einigen Bundesländern und auch in der DDR bis zur Wiedervereinigung Rufnamen in Geburtsurkunden und Personalausweisen unterstrichen.&lt;ref name=&quot;BMI-Perso&quot;&gt;''[https://web.archive.org/web/20160608113332/http://www.bmi.bund.de:80/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2010/11/Rufnamen_nPA.html Vor- und Rufnamen in Pässen und Personalausweisen]''. Auf: bmi.bund.de&lt;/ref&gt; Die alleinige Verwendung des Vornamens genügt grundsätzlich nicht, wenn es um die Rechtsverbindlichkeit einer [[Unterschrift]] geht. Ausnahmen können bei Bischöfen sowie im Rechtsverkehr unter Verwandten bestehen.<br /> <br /> === Gerichtsentscheidungen über Vornamen ===<br /> &lt;!-- Verlinkungen, die nicht auf einen Vornamensartikel gehen, können dennoch sinnvoll sein, da sie dem Leser Rückschlüsse auf mögliche Motivation(en) zur Vergabe derart – öhmmm… exotischer – Namen ermöglichen. die der Richter, sowas durchzuwinken. --&gt;<br /> {| class=&quot;wikitable zebra hintergrundfarbe5&quot;<br /> |+ Positive Entscheidungen über Eintragungsfähigkeit von Vornamen<br /> |-<br /> ! Vorname<br /> ! Entscheidungsinhalt<br /> ! Fundstelle<br /> |-<br /> |[[Aiwara]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1989, 381<br /> |-<br /> |[[Birkenfeld (Vorname)|Birkenfeld]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |NJW-RR 2000, 1170–1171<br /> |-<br /> |[[Büb]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2001, 110<br /> |-<br /> |''[[Cheyenne (Vorname)|Cheyenne]]'' Emma Katharina<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1995, 300<br /> |-<br /> |[[Cosma Shiva Hagen|Cosma-Shiva]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1994, 117<br /> |-<br /> |[[Daniel (Vorname)|Danny]]<br /> |als alleiniger männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2008, 108–109<br /> |-<br /> |[[Dior (Vorname)|Dior]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1995, 299–300<br /> |-<br /> |Djehad (Sprich: [[Dschihad]])<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |KG, 1 W 93/07&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,646390,00.html Eltern dürfen ihren Sohn „Djehad“ nennen]&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> |Domino Carina<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1991, 321<br /> |-<br /> |[[Emanuele (Vorname)|Emanuele]]<br /> |als alleiniger männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2006, 171<br /> |-<br /> |Emily-Extra<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 2 W 110/03<br /> |-<br /> |[[Fanta (Vorname)|Fanta]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1999, 147–148<br /> |-<br /> |[[Galaxina (Vorname)|Galaxina]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1994, 117<br /> |-<br /> |[[Gerrit]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1998, 322–323<br /> |-<br /> |''[[Ibanez (Vorname)|Ibanez]]'' Sophie<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1997, 40<br /> |-<br /> |Jasmin Heide Kaur<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |OLG Stuttgart 8 W 566/87<br /> |-<br /> |[[Jazz (Vorname)|Jazz]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1999, 149–150<br /> |-<br /> |[[Jedida]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1989, 381<br /> |-<br /> |[[Jesus (Name)|Jesus]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |OLG Frankfurt /Main 1998, 20 W 149/98&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://openjur.de/u/292247.html |titel=OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.11.1998 - 20 W 149/98 |hrsg=openJur |abruf=2024-05-23}}&lt;/ref&gt;''&lt;ref&gt;{{Literatur |Titel=Am Vornamen Jesus ist nichts auszusetzen |Sammelwerk=Die Tageszeitung: taz |Datum=1998-12-22 |ISSN=0931-9085 |Seiten=6 |Online=https://taz.de/!1309973/ |Abruf=2024-05-22}}&lt;/ref&gt;''<br /> |-<br /> |[[Kai (Vorname)|Kai]]<br /> |als alleiniger Vorname für einen Jungen eintragungsfähig<br /> |OLGR Hamm 2005, 51–53<br /> |-<br /> |Kiana Lemetri<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1999, 147<br /> |-<br /> |[[Kiran]]<br /> |als alleiniger Vorname für alle Geschlechter eintragungsfähig<br /> |BVerfG, 1 BvR 576/07 vom 5. Dezember 2008<br /> |-<br /> |[[Kolle (Vorname)|Kolle]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1998, 127<br /> |-<br /> |[[Lafayette (Vorname)|Lafayette]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1992, 378<br /> |-<br /> |[[Latoya]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1993, 357, gegenteilige Entscheidung StAZ 1994, 195<br /> |-<br /> |[[Leines]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2001, 327<br /> |-<br /> |[[LouAnn]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2004, 45–46<br /> |-<br /> |[[Luca (Vorname)|Luka]] / [[Luca (Vorname)|Luca]]<br /> |als alleiniger männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |NJW-RR 2005, 874–876, OLGR Frankfurt 2004, 322–323<br /> |-<br /> |[[Lüdke|Lütke]]<br /> |als dritter männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |BGH Beschl. v. 30. April 2008 AZ. XII ZB 5/08 = NJW 2008, 2500–2502<br /> |-<br /> |Maitreyi Padma<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |NJW-RR 1988, 74–74<br /> |-<br /> |Max Amos Soma Xam<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1984, 129–129<br /> |-<br /> |[[Merle (Name)|Merle]]<br /> |als alleiniger weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1998, 346–347<br /> |-<br /> |[[Meva]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2003/16<br /> |-<br /> |Michael ''[[Cougar (Vorname)|Cougar]]''<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1992, 144<br /> |-<br /> |Nicola Andrea<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1983, 15–16, NJW-RR 1995, 773–774<br /> |-<br /> |''[[Nikita (Name)|Nikita]]'' Katharina<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1995, 298<br /> |-<br /> |[[November (Vorname)|November]]<br /> |als Vorname für alle Geschlechter eintragungsfähig<br /> |LG Bonn 4 T 202/06<br /> |-<br /> |[[Oleander (Vorname)|Oleander]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1983, 351–352<br /> |-<br /> |Marie Jasmin ''[[Pepples]]''<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1993, 356–357<br /> |-<br /> |[[Pumuckl (Vorname)|Pumuckl]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |NJW 1984, 1360–1362<br /> |-<br /> |[[Ranjo]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1986, 355–355<br /> |-<br /> |Rike Leontes Klarissa<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |AG Karlsruhe UR III 155/86<br /> |-<br /> |[[Roi (Vorname)|Roi]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1998, 345–346<br /> |-<br /> |[[Sascha]]<br /> |als alleiniger männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |NJW-RR 1990, 9–10<br /> |-<br /> |[[Sundance (Vorname)|Sundance]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2001, 177–178<br /> |-<br /> |[[Sunshine (Vorname)|Sunshine]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |OLG Düsseldorf 3 Wx 437/88<br /> |-<br /> |[[Sweer]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1998, 346<br /> |-<br /> |Tamy Sarelle<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |NJW-RR 1988, 712–713<br /> |-<br /> |[[Tanisha (Vorname)|Tanisha]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1996, 47<br /> |-<br /> |[[Wannek (Vorname)|Wannek]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1992, 72<br /> |-<br /> |[[Windsbraut (Vorname)|Windsbraut]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1985, 166–167<br /> |-<br /> |}<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra hintergrundfarbe5&quot;<br /> |+ Eingeschränkt positive Entscheidungen über Eintragungsfähigkeit von Vornamen<br /> |-<br /> ! Vorname<br /> ! Entscheidungsinhalt<br /> ! Fundstelle<br /> |-<br /> |Alpha<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig männlicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |StAZ 1984, 281–282<br /> |-<br /> |[[Eike]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig männlicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |NJW-RR 1989, 1030–1032<br /> |-<br /> |{{nowrap|Frieden Mit Gott Allein}}&lt;br /&gt;Durch Jesus Christus<br /> |als männlicher Vorname einzutragen&lt;br&gt;(allerdings nur, weil er im Ursprungsland Südafrika lange getragen wurde)<br /> |OLG Bremen 1 W 49/95,&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://research.wolterskluwer-online.de/document/30b68dbf-3448-44ad-9a13-bb014c2feaba |titel=Oberlandesgericht Bremen Beschl. v. 10.01.1996, Az.: 1 W 49/95; 48 III 11/94 |werk=Wolters Kluwer Online |hrsg= |abruf=2024-05-23}}&lt;/ref&gt; StAZ&amp;nbsp;1996,&amp;nbsp;0086<br /> |-<br /> |[[Godot (Vorname)|Godot]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig männlicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |NJW-RR 1997, 834–835<br /> |-<br /> |[[Gor (Vorname)|Gor]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |OLG Düsseldorf 3 Wx 170/95<br /> |-<br /> |[[Jonah (Vorname)|Jona]]/[[Jonah (Vorname)|Jonah]]<br /> |für alle Geschlechter mit weiteren geschlechtseindeutigen Vornamen eintragungsfähig<br /> |StAZ 2002, 42–43<br /> |-<br /> |[[London (Vorname)|London]]<br /> |für alle Geschlechter mit weiteren geschlechtseindeutigen Vornamen eintragungsfähig<br /> |StAZ 2012, 244–245<br /> |-<br /> |[[Lynik]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |StAZ 1992, 312–313<br /> |-<br /> |[[Mikado (Vorname)|Mikado]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig männlicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |StAZ 1998, 209–210<br /> |-<br /> |[[Mike (Vorname)|Mike]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |OLGR Frankfurt 1996, 247–248<br /> |-<br /> |[[Prestige (Vorname)|Prestige]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |MDR 1998, 416<br /> |-<br /> |[[River (Vorname)|River]]<br /> |mit einem zweiten, geschlechtseindeutigen Vornamen eintragungsfähig<br /> |StAZ 1998, 208–209<br /> |-<br /> |[[Sonne (Vorname)|Sonne]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |BayObLGZ 1994, 191–195<br /> |-<br /> |[[Tjorven]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig männlicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |OLGR Hamm 2001, 195–197<br /> |-<br /> |[[Uragano]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |BayObLGR 1997, 39<br /> |-<br /> |Zeta<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |StAZ 1990, 197–198<br /> |-<br /> |[[Zooey]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig männlicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |StAZ 2005, 18<br /> |}<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra hintergrundfarbe5&quot;<br /> |+ Negative Entscheidungen über Eintragungsfähigkeit von Vornamen<br /> |-<br /> ! Vorname<br /> ! Entscheidungsinhalt<br /> ! Fundstelle<br /> |-<br /> |Ana<br /> |als männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1984, 129–129<br /> |-<br /> |Aora<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1984, 282–282<br /> |-<br /> |Atomfried<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> | [[Amtsgericht Hamburg]], Februar, 1964&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46176584.html Der Spiegel 48/1964 Sana fürs Kind], abgerufen am 30. April 2014.&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> |Beauregard<br /> |als männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1989, 379–380<br /> |-<br /> |Borussia<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |AG Kassel 765 III 56/96<br /> |-<br /> |Bräunche<br /> |(Geburtsname der Mutter) als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1986, 286–287<br /> |-<br /> |Cezanne<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |OLGR Karlsruhe 1999, 226–227<br /> |-<br /> |Christin<br /> |als Vorname für einen Jungen auch in Kombination mit eindeutig männlichen Vornamen nicht eintragungsfähig<br /> |FamRZ 1993, 357<br /> |-<br /> |Heike<br /> |als alleiniger Vorname für den süddeutschen Raum abgelehnt, da das Geschlecht nicht hinreichend zu erkennen ist<br /> |NJW 1982, 2262–2262<br /> |-<br /> |Hemingway<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1985, 250–251<br /> |-<br /> |Heydrich<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1994, 317<br /> |-<br /> |Holgerson<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig, weil er in Schweden als typischer Familienname gebräuchlich ist (dort allerdings mit doppeltem ''s'', als ''Holgersson'')<br /> |OLGZ 1992, 45–47<br /> |-<br /> |Jedidja<br /> |als weiblicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1989, 380–381<br /> |-<br /> |Jenevje<br /> |als Eindeutschung des französischen Vornamens „Genevieve“ als weiblicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1994, 288<br /> |-<br /> |Josephin<br /> |als alleiniger Vorname für ein Mädchen nicht eintragungsfähig<br /> |NJW-RR 1994, 580–581<br /> |-<br /> |Lafayette Vangelis<br /> |als männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1984, 130–131<br /> |-<br /> |Lindbergh<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 2007, 179–180<br /> |-<br /> |Lord<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |FamRZ 1993, 1242–1243<br /> |-<br /> |Marey<br /> |als männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1995, 330<br /> |-<br /> |Mechipchamueh<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1999, 44–45<br /> |-<br /> |Micha<br /> |als alleiniger männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1993, 355<br /> |-<br /> |Mika<br /> |als alleiniger männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 2007, 179<br /> |-<br /> |Moewe<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |BayObLGZ 1986, 171–174<br /> |-<br /> |Moon Unit<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |AG Schöneberg 70 III 387/87<br /> |-<br /> |Navajo<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1995, 45–46<br /> |-<br /> |Pan<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1978, 184–185<br /> |-<br /> |''Peterson'', ''Petersohn'',&lt;br /&gt;''Laurens-Peterson''<br /> |als Vornamen nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1987, 139–139<br /> |-<br /> |Pfefferminze<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1997, 40<br /> |-<br /> |Puschkin<br /> |als weiblicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1983, 351–351<br /> |-<br /> |Ronit<br /> |als alleiniger weiblicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1993, 321–322<br /> |-<br /> |[[Rosa (Vorname)|Rosa]]<br /> |als männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1993, 50<br /> |-<br /> |Rosenherz<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1994, 118<br /> |-<br /> |Schröder<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |OLGZ 1985, 154–156<br /> |-<br /> |Stompie<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1990, 73–74<br /> |-<br /> |Stone<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1994, 195<br /> |-<br /> |Tom Tom<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1991, 255<br /> |-<br /> |Verleihnix<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1990, 200<br /> |-<br /> |Wegwanipiu<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1997, 380<br /> |-<br /> |Woodstock<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1990, 74–75<br /> |-<br /> |}<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> <br /> * [[Liste deutscher Vornamen aus der Bibel]]<br /> * [[Liste deutscher Vornamen germanischer Herkunft]]<br /> * [[Liste der bairischen Vornamen]]<br /> <br /> == Literatur ==<br /> Allgemein:<br /> * [[Michael Mitterauer]]: ''Ahnen und Heilige'', München 1993, ISBN 3-406-37643-6.<br /> * [[Dieter Geuenich]] u. Ingo Runde (Hrsg.): ''Name und Gesellschaft im Frühmittelalter. Personennamen als Indikatoren für sprachliche, ethnische, soziale und kulturelle Gruppenzugehörigkeiten ihrer Träger''. (= Deutsche Namenforschung auf sprachgeschichtlicher Grundlage 2), Hildesheim / Zürich/New York 2006, ISBN 3-487-13106-4.<br /> * Dieter Geuenich, [[Wolfgang Haubrichs]], [[Jörg Jarnut]] (Hrsg.): ''Nomen et gens. Zur historischen Aussagekraft frühmittelalterlicher Personennamen''. Berlin u. New York 1997, ISBN 3-11-015809-4.<br /> <br /> Vornamenlexika, deutsch:<br /> * [[Hans Bahlow]]: ''Deutsches Namenlexikon. Familien- und Vornamen nach Ursprung und Sinn erklärt.'' Gondrom Verlag, Bindlach 1993. ISBN 3-8112-0294-4.<br /> * Andreas Brosch: ''Unsere Vornamen – und was sie uns erzählen. 1500 Namen von biblisch bis modern'', Brunnen Verlag, Gießen 2018, ISBN 978-3-7655-0995-7.<br /> * Margit Eberhard-Wabnitz, Horst Leisering: ''Knaurs Vornamen-Buch. Herkunft und Bedeutung.'' Lexikographisches Institut, München 1984.<br /> * Rosa und Volker Kohlheim (Bearbeiter): ''Duden. Das große Vornamenlexikon.'' 3., völlig neu bearbeitete Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Zürich 2007, Nachdruck 2012. ISBN 978-3-411-06083-2.<br /> <br /> Vornamenlexika, deutsch regional:<br /> * {{Literatur<br /> |Autor=Reinhold Trautmann<br /> |Titel=Die altpreußischen Personennamen<br /> |Datum=1925}}<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Wiktionary|Vorname}}<br /> * [https://www.beliebte-vornamen.de/49519-erwachsene.htm Die häufigsten Vornamen der Erwachsenen in Deutschland]<br /> * [http://www.gfds.de/vornamen/ Beliebteste Vornamen Deutschlands und Vornamenberatung der Gesellschaft für deutsche Sprache]<br /> * [http://www.vornamen.ch/ Vornamen und Namenstage von Deutschland, Schweiz und aller Welt]<br /> * [http://www.onomastik.com/Vornamen-Lexikon/ Vornamen mit Onogramm&amp;nbsp;– wie Namen wahrgenommen werden]<br /> * [http://www.behindthename.com/ Namenlexikon] (englisch)<br /> * [http://www.chrislages.de/muslvn.htm Muslimische Vornamen und ihre Bedeutung]<br /> * [http://www.beliebte-vornamen.de Vornamen und historische Beliebtheit von Vornamen]<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Rechtshinweis}}<br /> <br /> [[Kategorie:Vorname|Deutsch]]<br /> [[Kategorie:Deutscher Personenname|!]]</div> 176.0.6.207 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vorname_(Deutschland)&diff=250253660 Vorname (Deutschland) 2024-11-11T17:49:39Z <p>176.0.6.207: /* Namensgebung und -änderung */ k</p> <hr /> <div>In Deutschland bezeichnet der '''Vorname''' einer Person den Teil des [[Name]]ns, der nicht die Zugehörigkeit zu einer [[Familie (Soziologie)|Familie]] ausdrückt (also nicht den [[Familienname]]n), sondern sie innerhalb der Familie bezeichnet. Eine Person kann mehrere Vornamen haben. Im [[Deutsche Sprache|Deutschen]] stehen die Vornamen (als individuelle Namen) ''vor'' dem [[Deutscher Familienname|Familiennamen]] (von regionalen Ausnahmen abgesehen).