https://de.wikipedia.org/w/api.php?action=feedcontributions&feedformat=atom&user=132.199.139.155Wikipedia - Benutzerbeiträge [de]2025-06-10T09:13:56ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.45.0-wmf.4https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Karl_der_Gro%C3%9Fe&diff=10123324Karl der Große2005-10-20T07:27:56Z<p>132.199.139.155: </p>
<hr />
<div>[[Bild:Karl_1_mit_papst_gelasius_gregor1_sacramentar_v_karl_d_kahlen.jpg|thumb|right|250px|Eine der ältesten Abbildungen Karls des Großen – Karl der Große zwischen den Päpsten Gelasius I. und Gregor I. aus dem Sakramentar [[Karl der Kahle|Karl des Kahlen]] (um 870)]]<br />
[[Image:Karl der Grosse - Pippin der Bucklige.jpg|thumb|250px|Karl der Große und Pippin der Bucklige, darunter ein Schreiber. Kopie aus dem 10. Jhdt. von einem verlorenen Original aus den Jahren 821 und 836]]<br />
'''Karl I., der Große''', lat. '''Carolus Magnus''' oder '''Karolus Magnus''', franz./engl. '''Charlemagne''', engl. gelegentlich auch '''Charles the Great''', (* wahrscheinlich 2. April [[748]] in [[Prüm]]; † 28. Januar [[814]] in [[Aachen]]) aus dem Geschlecht der [[Karolinger]], Enkel von [[Karl Martell]]. Seit [[768]] König der [[Fränkisches Reich|Franken]] (die Krönung fand in [[Noyon]] statt) und am [[25. Dezember]] [[800]] von [[Leo III. (Papst)|Papst Leo III.]] in Rom zum römischen [[Kaiser]] gekrönt. Den Beinamen "der Große" erhielt er bereits zu seinen Lebzeiten. <br />
<br />
== Leben und Herrschaft: Festigung und Expansion, Einheit von Kirche und Reich ==<br />
<br />
=== Karl wird Alleinherrscher: Die Lage des Reiches 771 ===<br />
<br />
Karl war der ältere Sohn des späteren Königs [[Pippin der Jüngere|Pippin des Jüngeren]] und dessen Frau [[Bertrada die Jüngere|Bertrada]]. Sein Geburtsort ist unbekannt (spekuliert wird über Aachen, Düren, Herstal bei Lüttich sowie Prüm, wo er im Umfeld der Abtei vermutlich auch aufgewachsen ist), sein Geburtsjahr umstritten ([[742]] oder [[747]] oder [[748]]). Sein Biograf [[Einhard]] schreibt, dass über seine Kindheit und Jugend schriftlich nichts überliefert sei und auch bei der Abfassung der Biografie (etwa 15 Jahre nach Karls Tod) keine Personen mehr gelebt hätten, die davon hätten erzählen können (cap. IV). Nach dem Tod seines Vaters [[768]] teilte er - er war 26 - die Herrschaft mit seinem Bruder [[Karlmann (Franken)|Karlmann]]. Nach Karlmanns Tod wurde er [[771]] Alleinherrscher. Zu jener Zeit fielen die früh [[Christianisierung|christianisierten]] Franken in barbarische Gebräuche zurück und vernachlässigten die erworbene Bildung und Religion. Die [[Sachsen (Volk)|Sachsen]] im heutigen [[Norddeutschland]] beharrten auf ihrem [[Heidentum]]. Im Süden stritt die [[katholische Kirche|katholische Kirche]] mit den [[Langobarden]] um Einfluss, Besitz und Macht auf der Apenninen-Halbinsel, auf der iberischen Halbinsel (''s.'' [[Emirat von Córdoba]]) drängten die [[Sarazenen]] immer weiter nach Norden, im Osten fielen [[Awaren]] ein - kurz: [[Europa]] war in Aufruhr, und der Bestand des Frankenreiches schien bedroht. Karl I. war offenbar von Anfang an zu einer Neuordnung der Verhältnisse in Westeuropa entschlossen und scheute sich während der Zeit bis 800 nicht, an den unterschiedlichsten Fronten gleichzeitig zu kämpfen.<br />
<br />
=== 772: Beginn der Sachsenkriege ===<br />
<br />
Bereits [[772]] begannen die Sachsenkriege, die 32 Jahre währten und die den "Vater Europas" ''([[Pater Europae]])'', wie Karl später verklärend auch genannt wird, nicht nur in bestem Licht erscheinen lassen.<br />
<br />
''Siehe'' [[Sachsenkriege (Karl der Große)]] ''(Sonderartikel)''<br />
<br />
=== 774: Unterwerfung der Langobarden ===<br />
<br />
Im März [[773]] baten päpstliche Gesandten am Hof Karls um Unterstützung gegen die Langobarden. [[774]] eroberten die Franken [[Pavia]]. Karl setzte den letzten Langobardenkönig [[Desiderius (König)|Desiderius]] ab; dessen zuvor geheiratete Tochter verstieß er bald darauf. Er ließ sich nun selbst zum König der Langobarden krönen. Papst [[Stephan III. (Papst)|Stephan III.]] (&dagger; 772) hatte die Langobarden in einem Brief an die Frankenkönige Jahre zuvor als "eine treulose und stinkende Nation" denunziert, "die nicht einmal zu den Nationen gerechnet wird und von der gewiss die Aussätzigen ihren Ursprung haben". Im Süden blieb das [[Benevent|Herzogtum Benevent]] bis zur Eroberung durch die [[Normannen]] im 11. Jahrhundert selbstständig, wenngleich es auch zu den Satellitenstaaten des [[Fränkisches Reich|Fränkischen Reiches]] gezählt werden muss. Karl bestätigte auch die [[Pippinische Schenkung]] seines Vaters an die Kirche, aus der später der [[Kirchenstaat]] hervorgehen sollte.<br />
<br />
''Siehe: [[Langobardenfeldzug]]''<br />
<br />
=== 778: Kriegszüge gegen die Mauren ===<br />
<br />
Weit geringeren Erfolg zeitigte ein Kriegszug nach Spanien im Jahr [[778]]. Anlass dafür war ein Hilfegesuch des Emirs von [[Saragossa]], der um Unterstützung gegen den [[Kalif|Kalifen]] Abderahman von [[Córdoba (Spanien)|Córdoba]] bat: Beim Rückzug wurde ein Teil des fränkischen Heeres von den vermeintlichen "Heiden" (so zeitgenössische Quellen) aufgerieben. Dabei fiel auch der Graf der bretonischen Mark, [[Hruotland]], der Befehlshaber der vernichteten fränkischen Nachhut. Das Geschehen wird später im [[Rolandslied]] wiederaufgegriffen. [[Aquitanien]] wurde als ein Unterkönigtum für Karls minderjährigen Sohn [[Ludwig der Fromme|Ludwig]] eingerichtet; zusammen mit seinem zum italischen Unterkönig ernannten Bruder [[Pippin (Italien)|Pippin]] wurde er [[781]] vom Papst gesalbt und gekrönt. Die Verhältnisse im Pyrenäenraum konnten so zunächst stabilisiert werden, der Herrschaftsbereich der Franken wurde - wenn auch nur zeitweise - bis nach Gerona, Cerdagne, Urgel und Barcelona erweitert. Erst als Folge späterer Auseinandersetzungen mit den Sarazenen (so nannte das spätere Mittelalter die [[Mauren]]) wurde [[806]] die Spanische Mark jenseits der Pyrenäen gegründet.<br />
<br />
Die Beziehungen zur [[Araber|arabischen Welt]] scheinen trotz der Feldzüge und durch die aufgegebene, weil letztlich gescheiterte Eroberung und Rechristianisierung Spaniens nicht generell schlecht gewesen zu sein: [[797]], nach anderen Quellen [[801]], schenkte der Kalif von [[Bagdad]], Harun al-Rashid, Karl I. den ersten in der überlieferten Geschichte nördlich der Alpen gesichteten [[Elefant|Elefanten]] namens Abul-Abbas - es war überdies ein asiatischer.<br />
<br />
=== 788: Bayern verliert seine Selbständigkeit ===<br />
<br />
[[788]] wurden auch die [[Geschichte Bayerns|Baiern]] (so die alte Schreibweise) endgültig dem Reich einverleibt, im Osten die [[Awarenmark|Awarische Mark]] (ab [[856]] ''Marchia Orientalis'') als [[Grenzmark]] gegen die Awaren errichtet, und unter fränkische Oberhoheit gestellt. Der letzte bayerische Stammesherzog [[Tassilo III.]], der sein Lehen [[757]] von Pippin bekommen hatte, versuchte vergeblich, die Eigenständigkeit durch ein Bündnis mit den eigentlich schon unterworfenen Langobarden zu retten. Am Aufbegehren gegen die Franken, die man durch die Auseinandersetzungen mit den Sachsen als voll ausgelastet einschätzte, war auch Herzog Arichis II. von Benevent beteiligt. Die Unbotmäßigkeiten der italienischen Koalitionäre Tassilos waren u.a. durch Belagerungen von [[Capua]] und [[Salerno]] 786/787 beendet worden. Das bayerische Gebiet, das ab [[798]] von [[Salzburg]] aus zu einer eigenen [[Kirchenprovinz]] ausgebaut wurde, blieb nach der Angliederung gleichwohl als politische [[Entität (Politik)|Entität]] erhalten. Unter den als ''Präfekten'' bezeichneten Amtsträgern des Königs (im 9. Jahrhundert als Unterkönigtum) wahrte es durchaus eine Sonderstellung innerhalb des fränkischen Reichsverbands.<br />
<br />
Die Eingliederung der ''Baiern'' ins Frankenreich war neben der Unterwerfung der Sachsen die wichtigste Voraussetzung für die spätere Herausbildung des [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reiches]] und damit [[Geschichte Deutschlands|Deutschlands]] unter den [[Ottonen]] und [[Geschichte Österreichs|Österreichs]] unter den [[Babenberger]]n.<br />
<br />
=== Um 800: Der neue Schutzherr Roms und der Kirche ===<br />
[[Bild:Königsthron Aachener Dom.jpg|thumb|250px|Königsthron im [[Aachener Dom]]]]<br />
[[795]] wurde Leo III. zum Papst gewählt. Er versicherte sich umgehend der Unterstützung des Frankenkönigs und übersandte Karl I., dem Schutzherrn der Kirche (''patricius romanorum'') den Schlüssel zum Grab Petri sowie das Banner Roms. Das Papsttum war seit einiger Zeit unter den Einfluss des in diverse Fraktionen aufgesplitterten römischen Stadtadels geraten, der bei der Papstwahl ausschlaggebend war. [[799]] spitzte sich die Konfrontation mit dem Adel zu; das Kirchenoberhaupt war Ziel eines Attentats. Leo III., dem u.a. ein unwürdiger Lebenswandel vorgeworfen wurde, flüchtete zu Karl nach [[Paderborn]]. Was dort und unter Umständen schon weit vorher abgemacht wurde, ist nicht geklärt: Möglicherweise wurde erst hier, vielleicht aber auch schon Jahre zuvor die [[Krönung|Kaiserkrönung]] vereinbart. Denkbar wäre auch, dass es dazu überhaupt keine Absprache gegeben hat. Die historische Forschung stört sich vor allem an der Anmerkung Einhards: "Hätte Karl vom Vorhaben Leos gewusst, hätte er die Kirche nicht betreten" (''Vita Karoli Magni'', cap. XXVIII). Eine andere Quelle hingegen, die [[Lorscher Annalen]], berichtet von einer Synode der fränkischen und römischen Bischofe, bei der man dem Frankenherrscher die Kaiserwürde angetragen habe. Möglicherweise bezieht sich die Anmerkung Einhards nicht auf die Kaiserkrönung selbst, sondern auf deren Umstände und ihren [[Protokoll|protokollarischen]] Ablauf.<br />
<br />
Karl jedenfalls zog im Sommer 800 nach Rom. Leo III. empfing ihn weit vor den Toren der Ewigen Stadt und legte einen Reinigungseid ab, der ihn von den Vorwürfen der Verschwörer aus Kreisen des Adels entlasten sollte. <br />
<br />
Am Weihnachtstag des Jahres [[800]] wurde Karl von [[Papst]] [[Leo III. (Papst)|Leo III.]] zum [[Kaiser]] gekrönt. Dieser Titel war seit der Absetzung von [[Romulus Augustulus]] im Jahr [[476]] in Westeuropa nicht mehr geführt worden. Durch die Hinzufügung der Formel "von Gottes Gnaden" (lat. ''Dei gratia'') zum Herrschertitel wurde damit auch das [[Gottesgnadentum]] erstmals institutionalisiert, auf das sich z.B. die deutschen Kaiser bis 1918 beriefen. Karls voller Titel ab 800 lautete: '''''Karolus serenissimus augustus a Deo coronatus magnus pacificus imperator Romanum gubernans imperium, qui et per misericordiam dei rex Francorum atque Langobardorum''''' (frei übersetzt: "Karl, allergnädigster erhabener, von Gott gekrönter, großer Frieden stiftender Kaiser, das römische Reich regierend, von Gottes Gnaden auch König der Franken und Langobarden").<br />
