https://de.wikipedia.org/w/api.php?action=feedcontributions&feedformat=atom&user=175.194.21.128Wikipedia - Benutzerbeiträge [de]2025-06-26T00:40:28ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.45.0-wmf.6https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wolfgang_Berghofer&diff=184401923Wolfgang Berghofer2019-01-04T20:58:05Z<p>175.194.21.128: Änderung 184401912 von Tohma rückgängig gemacht;</p>
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<div>[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1986-0116-030, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer (1986)]]<br />
<br />
'''Wolfgang Berghofer''' (* [[25. Februar]] [[1943]] in [[Bautzen]]) ist ein ehemaliger [[Freie Deutsche Jugend|FDJ]]-Funktionär und [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]-Politiker. Von 1986 bis 1990 war er [[Oberbürgermeister]] von [[Dresden]].<br />
<br />
== Leben ==<br />
Als Kriegskind in der Oberlausitz geboren, wuchs Wolfgang Berghofer mit Mutter und Großeltern allein auf. Die Eltern ließen sich nach Kriegsende scheiden, die Mutter lebte dann meist vom Sohn getrennt in [[West-Berlin]] und blieb nach dem [[Mauerbau]] auch endgültig dort.<br />
[[Datei:Wolfgang Berghofer.jpg|hochkant|mini|Wolfgang Berghofer (2015)]]<br />
Berghofer absolvierte 1959 bis 1962 eine Ausbildung zum Maschinenbauer, arbeitete bis 1964 im Beruf und war bis 1967 Kreissportlehrer in Bautzen und stellvertretender Vorsitzender des [[Deutscher Turn- und Sportbund|DTSB]], Kreisverband [[Bautzen]]. Er trat 1957 der FDJ und 1964 der SED bei. 1969/70 war er Student an der FDJ-[[Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“]] am Bogensee. Ab 1968 war er hauptamtlicher FDJ-Funktionär, seit 1970 beim Zentralrat der FDJ, wo er zunächst für die [[Westarbeit der DDR|Westarbeit]] mitverantwortlich war, später wechselte er in die Organisation von Großveranstaltungen und war im Organisationskomitee ''X. [[Weltfestspiele der Jugend und Studenten|Weltfestspiele]] 1973'' in Berlin unter der Hauptabteilung Großveranstaltungen Abteilungsleiter „Tribunal“ sowie stellvertretender Leiter des Büros zur Vorbereitung der Weltfestspiele der Jugend und Studenten in [[Havanna]]. 1978 erhielt er den Orden [[Banner der Arbeit]].<ref>[[Berliner Zeitung]], 28. April 1978, S. 7</ref> Von 1971 bis 1981 war Berghofer als [[inoffizieller Mitarbeiter]] „Falk“ für das [[Ministerium für Staatssicherheit]] tätig.<ref>Vgl. Reuter/Müller-Enbergs: ''Berghofer, Wolfgang''.</ref> Er war ab 1978 Abteilungsleiter im Zentralrat der FDJ. 1983 bis 1985 absolvierte er ein Fernstudium an der [[Universität Rostock]] zum Diplom-Historiker.<br />
<br />
Von 1986 bis 1990 war er als Nachfolger von [[Gerhard Schill]] Oberbürgermeister von Dresden und Abgeordneter des Bezirkstages. 1987 schloss er mit [[Klaus von Dohnanyi]] den Vertrag über die Städtepartnerschaft [[Hamburg]]-Dresden und erhielt den [[Vaterländischer Verdienstorden|Vaterländischen Verdienstorden]] trotz scharfer Kritik aus dem SED-Politbüro.<br />
<br />
Während der [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|Wende und friedlichen Revolution]] 1989/90 galt Berghofer als einer der wenigen bekannten Reformsozialisten. Im Oktober 1989 war er Mitinitiator des ''Dresdner Dialogs'' mit der oppositionellen [[Gruppe der 20 (Dresden)|Gruppe der 20]] und verhinderte maßgeblich Repressalien an DDR-Oppositionellen.<ref>Reinhard Höppner: ''Wunder muss man ausprobieren. Der Weg zur deutschen Einheit.'' Berlin 2009, S.&nbsp;52 f.</ref> Im Dezember 1989 wurde er stellvertretender Vorsitzender der [[SED/PDS]], aus der er im Januar 1990 unter Protest austrat. Er sah in der SED/PDS eine Partei, die nicht die Kraft habe, sich grundsätzlich zu ändern.<ref>Patrick Moreau, Viola Neu: ''Die PDS zwischen Linksextremismus und Linkspopulismus.'' Konrad-Adenauer-Stiftung, 1994, ISBN 3-930163-31-4, S. 9</ref> Als die neue [[Sozialdemokratische Partei in der DDR]] ehemaligen SED-Mitgliedern eine Aufnahme versagte, endeten seine politischen Ambitionen abrupt und er wechselte als Manager in die Wirtschaft. 1990/91 war er zunächst Generalbevollmächtigter für die [[Rudolf Häussler|Häussler]]-Gruppe, [[Stuttgart]], und ist seitdem als selbstständiger Unternehmensberater in [[Berlin]] tätig, zurzeit arbeitet er für die Flugzeugzulieferindustrie. Bei der Ansiedelung der [[Gläserne Manufaktur|Gläsernen Manufaktur]] von VW in Dresden nutzte er seine persönlichen Kontakte zum VW-Chef [[Ferdinand Piëch]].<br />
<br />
2001 kandidierte er als Parteiloser im zweiten Wahlgang für das Amt des Dresdner Oberbürgermeisters (12,2 Prozent), wenige Tage vorher vorher stellte sein Buch ''Meine Dresdner Jahre'' vor.<br />
<br />
Wolfgang Berghofer beschreibt in seinem Buch ''Meine Dresdner Jahre'' das Funktionieren des „Systems DDR/SED“,<ref>[[Sven Felix Kellerhoff]]: [https://www.welt.de/welt_print/article814389/Dolchstosslegende-der-SED.html ''Der Historiker Wilke erklärt, warum Berghofers Erinnerungen Gysi und Modrow in Bedrängnis bringen.''] [[Die Welt]], 17. April 2007.</ref> schonte aber ehemalige SED-Funktionäre. Seiner Meinung nach lasse man allerdings zum Beispiel die Abteilungsleiter des ZK der SED, die eigentlichen und wirklichen DDR-Entscheidungsträger, sich aus ihrer Verantwortung stehlen.<br />
<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0322-025, Dresden, öffentliche Anhörung, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer 1990]]<br />
<br />
Wolfgang Berghofer ist Vorsitzender des Vorstandes des [[BVUK]], Betriebliche Versorgungswerke für Unternehmen und Kommunen e.V. Er organisiert und veranstaltet Fachvorträge zur betrieblichen Altersversorgung. Er engagiert sich für soziale Projekte.<br />
<br />
== Privates ==<br />
Wolfgang Berghofer lebt in Berlin. Er ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter.<br />
<br />
== Beteiligung am Wahlbetrug ==<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0506-301, Dresden, Wahl, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer geht zur Wahl 1990]]<br />
1990 wurde gegen Berghofer wegen der Manipulationen bei der [[Kommunalwahlen in der DDR 1989|DDR-Kommunalwahl am 7. Mai 1989]] ermittelt. Das [[Bezirksgericht Dresden|Dresdner Bezirksgericht]] verurteilte ihn 1992 wegen „Wahlfälschung und Anstiftung zur Wahlfälschung“ zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 36.000 Mark. Nach Berghofers Revisionsantrag bestätigte der [[Bundesgerichtshof]] das Urteil. Auch eine Verfassungsbeschwerde brachte für ihn keinen Erfolg. Berghofer ist einer der wenigen SED-Spitzenpolitiker, die offen den [[Wahlfälschung|Wahlbetrug]] in der DDR zugegeben haben.<br />
<br />
== Veröffentlichungen ==<br />
* Beitrag in Peter Neumann (Hrsg.): ''Träumen verboten. Aktuelle Stellungnahmen aus der DDR.'' Lamuv, Göttingen 1990, ISBN 3-88977-234-X.<br />
* ''Meine Dresdner Jahre.'' Das Neue Berlin, Berlin 2001, ISBN 3-360-00951-7.<br />
* ''Keine Figur im Schachspiel. Wie ich die „Wende“ erlebte.'' Edition Ost, Berlin 2014, ISBN 978-3-360-01854-0.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Sabine Graul: ''Vom Revolutionär zum Apparatschik? Wolfgang Berghofer und seine gescheiterte Revolution 1989/90.'' In: Marian Nebelin, Sabine Graul (Hrsg.): ''Verlierer der Geschichte. Von der Antike bis zur Moderne.'' Lit, Berlin 2008, ISBN 978-3-8258-1326-0, S. 331–357.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Wolfgang Berghofer|Wolfgang Berghofer}}<br />
* {{DNB-Portal|122991826}}<br />
* [http://www.chronikderwende.de/_/lexikon/biografien/biographie_jsp/key=berghofer_wolfgang.html Lebenslauf Wolfgang Berghofers] bei ''Chronik der Wende'', dem Webangebot des [[Rundfunk Berlin-Brandenburg]] zur gleichnamigen Dokumentationsreihe<br />
* F. K. Fromme: [http://www.gbv.de/dms/faz-rez/FD1200204121307841.pdf ''Rezension: Berghofer, Wolfgang: Meine Dresdner Jahre.''] ISBN 3-360-00951-7. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. April 2002, S. 8 (PDF; 8 kB)<br />
* Manfred Wilke: [http://www.fr-online.de/doku---debatte/-wir-brauchen-einen-schuldigen-,1472608,2873708.html ''„Wir brauchen einen Schuldigen“.''] Interview mit Wolfgang Berghofer in der Frankfurter Rundschau, 12. April 2007<br />
* [https://www.sz-online.de/nachrichten/der-grimmige-optimist-3885617.html ''Der grimmige Optimist: Wolfgang Berghofer, der letzte SED-Bürgermeister von Dresden, wird 75. Die Wahlfälschungen beschämen ihn bis heute.''], [[Sächsische Zeitung]], 25. Februar 2018<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Personenleiste<br />
|AMT= [[Liste der Oberbürgermeister von Dresden|Oberbürgermeister von Dresden]]<br />
|ZEIT= 1986–1990<br />
|VORGÄNGER= [[Gerhard Schill]]<br />
|NACHFOLGER= [[Herbert Wagner (Politiker)|Herbert Wagner]]<br />
}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=122991826|LCCN=n/90/663395|VIAF=18119619}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Berghofer, Wolfgang}}<br />
[[Kategorie:Politiker (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Funktionär der Freien Deutschen Jugend (DDR)]]<br />
[[Kategorie:SED-Funktionär]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (Dresden)]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Träger des Vaterländischen Verdienstordens]]<br />
[[Kategorie:Träger des Banners der Arbeit]]<br />
[[Kategorie:Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit]]<br />
[[Kategorie:Deutscher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1943]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Berghofer, Wolfgang<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Politiker (SED), FDJ-Funktionär und Oberbürgermeister von Dresden<br />
|GEBURTSDATUM=25. Februar 1943<br />
|GEBURTSORT=[[Bautzen]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>175.194.21.128https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wolfgang_Berghofer&diff=184401891Wolfgang Berghofer2019-01-04T20:57:06Z<p>175.194.21.128: spitznamen irrelevant / "In Dresden nennen sie ihn deswegen "Bergatschow" meinung des autors ohne nachweis</p>
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<div>[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1986-0116-030, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer (1986)]]<br />
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'''Wolfgang Berghofer''' (* [[25. Februar]] [[1943]] in [[Bautzen]]) ist ein ehemaliger [[Freie Deutsche Jugend|FDJ]]-Funktionär und [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]-Politiker. Von 1986 bis 1990 war er [[Oberbürgermeister]] von [[Dresden]].<br />
<br />
== Leben ==<br />
Als Kriegskind in der Oberlausitz geboren, wuchs Wolfgang Berghofer mit Mutter und Großeltern allein auf. Die Eltern ließen sich nach Kriegsende scheiden, die Mutter lebte dann meist vom Sohn getrennt in [[West-Berlin]] und blieb nach dem [[Mauerbau]] auch endgültig dort.<br />
[[Datei:Wolfgang Berghofer.jpg|hochkant|mini|Wolfgang Berghofer (2015)]]<br />
Berghofer absolvierte 1959 bis 1962 eine Ausbildung zum Maschinenbauer, arbeitete bis 1964 im Beruf und war bis 1967 Kreissportlehrer in Bautzen und stellvertretender Vorsitzender des [[Deutscher Turn- und Sportbund|DTSB]], Kreisverband [[Bautzen]]. Er trat 1957 der FDJ und 1964 der SED bei. 1969/70 war er Student an der FDJ-[[Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“]] am Bogensee. Ab 1968 war er hauptamtlicher FDJ-Funktionär, seit 1970 beim Zentralrat der FDJ, wo er zunächst für die [[Westarbeit der DDR|Westarbeit]] mitverantwortlich war, später wechselte er in die Organisation von Großveranstaltungen und war im Organisationskomitee ''X. [[Weltfestspiele der Jugend und Studenten|Weltfestspiele]] 1973'' in Berlin unter der Hauptabteilung Großveranstaltungen Abteilungsleiter „Tribunal“ sowie stellvertretender Leiter des Büros zur Vorbereitung der Weltfestspiele der Jugend und Studenten in [[Havanna]]. 1978 erhielt er den Orden [[Banner der Arbeit]].<ref>[[Berliner Zeitung]], 28. April 1978, S. 7</ref> Von 1971 bis 1981 war Berghofer als [[inoffizieller Mitarbeiter]] „Falk“ für das [[Ministerium für Staatssicherheit]] tätig.<ref>Vgl. Reuter/Müller-Enbergs: ''Berghofer, Wolfgang''.</ref> Er war ab 1978 Abteilungsleiter im Zentralrat der FDJ. 1983 bis 1985 absolvierte er ein Fernstudium an der [[Universität Rostock]] zum Diplom-Historiker.<br />
<br />
Von 1986 bis 1990 war er als Nachfolger von [[Gerhard Schill]] Oberbürgermeister von Dresden und Abgeordneter des Bezirkstages. 1987 schloss er mit [[Klaus von Dohnanyi]] den Vertrag über die Städtepartnerschaft [[Hamburg]]-Dresden und erhielt den [[Vaterländischer Verdienstorden|Vaterländischen Verdienstorden]] trotz scharfer Kritik aus dem SED-Politbüro.<br />
<br />
Während der [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|Wende und friedlichen Revolution]] 1989/90 galt Berghofer als einer der wenigen bekannten Reformsozialisten. Im Oktober 1989 war er Mitinitiator des ''Dresdner Dialogs'' mit der oppositionellen [[Gruppe der 20 (Dresden)|Gruppe der 20]] und verhinderte maßgeblich Repressalien an DDR-Oppositionellen.<ref>Reinhard Höppner: ''Wunder muss man ausprobieren. Der Weg zur deutschen Einheit.'' Berlin 2009, S.&nbsp;52 f.</ref> Im Dezember 1989 wurde er stellvertretender Vorsitzender der [[SED/PDS]], aus der er im Januar 1990 unter Protest austrat. Er sah in der SED/PDS eine Partei, die nicht die Kraft habe, sich grundsätzlich zu ändern.<ref>Patrick Moreau, Viola Neu: ''Die PDS zwischen Linksextremismus und Linkspopulismus.'' Konrad-Adenauer-Stiftung, 1994, ISBN 3-930163-31-4, S. 9</ref> Als die neue [[Sozialdemokratische Partei in der DDR]] ehemaligen SED-Mitgliedern eine Aufnahme versagte, endeten seine politischen Ambitionen abrupt und er wechselte als Manager in die Wirtschaft. 1990/91 war er zunächst Generalbevollmächtigter für die [[Rudolf Häussler|Häussler]]-Gruppe, [[Stuttgart]], und ist seitdem als selbstständiger Unternehmensberater in [[Berlin]] tätig, zurzeit arbeitet er für die Flugzeugzulieferindustrie. Bei der Ansiedelung der [[Gläserne Manufaktur|Gläsernen Manufaktur]] von VW in Dresden nutzte er seine persönlichen Kontakte zum VW-Chef [[Ferdinand Piëch]].<br />
<br />
2001 kandidierte er als Parteiloser im zweiten Wahlgang für das Amt des Dresdner Oberbürgermeisters (12,2 Prozent), wenige Tage vorher vorher stellte sein Buch ''Meine Dresdner Jahre'' vor.<br />
<br />
Wolfgang Berghofer beschreibt in seinem Buch ''Meine Dresdner Jahre'' das Funktionieren des „Systems DDR/SED“,<ref>[[Sven Felix Kellerhoff]]: [https://www.welt.de/welt_print/article814389/Dolchstosslegende-der-SED.html ''Der Historiker Wilke erklärt, warum Berghofers Erinnerungen Gysi und Modrow in Bedrängnis bringen.''] [[Die Welt]], 17. April 2007.</ref> schonte aber ehemalige SED-Funktionäre. Seiner Meinung nach lasse man allerdings zum Beispiel die Abteilungsleiter des ZK der SED, die eigentlichen und wirklichen DDR-Entscheidungsträger, sich aus ihrer Verantwortung stehlen.<br />
<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0322-025, Dresden, öffentliche Anhörung, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer 1990]]<br />
<br />
Wolfgang Berghofer ist Vorsitzender des Vorstandes des [[BVUK]], Betriebliche Versorgungswerke für Unternehmen und Kommunen e.V. Er organisiert und veranstaltet Fachvorträge zur betrieblichen Altersversorgung. Er engagiert sich für soziale Projekte.<br />
<br />
== Privates ==<br />
Wolfgang Berghofer lebt in Berlin. Er ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter.<br />
<br />
== Beteiligung am Wahlbetrug ==<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0506-301, Dresden, Wahl, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer geht zur Wahl 1990]]<br />
1990 wurde gegen Berghofer wegen der Manipulationen bei der [[Kommunalwahlen in der DDR 1989|DDR-Kommunalwahl am 7. Mai 1989]] ermittelt. Das [[Bezirksgericht Dresden|Dresdner Bezirksgericht]] verurteilte ihn 1992 wegen „Wahlfälschung und Anstiftung zur Wahlfälschung“ zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 36.000 Mark. Nach Berghofers Revisionsantrag bestätigte der [[Bundesgerichtshof]] das Urteil. Auch eine Verfassungsbeschwerde brachte für ihn keinen Erfolg. Berghofer ist einer der wenigen SED-Spitzenpolitiker, die offen den [[Wahlfälschung|Wahlbetrug]] in der DDR zugegeben haben.<br />
<br />
== Veröffentlichungen ==<br />
* Beitrag in Peter Neumann (Hrsg.): ''Träumen verboten. Aktuelle Stellungnahmen aus der DDR.'' Lamuv, Göttingen 1990, ISBN 3-88977-234-X.<br />
* ''Meine Dresdner Jahre.'' Das Neue Berlin, Berlin 2001, ISBN 3-360-00951-7.<br />
* ''Keine Figur im Schachspiel. Wie ich die „Wende“ erlebte.'' Edition Ost, Berlin 2014, ISBN 978-3-360-01854-0.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Sabine Graul: ''Vom Revolutionär zum Apparatschik? Wolfgang Berghofer und seine gescheiterte Revolution 1989/90.'' In: Marian Nebelin, Sabine Graul (Hrsg.): ''Verlierer der Geschichte. Von der Antike bis zur Moderne.'' Lit, Berlin 2008, ISBN 978-3-8258-1326-0, S. 331–357.<br />
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== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Wolfgang Berghofer|Wolfgang Berghofer}}<br />
* {{DNB-Portal|122991826}}<br />
* [http://www.chronikderwende.de/_/lexikon/biografien/biographie_jsp/key=berghofer_wolfgang.html Lebenslauf Wolfgang Berghofers] bei ''Chronik der Wende'', dem Webangebot des [[Rundfunk Berlin-Brandenburg]] zur gleichnamigen Dokumentationsreihe<br />
* F. K. Fromme: [http://www.gbv.de/dms/faz-rez/FD1200204121307841.pdf ''Rezension: Berghofer, Wolfgang: Meine Dresdner Jahre.''] ISBN 3-360-00951-7. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. April 2002, S. 8 (PDF; 8 kB)<br />
* Manfred Wilke: [http://www.fr-online.de/doku---debatte/-wir-brauchen-einen-schuldigen-,1472608,2873708.html ''„Wir brauchen einen Schuldigen“.''] Interview mit Wolfgang Berghofer in der Frankfurter Rundschau, 12. April 2007<br />
* [https://www.sz-online.de/nachrichten/der-grimmige-optimist-3885617.html ''Der grimmige Optimist: Wolfgang Berghofer, der letzte SED-Bürgermeister von Dresden, wird 75. Die Wahlfälschungen beschämen ihn bis heute.''], [[Sächsische Zeitung]], 25. Februar 2018<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Personenleiste<br />
|AMT= [[Liste der Oberbürgermeister von Dresden|Oberbürgermeister von Dresden]]<br />
|ZEIT= 1986–1990<br />
|VORGÄNGER= [[Gerhard Schill]]<br />
|NACHFOLGER= [[Herbert Wagner (Politiker)|Herbert Wagner]]<br />
}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=122991826|LCCN=n/90/663395|VIAF=18119619}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Berghofer, Wolfgang}}<br />
[[Kategorie:Politiker (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Funktionär der Freien Deutschen Jugend (DDR)]]<br />
[[Kategorie:SED-Funktionär]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (Dresden)]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Träger des Vaterländischen Verdienstordens]]<br />
[[Kategorie:Träger des Banners der Arbeit]]<br />
[[Kategorie:Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit]]<br />
[[Kategorie:Deutscher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1943]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
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{{Personendaten<br />
|NAME=Berghofer, Wolfgang<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Politiker (SED), FDJ-Funktionär und Oberbürgermeister von Dresden<br />
|GEBURTSDATUM=25. Februar 1943<br />
|GEBURTSORT=[[Bautzen]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>175.194.21.128https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wolfgang_Berghofer&diff=184401881Wolfgang Berghofer2019-01-04T20:56:44Z<p>175.194.21.128: spitznamen irrelevant / "In Dresden nennen sie ihn deswegen "Bergatschow" meinung des autors ohne nachweis</p>
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<div>[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1986-0116-030, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer (1986)]]<br />
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'''Wolfgang Berghofer''' (* [[25. Februar]] [[1943]] in [[Bautzen]]) ist ein ehemaliger [[Freie Deutsche Jugend|FDJ]]-Funktionär und [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]-Politiker. Von 1986 bis 1990 war er [[Oberbürgermeister]] von [[Dresden]].<br />
<br />
== Leben ==<br />
Als Kriegskind in der Oberlausitz geboren, wuchs Wolfgang Berghofer mit Mutter und Großeltern allein auf. Die Eltern ließen sich nach Kriegsende scheiden, die Mutter lebte dann meist vom Sohn getrennt in [[West-Berlin]] und blieb nach dem [[Mauerbau]] auch endgültig dort.<br />
[[Datei:Wolfgang Berghofer.jpg|hochkant|mini|Wolfgang Berghofer (2015)]]<br />
Berghofer absolvierte 1959 bis 1962 eine Ausbildung zum Maschinenbauer, arbeitete bis 1964 im Beruf und war bis 1967 Kreissportlehrer in Bautzen und stellvertretender Vorsitzender des [[Deutscher Turn- und Sportbund|DTSB]], Kreisverband [[Bautzen]]. Er trat 1957 der FDJ und 1964 der SED bei. 1969/70 war er Student an der FDJ-[[Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“]] am Bogensee. Ab 1968 war er hauptamtlicher FDJ-Funktionär, seit 1970 beim Zentralrat der FDJ, wo er zunächst für die [[Westarbeit der DDR|Westarbeit]] mitverantwortlich war, später wechselte er in die Organisation von Großveranstaltungen und war im Organisationskomitee ''X. [[Weltfestspiele der Jugend und Studenten|Weltfestspiele]] 1973'' in Berlin unter der Hauptabteilung Großveranstaltungen Abteilungsleiter „Tribunal“ sowie stellvertretender Leiter des Büros zur Vorbereitung der Weltfestspiele der Jugend und Studenten in [[Havanna]]. 1978 erhielt er den Orden [[Banner der Arbeit]].<ref>[[Berliner Zeitung]], 28. April 1978, S. 7</ref> Von 1971 bis 1981 war Berghofer als [[inoffizieller Mitarbeiter]] „Falk“ für das [[Ministerium für Staatssicherheit]] tätig.<ref>Vgl. Reuter/Müller-Enbergs: ''Berghofer, Wolfgang''.</ref> Er war ab 1978 Abteilungsleiter im Zentralrat der FDJ. 1983 bis 1985 absolvierte er ein Fernstudium an der [[Universität Rostock]] zum Diplom-Historiker.<br />
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Von 1986 bis 1990 war er als Nachfolger von [[Gerhard Schill]] Oberbürgermeister von Dresden und Abgeordneter des Bezirkstages. 1987 schloss er mit [[Klaus von Dohnanyi]] den Vertrag über die Städtepartnerschaft [[Hamburg]]-Dresden und erhielt den [[Vaterländischer Verdienstorden|Vaterländischen Verdienstorden]] trotz scharfer Kritik aus dem SED-Politbüro.<br />
<br />
Während der [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|Wende und friedlichen Revolution]] 1989/90 galt Berghofer als einer der wenigen bekannten Reformsozialisten. Im Oktober 1989 war er Mitinitiator des ''Dresdner Dialogs'' mit der oppositionellen [[Gruppe der 20 (Dresden)|Gruppe der 20]] und verhinderte maßgeblich Repressalien an DDR-Oppositionellen.<ref>Reinhard Höppner: ''Wunder muss man ausprobieren. Der Weg zur deutschen Einheit.'' Berlin 2009, S.&nbsp;52 f.</ref> Im Dezember 1989 wurde er stellvertretender Vorsitzender der [[SED/PDS]], aus der er im Januar 1990 unter Protest austrat. Er sah in der SED/PDS eine Partei, die nicht die Kraft habe, sich grundsätzlich zu ändern.<ref>Patrick Moreau, Viola Neu: ''Die PDS zwischen Linksextremismus und Linkspopulismus.'' Konrad-Adenauer-Stiftung, 1994, ISBN 3-930163-31-4, S. 9</ref> Als die neue [[Sozialdemokratische Partei in der DDR]] ehemaligen SED-Mitgliedern eine Aufnahme versagte, endeten seine politischen Ambitionen abrupt und er wechselte als Manager in die Wirtschaft. 1990/91 war er zunächst Generalbevollmächtigter für die [[Rudolf Häussler|Häussler]]-Gruppe, [[Stuttgart]], und ist seitdem als selbstständiger Unternehmensberater in [[Berlin]] tätig, zurzeit arbeitet er für die Flugzeugzulieferindustrie. Bei der Ansiedelung der [[Gläserne Manufaktur|Gläsernen Manufaktur]] von VW in Dresden nutzte er seine persönlichen Kontakte zum VW-Chef [[Ferdinand Piëch]].<br />
<br />
2001 kandidierte er als Parteiloser im zweiten Wahlgang für das Amt des Dresdner Oberbürgermeisters (12,2 Prozent), wenige Tage vorher vorher stellte sein Buch ''Meine Dresdner Jahre'' vor.<br />
<br />
Wolfgang Berghofer beschreibt in seinem Buch ''Meine Dresdner Jahre'' das Funktionieren des „Systems DDR/SED“,<ref>[[Sven Felix Kellerhoff]]: [https://www.welt.de/welt_print/article814389/Dolchstosslegende-der-SED.html ''Der Historiker Wilke erklärt, warum Berghofers Erinnerungen Gysi und Modrow in Bedrängnis bringen.''] [[Die Welt]], 17. April 2007.</ref> schonte aber ehemalige SED-Funktionäre. Seiner Meinung nach lasse man allerdings zum Beispiel die Abteilungsleiter des ZK der SED, die eigentlichen und wirklichen DDR-Entscheidungsträger, sich aus ihrer Verantwortung stehlen.<br />
<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0322-025, Dresden, öffentliche Anhörung, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer 1990]]<br />
<br />
Wolfgang Berghofer ist Vorsitzender des Vorstandes des [[BVUK]], Betriebliche Versorgungswerke für Unternehmen und Kommunen e.V. Er organisiert und veranstaltet Fachvorträge zur betrieblichen Altersversorgung. Er engagiert sich für soziale Projekte.<br />
<br />
== Privates ==<br />
Wolfgang Berghofer lebt in Berlin. Er ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter.<br />
<br />
== Beteiligung am Wahlbetrug ==<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0506-301, Dresden, Wahl, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer geht zur Wahl 1990]]<br />
1990 wurde gegen Berghofer wegen der Manipulationen bei der [[Kommunalwahlen in der DDR 1989|DDR-Kommunalwahl am 7. Mai 1989]] ermittelt. Das [[Bezirksgericht Dresden|Dresdner Bezirksgericht]] verurteilte ihn 1992 wegen „Wahlfälschung und Anstiftung zur Wahlfälschung“ zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 36.000 Mark. Nach Berghofers Revisionsantrag bestätigte der [[Bundesgerichtshof]] das Urteil. Auch eine Verfassungsbeschwerde brachte für ihn keinen Erfolg. Berghofer ist einer der wenigen SED-Spitzenpolitiker, die offen den [[Wahlfälschung|Wahlbetrug]] in der DDR zugegeben haben.<br />
<br />
== Veröffentlichungen ==<br />
* Beitrag in Peter Neumann (Hrsg.): ''Träumen verboten. Aktuelle Stellungnahmen aus der DDR.'' Lamuv, Göttingen 1990, ISBN 3-88977-234-X.<br />
* ''Meine Dresdner Jahre.'' Das Neue Berlin, Berlin 2001, ISBN 3-360-00951-7.<br />
* ''Keine Figur im Schachspiel. Wie ich die „Wende“ erlebte.'' Edition Ost, Berlin 2014, ISBN 978-3-360-01854-0.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Sabine Graul: ''Vom Revolutionär zum Apparatschik? Wolfgang Berghofer und seine gescheiterte Revolution 1989/90.'' In: Marian Nebelin, Sabine Graul (Hrsg.): ''Verlierer der Geschichte. Von der Antike bis zur Moderne.'' Lit, Berlin 2008, ISBN 978-3-8258-1326-0, S. 331–357.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Wolfgang Berghofer|Wolfgang Berghofer}}<br />
* {{DNB-Portal|122991826}}<br />
* [http://www.chronikderwende.de/_/lexikon/biografien/biographie_jsp/key=berghofer_wolfgang.html Lebenslauf Wolfgang Berghofers] bei ''Chronik der Wende'', dem Webangebot des [[Rundfunk Berlin-Brandenburg]] zur gleichnamigen Dokumentationsreihe<br />
* F. K. Fromme: [http://www.gbv.de/dms/faz-rez/FD1200204121307841.pdf ''Rezension: Berghofer, Wolfgang: Meine Dresdner Jahre.''] ISBN 3-360-00951-7. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. April 2002, S. 8 (PDF; 8 kB)<br />
* Manfred Wilke: [http://www.fr-online.de/doku---debatte/-wir-brauchen-einen-schuldigen-,1472608,2873708.html ''„Wir brauchen einen Schuldigen“.''] Interview mit Wolfgang Berghofer in der Frankfurter Rundschau, 12. April 2007<br />
* [https://www.sz-online.de/nachrichten/der-grimmige-optimist-3885617.html ''Der grimmige Optimist: Wolfgang Berghofer, der letzte SED-Bürgermeister von Dresden, wird 75. Die Wahlfälschungen beschämen ihn bis heute.''], [[Sächsische Zeitung]], 25. Februar 2018<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Personenleiste<br />
|AMT= [[Liste der Oberbürgermeister von Dresden|Oberbürgermeister von Dresden]]<br />
|ZEIT= 1986–1990<br />
|VORGÄNGER= [[Gerhard Schill]]<br />
|NACHFOLGER= [[Herbert Wagner (Politiker)|Herbert Wagner]]<br />
}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=122991826|LCCN=n/90/663395|VIAF=18119619}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Berghofer, Wolfgang}}<br />
[[Kategorie:Politiker (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Funktionär der Freien Deutschen Jugend (DDR)]]<br />
[[Kategorie:SED-Funktionär]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (Dresden)]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Träger des Vaterländischen Verdienstordens]]<br />
[[Kategorie:Träger des Banners der Arbeit]]<br />
[[Kategorie:Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit]]<br />
[[Kategorie:Deutscher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1943]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Berghofer, Wolfgang<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Politiker (SED), FDJ-Funktionär und Oberbürgermeister von Dresden<br />
|GEBURTSDATUM=25. Februar 1943<br />
|GEBURTSORT=[[Bautzen]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>175.194.21.128https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wolfgang_Berghofer&diff=184401858Wolfgang Berghofer2019-01-04T20:55:59Z<p>175.194.21.128: /* Literatur */ auf welchen Seiten sind dort konkrete Infos zum Lemma zu finden? So erfüllt das nicht die Bedingungen von WP:LIT</p>
<hr />
<div>[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1986-0116-030, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer (1986)]]<br />
<br />
'''Wolfgang Berghofer''' (* [[25. Februar]] [[1943]] in [[Bautzen]]) ist ein ehemaliger [[Freie Deutsche Jugend|FDJ]]-Funktionär und [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]-Politiker. Von 1986 bis 1990 war er [[Oberbürgermeister]] von [[Dresden]].<br />
<br />
== Leben ==<br />
Als Kriegskind in der Oberlausitz geboren, wuchs Wolfgang Berghofer mit Mutter und Großeltern allein auf. Die Eltern ließen sich nach Kriegsende scheiden, die Mutter lebte dann meist vom Sohn getrennt in [[West-Berlin]] und blieb nach dem [[Mauerbau]] auch endgültig dort.<br />
[[Datei:Wolfgang Berghofer.jpg|hochkant|mini|Wolfgang Berghofer (2015)]]<br />
Berghofer absolvierte 1959 bis 1962 eine Ausbildung zum Maschinenbauer, arbeitete bis 1964 im Beruf und war bis 1967 Kreissportlehrer in Bautzen und stellvertretender Vorsitzender des [[Deutscher Turn- und Sportbund|DTSB]], Kreisverband [[Bautzen]]. Er trat 1957 der FDJ und 1964 der SED bei. 1969/70 war er Student an der FDJ-[[Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“]] am Bogensee. Ab 1968 war er hauptamtlicher FDJ-Funktionär, seit 1970 beim Zentralrat der FDJ, wo er zunächst für die [[Westarbeit der DDR|Westarbeit]] mitverantwortlich war, später wechselte er in die Organisation von Großveranstaltungen und war im Organisationskomitee ''X. [[Weltfestspiele der Jugend und Studenten|Weltfestspiele]] 1973'' in Berlin unter der Hauptabteilung Großveranstaltungen Abteilungsleiter „Tribunal“ sowie stellvertretender Leiter des Büros zur Vorbereitung der Weltfestspiele der Jugend und Studenten in [[Havanna]]. 1978 erhielt er den Orden [[Banner der Arbeit]].<ref>[[Berliner Zeitung]], 28. April 1978, S. 7</ref> Von 1971 bis 1981 war Berghofer als [[inoffizieller Mitarbeiter]] „Falk“ für das [[Ministerium für Staatssicherheit]] tätig.<ref>Vgl. Reuter/Müller-Enbergs: ''Berghofer, Wolfgang''.</ref> Er war ab 1978 Abteilungsleiter im Zentralrat der FDJ. 1983 bis 1985 absolvierte er ein Fernstudium an der [[Universität Rostock]] zum Diplom-Historiker.<br />
<br />
Von 1986 bis 1990 war er als Nachfolger von [[Gerhard Schill]] Oberbürgermeister von Dresden und Abgeordneter des Bezirkstages. 1987 schloss er mit [[Klaus von Dohnanyi]] den Vertrag über die Städtepartnerschaft [[Hamburg]]-Dresden und erhielt den [[Vaterländischer Verdienstorden|Vaterländischen Verdienstorden]] trotz scharfer Kritik aus dem SED-Politbüro.<br />
<br />
Während der [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|Wende und friedlichen Revolution]] 1989/90 galt „Bergatschow“<ref>[https://www.mdr.de/zeitreise/tapetenwechsel-wolfgang-berghofer100.html Vom "Bergatschow" zum Wahlfälscher] mdr.de vom 15. September 2015, abgerufen am 4. Januar 2019</ref> Berghofer als einer der wenigen bekannten Reformsozialisten. Im Oktober 1989 war er Mitinitiator des ''Dresdner Dialogs'' mit der oppositionellen [[Gruppe der 20 (Dresden)|Gruppe der 20]] und verhinderte maßgeblich Repressalien an DDR-Oppositionellen.<ref>Reinhard Höppner: ''Wunder muss man ausprobieren. Der Weg zur deutschen Einheit.'' Berlin 2009, S.&nbsp;52 f.</ref> Im Dezember 1989 wurde er stellvertretender Vorsitzender der [[SED/PDS]], aus der er im Januar 1990 unter Protest austrat. Er sah in der SED/PDS eine Partei, die nicht die Kraft habe, sich grundsätzlich zu ändern.<ref>Patrick Moreau, Viola Neu: ''Die PDS zwischen Linksextremismus und Linkspopulismus.'' Konrad-Adenauer-Stiftung, 1994, ISBN 3-930163-31-4, S. 9</ref> Als die neue [[Sozialdemokratische Partei in der DDR]] ehemaligen SED-Mitgliedern eine Aufnahme versagte, endeten seine politischen Ambitionen abrupt und er wechselte als Manager in die Wirtschaft. 1990/91 war er zunächst Generalbevollmächtigter für die [[Rudolf Häussler|Häussler]]-Gruppe, [[Stuttgart]], und ist seitdem als selbstständiger Unternehmensberater in [[Berlin]] tätig, zurzeit arbeitet er für die Flugzeugzulieferindustrie. Bei der Ansiedelung der [[Gläserne Manufaktur|Gläsernen Manufaktur]] von VW in Dresden nutzte er seine persönlichen Kontakte zum VW-Chef [[Ferdinand Piëch]].<br />
<br />
2001 kandidierte er als Parteiloser im zweiten Wahlgang für das Amt des Dresdner Oberbürgermeisters (12,2 Prozent), wenige Tage vorher vorher stellte sein Buch ''Meine Dresdner Jahre'' vor.<br />
<br />
Wolfgang Berghofer beschreibt in seinem Buch ''Meine Dresdner Jahre'' das Funktionieren des „Systems DDR/SED“,<ref>[[Sven Felix Kellerhoff]]: [https://www.welt.de/welt_print/article814389/Dolchstosslegende-der-SED.html ''Der Historiker Wilke erklärt, warum Berghofers Erinnerungen Gysi und Modrow in Bedrängnis bringen.''] [[Die Welt]], 17. April 2007.</ref> schonte aber ehemalige SED-Funktionäre. Seiner Meinung nach lasse man allerdings zum Beispiel die Abteilungsleiter des ZK der SED, die eigentlichen und wirklichen DDR-Entscheidungsträger, sich aus ihrer Verantwortung stehlen.<br />
<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0322-025, Dresden, öffentliche Anhörung, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer 1990]]<br />
<br />
Wolfgang Berghofer ist Vorsitzender des Vorstandes des [[BVUK]], Betriebliche Versorgungswerke für Unternehmen und Kommunen e.V. Er organisiert und veranstaltet Fachvorträge zur betrieblichen Altersversorgung. Er engagiert sich für soziale Projekte.<br />
<br />
== Privates ==<br />
Wolfgang Berghofer lebt in Berlin. Er ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter.<br />
<br />
== Beteiligung am Wahlbetrug ==<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0506-301, Dresden, Wahl, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer geht zur Wahl 1990]]<br />
1990 wurde gegen Berghofer wegen der Manipulationen bei der [[Kommunalwahlen in der DDR 1989|DDR-Kommunalwahl am 7. Mai 1989]] ermittelt. Das [[Bezirksgericht Dresden|Dresdner Bezirksgericht]] verurteilte ihn 1992 wegen „Wahlfälschung und Anstiftung zur Wahlfälschung“ zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 36.000 Mark. Nach Berghofers Revisionsantrag bestätigte der [[Bundesgerichtshof]] das Urteil. Auch eine Verfassungsbeschwerde brachte für ihn keinen Erfolg. Berghofer ist einer der wenigen SED-Spitzenpolitiker, die offen den [[Wahlfälschung|Wahlbetrug]] in der DDR zugegeben haben.<br />
<br />
== Veröffentlichungen ==<br />
* Beitrag in Peter Neumann (Hrsg.): ''Träumen verboten. Aktuelle Stellungnahmen aus der DDR.'' Lamuv, Göttingen 1990, ISBN 3-88977-234-X.<br />
* ''Meine Dresdner Jahre.'' Das Neue Berlin, Berlin 2001, ISBN 3-360-00951-7.<br />
* ''Keine Figur im Schachspiel. Wie ich die „Wende“ erlebte.'' Edition Ost, Berlin 2014, ISBN 978-3-360-01854-0.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Sabine Graul: ''Vom Revolutionär zum Apparatschik? Wolfgang Berghofer und seine gescheiterte Revolution 1989/90.'' In: Marian Nebelin, Sabine Graul (Hrsg.): ''Verlierer der Geschichte. Von der Antike bis zur Moderne.'' Lit, Berlin 2008, ISBN 978-3-8258-1326-0, S. 331–357.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Wolfgang Berghofer|Wolfgang Berghofer}}<br />
* {{DNB-Portal|122991826}}<br />
* [http://www.chronikderwende.de/_/lexikon/biografien/biographie_jsp/key=berghofer_wolfgang.html Lebenslauf Wolfgang Berghofers] bei ''Chronik der Wende'', dem Webangebot des [[Rundfunk Berlin-Brandenburg]] zur gleichnamigen Dokumentationsreihe<br />
* F. K. Fromme: [http://www.gbv.de/dms/faz-rez/FD1200204121307841.pdf ''Rezension: Berghofer, Wolfgang: Meine Dresdner Jahre.''] ISBN 3-360-00951-7. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. April 2002, S. 8 (PDF; 8 kB)<br />
* Manfred Wilke: [http://www.fr-online.de/doku---debatte/-wir-brauchen-einen-schuldigen-,1472608,2873708.html ''„Wir brauchen einen Schuldigen“.''] Interview mit Wolfgang Berghofer in der Frankfurter Rundschau, 12. April 2007<br />
* [https://www.sz-online.de/nachrichten/der-grimmige-optimist-3885617.html ''Der grimmige Optimist: Wolfgang Berghofer, der letzte SED-Bürgermeister von Dresden, wird 75. Die Wahlfälschungen beschämen ihn bis heute.''], [[Sächsische Zeitung]], 25. Februar 2018<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Personenleiste<br />
|AMT= [[Liste der Oberbürgermeister von Dresden|Oberbürgermeister von Dresden]]<br />
|ZEIT= 1986–1990<br />
|VORGÄNGER= [[Gerhard Schill]]<br />
|NACHFOLGER= [[Herbert Wagner (Politiker)|Herbert Wagner]]<br />
}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=122991826|LCCN=n/90/663395|VIAF=18119619}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Berghofer, Wolfgang}}<br />
[[Kategorie:Politiker (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Funktionär der Freien Deutschen Jugend (DDR)]]<br />
[[Kategorie:SED-Funktionär]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (Dresden)]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Träger des Vaterländischen Verdienstordens]]<br />
[[Kategorie:Träger des Banners der Arbeit]]<br />
[[Kategorie:Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit]]<br />
[[Kategorie:Deutscher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1943]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Berghofer, Wolfgang<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Politiker (SED), FDJ-Funktionär und Oberbürgermeister von Dresden<br />
|GEBURTSDATUM=25. Februar 1943<br />
|GEBURTSORT=[[Bautzen]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>175.194.21.128https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wolfgang_Berghofer&diff=184401688Wolfgang Berghofer2019-01-04T20:49:54Z<p>175.194.21.128: spitznamen irrelevant / "In Dresden nennen sie ihn deswegen "Bergatschow" meinung des autors ohne nachweis</p>
<hr />
<div>[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1986-0116-030, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer (1986)]]<br />
<br />
'''Wolfgang Berghofer''' (* [[25. Februar]] [[1943]] in [[Bautzen]]) ist ein ehemaliger [[Freie Deutsche Jugend|FDJ]]-Funktionär und [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]-Politiker. Von 1986 bis 1990 war er [[Oberbürgermeister]] von [[Dresden]].<br />
<br />
== Leben ==<br />
Als Kriegskind in der Oberlausitz geboren, wuchs Wolfgang Berghofer mit Mutter und Großeltern allein auf. Die Eltern ließen sich nach Kriegsende scheiden, die Mutter lebte dann meist vom Sohn getrennt in [[West-Berlin]] und blieb nach dem [[Mauerbau]] auch endgültig dort.<br />
[[Datei:Wolfgang Berghofer.jpg|hochkant|mini|Wolfgang Berghofer (2015)]]<br />
Berghofer absolvierte 1959 bis 1962 eine Ausbildung zum Maschinenbauer, arbeitete bis 1964 im Beruf und war bis 1967 Kreissportlehrer in Bautzen und stellvertretender Vorsitzender des [[Deutscher Turn- und Sportbund|DTSB]], Kreisverband [[Bautzen]]. Er trat 1957 der FDJ und 1964 der SED bei. 1969/70 war er Student an der FDJ-[[Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“]] am Bogensee. Ab 1968 war er hauptamtlicher FDJ-Funktionär, seit 1970 beim Zentralrat der FDJ, wo er zunächst für die [[Westarbeit der DDR|Westarbeit]] mitverantwortlich war, später wechselte er in die Organisation von Großveranstaltungen und war im Organisationskomitee ''X. [[Weltfestspiele der Jugend und Studenten|Weltfestspiele]] 1973'' in Berlin unter der Hauptabteilung Großveranstaltungen Abteilungsleiter „Tribunal“ sowie stellvertretender Leiter des Büros zur Vorbereitung der Weltfestspiele der Jugend und Studenten in [[Havanna]]. 1978 erhielt er den Orden [[Banner der Arbeit]].<ref>[[Berliner Zeitung]], 28. April 1978, S. 7</ref> Von 1971 bis 1981 war Berghofer als [[inoffizieller Mitarbeiter]] „Falk“ für das [[Ministerium für Staatssicherheit]] tätig.<ref>Vgl. Reuter/Müller-Enbergs: ''Berghofer, Wolfgang''.</ref> Er war ab 1978 Abteilungsleiter im Zentralrat der FDJ. 1983 bis 1985 absolvierte er ein Fernstudium an der [[Universität Rostock]] zum Diplom-Historiker.<br />
<br />
Von 1986 bis 1990 war er als Nachfolger von [[Gerhard Schill]] Oberbürgermeister von Dresden und Abgeordneter des Bezirkstages. 1987 schloss er mit [[Klaus von Dohnanyi]] den Vertrag über die Städtepartnerschaft [[Hamburg]]-Dresden und erhielt den [[Vaterländischer Verdienstorden|Vaterländischen Verdienstorden]] trotz scharfer Kritik aus dem SED-Politbüro.<br />
<br />
Während der [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|Wende und friedlichen Revolution]] 1989/90 galt Berghofer als einer der wenigen bekannten Reformsozialisten. Im Oktober 1989 war er Mitinitiator des ''Dresdner Dialogs'' mit der oppositionellen [[Gruppe der 20 (Dresden)|Gruppe der 20]] und verhinderte maßgeblich Repressalien an DDR-Oppositionellen.<ref>Reinhard Höppner: ''Wunder muss man ausprobieren. Der Weg zur deutschen Einheit.'' Berlin 2009, S.&nbsp;52 f.</ref> Im Dezember 1989 wurde er stellvertretender Vorsitzender der [[SED/PDS]], aus der er im Januar 1990 unter Protest austrat. Er sah in der SED/PDS eine Partei, die nicht die Kraft habe, sich grundsätzlich zu ändern.<ref>Patrick Moreau, Viola Neu: ''Die PDS zwischen Linksextremismus und Linkspopulismus.'' Konrad-Adenauer-Stiftung, 1994, ISBN 3-930163-31-4, S. 9</ref> Als die neue [[Sozialdemokratische Partei in der DDR]] ehemaligen SED-Mitgliedern eine Aufnahme versagte, endeten seine politischen Ambitionen abrupt und er wechselte als Manager in die Wirtschaft. 1990/91 war er zunächst Generalbevollmächtigter für die [[Rudolf Häussler|Häussler]]-Gruppe, [[Stuttgart]], und ist seitdem als selbstständiger Unternehmensberater in [[Berlin]] tätig, zurzeit arbeitet er für die Flugzeugzulieferindustrie. Bei der Ansiedelung der [[Gläserne Manufaktur|Gläsernen Manufaktur]] von VW in Dresden nutzte er seine persönlichen Kontakte zum VW-Chef [[Ferdinand Piëch]].<br />
<br />
2001 kandidierte er als Parteiloser im zweiten Wahlgang für das Amt des Dresdner Oberbürgermeisters (12,2 Prozent), wenige Tage vorher vorher stellte sein Buch ''Meine Dresdner Jahre'' vor.<br />
<br />
Wolfgang Berghofer beschreibt in seinem Buch ''Meine Dresdner Jahre'' das Funktionieren des „Systems DDR/SED“,<ref>[[Sven Felix Kellerhoff]]: [https://www.welt.de/welt_print/article814389/Dolchstosslegende-der-SED.html ''Der Historiker Wilke erklärt, warum Berghofers Erinnerungen Gysi und Modrow in Bedrängnis bringen.''] [[Die Welt]], 17. April 2007.</ref> schonte aber ehemalige SED-Funktionäre. Seiner Meinung nach lasse man allerdings zum Beispiel die Abteilungsleiter des ZK der SED, die eigentlichen und wirklichen DDR-Entscheidungsträger, sich aus ihrer Verantwortung stehlen.<br />
<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0322-025, Dresden, öffentliche Anhörung, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer 1990]]<br />
<br />
Wolfgang Berghofer ist Vorsitzender des Vorstandes des [[BVUK]], Betriebliche Versorgungswerke für Unternehmen und Kommunen e.V. Er organisiert und veranstaltet Fachvorträge zur betrieblichen Altersversorgung. Er engagiert sich für soziale Projekte.<br />
<br />
== Privates ==<br />
Wolfgang Berghofer lebt in Berlin. Er ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter.<br />
<br />
== Beteiligung am Wahlbetrug ==<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0506-301, Dresden, Wahl, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer geht zur Wahl 1990]]<br />
1990 wurde gegen Berghofer wegen der Manipulationen bei der [[Kommunalwahlen in der DDR 1989|DDR-Kommunalwahl am 7. Mai 1989]] ermittelt. Das [[Bezirksgericht Dresden|Dresdner Bezirksgericht]] verurteilte ihn 1992 wegen „Wahlfälschung und Anstiftung zur Wahlfälschung“ zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 36.000 Mark. Nach Berghofers Revisionsantrag bestätigte der [[Bundesgerichtshof]] das Urteil. Auch eine Verfassungsbeschwerde brachte für ihn keinen Erfolg. Berghofer ist einer der wenigen SED-Spitzenpolitiker, die offen den [[Wahlfälschung|Wahlbetrug]] in der DDR zugegeben haben.<br />
<br />
== Veröffentlichungen ==<br />
* Beitrag in Peter Neumann (Hrsg.): ''Träumen verboten. Aktuelle Stellungnahmen aus der DDR.'' Lamuv, Göttingen 1990, ISBN 3-88977-234-X.<br />
* ''Meine Dresdner Jahre.'' Das Neue Berlin, Berlin 2001, ISBN 3-360-00951-7.<br />
* ''Keine Figur im Schachspiel. Wie ich die „Wende“ erlebte.'' Edition Ost, Berlin 2014, ISBN 978-3-360-01854-0.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Sabine Graul: ''Vom Revolutionär zum Apparatschik? Wolfgang Berghofer und seine gescheiterte Revolution 1989/90.'' In: Marian Nebelin, Sabine Graul (Hrsg.): ''Verlierer der Geschichte. Von der Antike bis zur Moderne.'' Lit, Berlin 2008, ISBN 978-3-8258-1326-0, S. 331–357.<br />
* {{WWW-DDR|226|Berghofer, Wolfgang|Elke Reuter, [[Helmut Müller-Enbergs]]}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Wolfgang Berghofer|Wolfgang Berghofer}}<br />
* {{DNB-Portal|122991826}}<br />
* [http://www.chronikderwende.de/_/lexikon/biografien/biographie_jsp/key=berghofer_wolfgang.html Lebenslauf Wolfgang Berghofers] bei ''Chronik der Wende'', dem Webangebot des [[Rundfunk Berlin-Brandenburg]] zur gleichnamigen Dokumentationsreihe<br />
* F. K. Fromme: [http://www.gbv.de/dms/faz-rez/FD1200204121307841.pdf ''Rezension: Berghofer, Wolfgang: Meine Dresdner Jahre.''] ISBN 3-360-00951-7. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. April 2002, S. 8 (PDF; 8 kB)<br />
* Manfred Wilke: [http://www.fr-online.de/doku---debatte/-wir-brauchen-einen-schuldigen-,1472608,2873708.html ''„Wir brauchen einen Schuldigen“.''] Interview mit Wolfgang Berghofer in der Frankfurter Rundschau, 12. April 2007<br />
* [https://www.sz-online.de/nachrichten/der-grimmige-optimist-3885617.html ''Der grimmige Optimist: Wolfgang Berghofer, der letzte SED-Bürgermeister von Dresden, wird 75. Die Wahlfälschungen beschämen ihn bis heute.''], [[Sächsische Zeitung]], 25. Februar 2018<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Personenleiste<br />
|AMT= [[Liste der Oberbürgermeister von Dresden|Oberbürgermeister von Dresden]]<br />
|ZEIT= 1986–1990<br />
|VORGÄNGER= [[Gerhard Schill]]<br />
|NACHFOLGER= [[Herbert Wagner (Politiker)|Herbert Wagner]]<br />
}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=122991826|LCCN=n/90/663395|VIAF=18119619}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Berghofer, Wolfgang}}<br />
[[Kategorie:Politiker (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Funktionär der Freien Deutschen Jugend (DDR)]]<br />
[[Kategorie:SED-Funktionär]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (Dresden)]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Träger des Vaterländischen Verdienstordens]]<br />
[[Kategorie:Träger des Banners der Arbeit]]<br />
[[Kategorie:Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit]]<br />
[[Kategorie:Deutscher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1943]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Berghofer, Wolfgang<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Politiker (SED), FDJ-Funktionär und Oberbürgermeister von Dresden<br />
|GEBURTSDATUM=25. Februar 1943<br />
|GEBURTSORT=[[Bautzen]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>175.194.21.128https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Friedensbewegung&diff=184401395Friedensbewegung2019-01-04T20:38:02Z<p>175.194.21.128: Änderung 184401377 von Tohma rückgängig gemacht;</p>
<hr />
<div>Als '''Friedensbewegung''' bezeichnet man [[soziale Bewegung]]en, die [[Krieg]]e, Kriegsformen und [[Aufrüstung|Kriegsrüstung]] aktiv und organisatorisch verhindern und den Krieg als Mittel der [[Politik]] ausschließen wollen.<br />
<br />
== Überblick ==<br />