<br /> <br /> Die Vornamen eines Menschen werden dort meistens nach seiner Geburt von seinen Eltern bestimmt. Es gibt Reglementierungen, die die Freiheit der Wahl des Vornamens mehr oder weniger einschränken. Die Auswahl der Vornamen unterliegt [[Mode]]n. Bei der Auswahl eines Vornamens können Eltern sich anhand der Vornamenlexika orientieren, Bücher, die laut [[Konrad Kunze]] zu den Dauerbestsellern im Buchmarkt gehören.&lt;ref&gt;Konrad Kunze: ''dtv-Atlas Namenkunde. Vor- und Familiennamen im deutschen Sprachgebiet.'' 5., durchgesehene und korrigierte Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag München 2004, Seite 13. ISBN 3-423-03266-9.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Als ''Rufname'' bezeichnet man den (oder die) Vornamen, unter dem Personen normalerweise angesprochen werden.<br /> <br /> == Historische und geographische Entwicklung ==<br /> Zur Geschichte auf den deutschen Sprachraum bezogen siehe [[Vorname#Deutscher Sprachraum]].<br /> <br /> === Renaissance und Reformation ===<br /> Zu den meistverbreiteten Vornamen in Deutschland zählten im 16.&amp;nbsp;Jahrhundert: Johann/Johannes, Georg, Heinrich, Hans, Christoph, Friedrich, Philipp, Wilhelm, Andreas, Jakob/Jacob, Joachim, Hermann, Martin, Michael, Ludwig, Peter, Caspar, Paul, Anton, Christian; Anna, Maria/Marie, Elisabeth, Katharina/Catharina, Dorothea, Agnes, Magdalene/Magdalena, Sophie, Christine/Christina, Hedwig, Sibylle/Sibylla, Sophia, Barbara, Margarete/Margaretha, Johanna, Eleonore, Ursula, Charlotte, Eva.<br /> <br /> === 17. und 18. Jahrhundert ===<br /> <br /> Zu den meistverbreiteten Vornamen in Deutschland zählten im 17.&amp;nbsp;Jahrhundert: Johann, Friedrich, Heinrich, Georg, Christian, Christoph, Wilhelm, Ludwig, Ernst, Philipp, Karl/Carl, Franz, Joachim, Hans, Anton, August, Otto, Adam, Hermann, Andreas, Bernhard; Maria/Marie, Anna, Elisabeth, Sophie, Dorothea, Charlotte, Katharina/Catharina, Eleonore, Amalie/Amalia, Christine, Magdalena, Luise, Henriette, Hedwig, Johanna, Juliane, Sibylla, Sophia, Wilhelmine, Barbara.<br /> <br /> Zu den meistverbreiteten Vornamen in Deutschland zählten im 18.&amp;nbsp;Jahrhundert: Johann, Karl/Carl, Friedrich, Georg, Wilhelm, Heinrich, Christian, Franz, Ludwig, August, Ernst, Joseph, Ferdinand, Philipp, Anton, Gustav, Christoph, Hans, Peter, Otto; Maria/Marie, Caroline/Karoline, Luise/Louise, Charlotte, Sophie, Anna, Friederike, Henriette, Amalie, Elisabeth/Elise, Johanna, Wilhelmine, Marianne, Auguste, Dorothea, Christiane, Juliane, Katharina, Julie, Therese.<br /> <br /> === 19. Jahrhundert ===<br /> Zu den meistverbreiteten Vornamen in Deutschland zählten im 19.&amp;nbsp;Jahrhundert: Karl/Carl, Friedrich/Fritz, Wilhelm, Hans, Heinrich, Hermann, Otto, Ernst, Paul, Georg, Max, Franz, Ludwig, August, Rudolf, Adolf, Gustav, Richard, Johann, Julius, Theodor; Marie/Maria, Elisabeth/Else, Anna, Margarete, Helene, Gertrud, Luise/Louise, Hedwig, Auguste, Johanna, Sophie, Charlotte, Clara, Mathilde, Emma, Martha, Ida, Bertha, Frieda, Julie, Käthe.<br /> <br /> === 20. Jahrhundert und Gegenwart ===<br /> Zu den meistverbreiteten Vornamen in Deutschland zählten im 20.&amp;nbsp;Jahrhundert: Hans, Peter, Wolfgang, Klaus, Michael, Karl, Jürgen, Heinz, Thomas, Werner, Walter, Ernst, Franz, Paul, Kurt, Helmut, Herbert, Hermann, Andreas, Dieter; Barbara, Ursula, Maria, Susanne, Elisabeth, Monika, Petra, Karin, Sabine, Claudia, Renate, Eva, Gabriele, Anna, Brigitte, Helga, Christine, Gisela, Ruth, Ulrike.<br /> <br /> Zur Zeit des ''[[Drittes Reich|Dritten Reichs]]'' spielten Vornamen eine wichtige Rolle bei der Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung. Schon 1934 waren Vorschläge umgesetzt worden, die das ''Ausmerzen der in der [[Buchstabiertafel#Änderung 1934 unter dem NS-Regime|Buchstabiertafel]] […] enthaltenen jüdischen Namen'' (David, Isidor, Jacob, Nathan, Samuel und Zacharias) zum Ziel hatten. Die konkrete Umsetzung der im Rahmen der ''[[s:Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen|Zweiten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen]]'' beschlossenen Gesetze, die der Stigmatisierung der Juden weiteren Vorschub leistete, erfolgte durch einen ''[[s:Richtlinien über die Führung von Vornamen|Runderlass des Reichsministeriums des Innern vom 18. August 1938]]''. In den darin enthaltenen ''Richtlinien über die Führung von Vornamen'' wurde verfügt, dass Juden nur bestimmte in einer Anlage aufgelistete Vornamen gegeben werden durften, deren Verwendung anderen deutschen Staatsangehörigen nicht gestattet war. Soweit Juden keinen der in besagter Beilage aufgeführten Vornamen führten, mussten sie ab dem 1. Januar 1939 einen weiteren Vornamen annehmen, und zwar männliche Personen ''Israel'', weibliche ''Sara'', dessen Führung ''im Rechts- und Geschäftsverkehr'' ausdrücklich angeordnet wurde. Man muss davon ausgehen, dass bei der Zusammenstellung der vorgeschriebenen jüdischen Vornamen durch die NS-Behörden mit Absicht auch lächerlich und abwertend klingende Beispiele wie ''Geilchen'' oder ''Saudik'' gewählt wurden. Es ist sicher auch kaum Zufall, dass nicht wenige der biblischen Namen, wie der des aus der [[Passion Jesu|Passionsgeschichte]] bekannten Hohepriesters ''[[Kajaphas|Kaiphas]]'', für christlich sozialisierte Menschen mit extrem negativen Assoziationen verknüpft waren. Da zahlreiche Vornamen alttestamentlich-hebräischen Ursprungs auch bei den nichtjüdischen Deutschen beliebt waren, man denke nur an Josef oder Michael, entstand die paradox anmutende Situation, dass die NS-ideologisch als ''jüdisch'' betrachteten Namen wegen ihrer weiten Verbreitung keine Aufnahme in die genannte Liste erlaubter jüdischer Namen fanden und insofern nur von nichtjüdischen Deutschen, nicht mehr aber von Juden verwendet werden durften. Der offiziell erwünschten Linie folgend empfahl die [[Ostpreußen|ostpreußische]] Autorin Hermine Lettau angehenden Eltern in ihrem im Jahre 1942 erschienenen (und 1947 in der ''[[Liste der auszusondernden Literatur]]'' aufgeführten&lt;ref&gt;''Liste der auszusondernden Literatur.'' Erster Nachtrag nach dem Stand vom 1. Januar 1947. Hrsg. von der Deutschen Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone. Zentralverlag. Berlin 1947, Nr. 2444 ([http://www.polunbi.de/bibliothek/1947-nslit-l.html online] bei [http://www.polunbi.de Datenbank Schrift und Bild 1900–1960]).&lt;/ref&gt;) Vornamenbuch ''Wie heißt Du?'' die Verwendung von Vornamen ''germanischen'' Ursprungs. Dagegen sollten die mit einem Stern gekennzeichneten ''hebräischen'' Vornamen, zu denen sie Gabriel, Simon, Jakob, Anne, Hanna, Elisabeth und Lilli zählte, unbedingt vermieden werden.&lt;ref&gt;Hermine Lettau: ''Wie heißt du? 500 Vornamen und ihre Bedeutung.'' Pädagogische Verlagsgemeinschaft Ostpreußen, Königsberg 1942. – Vgl. dazu Iman Makeba Nick: ''Personal Names, Hitler, and the Holocaust. A Socio-Onomastic Study of Genocide and Nazi Germany.'' Lexington, Lanham 2019, ISBN 9781498525978, S. 95 ([https://books.google.de/books?id=1e-YDwAAQBAJ&amp;pg=PA95 als Vorschau online] bei [[Google Books]]).&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Im geteilten Deutschland erfreuten sich in Ost und West unterschiedliche Namen größerer Beliebtheit. Ronny, Enrico, Mandy, Nancy, Cindy, Sindy, Sandy und Peggy werden als „DDR-Namen“ angesehen, nachdem sie von den 1970er bis in die 1990er Jahre in Ostdeutschland recht beliebt waren.&lt;ref&gt;Gabriele Rodríguez: Namen machen Leute. Wie Vornamen unser Leben beeinflussen, 2017, S. 31&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Vgl. auch: [[Ulrich Pfeil]]: Die DDR und der Westen: Transnationale Beziehungen 1949–1989, Ch. Links Verlag, 2001, ISBN 3-86153-244-1, S. 18, hier [http://books.google.de/books?id=6phy72HlTxYC&amp;lpg=PA18 S. 18]&lt;/ref&gt; Mandy taucht 1974 in der Top-Ten-Liste der beliebtesten Mädchennamen in der DDR auf, 1980 war er auf Platz sechs.&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.mdr.de/zeitreise/ddr/ddr-vornamen116.html |titel=DDR-Vornamen und ihre Vorurteile: &quot;Oh Mandy!&quot; |werk=mdr.de |datum=2021-12-06 |abruf=2024-03-13}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Etwa 1000 zuvor noch nie vergebene Vornamen werden jährlich in Deutschland eingetragen, zuletzt vor allen Dingen [[Anglizismus|Anglizismen]] wie ''Moon'', ''Sunshine'', ''Fox'' und ''Summer''.&lt;ref name=&quot;stn-2021-01-25&quot;&gt;{{Literatur | Autor=David Scheu | Titel=Darf das Baby Adolf heißen? | Sammelwerk= [[Stuttgarter Nachrichten]] | Band= 76 | Datum= 2021-01-25 }}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> === Vornamenswahl nach Region ===<br /> <br /> Das Vorkommen von speziellen Vornamen in verschiedenen Regionen von Deutschland deutet auf regionale Vornamenspräferenzen hin. Die Verteilung in Deutschland nach dem Telefonverzeichnis von 1998&lt;ref&gt;{{Webarchiv |url=http://www.gen-evolu.de/index.php?id=80 |text=Verteilung in Deutschland nach dem Telefonverzeichnis von 1998 |wayback=20101215133916}}&lt;/ref&gt; zeigt, dass sich die männlichen Vornamen ''Hauke'' und ''Carsten'' besonders in Norddeutschland finden, während sich ''Katharina'' und ''Maria'' vor allem in Bayern und in der Eifel finden. ''Gerold'' und ''Jan'' sind typisch für [[Ostfriesland]], während ''Anton'' und ''Xaver'' nur in Süddeutschland vorkommen. ''Stefan'' und ''Alexander'' findet sich vor allem im Westen und ''Frank'' und ''Kerstin'' sind hauptsächlich im Osten populär. Bei einigen Namen, wie ''Josef'' und ''Josefa'', wirkt sich die [[Religionen in Deutschland|Verteilung der Konfessionen]] in der jeweiligen Region stark auf die Namenshäufigkeit aus.<br /> ==== Thüringen ====<br /> <br /> In [[Thüringen]] und einigen anderen Gegenden in Deutschland war es möglich, zwei oder mehrere mitunter alle gleichzeitig lebenden Kinder derselben Familie mit demselben Vornamen taufen zu lassen. Man unterschied dann zwischen „Groß-Hans“ und „Klein-Hans“. Manchmal ist die Gleichnamigkeit nur sekundär oder scheinbar, wenn bei einem Doppelnamen wie „Johann Christoph“ ein Namensteil im praktischen Gebrauch ausfiel oder vergessen wurde und nicht selten bei der Heirat oder beim Tode dieser Person ein neuer Doppelname „erfunden“ wurde. [[Genealogie|Genealogische]] Nachforschungen werden erschwert (siehe auch [[Toter Punkt (Genealogie)|Toter Punkt]]).<br /> <br /> ==== Ostfriesland ====<br /> {{Hauptartikel|Ostfriesischer Vorname}}<br /> {{Quelle}}<br /> Im ostfriesischen Raum war es bis in die 1970er Jahre üblich, dem erstgeborenen Sohn den Namen des Großvaters väterlicherseits zu geben. Dem Großvater seinerseits wurde der als ehrenvoll empfundene Zusatz „-Ohm“ gegeben. Bei weiblichen Namen galt das gleiche, dem Mädchen wurde der Name der Großmutter gegeben, die Ahnin selbst wurde durch den Zusatz „-möh“ angesprochen. Diese Regelung wird kaum noch praktiziert.<br /> * Beispiel<br /> : Großvater: Hinrich, Vater: Harm, Sohn: Hinrich. Aus dem Großvater wurde „Hinrich-Ohm“.<br /> : Großmutter: Gertje, Mutter: Jantje, Tochter: Gertje. Aus der Großmutter wurde dann „Gertje-Möh“.<br /> <br /> ==== Süddeutschland ====<br /> <br /> Im süddeutschen sowie ostsächsischen Sprachraum wird in der [[Umgangssprache]] teilweise der Rufname dem Familiennamen nachgestellt, wie „der Köhlers Werner“ oder auch „der Köhler Werner“. Obwohl der Familienmitgliedsname in diesen Fällen nicht mehr vor dem Familiennamen steht, bleibt er trotzdem der ''Vorname''.<br /> <br /> == Rechtliche Situation ==<br /> {{Hauptartikel|Namensrecht}}<br /> <br /> === Namensgebung ===<br /> {{Hauptartikel|Namensrecht (Deutschland)}}<br /> <br /> Das Recht der Namensgebung ist in Deutschland nur teilweise gesetzlich geregelt. Es handelt sich um [[Gewohnheitsrecht|Gewohnheits-]] und um [[Richterrecht]]. Ausnahmen bestehen bei Vornamensänderungen im Rahmen einer [[Adoption]] ({{§|1757|bgb|juris}} Abs.&amp;nbsp;3 BGB), im Rahmen des [[Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag|Selbstbestimmungsgesetzes]] ({{§|2|sbgg|juris}} Abs.&amp;nbsp;3 SBGG) oder aus sonstigen wichtigen Gründen ({{§|11|nam_ndg|juris}} [[Namensänderungsgesetz]]).<br /> <br /> Das Recht auf Namensfindung liegt bei den Eltern bzw. dem allein [[Elterliche Sorge (Deutschland)|Sorgeberechtigten]]. Dabei steht ihnen auch zu, einen neuen Namen zu erfinden, solange er den geltenden Richtlinien für die Namensgebung entspricht.&lt;ref name=&quot;:0&quot;&gt;{{Internetquelle |url=https://gfds.de/vornamen-die-haeufigsten-fragen/ |titel=Vornamen: Die häufigsten Fragen |werk=GfdS |hrsg=Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. |abruf=2024-06-02}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Der Vorname …<br /> * … muss als Vorname erkennbar sein&lt;ref name=&quot;:0&quot; /&gt;<br /> ** … darf kein weitverbreiteter Orts- oder Markenname sein.<br /> ** … darf kein Familienname sein.&lt;ref&gt;[http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg05-114.html Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 691/03 von 2005 zur Zulassung des Namens „Anderson“]&lt;/ref&gt; Ausnahmen sind insbesondere bei ostfriesischen Zwischennamen (zum Beispiel „ten Doornkaat“ [[BGH]] [[StAZ]] 1959, 210 ff) und bei sehr seltenen, ungewöhnlichen Nachnamen (zum Beispiel Wannek, Birkenfeld) gemacht worden, sowie natürlich bei den Familiennamen, die hauptsächlich als Vornamen bekannt sind (wie Gerhart).<br /> ** … darf keinen Titel wie Lord oder Prinzessin bezeichnen.<br /> * … muss nicht mehr wie bis 2008 eindeutig männlich oder weiblich sein, sondern darf auch neutral sein.&lt;ref name=&quot;1 BvR 576/07&quot;&gt;{{Internetquelle |autor=1 Senat Bundesverfassungsgericht |url=https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2008/12/rk20081205_1bvr057607.html |titel=Bundesverfassungsgericht - Entscheidungen - Verweigerung der Eintragung eines in Indien für Mädchen und Jungen gebräuchlichen Vornamens ins Geburtsregister ohne Hinzufügung eines weiteren, das Geschlecht des Kindes eindeutig anzeigenden Vornamens verletzt Eltern und Kind in Grundrechten |datum=2008-12-05 |sprache=de |abruf=2024-06-02}}&lt;/ref&gt;<br /> * … darf dem Kindeswohl nicht schaden, indem er das Kind lächerlich machen oder eine Verbindung „[[das Böse|zum Bösen]]“ herstellen würde.&lt;ref name=&quot;:0&quot; /&gt;<br /> ** Der Vorname ''[[Adolf]]'' ist hingegen in Deutschland trotz der starken Belastung durch den Diktator [[Adolf Hitler]] abhängig von den Beweggründen der Eltern möglicherweise eintragungsfähig.&lt;ref&gt;[http://www.n-tv.de/ratgeber/sein-Kind-Adolf-nennen-article17203741.html ''Darf man eigentlich … … sein Kind &quot;Adolf&quot; nennen?''] Artikel des Nachrichtensender [[n-tv]] vom 13. März 2016. Abgerufen am 23. März 2017.&lt;/ref&gt;<br /> ** Die Vergabe des Vornamens ''Lucifer'' lehnte die [[Gesellschaft für deutsche Sprache|GfdS]] aus Gründen des Kindeswohls ab, jedoch wurde er in Deutschland bereits als Vorname beurkundet.&lt;ref name=&quot;:0&quot; /&gt;<br /> * … darf das religiöse Empfinden der Mitmenschen nicht verletzen, zum Beispiel Christus und früher auch Jesus (durch OLG Frankfurt 20 W 149/98 als Vorname zugelassen).<br /> * … muss innerhalb eines Monats nach der Geburt festgelegt werden ({{§|22|pstg|juris}} Abs.&amp;nbsp;1 [[Personenstandsgesetz (Deutschland)|Personenstandsgesetz]]).<br /> <br /> Eine Person kann mehrere, muss aber mindestens einen Vornamen besitzen. Nach einem Beschluss des [[Bundesverfassungsgericht]]es darf das Amtsgericht die Anzahl der Vornamen eines Kindes zu dessen Wohle beschränken (in diesem Fall&lt;ref&gt;[http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20040128_1bvr099498.html 1 BvR 994/98, Entscheidung von 2004 über Chenekwahow Tecumseh Migiskau Kioma Ernesto]&lt;/ref&gt; durfte die Mutter ihrem Kind statt zwölf nur fünf Vornamen geben). Bei Verwendung mehrerer Vornamen wird der Vorname, mit dem die Person hauptsächlich angeredet („gerufen“) wird, als „Rufname“ bezeichnet. Die Reihenfolge der Vornamen stellt keine Rangfolge dar. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 15. April 1959 – IV ZB 286/58) steht es in Deutschland dem Namensträger frei, zwischen seinen standesamtlich eingetragenen Namen zu wählen. Ein [[Rufname (Deutschland)|Rufname]] ist also nicht unveränderlich festgelegt.<br /> <br /> Die Namen eines Kindes müssen sich von denen seiner Geschwister unterscheiden. Wenn mehrere Vornamen vergeben werden, darf einer dem der Geschwister entsprechen (BayObLGZ 1985, 362–368). Drei Vornamen sollen nicht durch Bindestrich zu einem Vornamen verbunden werden (Jan-Marius-Severin; StAZ 1982, 46–47).<br /> <br /> Bei der Geschlechtsgebundenheit des Vornamens wurde eine ältere [[Dienstanweisung]] durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts verworfen. Nach §&amp;nbsp;262 Abs.&amp;nbsp;4 der Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden soll der Vorname eindeutig männlich oder weiblich sein. Lässt ein Vorname Zweifel über das Geschlecht des Kindes aufkommen, so soll der Standesbeamte verlangen, dass dem Kinde ein weiterer, den Zweifel ausschließender Vorname beigelegt wird. Eine Ausnahme stellen etablierte Namen wie [[Toni]], [[Sascha]], [[Nicola]], [[Ashley (Vorname)|Ashley]], [[Robin (Name)|Robin]], [[Andrea (Vorname)|Andrea]] dar. Eine seit langem bestehende Ausnahme von der Geschlechtskennzeichnung stellt die Vergabe des weiblichen zweiten Vornamen Maria an einen Jungen dar (BGHZ 30, 132–140; mittlerweile sogar mit Bindestrich zulässig: Claus-Maria, AG Traunstein 10 UR III 61/92; Johannes-Marie, AG Mönchengladbach 15 III 7/97). Das Bundesverfassungsgericht entschied dagegen 2008, dass das Gesetz keine Begrenzung der elterlichen Vornamenswahl auf einen geschlechtsbezogenen Namen vorsieht.&lt;ref name=&quot;1 BvR 576/07&quot; /&gt; Obengenannte Dienstanweisung ist daher für die Eltern nicht bindend. Die elterliche Vornamenswahl findet ihre Grenzen nur da, wo eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, von der {{&quot;|allenfalls dann auszugehen [ist], wenn der gewählte Vorname dem Kind offensichtlich nicht und nach keiner Betrachtungsweise die Möglichkeit bietet, sich anhand des Vornamens mit seinem Geschlecht zu identifizieren}}.