<br />
Als ''patronus et advocatus'' der Kirche hatte Karl I. nun endgültig den byzantinischen Kaiser abgelöst - wie zuvor schon den Langobarden Desiderius. Der [[Patriarch]] von [[Jerusalem]] schickte die Schlüssel des [[Heiliges Grab|Heiligen Grabes]] an Karl I. als symbolische Anerkennung der Schutzherrschaft Karls I. über die Christenheit. Die Krönung zum Kaiser bedeutete somit eine Herausforderung für das [[Byzantinisches Reich|byzantinische]] Kaisertum ([[Basileus|Basileios]]), dem gegenüber Karl die Gleichberechtigung beanspruchte - wenn nicht mehr. <br />
<br />
Karl verstand sich als ''Augustus Imperator Renovati Imperii Romani'' (Kaiser des erneuerten Römischen Reiches) und somit als direkter Nachfolger der römischen Kaiser. Sein [[fränkisches Reich]] war damit das Nachfolgereich des römischen Kaiserreiches, das er aufgrund seiner [[Legitimation]] durch die Kirche ''sanctus'' (heilig) nannte. Die Einheit von Kirche und Reich war nun ganz offiziell [[Doktrin|Staatsdoktrin]]. Als Beschützer des Papstes und des christlichen Glaubens war Karl der Große sehr darauf bedacht, dass in seinem Reich jeder das ''Pater Noster'' ([[Vaterunser]]) kannte. Zeitweilig standen Verunglimpfungen von Priestern oder des [[Christentum|Christentums]] und seiner Symbole sogar unter Todesstrafe.<br />
<br />
=== Nach 800: Die Ausweitung des Frankenreiches im Osten ===<br />
<br />
[[Bild:Karolingische-reiterei-st-gallen-stiftsbibliothek_1-330x400.jpg|thumb|left|250px|Karolingische Reiterei]]<br />
<br />
Als Ersatz für deportierte Sachsen ließ Karl I. im Nordosten des Reiches (Transalbingien) elbslawische [[Abodriten (Volk)|Abodriten]] und auch Franken ansiedeln. Ab 804 kam es zu Auseinandersetzungen mit den [[Geschichte Dänemarks|Dänen]], deren König Göttrik (auch: ''Godfred'') nach [[Friesland]] bzw. Sachsen ausgriff und, unterstützt von den Wilzen, die Abotriten bekämpfte. Das zum Schutz vor den Franken errichtete ''Danewerk'' zwischen [[Treene]] und [[Schlei]] wird [[808]] erstmals in den ''Fränkischen Reichsannalen'' erwähnt. [[810]] plünderten die Dänen Friesland und die friesischen Inseln. Den Abodriten im Osten [[Holstein|Holsteins]] gelang es jedoch, sich mit fränkischem Beistand von dänischer Oberhoheit freizuhalten; [[811]] kam es zu einem Friedensvertrag mit den Dänen. Allerdings blieb das Verhältnis von Franken und Abodriten ambivalent, wie die Umstände der Errichtung des ''Sachsenwalls'' ([[Limes Saxoniae]]) um 810 belegen.<br />
<br />
Das Verhältnis zu den [[Slawen|slawischen]] Stämmen östlich von Sachsen und [[Thüringen|Thüringen]] war ebenfalls zwiespältig: [[789]] kam es zu einem Feldzug der Franken gegen die [[Wilzen]]; nach der langwierigen Unterwerfung der Sachsen wurden auch die [[Sorben]] [[806]] von den Franken besiegt, nachdem deren Herzog Miliduoch getötet worden war. Zeitgenössischen Quellen zufolge versuchten sie in den darauffolgenden Jahrzehnten jedoch mehrfach abzufallen. Auch scheint es hier eine oder gar mehrere Grenzmarken gegeben zu haben; die Forschungslage hierzu ist jedoch unklar (''siehe auch:'' [[Limes Sorabicus]]). <br />
<br />
[[Geschichte Böhmens|Böhmen]] geriet nach einer Kampagne in den Jahren [[805]] und [[806]] in fränkische Abhängigkeit und wurde tributpflichtig. In einer Urkunde von 817, in der die Provinzen und Völker des Frankenreiches aufgelistet werden, werden die ''Beheimi'' als eines der abhängigen Völker genannt. Auch sie wurden nach und nach offenbar erfolgreich christianisiert: [[845]] ließen sich 14 Herzöge aus Böhmen in Regensburg taufen; der bayrische Klerus war Hauptträger der Missionierung. Ab Mitte des 9. Jahrhunderts - Karls Enkel [[Ludwig der Deutsche]] war seit [[843]] König (''s.'' [[Vertrag von Verdun]]) - wurde Böhmen immer mehr zum Zankapfel zwischen dem [[Ostfrankenreich]] und dem [[Großmähren|Großmährischen Reich]] des [[Sventopluk]]; ab [[862]] wurden auch die [[Geschichte Ungarns|Ungarn]] zum Problem. Die Expansion der Franken in diesen Raum begründete - neben den Besiedlungswellen unter den [[Přemysliden]] - den politisch wie kulturell nachhaltigen deutschen Einfluss im östlichen [[Mitteleuropa]] in den folgenden Jahrhunderten (''s.'' [[Deutsche Ostsiedlung]]).<br />
<br />
=== 806 bis 812: Auseinandersetzung mit Byzanz ===<br />
<br />
[[Nikephoros I.]], byzantischer Kaiser („Basileus“) seit 802, empfand die Kaiserwürde Karls als Anmaßung und verweigerte deren Anerkennung. Eine 803 in [[Konstantinopel]] eingetroffene fränkische Gesandtschaft mußte unverrichteter Dinge wieder heimreisen. Der Konflikt verschärfte sich noch, als Karl die von Byzanz beanspruchten Regionen Dalmatien und Venetien als seinem Machtbereich zugehörig behandelte. Nikephoros entsandte daraufhin 806 die oströmische Flotte und verhängte eine Seeblockade über Venedig. Karls Sohn [[Pippin (Italien)|Pippin]], König von Italien, konnte in der Folge jedoch Venedig erobern, was Nikephoros offenbar verhandlungsbereiter machte. Eine Ende 810 in Italien eingetroffene byzantinische Gesandtschaft, die eigentlich den inzwischen verstorbenen König Pippin († 8. Juli 810) hatte erreichen wollen, wurde von Karl nach Aachen bestellt und 811 mit einem freundlichen, in der Kaiserfrage allerdings kompromisslosen Schreiben zurückgeschickt. Bei deren Rückkehr war allerdings der byzantinische Kaiser Nikephoros I. auf einem Bulgarenfeldzug gefallen († 26. Juli 811). Sein Schwiegersohn [[Michael I. (Byzanz)|Michael I.]] Rangabe riß bald die Macht an sich. Anders als sein Vorgänger war er an einem dauerhaften Übereinkommen mit dem Westen interessiert. Daher entsandte Kaiser Michael I. nun seinerseits eine byzantinische Gesandtschaft nach Aachen, die dort 812 eintraf. In einer öffentlichen Zeremonie huldigte diese Karl dem Großen und nannte ihn „Kaiser“. Damit war das Kaisertum Karls des Großen vom byzantinischen Reich diplomatisch anerkannt. Karl mußte dafür allerdings wieder auf Venetien und Dalmatien verzichten.<br />
<br />
Zudem sahen sich die byzantinischen Kaiser weiter als höherstehend an: die Nachfolger Michaels I. fügten ihrem Titel „Kaiser“ bald den Genitiv „der Römer“ hinzu: damit sollte ihr einzigartiger Rang als alleinige Nachfolger der römischen Kaiser dokumentiert werden. Die auf Karl den Großen folgenden westlichen Kaiser nannten sich dagegen zunächst nur „''imperator augustus''“ (erhabener Kaiser). Die Titulatur „erhabener Kaiser der Römer“ (''Romanorum imperator augustus'') begegnet im Westen, d. h. im [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich]], erst seit [[Otto III. (HRR)|Otto III.]] 996.<br />
<br />
=== Karl I. als Reformer: Neuordnung des Reiches im Innern ===<br />
<br />
Mit teilweise tiefgreifenden Reformen, die sein Sohn und Nachfolger [[Ludwig der Fromme]] meist weiter vorantrieb, ordnete Karl I. das Frankenreich auch im Innern neu. So schaffte er die Stammesherzogtümer ab, wobei die rechtliche Eigenständigkeit der Stämme allerdings gewahrt wurde. Karl ordnete überdies die Aufzeichnung der Stammesrechte an. Im ''Lex Frisionum'' etwa wurden den Friesen im Nordwesten und Norden des Reiches auf der Grundlage ihrer überkommenen Gesetze und Gepflogenheiten bedeutende Privilegien zugestanden. Sie wurden zu "Freien" und durften u.a. ihren [[Podestat]] selbst wählen. Auch die Einteilung [[Friesland]]s in drei klar definierte Bezirke wurde im - hier beispielhaft angesprochenen - Lex Frisonium festgeschrieben. <br />
<br />
Die Reichsverwaltung, die Karl I. zu vereinheitlichen trachtete, übertrug dieser im Wesentlichen seinem Hofklerus und einem neu geschaffenen [[Adel|Dienstadel]]. <br />
Die [[Hofkapelle]] war zentrales Verwaltungsorgan der weltlichen und geistlichen Ordnung im Reich. Die Ausführung der Verwaltung des Reiches lag in den Händen der [[Graf]]en. Diese fungierten im Rahmen der sogenannten [[Grafschaftsverfassung]] als königliche Amtsträger bei der Ausübung der [[Regalien]] (Grafenbann) und waren in bestimmten Bereichen Stellvertreter des Königs (Mark-, Burg- und Pfalzgrafen). Besondere Bedeutung erlangten die [[Markgraf|Markgrafen]]: Sie waren die Regenten in den neu geschaffenen [[Grenzmark]]en und hatten in diesem Bereich weitreichende Sonderrechte, etwa als Militärbefehlshaber und Gerichtsherren. Die Landgrafen mussten Wehrpflichtige stellen.<br />
<br />
Die Übertragung von Ämtern und Lehen an die führenden Adelsfamilien (die "Großen") sicherte deren Loyalität und begründete eine neue [[Fränkische Reichsaristokratie|Reichsaristokratie]]. Die Grafschaftsverfassung wurde zum wichtigsten Instrument zur Wahrung der Einheit des Reiches, obgleich es an den unterschiedlichen Traditionen im Westen bzw. Osten des Reiches (römische ''[[Civitas]]'' versus germanischer ''[[Gau (Landschaft)|Gau]]'') seine Grenzen fand. In letzteren mögen auch die gänzlich verschiedenen Entwicklungen im Hinblick auf Staatsaufbau und [[Staatsrecht]] gründen: sie mündeten im heutigen Frankreich als einer zentralistischen Präsidialrepublik einerseits, in dem die Regionen und Départements im Wesentlichen bloße Verwaltungseinheiten sind, und in der Verfasstheit Deutschlands andererseits - einer [[Föderalismus|föderalistischen]] "Parlaments"-Republik mit weitreichenden Hoheitsrechten der Bundesländer, die vielfach noch auf überkommene Stammesgrenzen zurückzuführen sind. <br />
<br />
Mit den [[Kapitularien]] wurde zudem eine weitgehend einheitliche Gesetzgebung geschaffen, das Gerichtswesen und die [[Rechtsprechung]] reformiert (u.a. Einführung von Rügezeugen und von [[Schöffe|Schöffen]]). Die Regierbarkeit von Karls Riesenreich sollten vor allem sogenannte [[Königsbote|Königsboten]], die ''missi dominici'', sichern. Diese wurden meist paarweise entsandt (ein weltlicher und ein geistlicher Vertreter), um Anweisungen und Erlasse des Königs und Kaisers durchzusetzen. Sie konnten in einem zugeteilten Bezirk gfs. auch die unmittelbare Reichsgewalt ausüben.<br />
<br />