In der [[Geschichte Europas]] hat es immer wieder Versuche gegeben, den Krieg als Mittel der Politik abzuschaffen oder zumindest einzudämmen. So wurde im [[Antikes Griechenland|antiken Griechenland]] des 4.&nbsp;Jahrhunderts v. Chr. die Idee der [[Allgemeiner Friede|Koine Eirene]] propagiert, um den Frieden als den Normalzustand durch [[Völkerrechtlicher Vertrag|völkerrechtlich verbindliche Verträge]] dauerhaft zu sichern. Im 10. nachchristlichen Jahrhundert wiederum entstand in Reaktion auf das um sich greifende [[Fehde]]wesen des niederen Feudaladels im Süden Frankreichs die [[Gottesfriedensbewegung]], die aufgrund der Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten als Vorläufer der modernen Friedensbewegungen gelten kann.<br />
<br />
In der Moderne entstand eine massenhafte Opposition gegen Krieg und Kriegsrüstung erstmals seit dem [[Krimkrieg]] in den 1850er Jahren. Von einer internationalen Friedensbewegung spricht man öffentlich seit etwa 1900. Dieser Begriff bezog sich auf jene europäischen Friedensgruppen, die seit 1815 mit dem [[Liberalismus]] als demokratische Reformbewegung in vielen europäischen Staaten und den USA entstanden waren. Vertreter solcher Gruppen bezeichneten sich seit 1901 als „Pazifisten“. Der Begriff [[Pazifismus]] wird meist auf deren [[Ethik|ethische]] Grundhaltung und langfristigen Ziele, der Begriff Friedensbewegung auf die jeweils aktuellen Organisationen, Methoden und Aktivitäten bezogen.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 7.</ref> Viele Pazifisten lehnen heute auch [[Verteidigungskrieg]]e ab, während sonstige Anhänger einer Friedensbewegung oft eine aktuelle Kriegsgefahr durch Entspannung und völkerrechtliche Verträge verringern wollen, ohne Selbstverteidigung und Rüstung prinzipiell abzulehnen.<ref>Gerhard Strauss, Ulrike Hass, Ulrike Hass-Zumkehr, Gisela Harras: ''Brisante Wörter von Agitation bis Zeitgeist'', 1989, S. 284</ref><br />
<br />
Seit etwa 1890 unterschied sich der [[Antimilitarismus]] sozialistischer Gruppen und Parteien, der Krieg als Auswuchs des [[Kapitalismus]] betrachtet und durch das revolutionäre Handeln der [[Arbeiterbewegung]] verhindern will, von der „bürgerlichen“ Friedensbewegung, die sich eher mit Appellen und Vorschlägen an die Staatsregierungen wandte. Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] gingen beide Lager in manchen zentraleuropäischen Staaten aufeinander zu, gewannen nach 1918 zeitweise eine Massenbasis und organisierten gemeinsame Aktionen gegen Aufrüstung, [[Wehrpflicht]] und Krieg wie den jährlichen [[Weltfriedenstag|Antikriegstag]].<br />
<br />
In der [[Zeit des Nationalsozialismus]] wurden die Organisationen der deutschen Friedensbewegung verboten, viele ihrer Vertreter inhaftiert und ermordet oder ausgebürgert. Außerdeutsche Friedensgruppen verloren aufgrund des Krieges gegen den [[Faschismus]] und [[Nationalsozialismus]] viele Anhänger und Einflussmöglichkeiten. Andererseits gewann die vor 1933 begonnene Ächtung des [[Angriffskrieg]]es und [[völkerrecht]]liche Konfliktregelung zwischen souveränen Staaten wegen der Erfahrung der [[Weltkrieg]]e ab 1945 internationale Zustimmung.<br />
<br />
Seit der Aufrüstung der Vertragsstaaten von [[NATO]] und [[Warschauer Pakt]] mit [[Kernwaffe|Atomwaffen]] in den 1950er Jahren wuchs eine neue Friedensbewegung heran, die sich etwa mit den [[Ostermarsch|Ostermärschen]] eine jährliche Demonstrationsform schuf. In den 1960er Jahren kristallisierte sie sich im Rahmen der internationalen Opposition gegen den [[Vietnamkrieg]] und trat dann zeitweise zurück. Erst mit neuen Aufrüstungsschritten und -plänen der NATO ab 1979 entstand in einigen westlichen Staaten eine breite, länderübergreifende und auf Zustimmung großer Bevölkerungsteile gestützte Friedensbewegung, die als Nahziel die im [[NATO-Doppelbeschluss]] angekündigte Raketenstationierung verhindern, mittelfristig andere Sicherheitskonzepte und langfristig vollständige atomare Abrüstung durchsetzen wollte.<br />
<br />
Seit den Interventionskriegen der 1990er Jahre trat von Fall zu Fall eine Antikriegsbewegung hervor, die jedoch nicht mehr die Massenbasis und den Organisationsgrad der 1980er Jahre erreichte. Gegen den [[Irakkrieg]] von 2003 zeigte sich erneut eine internationale Friedensbewegung, die sowohl seit 1890 und 1945 entstandene als auch neue Friedensorganisationen und viele nichtorganisierte Kriegsgegner umfasste.<br />
<br />
Neben dieser Hauptlinie der Friedensbewegung gab es immer wieder Nebenlinien, die sich ''auch'' mit Frieden befassten und zumindest teilweise so wahrgenommen wurden. [[Pierre de Coubertin]], der Gründer der modernen Olympischen Spiele, forderte von vornherein den Olympischen Frieden analog der Waffenstillstände der [[Antike]] zumindest während der Dauer der [[Olympische Spiele|Olympischen Spiele]]. Er hatte hierbei regelmäßigen Kontakt – vor allem in der Schweiz – zur frühen Friedensbewegung.<ref> Dietrich R. Quanz: Civic Pacifism and Sports-Based Internationalism: Framework for the Founding of the International Olympic Committee. ''Olympika'' 1993 = http://library.la84.org/SportsLibrary/Olympika/Olympika_1993/olympika0201b.pdf</ref> Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] meldete Coubertin sich jedoch als [[Freiwilliger (Militär)|Freiwilliger]] und zog sich von den Friedensaktivitäten zurück. Seine Nachfolger verwendeten zwar eine Friedensrhetorik, waren aber nie wieder so dicht an den Friedensaktivisten.<ref>[[Arnd Krüger]]: ''The notions of peace of selected leaders of the Olympic movement and their realization in the Olympic Games'', in: M. Ilmarinen (Hrsg.): ''Sport and International Understanding.'' Berlin: Springer 1984, 116–120.</ref><br />
<br />
== Die Anfänge ==<br />
=== Friedensgesellschaften ===<br />
Seit den [[Befreiungskriege|antinapoleonischen Kriegen]] entstanden in verschiedenen europäischen Staaten kleine [[Verein]]e von meist bürgerlichen [[Idealismus (Philosophie)|Idealisten]], die für [[Menschenrechte]], soziale Verbesserungen, [[Freihandel]], die Abschaffung der [[Sklaverei]] eintraten und – meist aus ethischen und [[Religion|religiösen]] Gründen – auch jede Militärgewalt ablehnten. Sie schlossen sich bald in einigen Staaten zu nationalen ''Friedensgesellschaften'' zusammen: so zur ''American Peace Society'' in [[New York City]] (1815), ''London Peace Society'' in [[Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland|Großbritannien]] (1816) und ''[[Genf]]er Friedensgesellschaft'' in der [[Schweiz]] (1830).<br />
<br />
Während die angloamerikanischen Friedensgesellschaften sich vor allem auf das christliche [[Gewissen]] bezogen, beriefen sich die kontinentaleuropäischen Gruppen auf die Ideale der [[Französische Revolution|französischen Revolution]] und waren oft [[Freidenker]]. Sie hatten anfangs nur wenige Mitglieder, meist aus mittelständischen Bevölkerungsschichten. Mit dem Erstarken des Liberalismus wuchsen diese Gruppen und veranstalteten gemeinsame internationale Friedenskongresse, so 1843 in [[London]], 1848 in [[Brüssel]], 1849 der erste große internationale Friedenskongress in [[Paris]] und 1850 ein Friedenskongress in [[Frankfurt am Main]].<br />
<br />
Hauptziel dieser Zusammenkünfte war die Kodifizierung eines [[Völkerrecht]]s und Schaffung eines überstaatlichen Schiedsgerichts, um Kriege und bewaffnete Konflikte zu vermeiden. 1849 gelangte mit der ''Anti-Corn-Law Association'' von [[Richard Cobden]] erstmals eine pazifistische Partei in ein [[Parlament]]. Sie bildete mit friedensbewegten Parlamentariern anderer Staaten bald darauf eine ''Interparlamentarische Union''.<br />
<br />
Die Kriegsberichterstattung im Krimkrieg 1850 machte mit der wenige Jahre vorher erfundenen [[Fotografie]] in englischen [[Zeitung|Tageszeitungen]] die verheerende Wirkung der [[Artillerie]] öffentlich bewusst. [[Roger Fenton]] war einer der ersten [[Kriegsfotografie|Kriegsfotografen]]. Die Technisierung in modernen Kriegen forderte immer mehr auch [[Zivilperson|zivile]] Opfer. Proteste gegen die katastrophalen Lebensbedingungen der Soldaten und der Einsatz von [[Florence Nightingale]] führten zu humanitären Erleichterungen für das britische Heer. Kriegserfahrungen in [[Italien]] veranlassten den Schweizer [[Henry Dunant]] 1863 zur Gründung des [[Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung|Roten Kreuzes]]. Mit der 1864 abgeschlossenen ersten [[Genfer Konventionen|Genfer Konvention]] gelang die erste internationale Vereinbarung des modernen Völkerrechts.<br />
<br />
1867 gründete [[Frédéric Passy]] die [[Internationale Friedensliga]].<br />
<br />
1869 bildete sich in [[Deutschland]] als erste pazifistische Gruppe die ''Gesellschaft für Friedensfreunde''. Sie war wie die übrigen europäischen Friedensgesellschaften zunächst ganz auf die rechtliche Begrenzung und Verkürzung der Nationalkriege und die Milderung der Kriegsfolgen durch Eingaben an die Regierungen, aber noch kaum auf politisch unabhängige Parteibildung und [[Kriegsdienstverweigerung]] ausgerichtet.<br />
<br />
=== Friedenskonferenzen ===<br />
1891 trafen sich auf Initiative von [[Elihu Berrit]] (1810–1879) europäische Pazifisten in [[Rom]] bei der ''Dritten Weltfriedenskonferenz''. Dort bildete eine Gruppe gebildeter und politisch engagierter Europäer das [[Bureau International Permanent de la Paix|Internationale Friedensbüro]] mit Sitz in [[Bern]]. Seine Aufgabe war die Vorbereitung künftiger internationaler Friedenskonferenzen. Führend darin waren unter anderen:<br />
<br />
* der Brite [[Richard Cobden]], Gründer der britischen ''Anti-Corn-Law Association'', einer Partei gegen hohe Schutzzölle auf Getreide und mit einem pazifistischen Programm,<br />
* der Schweizer Geschäftsmann [[Henry Dunant]], Gründer des Roten Kreuzes,<br />
* der österreichische Pädagoge [[Alfred Hermann Fried]],<br />
* der französische Sozialist [[Jean Jaurès]],<br />
* die österreichische Schriftstellerin [[Bertha von Suttner]].<br />
<br />
Im Jahr darauf erschien Bertha von Suttners [[Roman]] ''Die Waffen nieder'', der in der völlig militarisierten Gesellschaft des [[Deutsches Kaiserreich|Kaiserreichs]] breitere Schichten für die Problematik von [[Krieg]] und [[Frieden]] sensibilisierte. Sie gründete nach der Österreichischen Friedensgesellschaft mit Fried zusammen 1892 in [[Berlin]] die [[Deutsche Friedensgesellschaft]], die älteste noch bestehende deutsche Vereinigung von Kriegsgegnern.<br />
<br />
Beiden Gründern wurde später (1905 und 1911) der [[Friedensnobelpreis]] zuerkannt, den [[Alfred Nobel]], ein mit von Suttner befreundeter Wissenschaftler, zuvor gestiftet hatte. Auch Dunant (1901) und das Berner Friedensbüro (1902) erhielten diesen Preis.<br />
<br />
=== Erste Völkerrechtsverträge ===<br />
Aufgrund der Initiativen dieser Gruppen kam es 1899 zur ersten internationalen [[Haager Friedenskonferenz]], auf der mit der [[Haager Landkriegsordnung]] Grundregeln der [[Kriegsführung]] verabschiedet wurden, die bahnbrechende Prinzipien des modernen Völkerrechts festlegten. Auf der Basis der Unterscheidung von Zivilisten und [[Kombattant]]en (Militär) formulierte Artikel 22:<br />
<br />
{{Zitat|Die Staaten haben kein unbegrenztes Recht in der Wahl der Mittel zur Schädigung des Feindes.}}<br />
<br />
Damit war erstmals eine rechtliche Handhabe zur internationalen Ächtung von [[Massenvernichtungsmittel]]n gegeben. Zudem sollte die Einrichtung des [[Haager Schiedsgerichtshof]]s die Schlichtung von Konflikten zwischen Staaten ermöglichen.<br />
<br />
Das Deutsche Reich verweigerte jedoch die in Haag vereinbarte Abrüstung und lehnte das Schiedsgericht ab, so dass seit 1908 das [[Wettrüsten]] im [[Flottengesetze|Flottenbau]] zwischen Deutschland und Großbritannien noch forciert wurde. Der auf Begrenzung der Kriegsmittel und Kriegsführung ausgerichtete Vertragspazifismus scheiterte folglich am Problem des – besonders deutschen – [[Imperialismus]].<br />
<br />
=== Zweite Internationale ===<br />
Auch die damals vornehmlich am [[Marxismus]] orientierte [[Sozialdemokratie]] des 19. und frühen 20.&nbsp;Jahrhunderts lehnte den Krieg ab. Für sie verlief eine Front nicht zwischen Staaten und Nationen, sondern zwischen den [[Klasse (Soziologie)|sozialen Klassen]] in allen Nationen. Ihr Anliegen war es daher, die [[Arbeiter]] aller Länder zum Kampf gegen den Kapitalismus und die darin herrschende Klasse der [[Bourgeoisie]] zu vereinen ([[Internationalismus]]), um so der profitorientierten Kriegswirtschaft nachhaltig den Boden zu entziehen. Ihre handlungsleitende Parole stammte aus dem [[Kommunistisches Manifest|Kommunistischen Manifest]] von 1848, verfasst von [[Karl Marx]] und [[Friedrich Engels]]:<br />
<br />
{{Zitat|Proletarier aller Länder, vereinigt euch!}}<br />
<br />
Demgemäß vereinbarte die 1889 gegründete [[Sozialistische Internationale|II. Sozialistische Internationale]], ein Zusammenschluss von Arbeiterorganisationen und -parteien mit weltweitem Anspruch aus zunächst 20 Staaten, gemeinsame Aktionen gegen einen Krieg ihrer Regierungen, darunter seit dem Kongress von Paris 1912 den [[Generalstreik]] im Falle eines Kriegsausbruchs zwischen den europäischen Hegemonialmächten, besonders Deutschland und Frankreich.<br />
<br />
Eine Minderheit [[Anarchismus|anarchistischer]] Delegierter sprach sich schon auf den Kongressen 1891 und 1893 für [[Kriegsdienstverweigerung]] und Streik gegen den Krieg aus.<ref>[[Wolfram Beyer]]: ''Was ist eigentlich Pazifismus? – Zur Klärung eines politischen Begriffs'', in: [[Lexikon der Anarchie]], überarbeiteter Text [http://www.anarchismus.at/txt4/pazifismus.htm Online verfügbar]{{Toter Link|date=2018-04 |archivebot=2018-04-10 22:45:49 InternetArchiveBot |url=http://www.anarchismus.at/txt4/pazifismus.htm }}</ref><br />
<br />
Die meisten europäischen Sozialdemokraten hielten die Verteidigung des „Vaterlands“ im Falle eines Angriffs eines anderen kapitalistischen Staates jedoch für legitim und notwendig. August Bebel äußerte diesen Gedanken schon lange vor dem Ersten Weltkrieg. Einige wenige Sozialdemokraten lehnten den Krieg kategorisch ab, so zum Beispiel [[Jean Jaurès]], der am Vorabend des Kriegsbeginns ermordet wurde. Verbreitet war auch die Ansicht, dass ein Krieg letztendlich der sozialistischen Bewegung nutze, da er die Massen zu revolutionären Handlungen bewegen würde. Diese Ansicht gewann durch die [[Oktoberrevolution]] in Russland an Plausibilität.<br />
<br />
== Erster Weltkrieg ==<br />
{{Staatslastig|DE}}<br />
<br />
=== Pazifisten ===<br />
Die deutschen Friedensorganisationen wurden vom [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] überrascht und waren zunächst weitgehend rat- und tatenlos. Sie besaßen zum einen kaum verlässliche Informationen über die tatsächliche Außenpolitik unter [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Wilhelm II.]], hatten an die kriegsverhindernde Macht internationaler Verträge und Verflechtungen geglaubt und stellten das nationale Selbstverteidigungsrecht nicht in Frage. Im Glauben, andere Staaten hätten Deutschland einen Verteidigungskrieg aufgezwungen, betonte der Vorstand der DFG am 15. August 1914 das Recht dazu. Zugleich trat er nationalistischem Rausch und Propagandalügen entgegen und versprach, seine Auslandskontakte zu Aufklärung über die Kriegsursachen und zum Aufbau eines dauerhaften Friedens mit anderen Ländern zu nutzen. Im ersten Kriegswinter organisierten viele Ortsgruppen der DFG humanitäre Hilfen für vom Krieg betroffene Gebiete, etwa die ''Ostpreußenhilfe'', und Rechtsberatung für Flüchtlinge. Demgegenüber befürworteten viele Mitglieder des ''Verbandes für internationale Verständigung'' nun den Krieg als nationale Aufgabe.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 99f</ref><br />
<br />
Im November 1914 gründete sich der [[Bund Neues Vaterland]] mit dem Satzungsziel, friedlichen Wettbewerb, Völkerverständigung und überstaatliche Zusammenschlüsse zu fördern. Dazu dürften nicht länger „einige Wenige über Wohl und Wehe von hunderten Millionen Menschen“ entscheiden. Innen- und Außenpolitik müssten zur Deckung gebracht werden. In internen Rundschreiben forderte der Bund dazu parlamentarische Kontrolle der Reichsregierung, Gleichberechtigung aller Parteien, soziale Reformen und allgemeine Bildung als Bedingung für engere Zusammenarbeit der europäischen Staaten. Damit gab er das bisherige Prinzip der Friedensgesellschaften, sich nicht in innere Belange fremder Staaten einzumischen, auf und näherte sich dem SPD-Programm an. Daraufhin traten SPD-Politiker wie [[Kurt Eisner]], [[Eduard Bernstein]] und [[Rudolf Breitscheid]], aber auch der DFG-Vorsitzende [[Ludwig Quidde]], der Soziologe [[Ferdinand Tönnies]], der Schriftsteller [[Gustav Landauer]] und andere dem Bund bei. Auch [[Albert Einstein]] gehörte zu den Mitgliedern.<br />
<br />
Der Bund hielt daran fest, das Deutsche Reich führe nur einen berechtigten Verteidigungskrieg, um so auch die Regierung und nationalistische Gruppen beeinflussen zu können. Das Auswärtige Amt erlaubte einigen Bundvertretern die Teilnahme an einer Friedenskonferenz im April 1915 in Den Haag, um indirekt Verhandlungsmöglichkeiten mit Feindstaaten zu sondieren. Die Konferenz beschloss ein Mindestprogramm für eine künftige Friedensordnung: Es schloss Gebietsveränderungen jeder Seite ohne Bevölkerungszustimmung aus, forderte gemeinsame Garantien für Rechtsgleichheit, Religionsfreiheit und Sprachfreiheit, einen friedlichen Staatenbund, einen internationalen Gerichtshof, gemeinsame Sanktionen für kriegerische Staaten und internationale Abrüstungsverträge. Nach der Konferenz versuchte der Bund mit Eingaben und „Denkschriften“ etwa die Annexion Belgiens, französischer Erz- und Kohlegebiete und russischer Gebiete, die der [[Alldeutscher Verband|Alldeutsche Verband]] am 20. Mai 1915 forderte, abzuwehren und einen vorzeitigen Verhandlungsfrieden im Sinne der Haager Konferenzen zu erreichen. Gespräche dazu fanden u.&nbsp;a. mit [[Kurt Riezler]], dem engsten Kanzlerberater, statt. Die Schriften des Bundes wurden jedoch beschlagnahmt und verboten, einige seiner Mitglieder inhaftiert.<br />
<br />
=== Sozialisten ===<br />
Die [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD-Fraktion]] im [[Reichstag (Deutsches Kaiserreich)|Reichstag]] hatte am 4. August 1914 entgegen ihrem Programm und ihren verbindlichen internationalen Zusagen geschlossen für die [[Kriegskredite]] und einen [[Burgfriede]]n gestimmt. Daran zerbrach die Zweite Internationale: Denn nun bejahten auch die Sozialisten [[Frankreich]]s die Kriegserklärung ihres Landes. Als einer von wenigen stellte sich dort der sozialistische Pazifist [[Jean Jaurès]] öffentlich dagegen; er wurde unmittelbar vor Kriegsbeginn von einem französischen Nationalisten in Paris ermordet. In der SPD wandte sich der Partei- und Fraktionsvorsitzende [[Hugo Haase]] gegen die Zustimmung seiner Partei zur Kriegsfinanzierung, konnte in der entscheidenden Abstimmung der Fraktion aber nur 13 Unterstützer gewinnen.<br />
<br />
Wenige Kriegsgegner in der SPD formierten sich zunächst in der am 5. August gegründeten ''Gruppe Internationale'', aus der 1915 die Spartakusgruppe und 1918 der [[Spartakusbund]] hervorgingen. Sie strebten eine sozialistische [[Revolution]] an, die auch künftige Kriege wirksam verhindern sollte. [[Karl Liebknecht]] (Dezember 1914) und [[Otto Rühle (Politiker, 1874)|Otto Rühle]] (Januar 1915) lehnten als erste SPD-Abgeordnete im Reichstag weitere Kriegskredite ab.<br />
<br />
Im Juni 1915 traten auch Hugo Haase und die bekannten Parteitheoretiker [[Karl Kautsky]] und [[Eduard Bernstein]] erstmals offen gegen den Krieg auf.<ref>„Das Gebot der Stunde“. Leipziger Volkszeitung 19. Juni 1915. Nach D. Engelmann, H. Naumann: Hugo Haase. Berlin: Ed. Neue Wege 1999, S. 31&nbsp;f., 123&nbsp;f.</ref> Am 21. Dezember 1915 lehnten 20 SPD-Abgeordnete im Reichstag die Kriegskredite ab: darunter Hugo Haase, [[Wilhelm Dittmann]], [[Kurt Eisner]], [[Heinrich Ströbel]] und [[Rudolf Breitscheid]]. Sie plädierten auch für eine Annäherung an den „bürgerlichen Pazifismus“ der DFG, die sich von den Kriegszielen der kaiserlichen Regierung distanziert hatte. Der ''[[Vorwärts (Deutschland)|Vorwärts]]'' erkannte die „Standhaftigkeit“ der „bürgerlichen“ Pazifisten in einem Artikel am 14. Juli 1916 selbstkritisch an. 1917 wurden Haase und 18 weitere SPD-Abgeordnete wegen ihres Anti-Kriegs-Kurses aus der SPD ausgeschlossen. Sie gründeten im April 1917 die [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands]] (USPD) unter Führung Hugo Haases; die Spartakusgruppe schloss sich dieser Partei an. Die USPD wollte das baldige Kriegsende durch den Sturz der kaiserlichen Regierung und der [[Monarchie]] erreichen, während die [[Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands|MSPD]] weiterhin auf Frieden durch Verhandlungen und Kompromisse mit der [[Oberste Heeresleitung|Obersten Heeresleitung]] setzte.<br />
<br />
== 1918–1933 ==<br />
=== Novemberrevolution ===<br />
Die USPD verlor seit ihrem schlechten Abschneiden bei den ersten Parlamentswahlen am 19. Januar 1919 rasch an Bedeutung. Damit war die 1918 erstarkte sozialistische Friedensbewegung, die das Kriegsende mit erzwingen konnte, nachhaltig geschwächt.<br />
<br />
=== Weimarer Republik ===<br />
[[Datei:No More War demonstration in Germany.jpg|mini|„Nie wieder Krieg“, Friedensdemonstration im [[Lustgarten (Berlin)|Berliner Lustgarten]] am 10. Juli 1922]]<br />
Nach der Novemberrevolution 1918 rückten liberale Pazifisten und sozialistische Antimilitaristen stärker aufeinander zu. Die Friedensbewegung der [[Weimarer Republik]] konzentrierte sich vor allem im [[Linksliberalismus]], unter ehemaligen Soldaten des Ersten Weltkriegs und in Kunst und Kultur. Bekannte Beispiele dafür waren:<br />
<br />
* der Schriftsteller [[Ernst Toller]]. Er trat die Nachfolge des ermordeten Kurt Eisner als Münchner [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]]-Vorsitzender an und wurde Regierungsmitglied der [[Münchner Räterepublik]] von 1919. Er leitete zeitweise entgegen seinem antimilitaristischen Selbstverständnis neben [[Rudolf Egelhofer]] (KPD) deren „Rote Armee“. Diesen Konflikt zwischen pazifistischer Einstellung und notwendiger militärischer Verteidigung sozialer Errungenschaften verarbeitete er später in seinem Theaterstück „[[Masse Mensch]]“.<br />
* [[Kurt Tucholsky]] und [[Carl von Ossietzky]] gründeten im Oktober 1919 zusammen mit dem Redakteur der ''[[Berliner Volks-Zeitung]]'', Karl Vetter, den [[Friedensbund der Kriegsteilnehmer]] (FdK). Dessen Leitung konstituierte im Juli 1920 den Aktionsausschuss „Nie wieder Krieg“, der in den Folgejahren große Massendemonstrationen mit bis 1926 steigenden Teilnehmerzahlen am damaligen [[Antikriegstag]], dem 1. August (Beginn des Ersten Weltkriegs) organisierte.<br />
* Schriftsteller wie [[Erich Mühsam]], [[Karl Kraus]], [[Erich Kästner]], [[Bertolt Brecht]], [[Friedrich Wolf]] warnten in ihren Schriften vor neuen Kriegen.<br />
* Bildende Künstler wie [[Käthe Kollwitz]], [[Otto Dix]], [[John Heartfield]] setzten sich mit ihren Kunstformen für den Frieden und gegen reaktionäre und militaristische Tendenzen ein.<br />
* Der [[Anarchopazifismus|Anarchopazifist]] [[Ernst Friedrich]] dokumentierte 1924 mit dem Buch ''[[Krieg dem Kriege]]'' fotografisch schwerste Kriegsverletzungen und mahnte in einem viersprachigen Aufruf an die „Menschen aller Länder“ den Einsatz der Völker gegen den Krieg an. Mit derselben Intention eröffnete er 1925 in Berlin das [[Anti-Kriegs-Museum|„Antikriegsmuseum“]].<br />
<br />
Journalisten, die auf die Einhaltung des [[Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrages]] pochten, wurden von Weimarer Gerichten, die vielfach mit Justizbeamten aus der Kaiserzeit besetzt waren, oft wegen [[Landesverrat]]s angeklagt und verurteilt. Im spektakulären [[Weltbühne-Prozess]] z.&nbsp;B. wurden Ossietzky und [[Walter Kreiser]] wegen Landesverrat und [[Spionage|Verrat militärischer Geheimnisse]] im November 1931 vom IV. Strafsenat des Reichsgerichts in Leipzig zu je 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.<br />
<br />
Der Vertragspazifismus gewann seit dem [[14-Punkte-Programm]] von US-Präsident [[Woodrow Wilson|Thomas Woodrow Wilson]] 1918 zunächst Auftrieb: In der Folge wurde 1919 der [[Völkerbund]] gegründet und auf der Friedenskonferenz von [[Versailles]] angenommen. Obwohl die [[Vereinigte Staaten|USA]] ihm nie und die [[Sowjetunion]] erst seit 1934 angehörten, gelang ihm anfangs die Entschärfung einiger kleinerer Konflikte. In die [[Ruhrbesetzung]] 1923, den [[Spanischer Bürgerkrieg|Spanischen Bürgerkrieg]] 1936 und die [[Sudetenkrise]] 1938 griff er jedoch nicht ein. Auch [[Japan]]s Besetzung der [[Mandschurei]] im Nordosten [[Republik China (1912–1949)|Chinas]] 1931 und Japans Angriff auf das übrige China 1937 sowie Italiens Angriff auf [[Abessinien]] 1935 zeigten die Ohnmacht des Völkerbunds. Der Vertragspazifismus scheiterte seit 1933 vor allem an [[Adolf Hitler]]s Erpressungs-, Besetzungs- und Angriffspolitik.<br />
<br />
== Zeit des Nationalsozialismus ==<br />
Für den [[Nationalsozialismus]] galt die Friedensbewegung als Ableger eines angeblichen „[[Weltjudentum]]s“ und Helfer des „Erzfeindes“ [[Frankreich]], die die nationale Selbstbehauptung und das germanische Heldentum durch intellektuelle „Gehirnerweichung“ untergraben und zerstören wolle. Der von nationalistischen Verbänden und der [[Sturmabteilung|SA]] 1923 gebildete ''Vaterländische Kampfbund'' erklärte den Pazifismus neben Marxismus und Judentum zum Hauptfeind des [[Deutschtum]]s.<br />
<br />
Diese Sicht propagierte vor allem [[Alfred Rosenberg]], Redakteur des [[Völkischer Beobachter|Völkischen Beobachters]] seit 1921. Er sah den „jüdischen Pazifismus“ besonders durch Albert Einstein, [[Erich Fried]], [[Friedrich Wilhelm Foerster]], [[Hellmut von Gerlach]], [[George Grosz]], [[Georg Moenius]] und Kurt Tucholsky verkörpert. Er verunglimpfte diese Personen etwa als „Sittlichkeitsfanatiker“, Vertreter der „[[Kriegsschuldlüge]]“ und „erfolgreiche Beschmutzer des deutschen Volkes“ fortlaufend in seinen Artikeln und drohte ihnen Gewalt an. Er kritisierte auch die Annäherung zwischen Kirchen, christlichen Pazifisten und Völkerbund, etwa bei der dritten Bodenseekonferenz katholischer Politiker 1923 oder den ökumenischen Kongressen in Stockholm 1927 und Prag 1928, als Verrat am „deutschen Gewissen und deutschen Interesse“.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 246&nbsp;f.</ref><br />
<br />
[[Adolf Hitler]] nannte den Pazifismus im ersten Band seiner Programmschrift ''[[Mein Kampf]]'' 1924 eine „Humanitätsduselei“, die eigentlich widernatürlich und kriminell sei, da sie gemeinsame Humanität über die natürliche Gliederung der Menschheit in höhere und niedere [[Rassismus|Rassen]] stelle. Er begriff „Humanität“ als „Ausdruck einer Mischung von Dummheit, Feigheit und eingebildetem Besserwissen“.<ref>Adolf Hitler: ''Mein Kampf'', München 1939, S. 148f; zitiert nach Karl Holl, Wolfram Wette (Hrsg.): ''Pazifismus in der Weimarer Republik''. Paderborn 1981, S. 13</ref><br />
<br />
Bis 1929 nahmen die pazifistischen Organisationen die [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] kaum ernst. Nur einzelne DFG-Mitglieder wie [[Erich Zeigner]] warnten vor ihrem Aufstieg. Doch nach der Reichstagswahl vom 14. September 1930, bei der die NSDAP zweitstärkste Partei wurde, rief [[Fritz Küster]] als Vorsitzender der DFG alle Pazifisten und ihre Organisationen zum bedingungslosen Kampf gegen „Revanchegeist, Faschismus und Krieg“ und zur „Aufklärung über das wahre Gesicht des Hitlertums“ auf. Die DFG machte die Uneinigkeit von SPD und KPD für den Wahlerfolg der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] verantwortlich und stellte nun fortlaufend deren Rüstungs-, Kriegs- und [[Diktatur]]-Absichten heraus. Küsters westdeutscher Landesverband organisierte Gegenkundgebungen zu NSDAP-Versammlungen, auch in Ostdeutschland, und wehrte Störaktionen der SA gegen Pazifistentreffen zum Teil erfolgreich ab.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 239</ref><br />
<br />
Ab 1931 richteten sich DFG und [[Friedensbund Deutscher Katholiken]] auf künftige illegale Arbeit ein. Die DFG forderte einen [[Generalstreik]], [[Sabotage]] und einen internationalen Handelsboykott im Falle einer [[Machtergreifung|Machtübernahme]] der NSDAP, eine parteiübergreifende Abwehrfront gegen diese und benannte die Hindernisse dafür: die Sowjethörigkeit, das [[Sozialfaschismus]]-Dogma und die unrealistische Opposition der KPD gegen den Versailler Vertrag, die Zusammenarbeit der SPD mit bürgerlichen Kräften, deren Unterschätzung Hitlers und Bereitschaft, diesen an der Regierungsmacht zu beteiligen. Ossietzky sah in Hitler jedoch ein Instrument für kapitalistische Interessen und teilte die damals unter Demokraten verbreitete Annahme, seine Machtbeteiligung werde die NSDAP eher schwächen und entzaubern, sei also vorübergehend. Dagegen rechneten Ernst Toller und [[Walter Dirks]] mit einer Diktatur und baldigem Krieg Hitlers gegen Polen und Russland, der dann nur noch militärisch von außen entmachtet werden könne. 1932 warnte die DFG-Zeitschrift ''Das Andere Deutschland'':<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 240</ref><br />
<br />
{{Zitat|Dieser Faschismus ist nicht nur der Tod der Demokratie, sondern auch der fanatische Entfacher des neuen Weltkrieges. Wer seine Gefahr unterschätzt, wer sich gar zum Hehler der nationalsozialistischen Weltbedrohung entwürdigt, macht sich zum Mitschuldigen des neuen Weltkrieges!}}<br />
<br />
Nach Hitlers Amtsantritt als Reichskanzler am 30. Januar 1933 riefen die DFG und ihre Zeitung nochmals zur Bildung einer Einheitsfront aller Antifaschisten auf. Mitglieder klebten im Februar 1933 illegale Plakate dafür. Am 10. Februar schrieb [[Heinrich Ströbel]] in der letzten Nummer des ''Anderen Deutschland'':<ref>zitiert nach Wolfgang Benz: ''Pazifismus in Deutschland'', Fischer TB 4362, ISBN 3-596-24362-9, S. 206&nbsp;f.</ref><br />
<br />
{{Zitat|[…] Wir haben vor allen Dingen dafür zu sorgen, daß die Grundursachen des ganzen Unglücks unserer Zeit aufgedeckt und beseitigt werden.<br />
Die Grundursachen aber bestanden in jenem Gewaltgeist, der den Krieg entfesselte. In der erschauernden Ehrfurcht vor dem Götzen des [[Nationalismus]]. In der sträflichen Gedankenlosigkeit, in der man den Begriff ‚[[Patriotismus]]‘ akzeptierte und weitergab, statt zu prüfen und zu erklären: nur derjenige liebt sein Vaterland, nützt seinen Mitbürgern, der sich niemals gegen andere Länder und Mitmenschen verhetzen läßt, sondern mithilft, alle wirtschaftlichen, politischen und geistigen Grenzsperren niederzureißen, damit das Reich der Vernunft, Gerechtigkeit und Güte endlich aufgebaut wird!}}<br />
<br />
Am 20. Februar trafen sich einige DFG-Führungspersonen in Berlin und berieten, ob sie noch weiterkämpfen oder ihr Leben durch Flucht aus Deutschland retten sollten. Gerlach, Küster und Ossietzky wollten die Reichstagswahl vom 5. März abwarten, [[Otto Lehmann-Rußbüldt]] dagegen ins Exil gehen.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 248</ref><br />
<br />
Nach dem [[Reichstagsbrand]] verbot das NS-Regime am 28. Februar 1933 neben der KPD auch die DFG und die ihr nahestehende [[Christlich-Soziale Reichspartei]]. Am 3. März wurde die DFG-Zeitung ''Das Andere Deutschland'' verboten, am 5. März das DFG-Büro geschlossen, die dortigen Akten beschlagnahmt, die Führungspersonen inhaftiert und in [[Konzentrationslager|KZs]] interniert: darunter Küster, Ossietzky, [[Gerhart Seger]], [[Kurt Hiller]] und [[Paul von Schoenaich]]. Ins Ausland flohen u.&nbsp;a. [[Harry Graf Kessler]], Otto Lehmann-Rußbüldt, Ludwig Quidde, [[Helene Stöcker]], [[Anna Siemsen]].<br />
<br />
Der Friedensbund deutscher Katholiken wurde zunächst verschont, da die NSDAP noch auf Unterstützung der katholischen [[Zentrumspartei]] angewiesen war und ihre Verhandlungen um das [[Reichskonkordat]] nicht gefährden wollte. Am 1. Juli wurde auch der Friedensbund, der die Zustimmung der Zentrumspartei zum [[Ermächtigungsgesetz]] scharf kritisiert hatte, neben anderen katholischen Verbänden verboten. Seine Mitglieder [[Friedrich Dessauer]], Walter Dirks, [[Josef Knecht]], P. Lenz, F. Müller und [[Franziskus Maria Stratmann]] wurden verhaftet. Lenz und Müller konnten nach der Haft ins Ausland fliehen, andere wie [[Bernhard Lichtenberg]] starben an Misshandlungen in der Haft oder wurden wie [[Richard Kuenzer]] als [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerständler]] hingerichtet. Die deutschen katholischen Bischöfe unterstützten die katholischen Pazifisten trotz eindringlicher Bittschreiben von Friedensbundmitgliedern nicht.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 249&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Bei der [[Bücherverbrennung 1933 in Deutschland|Bücherverbrennung am 10. Mai 1933]] waren vor allem Werke von Pazifisten der Weimarer Zeit betroffen. [[Joseph Goebbels]] verhöhnte sie als „Unrat und Schmutz jüdischer Asphaltliteraten“, die „die nationale Wehrhaftigkeit und die Ehre des deutschen Volkes ungestraft mit Füßen treten durften“. In der 8. Auflage von ''[[Meyers Lexikon]]'' (1936–1942), dessen Inhalt mit der [[Parteiamtliche Prüfungskommission zum Schutze des nationalsozialistischen Schrifttums|Zensurkommission PPK]] der NSDAP abgestimmt werden musste und daher als „Brauner Meyer“ oder „Nazi-Meyer“ bezeichnet wird<ref>Thomas Keiderling: Enzyklopädisten und Lexika im Dienst der Diktatur? Die Verlage F. A. Brockhaus und Bibliographisches Institut („Meyer“) während des Nationalsozialismus. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1/2012, München, S. 69–92</ref>, stand zum Stichwort Pazifismus: ''[Er] führt besonders infolge der internationalen Zusammenarbeit leicht zum [[Landesverrat|Vaterlandsverrat]]; die Anhänger des Pazifismus in Deutschland (Pazifisten) waren meist Landesverräter.''<ref>zitiert nach Karl Holl, Wolfram Wette (Hrsg.): ''Pazifismus in der Weimarer Republik''. Paderborn 1981, S. 15&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Am 23. August 1933 bürgerte das NS-Regime neben emigrierten KPD- und SPD-Mitgliedern auch Führungspersonen der deutschen Friedensbewegung aus, darunter Gerlach, Tucholsky, [[Emil Julius Gumbel]], [[Berthold Jacob]], Lehmann-Rußbüldt, später auch Foerster, Hiller, Quidde. Frau und Tochter Gerhart Segers, dem 1934 die Flucht nach Prag gelungen war, wurden in „Schutzhaft“ genommen; die intensiven Proteste Großbritanniens veranlassten die deutschen Behörden dann jedoch, beide ausreisen zu lassen. Die [[Gestapo]] entführte den Pazifisten Berthold Jacob am 9. März 1935 aus der Schweiz, um seine Berichte über heimliche deutsche Aufrüstung im Vorfeld ihrer neu eingeführten Wehrpflicht zu verhindern. Nach einem Schweizer Auslieferungsantrag wurde er freigelassen, 1941 jedoch aus Portugal erneut entführt und 1944 im KZ ermordet.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 250&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Emigrierte und ausgebürgerte Pazifisten protestierten 1935 gegen die wiedereingeführte Wehrpflicht und die damit verbundene Androhung der Todesstrafe für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure. Die deutsche Exilbewegung erreichte 1936, dass dem jahrelang in KZs inhaftierten Ossietzky der Friedensnobelpreis für 1935 zuerkannt wurde. Damit wurde der Terror gegen Andersdenkende unter dem NS-Regime weltweit publik.<br />
<br />
Nach Beginn des [[Polenfeldzug]]s rief [[Fritz von Unruh]] stellvertretend für alle inhaftierten oder exilierten Pazifisten am 4. September 1939 mit einem von französischen Fliegern in Polen abgeworfenen Flugblatt alle deutschen Soldaten zur Befehlsverweigerung und zum Aufstand gegen das NS-Regime auf:<ref>zitiert nach Wolfgang Benz: ''Pazifismus in Deutschland'', Fischer TB 4362, S. 218</ref><br />
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{{Zitat|Der Hitlerkrieg wurde von einer Handvoll politischer Abenteuerer in Berlin entfesselt. Dieser Krieg wird gegen unser Volk geführt. […]<br />
<br />
Kameraden! Das Hitlersystem ist nicht die Knochen eines einzigen deutschen Soldaten wert. Denkt an die Leiden und Schrecken seit 1933, gedenkt der Verfolgten, Eingekerkerten, Erschlagenen und heimlich Ermordeten.<br />
<br />
Die Stunde der Abrechnung ist gekommen! Sagt euch los von den Brandstiftern und Tyrannen. Fallt den Kriegstreibern in die Arme. Bekennt euch zu unserem Volke und zu Deutschland. Verbrüdert euch mit denen, die wie wir für die Freiheit kämpfen.}}<br />
<br />
Innerhalb Deutschlands versuchten vor allem SPD- und KPD-Anhänger im Untergrund gegen den Krieg zu arbeiten. Aktive Kriegsdienstverweigerer gab es bei den [[Zeugen Jehovas]] und einigen [[Religiöser Sozialismus|Religiösen Sozialisten]] wie [[Günther Dehn]] und [[Georg Fritze]]. Die [[Bekennende Kirche]] trug Deutschlands Angriffskrieg ebenso mit wie das deutsche katholische Episkopat. Nur sehr wenige evangelische oder katholische Christen wie [[Hermann Stöhr]] und [[Max Josef Metzger]] verweigerten in dieser Lage den Kriegsdienst und wurden deshalb hingerichtet.<br />
<br />
== Nachkriegszeit ==<br />
Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] führte der [[Kalter Krieg|Kalte Krieg]] zwischen den Supermächten USA und Sowjetunion zur Teilung Europas in feindliche Blöcke. Diese Konstellation bestimmte für lange Zeit alle Anläufe zu Abrüstung, Entmilitarisierung und friedlicher Konfliktlösung und begrenzte ihren Aktionsradius, besonders im geteilten Deutschland. Gleichwohl kam es in einigen Staaten Westeuropas aus verschiedenen Anlässen immer wieder zu Massenprotesten, an denen herkömmliche Friedensinitiativen sich beteiligten und in denen neue Friedensinitiativen entstanden.<br />
<br />
=== Westdeutsche „Ohne mich“-Bewegung ===<br />
In den ersten Nachkriegsjahren war die Haltung der Deutschen und der meisten Parteien von der Parole ''Nie wieder Krieg'' bestimmt. Dies wirkte sich so aus, dass die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen als Grundrecht im [[Grundgesetz]] verankert wurde, nicht aber die Landesverteidigung.<br />
<br />
Infolge der Gründung der [[NATO]] 1949 trieb Bundeskanzler [[Konrad Adenauer]] und seine Partei, die [[Christlich Demokratische Union|CDU]], die wirtschaftliche, politische und militärische Integration der [[Westdeutschland|Bundesrepublik]] in das Westbündnis voran. 1950 wurden seine Pläne zu einem westdeutschen „Wehrbeitrag“ bekannt. Daraufhin kam es zu einer heftigen Debatte um die [[Wiederbewaffnung]].<br />
<br />
In diesem Kontext regten sich auch außerparlamentarische Proteste ([[Ohne mich-Bewegung]]), getragen von [[Gewerkschaft]]en, Intellektuellen, christlichen Gruppen und Frauengruppen (insbesondere der [[Westdeutsche Frauenfriedensbewegung|Westdeutschen Frauenfriedensbewegung]]). Beteiligt war auch die westdeutsche [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]], die 1956 verboten wurde. Der Rat der [[EKD]], der die Wiederbewaffnung 1950 abgelehnt hatte, erklärte 1951 seine Ratlosigkeit gegenüber der politischen Entwicklung (''Ohnmachtsformel'').<br />
<br />
Wegen Adenauers heimlichen Angebotes eines Wehrbeitrags an die USA ohne Absprache im Kabinett trat der damalige Innenminister [[Gustav Heinemann]] zurück, verließ 1952 die CDU und gründete die [[Gesamtdeutsche Volkspartei]], um die Opposition gegen die Wiederbewaffnung parlamentarisch wirksam werden zu lassen. Die GVP erreichte jedoch nur geringe Wähleranteile.<br />
<br />
=== Christliche Friedenskonferenz ===<br />
Die [[Christliche Friedenskonferenz]] (CFK) war eine internationale Organisation mit einem Status als [[Nichtregierungsorganisation]] (NGO) beim [[Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen]] ECOSOC.<br />
<br />
Mitglieder waren [[Kirche (Organisation)|Kirchen]] aus den [[Realsozialistische Staaten|sozialistischen Staaten]] sowie [[Kirchengemeinde]]n und Einzelpersonen auch aus anderen Ländern. Angesichts ihrer Initiierung mit Hilfe sozialistischer Staaten, die Christen ansonsten [[Christenverfolgung#Ostblockstaaten|diskriminierten und verfolgten]], und angesichts der unübersehbaren Nähe zum [[Marxismus]] gilt die Christliche Friedenskonferenz mitunter in der Forschung als „kommunistische Tarnorganisation“.<ref name="Vollnhals116">[[Clemens Vollnhals]], 1996: ''Die Kirchenpolitik von SED und Staatssicherheit: eine Zwischenbilanz'', Band 7 von Analysen und Dokumente, Ch. Links Verlag, ISBN 3-86153-122-4, S. 116 ({{Google Buch |BuchID=7i5Ac0Taty4C |Seite=116}}).</ref><ref>[[Heinrich August Winkler]]: FAZ, 5. Dezember 1991</ref><ref>Holger Kremser (1993): Der Rechtsstatus der evangelischen Kirchen in der DDR und die neue Einheit der EKD. J.C.B. Mohr, Tübingen. S. 157 ({{Google Buch|BuchID=zhSBYsZ_4oEC|Seite=157}}).</ref><ref>{{Der Spiegel|ID=13491423|Titel=Den Heiner nimmt uns keiner|Autor=|Jahr=1991|Nr=50|Seiten=|Kommentar=}}</ref><ref name="welt-10980281">{{Internetquelle | url=http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article10980281/Das-Geheimnis-des-CDU-Chronisten.html | titel=Das Geheimnis des CDU-Chronisten | autor=Dirk Banse, Uwe Müller | werk=[[Die_Welt#Online-Ausgabe|welt.de]] | datum=2010-11-17 |zugriff=2018-10-7}}</ref><br />
<br />
=== Konziliarer Prozess ===<br />
Auf der VI. Vollversammlung des [[Ökumenischer Rat der Kirchen|Ökumenischen Rates der Kirchen]] (ÖRK) in [[Vancouver]] (Kanada) 1983 wurde beschlossen, sich unter der Bezeichnung [[Konziliarer Prozess]] auf den gemeinsamen Lernweg zu [[Gerechtigkeit]], Frieden und [[Bewahrung der Schöpfung]] zu begeben. Anlass war die zunehmende Stationierung von Massenvernichtungswaffen, die als Verbrechen gegen die Menschheit bezeichnet wurde. Um mehr bewirken zu können, wollten die christlichen Kirchen gemeinsam und verstärkt für Frieden eintreten.<ref>[[Ulrich Duchrow]] / [[Gerhard Liedke]]: Schalom. Der Schöpfung Befreiung, den Menschen Gerechtigkeit, den Völkern Frieden. Eine Arbeitshilfe zum konziliaren Prozeß, Stuttgart 1987</ref><br />
<br />
=== Pax Christi ===<br />
[[Pax Christi]] ist die internationale [[Katholizismus|katholische]] [[Organisation]] der Friedensbewegung, die zum Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] in Frankreich entstanden ist. In der [[Katholische Kirche|katholischen Kirche]] Deutschlands kam die Debatte um den genauen Inhalt des katholischen Pazifismus nur sehr mühsam in Gang, der in der 1963 von Papst [[Johannes XXIII.]] veröffentlichten Enzyklika [[Pacem in terris (Enzyklika)|Pacem in terris]]<ref>Bundesverband der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Deutschlands (Hrsg.): ''Texte zur katholischen Soziallehre''. 4. Aufl., Kevelaer 1977, S. 271–320</ref> und in dem Konzilsdokument [[Gaudium et Spes]] von 1965<ref>[[Karl Rahner]], [[Herbert Vorgrimler]]: ''Kleines Konzilskompendium''. 4. Aufl., Freiburg i.Br. 1968, S. 449–552</ref> die völlige Abschaffung des Krieges zum verbindlichen Ziel erklärt hatte. Während der Nachrüstungsdebatte um den [[NATO-Doppelbeschluss]] (1979–1984) positionierte sich Pax Christi eindeutig auf Seiten der politischen Friedensbewegung.<br />
<br />
=== Bewegung gegen Atomwaffen ===<br />
==== Großbritannien ====<br />
1955 und 1956 nahmen die Atomtests der Großmächte stark zu und bewirkten eine verstärkte Sorge über radioaktive Gefährdung in der britischen Bevölkerung. Die Bewegung zur nuklearen Abrüstung der 50er und 60er Jahre in Großbritannien war in der Folge eine der größten außerparlamentarischen Bewegungen in der modernen Geschichte des Landes. Eine zentrale Wurzel der ''Nuclear Disarmament Movement'' war radikaler Pazifismus und zu einem geringeren Teil die außerparlamentarische Linke.<ref>Richard K. S. Taylor: ''Against the Bomb'', S. 5</ref><br />
<br />
Der erste Anstoß zur Bewegung kam allerdings 1957 mit dem Hydrogen Bomb Campaign Committee von Seite der parlamentarischen Labour-Partei. Im Jahre 1957 entstanden auch viele andere kleinere Protestbewegungen gegen Atomwaffen und Atomwaffentests außerhalb von Labour. Das Direct Action Committee hatte seine Wurzeln hauptsächlich im Pazifismus. Es organisierte auch den ersten der sogenannten Aldermaston-Märsche 1958. Das ''National Council for the Abolition of Nuclear Weapons Tests'' war dann der Vorgänger des CND.<ref>Richard K. S. Taylor: ''Against the Bomb'', S. 5&nbsp;f.</ref><br />
<br />
==== Deutschland ====<br />
Am 12. April 1957 widersprach die [[Göttinger Erklärung]] von 18 anerkannten westdeutschen Atomwissenschaftlern (darunter die Nobelpreisträger [[Max Born]], [[Otto Hahn]] und [[Werner Heisenberg]]) den bekanntgewordenen Regierungsplänen für [[Atomwaffen in Deutschland]] und die [[Bundeswehr]] mit Atomwaffen auszurüsten bzw. diese im Rahmen der NATO auf deutschem Boden aufzustellen.<ref>[http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/83/aufstand_der_atomforscher.html spiegel.de vom 10. April 2007] [[Franz Walter (Politikwissenschaftler)|Franz Walter]]: ''Aufstand der Atomforscher''</ref> 1958 kam es auf Initiative von SPD, DGB und kirchlichen Gruppen zur Gründung des Ausschusses [[Kampf dem Atomtod]]. Dieser organisierte eine Reihe von Massendemonstrationen gegen die atomare Bewaffnung.<br />
<br />
1959 löste sich diese Opposition auf, nachdem SPD und DGB eine Volksbefragung ablehnten und die NATO zwar der Bundeswehr eigene Atomwaffen verweigerte, aber nicht deren Aufstellung unter der Schlüsselgewalt der USA.<br />
<br />
Als Kontinuitätslinie zu diesem Massenprotest etablierten sich ab 1960 die jährlichen [[Ostermarsch|Ostermärsche]] in Westdeutschland. Später kam die ''Kampagne für Demokratie und Abrüstung'' hinzu. Die Göttinger Wissenschaftler um [[Carl Friedrich von Weizsäcker]] schufen mit der Zeitschrift ''Atomzeitalter'' ein Forum, das die Kritik an der Einbeziehung von Atomwaffen in die westliche und östliche Militär- und Sicherheitspolitik aufrechterhielt und die Basis für eine unabhängige [[Friedensforschung]] in Deutschland legte.<br />
<br />
== Opposition gegen den Vietnamkrieg ==<br />
{{Hauptartikel|Vietnamkrieg#Politische Wirkungen|titel1=„Politische Wirkungen“ im Artikel Vietnamkrieg}}<br />
<br />
=== Vereinigte Staaten ===<br />
Seit dem Eintritt der USA in den [[Vietnamkrieg]] 1963 begannen dort und in Westeuropa Proteste dagegen, die sich besonders seit den Bombardierungen Nordvietnams 1965 verstärkten. Diese Proteste wurden ein Hauptanliegen der [[Studentenbewegung]]en in den USA und Westeuropa. Damit gewann eine Antikriegsbewegung erstmals seit 1945 eine größere gesellschaftliche und internationale Relevanz.<br />
<br />
In den USA fielen Kriegsopposition, Hippie- und Bürgerrechtsbewegung zeitlich und zum Teil soziologisch zusammen. Viele Vietnamkriegsgegner deuteten das Engagement der USA in Indochina als imperialistischen Angriffskrieg und sahen die Militäraktionen der nordvietnamesischen [[Nationale Front für die Befreiung Südvietnams|FNL]] wie auch anderer Befreiungsbewegungen in Ländern der sogenannten ''[[Dritte Welt|Dritten Welt]]'' als legitime Notwehr an; manche unterstützten solche Gruppen materiell.<br />
<br />
Eine wichtige Rolle für die Verbreitung dieser Kriegsopposition spielten die unzensierten Fernsehberichte, die weltweit realistische Bilder der Kriegsgräuel und Leiden der Zivilbevölkerung Vietnams zeigten. Auch das Bekanntwerden von fingiertem Kriegsanlass ([[Tonkin-Zwischenfall]]), des Einsatzes völkerrechtswidriger Kampfmittel (z.&nbsp;B. [[Agent Orange]], [[Napalm]], Entlaubung), von Kriegsverbrechen wie dem [[Massaker von Mỹ Lai|Massaker von My Lai]] trugen zur Ablehnung dieses Krieges bei. Die verlustreiche [[Tet-Offensive]] der NFL von 1968 bewirkte einen Meinungsumschwung in den USA: Eine Bevölkerungsmehrheit betrachtete das militärische Engagement der USA nun als aussichtslos, die oft wiederholten Versprechen eines baldigen Sieges als unglaubwürdig, und verlangte die baldige Einstellung der Kriegshandlungen.<ref>Marc Frey: ''Geschichte des Vietnamkriegs.'' München 2006, S. 167–172; Ingrid Gilcher-Holtey: ''Die 68er Bewegung: Deutschland, Westeuropa, USA.'' Beck, 4. Auflage, München 2008, ISBN 3-406-47983-9, [https://books.google.de/books?id=Ok4rLVf389EC&pg=PA73 S. 73]</ref> <br />
<br />
Dabei waren sich die Kriegsgegner in den USA nicht einig über Art und Ziele ihrer Protestaktionen. Liberale Aktivisten wollten nur den Abzug der Bodentruppen erreichen und hielten radikale Antikriegsaktionen dazu für hinderlich, da sie die Bevölkerungsmehrheit eher abstoßen würden.<ref>Simon Hall: ''Peace and Freedom – The Civil Rights and Antiwar Movements in the 1960s.'' 2006, S. 158</ref> Die zunehmende Ablehnung des Vietnamkriegs in den USA, die [[Kriegsmüdigkeit]] der kämpfenden US-Soldaten, militärische Erfolge des Vietcong und die Wahl des Nachfolgers von [[Präsident der Vereinigten Staaten|US-Präsident]] [[Lyndon B. Johnson]] trugen dazu bei, dass sich die USA bis 1974 aus Vietnam zurückzogen. Bis dahin waren etwa 50.000 Kriegsdienstverweigerer in das Nachbarland [[Kanada]] geflohen. Die Wehrpflicht wurde in den USA nach den Erfahrungen mit den Vietnam-Protesten abgeschafft.<br />
<br />
=== Bundesrepublik Deutschland ===<br />