<br /> <br /> === Namensänderung ===<br /> {{main|Geschlechtliche Selbstbestimmung}}<br /> Gemäß dem [[Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag|Selbstbestimmungsgesetz]] vom 19. Juni 2024 können intersexuelle, transgeschlechtliche und nichtbinären Personen in Deutschland ihren Vornamen ändern lassen, so dass er ihrer [[Geschlechtsidentität]] entspricht.<br /> <br /> In Deutschland besteht darüber hinaus in Ausnahmefällen die Möglichkeit, den eigenen Vornamen im Nachhinein ändern zu lassen. Dies fällt in den Zuständigkeitsbereich der Namenänderungsbehörde, die entweder beim [[Standesamt]], der [[Kreisverwaltung]] oder beim [[Ordnungsamt]] angesiedelt ist. <br /> <br /> Damit der Vorname geändert werden kann, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein. Zum Beispiel können [[Ausländer|ausländische]] Vornamen nach der [[Staatsbürgerschaft#Erwerb durch Einbürgerung (Naturalisation)|Einbürgerung]] eingedeutscht werden, oder falls dies nicht möglich ist, neue Vornamen gewählt werden (Art. 47 EGBGB). Außerdem gibt es die Möglichkeit, den Vornamen aufgrund der Religion ändern zu lassen und, wenn jemand schon immer anders genannt wurde und sich mit seinem exotischen Vornamen nicht abfinden kann.<br /> <br /> === Vornamen in den Personaldokumenten ===<br /> <br /> In den [[Personalausweis]]en und [[Reisepass|Reisepässen]] der Bundesrepublik Deutschland wurden und werden alle Vornamen der Person im Feld „Vornamen“, in der Reihenfolge wie sie von links nach rechts in der Geburtsurkunde stehen, eingetragen. In der [[Maschinenlesbarer Bereich|maschinenlesbaren Zone]] (''MRZ''; auf Personalausweisen auf der Rückseite, in Reisepässen unten auf der Vorderseite der Passkarte) wurde bis 31.&amp;nbsp;Oktober 2010 hingegen nur ''ein'' Vorname eingetragen. Dies war in der Regel der erste Vorname, außer wenn der Antragsteller die Eintragung eines anderen Vornamens als „[[Rufname (Deutschland)|Rufname]]“ wünschte.&lt;ref name=&quot;BMI-Perso&quot; /&gt;<br /> <br /> Internationalen Standards, die auf Empfehlungen der [[International Civil Aviation Organization|Internationalen Zivilluftfahrtorganisation]] ''(ICAO)'' zurückgehen, folgend wird seit Oktober 2010 die Zusammensetzung des Namens in der ''MRZ'' nach einem einheitlichen Verfahren festgelegt. Mit Wirkung vom 1.&amp;nbsp;November 2010 werden deshalb in der ''MRZ'' alle Vornamen der Geburtsurkunde entsprechend eingetragen. In Fällen, in denen auf Grund der begrenzten Anzahl von Zeichen in der ''MRZ'' die Eintragung aller Vornamen nicht möglich ist, werden zuerst der Familienname und dahinter die Vornamen aus der Geburtsurkunde soweit möglich eingetragen.&lt;ref name=&quot;BMI-Perso&quot; /&gt;<br /> <br /> === Verwendung der Vornamen ===<br /> <br /> Die in der Geburtsurkunde eingetragenen Vornamen dürfen von den Namensträgern im privaten Rechts- und Geschäftsverkehr nach Belieben genutzt werden und sind gleichberechtigt. Während in der Bundesrepublik Deutschland heutzutage nicht mehr zwischen Rufnamen und sonstigen Vornamen unterschieden wird, wurden in einigen Bundesländern und auch in der DDR bis zur Wiedervereinigung Rufnamen in Geburtsurkunden und Personalausweisen unterstrichen.&lt;ref name=&quot;BMI-Perso&quot;&gt;''[https://web.archive.org/web/20160608113332/http://www.bmi.bund.de:80/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2010/11/Rufnamen_nPA.html Vor- und Rufnamen in Pässen und Personalausweisen]''. Auf: bmi.bund.de&lt;/ref&gt; Die alleinige Verwendung des Vornamens genügt grundsätzlich nicht, wenn es um die Rechtsverbindlichkeit einer [[Unterschrift]] geht. Ausnahmen können bei Bischöfen sowie im Rechtsverkehr unter Verwandten bestehen.<br /> <br /> === Gerichtsentscheidungen über Vornamen ===<br /> &lt;!-- Verlinkungen, die nicht auf einen Vornamensartikel gehen, können dennoch sinnvoll sein, da sie dem Leser Rückschlüsse auf mögliche Motivation(en) zur Vergabe derart – öhmmm… exotischer – Namen ermöglichen. die der Richter, sowas durchzuwinken. --&gt;<br /> {| class=&quot;wikitable zebra hintergrundfarbe5&quot;<br /> |+ Positive Entscheidungen über Eintragungsfähigkeit von Vornamen<br /> |-<br /> ! Vorname<br /> ! Entscheidungsinhalt<br /> ! Fundstelle<br /> |-<br /> |[[Aiwara]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1989, 381<br /> |-<br /> |[[Birkenfeld (Vorname)|Birkenfeld]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |NJW-RR 2000, 1170–1171<br /> |-<br /> |[[Büb]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2001, 110<br /> |-<br /> |''[[Cheyenne (Vorname)|Cheyenne]]'' Emma Katharina<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1995, 300<br /> |-<br /> |[[Cosma Shiva Hagen|Cosma-Shiva]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1994, 117<br /> |-<br /> |[[Daniel (Vorname)|Danny]]<br /> |als alleiniger männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2008, 108–109<br /> |-<br /> |[[Dior (Vorname)|Dior]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1995, 299–300<br /> |-<br /> |Djehad (Sprich: [[Dschihad]])<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |KG, 1 W 93/07&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,646390,00.html Eltern dürfen ihren Sohn „Djehad“ nennen]&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> |Domino Carina<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1991, 321<br /> |-<br /> |[[Emanuele (Vorname)|Emanuele]]<br /> |als alleiniger männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2006, 171<br /> |-<br /> |Emily-Extra<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 2 W 110/03<br /> |-<br /> |[[Fanta (Vorname)|Fanta]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1999, 147–148<br /> |-<br /> |[[Galaxina (Vorname)|Galaxina]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1994, 117<br /> |-<br /> |[[Gerrit]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1998, 322–323<br /> |-<br /> |''[[Ibanez (Vorname)|Ibanez]]'' Sophie<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1997, 40<br /> |-<br /> |Jasmin Heide Kaur<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |OLG Stuttgart 8 W 566/87<br /> |-<br /> |[[Jazz (Vorname)|Jazz]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1999, 149–150<br /> |-<br /> |[[Jedida]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1989, 381<br /> |-<br /> |[[Jesus (Name)|Jesus]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |OLG Frankfurt /Main 1998, 20 W 149/98&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://openjur.de/u/292247.html |titel=OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.11.1998 - 20 W 149/98 |hrsg=openJur |abruf=2024-05-23}}&lt;/ref&gt;''&lt;ref&gt;{{Literatur |Titel=Am Vornamen Jesus ist nichts auszusetzen |Sammelwerk=Die Tageszeitung: taz |Datum=1998-12-22 |ISSN=0931-9085 |Seiten=6 |Online=https://taz.de/!1309973/ |Abruf=2024-05-22}}&lt;/ref&gt;''<br /> |-<br /> |[[Kai (Vorname)|Kai]]<br /> |als alleiniger Vorname für einen Jungen eintragungsfähig<br /> |OLGR Hamm 2005, 51–53<br /> |-<br /> |Kiana Lemetri<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1999, 147<br /> |-<br /> |[[Kiran]]<br /> |als alleiniger Vorname für alle Geschlechter eintragungsfähig<br /> |BVerfG, 1 BvR 576/07 vom 5. Dezember 2008<br /> |-<br /> |[[Kolle (Vorname)|Kolle]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1998, 127<br /> |-<br /> |[[Lafayette (Vorname)|Lafayette]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1992, 378<br /> |-<br /> |[[Latoya]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1993, 357, gegenteilige Entscheidung StAZ 1994, 195<br /> |-<br /> |[[Leines]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2001, 327<br /> |-<br /> |[[LouAnn]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2004, 45–46<br /> |-<br /> |[[Luca (Vorname)|Luka]] / [[Luca (Vorname)|Luca]]<br /> |als alleiniger männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |NJW-RR 2005, 874–876, OLGR Frankfurt 2004, 322–323<br /> |-<br /> |[[Lüdke|Lütke]]<br /> |als dritter männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |BGH Beschl. v. 30. April 2008 AZ. XII ZB 5/08 = NJW 2008, 2500–2502<br /> |-<br /> |Maitreyi Padma<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |NJW-RR 1988, 74–74<br /> |-<br /> |Max Amos Soma Xam<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1984, 129–129<br /> |-<br /> |[[Merle (Name)|Merle]]<br /> |als alleiniger weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1998, 346–347<br /> |-<br /> |[[Meva]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2003/16<br /> |-<br /> |Michael ''[[Cougar (Vorname)|Cougar]]''<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1992, 144<br /> |-<br /> |Nicola Andrea<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1983, 15–16, NJW-RR 1995, 773–774<br /> |-<br /> |''[[Nikita (Name)|Nikita]]'' Katharina<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1995, 298<br /> |-<br /> |[[November (Vorname)|November]]<br /> |als Vorname für alle Geschlechter eintragungsfähig<br /> |LG Bonn 4 T 202/06<br /> |-<br /> |[[Oleander (Vorname)|Oleander]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1983, 351–352<br /> |-<br /> |Marie Jasmin ''[[Pepples]]''<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1993, 356–357<br /> |-<br /> |[[Pumuckl (Vorname)|Pumuckl]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |NJW 1984, 1360–1362<br /> |-<br /> |[[Ranjo]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1986, 355–355<br /> |-<br /> |Rike Leontes Klarissa<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |AG Karlsruhe UR III 155/86<br /> |-<br /> |[[Roi (Vorname)|Roi]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1998, 345–346<br /> |-<br /> |[[Sascha]]<br /> |als alleiniger männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |NJW-RR 1990, 9–10<br /> |-<br /> |[[Sundance (Vorname)|Sundance]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 2001, 177–178<br /> |-<br /> |[[Sunshine (Vorname)|Sunshine]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |OLG Düsseldorf 3 Wx 437/88<br /> |-<br /> |[[Sweer]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1998, 346<br /> |-<br /> |Tamy Sarelle<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |NJW-RR 1988, 712–713<br /> |-<br /> |[[Tanisha (Vorname)|Tanisha]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1996, 47<br /> |-<br /> |[[Wannek (Vorname)|Wannek]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1992, 72<br /> |-<br /> |[[Windsbraut (Vorname)|Windsbraut]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig<br /> |StAZ 1985, 166–167<br /> |-<br /> |}<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra hintergrundfarbe5&quot;<br /> |+ Eingeschränkt positive Entscheidungen über Eintragungsfähigkeit von Vornamen<br /> |-<br /> ! Vorname<br /> ! Entscheidungsinhalt<br /> ! Fundstelle<br /> |-<br /> |Alpha<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig männlicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |StAZ 1984, 281–282<br /> |-<br /> |[[Eike]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig männlicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |NJW-RR 1989, 1030–1032<br /> |-<br /> |{{nowrap|Frieden Mit Gott Allein}}&lt;br /&gt;Durch Jesus Christus<br /> |als männlicher Vorname einzutragen&lt;br&gt;(allerdings nur, weil er im Ursprungsland Südafrika lange getragen wurde)<br /> |OLG Bremen 1 W 49/95,&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://research.wolterskluwer-online.de/document/30b68dbf-3448-44ad-9a13-bb014c2feaba |titel=Oberlandesgericht Bremen Beschl. v. 10.01.1996, Az.: 1 W 49/95; 48 III 11/94 |werk=Wolters Kluwer Online |hrsg= |abruf=2024-05-23}}&lt;/ref&gt; StAZ&amp;nbsp;1996,&amp;nbsp;0086<br /> |-<br /> |[[Godot (Vorname)|Godot]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig männlicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |NJW-RR 1997, 834–835<br /> |-<br /> |[[Gor (Vorname)|Gor]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |OLG Düsseldorf 3 Wx 170/95<br /> |-<br /> |[[Jonah (Vorname)|Jona]]/[[Jonah (Vorname)|Jonah]]<br /> |für alle Geschlechter mit weiteren geschlechtseindeutigen Vornamen eintragungsfähig<br /> |StAZ 2002, 42–43<br /> |-<br /> |[[London (Vorname)|London]]<br /> |für alle Geschlechter mit weiteren geschlechtseindeutigen Vornamen eintragungsfähig<br /> |StAZ 2012, 244–245<br /> |-<br /> |[[Lynik]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |StAZ 1992, 312–313<br /> |-<br /> |[[Mikado (Vorname)|Mikado]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig männlicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |StAZ 1998, 209–210<br /> |-<br /> |[[Mike (Vorname)|Mike]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |OLGR Frankfurt 1996, 247–248<br /> |-<br /> |[[Prestige (Vorname)|Prestige]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |MDR 1998, 416<br /> |-<br /> |[[River (Vorname)|River]]<br /> |mit einem zweiten, geschlechtseindeutigen Vornamen eintragungsfähig<br /> |StAZ 1998, 208–209<br /> |-<br /> |[[Sonne (Vorname)|Sonne]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |BayObLGZ 1994, 191–195<br /> |-<br /> |[[Tjorven]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig männlicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |OLGR Hamm 2001, 195–197<br /> |-<br /> |[[Uragano]]<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |BayObLGR 1997, 39<br /> |-<br /> |Zeta<br /> |als weiblicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig weiblicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |StAZ 1990, 197–198<br /> |-<br /> |[[Zooey]]<br /> |als männlicher Vorname eintragungsfähig, wenn ein zweiter, eindeutig männlicher Vorname hinzugefügt wird<br /> |StAZ 2005, 18<br /> |}<br /> <br /> {| class=&quot;wikitable zebra hintergrundfarbe5&quot;<br /> |+ Negative Entscheidungen über Eintragungsfähigkeit von Vornamen<br /> |-<br /> ! Vorname<br /> ! Entscheidungsinhalt<br /> ! Fundstelle<br /> |-<br /> |Ana<br /> |als männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1984, 129–129<br /> |-<br /> |Aora<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1984, 282–282<br /> |-<br /> |Atomfried<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> | [[Amtsgericht Hamburg]], Februar, 1964&lt;ref&gt;[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46176584.html Der Spiegel 48/1964 Sana fürs Kind], abgerufen am 30. April 2014.&lt;/ref&gt;<br /> |-<br /> |Beauregard<br /> |als männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1989, 379–380<br /> |-<br /> |Borussia<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |AG Kassel 765 III 56/96<br /> |-<br /> |Bräunche<br /> |(Geburtsname der Mutter) als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1986, 286–287<br /> |-<br /> |Cezanne<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |OLGR Karlsruhe 1999, 226–227<br /> |-<br /> |Christin<br /> |als Vorname für einen Jungen auch in Kombination mit eindeutig männlichen Vornamen nicht eintragungsfähig<br /> |FamRZ 1993, 357<br /> |-<br /> |Heike<br /> |als alleiniger Vorname für den süddeutschen Raum abgelehnt, da das Geschlecht nicht hinreichend zu erkennen ist<br /> |NJW 1982, 2262–2262<br /> |-<br /> |Hemingway<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1985, 250–251<br /> |-<br /> |Heydrich<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1994, 317<br /> |-<br /> |Holgerson<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig, weil er in Schweden als typischer Familienname gebräuchlich ist (dort allerdings mit doppeltem ''s'', als ''Holgersson'')<br /> |OLGZ 1992, 45–47<br /> |-<br /> |Jedidja<br /> |als weiblicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1989, 380–381<br /> |-<br /> |Jenevje<br /> |als Eindeutschung des französischen Vornamens „Genevieve“ als weiblicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1994, 288<br /> |-<br /> |Josephin<br /> |als alleiniger Vorname für ein Mädchen nicht eintragungsfähig<br /> |NJW-RR 1994, 580–581<br /> |-<br /> |Lafayette Vangelis<br /> |als männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1984, 130–131<br /> |-<br /> |Lindbergh<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 2007, 179–180<br /> |-<br /> |Lord<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |FamRZ 1993, 1242–1243<br /> |-<br /> |Marey<br /> |als männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1995, 330<br /> |-<br /> |Mechipchamueh<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1999, 44–45<br /> |-<br /> |Micha<br /> |als alleiniger männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1993, 355<br /> |-<br /> |Mika<br /> |als alleiniger männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 2007, 179<br /> |-<br /> |Moewe<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |BayObLGZ 1986, 171–174<br /> |-<br /> |Moon Unit<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |AG Schöneberg 70 III 387/87<br /> |-<br /> |Navajo<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1995, 45–46<br /> |-<br /> |Pan<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1978, 184–185<br /> |-<br /> |''Peterson'', ''Petersohn'',&lt;br /&gt;''Laurens-Peterson''<br /> |als Vornamen nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1987, 139–139<br /> |-<br /> |Pfefferminze<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1997, 40<br /> |-<br /> |Puschkin<br /> |als weiblicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1983, 351–351<br /> |-<br /> |Ronit<br /> |als alleiniger weiblicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1993, 321–322<br /> |-<br /> |[[Rosa (Vorname)|Rosa]]<br /> |als männlicher Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1993, 50<br /> |-<br /> |Rosenherz<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1994, 118<br /> |-<br /> |Schröder<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |OLGZ 1985, 154–156<br /> |-<br /> |Stompie<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1990, 73–74<br /> |-<br /> |Stone<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1994, 195<br /> |-<br /> |Tom Tom<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1991, 255<br /> |-<br /> |Verleihnix<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1990, 200<br /> |-<br /> |Wegwanipiu<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1997, 380<br /> |-<br /> |Woodstock<br /> |als Vorname nicht eintragungsfähig<br /> |StAZ 1990, 74–75<br /> |-<br /> |}<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> <br /> * [[Liste deutscher Vornamen aus der Bibel]]<br /> * [[Liste deutscher Vornamen germanischer Herkunft]]<br /> * [[Liste der bairischen Vornamen]]<br /> <br /> == Literatur ==<br /> Allgemein:<br /> * [[Michael Mitterauer]]: ''Ahnen und Heilige'', München 1993, ISBN 3-406-37643-6.