Eine herausragende Rolle bei der Neuordnung und Festigung im Innern spielte die Kirche, die Karl durch den massiven Ausbau der klerikalen Infrastruktur (u.a. wurden zahlreiche neue Bistümer gegründet, wobei sich Karl das Recht vorbehielt, die Bischöfe selbst zu ernennen), durch umfangreiche Schenkungen, die Bekräftigung des [[Zehnt|Zehntgebots]] und durch Reformen zum wahrscheinlich wichtigsten Band der Einheit seines Reiches machte. Die [[Benedikt von Nursia|Benediktregel]] ''(ora et labora)'' wurde für die [[Kloster|Klöster]] verbindlich wie auch für die Stiftsgeistlichkeit die ''vita communis''. Die von Pippin in die Wege geleitete [[Liturgie|Liturgiereform]] wurde weitergeführt. <br />
<br />
Das ehedem gänzlich uneinheitliche [[Geld|Geldwesen]] wurde ebenfalls reformiert. Die Goldbindung des Geldes wurde aufgegeben, der Silberdenar als reichsweit geltende verbindliche Währung eingeführt. Ein [[Solidus]] bzw. Schilling waren 12 Denar; ein Pfund (''libra''), dessen Gewicht gegenüber dem antiken Maß erhöht wurde, entsprach 20 Solidi. In Karls Münzordnung wurde festgelegt, dass aus einem Pfund Silber 240 Pfennige (Denare) geprägt werden müssen. Der angelsächsische König [[Offa von Mercien]] übernahm zur gleichen Zeit diese Regelung, die in England in der Tat bis [[1971]] in Kraft war.<br />
<br />
== Vorfahren, Ehen, Nachfolge und Erben ==<br />
<br />
==Vorfahren==<br />
{| border="1" cellpadding="4" cellspacing="4" style="border: 2px solid gray; border-collapse: collapse;"<br />
| align="center" width="12%"|[[Pippin der Mittlere]]<br />(* um 635, † 714),<br /> fränk. [[Hausmeier]]<br />
| align="center" width="12%"|[[Plektrudis]]<br />(† nach 717)<br />
| align="center" width="12%"|NN<br />
| align="center" width="12%"|NN<br />
| align="center" width="12%"|NN<br />
| align="center" width="12%"|NN<br />
| align="center" width="12%"|NN<br />
| align="center" width="12%"|NN<br />
|----- <br />
|colspan="2" align="center" width="25%"|[[Karl Martell]]<br />(* um 689, † 741), fränkischer Hausmeier<br />
|colspan="2" align="center" width="25%"|[[Chrotrud]]<br />(† vor 725)<br />
|colspan="2" align="center" width="25%"|[[Heribert von Laon|Heribert]], Graf von Laon<br />
|colspan="2" align="center" width="25%"|[[Bertrada die Ältere]],<br /> Stifterin der [[Abtei Prüm]]<br />
|----- <br />
|colspan="4" align="center" width="50%"|[[Pippin der Jüngere]]<br />(* 714, † 768), König der Franken<br />
|colspan="4" align="center" width="50%"|[[Bertrada die Jüngere]]<br />(* um 725, † 783)<br />
|----- <br />
|colspan="8" align="center"|[[Karl der Große]] († 814),<br /> Römischer Kaiser<br />
|}<br />
<br />
==Nachfolge==<br />
<br />
[[Bild:Frankenreich 768-811.jpg|thumb|right|280px|Karte: Die Eroberungen Karls des Großen]]<br />
<br />
Nach altem fränkischen Brauch ordnete Karl [[806]] seine Nachfolge durch einen Reichsteilungsplan, die sogenannte Divisio regnorum. Nachdem seine beiden älteren Söhne jedoch früh verstorben waren, erhob Karl [[813]] seinen - nach damaligem Verständnis - einzigen legitimen Erben [[Ludwig I. (Fränkisches Reich)|Ludwig]] (Ludwig der Fromme) zum Mitkaiser; [[814]] folgte er dann seinem Vater in der Herrschaft. <br />
<br />
Nach 47-jähriger Herrschaft starb Karl der Große am [[28. Januar]] [[814]] in [[Aachen]] und wurde im [[Hof (Architektur)|Atrium]] der Marienkirche beigesetzt. Die Todesursache (Infekt mit Rippenfellentzündung?) ist nicht mit letzter Sicherheit geklärt, doch spricht [[Einhard]], Vita Karoli Magni, Kap. 30, dazu passend von Fieber, zu welchem Schmerzen in der Seite hinzugekommen seien, so dass Karl nach siebentägigem Krankenlager verschieden sei. <br />
<br />
Schon frühzeitig verstand sich Karl als der einzige rechtgläubige Verteidiger und Wahrer der Christenheit, und folgerichtig würdigt ihn die Grabinschrift als ''imperator orthodoxus'', der das ''regnum Francorum'' edel (''nobiliter'') erweitert habe. <br />
<br />
<br />
=== Ehefrauen ===<br />
<br />
* Himiltrud (vermutlich eine [[Friedelehe]] um 768)<br />
* ∞ [[769]] eine Tochter des Langobardenkönigs [[Desiderius (König)|Desiderius]], die er 770, spätestens Anfang 771 verstieß; ihr Name wird fälschlicherweise oft mit ''Desiderata'' angegeben, tatsächlich ist er unbekannt<br />
* ∞ [[771]] vor dem 30. April [[Hildegard (Karolinger)|Hildegard]] (''de gente Suaborum'', * [[758]], † [[30. April]] [[783]]) Tochter des Grafen Gerold und der Imma, einer Tochter des [[Alemannen|alemannischen]] ''dux'' [[Hnabi]]<br />
* ∞ um Oktober [[783]] [[Fastrada]] († [[10. August]] [[794]] in [[Frankfurt am Main]]), Tochter des (vermutlich [[Thüringen|thüringisch]]-[[Mainfranken|mainfränkischen]]) Grafen Radulf<br />
* ∞ 794/Herbst 796 Luitgard († [[4. Juni]] [[800]]) [[Alemannen|Alemannin]]<br />
<br />
weitere Beziehungen hatte er zu:<br />
* Madelgard<br />
* Gerswind ''Saxonici generis''<br />
* Regina ([[800]])<br />
* Adelind ([[806]])<br />
<br />
=== Nachkommen ===<br />
<br />
*aus seiner Verbindung zu Himiltrud:<br />
** [[Pippin der Bucklige]] (* 770; &dagger; 811)<br />
<br />
*aus seiner Ehe mit Hildegard:<br />
** [[Karl der Jüngere]] (* 772/773, † [[811]]) [[788]] König in [[Neustrien]]<br />
** Adalhaid (* September 773/Juni 774, † Juli/August [[774]] in Süd[[gallien]])<br />
** [[Rotrud]] (* wohl 775, † [[6. Juni]] [[810]])<br />
** Karlmann (* [[777]], † [[8. Juli]] [[810]]), als [[Pippin (Italien)|Pippin]] König von [[Italien]]<br />
** [[Ludwig der Fromme]] (* [[778]], † [[840]]) <br />
** Lothar (* Juni/August [[778]] in [[Chasseneuil]] bei [[Poitiers]])<br />
** Bertha (* 779/780, † nach 14. Januar 828), [[814]] vom Hof verwiesen<br />
** Gisela (* [[781]] vor Mai, † nach 800)<br />
** Hildegard (* [[782]] nach 8. Juni, † zwischen 1. und 8. Juni [[783]])<br />
<br />
Von Bertha ist bekannt, dass sie eine Beziehung mit Karls Hofgeistlichen [[Angilbert]] hatte, dem die Kinder Ridhard (&dagger; 813) und [[Nithard|Hartnid]] entstammten. Berthas [[Liaison]] war Vorbild für die Sage von ''Eginhard und Emma''. <br />
<br />
Bei Karls "Sekretär" [[Einhard]] heißt es, sowohl Rotrud als auch Bertha seien unverheiratet geblieben. Möglicherweise lebten beide Töchter jedoch in [[Friedelehe|Friedelehen]], die für Einhard nicht standesgemäß und somit nicht legitim waren.<br />
<br />
*aus seiner Ehe mit Fastrada:<br />
** Theodrada (* wohl 785, † [[9. Januar]] 844/853, im Kloster [[Schwarzach am Main]]), vor 814 Äbtissin von [[Argenteuil]]<br />
** Hiltrud (* wohl 787, † nach 800)<br />
<br />
* von einer unbekannten Frau:<br />
** Hruodhaid (* wohl 787, † nach 800)<br />
<br />
* aus seiner Verbindung mit Madelgard: <br />
** Ruothild († [[24. März]][[852]]) Abt von [[Faremoutiers]]<br />
<br />
* aus seiner Verbindung mit Gerswind:<br />
** Adalthrud<br />
<br />
* aus seiner Verbindung mit Regina:<br />
** Drogo (* [[17. Juni]] [[801]], † [[8. Dezember]] [[855]]), [[818]] geistlich, [[820]] [[Kloster Luxeuil|Abt von Luxeuil]], [[823]] [[Liste der Bischöfe von Metz|Bischof von Metz]], [[834]] Erzbischof und Erzkapellan<br />
** Hugo (* 802/806, † [[14. Juni]] [[844]]), [[818]] geistlich, Mönch zu [[Charroux]], 822/823 Abt von [[Saint-Quentin|St. Quentin]], [[836]] Abt von [[St. Bertin]], 834-840 Erzkanzler [[Ludwig der Fromme|Ludwigs des Frommen]]<br />
<br />
*aus seiner Verbindung mit Adelind:<br />
** Theoderich (* [[807]], † nach 818), 818 geistlich<br />
<br />
Karl wird zudem nachgesagt, mit diversen [[Konkubinat|Konkubinen]] mindestens 18 leibliche Nachfahren gezeugt zu haben.<br />
<br />
''Ludwig I., der Fromme'', dessen [[Genealogie|Linie]] historisch bedeutsam bleibt, ist seinerseits Vater von [[Lothar I. (Frankenreich)|Lothar I.]] (* [[795]]; &dagger; [[855]]), [[Pippin I. (Aquitanien)|Pippin I.]] (König von Aquitanien, &dagger; [[838]]), [[Ludwig der Deutsche|Ludwig II.]] (&dagger; [[876]]), [[Karl der Kahle|Karl II.]] (König des Westfrankenreichs, Kaiser [[875]], &dagger; [[877]]) und der Gisela (vermählt mit [[Eberhard von Friaul]]).<br />
<br />
== Kulturelle Bedeutung ==<br />
<br />
=== Karolingische Renaissance ===<br />
<br />
[[Image:Karldergrossesignatur.jpg|thumb|left|250px|Das Signum Karls des Großen unter einer am 31. August 790 ausgefertigten Urkunde: eigenhändig ist nur der v-förmige sogenannte Vollziehungsstrich innerhalb der Raute]]<br />
<br />
Im Geistesleben ist Karls Herrschaft als [[Karolingische Renaissance]] bekannt. Kunst, Literatur und Architektur erfuhren einen ungemeinen Aufschwung.<br />
An seinem Hof versammelte Karl bedeutende Gelehrte seiner Zeit, unter anderem den Angelsachsen [[Alkuin]] als Leiter der Hofschule, den Langobarden [[Paulus Diaconus]], Petrus aus Pisa, den Westgoten [[Theowulf]] aus Spanien sowie [[Angilbert]] und [[Einhard]] (auch: ''Eginhard'' - im angelsächsischen Sprachraum wird er regelmäßig so genannt). [[Hildebold]], der erste Erzbischof von [[Köln]], war Karls Kanzler und [[Kaplan (Priester)|Erzkaplan]] seines Hofes.<br />
<br />
Seine Gelehrten beauftragte Karl u.a., eine [[Grammatik]] der [[Deutsche Sprache|deutschen Sprache]] sowie eine Sammlung deutscher [[Predigt|Kirchenpredigten]] zu schreiben. Die von Karls Hof geförderte [[karolingische Minuskel]] ''(Carolina)'', eine aus Kleinbuchstaben gebildete Schrift, war u.a. Vorbild für die heute noch vielfach gebräuchliche [[Antiqua]]. <br />
<br />
Nach Einhard, Vita Karoli Magni, Kap. 29, ließ Karl außerdem "''barbarische'' (d. h. germanische) ''und sehr alte Heldenlieder, in welchen die Taten und Kriege alter Könige besungen wurden, aufschreiben''". Leider ist uns diese Sammlung aus unbekannten Gründen nicht erhalten geblieben; Karls Sohn [[Ludwig der Fromme]] wurde in der Neuzeit manchmal zu Unrecht für ihren Verlust verantwortlich gemacht. Im genannten Kapitel bei Einhard wird weiter davon berichtet, dass Karl die Monatsnamen selbst ins Germanische übersetzte, z. B. nannte er den Januar Wintermonat (''Wintarmanoth''), den Mai Weidemonat (''Winnemanoth''), den Dezember Heiligmonat (''Heilagmanoth'').<br />
<br />
=== Kirchen und Klöster, Pfalzen und Paläste ===<br />
Karls Biograph und Leiter der Hofschule (als Nachfolger Alkuins, der [[796]] den Hof verließ und Abt von [[Saint-Martin de Tours]] wurde, möglicherweise im Zusammenhang mit seiner offenen Kritik an des Königs Vorgehen gegen die Sachsen) Einhard berichtet auch von seiner umfangreichen Bautätigkeit, in erster Linie die "wunderbare" Pfalzkapelle in der [[Aachen|Aachener]] [[Pfalz (Palatium)|Pfalz]], die in den letzten 20 Jahren seines Lebens seine Lieblingspfalz wurde, sozusagen eine Art "Hauptstadt" nördlich der Alpen. Für sie soll er sogar Säulen und großartige Marmorteile aus [[Ravenna]] herbeigeschafft haben lassen. Außerdem hebt er eine hölzerne Rheinbrücke bei [[Mainz]] hervor (die aber leider bald wieder abgebrannt sei) und den Beginn zweier (Pfalz-) [[Palast|Paläste]] bei [[Ingelheimer Kaiserpfalz|Ingelheim]] und [[Nijmegen]] (cap. XVII). <br />