Hier bildete die Opposition gegen den Vietnamkrieg ein Hauptanliegen der [[Außerparlamentarische Opposition|APO]]. So führte der [[Sozialistischer Deutscher Studentenbund|Sozialistische Deutsche Studentenbund]] (SDS) unter der Leitung von [[Rudi Dutschke]] im Februar 1968 einen großen Vietnamkongress in [[West-Berlin]] durch, der mit der bis dahin größten Demonstration gegen diesen Krieg abgeschlossen wurde.<br />
<br />
Im Zusammenhang dieser Opposition nahm die [[Kriegsdienstverweigerung in Deutschland|Kriegsdienstverweigerung in Westdeutschland]] enorm zu. 1968 verweigerten etwa 12.000 (1967: 6.000) Wehrpflichtige die Bundeswehrausbildung, darunter viermal so viele Soldaten wie 1967, und bis 1972 verdreifachte sich die Gesamtzahl nochmals. Zugleich wurden viele Anträge von Verweigerern nicht mehr prinzipiell pazifistisch, sondern situationsbedingt und politisch begründet. Manche verweigerten zudem Befolgung von Befehlen, verbrannten öffentlich ihre Wehrpässe und Uniformen.<br />
<br />
Infolge dieser Entwicklung kam es zu Überlegungen einer Reform des bisherigen KDV-Anerkennungsverfahrens bei SPD und FDP. Auch die politische Bildung von Soldaten sollte verbessert werden.<br />
<br />
== Neue Friedensbewegung ==<br />
Mit der Entwicklung neuer Waffenarten, besonders aber seit der Vereisung der Beziehungen zwischen den Supermächten infolge des [[NATO-Doppelbeschluss]]es am 12. Dezember 1979 und des [[Sowjetisch-Afghanischer Krieg|Einmarsches der Sowjetunion in Afghanistan]] am 25. Dezember 1979 entstand eine neue, breitere und vielschichtigere Friedensbewegung in Westeuropa und Nordamerika, die auch in den Ostblock ausstrahlte.<br />
<br />
=== Gegen die Neutronenbombe in den USA ===<br />
Ab 1977 löste die Entwicklung der [[Kernwaffe#Neutronenbomben|Neutronenbombe]] in den [[Vereinigte Staaten|USA]] einen weltweiten Aufschwung der Friedensbewegung aus. Viele Menschen empfanden deren angebliche Fähigkeit, Leben zu vernichten, aber Bauten und Material zu schonen, als „Perversion menschlichen Denkens“ ([[Egon Bahr]]). Als typische Protestform gegen diese Bombe entwickelte sich in den USA und in Australien das [[Die-in]], bei dem sich die Demonstranten auf ein Signal plötzlich wie tot auf die Erde legten.<br />
<br />
=== Gegen den Nato-Doppelbeschluss ===<br />
[[Datei:DemonstrationRaketenStationierung1982.jpg|mini|Demonstranten verbrennen die Flagge der USA vor einem US-Militärstützpunkt in Deutschland, Dezember 1982]]<br />
<br />
Von 1979 bis 1983 gab es starke Proteste gegen den [[NATO-Doppelbeschluss]] und die atomare Hochrüstung in Westeuropa und den USA. Der Doppelbeschluss sah die Stationierung der atomar bestückten US-amerikanischen Mittelstreckenraketen [[Pershing II]] und Marschflugkörper [[BGM-109 Tomahawk|BGM-109G Cruise Missile]] in fünf NATO-Staaten Westeuropas als Antwort auf die Stationierung der neuen sowjetischen [[RSD-10|SS 20]]-Raketen vor.<ref>Lothar Schröter: ''Die NATO im Kalten Krieg. Die Geschichte des Nordatlantikpaktes bis zur Auflösung des Warschauer Vertrages – eine Chronik'', Bd. 2: ''1976–1991''. Homilius, Berlin 2009, ISBN 978-3-89706-915-2, S. 755.</ref> Die Friedensbewegung kritisierte, dass die amerikanischen Mittelstreckenwaffen in der Lage waren, die sowjetische Hauptstadt fast ohne Vorwarnzeit zu treffen. Viele verwiesen auf den in den USA öffentlich diskutierten Plan von [[Pentagon]]-Strategen wie [[Colin S. Gray]], die sowjetischen Kommandozentralen bei einem Atomkrieg durch einen Überraschungsangriff zu zerstören und sowjetische Vergeltungsschläge so weitgehend auf Europa zu begrenzen.<ref>Colin S. Gray, Keith Payne: ''Victory is possible.'' In: Foreign Policy, Washington, Nr. 39/ 1980. Übersetzt und zitiert bei Günter Neuberger: ''Der Plan Euroshima; aus Reden und Schriften von Ronald Reagan, Alexander Haig, Caspar Weinberger und anderen.'' Pahl-Rugenstein, Köln 1982, ISBN 3760906885, S. 24</ref> Über vier Millionen Menschen unterzeichneten 1980–1983, mitten im [[Kalter Krieg|Kalten Krieg]]<ref>Karl-Wilhelm Gellissen: {{Webarchiv|text=Der Krefelder Appell |url=http://www.heimat-krefeld.de/website/dieheimat/2006/77_2006_gesamt/161-164.pdf |wayback=20121120182453 |archiv-bot=2018-04-10 22:45:49 InternetArchiveBot }}, in: ''Die Heimat'' Band 77 / 2006, S. 161. Umfassende bebilderte Dokumentation (PDF-Datei; 235 kB), abgerufen am 28. Dezember 2016.</ref>, den [[Krefelder Appell]] gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstrecken-Atomwaffen in Europa. 1983 verkündete US-Präsident [[Ronald Reagan]] seine [[Strategic Defense Initiative]] (SDI), die darauf hinauslief, das Territorium der USA mit Hilfe von Anti-Raketen-Raketen und weltraumgestützten Laserwaffen unverwundbar zu machen. <br />
Umstritten war der Nachrüstungsbeschluss auch in den Gewerkschaften des [[DGB]], deren Mitglieder und Jugendorganisationen teilweise mit der Friedensbewegung sympathisierten. Während der [[IG-Metall]] Vorsitzende [[Eugen Loderer]] die Nachrüstung befürwortete, verlangten andere Stimmen in der IGM Abrüstung und die Umstellung der deutschen Rüstungsbestriebe auf zivile Produktion.<ref>Vgl. Ulf Teichmann: ''Neue soziale Bewegung im Stahlwerk? Proteste für Frieden und Arbeit im Ruhrgebiet (1981-1984)'', in: [[Arbeit - Bewegung - Geschichte]], Heft III/2018, S. 91–108; sowie Jan Hansen: ''Schaffen Raketen Arbeitsplätze? Der Streit um die Nachrüstung und die Rüstungskonversion in den Gewerkschaften (um 1979 bis 1983)'', in: [[Arbeit – Bewegung – Geschichte]], Heft II/2016.</ref> Die dahingehenden Friedensaktivitäten der [[Deutsche Kommunistische Partei|DKP]] und ihrer Unterorganisationen standen im Einklang mit dem „Friedenskampf“ der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] und wurden vom dortigen [[Friedensrat der DDR|Friedensrat]] angeleitet. Dieser unterstand der Abteilung Auslandsinformation im [[Zentralkomitee der SED]].<ref>[http://martin-ebner.net/topics/culture/friedensbewegung/ Ferngesteuerte Friedensbewegung?] Artikel zum Forschungsprojekt „Plan und Realität: Die westdeutsche Friedensbewegung im politischen Kalkül der SED-Führung“ an der FU Berlin, abgerufen am 28. November 2014</ref><br />
<br />
[[Datei:Friedenstaube weiss blau kreis.svg|links|mini|Friedenstaube: Zeichen vieler Friedensdemonstrationen der Jahre 1980–1984]]<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1982-0529-012, Schwerin, Pfingsttreffen der Jugend.jpg|mini|Friedensdemonstration beim [[Freie Deutsche Jugend#Pfingsttreffen und sonstige Großtreffen|Pfingsttreffen der Jugend]] in [[Schwerin]] im Mai 1982]]<br />
<br />
Eine der ersten großen Friedensdemonstrationen fand anlässlich des [[Deutscher Evangelischer Kirchentag 1981|Deutschen Evangelischen Kirchentages im Juni 1981 in Hamburg]] statt. Am [[Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1981|10. Oktober 1981]] demonstrierten im Bonner Hofgarten mehr als 300.000 Menschen friedlich gegen Atomwaffen; am 25. Oktober 1981 demonstrierten 200.000 Menschen in Brüssel, am 21. November 400.000 Menschen in [[Friedensdemonstration in Amsterdam 1981|Amsterdam]]. In Bonn und Berlin fanden 1982 anlässlich eines [[Deutschlandbesuch des US-Präsidenten 1982|Staatsbesuches von US-Präsident Ronald Reagan]] große Friedensdemonstrationen statt, am [[Friedensdemonstration in Bonn 1982|10. Juni auf den Bonner Rheinwiesen]] mit ca. 500.000 und am 11. Juni in Berlin mit ca. 50.000 Menschen. Auch die [[Ostermarsch|Ostermärsche]] mobilisierten 1981–1984 regelmäßig Hunderttausende in zahlreichen Städten und Regionen Westdeutschlands. Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT) 1983 in Hannover waren es wieder Hunderttausende, und am 22. Oktober 1983 demonstrierten in [[Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1983|Bonn]], Berlin, Hamburg sowie zwischen Stuttgart und Ulm insgesamt 1,3 Millionen Menschen. Zwischen Stuttgart und Ulm entstand eine [[Menschenkette von Stuttgart nach Neu-Ulm|durchgehende Menschenkette]]. Weitere Großdemonstrationen folgten in Brüssel (am 23. Oktober 1983, mit 400.000 Menschen) und in Den Haag (am 29. Oktober 1983, mit 550.000 Menschen). Auf den Demonstrationen sprachen u.&nbsp;a. [[Gert Bastian]], [[Joseph Beuys]], [[Heinrich Böll]], [[Willy Brandt]], [[Helmut Gollwitzer]], [[Günter Grass]], [[Petra Kelly]], [[Oskar Lafontaine]], [[Martin Niemöller]], [[Horst-Eberhard Richter]] und [[Dorothee Sölle]]. Die [[Bots]], [[Franz Josef Degenhardt]], [[Maria Farantouri]], [[Hanns Dieter Hüsch]], [[Fasia Jansen]], [[Hannes Wader]], [[Bettina Wegner]] und andere Musiker und Liedermacher beteiligten sich mit eigenen Liedern an den Kundgebungen. Zu den Organisatoren gehörten Bastian, Kelly, [[Jo Leinen]], [[Gunnar Matthiessen]], [[Eva Quistorp]], [[Josef Weber (Friedensaktivist)|Josef Weber]] und [[Andreas Zumach]].<br />
<br />
Man entwickelte vielfältige gewaltfreie Aktionen, die auch Rückhalt in der Bevölkerung fanden, zum Beispiel [[Sitzblockade]]n vor Atomstandorten und Raketenabwehrstellungen, „Rüstungssteuerverweigerung“, Kampagnen gegen Rüstungsexporte, „[[Fasten]] für den Frieden“, [[Menschenkette]]n.<br />
<br />
[[Datei:LebenLaute.jpg|mini|„Konzertblockade“ der Gruppe ''Lebenslaute'']]<br />
[[Datei:Mahnwachen für den Frieden in Bremen.JPG|mini|Seit 1982 jeden Donnerstag Mahnwache für den Frieden in Bremen]]<br />
<br />
Bekannt wurden zum Beispiel die Proteste und gewaltfreien [[Sitzblockade]]n des Pershing-II-Depots auf der [[Mutlanger Heide]]. In dem kleinen Ort mit etwa 5500 Einwohnern auf der Schwäbischen Alb gab es jahrelang Friedensaktionen. Eine Gruppe von Aktivisten wollte [[Mutlangen]] erst wieder verlassen, wenn die Pershing-II-Atomwaffen entfernt seien; sie lebten in der ''Pressehütte Mutlangen''<ref>[http://www.pressehuette.de/ Pressehütte Mutlangen]</ref>, die Anwohner zur Verfügung stellten. Bekannt wurden auch die „Seniorenblockade“ (600 ältere Menschen blockierten mehrere Tage lang die Basis), die „Konzertblockade der Lebenslaute“<ref>[http://www.lebenslaute.de/ Konzertblockade der Lebenslaute]</ref> (ein ganzes Sinfonieorchester blockierte musizierend die Tore zum Raketenstandort) und die „Richterblockade“ (etwa 20 Richter entschlossen sich, das Widerstandsrecht nach dem [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]]-[[Artikel 20 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland|Artikel 20]] über den §&nbsp;240 des [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|Strafgesetzbuches]] ([[Nötigung (Deutschland)|Nötigung]]) zu stellen). Am 22. November 1983 versuchten mehrere zehntausend Menschen, unter Verstoß gegen die [[Bannmeile]] den deutschen Bundestag in Bonn zu blockieren. Gleichwohl stimmte der Bundestag gegen zahlreiche Stimmen aus der SPD und die Stimmen der Grünen der Raketenstationierung zu.<br />
<br />
Im [[Hunsrück]] auf der [[Pydna (Raketenbasis)|Pydna]] wurden 1986 – von US-Streitkräften gesichert – 96 abschussbereite [[Cruise Missile]]s mit [[Atomsprengkopf|Atomsprengköpfen]] stationiert. Der Protest der Bevölkerung gipfelte am 11. Oktober 1986 in der größten Demonstration im Hunsrück. Rund 200.000 Menschen, an deren Spitze der Friedensaktivist und evangelische Pfarrer [[August Dahl]], protestierten friedlich gegen die Stationierung der Marschflugkörper. Von 1983 bis 1993 fanden in Reckershausen [[Frauenwiderstandscamp]]s gegen die Stationierung sowie gegen die Verknüpfung von Militarismus und Sexismus statt. Von diesen Camps, zu denen aus dem gesamten Bundesgebiet, aber auch aus anderen Ländern Frauen mobilisiert wurden, gingen vielfältige feministische Protestaktionen aus.<br />
<br />
Grundsätzlich richteten sich Proteste gegen die atomare Aufrüstung insgesamt, wenn auch in geringerem Maße gegen die der [[Sowjetunion|UdSSR]] und des Ostblocks als die im eigenen Land. Die meisten Anhänger der Friedensbewegung waren der Auffassung, dass jedes Volk sich vor allem um die Abrüstung im eigenen Land kümmern müsse. Thorsten Bonacker vom Zentrum für Konfliktforschung der [[Philipps-Universität Marburg|Universität Marburg]] stellte fest, die Friedensbewegung habe ihre politischen Forderungen immer vor allem an die westliche Seite gerichtet.<ref>[http://www.handelsblatt.com/panorama/aus-aller-welt/friedensbewegung-mehrere-tausend-teilnehmer-bei-ostermaerschen/9783092.html ''Friedensbewegung | Mehrere tausend Teilnehmer bei Ostermärschen''], in ''[[Handelsblatt]]'' vom 19. April 2014</ref><br />
<br />
Die Friedensbewegung führte unter anderem 1980 zur Gründung der Partei der [[Bündnis 90/Die Grünen|Grünen]]. 1981 gründete der ehemalige General [[Gert Bastian]] die Gruppe [[Generale für den Frieden]]. Einige der Mitglieder standen, wie sich später herausstellte, unter dem Einfluss des [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]] der DDR. Im Juni 1984 gründete sich die [[Friedensliste]], die im selben Jahr zu den [[Europawahl]]en und 1987 zu den Bundestagswahlen antrat, allerdings konnte sie keine Mandate erringen.<br />
<br />
{| class="wikitable sortable"<br />
|+Auflistung einiger ausgewählter herausragender Demonstrationen und Aktionen gegen die Nachrüstung in der Bundesrepublik Deutschland<br />
! Datum<br />
! Ort<br />
! Geschätzte Teilnehmerzahl<br />
! Anlass, Veranstaltung, Motto<br />
|- valign="top"<br />
| 20. Juni 1981<br />
| [[Hamburg]]<br />
| 120.000<br />
|[[Deutscher Evangelischer Kirchentag 1981|19. Evangelischer Kirchentag]]. „Fürchtet Euch, der Atomtod bedroht uns alle.“ Für eine [[Atomwaffenfreie Zone]] in Europa und gegen die Nachrüstung.<br />
|- valign="top"<br />
| 10. Oktober 1981<br />
| Bonn<br />
| 350.000<br />
| Staatsbesuch Ronald Reagans. [[Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1981]]: „Aufstehen! Für den Frieden“<br />
|- valign="top"<br />
| 21. November 1981<br />
| Amsterdam<br />
| 400.000<br />
| [[Interkirchlicher Friedensrat]]: „Schafft die Atomwaffen aus der Welt und zwar zuerst in den Niederlanden!“<ref>[[Friso Wielenga]]: ''Die Niederlande: Politik und politische Kultur im 20. Jahrhundert.'' Waxmann, 2008, ISBN 3-8309-1844-5, [http://books.google.de/books?id=GEqKAwAAQBAJ&pg=PA364 S. 364 f.]</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 15. Mai 1982<br />
| Wien<br />
| 70.000<br />
| Friedensmarsch von 260 Organisationen; „Entrüstet euch!“<ref>Manfried Rauchensteiner, Thomas Desch: ''Überlegungen zum Frieden.'' Deuticke, 1987, ISBN 3-7005-4578-9, S. 367</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 10. Juni 1982<br />
| Bonn<br />
| 500.000<br />
| [[Friedensdemonstration in Bonn 1982]]<br />
|- valign="top"<br />
| 12. Juni 1982<br />
| New York City<br />
| 1 Million<br />
| [[Nuclear Weapons Freeze Campaign]]: ''No Nukes Rally'' (bis dahin größte Demonstration in den USA)<ref>Detlev Preuße: ''Umbruch von unten: Die Selbstbefreiung Mittel- und Osteuropas und das Ende der Sowjetunion.'' Springer VS, 2014, ISBN 978-3-658-04971-3, [http://books.google.de/books?id=urckBAAAQBAJ&pg=PA220 S. 220.]</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 1. bis 8. August 1982<br />
| [[Engstingen#Haid|Engstingen-Haid]]<br />
| 700, aufgeteilt in 60 [[Affinity Group|Bezugsgruppen]]<br />
| Sitzblockade am [[Sondermunitionslager Golf]]. Erste Blockade eines Atomwaffenlagers in der Bundesrepublik.<ref>[http://www.friedenspaedagogik.de/themen/friedensbewegung/25_jahre_nach_der_demonstration_in_grossengstingen/fotos_der_aktion_in_grossengstingen/700_menschen_und_60_bezugsgruppen ''700 Menschen und 60 Bezugsgruppen''], Berghof Foundation</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 11. September 1982<br />
| Bochum<br />
| 200.000<br />
| [[Künstler für den Frieden]]<br />
|- valign="top"<br />
| 1. bis 3. September 1983<br />
| [[Mutlanger Heide]]<br />
| 1000<br />
| „[[Prominentenblockade]]“ zum [[Antikriegstag]] vor einem der drei Stationierungsorte der Pershing II.<ref>Udo Leuschner: [http://www.udo-leuschner.de/nachruestung/830901.htm ''Bildauswahl – Der Kampf gegen die „Nachrüstung“'']</ref> Auftakt zur Kampagne „[[Ziviler Ungehorsam]] bis zur Abrüstung“<ref>[http://www.pressehuette.de/buch.php?ID=5 Dokumentation der Kampagne ''Ziviler Ungehorsam bis zur Abrüstung.''] Pressehuette.de</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 22. Oktober 1983<br />
| bundes- und europaweit <br />
| D: 1,3 Millionen<ref>Gunilla Budde, Eckart Conze, [[Cornelia Rauh]]: ''Bürgertum nach dem bürgerlichen Zeitalter: Leitbilder und Praxis seit 1945.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-36850-3, [http://books.google.de/books?id=6rZNtOEwX0EC&pg=PA141 S. 141.]</ref><br />
| Aktionstag gegen die Nachrüstung im „[[Heißer Herbst|Heißen Herbst]]“, darunter die [[Menschenkette von Stuttgart nach Neu-Ulm]]<ref>[http://www.friedenskooperative.de/netzwerk/histo000.htm ''Vor 30 Jahren: Größte Friedensdemos der bundesdeutschen Geschichte''], Netzwerk Friedenskooperative, 22. Oktober 2013</ref> sowie die dritte große [[Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1983|Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten]]<br />
|- valign="top"<br />
| 29. Oktober 1983<br />
| Westeuropa<br />
| Den Haag: 550.000; Lissabon: 200.000; Kopenhagen: 100.000; Wien: 70.000; weitere Städte: 100.000<ref>Michael Ploetz, Hans-Peter Müller (Hrsg.): ''Ferngelenkte Friedensbewegung?'' Münster 2004, S. 342</ref> <br />
|}<br />
<br />
=== {{Anker|DDR}} In der DDR ===<br />
[[Datei:Schwerter Zu Pflugscharen.svg|links|mini|hochkant|Der Aufnäher [[Schwerter zu Pflugscharen]] als Symbol der unabhängigen DDR-Friedensbewegung]]<br />
Die in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] Staat und Gesellschaft beherrschende [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands]] (SED) verstand ihre Politik grundsätzlich als Friedenspolitik. Die Instrumente der parteigesteuerten Friedensbewegung waren der [[Friedensrat der DDR]], die [[Berliner Konferenz Europäischer Katholiken]] und die [[Christliche Friedenskonferenz]]. Bei offiziellen Demonstrationen und Kundgebung wurden hauptsachlich die USA und die NATO kritisiert.<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1984-0909-406, Berlin, OdF-Kundgebung.jpg|mini|[[Opfer des Faschismus|OdF]]-Kundgebung auf dem Bebelplatz in Ost-Berlin mit Friedenslosungen, 1984]]<br />
Seit Anfang der 1960er Jahre entwickelte sich im Umfeld der evangelischen Kirche eine eigenständige, pazifistisch orientierte [[Christen und Kirchen in der DDR#Friedensbewegung und Wende|Friedensbewegung]]. Es kursierten Diskussionspapiere zur Kriegsdienstverweigerung und über Methoden der gewaltfreien Verteidigung, die schließlich Anfang der 1980er Jahre eine nicht staatlich kontrollierte Friedensbewegung inspirierten („[[Schwerter zu Pflugscharen]]“).<br />Nicht zuletzt die Niederschlagung des [[Prager Frühling]]s im August 1968 gab dieser Bewegung Auftrieb. In ihrer Wendung auch gegen die Aufrüstung des [[Warschauer Pakt]]s bildete sie eine wichtige Keimzelle für eine lose organisierte [[DDR-Opposition|Opposition]] im realsozialistischen Teil Deutschlands. Der meist von Jugendlichen der intellektuellen [[Blueserszene]] getragene [[Aufnäher]] mit dem Symbol der Bronzeplastik vor der [[Vereinte Nationen|UNO]] ''„Schwerter zu Pflugscharen“'' von [[Jewgeni Wutschetitsch]] (einem Geschenk der [[Sowjetunion]] 1959) wurde öffentlich als Ausdruck der Friedenssehnsucht im Zeichen der systemübergreifenden atomaren Aufrüstung (siehe auch [[NATO-Doppelbeschluss]]) getragen. Der Staat reagierte repressiv, weil sich die Kritik auch gegen die eigene Hochrüstung richtete. Viele Jugendliche, die den Aufnäher nicht entfernten, wurden z.&nbsp;B. mit [[Exmatrikulation]]en, Nichtzulassung zum Abitur, Strafversetzung aus Betrieben etc. streng sanktioniert. In den 1980er Jahren waren die [[Friedensdekade]]n jeweils im November ein Kulminationspunkt dieser Bewegung, parallel dazu u.&nbsp;a.&nbsp;die [[Blues-Messe]]n.<br />
<br />
In der DDR fand mit dem [[Olof-Palme-Friedensmarsch]] 1987 die einzige genehmigte Demonstration der Opposition statt. Die seit Anfang der 1980er Jahre in der Leipziger [[Nikolaikirche (Leipzig)|Nikolaikirche]] stattfindenden Friedensgebete wurden 1989 zum Ausgangspunkt der [[Montagsdemonstrationen 1989/1990 in der DDR|Montagsdemonstrationen]] in Leipzig und anderen Orten. Dass die [[Wende in der DDR]] 1989 ohne Todesopfer möglich wurde, wird nicht zuletzt auch auf die Vorarbeit und Kontinuität von Friedensinitiativen, wie der [[Kirche von Unten (DDR)|Kirche von Unten]] oder den Aktivitäten der [[Umwelt-Bibliothek]] in der DDR zurückgeführt.<br />
<br />
== Nach dem Kalten Krieg ==<br />
Das Ende des Blockgegensatzes durch die Auflösung der UdSSR 1990 schuf Handlungsspielräume für friedliche Konfliktlösungen, die etwa zur Beendigung des [[Apartheid]]s-Regimes [[Südafrika]]s führten. Hoffnungen auf weitergehende Abrüstung und eine internationale Anstrengung zur Überwindung des weltweiten Armutsgefälles erfüllten sich nicht. Stattdessen entstanden neue Konflikte, Bedrohungen und Entwicklungen, darunter ethnische Vertreibung und Völkermord-Ansätze auf dem Balkan, Interventionskriege und der erste Kriegseinsatz der Bundeswehr seit ihrer Gründung.<br />
<br />
Darauf zeigten die außerparlamentarischen Friedensinitiativen zum Teil die früheren, im Kalten Krieg erlernten Reaktionsmuster, während andere neue Wege suchten. So waren die Antworten und Alternativen differenzierter und wurden nur punktuell von Massenprotesten getragen.<br />
<br />
=== Frankreich ===<br />
Frankreich hatte seit den 1950er Jahren eine eigene Atomstreitmacht und dazugehörige Rüstungsindustrie aufgebaut. Dort war auch kein Massenprotest gegen Atomtests entstanden wie in Großbritannien. Die [[Parti socialiste (Frankreich)|Sozialistische Partei]] befürwortete anders als andere europäische Linksparteien den Nato-Doppelbeschluss.<br />
<br />
Dennoch entstanden in den 1980er Jahren und danach einige unabhängige Friedensinitiativen: die [[Coordination française pour la Décennie]] pour la culture de la non-violence et de la paix, [[Mouvement pour une alternative non-violente]] (MAN), und die [[Union pacifiste de France]].<br />
<br />
=== Opposition gegen den Zweiten Golfkrieg ===<br />
[[Datei:NoAllaGuerra.jpg|miniatur|Demonstration gegen den [[Zweiter Golfkrieg|Zweiten Golfkrieg]], Venedig 1990]]<br />
<br />
Der [[Zweiter Golfkrieg|Zweite Golfkrieg]] 1990/91 beendete die Hoffnung vieler auf eine „Friedensdividende“, die man sich vom Ende des Ost-West-Konflikts versprochen hatte. Gegen diesen Krieg, den die USA in der [[Vereinte Nationen|UNO]] legitimieren konnten und der das militärische Ziel hatte, die irakischen Besatzungstruppen aus [[Kuwait]] zu vertreiben, protestierten weltweit Millionen Menschen. Allerdings „dämmerte die Einsicht, dass die Protestform der Demonstration an ein vorläufiges Ende gelangt sei und der Weg vom Protestieren zum positiven Frieden (Buro 1997) konsequenter gegangen werden müsse“. So wurde das Thema der Friedensbewegung der 1990er Jahre die Verbindung von Protest gegen militärische und Eintreten für zivile Konfliktbearbeitung.<br />
<br />
Eine große Herausforderung war dabei der [[Jugoslawienkrieg]], der auch innerhalb der Friedensbewegung zu hitzigen Auseinandersetzungen zwischen [[Bellizismus|Bellizisten]] und [[Pazifismus|Pazifisten]] führten. Es gab zwar keine nennenswerten zentralen Großdemonstrationen mehr, aber viele dezentrale Aktivitäten: vielfältige Hilfsmaßnahmen für Kriegsflüchtlinge, Unterstützung einheimischer Kriegsdienstverweigerer, konkrete Versöhnungsprojekte in den Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawiens. Allerdings zeigte der brutale Bosnienkrieg auch eine gewisse Hilflosigkeit der neuen Friedensbewegung. Wie friedensstiftendes Handeln vor, in und nach den „neuen Kriegen“ aussehen kann, musste und muss als neue Herausforderung weiter entwickelt werden. Ansätze hierzu werden unter dem Stichwort [[zivile Konfliktbearbeitung]] beziehungsweise [[ziviler Friedensdienst]] erprobt.<br />
<br />
=== Opposition gegen den Kosovokrieg ===<br />
Der völkerrechtlich sehr umstrittene [[Kosovokrieg|Einsatz der NATO im Kosovo]] beziehungsweise gegen (Rest-)Jugoslawien im Jahr 1999 (als [[humanitäre Intervention]] bezeichnet) löste wieder starke öffentliche Proteste der Friedensbewegung aus.<br />
<br />
=== Globale Bewegung gegen den Irakkrieg 2003 ===<br />
[[Datei:Inaug-protestors.JPG|miniatur|Friedenskundgebung in den USA|rechts]]<br />
[[Datei:J20 antiwar dc.jpg|miniatur|Antikriegsdemonstranten zur zweiten Amtseinführung von George W. Bush am 20. Januar 2005]]<br />
<br />
2003 agierte die Friedensbewegung in vorher nicht dagewesenem Ausmaß global. Auf der ganzen Welt fanden Demonstrationen gegen den diesmal nicht von der UNO legitimierten [[Irakkrieg]] der USA und ihrer Verbündeten statt. Am 15. Februar 2003 demonstrierten weltweit über zehn Millionen Menschen gegen den drohenden Irakkrieg, die meisten davon in Europa. Allein in Berlin gingen etwa 500.000 Menschen auf die Straße.<br />
<br />
Am „Tag X“ des Bombardierungsbeginns demonstrierten erneut weltweit Millionen Menschen dagegen. In vielen deutschen Städten nahmen Schüler während der Schulzeit daran teil.<br />
<br />
Schon Kundgebungen am 20. Januar in [[Washington, D.C.]] anlässlich der Amtseinführung von George W. Bush waren gleichzeitig Friedensdemonstrationen gewesen.<br />
<br />
=== Israelisch-Palästinensischer Konflikt ===<br />
Im [[Israelisch-Palästinensischer Konflikt|Israelisch-Palästinensischen Konflikt]] engagiert sich die Friedensbewegung [[Schalom Achschaw]] in [[Israel]] für Frieden und eine historische Versöhnung mit dem palästinensischen Volk.<br />
<br />
Eine von zahlreichen zivilen Gruppen, die sich für eine [[Zweistaatenlösung]] einsetzen, ist die 2012 gegründete bi-nationale Initiative „Zwei Staaten, eine Heimat“, deren Zielvorschlag ein konföderatives Modell ist.<ref>{{Internetquelle|url=http://2states1homeland.org/en|titel=Two States One Homeland, Together and Separate|datum=2015|zugriff=2017-09-04|sprache=en|kommentar=}}</ref><ref>{{Internetquelle|autor=|url=http://www.rosalux.org.il/dokumentiert-zwei-staaten-eine-heimat/|titel=Dokumentiert: Zwei Staaten, eine Heimat|werk=Rosa-Luxemburg-Stiftung Israel Office|datum=2017-05-04|zugriff=2017-09-04|kommentar=Übersetzung des Gründungsdokuments}}</ref><ref>{{Internetquelle|autor=Inge Günther|url=http://www.fr.de/politik/nahost-konflikt-zwei-staaten-eine-heimat-a-306747|titel=Zwei Staaten, eine Heimat|werk=[[Frankfurter Rundschau]]|datum=2016-09-23|zugriff=2017-09-04}}</ref><br />
Sie wird zum Beispiel vom US-amerikanischen Rabbiner [[Shlomo Riskin]] unterstützt.<ref>{{Internetquelle|autor=Toi Staff|url=http://www.timesofisrael.com/settlers-palestinians-come-together-in-seeking-eu-model-end-to-conflict/|titel=Settlers, Palestinians come together to seek EU-model end to conflict|werk=[[The Times of Israel]]|datum=2016-03-28|zugriff=2017-09-04|sprache=en}}</ref><br />
<br />
== Gegenwart ==<br />
=== Kritik am EU-Verfassungsentwurf ===<br />
2004 und 2005 machte die westeuropäische Friedensbewegung den Entwurf für eine [[EU-Verfassung]], besonders dessen militär- und verteidigungspolitischen Inhalte, zum Hauptthema ihrer Proteste. Kritisiert wurden etwa die Festschreibung möglicher weltweiter EU-Kampfeinsätze, die Ausdehnung des Einsatzspektrums einer europäischen Armee und eine Aufrüstungsverpflichtung für die einzelnen Staaten (Artikel I-41 der EU-Verfassung: ''Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern.'').<br />
<br />
Eine entsprechende Aufklärungskampagne fand in [[Deutschland]] anders als den [[Benelux]]-Ländern und [[Frankreich]] jedoch kaum öffentliches Gehör. Bei nationalen [[Referendum|Volksabstimmungen]] in Frankreich (Mai 2005) und den [[Niederlande]]n (Juni 2005) verbündeten sich die dortigen Friedensbewegungen mit anderen Verfassungsgegnern. Die Ablehnung und Kritik fanden dort jeweils breite Zustimmung.<br />
<br />
=== Proteste gegen öffentliche Gelöbnisse ===<br />
Seit Wiedereinführung öffentlicher Vereidigungen von [[Rekrut]]en der [[Bundeswehr]] (1977) stieß diese Praxis auf regelmäßige Proteste aus der Friedensbewegung und Skepsis in manchen Medien.<ref>Beispiele: Lars Langenau: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,253181,00.html ''Hamburgs öffentliches Gelöbnis: Müde Massen am militärischen Sperrgebiet''], Der Spiegel, 16. Juni 2003; {{Webarchiv | url=http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1096637.html | wayback=20080722102458 | text=''Bundeswehr-Gelöbnis: Pazifisten-Ekstase und preußische Rituale'', Netzeitung 21. Juli 2008}}</ref> (Siehe dazu [[Feierliches Gelöbnis]].)<br />
<br />
=== Einzelkampagnen ===<br />
[[Datei:Bombing-virginity.jpg|mini|Foto eines Demotransparents mit Aufschrift ''Bombing for Peace is like Fucking for Virginity'' (als Verlagswerbung für ein Buch gesehen am 5. Oktober 2013 in Essen)]]<br />
Einzelne Gruppen in der Friedensbewegung konzentrieren sich auf Themen wie die Abschaffung bestimmter Waffengattungen, etwa die ''[[International Physicians for the Prevention of Nuclear War|Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs]]'' oder die ''[[International Campaign to Ban Landmines|Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen]]''. Diese 1992 gegründete Bürgerinitiative erreichte in fünf Jahren ein internationales Abkommen zum Verbot von [[Landmine]]n, das bisher von 40 meist kleineren und von den Folgen solcher Waffen betroffenen Staaten unterzeichnet wurde: die [[Ottawa-Konvention]]. Die von [[Jody Williams]] gegründete Initiative erhielt deshalb 1997 den Friedensnobelpreis.<br />
<br />
Kampagnen gegen [[Streumunition]] verstärken infolge erheblicher Zustimmung in der Weltöffentlichkeit auch den Druck auf andere Staaten – besonders die Hauptrüstungsexporteure USA, Russland und China –, solchen Verbotsverträgen zuzustimmen. Sie begleiten auch die Kritik an Kriegen, in denen diese Waffenarten eingesetzt wurden und werden, z.&nbsp;B. den [[Libanonkrieg 2006]] und den [[Kaukasus-Konflikt 2008]].<br />
<br />
== Kritik ==<br />
=== Appeasement ===<br />
Diese Kritik setzt Pazifismus und [[Appeasement]], das heißt eine nachgiebige, verständigungsbereite Außenpolitik gegenüber kriegsbereiten Diktaturen, miteinander gleich und wirft deren Anhängern vor, diese zu stärken, ihre Beseitigung zu erschweren und damit Krieg insgesamt eher zu fördern.<br />
<br />
In diesem Sinne nannte [[Winston Churchill]] pazifistische Studenten der Oxford University, die 1933 eine Resolution zur Verständigung mit dem nationalsozialistischen Deutschland veröffentlicht hatten, „unerfahrene, falsch erzogene Jugend“, deren Haltung ein „sehr beunruhigendes und widerwärtiges Symptom“ sei.<ref>zitiert nach Robert Cohen: ''When the old Left was Young'', S. 80</ref> Der britische Liberale [[Robert Bernays]] berichtete dem britischen Unterhaus 1934 von Reaktionen eines Nationalsozialisten auf diese Oxforder Friedensresolution bei seinem Deutschlandbesuch:<br />
<br />
{{Zitat-en|He was asking about this pacifist motion and I tried to explain it to him. There was an ugly gleam in his eye when he said, ‘The fact is that you English are soft’. Then I realized that the world enemies of peace might be the pacifists.}}<br />
<br />
Der westdeutschen Friedensbewegung der 1980er Jahre warfen ihre politischen Gegner parteiübergreifend gesinnungsethische Naivität gegenüber der Sowjetunion vor. Dabei wurden auch historische Vergleiche angestellt. [[Heiner Geißler]] (CDU) erklärte am 15. Juni 1983 im Bundestag:<ref>[http://www1.wdr.de/stichtag/stichtag3566~_mon-062008_tag-15062008.html ''Vor 25 Jahren: Heiner Geißler hält „Skandalrede“ im Bundestag: „Pazifismus hat Auschwitz möglich gemacht“''], WDR, 15. Juni 2008</ref><br />
<br />
{{Zitat|Der Pazifismus der 30er Jahre, der sich in seiner gesinnungsethischen Begründung nur wenig von dem unterscheidet, was wir in der Begründung des heutigen Pazifismus zur Kenntnis zu nehmen haben, dieser Pazifismus der 30er Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht.}}<br />
<br />
Geißler stieß damit auf heftigen Widerspruch bei SPD und Grünen; [[Willy Brandt]] bezeichnete ihn deshalb noch 1985 in einer Wahlkampfdebatte als „schlimmsten Hetzer seit [[Joseph Goebbels|Goebbels]]“.<ref>{{Der Spiegel|ID=13514192 |Titel=„Der schlimmste Hetzer in diesem Land“ |Jahr=1985 |Nr=21 |Datum=1985-05-20 |Seiten=28–30}}</ref><br />
<br />
Im Bosnien- und Kosovokonflikt der 1990er Jahre wurden ähnliche Vorwürfe an die deutsche Friedensbewegung laut:<ref>Richard Faber, Barbara Neumann: ''Literatur der Grenze, Theorie der Grenze'', S. 135</ref><br />
{{Zitat|Der mangelnde politische Wille, angesichts der serbischen Aggression und der sogenannten ethnischen Säuberungspolitik wirkungsvoll tätig zu werden, gibt gerade wegen der Parallelen zur westlichen Appeasement-Politik der dreißiger Jahre zu denken. Auch die Verlegenheit der Friedensbewegung und des Pazifismus angesichts dieser Tatsache verweisen zurück auf diese Erfahrungen.}}<br />
<br />
[[Wolf Biermann]] kritisierte die deutsche Bewegung gegen den Irakkrieg von 2003, indem er auf die Gefährdung Israels durch [[Saddam Hussein]]s Raketenangriffe verwies. Er warnte mit Anspielung auf das Diktum von Joseph Goebbels zum „[[Totaler Krieg|totalen Krieg]]“ vor einem „totalen Frieden“, d.&nbsp;h. einem Frieden um jeden Preis.<ref>{{Der Spiegel|ID=26448585 |Autor=Wolf Biermann |Titel=Brachiale Friedensliebe |Jahr=2003 |Nr=9 |Datum=2003-02-24 |Seiten=144–147}}</ref><br />
<br />
Westlichen Friedensbewegungen werfen Kritiker auch allgemein falsche Wahrnehmung von Kriegsursachen und [[Verschwörungstheorie|verschwörungstheoretisches]] Denken vor:<ref>Michael Ploetz, Hans-Peter Müller: ''Ferngelenkte Friedensbewegung?'', S. 113</ref><br />
{{Zitat|Tatsächlich beruhte der relative Erfolg der Friedensbewegung nicht zuletzt auf der Popularität von verschwörungstheoretischen Erklärungsmustern, die die gesamte westliche Politik auf die Ränkespiele des militärisch-industriellen Komplexes zurückführten und die parlamentarische Politikebene als bloße Fassade darstellten.}}<br />
<br />
=== Fernlenkung, Missbrauchbarkeit, Einseitigkeit ===<br />
Häufig werden Friedensbewegungen innenpolitisch als verlängerter Arm feindlicher Staaten dargestellt. Sie würden von diesen ideologisch beeinflusst, personell gelenkt oder unterwandert und politisch benutzt, um deren Interessen durchzusetzen.<br />
Diesen Vorwurf machte man in den 1950er Jahren Gruppen innerhalb der damaligen westlichen Opposition gegen Atomwaffen, die wie der [[Weltfriedensrat]] maßgeblich von kommunistischen Intellektuellen geführt (und von der Sowjetunion finanziert) wurden. Diese stießen auch innerhalb der damaligen Friedensbewegung auf Kritik, da sie sowjetkritische Stimmen wie [[Bertrand Russell]] zu diskreditieren und zu isolieren versuchten.<ref>Alan Schwerin: ''Bertrand Russell on Nuclear War, Peace, and Language.'' S. 16&nbsp;ff.</ref> Dem Weltfriedensrat der 1950er Jahre wurde eine prokommunistische und antiamerikanische Einstellung vorgeworfen.<ref>Gernot Heiss und Heinrich Lutz: ''Friedensbewegungen Bedingungen und Wirkungen'', Band 2, 1984, S. 153</ref><br />
<br />
Verschiedene Autoren beschrieben den Einfluss von SED und MfS auf die westdeutschen Anti-Nachrüstungs-Bewegung der 1980er Jahre, besonders auf manche Führungsstrukturen.<ref>zum Beispiel [http://www.kas.de/wf/doc/kas_2877-544-1-30.pdf Udo Baron: ''Zur heute nachweisbaren Einflussnahme von SED und MfS – Die verführte Friedensbewegung''] (PDF; 1,1&nbsp;MB)</ref><ref>Michael Ploetz, Hans-Peter Müller: ''Ferngelenkte Friedensbewegung?. DDR und UdSSR im Kampf gegen den NATO-Doppelbeschluß'' (= ''Diktatur und Widerstand''. Bd. 6). Lit., Münster 2004, S. 111</ref><ref>Klaus Schröder und Peter Erler: Geschichte und Transformation des SED-Staates, S. 274 und 276.</ref> Der Einfluss [[Deutsche Kommunistische Partei|DKP]]-naher Gruppen wurde in der damaligen Friedensbewegung selbst ebenfalls kritisiert und organisatorisch bekämpft. So warnte [[Rudolf Bahro]] vor einer Diskreditierung der gesamten Bewegung durch eine mangelnde Abgrenzung von kommunistischen Gruppen.<ref>Udo Baron: ''Kalter Krieg und heißer Frieden – Der Einfluss der SED und ihrer westdeutschen Verbündeten auf die Partei Die Grünen'', Lit-Verlag, 1. Auflage 2003, ISBN 3-8258-6108-2, S. 170</ref><br />
<br />
Auch ohne direkten Einfluss von Gruppen, die dem Lager des gegnerischen Staates zugerechnet werden, stoßen Friedensbewegungen oft wegen fehlender Stellungnahme zu anderen Konflikten auf Kritik. Häufig wird ihnen die direkte oder indirekte Parteinahme für eine bestimmte politische Richtung vorgeworfen. So wurde der westdeutschen Friedensbewegung der 1980er Jahre ebenfalls [[Antiamerikanismus]] vorgeworfen und nachgesagt, dass sie sich mit Kritik an Konflikten und Kriegen der Sowjetunion eher zurückhalte.<ref>Anne-Katrin Gebauer: ''Der Richtungsstreit in der SPD – Seeheimer Kreis und neue Linke im innerparteilichen Machtkampf'', 2005, S. 203</ref><ref>Volker Böge und Peter Wilke: ''Sicherheitspolitische Alternativen'', Nomos Verlagsgesellschaft, 1984, S. 263</ref> So schrieb Wolf Biermann:<ref>zitiert nach John Shreve: ''Nur wer sich ändert, bleibt sich treu – Wolf Biermann im Westen'', 1989, S. 133</ref><br />
{{Zitat|Ich ärgere mich natürlich, wenn die Heuchelei wie ein Syphilis in diese Friedensfront hineinkommt, weil nämlich zu viele Leute dabei sind, die im Grunde genommen nur für eine Abrüstung im Westen sind, […] aber der Meinung sind, dass die Waffen im Osten für den Frieden, die Menschheit, den Humanismus und die Rettung des Sozialismus sind.}}<br />
<br />
Eine neue Untersuchung in den [[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte|Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte]] widerspricht der Behauptung, die Friedensbewegung habe sich von der Sowjetunion für deren Zwecke instrumentalisieren lassen. Eine Analyse der einschlägigen Dokumente in russischen Archiven zeige, dass die stets unter Erfolgsdruck stehenden sowjetischen Funktionäre jede einzelne Anwesenheit eines ihrer Gewährsleute bei einer Diskussion mit westdeutschen Friedensaktivisten zur geglückten Einflussnahme hochstilisiert hätten. Diese Berichte seien alles andere als objektiv.<ref>Holger Nehring, [[Benjamin Ziemann]]: ''Führen alle Wege nach Moskau? Der Nato-Doppelbeschluss und die Friedensbewegung – eine Kritik.'' In: ''Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte.'' Heft 1, 2011; vgl. dazu auch [[Franziska Augstein]]: ''Keine fünfte Kolonne. Die deutsche Friedensbewegung der 1970er und 1980er Jahre.'' In: ''[[Süddeutsche Zeitung]].'' 8./9. Januar 2011, S. 15</ref><br />
<br />
=== Umstrittene Protestformen ===<br />
Einige Demonstrationsformen von Friedensbewegungen wurden einerseits als vom [[Widerstandsrecht]] gedeckte Formen des [[Ziviler Ungehorsam|zivilen Ungehorsams]], andererseits als Verstoß gegen geltendes [[Strafrecht (Deutschland)|Strafrecht]] beurteilt. So verurteilten einige Gerichte [[Sitzblockade]]n von Friedensdemonstranten als [[Nötigung (Deutschland)|Nötigung]].<br />
<br />
Das [[Landgericht Memmingen]] begründete dies am 20. November 1984 wie folgt:<ref>LG Memmingen, Urteil vom 20. November 1984, Az. Ns 9 Js 25 561/83 und Az. 9 Js 25561/83, weiteres Verfahren dann beim BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1987, Az. 1 BvR 242/86, {{BVerfGE|76| 211}}.</ref><br />
<br />
{{Zitat|Wer sich mit Sitzblockaden politisch betätigt, verletzt demokratische Spielregeln und gefährdet ein geordnetes Zusammenleben. Das gewinnt auch nicht dadurch eine tolerierbare Qualität, daß das Anliegen der Blockierer ernst zu nehmen ist.}}<br />
<br />
Der [[Bundesgerichtshof]] meinte in einem Urteil vom 5. Mai 1988:<ref>[http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=BGHSt%2035,%20270 Beschluss vom 5. Mai 1988, Az. 1 StR 5/88, BGHSt 35, 270] Volltext</ref><ref>dazu Werner Offenloch: ''Erinnerung an das Recht – Der Streit um die Nachrüstung auf den Straßen und vor den Gerichten''. Mohr Siebeck, 2005, S. 32&nbsp;f.</ref><br />
<br />
{{Zitat|Die Anerkennung von (Fern)zielen, für die mit Mitteln des {{§|240|stgb|juris}} Abs.&nbsp;1 [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|StGB]] geworben werden dürfe, ließe die Gefahr einer Radikalisierung der politischen Auseinandersetzung entstehen, die einem demokratischen Rechtsstaat nicht hinnehmbar ist.}}<br />
<br />
Am 10. Januar 1995 entschied das [[Bundesverfassungsgericht]]<ref>BVerfG, Beschluss vom 10. Januar 1995, Az. 1 BvR 718/89; 1 BvR 719/89; 1 BvR 722/89; 1 BvR 723/89.</ref>: ''Die Auslegung des Gewaltbegriffs in {{§|240|stgb|juris}} Abs.&nbsp;1 StGB durch die Strafgerichte'' [verstößt] ''gegen {{Art.|103|gg|juris}} Abs.&nbsp;2 [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|GG]].''<ref>[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv092001.html Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Januar 1995]</ref>, so die Verfassungsrichter in ihrer Urteilsbegründung. Im konkreten Fall der Sitzblockaden sei damit die Strafbarkeit der Handlung vor dem Hintergrund des [[Staatsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz (Deutschland)|Bestimmtheitsgrundsatzes]] ({{Art.|103|gg|juris}} Abs.&nbsp;2 GG) nicht gegeben, da eine [[Verwerflichkeit]] der Mittel in Verbindung mit der [[Verhältnismäßigkeitsprinzip (Deutschland)|Verhältnismäßigkeit]] der Strafe unbestimmt, damit fragwürdig, und die Überdehnung des [[Gewalt]]begriffs in {{§|240|stgb|juris}} StGB, bezogen auf die bei einer der ersten Blockaden der Friedensbewegung vor dem [[Atomwaffenlager Golf]] bzw. der [[Eberhard-Finckh-Kaserne]] angewandten Form der Sitzblockaden letztlich [[Verfassungswidrigkeit|verfassungswidrig]] sei.<br />
<br />
Verfassungsgerichtsurteil von 1995 dazu:<br />
{{Zitat|Zwangseinwirkungen, die nicht auf dem Einsatz körperlicher Kraft, sondern auf geistig-seelischem Einfluß beruhen, erfüllen […] nicht [… das ''Tatbestandsmerkmal'' …] der Gewaltanwendung. … Die Auslegung des Gewaltbegriffs in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat folglich gerade jene Wirkungen, die zu verhüten {{Art.|103|gg|juris}} Abs.&nbsp;2 GG bestimmt ist. Es läßt sich nicht mehr mit ausreichender Sicherheit vorhersehen, welches körperliche Verhalten, das andere psychisch an der Durchsetzung ihres Willens hindert, verboten sein soll und welches nicht. In demjenigen Bereich, in dem die Gewalt lediglich in körperlicher Anwesenheit besteht und die Zwangswirkung auf den Genötigten nur psychischer Natur ist, wird die Strafbarkeit nicht mehr vor der Tat generell und abstrakt vom Gesetzgeber, sondern nach der Tat im konkreten Fall vom Richter aufgrund seiner Überzeugung von der Strafwürdigkeit eines Tuns bestimmt.}}<br />
<br />
Aufgrund des BVerfG-Urteils von 1995 mussten tausende entsprechende Urteile, die im Zusammenhang mit Sitzblockaden vor vielen sonstigen militärischen Einrichtungen, Behörden, Atomkraftwerken oder bei anderen Demonstrationsanlässen in der Bundesrepublik im Lauf der Jahre ausgesprochen worden waren, revidiert werden. Bereits bezahlte Strafgelder wurden bei Beantragung eines [[Wiederaufnahme des Verfahrens|Wiederaufnahmeverfahrens]] zurückerstattet.<ref>[http://www.friedenspaedagogik.de/themen/friedensbewegung/25_jahre_nach_der_demonstration_in_grossengstingen/artikel_sitzblockade_vor_dem_atomwaffenlager_in_grossengstingen_im_sommer_1982_michael_schmid/das_juristische_nachspiel Thema „juristisches Nachspiel“ (zur Blockadewoche vor dem Atomwaffenlager Golf 1982) auf den Seiten des Instituts für Friedenspädagogik Tübingen]</ref><br />
<br />
Siehe dazu auch [[Klaus Laepple#Studentenpolitik und Laepple-Urteil|Laepple-Urteil]].<br />
<br />
Auch die staats- und völkerrechtliche Argumentation der westdeutschen Friedensbewegung blieb umstritten.<ref>{{Internetquelle |autor=Günter Platzdasch |url=https://medium.com/@G_Platzdasch/atomwaffen-nation-recht-10ca67454379 |titel=Atomwaffen — Nation — Recht |werk=Günter Platzdasch |datum=2018-02-13 |zugriff=2018-05-08}}</ref><br />
<br />
=== Verhältnis zu Israel ===<br />
Zu internen Kontroversen und externer Kritik führte seit den 1960er Jahren das Verhältnis von Friedensbewegungen zum fortdauernden [[Nahostkonflikt]].<br />
<br />
Der deutschen Friedensbewegung wurde anlässlich ihrer Proteste gegen den Krieg der USA gegen die irakische Besetzung [[Kuwait]]s 1991 ([[Zweiter Golfkrieg]]) vorgeworfen, einen nationalen Sonderweg einzuschlagen. Sie habe aufgrund einer undifferenzierten Stellungnahme gegenüber der existentiellen Angst der israelischen Bevölkerung an Ansehen eingebüßt.<ref>Hans Elbeshausen: ''Deutschland – Geschichte und Politik, 1997'', S. 129.</ref><br />
<br />
[[Ilka Schröder]], parteiloses Mitglied des Europäischen Parlaments, schrieb im Februar 2003 in einem offenen Brief an Friedensdemonstranten:<ref>Ilka Schröder: {{Webarchiv | url=http://www.ilka.org/presse/pms/pms63demo.html | wayback=20060526203344 | text=''Wider die politische Naivität''}}. Presseerklärung Nr.&nbsp;07, Berlin/Brüssel 18. Februar 2003.</ref><br />
<br />
{{Zitat|Im Vorfeld der Demonstration wurde klar, dass auch Gruppierungen dorthin mobilisierten, deren politisches Weltbild durch Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus bestimmt ist. […] Geprägt war die Demonstration jedoch vor allem durch eine gefährliche Mischung aus Antiamerikanismus und politischer Naivität.}}<br />
<br />
[[Michael Lerner (Rabbi)|Michael Lerner]] beschrieb den Zielkonflikt für die Situation in den USA 2003 wie folgt:<ref>Michael Lerner: [http://www.nahost-politik.de/amerika/friedensbewegung.htm ''Ein historischer Fehler'']. In: die tageszeitung, 2. März 2003 (Nachdruck bei HaGalil).</ref><br />
<br />
{{Zitat|Es ist allerdings eines, wenn man [[Ariel Scharon]]s repressive Maßnahmen gegenüber dem palästinensischen Volk verurteilt. Etwas anderes ist es, wenn man dem Staat Israel das [[Existenzrecht Israels|Existenzrecht]] abspricht. Und genau das machen Teile von Answer, und mit ihnen Teile der amerikanischen Friedensbewegung. […] Erst wenn sie den Antisemitismus überwinden, wird die Friedensbewegung stärker und erfolgreicher werden.}}<br />
<br />
== Organisationen ==<br />
* [[Aktion Sühnezeichen Friedensdienste]] (protestantisch, Schwerpunkt Versöhnungsarbeit mit Israel, Polen, Russland)<br />
* [[Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Friedensinitiativen Österreichs]] (UFI)<br />
* [[Bund für Soziale Verteidigung]] (Konstruktive Konfliktbearbeitung, Gewaltfreiheit)<br />
* Bundesausschuss Friedensratschlag (jährlicher Friedenspolitischer Ratschlag in Kassel)<br />
* [[Christian Peacemaker Teams]] (Friedensarbeit vor Ort in mehreren Konfliktzonen)<br />
* [[Christliche Friedenskonferenz]] (blockübergreifende Antiatomwaffen-Bewegung, kommunistische Tarnorganisation, die einseitig gegen westliche Rüstung kämpfte)<br />
* [[Darmstädter Signal]] (Bundeswehroffiziere gegen die Nachrüstung)<br />
* [[Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen]] (pazifistisch/antimilitaristisch)<br />
* [[Deutsche Liga für Menschenrechte]]<br />
* [[Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen]] (DGVN)<br />
* [[Deutsche Gesellschaft für Friedens- und Konfliktforschung]]<br />
* [[Deutscher Friedensrat]] e.V.<br />
* [[Deutscher Pazifistischer Studentenbund]]<br />
* [[Deutsches Mennonitisches Friedenskomitee]] (mennonitisch)<br />
* [[Europäischer Kongress gegen Atomrüstung]]<br />
* [[Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung]] (FIfF e.V.)<br />
* [[Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen]] (FöGA)<br />
* [[Frauen für den Frieden]]<br />
* [[Friedensinitiative der Architekten und Planer e.V.]] (in München mit ihrem Arbeitsgebiet ''Schutzraumbau und dessen gesetzlicher Verankerung'')<br />
* [[Friedenskomitee der Bundesrepublik Deutschland]]<br />
* [[Graswurzelrevolution]] (antimilitaristisch und anarchistisch)<br />
* [[Informationsstelle Militarisierung]]<br />
* [[Initiative „Künstler für den Frieden“]]<br />
* [[Women’s International League for Peace and Freedom#Deutschland|Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit]]<br />
* [[Internationale der Kriegsdienstgegner/innen]] (IDK)<br />
* [[Internationaler Versöhnungsbund]] (ökumenisch, gewaltfrei)<br />
* [[IPPNW]] (Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg)<br />
* [[Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KOFAZ)]]<br />
* [[Kooperation für den Frieden]] (Zusammenschluss friedenspolitischer Organisationen und Initiativen)<br />
* [[Netzwerk Friedenskooperative]] (informeller Dachverband)<br />
* [[Ohne Rüstung Leben]] (Ökumenische Aktion für Frieden und Abrüstung)<br />
* [[Österreichischer Friedensdienst]]<br />
* [[Pax Christi]] (katholisch und ökumenisch)<br />
* [[Peace Direct]] (lokale Friedensarbeit in Konfliktgebieten)<br />
* [[Quäker]] (freikirchlich, Schwerpunkt Hilfe für Kriegsopfer)<br />
* [[Schalom Achschaw]] (Israel)<br />
* [[U.S. Peace Council]]<ref>[http://uspeacecouncil.org/ Website des US Friedensrats]</ref><br />
* [[Verein für Weiterbildung und Friedensarbeit]]<br />
* [[Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge]]<ref>Gemäß Satzung § 2, (2.1)[http://www.volksbund.de/fileadmin/redaktion/BereichInfo/BereichInformationsmaterial/ZahlenDatenFakten/Satzung/2008_lang_Satzung.pdf Satzung]</ref><br />