<br /> * [[Dieter Geuenich]] u. Ingo Runde (Hrsg.): ''Name und Gesellschaft im Frühmittelalter. Personennamen als Indikatoren für sprachliche, ethnische, soziale und kulturelle Gruppenzugehörigkeiten ihrer Träger''. (= Deutsche Namenforschung auf sprachgeschichtlicher Grundlage 2), Hildesheim / Zürich/New York 2006, ISBN 3-487-13106-4.<br /> * Dieter Geuenich, [[Wolfgang Haubrichs]], [[Jörg Jarnut]] (Hrsg.): ''Nomen et gens. Zur historischen Aussagekraft frühmittelalterlicher Personennamen''. Berlin u. New York 1997, ISBN 3-11-015809-4.<br /> <br /> Vornamenlexika, deutsch:<br /> * [[Hans Bahlow]]: ''Deutsches Namenlexikon. Familien- und Vornamen nach Ursprung und Sinn erklärt.'' Gondrom Verlag, Bindlach 1993. ISBN 3-8112-0294-4.<br /> * Andreas Brosch: ''Unsere Vornamen – und was sie uns erzählen. 1500 Namen von biblisch bis modern'', Brunnen Verlag, Gießen 2018, ISBN 978-3-7655-0995-7.<br /> * Margit Eberhard-Wabnitz, Horst Leisering: ''Knaurs Vornamen-Buch. Herkunft und Bedeutung.'' Lexikographisches Institut, München 1984.<br /> * Rosa und Volker Kohlheim (Bearbeiter): ''Duden. Das große Vornamenlexikon.'' 3., völlig neu bearbeitete Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Zürich 2007, Nachdruck 2012. ISBN 978-3-411-06083-2.<br /> <br /> Vornamenlexika, deutsch regional:<br /> * {{Literatur<br /> |Autor=Reinhold Trautmann<br /> |Titel=Die altpreußischen Personennamen<br /> |Datum=1925}}<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Wiktionary|Vorname}}<br /> * [https://www.beliebte-vornamen.de/49519-erwachsene.htm Die häufigsten Vornamen der Erwachsenen in Deutschland]<br /> * [http://www.gfds.de/vornamen/ Beliebteste Vornamen Deutschlands und Vornamenberatung der Gesellschaft für deutsche Sprache]<br /> * [http://www.vornamen.ch/ Vornamen und Namenstage von Deutschland, Schweiz und aller Welt]<br /> * [http://www.onomastik.com/Vornamen-Lexikon/ Vornamen mit Onogramm&amp;nbsp;– wie Namen wahrgenommen werden]<br /> * [http://www.behindthename.com/ Namenlexikon] (englisch)<br /> * [http://www.chrislages.de/muslvn.htm Muslimische Vornamen und ihre Bedeutung]<br /> * [http://www.beliebte-vornamen.de Vornamen und historische Beliebtheit von Vornamen]<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> {{Rechtshinweis}}<br /> <br /> [[Kategorie:Vorname|Deutsch]]<br /> [[Kategorie:Deutscher Personenname|!]]</div> 176.0.6.207 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Doppelname_(Vorname)&diff=250252738 Doppelname (Vorname) 2024-11-11T17:21:21Z <p>176.0.6.207: /* Schreibweise */ k brushup</p> <hr /> <div>Ein '''Doppelname''' im Sinne eines [[Vorname]]ns bezeichnet die Zusammenfügung zweier Vornamen zu einem neuen. Bei einem Doppelnamen gehören immer beide Bestandteile fest zusammen, es wird also nicht nur einer davon als [[Übername|Rufname]] genutzt.<br /> <br /> == Schreibweise ==<br /> Doppelnamen können zu einem Wort [[Schmelzwort|verschmelzen]] (Kontraktion, ''Doppelform''), wie ''[[Annemarie]]/[[Marianne (Vorname)|Marianne]], [[Hannelore]], [[Hans-Peter|Hanspeter]], [[Karl-Heinz|Karlheinz]], [[Lieselotte]]''. Daneben findet sich die Schreibung mit Bindestrich ([[Durchkoppelung]], ''Bindestrichname''), wie ''[[Klaus-Peter]], [[Hans-Jürgen]], [[Jan-Heinrich]]''.&lt;br /&gt;<br /> Diese Namen lassen sich im Allgemeinen auch nur in Verbindung [[Abkürzung|abkürzen]], also Hanspeter als «H.», Hans-Peter aber als «H.-P.»<br /> Die [[Akzent (Linguistik)|Betonung]] der Namen kann bei allen Varianten auf einem der beiden Bestandteile erfolgen.<br /> <br /> Im Englischen findet sich eine Analogbildung etwa bei ''[[Washington (Name)|George Washington]]'' als Vorname (stehende ''Namenskombination''). Diese Namen kommen in der Epoche der [[Mehrnamigkeit]] im [[Barock]] auf. Es wurde damals üblich, zwei oder sogar mehrere Vornamen als [[Übername|Rufname]] zu verwenden – wie bei der Kaiserin [[Maria Theresia]]. Wegen der in den Familien verbreiteten [[Leitname]]n – so hießen beispielsweise neun der zehn Töchter der Kaiserin im ersten Namen ebenfalls Maria – verselbständigt sich dann der zweite Namensteil als Rufname.&lt;ref name=&quot;Kunze 49&quot;&gt;Kunze: dtv-Atlas ''Namenkunde.'', Abschnitt ''Vergabe mehrerer Vornamen'', S. 49&lt;/ref&gt;&lt;br /&gt;<br /> Dazu finden sich modern ebenfalls Durchkoppelung oder Verschmelzung, wie ''[[Stella (Vorname)|Stella]]-Maria/Marie-[[Estelle]]'' zu [[Maria Meeresstern]].<br /> <br /> ;Katholizismus:<br /> Im [[Katholizismus]] gibt es getrennt geschriebene Doppelnamen. Diese folgt der Usance, bei [[Heiliger#Antike_und_Mittelalter|Heiligen]] deren zweiten Namen, auch wenn es ein [[Beiname|Bei-]] oder [[Nachname]] ist, als Vorname zu setzen. Der Doppelname ist untrennbar mit diesem Heiligen oder einer Verehrung verbunden und hat dann auch einen speziellen [[Namenstag]]. Hier verselbständigt sich der zweite Namensteil. Beispiele sind ''[[Maria Magdalena]]'' (die Maria aus Magdala, daraus ''[[Magdalena]]''), ''[[Johann Baptist]]'' (Johannes der Täufer), ''[[Maria Rosaria]]'' (Maria vom Rosenkranz, davon ''[[Rosa (Vorname)|Rosa]]''), ''Maria [[Viktoria (Name)|Viktoria]]'' ([[Maria vom Siege]]), ''[[Franz Xaver (Vorname)|Franz Xaver]]'' (nach dem Hl.&amp;nbsp;[[Francisco de&amp;nbsp;Xavier y&amp;nbsp;Jassu]]: Franz, Herr von [[Castillo de Javier|Javier]] und [[Jassu]] bei Pamplona, daraus ''[[Xaver]]'') oder Johann Nepomuk (nach dem Hl. [[Johannes Nepomuk]] oder Johannes von Pomuk, tschechisch: Jan Nepomucký, daraus ''Nepomuk'').<br /> <br /> == Verbreitung ==<br /> Im Deutschen kamen die verschmolzenen Formen Ende des 19.&amp;nbsp;Jahrhunderts auf, die durchgekoppelten waren vor allem in den 1930er bis 1950er Jahren populär.&lt;ref&gt;Konrad Kunze: ''dtv-Atlas Namenkunde. Vor- und Familiennamen im deutschen Sprachgebiet.'' München 1998, S. 53; &lt;!-- nicht eingesehen, gefunden in: --&gt;siehe auch Renata Cibulková: [https://is.muni.cz/th/173932/ff_m/Vornamen.txt ''Die deutschen Vornamen – Übersicht der Entwicklungstendenzen der Namensgebung vom Mittelalter bis zur Gegenwart.''] Brünn 2010.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> == Abgrenzung zu anderen Namensbildungen ==<br /> Während bei einem Doppelnamen die beiden Einzelnamen vollständig erhalten bleiben, fallen bei einer [[Fügung (Namenkunde)|Fügung]] Teile von einem oder beiden Ausgangsnamen weg. Fügungen waren im 19. Jahrhundert in [[Ostfriesland]] beliebt.&lt;ref&gt;Manno Peters Tammena, Namensgebung in Ostfriesland, SKN Soltau-Kurier-Norden;1., Aufl. 2008, ISBN 978-3-939870-59-3, Seite 18 ff.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Auch die alten zweistämmigen Vornamen wie Diethelm oder Hildegard werden nicht als Doppelnamen angesehen.<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references /&gt;<br /> <br /> [[Kategorie:Doppelname (Vorname)| ]]</div> 176.0.6.207 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Heiliger&diff=250252670 Heiliger 2024-11-11T17:19:07Z <p>176.0.6.207: /* Antike und Mittelalter */ k</p> <hr /> <div>{{Dieser Artikel|befasst sich mit dem religiösen Begriff. Zum Personennamen Heiliger siehe [[Heiliger (Begriffsklärung)]].}}<br /> <br /> [[Datei:Europe Patron saints Mosaic.jpg|mini|Die Heiligen [[Kyrill von Saloniki|Kyrill]], [[Katharina von Siena]], [[Methodios von Olympos|Methodius]], [[Birgitta von Schweden]], [[Benedikt von Nursia]] und [[Edith Stein|Teresia Benedicta vom Kreuz]]. Diese Heiligen bezeichnet die katholische Kirche auch als [[Patrone Europas]].]]<br /> <br /> In religiösen Vorstellungen ist ein '''Heiliger''' ein Mensch, der als einer Gottheit besonders nahestehend beziehungsweise als in religiöser und ethischer Hinsicht vorbildlich angesehen wird. Die Anerkennung von Heiligen kann religiösen oder politischen Autoritäten vorbehalten sein oder sich in der [[Akklamation]] und Verehrung durch das gläubige Volk vollziehen; eine wichtige Rolle kann dabei das Auftreten von als übernatürlich interpretierten Phänomenen ([[Wunder]]) im Zusammenhang mit den Heiligen spielen. Die darauf folgende – zumeist posthume – [[kult]]ische Verehrung von Heiligen bezeichnet man als [[Heiligenverehrung]].<br /> <br /> == Religionswissenschaftliche Definition ==<br /> Der Begriff des Heiligen ist [[religionswissenschaft]]lich nicht befriedigend definiert. Zum einen ist aufgrund der differierenden Anforderungen, die verschiedene [[Religion]]en an einen Heiligen stellen, keine für alle Religionen allgemeingültige Definition möglich. Zum anderen überschneidet sich der religiöse Typ des Heiligen mit mehreren anderen religiöser Autoritätstypen, und es ist bisher nicht gelungen, eine deutlich unterscheidende Charakteristik zu finden.<br /> [[Datei:Das Martyrium des hl. Bartholomäus oder das doppelte Martyrium Öl auf Leinwand 250x285cm 2014-15 (1).jpeg|mini|[[Aris Kalaizis]]: ''Das Martyrium des hl.&amp;nbsp;Bartholomäus'', 2014/2015]]<br /> <br /> Die Grenzen der im Diskurs religiöser [[Autorität]]en skizzierten Typen sind fließend und können sich in wichtigen Punkten überschneiden. Ein für alle Religionen allgemeingültiger Begriff ist nicht gegeben.<br /> <br /> Typologische Gemeinsamkeiten dieser Art weist der Heilige besonders mit dem [[Märtyrer]] und dem [[Heros]] auf: Sein Grab oder der Aufbewahrungsort seiner [[Reliquie]]n entwickelt sich zu einem kultischen Zentrum. Es ist das Ziel allgemeiner Verehrung, von [[Pilger]]reisen und wird oft als Zentrum einer [[Nekropole]] genutzt. Allen drei Typen wird eine Funktion als Fürsprecher der Gläubigen gegenüber der göttlichen Autorität zugeschrieben.<br /> <br /> Eine Verehrung ist oft wie beim Heros bereits zu Lebzeiten gegeben, kann aber wie beim Märtyrer auch nach dem [[Tod]] erfolgen. Ein Unterschied zum Typen des Märtyrers liegt darin, dass er die religiöse Vollkommenheit nicht durch seinen Lebenswandel, sondern durch die Art seines Sterbens erlangte. Beim Heiligen erweist sich die Vollkommenheit ohne ein solches Martyrium durch sein voraufgegangenes Leben. Im Gegensatz zum Heros fehlt ihm die göttliche oder halbgöttliche Abstammung.<br /> <br /> Der Heilige kann zwar [[Kleriker]] sein oder dem „gottgeweihten Stand“ ''([[Vita consecrata]])'' angehören, muss es aber nicht. Weiterhin kann der Heilige das [[Charisma]] des [[Religionsstifter]]s oder [[Reformator]]s besitzen, im Gegensatz zu ihnen ist aber sein Ziel nicht Verkündigung einer (Glaubens-)Lehre und anschließende Bildung einer Gläubigenschar, sondern das Hervortreten durch sein religiös vorbildliches Leben.<br /> <br /> Vom mythischen Heilsbringer schließlich unterscheidet ihn sein Wirken in der real überlieferten, wenn auch oft in der Tradierung unzuverlässigen Geschichte und dem fehlenden [[Erlösung]]saspekt seines Lebens.<br /> <br /> Die Deklaration und Verehrung von Heiligen erfüllt ein urreligiöses Bedürfnis der Menschen nach Vorbildern in ihrem Glauben und gleichzeitige Bestätigung desselben. Die als vorbildlich anerkannten Mitglieder der Glaubensgemeinschaft verlassen zwar die [[Diesseits|diesseitige]] – menschliche – Gemeinschaft. Sie bieten jedoch die Möglichkeit, den Kontakt zwischen Diesseits und [[Jenseits]] zu halten, denn obwohl sie in die jeweilige göttliche Herrlichkeit aufgenommen worden sind, bleiben sie über ihr Grab, ihre Reliquien und ihre Verehrung im Diesseits präsent und bilden so eine Verbindung zu der von den noch lebenden Gläubigen selbst angestrebten Erlösung. Über die ihnen während oder nach ihrem Leben zugeschriebenen Wundertaten geben sie den Gläubigen eine positive Antwort auf die Frage nach der Sinn- und Wahrhaftigkeit der jeweiligen Religion.<br /> <br /> == Nach Religion ==<br /> === {{Anker|ch_h}}Christentum ===<br /> Die [[christliche Theologie]] ist geprägt von einem Doppelkonzept von Heiligkeit: Das Heilige schlechthin ist [[Gott]] selbst, jedoch nicht im Sinne einer [[Transzendenz|transzendenten]] Statik, also eines Zustandes in göttlichen Sphären ohne Auswirkung auf das Diesseits. Vielmehr wird Gottes Heiligkeit als [[Immanenz|immanente]] Dynamik verstanden, die alle irdischen Dinge für sich aussondern kann und damit Grund ihrer Heiligkeit ist. Im [[Neues Testament|Neuen Testament]] wird diese Sicht modifiziert. Nun ist es [[Jesus Christus]], der in seiner einzigartigen Beziehung zum Vater durch seinen Tod und [[Auferstehung Jesu Christi|seine Auferstehung]] Heiligkeit in denen bewirkt, die ihm nachfolgen.<br /> <br /> Christliche Heiligkeit tritt in zwei Komponenten auf. Einerseits erwählt sich Gott sowohl im [[Altes Testament|Alten]] als auch im Neuen Testament ein „heiliges Volk“: das [[Volk Israel]] und das so bezeichnete „neue heilige Volk“ der [[Ekklesiologie|Kirche]]. Andererseits tritt immer das Konzept der individuellen Heiligkeit einer Einzelperson auf. Die individuelle Heiligkeit ist dabei aber stets nur Manifestation einer Heiligkeit als Glied der Kirche, die in ihrer Gesamtheit ja die „Gemeinschaft der Heiligen“ ''(communio sanctorum)'' darstellt. Im [[Katechismus der Katholischen Kirche]] heißt es dazu: „Wenn die Kirche gewisse Gläubige heiligspricht, das heißt feierlich erklärt, daß diese die Tugenden heldenhaft geübt und in Treue zur Gnade Gottes gelebt haben, anerkennt die Kirche die Macht des Geistes der Heiligkeit, der in ihr ist. Sie stärkt die Hoffnung der Gläubigen, indem sie ihnen die Heiligen als Vorbilder und Fürsprecher gibt.“&lt;ref&gt;''Katechismus der Katholischen Kirche'', 828.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Antike und Mittelalter ====<br /> [[Datei:Polycarp.jpg|mini|[[Polykarp von Smyrna]], einer der ersten Heiligen, der als Märtyrer verehrt wurde]]<br /> <br /> Die [[frühchristlich]]e Heiligenverehrung schloss sich an die aus dem [[Judentum]] bekannten Formen an. Dort waren seit langem der [[Hohepriester]] als Übermittler des [[Aaronitischer Segen|Aaronitischen Segens]] sowie das [[Martyrium]] bekannt.<br /> <br /> Die hohepriesterliche Mittlerfunktion wurde ganz auf Christus übertragen und erst nach der theologischen Klarstellung früher [[Kirchenvater|Väter der Kirche]], dass die Verehrung anderer Menschen, die Christus nachgefolgt waren, die Einzigartigkeit der Mittlerfunktion Christi nicht beeinträchtige, begann die [[Urkirche]] Gebete an Verstorbe, Märtyrer und [[Apostel]], zu richten.<br /> <br /> Der erste Beleg einer Märtyreranbetung ist der um 160 geschriebene Bericht über [[Polykarp von Smyrna]], in der westlichen Kirche breitete sich die Märtyrerverehrung wahrscheinlich im 3. Jahrhundert aus und verband sich unter dem Einfluss [[Tertullian]]s zu einer Verehrung als Heilige. Anfänglich war diese Verehrung auf den Todestag und die Grabstätte des Märtyrers beschränkt, mit dem Aufkommen der Reliquienverehrung vervielfachten sich aber die räumlichen und zeitlichen Möglichkeiten der Verehrung. Der erste greifbare Beleg des Verständnisses der verstorbenen Heiligen als Empfänger des [[Fürbitte|Fürbittegebets]] findet sich in einem Graffito an der römischen Kirche [[San Sebastiano alle Catacombe|San Sebastiano]] aus dem Jahr 260.<br /> <br /> Mit dem Wandel des Christentums zur [[Staatsreligion]] des [[Römisches Reich|Römischen Reiches]] weitete sich der Heiligenbegriff, da das Martyrium wegen der abgestellten Verfolgungen nun nicht mehr höchstes Zeugnis eines christlichen Lebens sein konnte. Nach und nach wurden – unter dem bestimmenden Einfluss [[Clemens von Alexandria|Clemens’ von Alexandria]] – sogenannte „Bekenner“ ''(confessores)'', die zwar verfolgt worden, aber dem Martyrium entgangen waren, und Menschen mit einem „engelgleichen Leben“, deren radikal [[Askese|asketisch]]-[[Jungfrau|jungfräuliches]] Leben als ständiger Kampf gegen die Verführungen des [[Satan]]s verstanden wurde, in den Kreis der verehrungswürdigen „Heiligen“ aufgenommen.<br /> <br /> [[Datei:Gentile da Fabriano 077.jpg|mini|links|hochkant|Der hl. [[Franz von Assisi]], Ordensmann und Bekenner]]<br /> <br /> Seit dem [[Frühmittelalter]] wurden zunehmend entweder große Lichtgestalten der Christenheit ([[Kirchenlehrer]], Könige, sog. „[[Militärheiliger|Ritter- und Soldatenheilige]]“) oder Menschen, die ein Alternativkonzept zum alltäglichen christlichen Leben boten ([[Franz von Assisi|Franziskus]], [[Benedikt von Nursia|Benedikt]]), vom Volk regional als Heilige verehrt. Bei den „Adelsheiligen“, also Herrschern, Bischöfen oder Ordensgründern, ging die Initiative der Verehrung in den meisten Fällen von deren Nachfolgern im Amt oder Mitgliedern ihrer Dynastie aus, die dadurch auch sich selbst eine stärkere Legitimität zu verschaffen hofften. Die kirchliche Anerkennung folgte im Allgemeinen erst später. Um von offizieller Seite Beliebigkeit und Ausufern der Heiligenkulte zu verhindern, bemühten sich die Päpste, das alleinige Recht zur [[Heiligsprechung]] und damit die Kontrolle der Heiligenverehrung zu erlangen, zumal diese aufgrund ihrer Bedeutung für die Beglaubigung politischer und dynastischer Legitimität und nicht zuletzt auch aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für die Kult- und Wallfahrtsorte einen gewichtigen machtpolitischen Faktor darstellte. Im Jahr 993 fand die erste päpstliche Heiligsprechung ([[Ulrich von Augsburg]]) statt, im Verlauf des 11. und 12. Jahrhunderts konnten sich die Päpste schließlich gegen die konkurrierenden Instanzen der [[Konzil]]ien und Ortsbischöfe durchsetzen. [[Alexander III. (Papst)|Alexander III.]] dekretierte im Jahr 1171 die alleinige Zuständigkeit des Papstes für Heiligsprechungen. Aber allgemein verbindlich wurde diese Alleinzuständigkeit erst durch den ''[[Liber Extra]]'' von 1234, einen Nachtrag zum ''[[Decretum Gratiani]]''.&lt;ref name=&quot;ws&quot; /&gt; Im Mittelalter handhabte die römische Kurie die Heiligsprechung zurückhaltend und kanonisierte nur 79 Personen, während die Volksfrömmigkeit auch ohne päpstliche Beteiligung zur selben Zeit Hunderte neuer Heiliger hervorbrachte.