<br />
Die Klöster u.a. in [[St. Gallen (Stadt)|St. Gallen]] (heute Schweiz) und auf der [[Reichenau (Insel)|Insel Reichenau]] (Bodensee) (''s.a.'' [[Kloster Reichenau]]), im einverleibten Bayern [[Emmeram|St. Emmeram]] bei [[Regensburg]], in [[Freising]] und am [[Tegernsee]] (wichtigste Benediktinerabtei Oberbayerns; [[817]] zu den wohlhabendsten Klöstern im Reich Kaiser Ludwigs des Frommen gezählt), im heute österreichischen [[Mondsee]] (dort war auch [[Salzburg]] seit den [[Awarenmark|Awarenkriegen]] 791 bis 799 ein Zentrum der [[Mission (Christentum)|Mission]]) wie auch in [[Kloster Fulda|Fulda]] und in [[Trier]] wurden neu gegründet, zu Abteien erhoben oder erfuhren eine erhebliche Steigerung ihrer Bedeutung. Sie waren Hauptträger der Bildungsreform, die Karl in die Wege leiten ließ und wurden deshalb vielfach ausgebaut und erweitert. Für [[Fürstabtei St. Gallen|St. Gallen]] z.B. war die Zeit vom 9. bis zum 10. Jahrhundert das "Goldene Zeitalter". Das dort um das Jahr [[790]] entstandene ''Lateinisch-Deutsche Wörterbuch'' gilt als das älteste deutsche Buch überhaupt. - [[Ordensgemeinschaft|Mönche]] waren es schließlich auch, die Anfang des 9. Jahrhunderts die [[Rose|Edelrose]] nach Mitteleuropa einführten und den [[Gartenbau]] im Allgemeinen beträchtlich professionalisierten.<br />
<br />
== Nachleben ==<br />
<br />
=== Sagen ===<br />
<br />
Um das Leben und Wirken Karl des Großen entstanden nach seinem Tod viele Sagen, unter anderem der [[Karlszyklus]] mit dem [[Rolandslied]].<br />
<br />
=== Heiligsprechung ===<br />
<br />
Auf Betreiben Kaiser [[Friedrich Barbarossa]]s wurde Karl [[1165]] durch den Erzbischof von Köln, unter Billigung des [[Gegenpapst|Gegenpapstes]] [[Paschalis III.]], heilig gesprochen. Diese [[Heiligsprechung]] wurde von Papst [[Alexander III. (Papst)|Alexander III.]] nicht akzeptiert, so dass sein Gedenktag (28. Januar) nie offiziell anerkannt wurde. Doch hat die [[Kurie]] danach nie Einspruch gegen diese Heiligsprechung erhoben; vielmehr wird seit [[1176]] die Verehrung Karls als Heiliger von der [[katholische Kirche|katholischen Kirche]] geduldet. Heute noch tragen Kirchen Karls Namen, so etwa die Pfarrkirche im westfälischen [[Wiedenbrück]] "St. Caroli Magni et beati Aegidii"<br />
<br />
=== Kein zeitgenössisches Portrait überliefert ===<br />
[[Bild:Dürer_karl_der_grosse.jpg|thumb|200px|left|Idealbild Karl des Großen mit den Reichskleinodien, gemalt 1513 von [[Albrecht Dürer]] im Auftrag seiner Vaterstadt Nürnberg]]<br />
<br />
Von Karl dem Großen ist kein zeitgenössisches Bildnis überliefert. Eine der ältesten Darstellungen Karls findet sich im [[Sakramentar]] [[Karl der Kahle|Karls des Kahlen]] aus der Zeit um 870, das ihn in karolingischer Kleidung zeigt und somit eine repräsentative Darstellung eines Hochadeligen der Karolingerzeit bietet (siehe oben).<br />
<br />
Seitdem wurden jeweils dem Stil der jeweiligen Zeit entsprechende [[Imagination|Imaginationen]] über Karls Aussehen produziert, die jedoch nichts mit der Realität zu tun hatten. Typisch für diese historisierenden Darstellungen ist z.B. [[Albrecht Dürer]]s Bildtafel, die sich heute im [[Germanisches Nationalmuseum|Germanischen Nationalmuseum]] befindet. <br />
<br />
Auffällig ist die wortwörtlich zu verstehende Überhöhung seiner Person schon in der [[Ottonen|Ottonenzeit]].<br />
<br />
=== Sprachentwicklung ===<br />
<br />
In vielen slawischen Sprachen wurde vermutlich aus seinem Namen in der lateinischen Form 'Carolus' das Wort für König, so im Russischen 'korol', im Polnischen 'król'.<br />
<br />
=== Wiederentdeckter Karlsthron ===<br />
<br />
Im Februar 2005 wurden von der [[Archäologie|Archäologin]] [[Mechthild Schulze-Dörrlamm]] vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum in [[Mainz]] Reste des ältesten Königsthrons in Deutschland entdeckt. Sie lagen seit [[1911]] unerkannt in einem Magazin des dortigen [http://www.landesmuseum-mainz.de/ Landesmuseums]. Dabei handelt es sich um eine Seitenlehne des mit Ornamenten verzierten Thrones aus Kalkstein aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts. Dieser Königsthron ist damit älter als der Marmorthron in der Aachener Pfalzkapelle aus der Zeit um 800, der bislang als ältester galt.<br />
<br />
''(Bild des Fundstücks voraussichtlich im Frühsommer 2005 verfügbar)''<br />
<br />
== Statuen und Denkmale ==<br />
* Sandsteinfiguren von [[Jeremia (Prophet)|Jeremias]], [[Daniel (Prophet)|Daniel]] und Karl dem Großen für die [[Friedenskirche (Sanssouci)|Friedenskirche]] in [[Potsdam]] von [[Gustav Blaeser]]<br />
Sandsteinfigur an der Südseite der Dresdner Gemäldegalerie von Gottfried Semper (1855 eingeweiht)<br />
von Bildhauer [[Ernst Rietschel]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* Becher, Matthias: ''Das Geburtsdatum Karls des Großen.'' In: Karl der Große in Ingelheim. Beiträge zur Ingelheimer Geschichte. Heft 43, Ingelheim 1998, S. 19 ff.<br />
* Becher, Matthias: ''Karl der Große''. München, C.H.Beck, 1999. - ISBN 3-40643-320-0 ''(Sehr gute Einführung mit kommentierter Kurzbibliographie zum weiteren Studium)''<br />
* [[Arno Borst]]: ''Die karolingische Kalenderreform''. Hannover: Hahn, 1998. - ISBN 3775254463<br />
* [[Arno Borst]]: ''Der Streit um den karolingischen Kalender''. Hannover: Hahn, 2004. - ISBN 3775257365<br />
* Braunfels, Wolfgang: ''Karl der Große. Lebenswerk und Nachleben''. 4 Bde. Düsseldorf, 1967.<br />
* Cassanelli, Roberto/Carbonell, Eduard (Hrsg.): ''Von Mohammed zu Karl dem Großen. Aufbruch ins Mittelalter.'' Stuttgart: Konrad Theiss Verlag, 2001. - 1. Auflage. - ISBN 3-80621-580-4<br />
* Classen, Peter: ''Karl der Große, das Papsttum und Byzanz. Die Begründung des karolingischen Kaisertums.'' Hrsg. von H. Fuhrmann und C. Märtl (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 9). Sigmaringen, 1985.<br />
* Delpierré de Bayac, Jacques: ''Karl der Große. Leben und Zeit.'' Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft mbH, Herrsching 1986.<br />
* [[Einhard]]: ''Vita Karoli Magni - Das Leben Karls des Großen''. Stuttgart: Reclam, 1995. - ISBN 3-15001-996-6<br />
* Faber, Gustav: ''Auf den Spuren von Karl dem Großen''. Paul List Verlag München 1984<br />
* Fried, J.: ''Der Weg in die Geschichte. Die Anfänge Deutschlands bis 1024.'' Frankfurt am Main/Berlin, 1994.<br />
* Hägermann, Dieter: ''Karl der Große. Herrscher des Abendlandes''. Berlin: Econ, 2003. - ISBN 3-54905-826-8 ''([http://www.perlentaucher.de/buch/1151.html Rezensionen])''<br />
* Illig, Heribert: ''Das erfundene Mittelalter. Hat Karl der Große je gelebt?'' Berlin: Ullstein, 2002. - ISBN 3-54836-429-2<br />
* Macherl, P.: ''Karl der Große.'' Ein Lebensbild von Dr. P. Macherl. Verlagsbuchhandlung Styra, Graz 1906.<br />
* Riché, Pierre: ''Die Karolinger. Eine Familie formt Europa.'' Stuttgart: Reclam, 1999. - ISBN 3-15010-463-7 ''(Ein viel gelesenes Standardwerk zur Geschichte der Karolinger)''<br />
* [[Rudolf Schieffer|Schieffer, Rudolf]]: ''Die Karolinger''. Stuttgart: Kohlhammer, 2000. - 3., überarb. Aufl. - ISBN 3-17016-480-5<br />
* Willdorf, Ernst: ''Karl der Große und Wittekind zwei Helden des Schwertes und des Glaubens.'' Eine Erzählung aus der Zeit Karls des Großen von Ernst Wildorf. Druck und Verlag von U. Weichert, Berlin.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
[[Wissenschaft zur Zeit Karls des Großen]], [[Kunst zur Zeit Karls des Großen]], [[Karlsgarten]], [[Karlsgraben]], [[Ingelheimer Kaiserpfalz]], [[Kloster Lorsch]], [[Corvey]], [[Karolinische Bücher]], [[Rabanus Maurus]], [[Herzog Widukind]], [[Translatio imperii]], [[Erfundenes Mittelalter]], [[Chronologiekritik]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Vorlage:Commons2|Karl I. der Grosse|Karl der Große}}<br />
* [http://www.histinst.rwth-aachen.de/default.asp?documentId=201 23.11.2004 - Karolingische Grundlegung II - Historisches Institut der RWTH Aachen: Karl der Große als europäische Schlüsselfigur] ''(mit weiteren Literaturhinweisen)''<br />
* [http://www.die-tagespost.de/Archiv/titel_anzeige.asp?ID=4267 Bassam Tibi, Europa und der Islam: Das Schweigen hat Tradition] ("Die Tagespost", 31.05.2003 - Hauptthema: Karl der Große und die Welt der Muslime)<br />
* [http://www.roscheiderhof.de/kulturdb/kultur/kultur4630.html Mürlenbach: Bertrada-Burg] (möglicherweise Geburtsort Karls I.)<br />
* [http://www.ulrikejohnson.gmxhome.de/uli/writing/clickart/aachen.html Ulrike Johnson, Kunstwerke erzählen Geschichte - Die Aachener Pfalzkapelle]<br />
* [http://www.theiss.de/AiD/99-1/thema6.htm Ein Ingelheimer Goldmünzfund von 1996]<br />
* [http://heimat.de/charlemagne2000/busch.html Eginhard und Emma] ''(Amüsante Bildergeschichte von [[Wilhelm Busch]])''<br />
<br />
<br />
[[Kategorie:Herzog (Bayern)]]<br />
[[Kategorie:König (Franken)]]<br />
[[Kategorie:Kaiser (HRR)]]<br />
[[Kategorie:Karolinger]]<br />
[[Kategorie:Deutsche Geschichte]]<br />
[[Kategorie:Französische Geschichte]]<br />
[[Kategorie:Heiliger]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
[[Kategorie:Geboren 747]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 814]]<br />
[[Kategorie:Fränkisches Reich]]<br />
<br />
<br />
{{Personendaten|<br />
NAME=Karl I.<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Karl der Große,lat. '''Carolus Magnus''', franz. '''Charlemagne'''<br />
|KURZBESCHREIBUNG=[[König]] der [[Fränkisches Reich|Franken]], ([[Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation|römischer]]) [[Kaiser]]<br />
|GEBURTSDATUM=[[1. April]] [[747]]<br />
|GEBURTSORT=vermutl. [[Gauting]]/[[Bayern]]/[[Deutschland]]<br />
|STERBEDATUM=[[28. Januar]] [[814]]<br />
|STERBEORT=[[Aachen]]/[[Nordrhein-Westfalen]]/[[Deutschland]]<br />
}}<br />
<br />
[[ast:Carlomagno]]<br />
[[bg:Карл Велики]]<br />
[[ca:Carlemany]]<br />
[[cs:Karel Veliký]]<br />
[[cy:Siarlymaen]]<br />
[[da:Karl den Store]]<br />
[[el:Καρλομάγνος]]<br />
[[en:Charlemagne]]<br />
[[eo:Karolo la Granda]]<br />
[[es:Carlomagno]]<br />
[[et:Karl Suur]]<br />
[[fi:Kaarle Suuri]]<br />
[[fr:Charlemagne]]<br />
[[he:קרל הגדול]]<br />
[[hr:Karlo Veliki]]<br />
[[is:Karlamagnús]]<br />
[[it:Carlomagno]]<br />
[[ja:カール大帝]]<br />
[[ko:카롤루스 대제]]<br />
[[la:Carolus Magnus]]<br />
[[nds:Karl de Grote]]<br />
[[nl:Karel de Grote]]<br />
[[nn:Karl den store]]<br />
[[no:Karl den store]]<br />
[[pl:Karol Wielki]]<br />
[[pt:Carlos Magno]]<br />
[[ro:Carol cel Mare]]<br />
[[ru:Карл Великий]]<br />