* [[War Resisters’ International]]<br />
* [[War Resisters League]]<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Friedensdienst]]<br />
* [[Friedenspolitik]]<br />
* [[Raging Grannies]] (zornige Großmütter)<br />
* [[Friedensacker]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
'''Allgemein Bundesrepublik Deutschland'''<br />
* [[Helmut Donat (Verleger)|Helmut Donath]], [[Karl Holl (Historiker)|Karl Holl]] (Hrsg.): ''Die Friedensbewegung. Organisierter Pazifismus in Deutschland, Österreich und in der Schweiz.'' Hermes Handlexikon, Düsseldorf 1983, ISBN 3-612-10024-6.<br />
* Jan Große Nobis: ''Frieden! – Eine kurze Geschichte der bundesdeutschen Friedensbewegung'', kindle-edition, Münster 2001/2005 ([http://www.friedensbewegung.org/ Text online], kostenpflichtig)<br />
* [[Wolfram Beyer]]: ''Pazifismus und Antimilitarismus. Eine Einführung in die Ideengeschichte''. Schmetterling, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-89657-666-8 (= ''theorie.org'').<br />
<br />
'''Anfänge'''<br />
* [[André Durand]]: ''Gustave Moynier and the peace societies.'' In: ''International Review of the Red Cross.'' Nr.&nbsp;314, S. 532–550 ([http://www.icrc.org/Web/Eng/siteeng0.nsf/html/57JNAW Text online, 31. Oktober 1996]).<br />
* [[Alfred Hermann Fried]]: ''Handbuch der Friedensbewegung'', 2 Bände, Berlin/Leipzig 1911, 2. Auflage 1913, Neudruck New York / London 1972<br />
* Karlheinz Lipp, Reinhold Lütgemeier-Davin, Holger Nehring (Hrsg.): ''Frieden und Friedensbewegungen in Deutschland 1892–1992. Ein Lesebuch''. Klartext, Essen 2010. ISBN 978-3-8375-0382-1<br />
* Hans Wehberg: ''Die internationale Friedensbewegung.'' In: Staatsbürgerbibliothek Heft 22, Volksvereins-Verlag GmbH, Mönchengladbach 1911<br />
<br />
'''Zwischen den Weltkriegen'''<br />
* Kurt Lenz, [[Walter Fabian]]: ''Die Friedensbewegung. Ein Handbuch der Weltfriedensströmungen der Gegenwart.'' Schwetschke, Berlin 1922, Neuausgabe Bund, Köln 1985, ISBN 3-7663-0945-5.<br />
* Franz Kobler: ''Gewalt und Gewaltlosigkeit, Handbuch des aktiven Pazifismus.'' Rotapfel, Zürich / Leipzig 1928<br />
* Beatrix Müller-Kampel (Hrsg.): ''„Krieg ist der Mord auf Kommando“. Bürgerliche und anarchistische Friedenskonzepte. Bertha von Suttner und Pierre Ramus.'' Mit Dokumenten von [[Leo Tolstoi]], [[Peter Kropotkin]], [[Stefan Zweig]], [[Romain Rolland]], [[Erich Mühsam]] u.&nbsp;a. Verlag [[Graswurzelrevolution]], Nettersheim 2005, ISBN 3-9806353-7-6.<br />
* [[Dieter Riesenberger]]: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, ISBN 3-525-01332-9.<br />
<br />
'''1980er Jahre'''<br />
* [[Christoph Butterwegge]] (Hrsg.): ''Friedensbewegung – Was nun? Probleme und Perspektiven nach der Raketenstationierung.'' VSA, Hamburg 1986, ISBN 3-87975-260-5.<br />
* Christoph Butterwegge, [[Bernhard Docke|Bernhard W. Docke]], Wolfgang Hachmeister: ''Kriminalisierung der Friedensbewegung: Abschreckung nach Innen? Theurer'', Bremen 1985, ISBN 3-8161-3010-0.<br />
* Jan Hansen: ''Schaffen Raketen Arbeitsplätze? Der Streit um die Nachrüstung und die Rüstungskonversion in den Gewerkschaften (um 1979 bis 1983)'', in: [[Arbeit – Bewegung – Geschichte]], Heft II/2016.<br />
* Uli Jäger, Michael Schmid-Vöhringer: ''„Wir werden nicht Ruhe geben…“: Die Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland 1945–1982. Geschichte, Dokumente, Perspektiven.'' Tübingen 1982, ISBN 3-922833-20-9.<br />
* Lorenz Knorr: ''Geschichte der Friedensbewegung in der Bundesrepublik.'' Köln 1983, ISBN 3-7609-0900-0.<br />
* Rüdiger Lison: ''Wissenschaftler zu Frieden und Abrüstung.'' 2. erweiterte Auflage, Sokoop, Duisburg 1986, ISBN 3-921473-42-X.<br />
* Andreas Maislinger: ''Friedensbewegung in einem neutralen Land. Zur neuen Friedensbewegung in Österreich.'' In: ''Medienmacht im Nord-Süd-Konflikt.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-518-11166-3.<br />
* Initiative Sozialistisches Forum: ''Je näher man hinschaut, desto fremder schaut es zurück: Frieden. Zur Kritik der deutschen Friedensbewegung.'' Ca-Ira, Freiburg 1984, ISBN 3924627010<br />
* Hans A. Pestalozzi, Ralf Schlegel, Adolf Bachmann (Hrsg.): ''Frieden in Deutschland. Die Friedensbewegung: wie sie wurde, was sie ist, was sie werden kann.'' Goldmann, München 1982, ISBN 3-442-11341-5<br />
* Thomas Klein: ''Frieden und Gerechtigkeit. Die Politisierung der Unabhängigen Friedensbewegung in Ost-Berlin während der 80er Jahre.'' Böhlau, Köln / Weimar, 2007, ISBN 978-3-412-02506-9.<br />
<br />
'''seit 1990'''<br />
* Thomas Leif: ''Die strategische (Ohn-)macht der Friedensbewegung: Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen in den achtziger Jahren.'' Westdeutscher Verlag, Opladen 1990, ISBN 3-531-12149-9.<br />
* Rüdiger Schmitt: ''Die Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland: Ursachen und Bedingungen der Mobilisierung einer neuen sozialen Bewegung.'' Westdeutscher Verlag, Opladen 1990, ISBN 3-531-12153-7.<br />
* [[Andreas Buro]]: ''Totgesagte leben länger: Die Friedensbewegung. Von der Ost-West-Konfrontation zur zivilen Konfliktbearbeitung'', Idstein 1997, ISBN 3-929522-42-X.<br />
* [[Albrecht Behmel]]: ''Die Mitteleuropadebatte in der Bundesrepublik Deutschland: Zwischen Friedensbewegung, kultureller Identität und deutscher Frage'', Ibidem-Verlag, Hannover 2011<br />
* Michael Ploetz, Hans-Peter Müller: ''Ferngelenkte Friedensbewegung?. DDR und UdSSR im Kampf gegen den NATO-Doppelbeschluß'' (= ''Diktatur und Widerstand''. Bd. 6). Lit., Münster 2004, ISBN 3-8258-7235-1.<br />
<br />
'''Verhältnis zu Israel'''<br />
* [[Helmut Kellershohn]]: ''„Frieden oder ‚Rettet Israel‘?“ Die linken Kritiker der Friedensbewegung und ihr Beitrag zur neuen deutschen Normalität. Ein kritischer Rückblick auf die Golfkriegsdebatte'' (DISS-Texte Nr.&nbsp;24), Duisburg 1992<br />
* Bernhard Schmid: ''Der Krieg und die Kritiker. Die Realität im Nahen Osten als Projektionsfläche für Antideutsche, Antiimperialisten, Antisemiten und andere.'' Münster 2006, ISBN 978-3-89771-029-0.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Demonstrations and protests in support of peace|Friedensdemonstrationen}}<br />
{{Wiktionary}}<br />
<br />
'''Geschichte'''<br />
* Rainer Santi: [http://santibox.ch/peace/Friedensarbeit.html ''100 Jahre Friedensarbeit'']. In: ''Santibox.ch''.<br />
* [http://www.jugendopposition.de/index.php?id=190 ''Bewegter Frieden – Die Friedensbewegung in der DDR'']. In: ''Jugendopposition in der DDR''.<br />
* Dieter Riesenberger: [http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44715 ''Friedensbewegung (Von den Anfängen bis zum Zweiten Weltkrieg)'']. In: ''Historisches Lexikon Bayerns''.<br />
* Philipp Baur: [http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=3103 ''Tagungsbericht Friedensbewegung und Zweiter Kalter Krieg: Europäische und transatlantische Perspektiven. 24. März 2010 bis 26. März 2010, Berlin'']. In: ''H-Soz-u-Kult'', 6. Mai 2010.<br />
* [http://www.friedenskooperative.de/netzwerk/histo000.htm ''Geschichte der Friedensbewegung'']. In: ''Netzwerk Friedenskooperative'' (Überblicksseite, verschiedene Autoren).<br />
* Udo Leuschner: [http://www.udo-leuschner.de/nachruestung/text2.htm ''Westdeutsche Friedensbewegung gegen die „Nachrüstung“'']. In: ''udo-leuschner.de''.<br />
* [http://www.friedenspaedagogik.de/themen/friedensbewegung ''Friedensbewegung'']. In: ''Institut für Friedenspädagogik'', Tübingen.<br />
<br />
'''Allgemeines'''<br />
* {{Webarchiv | url=http://frieden.kommunikationssystem.de/ | wayback=20070709133207 | text=News gegen Militarismus und Krieg von der Friedensbewegung}}<br />
* [http://www.lebenshaus-alb.de/mt/links.html#Friedensgruppierungen%20(international) Lebenshaus Schwäbische Alb: Internationale Friedensgruppierungen (Links)]<br />
<br />
'''Friedensorganisationen in Deutschland'''<br />
* [http://www.koop-frieden.de Kooperation für den Frieden]<br />
* [http://www.ag-friedensforschung.de/Welcome.html Friedenspolitischer Ratschlag]<br />
* [http://www.friedenskooperative.de/ Netzwerk Friedenskooperative]<br />
* [http://www.dfg-vk.de/ Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen]<br />
* [http://www.soziale-verteidigung.de/ Bund für Soziale Verteidigung (BSV)]<br />
* [http://www.friedensdienst.de/ Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden]<br />
* [http://www.paxchristi.de/ Pax Christi (katholische Friedensorganisation)]<br />
* [http://www.imi-online.de/ Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.&nbsp;V.]<br />
* [http://www.ippnw.de/index.php Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/ Ärzte in sozialer Verantwortung e.&nbsp;V.]<br />
* [http://friedenskoch.de/Abrahamszelt/abrahamszelt.html Abrahamszelt e.&nbsp;V.] Freunde und Förderer des Interreligiösen Kindergartens in Ramle (Israel)<br />
* [http://www.compassionatelistening.org/ The Compassionate Listening Project: „Einfühlsam Zuhören“ – zum Aufbau eines aufrichtigen Versöhnungsdialoges]<br />
* [[Verein für Weiterbildung und Friedensarbeit]]<br />
<br />
'''Friedensorganisationen in Österreich'''<br />
* [http://www.maislinger.net/ufi.htm Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Friedensinitiativen Österreichs (UFI)]<br />
<br />
'''Internationale Friedensorganisationen'''<br />
* [http://www.versoehnungsbund.de/ Versöhnungsbund Deutschland], [http://www.versoehnungsbund.at/ Österreich], [http://www.friedenserziehung.ch/ Schweiz], [http://www.ifor.de/ International]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Rechtshinweis}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4018520-5}}<br />
<br />
[[Kategorie:Friedensbewegung| ]]</div>175.194.21.128https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wolfgang_Berghofer&diff=184401390Wolfgang Berghofer2019-01-04T20:37:50Z<p>175.194.21.128: Änderung 184401373 von Tohma rückgängig gemacht;</p>
<hr />
<div>[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1986-0116-030, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer (1986)]]<br />
<br />
'''Wolfgang Berghofer''' (* [[25. Februar]] [[1943]] in [[Bautzen]]) ist ein ehemaliger [[Freie Deutsche Jugend|FDJ]]-Funktionär, [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]-Politiker und [[Oberbürgermeister]] von [[Dresden]].<br />
<br />
== Leben ==<br />
Als Kriegskind in der Oberlausitz geboren, wuchs Wolfgang Berghofer mit Mutter und Großeltern allein auf. Die Eltern ließen sich nach Kriegsende scheiden, die Mutter lebte dann meist vom Sohn getrennt in [[West-Berlin]] und blieb nach dem [[Mauerbau]] auch endgültig dort.<br />
[[Datei:Wolfgang Berghofer.jpg|hochkant|mini|Wolfgang Berghofer (2015)]]<br />
Berghofer absolvierte 1959 bis 1962 eine Ausbildung zum Maschinenbauer, arbeitete bis 1964 im Beruf und war bis 1967 Kreissportlehrer in Bautzen und stellvertretender Vorsitzender des [[Deutscher Turn- und Sportbund|DTSB]], Kreisverband [[Bautzen]]. Er trat 1957 der FDJ und 1964 der SED bei. 1969/70 war er Student an der FDJ-[[Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“]] am Bogensee. Ab 1968 war er hauptamtlicher FDJ-Funktionär, seit 1970 beim Zentralrat der FDJ, wo er zunächst für die [[Westarbeit der DDR|Westarbeit]] mitverantwortlich war, später wechselte er in die Organisation von Großveranstaltungen und war im Organisationskomitee ''X. [[Weltfestspiele der Jugend und Studenten|Weltfestspiele]] 1973'' in Berlin unter der Hauptabteilung Großveranstaltungen Abteilungsleiter „Tribunal“ sowie stellvertretender Leiter des Büros zur Vorbereitung der Weltfestspiele der Jugend und Studenten in [[Havanna]]. 1978 erhielt er den Orden [[Banner der Arbeit]].<ref>[[Berliner Zeitung]], 28. April 1978, S. 7</ref> Von 1971 bis 1981 war Berghofer als [[inoffizieller Mitarbeiter]] „Falk“ für das [[Ministerium für Staatssicherheit]] tätig.<ref>Vgl. Reuter/Müller-Enbergs: ''Berghofer, Wolfgang''.</ref> Er war ab 1978 Abteilungsleiter im Zentralrat der FDJ. 1983 bis 1985 absolvierte er ein Fernstudium an der [[Universität Rostock]] zum Diplom-Historiker.<br />
<br />
Von 1986 bis 1990 war er als Nachfolger von [[Gerhard Schill]] Oberbürgermeister von Dresden und Abgeordneter des Bezirkstages. 1987 schloss er mit [[Klaus von Dohnanyi]] den Vertrag über die Städtepartnerschaft [[Hamburg]]-Dresden und erhielt den [[Vaterländischer Verdienstorden|Vaterländischen Verdienstorden]] trotz scharfer Kritik aus dem SED-Politbüro.<br />
<br />
Während der [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|Wende und friedlichen Revolution]] 1989/90 galt Berghofer als einer der wenigen bekannten Reformsozialisten. Im Oktober 1989 war er Mitinitiator des ''Dresdner Dialogs'' mit der oppositionellen [[Gruppe der 20 (Dresden)|Gruppe der 20]] und verhinderte maßgeblich Repressalien an DDR-Oppositionellen.<ref>Reinhard Höppner: ''Wunder muss man ausprobieren. Der Weg zur deutschen Einheit.'' Berlin 2009, S.&nbsp;52 f.</ref> Im Dezember 1989 wurde er stellvertretender Vorsitzender der [[SED/PDS]], aus der er im Januar 1990 unter Protest austrat. Er sah in der SED/PDS eine Partei, die nicht die Kraft habe, sich grundsätzlich zu ändern.<ref>Patrick Moreau, Viola Neu: ''Die PDS zwischen Linksextremismus und Linkspopulismus.'' Konrad-Adenauer-Stiftung, 1994, ISBN 3-930163-31-4, S. 9</ref> Als die neue [[Sozialdemokratische Partei in der DDR]] ehemaligen SED-Mitgliedern eine Aufnahme versagte, endeten seine politischen Ambitionen abrupt und er wechselte als Manager in die Wirtschaft. 1990/91 war er zunächst Generalbevollmächtigter für die [[Rudolf Häussler|Häussler]]-Gruppe, [[Stuttgart]], und ist seitdem als selbstständiger Unternehmensberater in [[Berlin]] tätig, zurzeit arbeitet er für die Flugzeugzulieferindustrie. Bei der Ansiedelung der [[Gläserne Manufaktur|Gläsernen Manufaktur]] von VW in Dresden nutzte er seine persönlichen Kontakte zum VW-Chef [[Ferdinand Piëch]].<br />
<br />
2001 kandidierte er als Parteiloser (12,2 Prozent) für das Amt des Dresdner Oberbürgermeisters und stellte sein Buch ''Meine Dresdner Jahre'' vor.<br />
<br />
Wolfgang Berghofer beschreibt in seinem Buch ''Meine Dresdner Jahre'' das Funktionieren des „Systems DDR/SED“,<ref>[[Sven Felix Kellerhoff]]: [https://www.welt.de/welt_print/article814389/Dolchstosslegende-der-SED.html ''Der Historiker Wilke erklärt, warum Berghofers Erinnerungen Gysi und Modrow in Bedrängnis bringen.''] [[Die Welt]], 17. April 2007.</ref> schonte aber ehemalige SED-Funktionäre. Seiner Meinung nach lasse man allerdings zum Beispiel die Abteilungsleiter des ZK der SED, die eigentlichen und wirklichen DDR-Entscheidungsträger, sich aus ihrer Verantwortung stehlen.<br />
<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0322-025, Dresden, öffentliche Anhörung, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer 1990]]<br />
<br />
Wolfgang Berghofer ist Vorsitzender des Vorstandes des [[BVUK]], Betriebliche Versorgungswerke für Unternehmen und Kommunen e.V. Er organisiert und veranstaltet Fachvorträge zur betrieblichen Altersversorgung. Berghofer setzte sich für den Aufbau der Dresdner [[Frauenkirche (Dresden)|Frauenkirche]] ein. Er engagiert sich für soziale Projekte.<br />
<br />
== Privates ==<br />
Wolfgang Berghofer lebt in Berlin. Er ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter.<br />
<br />
== Beteiligung am Wahlbetrug ==<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0506-301, Dresden, Wahl, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer geht zur Wahl 1990]]<br />
1990 wurde gegen Berghofer wegen der Manipulationen bei der [[Kommunalwahlen in der DDR 1989|DDR-Kommunalwahl am 7. Mai 1989]] ermittelt. Das [[Bezirksgericht Dresden|Dresdner Bezirksgericht]] verurteilte ihn 1992 wegen „Wahlfälschung und Anstiftung zur Wahlfälschung“ zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 36.000 Mark. Nach Berghofers Revisionsantrag bestätigte der [[Bundesgerichtshof]] das Urteil. Auch eine Verfassungsbeschwerde brachte für ihn keinen Erfolg. Berghofer ist einer der wenigen SED-Spitzenpolitiker, die offen den [[Wahlfälschung|Wahlbetrug]] in der DDR zugegeben haben.<br />
<br />
== Veröffentlichungen ==<br />
* Beitrag in Peter Neumann (Hrsg.): ''Träumen verboten. Aktuelle Stellungnahmen aus der DDR.'' Lamuv, Göttingen 1990, ISBN 3-88977-234-X.<br />
* ''Meine Dresdner Jahre.'' Das Neue Berlin, Berlin 2001, ISBN 3-360-00951-7.<br />
* ''Keine Figur im Schachspiel. Wie ich die „Wende“ erlebte.'' Edition Ost, Berlin 2014, ISBN 978-3-360-01854-0.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Sabine Graul: ''Vom Revolutionär zum Apparatschik? Wolfgang Berghofer und seine gescheiterte Revolution 1989/90.'' In: Marian Nebelin, Sabine Graul (Hrsg.): ''Verlierer der Geschichte. Von der Antike bis zur Moderne.'' Lit, Berlin 2008, ISBN 978-3-8258-1326-0, S. 331–357.<br />
* {{WWW-DDR|226|Berghofer, Wolfgang|Elke Reuter, [[Helmut Müller-Enbergs]]}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Wolfgang Berghofer|Wolfgang Berghofer}}<br />
* {{DNB-Portal|122991826}}<br />
* [http://www.chronikderwende.de/_/lexikon/biografien/biographie_jsp/key=berghofer_wolfgang.html Lebenslauf Wolfgang Berghofers] bei ''Chronik der Wende'', dem Webangebot des [[Rundfunk Berlin-Brandenburg]] zur gleichnamigen Dokumentationsreihe<br />
* F. K. Fromme: [http://www.gbv.de/dms/faz-rez/FD1200204121307841.pdf ''Rezension: Berghofer, Wolfgang: Meine Dresdner Jahre.''] ISBN 3-360-00951-7. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. April 2002, S. 8 (PDF; 8 kB)<br />
* Manfred Wilke: [http://www.fr-online.de/doku---debatte/-wir-brauchen-einen-schuldigen-,1472608,2873708.html ''„Wir brauchen einen Schuldigen“.''] Interview mit Wolfgang Berghofer in der Frankfurter Rundschau, 12. April 2007<br />
* [https://www.sz-online.de/nachrichten/der-grimmige-optimist-3885617.html ''Der grimmige Optimist: Wolfgang Berghofer, der letzte SED-Bürgermeister von Dresden, wird 75. Die Wahlfälschungen beschämen ihn bis heute.''], [[Sächsische Zeitung]], 25. Februar 2018<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Personenleiste<br />
|AMT= [[Liste der Oberbürgermeister von Dresden|Oberbürgermeister von Dresden]]<br />
|ZEIT= 1986–1990<br />
|VORGÄNGER= [[Gerhard Schill]]<br />
|NACHFOLGER= [[Herbert Wagner (Politiker)|Herbert Wagner]]<br />
}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=122991826|LCCN=n/90/663395|VIAF=18119619}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Berghofer, Wolfgang}}<br />
[[Kategorie:Politiker (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Funktionär der Freien Deutschen Jugend (DDR)]]<br />
[[Kategorie:SED-Funktionär]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (Dresden)]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Träger des Vaterländischen Verdienstordens]]<br />
[[Kategorie:Träger des Banners der Arbeit]]<br />
[[Kategorie:Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit]]<br />
[[Kategorie:Deutscher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1943]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Berghofer, Wolfgang<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Politiker (SED), FDJ-Funktionär und Oberbürgermeister von Dresden<br />
|GEBURTSDATUM=25. Februar 1943<br />
|GEBURTSORT=[[Bautzen]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>175.194.21.128https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Friedensbewegung&diff=184401369Friedensbewegung2019-01-04T20:37:06Z<p>175.194.21.128: Änderung 184401310 von Tohma rückgängig gemacht;</p>
<hr />
<div>Als '''Friedensbewegung''' bezeichnet man [[soziale Bewegung]]en, die [[Krieg]]e, Kriegsformen und [[Aufrüstung|Kriegsrüstung]] aktiv und organisatorisch verhindern und den Krieg als Mittel der [[Politik]] ausschließen wollen.<br />
<br />
== Überblick ==<br />
In der [[Geschichte Europas]] hat es immer wieder Versuche gegeben, den Krieg als Mittel der Politik abzuschaffen oder zumindest einzudämmen. So wurde im [[Antikes Griechenland|antiken Griechenland]] des 4.&nbsp;Jahrhunderts v. Chr. die Idee der [[Allgemeiner Friede|Koine Eirene]] propagiert, um den Frieden als den Normalzustand durch [[Völkerrechtlicher Vertrag|völkerrechtlich verbindliche Verträge]] dauerhaft zu sichern. Im 10. nachchristlichen Jahrhundert wiederum entstand in Reaktion auf das um sich greifende [[Fehde]]wesen des niederen Feudaladels im Süden Frankreichs die [[Gottesfriedensbewegung]], die aufgrund der Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten als Vorläufer der modernen Friedensbewegungen gelten kann.<br />
<br />
In der Moderne entstand eine massenhafte Opposition gegen Krieg und Kriegsrüstung erstmals seit dem [[Krimkrieg]] in den 1850er Jahren. Von einer internationalen Friedensbewegung spricht man öffentlich seit etwa 1900. Dieser Begriff bezog sich auf jene europäischen Friedensgruppen, die seit 1815 mit dem [[Liberalismus]] als demokratische Reformbewegung in vielen europäischen Staaten und den USA entstanden waren. Vertreter solcher Gruppen bezeichneten sich seit 1901 als „Pazifisten“. Der Begriff [[Pazifismus]] wird meist auf deren [[Ethik|ethische]] Grundhaltung und langfristigen Ziele, der Begriff Friedensbewegung auf die jeweils aktuellen Organisationen, Methoden und Aktivitäten bezogen.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 7.</ref> Viele Pazifisten lehnen heute auch [[Verteidigungskrieg]]e ab, während sonstige Anhänger einer Friedensbewegung oft eine aktuelle Kriegsgefahr durch Entspannung und völkerrechtliche Verträge verringern wollen, ohne Selbstverteidigung und Rüstung prinzipiell abzulehnen.<ref>Gerhard Strauss, Ulrike Hass, Ulrike Hass-Zumkehr, Gisela Harras: ''Brisante Wörter von Agitation bis Zeitgeist'', 1989, S. 284</ref><br />
<br />
Seit etwa 1890 unterschied sich der [[Antimilitarismus]] sozialistischer Gruppen und Parteien, der Krieg als Auswuchs des [[Kapitalismus]] betrachtet und durch das revolutionäre Handeln der [[Arbeiterbewegung]] verhindern will, von der „bürgerlichen“ Friedensbewegung, die sich eher mit Appellen und Vorschlägen an die Staatsregierungen wandte. Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] gingen beide Lager in manchen zentraleuropäischen Staaten aufeinander zu, gewannen nach 1918 zeitweise eine Massenbasis und organisierten gemeinsame Aktionen gegen Aufrüstung, [[Wehrpflicht]] und Krieg wie den jährlichen [[Weltfriedenstag|Antikriegstag]].<br />
<br />
In der [[Zeit des Nationalsozialismus]] wurden die Organisationen der deutschen Friedensbewegung verboten, viele ihrer Vertreter inhaftiert und ermordet oder ausgebürgert. Außerdeutsche Friedensgruppen verloren aufgrund des Krieges gegen den [[Faschismus]] und [[Nationalsozialismus]] viele Anhänger und Einflussmöglichkeiten. Andererseits gewann die vor 1933 begonnene Ächtung des [[Angriffskrieg]]es und [[völkerrecht]]liche Konfliktregelung zwischen souveränen Staaten wegen der Erfahrung der [[Weltkrieg]]e ab 1945 internationale Zustimmung.<br />
<br />
Seit der Aufrüstung der Vertragsstaaten von [[NATO]] und [[Warschauer Pakt]] mit [[Kernwaffe|Atomwaffen]] in den 1950er Jahren wuchs eine neue Friedensbewegung heran, die sich etwa mit den [[Ostermarsch|Ostermärschen]] eine jährliche Demonstrationsform schuf. In den 1960er Jahren kristallisierte sie sich im Rahmen der internationalen Opposition gegen den [[Vietnamkrieg]] und trat dann zeitweise zurück. Erst mit neuen Aufrüstungsschritten und -plänen der NATO ab 1979 entstand in einigen westlichen Staaten eine breite, länderübergreifende und auf Zustimmung großer Bevölkerungsteile gestützte Friedensbewegung, die als Nahziel die im [[NATO-Doppelbeschluss]] angekündigte Raketenstationierung verhindern, mittelfristig andere Sicherheitskonzepte und langfristig vollständige atomare Abrüstung durchsetzen wollte.<br />
<br />
Seit den Interventionskriegen der 1990er Jahre trat von Fall zu Fall eine Antikriegsbewegung hervor, die jedoch nicht mehr die Massenbasis und den Organisationsgrad der 1980er Jahre erreichte. Gegen den [[Irakkrieg]] von 2003 zeigte sich erneut eine internationale Friedensbewegung, die sowohl seit 1890 und 1945 entstandene als auch neue Friedensorganisationen und viele nichtorganisierte Kriegsgegner umfasste.<br />
<br />
Neben dieser Hauptlinie der Friedensbewegung gab es immer wieder Nebenlinien, die sich ''auch'' mit Frieden befassten und zumindest teilweise so wahrgenommen wurden. [[Pierre de Coubertin]], der Gründer der modernen Olympischen Spiele, forderte von vornherein den Olympischen Frieden analog der Waffenstillstände der [[Antike]] zumindest während der Dauer der [[Olympische Spiele|Olympischen Spiele]]. Er hatte hierbei regelmäßigen Kontakt – vor allem in der Schweiz – zur frühen Friedensbewegung.<ref> Dietrich R. Quanz: Civic Pacifism and Sports-Based Internationalism: Framework for the Founding of the International Olympic Committee. ''Olympika'' 1993 = http://library.la84.org/SportsLibrary/Olympika/Olympika_1993/olympika0201b.pdf</ref> Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] meldete Coubertin sich jedoch als [[Freiwilliger (Militär)|Freiwilliger]] und zog sich von den Friedensaktivitäten zurück. Seine Nachfolger verwendeten zwar eine Friedensrhetorik, waren aber nie wieder so dicht an den Friedensaktivisten.<ref>[[Arnd Krüger]]: ''The notions of peace of selected leaders of the Olympic movement and their realization in the Olympic Games'', in: M. Ilmarinen (Hrsg.): ''Sport and International Understanding.'' Berlin: Springer 1984, 116–120.</ref><br />
<br />
== Die Anfänge ==<br />
=== Friedensgesellschaften ===<br />
Seit den [[Befreiungskriege|antinapoleonischen Kriegen]] entstanden in verschiedenen europäischen Staaten kleine [[Verein]]e von meist bürgerlichen [[Idealismus (Philosophie)|Idealisten]], die für [[Menschenrechte]], soziale Verbesserungen, [[Freihandel]], die Abschaffung der [[Sklaverei]] eintraten und – meist aus ethischen und [[Religion|religiösen]] Gründen – auch jede Militärgewalt ablehnten. Sie schlossen sich bald in einigen Staaten zu nationalen ''Friedensgesellschaften'' zusammen: so zur ''American Peace Society'' in [[New York City]] (1815), ''London Peace Society'' in [[Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland|Großbritannien]] (1816) und ''[[Genf]]er Friedensgesellschaft'' in der [[Schweiz]] (1830).<br />
<br />
Während die angloamerikanischen Friedensgesellschaften sich vor allem auf das christliche [[Gewissen]] bezogen, beriefen sich die kontinentaleuropäischen Gruppen auf die Ideale der [[Französische Revolution|französischen Revolution]] und waren oft [[Freidenker]]. Sie hatten anfangs nur wenige Mitglieder, meist aus mittelständischen Bevölkerungsschichten. Mit dem Erstarken des Liberalismus wuchsen diese Gruppen und veranstalteten gemeinsame internationale Friedenskongresse, so 1843 in [[London]], 1848 in [[Brüssel]], 1849 der erste große internationale Friedenskongress in [[Paris]] und 1850 ein Friedenskongress in [[Frankfurt am Main]].<br />
<br />
Hauptziel dieser Zusammenkünfte war die Kodifizierung eines [[Völkerrecht]]s und Schaffung eines überstaatlichen Schiedsgerichts, um Kriege und bewaffnete Konflikte zu vermeiden. 1849 gelangte mit der ''Anti-Corn-Law Association'' von [[Richard Cobden]] erstmals eine pazifistische Partei in ein [[Parlament]]. Sie bildete mit friedensbewegten Parlamentariern anderer Staaten bald darauf eine ''Interparlamentarische Union''.<br />
<br />
Die Kriegsberichterstattung im Krimkrieg 1850 machte mit der wenige Jahre vorher erfundenen [[Fotografie]] in englischen [[Zeitung|Tageszeitungen]] die verheerende Wirkung der [[Artillerie]] öffentlich bewusst. [[Roger Fenton]] war einer der ersten [[Kriegsfotografie|Kriegsfotografen]]. Die Technisierung in modernen Kriegen forderte immer mehr auch [[Zivilperson|zivile]] Opfer. Proteste gegen die katastrophalen Lebensbedingungen der Soldaten und der Einsatz von [[Florence Nightingale]] führten zu humanitären Erleichterungen für das britische Heer. Kriegserfahrungen in [[Italien]] veranlassten den Schweizer [[Henry Dunant]] 1863 zur Gründung des [[Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung|Roten Kreuzes]]. Mit der 1864 abgeschlossenen ersten [[Genfer Konventionen|Genfer Konvention]] gelang die erste internationale Vereinbarung des modernen Völkerrechts.<br />
<br />
1867 gründete [[Frédéric Passy]] die [[Internationale Friedensliga]].<br />
<br />
1869 bildete sich in [[Deutschland]] als erste pazifistische Gruppe die ''Gesellschaft für Friedensfreunde''. Sie war wie die übrigen europäischen Friedensgesellschaften zunächst ganz auf die rechtliche Begrenzung und Verkürzung der Nationalkriege und die Milderung der Kriegsfolgen durch Eingaben an die Regierungen, aber noch kaum auf politisch unabhängige Parteibildung und [[Kriegsdienstverweigerung]] ausgerichtet.<br />
<br />
=== Friedenskonferenzen ===<br />
1891 trafen sich auf Initiative von [[Elihu Berrit]] (1810–1879) europäische Pazifisten in [[Rom]] bei der ''Dritten Weltfriedenskonferenz''. Dort bildete eine Gruppe gebildeter und politisch engagierter Europäer das [[Bureau International Permanent de la Paix|Internationale Friedensbüro]] mit Sitz in [[Bern]]. Seine Aufgabe war die Vorbereitung künftiger internationaler Friedenskonferenzen. Führend darin waren unter anderen:<br />
<br />
* der Brite [[Richard Cobden]], Gründer der britischen ''Anti-Corn-Law Association'', einer Partei gegen hohe Schutzzölle auf Getreide und mit einem pazifistischen Programm,<br />
* der Schweizer Geschäftsmann [[Henry Dunant]], Gründer des Roten Kreuzes,<br />
* der österreichische Pädagoge [[Alfred Hermann Fried]],<br />
* der französische Sozialist [[Jean Jaurès]],<br />
* die österreichische Schriftstellerin [[Bertha von Suttner]].<br />
<br />
Im Jahr darauf erschien Bertha von Suttners [[Roman]] ''Die Waffen nieder'', der in der völlig militarisierten Gesellschaft des [[Deutsches Kaiserreich|Kaiserreichs]] breitere Schichten für die Problematik von [[Krieg]] und [[Frieden]] sensibilisierte. Sie gründete nach der Österreichischen Friedensgesellschaft mit Fried zusammen 1892 in [[Berlin]] die [[Deutsche Friedensgesellschaft]], die älteste noch bestehende deutsche Vereinigung von Kriegsgegnern.<br />
<br />
Beiden Gründern wurde später (1905 und 1911) der [[Friedensnobelpreis]] zuerkannt, den [[Alfred Nobel]], ein mit von Suttner befreundeter Wissenschaftler, zuvor gestiftet hatte. Auch Dunant (1901) und das Berner Friedensbüro (1902) erhielten diesen Preis.<br />
<br />
=== Erste Völkerrechtsverträge ===<br />
Aufgrund der Initiativen dieser Gruppen kam es 1899 zur ersten internationalen [[Haager Friedenskonferenz]], auf der mit der [[Haager Landkriegsordnung]] Grundregeln der [[Kriegsführung]] verabschiedet wurden, die bahnbrechende Prinzipien des modernen Völkerrechts festlegten. Auf der Basis der Unterscheidung von Zivilisten und [[Kombattant]]en (Militär) formulierte Artikel 22:<br />
<br />
{{Zitat|Die Staaten haben kein unbegrenztes Recht in der Wahl der Mittel zur Schädigung des Feindes.}}<br />
<br />
Damit war erstmals eine rechtliche Handhabe zur internationalen Ächtung von [[Massenvernichtungsmittel]]n gegeben. Zudem sollte die Einrichtung des [[Haager Schiedsgerichtshof]]s die Schlichtung von Konflikten zwischen Staaten ermöglichen.<br />
<br />
Das Deutsche Reich verweigerte jedoch die in Haag vereinbarte Abrüstung und lehnte das Schiedsgericht ab, so dass seit 1908 das [[Wettrüsten]] im [[Flottengesetze|Flottenbau]] zwischen Deutschland und Großbritannien noch forciert wurde. Der auf Begrenzung der Kriegsmittel und Kriegsführung ausgerichtete Vertragspazifismus scheiterte folglich am Problem des – besonders deutschen – [[Imperialismus]].<br />
<br />
=== Zweite Internationale ===<br />
Auch die damals vornehmlich am [[Marxismus]] orientierte [[Sozialdemokratie]] des 19. und frühen 20.&nbsp;Jahrhunderts lehnte den Krieg ab. Für sie verlief eine Front nicht zwischen Staaten und Nationen, sondern zwischen den [[Klasse (Soziologie)|sozialen Klassen]] in allen Nationen. Ihr Anliegen war es daher, die [[Arbeiter]] aller Länder zum Kampf gegen den Kapitalismus und die darin herrschende Klasse der [[Bourgeoisie]] zu vereinen ([[Internationalismus]]), um so der profitorientierten Kriegswirtschaft nachhaltig den Boden zu entziehen. Ihre handlungsleitende Parole stammte aus dem [[Kommunistisches Manifest|Kommunistischen Manifest]] von 1848, verfasst von [[Karl Marx]] und [[Friedrich Engels]]:<br />
<br />
{{Zitat|Proletarier aller Länder, vereinigt euch!}}<br />
<br />
Demgemäß vereinbarte die 1889 gegründete [[Sozialistische Internationale|II. Sozialistische Internationale]], ein Zusammenschluss von Arbeiterorganisationen und -parteien mit weltweitem Anspruch aus zunächst 20 Staaten, gemeinsame Aktionen gegen einen Krieg ihrer Regierungen, darunter seit dem Kongress von Paris 1912 den [[Generalstreik]] im Falle eines Kriegsausbruchs zwischen den europäischen Hegemonialmächten, besonders Deutschland und Frankreich.<br />
<br />
Eine Minderheit [[Anarchismus|anarchistischer]] Delegierter sprach sich schon auf den Kongressen 1891 und 1893 für [[Kriegsdienstverweigerung]] und Streik gegen den Krieg aus.<ref>[[Wolfram Beyer]]: ''Was ist eigentlich Pazifismus? – Zur Klärung eines politischen Begriffs'', in: [[Lexikon der Anarchie]], überarbeiteter Text [http://www.anarchismus.at/txt4/pazifismus.htm Online verfügbar]{{Toter Link|date=2018-04 |archivebot=2018-04-10 22:45:49 InternetArchiveBot |url=http://www.anarchismus.at/txt4/pazifismus.htm }}</ref><br />
<br />
Die meisten europäischen Sozialdemokraten hielten die Verteidigung des „Vaterlands“ im Falle eines Angriffs eines anderen kapitalistischen Staates jedoch für legitim und notwendig. August Bebel äußerte diesen Gedanken schon lange vor dem Ersten Weltkrieg. Einige wenige Sozialdemokraten lehnten den Krieg kategorisch ab, so zum Beispiel [[Jean Jaurès]], der am Vorabend des Kriegsbeginns ermordet wurde. Verbreitet war auch die Ansicht, dass ein Krieg letztendlich der sozialistischen Bewegung nutze, da er die Massen zu revolutionären Handlungen bewegen würde. Diese Ansicht gewann durch die [[Oktoberrevolution]] in Russland an Plausibilität.<br />
<br />
== Erster Weltkrieg ==<br />
{{Staatslastig|DE}}<br />
<br />
=== Pazifisten ===<br />
Die deutschen Friedensorganisationen wurden vom [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] überrascht und waren zunächst weitgehend rat- und tatenlos. Sie besaßen zum einen kaum verlässliche Informationen über die tatsächliche Außenpolitik unter [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Wilhelm II.]], hatten an die kriegsverhindernde Macht internationaler Verträge und Verflechtungen geglaubt und stellten das nationale Selbstverteidigungsrecht nicht in Frage. Im Glauben, andere Staaten hätten Deutschland einen Verteidigungskrieg aufgezwungen, betonte der Vorstand der DFG am 15. August 1914 das Recht dazu. Zugleich trat er nationalistischem Rausch und Propagandalügen entgegen und versprach, seine Auslandskontakte zu Aufklärung über die Kriegsursachen und zum Aufbau eines dauerhaften Friedens mit anderen Ländern zu nutzen. Im ersten Kriegswinter organisierten viele Ortsgruppen der DFG humanitäre Hilfen für vom Krieg betroffene Gebiete, etwa die ''Ostpreußenhilfe'', und Rechtsberatung für Flüchtlinge. Demgegenüber befürworteten viele Mitglieder des ''Verbandes für internationale Verständigung'' nun den Krieg als nationale Aufgabe.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 99f</ref><br />
<br />
Im November 1914 gründete sich der [[Bund Neues Vaterland]] mit dem Satzungsziel, friedlichen Wettbewerb, Völkerverständigung und überstaatliche Zusammenschlüsse zu fördern. Dazu dürften nicht länger „einige Wenige über Wohl und Wehe von hunderten Millionen Menschen“ entscheiden. Innen- und Außenpolitik müssten zur Deckung gebracht werden. In internen Rundschreiben forderte der Bund dazu parlamentarische Kontrolle der Reichsregierung, Gleichberechtigung aller Parteien, soziale Reformen und allgemeine Bildung als Bedingung für engere Zusammenarbeit der europäischen Staaten. Damit gab er das bisherige Prinzip der Friedensgesellschaften, sich nicht in innere Belange fremder Staaten einzumischen, auf und näherte sich dem SPD-Programm an. Daraufhin traten SPD-Politiker wie [[Kurt Eisner]], [[Eduard Bernstein]] und [[Rudolf Breitscheid]], aber auch der DFG-Vorsitzende [[Ludwig Quidde]], der Soziologe [[Ferdinand Tönnies]], der Schriftsteller [[Gustav Landauer]] und andere dem Bund bei. Auch [[Albert Einstein]] gehörte zu den Mitgliedern.<br />
<br />
Der Bund hielt daran fest, das Deutsche Reich führe nur einen berechtigten Verteidigungskrieg, um so auch die Regierung und nationalistische Gruppen beeinflussen zu können. Das Auswärtige Amt erlaubte einigen Bundvertretern die Teilnahme an einer Friedenskonferenz im April 1915 in Den Haag, um indirekt Verhandlungsmöglichkeiten mit Feindstaaten zu sondieren. Die Konferenz beschloss ein Mindestprogramm für eine künftige Friedensordnung: Es schloss Gebietsveränderungen jeder Seite ohne Bevölkerungszustimmung aus, forderte gemeinsame Garantien für Rechtsgleichheit, Religionsfreiheit und Sprachfreiheit, einen friedlichen Staatenbund, einen internationalen Gerichtshof, gemeinsame Sanktionen für kriegerische Staaten und internationale Abrüstungsverträge. Nach der Konferenz versuchte der Bund mit Eingaben und „Denkschriften“ etwa die Annexion Belgiens, französischer Erz- und Kohlegebiete und russischer Gebiete, die der [[Alldeutscher Verband|Alldeutsche Verband]] am 20. Mai 1915 forderte, abzuwehren und einen vorzeitigen Verhandlungsfrieden im Sinne der Haager Konferenzen zu erreichen. Gespräche dazu fanden u.&nbsp;a. mit [[Kurt Riezler]], dem engsten Kanzlerberater, statt. Die Schriften des Bundes wurden jedoch beschlagnahmt und verboten, einige seiner Mitglieder inhaftiert.<br />
<br />
=== Sozialisten ===<br />
Die [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD-Fraktion]] im [[Reichstag (Deutsches Kaiserreich)|Reichstag]] hatte am 4. August 1914 entgegen ihrem Programm und ihren verbindlichen internationalen Zusagen geschlossen für die [[Kriegskredite]] und einen [[Burgfriede]]n gestimmt. Daran zerbrach die Zweite Internationale: Denn nun bejahten auch die Sozialisten [[Frankreich]]s die Kriegserklärung ihres Landes. Als einer von wenigen stellte sich dort der sozialistische Pazifist [[Jean Jaurès]] öffentlich dagegen; er wurde unmittelbar vor Kriegsbeginn von einem französischen Nationalisten in Paris ermordet. In der SPD wandte sich der Partei- und Fraktionsvorsitzende [[Hugo Haase]] gegen die Zustimmung seiner Partei zur Kriegsfinanzierung, konnte in der entscheidenden Abstimmung der Fraktion aber nur 13 Unterstützer gewinnen.<br />
<br />
Wenige Kriegsgegner in der SPD formierten sich zunächst in der am 5. August gegründeten ''Gruppe Internationale'', aus der 1915 die Spartakusgruppe und 1918 der [[Spartakusbund]] hervorgingen. Sie strebten eine sozialistische [[Revolution]] an, die auch künftige Kriege wirksam verhindern sollte. [[Karl Liebknecht]] (Dezember 1914) und [[Otto Rühle (Politiker, 1874)|Otto Rühle]] (Januar 1915) lehnten als erste SPD-Abgeordnete im Reichstag weitere Kriegskredite ab.<br />
<br />
Im Juni 1915 traten auch Hugo Haase und die bekannten Parteitheoretiker [[Karl Kautsky]] und [[Eduard Bernstein]] erstmals offen gegen den Krieg auf.<ref>„Das Gebot der Stunde“. Leipziger Volkszeitung 19. Juni 1915. Nach D. Engelmann, H. Naumann: Hugo Haase. Berlin: Ed. Neue Wege 1999, S. 31&nbsp;f., 123&nbsp;f.</ref> Am 21. Dezember 1915 lehnten 20 SPD-Abgeordnete im Reichstag die Kriegskredite ab: darunter Hugo Haase, [[Wilhelm Dittmann]], [[Kurt Eisner]], [[Heinrich Ströbel]] und [[Rudolf Breitscheid]]. Sie plädierten auch für eine Annäherung an den „bürgerlichen Pazifismus“ der DFG, die sich von den Kriegszielen der kaiserlichen Regierung distanziert hatte. Der ''[[Vorwärts (Deutschland)|Vorwärts]]'' erkannte die „Standhaftigkeit“ der „bürgerlichen“ Pazifisten in einem Artikel am 14. Juli 1916 selbstkritisch an. 1917 wurden Haase und 18 weitere SPD-Abgeordnete wegen ihres Anti-Kriegs-Kurses aus der SPD ausgeschlossen. Sie gründeten im April 1917 die [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands]] (USPD) unter Führung Hugo Haases; die Spartakusgruppe schloss sich dieser Partei an. Die USPD wollte das baldige Kriegsende durch den Sturz der kaiserlichen Regierung und der [[Monarchie]] erreichen, während die [[Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands|MSPD]] weiterhin auf Frieden durch Verhandlungen und Kompromisse mit der [[Oberste Heeresleitung|Obersten Heeresleitung]] setzte.<br />
<br />
== 1918–1933 ==<br />
=== Novemberrevolution ===<br />
Die USPD verlor seit ihrem schlechten Abschneiden bei den ersten Parlamentswahlen am 19. Januar 1919 rasch an Bedeutung. Damit war die 1918 erstarkte sozialistische Friedensbewegung, die das Kriegsende mit erzwingen konnte, nachhaltig geschwächt.<br />
<br />
=== Weimarer Republik ===<br />
[[Datei:No More War demonstration in Germany.jpg|mini|„Nie wieder Krieg“, Friedensdemonstration im [[Lustgarten (Berlin)|Berliner Lustgarten]] am 10. Juli 1922]]<br />
Nach der Novemberrevolution 1918 rückten liberale Pazifisten und sozialistische Antimilitaristen stärker aufeinander zu. Die Friedensbewegung der [[Weimarer Republik]] konzentrierte sich vor allem im [[Linksliberalismus]], unter ehemaligen Soldaten des Ersten Weltkriegs und in Kunst und Kultur. Bekannte Beispiele dafür waren:<br />
<br />
* der Schriftsteller [[Ernst Toller]]. Er trat die Nachfolge des ermordeten Kurt Eisner als Münchner [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]]-Vorsitzender an und wurde Regierungsmitglied der [[Münchner Räterepublik]] von 1919. Er leitete zeitweise entgegen seinem antimilitaristischen Selbstverständnis neben [[Rudolf Egelhofer]] (KPD) deren „Rote Armee“. Diesen Konflikt zwischen pazifistischer Einstellung und notwendiger militärischer Verteidigung sozialer Errungenschaften verarbeitete er später in seinem Theaterstück „[[Masse Mensch]]“.<br />
* [[Kurt Tucholsky]] und [[Carl von Ossietzky]] gründeten im Oktober 1919 zusammen mit dem Redakteur der ''[[Berliner Volks-Zeitung]]'', Karl Vetter, den [[Friedensbund der Kriegsteilnehmer]] (FdK). Dessen Leitung konstituierte im Juli 1920 den Aktionsausschuss „Nie wieder Krieg“, der in den Folgejahren große Massendemonstrationen mit bis 1926 steigenden Teilnehmerzahlen am damaligen [[Antikriegstag]], dem 1. August (Beginn des Ersten Weltkriegs) organisierte.<br />
* Schriftsteller wie [[Erich Mühsam]], [[Karl Kraus]], [[Erich Kästner]], [[Bertolt Brecht]], [[Friedrich Wolf]] warnten in ihren Schriften vor neuen Kriegen.<br />
* Bildende Künstler wie [[Käthe Kollwitz]], [[Otto Dix]], [[John Heartfield]] setzten sich mit ihren Kunstformen für den Frieden und gegen reaktionäre und militaristische Tendenzen ein.<br />
* Der [[Anarchopazifismus|Anarchopazifist]] [[Ernst Friedrich]] dokumentierte 1924 mit dem Buch ''[[Krieg dem Kriege]]'' fotografisch schwerste Kriegsverletzungen und mahnte in einem viersprachigen Aufruf an die „Menschen aller Länder“ den Einsatz der Völker gegen den Krieg an. Mit derselben Intention eröffnete er 1925 in Berlin das [[Anti-Kriegs-Museum|„Antikriegsmuseum“]].<br />
<br />
Journalisten, die auf die Einhaltung des [[Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrages]] pochten, wurden von Weimarer Gerichten, die vielfach mit Justizbeamten aus der Kaiserzeit besetzt waren, oft wegen [[Landesverrat]]s angeklagt und verurteilt. Im spektakulären [[Weltbühne-Prozess]] z.&nbsp;B. wurden Ossietzky und [[Walter Kreiser]] wegen Landesverrat und [[Spionage|Verrat militärischer Geheimnisse]] im November 1931 vom IV. Strafsenat des Reichsgerichts in Leipzig zu je 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.<br />
<br />
Der Vertragspazifismus gewann seit dem [[14-Punkte-Programm]] von US-Präsident [[Woodrow Wilson|Thomas Woodrow Wilson]] 1918 zunächst Auftrieb: In der Folge wurde 1919 der [[Völkerbund]] gegründet und auf der Friedenskonferenz von [[Versailles]] angenommen. Obwohl die [[Vereinigte Staaten|USA]] ihm nie und die [[Sowjetunion]] erst seit 1934 angehörten, gelang ihm anfangs die Entschärfung einiger kleinerer Konflikte. In die [[Ruhrbesetzung]] 1923, den [[Spanischer Bürgerkrieg|Spanischen Bürgerkrieg]] 1936 und die [[Sudetenkrise]] 1938 griff er jedoch nicht ein. Auch [[Japan]]s Besetzung der [[Mandschurei]] im Nordosten [[Republik China (1912–1949)|Chinas]] 1931 und Japans Angriff auf das übrige China 1937 sowie Italiens Angriff auf [[Abessinien]] 1935 zeigten die Ohnmacht des Völkerbunds. Der Vertragspazifismus scheiterte seit 1933 vor allem an [[Adolf Hitler]]s Erpressungs-, Besetzungs- und Angriffspolitik.<br />
<br />
== Zeit des Nationalsozialismus ==<br />
Für den [[Nationalsozialismus]] galt die Friedensbewegung als Ableger eines angeblichen „[[Weltjudentum]]s“ und Helfer des „Erzfeindes“ [[Frankreich]], die die nationale Selbstbehauptung und das germanische Heldentum durch intellektuelle „Gehirnerweichung“ untergraben und zerstören wolle. Der von nationalistischen Verbänden und der [[Sturmabteilung|SA]] 1923 gebildete ''Vaterländische Kampfbund'' erklärte den Pazifismus neben Marxismus und Judentum zum Hauptfeind des [[Deutschtum]]s.<br />
<br />
Diese Sicht propagierte vor allem [[Alfred Rosenberg]], Redakteur des [[Völkischer Beobachter|Völkischen Beobachters]] seit 1921. Er sah den „jüdischen Pazifismus“ besonders durch Albert Einstein, [[Erich Fried]], [[Friedrich Wilhelm Foerster]], [[Hellmut von Gerlach]], [[George Grosz]], [[Georg Moenius]] und Kurt Tucholsky verkörpert. Er verunglimpfte diese Personen etwa als „Sittlichkeitsfanatiker“, Vertreter der „[[Kriegsschuldlüge]]“ und „erfolgreiche Beschmutzer des deutschen Volkes“ fortlaufend in seinen Artikeln und drohte ihnen Gewalt an. Er kritisierte auch die Annäherung zwischen Kirchen, christlichen Pazifisten und Völkerbund, etwa bei der dritten Bodenseekonferenz katholischer Politiker 1923 oder den ökumenischen Kongressen in Stockholm 1927 und Prag 1928, als Verrat am „deutschen Gewissen und deutschen Interesse“.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 246&nbsp;f.</ref><br />
<br />
[[Adolf Hitler]] nannte den Pazifismus im ersten Band seiner Programmschrift ''[[Mein Kampf]]'' 1924 eine „Humanitätsduselei“, die eigentlich widernatürlich und kriminell sei, da sie gemeinsame Humanität über die natürliche Gliederung der Menschheit in höhere und niedere [[Rassismus|Rassen]] stelle. Er begriff „Humanität“ als „Ausdruck einer Mischung von Dummheit, Feigheit und eingebildetem Besserwissen“.<ref>Adolf Hitler: ''Mein Kampf'', München 1939, S. 148f; zitiert nach Karl Holl, Wolfram Wette (Hrsg.): ''Pazifismus in der Weimarer Republik''. Paderborn 1981, S. 13</ref><br />
<br />
Bis 1929 nahmen die pazifistischen Organisationen die [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] kaum ernst. Nur einzelne DFG-Mitglieder wie [[Erich Zeigner]] warnten vor ihrem Aufstieg. Doch nach der Reichstagswahl vom 14. September 1930, bei der die NSDAP zweitstärkste Partei wurde, rief [[Fritz Küster]] als Vorsitzender der DFG alle Pazifisten und ihre Organisationen zum bedingungslosen Kampf gegen „Revanchegeist, Faschismus und Krieg“ und zur „Aufklärung über das wahre Gesicht des Hitlertums“ auf. Die DFG machte die Uneinigkeit von SPD und KPD für den Wahlerfolg der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] verantwortlich und stellte nun fortlaufend deren Rüstungs-, Kriegs- und [[Diktatur]]-Absichten heraus. Küsters westdeutscher Landesverband organisierte Gegenkundgebungen zu NSDAP-Versammlungen, auch in Ostdeutschland, und wehrte Störaktionen der SA gegen Pazifistentreffen zum Teil erfolgreich ab.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 239</ref><br />
<br />
Ab 1931 richteten sich DFG und [[Friedensbund Deutscher Katholiken]] auf künftige illegale Arbeit ein. Die DFG forderte einen [[Generalstreik]], [[Sabotage]] und einen internationalen Handelsboykott im Falle einer [[Machtergreifung|Machtübernahme]] der NSDAP, eine parteiübergreifende Abwehrfront gegen diese und benannte die Hindernisse dafür: die Sowjethörigkeit, das [[Sozialfaschismus]]-Dogma und die unrealistische Opposition der KPD gegen den Versailler Vertrag, die Zusammenarbeit der SPD mit bürgerlichen Kräften, deren Unterschätzung Hitlers und Bereitschaft, diesen an der Regierungsmacht zu beteiligen. Ossietzky sah in Hitler jedoch ein Instrument für kapitalistische Interessen und teilte die damals unter Demokraten verbreitete Annahme, seine Machtbeteiligung werde die NSDAP eher schwächen und entzaubern, sei also vorübergehend. Dagegen rechneten Ernst Toller und [[Walter Dirks]] mit einer Diktatur und baldigem Krieg Hitlers gegen Polen und Russland, der dann nur noch militärisch von außen entmachtet werden könne. 1932 warnte die DFG-Zeitschrift ''Das Andere Deutschland'':<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 240</ref><br />
<br />
{{Zitat|Dieser Faschismus ist nicht nur der Tod der Demokratie, sondern auch der fanatische Entfacher des neuen Weltkrieges. Wer seine Gefahr unterschätzt, wer sich gar zum Hehler der nationalsozialistischen Weltbedrohung entwürdigt, macht sich zum Mitschuldigen des neuen Weltkrieges!}}<br />