&lt;ref&gt;{{RGG|3|1542||Heilige/Heiligenverehrung II. Kirchengeschichtlich|Ulrich Köpf}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> [[Datei:TheTrinity Altar- virgins.jpg|mini|Chor der hl. [[Geweihte Jungfrau|Jungfrauen]]]]<br /> <br /> Die christliche Theologie unterscheidet gemäß der sachlichen und terminologischen Klärung des [[Zweites Konzil von Nicäa|Zweiten Konzils von Nicäa]] im Jahre 787 die Anbetung (griech. ''λατρεια'', lat. ''adoratio''), die allein Gott vorbehalten ist, von der Verehrung (griech. ''δουλεια'', lat. ''veneratio''), die den Heiligen und ihren [[Reliquie]]n zukommt. Die sogenannte ''[[Dulia]]'' ist grundsätzlich von der ''[[Latrie]]'', der Anbetung, zu unterscheiden. Innerhalb der ''Dulia'', der Verehrung, wird noch die ''Hyperdulia ''(„Hochverehrung“) unterschieden, die ausschließlich der [[Jungfrau Maria]] zukommt.<br /> <br /> Bereits [[Ambrosius von Mailand]] hatte im 4. Jahrhundert den römischen Begriff des „patronus“ für die Heiligen verwendet, der die Schutzfunktion des Patrons im [[Römisches Klientelwesen|Klientelwesen]] der römischen Gesellschaft beinhaltete. Der im [[Hochmittelalter]] zur vollen Ausbildung gelangte Gedanke, sich für Nationen und Diözesen, Kirchen und Städte ([[Stadtpatron]]), später gar Stände und Berufe eigene [[Schutzpatron]]e zu erwählen, unter deren Schutz und Hilfe man sich stellen wollte, machen das transformierte Verständnis der „Heiligen“ deutlich. Reliquienanhäufung und Drang nach Wundern waren die theologisch unerwünschten Folgen. Das [[Viertes Laterankonzil|Vierte Laterankonzil]] verurteilte zwar, „dass die Gläubigen mit phantastischen Geschichten oder gefälschten Dokumenten getäuscht werden, wie es an sehr vielen Orten aus Gewinnsucht zu geschehen pflegt.“ Aber es konnte die Entwicklung in der Praxis nicht aufhalten. Der Charakter der Heiligen als Vorbilder im christlichen Leben ''(Imitatio Christi)'' trat zugunsten der zugeschriebenen Funktionen als Helfer zurück. Die Gläubigen wählten sich zur Fürbitte gezielt Heilige (häufig als Krankheitspatrone)&lt;ref&gt;Max Höfler: ''Die Kalender-Heiligen als Krankheits-Patrone beim bayerischen Volk.'' In: ''Zeitschrift des Vereins für Volkskunde'' 1, 1891, S. 292–306.&lt;/ref&gt; aus, denen man bestimmte Attribute zuschrieb.&lt;ref&gt;[[Anton Pachinger|Anton M. Pachinger]]: ''Über Krankheitspatrone auf Heiligenbildern.'' In: ''Sudhoffs Archiv'' 2, 1909, S. 351–374.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Anton M. Pachinger: ''Über Krankheitspatrone auf Medaillen.'' In: ''Sudhoffs Archiv'' 3, 1910, S. 227–268.&lt;/ref&gt; Blasius wird beispielsweise gegen Halskrankheiten angerufen, Sebastian gegen die [[Pest]]. Auch die Entwicklung des Kultes der [[vierzehn Nothelfer]] fällt in diesen Zusammenhang.<br /> <br /> ==== Neuzeit ====<br /> Erst die [[Reformation]] brachte deutliche Kritik an der herrschenden Situation vor. Eine Rolle der Heiligen als direkte Mittler des Erbetenen wurde mit Verweis auf die [[Bibel]] strikt abgelehnt und die Einzigartigkeit der Heilsmittlerschaft Christi wieder in den Vordergrund gerückt. Nach der theologischen Festigung des [[Luthertum]]s wurde in der Pflege des Gedächtnisses verschiedener altkirchlicher Heiliger keine Gefahr mehr gesehen. Das Heiligengedächtnis wurde in der ''[[Confessio Augustana|Confessio Augustana XXI]]'' als Moment der persönlichen Stärkung im Glauben befürwortet und anerkannt. Zu den anerkannten „alten“ Heiligen traten zusätzlich [[Kirchenreform|Vorreformatoren]] wie [[Jan Hus]] und dann auch Akteure der Reformation – insbesondere Luther selbst – hinzu, so dass verschiedene Theologen Züge einer „Lutherverehrung“ zu erkennen glauben, die sich u. a. in den Lutherbildern in protestantischen Gottesdiensträumen manifestiere.<br /> <br /> [[Datei:Byzantinische Ikone Madonna von Zvonik.jpg|hochkant|mini|Ikonendarstellung der hl. [[Jungfrau Maria]]]]<br /> Im Gegensatz zu den lutherisch geprägten Protestanten lehnten die [[Reformierte Kirche|Reformierten]] die Heiligenverehrung insgesamt ab. [[Ulrich Zwingli]] und [[Johannes Calvin]] sahen in Wallfahrten und Reliquienverehrung ein Werk des [[Satan]]s und betonten die Gültigkeit des alttestamentlichen [[Bilderverbot]]s, gegen das die Heiligenverehrung verstoße.<br /> <br /> Das [[Konzil von Trient]] legte im Jahr 1563 die römisch-katholische Dogmatik in der Frage der Heiligenverehrung genauer fest: Da die Heiligen im Himmel mit [[Jesus Christus|Christus]] herrschten, sei es „gut und nützlich“, sie demütig um Beistand anzurufen, um von Gott durch den alleinigen Erlöser und Heiland Jesus Christus Wohltaten zu erlangen (DH 1821). Ziel der Heiligenverehrung ist damit Gott. Das [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweite Vatikanische Konzil]] bestätigte diese Lehre und verwies nochmals darauf, dass die Fürbitte der Heiligen bei Gott nicht „heilskonstitutiv“ wie die hohepriesterliche Mittlerfunktion Christi sei (LG 48–69). Die apostolische Konstitution [[Lumen gentium]] führt aus, dass die Heiligen „zwar Schicksalsgenossen unserer Menschlichkeit“ seien, dennoch aber „vollkommener dem Bilde Christi gleichgestaltet“ würden. „Wie die christliche Gemeinschaft unter den Erdenpilgern uns näher zu Christus bringt, so verbindet auch die Gemeinschaft mit den Heiligen uns mit Christus, von dem als Quelle und Haupt jegliche Gnade und das Leben des Gottesvolkes selbst ausgehen.“ (LG 50).<br /> Das Direktorium über die Volksfrömmigkeit und Liturgie hält fest, die Heiligenfeste verkündigten Christus „in seinen Knechten“, indem sie als Feste der Glieder des Leibes Christi dessen Haupt, Christus selbst, verherrlichten.&lt;ref&gt;''Direktorium über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie'' (= ''Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls'', Nr. 160). 2001, S. 168.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In den [[Ostkirchen]] ist die Verehrung von Heiligen ein selbstverständlicher Bestandteil des geistigen Lebens. Seit dem 4. Jahrhundert ist die Darstellungen von Heiligen in [[Ikone]]n belegt. Die Verehrung äußert sich bis heute im Malen und Verehren von Ikonen, dem Verfassen und Lesen von [[Hagiographie|Heiligenviten]] sowie der wieder verstärkt auftretenden [[Heiligsprechung|Kanonisation]]. Wie in der katholischen Kirche auch werden die Gräber und Reliquien besucht und verehrt, Menschen, Kirchen und Orte nach ihnen benannt und ihr [[Gedenktag]] im [[Kirchenjahr]] liturgisch gefeiert. Die Wallfahrt des Pilgers zum Heiligengrab und zuletzt das Sehen, Berühren und Küssen der Reliquie oder der Ikone ist in den Ostkirchen präsenter als im Westen und dient dazu, an der besonderen Gottesnähe des Heiligen selbst teilzuhaben.<br /> <br /> Die [[altkatholische Kirche]] betrachtet die Verehrung von Heiligen als sinnvoll, unabhängig davon, wie einzelne als Heilige anerkannt und zur Verehrung empfohlen werden. Dabei bleibe allerdings wichtig, dass sich die Heiligenverehrung deutlich von der Form der Anbetung und des Kultes unterscheide, die allein Gottvater, Jesus Christus und dem Heiligen Geist zustehe. Im alt-katholischen Gottesdienst und Gebetsleben wird daher in der Regel nur Gott direkt angeredet. Von den Heiligen wird lediglich erwähnt, dass die Gläubigen in Gemeinschaft mit ihnen stehen, und sie werden als Vorbilder im Glauben vorgestellt. Verehrt werden dabei vor allem Heilige der ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends sowie aus der späteren Zeit Christen, die als besondere Vor- und Leitbilder ökumenische Anerkennung erreicht haben, wie beispielsweise [[Franz von Assisi]], [[Teresa von Avila]], [[Dietrich Bonhoeffer]], [[Martin Luther King]], [[Edith Stein]] oder [[Oscar Romero]].&lt;ref name=&quot;Heilige, Heiligenverehrung&quot;&gt;{{Internetquelle| url=http://www.alt-katholisch.de/information/haeufig-gestellte-fragen/heilige-heiligenverehrung.html |titel=Heilige, Heiligenverehrung |hrsg=Website des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland |abruf=2016-12-12 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20150127050444/http://www.alt-katholisch.de/information/haeufig-gestellte-fragen/heilige-heiligenverehrung.html |archiv-datum=2015-01-27}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Seit etwa den 1960er-Jahren verlieren kanonisierte Heilige in Teilen einer säkularisierten („westlichen“) Welt an Bedeutung, historische Legenden und mythische Berichte werden zurückgedrängt zugunsten zeitgeschichtlicher Erfahrungen vorbildhafter Menschen ([[Mohandas Karamchand Gandhi|Gandhi]], [[Mutter Teresa]], [[Martin Luther King]]), die als Vorbilder für Altruismus und Humanität dienen. Die Verehrung dieser neuen Vorbilder ist nicht an [[Konfession]]en oder Religionen gebunden und spiegelt das Aufkommen von [[Vorbild|Idolen]] in der Jugendkultur wider.&lt;ref&gt;Vgl. dazu Werner Groß: ''Die Heiligenverehrung in der Glaubenspraxis der Gegenwart.'' In: [[Peter Dinzelbacher]], [[Dieter R. Bauer]] (Hrsg.): ''Heiligenverehrung in Geschichte und Gegenwart.'' Ostfildern 1990, S. 358–372, hier S. 370, sowie [[Hubertus Lutterbach]]: ''Tot und heilig? Personenkult um „Gottesmenschen“ in Mittelalter und Gegenwart.'' Darmstadt 2008, S. 104ff.&lt;/ref&gt; Andererseits nahmen die Selig- und Heiligsprechungsverfahren der römisch-katholischen Kirche seit dem Pontifikat Papst [[Johannes Paul II.|Johannes Pauls II.]] einen deutlichen Aufschwung, zu dessen weltweiter Rezeption die mediale Übertragung der Gottesdienstfeiern beitrug: Von den seit der Konstitution ''Immensa aeterna'' aus dem Jahr 1588 insgesamt 839 heiliggesprochenen Personen wurden 482 durch Johannes Paul II. kanonisiert.&lt;ref&gt;Katholische Presseagentur Österreich: [http://www.kathpress.co.at/site/nachrichten/database/61974.html 839 Heiligsprechungen in der Kirche der Neuzeit] vom 26. April 2014.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die römisch-katholische Theologin [[Doris Reisinger]] verlangte 2022 „eine wachsende Menge an Laien beiderlei Geschlechts, denen die Kirche bestätigt, ein heiliges Leben geführt zu haben“, und zwar ohne Keuschheitsgelübde und Martyrium. Unter den Heiligsprechungen der letzten 122 Jahre sei einer Untersuchung zufolge der „typische Heilige“ in der römisch-katholischen Kirche „ein weißer europäischer Priester“, während die afrikanische Mutter, der asiatische Familienvater, die lateinamerikanische Ärztin und der australische Arbeiter fehlten; weibliche Wege zur Heiligkeit seien sexuelle Gewalt und Tod durch einen Vergewaltiger.&lt;ref&gt;{{Internetquelle | titel=Theologin Reisinger fordert neuen Umgang mit Heiligsprechungen | url=https://www.katholisch.de/artikel/41727-theologin-reisinger-fordert-neuen-umgang-mit-heiligsprechungen | werk=katholisch.de | datum=2022-10-27 | abruf=2022-11-10}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> {{Siehe auch|Liste der Seligen und Heiligen|Liste von Heiligsprechungen|Heiligenkalender}}<br /> <br /> ==== Volksheilige ====<br /> Als ''Volksheilige'' werden unter den Heiligen und [[Seligsprechung|Seligen]] vor allem der römisch-katholischen Kirche jene bezeichnet, die im Volk besonders hohe Verehrung und Beliebtheit genießen. Häufig sind die Feste dieser Heiligen mit besonderem Brauchtum verbunden, wie etwa der Gedenktag der heiligen [[Barbara von Nikomedien|Barbara]] mit dem Schneiden von [[Barbarazweig]]en oder dem „[[Bärbeletreiben]]“, der des heiligen [[Nikolaus von Myra|Nikolaus]] mit dem Beschenken der Kinder, des heiligen [[Martin von Tours|Martin]]&lt;ref&gt;[[Manfred Becker-Huberti]], ''Der heilige Martin von Tours – ein Volksheiliger im Wandel der Zeiten.'' In: ''L’Osservatore Romano.'' Nr. 45, 1996.&lt;/ref&gt; mit dem [[Martinstag#Sankt-Martins-Umzug|Martinszug]] und dem [[Martinisingen]], der hl. [[Lucia von Syrakus|Lucia]] vor allem in Schweden mit dem [[Luciafest]], einer Lichtfeier. Zum Luciafest wie auch zum Gedenktag der hl. [[Agatha von Catania|Agatha]] werden auch [[Gebildbrot]]e gebacken.&lt;ref&gt;https://www.kath.ch/newsd/stichwort-agathabrot/&lt;/ref&gt; Leben und Wirken vieler Volksheiliger wurden im Laufe der Zeit in Form von Legenden ausgeschmückt.<br /> <br /> Bei der Betrachtung, wer jeweils zu den Volksheiligen zählt, kann es neben zeitlichen auch regionale Unterschiede geben. So gilt etwa in Frankreich auch [[Johanna von Orleans]] als Volksheilige, in den spanischsprachigen Ländern wird [[Teresa von Avila]] besonders verehrt, in Schweden zählt neben der hl. Lucia auch die hl. [[Birgitta von Schweden|Birgitta]] zu den Volksheiligen. Im englischsprachigen Raum und im [[Rheinland]] ist [[Judas Thaddäus]] als [[Schutzpatron]] in aussichtslos erscheinenden Anliegen bekannt. Die vielen Kirchen mit dem [[Patrozinium]] der heiligen [[Margarethenkirche|Margaretha]] oder [[Katharina von Alexandria |Katharina]], frommen [[Bruderschaft]]en oder [[Zunft|Zünfte]] im europäischen Raum gehen auf die hohe Verehrung zurück, die diese Heiligen im Volk genossen.<br /> <br /> Zu den Volksheiligen zählen neben anderen die [[Maria (Mutter Jesu)|Gottesmutter Maria]] und deren Mutter [[Anna (Heilige)|Anna]], die heiligen [[Josef von Nazaret|Josef]] und [[Franziskus von Assisi|Franziskus]], die hll. [[Antonius der Große|Antonius der Einsiedler]], [[Jodok (Heiliger)|Jodokus]] und [[Antonius von Padua]],&lt;ref&gt;Paolo Scandaletti, ''Antonius von Padua. Volksheiliger und Kirchenlehrer'', Verlag Styria, 1988.&lt;/ref&gt; die [[vierzehn Nothelfer]], die hl. [[Cäcilia von Rom|Cäcilia]], der hl. [[Sebastian (Heiliger)|Sebastian]], der hl. [[Blasius von Sebaste|Blasius]], dessen Gedenktag mit der Spendung des [[Blasiussegen]]s verbunden ist,&lt;ref&gt;Hans Hollerweger: ''Blasiussegen.'' In: [[Lexikon für Theologie und Kirche]], 3. Auflage, Band 2. Herder-Verlag, Freiburg im Breisgau 1994, Sp.&amp;nbsp;519&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; in neuerer Zeit auch [[Therese von Lisieux]], [[Konrad von Parzham]]&lt;ref&gt;{{Webarchiv|url=https://www.heimatzeitung.de/startseite/aufmacher/2917456_Region-feiert-200.-Geburtstag-des-Volksheiligen-Bruder-Konrad.html?em_cnt=2917456 |wayback=20191025085353 |text=Archivierte Kopie }}&lt;/ref&gt; und, vor allem im italienischen Raum, [[Pio von Pietrelcina]].&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.morgenpost.de/printarchiv/panorama/article102567129/Ein-Volksheiliger-wird-ausgegraben.html |titel=Ein Volksheiliger wird ausgegraben |werk=morgenpost.de |datum=2008-01-09 |abruf=2024-02-11}}&lt;/ref&gt; Legendarisch ist die „heilige [[Kümmernis]]“,&lt;ref&gt;{{LThK|[[Anton Dörrer]]|Kümmernis|3|6|525f}}&lt;/ref&gt; die auch Wilgefortis genannt wurde.<br /> <br /> {{Siehe auch|Kanonheiliger|Wetterheiliger}}<br /> <br /> ==== Verehrung christlicher Heiliger außerhalb des Christentums ====<br /> Im [[haiti]]anischen [[Voodoo]] werden vereinzelt christliche Heilige wie [[Maria (Mutter Jesu)|Maria]], [[Simon Petrus]], [[Jakobus der Ältere]], [[Philomena von Rom]], [[Patrick von Irland]] und [[Ulrich von Augsburg]] in Gestalt von [[Loa (Voodoo)|Voodoo-Geistwesen]] verehrt; hierbei handelt es sich um einen Fall von [[Synkretismus]].&lt;ref&gt;[[Webster University]]: [http://faculty.webster.edu/corbetre/haiti/voodoo/biglist.htm ''Descriptions of Various Loa of Voodoo'', 1990]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die [[kuba]]nische [[Santería]] setzt zahlreiche [[Orisha]] (gute Geister) in analoger Weise mit christlichen Heiligen gleich, wovon deutlich mehr Heilige als im Voodoo betroffen sind und die Gleichsetzung den Kern der Religion bildet.<br /> <br /> === Judentum ===<br /> [[Datei:Hebron-(Abraham)-Mosche.JPG|miniatur|Das Grab der Erzväter in Hebron beherbergt sowohl eine Synagoge als auch eine Moschee.]]<br /> Im Judentum allgemein ist „קדוש“ („kadosch“, hebräisch: ''heilig'') ein Wort, das vor allem die einfache Bedeutung von ''besonders'' oder ''das Besondere'' hat und damit im Gegenteil zu ''[[profan]]'' (im Sinne von ''weltlich'', ''normal'', ''alltäglich'') steht.<br /> <br /> Im [[Orthodoxes Judentum|orthodoxen Judentum]] wird auf eine [[Person|persönliche]] Heiligkeit nur äußerst zurückhaltend eingegangen. Als heilig im jüdischen Sinne gelten hauptsächlich [[Kehillah|jüdische Gemeinden]]. In der religiösen Praxis bildete sich aber de facto trotzdem bereits in alttestamentlicher Zeit die Heiligenverehrung heraus, was sich an der Existenz vieler Heiligengräber festmachen lässt.<br /> <br /> Einer gewissen Verehrung der [[Prophet]]en (besonders [[Mose]]) wurde auch von offizieller Seite kein Widerstand entgegengebracht, seit der Zeit des [[Makkabäer|makkabäischen]] Widerstandskampfes gewann auch das [[Märtyrer]]tum an Bedeutung. Seit der [[Spätantike]] entwickelte sich in der Volksfrömmigkeit ein regelrechter Gräberkult um Grabstätten besonders frommer Juden, oft werden sogar [[Synagoge]]n über oder in der Nähe eines Grabes erbaut. Besonders stark trat der Typ des Heiligen im osteuropäischen [[Chassidismus]] auf, der im „[[Zaddik]]“ einen Heilsbringer mit einer besonders engen Gottesbeziehung und einer Mittlerqualität von Gottes Gnade für die Menschen verehrte.<br /> <br /> Auch im heutigen Judentum spielen Heiligengräber als [[Wallfahrt]]sziele eine Rolle. Prominente Beispiele hierfür sind die Gräber der [[Erzvater|Erzväter]] in Hebron, das [[Davidsgrab]] in Jerusalem, das Grab des [[Kabbala|kabbalistischen]] [[Rabbiner]]s [[Schimon ben Jochai]] in Meron oder des [[Chabad]]-Führers [[Menachem Mendel Schneerson]].<br /> <br /> Die alttestamentlichen Patriarchen und Propheten wurden auch in die Reihe der christlichen und islamischen Heiligen aufgenommen.<br /> <br /> === Islam ===<br /> [[Datei:Chebika Marabout.JPG|miniatur|Verehrungsstätte ''(mašhad)'' eines [[Marabout]], die selten vom tatsächlichen Grab ''(turba)'' unterschieden wird. Das Kuppelgebäude heißt ''[[qubba]]'' (nahe der tunesischen Oase [[Chebika]]).]]<br /> <br /> Im [[Islam]] hat sich eine Verehrung Heiliger, die dem christlichen Verständnis eines Heiligen nahekommt, bereits früh herausgebildet. Schon bald nach ihrem Tod wurden etwa in der [[Schiiten|schiitischen]] Richtung [[ʿAlī ibn Abī Tālib]], der Schwiegersohn [[Mohammed]]s, und seine Söhne [[Hasan ibn Ali]] und [[Husain ibn Ali]] als Heilige verehrt. Auch bei den [[Sunniten]] treten solche Heilige auf, unter anderem [[al-Chidr]] (al-Ḫiḍr, „der grüne Mann“). Seine enge Beziehung zum Propheten [[Elija]] kommt im türkischen Frühlingsfest [[Hıdrellez]] zum Ausdruck; von orientalischen Christen wird al-Chidr mit dem heiligen [[Georg (Heiliger)|Georg]] identifiziert.