[[sl:Karel Veliki]]<br />
[[sv:Karl den store]]<br />
[[wa:Tchårlumagne]]<br />
[[yi:קרל הגדול]]<br />
[[zh:查理大帝]]</div>132.199.139.155https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Karl_der_Gro%C3%9Fe&diff=10123235Karl der Große2005-10-20T07:24:09Z<p>132.199.139.155: </p>
<hr />
<div>[[Bild:Karl_1_mit_papst_gelasius_gregor1_sacramentar_v_karl_d_kahlen.jpg|thumb|right|250px|Eine der ältesten Abbildungen Karls des Großen – Karl der Große zwischen den Päpsten Gelasius I. und Gregor I. aus dem Sakramentar [[Karl der Kahle|Karl des Kahlen]] (um 870)]]<br />
[[Image:Karl der Grosse - Pippin der Bucklige.jpg|thumb|250px|Karl der Große und Pippin der Bucklige, darunter ein Schreiber. Kopie aus dem 10. Jhdt. von einem verlorenen Original aus den Jahren 821 und 836]]<br />
'''Karl I., der Große''', lat. '''Carolus Magnus''' oder '''Karolus Magnus''', franz./engl. '''Charlemagne''', engl. gelegentlich auch '''Charles the Great''', (* wahrscheinlich 2. April [[748]] in [[Prüm]]; † 28. Januar [[814]] in [[Aachen]]) aus dem Geschlecht der [[Karolinger]], Enkel von [[Karl Martell]]. Seit [[768]] König der [[Fränkisches Reich|Franken]] (die Krönung fand in [[Noyon]] statt) und am [[25. Dezember]] [[800]] von [[Leo III. (Papst)|Papst Leo III.]] in Rom zum römischen [[Kaiser]] gekrönt. Den Beinamen "der Große" erhielt er bereits zu seinen Lebzeiten. <br />
<br />
== Leben und Herrschaft: Festigung und Expansion, Einheit von Kirche und Reich ==<br />
<br />
=== Karl wird Alleinherrscher: Die Lage des Reiches 771 ===<br />
<br />
Karl war der ältere Sohn des späteren Königs [[Pippin der Jüngere|Pippin des Jüngeren]] und dessen Frau [[Bertrada die Jüngere|Bertrada]]. Sein Geburtsort ist unbekannt (spekuliert wird über Aachen, Düren, Herstal bei Lüttich sowie Prüm, wo er im Umfeld der Abtei vermutlich auch aufgewachsen ist), sein Geburtsjahr umstritten ([[742]] oder [[747]] oder [[748]]). Sein Biograf [[Einhard]] schreibt, dass über seine Kindheit und Jugend schriftlich nichts überliefert sei und auch bei der Abfassung der Biografie (etwa 15 Jahre nach Karls Tod) keine Personen mehr gelebt hätten, die davon hätten erzählen können (cap. IV). Nach dem Tod seines Vaters [[768]] teilte er - er war 26 - die Herrschaft mit seinem Bruder [[Karlmann (Franken)|Karlmann]]. Nach Karlmanns Tod wurde er [[771]] Alleinherrscher. Zu jener Zeit fielen die früh [[Christianisierung|christianisierten]] Franken in barbarische Gebräuche zurück und vernachlässigten die erworbene Bildung und Religion. Die [[Sachsen (Volk)|Sachsen]] im heutigen [[Norddeutschland]] beharrten auf ihrem [[Heidentum]]. Im Süden stritt die [[katholische Kirche|katholische Kirche]] mit den [[Langobarden]] um Einfluss, Besitz und Macht auf der Apenninen-Halbinsel, auf der iberischen Halbinsel (''s.'' [[Emirat von Córdoba]]) drängten die [[Sarazenen]] immer weiter nach Norden, im Osten fielen [[Awaren]] ein - kurz: [[Europa]] war in Aufruhr, und der Bestand des Frankenreiches schien bedroht. Karl I. war offenbar von Anfang an zu einer Neuordnung der Verhältnisse in Westeuropa entschlossen und scheute sich während der Zeit bis 800 nicht, an den unterschiedlichsten Fronten gleichzeitig zu kämpfen.<br />
<br />
=== 772: Beginn der Sachsenkriege ===<br />
<br />
Bereits [[772]] begannen die Sachsenkriege, die 32 Jahre währten und die den "Vater Europas" ''([[Pater Europae]])'', wie Karl später verklärend auch genannt wird, nicht nur in bestem Licht erscheinen lassen.<br />
<br />
''Siehe'' [[Sachsenkriege (Karl der Große)]] ''(Sonderartikel)''<br />
<br />
=== 774: Unterwerfung der Langobarden ===<br />
<br />
Im März [[773]] baten päpstliche Gesandten am Hof Karls um Unterstützung gegen die Langobarden. [[774]] eroberten die Franken [[Pavia]]. Karl setzte den letzten Langobardenkönig [[Desiderius (König)|Desiderius]] ab; dessen zuvor geheiratete Tochter verstieß er bald darauf. Er ließ sich nun selbst zum König der Langobarden krönen. Papst [[Stephan III. (Papst)|Stephan III.]] (&dagger; 772) hatte die Langobarden in einem Brief an die Frankenkönige Jahre zuvor als "eine treulose und stinkende Nation" denunziert, "die nicht einmal zu den Nationen gerechnet wird und von der gewiss die Aussätzigen ihren Ursprung haben". Im Süden blieb das [[Benevent|Herzogtum Benevent]] bis zur Eroberung durch die [[Normannen]] im 11. Jahrhundert selbstständig, wenngleich es auch zu den Satellitenstaaten des [[Fränkisches Reich|Fränkischen Reiches]] gezählt werden muss. Karl bestätigte auch die [[Pippinische Schenkung]] seines Vaters an die Kirche, aus der später der [[Kirchenstaat]] hervorgehen sollte.<br />
<br />
''Siehe: [[Langobardenfeldzug]]''<br />
<br />
=== 778: Kriegszüge gegen die Mauren ===<br />
<br />
Weit geringeren Erfolg zeitigte ein Kriegszug nach Spanien im Jahr [[778]]. Anlass dafür war ein Hilfegesuch des Emirs von [[Saragossa]], der um Unterstützung gegen den [[Kalif|Kalifen]] Abderahman von [[Córdoba (Spanien)|Córdoba]] bat: Beim Rückzug wurde ein Teil des fränkischen Heeres von den vermeintlichen "Heiden" (so zeitgenössische Quellen) aufgerieben. Dabei fiel auch der Graf der bretonischen Mark, [[Hruotland]], der Befehlshaber der vernichteten fränkischen Nachhut. Das Geschehen wird später im [[Rolandslied]] wiederaufgegriffen. [[Aquitanien]] wurde als ein Unterkönigtum für Karls minderjährigen Sohn [[Ludwig der Fromme|Ludwig]] eingerichtet; zusammen mit seinem zum italischen Unterkönig ernannten Bruder [[Pippin (Italien)|Pippin]] wurde er [[781]] vom Papst gesalbt und gekrönt. Die Verhältnisse im Pyrenäenraum konnten so zunächst stabilisiert werden, der Herrschaftsbereich der Franken wurde - wenn auch nur zeitweise - bis nach Gerona, Cerdagne, Urgel und Barcelona erweitert. Erst als Folge späterer Auseinandersetzungen mit den Sarazenen (so nannte das spätere Mittelalter die [[Mauren]]) wurde [[806]] die Spanische Mark jenseits der Pyrenäen gegründet.<br />
<br />
Die Beziehungen zur [[Araber|arabischen Welt]] scheinen trotz der Feldzüge und durch die aufgegebene, weil letztlich gescheiterte Eroberung und Rechristianisierung Spaniens nicht generell schlecht gewesen zu sein: [[797]], nach anderen Quellen [[801]], schenkte der Kalif von [[Bagdad]], Harun al-Rashid, Karl I. den ersten in der überlieferten Geschichte nördlich der Alpen gesichteten [[Elefant|Elefanten]] namens Abul-Abbas - es war überdies ein asiatischer.<br />
<br />
=== 788: Bayern verliert seine Selbständigkeit ===<br />
<br />
[[788]] wurden auch die [[Geschichte Bayerns|Baiern]] (so die alte Schreibweise) endgültig dem Reich einverleibt, im Osten die [[Awarenmark|Awarische Mark]] (ab [[856]] ''Marchia Orientalis'') als [[Grenzmark]] gegen die Awaren errichtet, und unter fränkische Oberhoheit gestellt. Der letzte bayerische Stammesherzog [[Tassilo III.]], der sein Lehen [[757]] von Pippin bekommen hatte, versuchte vergeblich, die Eigenständigkeit durch ein Bündnis mit den eigentlich schon unterworfenen Langobarden zu retten. Am Aufbegehren gegen die Franken, die man durch die Auseinandersetzungen mit den Sachsen als voll ausgelastet einschätzte, war auch Herzog Arichis II. von Benevent beteiligt. Die Unbotmäßigkeiten der italienischen Koalitionäre Tassilos waren u.a. durch Belagerungen von [[Capua]] und [[Salerno]] 786/787 beendet worden. Das bayerische Gebiet, das ab [[798]] von [[Salzburg]] aus zu einer eigenen [[Kirchenprovinz]] ausgebaut wurde, blieb nach der Angliederung gleichwohl als politische [[Entität (Politik)|Entität]] erhalten. Unter den als ''Präfekten'' bezeichneten Amtsträgern des Königs (im 9. Jahrhundert als Unterkönigtum) wahrte es durchaus eine Sonderstellung innerhalb des fränkischen Reichsverbands.<br />
<br />
Die Eingliederung der ''Baiern'' ins Frankenreich war neben der Unterwerfung der Sachsen die wichtigste Voraussetzung für die spätere Herausbildung des [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reiches]] und damit [[Geschichte Deutschlands|Deutschlands]] unter den [[Ottonen]] und [[Geschichte Österreichs|Österreichs]] unter den [[Babenberger]]n.<br />
<br />
=== Um 800: Der neue Schutzherr Roms und der Kirche ===<br />
[[Bild:Königsthron Aachener Dom.jpg|thumb|250px|Königsthron im [[Aachener Dom]]]]<br />
[[795]] wurde Leo III. zum Papst gewählt. Er versicherte sich umgehend der Unterstützung des Frankenkönigs und übersandte Karl I., dem Schutzherrn der Kirche (''patricius romanorum'') den Schlüssel zum Grab Petri sowie das Banner Roms. Das Papsttum war seit einiger Zeit unter den Einfluss des in diverse Fraktionen aufgesplitterten römischen Stadtadels geraten, der bei der Papstwahl ausschlaggebend war. [[799]] spitzte sich die Konfrontation mit dem Adel zu; das Kirchenoberhaupt war Ziel eines Attentats. Leo III., dem u.a. ein unwürdiger Lebenswandel vorgeworfen wurde, flüchtete zu Karl nach [[Paderborn]]. Was dort und unter Umständen schon weit vorher abgemacht wurde, ist nicht geklärt: Möglicherweise wurde erst hier, vielleicht aber auch schon Jahre zuvor die [[Krönung|Kaiserkrönung]] vereinbart. Denkbar wäre auch, dass es dazu überhaupt keine Absprache gegeben hat. Die historische Forschung stört sich vor allem an der Anmerkung Einhards: "Hätte Karl vom Vorhaben Leos gewusst, hätte er die Kirche nicht betreten" (''Vita Karoli Magni'', cap. XXVIII). Eine andere Quelle hingegen, die [[Lorscher Annalen]], berichtet von einer Synode der fränkischen und römischen Bischofe, bei der man dem Frankenherrscher die Kaiserwürde angetragen habe. Möglicherweise bezieht sich die Anmerkung Einhards nicht auf die Kaiserkrönung selbst, sondern auf deren Umstände und ihren [[Protokoll|protokollarischen]] Ablauf.<br />
<br />
Karl jedenfalls zog im Sommer 800 nach Rom. Leo III. empfing ihn weit vor den Toren der Ewigen Stadt und legte einen Reinigungseid ab, der ihn von den Vorwürfen der Verschwörer aus Kreisen des Adels entlasten sollte. <br />
<br />
Am Weihnachtstag des Jahres [[800]] wurde Karl von [[Papst]] [[Leo III. (Papst)|Leo III.]] zum [[Kaiser]] gekrönt. Dieser Titel war seit der Absetzung von [[Romulus Augustulus]] im Jahr [[476]] in Westeuropa nicht mehr geführt worden. Durch die Hinzufügung der Formel "von Gottes Gnaden" (lat. ''Dei gratia'') zum Herrschertitel wurde damit auch das [[Gottesgnadentum]] erstmals institutionalisiert, auf das sich z.B. die deutschen Kaiser bis 1918 beriefen. Karls voller Titel ab 800 lautete: '''''Karolus serenissimus augustus a Deo coronatus magnus pacificus imperator Romanum gubernans imperium, qui et per misericordiam dei rex Francorum atque Langobardorum''''' (frei übersetzt: "Karl, allergnädigster erhabener, von Gott gekrönter, großer Frieden stiftender Kaiser, das römische Reich regierend, von Gottes Gnaden auch König der Franken und Langobarden").<br />