<br />
Nach Hitlers Amtsantritt als Reichskanzler am 30. Januar 1933 riefen die DFG und ihre Zeitung nochmals zur Bildung einer Einheitsfront aller Antifaschisten auf. Mitglieder klebten im Februar 1933 illegale Plakate dafür. Am 10. Februar schrieb [[Heinrich Ströbel]] in der letzten Nummer des ''Anderen Deutschland'':<ref>zitiert nach Wolfgang Benz: ''Pazifismus in Deutschland'', Fischer TB 4362, ISBN 3-596-24362-9, S. 206&nbsp;f.</ref><br />
<br />
{{Zitat|[…] Wir haben vor allen Dingen dafür zu sorgen, daß die Grundursachen des ganzen Unglücks unserer Zeit aufgedeckt und beseitigt werden.<br />
Die Grundursachen aber bestanden in jenem Gewaltgeist, der den Krieg entfesselte. In der erschauernden Ehrfurcht vor dem Götzen des [[Nationalismus]]. In der sträflichen Gedankenlosigkeit, in der man den Begriff ‚[[Patriotismus]]‘ akzeptierte und weitergab, statt zu prüfen und zu erklären: nur derjenige liebt sein Vaterland, nützt seinen Mitbürgern, der sich niemals gegen andere Länder und Mitmenschen verhetzen läßt, sondern mithilft, alle wirtschaftlichen, politischen und geistigen Grenzsperren niederzureißen, damit das Reich der Vernunft, Gerechtigkeit und Güte endlich aufgebaut wird!}}<br />
<br />
Am 20. Februar trafen sich einige DFG-Führungspersonen in Berlin und berieten, ob sie noch weiterkämpfen oder ihr Leben durch Flucht aus Deutschland retten sollten. Gerlach, Küster und Ossietzky wollten die Reichstagswahl vom 5. März abwarten, [[Otto Lehmann-Rußbüldt]] dagegen ins Exil gehen.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 248</ref><br />
<br />
Nach dem [[Reichstagsbrand]] verbot das NS-Regime am 28. Februar 1933 neben der KPD auch die DFG und die ihr nahestehende [[Christlich-Soziale Reichspartei]]. Am 3. März wurde die DFG-Zeitung ''Das Andere Deutschland'' verboten, am 5. März das DFG-Büro geschlossen, die dortigen Akten beschlagnahmt, die Führungspersonen inhaftiert und in [[Konzentrationslager|KZs]] interniert: darunter Küster, Ossietzky, [[Gerhart Seger]], [[Kurt Hiller]] und [[Paul von Schoenaich]]. Ins Ausland flohen u.&nbsp;a. [[Harry Graf Kessler]], Otto Lehmann-Rußbüldt, Ludwig Quidde, [[Helene Stöcker]], [[Anna Siemsen]].<br />
<br />
Der Friedensbund deutscher Katholiken wurde zunächst verschont, da die NSDAP noch auf Unterstützung der katholischen [[Zentrumspartei]] angewiesen war und ihre Verhandlungen um das [[Reichskonkordat]] nicht gefährden wollte. Am 1. Juli wurde auch der Friedensbund, der die Zustimmung der Zentrumspartei zum [[Ermächtigungsgesetz]] scharf kritisiert hatte, neben anderen katholischen Verbänden verboten. Seine Mitglieder [[Friedrich Dessauer]], Walter Dirks, [[Josef Knecht]], P. Lenz, F. Müller und [[Franziskus Maria Stratmann]] wurden verhaftet. Lenz und Müller konnten nach der Haft ins Ausland fliehen, andere wie [[Bernhard Lichtenberg]] starben an Misshandlungen in der Haft oder wurden wie [[Richard Kuenzer]] als [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerständler]] hingerichtet. Die deutschen katholischen Bischöfe unterstützten die katholischen Pazifisten trotz eindringlicher Bittschreiben von Friedensbundmitgliedern nicht.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 249&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Bei der [[Bücherverbrennung 1933 in Deutschland|Bücherverbrennung am 10. Mai 1933]] waren vor allem Werke von Pazifisten der Weimarer Zeit betroffen. [[Joseph Goebbels]] verhöhnte sie als „Unrat und Schmutz jüdischer Asphaltliteraten“, die „die nationale Wehrhaftigkeit und die Ehre des deutschen Volkes ungestraft mit Füßen treten durften“. In der 8. Auflage von ''[[Meyers Lexikon]]'' (1936–1942), dessen Inhalt mit der [[Parteiamtliche Prüfungskommission zum Schutze des nationalsozialistischen Schrifttums|Zensurkommission PPK]] der NSDAP abgestimmt werden musste und daher als „Brauner Meyer“ oder „Nazi-Meyer“ bezeichnet wird<ref>Thomas Keiderling: Enzyklopädisten und Lexika im Dienst der Diktatur? Die Verlage F. A. Brockhaus und Bibliographisches Institut („Meyer“) während des Nationalsozialismus. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1/2012, München, S. 69–92</ref>, stand zum Stichwort Pazifismus: ''[Er] führt besonders infolge der internationalen Zusammenarbeit leicht zum [[Landesverrat|Vaterlandsverrat]]; die Anhänger des Pazifismus in Deutschland (Pazifisten) waren meist Landesverräter.''<ref>zitiert nach Karl Holl, Wolfram Wette (Hrsg.): ''Pazifismus in der Weimarer Republik''. Paderborn 1981, S. 15&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Am 23. August 1933 bürgerte das NS-Regime neben emigrierten KPD- und SPD-Mitgliedern auch Führungspersonen der deutschen Friedensbewegung aus, darunter Gerlach, Tucholsky, [[Emil Julius Gumbel]], [[Berthold Jacob]], Lehmann-Rußbüldt, später auch Foerster, Hiller, Quidde. Frau und Tochter Gerhart Segers, dem 1934 die Flucht nach Prag gelungen war, wurden in „Schutzhaft“ genommen; die intensiven Proteste Großbritanniens veranlassten die deutschen Behörden dann jedoch, beide ausreisen zu lassen. Die [[Gestapo]] entführte den Pazifisten Berthold Jacob am 9. März 1935 aus der Schweiz, um seine Berichte über heimliche deutsche Aufrüstung im Vorfeld ihrer neu eingeführten Wehrpflicht zu verhindern. Nach einem Schweizer Auslieferungsantrag wurde er freigelassen, 1941 jedoch aus Portugal erneut entführt und 1944 im KZ ermordet.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 250&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Emigrierte und ausgebürgerte Pazifisten protestierten 1935 gegen die wiedereingeführte Wehrpflicht und die damit verbundene Androhung der Todesstrafe für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure. Die deutsche Exilbewegung erreichte 1936, dass dem jahrelang in KZs inhaftierten Ossietzky der Friedensnobelpreis für 1935 zuerkannt wurde. Damit wurde der Terror gegen Andersdenkende unter dem NS-Regime weltweit publik.<br />
<br />
Nach Beginn des [[Polenfeldzug]]s rief [[Fritz von Unruh]] stellvertretend für alle inhaftierten oder exilierten Pazifisten am 4. September 1939 mit einem von französischen Fliegern in Polen abgeworfenen Flugblatt alle deutschen Soldaten zur Befehlsverweigerung und zum Aufstand gegen das NS-Regime auf:<ref>zitiert nach Wolfgang Benz: ''Pazifismus in Deutschland'', Fischer TB 4362, S. 218</ref><br />
<br />
{{Zitat|Der Hitlerkrieg wurde von einer Handvoll politischer Abenteuerer in Berlin entfesselt. Dieser Krieg wird gegen unser Volk geführt. […]<br />
<br />
Kameraden! Das Hitlersystem ist nicht die Knochen eines einzigen deutschen Soldaten wert. Denkt an die Leiden und Schrecken seit 1933, gedenkt der Verfolgten, Eingekerkerten, Erschlagenen und heimlich Ermordeten.<br />
<br />
Die Stunde der Abrechnung ist gekommen! Sagt euch los von den Brandstiftern und Tyrannen. Fallt den Kriegstreibern in die Arme. Bekennt euch zu unserem Volke und zu Deutschland. Verbrüdert euch mit denen, die wie wir für die Freiheit kämpfen.}}<br />
<br />
Innerhalb Deutschlands versuchten vor allem SPD- und KPD-Anhänger im Untergrund gegen den Krieg zu arbeiten. Aktive Kriegsdienstverweigerer gab es bei den [[Zeugen Jehovas]] und einigen [[Religiöser Sozialismus|Religiösen Sozialisten]] wie [[Günther Dehn]] und [[Georg Fritze]]. Die [[Bekennende Kirche]] trug Deutschlands Angriffskrieg ebenso mit wie das deutsche katholische Episkopat. Nur sehr wenige evangelische oder katholische Christen wie [[Hermann Stöhr]] und [[Max Josef Metzger]] verweigerten in dieser Lage den Kriegsdienst und wurden deshalb hingerichtet.<br />
<br />
== Nachkriegszeit ==<br />
Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] führte der [[Kalter Krieg|Kalte Krieg]] zwischen den Supermächten USA und Sowjetunion zur Teilung Europas in feindliche Blöcke. Diese Konstellation bestimmte für lange Zeit alle Anläufe zu Abrüstung, Entmilitarisierung und friedlicher Konfliktlösung und begrenzte ihren Aktionsradius, besonders im geteilten Deutschland. Gleichwohl kam es in einigen Staaten Westeuropas aus verschiedenen Anlässen immer wieder zu Massenprotesten, an denen herkömmliche Friedensinitiativen sich beteiligten und in denen neue Friedensinitiativen entstanden.<br />
<br />
=== Westdeutsche „Ohne mich“-Bewegung ===<br />
In den ersten Nachkriegsjahren war die Haltung der Deutschen und der meisten Parteien von der Parole ''Nie wieder Krieg'' bestimmt. Dies wirkte sich so aus, dass die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen als Grundrecht im [[Grundgesetz]] verankert wurde, nicht aber die Landesverteidigung.<br />
<br />
Infolge der Gründung der [[NATO]] 1949 trieb Bundeskanzler [[Konrad Adenauer]] und seine Partei, die [[Christlich Demokratische Union|CDU]], die wirtschaftliche, politische und militärische Integration der [[Westdeutschland|Bundesrepublik]] in das Westbündnis voran. 1950 wurden seine Pläne zu einem westdeutschen „Wehrbeitrag“ bekannt. Daraufhin kam es zu einer heftigen Debatte um die [[Wiederbewaffnung]].<br />
<br />
In diesem Kontext regten sich auch außerparlamentarische Proteste ([[Ohne mich-Bewegung]]), getragen von [[Gewerkschaft]]en, Intellektuellen, christlichen Gruppen und Frauengruppen (insbesondere der [[Westdeutsche Frauenfriedensbewegung|Westdeutschen Frauenfriedensbewegung]]). Beteiligt war auch die westdeutsche [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]], die 1956 verboten wurde. Der Rat der [[EKD]], der die Wiederbewaffnung 1950 abgelehnt hatte, erklärte 1951 seine Ratlosigkeit gegenüber der politischen Entwicklung (''Ohnmachtsformel'').<br />
<br />
Wegen Adenauers heimlichen Angebotes eines Wehrbeitrags an die USA ohne Absprache im Kabinett trat der damalige Innenminister [[Gustav Heinemann]] zurück, verließ 1952 die CDU und gründete die [[Gesamtdeutsche Volkspartei]], um die Opposition gegen die Wiederbewaffnung parlamentarisch wirksam werden zu lassen. Die GVP erreichte jedoch nur geringe Wähleranteile.<br />
<br />
=== Christliche Friedenskonferenz ===<br />
Die [[Christliche Friedenskonferenz]] (CFK) war eine internationale Organisation mit einem Status als [[Nichtregierungsorganisation]] (NGO) beim [[Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen]] ECOSOC.<br />
<br />
Mitglieder waren [[Kirche (Organisation)|Kirchen]] aus den [[Realsozialistische Staaten|sozialistischen Staaten]] sowie [[Kirchengemeinde]]n und Einzelpersonen auch aus anderen Ländern. Angesichts ihrer Initiierung mit Hilfe sozialistischer Staaten, die Christen ansonsten [[Christenverfolgung#Ostblockstaaten|diskriminierten und verfolgten]], und angesichts der unübersehbaren Nähe zum [[Marxismus]] gilt die Christliche Friedenskonferenz mitunter in der Forschung als „kommunistische Tarnorganisation“.<ref name="Vollnhals116">[[Clemens Vollnhals]], 1996: ''Die Kirchenpolitik von SED und Staatssicherheit: eine Zwischenbilanz'', Band 7 von Analysen und Dokumente, Ch. Links Verlag, ISBN 3-86153-122-4, S. 116 ({{Google Buch |BuchID=7i5Ac0Taty4C |Seite=116}}).</ref><ref>[[Heinrich August Winkler]]: FAZ, 5. Dezember 1991</ref><ref>Holger Kremser (1993): Der Rechtsstatus der evangelischen Kirchen in der DDR und die neue Einheit der EKD. J.C.B. Mohr, Tübingen. S. 157 ({{Google Buch|BuchID=zhSBYsZ_4oEC|Seite=157}}).</ref><ref>{{Der Spiegel|ID=13491423|Titel=Den Heiner nimmt uns keiner|Autor=|Jahr=1991|Nr=50|Seiten=|Kommentar=}}</ref><ref name="welt-10980281">{{Internetquelle | url=http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article10980281/Das-Geheimnis-des-CDU-Chronisten.html | titel=Das Geheimnis des CDU-Chronisten | autor=Dirk Banse, Uwe Müller | werk=[[Die_Welt#Online-Ausgabe|welt.de]] | datum=2010-11-17 |zugriff=2018-10-7}}</ref><br />
<br />
=== Konziliarer Prozess ===<br />
Auf der VI. Vollversammlung des [[Ökumenischer Rat der Kirchen|Ökumenischen Rates der Kirchen]] (ÖRK) in [[Vancouver]] (Kanada) 1983 wurde beschlossen, sich unter der Bezeichnung [[Konziliarer Prozess]] auf den gemeinsamen Lernweg zu [[Gerechtigkeit]], Frieden und [[Bewahrung der Schöpfung]] zu begeben. Anlass war die zunehmende Stationierung von Massenvernichtungswaffen, die als Verbrechen gegen die Menschheit bezeichnet wurde. Um mehr bewirken zu können, wollten die christlichen Kirchen gemeinsam und verstärkt für Frieden eintreten.<ref>[[Ulrich Duchrow]] / [[Gerhard Liedke]]: Schalom. Der Schöpfung Befreiung, den Menschen Gerechtigkeit, den Völkern Frieden. Eine Arbeitshilfe zum konziliaren Prozeß, Stuttgart 1987</ref><br />
<br />
=== Pax Christi ===<br />
[[Pax Christi]] ist die internationale [[Katholizismus|katholische]] [[Organisation]] der Friedensbewegung, die zum Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] in Frankreich entstanden ist. In der [[Katholische Kirche|katholischen Kirche]] Deutschlands kam die Debatte um den genauen Inhalt des katholischen Pazifismus nur sehr mühsam in Gang, der in der 1963 von Papst [[Johannes XXIII.]] veröffentlichten Enzyklika [[Pacem in terris (Enzyklika)|Pacem in terris]]<ref>Bundesverband der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Deutschlands (Hrsg.): ''Texte zur katholischen Soziallehre''. 4. Aufl., Kevelaer 1977, S. 271–320</ref> und in dem Konzilsdokument [[Gaudium et Spes]] von 1965<ref>[[Karl Rahner]], [[Herbert Vorgrimler]]: ''Kleines Konzilskompendium''. 4. Aufl., Freiburg i.Br. 1968, S. 449–552</ref> die völlige Abschaffung des Krieges zum verbindlichen Ziel erklärt hatte. Während der Nachrüstungsdebatte um den [[NATO-Doppelbeschluss]] (1979–1984) positionierte sich Pax Christi eindeutig auf Seiten der politischen Friedensbewegung.<br />
<br />
=== Bewegung gegen Atomwaffen ===<br />
==== Großbritannien ====<br />
1955 und 1956 nahmen die Atomtests der Großmächte stark zu und bewirkten eine verstärkte Sorge über radioaktive Gefährdung in der britischen Bevölkerung. Die Bewegung zur nuklearen Abrüstung der 50er und 60er Jahre in Großbritannien war in der Folge eine der größten außerparlamentarischen Bewegungen in der modernen Geschichte des Landes. Eine zentrale Wurzel der ''Nuclear Disarmament Movement'' war radikaler Pazifismus und zu einem geringeren Teil die außerparlamentarische Linke.<ref>Richard K. S. Taylor: ''Against the Bomb'', S. 5</ref><br />
<br />
Der erste Anstoß zur Bewegung kam allerdings 1957 mit dem Hydrogen Bomb Campaign Committee von Seite der parlamentarischen Labour-Partei. Im Jahre 1957 entstanden auch viele andere kleinere Protestbewegungen gegen Atomwaffen und Atomwaffentests außerhalb von Labour. Das Direct Action Committee hatte seine Wurzeln hauptsächlich im Pazifismus. Es organisierte auch den ersten der sogenannten Aldermaston-Märsche 1958. Das ''National Council for the Abolition of Nuclear Weapons Tests'' war dann der Vorgänger des CND.<ref>Richard K. S. Taylor: ''Against the Bomb'', S. 5&nbsp;f.</ref><br />
<br />
==== Deutschland ====<br />
Am 12. April 1957 widersprach die [[Göttinger Erklärung]] von 18 anerkannten westdeutschen Atomwissenschaftlern (darunter die Nobelpreisträger [[Max Born]], [[Otto Hahn]] und [[Werner Heisenberg]]) den bekanntgewordenen Regierungsplänen für [[Atomwaffen in Deutschland]] und die [[Bundeswehr]] mit Atomwaffen auszurüsten bzw. diese im Rahmen der NATO auf deutschem Boden aufzustellen.<ref>[http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/83/aufstand_der_atomforscher.html spiegel.de vom 10. April 2007] [[Franz Walter (Politikwissenschaftler)|Franz Walter]]: ''Aufstand der Atomforscher''</ref> 1958 kam es auf Initiative von SPD, DGB und kirchlichen Gruppen zur Gründung des Ausschusses [[Kampf dem Atomtod]]. Dieser organisierte eine Reihe von Massendemonstrationen gegen die atomare Bewaffnung.<br />
<br />
1959 löste sich diese Opposition auf, nachdem SPD und DGB eine Volksbefragung ablehnten und die NATO zwar der Bundeswehr eigene Atomwaffen verweigerte, aber nicht deren Aufstellung unter der Schlüsselgewalt der USA.<br />
<br />
Als Kontinuitätslinie zu diesem Massenprotest etablierten sich ab 1960 die jährlichen [[Ostermarsch|Ostermärsche]] in Westdeutschland. Später kam die ''Kampagne für Demokratie und Abrüstung'' hinzu. Die Göttinger Wissenschaftler um [[Carl Friedrich von Weizsäcker]] schufen mit der Zeitschrift ''Atomzeitalter'' ein Forum, das die Kritik an der Einbeziehung von Atomwaffen in die westliche und östliche Militär- und Sicherheitspolitik aufrechterhielt und die Basis für eine unabhängige [[Friedensforschung]] in Deutschland legte.<br />
<br />
== Opposition gegen den Vietnamkrieg ==<br />
{{Hauptartikel|Vietnamkrieg#Politische Wirkungen|titel1=„Politische Wirkungen“ im Artikel Vietnamkrieg}}<br />
<br />
=== Vereinigte Staaten ===<br />
Seit dem Eintritt der USA in den [[Vietnamkrieg]] 1963 begannen dort und in Westeuropa Proteste dagegen, die sich besonders seit den Bombardierungen Nordvietnams 1965 verstärkten. Diese Proteste wurden ein Hauptanliegen der [[Studentenbewegung]]en in den USA und Westeuropa. Damit gewann eine Antikriegsbewegung erstmals seit 1945 eine größere gesellschaftliche und internationale Relevanz.<br />
<br />
In den USA fielen Kriegsopposition, Hippie- und Bürgerrechtsbewegung zeitlich und zum Teil soziologisch zusammen. Viele Vietnamkriegsgegner deuteten das Engagement der USA in Indochina als imperialistischen Angriffskrieg und sahen die Militäraktionen der nordvietnamesischen [[Nationale Front für die Befreiung Südvietnams|FNL]] wie auch anderer Befreiungsbewegungen in Ländern der sogenannten ''[[Dritte Welt|Dritten Welt]]'' als legitime Notwehr an; manche unterstützten solche Gruppen materiell.<br />
<br />
Eine wichtige Rolle für die Verbreitung dieser Kriegsopposition spielten die unzensierten Fernsehberichte, die weltweit realistische Bilder der Kriegsgräuel und Leiden der Zivilbevölkerung Vietnams zeigten. Auch das Bekanntwerden von fingiertem Kriegsanlass ([[Tonkin-Zwischenfall]]), des Einsatzes völkerrechtswidriger Kampfmittel (z.&nbsp;B. [[Agent Orange]], [[Napalm]], Entlaubung), von Kriegsverbrechen wie dem [[Massaker von Mỹ Lai|Massaker von My Lai]] trugen zur Ablehnung dieses Krieges bei. Die verlustreiche [[Tet-Offensive]] der NFL von 1968 bewirkte einen Meinungsumschwung in den USA: Eine Bevölkerungsmehrheit betrachtete das militärische Engagement der USA nun als aussichtslos, die oft wiederholten Versprechen eines baldigen Sieges als unglaubwürdig, und verlangte die baldige Einstellung der Kriegshandlungen.<ref>Marc Frey: ''Geschichte des Vietnamkriegs.'' München 2006, S. 167–172; Ingrid Gilcher-Holtey: ''Die 68er Bewegung: Deutschland, Westeuropa, USA.'' Beck, 4. Auflage, München 2008, ISBN 3-406-47983-9, [https://books.google.de/books?id=Ok4rLVf389EC&pg=PA73 S. 73]</ref> <br />
<br />
Dabei waren sich die Kriegsgegner in den USA nicht einig über Art und Ziele ihrer Protestaktionen. Liberale Aktivisten wollten nur den Abzug der Bodentruppen erreichen und hielten radikale Antikriegsaktionen dazu für hinderlich, da sie die Bevölkerungsmehrheit eher abstoßen würden.<ref>Simon Hall: ''Peace and Freedom – The Civil Rights and Antiwar Movements in the 1960s.'' 2006, S. 158</ref> Die zunehmende Ablehnung des Vietnamkriegs in den USA, die [[Kriegsmüdigkeit]] der kämpfenden US-Soldaten, militärische Erfolge des Vietcong und die Wahl des Nachfolgers von [[Präsident der Vereinigten Staaten|US-Präsident]] [[Lyndon B. Johnson]] trugen dazu bei, dass sich die USA bis 1974 aus Vietnam zurückzogen. Bis dahin waren etwa 50.000 Kriegsdienstverweigerer in das Nachbarland [[Kanada]] geflohen. Die Wehrpflicht wurde in den USA nach den Erfahrungen mit den Vietnam-Protesten abgeschafft.<br />
<br />
=== Bundesrepublik Deutschland ===<br />
Hier bildete die Opposition gegen den Vietnamkrieg ein Hauptanliegen der [[Außerparlamentarische Opposition|APO]]. So führte der [[Sozialistischer Deutscher Studentenbund|Sozialistische Deutsche Studentenbund]] (SDS) unter der Leitung von [[Rudi Dutschke]] im Februar 1968 einen großen Vietnamkongress in [[West-Berlin]] durch, der mit der bis dahin größten Demonstration gegen diesen Krieg abgeschlossen wurde.<br />
<br />
Im Zusammenhang dieser Opposition nahm die [[Kriegsdienstverweigerung in Deutschland|Kriegsdienstverweigerung in Westdeutschland]] enorm zu. 1968 verweigerten etwa 12.000 (1967: 6.000) Wehrpflichtige die Bundeswehrausbildung, darunter viermal so viele Soldaten wie 1967, und bis 1972 verdreifachte sich die Gesamtzahl nochmals. Zugleich wurden viele Anträge von Verweigerern nicht mehr prinzipiell pazifistisch, sondern situationsbedingt und politisch begründet. Manche verweigerten zudem Befolgung von Befehlen, verbrannten öffentlich ihre Wehrpässe und Uniformen.<br />
<br />
Infolge dieser Entwicklung kam es zu Überlegungen einer Reform des bisherigen KDV-Anerkennungsverfahrens bei SPD und FDP. Auch die politische Bildung von Soldaten sollte verbessert werden.<br />
<br />
== Neue Friedensbewegung ==<br />
Mit der Entwicklung neuer Waffenarten, besonders aber seit der Vereisung der Beziehungen zwischen den Supermächten infolge des [[NATO-Doppelbeschluss]]es am 12. Dezember 1979 und des [[Sowjetisch-Afghanischer Krieg|Einmarsches der Sowjetunion in Afghanistan]] am 25. Dezember 1979 entstand eine neue, breitere und vielschichtigere Friedensbewegung in Westeuropa und Nordamerika, die auch in den Ostblock ausstrahlte.<br />
<br />
=== Gegen die Neutronenbombe in den USA ===<br />
Ab 1977 löste die Entwicklung der [[Kernwaffe#Neutronenbomben|Neutronenbombe]] in den [[Vereinigte Staaten|USA]] einen weltweiten Aufschwung der Friedensbewegung aus. Viele Menschen empfanden deren angebliche Fähigkeit, Leben zu vernichten, aber Bauten und Material zu schonen, als „Perversion menschlichen Denkens“ ([[Egon Bahr]]). Als typische Protestform gegen diese Bombe entwickelte sich in den USA und in Australien das [[Die-in]], bei dem sich die Demonstranten auf ein Signal plötzlich wie tot auf die Erde legten.<br />
<br />
=== Gegen den Nato-Doppelbeschluss ===<br />
[[Datei:DemonstrationRaketenStationierung1982.jpg|mini|Demonstranten verbrennen die Flagge der USA vor einem US-Militärstützpunkt in Deutschland, Dezember 1982]]<br />
<br />
Von 1979 bis 1983 gab es starke Proteste gegen den [[NATO-Doppelbeschluss]] und die atomare Hochrüstung in Westeuropa und den USA. Der Doppelbeschluss sah die Stationierung der atomar bestückten US-amerikanischen Mittelstreckenraketen [[Pershing II]] und Marschflugkörper [[BGM-109 Tomahawk|BGM-109G Cruise Missile]] in fünf NATO-Staaten Westeuropas als Antwort auf die Stationierung der neuen sowjetischen [[RSD-10|SS 20]]-Raketen vor.<ref>Lothar Schröter: ''Die NATO im Kalten Krieg. Die Geschichte des Nordatlantikpaktes bis zur Auflösung des Warschauer Vertrages – eine Chronik'', Bd. 2: ''1976–1991''. Homilius, Berlin 2009, ISBN 978-3-89706-915-2, S. 755.</ref> Die Friedensbewegung kritisierte, dass die amerikanischen Mittelstreckenwaffen in der Lage waren, die sowjetische Hauptstadt fast ohne Vorwarnzeit zu treffen. Viele verwiesen auf den in den USA öffentlich diskutierten Plan von [[Pentagon]]-Strategen wie [[Colin S. Gray]], die sowjetischen Kommandozentralen bei einem Atomkrieg durch einen Überraschungsangriff zu zerstören und sowjetische Vergeltungsschläge so weitgehend auf Europa zu begrenzen.<ref>Colin S. Gray, Keith Payne: ''Victory is possible.'' In: Foreign Policy, Washington, Nr. 39/ 1980. Übersetzt und zitiert bei Günter Neuberger: ''Der Plan Euroshima; aus Reden und Schriften von Ronald Reagan, Alexander Haig, Caspar Weinberger und anderen.'' Pahl-Rugenstein, Köln 1982, ISBN 3760906885, S. 24</ref> Über vier Millionen Menschen unterzeichneten 1980–1983, mitten im [[Kalter Krieg|Kalten Krieg]]<ref>Karl-Wilhelm Gellissen: {{Webarchiv|text=Der Krefelder Appell |url=http://www.heimat-krefeld.de/website/dieheimat/2006/77_2006_gesamt/161-164.pdf |wayback=20121120182453 |archiv-bot=2018-04-10 22:45:49 InternetArchiveBot }}, in: ''Die Heimat'' Band 77 / 2006, S. 161. Umfassende bebilderte Dokumentation (PDF-Datei; 235 kB), abgerufen am 28. Dezember 2016.</ref>, den [[Krefelder Appell]] gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstrecken-Atomwaffen in Europa. 1983 verkündete US-Präsident [[Ronald Reagan]] seine [[Strategic Defense Initiative]] (SDI), die darauf hinauslief, das Territorium der USA mit Hilfe von Anti-Raketen-Raketen und weltraumgestützten Laserwaffen unverwundbar zu machen. <br />
Umstritten war der Nachrüstungsbeschluss auch in den Gewerkschaften des [[DGB]], deren Mitglieder und Jugendorganisationen teilweise mit der Friedensbewegung sympathisierten. Während der [[IG-Metall]] Vorsitzende [[Eugen Loderer]] die Nachrüstung befürwortete, verlangten andere Stimmen in der IGM Abrüstung und die Umstellung der deutschen Rüstungsbestriebe auf zivile Produktion.<ref>Vgl. Ulf Teichmann: ''Neue soziale Bewegung im Stahlwerk? Proteste für Frieden und Arbeit im Ruhrgebiet (1981-1984)'', in: [[Arbeit - Bewegung - Geschichte]], Heft III/2018, S. 91–108; sowie Jan Hansen: ''Schaffen Raketen Arbeitsplätze? Der Streit um die Nachrüstung und die Rüstungskonversion in den Gewerkschaften (um 1979 bis 1983)'', in: [[Arbeit – Bewegung – Geschichte]], Heft II/2016.</ref> Die dahingehenden Friedensaktivitäten der [[Deutsche Kommunistische Partei|DKP]] und ihrer Unterorganisationen standen im Einklang mit dem „Friedenskampf“ der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] und wurden vom dortigen [[Friedensrat der DDR|Friedensrat]] angeleitet. Dieser unterstand der Abteilung Auslandsinformation im [[Zentralkomitee der SED]].<ref>[http://martin-ebner.net/topics/culture/friedensbewegung/ Ferngesteuerte Friedensbewegung?] Artikel zum Forschungsprojekt „Plan und Realität: Die westdeutsche Friedensbewegung im politischen Kalkül der SED-Führung“ an der FU Berlin, abgerufen am 28. November 2014</ref><br />
<br />
[[Datei:Friedenstaube weiss blau kreis.svg|links|mini|Friedenstaube: Zeichen vieler Friedensdemonstrationen der Jahre 1980–1984]]<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1982-0529-012, Schwerin, Pfingsttreffen der Jugend.jpg|mini|Friedensdemonstration beim [[Freie Deutsche Jugend#Pfingsttreffen und sonstige Großtreffen|Pfingsttreffen der Jugend]] in [[Schwerin]] im Mai 1982]]<br />
<br />
Eine der ersten großen Friedensdemonstrationen fand anlässlich des [[Deutscher Evangelischer Kirchentag 1981|Deutschen Evangelischen Kirchentages im Juni 1981 in Hamburg]] statt. Am [[Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1981|10. Oktober 1981]] demonstrierten im Bonner Hofgarten mehr als 300.000 Menschen friedlich gegen Atomwaffen; am 25. Oktober 1981 demonstrierten 200.000 Menschen in Brüssel, am 21. November 400.000 Menschen in [[Friedensdemonstration in Amsterdam 1981|Amsterdam]]. In Bonn und Berlin fanden 1982 anlässlich eines [[Deutschlandbesuch des US-Präsidenten 1982|Staatsbesuches von US-Präsident Ronald Reagan]] große Friedensdemonstrationen statt, am [[Friedensdemonstration in Bonn 1982|10. Juni auf den Bonner Rheinwiesen]] mit ca. 500.000 und am 11. Juni in Berlin mit ca. 50.000 Menschen. Auch die [[Ostermarsch|Ostermärsche]] mobilisierten 1981–1984 regelmäßig Hunderttausende in zahlreichen Städten und Regionen Westdeutschlands. Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT) 1983 in Hannover waren es wieder Hunderttausende, und am 22. Oktober 1983 demonstrierten in [[Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1983|Bonn]], Berlin, Hamburg sowie zwischen Stuttgart und Ulm insgesamt 1,3 Millionen Menschen. Zwischen Stuttgart und Ulm entstand eine [[Menschenkette von Stuttgart nach Neu-Ulm|durchgehende Menschenkette]]. Weitere Großdemonstrationen folgten in Brüssel (am 23. Oktober 1983, mit 400.000 Menschen) und in Den Haag (am 29. Oktober 1983, mit 550.000 Menschen). Auf den Demonstrationen sprachen u.&nbsp;a. [[Gert Bastian]], [[Joseph Beuys]], [[Heinrich Böll]], [[Willy Brandt]], [[Helmut Gollwitzer]], [[Günter Grass]], [[Petra Kelly]], [[Oskar Lafontaine]], [[Martin Niemöller]], [[Horst-Eberhard Richter]] und [[Dorothee Sölle]]. Die [[Bots]], [[Franz Josef Degenhardt]], [[Maria Farantouri]], [[Hanns Dieter Hüsch]], [[Fasia Jansen]], [[Hannes Wader]], [[Bettina Wegner]] und andere Musiker und Liedermacher beteiligten sich mit eigenen Liedern an den Kundgebungen. Zu den Organisatoren gehörten Bastian, Kelly, [[Jo Leinen]], [[Gunnar Matthiessen]], [[Eva Quistorp]], [[Josef Weber (Friedensaktivist)|Josef Weber]] und [[Andreas Zumach]].<br />
<br />
Man entwickelte vielfältige gewaltfreie Aktionen, die auch Rückhalt in der Bevölkerung fanden, zum Beispiel [[Sitzblockade]]n vor Atomstandorten und Raketenabwehrstellungen, „Rüstungssteuerverweigerung“, Kampagnen gegen Rüstungsexporte, „[[Fasten]] für den Frieden“, [[Menschenkette]]n.<br />
<br />
[[Datei:LebenLaute.jpg|mini|„Konzertblockade“ der Gruppe ''Lebenslaute'']]<br />
[[Datei:Mahnwachen für den Frieden in Bremen.JPG|mini|Seit 1982 jeden Donnerstag Mahnwache für den Frieden in Bremen]]<br />
<br />
Bekannt wurden zum Beispiel die Proteste und gewaltfreien [[Sitzblockade]]n des Pershing-II-Depots auf der [[Mutlanger Heide]]. In dem kleinen Ort mit etwa 5500 Einwohnern auf der Schwäbischen Alb gab es jahrelang Friedensaktionen. Eine Gruppe von Aktivisten wollte [[Mutlangen]] erst wieder verlassen, wenn die Pershing-II-Atomwaffen entfernt seien; sie lebten in der ''Pressehütte Mutlangen''<ref>[http://www.pressehuette.de/ Pressehütte Mutlangen]</ref>, die Anwohner zur Verfügung stellten. Bekannt wurden auch die „Seniorenblockade“ (600 ältere Menschen blockierten mehrere Tage lang die Basis), die „Konzertblockade der Lebenslaute“<ref>[http://www.lebenslaute.de/ Konzertblockade der Lebenslaute]</ref> (ein ganzes Sinfonieorchester blockierte musizierend die Tore zum Raketenstandort) und die „Richterblockade“ (etwa 20 Richter entschlossen sich, das Widerstandsrecht nach dem [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]]-[[Artikel 20 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland|Artikel 20]] über den §&nbsp;240 des [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|Strafgesetzbuches]] ([[Nötigung (Deutschland)|Nötigung]]) zu stellen). Am 22. November 1983 versuchten mehrere zehntausend Menschen, unter Verstoß gegen die [[Bannmeile]] den deutschen Bundestag in Bonn zu blockieren. Gleichwohl stimmte der Bundestag gegen zahlreiche Stimmen aus der SPD und die Stimmen der Grünen der Raketenstationierung zu.<br />
<br />
Im [[Hunsrück]] auf der [[Pydna (Raketenbasis)|Pydna]] wurden 1986 – von US-Streitkräften gesichert – 96 abschussbereite [[Cruise Missile]]s mit [[Atomsprengkopf|Atomsprengköpfen]] stationiert. Der Protest der Bevölkerung gipfelte am 11. Oktober 1986 in der größten Demonstration im Hunsrück. Rund 200.000 Menschen, an deren Spitze der Friedensaktivist und evangelische Pfarrer [[August Dahl]], protestierten friedlich gegen die Stationierung der Marschflugkörper. Von 1983 bis 1993 fanden in Reckershausen [[Frauenwiderstandscamp]]s gegen die Stationierung sowie gegen die Verknüpfung von Militarismus und Sexismus statt. Von diesen Camps, zu denen aus dem gesamten Bundesgebiet, aber auch aus anderen Ländern Frauen mobilisiert wurden, gingen vielfältige feministische Protestaktionen aus.<br />
<br />
Grundsätzlich richteten sich Proteste gegen die atomare Aufrüstung insgesamt, wenn auch in geringerem Maße gegen die der [[Sowjetunion|UdSSR]] und des Ostblocks als die im eigenen Land. Die meisten Anhänger der Friedensbewegung waren der Auffassung, dass jedes Volk sich vor allem um die Abrüstung im eigenen Land kümmern müsse. Thorsten Bonacker vom Zentrum für Konfliktforschung der [[Philipps-Universität Marburg|Universität Marburg]] stellte fest, die Friedensbewegung habe ihre politischen Forderungen immer vor allem an die westliche Seite gerichtet.<ref>[http://www.handelsblatt.com/panorama/aus-aller-welt/friedensbewegung-mehrere-tausend-teilnehmer-bei-ostermaerschen/9783092.html ''Friedensbewegung | Mehrere tausend Teilnehmer bei Ostermärschen''], in ''[[Handelsblatt]]'' vom 19. April 2014</ref><br />
<br />
Die Friedensbewegung führte unter anderem 1980 zur Gründung der Partei der [[Bündnis 90/Die Grünen|Grünen]]. 1981 gründete der ehemalige General [[Gert Bastian]] die Gruppe [[Generale für den Frieden]]. Einige der Mitglieder standen, wie sich später herausstellte, unter dem Einfluss des [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]] der DDR. Im Juni 1984 gründete sich die [[Friedensliste]], die im selben Jahr zu den [[Europawahl]]en und 1987 zu den Bundestagswahlen antrat, allerdings konnte sie keine Mandate erringen.<br />
<br />
{| class="wikitable sortable"<br />
|+Auflistung einiger ausgewählter herausragender Demonstrationen und Aktionen gegen die Nachrüstung in der Bundesrepublik Deutschland<br />
! Datum<br />
! Ort<br />
! Geschätzte Teilnehmerzahl<br />
! Anlass, Veranstaltung, Motto<br />
|- valign="top"<br />
| 20. Juni 1981<br />
| [[Hamburg]]<br />
| 120.000<br />
|[[Deutscher Evangelischer Kirchentag 1981|19. Evangelischer Kirchentag]]. „Fürchtet Euch, der Atomtod bedroht uns alle.“ Für eine [[Atomwaffenfreie Zone]] in Europa und gegen die Nachrüstung.<br />
|- valign="top"<br />
| 10. Oktober 1981<br />
| Bonn<br />
| 350.000<br />
| Staatsbesuch Ronald Reagans. [[Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1981]]: „Aufstehen! Für den Frieden“<br />
|- valign="top"<br />
| 21. November 1981<br />
| Amsterdam<br />
| 400.000<br />
| [[Interkirchlicher Friedensrat]]: „Schafft die Atomwaffen aus der Welt und zwar zuerst in den Niederlanden!“<ref>[[Friso Wielenga]]: ''Die Niederlande: Politik und politische Kultur im 20. Jahrhundert.'' Waxmann, 2008, ISBN 3-8309-1844-5, [http://books.google.de/books?id=GEqKAwAAQBAJ&pg=PA364 S. 364 f.]</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 15. Mai 1982<br />
| Wien<br />
| 70.000<br />
| Friedensmarsch von 260 Organisationen; „Entrüstet euch!“<ref>Manfried Rauchensteiner, Thomas Desch: ''Überlegungen zum Frieden.'' Deuticke, 1987, ISBN 3-7005-4578-9, S. 367</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 10. Juni 1982<br />
| Bonn<br />
| 500.000<br />
| [[Friedensdemonstration in Bonn 1982]]<br />
|- valign="top"<br />
| 12. Juni 1982<br />
| New York City<br />
| 1 Million<br />
| [[Nuclear Weapons Freeze Campaign]]: ''No Nukes Rally'' (bis dahin größte Demonstration in den USA)<ref>Detlev Preuße: ''Umbruch von unten: Die Selbstbefreiung Mittel- und Osteuropas und das Ende der Sowjetunion.'' Springer VS, 2014, ISBN 978-3-658-04971-3, [http://books.google.de/books?id=urckBAAAQBAJ&pg=PA220 S. 220.]</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 1. bis 8. August 1982<br />
| [[Engstingen#Haid|Engstingen-Haid]]<br />
| 700, aufgeteilt in 60 [[Affinity Group|Bezugsgruppen]]<br />
| Sitzblockade am [[Sondermunitionslager Golf]]. Erste Blockade eines Atomwaffenlagers in der Bundesrepublik.<ref>[http://www.friedenspaedagogik.de/themen/friedensbewegung/25_jahre_nach_der_demonstration_in_grossengstingen/fotos_der_aktion_in_grossengstingen/700_menschen_und_60_bezugsgruppen ''700 Menschen und 60 Bezugsgruppen''], Berghof Foundation</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 11. September 1982<br />
| Bochum<br />
| 200.000<br />
| [[Künstler für den Frieden]]<br />
|- valign="top"<br />
| 1. bis 3. September 1983<br />
| [[Mutlanger Heide]]<br />
| 1000<br />
| „[[Prominentenblockade]]“ zum [[Antikriegstag]] vor einem der drei Stationierungsorte der Pershing II.<ref>Udo Leuschner: [http://www.udo-leuschner.de/nachruestung/830901.htm ''Bildauswahl – Der Kampf gegen die „Nachrüstung“'']</ref> Auftakt zur Kampagne „[[Ziviler Ungehorsam]] bis zur Abrüstung“<ref>[http://www.pressehuette.de/buch.php?ID=5 Dokumentation der Kampagne ''Ziviler Ungehorsam bis zur Abrüstung.''] Pressehuette.de</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 22. Oktober 1983<br />
| bundes- und europaweit <br />
| D: 1,3 Millionen<ref>Gunilla Budde, Eckart Conze, [[Cornelia Rauh]]: ''Bürgertum nach dem bürgerlichen Zeitalter: Leitbilder und Praxis seit 1945.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-36850-3, [http://books.google.de/books?id=6rZNtOEwX0EC&pg=PA141 S. 141.]</ref><br />
| Aktionstag gegen die Nachrüstung im „[[Heißer Herbst|Heißen Herbst]]“, darunter die [[Menschenkette von Stuttgart nach Neu-Ulm]]<ref>[http://www.friedenskooperative.de/netzwerk/histo000.htm ''Vor 30 Jahren: Größte Friedensdemos der bundesdeutschen Geschichte''], Netzwerk Friedenskooperative, 22. Oktober 2013</ref> sowie die dritte große [[Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1983|Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten]]<br />
|- valign="top"<br />
| 29. Oktober 1983<br />
| Westeuropa<br />
| Den Haag: 550.000; Lissabon: 200.000; Kopenhagen: 100.000; Wien: 70.000; weitere Städte: 100.000<ref>Michael Ploetz, Hans-Peter Müller (Hrsg.): ''Ferngelenkte Friedensbewegung?'' Münster 2004, S. 342</ref> <br />
|}<br />
<br />
=== {{Anker|DDR}} In der DDR ===<br />
[[Datei:Schwerter Zu Pflugscharen.svg|links|mini|hochkant|Der Aufnäher [[Schwerter zu Pflugscharen]] als Symbol der unabhängigen DDR-Friedensbewegung]]<br />
Die in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] Staat und Gesellschaft beherrschende [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands]] (SED) verstand ihre Politik grundsätzlich als Friedenspolitik. Die Instrumente der parteigesteuerten Friedensbewegung waren der [[Friedensrat der DDR]], die [[Berliner Konferenz Europäischer Katholiken]] und die [[Christliche Friedenskonferenz]]. Bei offiziellen Demonstrationen und Kundgebung wurden hauptsachlich die USA und die NATO kritisiert.<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1984-0909-406, Berlin, OdF-Kundgebung.jpg|mini|[[Opfer des Faschismus|OdF]]-Kundgebung auf dem Bebelplatz in Ost-Berlin mit Friedenslosungen, 1984]]<br />
Seit Anfang der 1960er Jahre entwickelte sich im Umfeld der evangelischen Kirche eine eigenständige, pazifistisch orientierte [[Christen und Kirchen in der DDR#Friedensbewegung und Wende|Friedensbewegung]]. Es kursierten Diskussionspapiere zur Kriegsdienstverweigerung und über Methoden der gewaltfreien Verteidigung, die schließlich Anfang der 1980er Jahre eine nicht staatlich kontrollierte Friedensbewegung inspirierten („[[Schwerter zu Pflugscharen]]“).<br />Nicht zuletzt die Niederschlagung des [[Prager Frühling]]s im August 1968 gab dieser Bewegung Auftrieb. In ihrer Wendung auch gegen die Aufrüstung des [[Warschauer Pakt]]s bildete sie eine wichtige Keimzelle für eine lose organisierte [[DDR-Opposition|Opposition]] im realsozialistischen Teil Deutschlands. Der meist von Jugendlichen der intellektuellen [[Blueserszene]] getragene [[Aufnäher]] mit dem Symbol der Bronzeplastik vor der [[Vereinte Nationen|UNO]] ''„Schwerter zu Pflugscharen“'' von [[Jewgeni Wutschetitsch]] (einem Geschenk der [[Sowjetunion]] 1959) wurde öffentlich als Ausdruck der Friedenssehnsucht im Zeichen der systemübergreifenden atomaren Aufrüstung (siehe auch [[NATO-Doppelbeschluss]]) getragen. Der Staat reagierte repressiv, weil sich die Kritik auch gegen die eigene Hochrüstung richtete. Viele Jugendliche, die den Aufnäher nicht entfernten, wurden z.&nbsp;B. mit [[Exmatrikulation]]en, Nichtzulassung zum Abitur, Strafversetzung aus Betrieben etc. streng sanktioniert. In den 1980er Jahren waren die [[Friedensdekade]]n jeweils im November ein Kulminationspunkt dieser Bewegung, parallel dazu u.&nbsp;a.&nbsp;die [[Blues-Messe]]n.<br />
<br />
In der DDR fand mit dem [[Olof-Palme-Friedensmarsch]] 1987 die einzige genehmigte Demonstration der Opposition statt. Die seit Anfang der 1980er Jahre in der Leipziger [[Nikolaikirche (Leipzig)|Nikolaikirche]] stattfindenden Friedensgebete wurden 1989 zum Ausgangspunkt der [[Montagsdemonstrationen 1989/1990 in der DDR|Montagsdemonstrationen]] in Leipzig und anderen Orten. Dass die [[Wende in der DDR]] 1989 ohne Todesopfer möglich wurde, wird nicht zuletzt auch auf die Vorarbeit und Kontinuität von Friedensinitiativen, wie der [[Kirche von Unten (DDR)|Kirche von Unten]] oder den Aktivitäten der [[Umwelt-Bibliothek]] in der DDR zurückgeführt.<br />
<br />
== Nach dem Kalten Krieg ==<br />
Das Ende des Blockgegensatzes durch die Auflösung der UdSSR 1990 schuf Handlungsspielräume für friedliche Konfliktlösungen, die etwa zur Beendigung des [[Apartheid]]s-Regimes [[Südafrika]]s führten. Hoffnungen auf weitergehende Abrüstung und eine internationale Anstrengung zur Überwindung des weltweiten Armutsgefälles erfüllten sich nicht. Stattdessen entstanden neue Konflikte, Bedrohungen und Entwicklungen, darunter ethnische Vertreibung und Völkermord-Ansätze auf dem Balkan, Interventionskriege und der erste Kriegseinsatz der Bundeswehr seit ihrer Gründung.<br />
<br />
Darauf zeigten die außerparlamentarischen Friedensinitiativen zum Teil die früheren, im Kalten Krieg erlernten Reaktionsmuster, während andere neue Wege suchten. So waren die Antworten und Alternativen differenzierter und wurden nur punktuell von Massenprotesten getragen.<br />
<br />
=== Frankreich ===<br />
Frankreich hatte seit den 1950er Jahren eine eigene Atomstreitmacht und dazugehörige Rüstungsindustrie aufgebaut. Dort war auch kein Massenprotest gegen Atomtests entstanden wie in Großbritannien. Die [[Parti socialiste (Frankreich)|Sozialistische Partei]] befürwortete anders als andere europäische Linksparteien den Nato-Doppelbeschluss.<br />
<br />
Dennoch entstanden in den 1980er Jahren und danach einige unabhängige Friedensinitiativen: die [[Coordination française pour la Décennie]] pour la culture de la non-violence et de la paix, [[Mouvement pour une alternative non-violente]] (MAN), und die [[Union pacifiste de France]].<br />
<br />
=== Opposition gegen den Zweiten Golfkrieg ===<br />
[[Datei:NoAllaGuerra.jpg|miniatur|Demonstration gegen den [[Zweiter Golfkrieg|Zweiten Golfkrieg]], Venedig 1990]]<br />
<br />
Der [[Zweiter Golfkrieg|Zweite Golfkrieg]] 1990/91 beendete die Hoffnung vieler auf eine „Friedensdividende“, die man sich vom Ende des Ost-West-Konflikts versprochen hatte. Gegen diesen Krieg, den die USA in der [[Vereinte Nationen|UNO]] legitimieren konnten und der das militärische Ziel hatte, die irakischen Besatzungstruppen aus [[Kuwait]] zu vertreiben, protestierten weltweit Millionen Menschen. Allerdings „dämmerte die Einsicht, dass die Protestform der Demonstration an ein vorläufiges Ende gelangt sei und der Weg vom Protestieren zum positiven Frieden (Buro 1997) konsequenter gegangen werden müsse“. So wurde das Thema der Friedensbewegung der 1990er Jahre die Verbindung von Protest gegen militärische und Eintreten für zivile Konfliktbearbeitung.<br />
<br />
Eine große Herausforderung war dabei der [[Jugoslawienkrieg]], der auch innerhalb der Friedensbewegung zu hitzigen Auseinandersetzungen zwischen [[Bellizismus|Bellizisten]] und [[Pazifismus|Pazifisten]] führten. Es gab zwar keine nennenswerten zentralen Großdemonstrationen mehr, aber viele dezentrale Aktivitäten: vielfältige Hilfsmaßnahmen für Kriegsflüchtlinge, Unterstützung einheimischer Kriegsdienstverweigerer, konkrete Versöhnungsprojekte in den Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawiens. Allerdings zeigte der brutale Bosnienkrieg auch eine gewisse Hilflosigkeit der neuen Friedensbewegung. Wie friedensstiftendes Handeln vor, in und nach den „neuen Kriegen“ aussehen kann, musste und muss als neue Herausforderung weiter entwickelt werden. Ansätze hierzu werden unter dem Stichwort [[zivile Konfliktbearbeitung]] beziehungsweise [[ziviler Friedensdienst]] erprobt.<br />
<br />
=== Opposition gegen den Kosovokrieg ===<br />
Der völkerrechtlich sehr umstrittene [[Kosovokrieg|Einsatz der NATO im Kosovo]] beziehungsweise gegen (Rest-)Jugoslawien im Jahr 1999 (als [[humanitäre Intervention]] bezeichnet) löste wieder starke öffentliche Proteste der Friedensbewegung aus.<br />
<br />
=== Globale Bewegung gegen den Irakkrieg 2003 ===<br />
[[Datei:Inaug-protestors.JPG|miniatur|Friedenskundgebung in den USA|rechts]]<br />
[[Datei:J20 antiwar dc.jpg|miniatur|Antikriegsdemonstranten zur zweiten Amtseinführung von George W. Bush am 20. Januar 2005]]<br />
<br />
2003 agierte die Friedensbewegung in vorher nicht dagewesenem Ausmaß global. Auf der ganzen Welt fanden Demonstrationen gegen den diesmal nicht von der UNO legitimierten [[Irakkrieg]] der USA und ihrer Verbündeten statt. Am 15. Februar 2003 demonstrierten weltweit über zehn Millionen Menschen gegen den drohenden Irakkrieg, die meisten davon in Europa. Allein in Berlin gingen etwa 500.000 Menschen auf die Straße.<br />
<br />
Am „Tag X“ des Bombardierungsbeginns demonstrierten erneut weltweit Millionen Menschen dagegen. In vielen deutschen Städten nahmen Schüler während der Schulzeit daran teil.<br />
<br />
Schon Kundgebungen am 20. Januar in [[Washington, D.C.]] anlässlich der Amtseinführung von George W. Bush waren gleichzeitig Friedensdemonstrationen gewesen.<br />
<br />
=== Israelisch-Palästinensischer Konflikt ===<br />
Im [[Israelisch-Palästinensischer Konflikt|Israelisch-Palästinensischen Konflikt]] engagiert sich die Friedensbewegung [[Schalom Achschaw]] in [[Israel]] für Frieden und eine historische Versöhnung mit dem palästinensischen Volk.<br />
<br />
Eine von zahlreichen zivilen Gruppen, die sich für eine [[Zweistaatenlösung]] einsetzen, ist die 2012 gegründete bi-nationale Initiative „Zwei Staaten, eine Heimat“, deren Zielvorschlag ein konföderatives Modell ist.<ref>{{Internetquelle|url=http://2states1homeland.org/en|titel=Two States One Homeland, Together and Separate|datum=2015|zugriff=2017-09-04|sprache=en|kommentar=}}</ref><ref>{{Internetquelle|autor=|url=http://www.rosalux.org.il/dokumentiert-zwei-staaten-eine-heimat/|titel=Dokumentiert: Zwei Staaten, eine Heimat|werk=Rosa-Luxemburg-Stiftung Israel Office|datum=2017-05-04|zugriff=2017-09-04|kommentar=Übersetzung des Gründungsdokuments}}</ref><ref>{{Internetquelle|autor=Inge Günther|url=http://www.fr.de/politik/nahost-konflikt-zwei-staaten-eine-heimat-a-306747|titel=Zwei Staaten, eine Heimat|werk=[[Frankfurter Rundschau]]|datum=2016-09-23|zugriff=2017-09-04}}</ref><br />
Sie wird zum Beispiel vom US-amerikanischen Rabbiner [[Shlomo Riskin]] unterstützt.<ref>{{Internetquelle|autor=Toi Staff|url=http://www.timesofisrael.com/settlers-palestinians-come-together-in-seeking-eu-model-end-to-conflict/|titel=Settlers, Palestinians come together to seek EU-model end to conflict|werk=[[The Times of Israel]]|datum=2016-03-28|zugriff=2017-09-04|sprache=en}}</ref><br />
<br />
== Gegenwart ==<br />
=== Kritik am EU-Verfassungsentwurf ===<br />
2004 und 2005 machte die westeuropäische Friedensbewegung den Entwurf für eine [[EU-Verfassung]], besonders dessen militär- und verteidigungspolitischen Inhalte, zum Hauptthema ihrer Proteste. Kritisiert wurden etwa die Festschreibung möglicher weltweiter EU-Kampfeinsätze, die Ausdehnung des Einsatzspektrums einer europäischen Armee und eine Aufrüstungsverpflichtung für die einzelnen Staaten (Artikel I-41 der EU-Verfassung: ''Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern.'').<br />
<br />
Eine entsprechende Aufklärungskampagne fand in [[Deutschland]] anders als den [[Benelux]]-Ländern und [[Frankreich]] jedoch kaum öffentliches Gehör. Bei nationalen [[Referendum|Volksabstimmungen]] in Frankreich (Mai 2005) und den [[Niederlande]]n (Juni 2005) verbündeten sich die dortigen Friedensbewegungen mit anderen Verfassungsgegnern. Die Ablehnung und Kritik fanden dort jeweils breite Zustimmung.<br />
<br />
=== Proteste gegen öffentliche Gelöbnisse ===<br />
Seit Wiedereinführung öffentlicher Vereidigungen von [[Rekrut]]en der [[Bundeswehr]] (1977) stieß diese Praxis auf regelmäßige Proteste aus der Friedensbewegung und Skepsis in manchen Medien.<ref>Beispiele: Lars Langenau: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,253181,00.html ''Hamburgs öffentliches Gelöbnis: Müde Massen am militärischen Sperrgebiet''], Der Spiegel, 16. Juni 2003; {{Webarchiv | url=http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1096637.html | wayback=20080722102458 | text=''Bundeswehr-Gelöbnis: Pazifisten-Ekstase und preußische Rituale'', Netzeitung 21. Juli 2008}}</ref> (Siehe dazu [[Feierliches Gelöbnis]].)<br />
<br />
=== Einzelkampagnen ===<br />
[[Datei:Bombing-virginity.jpg|mini|Foto eines Demotransparents mit Aufschrift ''Bombing for Peace is like Fucking for Virginity'' (als Verlagswerbung für ein Buch gesehen am 5. Oktober 2013 in Essen)]]<br />
Einzelne Gruppen in der Friedensbewegung konzentrieren sich auf Themen wie die Abschaffung bestimmter Waffengattungen, etwa die ''[[International Physicians for the Prevention of Nuclear War|Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs]]'' oder die ''[[International Campaign to Ban Landmines|Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen]]''. Diese 1992 gegründete Bürgerinitiative erreichte in fünf Jahren ein internationales Abkommen zum Verbot von [[Landmine]]n, das bisher von 40 meist kleineren und von den Folgen solcher Waffen betroffenen Staaten unterzeichnet wurde: die [[Ottawa-Konvention]]. Die von [[Jody Williams]] gegründete Initiative erhielt deshalb 1997 den Friedensnobelpreis.<br />
<br />