<br /> <br /> Viele Heilige wurden als „Freunde Gottes“ ([[Walī#Walī als Gottesfreund|''auliyāʾ Allāh'']]) bezeichnet. Hierbei handelt es sich um einen Begriff, der schon im Koran (Sure 10:62) vorkommt. Auch wenn der „Freund Gottes“ ein durchgehend gehorsames und gottgefälliges Leben geführt hat, rückt er nicht durch eigene Leistung, sondern vielmehr erst durch Allahs Wirken in eine Nähe zu jenem. Es gibt kein offizielles Heiligsprechungsverfahren, und die Verehrung einer Person als Heiligem ergibt sich aus dem Konsens der Gläubigen. Daher kann nicht nur Menschen aus der Zeit nach Mohammed, sondern auch Propheten und Patriarchen aus der Zeit zuvor die Heiligkeit zugesprochen werden.<br /> <br /> Das Bild des Heiligen im Islam ist davon geprägt, dass Heilige Fürsprecher und Mittler zwischen den Gläubigen und dem verborgenen Allah sind, Wunder wirken können und als Wächter des Glaubens gelten. Viele Gräber von islamischen Heiligen sind bis heute Ziel von [[Ziyāra]]-Wallfahrten. Andere Orte werden besucht, weil sie in irgendeiner anderen Beziehung zum betreffenden Heiligen stehen. Die Wallfahrtsorte werden von den Pilgern als Kraftquelle gesehen, da die [[Spiritualität|spirituelle]] Energie ''([[Baraka (Segenskraft)|Baraka]])'' eines Heiligen nach muslimischer Auffassung auch über den irdischen Tod hinaus wirkt, teilweise sogar für stärker gehalten wird als zu Lebzeiten. Der Heilige erhält seine Baraka über eine spirituelle Kette ''([[Silsila]]),'' die ihn mit der Familie des Propheten verbindet.<br /> <br /> Die spätere islamische Heiligenverehrung bezieht sich meist auf bekannte [[Mystiker]] ([[Sufismus|Sufis]]). Häufig wirkten diese auch als Oberhaupt ''([[Scheich]])'' eines Sufiordens ''([[Tariqa]]),'' wie sie verstärkt ab dem 12. und 13. Jahrhundert entstanden. Zu jener Zeit, die als eine erste Blütezeit des Sufismus gilt, fanden die islamischen Mystiker eine große Resonanz auch in der breiten Bevölkerung, wodurch sich noch heute die starke auf diese Personen bezogene Verehrung erklären lässt. Einer der international bekanntesten Heiligen ist [[ʿAbd al-Qādir al-Dschīlānī]], dessen Grab in [[Bagdad]] Pilger aus der ganzen islamischen Welt angezogen hat. Träume von ʿAbd al-Qādir al-Dschīlānī spielen auch eine große Rolle in der islamischen Mystik.&lt;ref&gt;Vgl. Elizabeth Sirriyeh: ''Dreams and Visions in the World of Islam. A History of Muslim Dreaming and Foreknowing.'' I.B. Tauris, London, 2015. S. 163.&lt;/ref&gt; So soll er zum Beispiel dem westafrikanischen religiösen Anführer [[Usman dan Fodio]] erschienen sein und ihm das „Schwert der Wahrheit“ verliehen haben.<br /> <br /> In einigen sunnitischen Gruppen wie der Bewegung der [[Wahhabiten]] ([[Salafismus]]) und den [[Ahl-i Hadīth]] wird eine Heiligenverehrung explizit bekämpft, da sie dem Prinzip der absoluten Einzigartigkeit und Erhabenheit eines Gottes ''([[tauhid]])'' zuwiderlaufe und ein nicht auf Gott, sondern auf Menschen gerichteter Kult sei. Bei der Ablehnung der Heiligenverehrung beruft man sich in diesen Kreisen auf den [[Koran]] ([[Sure 9]]:31; 10:19).<br /> <br /> → ''Siehe auch:'' [[Marabout]], [[Derwisch]], [[:Kategorie:Sufi]], [[Volksislam]]<br /> <br /> === Indische Religionen ===<br /> [[Datei:Buddha-Vajrapani-Herakles.JPG|mini|hochkant|Der Bodhisattva Vajrapani (rechts) in einer an [[Herakles]] erinnernden Darstellung neben dem [[Buddha]].]]<br /> Heilige der indischen Religionen des [[Hinduismus]], [[Buddhismus]] und [[Jainismus]] lassen sich grob dadurch charakterisieren, dass sie in radikaler [[Askese]] und [[Meditation]] einen höheren Bewusstseinsstand ([[Erleuchtung]]) erreicht haben sollen. Der Mittlercharakter zwischen göttlicher Autorität und Menschen tritt bei den verbreiteten atheistischen oder agnostischen Konzepten entsprechend nicht auf.<br /> <br /> Die ungenaue Kategorie des „Hinduismus“ macht eine allgemein gültige Definition eines „hinduistischen Heiligen“ praktisch unmöglich. Dennoch lässt sich eine relativ weit verbreitete Verehrung bestimmter religiöser Lehrer, die in ihrer Zeit das Gesicht des Hinduismus prägten, wie [[Namdev]], [[Dnyaneshwar]], [[Tukaram]], [[Shankara]], [[Ramakrishna]] oder auch [[Gandhi]], beobachten.<br /> <br /> Im Buddhismus ist die Vorstellung von Heiligen konkreter vorhanden. Der [[Hinayana]]-Buddhismus sieht die individuelle Heiligkeit darin gegeben, dass ein Mensch, der [[Arhat]], nach streng asketischem Leben und Beachtung der Lehren [[Buddha]]s bereits zu Lebzeiten das [[Nirwana|Nirvana]] erreicht und damit aus dem [[Samsara|Kreislauf der Wiedergeburten]] ausscheidet. Auch [[Siddhartha Gautama]], der die [[Vier Edle Wahrheiten|vier edlen Wahrheiten]] erkannt und in der [[Meditation]] zu vollkommener innerer Ruhe gefunden hat, fällt unter die Kategorie des Heiligen.<br /> <br /> Der bereits im Hinayana präsente Gedanke einer Verehrung der Reliquien Buddhas setzte sich im [[Mahayana]] verstärkt fort. Hier werden zusätzlich die [[Bodhisattva]]s als Heilige verehrt, weil sie zwar die Erleuchtung bereits erlangt haben, aus [[Altruismus]] aber auf das Nirvana verzichten und andere Menschen ebenfalls zur Erleuchtung führen wollen. Über ihren Gräbern und Reliquien wurden [[Stupa]]s errichtet, die auch heute noch beispielsweise in Thailand in Ehrerbietung barfuß rechtsherum andächtig umschritten wird, zumeist verbunden mit Blumen-, Weihrauch- und Kerzen-Opfern. Berühmte Heilige des tibetischen Buddhismus sind z.&amp;nbsp;B. [[Padmasambhava]], [[Milarepa]] und [[Tsongkhapa]].<br /> <br /> Im [[Jainismus]] schließlich werden 63 exemplarische Menschen, darunter die 24 sogenannten [[Tirthankara]]s („Furtbereiter“, „Bahnbrecher“), als Heilige verehrt, weil sie, obwohl sie selbst bereits Erlösung aus dem Kreislauf der Wiedergeburten gefunden haben, in immer wiederkehrenden Abständen den Menschen den Weg zur Erleuchtung aufgezeigt haben.<br /> <br /> [[Datei:Confuciustombqufu.jpg|miniatur|hochkant|Konfuziusgrab in [[Qufu]]]]<br /> <br /> === Chinesische Religionen ===<br /> Im [[Konfuzianismus]] war der Begriff des „Heiligen“ (聖人 – [[Shengren]]) stets mit dem des „Edlen“ (君子) konnotiert, der die fünf konfuzianischen Kardinaltugenden, Menschlichkeit (Ren, 仁), Gerechtigkeit (Yi, 義), Ethisches Verhalten (Li, {{lang|zh-Hans|礼}}), Weisheit (Zhi, 智) und Aufrichtigkeit (Xin, 信) in sich vereint. Neben [[Konfuzius]] selbst und seinen Schülern zählten dazu vor allem ideale [[Urkaiser Chinas|mythische Herrscher]] und die regierenden Kaiser.<br /> <br /> Der [[Daoismus]] dagegen verehrte verschiedene historische Gestalten, denen zugeschrieben wurde, in Übereinstimmung mit dem [[Dao]] gelebt zu haben (z.&amp;nbsp;B. die sogenannten „[[Acht Unsterbliche]]n“). Sie werden oft als mit übernatürlichen Fähigkeiten versehen vorgestellt, die auch vor Krankheit und Tod bewahren können, und sie sind [[Xian (Mythologie)|Unsterbliche]]. Sie gelten im [[Pantheon des Daoismus]] häufig auch als Gottheiten.<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> * [[Hagiographie]]<br /> * [[Liste der Seligen und Heiligen]]<br /> * [[Liste heiliger und seliger Ehepaare]]<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * [[Arnold Angenendt]]: ''Corpus incorruptum. Eine Leitidee der mittelalterlichen Reliquienverehrung.'' In: ''Saeculum.'' Bd. 42, Nr. 3/4, 1991, S. 320–348, {{doi|10.7788/saeculum.1991.42.34.320}}.<br /> * Arnold Angenendt: ''Heilige und Reliquien. Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart.'' 2., überarbeitete Auflage. Beck, München 1997, ISBN 3-406-42867-3.<br /> * [[Theofried Baumeister]]: ''Heiligenverehrung I.'' In: ''[[Reallexikon für Antike und Christentum]].'' Band 14: ''Heilig – Hexe.'' Hiersemann, Stuttgart 1988, ISBN 3-7772-8835-7, Sp. 96–150.<br /> * [[Wolfgang Beinert (Theologe)|Wolfgang Beinert]] (Hrsg.): ''Die Heiligen heute ehren. Eine theologisch-pastorale Handreichung.'' Freiburg (Breisgau) u. a. 1983, ISBN 3-451-19544-5.<br /> * Jürgen Beyer [[et al.]] (Hrsg.): ''Confessional sanctity. (c. 1550 – c. 1800)'' (= ''Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz.'' Beiheft 51). Von Zabern, Mainz 2003, ISBN 3-8053-2998-9.<br /> * Joseph Braun: ''Tracht und Attribute der Heiligen in der deutschen Kunst.'' Stuttgart 1943; anastatischer Nachdruck München 1964.<br /> * [[Peter Brown (Historiker)|Peter Brown]]: ''The Cult of the Saints. Its Rise and Funktion in Latin Christianity'' (= ''The Haskell Lectures on History of Religions.'' 2). University of Chicago Press, Chicago IL 1981, ISBN 0-226-07621-0.<br /> * [[Siglind Bruhn]]: ''Saints in the Limelight. Representations of the Religious Quest on the Post-1945 Operatic Stage'' (= ''Dimension &amp; Diversity Series. Studies in 20th Century Music.'' Bd. 5). Pendragon Press, Hillsdale, NY 2003, ISBN 1-576-47096-2.<br /> * [[Peter Dinzelbacher]], [[Dieter R. Bauer]] (Hrsg.): ''Heiligenverehrung in Geschichte und Gegenwart.'' Schwabenverlag, Ostfildern 1990, ISBN 3-7966-0679-2.<br /> * [[Jürgen Wasim Frembgen]]: ''Reise zu Gott. Sufis und Derwische im Islam.'' (= ''Beck’sche Reihe,'' 1380). C. H. Beck, München 2000, ISBN 3-406-45920-X.<br /> * [[Peter Gemeinhardt]]: ''Die Heiligen. Von den frühchristlichen Märtyrern bis zur Gegenwart'' (= ''Beck’sche Reihe,'' 2498). C. H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-58798-6.<br /> * Rosa Giorgi: '' Die Heiligen. Geschichte und Legende.'' (= ''Bildlexikon der Kunst,'' Band 2). Parthas, Berlin 2003, ISBN 3-932529-57-X.<br /> * [[Erhard Gorys]]: ''Lexikon der Heiligen'' (= ''Kleine digitale Bibliothek.'' Bd. 48). CD-ROM. Directmedia Publishing, Berlin 2007, ISBN 978-3-89853-348-5.<br /> * John Stratton Hawley (Hrsg.): ''Saints and Virtues'' (= ''Comparative Studies in Religion and Society.'' Bd. 2). University of California Press, Berkeley CA u. a. 1987, ISBN 0-520-05984-0.<br /> * Carol Piper Heming: ''Protestants and the Cult of the Saints in German-speaking Europe, 1517–1531 (= Sixteenth Century Essays &amp; Studies,'' Bd. 65). Truman State University Press, Kirksville Missouri 2003, ISBN 1-931112-23-1.<br /> * [[Daniel Hess (Kunsthistoriker)|Daniel Hess]], Markus Prummer: ''Helden, Märtyrer, Heilige. Wege ins Paradies.'' Verlag des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 2019, ISBN 978-3-946217-18-3.<br /> * [[James Howard-Johnston]], Paul Antony Hayward (Hrsg.): ''The cult of saints in late antiquity and the middle ages. Essays on the contribution of Peter Brown.'' Oxford University Press, Oxford 1999, ISBN 0-19-826978-1.<br /> * [[Heimo Kaindl]] (Hrsg.): ''Zwischen Ehrfurcht und Schauder. Reliquienkult gestern und heute.'' Diözesanmuseum Graz, Graz 2005, ISBN 3-901810-16-1.<br /> * [[Theodor Klauser]]: ''Christlicher Märtyrerkult, heidnischer Heroenkult und die spätjüdische Heiligenverehrung'' (= ''Veröffentlichungen der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen. Geisteswissenschaften.'' Bd. 91, {{ISSN|0570-5649}}). Westdeutscher Verlag, Köln u. a. 1960.<br /> * [[Günter Lanczkowski]], Göran Larsson, [[Karl Hausberger]], Christian Hannick, [[Frieder Schulz]]: ''Heilige / Heiligenverehrung.'' In: ''Theologische Realenzyklopädie.'' Band 14: ''Heilig – Hexe.'' Hiersemann, Stuttgart 1988, ISBN 3-7772-8835-7, Sp. 641–672.<br /> * ''Lexikon der Heiligen und Heiligenverehrung.'' 3 Bände. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 2003, ISBN 3-451-28190-2.<br /> * [[Hubertus Lutterbach]]: ''Tot und heilig? Personenkult um „Gottesmenschen“ in Mittelalter und Gegenwart.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2008, ISBN 978-3-534-20841-8.<br /> * Esther Meier: ''Handbuch der Heiligen.'' Darmstadt 2010.<br /> * Gabriele Miller: ''Heilige.'' In: ''[[Lexikon für Theologie und Kirche]].'' Band 4: ''Franca bis Hermenegild.'' Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1995, ISBN 3-451-22004-0, Sp. 1274–1276.<br /> * [[Helmut Moll]]: ''Selige und heilige Ehepaare''. Dominus, Augsburg 2016, ISBN 978-3-940879-48-6.<br /> * [[Veit Neumann]] (Hrsg.): ''Heilige. Hagiographie als Theologie''. Echter-Verlag, Würzburg 2020, ISBN 978-3-429-05433-5.<br /> * [[Walter Nigg]]: ''Große Heilige.'' Diogenes, Zürich 1993, ISBN 978-3-257-06526-8 (Erstausgabe 1947, Artemis Verlag).<br /> * [[Friedrich Prinz]]: ''Das wahre Leben der Heiligen. Zwölf historische Porträts von Kaiserin Helena bis Franz von Assisi.'' Beck, München 2003, ISBN 3-406-50223-7.<br /> * Otto Wimmer: ''Handbuch der Namen und Heiligen, mit einer Geschichte des christlichen Kalenders.'' 3. Aufl. Innsbruck/Wien/München 1966; ab 4. Aufl. 1982, von Otto Wimmer und Hartmann Melzer, unter dem Titel ''Lexikon der Namen und Heiligen''.<br /> * [[Norbert Wolf (Kunsthistoriker)|Norbert Wolf]]: ''Die Macht der Heiligen und ihrer Bilder.'' Philipp Reclam, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-010505-6.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Saints|Heiliger}}<br /> {{Wiktionary}}<br /> * [http://www.heilige.de Heilige und Namenspatrone]<br /> * [http://www.heiligenlexikon.de Heiligenlexikon]<br /> * [https://hds.hebis.de/herder/Search/Results?lookfor=heilige+und+selige&amp;trackSearchEvent=Einfache+Suche&amp;type=allfields&amp;search=new&amp;submit=Suchen Literatur über Heilige und Selige in Ostmitteleuropa] im Bibliotheks- und Bibliographieportal / [[Herder-Institut (Marburg)]]<br /> * Kurt Messmer: [https://blog.nationalmuseum.ch/2020/12/georg-martin-nikolaus-zeitlose-humanitaet/ ''Georg, Martin, Nikolaus – zeitlose ''] Im Blog des [[Schweizerisches Nationalmuseum|Schweizerischen Nationalmuseums]] vom 4. Dezember 2020<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;ws&quot;&gt;Winfried Schulz: Artikel „Heiligsprechung“ in: ''Lexikon für Theologie und Kirche'' Bd. 4. Herder Verlag 2006. Sp. 1328–1331, 1329.&lt;/ref&gt;<br /> &lt;/references&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4024055-1}}<br /> <br /> [[Kategorie:Heiliger| ]]<br /> [[Kategorie:Personenbezeichnung (Glaubenshaltung)]]</div> 176.0.6.207 https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Heiliger&diff=250252548 Heiliger 2024-11-11T17:15:02Z <p>176.0.6.207: /* Antike und Mittelalter */ k</p> <hr /> <div>{{Dieser Artikel|befasst sich mit dem religiösen Begriff. Zum Personennamen Heiliger siehe [[Heiliger (Begriffsklärung)]].}}<br /> <br /> [[Datei:Europe Patron saints Mosaic.jpg|mini|Die Heiligen [[Kyrill von Saloniki|Kyrill]], [[Katharina von Siena]], [[Methodios von Olympos|Methodius]], [[Birgitta von Schweden]], [[Benedikt von Nursia]] und [[Edith Stein|Teresia Benedicta vom Kreuz]]. Diese Heiligen bezeichnet die katholische Kirche auch als [[Patrone Europas]].]]<br /> <br /> In religiösen Vorstellungen ist ein '''Heiliger''' ein Mensch, der als einer Gottheit besonders nahestehend beziehungsweise als in religiöser und ethischer Hinsicht vorbildlich angesehen wird. Die Anerkennung von Heiligen kann religiösen oder politischen Autoritäten vorbehalten sein oder sich in der [[Akklamation]] und Verehrung durch das gläubige Volk vollziehen; eine wichtige Rolle kann dabei das Auftreten von als übernatürlich interpretierten Phänomenen ([[Wunder]]) im Zusammenhang mit den Heiligen spielen. Die darauf folgende – zumeist posthume – [[kult]]ische Verehrung von Heiligen bezeichnet man als [[Heiligenverehrung]].<br /> <br /> == Religionswissenschaftliche Definition ==<br /> Der Begriff des Heiligen ist [[religionswissenschaft]]lich nicht befriedigend definiert. Zum einen ist aufgrund der differierenden Anforderungen, die verschiedene [[Religion]]en an einen Heiligen stellen, keine für alle Religionen allgemeingültige Definition möglich. Zum anderen überschneidet sich der religiöse Typ des Heiligen mit mehreren anderen religiöser Autoritätstypen, und es ist bisher nicht gelungen, eine deutlich unterscheidende Charakteristik zu finden.<br /> [[Datei:Das Martyrium des hl. Bartholomäus oder das doppelte Martyrium Öl auf Leinwand 250x285cm 2014-15 (1).jpeg|mini|[[Aris Kalaizis]]: ''Das Martyrium des hl.&amp;nbsp;Bartholomäus'', 2014/2015]]<br /> <br /> Die Grenzen der im Diskurs religiöser [[Autorität]]en skizzierten Typen sind fließend und können sich in wichtigen Punkten überschneiden. Ein für alle Religionen allgemeingültiger Begriff ist nicht gegeben.<br /> <br /> Typologische Gemeinsamkeiten dieser Art weist der Heilige besonders mit dem [[Märtyrer]] und dem [[Heros]] auf: Sein Grab oder der Aufbewahrungsort seiner [[Reliquie]]n entwickelt sich zu einem kultischen Zentrum. Es ist das Ziel allgemeiner Verehrung, von [[Pilger]]reisen und wird oft als Zentrum einer [[Nekropole]] genutzt. Allen drei Typen wird eine Funktion als Fürsprecher der Gläubigen gegenüber der göttlichen Autorität zugeschrieben.<br /> <br /> Eine Verehrung ist oft wie beim Heros bereits zu Lebzeiten gegeben, kann aber wie beim Märtyrer auch nach dem [[Tod]] erfolgen. Ein Unterschied zum Typen des Märtyrers liegt darin, dass er die religiöse Vollkommenheit nicht durch seinen Lebenswandel, sondern durch die Art seines Sterbens erlangte. Beim Heiligen erweist sich die Vollkommenheit ohne ein solches Martyrium durch sein voraufgegangenes Leben. Im Gegensatz zum Heros fehlt ihm die göttliche oder halbgöttliche Abstammung.<br /> <br /> Der Heilige kann zwar [[Kleriker]] sein oder dem „gottgeweihten Stand“ ''([[Vita consecrata]])'' angehören, muss es aber nicht. Weiterhin kann der Heilige das [[Charisma]] des [[Religionsstifter]]s oder [[Reformator]]s besitzen, im Gegensatz zu ihnen ist aber sein Ziel nicht Verkündigung einer (Glaubens-)Lehre und anschließende Bildung einer Gläubigenschar, sondern das Hervortreten durch sein religiös vorbildliches Leben.<br /> <br /> Vom mythischen Heilsbringer schließlich unterscheidet ihn sein Wirken in der real überlieferten, wenn auch oft in der Tradierung unzuverlässigen Geschichte und dem fehlenden [[Erlösung]]saspekt seines Lebens.<br /> <br /> Die Deklaration und Verehrung von Heiligen erfüllt ein urreligiöses Bedürfnis der Menschen nach Vorbildern in ihrem Glauben und gleichzeitige Bestätigung desselben. Die als vorbildlich anerkannten Mitglieder der Glaubensgemeinschaft verlassen zwar die [[Diesseits|diesseitige]] – menschliche – Gemeinschaft. Sie bieten jedoch die Möglichkeit, den Kontakt zwischen Diesseits und [[Jenseits]] zu halten, denn obwohl sie in die jeweilige göttliche Herrlichkeit aufgenommen worden sind, bleiben sie über ihr Grab, ihre Reliquien und ihre Verehrung im Diesseits präsent und bilden so eine Verbindung zu der von den noch lebenden Gläubigen selbst angestrebten Erlösung. Über die ihnen während oder nach ihrem Leben zugeschriebenen Wundertaten geben sie den Gläubigen eine positive Antwort auf die Frage nach der Sinn- und Wahrhaftigkeit der jeweiligen Religion.