<br />
Als ''patronus et advocatus'' der Kirche hatte Karl I. nun endgültig den byzantinischen Kaiser abgelöst - wie zuvor schon den Langobarden Desiderius. Der [[Patriarch]] von [[Jerusalem]] schickte die Schlüssel des [[Heiliges Grab|Heiligen Grabes]] an Karl I. als symbolische Anerkennung der Schutzherrschaft Karls I. über die Christenheit. Die Krönung zum Kaiser bedeutete somit eine Herausforderung für das [[Byzantinisches Reich|byzantinische]] Kaisertum ([[Basileus|Basileios]]), dem gegenüber Karl die Gleichberechtigung beanspruchte - wenn nicht mehr. <br />
<br />
Karl verstand sich als ''Augustus Imperator Renovati Imperii Romani'' (Kaiser des erneuerten Römischen Reiches) und somit als direkter Nachfolger der römischen Kaiser. Sein [[fränkisches Reich]] war damit das Nachfolgereich des römischen Kaiserreiches, das er aufgrund seiner [[Legitimation]] durch die Kirche ''sanctus'' (heilig) nannte. Die Einheit von Kirche und Reich war nun ganz offiziell [[Doktrin|Staatsdoktrin]]. Als Beschützer des Papstes und des christlichen Glaubens war Karl der Große sehr darauf bedacht, dass in seinem Reich jeder das ''Pater Noster'' ([[Vaterunser]]) kannte. Zeitweilig standen Verunglimpfungen von Priestern oder des [[Christentum|Christentums]] und seiner Symbole sogar unter Todesstrafe.<br />
<br />
=== Nach 800: Die Ausweitung des Frankenreiches im Westen ===<br />
<br />
[[Bild:Karolingische-reiterei-st-gallen-stiftsbibliothek_1-330x400.jpg|thumb|left|250px|Karolingische Reiterei]]<br />
<br />
Als Ersatz für deportierte Sachsen ließ Karl I. im Nordosten des Reiches (Transalbingien) elbslawische [[Abodriten (Volk)|Abodriten]] und auch Franken ansiedeln. Ab 804 kam es zu Auseinandersetzungen mit den [[Geschichte Dänemarks|Dänen]], deren König Göttrik (auch: ''Godfred'') nach [[Friesland]] bzw. Sachsen ausgriff und, unterstützt von den Wilzen, die Abotriten bekämpfte. Das zum Schutz vor den Franken errichtete ''Danewerk'' zwischen [[Treene]] und [[Schlei]] wird [[808]] erstmals in den ''Fränkischen Reichsannalen'' erwähnt. [[810]] plünderten die Dänen Friesland und die friesischen Inseln. Den Abodriten im Osten [[Holstein|Holsteins]] gelang es jedoch, sich mit fränkischem Beistand von dänischer Oberhoheit freizuhalten; [[811]] kam es zu einem Friedensvertrag mit den Dänen. Allerdings blieb das Verhältnis von Franken und Abodriten ambivalent, wie die Umstände der Errichtung des ''Sachsenwalls'' ([[Limes Saxoniae]]) um 810 belegen.<br />
<br />
Das Verhältnis zu den [[Slawen|slawischen]] Stämmen östlich von Sachsen und [[Thüringen|Thüringen]] war ebenfalls zwiespältig: [[789]] kam es zu einem Feldzug der Franken gegen die [[Wilzen]]; nach der langwierigen Unterwerfung der Sachsen wurden auch die [[Sorben]] [[806]] von den Franken besiegt, nachdem deren Herzog Miliduoch getötet worden war. Zeitgenössischen Quellen zufolge versuchten sie in den darauffolgenden Jahrzehnten jedoch mehrfach abzufallen. Auch scheint es hier eine oder gar mehrere Grenzmarken gegeben zu haben; die Forschungslage hierzu ist jedoch unklar (''siehe auch:'' [[Limes Sorabicus]]). <br />
<br />
[[Geschichte Böhmens|Böhmen]] geriet nach einer Kampagne in den Jahren [[805]] und [[806]] in fränkische Abhängigkeit und wurde tributpflichtig. In einer Urkunde von 817, in der die Provinzen und Völker des Frankenreiches aufgelistet werden, werden die ''Beheimi'' als eines der abhängigen Völker genannt. Auch sie wurden nach und nach offenbar erfolgreich christianisiert: [[845]] ließen sich 14 Herzöge aus Böhmen in Regensburg taufen; der bayrische Klerus war Hauptträger der Missionierung. Ab Mitte des 9. Jahrhunderts - Karls Enkel [[Ludwig der Deutsche]] war seit [[843]] König (''s.'' [[Vertrag von Verdun]]) - wurde Böhmen immer mehr zum Zankapfel zwischen dem [[Ostfrankenreich]] und dem [[Großmähren|Großmährischen Reich]] des [[Sventopluk]]; ab [[862]] wurden auch die [[Geschichte Ungarns|Ungarn]] zum Problem. Die Expansion der Franken in diesen Raum begründete - neben den Besiedlungswellen unter den [[Přemysliden]] - den politisch wie kulturell nachhaltigen deutschen Einfluss im östlichen [[Mitteleuropa]] in den folgenden Jahrhunderten (''s.'' [[Deutsche Ostsiedlung]]).<br />
<br />
=== 806 bis 812: Auseinandersetzung mit Byzanz ===<br />
<br />
[[Nikephoros I.]], byzantischer Kaiser („Basileus“) seit 802, empfand die Kaiserwürde Karls als Anmaßung und verweigerte deren Anerkennung. Eine 803 in [[Konstantinopel]] eingetroffene fränkische Gesandtschaft mußte unverrichteter Dinge wieder heimreisen. Der Konflikt verschärfte sich noch, als Karl die von Byzanz beanspruchten Regionen Dalmatien und Venetien als seinem Machtbereich zugehörig behandelte. Nikephoros entsandte daraufhin 806 die oströmische Flotte und verhängte eine Seeblockade über Venedig. Karls Sohn [[Pippin (Italien)|Pippin]], König von Italien, konnte in der Folge jedoch Venedig erobern, was Nikephoros offenbar verhandlungsbereiter machte. Eine Ende 810 in Italien eingetroffene byzantinische Gesandtschaft, die eigentlich den inzwischen verstorbenen König Pippin († 8. Juli 810) hatte erreichen wollen, wurde von Karl nach Aachen bestellt und 811 mit einem freundlichen, in der Kaiserfrage allerdings kompromisslosen Schreiben zurückgeschickt. Bei deren Rückkehr war allerdings der byzantinische Kaiser Nikephoros I. auf einem Bulgarenfeldzug gefallen († 26. Juli 811). Sein Schwiegersohn [[Michael I. (Byzanz)|Michael I.]] Rangabe riß bald die Macht an sich. Anders als sein Vorgänger war er an einem dauerhaften Übereinkommen mit dem Westen interessiert. Daher entsandte Kaiser Michael I. nun seinerseits eine byzantinische Gesandtschaft nach Aachen, die dort 812 eintraf. In einer öffentlichen Zeremonie huldigte diese Karl dem Großen und nannte ihn „Kaiser“. Damit war das Kaisertum Karls des Großen vom byzantinischen Reich diplomatisch anerkannt. Karl mußte dafür allerdings wieder auf Venetien und Dalmatien verzichten.<br />
<br />
Zudem sahen sich die byzantinischen Kaiser weiter als höherstehend an: die Nachfolger Michaels I. fügten ihrem Titel „Kaiser“ bald den Genitiv „der Römer“ hinzu: damit sollte ihr einzigartiger Rang als alleinige Nachfolger der römischen Kaiser dokumentiert werden. Die auf Karl den Großen folgenden westlichen Kaiser nannten sich dagegen zunächst nur „''imperator augustus''“ (erhabener Kaiser). Die Titulatur „erhabener Kaiser der Römer“ (''Romanorum imperator augustus'') begegnet im Westen, d. h. im [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich]], erst seit [[Otto III. (HRR)|Otto III.]] 996.<br />
<br />
=== Karl I. als Reformer: Neuordnung des Reiches im Innern ===<br />
<br />
Mit teilweise tiefgreifenden Reformen, die sein Sohn und Nachfolger [[Ludwig der Fromme]] meist weiter vorantrieb, ordnete Karl I. das Frankenreich auch im Innern neu. So schaffte er die Stammesherzogtümer ab, wobei die rechtliche Eigenständigkeit der Stämme allerdings gewahrt wurde. Karl ordnete überdies die Aufzeichnung der Stammesrechte an. Im ''Lex Frisionum'' etwa wurden den Friesen im Nordwesten und Norden des Reiches auf der Grundlage ihrer überkommenen Gesetze und Gepflogenheiten bedeutende Privilegien zugestanden. Sie wurden zu "Freien" und durften u.a. ihren [[Podestat]] selbst wählen. Auch die Einteilung [[Friesland]]s in drei klar definierte Bezirke wurde im - hier beispielhaft angesprochenen - Lex Frisonium festgeschrieben. <br />
<br />
Die Reichsverwaltung, die Karl I. zu vereinheitlichen trachtete, übertrug dieser im Wesentlichen seinem Hofklerus und einem neu geschaffenen [[Adel|Dienstadel]]. <br />
Die [[Hofkapelle]] war zentrales Verwaltungsorgan der weltlichen und geistlichen Ordnung im Reich. Die Ausführung der Verwaltung des Reiches lag in den Händen der [[Graf]]en. Diese fungierten im Rahmen der sogenannten [[Grafschaftsverfassung]] als königliche Amtsträger bei der Ausübung der [[Regalien]] (Grafenbann) und waren in bestimmten Bereichen Stellvertreter des Königs (Mark-, Burg- und Pfalzgrafen). Besondere Bedeutung erlangten die [[Markgraf|Markgrafen]]: Sie waren die Regenten in den neu geschaffenen [[Grenzmark]]en und hatten in diesem Bereich weitreichende Sonderrechte, etwa als Militärbefehlshaber und Gerichtsherren. Die Landgrafen mussten Wehrpflichtige stellen.<br />
<br />
Die Übertragung von Ämtern und Lehen an die führenden Adelsfamilien (die "Großen") sicherte deren Loyalität und begründete eine neue [[Fränkische Reichsaristokratie|Reichsaristokratie]]. Die Grafschaftsverfassung wurde zum wichtigsten Instrument zur Wahrung der Einheit des Reiches, obgleich es an den unterschiedlichen Traditionen im Westen bzw. Osten des Reiches (römische ''[[Civitas]]'' versus germanischer ''[[Gau (Landschaft)|Gau]]'') seine Grenzen fand. In letzteren mögen auch die gänzlich verschiedenen Entwicklungen im Hinblick auf Staatsaufbau und [[Staatsrecht]] gründen: sie mündeten im heutigen Frankreich als einer zentralistischen Präsidialrepublik einerseits, in dem die Regionen und Départements im Wesentlichen bloße Verwaltungseinheiten sind, und in der Verfasstheit Deutschlands andererseits - einer [[Föderalismus|föderalistischen]] "Parlaments"-Republik mit weitreichenden Hoheitsrechten der Bundesländer, die vielfach noch auf überkommene Stammesgrenzen zurückzuführen sind. <br />
<br />
Mit den [[Kapitularien]] wurde zudem eine weitgehend einheitliche Gesetzgebung geschaffen, das Gerichtswesen und die [[Rechtsprechung]] reformiert (u.a. Einführung von Rügezeugen und von [[Schöffe|Schöffen]]). Die Regierbarkeit von Karls Riesenreich sollten vor allem sogenannte [[Königsbote|Königsboten]], die ''missi dominici'', sichern. Diese wurden meist paarweise entsandt (ein weltlicher und ein geistlicher Vertreter), um Anweisungen und Erlasse des Königs und Kaisers durchzusetzen. Sie konnten in einem zugeteilten Bezirk gfs. auch die unmittelbare Reichsgewalt ausüben.<br />
<br />
Eine herausragende Rolle bei der Neuordnung und Festigung im Innern spielte die Kirche, die Karl durch den massiven Ausbau der klerikalen Infrastruktur (u.a. wurden zahlreiche neue Bistümer gegründet, wobei sich Karl das Recht vorbehielt, die Bischöfe selbst zu ernennen), durch umfangreiche Schenkungen, die Bekräftigung des [[Zehnt|Zehntgebots]] und durch Reformen zum wahrscheinlich wichtigsten Band der Einheit seines Reiches machte. Die [[Benedikt von Nursia|Benediktregel]] ''(ora et labora)'' wurde für die [[Kloster|Klöster]] verbindlich wie auch für die Stiftsgeistlichkeit die ''vita communis''. Die von Pippin in die Wege geleitete [[Liturgie|Liturgiereform]] wurde weitergeführt. <br />