Kampagnen gegen [[Streumunition]] verstärken infolge erheblicher Zustimmung in der Weltöffentlichkeit auch den Druck auf andere Staaten – besonders die Hauptrüstungsexporteure USA, Russland und China –, solchen Verbotsverträgen zuzustimmen. Sie begleiten auch die Kritik an Kriegen, in denen diese Waffenarten eingesetzt wurden und werden, z.&nbsp;B. den [[Libanonkrieg 2006]] und den [[Kaukasus-Konflikt 2008]].<br />
<br />
== Kritik ==<br />
=== Appeasement ===<br />
Diese Kritik setzt Pazifismus und [[Appeasement]], das heißt eine nachgiebige, verständigungsbereite Außenpolitik gegenüber kriegsbereiten Diktaturen, miteinander gleich und wirft deren Anhängern vor, diese zu stärken, ihre Beseitigung zu erschweren und damit Krieg insgesamt eher zu fördern.<br />
<br />
In diesem Sinne nannte [[Winston Churchill]] pazifistische Studenten der Oxford University, die 1933 eine Resolution zur Verständigung mit dem nationalsozialistischen Deutschland veröffentlicht hatten, „unerfahrene, falsch erzogene Jugend“, deren Haltung ein „sehr beunruhigendes und widerwärtiges Symptom“ sei.<ref>zitiert nach Robert Cohen: ''When the old Left was Young'', S. 80</ref> Der britische Liberale [[Robert Bernays]] berichtete dem britischen Unterhaus 1934 von Reaktionen eines Nationalsozialisten auf diese Oxforder Friedensresolution bei seinem Deutschlandbesuch:<br />
<br />
{{Zitat-en|He was asking about this pacifist motion and I tried to explain it to him. There was an ugly gleam in his eye when he said, ‘The fact is that you English are soft’. Then I realized that the world enemies of peace might be the pacifists.}}<br />
<br />
Der westdeutschen Friedensbewegung der 1980er Jahre warfen ihre politischen Gegner parteiübergreifend gesinnungsethische Naivität gegenüber der Sowjetunion vor. Dabei wurden auch historische Vergleiche angestellt. [[Heiner Geißler]] (CDU) erklärte am 15. Juni 1983 im Bundestag:<ref>[http://www1.wdr.de/stichtag/stichtag3566~_mon-062008_tag-15062008.html ''Vor 25 Jahren: Heiner Geißler hält „Skandalrede“ im Bundestag: „Pazifismus hat Auschwitz möglich gemacht“''], WDR, 15. Juni 2008</ref><br />
<br />
{{Zitat|Der Pazifismus der 30er Jahre, der sich in seiner gesinnungsethischen Begründung nur wenig von dem unterscheidet, was wir in der Begründung des heutigen Pazifismus zur Kenntnis zu nehmen haben, dieser Pazifismus der 30er Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht.}}<br />
<br />
Geißler stieß damit auf heftigen Widerspruch bei SPD und Grünen; [[Willy Brandt]] bezeichnete ihn deshalb noch 1985 in einer Wahlkampfdebatte als „schlimmsten Hetzer seit [[Joseph Goebbels|Goebbels]]“.<ref>{{Der Spiegel|ID=13514192 |Titel=„Der schlimmste Hetzer in diesem Land“ |Jahr=1985 |Nr=21 |Datum=1985-05-20 |Seiten=28–30}}</ref><br />
<br />
Im Bosnien- und Kosovokonflikt der 1990er Jahre wurden ähnliche Vorwürfe an die deutsche Friedensbewegung laut:<ref>Richard Faber, Barbara Neumann: ''Literatur der Grenze, Theorie der Grenze'', S. 135</ref><br />
{{Zitat|Der mangelnde politische Wille, angesichts der serbischen Aggression und der sogenannten ethnischen Säuberungspolitik wirkungsvoll tätig zu werden, gibt gerade wegen der Parallelen zur westlichen Appeasement-Politik der dreißiger Jahre zu denken. Auch die Verlegenheit der Friedensbewegung und des Pazifismus angesichts dieser Tatsache verweisen zurück auf diese Erfahrungen.}}<br />
<br />
[[Wolf Biermann]] kritisierte die deutsche Bewegung gegen den Irakkrieg von 2003, indem er auf die Gefährdung Israels durch [[Saddam Hussein]]s Raketenangriffe verwies. Er warnte mit Anspielung auf das Diktum von Joseph Goebbels zum „[[Totaler Krieg|totalen Krieg]]“ vor einem „totalen Frieden“, d.&nbsp;h. einem Frieden um jeden Preis.<ref>{{Der Spiegel|ID=26448585 |Autor=Wolf Biermann |Titel=Brachiale Friedensliebe |Jahr=2003 |Nr=9 |Datum=2003-02-24 |Seiten=144–147}}</ref><br />
<br />
Westlichen Friedensbewegungen werfen Kritiker auch allgemein falsche Wahrnehmung von Kriegsursachen und [[Verschwörungstheorie|verschwörungstheoretisches]] Denken vor:<ref>Michael Ploetz, Hans-Peter Müller: ''Ferngelenkte Friedensbewegung?'', S. 113</ref><br />
{{Zitat|Tatsächlich beruhte der relative Erfolg der Friedensbewegung nicht zuletzt auf der Popularität von verschwörungstheoretischen Erklärungsmustern, die die gesamte westliche Politik auf die Ränkespiele des militärisch-industriellen Komplexes zurückführten und die parlamentarische Politikebene als bloße Fassade darstellten.}}<br />
<br />
=== Fernlenkung, Missbrauchbarkeit, Einseitigkeit ===<br />
Häufig werden Friedensbewegungen innenpolitisch als verlängerter Arm feindlicher Staaten dargestellt. Sie würden von diesen ideologisch beeinflusst, personell gelenkt oder unterwandert und politisch benutzt, um deren Interessen durchzusetzen.<br />
Diesen Vorwurf machte man in den 1950er Jahren Gruppen innerhalb der damaligen westlichen Opposition gegen Atomwaffen, die wie der [[Weltfriedensrat]] maßgeblich von kommunistischen Intellektuellen geführt (und von der Sowjetunion finanziert) wurden. Diese stießen auch innerhalb der damaligen Friedensbewegung auf Kritik, da sie sowjetkritische Stimmen wie [[Bertrand Russell]] zu diskreditieren und zu isolieren versuchten.<ref>Alan Schwerin: ''Bertrand Russell on Nuclear War, Peace, and Language.'' S. 16&nbsp;ff.</ref> Dem Weltfriedensrat der 1950er Jahre wurde eine prokommunistische und antiamerikanische Einstellung vorgeworfen.<ref>Gernot Heiss und Heinrich Lutz: ''Friedensbewegungen Bedingungen und Wirkungen'', Band 2, 1984, S. 153</ref><br />
<br />
Verschiedene Autoren beschrieben den Einfluss von SED und MfS auf die westdeutschen Anti-Nachrüstungs-Bewegung der 1980er Jahre, besonders auf manche Führungsstrukturen.<ref>zum Beispiel [http://www.kas.de/wf/doc/kas_2877-544-1-30.pdf Udo Baron: ''Zur heute nachweisbaren Einflussnahme von SED und MfS – Die verführte Friedensbewegung''] (PDF; 1,1&nbsp;MB)</ref><ref>Michael Ploetz, Hans-Peter Müller: ''Ferngelenkte Friedensbewegung?. DDR und UdSSR im Kampf gegen den NATO-Doppelbeschluß'' (= ''Diktatur und Widerstand''. Bd. 6). Lit., Münster 2004, S. 111</ref><ref>Klaus Schröder und Peter Erler: Geschichte und Transformation des SED-Staates, S. 274 und 276.</ref> Der Einfluss [[Deutsche Kommunistische Partei|DKP]]-naher Gruppen wurde in der damaligen Friedensbewegung selbst ebenfalls kritisiert und organisatorisch bekämpft. So warnte [[Rudolf Bahro]] vor einer Diskreditierung der gesamten Bewegung durch eine mangelnde Abgrenzung von kommunistischen Gruppen.<ref>Udo Baron: ''Kalter Krieg und heißer Frieden – Der Einfluss der SED und ihrer westdeutschen Verbündeten auf die Partei Die Grünen'', Lit-Verlag, 1. Auflage 2003, ISBN 3-8258-6108-2, S. 170</ref><br />
<br />
Auch ohne direkten Einfluss von Gruppen, die dem Lager des gegnerischen Staates zugerechnet werden, stoßen Friedensbewegungen oft wegen fehlender Stellungnahme zu anderen Konflikten auf Kritik. Häufig wird ihnen die direkte oder indirekte Parteinahme für eine bestimmte politische Richtung vorgeworfen. So wurde der westdeutschen Friedensbewegung der 1980er Jahre ebenfalls [[Antiamerikanismus]] vorgeworfen und nachgesagt, dass sie sich mit Kritik an Konflikten und Kriegen der Sowjetunion eher zurückhalte.<ref>Anne-Katrin Gebauer: ''Der Richtungsstreit in der SPD – Seeheimer Kreis und neue Linke im innerparteilichen Machtkampf'', 2005, S. 203</ref><ref>Volker Böge und Peter Wilke: ''Sicherheitspolitische Alternativen'', Nomos Verlagsgesellschaft, 1984, S. 263</ref> So schrieb Wolf Biermann:<ref>zitiert nach John Shreve: ''Nur wer sich ändert, bleibt sich treu – Wolf Biermann im Westen'', 1989, S. 133</ref><br />
{{Zitat|Ich ärgere mich natürlich, wenn die Heuchelei wie ein Syphilis in diese Friedensfront hineinkommt, weil nämlich zu viele Leute dabei sind, die im Grunde genommen nur für eine Abrüstung im Westen sind, […] aber der Meinung sind, dass die Waffen im Osten für den Frieden, die Menschheit, den Humanismus und die Rettung des Sozialismus sind.}}<br />
<br />
Eine neue Untersuchung in den [[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte|Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte]] widerspricht der Behauptung, die Friedensbewegung habe sich von der Sowjetunion für deren Zwecke instrumentalisieren lassen. Eine Analyse der einschlägigen Dokumente in russischen Archiven zeige, dass die stets unter Erfolgsdruck stehenden sowjetischen Funktionäre jede einzelne Anwesenheit eines ihrer Gewährsleute bei einer Diskussion mit westdeutschen Friedensaktivisten zur geglückten Einflussnahme hochstilisiert hätten. Diese Berichte seien alles andere als objektiv.<ref>Holger Nehring, [[Benjamin Ziemann]]: ''Führen alle Wege nach Moskau? Der Nato-Doppelbeschluss und die Friedensbewegung – eine Kritik.'' In: ''Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte.'' Heft 1, 2011; vgl. dazu auch [[Franziska Augstein]]: ''Keine fünfte Kolonne. Die deutsche Friedensbewegung der 1970er und 1980er Jahre.'' In: ''[[Süddeutsche Zeitung]].'' 8./9. Januar 2011, S. 15</ref><br />
<br />
=== Umstrittene Protestformen ===<br />
Einige Demonstrationsformen von Friedensbewegungen wurden einerseits als vom [[Widerstandsrecht]] gedeckte Formen des [[Ziviler Ungehorsam|zivilen Ungehorsams]], andererseits als Verstoß gegen geltendes [[Strafrecht (Deutschland)|Strafrecht]] beurteilt. So verurteilten einige Gerichte [[Sitzblockade]]n von Friedensdemonstranten als [[Nötigung (Deutschland)|Nötigung]].<br />
<br />
Das [[Landgericht Memmingen]] begründete dies am 20. November 1984 wie folgt:<ref>LG Memmingen, Urteil vom 20. November 1984, Az. Ns 9 Js 25 561/83 und Az. 9 Js 25561/83, weiteres Verfahren dann beim BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1987, Az. 1 BvR 242/86, {{BVerfGE|76| 211}}.</ref><br />
<br />
{{Zitat|Wer sich mit Sitzblockaden politisch betätigt, verletzt demokratische Spielregeln und gefährdet ein geordnetes Zusammenleben. Das gewinnt auch nicht dadurch eine tolerierbare Qualität, daß das Anliegen der Blockierer ernst zu nehmen ist.}}<br />
<br />
Der [[Bundesgerichtshof]] meinte in einem Urteil vom 5. Mai 1988:<ref>[http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=BGHSt%2035,%20270 Beschluss vom 5. Mai 1988, Az. 1 StR 5/88, BGHSt 35, 270] Volltext</ref><ref>dazu Werner Offenloch: ''Erinnerung an das Recht – Der Streit um die Nachrüstung auf den Straßen und vor den Gerichten''. Mohr Siebeck, 2005, S. 32&nbsp;f.</ref><br />
<br />
{{Zitat|Die Anerkennung von (Fern)zielen, für die mit Mitteln des {{§|240|stgb|juris}} Abs.&nbsp;1 [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|StGB]] geworben werden dürfe, ließe die Gefahr einer Radikalisierung der politischen Auseinandersetzung entstehen, die einem demokratischen Rechtsstaat nicht hinnehmbar ist.}}<br />
<br />
Am 10. Januar 1995 entschied das [[Bundesverfassungsgericht]]<ref>BVerfG, Beschluss vom 10. Januar 1995, Az. 1 BvR 718/89; 1 BvR 719/89; 1 BvR 722/89; 1 BvR 723/89.</ref>: ''Die Auslegung des Gewaltbegriffs in {{§|240|stgb|juris}} Abs.&nbsp;1 StGB durch die Strafgerichte'' [verstößt] ''gegen {{Art.|103|gg|juris}} Abs.&nbsp;2 [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|GG]].''<ref>[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv092001.html Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Januar 1995]</ref>, so die Verfassungsrichter in ihrer Urteilsbegründung. Im konkreten Fall der Sitzblockaden sei damit die Strafbarkeit der Handlung vor dem Hintergrund des [[Staatsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz (Deutschland)|Bestimmtheitsgrundsatzes]] ({{Art.|103|gg|juris}} Abs.&nbsp;2 GG) nicht gegeben, da eine [[Verwerflichkeit]] der Mittel in Verbindung mit der [[Verhältnismäßigkeitsprinzip (Deutschland)|Verhältnismäßigkeit]] der Strafe unbestimmt, damit fragwürdig, und die Überdehnung des [[Gewalt]]begriffs in {{§|240|stgb|juris}} StGB, bezogen auf die bei einer der ersten Blockaden der Friedensbewegung vor dem [[Atomwaffenlager Golf]] bzw. der [[Eberhard-Finckh-Kaserne]] angewandten Form der Sitzblockaden letztlich [[Verfassungswidrigkeit|verfassungswidrig]] sei.<br />
<br />
Verfassungsgerichtsurteil von 1995 dazu:<br />
{{Zitat|Zwangseinwirkungen, die nicht auf dem Einsatz körperlicher Kraft, sondern auf geistig-seelischem Einfluß beruhen, erfüllen […] nicht [… das ''Tatbestandsmerkmal'' …] der Gewaltanwendung. … Die Auslegung des Gewaltbegriffs in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat folglich gerade jene Wirkungen, die zu verhüten {{Art.|103|gg|juris}} Abs.&nbsp;2 GG bestimmt ist. Es läßt sich nicht mehr mit ausreichender Sicherheit vorhersehen, welches körperliche Verhalten, das andere psychisch an der Durchsetzung ihres Willens hindert, verboten sein soll und welches nicht. In demjenigen Bereich, in dem die Gewalt lediglich in körperlicher Anwesenheit besteht und die Zwangswirkung auf den Genötigten nur psychischer Natur ist, wird die Strafbarkeit nicht mehr vor der Tat generell und abstrakt vom Gesetzgeber, sondern nach der Tat im konkreten Fall vom Richter aufgrund seiner Überzeugung von der Strafwürdigkeit eines Tuns bestimmt.}}<br />
<br />
Aufgrund des BVerfG-Urteils von 1995 mussten tausende entsprechende Urteile, die im Zusammenhang mit Sitzblockaden vor vielen sonstigen militärischen Einrichtungen, Behörden, Atomkraftwerken oder bei anderen Demonstrationsanlässen in der Bundesrepublik im Lauf der Jahre ausgesprochen worden waren, revidiert werden. Bereits bezahlte Strafgelder wurden bei Beantragung eines [[Wiederaufnahme des Verfahrens|Wiederaufnahmeverfahrens]] zurückerstattet.<ref>[http://www.friedenspaedagogik.de/themen/friedensbewegung/25_jahre_nach_der_demonstration_in_grossengstingen/artikel_sitzblockade_vor_dem_atomwaffenlager_in_grossengstingen_im_sommer_1982_michael_schmid/das_juristische_nachspiel Thema „juristisches Nachspiel“ (zur Blockadewoche vor dem Atomwaffenlager Golf 1982) auf den Seiten des Instituts für Friedenspädagogik Tübingen]</ref><br />
<br />
Siehe dazu auch [[Klaus Laepple#Studentenpolitik und Laepple-Urteil|Laepple-Urteil]].<br />
<br />
Auch die staats- und völkerrechtliche Argumentation der westdeutschen Friedensbewegung blieb umstritten.<ref>{{Internetquelle |autor=Günter Platzdasch |url=https://medium.com/@G_Platzdasch/atomwaffen-nation-recht-10ca67454379 |titel=Atomwaffen — Nation — Recht |werk=Günter Platzdasch |datum=2018-02-13 |zugriff=2018-05-08}}</ref><br />
<br />
=== Verhältnis zu Israel ===<br />
Zu internen Kontroversen und externer Kritik führte seit den 1960er Jahren das Verhältnis von Friedensbewegungen zum fortdauernden [[Nahostkonflikt]].<br />
<br />
Der deutschen Friedensbewegung wurde anlässlich ihrer Proteste gegen den Krieg der USA gegen die irakische Besetzung [[Kuwait]]s 1991 ([[Zweiter Golfkrieg]]) vorgeworfen, einen nationalen Sonderweg einzuschlagen. Sie habe aufgrund einer undifferenzierten Stellungnahme gegenüber der existentiellen Angst der israelischen Bevölkerung an Ansehen eingebüßt.<ref>Hans Elbeshausen: ''Deutschland – Geschichte und Politik, 1997'', S. 129.</ref><br />
<br />
[[Ilka Schröder]], parteiloses Mitglied des Europäischen Parlaments, schrieb im Februar 2003 in einem offenen Brief an Friedensdemonstranten:<ref>Ilka Schröder: {{Webarchiv | url=http://www.ilka.org/presse/pms/pms63demo.html | wayback=20060526203344 | text=''Wider die politische Naivität''}}. Presseerklärung Nr.&nbsp;07, Berlin/Brüssel 18. Februar 2003.</ref><br />
<br />
{{Zitat|Im Vorfeld der Demonstration wurde klar, dass auch Gruppierungen dorthin mobilisierten, deren politisches Weltbild durch Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus bestimmt ist. […] Geprägt war die Demonstration jedoch vor allem durch eine gefährliche Mischung aus Antiamerikanismus und politischer Naivität.}}<br />
<br />
[[Michael Lerner (Rabbi)|Michael Lerner]] beschrieb den Zielkonflikt für die Situation in den USA 2003 wie folgt:<ref>Michael Lerner: [http://www.nahost-politik.de/amerika/friedensbewegung.htm ''Ein historischer Fehler'']. In: die tageszeitung, 2. März 2003 (Nachdruck bei HaGalil).</ref><br />
<br />
{{Zitat|Es ist allerdings eines, wenn man [[Ariel Scharon]]s repressive Maßnahmen gegenüber dem palästinensischen Volk verurteilt. Etwas anderes ist es, wenn man dem Staat Israel das [[Existenzrecht Israels|Existenzrecht]] abspricht. Und genau das machen Teile von Answer, und mit ihnen Teile der amerikanischen Friedensbewegung. […] Erst wenn sie den Antisemitismus überwinden, wird die Friedensbewegung stärker und erfolgreicher werden.}}<br />
<br />
== Organisationen ==<br />
* [[Aktion Sühnezeichen Friedensdienste]] (protestantisch, Schwerpunkt Versöhnungsarbeit mit Israel, Polen, Russland)<br />
* [[Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Friedensinitiativen Österreichs]] (UFI)<br />
* [[Bund für Soziale Verteidigung]] (Konstruktive Konfliktbearbeitung, Gewaltfreiheit)<br />
* Bundesausschuss Friedensratschlag (jährlicher Friedenspolitischer Ratschlag in Kassel)<br />
* [[Christian Peacemaker Teams]] (Friedensarbeit vor Ort in mehreren Konfliktzonen)<br />
* [[Christliche Friedenskonferenz]] (blockübergreifende Antiatomwaffen-Bewegung, kommunistische Tarnorganisation, die einseitig gegen westliche Rüstung kämpfte)<br />
* [[Darmstädter Signal]] (Bundeswehroffiziere gegen die Nachrüstung)<br />
* [[Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen]] (pazifistisch/antimilitaristisch)<br />
* [[Deutsche Liga für Menschenrechte]]<br />
* [[Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen]] (DGVN)<br />
* [[Deutsche Gesellschaft für Friedens- und Konfliktforschung]]<br />
* [[Deutscher Friedensrat]] e.V.<br />
* [[Deutscher Pazifistischer Studentenbund]]<br />
* [[Deutsches Mennonitisches Friedenskomitee]] (mennonitisch)<br />
* [[Europäischer Kongress gegen Atomrüstung]]<br />
* [[Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung]] (FIfF e.V.)<br />
* [[Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen]] (FöGA)<br />
* [[Frauen für den Frieden]]<br />
* [[Friedensinitiative der Architekten und Planer e.V.]] (in München mit ihrem Arbeitsgebiet ''Schutzraumbau und dessen gesetzlicher Verankerung'')<br />
* [[Friedenskomitee der Bundesrepublik Deutschland]]<br />
* [[Graswurzelrevolution]] (antimilitaristisch und anarchistisch)<br />
* [[Informationsstelle Militarisierung]]<br />
* [[Initiative „Künstler für den Frieden“]]<br />
* [[Women’s International League for Peace and Freedom#Deutschland|Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit]]<br />
* [[Internationale der Kriegsdienstgegner/innen]] (IDK)<br />
* [[Internationaler Versöhnungsbund]] (ökumenisch, gewaltfrei)<br />
* [[IPPNW]] (Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg)<br />
* [[Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KOFAZ)]]<br />
* [[Kooperation für den Frieden]] (Zusammenschluss friedenspolitischer Organisationen und Initiativen)<br />
* [[Netzwerk Friedenskooperative]] (informeller Dachverband)<br />
* [[Ohne Rüstung Leben]] (Ökumenische Aktion für Frieden und Abrüstung)<br />
* [[Österreichischer Friedensdienst]]<br />
* [[Pax Christi]] (katholisch und ökumenisch)<br />
* [[Peace Direct]] (lokale Friedensarbeit in Konfliktgebieten)<br />
* [[Quäker]] (freikirchlich, Schwerpunkt Hilfe für Kriegsopfer)<br />
* [[Schalom Achschaw]] (Israel)<br />
* [[U.S. Peace Council]]<ref>[http://uspeacecouncil.org/ Website des US Friedensrats]</ref><br />
* [[Verein für Weiterbildung und Friedensarbeit]]<br />
* [[Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge]]<ref>Gemäß Satzung § 2, (2.1)[http://www.volksbund.de/fileadmin/redaktion/BereichInfo/BereichInformationsmaterial/ZahlenDatenFakten/Satzung/2008_lang_Satzung.pdf Satzung]</ref><br />
* [[War Resisters’ International]]<br />
* [[War Resisters League]]<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Friedensdienst]]<br />
* [[Friedenspolitik]]<br />
* [[Raging Grannies]] (zornige Großmütter)<br />
* [[Friedensacker]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
'''Allgemein Bundesrepublik Deutschland'''<br />
* [[Helmut Donat (Verleger)|Helmut Donath]], [[Karl Holl (Historiker)|Karl Holl]] (Hrsg.): ''Die Friedensbewegung. Organisierter Pazifismus in Deutschland, Österreich und in der Schweiz.'' Hermes Handlexikon, Düsseldorf 1983, ISBN 3-612-10024-6.<br />
* Jan Große Nobis: ''Frieden! – Eine kurze Geschichte der bundesdeutschen Friedensbewegung'', kindle-edition, Münster 2001/2005 ([http://www.friedensbewegung.org/ Text online], kostenpflichtig)<br />
* [[Wolfram Beyer]]: ''Pazifismus und Antimilitarismus. Eine Einführung in die Ideengeschichte''. Schmetterling, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-89657-666-8 (= ''theorie.org'').<br />
<br />
'''Anfänge'''<br />
* [[André Durand]]: ''Gustave Moynier and the peace societies.'' In: ''International Review of the Red Cross.'' Nr.&nbsp;314, S. 532–550 ([http://www.icrc.org/Web/Eng/siteeng0.nsf/html/57JNAW Text online, 31. Oktober 1996]).<br />
* [[Alfred Hermann Fried]]: ''Handbuch der Friedensbewegung'', 2 Bände, Berlin/Leipzig 1911, 2. Auflage 1913, Neudruck New York / London 1972<br />
* Karlheinz Lipp, Reinhold Lütgemeier-Davin, Holger Nehring (Hrsg.): ''Frieden und Friedensbewegungen in Deutschland 1892–1992. Ein Lesebuch''. Klartext, Essen 2010. ISBN 978-3-8375-0382-1<br />
* Hans Wehberg: ''Die internationale Friedensbewegung.'' In: Staatsbürgerbibliothek Heft 22, Volksvereins-Verlag GmbH, Mönchengladbach 1911<br />
<br />
'''Zwischen den Weltkriegen'''<br />
* Kurt Lenz, [[Walter Fabian]]: ''Die Friedensbewegung. Ein Handbuch der Weltfriedensströmungen der Gegenwart.'' Schwetschke, Berlin 1922, Neuausgabe Bund, Köln 1985, ISBN 3-7663-0945-5.<br />
* Franz Kobler: ''Gewalt und Gewaltlosigkeit, Handbuch des aktiven Pazifismus.'' Rotapfel, Zürich / Leipzig 1928<br />
* Beatrix Müller-Kampel (Hrsg.): ''„Krieg ist der Mord auf Kommando“. Bürgerliche und anarchistische Friedenskonzepte. Bertha von Suttner und Pierre Ramus.'' Mit Dokumenten von [[Leo Tolstoi]], [[Peter Kropotkin]], [[Stefan Zweig]], [[Romain Rolland]], [[Erich Mühsam]] u.&nbsp;a. Verlag [[Graswurzelrevolution]], Nettersheim 2005, ISBN 3-9806353-7-6.<br />
* [[Dieter Riesenberger]]: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, ISBN 3-525-01332-9.<br />
<br />
'''1980er Jahre'''<br />
* [[Christoph Butterwegge]] (Hrsg.): ''Friedensbewegung – Was nun? Probleme und Perspektiven nach der Raketenstationierung.'' VSA, Hamburg 1986, ISBN 3-87975-260-5.<br />
* Christoph Butterwegge, [[Bernhard Docke|Bernhard W. Docke]], Wolfgang Hachmeister: ''Kriminalisierung der Friedensbewegung: Abschreckung nach Innen? Theurer'', Bremen 1985, ISBN 3-8161-3010-0.<br />
* Jan Hansen: ''Schaffen Raketen Arbeitsplätze? Der Streit um die Nachrüstung und die Rüstungskonversion in den Gewerkschaften (um 1979 bis 1983)'', in: [[Arbeit – Bewegung – Geschichte]], Heft II/2016.<br />
* Uli Jäger, Michael Schmid-Vöhringer: ''„Wir werden nicht Ruhe geben…“: Die Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland 1945–1982. Geschichte, Dokumente, Perspektiven.'' Tübingen 1982, ISBN 3-922833-20-9.<br />
* Lorenz Knorr: ''Geschichte der Friedensbewegung in der Bundesrepublik.'' Köln 1983, ISBN 3-7609-0900-0.<br />
* Rüdiger Lison: ''Wissenschaftler zu Frieden und Abrüstung.'' 2. erweiterte Auflage, Sokoop, Duisburg 1986, ISBN 3-921473-42-X.<br />
* Andreas Maislinger: ''Friedensbewegung in einem neutralen Land. Zur neuen Friedensbewegung in Österreich.'' In: ''Medienmacht im Nord-Süd-Konflikt.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-518-11166-3.<br />
* Initiative Sozialistisches Forum: ''Je näher man hinschaut, desto fremder schaut es zurück: Frieden. Zur Kritik der deutschen Friedensbewegung.'' Ca-Ira, Freiburg 1984, ISBN 3924627010<br />
* Hans A. Pestalozzi, Ralf Schlegel, Adolf Bachmann (Hrsg.): ''Frieden in Deutschland. Die Friedensbewegung: wie sie wurde, was sie ist, was sie werden kann.'' Goldmann, München 1982, ISBN 3-442-11341-5<br />
* Thomas Klein: ''Frieden und Gerechtigkeit. Die Politisierung der Unabhängigen Friedensbewegung in Ost-Berlin während der 80er Jahre.'' Böhlau, Köln / Weimar, 2007, ISBN 978-3-412-02506-9.<br />
<br />
'''seit 1990'''<br />
* Thomas Leif: ''Die strategische (Ohn-)macht der Friedensbewegung: Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen in den achtziger Jahren.'' Westdeutscher Verlag, Opladen 1990, ISBN 3-531-12149-9.<br />
* Rüdiger Schmitt: ''Die Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland: Ursachen und Bedingungen der Mobilisierung einer neuen sozialen Bewegung.'' Westdeutscher Verlag, Opladen 1990, ISBN 3-531-12153-7.<br />
* [[Andreas Buro]]: ''Totgesagte leben länger: Die Friedensbewegung. Von der Ost-West-Konfrontation zur zivilen Konfliktbearbeitung'', Idstein 1997, ISBN 3-929522-42-X.<br />
* [[Albrecht Behmel]]: ''Die Mitteleuropadebatte in der Bundesrepublik Deutschland: Zwischen Friedensbewegung, kultureller Identität und deutscher Frage'', Ibidem-Verlag, Hannover 2011<br />
* Michael Ploetz, Hans-Peter Müller: ''Ferngelenkte Friedensbewegung?. DDR und UdSSR im Kampf gegen den NATO-Doppelbeschluß'' (= ''Diktatur und Widerstand''. Bd. 6). Lit., Münster 2004, ISBN 3-8258-7235-1.<br />
<br />
'''Verhältnis zu Israel'''<br />
* [[Helmut Kellershohn]]: ''„Frieden oder ‚Rettet Israel‘?“ Die linken Kritiker der Friedensbewegung und ihr Beitrag zur neuen deutschen Normalität. Ein kritischer Rückblick auf die Golfkriegsdebatte'' (DISS-Texte Nr.&nbsp;24), Duisburg 1992<br />
* Bernhard Schmid: ''Der Krieg und die Kritiker. Die Realität im Nahen Osten als Projektionsfläche für Antideutsche, Antiimperialisten, Antisemiten und andere.'' Münster 2006, ISBN 978-3-89771-029-0.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Demonstrations and protests in support of peace|Friedensdemonstrationen}}<br />
{{Wiktionary}}<br />
<br />
'''Geschichte'''<br />
* Rainer Santi: [http://santibox.ch/peace/Friedensarbeit.html ''100 Jahre Friedensarbeit'']. In: ''Santibox.ch''.<br />
* [http://www.jugendopposition.de/index.php?id=190 ''Bewegter Frieden – Die Friedensbewegung in der DDR'']. In: ''Jugendopposition in der DDR''.<br />
* Dieter Riesenberger: [http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44715 ''Friedensbewegung (Von den Anfängen bis zum Zweiten Weltkrieg)'']. In: ''Historisches Lexikon Bayerns''.<br />
* Philipp Baur: [http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=3103 ''Tagungsbericht Friedensbewegung und Zweiter Kalter Krieg: Europäische und transatlantische Perspektiven. 24. März 2010 bis 26. März 2010, Berlin'']. In: ''H-Soz-u-Kult'', 6. Mai 2010.<br />
* [http://www.friedenskooperative.de/netzwerk/histo000.htm ''Geschichte der Friedensbewegung'']. In: ''Netzwerk Friedenskooperative'' (Überblicksseite, verschiedene Autoren).<br />
* Udo Leuschner: [http://www.udo-leuschner.de/nachruestung/text2.htm ''Westdeutsche Friedensbewegung gegen die „Nachrüstung“'']. In: ''udo-leuschner.de''.<br />
* [http://www.friedenspaedagogik.de/themen/friedensbewegung ''Friedensbewegung'']. In: ''Institut für Friedenspädagogik'', Tübingen.<br />
<br />
'''Allgemeines'''<br />
* {{Webarchiv | url=http://frieden.kommunikationssystem.de/ | wayback=20070709133207 | text=News gegen Militarismus und Krieg von der Friedensbewegung}}<br />
* [http://www.lebenshaus-alb.de/mt/links.html#Friedensgruppierungen%20(international) Lebenshaus Schwäbische Alb: Internationale Friedensgruppierungen (Links)]<br />
<br />
'''Friedensorganisationen in Deutschland'''<br />
* [http://www.koop-frieden.de Kooperation für den Frieden]<br />
* [http://www.ag-friedensforschung.de/Welcome.html Friedenspolitischer Ratschlag]<br />
* [http://www.friedenskooperative.de/ Netzwerk Friedenskooperative]<br />
* [http://www.dfg-vk.de/ Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen]<br />
* [http://www.soziale-verteidigung.de/ Bund für Soziale Verteidigung (BSV)]<br />
* [http://www.friedensdienst.de/ Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden]<br />
* [http://www.paxchristi.de/ Pax Christi (katholische Friedensorganisation)]<br />
* [http://www.imi-online.de/ Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.&nbsp;V.]<br />
* [http://www.ippnw.de/index.php Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/ Ärzte in sozialer Verantwortung e.&nbsp;V.]<br />
* [http://friedenskoch.de/Abrahamszelt/abrahamszelt.html Abrahamszelt e.&nbsp;V.] Freunde und Förderer des Interreligiösen Kindergartens in Ramle (Israel)<br />
* [http://www.compassionatelistening.org/ The Compassionate Listening Project: „Einfühlsam Zuhören“ – zum Aufbau eines aufrichtigen Versöhnungsdialoges]<br />
* [[Verein für Weiterbildung und Friedensarbeit]]<br />
<br />
'''Friedensorganisationen in Österreich'''<br />
* [http://www.maislinger.net/ufi.htm Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Friedensinitiativen Österreichs (UFI)]<br />
<br />
'''Internationale Friedensorganisationen'''<br />
* [http://www.versoehnungsbund.de/ Versöhnungsbund Deutschland], [http://www.versoehnungsbund.at/ Österreich], [http://www.friedenserziehung.ch/ Schweiz], [http://www.ifor.de/ International]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Rechtshinweis}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4018520-5}}<br />
<br />
[[Kategorie:Friedensbewegung| ]]</div>175.194.21.128https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wolfgang_Berghofer&diff=184401362Wolfgang Berghofer2019-01-04T20:36:48Z<p>175.194.21.128: spitznamen irrelevant / "In Dresden nennen sie ihn deswegen "Bergatschow" meinung des autors ohne nachweis</p>
<hr />
<div>[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1986-0116-030, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer (1986)]]<br />
<br />
'''Wolfgang Berghofer''' (* [[25. Februar]] [[1943]] in [[Bautzen]]) ist ein ehemaliger [[Freie Deutsche Jugend|FDJ]]-Funktionär, [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]-Politiker und [[Oberbürgermeister]] von [[Dresden]].<br />
<br />
== Leben ==<br />
Als Kriegskind in der Oberlausitz geboren, wuchs Wolfgang Berghofer mit Mutter und Großeltern allein auf. Die Eltern ließen sich nach Kriegsende scheiden, die Mutter lebte dann meist vom Sohn getrennt in [[West-Berlin]] und blieb nach dem [[Mauerbau]] auch endgültig dort.<br />
[[Datei:Wolfgang Berghofer.jpg|hochkant|mini|Wolfgang Berghofer (2015)]]<br />
Berghofer absolvierte 1959 bis 1962 eine Ausbildung zum Maschinenbauer, arbeitete bis 1964 im Beruf und war bis 1967 Kreissportlehrer in Bautzen und stellvertretender Vorsitzender des [[Deutscher Turn- und Sportbund|DTSB]], Kreisverband [[Bautzen]]. Er trat 1957 der FDJ und 1964 der SED bei. 1969/70 war er Student an der FDJ-[[Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“]] am Bogensee. Ab 1968 war er hauptamtlicher FDJ-Funktionär, seit 1970 beim Zentralrat der FDJ, wo er zunächst für die [[Westarbeit der DDR|Westarbeit]] mitverantwortlich war, später wechselte er in die Organisation von Großveranstaltungen und war im Organisationskomitee ''X. [[Weltfestspiele der Jugend und Studenten|Weltfestspiele]] 1973'' in Berlin unter der Hauptabteilung Großveranstaltungen Abteilungsleiter „Tribunal“ sowie stellvertretender Leiter des Büros zur Vorbereitung der Weltfestspiele der Jugend und Studenten in [[Havanna]]. 1978 erhielt er den Orden [[Banner der Arbeit]].<ref>[[Berliner Zeitung]], 28. April 1978, S. 7</ref> Von 1971 bis 1981 war Berghofer als [[inoffizieller Mitarbeiter]] „Falk“ für das [[Ministerium für Staatssicherheit]] tätig.<ref>Vgl. Reuter/Müller-Enbergs: ''Berghofer, Wolfgang''.</ref> Er war ab 1978 Abteilungsleiter im Zentralrat der FDJ. 1983 bis 1985 absolvierte er ein Fernstudium an der [[Universität Rostock]] zum Diplom-Historiker.<br />
<br />
Von 1986 bis 1990 war er als Nachfolger von [[Gerhard Schill]] Oberbürgermeister von Dresden und Abgeordneter des Bezirkstages. 1987 schloss er mit [[Klaus von Dohnanyi]] den Vertrag über die Städtepartnerschaft [[Hamburg]]-Dresden und erhielt den [[Vaterländischer Verdienstorden|Vaterländischen Verdienstorden]] trotz scharfer Kritik aus dem SED-Politbüro.<br />
<br />
Während der [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|Wende und friedlichen Revolution]] 1989/90 galt Berghofer als einer der wenigen bekannten Reformsozialisten. Im Oktober 1989 war er Mitinitiator des ''Dresdner Dialogs'' mit der oppositionellen [[Gruppe der 20 (Dresden)|Gruppe der 20]] und verhinderte maßgeblich Repressalien an DDR-Oppositionellen.<ref>Reinhard Höppner: ''Wunder muss man ausprobieren. Der Weg zur deutschen Einheit.'' Berlin 2009, S.&nbsp;52 f.</ref> Im Dezember 1989 wurde er stellvertretender Vorsitzender der [[SED/PDS]], aus der er im Januar 1990 unter Protest austrat. Er sah in der SED/PDS eine Partei, die nicht die Kraft habe, sich grundsätzlich zu ändern.<ref>Patrick Moreau, Viola Neu: ''Die PDS zwischen Linksextremismus und Linkspopulismus.'' Konrad-Adenauer-Stiftung, 1994, ISBN 3-930163-31-4, S. 9</ref> Als die neue [[Sozialdemokratische Partei in der DDR]] ehemaligen SED-Mitgliedern eine Aufnahme versagte, endeten seine politischen Ambitionen abrupt und er wechselte als Manager in die Wirtschaft. 1990/91 war er zunächst Generalbevollmächtigter für die [[Rudolf Häussler|Häussler]]-Gruppe, [[Stuttgart]], und ist seitdem als selbstständiger Unternehmensberater in [[Berlin]] tätig, zurzeit arbeitet er für die Flugzeugzulieferindustrie. Bei der Ansiedelung der [[Gläserne Manufaktur|Gläsernen Manufaktur]] von VW in Dresden nutzte er seine persönlichen Kontakte zum VW-Chef [[Ferdinand Piëch]].<br />
<br />
2001 kandidierte er als Parteiloser (12,2 Prozent) für das Amt des Dresdner Oberbürgermeisters und stellte sein Buch ''Meine Dresdner Jahre'' vor.<br />
<br />
Wolfgang Berghofer beschreibt in seinem Buch ''Meine Dresdner Jahre'' das Funktionieren des „Systems DDR/SED“,<ref>[[Sven Felix Kellerhoff]]: [https://www.welt.de/welt_print/article814389/Dolchstosslegende-der-SED.html ''Der Historiker Wilke erklärt, warum Berghofers Erinnerungen Gysi und Modrow in Bedrängnis bringen.''] [[Die Welt]], 17. April 2007.</ref> schonte aber ehemalige SED-Funktionäre. Seiner Meinung nach lasse man allerdings zum Beispiel die Abteilungsleiter des ZK der SED, die eigentlichen und wirklichen DDR-Entscheidungsträger, sich aus ihrer Verantwortung stehlen.<br />
<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0322-025, Dresden, öffentliche Anhörung, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer 1990]]<br />
<br />
Wolfgang Berghofer ist Vorsitzender des Vorstandes des [[BVUK]], Betriebliche Versorgungswerke für Unternehmen und Kommunen e.V. Er organisiert und veranstaltet Fachvorträge zur betrieblichen Altersversorgung. Berghofer setzte sich für den Aufbau der Dresdner [[Frauenkirche (Dresden)|Frauenkirche]] ein. Er engagiert sich für soziale Projekte.<br />
<br />
== Privates ==<br />
Wolfgang Berghofer lebt in Berlin. Er ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter.<br />
<br />
== Beteiligung am Wahlbetrug ==<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1990-0506-301, Dresden, Wahl, Wolfgang Berghofer.jpg|mini|Wolfgang Berghofer geht zur Wahl 1990]]<br />
1990 wurde gegen Berghofer wegen der Manipulationen bei der [[Kommunalwahlen in der DDR 1989|DDR-Kommunalwahl am 7. Mai 1989]] ermittelt. Das [[Bezirksgericht Dresden|Dresdner Bezirksgericht]] verurteilte ihn 1992 wegen „Wahlfälschung und Anstiftung zur Wahlfälschung“ zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von 36.000 Mark. Nach Berghofers Revisionsantrag bestätigte der [[Bundesgerichtshof]] das Urteil. Auch eine Verfassungsbeschwerde brachte für ihn keinen Erfolg. Berghofer ist einer der wenigen SED-Spitzenpolitiker, die offen den [[Wahlfälschung|Wahlbetrug]] in der DDR zugegeben haben.<br />
<br />
== Veröffentlichungen ==<br />
* Beitrag in Peter Neumann (Hrsg.): ''Träumen verboten. Aktuelle Stellungnahmen aus der DDR.'' Lamuv, Göttingen 1990, ISBN 3-88977-234-X.<br />
* ''Meine Dresdner Jahre.'' Das Neue Berlin, Berlin 2001, ISBN 3-360-00951-7.<br />
* ''Keine Figur im Schachspiel. Wie ich die „Wende“ erlebte.'' Edition Ost, Berlin 2014, ISBN 978-3-360-01854-0.<br />
<br />
== Literatur ==<br />
* Sabine Graul: ''Vom Revolutionär zum Apparatschik? Wolfgang Berghofer und seine gescheiterte Revolution 1989/90.'' In: Marian Nebelin, Sabine Graul (Hrsg.): ''Verlierer der Geschichte. Von der Antike bis zur Moderne.'' Lit, Berlin 2008, ISBN 978-3-8258-1326-0, S. 331–357.<br />
* {{WWW-DDR|226|Berghofer, Wolfgang|Elke Reuter, [[Helmut Müller-Enbergs]]}}<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Wolfgang Berghofer|Wolfgang Berghofer}}<br />
* {{DNB-Portal|122991826}}<br />
* [http://www.chronikderwende.de/_/lexikon/biografien/biographie_jsp/key=berghofer_wolfgang.html Lebenslauf Wolfgang Berghofers] bei ''Chronik der Wende'', dem Webangebot des [[Rundfunk Berlin-Brandenburg]] zur gleichnamigen Dokumentationsreihe<br />
* F. K. Fromme: [http://www.gbv.de/dms/faz-rez/FD1200204121307841.pdf ''Rezension: Berghofer, Wolfgang: Meine Dresdner Jahre.''] ISBN 3-360-00951-7. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. April 2002, S. 8 (PDF; 8 kB)<br />
* Manfred Wilke: [http://www.fr-online.de/doku---debatte/-wir-brauchen-einen-schuldigen-,1472608,2873708.html ''„Wir brauchen einen Schuldigen“.''] Interview mit Wolfgang Berghofer in der Frankfurter Rundschau, 12. April 2007<br />
* [https://www.sz-online.de/nachrichten/der-grimmige-optimist-3885617.html ''Der grimmige Optimist: Wolfgang Berghofer, der letzte SED-Bürgermeister von Dresden, wird 75. Die Wahlfälschungen beschämen ihn bis heute.''], [[Sächsische Zeitung]], 25. Februar 2018<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Personenleiste<br />
|AMT= [[Liste der Oberbürgermeister von Dresden|Oberbürgermeister von Dresden]]<br />
|ZEIT= 1986–1990<br />
|VORGÄNGER= [[Gerhard Schill]]<br />
|NACHFOLGER= [[Herbert Wagner (Politiker)|Herbert Wagner]]<br />
}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=p|GND=122991826|LCCN=n/90/663395|VIAF=18119619}}<br />
<br />
{{SORTIERUNG:Berghofer, Wolfgang}}<br />
[[Kategorie:Politiker (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Funktionär der Freien Deutschen Jugend (DDR)]]<br />
[[Kategorie:SED-Funktionär]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (Dresden)]]<br />
[[Kategorie:Bürgermeister (DDR)]]<br />
[[Kategorie:Träger des Vaterländischen Verdienstordens]]<br />
[[Kategorie:Träger des Banners der Arbeit]]<br />
[[Kategorie:Inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit]]<br />
[[Kategorie:Deutscher]]<br />
[[Kategorie:Geboren 1943]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
<br />
{{Personendaten<br />
|NAME=Berghofer, Wolfgang<br />
|ALTERNATIVNAMEN=<br />
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Politiker (SED), FDJ-Funktionär und Oberbürgermeister von Dresden<br />
|GEBURTSDATUM=25. Februar 1943<br />
|GEBURTSORT=[[Bautzen]]<br />
|STERBEDATUM=<br />
|STERBEORT=<br />
}}</div>175.194.21.128https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Friedensbewegung&diff=184401297Friedensbewegung2019-01-04T20:33:41Z<p>175.194.21.128: Änderung 184401222 von RoBri rückgängig gemacht;</p>
<hr />
<div>Als '''Friedensbewegung''' bezeichnet man [[soziale Bewegung]]en, die [[Krieg]]e, Kriegsformen und [[Aufrüstung|Kriegsrüstung]] aktiv und organisatorisch verhindern und den Krieg als Mittel der [[Politik]] ausschließen wollen.<br />
<br />
== Überblick ==<br />
In der [[Geschichte Europas]] hat es immer wieder Versuche gegeben, den Krieg als Mittel der Politik abzuschaffen oder zumindest einzudämmen. So wurde im [[Antikes Griechenland|antiken Griechenland]] des 4.&nbsp;Jahrhunderts v. Chr. die Idee der [[Allgemeiner Friede|Koine Eirene]] propagiert, um den Frieden als den Normalzustand durch [[Völkerrechtlicher Vertrag|völkerrechtlich verbindliche Verträge]] dauerhaft zu sichern. Im 10. nachchristlichen Jahrhundert wiederum entstand in Reaktion auf das um sich greifende [[Fehde]]wesen des niederen Feudaladels im Süden Frankreichs die [[Gottesfriedensbewegung]], die aufgrund der Beteiligung breiter Bevölkerungsschichten als Vorläufer der modernen Friedensbewegungen gelten kann.<br />
<br />
In der Moderne entstand eine massenhafte Opposition gegen Krieg und Kriegsrüstung erstmals seit dem [[Krimkrieg]] in den 1850er Jahren. Von einer internationalen Friedensbewegung spricht man öffentlich seit etwa 1900. Dieser Begriff bezog sich auf jene europäischen Friedensgruppen, die seit 1815 mit dem [[Liberalismus]] als demokratische Reformbewegung in vielen europäischen Staaten und den USA entstanden waren. Vertreter solcher Gruppen bezeichneten sich seit 1901 als „Pazifisten“. Der Begriff [[Pazifismus]] wird meist auf deren [[Ethik|ethische]] Grundhaltung und langfristigen Ziele, der Begriff Friedensbewegung auf die jeweils aktuellen Organisationen, Methoden und Aktivitäten bezogen.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 7.</ref> Viele Pazifisten lehnen heute auch [[Verteidigungskrieg]]e ab, während sonstige Anhänger einer Friedensbewegung oft eine aktuelle Kriegsgefahr durch Entspannung und völkerrechtliche Verträge verringern wollen, ohne Selbstverteidigung und Rüstung prinzipiell abzulehnen.<ref>Gerhard Strauss, Ulrike Hass, Ulrike Hass-Zumkehr, Gisela Harras: ''Brisante Wörter von Agitation bis Zeitgeist'', 1989, S. 284</ref><br />
<br />
Seit etwa 1890 unterschied sich der [[Antimilitarismus]] sozialistischer Gruppen und Parteien, der Krieg als Auswuchs des [[Kapitalismus]] betrachtet und durch das revolutionäre Handeln der [[Arbeiterbewegung]] verhindern will, von der „bürgerlichen“ Friedensbewegung, die sich eher mit Appellen und Vorschlägen an die Staatsregierungen wandte. Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] gingen beide Lager in manchen zentraleuropäischen Staaten aufeinander zu, gewannen nach 1918 zeitweise eine Massenbasis und organisierten gemeinsame Aktionen gegen Aufrüstung, [[Wehrpflicht]] und Krieg wie den jährlichen [[Weltfriedenstag|Antikriegstag]].<br />
<br />
In der [[Zeit des Nationalsozialismus]] wurden die Organisationen der deutschen Friedensbewegung verboten, viele ihrer Vertreter inhaftiert und ermordet oder ausgebürgert. Außerdeutsche Friedensgruppen verloren aufgrund des Krieges gegen den [[Faschismus]] und [[Nationalsozialismus]] viele Anhänger und Einflussmöglichkeiten. Andererseits gewann die vor 1933 begonnene Ächtung des [[Angriffskrieg]]es und [[völkerrecht]]liche Konfliktregelung zwischen souveränen Staaten wegen der Erfahrung der [[Weltkrieg]]e ab 1945 internationale Zustimmung.<br />
<br />
Seit der Aufrüstung der Vertragsstaaten von [[NATO]] und [[Warschauer Pakt]] mit [[Kernwaffe|Atomwaffen]] in den 1950er Jahren wuchs eine neue Friedensbewegung heran, die sich etwa mit den [[Ostermarsch|Ostermärschen]] eine jährliche Demonstrationsform schuf. In den 1960er Jahren kristallisierte sie sich im Rahmen der internationalen Opposition gegen den [[Vietnamkrieg]] und trat dann zeitweise zurück. Erst mit neuen Aufrüstungsschritten und -plänen der NATO ab 1979 entstand in einigen westlichen Staaten eine breite, länderübergreifende und auf Zustimmung großer Bevölkerungsteile gestützte Friedensbewegung, die als Nahziel die im [[NATO-Doppelbeschluss]] angekündigte Raketenstationierung verhindern, mittelfristig andere Sicherheitskonzepte und langfristig vollständige atomare Abrüstung durchsetzen wollte.<br />
<br />
Seit den Interventionskriegen der 1990er Jahre trat von Fall zu Fall eine Antikriegsbewegung hervor, die jedoch nicht mehr die Massenbasis und den Organisationsgrad der 1980er Jahre erreichte. Gegen den [[Irakkrieg]] von 2003 zeigte sich erneut eine internationale Friedensbewegung, die sowohl seit 1890 und 1945 entstandene als auch neue Friedensorganisationen und viele nichtorganisierte Kriegsgegner umfasste.<br />
<br />
Neben dieser Hauptlinie der Friedensbewegung gab es immer wieder Nebenlinien, die sich ''auch'' mit Frieden befassten und zumindest teilweise so wahrgenommen wurden. [[Pierre de Coubertin]], der Gründer der modernen Olympischen Spiele, forderte von vornherein den Olympischen Frieden analog der Waffenstillstände der [[Antike]] zumindest während der Dauer der [[Olympische Spiele|Olympischen Spiele]]. Er hatte hierbei regelmäßigen Kontakt – vor allem in der Schweiz – zur frühen Friedensbewegung.<ref> Dietrich R. Quanz: Civic Pacifism and Sports-Based Internationalism: Framework for the Founding of the International Olympic Committee. ''Olympika'' 1993 = http://library.la84.org/SportsLibrary/Olympika/Olympika_1993/olympika0201b.pdf</ref> Im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] meldete Coubertin sich jedoch als [[Freiwilliger (Militär)|Freiwilliger]] und zog sich von den Friedensaktivitäten zurück. Seine Nachfolger verwendeten zwar eine Friedensrhetorik, waren aber nie wieder so dicht an den Friedensaktivisten.<ref>[[Arnd Krüger]]: ''The notions of peace of selected leaders of the Olympic movement and their realization in the Olympic Games'', in: M. Ilmarinen (Hrsg.): ''Sport and International Understanding.'' Berlin: Springer 1984, 116–120.</ref><br />
<br />
== Die Anfänge ==<br />
=== Friedensgesellschaften ===<br />
Seit den [[Befreiungskriege|antinapoleonischen Kriegen]] entstanden in verschiedenen europäischen Staaten kleine [[Verein]]e von meist bürgerlichen [[Idealismus (Philosophie)|Idealisten]], die für [[Menschenrechte]], soziale Verbesserungen, [[Freihandel]], die Abschaffung der [[Sklaverei]] eintraten und – meist aus ethischen und [[Religion|religiösen]] Gründen – auch jede Militärgewalt ablehnten. Sie schlossen sich bald in einigen Staaten zu nationalen ''Friedensgesellschaften'' zusammen: so zur ''American Peace Society'' in [[New York City]] (1815), ''London Peace Society'' in [[Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland|Großbritannien]] (1816) und ''[[Genf]]er Friedensgesellschaft'' in der [[Schweiz]] (1830).<br />
<br />
Während die angloamerikanischen Friedensgesellschaften sich vor allem auf das christliche [[Gewissen]] bezogen, beriefen sich die kontinentaleuropäischen Gruppen auf die Ideale der [[Französische Revolution|französischen Revolution]] und waren oft [[Freidenker]]. Sie hatten anfangs nur wenige Mitglieder, meist aus mittelständischen Bevölkerungsschichten. Mit dem Erstarken des Liberalismus wuchsen diese Gruppen und veranstalteten gemeinsame internationale Friedenskongresse, so 1843 in [[London]], 1848 in [[Brüssel]], 1849 der erste große internationale Friedenskongress in [[Paris]] und 1850 ein Friedenskongress in [[Frankfurt am Main]].<br />
<br />
Hauptziel dieser Zusammenkünfte war die Kodifizierung eines [[Völkerrecht]]s und Schaffung eines überstaatlichen Schiedsgerichts, um Kriege und bewaffnete Konflikte zu vermeiden. 1849 gelangte mit der ''Anti-Corn-Law Association'' von [[Richard Cobden]] erstmals eine pazifistische Partei in ein [[Parlament]]. Sie bildete mit friedensbewegten Parlamentariern anderer Staaten bald darauf eine ''Interparlamentarische Union''.<br />
<br />
Die Kriegsberichterstattung im Krimkrieg 1850 machte mit der wenige Jahre vorher erfundenen [[Fotografie]] in englischen [[Zeitung|Tageszeitungen]] die verheerende Wirkung der [[Artillerie]] öffentlich bewusst. [[Roger Fenton]] war einer der ersten [[Kriegsfotografie|Kriegsfotografen]]. Die Technisierung in modernen Kriegen forderte immer mehr auch [[Zivilperson|zivile]] Opfer. Proteste gegen die katastrophalen Lebensbedingungen der Soldaten und der Einsatz von [[Florence Nightingale]] führten zu humanitären Erleichterungen für das britische Heer. Kriegserfahrungen in [[Italien]] veranlassten den Schweizer [[Henry Dunant]] 1863 zur Gründung des [[Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung|Roten Kreuzes]]. Mit der 1864 abgeschlossenen ersten [[Genfer Konventionen|Genfer Konvention]] gelang die erste internationale Vereinbarung des modernen Völkerrechts.<br />
<br />
1867 gründete [[Frédéric Passy]] die [[Internationale Friedensliga]].<br />
<br />
1869 bildete sich in [[Deutschland]] als erste pazifistische Gruppe die ''Gesellschaft für Friedensfreunde''. Sie war wie die übrigen europäischen Friedensgesellschaften zunächst ganz auf die rechtliche Begrenzung und Verkürzung der Nationalkriege und die Milderung der Kriegsfolgen durch Eingaben an die Regierungen, aber noch kaum auf politisch unabhängige Parteibildung und [[Kriegsdienstverweigerung]] ausgerichtet.<br />
<br />
=== Friedenskonferenzen ===<br />
1891 trafen sich auf Initiative von [[Elihu Berrit]] (1810–1879) europäische Pazifisten in [[Rom]] bei der ''Dritten Weltfriedenskonferenz''. Dort bildete eine Gruppe gebildeter und politisch engagierter Europäer das [[Bureau International Permanent de la Paix|Internationale Friedensbüro]] mit Sitz in [[Bern]]. Seine Aufgabe war die Vorbereitung künftiger internationaler Friedenskonferenzen. Führend darin waren unter anderen:<br />
<br />
* der Brite [[Richard Cobden]], Gründer der britischen ''Anti-Corn-Law Association'', einer Partei gegen hohe Schutzzölle auf Getreide und mit einem pazifistischen Programm,<br />