<br /> <br /> == Nach Religion ==<br /> === {{Anker|ch_h}}Christentum ===<br /> Die [[christliche Theologie]] ist geprägt von einem Doppelkonzept von Heiligkeit: Das Heilige schlechthin ist [[Gott]] selbst, jedoch nicht im Sinne einer [[Transzendenz|transzendenten]] Statik, also eines Zustandes in göttlichen Sphären ohne Auswirkung auf das Diesseits. Vielmehr wird Gottes Heiligkeit als [[Immanenz|immanente]] Dynamik verstanden, die alle irdischen Dinge für sich aussondern kann und damit Grund ihrer Heiligkeit ist. Im [[Neues Testament|Neuen Testament]] wird diese Sicht modifiziert. Nun ist es [[Jesus Christus]], der in seiner einzigartigen Beziehung zum Vater durch seinen Tod und [[Auferstehung Jesu Christi|seine Auferstehung]] Heiligkeit in denen bewirkt, die ihm nachfolgen.<br /> <br /> Christliche Heiligkeit tritt in zwei Komponenten auf. Einerseits erwählt sich Gott sowohl im [[Altes Testament|Alten]] als auch im Neuen Testament ein „heiliges Volk“: das [[Volk Israel]] und das so bezeichnete „neue heilige Volk“ der [[Ekklesiologie|Kirche]]. Andererseits tritt immer das Konzept der individuellen Heiligkeit einer Einzelperson auf. Die individuelle Heiligkeit ist dabei aber stets nur Manifestation einer Heiligkeit als Glied der Kirche, die in ihrer Gesamtheit ja die „Gemeinschaft der Heiligen“ ''(communio sanctorum)'' darstellt. Im [[Katechismus der Katholischen Kirche]] heißt es dazu: „Wenn die Kirche gewisse Gläubige heiligspricht, das heißt feierlich erklärt, daß diese die Tugenden heldenhaft geübt und in Treue zur Gnade Gottes gelebt haben, anerkennt die Kirche die Macht des Geistes der Heiligkeit, der in ihr ist. Sie stärkt die Hoffnung der Gläubigen, indem sie ihnen die Heiligen als Vorbilder und Fürsprecher gibt.“&lt;ref&gt;''Katechismus der Katholischen Kirche'', 828.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> ==== Antike und Mittelalter ====<br /> [[Datei:Polycarp.jpg|mini|[[Polykarp von Smyrna]], einer der ersten Heiligen, der als Märtyrer verehrt wurde]]<br /> <br /> Die [[frühchristlich]]e Heiligenverehrung schloss sich an die aus dem [[Judentum]] bekannten Formen an. Dort waren seit langem der [[Hohepriester]] als Übermittler des [[Aaronitischer Segen|Aaronitischen Segens]] sowie das [[Martyrium]] bekannt.<br /> <br /> Die hohepriesterliche Mittlerfunktion wurde ganz auf Christus übertragen und erst nach der theologischen Klarstellung früher [[Kirchenvater|Väter der Kirche]], dass die Verehrung anderer Menschen, die Christus nachgefolgt waren, die Einzigartigkeit der Mittlerfunktion Christi nicht beeinträchtige, begann die [[Urkirche]] Märtyrer und die [[Apostel]] anzurufen.<br /> <br /> Der erste Beleg einer Märtyrerverehrung ist der um 160 geschriebene Bericht über [[Polykarp von Smyrna]], in der westlichen Kirche breitete sich die Märtyrerverehrung wahrscheinlich während der [[Christenverfolgungen im Römischen Reich#Gesamtstaatliche Verfolgungen|Verfolgungen]] im 3. Jahrhundert aus und verband sich unter dem Einfluss [[Tertullian]]s zu einer Verehrung der Märtyrer als Heilige. Anfänglich war diese Verehrung auf den Todestag und die Grabstätte des Märtyrers beschränkt, mit dem Aufkommen der Reliquienverehrung vervielfachten sich aber die räumlichen und zeitlichen Möglichkeiten der Verehrung. Der erste greifbare Beleg des Verständnisses der Heiligen als Fürsprecher bei Gott findet sich in einem Graffito an der römischen Kirche [[San Sebastiano alle Catacombe|San Sebastiano]] aus dem Jahr 260.<br /> <br /> Mit dem Wandel des Christentums zur [[Staatsreligion]] des [[Römisches Reich|Römischen Reiches]] weitete sich der Heiligenbegriff, da das Martyrium wegen der abgestellten Verfolgungen nun nicht mehr höchstes Zeugnis eines christlichen Lebens sein konnte. Nach und nach wurden – unter dem bestimmenden Einfluss [[Clemens von Alexandria|Clemens’ von Alexandria]] – sogenannte „Bekenner“ ''(confessores)'', die zwar verfolgt worden, aber dem Martyrium entgangen waren, und Menschen mit einem „engelgleichen Leben“, deren radikal [[Askese|asketisch]]-[[Jungfrau|jungfräuliches]] Leben als ständiger Kampf gegen die Verführungen des [[Satan]]s verstanden wurde, in den Kreis der verehrungswürdigen „Heiligen“ aufgenommen.<br /> <br /> [[Datei:Gentile da Fabriano 077.jpg|mini|links|hochkant|Der hl. [[Franz von Assisi]], Ordensmann und Bekenner]]<br /> <br /> Seit dem [[Frühmittelalter]] wurden zunehmend entweder große Lichtgestalten der Christenheit ([[Kirchenlehrer]], Könige, sog. „[[Militärheiliger|Ritter- und Soldatenheilige]]“) oder Menschen, die ein Alternativkonzept zum alltäglichen christlichen Leben boten ([[Franz von Assisi|Franziskus]], [[Benedikt von Nursia|Benedikt]]), vom Volk regional als Heilige verehrt. Bei den „Adelsheiligen“, also Herrschern, Bischöfen oder Ordensgründern, ging die Initiative der Verehrung in den meisten Fällen von deren Nachfolgern im Amt oder Mitgliedern ihrer Dynastie aus, die dadurch auch sich selbst eine stärkere Legitimität zu verschaffen hofften. Die kirchliche Anerkennung folgte im Allgemeinen erst später. Um von offizieller Seite Beliebigkeit und Ausufern der Heiligenkulte zu verhindern, bemühten sich die Päpste, das alleinige Recht zur [[Heiligsprechung]] und damit die Kontrolle der Heiligenverehrung zu erlangen, zumal diese aufgrund ihrer Bedeutung für die Beglaubigung politischer und dynastischer Legitimität und nicht zuletzt auch aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für die Kult- und Wallfahrtsorte einen gewichtigen machtpolitischen Faktor darstellte. Im Jahr 993 fand die erste päpstliche Heiligsprechung ([[Ulrich von Augsburg]]) statt, im Verlauf des 11. und 12. Jahrhunderts konnten sich die Päpste schließlich gegen die konkurrierenden Instanzen der [[Konzil]]ien und Ortsbischöfe durchsetzen. [[Alexander III. (Papst)|Alexander III.]] dekretierte im Jahr 1171 die alleinige Zuständigkeit des Papstes für Heiligsprechungen. Aber allgemein verbindlich wurde diese Alleinzuständigkeit erst durch den ''[[Liber Extra]]'' von 1234, einen Nachtrag zum ''[[Decretum Gratiani]]''.&lt;ref name=&quot;ws&quot; /&gt; Im Mittelalter handhabte die römische Kurie die Heiligsprechung zurückhaltend und kanonisierte nur 79 Personen, während die Volksfrömmigkeit auch ohne päpstliche Beteiligung zur selben Zeit Hunderte neuer Heiliger hervorbrachte.&lt;ref&gt;{{RGG|3|1542||Heilige/Heiligenverehrung II. Kirchengeschichtlich|Ulrich Köpf}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> [[Datei:TheTrinity Altar- virgins.jpg|mini|Chor der hl. [[Geweihte Jungfrau|Jungfrauen]]]]<br /> <br /> Die christliche Theologie unterscheidet gemäß der sachlichen und terminologischen Klärung des [[Zweites Konzil von Nicäa|Zweiten Konzils von Nicäa]] im Jahre 787 die Anbetung (griech. ''λατρεια'', lat. ''adoratio''), die allein Gott vorbehalten ist, von der Verehrung (griech. ''δουλεια'', lat. ''veneratio''), die den Heiligen und ihren [[Reliquie]]n zukommt. Die sogenannte ''[[Dulia]]'' ist grundsätzlich von der ''[[Latrie]]'', der Anbetung, zu unterscheiden. Innerhalb der ''Dulia'', der Verehrung, wird noch die ''Hyperdulia ''(„Hochverehrung“) unterschieden, die ausschließlich der [[Jungfrau Maria]] zukommt.<br /> <br /> Bereits [[Ambrosius von Mailand]] hatte im 4. Jahrhundert den römischen Begriff des „patronus“ für die Heiligen verwendet, der die Schutzfunktion des Patrons im [[Römisches Klientelwesen|Klientelwesen]] der römischen Gesellschaft beinhaltete. Der im [[Hochmittelalter]] zur vollen Ausbildung gelangte Gedanke, sich für Nationen und Diözesen, Kirchen und Städte ([[Stadtpatron]]), später gar Stände und Berufe eigene [[Schutzpatron]]e zu erwählen, unter deren Schutz und Hilfe man sich stellen wollte, machen das transformierte Verständnis der „Heiligen“ deutlich. Reliquienanhäufung und Drang nach Wundern waren die theologisch unerwünschten Folgen. Das [[Viertes Laterankonzil|Vierte Laterankonzil]] verurteilte zwar, „dass die Gläubigen mit phantastischen Geschichten oder gefälschten Dokumenten getäuscht werden, wie es an sehr vielen Orten aus Gewinnsucht zu geschehen pflegt.“ Aber es konnte die Entwicklung in der Praxis nicht aufhalten. Der Charakter der Heiligen als Vorbilder im christlichen Leben ''(Imitatio Christi)'' trat zugunsten der zugeschriebenen Funktionen als Helfer zurück. Die Gläubigen wählten sich zur Fürbitte gezielt Heilige (häufig als Krankheitspatrone)&lt;ref&gt;Max Höfler: ''Die Kalender-Heiligen als Krankheits-Patrone beim bayerischen Volk.'' In: ''Zeitschrift des Vereins für Volkskunde'' 1, 1891, S. 292–306.&lt;/ref&gt; aus, denen man bestimmte Attribute zuschrieb.&lt;ref&gt;[[Anton Pachinger|Anton M. Pachinger]]: ''Über Krankheitspatrone auf Heiligenbildern.'' In: ''Sudhoffs Archiv'' 2, 1909, S. 351–374.&lt;/ref&gt;&lt;ref&gt;Anton M. Pachinger: ''Über Krankheitspatrone auf Medaillen.'' In: ''Sudhoffs Archiv'' 3, 1910, S. 227–268.&lt;/ref&gt; Blasius wird beispielsweise gegen Halskrankheiten angerufen, Sebastian gegen die [[Pest]]. Auch die Entwicklung des Kultes der [[vierzehn Nothelfer]] fällt in diesen Zusammenhang.<br /> <br /> ==== Neuzeit ====<br /> Erst die [[Reformation]] brachte deutliche Kritik an der herrschenden Situation vor. Eine Rolle der Heiligen als direkte Mittler des Erbetenen wurde mit Verweis auf die [[Bibel]] strikt abgelehnt und die Einzigartigkeit der Heilsmittlerschaft Christi wieder in den Vordergrund gerückt. Nach der theologischen Festigung des [[Luthertum]]s wurde in der Pflege des Gedächtnisses verschiedener altkirchlicher Heiliger keine Gefahr mehr gesehen. Das Heiligengedächtnis wurde in der ''[[Confessio Augustana|Confessio Augustana XXI]]'' als Moment der persönlichen Stärkung im Glauben befürwortet und anerkannt. Zu den anerkannten „alten“ Heiligen traten zusätzlich [[Kirchenreform|Vorreformatoren]] wie [[Jan Hus]] und dann auch Akteure der Reformation – insbesondere Luther selbst – hinzu, so dass verschiedene Theologen Züge einer „Lutherverehrung“ zu erkennen glauben, die sich u. a. in den Lutherbildern in protestantischen Gottesdiensträumen manifestiere.<br /> <br /> [[Datei:Byzantinische Ikone Madonna von Zvonik.jpg|hochkant|mini|Ikonendarstellung der hl. [[Jungfrau Maria]]]]<br /> Im Gegensatz zu den lutherisch geprägten Protestanten lehnten die [[Reformierte Kirche|Reformierten]] die Heiligenverehrung insgesamt ab. [[Ulrich Zwingli]] und [[Johannes Calvin]] sahen in Wallfahrten und Reliquienverehrung ein Werk des [[Satan]]s und betonten die Gültigkeit des alttestamentlichen [[Bilderverbot]]s, gegen das die Heiligenverehrung verstoße.<br /> <br /> Das [[Konzil von Trient]] legte im Jahr 1563 die römisch-katholische Dogmatik in der Frage der Heiligenverehrung genauer fest: Da die Heiligen im Himmel mit [[Jesus Christus|Christus]] herrschten, sei es „gut und nützlich“, sie demütig um Beistand anzurufen, um von Gott durch den alleinigen Erlöser und Heiland Jesus Christus Wohltaten zu erlangen (DH 1821). Ziel der Heiligenverehrung ist damit Gott. Das [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweite Vatikanische Konzil]] bestätigte diese Lehre und verwies nochmals darauf, dass die Fürbitte der Heiligen bei Gott nicht „heilskonstitutiv“ wie die hohepriesterliche Mittlerfunktion Christi sei (LG 48–69). Die apostolische Konstitution [[Lumen gentium]] führt aus, dass die Heiligen „zwar Schicksalsgenossen unserer Menschlichkeit“ seien, dennoch aber „vollkommener dem Bilde Christi gleichgestaltet“ würden. „Wie die christliche Gemeinschaft unter den Erdenpilgern uns näher zu Christus bringt, so verbindet auch die Gemeinschaft mit den Heiligen uns mit Christus, von dem als Quelle und Haupt jegliche Gnade und das Leben des Gottesvolkes selbst ausgehen.“ (LG 50).<br /> Das Direktorium über die Volksfrömmigkeit und Liturgie hält fest, die Heiligenfeste verkündigten Christus „in seinen Knechten“, indem sie als Feste der Glieder des Leibes Christi dessen Haupt, Christus selbst, verherrlichten.&lt;ref&gt;''Direktorium über die Volksfrömmigkeit und die Liturgie'' (= ''Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls'', Nr. 160). 2001, S. 168.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> In den [[Ostkirchen]] ist die Verehrung von Heiligen ein selbstverständlicher Bestandteil des geistigen Lebens. Seit dem 4. Jahrhundert ist die Darstellungen von Heiligen in [[Ikone]]n belegt. Die Verehrung äußert sich bis heute im Malen und Verehren von Ikonen, dem Verfassen und Lesen von [[Hagiographie|Heiligenviten]] sowie der wieder verstärkt auftretenden [[Heiligsprechung|Kanonisation]]. Wie in der katholischen Kirche auch werden die Gräber und Reliquien besucht und verehrt, Menschen, Kirchen und Orte nach ihnen benannt und ihr [[Gedenktag]] im [[Kirchenjahr]] liturgisch gefeiert. Die Wallfahrt des Pilgers zum Heiligengrab und zuletzt das Sehen, Berühren und Küssen der Reliquie oder der Ikone ist in den Ostkirchen präsenter als im Westen und dient dazu, an der besonderen Gottesnähe des Heiligen selbst teilzuhaben.<br /> <br /> Die [[altkatholische Kirche]] betrachtet die Verehrung von Heiligen als sinnvoll, unabhängig davon, wie einzelne als Heilige anerkannt und zur Verehrung empfohlen werden. Dabei bleibe allerdings wichtig, dass sich die Heiligenverehrung deutlich von der Form der Anbetung und des Kultes unterscheide, die allein Gottvater, Jesus Christus und dem Heiligen Geist zustehe. Im alt-katholischen Gottesdienst und Gebetsleben wird daher in der Regel nur Gott direkt angeredet. Von den Heiligen wird lediglich erwähnt, dass die Gläubigen in Gemeinschaft mit ihnen stehen, und sie werden als Vorbilder im Glauben vorgestellt. Verehrt werden dabei vor allem Heilige der ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends sowie aus der späteren Zeit Christen, die als besondere Vor- und Leitbilder ökumenische Anerkennung erreicht haben, wie beispielsweise [[Franz von Assisi]], [[Teresa von Avila]], [[Dietrich Bonhoeffer]], [[Martin Luther King]], [[Edith Stein]] oder [[Oscar Romero]].&lt;ref name=&quot;Heilige, Heiligenverehrung&quot;&gt;{{Internetquelle| url=http://www.alt-katholisch.de/information/haeufig-gestellte-fragen/heilige-heiligenverehrung.html |titel=Heilige, Heiligenverehrung |hrsg=Website des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland |abruf=2016-12-12 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20150127050444/http://www.alt-katholisch.de/information/haeufig-gestellte-fragen/heilige-heiligenverehrung.html |archiv-datum=2015-01-27}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Seit etwa den 1960er-Jahren verlieren kanonisierte Heilige in Teilen einer säkularisierten („westlichen“) Welt an Bedeutung, historische Legenden und mythische Berichte werden zurückgedrängt zugunsten zeitgeschichtlicher Erfahrungen vorbildhafter Menschen ([[Mohandas Karamchand Gandhi|Gandhi]], [[Mutter Teresa]], [[Martin Luther King]]), die als Vorbilder für Altruismus und Humanität dienen. Die Verehrung dieser neuen Vorbilder ist nicht an [[Konfession]]en oder Religionen gebunden und spiegelt das Aufkommen von [[Vorbild|Idolen]] in der Jugendkultur wider.&lt;ref&gt;Vgl. dazu Werner Groß: ''Die Heiligenverehrung in der Glaubenspraxis der Gegenwart.'' In: [[Peter Dinzelbacher]], [[Dieter R. Bauer]] (Hrsg.): ''Heiligenverehrung in Geschichte und Gegenwart.'' Ostfildern 1990, S. 358–372, hier S. 370, sowie [[Hubertus Lutterbach]]: ''Tot und heilig? Personenkult um „Gottesmenschen“ in Mittelalter und Gegenwart.'' Darmstadt 2008, S. 104ff.&lt;/ref&gt; Andererseits nahmen die Selig- und Heiligsprechungsverfahren der römisch-katholischen Kirche seit dem Pontifikat Papst [[Johannes Paul II.|Johannes Pauls II.]] einen deutlichen Aufschwung, zu dessen weltweiter Rezeption die mediale Übertragung der Gottesdienstfeiern beitrug: Von den seit der Konstitution ''Immensa aeterna'' aus dem Jahr 1588 insgesamt 839 heiliggesprochenen Personen wurden 482 durch Johannes Paul II. kanonisiert.&lt;ref&gt;Katholische Presseagentur Österreich: [http://www.kathpress.co.at/site/nachrichten/database/61974.html 839 Heiligsprechungen in der Kirche der Neuzeit] vom 26. April 2014.&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die römisch-katholische Theologin [[Doris Reisinger]] verlangte 2022 „eine wachsende Menge an Laien beiderlei Geschlechts, denen die Kirche bestätigt, ein heiliges Leben geführt zu haben“, und zwar ohne Keuschheitsgelübde und Martyrium. Unter den Heiligsprechungen der letzten 122 Jahre sei einer Untersuchung zufolge der „typische Heilige“ in der römisch-katholischen Kirche „ein weißer europäischer Priester“, während die afrikanische Mutter, der asiatische Familienvater, die lateinamerikanische Ärztin und der australische Arbeiter fehlten; weibliche Wege zur Heiligkeit seien sexuelle Gewalt und Tod durch einen Vergewaltiger.&lt;ref&gt;{{Internetquelle | titel=Theologin Reisinger fordert neuen Umgang mit Heiligsprechungen | url=https://www.katholisch.de/artikel/41727-theologin-reisinger-fordert-neuen-umgang-mit-heiligsprechungen | werk=katholisch.de | datum=2022-10-27 | abruf=2022-11-10}}&lt;/ref&gt;<br /> <br /> {{Siehe auch|Liste der Seligen und Heiligen|Liste von Heiligsprechungen|Heiligenkalender}}<br /> <br /> ==== Volksheilige ====<br /> Als ''Volksheilige'' werden unter den Heiligen und [[Seligsprechung|Seligen]] vor allem der römisch-katholischen Kirche jene bezeichnet, die im Volk besonders hohe Verehrung und Beliebtheit genießen. Häufig sind die Feste dieser Heiligen mit besonderem Brauchtum verbunden, wie etwa der Gedenktag der heiligen [[Barbara von Nikomedien|Barbara]] mit dem Schneiden von [[Barbarazweig]]en oder dem „[[Bärbeletreiben]]“, der des heiligen [[Nikolaus von Myra|Nikolaus]] mit dem Beschenken der Kinder, des heiligen [[Martin von Tours|Martin]]&lt;ref&gt;[[Manfred Becker-Huberti]], ''Der heilige Martin von Tours – ein Volksheiliger im Wandel der Zeiten.'' In: ''L’Osservatore Romano.'' Nr. 45, 1996.&lt;/ref&gt; mit dem [[Martinstag#Sankt-Martins-Umzug|Martinszug]] und dem [[Martinisingen]], der hl. [[Lucia von Syrakus|Lucia]] vor allem in Schweden mit dem [[Luciafest]], einer Lichtfeier. Zum Luciafest wie auch zum Gedenktag der hl. [[Agatha von Catania|Agatha]] werden auch [[Gebildbrot]]e gebacken.&lt;ref&gt;https://www.kath.ch/newsd/stichwort-agathabrot/&lt;/ref&gt; Leben und Wirken vieler Volksheiliger wurden im Laufe der Zeit in Form von Legenden ausgeschmückt.