<br />
Das ehedem gänzlich uneinheitliche [[Geld|Geldwesen]] wurde ebenfalls reformiert. Die Goldbindung des Geldes wurde aufgegeben, der Silberdenar als reichsweit geltende verbindliche Währung eingeführt. Ein [[Solidus]] bzw. Schilling waren 12 Denar; ein Pfund (''libra''), dessen Gewicht gegenüber dem antiken Maß erhöht wurde, entsprach 20 Solidi. In Karls Münzordnung wurde festgelegt, dass aus einem Pfund Silber 240 Pfennige (Denare) geprägt werden müssen. Der angelsächsische König [[Offa von Mercien]] übernahm zur gleichen Zeit diese Regelung, die in England in der Tat bis [[1971]] in Kraft war.<br />
<br />
== Vorfahren, Ehen, Nachfolge und Erben ==<br />
<br />
==Vorfahren==<br />
{| border="1" cellpadding="4" cellspacing="4" style="border: 2px solid gray; border-collapse: collapse;"<br />
| align="center" width="12%"|[[Pippin der Mittlere]]<br />(* um 635, † 714),<br /> fränk. [[Hausmeier]]<br />
| align="center" width="12%"|[[Plektrudis]]<br />(† nach 717)<br />
| align="center" width="12%"|NN<br />
| align="center" width="12%"|NN<br />
| align="center" width="12%"|NN<br />
| align="center" width="12%"|NN<br />
| align="center" width="12%"|NN<br />
| align="center" width="12%"|NN<br />
|----- <br />
|colspan="2" align="center" width="25%"|[[Karl Martell]]<br />(* um 689, † 741), fränkischer Hausmeier<br />
|colspan="2" align="center" width="25%"|[[Chrotrud]]<br />(† vor 725)<br />
|colspan="2" align="center" width="25%"|[[Heribert von Laon|Heribert]], Graf von Laon<br />
|colspan="2" align="center" width="25%"|[[Bertrada die Ältere]],<br /> Stifterin der [[Abtei Prüm]]<br />
|----- <br />
|colspan="4" align="center" width="50%"|[[Pippin der Jüngere]]<br />(* 714, † 768), König der Franken<br />
|colspan="4" align="center" width="50%"|[[Bertrada die Jüngere]]<br />(* um 725, † 783)<br />
|----- <br />
|colspan="8" align="center"|[[Karl der Große]] († 814),<br /> Römischer Kaiser<br />
|}<br />
<br />
==Nachfolge==<br />
<br />
[[Bild:Frankenreich 768-811.jpg|thumb|right|280px|Karte: Die Eroberungen Karls des Großen]]<br />
<br />
Nach altem fränkischen Brauch ordnete Karl [[806]] seine Nachfolge durch einen Reichsteilungsplan, die sogenannte Divisio regnorum. Nachdem seine beiden älteren Söhne jedoch früh verstorben waren, erhob Karl [[813]] seinen - nach damaligem Verständnis - einzigen legitimen Erben [[Ludwig I. (Fränkisches Reich)|Ludwig]] (Ludwig der Fromme) zum Mitkaiser; [[814]] folgte er dann seinem Vater in der Herrschaft. <br />
<br />
Nach 47-jähriger Herrschaft starb Karl der Große am [[28. Januar]] [[814]] in [[Aachen]] und wurde im [[Hof (Architektur)|Atrium]] der Marienkirche beigesetzt. Die Todesursache (Infekt mit Rippenfellentzündung?) ist nicht mit letzter Sicherheit geklärt, doch spricht [[Einhard]], Vita Karoli Magni, Kap. 30, dazu passend von Fieber, zu welchem Schmerzen in der Seite hinzugekommen seien, so dass Karl nach siebentägigem Krankenlager verschieden sei. <br />
<br />
Schon frühzeitig verstand sich Karl als der einzige rechtgläubige Verteidiger und Wahrer der Christenheit, und folgerichtig würdigt ihn die Grabinschrift als ''imperator orthodoxus'', der das ''regnum Francorum'' edel (''nobiliter'') erweitert habe. <br />
<br />
<br />
=== Ehefrauen ===<br />
<br />
* Himiltrud (vermutlich eine [[Friedelehe]] um 768)<br />
* ∞ [[769]] eine Tochter des Langobardenkönigs [[Desiderius (König)|Desiderius]], die er 770, spätestens Anfang 771 verstieß; ihr Name wird fälschlicherweise oft mit ''Desiderata'' angegeben, tatsächlich ist er unbekannt<br />
* ∞ [[771]] vor dem 30. April [[Hildegard (Karolinger)|Hildegard]] (''de gente Suaborum'', * [[758]], † [[30. April]] [[783]]) Tochter des Grafen Gerold und der Imma, einer Tochter des [[Alemannen|alemannischen]] ''dux'' [[Hnabi]]<br />
* ∞ um Oktober [[783]] [[Fastrada]] († [[10. August]] [[794]] in [[Frankfurt am Main]]), Tochter des (vermutlich [[Thüringen|thüringisch]]-[[Mainfranken|mainfränkischen]]) Grafen Radulf<br />
* ∞ 794/Herbst 796 Luitgard († [[4. Juni]] [[800]]) [[Alemannen|Alemannin]]<br />
<br />
weitere Beziehungen hatte er zu:<br />
* Madelgard<br />
* Gerswind ''Saxonici generis''<br />
* Regina ([[800]])<br />
* Adelind ([[806]])<br />
<br />
=== Nachkommen ===<br />
<br />
*aus seiner Verbindung zu Himiltrud:<br />
** [[Pippin der Bucklige]] (* 770; &dagger; 811)<br />
<br />
*aus seiner Ehe mit Hildegard:<br />
** [[Karl der Jüngere]] (* 772/773, † [[811]]) [[788]] König in [[Neustrien]]<br />
** Adalhaid (* September 773/Juni 774, † Juli/August [[774]] in Süd[[gallien]])<br />
** [[Rotrud]] (* wohl 775, † [[6. Juni]] [[810]])<br />
** Karlmann (* [[777]], † [[8. Juli]] [[810]]), als [[Pippin (Italien)|Pippin]] König von [[Italien]]<br />
** [[Ludwig der Fromme]] (* [[778]], † [[840]]) <br />
** Lothar (* Juni/August [[778]] in [[Chasseneuil]] bei [[Poitiers]])<br />
** Bertha (* 779/780, † nach 14. Januar 828), [[814]] vom Hof verwiesen<br />
** Gisela (* [[781]] vor Mai, † nach 800)<br />
** Hildegard (* [[782]] nach 8. Juni, † zwischen 1. und 8. Juni [[783]])<br />
<br />
Von Bertha ist bekannt, dass sie eine Beziehung mit Karls Hofgeistlichen [[Angilbert]] hatte, dem die Kinder Ridhard (&dagger; 813) und [[Nithard|Hartnid]] entstammten. Berthas [[Liaison]] war Vorbild für die Sage von ''Eginhard und Emma''. <br />
<br />
Bei Karls "Sekretär" [[Einhard]] heißt es, sowohl Rotrud als auch Bertha seien unverheiratet geblieben. Möglicherweise lebten beide Töchter jedoch in [[Friedelehe|Friedelehen]], die für Einhard nicht standesgemäß und somit nicht legitim waren.<br />
<br />
*aus seiner Ehe mit Fastrada:<br />
** Theodrada (* wohl 785, † [[9. Januar]] 844/853, im Kloster [[Schwarzach am Main]]), vor 814 Äbtissin von [[Argenteuil]]<br />
** Hiltrud (* wohl 787, † nach 800)<br />
<br />
* von einer unbekannten Frau:<br />
** Hruodhaid (* wohl 787, † nach 800)<br />
<br />
* aus seiner Verbindung mit Madelgard: <br />
** Ruothild († [[24. März]][[852]]) Abt von [[Faremoutiers]]<br />
<br />
* aus seiner Verbindung mit Gerswind:<br />
** Adalthrud<br />
<br />
* aus seiner Verbindung mit Regina:<br />
** Drogo (* [[17. Juni]] [[801]], † [[8. Dezember]] [[855]]), [[818]] geistlich, [[820]] [[Kloster Luxeuil|Abt von Luxeuil]], [[823]] [[Liste der Bischöfe von Metz|Bischof von Metz]], [[834]] Erzbischof und Erzkapellan<br />
** Hugo (* 802/806, † [[14. Juni]] [[844]]), [[818]] geistlich, Mönch zu [[Charroux]], 822/823 Abt von [[Saint-Quentin|St. Quentin]], [[836]] Abt von [[St. Bertin]], 834-840 Erzkanzler [[Ludwig der Fromme|Ludwigs des Frommen]]<br />
<br />
*aus seiner Verbindung mit Adelind:<br />
** Theoderich (* [[807]], † nach 818), 818 geistlich<br />
<br />
Karl wird zudem nachgesagt, mit diversen [[Konkubinat|Konkubinen]] mindestens 18 leibliche Nachfahren gezeugt zu haben.<br />
<br />
''Ludwig I., der Fromme'', dessen [[Genealogie|Linie]] historisch bedeutsam bleibt, ist seinerseits Vater von [[Lothar I. (Frankenreich)|Lothar I.]] (* [[795]]; &dagger; [[855]]), [[Pippin I. (Aquitanien)|Pippin I.]] (König von Aquitanien, &dagger; [[838]]), [[Ludwig der Deutsche|Ludwig II.]] (&dagger; [[876]]), [[Karl der Kahle|Karl II.]] (König des Westfrankenreichs, Kaiser [[875]], &dagger; [[877]]) und der Gisela (vermählt mit [[Eberhard von Friaul]]).<br />
<br />
== Kulturelle Bedeutung ==<br />
<br />
=== Karolingische Renaissance ===<br />
<br />
[[Image:Karldergrossesignatur.jpg|thumb|left|250px|Das Signum Karls des Großen unter einer am 31. August 790 ausgefertigten Urkunde: eigenhändig ist nur der v-förmige sogenannte Vollziehungsstrich innerhalb der Raute]]<br />
<br />
Im Geistesleben ist Karls Herrschaft als [[Karolingische Renaissance]] bekannt. Kunst, Literatur und Architektur erfuhren einen ungemeinen Aufschwung.<br />
An seinem Hof versammelte Karl bedeutende Gelehrte seiner Zeit, unter anderem den Angelsachsen [[Alkuin]] als Leiter der Hofschule, den Langobarden [[Paulus Diaconus]], Petrus aus Pisa, den Westgoten [[Theowulf]] aus Spanien sowie [[Angilbert]] und [[Einhard]] (auch: ''Eginhard'' - im angelsächsischen Sprachraum wird er regelmäßig so genannt). [[Hildebold]], der erste Erzbischof von [[Köln]], war Karls Kanzler und [[Kaplan (Priester)|Erzkaplan]] seines Hofes.<br />
<br />
Seine Gelehrten beauftragte Karl u.a., eine [[Grammatik]] der [[Deutsche Sprache|deutschen Sprache]] sowie eine Sammlung deutscher [[Predigt|Kirchenpredigten]] zu schreiben. Die von Karls Hof geförderte [[karolingische Minuskel]] ''(Carolina)'', eine aus Kleinbuchstaben gebildete Schrift, war u.a. Vorbild für die heute noch vielfach gebräuchliche [[Antiqua]]. <br />
<br />
Nach Einhard, Vita Karoli Magni, Kap. 29, ließ Karl außerdem "''barbarische'' (d. h. germanische) ''und sehr alte Heldenlieder, in welchen die Taten und Kriege alter Könige besungen wurden, aufschreiben''". Leider ist uns diese Sammlung aus unbekannten Gründen nicht erhalten geblieben; Karls Sohn [[Ludwig der Fromme]] wurde in der Neuzeit manchmal zu Unrecht für ihren Verlust verantwortlich gemacht. Im genannten Kapitel bei Einhard wird weiter davon berichtet, dass Karl die Monatsnamen selbst ins Germanische übersetzte, z. B. nannte er den Januar Wintermonat (''Wintarmanoth''), den Mai Weidemonat (''Winnemanoth''), den Dezember Heiligmonat (''Heilagmanoth'').<br />
<br />
=== Kirchen und Klöster, Pfalzen und Paläste ===<br />
Karls Biograph und Leiter der Hofschule (als Nachfolger Alkuins, der [[796]] den Hof verließ und Abt von [[Saint-Martin de Tours]] wurde, möglicherweise im Zusammenhang mit seiner offenen Kritik an des Königs Vorgehen gegen die Sachsen) Einhard berichtet auch von seiner umfangreichen Bautätigkeit, in erster Linie die "wunderbare" Pfalzkapelle in der [[Aachen|Aachener]] [[Pfalz (Palatium)|Pfalz]], die in den letzten 20 Jahren seines Lebens seine Lieblingspfalz wurde, sozusagen eine Art "Hauptstadt" nördlich der Alpen. Für sie soll er sogar Säulen und großartige Marmorteile aus [[Ravenna]] herbeigeschafft haben lassen. Außerdem hebt er eine hölzerne Rheinbrücke bei [[Mainz]] hervor (die aber leider bald wieder abgebrannt sei) und den Beginn zweier (Pfalz-) [[Palast|Paläste]] bei [[Ingelheimer Kaiserpfalz|Ingelheim]] und [[Nijmegen]] (cap. XVII). <br />