* der Schweizer Geschäftsmann [[Henry Dunant]], Gründer des Roten Kreuzes,<br />
* der österreichische Pädagoge [[Alfred Hermann Fried]],<br />
* der französische Sozialist [[Jean Jaurès]],<br />
* die österreichische Schriftstellerin [[Bertha von Suttner]].<br />
<br />
Im Jahr darauf erschien Bertha von Suttners [[Roman]] ''Die Waffen nieder'', der in der völlig militarisierten Gesellschaft des [[Deutsches Kaiserreich|Kaiserreichs]] breitere Schichten für die Problematik von [[Krieg]] und [[Frieden]] sensibilisierte. Sie gründete nach der Österreichischen Friedensgesellschaft mit Fried zusammen 1892 in [[Berlin]] die [[Deutsche Friedensgesellschaft]], die älteste noch bestehende deutsche Vereinigung von Kriegsgegnern.<br />
<br />
Beiden Gründern wurde später (1905 und 1911) der [[Friedensnobelpreis]] zuerkannt, den [[Alfred Nobel]], ein mit von Suttner befreundeter Wissenschaftler, zuvor gestiftet hatte. Auch Dunant (1901) und das Berner Friedensbüro (1902) erhielten diesen Preis.<br />
<br />
=== Erste Völkerrechtsverträge ===<br />
Aufgrund der Initiativen dieser Gruppen kam es 1899 zur ersten internationalen [[Haager Friedenskonferenz]], auf der mit der [[Haager Landkriegsordnung]] Grundregeln der [[Kriegsführung]] verabschiedet wurden, die bahnbrechende Prinzipien des modernen Völkerrechts festlegten. Auf der Basis der Unterscheidung von Zivilisten und [[Kombattant]]en (Militär) formulierte Artikel 22:<br />
<br />
{{Zitat|Die Staaten haben kein unbegrenztes Recht in der Wahl der Mittel zur Schädigung des Feindes.}}<br />
<br />
Damit war erstmals eine rechtliche Handhabe zur internationalen Ächtung von [[Massenvernichtungsmittel]]n gegeben. Zudem sollte die Einrichtung des [[Haager Schiedsgerichtshof]]s die Schlichtung von Konflikten zwischen Staaten ermöglichen.<br />
<br />
Das Deutsche Reich verweigerte jedoch die in Haag vereinbarte Abrüstung und lehnte das Schiedsgericht ab, so dass seit 1908 das [[Wettrüsten]] im [[Flottengesetze|Flottenbau]] zwischen Deutschland und Großbritannien noch forciert wurde. Der auf Begrenzung der Kriegsmittel und Kriegsführung ausgerichtete Vertragspazifismus scheiterte folglich am Problem des – besonders deutschen – [[Imperialismus]].<br />
<br />
=== Zweite Internationale ===<br />
Auch die damals vornehmlich am [[Marxismus]] orientierte [[Sozialdemokratie]] des 19. und frühen 20.&nbsp;Jahrhunderts lehnte den Krieg ab. Für sie verlief eine Front nicht zwischen Staaten und Nationen, sondern zwischen den [[Klasse (Soziologie)|sozialen Klassen]] in allen Nationen. Ihr Anliegen war es daher, die [[Arbeiter]] aller Länder zum Kampf gegen den Kapitalismus und die darin herrschende Klasse der [[Bourgeoisie]] zu vereinen ([[Internationalismus]]), um so der profitorientierten Kriegswirtschaft nachhaltig den Boden zu entziehen. Ihre handlungsleitende Parole stammte aus dem [[Kommunistisches Manifest|Kommunistischen Manifest]] von 1848, verfasst von [[Karl Marx]] und [[Friedrich Engels]]:<br />
<br />
{{Zitat|Proletarier aller Länder, vereinigt euch!}}<br />
<br />
Demgemäß vereinbarte die 1889 gegründete [[Sozialistische Internationale|II. Sozialistische Internationale]], ein Zusammenschluss von Arbeiterorganisationen und -parteien mit weltweitem Anspruch aus zunächst 20 Staaten, gemeinsame Aktionen gegen einen Krieg ihrer Regierungen, darunter seit dem Kongress von Paris 1912 den [[Generalstreik]] im Falle eines Kriegsausbruchs zwischen den europäischen Hegemonialmächten, besonders Deutschland und Frankreich.<br />
<br />
Eine Minderheit [[Anarchismus|anarchistischer]] Delegierter sprach sich schon auf den Kongressen 1891 und 1893 für [[Kriegsdienstverweigerung]] und Streik gegen den Krieg aus.<ref>[[Wolfram Beyer]]: ''Was ist eigentlich Pazifismus? – Zur Klärung eines politischen Begriffs'', in: [[Lexikon der Anarchie]], überarbeiteter Text [http://www.anarchismus.at/txt4/pazifismus.htm Online verfügbar]{{Toter Link|date=2018-04 |archivebot=2018-04-10 22:45:49 InternetArchiveBot |url=http://www.anarchismus.at/txt4/pazifismus.htm }}</ref><br />
<br />
Die meisten europäischen Sozialdemokraten hielten die Verteidigung des „Vaterlands“ im Falle eines Angriffs eines anderen kapitalistischen Staates jedoch für legitim und notwendig. August Bebel äußerte diesen Gedanken schon lange vor dem Ersten Weltkrieg. Einige wenige Sozialdemokraten lehnten den Krieg kategorisch ab, so zum Beispiel [[Jean Jaurès]], der am Vorabend des Kriegsbeginns ermordet wurde. Verbreitet war auch die Ansicht, dass ein Krieg letztendlich der sozialistischen Bewegung nutze, da er die Massen zu revolutionären Handlungen bewegen würde. Diese Ansicht gewann durch die [[Oktoberrevolution]] in Russland an Plausibilität.<br />
<br />
== Erster Weltkrieg ==<br />
{{Staatslastig|DE}}<br />
<br />
=== Pazifisten ===<br />
Die deutschen Friedensorganisationen wurden vom [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] überrascht und waren zunächst weitgehend rat- und tatenlos. Sie besaßen zum einen kaum verlässliche Informationen über die tatsächliche Außenpolitik unter [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Wilhelm II.]], hatten an die kriegsverhindernde Macht internationaler Verträge und Verflechtungen geglaubt und stellten das nationale Selbstverteidigungsrecht nicht in Frage. Im Glauben, andere Staaten hätten Deutschland einen Verteidigungskrieg aufgezwungen, betonte der Vorstand der DFG am 15. August 1914 das Recht dazu. Zugleich trat er nationalistischem Rausch und Propagandalügen entgegen und versprach, seine Auslandskontakte zu Aufklärung über die Kriegsursachen und zum Aufbau eines dauerhaften Friedens mit anderen Ländern zu nutzen. Im ersten Kriegswinter organisierten viele Ortsgruppen der DFG humanitäre Hilfen für vom Krieg betroffene Gebiete, etwa die ''Ostpreußenhilfe'', und Rechtsberatung für Flüchtlinge. Demgegenüber befürworteten viele Mitglieder des ''Verbandes für internationale Verständigung'' nun den Krieg als nationale Aufgabe.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 99f</ref><br />
<br />
Im November 1914 gründete sich der [[Bund Neues Vaterland]] mit dem Satzungsziel, friedlichen Wettbewerb, Völkerverständigung und überstaatliche Zusammenschlüsse zu fördern. Dazu dürften nicht länger „einige Wenige über Wohl und Wehe von hunderten Millionen Menschen“ entscheiden. Innen- und Außenpolitik müssten zur Deckung gebracht werden. In internen Rundschreiben forderte der Bund dazu parlamentarische Kontrolle der Reichsregierung, Gleichberechtigung aller Parteien, soziale Reformen und allgemeine Bildung als Bedingung für engere Zusammenarbeit der europäischen Staaten. Damit gab er das bisherige Prinzip der Friedensgesellschaften, sich nicht in innere Belange fremder Staaten einzumischen, auf und näherte sich dem SPD-Programm an. Daraufhin traten SPD-Politiker wie [[Kurt Eisner]], [[Eduard Bernstein]] und [[Rudolf Breitscheid]], aber auch der DFG-Vorsitzende [[Ludwig Quidde]], der Soziologe [[Ferdinand Tönnies]], der Schriftsteller [[Gustav Landauer]] und andere dem Bund bei. Auch [[Albert Einstein]] gehörte zu den Mitgliedern.<br />
<br />
Der Bund hielt daran fest, das Deutsche Reich führe nur einen berechtigten Verteidigungskrieg, um so auch die Regierung und nationalistische Gruppen beeinflussen zu können. Das Auswärtige Amt erlaubte einigen Bundvertretern die Teilnahme an einer Friedenskonferenz im April 1915 in Den Haag, um indirekt Verhandlungsmöglichkeiten mit Feindstaaten zu sondieren. Die Konferenz beschloss ein Mindestprogramm für eine künftige Friedensordnung: Es schloss Gebietsveränderungen jeder Seite ohne Bevölkerungszustimmung aus, forderte gemeinsame Garantien für Rechtsgleichheit, Religionsfreiheit und Sprachfreiheit, einen friedlichen Staatenbund, einen internationalen Gerichtshof, gemeinsame Sanktionen für kriegerische Staaten und internationale Abrüstungsverträge. Nach der Konferenz versuchte der Bund mit Eingaben und „Denkschriften“ etwa die Annexion Belgiens, französischer Erz- und Kohlegebiete und russischer Gebiete, die der [[Alldeutscher Verband|Alldeutsche Verband]] am 20. Mai 1915 forderte, abzuwehren und einen vorzeitigen Verhandlungsfrieden im Sinne der Haager Konferenzen zu erreichen. Gespräche dazu fanden u.&nbsp;a. mit [[Kurt Riezler]], dem engsten Kanzlerberater, statt. Die Schriften des Bundes wurden jedoch beschlagnahmt und verboten, einige seiner Mitglieder inhaftiert.<br />
<br />
=== Sozialisten ===<br />
Die [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD-Fraktion]] im [[Reichstag (Deutsches Kaiserreich)|Reichstag]] hatte am 4. August 1914 entgegen ihrem Programm und ihren verbindlichen internationalen Zusagen geschlossen für die [[Kriegskredite]] und einen [[Burgfriede]]n gestimmt. Daran zerbrach die Zweite Internationale: Denn nun bejahten auch die Sozialisten [[Frankreich]]s die Kriegserklärung ihres Landes. Als einer von wenigen stellte sich dort der sozialistische Pazifist [[Jean Jaurès]] öffentlich dagegen; er wurde unmittelbar vor Kriegsbeginn von einem französischen Nationalisten in Paris ermordet. In der SPD wandte sich der Partei- und Fraktionsvorsitzende [[Hugo Haase]] gegen die Zustimmung seiner Partei zur Kriegsfinanzierung, konnte in der entscheidenden Abstimmung der Fraktion aber nur 13 Unterstützer gewinnen.<br />
<br />
Wenige Kriegsgegner in der SPD formierten sich zunächst in der am 5. August gegründeten ''Gruppe Internationale'', aus der 1915 die Spartakusgruppe und 1918 der [[Spartakusbund]] hervorgingen. Sie strebten eine sozialistische [[Revolution]] an, die auch künftige Kriege wirksam verhindern sollte. [[Karl Liebknecht]] (Dezember 1914) und [[Otto Rühle (Politiker, 1874)|Otto Rühle]] (Januar 1915) lehnten als erste SPD-Abgeordnete im Reichstag weitere Kriegskredite ab.<br />
<br />
Im Juni 1915 traten auch Hugo Haase und die bekannten Parteitheoretiker [[Karl Kautsky]] und [[Eduard Bernstein]] erstmals offen gegen den Krieg auf.<ref>„Das Gebot der Stunde“. Leipziger Volkszeitung 19. Juni 1915. Nach D. Engelmann, H. Naumann: Hugo Haase. Berlin: Ed. Neue Wege 1999, S. 31&nbsp;f., 123&nbsp;f.</ref> Am 21. Dezember 1915 lehnten 20 SPD-Abgeordnete im Reichstag die Kriegskredite ab: darunter Hugo Haase, [[Wilhelm Dittmann]], [[Kurt Eisner]], [[Heinrich Ströbel]] und [[Rudolf Breitscheid]]. Sie plädierten auch für eine Annäherung an den „bürgerlichen Pazifismus“ der DFG, die sich von den Kriegszielen der kaiserlichen Regierung distanziert hatte. Der ''[[Vorwärts (Deutschland)|Vorwärts]]'' erkannte die „Standhaftigkeit“ der „bürgerlichen“ Pazifisten in einem Artikel am 14. Juli 1916 selbstkritisch an. 1917 wurden Haase und 18 weitere SPD-Abgeordnete wegen ihres Anti-Kriegs-Kurses aus der SPD ausgeschlossen. Sie gründeten im April 1917 die [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands]] (USPD) unter Führung Hugo Haases; die Spartakusgruppe schloss sich dieser Partei an. Die USPD wollte das baldige Kriegsende durch den Sturz der kaiserlichen Regierung und der [[Monarchie]] erreichen, während die [[Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands|MSPD]] weiterhin auf Frieden durch Verhandlungen und Kompromisse mit der [[Oberste Heeresleitung|Obersten Heeresleitung]] setzte.<br />
<br />
== 1918–1933 ==<br />
=== Novemberrevolution ===<br />
Die USPD verlor seit ihrem schlechten Abschneiden bei den ersten Parlamentswahlen am 19. Januar 1919 rasch an Bedeutung. Damit war die 1918 erstarkte sozialistische Friedensbewegung, die das Kriegsende mit erzwingen konnte, nachhaltig geschwächt.<br />
<br />
=== Weimarer Republik ===<br />
[[Datei:No More War demonstration in Germany.jpg|mini|„Nie wieder Krieg“, Friedensdemonstration im [[Lustgarten (Berlin)|Berliner Lustgarten]] am 10. Juli 1922]]<br />
Nach der Novemberrevolution 1918 rückten liberale Pazifisten und sozialistische Antimilitaristen stärker aufeinander zu. Die Friedensbewegung der [[Weimarer Republik]] konzentrierte sich vor allem im [[Linksliberalismus]], unter ehemaligen Soldaten des Ersten Weltkriegs und in Kunst und Kultur. Bekannte Beispiele dafür waren:<br />
<br />
* der Schriftsteller [[Ernst Toller]]. Er trat die Nachfolge des ermordeten Kurt Eisner als Münchner [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]]-Vorsitzender an und wurde Regierungsmitglied der [[Münchner Räterepublik]] von 1919. Er leitete zeitweise entgegen seinem antimilitaristischen Selbstverständnis neben [[Rudolf Egelhofer]] (KPD) deren „Rote Armee“. Diesen Konflikt zwischen pazifistischer Einstellung und notwendiger militärischer Verteidigung sozialer Errungenschaften verarbeitete er später in seinem Theaterstück „[[Masse Mensch]]“.<br />
* [[Kurt Tucholsky]] und [[Carl von Ossietzky]] gründeten im Oktober 1919 zusammen mit dem Redakteur der ''[[Berliner Volks-Zeitung]]'', Karl Vetter, den [[Friedensbund der Kriegsteilnehmer]] (FdK). Dessen Leitung konstituierte im Juli 1920 den Aktionsausschuss „Nie wieder Krieg“, der in den Folgejahren große Massendemonstrationen mit bis 1926 steigenden Teilnehmerzahlen am damaligen [[Antikriegstag]], dem 1. August (Beginn des Ersten Weltkriegs) organisierte.<br />
* Schriftsteller wie [[Erich Mühsam]], [[Karl Kraus]], [[Erich Kästner]], [[Bertolt Brecht]], [[Friedrich Wolf]] warnten in ihren Schriften vor neuen Kriegen.<br />
* Bildende Künstler wie [[Käthe Kollwitz]], [[Otto Dix]], [[John Heartfield]] setzten sich mit ihren Kunstformen für den Frieden und gegen reaktionäre und militaristische Tendenzen ein.<br />
* Der [[Anarchopazifismus|Anarchopazifist]] [[Ernst Friedrich]] dokumentierte 1924 mit dem Buch ''[[Krieg dem Kriege]]'' fotografisch schwerste Kriegsverletzungen und mahnte in einem viersprachigen Aufruf an die „Menschen aller Länder“ den Einsatz der Völker gegen den Krieg an. Mit derselben Intention eröffnete er 1925 in Berlin das [[Anti-Kriegs-Museum|„Antikriegsmuseum“]].<br />
<br />
Journalisten, die auf die Einhaltung des [[Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrages]] pochten, wurden von Weimarer Gerichten, die vielfach mit Justizbeamten aus der Kaiserzeit besetzt waren, oft wegen [[Landesverrat]]s angeklagt und verurteilt. Im spektakulären [[Weltbühne-Prozess]] z.&nbsp;B. wurden Ossietzky und [[Walter Kreiser]] wegen Landesverrat und [[Spionage|Verrat militärischer Geheimnisse]] im November 1931 vom IV. Strafsenat des Reichsgerichts in Leipzig zu je 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.<br />
<br />
Der Vertragspazifismus gewann seit dem [[14-Punkte-Programm]] von US-Präsident [[Woodrow Wilson|Thomas Woodrow Wilson]] 1918 zunächst Auftrieb: In der Folge wurde 1919 der [[Völkerbund]] gegründet und auf der Friedenskonferenz von [[Versailles]] angenommen. Obwohl die [[Vereinigte Staaten|USA]] ihm nie und die [[Sowjetunion]] erst seit 1934 angehörten, gelang ihm anfangs die Entschärfung einiger kleinerer Konflikte. In die [[Ruhrbesetzung]] 1923, den [[Spanischer Bürgerkrieg|Spanischen Bürgerkrieg]] 1936 und die [[Sudetenkrise]] 1938 griff er jedoch nicht ein. Auch [[Japan]]s Besetzung der [[Mandschurei]] im Nordosten [[Republik China (1912–1949)|Chinas]] 1931 und Japans Angriff auf das übrige China 1937 sowie Italiens Angriff auf [[Abessinien]] 1935 zeigten die Ohnmacht des Völkerbunds. Der Vertragspazifismus scheiterte seit 1933 vor allem an [[Adolf Hitler]]s Erpressungs-, Besetzungs- und Angriffspolitik.<br />
<br />
== Zeit des Nationalsozialismus ==<br />
Für den [[Nationalsozialismus]] galt die Friedensbewegung als Ableger eines angeblichen „[[Weltjudentum]]s“ und Helfer des „Erzfeindes“ [[Frankreich]], die die nationale Selbstbehauptung und das germanische Heldentum durch intellektuelle „Gehirnerweichung“ untergraben und zerstören wolle. Der von nationalistischen Verbänden und der [[Sturmabteilung|SA]] 1923 gebildete ''Vaterländische Kampfbund'' erklärte den Pazifismus neben Marxismus und Judentum zum Hauptfeind des [[Deutschtum]]s.<br />
<br />
Diese Sicht propagierte vor allem [[Alfred Rosenberg]], Redakteur des [[Völkischer Beobachter|Völkischen Beobachters]] seit 1921. Er sah den „jüdischen Pazifismus“ besonders durch Albert Einstein, [[Erich Fried]], [[Friedrich Wilhelm Foerster]], [[Hellmut von Gerlach]], [[George Grosz]], [[Georg Moenius]] und Kurt Tucholsky verkörpert. Er verunglimpfte diese Personen etwa als „Sittlichkeitsfanatiker“, Vertreter der „[[Kriegsschuldlüge]]“ und „erfolgreiche Beschmutzer des deutschen Volkes“ fortlaufend in seinen Artikeln und drohte ihnen Gewalt an. Er kritisierte auch die Annäherung zwischen Kirchen, christlichen Pazifisten und Völkerbund, etwa bei der dritten Bodenseekonferenz katholischer Politiker 1923 oder den ökumenischen Kongressen in Stockholm 1927 und Prag 1928, als Verrat am „deutschen Gewissen und deutschen Interesse“.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 246&nbsp;f.</ref><br />
<br />
[[Adolf Hitler]] nannte den Pazifismus im ersten Band seiner Programmschrift ''[[Mein Kampf]]'' 1924 eine „Humanitätsduselei“, die eigentlich widernatürlich und kriminell sei, da sie gemeinsame Humanität über die natürliche Gliederung der Menschheit in höhere und niedere [[Rassismus|Rassen]] stelle. Er begriff „Humanität“ als „Ausdruck einer Mischung von Dummheit, Feigheit und eingebildetem Besserwissen“.<ref>Adolf Hitler: ''Mein Kampf'', München 1939, S. 148f; zitiert nach Karl Holl, Wolfram Wette (Hrsg.): ''Pazifismus in der Weimarer Republik''. Paderborn 1981, S. 13</ref><br />
<br />
Bis 1929 nahmen die pazifistischen Organisationen die [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] kaum ernst. Nur einzelne DFG-Mitglieder wie [[Erich Zeigner]] warnten vor ihrem Aufstieg. Doch nach der Reichstagswahl vom 14. September 1930, bei der die NSDAP zweitstärkste Partei wurde, rief [[Fritz Küster]] als Vorsitzender der DFG alle Pazifisten und ihre Organisationen zum bedingungslosen Kampf gegen „Revanchegeist, Faschismus und Krieg“ und zur „Aufklärung über das wahre Gesicht des Hitlertums“ auf. Die DFG machte die Uneinigkeit von SPD und KPD für den Wahlerfolg der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] verantwortlich und stellte nun fortlaufend deren Rüstungs-, Kriegs- und [[Diktatur]]-Absichten heraus. Küsters westdeutscher Landesverband organisierte Gegenkundgebungen zu NSDAP-Versammlungen, auch in Ostdeutschland, und wehrte Störaktionen der SA gegen Pazifistentreffen zum Teil erfolgreich ab.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 239</ref><br />
<br />
Ab 1931 richteten sich DFG und [[Friedensbund Deutscher Katholiken]] auf künftige illegale Arbeit ein. Die DFG forderte einen [[Generalstreik]], [[Sabotage]] und einen internationalen Handelsboykott im Falle einer [[Machtergreifung|Machtübernahme]] der NSDAP, eine parteiübergreifende Abwehrfront gegen diese und benannte die Hindernisse dafür: die Sowjethörigkeit, das [[Sozialfaschismus]]-Dogma und die unrealistische Opposition der KPD gegen den Versailler Vertrag, die Zusammenarbeit der SPD mit bürgerlichen Kräften, deren Unterschätzung Hitlers und Bereitschaft, diesen an der Regierungsmacht zu beteiligen. Ossietzky sah in Hitler jedoch ein Instrument für kapitalistische Interessen und teilte die damals unter Demokraten verbreitete Annahme, seine Machtbeteiligung werde die NSDAP eher schwächen und entzaubern, sei also vorübergehend. Dagegen rechneten Ernst Toller und [[Walter Dirks]] mit einer Diktatur und baldigem Krieg Hitlers gegen Polen und Russland, der dann nur noch militärisch von außen entmachtet werden könne. 1932 warnte die DFG-Zeitschrift ''Das Andere Deutschland'':<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 240</ref><br />
<br />
{{Zitat|Dieser Faschismus ist nicht nur der Tod der Demokratie, sondern auch der fanatische Entfacher des neuen Weltkrieges. Wer seine Gefahr unterschätzt, wer sich gar zum Hehler der nationalsozialistischen Weltbedrohung entwürdigt, macht sich zum Mitschuldigen des neuen Weltkrieges!}}<br />
<br />
Nach Hitlers Amtsantritt als Reichskanzler am 30. Januar 1933 riefen die DFG und ihre Zeitung nochmals zur Bildung einer Einheitsfront aller Antifaschisten auf. Mitglieder klebten im Februar 1933 illegale Plakate dafür. Am 10. Februar schrieb [[Heinrich Ströbel]] in der letzten Nummer des ''Anderen Deutschland'':<ref>zitiert nach Wolfgang Benz: ''Pazifismus in Deutschland'', Fischer TB 4362, ISBN 3-596-24362-9, S. 206&nbsp;f.</ref><br />
<br />
{{Zitat|[…] Wir haben vor allen Dingen dafür zu sorgen, daß die Grundursachen des ganzen Unglücks unserer Zeit aufgedeckt und beseitigt werden.<br />
Die Grundursachen aber bestanden in jenem Gewaltgeist, der den Krieg entfesselte. In der erschauernden Ehrfurcht vor dem Götzen des [[Nationalismus]]. In der sträflichen Gedankenlosigkeit, in der man den Begriff ‚[[Patriotismus]]‘ akzeptierte und weitergab, statt zu prüfen und zu erklären: nur derjenige liebt sein Vaterland, nützt seinen Mitbürgern, der sich niemals gegen andere Länder und Mitmenschen verhetzen läßt, sondern mithilft, alle wirtschaftlichen, politischen und geistigen Grenzsperren niederzureißen, damit das Reich der Vernunft, Gerechtigkeit und Güte endlich aufgebaut wird!}}<br />
<br />
Am 20. Februar trafen sich einige DFG-Führungspersonen in Berlin und berieten, ob sie noch weiterkämpfen oder ihr Leben durch Flucht aus Deutschland retten sollten. Gerlach, Küster und Ossietzky wollten die Reichstagswahl vom 5. März abwarten, [[Otto Lehmann-Rußbüldt]] dagegen ins Exil gehen.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 248</ref><br />
<br />
Nach dem [[Reichstagsbrand]] verbot das NS-Regime am 28. Februar 1933 neben der KPD auch die DFG und die ihr nahestehende [[Christlich-Soziale Reichspartei]]. Am 3. März wurde die DFG-Zeitung ''Das Andere Deutschland'' verboten, am 5. März das DFG-Büro geschlossen, die dortigen Akten beschlagnahmt, die Führungspersonen inhaftiert und in [[Konzentrationslager|KZs]] interniert: darunter Küster, Ossietzky, [[Gerhart Seger]], [[Kurt Hiller]] und [[Paul von Schoenaich]]. Ins Ausland flohen u.&nbsp;a. [[Harry Graf Kessler]], Otto Lehmann-Rußbüldt, Ludwig Quidde, [[Helene Stöcker]], [[Anna Siemsen]].<br />
<br />
Der Friedensbund deutscher Katholiken wurde zunächst verschont, da die NSDAP noch auf Unterstützung der katholischen [[Zentrumspartei]] angewiesen war und ihre Verhandlungen um das [[Reichskonkordat]] nicht gefährden wollte. Am 1. Juli wurde auch der Friedensbund, der die Zustimmung der Zentrumspartei zum [[Ermächtigungsgesetz]] scharf kritisiert hatte, neben anderen katholischen Verbänden verboten. Seine Mitglieder [[Friedrich Dessauer]], Walter Dirks, [[Josef Knecht]], P. Lenz, F. Müller und [[Franziskus Maria Stratmann]] wurden verhaftet. Lenz und Müller konnten nach der Haft ins Ausland fliehen, andere wie [[Bernhard Lichtenberg]] starben an Misshandlungen in der Haft oder wurden wie [[Richard Kuenzer]] als [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerständler]] hingerichtet. Die deutschen katholischen Bischöfe unterstützten die katholischen Pazifisten trotz eindringlicher Bittschreiben von Friedensbundmitgliedern nicht.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 249&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Bei der [[Bücherverbrennung 1933 in Deutschland|Bücherverbrennung am 10. Mai 1933]] waren vor allem Werke von Pazifisten der Weimarer Zeit betroffen. [[Joseph Goebbels]] verhöhnte sie als „Unrat und Schmutz jüdischer Asphaltliteraten“, die „die nationale Wehrhaftigkeit und die Ehre des deutschen Volkes ungestraft mit Füßen treten durften“. In der 8. Auflage von ''[[Meyers Lexikon]]'' (1936–1942), dessen Inhalt mit der [[Parteiamtliche Prüfungskommission zum Schutze des nationalsozialistischen Schrifttums|Zensurkommission PPK]] der NSDAP abgestimmt werden musste und daher als „Brauner Meyer“ oder „Nazi-Meyer“ bezeichnet wird<ref>Thomas Keiderling: Enzyklopädisten und Lexika im Dienst der Diktatur? Die Verlage F. A. Brockhaus und Bibliographisches Institut („Meyer“) während des Nationalsozialismus. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1/2012, München, S. 69–92</ref>, stand zum Stichwort Pazifismus: ''[Er] führt besonders infolge der internationalen Zusammenarbeit leicht zum [[Landesverrat|Vaterlandsverrat]]; die Anhänger des Pazifismus in Deutschland (Pazifisten) waren meist Landesverräter.''<ref>zitiert nach Karl Holl, Wolfram Wette (Hrsg.): ''Pazifismus in der Weimarer Republik''. Paderborn 1981, S. 15&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Am 23. August 1933 bürgerte das NS-Regime neben emigrierten KPD- und SPD-Mitgliedern auch Führungspersonen der deutschen Friedensbewegung aus, darunter Gerlach, Tucholsky, [[Emil Julius Gumbel]], [[Berthold Jacob]], Lehmann-Rußbüldt, später auch Foerster, Hiller, Quidde. Frau und Tochter Gerhart Segers, dem 1934 die Flucht nach Prag gelungen war, wurden in „Schutzhaft“ genommen; die intensiven Proteste Großbritanniens veranlassten die deutschen Behörden dann jedoch, beide ausreisen zu lassen. Die [[Gestapo]] entführte den Pazifisten Berthold Jacob am 9. März 1935 aus der Schweiz, um seine Berichte über heimliche deutsche Aufrüstung im Vorfeld ihrer neu eingeführten Wehrpflicht zu verhindern. Nach einem Schweizer Auslieferungsantrag wurde er freigelassen, 1941 jedoch aus Portugal erneut entführt und 1944 im KZ ermordet.<ref>Dieter Riesenberger: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, S. 250&nbsp;f.</ref><br />
<br />
Emigrierte und ausgebürgerte Pazifisten protestierten 1935 gegen die wiedereingeführte Wehrpflicht und die damit verbundene Androhung der Todesstrafe für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure. Die deutsche Exilbewegung erreichte 1936, dass dem jahrelang in KZs inhaftierten Ossietzky der Friedensnobelpreis für 1935 zuerkannt wurde. Damit wurde der Terror gegen Andersdenkende unter dem NS-Regime weltweit publik.<br />
<br />
Nach Beginn des [[Polenfeldzug]]s rief [[Fritz von Unruh]] stellvertretend für alle inhaftierten oder exilierten Pazifisten am 4. September 1939 mit einem von französischen Fliegern in Polen abgeworfenen Flugblatt alle deutschen Soldaten zur Befehlsverweigerung und zum Aufstand gegen das NS-Regime auf:<ref>zitiert nach Wolfgang Benz: ''Pazifismus in Deutschland'', Fischer TB 4362, S. 218</ref><br />
<br />
{{Zitat|Der Hitlerkrieg wurde von einer Handvoll politischer Abenteuerer in Berlin entfesselt. Dieser Krieg wird gegen unser Volk geführt. […]<br />
<br />
Kameraden! Das Hitlersystem ist nicht die Knochen eines einzigen deutschen Soldaten wert. Denkt an die Leiden und Schrecken seit 1933, gedenkt der Verfolgten, Eingekerkerten, Erschlagenen und heimlich Ermordeten.<br />
<br />
Die Stunde der Abrechnung ist gekommen! Sagt euch los von den Brandstiftern und Tyrannen. Fallt den Kriegstreibern in die Arme. Bekennt euch zu unserem Volke und zu Deutschland. Verbrüdert euch mit denen, die wie wir für die Freiheit kämpfen.}}<br />
<br />
Innerhalb Deutschlands versuchten vor allem SPD- und KPD-Anhänger im Untergrund gegen den Krieg zu arbeiten. Aktive Kriegsdienstverweigerer gab es bei den [[Zeugen Jehovas]] und einigen [[Religiöser Sozialismus|Religiösen Sozialisten]] wie [[Günther Dehn]] und [[Georg Fritze]]. Die [[Bekennende Kirche]] trug Deutschlands Angriffskrieg ebenso mit wie das deutsche katholische Episkopat. Nur sehr wenige evangelische oder katholische Christen wie [[Hermann Stöhr]] und [[Max Josef Metzger]] verweigerten in dieser Lage den Kriegsdienst und wurden deshalb hingerichtet.<br />
<br />
== Nachkriegszeit ==<br />
Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] führte der [[Kalter Krieg|Kalte Krieg]] zwischen den Supermächten USA und Sowjetunion zur Teilung Europas in feindliche Blöcke. Diese Konstellation bestimmte für lange Zeit alle Anläufe zu Abrüstung, Entmilitarisierung und friedlicher Konfliktlösung und begrenzte ihren Aktionsradius, besonders im geteilten Deutschland. Gleichwohl kam es in einigen Staaten Westeuropas aus verschiedenen Anlässen immer wieder zu Massenprotesten, an denen herkömmliche Friedensinitiativen sich beteiligten und in denen neue Friedensinitiativen entstanden.<br />
<br />
=== Westdeutsche „Ohne mich“-Bewegung ===<br />
In den ersten Nachkriegsjahren war die Haltung der Deutschen und der meisten Parteien von der Parole ''Nie wieder Krieg'' bestimmt. Dies wirkte sich so aus, dass die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen als Grundrecht im [[Grundgesetz]] verankert wurde, nicht aber die Landesverteidigung.<br />
<br />
Infolge der Gründung der [[NATO]] 1949 trieb Bundeskanzler [[Konrad Adenauer]] und seine Partei, die [[Christlich Demokratische Union|CDU]], die wirtschaftliche, politische und militärische Integration der [[Westdeutschland|Bundesrepublik]] in das Westbündnis voran. 1950 wurden seine Pläne zu einem westdeutschen „Wehrbeitrag“ bekannt. Daraufhin kam es zu einer heftigen Debatte um die [[Wiederbewaffnung]].<br />
<br />
In diesem Kontext regten sich auch außerparlamentarische Proteste ([[Ohne mich-Bewegung]]), getragen von [[Gewerkschaft]]en, Intellektuellen, christlichen Gruppen und Frauengruppen (insbesondere der [[Westdeutsche Frauenfriedensbewegung|Westdeutschen Frauenfriedensbewegung]]). Beteiligt war auch die westdeutsche [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]], die 1956 verboten wurde. Der Rat der [[EKD]], der die Wiederbewaffnung 1950 abgelehnt hatte, erklärte 1951 seine Ratlosigkeit gegenüber der politischen Entwicklung (''Ohnmachtsformel'').<br />
<br />
Wegen Adenauers heimlichen Angebotes eines Wehrbeitrags an die USA ohne Absprache im Kabinett trat der damalige Innenminister [[Gustav Heinemann]] zurück, verließ 1952 die CDU und gründete die [[Gesamtdeutsche Volkspartei]], um die Opposition gegen die Wiederbewaffnung parlamentarisch wirksam werden zu lassen. Die GVP erreichte jedoch nur geringe Wähleranteile.<br />
<br />
=== Christliche Friedenskonferenz ===<br />
Die [[Christliche Friedenskonferenz]] (CFK) war eine internationale Organisation mit einem Status als [[Nichtregierungsorganisation]] (NGO) beim [[Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen]] ECOSOC.<br />
<br />
Mitglieder waren [[Kirche (Organisation)|Kirchen]] aus den [[Realsozialistische Staaten|sozialistischen Staaten]] sowie [[Kirchengemeinde]]n und Einzelpersonen auch aus anderen Ländern. Angesichts ihrer Initiierung mit Hilfe sozialistischer Staaten, die Christen ansonsten [[Christenverfolgung#Ostblockstaaten|diskriminierten und verfolgten]], und angesichts der unübersehbaren Nähe zum [[Marxismus]] gilt die Christliche Friedenskonferenz mitunter in der Forschung als „kommunistische Tarnorganisation“.<ref name="Vollnhals116">[[Clemens Vollnhals]], 1996: ''Die Kirchenpolitik von SED und Staatssicherheit: eine Zwischenbilanz'', Band 7 von Analysen und Dokumente, Ch. Links Verlag, ISBN 3-86153-122-4, S. 116 ({{Google Buch |BuchID=7i5Ac0Taty4C |Seite=116}}).</ref><ref>[[Heinrich August Winkler]]: FAZ, 5. Dezember 1991</ref><ref>Holger Kremser (1993): Der Rechtsstatus der evangelischen Kirchen in der DDR und die neue Einheit der EKD. J.C.B. Mohr, Tübingen. S. 157 ({{Google Buch|BuchID=zhSBYsZ_4oEC|Seite=157}}).</ref><ref>{{Der Spiegel|ID=13491423|Titel=Den Heiner nimmt uns keiner|Autor=|Jahr=1991|Nr=50|Seiten=|Kommentar=}}</ref><ref name="welt-10980281">{{Internetquelle | url=http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article10980281/Das-Geheimnis-des-CDU-Chronisten.html | titel=Das Geheimnis des CDU-Chronisten | autor=Dirk Banse, Uwe Müller | werk=[[Die_Welt#Online-Ausgabe|welt.de]] | datum=2010-11-17 |zugriff=2018-10-7}}</ref><br />
<br />
=== Konziliarer Prozess ===<br />
Auf der VI. Vollversammlung des [[Ökumenischer Rat der Kirchen|Ökumenischen Rates der Kirchen]] (ÖRK) in [[Vancouver]] (Kanada) 1983 wurde beschlossen, sich unter der Bezeichnung [[Konziliarer Prozess]] auf den gemeinsamen Lernweg zu [[Gerechtigkeit]], Frieden und [[Bewahrung der Schöpfung]] zu begeben. Anlass war die zunehmende Stationierung von Massenvernichtungswaffen, die als Verbrechen gegen die Menschheit bezeichnet wurde. Um mehr bewirken zu können, wollten die christlichen Kirchen gemeinsam und verstärkt für Frieden eintreten.<ref>[[Ulrich Duchrow]] / [[Gerhard Liedke]]: Schalom. Der Schöpfung Befreiung, den Menschen Gerechtigkeit, den Völkern Frieden. Eine Arbeitshilfe zum konziliaren Prozeß, Stuttgart 1987</ref><br />
<br />
=== Pax Christi ===<br />
[[Pax Christi]] ist die internationale [[Katholizismus|katholische]] [[Organisation]] der Friedensbewegung, die zum Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] in Frankreich entstanden ist. In der [[Katholische Kirche|katholischen Kirche]] Deutschlands kam die Debatte um den genauen Inhalt des katholischen Pazifismus nur sehr mühsam in Gang, der in der 1963 von Papst [[Johannes XXIII.]] veröffentlichten Enzyklika [[Pacem in terris (Enzyklika)|Pacem in terris]]<ref>Bundesverband der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Deutschlands (Hrsg.): ''Texte zur katholischen Soziallehre''. 4. Aufl., Kevelaer 1977, S. 271–320</ref> und in dem Konzilsdokument [[Gaudium et Spes]] von 1965<ref>[[Karl Rahner]], [[Herbert Vorgrimler]]: ''Kleines Konzilskompendium''. 4. Aufl., Freiburg i.Br. 1968, S. 449–552</ref> die völlige Abschaffung des Krieges zum verbindlichen Ziel erklärt hatte. Während der Nachrüstungsdebatte um den [[NATO-Doppelbeschluss]] (1979–1984) positionierte sich Pax Christi eindeutig auf Seiten der politischen Friedensbewegung.<br />
<br />
=== Bewegung gegen Atomwaffen ===<br />
==== Großbritannien ====<br />
1955 und 1956 nahmen die Atomtests der Großmächte stark zu und bewirkten eine verstärkte Sorge über radioaktive Gefährdung in der britischen Bevölkerung. Die Bewegung zur nuklearen Abrüstung der 50er und 60er Jahre in Großbritannien war in der Folge eine der größten außerparlamentarischen Bewegungen in der modernen Geschichte des Landes. Eine zentrale Wurzel der ''Nuclear Disarmament Movement'' war radikaler Pazifismus und zu einem geringeren Teil die außerparlamentarische Linke.<ref>Richard K. S. Taylor: ''Against the Bomb'', S. 5</ref><br />
<br />
Der erste Anstoß zur Bewegung kam allerdings 1957 mit dem Hydrogen Bomb Campaign Committee von Seite der parlamentarischen Labour-Partei. Im Jahre 1957 entstanden auch viele andere kleinere Protestbewegungen gegen Atomwaffen und Atomwaffentests außerhalb von Labour. Das Direct Action Committee hatte seine Wurzeln hauptsächlich im Pazifismus. Es organisierte auch den ersten der sogenannten Aldermaston-Märsche 1958. Das ''National Council for the Abolition of Nuclear Weapons Tests'' war dann der Vorgänger des CND.<ref>Richard K. S. Taylor: ''Against the Bomb'', S. 5&nbsp;f.</ref><br />
<br />
==== Deutschland ====<br />
Am 12. April 1957 widersprach die [[Göttinger Erklärung]] von 18 anerkannten westdeutschen Atomwissenschaftlern (darunter die Nobelpreisträger [[Max Born]], [[Otto Hahn]] und [[Werner Heisenberg]]) den bekanntgewordenen Regierungsplänen für [[Atomwaffen in Deutschland]] und die [[Bundeswehr]] mit Atomwaffen auszurüsten bzw. diese im Rahmen der NATO auf deutschem Boden aufzustellen.<ref>[http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/83/aufstand_der_atomforscher.html spiegel.de vom 10. April 2007] [[Franz Walter (Politikwissenschaftler)|Franz Walter]]: ''Aufstand der Atomforscher''</ref> 1958 kam es auf Initiative von SPD, DGB und kirchlichen Gruppen zur Gründung des Ausschusses [[Kampf dem Atomtod]]. Dieser organisierte eine Reihe von Massendemonstrationen gegen die atomare Bewaffnung.<br />
<br />
1959 löste sich diese Opposition auf, nachdem SPD und DGB eine Volksbefragung ablehnten und die NATO zwar der Bundeswehr eigene Atomwaffen verweigerte, aber nicht deren Aufstellung unter der Schlüsselgewalt der USA.<br />
<br />
Als Kontinuitätslinie zu diesem Massenprotest etablierten sich ab 1960 die jährlichen [[Ostermarsch|Ostermärsche]] in Westdeutschland. Später kam die ''Kampagne für Demokratie und Abrüstung'' hinzu. Die Göttinger Wissenschaftler um [[Carl Friedrich von Weizsäcker]] schufen mit der Zeitschrift ''Atomzeitalter'' ein Forum, das die Kritik an der Einbeziehung von Atomwaffen in die westliche und östliche Militär- und Sicherheitspolitik aufrechterhielt und die Basis für eine unabhängige [[Friedensforschung]] in Deutschland legte.<br />
<br />
== Opposition gegen den Vietnamkrieg ==<br />
{{Hauptartikel|Vietnamkrieg#Politische Wirkungen|titel1=„Politische Wirkungen“ im Artikel Vietnamkrieg}}<br />
<br />
=== Vereinigte Staaten ===<br />
Seit dem Eintritt der USA in den [[Vietnamkrieg]] 1963 begannen dort und in Westeuropa Proteste dagegen, die sich besonders seit den Bombardierungen Nordvietnams 1965 verstärkten. Diese Proteste wurden ein Hauptanliegen der [[Studentenbewegung]]en in den USA und Westeuropa. Damit gewann eine Antikriegsbewegung erstmals seit 1945 eine größere gesellschaftliche und internationale Relevanz.<br />
<br />
In den USA fielen Kriegsopposition, Hippie- und Bürgerrechtsbewegung zeitlich und zum Teil soziologisch zusammen. Viele Vietnamkriegsgegner deuteten das Engagement der USA in Indochina als imperialistischen Angriffskrieg und sahen die Militäraktionen der nordvietnamesischen [[Nationale Front für die Befreiung Südvietnams|FNL]] wie auch anderer Befreiungsbewegungen in Ländern der sogenannten ''[[Dritte Welt|Dritten Welt]]'' als legitime Notwehr an; manche unterstützten solche Gruppen materiell.<br />
<br />
Eine wichtige Rolle für die Verbreitung dieser Kriegsopposition spielten die unzensierten Fernsehberichte, die weltweit realistische Bilder der Kriegsgräuel und Leiden der Zivilbevölkerung Vietnams zeigten. Auch das Bekanntwerden von fingiertem Kriegsanlass ([[Tonkin-Zwischenfall]]), des Einsatzes völkerrechtswidriger Kampfmittel (z.&nbsp;B. [[Agent Orange]], [[Napalm]], Entlaubung), von Kriegsverbrechen wie dem [[Massaker von Mỹ Lai|Massaker von My Lai]] trugen zur Ablehnung dieses Krieges bei. Die verlustreiche [[Tet-Offensive]] der NFL von 1968 bewirkte einen Meinungsumschwung in den USA: Eine Bevölkerungsmehrheit betrachtete das militärische Engagement der USA nun als aussichtslos, die oft wiederholten Versprechen eines baldigen Sieges als unglaubwürdig, und verlangte die baldige Einstellung der Kriegshandlungen.<ref>Marc Frey: ''Geschichte des Vietnamkriegs.'' München 2006, S. 167–172; Ingrid Gilcher-Holtey: ''Die 68er Bewegung: Deutschland, Westeuropa, USA.'' Beck, 4. Auflage, München 2008, ISBN 3-406-47983-9, [https://books.google.de/books?id=Ok4rLVf389EC&pg=PA73 S. 73]</ref> <br />
<br />
Dabei waren sich die Kriegsgegner in den USA nicht einig über Art und Ziele ihrer Protestaktionen. Liberale Aktivisten wollten nur den Abzug der Bodentruppen erreichen und hielten radikale Antikriegsaktionen dazu für hinderlich, da sie die Bevölkerungsmehrheit eher abstoßen würden.<ref>Simon Hall: ''Peace and Freedom – The Civil Rights and Antiwar Movements in the 1960s.'' 2006, S. 158</ref> Die zunehmende Ablehnung des Vietnamkriegs in den USA, die [[Kriegsmüdigkeit]] der kämpfenden US-Soldaten, militärische Erfolge des Vietcong und die Wahl des Nachfolgers von [[Präsident der Vereinigten Staaten|US-Präsident]] [[Lyndon B. Johnson]] trugen dazu bei, dass sich die USA bis 1974 aus Vietnam zurückzogen. Bis dahin waren etwa 50.000 Kriegsdienstverweigerer in das Nachbarland [[Kanada]] geflohen. Die Wehrpflicht wurde in den USA nach den Erfahrungen mit den Vietnam-Protesten abgeschafft.<br />
<br />
=== Bundesrepublik Deutschland ===<br />
Hier bildete die Opposition gegen den Vietnamkrieg ein Hauptanliegen der [[Außerparlamentarische Opposition|APO]]. So führte der [[Sozialistischer Deutscher Studentenbund|Sozialistische Deutsche Studentenbund]] (SDS) unter der Leitung von [[Rudi Dutschke]] im Februar 1968 einen großen Vietnamkongress in [[West-Berlin]] durch, der mit der bis dahin größten Demonstration gegen diesen Krieg abgeschlossen wurde.<br />
<br />
Im Zusammenhang dieser Opposition nahm die [[Kriegsdienstverweigerung in Deutschland|Kriegsdienstverweigerung in Westdeutschland]] enorm zu. 1968 verweigerten etwa 12.000 (1967: 6.000) Wehrpflichtige die Bundeswehrausbildung, darunter viermal so viele Soldaten wie 1967, und bis 1972 verdreifachte sich die Gesamtzahl nochmals. Zugleich wurden viele Anträge von Verweigerern nicht mehr prinzipiell pazifistisch, sondern situationsbedingt und politisch begründet. Manche verweigerten zudem Befolgung von Befehlen, verbrannten öffentlich ihre Wehrpässe und Uniformen.<br />
<br />
Infolge dieser Entwicklung kam es zu Überlegungen einer Reform des bisherigen KDV-Anerkennungsverfahrens bei SPD und FDP. Auch die politische Bildung von Soldaten sollte verbessert werden.<br />
<br />
== Neue Friedensbewegung ==<br />
Mit der Entwicklung neuer Waffenarten, besonders aber seit der Vereisung der Beziehungen zwischen den Supermächten infolge des [[NATO-Doppelbeschluss]]es am 12. Dezember 1979 und des [[Sowjetisch-Afghanischer Krieg|Einmarsches der Sowjetunion in Afghanistan]] am 25. Dezember 1979 entstand eine neue, breitere und vielschichtigere Friedensbewegung in Westeuropa und Nordamerika, die auch in den Ostblock ausstrahlte.<br />
<br />
=== Gegen die Neutronenbombe in den USA ===<br />
Ab 1977 löste die Entwicklung der [[Kernwaffe#Neutronenbomben|Neutronenbombe]] in den [[Vereinigte Staaten|USA]] einen weltweiten Aufschwung der Friedensbewegung aus. Viele Menschen empfanden deren angebliche Fähigkeit, Leben zu vernichten, aber Bauten und Material zu schonen, als „Perversion menschlichen Denkens“ ([[Egon Bahr]]). Als typische Protestform gegen diese Bombe entwickelte sich in den USA und in Australien das [[Die-in]], bei dem sich die Demonstranten auf ein Signal plötzlich wie tot auf die Erde legten.<br />
<br />
=== Gegen den Nato-Doppelbeschluss ===<br />
[[Datei:DemonstrationRaketenStationierung1982.jpg|mini|Demonstranten verbrennen die Flagge der USA vor einem US-Militärstützpunkt in Deutschland, Dezember 1982]]<br />
<br />
Von 1979 bis 1983 gab es starke Proteste gegen den [[NATO-Doppelbeschluss]] und die atomare Hochrüstung in Westeuropa und den USA. Der Doppelbeschluss sah die Stationierung der atomar bestückten US-amerikanischen Mittelstreckenraketen [[Pershing II]] und Marschflugkörper [[BGM-109 Tomahawk|BGM-109G Cruise Missile]] in fünf NATO-Staaten Westeuropas als Antwort auf die Stationierung der neuen sowjetischen [[RSD-10|SS 20]]-Raketen vor.<ref>Lothar Schröter: ''Die NATO im Kalten Krieg. Die Geschichte des Nordatlantikpaktes bis zur Auflösung des Warschauer Vertrages – eine Chronik'', Bd. 2: ''1976–1991''. Homilius, Berlin 2009, ISBN 978-3-89706-915-2, S. 755.</ref> Die Friedensbewegung kritisierte, dass die amerikanischen Mittelstreckenwaffen in der Lage waren, die sowjetische Hauptstadt fast ohne Vorwarnzeit zu treffen. Viele verwiesen auf den in den USA öffentlich diskutierten Plan von [[Pentagon]]-Strategen wie [[Colin S. Gray]], die sowjetischen Kommandozentralen bei einem Atomkrieg durch einen Überraschungsangriff zu zerstören und sowjetische Vergeltungsschläge so weitgehend auf Europa zu begrenzen.<ref>Colin S. Gray, Keith Payne: ''Victory is possible.'' In: Foreign Policy, Washington, Nr. 39/ 1980. Übersetzt und zitiert bei Günter Neuberger: ''Der Plan Euroshima; aus Reden und Schriften von Ronald Reagan, Alexander Haig, Caspar Weinberger und anderen.'' Pahl-Rugenstein, Köln 1982, ISBN 3760906885, S. 24</ref> Über vier Millionen Menschen unterzeichneten 1980–1983, mitten im [[Kalter Krieg|Kalten Krieg]]<ref>Karl-Wilhelm Gellissen: {{Webarchiv|text=Der Krefelder Appell |url=http://www.heimat-krefeld.de/website/dieheimat/2006/77_2006_gesamt/161-164.pdf |wayback=20121120182453 |archiv-bot=2018-04-10 22:45:49 InternetArchiveBot }}, in: ''Die Heimat'' Band 77 / 2006, S. 161. Umfassende bebilderte Dokumentation (PDF-Datei; 235 kB), abgerufen am 28. Dezember 2016.</ref>, den [[Krefelder Appell]] gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstrecken-Atomwaffen in Europa. 1983 verkündete US-Präsident [[Ronald Reagan]] seine [[Strategic Defense Initiative]] (SDI), die darauf hinauslief, das Territorium der USA mit Hilfe von Anti-Raketen-Raketen und weltraumgestützten Laserwaffen unverwundbar zu machen. <br />
Umstritten war der Nachrüstungsbeschluss auch in den Gewerkschaften des [[DGB]], deren Mitglieder und Jugendorganisationen teilweise mit der Friedensbewegung sympathisierten. Während der [[IG-Metall]] Vorsitzende [[Eugen Loderer]] die Nachrüstung befürwortete, verlangten andere Stimmen in der IGM Abrüstung und die Umstellung der deutschen Rüstungsbestriebe auf zivile Produktion.<ref>Vgl. Ulf Teichmann: ''Neue soziale Bewegung im Stahlwerk? Proteste für Frieden und Arbeit im Ruhrgebiet (1981-1984)'', in: [[Arbeit - Bewegung - Geschichte]], Heft III/2018, S. 91–108; sowie Jan Hansen: ''Schaffen Raketen Arbeitsplätze? Der Streit um die Nachrüstung und die Rüstungskonversion in den Gewerkschaften (um 1979 bis 1983)'', in: [[Arbeit – Bewegung – Geschichte]], Heft II/2016.</ref> Die dahingehenden Friedensaktivitäten der [[Deutsche Kommunistische Partei|DKP]] und ihrer Unterorganisationen standen im Einklang mit dem „Friedenskampf“ der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] und wurden vom dortigen [[Friedensrat der DDR|Friedensrat]] angeleitet. Dieser unterstand der Abteilung Auslandsinformation im [[Zentralkomitee der SED]].<ref>[http://martin-ebner.net/topics/culture/friedensbewegung/ Ferngesteuerte Friedensbewegung?] Artikel zum Forschungsprojekt „Plan und Realität: Die westdeutsche Friedensbewegung im politischen Kalkül der SED-Führung“ an der FU Berlin, abgerufen am 28. November 2014</ref><br />
<br />
[[Datei:Friedenstaube weiss blau kreis.svg|links|mini|Friedenstaube: Zeichen vieler Friedensdemonstrationen der Jahre 1980–1984]]<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1982-0529-012, Schwerin, Pfingsttreffen der Jugend.jpg|mini|Friedensdemonstration beim [[Freie Deutsche Jugend#Pfingsttreffen und sonstige Großtreffen|Pfingsttreffen der Jugend]] in [[Schwerin]] im Mai 1982]]<br />
<br />
Eine der ersten großen Friedensdemonstrationen fand anlässlich des [[Deutscher Evangelischer Kirchentag 1981|Deutschen Evangelischen Kirchentages im Juni 1981 in Hamburg]] statt. Am [[Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1981|10. Oktober 1981]] demonstrierten im Bonner Hofgarten mehr als 300.000 Menschen friedlich gegen Atomwaffen; am 25. Oktober 1981 demonstrierten 200.000 Menschen in Brüssel, am 21. November 400.000 Menschen in [[Friedensdemonstration in Amsterdam 1981|Amsterdam]]. In Bonn und Berlin fanden 1982 anlässlich eines [[Deutschlandbesuch des US-Präsidenten 1982|Staatsbesuches von US-Präsident Ronald Reagan]] große Friedensdemonstrationen statt, am [[Friedensdemonstration in Bonn 1982|10. Juni auf den Bonner Rheinwiesen]] mit ca. 500.000 und am 11. Juni in Berlin mit ca. 50.000 Menschen. Auch die [[Ostermarsch|Ostermärsche]] mobilisierten 1981–1984 regelmäßig Hunderttausende in zahlreichen Städten und Regionen Westdeutschlands. Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT) 1983 in Hannover waren es wieder Hunderttausende, und am 22. Oktober 1983 demonstrierten in [[Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1983|Bonn]], Berlin, Hamburg sowie zwischen Stuttgart und Ulm insgesamt 1,3 Millionen Menschen. Zwischen Stuttgart und Ulm entstand eine [[Menschenkette von Stuttgart nach Neu-Ulm|durchgehende Menschenkette]]. Weitere Großdemonstrationen folgten in Brüssel (am 23. Oktober 1983, mit 400.000 Menschen) und in Den Haag (am 29. Oktober 1983, mit 550.000 Menschen). Auf den Demonstrationen sprachen u.&nbsp;a. [[Gert Bastian]], [[Joseph Beuys]], [[Heinrich Böll]], [[Willy Brandt]], [[Helmut Gollwitzer]], [[Günter Grass]], [[Petra Kelly]], [[Oskar Lafontaine]], [[Martin Niemöller]], [[Horst-Eberhard Richter]] und [[Dorothee Sölle]]. Die [[Bots]], [[Franz Josef Degenhardt]], [[Maria Farantouri]], [[Hanns Dieter Hüsch]], [[Fasia Jansen]], [[Hannes Wader]], [[Bettina Wegner]] und andere Musiker und Liedermacher beteiligten sich mit eigenen Liedern an den Kundgebungen. Zu den Organisatoren gehörten Bastian, Kelly, [[Jo Leinen]], [[Gunnar Matthiessen]], [[Eva Quistorp]], [[Josef Weber (Friedensaktivist)|Josef Weber]] und [[Andreas Zumach]].<br />
<br />
Man entwickelte vielfältige gewaltfreie Aktionen, die auch Rückhalt in der Bevölkerung fanden, zum Beispiel [[Sitzblockade]]n vor Atomstandorten und Raketenabwehrstellungen, „Rüstungssteuerverweigerung“, Kampagnen gegen Rüstungsexporte, „[[Fasten]] für den Frieden“, [[Menschenkette]]n.<br />
<br />
[[Datei:LebenLaute.jpg|mini|„Konzertblockade“ der Gruppe ''Lebenslaute'']]<br />
[[Datei:Mahnwachen für den Frieden in Bremen.JPG|mini|Seit 1982 jeden Donnerstag Mahnwache für den Frieden in Bremen]]<br />
<br />