<br /> <br /> Bei der Betrachtung, wer jeweils zu den Volksheiligen zählt, kann es neben zeitlichen auch regionale Unterschiede geben. So gilt etwa in Frankreich auch [[Johanna von Orleans]] als Volksheilige, in den spanischsprachigen Ländern wird [[Teresa von Avila]] besonders verehrt, in Schweden zählt neben der hl. Lucia auch die hl. [[Birgitta von Schweden|Birgitta]] zu den Volksheiligen. Im englischsprachigen Raum und im [[Rheinland]] ist [[Judas Thaddäus]] als [[Schutzpatron]] in aussichtslos erscheinenden Anliegen bekannt. Die vielen Kirchen mit dem [[Patrozinium]] der heiligen [[Margarethenkirche|Margaretha]] oder [[Katharina von Alexandria |Katharina]], frommen [[Bruderschaft]]en oder [[Zunft|Zünfte]] im europäischen Raum gehen auf die hohe Verehrung zurück, die diese Heiligen im Volk genossen.<br /> <br /> Zu den Volksheiligen zählen neben anderen die [[Maria (Mutter Jesu)|Gottesmutter Maria]] und deren Mutter [[Anna (Heilige)|Anna]], die heiligen [[Josef von Nazaret|Josef]] und [[Franziskus von Assisi|Franziskus]], die hll. [[Antonius der Große|Antonius der Einsiedler]], [[Jodok (Heiliger)|Jodokus]] und [[Antonius von Padua]],&lt;ref&gt;Paolo Scandaletti, ''Antonius von Padua. Volksheiliger und Kirchenlehrer'', Verlag Styria, 1988.&lt;/ref&gt; die [[vierzehn Nothelfer]], die hl. [[Cäcilia von Rom|Cäcilia]], der hl. [[Sebastian (Heiliger)|Sebastian]], der hl. [[Blasius von Sebaste|Blasius]], dessen Gedenktag mit der Spendung des [[Blasiussegen]]s verbunden ist,&lt;ref&gt;Hans Hollerweger: ''Blasiussegen.'' In: [[Lexikon für Theologie und Kirche]], 3. Auflage, Band 2. Herder-Verlag, Freiburg im Breisgau 1994, Sp.&amp;nbsp;519&amp;nbsp;f.&lt;/ref&gt; in neuerer Zeit auch [[Therese von Lisieux]], [[Konrad von Parzham]]&lt;ref&gt;{{Webarchiv|url=https://www.heimatzeitung.de/startseite/aufmacher/2917456_Region-feiert-200.-Geburtstag-des-Volksheiligen-Bruder-Konrad.html?em_cnt=2917456 |wayback=20191025085353 |text=Archivierte Kopie }}&lt;/ref&gt; und, vor allem im italienischen Raum, [[Pio von Pietrelcina]].&lt;ref&gt;{{Internetquelle |url=https://www.morgenpost.de/printarchiv/panorama/article102567129/Ein-Volksheiliger-wird-ausgegraben.html |titel=Ein Volksheiliger wird ausgegraben |werk=morgenpost.de |datum=2008-01-09 |abruf=2024-02-11}}&lt;/ref&gt; Legendarisch ist die „heilige [[Kümmernis]]“,&lt;ref&gt;{{LThK|[[Anton Dörrer]]|Kümmernis|3|6|525f}}&lt;/ref&gt; die auch Wilgefortis genannt wurde.<br /> <br /> {{Siehe auch|Kanonheiliger|Wetterheiliger}}<br /> <br /> ==== Verehrung christlicher Heiliger außerhalb des Christentums ====<br /> Im [[haiti]]anischen [[Voodoo]] werden vereinzelt christliche Heilige wie [[Maria (Mutter Jesu)|Maria]], [[Simon Petrus]], [[Jakobus der Ältere]], [[Philomena von Rom]], [[Patrick von Irland]] und [[Ulrich von Augsburg]] in Gestalt von [[Loa (Voodoo)|Voodoo-Geistwesen]] verehrt; hierbei handelt es sich um einen Fall von [[Synkretismus]].&lt;ref&gt;[[Webster University]]: [http://faculty.webster.edu/corbetre/haiti/voodoo/biglist.htm ''Descriptions of Various Loa of Voodoo'', 1990]&lt;/ref&gt;<br /> <br /> Die [[kuba]]nische [[Santería]] setzt zahlreiche [[Orisha]] (gute Geister) in analoger Weise mit christlichen Heiligen gleich, wovon deutlich mehr Heilige als im Voodoo betroffen sind und die Gleichsetzung den Kern der Religion bildet.<br /> <br /> === Judentum ===<br /> [[Datei:Hebron-(Abraham)-Mosche.JPG|miniatur|Das Grab der Erzväter in Hebron beherbergt sowohl eine Synagoge als auch eine Moschee.]]<br /> Im Judentum allgemein ist „קדוש“ („kadosch“, hebräisch: ''heilig'') ein Wort, das vor allem die einfache Bedeutung von ''besonders'' oder ''das Besondere'' hat und damit im Gegenteil zu ''[[profan]]'' (im Sinne von ''weltlich'', ''normal'', ''alltäglich'') steht.<br /> <br /> Im [[Orthodoxes Judentum|orthodoxen Judentum]] wird auf eine [[Person|persönliche]] Heiligkeit nur äußerst zurückhaltend eingegangen. Als heilig im jüdischen Sinne gelten hauptsächlich [[Kehillah|jüdische Gemeinden]]. In der religiösen Praxis bildete sich aber de facto trotzdem bereits in alttestamentlicher Zeit die Heiligenverehrung heraus, was sich an der Existenz vieler Heiligengräber festmachen lässt.<br /> <br /> Einer gewissen Verehrung der [[Prophet]]en (besonders [[Mose]]) wurde auch von offizieller Seite kein Widerstand entgegengebracht, seit der Zeit des [[Makkabäer|makkabäischen]] Widerstandskampfes gewann auch das [[Märtyrer]]tum an Bedeutung. Seit der [[Spätantike]] entwickelte sich in der Volksfrömmigkeit ein regelrechter Gräberkult um Grabstätten besonders frommer Juden, oft werden sogar [[Synagoge]]n über oder in der Nähe eines Grabes erbaut. Besonders stark trat der Typ des Heiligen im osteuropäischen [[Chassidismus]] auf, der im „[[Zaddik]]“ einen Heilsbringer mit einer besonders engen Gottesbeziehung und einer Mittlerqualität von Gottes Gnade für die Menschen verehrte.<br /> <br /> Auch im heutigen Judentum spielen Heiligengräber als [[Wallfahrt]]sziele eine Rolle. Prominente Beispiele hierfür sind die Gräber der [[Erzvater|Erzväter]] in Hebron, das [[Davidsgrab]] in Jerusalem, das Grab des [[Kabbala|kabbalistischen]] [[Rabbiner]]s [[Schimon ben Jochai]] in Meron oder des [[Chabad]]-Führers [[Menachem Mendel Schneerson]].<br /> <br /> Die alttestamentlichen Patriarchen und Propheten wurden auch in die Reihe der christlichen und islamischen Heiligen aufgenommen.<br /> <br /> === Islam ===<br /> [[Datei:Chebika Marabout.JPG|miniatur|Verehrungsstätte ''(mašhad)'' eines [[Marabout]], die selten vom tatsächlichen Grab ''(turba)'' unterschieden wird. Das Kuppelgebäude heißt ''[[qubba]]'' (nahe der tunesischen Oase [[Chebika]]).]]<br /> <br /> Im [[Islam]] hat sich eine Verehrung Heiliger, die dem christlichen Verständnis eines Heiligen nahekommt, bereits früh herausgebildet. Schon bald nach ihrem Tod wurden etwa in der [[Schiiten|schiitischen]] Richtung [[ʿAlī ibn Abī Tālib]], der Schwiegersohn [[Mohammed]]s, und seine Söhne [[Hasan ibn Ali]] und [[Husain ibn Ali]] als Heilige verehrt. Auch bei den [[Sunniten]] treten solche Heilige auf, unter anderem [[al-Chidr]] (al-Ḫiḍr, „der grüne Mann“). Seine enge Beziehung zum Propheten [[Elija]] kommt im türkischen Frühlingsfest [[Hıdrellez]] zum Ausdruck; von orientalischen Christen wird al-Chidr mit dem heiligen [[Georg (Heiliger)|Georg]] identifiziert.<br /> <br /> Viele Heilige wurden als „Freunde Gottes“ ([[Walī#Walī als Gottesfreund|''auliyāʾ Allāh'']]) bezeichnet. Hierbei handelt es sich um einen Begriff, der schon im Koran (Sure 10:62) vorkommt. Auch wenn der „Freund Gottes“ ein durchgehend gehorsames und gottgefälliges Leben geführt hat, rückt er nicht durch eigene Leistung, sondern vielmehr erst durch Allahs Wirken in eine Nähe zu jenem. Es gibt kein offizielles Heiligsprechungsverfahren, und die Verehrung einer Person als Heiligem ergibt sich aus dem Konsens der Gläubigen. Daher kann nicht nur Menschen aus der Zeit nach Mohammed, sondern auch Propheten und Patriarchen aus der Zeit zuvor die Heiligkeit zugesprochen werden.<br /> <br /> Das Bild des Heiligen im Islam ist davon geprägt, dass Heilige Fürsprecher und Mittler zwischen den Gläubigen und dem verborgenen Allah sind, Wunder wirken können und als Wächter des Glaubens gelten. Viele Gräber von islamischen Heiligen sind bis heute Ziel von [[Ziyāra]]-Wallfahrten. Andere Orte werden besucht, weil sie in irgendeiner anderen Beziehung zum betreffenden Heiligen stehen. Die Wallfahrtsorte werden von den Pilgern als Kraftquelle gesehen, da die [[Spiritualität|spirituelle]] Energie ''([[Baraka (Segenskraft)|Baraka]])'' eines Heiligen nach muslimischer Auffassung auch über den irdischen Tod hinaus wirkt, teilweise sogar für stärker gehalten wird als zu Lebzeiten. Der Heilige erhält seine Baraka über eine spirituelle Kette ''([[Silsila]]),'' die ihn mit der Familie des Propheten verbindet.<br /> <br /> Die spätere islamische Heiligenverehrung bezieht sich meist auf bekannte [[Mystiker]] ([[Sufismus|Sufis]]). Häufig wirkten diese auch als Oberhaupt ''([[Scheich]])'' eines Sufiordens ''([[Tariqa]]),'' wie sie verstärkt ab dem 12. und 13. Jahrhundert entstanden. Zu jener Zeit, die als eine erste Blütezeit des Sufismus gilt, fanden die islamischen Mystiker eine große Resonanz auch in der breiten Bevölkerung, wodurch sich noch heute die starke auf diese Personen bezogene Verehrung erklären lässt. Einer der international bekanntesten Heiligen ist [[ʿAbd al-Qādir al-Dschīlānī]], dessen Grab in [[Bagdad]] Pilger aus der ganzen islamischen Welt angezogen hat. Träume von ʿAbd al-Qādir al-Dschīlānī spielen auch eine große Rolle in der islamischen Mystik.&lt;ref&gt;Vgl. Elizabeth Sirriyeh: ''Dreams and Visions in the World of Islam. A History of Muslim Dreaming and Foreknowing.'' I.B. Tauris, London, 2015. S. 163.&lt;/ref&gt; So soll er zum Beispiel dem westafrikanischen religiösen Anführer [[Usman dan Fodio]] erschienen sein und ihm das „Schwert der Wahrheit“ verliehen haben.<br /> <br /> In einigen sunnitischen Gruppen wie der Bewegung der [[Wahhabiten]] ([[Salafismus]]) und den [[Ahl-i Hadīth]] wird eine Heiligenverehrung explizit bekämpft, da sie dem Prinzip der absoluten Einzigartigkeit und Erhabenheit eines Gottes ''([[tauhid]])'' zuwiderlaufe und ein nicht auf Gott, sondern auf Menschen gerichteter Kult sei. Bei der Ablehnung der Heiligenverehrung beruft man sich in diesen Kreisen auf den [[Koran]] ([[Sure 9]]:31; 10:19).<br /> <br /> → ''Siehe auch:'' [[Marabout]], [[Derwisch]], [[:Kategorie:Sufi]], [[Volksislam]]<br /> <br /> === Indische Religionen ===<br /> [[Datei:Buddha-Vajrapani-Herakles.JPG|mini|hochkant|Der Bodhisattva Vajrapani (rechts) in einer an [[Herakles]] erinnernden Darstellung neben dem [[Buddha]].]]<br /> Heilige der indischen Religionen des [[Hinduismus]], [[Buddhismus]] und [[Jainismus]] lassen sich grob dadurch charakterisieren, dass sie in radikaler [[Askese]] und [[Meditation]] einen höheren Bewusstseinsstand ([[Erleuchtung]]) erreicht haben sollen. Der Mittlercharakter zwischen göttlicher Autorität und Menschen tritt bei den verbreiteten atheistischen oder agnostischen Konzepten entsprechend nicht auf.<br /> <br /> Die ungenaue Kategorie des „Hinduismus“ macht eine allgemein gültige Definition eines „hinduistischen Heiligen“ praktisch unmöglich. Dennoch lässt sich eine relativ weit verbreitete Verehrung bestimmter religiöser Lehrer, die in ihrer Zeit das Gesicht des Hinduismus prägten, wie [[Namdev]], [[Dnyaneshwar]], [[Tukaram]], [[Shankara]], [[Ramakrishna]] oder auch [[Gandhi]], beobachten.<br /> <br /> Im Buddhismus ist die Vorstellung von Heiligen konkreter vorhanden. Der [[Hinayana]]-Buddhismus sieht die individuelle Heiligkeit darin gegeben, dass ein Mensch, der [[Arhat]], nach streng asketischem Leben und Beachtung der Lehren [[Buddha]]s bereits zu Lebzeiten das [[Nirwana|Nirvana]] erreicht und damit aus dem [[Samsara|Kreislauf der Wiedergeburten]] ausscheidet. Auch [[Siddhartha Gautama]], der die [[Vier Edle Wahrheiten|vier edlen Wahrheiten]] erkannt und in der [[Meditation]] zu vollkommener innerer Ruhe gefunden hat, fällt unter die Kategorie des Heiligen.<br /> <br /> Der bereits im Hinayana präsente Gedanke einer Verehrung der Reliquien Buddhas setzte sich im [[Mahayana]] verstärkt fort. Hier werden zusätzlich die [[Bodhisattva]]s als Heilige verehrt, weil sie zwar die Erleuchtung bereits erlangt haben, aus [[Altruismus]] aber auf das Nirvana verzichten und andere Menschen ebenfalls zur Erleuchtung führen wollen. Über ihren Gräbern und Reliquien wurden [[Stupa]]s errichtet, die auch heute noch beispielsweise in Thailand in Ehrerbietung barfuß rechtsherum andächtig umschritten wird, zumeist verbunden mit Blumen-, Weihrauch- und Kerzen-Opfern. Berühmte Heilige des tibetischen Buddhismus sind z.&amp;nbsp;B. [[Padmasambhava]], [[Milarepa]] und [[Tsongkhapa]].<br /> <br /> Im [[Jainismus]] schließlich werden 63 exemplarische Menschen, darunter die 24 sogenannten [[Tirthankara]]s („Furtbereiter“, „Bahnbrecher“), als Heilige verehrt, weil sie, obwohl sie selbst bereits Erlösung aus dem Kreislauf der Wiedergeburten gefunden haben, in immer wiederkehrenden Abständen den Menschen den Weg zur Erleuchtung aufgezeigt haben.<br /> <br /> [[Datei:Confuciustombqufu.jpg|miniatur|hochkant|Konfuziusgrab in [[Qufu]]]]<br /> <br /> === Chinesische Religionen ===<br /> Im [[Konfuzianismus]] war der Begriff des „Heiligen“ (聖人 – [[Shengren]]) stets mit dem des „Edlen“ (君子) konnotiert, der die fünf konfuzianischen Kardinaltugenden, Menschlichkeit (Ren, 仁), Gerechtigkeit (Yi, 義), Ethisches Verhalten (Li, {{lang|zh-Hans|礼}}), Weisheit (Zhi, 智) und Aufrichtigkeit (Xin, 信) in sich vereint. Neben [[Konfuzius]] selbst und seinen Schülern zählten dazu vor allem ideale [[Urkaiser Chinas|mythische Herrscher]] und die regierenden Kaiser.<br /> <br /> Der [[Daoismus]] dagegen verehrte verschiedene historische Gestalten, denen zugeschrieben wurde, in Übereinstimmung mit dem [[Dao]] gelebt zu haben (z.&amp;nbsp;B. die sogenannten „[[Acht Unsterbliche]]n“). Sie werden oft als mit übernatürlichen Fähigkeiten versehen vorgestellt, die auch vor Krankheit und Tod bewahren können, und sie sind [[Xian (Mythologie)|Unsterbliche]]. Sie gelten im [[Pantheon des Daoismus]] häufig auch als Gottheiten.<br /> <br /> == Siehe auch ==<br /> * [[Hagiographie]]<br /> * [[Liste der Seligen und Heiligen]]<br /> * [[Liste heiliger und seliger Ehepaare]]<br /> <br /> == Literatur ==<br /> * [[Arnold Angenendt]]: ''Corpus incorruptum. Eine Leitidee der mittelalterlichen Reliquienverehrung.'' In: ''Saeculum.'' Bd. 42, Nr. 3/4, 1991, S. 320–348, {{doi|10.7788/saeculum.1991.42.34.320}}.<br /> * Arnold Angenendt: ''Heilige und Reliquien. Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart.'' 2., überarbeitete Auflage. Beck, München 1997, ISBN 3-406-42867-3.<br /> * [[Theofried Baumeister]]: ''Heiligenverehrung I.'' In: ''[[Reallexikon für Antike und Christentum]].'' Band 14: ''Heilig – Hexe.'' Hiersemann, Stuttgart 1988, ISBN 3-7772-8835-7, Sp. 96–150.<br /> * [[Wolfgang Beinert (Theologe)|Wolfgang Beinert]] (Hrsg.): ''Die Heiligen heute ehren. Eine theologisch-pastorale Handreichung.'' Freiburg (Breisgau) u. a. 1983, ISBN 3-451-19544-5.<br /> * Jürgen Beyer [[et al.]] (Hrsg.): ''Confessional sanctity. (c. 1550 – c. 1800)'' (= ''Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz.'' Beiheft 51). Von Zabern, Mainz 2003, ISBN 3-8053-2998-9.<br /> * Joseph Braun: ''Tracht und Attribute der Heiligen in der deutschen Kunst.'' Stuttgart 1943; anastatischer Nachdruck München 1964.<br /> * [[Peter Brown (Historiker)|Peter Brown]]: ''The Cult of the Saints. Its Rise and Funktion in Latin Christianity'' (= ''The Haskell Lectures on History of Religions.'' 2). University of Chicago Press, Chicago IL 1981, ISBN 0-226-07621-0.<br /> * [[Siglind Bruhn]]: ''Saints in the Limelight. Representations of the Religious Quest on the Post-1945 Operatic Stage'' (= ''Dimension &amp; Diversity Series. Studies in 20th Century Music.'' Bd. 5). Pendragon Press, Hillsdale, NY 2003, ISBN 1-576-47096-2.<br /> * [[Peter Dinzelbacher]], [[Dieter R. Bauer]] (Hrsg.): ''Heiligenverehrung in Geschichte und Gegenwart.'' Schwabenverlag, Ostfildern 1990, ISBN 3-7966-0679-2.<br /> * [[Jürgen Wasim Frembgen]]: ''Reise zu Gott. Sufis und Derwische im Islam.'' (= ''Beck’sche Reihe,'' 1380). C. H. Beck, München 2000, ISBN 3-406-45920-X.<br /> * [[Peter Gemeinhardt]]: ''Die Heiligen. Von den frühchristlichen Märtyrern bis zur Gegenwart'' (= ''Beck’sche Reihe,'' 2498). C. H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-58798-6.<br /> * Rosa Giorgi: '' Die Heiligen. Geschichte und Legende.'' (= ''Bildlexikon der Kunst,'' Band 2). Parthas, Berlin 2003, ISBN 3-932529-57-X.<br /> * [[Erhard Gorys]]: ''Lexikon der Heiligen'' (= ''Kleine digitale Bibliothek.'' Bd. 48). CD-ROM. Directmedia Publishing, Berlin 2007, ISBN 978-3-89853-348-5.<br /> * John Stratton Hawley (Hrsg.): ''Saints and Virtues'' (= ''Comparative Studies in Religion and Society.'' Bd. 2). University of California Press, Berkeley CA u. a. 1987, ISBN 0-520-05984-0.<br /> * Carol Piper Heming: ''Protestants and the Cult of the Saints in German-speaking Europe, 1517–1531 (= Sixteenth Century Essays &amp; Studies,'' Bd. 65). Truman State University Press, Kirksville Missouri 2003, ISBN 1-931112-23-1.<br /> * [[Daniel Hess (Kunsthistoriker)|Daniel Hess]], Markus Prummer: ''Helden, Märtyrer, Heilige. Wege ins Paradies.'' Verlag des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 2019, ISBN 978-3-946217-18-3.<br /> * [[James Howard-Johnston]], Paul Antony Hayward (Hrsg.): ''The cult of saints in late antiquity and the middle ages. Essays on the contribution of Peter Brown.'' Oxford University Press, Oxford 1999, ISBN 0-19-826978-1.<br /> * [[Heimo Kaindl]] (Hrsg.): ''Zwischen Ehrfurcht und Schauder. Reliquienkult gestern und heute.'' Diözesanmuseum Graz, Graz 2005, ISBN 3-901810-16-1.<br /> * [[Theodor Klauser]]: ''Christlicher Märtyrerkult, heidnischer Heroenkult und die spätjüdische Heiligenverehrung'' (= ''Veröffentlichungen der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen. Geisteswissenschaften.'' Bd. 91, {{ISSN|0570-5649}}). Westdeutscher Verlag, Köln u. a. 1960.<br /> * [[Günter Lanczkowski]], Göran Larsson, [[Karl Hausberger]], Christian Hannick, [[Frieder Schulz]]: ''Heilige / Heiligenverehrung.'' In: ''Theologische Realenzyklopädie.'' Band 14: ''Heilig – Hexe.'' 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Philipp Reclam, Stuttgart 2004, ISBN 3-15-010505-6.<br /> <br /> == Weblinks ==<br /> {{Commonscat|Saints|Heiliger}}<br /> {{Wiktionary}}<br /> * [http://www.heilige.de Heilige und Namenspatrone]<br /> * [http://www.heiligenlexikon.de Heiligenlexikon]<br /> * [https://hds.hebis.de/herder/Search/Results?lookfor=heilige+und+selige&amp;trackSearchEvent=Einfache+Suche&amp;type=allfields&amp;search=new&amp;submit=Suchen Literatur über Heilige und Selige in Ostmitteleuropa] im Bibliotheks- und Bibliographieportal / [[Herder-Institut (Marburg)]]<br /> * Kurt Messmer: [https://blog.nationalmuseum.ch/2020/12/georg-martin-nikolaus-zeitlose-humanitaet/ ''Georg, Martin, Nikolaus – zeitlose ''] Im Blog des [[Schweizerisches Nationalmuseum|Schweizerischen Nationalmuseums]] vom 4. Dezember 2020<br /> <br /> == Einzelnachweise ==<br /> &lt;references&gt;<br /> &lt;ref name=&quot;ws&quot;&gt;Winfried Schulz: Artikel „Heiligsprechung“ in: ''Lexikon für Theologie und Kirche'' Bd. 4. Herder Verlag 2006. Sp. 1328–1331, 1329.&lt;/ref&gt;<br /> &lt;/references&gt;<br /> <br /> {{Normdaten|TYP=s|GND=4024055-1}}<br /> <br /> [[Kategorie:Heiliger| ]]<br /> [[Kategorie:Personenbezeichnung (Glaubenshaltung)]]</div> 176.0.6.207