<br />
Die Klöster u.a. in [[St. Gallen (Stadt)|St. Gallen]] (heute Schweiz) und auf der [[Reichenau (Insel)|Insel Reichenau]] (Bodensee) (''s.a.'' [[Kloster Reichenau]]), im einverleibten Bayern [[Emmeram|St. Emmeram]] bei [[Regensburg]], in [[Freising]] und am [[Tegernsee]] (wichtigste Benediktinerabtei Oberbayerns; [[817]] zu den wohlhabendsten Klöstern im Reich Kaiser Ludwigs des Frommen gezählt), im heute österreichischen [[Mondsee]] (dort war auch [[Salzburg]] seit den [[Awarenmark|Awarenkriegen]] 791 bis 799 ein Zentrum der [[Mission (Christentum)|Mission]]) wie auch in [[Kloster Fulda|Fulda]] und in [[Trier]] wurden neu gegründet, zu Abteien erhoben oder erfuhren eine erhebliche Steigerung ihrer Bedeutung. Sie waren Hauptträger der Bildungsreform, die Karl in die Wege leiten ließ und wurden deshalb vielfach ausgebaut und erweitert. Für [[Fürstabtei St. Gallen|St. Gallen]] z.B. war die Zeit vom 9. bis zum 10. Jahrhundert das "Goldene Zeitalter". Das dort um das Jahr [[790]] entstandene ''Lateinisch-Deutsche Wörterbuch'' gilt als das älteste deutsche Buch überhaupt. - [[Ordensgemeinschaft|Mönche]] waren es schließlich auch, die Anfang des 9. Jahrhunderts die [[Rose|Edelrose]] nach Mitteleuropa einführten und den [[Gartenbau]] im Allgemeinen beträchtlich professionalisierten.<br />
<br />
== Nachleben ==<br />
<br />
=== Sagen ===<br />
<br />
Um das Leben und Wirken Karl des Großen entstanden nach seinem Tod viele Sagen, unter anderem der [[Karlszyklus]] mit dem [[Rolandslied]].<br />
<br />
=== Heiligsprechung ===<br />
<br />
Auf Betreiben Kaiser [[Friedrich Barbarossa]]s wurde Karl [[1165]] durch den Erzbischof von Köln, unter Billigung des [[Gegenpapst|Gegenpapstes]] [[Paschalis III.]], heilig gesprochen. Diese [[Heiligsprechung]] wurde von Papst [[Alexander III. (Papst)|Alexander III.]] nicht akzeptiert, so dass sein Gedenktag (28. Januar) nie offiziell anerkannt wurde. Doch hat die [[Kurie]] danach nie Einspruch gegen diese Heiligsprechung erhoben; vielmehr wird seit [[1176]] die Verehrung Karls als Heiliger von der [[katholische Kirche|katholischen Kirche]] geduldet. Heute noch tragen Kirchen Karls Namen, so etwa die Pfarrkirche im westfälischen [[Wiedenbrück]] "St. Caroli Magni et beati Aegidii"<br />
<br />
=== Kein zeitgenössisches Portrait überliefert ===<br />
[[Bild:Dürer_karl_der_grosse.jpg|thumb|200px|left|Idealbild Karl des Großen mit den Reichskleinodien, gemalt 1513 von [[Albrecht Dürer]] im Auftrag seiner Vaterstadt Nürnberg]]<br />
<br />
Von Karl dem Großen ist kein zeitgenössisches Bildnis überliefert. Eine der ältesten Darstellungen Karls findet sich im [[Sakramentar]] [[Karl der Kahle|Karls des Kahlen]] aus der Zeit um 870, das ihn in karolingischer Kleidung zeigt und somit eine repräsentative Darstellung eines Hochadeligen der Karolingerzeit bietet (siehe oben).<br />
<br />
Seitdem wurden jeweils dem Stil der jeweiligen Zeit entsprechende [[Imagination|Imaginationen]] über Karls Aussehen produziert, die jedoch nichts mit der Realität zu tun hatten. Typisch für diese historisierenden Darstellungen ist z.B. [[Albrecht Dürer]]s Bildtafel, die sich heute im [[Germanisches Nationalmuseum|Germanischen Nationalmuseum]] befindet. <br />
<br />
Auffällig ist die wortwörtlich zu verstehende Überhöhung seiner Person schon in der [[Ottonen|Ottonenzeit]].<br />
<br />
=== Sprachentwicklung ===<br />
<br />
In vielen slawischen Sprachen wurde vermutlich aus seinem Namen in der lateinischen Form 'Carolus' das Wort für König, so im Russischen 'korol', im Polnischen 'król'.<br />
<br />
=== Wiederentdeckter Karlsthron ===<br />
<br />
Im Februar 2005 wurden von der [[Archäologie|Archäologin]] [[Mechthild Schulze-Dörrlamm]] vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum in [[Mainz]] Reste des ältesten Königsthrons in Deutschland entdeckt. Sie lagen seit [[1911]] unerkannt in einem Magazin des dortigen [http://www.landesmuseum-mainz.de/ Landesmuseums]. Dabei handelt es sich um eine Seitenlehne des mit Ornamenten verzierten Thrones aus Kalkstein aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts. Dieser Königsthron ist damit älter als der Marmorthron in der Aachener Pfalzkapelle aus der Zeit um 800, der bislang als ältester galt.<br />
<br />
''(Bild des Fundstücks voraussichtlich im Frühsommer 2005 verfügbar)''<br />
<br />
== Statuen und Denkmale ==<br />
* Sandsteinfiguren von [[Jeremia (Prophet)|Jeremias]], [[Daniel (Prophet)|Daniel]] und Karl dem Großen für die [[Friedenskirche (Sanssouci)|Friedenskirche]] in [[Potsdam]] von [[Gustav Blaeser]]<br />
Sandsteinfigur an der Südseite der Dresdner Gemäldegalerie von Gottfried Semper (1855 eingeweiht)<br />
von Bildhauer [[Ernst Rietschel]]<br />
<br />
== Literatur ==<br />
<br />
* Becher, Matthias: ''Das Geburtsdatum Karls des Großen.'' In: Karl der Große in Ingelheim. Beiträge zur Ingelheimer Geschichte. Heft 43, Ingelheim 1998, S. 19 ff.<br />
* Becher, Matthias: ''Karl der Große''. München, C.H.Beck, 1999. - ISBN 3-40643-320-0 ''(Sehr gute Einführung mit kommentierter Kurzbibliographie zum weiteren Studium)''<br />
* [[Arno Borst]]: ''Die karolingische Kalenderreform''. Hannover: Hahn, 1998. - ISBN 3775254463<br />
* [[Arno Borst]]: ''Der Streit um den karolingischen Kalender''. Hannover: Hahn, 2004. - ISBN 3775257365<br />
* Braunfels, Wolfgang: ''Karl der Große. Lebenswerk und Nachleben''. 4 Bde. Düsseldorf, 1967.<br />
* Cassanelli, Roberto/Carbonell, Eduard (Hrsg.): ''Von Mohammed zu Karl dem Großen. Aufbruch ins Mittelalter.'' Stuttgart: Konrad Theiss Verlag, 2001. - 1. Auflage. - ISBN 3-80621-580-4<br />
* Classen, Peter: ''Karl der Große, das Papsttum und Byzanz. Die Begründung des karolingischen Kaisertums.'' Hrsg. von H. Fuhrmann und C. Märtl (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 9). Sigmaringen, 1985.<br />
* Delpierré de Bayac, Jacques: ''Karl der Große. Leben und Zeit.'' Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft mbH, Herrsching 1986.<br />
* [[Einhard]]: ''Vita Karoli Magni - Das Leben Karls des Großen''. Stuttgart: Reclam, 1995. - ISBN 3-15001-996-6<br />
* Faber, Gustav: ''Auf den Spuren von Karl dem Großen''. Paul List Verlag München 1984<br />
* Fried, J.: ''Der Weg in die Geschichte. Die Anfänge Deutschlands bis 1024.'' Frankfurt am Main/Berlin, 1994.<br />
* Hägermann, Dieter: ''Karl der Große. Herrscher des Abendlandes''. Berlin: Econ, 2003. - ISBN 3-54905-826-8 ''([http://www.perlentaucher.de/buch/1151.html Rezensionen])''<br />
* Illig, Heribert: ''Das erfundene Mittelalter. Hat Karl der Große je gelebt?'' Berlin: Ullstein, 2002. - ISBN 3-54836-429-2<br />
* Macherl, P.: ''Karl der Große.'' Ein Lebensbild von Dr. P. Macherl. Verlagsbuchhandlung Styra, Graz 1906.<br />
* Riché, Pierre: ''Die Karolinger. Eine Familie formt Europa.'' Stuttgart: Reclam, 1999. - ISBN 3-15010-463-7 ''(Ein viel gelesenes Standardwerk zur Geschichte der Karolinger)''<br />
* [[Rudolf Schieffer|Schieffer, Rudolf]]: ''Die Karolinger''. Stuttgart: Kohlhammer, 2000. - 3., überarb. Aufl. - ISBN 3-17016-480-5<br />
* Willdorf, Ernst: ''Karl der Große und Wittekind zwei Helden des Schwertes und des Glaubens.'' Eine Erzählung aus der Zeit Karls des Großen von Ernst Wildorf. Druck und Verlag von U. Weichert, Berlin.<br />
<br />
== Siehe auch ==<br />
[[Wissenschaft zur Zeit Karls des Großen]], [[Kunst zur Zeit Karls des Großen]], [[Karlsgarten]], [[Karlsgraben]], [[Ingelheimer Kaiserpfalz]], [[Kloster Lorsch]], [[Corvey]], [[Karolinische Bücher]], [[Rabanus Maurus]], [[Herzog Widukind]], [[Translatio imperii]], [[Erfundenes Mittelalter]], [[Chronologiekritik]]<br />
<br />
== Weblinks ==<br />
{{Vorlage:Commons2|Karl I. der Grosse|Karl der Große}}<br />
* [http://www.histinst.rwth-aachen.de/default.asp?documentId=201 23.11.2004 - Karolingische Grundlegung II - Historisches Institut der RWTH Aachen: Karl der Große als europäische Schlüsselfigur] ''(mit weiteren Literaturhinweisen)''<br />
* [http://www.die-tagespost.de/Archiv/titel_anzeige.asp?ID=4267 Bassam Tibi, Europa und der Islam: Das Schweigen hat Tradition] ("Die Tagespost", 31.05.2003 - Hauptthema: Karl der Große und die Welt der Muslime)<br />
* [http://www.roscheiderhof.de/kulturdb/kultur/kultur4630.html Mürlenbach: Bertrada-Burg] (möglicherweise Geburtsort Karls I.)<br />
* [http://www.ulrikejohnson.gmxhome.de/uli/writing/clickart/aachen.html Ulrike Johnson, Kunstwerke erzählen Geschichte - Die Aachener Pfalzkapelle]<br />
* [http://www.theiss.de/AiD/99-1/thema6.htm Ein Ingelheimer Goldmünzfund von 1996]<br />
* [http://heimat.de/charlemagne2000/busch.html Eginhard und Emma] ''(Amüsante Bildergeschichte von [[Wilhelm Busch]])''<br />
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[[Kategorie:Herzog (Bayern)]]<br />
[[Kategorie:König (Franken)]]<br />
[[Kategorie:Kaiser (HRR)]]<br />
[[Kategorie:Karolinger]]<br />
[[Kategorie:Deutsche Geschichte]]<br />
[[Kategorie:Französische Geschichte]]<br />
[[Kategorie:Heiliger]]<br />
[[Kategorie:Mann]]<br />
[[Kategorie:Geboren 747]]<br />
[[Kategorie:Gestorben 814]]<br />
[[Kategorie:Fränkisches Reich]]<br />
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{{Personendaten|<br />
NAME=Karl I.<br />
|ALTERNATIVNAMEN=Karl der Große,lat. '''Carolus Magnus''', franz. '''Charlemagne'''<br />
|KURZBESCHREIBUNG=[[König]] der [[Fränkisches Reich|Franken]], ([[Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation|römischer]]) [[Kaiser]]<br />
|GEBURTSDATUM=[[1. April]] [[747]]<br />
|GEBURTSORT=vermutl. [[Gauting]]/[[Bayern]]/[[Deutschland]]<br />
|STERBEDATUM=[[28. Januar]] [[814]]<br />
|STERBEORT=[[Aachen]]/[[Nordrhein-Westfalen]]/[[Deutschland]]<br />
}}<br />
<br />
[[ast:Carlomagno]]<br />
[[bg:Карл Велики]]<br />
[[ca:Carlemany]]<br />
[[cs:Karel Veliký]]<br />
[[cy:Siarlymaen]]<br />
[[da:Karl den Store]]<br />
[[el:Καρλομάγνος]]<br />
[[en:Charlemagne]]<br />
[[eo:Karolo la Granda]]<br />
[[es:Carlomagno]]<br />
[[et:Karl Suur]]<br />
[[fi:Kaarle Suuri]]<br />
[[fr:Charlemagne]]<br />
[[he:קרל הגדול]]<br />
[[hr:Karlo Veliki]]<br />
[[is:Karlamagnús]]<br />
[[it:Carlomagno]]<br />
[[ja:カール大帝]]<br />
[[ko:카롤루스 대제]]<br />
[[la:Carolus Magnus]]<br />
[[nds:Karl de Grote]]<br />
[[nl:Karel de Grote]]<br />
[[nn:Karl den store]]<br />
[[no:Karl den store]]<br />
[[pl:Karol Wielki]]<br />
[[pt:Carlos Magno]]<br />
[[ro:Carol cel Mare]]<br />
[[ru:Карл Великий]]<br />
[[sl:Karel Veliki]]<br />
[[sv:Karl den store]]<br />
[[wa:Tchårlumagne]]<br />
[[yi:קרל הגדול]]<br />
[[zh:查理大帝]]</div>132.199.139.155