Bekannt wurden zum Beispiel die Proteste und gewaltfreien [[Sitzblockade]]n des Pershing-II-Depots auf der [[Mutlanger Heide]]. In dem kleinen Ort mit etwa 5500 Einwohnern auf der Schwäbischen Alb gab es jahrelang Friedensaktionen. Eine Gruppe von Aktivisten wollte [[Mutlangen]] erst wieder verlassen, wenn die Pershing-II-Atomwaffen entfernt seien; sie lebten in der ''Pressehütte Mutlangen''<ref>[http://www.pressehuette.de/ Pressehütte Mutlangen]</ref>, die Anwohner zur Verfügung stellten. Bekannt wurden auch die „Seniorenblockade“ (600 ältere Menschen blockierten mehrere Tage lang die Basis), die „Konzertblockade der Lebenslaute“<ref>[http://www.lebenslaute.de/ Konzertblockade der Lebenslaute]</ref> (ein ganzes Sinfonieorchester blockierte musizierend die Tore zum Raketenstandort) und die „Richterblockade“ (etwa 20 Richter entschlossen sich, das Widerstandsrecht nach dem [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]]-[[Artikel 20 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland|Artikel 20]] über den §&nbsp;240 des [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|Strafgesetzbuches]] ([[Nötigung (Deutschland)|Nötigung]]) zu stellen). Am 22. November 1983 versuchten mehrere zehntausend Menschen, unter Verstoß gegen die [[Bannmeile]] den deutschen Bundestag in Bonn zu blockieren. Gleichwohl stimmte der Bundestag gegen zahlreiche Stimmen aus der SPD und die Stimmen der Grünen der Raketenstationierung zu.<br />
<br />
Im [[Hunsrück]] auf der [[Pydna (Raketenbasis)|Pydna]] wurden 1986 – von US-Streitkräften gesichert – 96 abschussbereite [[Cruise Missile]]s mit [[Atomsprengkopf|Atomsprengköpfen]] stationiert. Der Protest der Bevölkerung gipfelte am 11. Oktober 1986 in der größten Demonstration im Hunsrück. Rund 200.000 Menschen, an deren Spitze der Friedensaktivist und evangelische Pfarrer [[August Dahl]], protestierten friedlich gegen die Stationierung der Marschflugkörper. Von 1983 bis 1993 fanden in Reckershausen [[Frauenwiderstandscamp]]s gegen die Stationierung sowie gegen die Verknüpfung von Militarismus und Sexismus statt. Von diesen Camps, zu denen aus dem gesamten Bundesgebiet, aber auch aus anderen Ländern Frauen mobilisiert wurden, gingen vielfältige feministische Protestaktionen aus.<br />
<br />
Grundsätzlich richteten sich Proteste gegen die atomare Aufrüstung insgesamt, wenn auch in geringerem Maße gegen die der [[Sowjetunion|UdSSR]] und des Ostblocks als die im eigenen Land. Die meisten Anhänger der Friedensbewegung waren der Auffassung, dass jedes Volk sich vor allem um die Abrüstung im eigenen Land kümmern müsse. Thorsten Bonacker vom Zentrum für Konfliktforschung der [[Philipps-Universität Marburg|Universität Marburg]] stellte fest, die Friedensbewegung habe ihre politischen Forderungen immer vor allem an die westliche Seite gerichtet.<ref>[http://www.handelsblatt.com/panorama/aus-aller-welt/friedensbewegung-mehrere-tausend-teilnehmer-bei-ostermaerschen/9783092.html ''Friedensbewegung | Mehrere tausend Teilnehmer bei Ostermärschen''], in ''[[Handelsblatt]]'' vom 19. April 2014</ref><br />
<br />
Die Friedensbewegung führte unter anderem 1980 zur Gründung der Partei der [[Bündnis 90/Die Grünen|Grünen]]. 1981 gründete der ehemalige General [[Gert Bastian]] die Gruppe [[Generale für den Frieden]]. Einige der Mitglieder standen, wie sich später herausstellte, unter dem Einfluss des [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]] der DDR. Im Juni 1984 gründete sich die [[Friedensliste]], die im selben Jahr zu den [[Europawahl]]en und 1987 zu den Bundestagswahlen antrat, allerdings konnte sie keine Mandate erringen.<br />
<br />
{| class="wikitable sortable"<br />
|+Auflistung einiger ausgewählter herausragender Demonstrationen und Aktionen gegen die Nachrüstung in der Bundesrepublik Deutschland<br />
! Datum<br />
! Ort<br />
! Geschätzte Teilnehmerzahl<br />
! Anlass, Veranstaltung, Motto<br />
|- valign="top"<br />
| 20. Juni 1981<br />
| [[Hamburg]]<br />
| 120.000<br />
|[[Deutscher Evangelischer Kirchentag 1981|19. Evangelischer Kirchentag]]. „Fürchtet Euch, der Atomtod bedroht uns alle.“ Für eine [[Atomwaffenfreie Zone]] in Europa und gegen die Nachrüstung.<br />
|- valign="top"<br />
| 10. Oktober 1981<br />
| Bonn<br />
| 350.000<br />
| Staatsbesuch Ronald Reagans. [[Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1981]]: „Aufstehen! Für den Frieden“<br />
|- valign="top"<br />
| 21. November 1981<br />
| Amsterdam<br />
| 400.000<br />
| [[Interkirchlicher Friedensrat]]: „Schafft die Atomwaffen aus der Welt und zwar zuerst in den Niederlanden!“<ref>[[Friso Wielenga]]: ''Die Niederlande: Politik und politische Kultur im 20. Jahrhundert.'' Waxmann, 2008, ISBN 3-8309-1844-5, [http://books.google.de/books?id=GEqKAwAAQBAJ&pg=PA364 S. 364 f.]</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 15. Mai 1982<br />
| Wien<br />
| 70.000<br />
| Friedensmarsch von 260 Organisationen; „Entrüstet euch!“<ref>Manfried Rauchensteiner, Thomas Desch: ''Überlegungen zum Frieden.'' Deuticke, 1987, ISBN 3-7005-4578-9, S. 367</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 10. Juni 1982<br />
| Bonn<br />
| 500.000<br />
| [[Friedensdemonstration in Bonn 1982]]<br />
|- valign="top"<br />
| 12. Juni 1982<br />
| New York City<br />
| 1 Million<br />
| [[Nuclear Weapons Freeze Campaign]]: ''No Nukes Rally'' (bis dahin größte Demonstration in den USA)<ref>Detlev Preuße: ''Umbruch von unten: Die Selbstbefreiung Mittel- und Osteuropas und das Ende der Sowjetunion.'' Springer VS, 2014, ISBN 978-3-658-04971-3, [http://books.google.de/books?id=urckBAAAQBAJ&pg=PA220 S. 220.]</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 1. bis 8. August 1982<br />
| [[Engstingen#Haid|Engstingen-Haid]]<br />
| 700, aufgeteilt in 60 [[Affinity Group|Bezugsgruppen]]<br />
| Sitzblockade am [[Sondermunitionslager Golf]]. Erste Blockade eines Atomwaffenlagers in der Bundesrepublik.<ref>[http://www.friedenspaedagogik.de/themen/friedensbewegung/25_jahre_nach_der_demonstration_in_grossengstingen/fotos_der_aktion_in_grossengstingen/700_menschen_und_60_bezugsgruppen ''700 Menschen und 60 Bezugsgruppen''], Berghof Foundation</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 11. September 1982<br />
| Bochum<br />
| 200.000<br />
| [[Künstler für den Frieden]]<br />
|- valign="top"<br />
| 1. bis 3. September 1983<br />
| [[Mutlanger Heide]]<br />
| 1000<br />
| „[[Prominentenblockade]]“ zum [[Antikriegstag]] vor einem der drei Stationierungsorte der Pershing II.<ref>Udo Leuschner: [http://www.udo-leuschner.de/nachruestung/830901.htm ''Bildauswahl – Der Kampf gegen die „Nachrüstung“'']</ref> Auftakt zur Kampagne „[[Ziviler Ungehorsam]] bis zur Abrüstung“<ref>[http://www.pressehuette.de/buch.php?ID=5 Dokumentation der Kampagne ''Ziviler Ungehorsam bis zur Abrüstung.''] Pressehuette.de</ref><br />
|- valign="top"<br />
| 22. Oktober 1983<br />
| bundes- und europaweit <br />
| D: 1,3 Millionen<ref>Gunilla Budde, Eckart Conze, [[Cornelia Rauh]]: ''Bürgertum nach dem bürgerlichen Zeitalter: Leitbilder und Praxis seit 1945.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-36850-3, [http://books.google.de/books?id=6rZNtOEwX0EC&pg=PA141 S. 141.]</ref><br />
| Aktionstag gegen die Nachrüstung im „[[Heißer Herbst|Heißen Herbst]]“, darunter die [[Menschenkette von Stuttgart nach Neu-Ulm]]<ref>[http://www.friedenskooperative.de/netzwerk/histo000.htm ''Vor 30 Jahren: Größte Friedensdemos der bundesdeutschen Geschichte''], Netzwerk Friedenskooperative, 22. Oktober 2013</ref> sowie die dritte große [[Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1983|Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten]]<br />
|- valign="top"<br />
| 29. Oktober 1983<br />
| Westeuropa<br />
| Den Haag: 550.000; Lissabon: 200.000; Kopenhagen: 100.000; Wien: 70.000; weitere Städte: 100.000<ref>Michael Ploetz, Hans-Peter Müller (Hrsg.): ''Ferngelenkte Friedensbewegung?'' Münster 2004, S. 342</ref> <br />
|}<br />
<br />
=== {{Anker|DDR}} In der DDR ===<br />
[[Datei:Schwerter Zu Pflugscharen.svg|links|mini|hochkant|Der Aufnäher [[Schwerter zu Pflugscharen]] als Symbol der unabhängigen DDR-Friedensbewegung]]<br />
Die in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] Staat und Gesellschaft beherrschende [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands]] (SED) verstand ihre Politik grundsätzlich als Friedenspolitik. Die Instrumente der parteigesteuerten Friedensbewegung waren der [[Friedensrat der DDR]], die [[Berliner Konferenz Europäischer Katholiken]] und die [[Christliche Friedenskonferenz]]. Bei offiziellen Demonstrationen und Kundgebung wurden hauptsachlich die USA und die NATO kritisiert.<br />
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-1984-0909-406, Berlin, OdF-Kundgebung.jpg|mini|[[Opfer des Faschismus|OdF]]-Kundgebung auf dem Bebelplatz in Ost-Berlin mit Friedenslosungen, 1984]]<br />
Seit Anfang der 1960er Jahre entwickelte sich im Umfeld der evangelischen Kirche eine eigenständige, pazifistisch orientierte [[Christen und Kirchen in der DDR#Friedensbewegung und Wende|Friedensbewegung]]. Es kursierten Diskussionspapiere zur Kriegsdienstverweigerung und über Methoden der gewaltfreien Verteidigung, die schließlich Anfang der 1980er Jahre eine nicht staatlich kontrollierte Friedensbewegung inspirierten („[[Schwerter zu Pflugscharen]]“).<br />Nicht zuletzt die Niederschlagung des [[Prager Frühling]]s im August 1968 gab dieser Bewegung Auftrieb. In ihrer Wendung auch gegen die Aufrüstung des [[Warschauer Pakt]]s bildete sie eine wichtige Keimzelle für eine lose organisierte [[DDR-Opposition|Opposition]] im realsozialistischen Teil Deutschlands. Der meist von Jugendlichen der intellektuellen [[Blueserszene]] getragene [[Aufnäher]] mit dem Symbol der Bronzeplastik vor der [[Vereinte Nationen|UNO]] ''„Schwerter zu Pflugscharen“'' von [[Jewgeni Wutschetitsch]] (einem Geschenk der [[Sowjetunion]] 1959) wurde öffentlich als Ausdruck der Friedenssehnsucht im Zeichen der systemübergreifenden atomaren Aufrüstung (siehe auch [[NATO-Doppelbeschluss]]) getragen. Der Staat reagierte repressiv, weil sich die Kritik auch gegen die eigene Hochrüstung richtete. Viele Jugendliche, die den Aufnäher nicht entfernten, wurden z.&nbsp;B. mit [[Exmatrikulation]]en, Nichtzulassung zum Abitur, Strafversetzung aus Betrieben etc. streng sanktioniert. In den 1980er Jahren waren die [[Friedensdekade]]n jeweils im November ein Kulminationspunkt dieser Bewegung, parallel dazu u.&nbsp;a.&nbsp;die [[Blues-Messe]]n.<br />
<br />
In der DDR fand mit dem [[Olof-Palme-Friedensmarsch]] 1987 die einzige genehmigte Demonstration der Opposition statt. Die seit Anfang der 1980er Jahre in der Leipziger [[Nikolaikirche (Leipzig)|Nikolaikirche]] stattfindenden Friedensgebete wurden 1989 zum Ausgangspunkt der [[Montagsdemonstrationen 1989/1990 in der DDR|Montagsdemonstrationen]] in Leipzig und anderen Orten. Dass die [[Wende in der DDR]] 1989 ohne Todesopfer möglich wurde, wird nicht zuletzt auch auf die Vorarbeit und Kontinuität von Friedensinitiativen, wie der [[Kirche von Unten (DDR)|Kirche von Unten]] oder den Aktivitäten der [[Umwelt-Bibliothek]] in der DDR zurückgeführt.<br />
<br />
== Nach dem Kalten Krieg ==<br />
Das Ende des Blockgegensatzes durch die Auflösung der UdSSR 1990 schuf Handlungsspielräume für friedliche Konfliktlösungen, die etwa zur Beendigung des [[Apartheid]]s-Regimes [[Südafrika]]s führten. Hoffnungen auf weitergehende Abrüstung und eine internationale Anstrengung zur Überwindung des weltweiten Armutsgefälles erfüllten sich nicht. Stattdessen entstanden neue Konflikte, Bedrohungen und Entwicklungen, darunter ethnische Vertreibung und Völkermord-Ansätze auf dem Balkan, Interventionskriege und der erste Kriegseinsatz der Bundeswehr seit ihrer Gründung.<br />
<br />
Darauf zeigten die außerparlamentarischen Friedensinitiativen zum Teil die früheren, im Kalten Krieg erlernten Reaktionsmuster, während andere neue Wege suchten. So waren die Antworten und Alternativen differenzierter und wurden nur punktuell von Massenprotesten getragen.<br />
<br />
=== Frankreich ===<br />
Frankreich hatte seit den 1950er Jahren eine eigene Atomstreitmacht und dazugehörige Rüstungsindustrie aufgebaut. Dort war auch kein Massenprotest gegen Atomtests entstanden wie in Großbritannien. Die [[Parti socialiste (Frankreich)|Sozialistische Partei]] befürwortete anders als andere europäische Linksparteien den Nato-Doppelbeschluss.<br />
<br />
Dennoch entstanden in den 1980er Jahren und danach einige unabhängige Friedensinitiativen: die [[Coordination française pour la Décennie]] pour la culture de la non-violence et de la paix, [[Mouvement pour une alternative non-violente]] (MAN), und die [[Union pacifiste de France]].<br />
<br />
=== Opposition gegen den Zweiten Golfkrieg ===<br />
[[Datei:NoAllaGuerra.jpg|miniatur|Demonstration gegen den [[Zweiter Golfkrieg|Zweiten Golfkrieg]], Venedig 1990]]<br />
<br />
Der [[Zweiter Golfkrieg|Zweite Golfkrieg]] 1990/91 beendete die Hoffnung vieler auf eine „Friedensdividende“, die man sich vom Ende des Ost-West-Konflikts versprochen hatte. Gegen diesen Krieg, den die USA in der [[Vereinte Nationen|UNO]] legitimieren konnten und der das militärische Ziel hatte, die irakischen Besatzungstruppen aus [[Kuwait]] zu vertreiben, protestierten weltweit Millionen Menschen. Allerdings „dämmerte die Einsicht, dass die Protestform der Demonstration an ein vorläufiges Ende gelangt sei und der Weg vom Protestieren zum positiven Frieden (Buro 1997) konsequenter gegangen werden müsse“. So wurde das Thema der Friedensbewegung der 1990er Jahre die Verbindung von Protest gegen militärische und Eintreten für zivile Konfliktbearbeitung.<br />
<br />
Eine große Herausforderung war dabei der [[Jugoslawienkrieg]], der auch innerhalb der Friedensbewegung zu hitzigen Auseinandersetzungen zwischen [[Bellizismus|Bellizisten]] und [[Pazifismus|Pazifisten]] führten. Es gab zwar keine nennenswerten zentralen Großdemonstrationen mehr, aber viele dezentrale Aktivitäten: vielfältige Hilfsmaßnahmen für Kriegsflüchtlinge, Unterstützung einheimischer Kriegsdienstverweigerer, konkrete Versöhnungsprojekte in den Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawiens. Allerdings zeigte der brutale Bosnienkrieg auch eine gewisse Hilflosigkeit der neuen Friedensbewegung. Wie friedensstiftendes Handeln vor, in und nach den „neuen Kriegen“ aussehen kann, musste und muss als neue Herausforderung weiter entwickelt werden. Ansätze hierzu werden unter dem Stichwort [[zivile Konfliktbearbeitung]] beziehungsweise [[ziviler Friedensdienst]] erprobt.<br />
<br />
=== Opposition gegen den Kosovokrieg ===<br />
Der völkerrechtlich sehr umstrittene [[Kosovokrieg|Einsatz der NATO im Kosovo]] beziehungsweise gegen (Rest-)Jugoslawien im Jahr 1999 (als [[humanitäre Intervention]] bezeichnet) löste wieder starke öffentliche Proteste der Friedensbewegung aus.<br />
<br />
=== Globale Bewegung gegen den Irakkrieg 2003 ===<br />
[[Datei:Inaug-protestors.JPG|miniatur|Friedenskundgebung in den USA|rechts]]<br />
[[Datei:J20 antiwar dc.jpg|miniatur|Antikriegsdemonstranten zur zweiten Amtseinführung von George W. Bush am 20. Januar 2005]]<br />
<br />
2003 agierte die Friedensbewegung in vorher nicht dagewesenem Ausmaß global. Auf der ganzen Welt fanden Demonstrationen gegen den diesmal nicht von der UNO legitimierten [[Irakkrieg]] der USA und ihrer Verbündeten statt. Am 15. Februar 2003 demonstrierten weltweit über zehn Millionen Menschen gegen den drohenden Irakkrieg, die meisten davon in Europa. Allein in Berlin gingen etwa 500.000 Menschen auf die Straße.<br />
<br />
Am „Tag X“ des Bombardierungsbeginns demonstrierten erneut weltweit Millionen Menschen dagegen. In vielen deutschen Städten nahmen Schüler während der Schulzeit daran teil.<br />
<br />
Schon Kundgebungen am 20. Januar in [[Washington, D.C.]] anlässlich der Amtseinführung von George W. Bush waren gleichzeitig Friedensdemonstrationen gewesen.<br />
<br />
=== Israelisch-Palästinensischer Konflikt ===<br />
Im [[Israelisch-Palästinensischer Konflikt|Israelisch-Palästinensischen Konflikt]] engagiert sich die Friedensbewegung [[Schalom Achschaw]] in [[Israel]] für Frieden und eine historische Versöhnung mit dem palästinensischen Volk.<br />
<br />
Eine von zahlreichen zivilen Gruppen, die sich für eine [[Zweistaatenlösung]] einsetzen, ist die 2012 gegründete bi-nationale Initiative „Zwei Staaten, eine Heimat“, deren Zielvorschlag ein konföderatives Modell ist.<ref>{{Internetquelle|url=http://2states1homeland.org/en|titel=Two States One Homeland, Together and Separate|datum=2015|zugriff=2017-09-04|sprache=en|kommentar=}}</ref><ref>{{Internetquelle|autor=|url=http://www.rosalux.org.il/dokumentiert-zwei-staaten-eine-heimat/|titel=Dokumentiert: Zwei Staaten, eine Heimat|werk=Rosa-Luxemburg-Stiftung Israel Office|datum=2017-05-04|zugriff=2017-09-04|kommentar=Übersetzung des Gründungsdokuments}}</ref><ref>{{Internetquelle|autor=Inge Günther|url=http://www.fr.de/politik/nahost-konflikt-zwei-staaten-eine-heimat-a-306747|titel=Zwei Staaten, eine Heimat|werk=[[Frankfurter Rundschau]]|datum=2016-09-23|zugriff=2017-09-04}}</ref><br />
Sie wird zum Beispiel vom US-amerikanischen Rabbiner [[Shlomo Riskin]] unterstützt.<ref>{{Internetquelle|autor=Toi Staff|url=http://www.timesofisrael.com/settlers-palestinians-come-together-in-seeking-eu-model-end-to-conflict/|titel=Settlers, Palestinians come together to seek EU-model end to conflict|werk=[[The Times of Israel]]|datum=2016-03-28|zugriff=2017-09-04|sprache=en}}</ref><br />
<br />
== Gegenwart ==<br />
=== Kritik am EU-Verfassungsentwurf ===<br />
2004 und 2005 machte die westeuropäische Friedensbewegung den Entwurf für eine [[EU-Verfassung]], besonders dessen militär- und verteidigungspolitischen Inhalte, zum Hauptthema ihrer Proteste. Kritisiert wurden etwa die Festschreibung möglicher weltweiter EU-Kampfeinsätze, die Ausdehnung des Einsatzspektrums einer europäischen Armee und eine Aufrüstungsverpflichtung für die einzelnen Staaten (Artikel I-41 der EU-Verfassung: ''Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern.'').<br />
<br />
Eine entsprechende Aufklärungskampagne fand in [[Deutschland]] anders als den [[Benelux]]-Ländern und [[Frankreich]] jedoch kaum öffentliches Gehör. Bei nationalen [[Referendum|Volksabstimmungen]] in Frankreich (Mai 2005) und den [[Niederlande]]n (Juni 2005) verbündeten sich die dortigen Friedensbewegungen mit anderen Verfassungsgegnern. Die Ablehnung und Kritik fanden dort jeweils breite Zustimmung.<br />
<br />
=== Proteste gegen öffentliche Gelöbnisse ===<br />
Seit Wiedereinführung öffentlicher Vereidigungen von [[Rekrut]]en der [[Bundeswehr]] (1977) stieß diese Praxis auf regelmäßige Proteste aus der Friedensbewegung und Skepsis in manchen Medien.<ref>Beispiele: Lars Langenau: [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,253181,00.html ''Hamburgs öffentliches Gelöbnis: Müde Massen am militärischen Sperrgebiet''], Der Spiegel, 16. Juni 2003; {{Webarchiv | url=http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1096637.html | wayback=20080722102458 | text=''Bundeswehr-Gelöbnis: Pazifisten-Ekstase und preußische Rituale'', Netzeitung 21. Juli 2008}}</ref> (Siehe dazu [[Feierliches Gelöbnis]].)<br />
<br />
=== Einzelkampagnen ===<br />
[[Datei:Bombing-virginity.jpg|mini|Foto eines Demotransparents mit Aufschrift ''Bombing for Peace is like Fucking for Virginity'' (als Verlagswerbung für ein Buch gesehen am 5. Oktober 2013 in Essen)]]<br />
Einzelne Gruppen in der Friedensbewegung konzentrieren sich auf Themen wie die Abschaffung bestimmter Waffengattungen, etwa die ''[[International Physicians for the Prevention of Nuclear War|Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs]]'' oder die ''[[International Campaign to Ban Landmines|Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen]]''. Diese 1992 gegründete Bürgerinitiative erreichte in fünf Jahren ein internationales Abkommen zum Verbot von [[Landmine]]n, das bisher von 40 meist kleineren und von den Folgen solcher Waffen betroffenen Staaten unterzeichnet wurde: die [[Ottawa-Konvention]]. Die von [[Jody Williams]] gegründete Initiative erhielt deshalb 1997 den Friedensnobelpreis.<br />
<br />
Kampagnen gegen [[Streumunition]] verstärken infolge erheblicher Zustimmung in der Weltöffentlichkeit auch den Druck auf andere Staaten – besonders die Hauptrüstungsexporteure USA, Russland und China –, solchen Verbotsverträgen zuzustimmen. Sie begleiten auch die Kritik an Kriegen, in denen diese Waffenarten eingesetzt wurden und werden, z.&nbsp;B. den [[Libanonkrieg 2006]] und den [[Kaukasus-Konflikt 2008]].<br />
<br />
== Kritik ==<br />
=== Appeasement ===<br />
Diese Kritik setzt Pazifismus und [[Appeasement]], das heißt eine nachgiebige, verständigungsbereite Außenpolitik gegenüber kriegsbereiten Diktaturen, miteinander gleich und wirft deren Anhängern vor, diese zu stärken, ihre Beseitigung zu erschweren und damit Krieg insgesamt eher zu fördern.<br />
<br />
In diesem Sinne nannte [[Winston Churchill]] pazifistische Studenten der Oxford University, die 1933 eine Resolution zur Verständigung mit dem nationalsozialistischen Deutschland veröffentlicht hatten, „unerfahrene, falsch erzogene Jugend“, deren Haltung ein „sehr beunruhigendes und widerwärtiges Symptom“ sei.<ref>zitiert nach Robert Cohen: ''When the old Left was Young'', S. 80</ref> Der britische Liberale [[Robert Bernays]] berichtete dem britischen Unterhaus 1934 von Reaktionen eines Nationalsozialisten auf diese Oxforder Friedensresolution bei seinem Deutschlandbesuch:<br />
<br />
{{Zitat-en|He was asking about this pacifist motion and I tried to explain it to him. There was an ugly gleam in his eye when he said, ‘The fact is that you English are soft’. Then I realized that the world enemies of peace might be the pacifists.}}<br />
<br />
Der westdeutschen Friedensbewegung der 1980er Jahre warfen ihre politischen Gegner parteiübergreifend gesinnungsethische Naivität gegenüber der Sowjetunion vor. Dabei wurden auch historische Vergleiche angestellt. [[Heiner Geißler]] (CDU) erklärte am 15. Juni 1983 im Bundestag:<ref>[http://www1.wdr.de/stichtag/stichtag3566~_mon-062008_tag-15062008.html ''Vor 25 Jahren: Heiner Geißler hält „Skandalrede“ im Bundestag: „Pazifismus hat Auschwitz möglich gemacht“''], WDR, 15. Juni 2008</ref><br />
<br />
{{Zitat|Der Pazifismus der 30er Jahre, der sich in seiner gesinnungsethischen Begründung nur wenig von dem unterscheidet, was wir in der Begründung des heutigen Pazifismus zur Kenntnis zu nehmen haben, dieser Pazifismus der 30er Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht.}}<br />
<br />
Geißler stieß damit auf heftigen Widerspruch bei SPD und Grünen; [[Willy Brandt]] bezeichnete ihn deshalb noch 1985 in einer Wahlkampfdebatte als „schlimmsten Hetzer seit [[Joseph Goebbels|Goebbels]]“.<ref>{{Der Spiegel|ID=13514192 |Titel=„Der schlimmste Hetzer in diesem Land“ |Jahr=1985 |Nr=21 |Datum=1985-05-20 |Seiten=28–30}}</ref><br />
<br />
Im Bosnien- und Kosovokonflikt der 1990er Jahre wurden ähnliche Vorwürfe an die deutsche Friedensbewegung laut:<ref>Richard Faber, Barbara Neumann: ''Literatur der Grenze, Theorie der Grenze'', S. 135</ref><br />
{{Zitat|Der mangelnde politische Wille, angesichts der serbischen Aggression und der sogenannten ethnischen Säuberungspolitik wirkungsvoll tätig zu werden, gibt gerade wegen der Parallelen zur westlichen Appeasement-Politik der dreißiger Jahre zu denken. Auch die Verlegenheit der Friedensbewegung und des Pazifismus angesichts dieser Tatsache verweisen zurück auf diese Erfahrungen.}}<br />
<br />
[[Wolf Biermann]] kritisierte die deutsche Bewegung gegen den Irakkrieg von 2003, indem er auf die Gefährdung Israels durch [[Saddam Hussein]]s Raketenangriffe verwies. Er warnte mit Anspielung auf das Diktum von Joseph Goebbels zum „[[Totaler Krieg|totalen Krieg]]“ vor einem „totalen Frieden“, d.&nbsp;h. einem Frieden um jeden Preis.<ref>{{Der Spiegel|ID=26448585 |Autor=Wolf Biermann |Titel=Brachiale Friedensliebe |Jahr=2003 |Nr=9 |Datum=2003-02-24 |Seiten=144–147}}</ref><br />
<br />
Westlichen Friedensbewegungen werfen Kritiker auch allgemein falsche Wahrnehmung von Kriegsursachen und [[Verschwörungstheorie|verschwörungstheoretisches]] Denken vor:<ref>Michael Ploetz, Hans-Peter Müller: ''Ferngelenkte Friedensbewegung?'', S. 113</ref><br />
{{Zitat|Tatsächlich beruhte der relative Erfolg der Friedensbewegung nicht zuletzt auf der Popularität von verschwörungstheoretischen Erklärungsmustern, die die gesamte westliche Politik auf die Ränkespiele des militärisch-industriellen Komplexes zurückführten und die parlamentarische Politikebene als bloße Fassade darstellten.}}<br />
<br />
=== Fernlenkung, Missbrauchbarkeit, Einseitigkeit ===<br />
Häufig werden Friedensbewegungen innenpolitisch als verlängerter Arm feindlicher Staaten dargestellt. Sie würden von diesen ideologisch beeinflusst, personell gelenkt oder unterwandert und politisch benutzt, um deren Interessen durchzusetzen.<br />
Diesen Vorwurf machte man in den 1950er Jahren Gruppen innerhalb der damaligen westlichen Opposition gegen Atomwaffen, die wie der [[Weltfriedensrat]] maßgeblich von kommunistischen Intellektuellen geführt (und von der Sowjetunion finanziert) wurden. Diese stießen auch innerhalb der damaligen Friedensbewegung auf Kritik, da sie sowjetkritische Stimmen wie [[Bertrand Russell]] zu diskreditieren und zu isolieren versuchten.<ref>Alan Schwerin: ''Bertrand Russell on Nuclear War, Peace, and Language.'' S. 16&nbsp;ff.</ref> Dem Weltfriedensrat der 1950er Jahre wurde eine prokommunistische und antiamerikanische Einstellung vorgeworfen.<ref>Gernot Heiss und Heinrich Lutz: ''Friedensbewegungen Bedingungen und Wirkungen'', Band 2, 1984, S. 153</ref><br />
<br />
Verschiedene Autoren beschrieben den Einfluss von SED und MfS auf die westdeutschen Anti-Nachrüstungs-Bewegung der 1980er Jahre, besonders auf manche Führungsstrukturen.<ref>zum Beispiel [http://www.kas.de/wf/doc/kas_2877-544-1-30.pdf Udo Baron: ''Zur heute nachweisbaren Einflussnahme von SED und MfS – Die verführte Friedensbewegung''] (PDF; 1,1&nbsp;MB)</ref><ref>Michael Ploetz, Hans-Peter Müller: ''Ferngelenkte Friedensbewegung?. DDR und UdSSR im Kampf gegen den NATO-Doppelbeschluß'' (= ''Diktatur und Widerstand''. Bd. 6). Lit., Münster 2004, S. 111</ref><ref>Klaus Schröder und Peter Erler: Geschichte und Transformation des SED-Staates, S. 274 und 276.</ref> Der Einfluss [[Deutsche Kommunistische Partei|DKP]]-naher Gruppen wurde in der damaligen Friedensbewegung selbst ebenfalls kritisiert und organisatorisch bekämpft. So warnte [[Rudolf Bahro]] vor einer Diskreditierung der gesamten Bewegung durch eine mangelnde Abgrenzung von kommunistischen Gruppen.<ref>Udo Baron: ''Kalter Krieg und heißer Frieden – Der Einfluss der SED und ihrer westdeutschen Verbündeten auf die Partei Die Grünen'', Lit-Verlag, 1. Auflage 2003, ISBN 3-8258-6108-2, S. 170</ref><br />
<br />
Auch ohne direkten Einfluss von Gruppen, die dem Lager des gegnerischen Staates zugerechnet werden, stoßen Friedensbewegungen oft wegen fehlender Stellungnahme zu anderen Konflikten auf Kritik. Häufig wird ihnen die direkte oder indirekte Parteinahme für eine bestimmte politische Richtung vorgeworfen. So wurde der westdeutschen Friedensbewegung der 1980er Jahre ebenfalls [[Antiamerikanismus]] vorgeworfen und nachgesagt, dass sie sich mit Kritik an Konflikten und Kriegen der Sowjetunion eher zurückhalte.<ref>Anne-Katrin Gebauer: ''Der Richtungsstreit in der SPD – Seeheimer Kreis und neue Linke im innerparteilichen Machtkampf'', 2005, S. 203</ref><ref>Volker Böge und Peter Wilke: ''Sicherheitspolitische Alternativen'', Nomos Verlagsgesellschaft, 1984, S. 263</ref> So schrieb Wolf Biermann:<ref>zitiert nach John Shreve: ''Nur wer sich ändert, bleibt sich treu – Wolf Biermann im Westen'', 1989, S. 133</ref><br />
{{Zitat|Ich ärgere mich natürlich, wenn die Heuchelei wie ein Syphilis in diese Friedensfront hineinkommt, weil nämlich zu viele Leute dabei sind, die im Grunde genommen nur für eine Abrüstung im Westen sind, […] aber der Meinung sind, dass die Waffen im Osten für den Frieden, die Menschheit, den Humanismus und die Rettung des Sozialismus sind.}}<br />
<br />
Eine neue Untersuchung in den [[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte|Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte]] widerspricht der Behauptung, die Friedensbewegung habe sich von der Sowjetunion für deren Zwecke instrumentalisieren lassen. Eine Analyse der einschlägigen Dokumente in russischen Archiven zeige, dass die stets unter Erfolgsdruck stehenden sowjetischen Funktionäre jede einzelne Anwesenheit eines ihrer Gewährsleute bei einer Diskussion mit westdeutschen Friedensaktivisten zur geglückten Einflussnahme hochstilisiert hätten. Diese Berichte seien alles andere als objektiv.<ref>Holger Nehring, [[Benjamin Ziemann]]: ''Führen alle Wege nach Moskau? Der Nato-Doppelbeschluss und die Friedensbewegung – eine Kritik.'' In: ''Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte.'' Heft 1, 2011; vgl. dazu auch [[Franziska Augstein]]: ''Keine fünfte Kolonne. Die deutsche Friedensbewegung der 1970er und 1980er Jahre.'' In: ''[[Süddeutsche Zeitung]].'' 8./9. Januar 2011, S. 15</ref><br />
<br />
=== Umstrittene Protestformen ===<br />
Einige Demonstrationsformen von Friedensbewegungen wurden einerseits als vom [[Widerstandsrecht]] gedeckte Formen des [[Ziviler Ungehorsam|zivilen Ungehorsams]], andererseits als Verstoß gegen geltendes [[Strafrecht (Deutschland)|Strafrecht]] beurteilt. So verurteilten einige Gerichte [[Sitzblockade]]n von Friedensdemonstranten als [[Nötigung (Deutschland)|Nötigung]].<br />
<br />
Das [[Landgericht Memmingen]] begründete dies am 20. November 1984 wie folgt:<ref>LG Memmingen, Urteil vom 20. November 1984, Az. Ns 9 Js 25 561/83 und Az. 9 Js 25561/83, weiteres Verfahren dann beim BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1987, Az. 1 BvR 242/86, {{BVerfGE|76| 211}}.</ref><br />
<br />
{{Zitat|Wer sich mit Sitzblockaden politisch betätigt, verletzt demokratische Spielregeln und gefährdet ein geordnetes Zusammenleben. Das gewinnt auch nicht dadurch eine tolerierbare Qualität, daß das Anliegen der Blockierer ernst zu nehmen ist.}}<br />
<br />
Der [[Bundesgerichtshof]] meinte in einem Urteil vom 5. Mai 1988:<ref>[http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=BGHSt%2035,%20270 Beschluss vom 5. Mai 1988, Az. 1 StR 5/88, BGHSt 35, 270] Volltext</ref><ref>dazu Werner Offenloch: ''Erinnerung an das Recht – Der Streit um die Nachrüstung auf den Straßen und vor den Gerichten''. Mohr Siebeck, 2005, S. 32&nbsp;f.</ref><br />
<br />
{{Zitat|Die Anerkennung von (Fern)zielen, für die mit Mitteln des {{§|240|stgb|juris}} Abs.&nbsp;1 [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|StGB]] geworben werden dürfe, ließe die Gefahr einer Radikalisierung der politischen Auseinandersetzung entstehen, die einem demokratischen Rechtsstaat nicht hinnehmbar ist.}}<br />
<br />
Am 10. Januar 1995 entschied das [[Bundesverfassungsgericht]]<ref>BVerfG, Beschluss vom 10. Januar 1995, Az. 1 BvR 718/89; 1 BvR 719/89; 1 BvR 722/89; 1 BvR 723/89.</ref>: ''Die Auslegung des Gewaltbegriffs in {{§|240|stgb|juris}} Abs.&nbsp;1 StGB durch die Strafgerichte'' [verstößt] ''gegen {{Art.|103|gg|juris}} Abs.&nbsp;2 [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|GG]].''<ref>[http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv092001.html Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Januar 1995]</ref>, so die Verfassungsrichter in ihrer Urteilsbegründung. Im konkreten Fall der Sitzblockaden sei damit die Strafbarkeit der Handlung vor dem Hintergrund des [[Staatsrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz (Deutschland)|Bestimmtheitsgrundsatzes]] ({{Art.|103|gg|juris}} Abs.&nbsp;2 GG) nicht gegeben, da eine [[Verwerflichkeit]] der Mittel in Verbindung mit der [[Verhältnismäßigkeitsprinzip (Deutschland)|Verhältnismäßigkeit]] der Strafe unbestimmt, damit fragwürdig, und die Überdehnung des [[Gewalt]]begriffs in {{§|240|stgb|juris}} StGB, bezogen auf die bei einer der ersten Blockaden der Friedensbewegung vor dem [[Atomwaffenlager Golf]] bzw. der [[Eberhard-Finckh-Kaserne]] angewandten Form der Sitzblockaden letztlich [[Verfassungswidrigkeit|verfassungswidrig]] sei.<br />
<br />
Verfassungsgerichtsurteil von 1995 dazu:<br />
{{Zitat|Zwangseinwirkungen, die nicht auf dem Einsatz körperlicher Kraft, sondern auf geistig-seelischem Einfluß beruhen, erfüllen […] nicht [… das ''Tatbestandsmerkmal'' …] der Gewaltanwendung. … Die Auslegung des Gewaltbegriffs in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat folglich gerade jene Wirkungen, die zu verhüten {{Art.|103|gg|juris}} Abs.&nbsp;2 GG bestimmt ist. Es läßt sich nicht mehr mit ausreichender Sicherheit vorhersehen, welches körperliche Verhalten, das andere psychisch an der Durchsetzung ihres Willens hindert, verboten sein soll und welches nicht. In demjenigen Bereich, in dem die Gewalt lediglich in körperlicher Anwesenheit besteht und die Zwangswirkung auf den Genötigten nur psychischer Natur ist, wird die Strafbarkeit nicht mehr vor der Tat generell und abstrakt vom Gesetzgeber, sondern nach der Tat im konkreten Fall vom Richter aufgrund seiner Überzeugung von der Strafwürdigkeit eines Tuns bestimmt.}}<br />
<br />
Aufgrund des BVerfG-Urteils von 1995 mussten tausende entsprechende Urteile, die im Zusammenhang mit Sitzblockaden vor vielen sonstigen militärischen Einrichtungen, Behörden, Atomkraftwerken oder bei anderen Demonstrationsanlässen in der Bundesrepublik im Lauf der Jahre ausgesprochen worden waren, revidiert werden. Bereits bezahlte Strafgelder wurden bei Beantragung eines [[Wiederaufnahme des Verfahrens|Wiederaufnahmeverfahrens]] zurückerstattet.<ref>[http://www.friedenspaedagogik.de/themen/friedensbewegung/25_jahre_nach_der_demonstration_in_grossengstingen/artikel_sitzblockade_vor_dem_atomwaffenlager_in_grossengstingen_im_sommer_1982_michael_schmid/das_juristische_nachspiel Thema „juristisches Nachspiel“ (zur Blockadewoche vor dem Atomwaffenlager Golf 1982) auf den Seiten des Instituts für Friedenspädagogik Tübingen]</ref><br />
<br />
Siehe dazu auch [[Klaus Laepple#Studentenpolitik und Laepple-Urteil|Laepple-Urteil]].<br />
<br />
Auch die staats- und völkerrechtliche Argumentation der westdeutschen Friedensbewegung blieb umstritten.<ref>{{Internetquelle |autor=Günter Platzdasch |url=https://medium.com/@G_Platzdasch/atomwaffen-nation-recht-10ca67454379 |titel=Atomwaffen — Nation — Recht |werk=Günter Platzdasch |datum=2018-02-13 |zugriff=2018-05-08}}</ref><br />
<br />
=== Verhältnis zu Israel ===<br />
Zu internen Kontroversen und externer Kritik führte seit den 1960er Jahren das Verhältnis von Friedensbewegungen zum fortdauernden [[Nahostkonflikt]].<br />
<br />
Der deutschen Friedensbewegung wurde anlässlich ihrer Proteste gegen den Krieg der USA gegen die irakische Besetzung [[Kuwait]]s 1991 ([[Zweiter Golfkrieg]]) vorgeworfen, einen nationalen Sonderweg einzuschlagen. Sie habe aufgrund einer undifferenzierten Stellungnahme gegenüber der existentiellen Angst der israelischen Bevölkerung an Ansehen eingebüßt.<ref>Hans Elbeshausen: ''Deutschland – Geschichte und Politik, 1997'', S. 129.</ref><br />
<br />
[[Ilka Schröder]], parteiloses Mitglied des Europäischen Parlaments, schrieb im Februar 2003 in einem offenen Brief an Friedensdemonstranten:<ref>Ilka Schröder: {{Webarchiv | url=http://www.ilka.org/presse/pms/pms63demo.html | wayback=20060526203344 | text=''Wider die politische Naivität''}}. Presseerklärung Nr.&nbsp;07, Berlin/Brüssel 18. Februar 2003.</ref><br />
<br />
{{Zitat|Im Vorfeld der Demonstration wurde klar, dass auch Gruppierungen dorthin mobilisierten, deren politisches Weltbild durch Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus bestimmt ist. […] Geprägt war die Demonstration jedoch vor allem durch eine gefährliche Mischung aus Antiamerikanismus und politischer Naivität.}}<br />
<br />
[[Michael Lerner (Rabbi)|Michael Lerner]] beschrieb den Zielkonflikt für die Situation in den USA 2003 wie folgt:<ref>Michael Lerner: [http://www.nahost-politik.de/amerika/friedensbewegung.htm ''Ein historischer Fehler'']. In: die tageszeitung, 2. März 2003 (Nachdruck bei HaGalil).</ref><br />
<br />
{{Zitat|Es ist allerdings eines, wenn man [[Ariel Scharon]]s repressive Maßnahmen gegenüber dem palästinensischen Volk verurteilt. Etwas anderes ist es, wenn man dem Staat Israel das [[Existenzrecht Israels|Existenzrecht]] abspricht. Und genau das machen Teile von Answer, und mit ihnen Teile der amerikanischen Friedensbewegung. […] Erst wenn sie den Antisemitismus überwinden, wird die Friedensbewegung stärker und erfolgreicher werden.}}<br />
<br />
== Organisationen ==<br />
* [[Aktion Sühnezeichen Friedensdienste]] (protestantisch, Schwerpunkt Versöhnungsarbeit mit Israel, Polen, Russland)<br />
* [[Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Friedensinitiativen Österreichs]] (UFI)<br />
* [[Bund für Soziale Verteidigung]] (Konstruktive Konfliktbearbeitung, Gewaltfreiheit)<br />
* Bundesausschuss Friedensratschlag (jährlicher Friedenspolitischer Ratschlag in Kassel)<br />
* [[Christian Peacemaker Teams]] (Friedensarbeit vor Ort in mehreren Konfliktzonen)<br />
* [[Christliche Friedenskonferenz]] (blockübergreifende Antiatomwaffen-Bewegung, kommunistische Tarnorganisation, die einseitig gegen westliche Rüstung kämpfte)<br />
* [[Darmstädter Signal]] (Bundeswehroffiziere gegen die Nachrüstung)<br />
* [[Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen]] (pazifistisch/antimilitaristisch)<br />
* [[Deutsche Liga für Menschenrechte]]<br />
* [[Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen]] (DGVN)<br />
* [[Deutsche Gesellschaft für Friedens- und Konfliktforschung]]<br />
* [[Deutscher Friedensrat]] e.V.<br />
* [[Deutscher Pazifistischer Studentenbund]]<br />
* [[Deutsches Mennonitisches Friedenskomitee]] (mennonitisch)<br />
* [[Europäischer Kongress gegen Atomrüstung]]<br />
* [[Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung]] (FIfF e.V.)<br />
* [[Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen]] (FöGA)<br />
* [[Frauen für den Frieden]]<br />
* [[Friedensinitiative der Architekten und Planer e.V.]] (in München mit ihrem Arbeitsgebiet ''Schutzraumbau und dessen gesetzlicher Verankerung'')<br />
* [[Friedenskomitee der Bundesrepublik Deutschland]]<br />
* [[Graswurzelrevolution]] (antimilitaristisch und anarchistisch)<br />
* [[Informationsstelle Militarisierung]]<br />
* [[Initiative „Künstler für den Frieden“]]<br />
* [[Women’s International League for Peace and Freedom#Deutschland|Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit]]<br />
* [[Internationale der Kriegsdienstgegner/innen]] (IDK)<br />
* [[Internationaler Versöhnungsbund]] (ökumenisch, gewaltfrei)<br />
* [[IPPNW]] (Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg)<br />
* [[Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KOFAZ)]]<br />
* [[Kooperation für den Frieden]] (Zusammenschluss friedenspolitischer Organisationen und Initiativen)<br />
* [[Netzwerk Friedenskooperative]] (informeller Dachverband)<br />
* [[Ohne Rüstung Leben]] (Ökumenische Aktion für Frieden und Abrüstung)<br />
* [[Österreichischer Friedensdienst]]<br />
* [[Pax Christi]] (katholisch und ökumenisch)<br />
* [[Peace Direct]] (lokale Friedensarbeit in Konfliktgebieten)<br />
* [[Quäker]] (freikirchlich, Schwerpunkt Hilfe für Kriegsopfer)<br />
* [[Schalom Achschaw]] (Israel)<br />
* [[U.S. Peace Council]]<ref>[http://uspeacecouncil.org/ Website des US Friedensrats]</ref><br />
* [[Verein für Weiterbildung und Friedensarbeit]]<br />
* [[Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge]]<ref>Gemäß Satzung § 2, (2.1)[http://www.volksbund.de/fileadmin/redaktion/BereichInfo/BereichInformationsmaterial/ZahlenDatenFakten/Satzung/2008_lang_Satzung.pdf Satzung]</ref><br />
* [[War Resisters’ International]]<br />
* [[War Resisters League]]<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
* [[Friedensdienst]]<br />
* [[Friedenspolitik]]<br />
* [[Raging Grannies]] (zornige Großmütter)<br />
* [[Friedensacker]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
'''Allgemein Bundesrepublik Deutschland'''<br />
* [[Helmut Donat (Verleger)|Helmut Donath]], [[Karl Holl (Historiker)|Karl Holl]] (Hrsg.): ''Die Friedensbewegung. Organisierter Pazifismus in Deutschland, Österreich und in der Schweiz.'' Hermes Handlexikon, Düsseldorf 1983, ISBN 3-612-10024-6.<br />
* Jan Große Nobis: ''Frieden! – Eine kurze Geschichte der bundesdeutschen Friedensbewegung'', kindle-edition, Münster 2001/2005 ([http://www.friedensbewegung.org/ Text online], kostenpflichtig)<br />
* [[Wolfram Beyer]]: ''Pazifismus und Antimilitarismus. Eine Einführung in die Ideengeschichte''. Schmetterling, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-89657-666-8 (= ''theorie.org'').<br />
<br />
'''Anfänge'''<br />
* [[André Durand]]: ''Gustave Moynier and the peace societies.'' In: ''International Review of the Red Cross.'' Nr.&nbsp;314, S. 532–550 ([http://www.icrc.org/Web/Eng/siteeng0.nsf/html/57JNAW Text online, 31. Oktober 1996]).<br />
* [[Alfred Hermann Fried]]: ''Handbuch der Friedensbewegung'', 2 Bände, Berlin/Leipzig 1911, 2. Auflage 1913, Neudruck New York / London 1972<br />
* Karlheinz Lipp, Reinhold Lütgemeier-Davin, Holger Nehring (Hrsg.): ''Frieden und Friedensbewegungen in Deutschland 1892–1992. Ein Lesebuch''. Klartext, Essen 2010. ISBN 978-3-8375-0382-1<br />
* Hans Wehberg: ''Die internationale Friedensbewegung.'' In: Staatsbürgerbibliothek Heft 22, Volksvereins-Verlag GmbH, Mönchengladbach 1911<br />
<br />
'''Zwischen den Weltkriegen'''<br />
* Kurt Lenz, [[Walter Fabian]]: ''Die Friedensbewegung. Ein Handbuch der Weltfriedensströmungen der Gegenwart.'' Schwetschke, Berlin 1922, Neuausgabe Bund, Köln 1985, ISBN 3-7663-0945-5.<br />
* Franz Kobler: ''Gewalt und Gewaltlosigkeit, Handbuch des aktiven Pazifismus.'' Rotapfel, Zürich / Leipzig 1928<br />
* Beatrix Müller-Kampel (Hrsg.): ''„Krieg ist der Mord auf Kommando“. Bürgerliche und anarchistische Friedenskonzepte. Bertha von Suttner und Pierre Ramus.'' Mit Dokumenten von [[Leo Tolstoi]], [[Peter Kropotkin]], [[Stefan Zweig]], [[Romain Rolland]], [[Erich Mühsam]] u.&nbsp;a. Verlag [[Graswurzelrevolution]], Nettersheim 2005, ISBN 3-9806353-7-6.<br />
* [[Dieter Riesenberger]]: ''Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1985, ISBN 3-525-01332-9.<br />
<br />
'''1980er Jahre'''<br />
* [[Christoph Butterwegge]] (Hrsg.): ''Friedensbewegung – Was nun? Probleme und Perspektiven nach der Raketenstationierung.'' VSA, Hamburg 1986, ISBN 3-87975-260-5.<br />
* Christoph Butterwegge, [[Bernhard Docke|Bernhard W. Docke]], Wolfgang Hachmeister: ''Kriminalisierung der Friedensbewegung: Abschreckung nach Innen? Theurer'', Bremen 1985, ISBN 3-8161-3010-0.<br />
* Jan Hansen: ''Schaffen Raketen Arbeitsplätze? Der Streit um die Nachrüstung und die Rüstungskonversion in den Gewerkschaften (um 1979 bis 1983)'', in: [[Arbeit – Bewegung – Geschichte]], Heft II/2016.<br />
* Uli Jäger, Michael Schmid-Vöhringer: ''„Wir werden nicht Ruhe geben…“: Die Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland 1945–1982. Geschichte, Dokumente, Perspektiven.'' Tübingen 1982, ISBN 3-922833-20-9.<br />
* Lorenz Knorr: ''Geschichte der Friedensbewegung in der Bundesrepublik.'' Köln 1983, ISBN 3-7609-0900-0.<br />
* Rüdiger Lison: ''Wissenschaftler zu Frieden und Abrüstung.'' 2. erweiterte Auflage, Sokoop, Duisburg 1986, ISBN 3-921473-42-X.<br />
* Andreas Maislinger: ''Friedensbewegung in einem neutralen Land. Zur neuen Friedensbewegung in Österreich.'' In: ''Medienmacht im Nord-Süd-Konflikt.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-518-11166-3.<br />
* Initiative Sozialistisches Forum: ''Je näher man hinschaut, desto fremder schaut es zurück: Frieden. Zur Kritik der deutschen Friedensbewegung.'' Ca-Ira, Freiburg 1984, ISBN 3924627010<br />
* Hans A. Pestalozzi, Ralf Schlegel, Adolf Bachmann (Hrsg.): ''Frieden in Deutschland. Die Friedensbewegung: wie sie wurde, was sie ist, was sie werden kann.'' Goldmann, München 1982, ISBN 3-442-11341-5<br />
* Thomas Klein: ''Frieden und Gerechtigkeit. Die Politisierung der Unabhängigen Friedensbewegung in Ost-Berlin während der 80er Jahre.'' Böhlau, Köln / Weimar, 2007, ISBN 978-3-412-02506-9.<br />
<br />
'''seit 1990'''<br />
* Thomas Leif: ''Die strategische (Ohn-)macht der Friedensbewegung: Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen in den achtziger Jahren.'' Westdeutscher Verlag, Opladen 1990, ISBN 3-531-12149-9.<br />
* Rüdiger Schmitt: ''Die Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland: Ursachen und Bedingungen der Mobilisierung einer neuen sozialen Bewegung.'' Westdeutscher Verlag, Opladen 1990, ISBN 3-531-12153-7.<br />
* [[Andreas Buro]]: ''Totgesagte leben länger: Die Friedensbewegung. Von der Ost-West-Konfrontation zur zivilen Konfliktbearbeitung'', Idstein 1997, ISBN 3-929522-42-X.<br />
* [[Albrecht Behmel]]: ''Die Mitteleuropadebatte in der Bundesrepublik Deutschland: Zwischen Friedensbewegung, kultureller Identität und deutscher Frage'', Ibidem-Verlag, Hannover 2011<br />
* Michael Ploetz, Hans-Peter Müller: ''Ferngelenkte Friedensbewegung?. DDR und UdSSR im Kampf gegen den NATO-Doppelbeschluß'' (= ''Diktatur und Widerstand''. Bd. 6). Lit., Münster 2004, ISBN 3-8258-7235-1.<br />
<br />
'''Verhältnis zu Israel'''<br />
* [[Helmut Kellershohn]]: ''„Frieden oder ‚Rettet Israel‘?“ Die linken Kritiker der Friedensbewegung und ihr Beitrag zur neuen deutschen Normalität. Ein kritischer Rückblick auf die Golfkriegsdebatte'' (DISS-Texte Nr.&nbsp;24), Duisburg 1992<br />
* Bernhard Schmid: ''Der Krieg und die Kritiker. Die Realität im Nahen Osten als Projektionsfläche für Antideutsche, Antiimperialisten, Antisemiten und andere.'' Münster 2006, ISBN 978-3-89771-029-0.<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Commonscat|Demonstrations and protests in support of peace|Friedensdemonstrationen}}<br />
{{Wiktionary}}<br />
<br />
'''Geschichte'''<br />
* Rainer Santi: [http://santibox.ch/peace/Friedensarbeit.html ''100 Jahre Friedensarbeit'']. In: ''Santibox.ch''.<br />
* [http://www.jugendopposition.de/index.php?id=190 ''Bewegter Frieden – Die Friedensbewegung in der DDR'']. In: ''Jugendopposition in der DDR''.<br />
* Dieter Riesenberger: [http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/artikel/artikel_44715 ''Friedensbewegung (Von den Anfängen bis zum Zweiten Weltkrieg)'']. In: ''Historisches Lexikon Bayerns''.<br />
* Philipp Baur: [http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=3103 ''Tagungsbericht Friedensbewegung und Zweiter Kalter Krieg: Europäische und transatlantische Perspektiven. 24. März 2010 bis 26. März 2010, Berlin'']. In: ''H-Soz-u-Kult'', 6. Mai 2010.<br />
* [http://www.friedenskooperative.de/netzwerk/histo000.htm ''Geschichte der Friedensbewegung'']. In: ''Netzwerk Friedenskooperative'' (Überblicksseite, verschiedene Autoren).<br />
* Udo Leuschner: [http://www.udo-leuschner.de/nachruestung/text2.htm ''Westdeutsche Friedensbewegung gegen die „Nachrüstung“'']. In: ''udo-leuschner.de''.<br />
* [http://www.friedenspaedagogik.de/themen/friedensbewegung ''Friedensbewegung'']. In: ''Institut für Friedenspädagogik'', Tübingen.<br />
<br />
'''Allgemeines'''<br />
* {{Webarchiv | url=http://frieden.kommunikationssystem.de/ | wayback=20070709133207 | text=News gegen Militarismus und Krieg von der Friedensbewegung}}<br />
* [http://www.lebenshaus-alb.de/mt/links.html#Friedensgruppierungen%20(international) Lebenshaus Schwäbische Alb: Internationale Friedensgruppierungen (Links)]<br />
<br />
'''Friedensorganisationen in Deutschland'''<br />
* [http://www.koop-frieden.de Kooperation für den Frieden]<br />
* [http://www.ag-friedensforschung.de/Welcome.html Friedenspolitischer Ratschlag]<br />
* [http://www.friedenskooperative.de/ Netzwerk Friedenskooperative]<br />
* [http://www.dfg-vk.de/ Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen]<br />
* [http://www.soziale-verteidigung.de/ Bund für Soziale Verteidigung (BSV)]<br />
* [http://www.friedensdienst.de/ Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden]<br />
* [http://www.paxchristi.de/ Pax Christi (katholische Friedensorganisation)]<br />
* [http://www.imi-online.de/ Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.&nbsp;V.]<br />
* [http://www.ippnw.de/index.php Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/ Ärzte in sozialer Verantwortung e.&nbsp;V.]<br />
* [http://friedenskoch.de/Abrahamszelt/abrahamszelt.html Abrahamszelt e.&nbsp;V.] Freunde und Förderer des Interreligiösen Kindergartens in Ramle (Israel)<br />
* [http://www.compassionatelistening.org/ The Compassionate Listening Project: „Einfühlsam Zuhören“ – zum Aufbau eines aufrichtigen Versöhnungsdialoges]<br />
* [[Verein für Weiterbildung und Friedensarbeit]]<br />
<br />
'''Friedensorganisationen in Österreich'''<br />
* [http://www.maislinger.net/ufi.htm Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Friedensinitiativen Österreichs (UFI)]<br />
<br />
'''Internationale Friedensorganisationen'''<br />
* [http://www.versoehnungsbund.de/ Versöhnungsbund Deutschland], [http://www.versoehnungsbund.at/ Österreich], [http://www.friedenserziehung.ch/ Schweiz], [http://www.ifor.de/ International]<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<references /><br />
<br />
{{Rechtshinweis}}<br />
<br />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4018520-5}}<br />
<br />
[[Kategorie:Friedensbewegung| ]]</div>175.194.21.128